Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 23. Nov. 2017 - 4 K 10/17.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2017:1123.4K10.17.00
bei uns veröffentlicht am23.11.2017

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Tenor

Die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung des Beklagten vom 3. Juli 2014 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 24. November 2016 werden aufgehoben.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren tragen der Beklagte und die Beigeladene zu je 1/2. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Vorverfahren trägt der Beklagte. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten gegenüber dem Beklagten und der Beigeladenen gegen Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung zugunsten der Beigeladenen.

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Die Klägerin ist Gewerbetreibende mit Sitz im Industriegebiet A., B. Auf ihrem Betriebsgelände im Bebauungsplangebiet „Gewerbepark A. 1" verfügt sie im nördlichen, höhergelegenen Bereich über ein Prüffeld. Auf diesem Prüffeld befindet sich eine Prüfstandhalle, die im Jahr 2007 aus immissionsschutzrechtlichen Gründen errichtet wurde und in der Großmaschinen im Dauerbetrieb getestet werden. Auf Freiständen im Prüffeld werden zudem weitere Maschinen wie Rüttelplatten, Stampfer und Bandagen geprüft. Die Klägerin beabsichtigt ihren Betrieb auf den südwestlich angrenzenden Flächen des Bebauungsplangebietes „Gewerbepark A. II" zu erweitern und hat dies im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch schon (teilweise) umgesetzt.

3

Der Beigeladenen wurde auf ihren Antrag am 30. Juli 2013 eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchG) für die Errichtung und den Betrieb von neun Windkraftanlagen (Anlagentyp REPower 3.2 M 114, Nabenhöhe 143 m, Rotordurchmesser 114 m, Nennleistung 3,2 MW) in der Gemarkung T. erteilt. Die Standorte der Windkraftanlagen befinden sich südwestlich angrenzend an den Gewerbepark A. II im dortigen Staatsforst. Die Stellungnahmen der Klägerin vom 10. Juni 2013 und des Schalltechnischen Ingenieurbüros C. vom 5. Juni 2013 mit dem Hinweis auf die Ausschöpfung der Immissionsrichtwerte an zwei Immissionspunkten lagen der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord – Regionalstelle Gewerbeaufsicht — (SGD Nord) vor. Erst nach Vorlage einer überarbeiteten Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 15. Juli 2013 erfolgte die Genehmigung vom 30. Juli 2013, in deren Ziffer 2.7.2.2 für die Windkraftanlagen WEA SF 1, WEA SF2, WEA SF3, WEA SF8 und WEA SF9 ein Nachtbetrieb in der Zeit von 22:00 bis 06:00 Uhr ausgeschlossen wurde. Diese Genehmigung wurde mit Bescheiden vom 21. Oktober 2013 (zur Stilllegungsbürgschaft) und 21. Februar 2014 (zeitweise Untersagung des Nachtbetriebs der vorgenannten fünf WEA bis zur Vorlage eines Nachweises der Einhaltung der Richtwerte nach der TA Lärm) geändert.

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Auf Antrag der Beigeladenen vom 8. August 2013 (Eingang 9. August 2013) erlaubte der Beklagte mit der hier streitgegenständlichen Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 auch den schallreduzierten Nachtbetrieb der vorbezeichneten Anlagen unter Widerruf des Bescheides vom 21. Februar 2014. Im Änderungsbescheid vom 3. Juli 2014 wird unter anderem wie folgt ausgeführt:

„Die Genehmigung ergeht unter Beachtung der Schallimmissionsprognose Nr. 14.017-5 der D. GmbH vom 20. Mai 2014.

2.7.2.1 Der Schallleistungspegel von 104,1 dB(A) der beantragten Windenergieanlagen Typ REPower 3.2M114 darf bei 95 %iger Nennleistung nicht überschritten werden, zuzüglich eines gemäß schalltechnischer Immissionsprognose zulässigen Toleranzbereichs für die Seriensteuerung und die Unsicherheit der Vermessung.

2.7.2.2 In der Nacht von 22:00 bis 6:00 Uhr dürfen folgende beantragte Windenergieanlagen nur schallreduziert betrieben werden. Dabei dürfen die aufgeführten Schallleistungspegel, zuzüglich eines gemäß schalltechnischer Immissionsprognose zulässigen Toleranzbereichs für die Seriensteuerung und die Unsicherheit der Vermessung, nicht überschritten werden:

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2.7.2.3 Durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde nach §§ 26/28 BImSchG bekannt gegebenen Stelle ist spätestens ein Jahr nach Inbetriebnahme der beantragten WEA SF anhand einer schalltechnischen Abnahmemessung die Einhaltung des von den beantragten Windenergieanlagen erzeugten Immissionsanteils an Geräuschen in der Nacht (Zusatzbelastung) unter Berücksichtigung der erforderlichen Zuschläge... nachzuweisen."

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Das Gutachten der D. GmbH vom 20. Mai 2014 wurde vor Erlass des Änderungsbescheides der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord — Regionalstelle Gewerbeaufsicht — (SGD Nord) zur fachlichen Stellungnahme vorgelegt. Deren Stellungnahme vom 25. Juni 2014 wurde im Bescheid übernommen.

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Gegen den Änderungsbescheid vom 3. Juli 2014 wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 17. Juli 2014 und trug vor, die diesem zugrundeliegende Schallimmissionsprognose der D. GmbH sei fehlerbehaftet, wie sich aus dem vorgelegten Gutachten des Schalltechnischen Ingenieurbüros C. vom 18. Juni 2015 ergebe. So seien bei dem Gutachten der D. GmbH die Vorbelastung und die Zusatzbelastung nicht exakt addiert worden, sondern es sei mit gerundeten Pegeln gerechnet worden. In Tabelle 10 sei für den Immissionsort E. der Rechenwert für die Vorbelastung mit 46,4 dB(A) und der Rechenwert für den schalloptimierten Betrieb der Windkraftanlagen mit 35,2 dB(A) aufgeführt. Würde man diese Rechenwerte mit der Nachkommastelle nehmen, ergäbe sich hieraus ein gerundeter Pegel von 47 dB(A), so dass die gewählte Optimierung der Anlagen keine hinreichende Richtwertunterschreitung im Bereich des Hotels E. gewährleiste. Zudem sei die Vorbelastung durch ihren Betriebslärm unzureichend ermittelt worden. Sie, die Klägerin, schöpfe die zulässigen Immissionsrichtwerte durch ihren Bestand und die Zusatzbelastung schon vollständig aus. Für die Betriebsgeräuschimmissionsmessung sei ein völlig ungeeigneter Messpunkt gewählt worden. Eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht durchgeführt worden.

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Auf den Antrag der Beigeladenen vom 16. Juli 2015 ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 11. August 2015 die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung an.

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Der Beklagte trug im Widerspruchsverfahren vor, die Klägerin könne sich auf kein subjektiv-öffentliches Recht berufen, da die angesprochenen Immissionspunkte nicht ihr Grundstück beträfen. Daher sei der Widerspruch bereits unzulässig. Die Fachaufsicht habe das dem Änderungsbescheid zugrundeliegende Gutachten geprüft und als richtig beurteilt. Das von der Klägerin vorgelegte Gutachten sei bezüglich der Eingangsdaten nicht nachvollziehbar. Die D. GmbH trage vor, sie sei im Zuge der Prognoseerstellung gehalten gewesen, die möglichen Unsicherheiten der Berechnungsergebnisse durch Zuschläge von bis zu 2,5 dB auszugleichen, insoweit sei eine Diskussion bezüglich der Wahl der korrekten Nachkommastelle, die eine Genauigkeit im Hinblick auf die Berechnungsergebnisse vortäusche, nicht relevant. Es werde in Frage gestellt, dass bei der Klägerin in der gesamten Messperiode keine Vollauslastung bestanden habe. Auch sei das verwendete pegelstatistische Verfahren geeignet, um das Gutachten zu erstellen. Die SGD Nord habe zu dem Gutachten der Klägerin im Rahmen der Frage der Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgeführt, es sei von der Rechtmäßigkeit des Bescheides auszugehen und es bedürfe keiner weiteren Stellungnahme der Fachbehörde.

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Der Kreisrechtsausschuss des Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2016 zurück und führte aus, der Widerspruch sei zulässig. Es bestehe zumindest die Möglichkeit, dass die Klägerin in ihren Rechten verletzt werde. Der Bescheid sei nur insoweit zu prüfen, als die Änderung wirke, da die erste Genehmigung bereits bestandskräftig sei. Der Widerspruch sei jedoch unbegründet. Das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten der D. GmbH sei von der Regionalstelle Gewerbeaufsicht geprüft. Dem Gutachten sei nach erfolgter Nachbesserung gefolgt worden. Insbesondere sei nachvollziehbar, dass die Zuschläge von bis zu 2,5 dB im Rahmen der Prognoseberechnung ausreichend seien, damit die vorgeschriebenen Schallleistungspegel eingehalten würden. Diese seien explizit in der Änderungsgenehmigung auch aufgenommen worden. Es sei nachvollziehbar, dass für das zugrundeliegende Gutachten mehrwöchige Immissionserhebungen vorgenommen worden seien. Diese lägen der Berechnung zugrunde. Inwieweit diese nicht repräsentativ sein sollten, sei nicht überzeugend vorgetragen worden. Dem Gutachten der Antragstellerin habe daher gefolgt werden können bei der Beurteilung der prognostizierten Schallleistungspegel. Soweit gerügt werde, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden habe, sei dieses Vorbringen bereits präkludiert. Der erste Genehmigungsbescheid sei bereits bestandskräftig. Es könne insoweit dahinstehen, ob eine entsprechende Prüfung hätte durchgeführt werden müssen. Eine grundlegende Änderung des Projektes sei durch die Änderungsgenehmigung nicht erfolgt. Die Änderung löse damit keine eigene Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung aus. Der Widerspruchsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 7. Dezember 2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.

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Am 3. Januar 2017 hat die Klägerin Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor, sie sei schon deshalb klagebefugt, weil nicht auszuschließen sei, dass aufgrund der erheblichen Lärmvorbelastungen durch ihren Betrieb und der weiteren im Gewerbepark A. ansässigen Betriebe zuzüglich der durch den Gewerbepark A. II zulässigen Emissionskontingente die maßgeblichen (nächtlichen) Immissionsrichtwerte an der nächstgelegenen Wohnbebauung bei Hinzutreten des Nachtbetriebs der WEA SF überschritten würden. Dadurch werde sie, die Klägerin, gegenüber dieser Wohnnutzung zum Lärmstörer und müsste mit der Anordnung (weiterer) aktiver oder passiver Lärmschutzmaßnahmen rechnen.

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Die Klage sei auch begründet. Die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit sei weder durchgeführt noch nachgeholt worden. Es könne dahinstehen, zu welchem Ergebnis der Beklagte bei einer ordnungsgemäßen Durchführung der allgemeinen Vorprüfung für die Ursprungsgenehmigung gekommen wäre und ob sie das Fehlen dieser Einzelfall-Vorprüfung noch geltend machen könne, da zumindest (auch) für die streitgegenständliche Änderungsgenehmigung eine Einzelfall-Vorprüfung erforderlich gewesen wäre, welche aber ebenfalls unterblieben sei.

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Weiterhin sei die der Änderungsgenehmigung zu Grunde gelegte Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. Mai 2014 – insbesondere im Hinblick auf die angenommene Lärmvorbelastung – fehlerbehaftet, was sich aus der vorgelegten schalltechnischen Untersuchung der F. Schalltechnik GmbH vom 10. November 2014 ergebe. Die Untersuchung der D. GmbH komme zu dem Ergebnis, dass im Bereich des Hotels E. (lAP A) bei der Gesamtbelastung (Vorbelastung durch den Gewerbepark A. I und II und Zusatzbelastung durch die Windenergieanlagen) eine Überschreitung des zulässigen Nachtimmissionsrichtwertes von 45 dB(A) um 2 dB(A) vorliege. Aufgrund dessen seien die Emissionsdaten der einzelnen Anlagen so weit reduziert worden, dass am Immissionsort E. ein Immissionspegel von 46 dB(A) in der Gesamtbelastung eingehalten werde. Bei dieser Optimierung seien jedoch nicht die genau errechneten Pegel der Vorbelastung und Zusatzbelastung addiert, sondern gerundete Pegel verwendet worden. So werde in Tabelle 10 für den Immissionsort E. der Rechenwert für die Vorbelastung mit 46,4 dB(A) und der Rechenwert für den schalloptimierten Betrieb der Windkraftanlagen mit 35,2 dB(A) aufgeführt. Nehme man diese Rechenwerte mit der Nachkommastelle, dann ergebe sich hieraus ein gerundeter Pegel von 47 dB(A), so dass die gewählte Optimierung der Anlagen weiterhin keine hinreichende Richtwertunterschreitung im Bereich des Hotels E. gewährleiste.

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Zudem sei die Vorbelastung durch den von ihrem Betrieb ausgehenden Lärm unzureichend ermittelt worden. Entgegen der dortigen Feststellung schöpfe sie, die Klägerin, den zulässigen Immissionsrichtwert durch ihren Bestand und die zulässige Zusatzbelastung in dem neuen Gewerbepark A. II vollständig aus, so dass kein Raum für eine weitere Zusatzbelastung durch die genehmigten Windenergieanlagen bestehe. Die Schallimmissionsprognose der D. GmbH habe für ihr Gelände zur Nachtzelt ein Emissionskontingent von 48 dB(A), das für die gesamte Betriebsfläche gelte, errechnet. Bei dieser Betrachtung werde die exponierte Lage des Prüfstandfeldes vollkommen unterbewertet. Bei der insoweit zur Überprüfung durchgeführten Betriebsgeräuschimmissionsmessung in der Zeit vom 10. Juni 2013 bis zum 8. Juli 2013 sei ein völlig ungeeigneter Messpunkt zwischen den Wohngrundstücken „Im G. 28 und 26" gewählt, der den insoweit ermittelten Mittelungspegel an diesem Messpunkt für das Gewerbe nachts mit 34 dB(A) grundsätzlich in Frage stelle. Ihre Betriebsgeräuschimmissionen würden jedenfalls hierdurch nicht wirkungsgerecht abgebildet. Schon in der Vergangenheit sei sie gezwungen gewesen, insbesondere im Bereich der Prüfstände umfangreiche Maßnahmen durchzuführen, um den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in den nächstgelegenen Wohngebieten überhaupt einhalten zu können. Hinsichtlich der Geräuschvorbelastung durch ihren Betrieb sowie das Bebauungsplangebiet „Gewerbepark A. II" habe sie im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine weitere schalltechnische Ermittlung und Bewertung durch das Ingenieurbüro C. (Stellungnahme vom 18. Juni 2015) vornehmen lassen, die bestätige, dass die Vorbelastung durch ihren Betrieb im Zusammenwirken mit den für den Gewerbepark A. II festgesetzten Lärmkontingenten die zulässigen Nachtimmissionsrichtwerte im Bereich der Wohnhäuser H.-Straße 5 und 9, für welche die Schutzbedürftigkeit eines allgemeinen Wohngebietes und damit ein Immissionsrichtwert von 40 dB(A) anzunehmen sei, bereits voll ausgeschöpft sei. Dieses Defizit werde auch nicht durch die positiven Stellungnahmen der SGD Nord als Fachbehörde behoben, da diese die Vorbelastung nicht selbst ermittelt habe. Im Übrigen habe sie in ihrer Stellungnahme vom 10. Juni 2013 im Rahmen des ursprünglichen Genehmigungsverfahrens auf die Ausschöpfung der Immissionsrichtwerte hingewiesen, weshalb nach Ziffer 2.7.2.2 der Genehmigung vom 30. Juli 2013 ein Nachtbetrieb zunächst ausgeschlossen worden sei. Der Berechnung der Emissionskontingente für das Bebauungsplangebiet „Gewerbepark A. II" liege gerade die durch ihren Betrieb verursachte Vorbelastung zu Grunde. Im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens sei sowohl in der gutachterlichen Stellungnahme zur 1. Änderung des Bebauungsplans als auch im zugehörigen Nachtrag zur 2. Änderung des Bebauungsplans berücksichtigt worden, dass zur Nachtzeit sowohl am Immissionsort Alte I.-Straße 73 als auch am Wohnhaus J.-Weg 1a der geltende Nachtimmissionsrichtwert durch die Vorbelastung des „Industriegebietes B.-A. bereits ausgeschöpft sei. Entsprechend diesen Feststellungen sei die Lärmkontingentierung für das Plangebiet „Gewerbepark A. II" mit der Zielsetzung erfolgt, das Relevanzkriterium nach Ziffer 3.2.1 TA Lärm zu erfüllen. Das bedeute, dass die Lärmimmissionen im Plangebiet „Gewerbepark A. II" den jeweiligen Immissionsrichtwert um mindestens 6 dB(A) unterschreiten müssten. Das heiße, die Emissionskontingente seien so berechnet, dass im Falle ihrer Ausschöpfung zusammen mit der vorhandenen Vorbelastung durch bereits bestehende Anlagen keine unzumutbaren Lärmimmissionen auf den benachbarten Wohngrundstücken feststellbar seien. Im Übrigen seien auch bei einer Ausschöpfung von Immissionsrichtwerten Zusatzbelastungen möglich, nämlich dann, wenn sie zu keiner Überschreitung der zulässigen Geräuschpegel führten. Dies setze voraus, dass die Beurteilungspegel der hinzukommenden Anlagen mindestens 10 dB(A) unter den maßgeblichen Immissionsrichtwerten liegen müssten. Folglich hindere auch die durch den bisher ausgeübten Betrieb verursachte Ausschöpfung der Immissionsrichtwerte sie nicht an einer Erweiterung ihres Betriebes. Der Nachtbetrieb der Beigeladenen habe zur Folge, dass zum einen eine erhebliche Überschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte an der benachbarten Wohnbebauung zu erwarten sei und dass zum anderen ihr, der Klägerin, lediglich ein 5 dB niedrigerer Nachtimmissionsrichtwertanteil zur Verfügung stehe.

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Aus dem Vorgesagten ergebe sich gleichzeitig die nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Verletzung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten. Denn ausweislich der beigefügten schalltechnischen Untersuchungen würden bei einem Nachtbetrieb der in Rede stehenden fünf Windenergieanlagen die maßgeblichen Immissionsrichtwerte in der Nachtzeit überschritten. Dies habe zur Folge, dass sie zum Lärmstörer werde und mit nachträglichen betriebseinschränkenden Maßnahmen und Anordnungen rechnen müsse. Der Umstand, dass sämtliche der von ihr betriebenen Anlagen (immissionsschutzrechtlich) genehmigt seien, stehe dem nicht entgegen. Eine nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG sei nämlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass das pflichtwidrige Verhalten, hier also ein eventueller Verstoß ihrerseits gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, den erteilten Genehmigungen entspreche.

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Die Klägerin beantragt,

die zugunsten der Beigeladenden erteilte immissionsrechtliche Änderungsgenehmigung des Beklagten vom 3. Juli 2014, Az.: 61.1/620-29/13 zu 61.1/620-33/12, sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24. November 2016, Az.: RA-W 14/174, aufzuheben,

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Er verweist auf den Widerspruchsbescheid und hält die Klage für zulässig. Ergänzend führt er aus, soweit keine Änderung des ursprünglichen Genehmigungsbescheides vorgenommen worden sei, seien dessen Regelungen bestandskräftig und der Überprüfung entzogen. Sollten die Vorschriften über die Durchführung der UVP verletzt worden sein, sei die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) auf die Fehler beschränkt, die nach ihrer Art und Schwere den unter Nummern 1 und 2 genannten Fehlern vergleichbar seien. Ein solcher liege hier nicht vor. Eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles habe im Rahmen der Prüfung des ursprünglichen Antrages stattgefunden, eine Dokumentation des Ergebnisses dieser Prüfung sei allerdings unterblieben. Soweit man darin einen formellen Fehler erkennen möchte, sei dieser nach seiner Art und Schwere schon nicht vergleichbar. Es habe ein förmliches Verfahren nach § 19 Abs. 3 BImSchG mit Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden. Im Rahmen dieses Verfahrens hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, die Antragsunterlagen Einsicht zu nehmen. Dieses Recht habe sie nicht wahrgenommen. Auch habe sie keinerlei Einwendungen in diesem Verfahren vorgebracht. Allein entscheidend sei hier der Änderungsbescheid zu prüfen. § 3e des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung alter Fassung (UVPG aF) führe aus, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung, bzw. eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls, bei Änderungen vorzunehmen sei, wenn die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Im vorliegenden Fall sei dieses Kriterium „erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen" nicht erfüllt. Es sei eine Einschränkung der Betriebsdauer geändert worden. Die Änderung stelle keinen vergleichbaren Eingriff dar. Im Übrigen werde eine aktuelle UVP-Vorprüfung vom 16. August 2017 vorgelegt. Bezüglich der Einwendungen zur Schallimmissionsprognose habe sie erkannt, dass bei der Berechnung mit gerundeten Pegeln gearbeitet worden sei. Die im Rahmen der Prognoseberechnungen berücksichtigten Zuschläge von bis zu 2,5 dB würden jedoch als ausreichend angesehen, diese Rundungsungenauigkeiten aufzufangen. Die hinsichtlich der Vorbelastung vorgenommenen Messungen seien über einen Zeitraum von vier Wochen erfolgt. Soweit vorgetragen werde, dass in dem gesamten Zeitraum keine vollständige Auslastung des Prüffeldes vorgelegen habe, sei der Vortrag zu unsubstantiiert. Bezüglich des Standortes der Langzeitmessung sei nachvollziehbar auf die örtlichen Gegebenheiten Rücksicht genommen worden. Um diese Prognoseberechnung überprüfen zu können und die Rechte Dritter zu schützen, seien in der Änderungsgenehmigung zum einen die Einhaltung des Schalleistungspegels und eine schalltechnische Abnahmemessung bezüglich des Nachtbetriebs gefordert worden. Insbesondere bei der schalltechnischen Abnahmemessung sollten die tatsächlichen Immissionswerte festgestellt werden. Diese Messung habe aufgrund der vorherrschenden Umwelteinflüsse bisher noch nicht vorgelegt werden können. Soweit die Klägerin ausführt, ihren Betrieb künftig zu erweitern, seien diese unkonkreten Erweiterungsabsichten nicht zu berücksichtigen.

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Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen

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Sie hält die Klage für unzulässig, da die Klägerin keine Klagebefugnis habe. Ihre Grundstücke lägen nicht im Einwirkungsbereich des Vorhabens, denn sie lege nicht dar, dass sich dort immissionsschutzrechtlich schützenswerte Wohnnutzungen im Einwirkungsbereich des Vorhabens befänden. Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus der Befürchtung, dass die maßgeblichen nächtlichen Immissionsrichtwerte durch die schalltechnische Gesamtbelastung an der nächstgelegenen Wohnbebauung überschritten würden, sodass die Klägerin damit zum Lärmstörer würde. Insoweit sei maßgeblich, dass das der Klägerin zustehende Lärmkontingent selbstverständlich nicht mit der vorliegenden immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung zugunsten der Beigeladenen modifiziert bzw. verringert werden könne. Es bleibe vielmehr bei den Betriebs- und Verlärmungsrechten zugunsten der Klägerin, wie sich diese aus den maßgeblichen Genehmigungen ergäben. Sollte es aufgrund der von dem Windpark der Beigeladenen ausgehenden Immissionen letztlich tatsächlich zu Überschreitungen an einzelnen Immissionspunkten kommen, so bestünde letztlich ein Problem der Beigeladenen, nicht hingegen der Klägerin. Es könne auf die bloße Absicht der Klägerin, ihren Betrieb in Zukunft zu erweitern, in keiner Weise ankommen, denn sie habe diese Absicht nicht konkretisiert. Schließlich ergebe sich eine Klagebefugnis auch nicht aus dem vermeintlichen Fehlen einer Umweltverträglichkeits(vor)prüfung. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO für entsprechend anwendbar erkläre, begründe er gerade nicht die Klagebefugnis, sondern verändere gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung.

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Es habe nicht der Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls bedurft, weil Antragsgegenstand des ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrages vom 27. November 2012 bereits der unbeschränkte Tag- und Nachtbetrieb aller neun beantragten WEA SF gewesen sei. Der Änderungsantrag sei damit von seiner Reichweite her hinter dem ursprünglichen Genehmigungsantrag zurückgeblieben, für welchen der Beklagte seinerzeit bereits eine UVP-Vorprüfung durchgeführt gehabt habe. Der „Prüfkatalog zur Ermittlung der UVP-Pflicht" vom 6. Dezember 2012 verweise insoweit auf die ursprünglich eingereichte Schallimmissionsprognose der Firma K. aus dem Jahr 2012, gemäß welcher ein unbeschränkter Tag- und Nachtbetrieb aller neun beantragten Anlagen vorgesehen gewesen sei. Der Beklagte habe sich den durch das Institut für Umweltplanung Dr. L. und durch die K. Umweltconsulting GmbH am 6./10. Dezember 2012 erstellten Prüfkatalog in dem Verfahren zu eigen gemacht. Dies ergebe sich aus den Verfahrensunterlagen, insbesondere aus einer Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Beklagten vom 13. Februar 2013. Von daher habe bereits die im Rahmen des ursprünglichen Genehmigungsverfahrens durch den Beklagten durchgeführte UVP-Vorprüfung des Einzelfalls einen schalltechnisch unbeschränkten Anlagenbetrieb aller neun seinerzeit beantragten WEA SF berücksichtigt. Der spätere Änderungsantrag vom 8. August 2013 sei nicht über den in seiner ursprünglichen Fassung gestellten Grundantrag hinausgegangen, so dass der Beklagte im Rahmen des Änderungsverfahrens keine erneute UVP-Vorprüfung habe durchführen müssen und folgerichtig auch nicht durchgeführt habe. Der Vortrag der Klägerin sei treuwidrig, da diese gegen die Ursprungsgenehmigung keine Rechtsmittel eingelegt habe, obwohl sich aus der entsprechenden öffentlichen Bekanntmachung der Ursprungsgenehmigung gerade nicht ergebe, dass fünf der neun genehmigten WEA SF während der Nachtzeit nicht hätten betrieben werden dürfen. Es wäre also seinerzeit Aufgabe der Klägerin gewesen, sich bei dem Beklagten über Inhalt und Umfang der Ursprungsgenehmigung vom 30. Juli 2013 zu informieren, was allerdings nicht geschehen sei. Auch im Rahmen des damals durchgeführten förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG, welches sich ursprünglich noch auf den Nachtbetrieb sämtlicher WEA SF bezogen habe, habe sich die Klägerin gerade nicht beteiligt und keine Einwendungen geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund könne die Klägerin heute nicht geltend machen, dass ein vermeintlicher Verstoß gegen Vorschriften des UVPG vorliege, der letztlich zur Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung führen würde. Weiterhin wäre dem Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, den vermeintlichen Verfahrensfehler durch Nachholung der UVP-Vorprüfung zu heilen. Nach § 4 Abs. 1b S. 3 UmwRG könne das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt werde, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich sei. Der neugefasste Satz 1 des § 4 Abs. 1b UmwRG regele nunmehr ausdrücklich, dass eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung der Entscheidung führe, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden könne.

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Es sei kein Gesichtspunkt erkennbar, der für eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten spreche, wenn die Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. Mai 2014 unzutreffend sei; sie könne sich auf eine vermeintliche Fehlerhaftigkeit derselben jedenfalls nicht berufen. Eine Schlechterstellung durch die vorliegende immissionsschutzrechtliche Genehmigung erfolge nicht. Vielmehr sei die Klägerin nach wie vor befugt, den ihr genehmigten Betrieb entsprechend den ihr seinerzeit erteilten Genehmigungen auszuüben. Es bestehe kein Konkurrenzverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen um noch freibleibende Immissionskontingente im Industriegebiet. Die Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. Mai 2014 sei fachlich korrekt. Dies gelte sowohl hinsichtlich der Verwendung gerundeter Pegel als auch im Hinblick auf das Ansetzen der durch den Betrieb der Klägerin bereits bestehenden Vorbelastung. Die Ausführungen der Klägerin zu dem vermeintlichen Risiko, mit nachträglichen Anordnungen durch die zuständige Immissionsschutzbehörde rechnen zu müssen, gingen an der rechtlichen Realität vorbei. Zwar sei es korrekt, dass eine Anordnung nach § 17 BlmSchG nicht schon deshalb ausgeschlossen werde, weil das Handeln des Anlagenbetreibers durch die Genehmigung gedeckt sei. Entscheidend sei aber, dass eine entsprechende Anordnung nur bei Vorliegen einer Pflichtverletzung, also einer Verletzung des geltenden Immissionsschutzrechts, zulässig sei. Inwiefern aber die Realisierung des Vorhabens der Beigeladenen und die damit einhergehenden zusätzlichen nächtlichen Schallimmissionen durch die WEA SF zu einer Pflichtverletzung seitens der Klägerin führen können sollten, erschließe sich nicht. Auch seien die Erweiterungsabsichten der Klägerin nicht betroffen, da der Bebauungsplan „Gewerbepark A. II" Lärmkontingente zugunsten der Klägerin festgesetzt habe, welche durch das Vorhaben der Beigeladenen in keiner Weise berührt würden. Die durch die D. GmbH durchgeführte Messung habe sich allein auf diejenigen Schallimmissionen bezogen, die durch den Betrieb innerhalb des Bebauungsplangebietes „Gewerbepark A. l" tatsächlich verursacht würden, denn in diesem Bebauungsplan seien im Gegensatz zu „A*** II“ gerade keine Lärmkontingente festgesetzt worden.

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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen, die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten sowie die von dem Beklagten digital vorgelegten Bebauungs- und Flächennutzungspläne Bezug genommen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet.

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I. Die Klage ist zulässig, insbesondere steht der Klägerin eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu, da sie geltend machen kann, in ihren Rechten verletzt zu sein. Ist die Klägerin – wie hier – nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, ist für ihre Klagebefugnis erforderlich, dass sie die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die sie als Dritte zu schützen bestimmt ist (BVerwG, Urteile vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 – BVerwGE 132, 64, juris Rn. 14, und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138, juris, Rn. 14; stRspr). Eine solche unmittelbar die Klägerin schützende Vorschrift des einfachen Gesetzesrechts ist hier nicht ersichtlich und wurde von ihr in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr behauptet. Die Klagebefugnis beruht nicht auf dem Unterlassen einer UVP-Vorprüfung. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, begründet er gerade nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30.10 NVwZ 2012, 573; VG Koblenz, Beschlüsse vom 13. April 2017 – 4 L 86/17.KO – und vom 27. Oktober 2017 – 4 L 908/17.KO –). Auch liegt die Lärmbetroffenheit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG) der Grundstücke der Klägerin im Industriegebiet weit unterhalb des hierfür anerkannten Schwellenwertes.

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Die Klagebefugnis folgt jedoch nach Auffassung der Kammer aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Verbindung mit den Regelungen der §§ 5 Abs. 1, 6, 17 und 24 BImSchG. Insoweit trägt die Klägerin nachvollziehbar und von ihrem Ansatz überzeugend vor, es sei nicht auszuschließen, dass aufgrund der erheblichen Lärmvorbelastungen durch ihren Betrieb und der weiteren im Industriegebiet „A.“ ansässigen Betriebe zuzüglich der durch den „Gewerbepark A. II“ zulässigen Emissionskontingente die maßgeblichen (nächtlichen) Immissionsrichtwerte an der nächstgelegenen Wohnbebauung überschritten würden (was im Einzelnen in Bezug auf konkrete Wohnhäuser – auch gutachtlich – näher belegt wird). Dadurch werde die Klägerin gegenüber dieser nächstgelegenen Wohnnutzung zum Lärmstörer und müsste mit der Anordnung (weiterer) aktiver oder passiver Lärmschutzmaßnahmen nach § 17 BImSchG i.V.m. Ziffer 5.3 der TA Lärm rechnen.

27

Die Frage des hier im Vordergrund stehenden asymmetrischen Konkurrenzschutzes für (lärm-)emittierende Anlagen ist bisher – soweit ersichtlich – gerichtlich nicht geklärt. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch weitgehend anerkannt, dass bei Vorliegen einer sogenannten echten Konkurrenzsituation paralleler Genehmigungsanträge von der Behörde eine fehlerfreie Ermessensentscheidung darüber gefordert ist, in welcher Reihenfolge sie die Anträge bescheidet. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen hier eine sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, juris, Rn. 21, m.w.N.). Die Zulässigkeit einer solchen „Konkurrentenklage“ zwischen zwei Windenergieanlagenbetreibern wird nicht nur im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen der Standsicherheit, sondern auch in Bezug auf die Ausnutzung von Schallemissionen bzw. Immissionskontingenten und die damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Betrieb der Anlagen angenommen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2015 – 1 A 10676/14.KO unter Bestätigung des Urteils der Kammer vom 6. Mai 2014 – 4 K 726/13.KO –).

28

Aus Sicht der Kammer kann diese Rechtsprechung, gestützt auf die hier vorliegende und – wie unten noch darzulegen – reale Befürchtung von nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Anordnungen, auf die Konkurrenz wesensverschiedener lärmemittierender Anlagen übertragen werden, auch weil ausreichender nachträglicher Schutz gegen entsprechende Auflagen nicht in jedem Fall sichergestellt ist.

29

Das vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (vgl. Urteil vom 3. August 2016
8 A 10377/16 –) betonte Prinzip der (Genehmigungs- bzw. Antrags-) Priorität ist gerade im Bereich der Lärmimmissionen nicht ohne weiteres in der Lage, die Ermessensausübung der zuständigen Behörde (hier zugunsten des bestehenden Betriebs der Klägerin) zu lenken. Es ist in § 17 BImSchG und in der TA Lärm nicht wie etwa im Baurecht verankert. Damit genügt es auch nicht, die Klägerin auf den Rechtsschutz gegen die nachträgliche Anordnung zu verweisen (mit dem dort gegebenen einstweiligen Schutz nach § 80 VwGO). Für die Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung durch Abschaltverpflichtungen von bestehenden und genehmigten Windkraftanlagen auf der Grundlage des § 85 LBauO hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 3. August 2016 – 8 A 10377/16 –, Rn. 51, juris) den Prioritätsgrundsatz maßgeblich berücksichtigt und weiter ausgeführt:

„Indes ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Vorrang zugunsten der zuerst beantragten bzw. genehmigten Anlage entfällt, sobald dieses erste Vorhaben später wesentlich geändert wird (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 1 EO 69/11 –, ZNER 2011, 649 und juris, Rn. 42 – für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge –; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217 ff.). Gründe der Chancengleichheit und der Vermeidung von Umgehungen des Prioritätsgrundsatzes verlangen hier eine neue Reihung der konkurrierenden Vorhabenträger. Darüber hinaus ist zu bedenken, ob sich der Vorrang zugunsten des zeitlich früheren Vorhabens nicht nur bei der erstmaligen Genehmigungserteilung und dann nur für die Dauer deren Wirksamkeit durchsetzt.“

30

Im Rahmen des § 17 BImSchG sind andere Kriterien zur Bewältigung ebenfalls – zumindest gleichrangig – in die Ermessensausübung der Immissionsschutzbehörden einzustellen. So sieht Nr. 5.3 der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm – vom 26. August 1998, GMBl 1998, 503, zuletzt geändert am 1. Juni 2017, BAnz AT 8. Juni 2017 B5) für Anforderungen an bestehende Anlagen bei mehreren Emittenten folgende Regelungen vor:

„5.3 Mehrere zu einer schädlichen Umwelteinwirkung beitragende Anlagen unterschiedlicher Betreiber

Tragen mehrere Anlagen unterschiedlicher Betreiber relevant zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen bei, so hat die Behörde die Entscheidung über die Auswahl der zu ergreifenden Abhilfemaßnahmen und der Adressaten entsprechender Anordnungen nach den Nummern 5.1 oder 5.2 nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu treffen.

Als dabei zu berücksichtigende Gesichtspunkte kommen insbesondere in Betracht:

a) der Inhalt eines bestehenden oder speziell zur Lösung der Konfliktsituation erstellten Lärmminderungsplans nach § 47a BImSchG,

b) die Wirksamkeit der Minderungsmaßnahmen,

c) der für die jeweilige Minderungsmaßnahme notwendige Aufwand,

d) die Höhe der Verursachungsbeiträge,

e) Vorliegen und Grad eines etwaigen Verschuldens.

Ist mit der alsbaldigen Fertigstellung eines Lärmminderungsplans nach § 47a BImSchG zu rechnen, der für die Entscheidung nach Absatz 1 von maßgebender Bedeutung sein könnte, und erfordern Art und Umfang der schädlichen Umwelteinwirkungen nicht sofortige Abhilfemaßnahmen, so kann die Behörde die Entscheidung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Erstellung des Lärmminderungsplans für eine angemessene Zeit aussetzen.“

31

In der Kommentarliteratur sind daneben weitere Aspekte aufgeführt, die bei der Auswahl zwischen verschiedenen Anlagenbetreibern zu berücksichtigen sind. So wird auf das Verursacherprinzip hingewiesen, welches aus § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG hergeleitet wird (Jarass, Kommentar zum BImSchG, 10. Auflage 2013, § 17 Rn. 65). Daneben können Gesichtspunkte etwa der Wirksamkeit und Schnelligkeit des Eingreifens, der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen, der Billigkeit, Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit, des Vorrangs wettbewerbsschonender Eingriffe eine Rolle spielen (vgl. Hansmann/Ohms in: Landmann-Rohmer, Loseblatt-Kommentar zum Umweltrecht, Stand April 2014, BImSchG § 17 Rn. 227 mit der Aufzählung von weiteren Gesichtspunkten). Darin werden jedoch die Genehmigungspriorität oder etwa die offensichtliche Rechtswidrigkeit einer Genehmigung wegen schon prognostisch zu hoher Emissionen nicht genannt.

32

Nach der Literatur soll bei der Inanspruchnahme nur eines Pflichtigen dieser gegebenenfalls einen Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB gegen andere Pflichtige haben (vgl. Hansmann/Ohms in: Landmann-Rohmer, a.a.O., § 17 BImSchG Rn. 228 m.w.N.). Damit könnte die Klägerin auch dann, wenn die zuständige Immissionsschutzbehörde bei einer Überschreitung allein gegen die Beigeladene vorginge, befürchten, von der Beigeladenen zum Ausgleich herangezogen zu werden. Insoweit dürfte eine möglicherweise rechtswidrige Genehmigung gegebenenfalls in grundrechtlich geschützte Rechte der Klägerin eingreifen. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG kann die Bewältigung nicht allein dem Rechtsstreit um den zivilrechtlichen Ausgleich nach § 426 BGB überlassen bleiben.

33

Zudem sind in Rheinland-Pfalz die Behörden, die für die Genehmigung zuständig sind, und die Behörden, die für die nachträglichen Anordnungen nach § 17 BImSchG zuständig sind, regelmäßig – wie hier – nicht identisch und gehören noch nicht einmal dem gleichen Rechtsträger an. Die Genehmigung von Windkraftanlagen (Nr. 1.6 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV –) und deren Änderung nach § 16 BImSchG sind den Kreisverwaltungen nach § 1 in Verbindung mit Nr. 1.1.1 der Anlage der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzrechts (ImSchZuVO) als Auftragsangelegenheiten übertragen. Für nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG ist die Struktur- und Genehmigungsdirektion zuständig (§ 1 in Verbindung mit Nr. 1.1.8 ImSchZuVO). Auch spricht wenig dafür, dass die hier für die nachträglichen Anordnungen zuständige SGD Nord die Frage der Genehmigungspriorität im Falle eines Verfahrens nach §§ 17 bzw. 24 BImSchG in den Vordergrund der Prüfung stellen wird. Sie hat als immissionsschutzrechtliche Fachbehörde im Widerspruchsverfahren auf die Bitte des Beklagten unter Vorlage der Angaben der Klägerin im Verhältnis zu den Lärmgutachten der Beigeladenen mit Schreiben vom 31. Juli 2015 mitgeteilt, die Behörde müsse bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung von der Rechtmäßigkeit ihrer Genehmigung ausgehen. Daher sei im Verfahren nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die Rechtmäßigkeit nicht mehr zu prüfen. Insofern bedürfe es keiner Stellungnahme der Fachbehörde. Der SGD Nord liegen auch nicht die Genehmigungsakten der neun Windenergieanlagen vor. Sie kann bei der Prüfung, ob und gegen wen sie einschreiten will, nicht einfach auf diese Unterlagen zurückgreifen, um die Frage der Priorität oder Rechtswidrigkeit der Genehmigungen zu klären, ungeachtet der Frage, ob sie dies im Hinblick auf das Verhalten im Widerspruchsverfahren überhaupt in Erwägung zieht. Im Übrigen ist die SGD Nord für Rücknahme, Widerruf und Entziehung der Genehmigung nach § 1 Abs. 2 ImSchZuVO nur ausnahmsweise zuständig, für die Untersagung nur bei einem Verstoß gegen eine Anordnung oder wegen Unzuverlässigkeit (vgl. Nr. 1.1.11 ff. der Anlage zur ImSchZuVO). Ein Selbsteintrittsrecht ist nicht vorgesehen.

34

Im Bereich der Genehmigungen nach §§ 10 bzw. 19 BImSchG gibt keine Bestandskraft von „Verlärmungsrechten“ zu Lasten der Immissionsbetroffenen auf der Grundlage von Immissionsprognosen (vgl. Hansmann/Ohms in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 BImSchG Rn. 4 ff. m.w.N., Rn. 79 ff.). Die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gilt auch für genehmigte Betriebe, selbst innerhalb der bestandskräftig festgesetzten Emissionswerte; auch in der Verletzung dieser Schutzpflicht liegt eine nach § 17 BImSchG relevante Pflichtverletzung (vgl. Jarass, a.a.O., 11. Auflage 2015, § 17 Rn. 21 m.w.N.; Hansmann/Ohms in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 BImSchG Rn. 4 ff. m.w.N., Rn. 79 ff.; Posser, BeckOK Umweltrecht, 44. Edition, 1. August 2017, § 17 BImSchG Rdnr. 24; BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 – 7 C 14/08 –). Die Frage, ob ein genehmigter Betrieb trotz Einhaltung der festgesetzten Emissionswerte nach § 17 BImSchG wegen zu hoher Immissionen bei einem Dritten durch eine Anordnung in Anspruch genommen wird, ist in das durch § 17 BImSchG gesteuerte Ermessen der zuständigen Behörde gestellt.

35

Damit verbleibt als einziger wirksamer Weg, die Gesichtspunkte der Priorität bzw. der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der der Beigeladenen erteilten (Änderungs-) Genehmigung in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht in einem eventuellen Anordnungsverfahren nach § 17 BImSchG auch gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz und seiner handelnden Behörde SGD Nord zur Geltung zu bringen, nur die Beseitigung der Tatbestandswirkung der erteilten (Änderungs-)Genehmigung durch deren Anfechtung.

36

Die Anfechtung erfolgte fristgemäß und Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts gegen die Änderungsgenehmigung sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat bereits im vorangegangenen Genehmigungsverfahren auf die Ausschöpfung der Immissionswerte hingewiesen. Das Unterlassen einer Anfechtung der Genehmigung vom 30. Juli 2013 führt nicht zu der Verwirkung der Anfechtung der Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014.

37

II. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Änderungsbescheid des Beklagten vom 3. Juli 2014 ist mangels Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; er ist daher zusammen mit dem ihn bestätigenden Widerspruchsbescheid vom 24. November 2016 aufzuheben (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

38

Die Änderung der Genehmigung vom 30. Juli 2013 für neun Windenergieanlagen, die aufgrund ihrer jeweiligen Gesamthöhe gemäß § 4 Abs. 1 BImSchG, § 1 Abs. 1 i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, ist im Hinblick auf den mit der Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 erlaubten Nachtbetrieb weiterer fünf Windenergieanlagen rechtswidrig. Die begehrten Änderungen sind nicht genehmigungsfähig, da die Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften weder zum Zeitpunkt der Genehmigung am 3. Juli 2014 oder des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016 noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts sichergestellt ist. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Nach § 4a Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren – 9. BImSchV – hat der jeweilige Antragsteller valide Angaben zu den Emissionen der Anlage(n) zu machen sowie eine Prognose der zu erwartenden Immissionen vorzulegen, welche diese Sicherstellung nachweist.

39

1. Es fehlt an einer ausreichenden Grundlage für die Genehmigung in der Form eines validen Sachverständigengutachtens zur Lärmbelastung.

40

Die der Änderungsgenehmigung zugrunde gelegte Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 beruht auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen und übersieht wichtige Immissionspunkte. Darüber hinaus weist sie für zwei Immissionspunkte unzulässig hohe Werte auf, die schon allein einer Genehmigungsfähigkeit entgegenstehen.

41

a) Es fehlt, wie von der Klägerin bereits im Genehmigungsverfahren zutreffend gerügt, an der hier notwendigen Prognose für einen Immissionsort nach Nr. 2.3 Absatz 2 TA Lärm, der wie folgt lautet:

„Wenn im Einwirkungsbereich der Anlage aufgrund der Vorbelastung zu erwarten ist, dass die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 an einem anderen Ort durch die Zusatzbelastung überschritten werden, so ist auch der Ort, an dem die Gesamtbelastung den maßgebenden Immissionsrichtwert nach Nummer 6 am höchsten übersteigt, als zusätzlicher maßgeblicher Immissionsort festzulegen.“

42

Wie von der Klägerin gutachtlich bestätigt und dem Beklagten vorgelegt, werden im Bereich der H.Straße 5 bzw. 9 (B., Stadtteil M.) schon durch die Vorbelastung die nach Nr. 6 TA Lärm dort anzulegenden Immissionswerte für die Nacht von 40 dB(A) leicht überschritten (40,3 bzw. 40,9 dB(A)). Da dieser Bereich von den nächstgelegenen Anlagen WEA SF 1 und WEA SF 2 der Beigeladenen nur etwas mehr als 1.300 m bzw. 1.200 m entfernt ist, dürfte auch hier mit einem relevanten Lärmeintrag zu rechnen sein (vgl. IAP A mit einer Entfernung von 1.411,5 m bzw. 1.128,9 m von den Anlagen WEA SF 1 und WEA SF 2, Bl. 101 der Akte zum Änderungsantrag). Damit war in diesem Bereich, wie schon der Wortlaut der Nr. 2.3 Abs. 2 TA Lärm ausdrücklich anordnet, zwingend ein zusätzlicher maßgeblicher Immissionsort festzulegen. Schon das Fehlen dieses Immissionsortes führt zu Nichtverwertbarkeit der Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 für die hier erteilte Änderungsgenehmigung.

43

b) Weiterhin wird für den Immissionspunkt IAP A (Hotel E., B.) in dem Gutachten eine Überschreitung selbst in dem abgeregelten Betriebsmodus für die WEA SF 1, 2 und 3 mitgeteilt. Wie von der Klägerin zutreffend in dem Gutachten dargelegt, konnte die Einhaltung der in Nr. 3.2.1 Absatz 3 TA Lärm geregelten Grenze für eine Ermessenentscheidung des Beklagten nur durch entsprechende Abrundung der in die Berechnung eingestellten Werte für die Vor- und die Zusatzbelastung erreicht werden. Dies wird weder von dem Beklagten noch der Beigeladenen in Abrede gestellt. Eine solche Erweiterung der Tatbestandsvoraussetzungen für die Ermessensentscheidung des Beklagten ist nach Auffassung der Kammer nicht zulässig. In dem Beschluss vom 13. April 2017 – 4 L 86/17.KO – ist dazu ausgeführt:

„Zudem ist die Kammer für das vorliegende Eilverfahren der Auffassung, dass die Nr. 3.2.1. der TA Lärm fehlerhaft angewendet wurde. Dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass eine Überschreitung von 1,4 statt um 1 dB(A) unschädlich sei. Ebenso ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, dass bei ihrer Anwendung die hier festgestellte Überschreitung irrelevant sei, vielmehr heißt es lediglich, die Genehmigung solle im Hinblick auf die Vorbelastung „nicht versagt werden, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt“. Eine solche Sicherstellung ist weder dem Gutachten der Fa. N. vom 6. September 2016 noch den Antragsunterlagen oder gar einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den beteiligten Anlagenbetreibern zu entnehmen. Die von den Gutachtern behaupteten Rundungsregelungen für die Werte finden sich in der TA Lärm (anders als etwa in der TA Luft) nicht, so dass die Abrundung der Überschreitung von (schädlichen) 1,4 dB(A) auf (von der Behörde nach Nr. 3.2.1 TA Lärm noch tolerierbaren) 1 dB(A) nicht zulässig ist (vgl. VG München, Urteil vom 17. April 2012 – M 1 K 11.6078 – juris Rn. 29, und Urteil vom 20. April 2015 - M 8 K 13.2272 – juris Rn. 73).“

44

Im Übrigen handelt es sich bei der Regelung der Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm um eine „Soll“-Regelung. Bei einer Überschreitung von mehr als 1,0, so sie entgegen dem zuvor Dargelegten überhaupt zulässig wäre, wäre die Ermessensentscheidung des Beklagten schriftlich zu begründen (§ 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG), was hier nicht erfolgt ist. Auch aus diesem Grunde wäre die Entscheidung rechtswidrig.

45

Die Verrechnung der Auf-/Abrundung mit den in den Gutachten der D. GmbH vom 20. April 2014 zugrunde gelegten Zuschlägen für Unsicherheitsabschätzungen ist nicht zulässig und verwechselt die eingestellten Emissionswerte mit der prognostischen Berechnung der Immissionswerte. Denn die Faktoren für diese Unsicherheitszuschläge, wie sie etwa in dem Gutachten der K. Umweltconsulting GmbH vom Dezember 2012 auf S. 14 erläutert sind, beruhen gerade auf der fehlenden Vermessung der konkret installierten Windenergieanlage. Die Beigeladene hat im Übrigen bis heute ausweislich der vorgelegten Akten – trotz der Auflage 2.7.2.3 des Genehmigungs- und des Änderungsbescheides mit der dortigen Fristsetzung – die Einhaltung der Bescheidwerte nicht nachgewiesen, geschweige denn eine wesentliche Unterschreitung der Emissionen.

46

c) Für den Immissionspunkt IAP C (G. 28, B., Stadtteil M.) wird in der Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 (S. 5) ein Wert für die zumutbare Belastung von 40 dB(A) bei Nacht und 55 dB(A) bei Tag angenommen. Diese Werte sind nach Nr. 6.1 TA Lärm einem allgemeinen Wohngebiet zugeordnet. Der Immissionspunkt IAP C liegt, wie die benachbarten Gebäude, im Bereich des Bebauungsplanes „O.“, welcher am 18. Januar 1984 von dem Beklagten genehmigt, am 14. Mai 1998 (nachträglich) ausgefertigt und anschließend erneut am 22. Mai 1998 bekannt gemacht wurde. Dieser wirksame Bebauungsplan setzt ein reines Wohngebiet fest, welchem nach Nr. 6.1 TA Lärm die Werte 35 dB(A) nachts und 50 dB(A) tagsüber zugeordnet sind. Nach Kenntnis der Kammer, welche den Beteiligten bereits in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt wurde und unter anderem aus einem Ortstermin in einem anderen Verwaltungsstreitverfahren und persönlicher Ortskenntnis beruht, und ausweislich der vorliegenden Luftbilder ist dieses Baugebiet nahezu vollständig und entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes bebaut.

47

Die Angabe auf Seite 3 der Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014, die Schutzbedürftigkeit sei entsprechend der Auskunft des Auftraggebers mit der beteiligten Bauleitplanungsbehörde abgestimmt, konnte von der Beigeladenen bzw. den Vertretern der D. GmbH in der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt werden. Eine solche Abstimmung spiegelt sich jedenfalls nicht in dem Gutachten wider, da die bebauungsplanwidrige Einstufung als allgemeines Wohngebiet (vgl. S. 4 der Schallimmissionsprognose vom 20. April 2014) nicht der Nr. 6.6 Satz 1 TA Lärm entspricht und daher zwingend erläuterungsbedürftig gewesen wäre. Nr. 6.6 TA Lärm lautet:

„6.6 Zuordnung des Immissionsortes

48

Die Art der in Nummer 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen ergibt sich aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Sonstige in Bebauungsplänen festgesetzte Flächen für Gebiete und Einrichtungen sowie Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nummer 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen.“

49

Wohl aus ähnlichen Erfahrungen heraus verpflichtet die SGD Nord nunmehr jeden Antragsteller, die bauplanungsrechtliche Einordnung sich auf der Anlage A von den örtlich zuständigen Bauleitplanungsbehörden schriftlich bestätigen zu lassen (vgl. www.sgdnord.rlp.de. im Downloadbereich „Windenergieanlagen – erforderliche Genehmigungsunterlagen“). Viel eher dürfte die Darstellung in der vorangegangenen Schallimmissionsprognose der K. Umweltconsulting GmbH vom Dezember 2012 zutreffen. Dort heißt es auf Seite 10:

„Die Immissionsorte wurden anhand der TK 1:25.000 Blatt B. (Nr. 5711) und Kestert (Nr. 5811) und anhand von Luftbildern in Abstimmung mit dem Auftraggeber und den zuständigen Behörden ausgewählt. Es handelt sich bei den Immissionsorten um die am nächsten gelegene Wohnbebauung bzw. Arbeitsräume der umliegenden Ortschaften. Insgesamt wurden neun Immissionsorte festgelegt (siehe Abbildung 3 sowie Tabelle 2) und dabei gemäß vorliegender Flächennutzungspläne wie folgt eingestuft:

Sondergebiet (Richtwert 35 dB(A)): Immissionsort F

Allgemeines Wohngebiet (Richtwert 40 dB(A)): Immissionsorte B, C, D und E

Dorf- und Mischgebiet (Richtwert 45 dB(A)): Immissionsorte A und G …“

50

Nach dieser Darstellung der K. Umweltconsulting GmbH handelt es sich bei dem Immissionsort F um ein Sondergebiet (mit dem Hotel „Zur P.“) und nicht, wie in der Immissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 (S. 5) behauptet, um ein reines Wohngebiet, in dem ein solches Hotel mit Restaurant nach § 3 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) nicht vorgesehen ist.

51

Soweit der Beklagte in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15. November 2017 und die Beigeladene in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. November 2017 darauf hinweisen, der IAP C liege am Rande zum Außenbereich und es sei daher eine andere Bewertung möglich oder anzustellen, bereinigt dies den vorgenannten Mangel der bebauungsplanwidrigen Einstufung nicht. Das Gutachten mit seiner Einstufung suggeriert gerade, selbst gegenüber dem Immissionsrichtwert für ein allgemeines Wohngebiet könne hier eine großzügige Handhabung an den Tag gelegt werden, da der IAP C am Rande zum Außenbereich liegt. Im Übrigen betrifft dieses Argument allenfalls die Frage, ob der IAP C entsprechend Nr. 2.3 Abs. 1 TA Lärm korrekt bestimmt wurde. Die Auffassung des Beklagten unterstellt, wäre die Schallimmissionsprognose vom 20. April 2014 aus einem anderen Grunde nicht ausreichend. Es finden sich in der vom Außenbereich im Südwesten aus gesehen zweiten und dritten Reihe dieses Baugebiets genügend Wohnhäuser, die den vollen Schutz der Immissionswerte verdienen, weil sie nicht „am Rande“ liegen, ohne dass an dieser Stelle abschließend darüber entschieden werden müsste, ob der Argumentation des Beklagten insoweit zu folgen ist. Soweit auf den zwischen dem Bebauungsplan „O.“ und der vorhandenen Bebauung am „J.-Weg“ und am „Q.“ gelegenen Waldbereich von 100 bis 150 m Breite abgestellt würde, handelt es sich nicht um eine klassische Außenbereichslage, sondern um einen „Einschluss“ einer Außenbereichsfläche zwischen zwei Baugebieten im Innenbereich. Auf diesen ist die von dem Beklagten zitierte Rechtsprechung keinesfalls anzuwenden, unabhängig davon, ob sie hier überhaupt einschlägig ist. Soweit die Beigeladene darauf hinweist, auch die SGD Nord gehe von einer Einstufung als Allgemeines Wohngebiet in diesem Bereich aus, ist keinesfalls auszuschließen, dass dies aus den irreführenden Angaben in der Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 folgt, die angeblich mit den zuständigen Bauplanungsbehörden abgestimmt sei. Wie nachfolgend unter d) näher dargelegt, schließen sich in westlicher Richtung zwischenzeitlich weitere Wohngebiete an das Bebauungsplangebiet „O.“ an. Zudem ist auch die Bebauung im Bereich der Straßen „J.-Weg“ und „Q.“ weiter verdichtet worden. All dies ist aus den der Immissionsprognose der D. GmbH beigefügten, völlig veralteten Karte nicht ersichtlich. Dort wirkt das Bebauungsplangebiet „O.“ noch wie eine fingerartige Erweiterung der Ortslage in den Außenbereich.

52

d) Im Übrigen kann dahingestellt bleiben, ob die Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 auf einer ausreichenden Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse der betroffenen Gebiete gründet. Die bei den Lageplänen im Anhang der Prognose verwendete Karte (Bl. 91 der Änderungsgenehmigungsakte), die sich identisch in der ursprünglich von der Beigeladenen vorgelegten Schallimmissionsprognose der K. Umweltconsulting GmbH vom Dezember 2012 (Anhang I/15; ebenso Schallimmissionsprognose der D. GmbH vom 3. Mai 2013 S. 3) findet, war schon zum Zeitpunkt der Antragstellung völlig veraltet, wohl noch aus den frühen 1990er Jahren. Sie führt nicht die zu diesem Zeitpunkt längst umgesetzten Bebauungsplangebiete „Ober R. Ost“, „Ober R. West“ und „Am S.-Berg“ auf und berücksichtigt nicht weiter erfolgte Bebauung im Bereich der Straßen „J.-Weg“ und „Q. (vgl. die hinreichend aktuelle Karte in dem landespflegerischen Begleitplan, z.B. Bl. 315 im Ordner 1.2 des ursprünglichen Antrags). Auch diese Gebiete liegen z.T. in einer Entfernung von unter 1.000 m von der WEA SF 1.

53

e) Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die gutachterlichen Annahmen zu den Emissionen der Anlagen und den angenommenen Zuschlägen für die Gesamtunsicherheitsabschätzung ausreichend nachvollziehbar sind. Es ist jedoch bemerkenswert, dass die Schallimmissionsprognose der K. Umweltconsulting GmbH vom Dezember 2012 noch von einem Wert von 103,3 dB(A) als Rechengröße für die Abstrahlung ausgeht und auf dieser Grundlage am IAP C eine Zusatzbelastung vom 35,8 dB(A) errechnet wurde, der Ausgangswert in den weiteren Immissionsprognosen sukzessive bis auf 106,2 dB(A) in der Immissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 erhöht und dort für den IAP C eine Zusatzbelastung von 38,6 dB(A) errechnet wurde. Diese Annahmen für den Typ REpower 3.2 M 114 sind im Vergleich zu anderen Gutachten, wie sie im Internet einzusehen sind, niedriger (vgl. das für die Stadt Linnich erstellte Gutachten der IEL GmbH vom 29. April 2013, www.linnich.de, im Bereich Downloads). Zudem wurde nicht die hier betroffene Nabenhöhe von 143 m für diesen Typ (dreifach) vermessen. Vielmehr sind die Messungen von dem Messinstitut GL Garrad Hassan Deutschland GmbH nur für die Höhen 93 m und 123 m erfolgt, wobei die Anlage mit der Nabenhöhe von 123 m signifikant höhere Werte erreicht hat (105,1 dB(A) im Vergleich zu 103,3 bzw. 103,7 dB(A) bei den 93 m hohen Anlagen. Die Herstellergarantie liegt bei 105,2 dB(A), vgl. das vorgenannte Gutachten der IEL GmbH). Die Annahme des Vertreters der D. GmbH, die höheren Werte für die Anlage mit der höheren Nabenhöhe beruhe auf (mechanischen) Problemen dieser Anlage, erscheint nicht ohne weiteres nachvollziehbar, da damit behauptet wird, dass Messinstitut GL Garrad Hassan Deutschland GmbH habe eine nicht ordnungsgemäß funktionierende Anlage vermessen und damit unzutreffende Werte ermittelt. Vielmehr deckt sich der Befund, dass höhere Nabenhöhen bei gleicher Bestückung in der Regel etwas höhere Lärmwerte erzeugen, mit der Erfahrung der Kammer aus anderen Verfahren, in denen von den dortigen Gutachtern für diese Situation in der Regel entsprechende Zuschläge verwendet werden.

54

f) Schon nach dem zuvor Dargelegten durfte die Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 nicht auf der Grundlage der unzureichenden Schallimmissionsprognose vom 20. Mai 2014 ergehen. Sie ist daher rechtswidrig. Sie verletzt die Klägerin auch in ihren Rechten, da diese wie oben dargelegt, bei einer – wie hier – möglichen Überschreitung der Lärmwerte um mehr als 3,6 dB(A) (nach Angaben der D. GmbH) oder mehr (nach Angaben der Klägerin) im Bereich des IAP C (BG. 28) naheliegend mit einem Tätigwerden der SGD Nord als zuständiger Behörde für Anordnungen nach § 17 BImSchG rechnen muss. Davon dürfte auch der Bereich der von der Klägerin angesprochenen Immissionspunkte im Bereich der H.-Straße 5 bzw. 9 betroffen sein. Selbst wenn die betroffenen Anlagen, wie von der Beigeladenen in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. November 2017 behauptet, nicht immissionsschutzrechtlich genehmigt wären, würde es sich – insbesondere bei dem Prüffeld – um Anlagen nach § 22 BImSchG handeln, so dass auch insoweit die SGD Nord nach § 1 i.V.m Nr. 1.2.1 der Anlage zur ImSchZuVO für die Anordnungen gegen die gewerblich betriebenen Anlagen der Klägerin zuständig wäre. Für diese nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen würden erst recht die zitierten Grundsätze der Nr. 5.3 TA Lärm Anwendung finden (vgl. Jarass, a.a.O., 11. Aufl., § 24 BImSchG Rn. 17f.).

55

2. Darüber hinaus liegt der Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 keine ausreichende (Vor-)Prüfung nach den §§ 3 ff. UVPG (a.F.) zugrunde, eine UVP-Vollprüfung wurde nicht durchgeführt.

56

Die Klägerin kann gegen die Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 mit ihrem zulässigen Widerspruch und mit ihrer schon aus anderen Gründen (s.o.) zulässigen Klage einwenden, sie sei unter Verletzung von Verfahrensbestimmungen ergangen, die sie rügen kann. So ist sie befugt – unabhängig vom Vorliegen einer Verletzung in eigenen Rechten – zu rügen, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung zu Unrecht nicht durchgeführt wurde (§ 4 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a UmwRG; vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 –, juris Rn. 41, m.w.N). Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO – wie hier der Klägerin – für entsprechend anwendbar erklärt, begründet er nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30.10 –, NVwZ 2012, 573 und juris, Rn. 20; Beschlüsse der Kammer vom 13. April 2017 – 4 L 86/17.KO – und vom 27. Oktober 2017 – 4 L 908/17.KO –).

57

Für das Vorhaben der Beigeladenen, das dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 1 und 3 des Gesetzes über die UmweltverträglichkeitsprüfungUVPG aF – in der hier anzuwendenden Fassung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung (vom 20. Juli 2017, BGBl. S. 2808, vgl.  Artikel 1 Nr. 36 des vorgenannten Gesetzes mit der neuen Übergangsregelung des § 74 Abs. 1 UVPG) unterliegt (a), ist vor Erteilung der ursprünglichen Genehmigung vom 30. Juli 2013 und vor Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 eine den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG aF genügende UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden (b). Die ursprüngliche Genehmigung vom 30. Juli 2013 hat die Vorprüfung nicht heilend nachgeholt (c). Gleiches gilt für die Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 und den Vermerk des Beklagten vom 16. August 2017 „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)“ (d).

58

a) Nach § 3b Abs. 1 UVPG aF bestand in dem vorliegenden Fall (Errichtung von neun Windenergieanlagen) Anlass für eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c Satz 1, 3 und 4 UVPG aF. Nach Nr. 1.6 der Liste UVP-pflichtiger Vorhaben (Anlage 1 UVPG aF) ist bei 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen eine standortbezogene Vorprüfung und von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung erforderlich; ab 20 Windkraftanlagen muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Bei neun Windenergieanlagen war eine allgemeine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchzuführen. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine gleiche Pflicht aus Nr. 17.2 der Anlage 1 UVPG aF folgt, nach der bei einer Rodung von 1 Hektar bis weniger als 5 Hektar Wald eine standortbezogene Vorprüfung, bei einer Rodung von 5 bis weniger als 10 Hektar Wald eine allgemeine Vorprüfung und bei einer Rodung von mehr als 10 Hektar Wald eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen wäre.

59

Handelt es sich – wie hier – um eine Windfarm, so ist diese nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG aF als eine Anlage zu behandeln (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.).

60

Danach ist die Änderung der Genehmigung der neun Windkraftanlagen im Hinblick auf den Nachtbetrieb von weiteren fünf Windenergieanlagen wie eine Änderung oder Erweiterung eines nicht UVP-pflichtigen Vorhabens zu behandeln. Auf den Fall einer nachträglichen Kumulation von Vorhaben, die für sich allein nicht UVP-pflichtig oder vorprüfungspflichtig sind, die zusammen aber die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte überschreiten, findet nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (– 4 C 4/14 –, BVerwGE 152, 219, Leitsatz 1 und juris, Rn. 16) § 3b Abs. 2, 3 UVPG aF analog (ggf. i.V.m. § 3c Satz 5 UVPG aF) Anwendung. Die UVP-Pflichtigkeit des Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens richtet sich entweder nach § 3b Abs. 3 UVPG aF (Hineinwachsen in die UVP-Pflicht durch erstmaliges Erreichen oder Überschreiten des Größen- oder Leistungswertes eines „X-Vorhabens“ nach Spalte 1 der Anlage 1 des UVPG aF) oder nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG aF (Hineinwachsen in Prüfwerte eines „A-“ oder „S-Vorhabens“ nach Spalte 2 der Anlage 1 des UVPG aF; vgl. dazu Sangenstedt in Landmann-Rohmer, a.a.O., § 3e UVPG Rn. 9).

61

Vorliegend ist § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG aF anzuwenden. Diese Vorschriften regeln die UVP-Pflicht bei Änderung oder Erweiterung kleinerer nicht UVP-pflichtiger Vorhaben; gemeint sind Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben, mit denen „X-Schwellenwerte“, die eine obligatorische UVP-Pflicht auslösen, nicht erreicht oder überschritten werden. Die Vorschrift macht die Notwendigkeit einer UVP auch in diesen Fällen vom Ergebnis einer allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 oder 2 UVPG aF abhängig. Gegenstand der Vorprüfung sind dabei die Umweltauswirkungen des geänderten oder erweiterten Vorhabens, wobei nach Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG aF ergänzend auch Vorbelastungen durch andere Vorhaben zu berücksichtigen sind (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG Rn. 41).

62

Bei einer Änderung des (lediglich vorprüfungspflichtigen) Ausgangsvorhabens ist Gegenstand der UVP-Vorprüfung die Anlage in ihrem geänderten Zustand. Sind nämlich in dem auch hier vorliegenden Falle einer Änderung eines bei seiner Zulassung nicht UVP-pflichtigen Vorhabens die Vorbelastungen des Grundvorhabens insgesamt noch nicht Gegenstand einer UVP gewesen, so dass bei der Vorprüfung des Änderungsvorhabens nicht auf Erkenntnisse aus einem früheren UVP-Verfahren zurückgegriffen werden kann, so ist es zur Erfüllung des europarechtlich vorgegebenen Zwecks der Vorprüfung unerlässlich, die potentiellen Umwelteinwirkungen des Grundvorhabens, d.h. der früher ohne die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigten Anlagen in der Windfarm, einzubeziehen. Diese Vorbelastungen sind daher von der Behörde ebenso zu ermitteln wie mögliche zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen, die erst durch das Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben selbst ausgelöst werden. Ergibt die Vorprüfung, dass solche zusätzlichen oder anderen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, hängt deren Erheblichkeit wiederum davon ab, ob ihnen bei einer umweltzentrierten, am Ziel wirksamer Umweltvorsorge orientierten Bewertung nach den Maßstäben des einschlägigen Fachrechts Genehmigungsrelevanz zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn die Zulassung wegen spezifischer Umweltrisiken der Änderung oder Erweiterung versagt oder mit Schutzauflagen versehen werden könnte (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3e UVPG Rn. 30).

63

Nach dem Sinn und Zweck der europäischen UVP-Richtlinien soll die Vorprüfung sämtliche noch nicht UVP-geprüfte Anlagen umfassen, wenn durch Hinzutreten von Anlagen oder Änderung der Betriebsweise erweiterte Nachteile für die Schutzgüter (§ 2 UVPG) auftreten können. Bei einer Änderungsgenehmigung, welche zu erhöhten Lärmwerten in einem Gebiet führen kann, das bisher nicht in gleicher Weise betroffen war, bedarf es einer UVP-Vorprüfung dann, wenn diese nicht – was an sich im Hinblick auf den Antrag der Beigeladenen hätte geschehen müssen – im vorhergehenden Genehmigungsverfahren bereits überprüft worden sind.

64

Ein anderes Verständnis des § 3c Satz 5 UVPG wäre im Hinblick auf die Konsequenzen sachwidrig. Bei mehrfacher Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens innerhalb derselben Vorprüfungskategorie wäre eine Umweltverträglichkeitsprüfung auch dann nicht durchzuführen, wenn eine aus Umweltsicht kritische Dimension erreicht wird, bei der gravierende Beeinträchtigungen UVP-relevanter Schutzgüter – wie hier oben und unten näher dargelegt – zu erwarten sind (vgl. Sangenstedt in Landmann/Rohmer, a.a.O., § 3c UVPG, Rdnr. 43). Dies würde der „Salami“-Taktik der stückweisen Erweiterung und Änderung von Anlagen einen rechtlich nicht vertretbaren Vorteil gegenüber der Gesamtbeantragung einräumen und geradezu zur Umgehung der Vorschriften des UVPG einladen. Dem ist der Gesetzgeber auch schon mit der Beibehaltung des Begriffs der Windfarm in Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG aF entgegengetreten, obwohl der Verordnungsgeber in dem Anhang 1 zur 4. BImSchV diesen Begriff gerade im Jahr 2005 gestrichen hat; durch das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I 2808, welches der Umsetzung der Richtlinien 2011/92 EU in der Fassung der Richtlinie 2014/52/EU sowie der Richtlinie 2001/42/EG dient) wurde die Anlage 1 zum UVPG insoweit nicht geändert. Eine Umgehung wäre mit Europarecht nicht vereinbar (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 – C-196/16 und C 197/16 –, NVwZ 2017, 1611 zur Nachholung einer UVP für eine Biogasanlage).

65

b) Vor Erteilung der ursprünglichen Genehmigung vom 30. Juli 2013 und auch vor der Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 ist eine den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG aF genügende UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden. Eine Dokumentation wurde von dem Beklagten nicht angelegt und findet sich in den vorgelegten Akten auch nicht. Der Beklagte behauptet zwar, es sei eine allgemeine UVP-Vorprüfung durchgeführt worden, sie habe lediglich die Dokumentation nicht erstellt. Jedoch hat sie auch die nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG aF zwingend erforderliche Bekanntmachung des Unterbleibens der UVP nicht öffentlich bekannt gemacht. Das Gericht ist nach § 3a Satz 4 UVPG aF darauf beschränkt zu prüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG aF durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Nach § 3c Satz 6 UVPG aF sind die Durchführung der UVP-Vorprüfung und ihr Ergebnis zu dokumentieren. Der Beklagte kann nur mit einer Dokumentation die Durchführung einer UVP-Vorprüfung nachweisen (vgl. dazu auch den Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten des Bund-Länder-Arbeitskreises vom 14. August 2003, im Internet verfügbar auf der Seite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit  – www.bmub.de). Das Gericht ist nach der gesetzlichen Regelung darauf beschränkt, anhand der (hier nicht existenten) Dokumentation die Nachvollziehbarkeit zu prüfen. Danach gilt, wenn wie hier weder eine Dokumentation erstellt wurde noch die Bekanntmachung des Unterbleibens der UVP erfolgt ist, dass das Gericht mangels anderer nach dem Gesetz zugelassener Überprüfungsmöglichkeiten von der Nichtdurchführung der UVP-Vorprüfung zwingend ausgehen muss. Die Beigeladene kann insoweit nicht gehört werden, es sei schon 2012 für die ursprüngliche Genehmigung der volle Nachtbetrieb der Anlagen beantragt worden. Insoweit hat keine UVP-Vorprüfung stattgefunden, eine nicht existente Prüfung kann nicht in Bestands- oder Rechtskraft erwachsen, die Rügen können insoweit aufgrund der europarechtlichen Vorgaben (schon im Hinblick auf den „effet utile“ des Europarechts nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs) nicht verwirken.

66

c) Eine ausreichende Nachholung der allgemeinen UVP-Vorprüfung durch den ursprünglichen Genehmigungsbescheid vom 30. Juli 2013 oder den Änderungsgenehmigungsbescheid vom 3. Juli 2014, dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016, liegt im Hinblick auf den hier beantragten Nachtbetrieb nicht vor.

67

Nach ständiger Rechtsprechung kann eine erforderliche, aber unterbliebene oder nicht entsprechend den rechtlichen Anforderungen durchgeführte UVP-Vorprüfung in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, mit der Folge, dass eine fehlerfreie Nachholung der Vorprüfung, die zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben keiner UVP bedarf, die Fehlerkorrektur abschließt, ohne dass das Genehmigungsverfahren neu durchgeführt werden muss (BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 und juris, Rn. 24 ff., m.w.N.). Eine erfolgreiche Fehlerkorrektur durch Nachholung der Vorprüfung setzt danach aber voraus, dass die Defizite der nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend durchgeführten Vorprüfung hinsichtlich der Ermittlung der zu erwartenden Umweltauswirkungen und ihrer rechtlichen Bewertung in der nachgeholten Vorprüfung ausgeräumt werden. Dies kann auch in dem ursprünglichen Genehmigungsbescheid vom 30. Juli 2013 oder in dem Änderungsgenehmigungsbescheid vom 3. Juli 2014, dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016, erfolgen, wenn diese den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2013 – 7 VR 13/12 –).

68

Der Genehmigungsbescheid vom 30. Juli 2013 ist nur im Umfang seiner Regelungswirkung dem Grunde nach in der Lage, eine fehlende UVP-Vorprüfung nachzuholen. Der Nachtbetrieb in dem hier von der Beigeladenen am 9. August 2013 beantragten und zwischen den Beteiligten streitigen Umfang wurde darin gerade nicht zugelassen. Die Ausführungen in der Genehmigung beziehen sich in ihrem umweltbezogenen Teil nur auf die Anlagen im genehmigten Umfang und sind danach nur insoweit geeignet, die UVP-Vorprüfung nachholen. Ob dies hier erfolgt ist, bedarf in dem vorliegenden Verfahren betreffend die Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 keiner Entscheidung.

69

d) Auch die Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 und der Vermerk über die Nachholung der UVP-Vorprüfung vom 16. August 2017 vermögen die Vorprüfung nicht ausreichend nachzuholen. Die Durchführung und das Ergebnis sind nicht ausreichend nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 i.V.m. § 3c UVPG aF.

70

Das Ergebnis beruht im Hinblick auf das Schutzgut „Mensch“ bzw. „menschliche Gesundheit“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) auf einer unzureichenden Ermittlung der Betroffenheit dieses Schutzguts. Weder die Änderungsgenehmigung vom 3. Juli 2014 noch die knapp gefasste UVP-Vorprüfung vom 16. August 2017 gehen ausdrücklich auf die Frage der Auswirkungen des geänderten Vorhabens insbesondere durch Lärmimmissionen auf das Schutzgut „menschliche Gesundheit“ unter Zugrundelegung der Nr. 2.3.10 der Anlage 2 zum UVPG aF ein. Soweit sie sich konkludent auf die im maßgeblichen Zeitpunkt der Vorprüfung vorliegende (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 2015 – 22 CS 15.686 –, juris, Rn. 33), vom Vorhabenträger zu dem Änderungsantrag nachgereichte schalltechnische Untersuchung der D. GmbH vom 20. April 2014 stützt, war diese zudem keine ausreichende Grundlage für eine hinreichende Prüfung des betroffenen Schutzguts. Wie oben bereits näher dargelegt, übersieht die zugrundeliegende Schallprognose die Erforderlichkeit eines zusätzlichen Immissionspunktes im näheren Umfeld der H.-Straße 5 und 9, obwohl dies nach Nr. 2.3 Absatz 2 TA Lärm zwingend erforderlich war. Weiterhin wurde für den Immissionspunkt IAP A eine über das Zumutbare hinausgehende Belastung durch eine nicht zulässige Abrundung im Bereich der Berechnung der Immissionen verneint. Darüber hinaus wurde die Schutzbedürftigkeit des Gebietes, in dem sich der Immissionspunktes IAP C befindet, nicht anhand der Festsetzungen des gültigen Bebauungsplanes „O.“ als reines Wohngebiet (WR), sondern als allgemeines Wohngebiet (WA) angenommen, was zu einem um 5 dB(A) zu hohen Immissionsrichtwert geführt hat. Der Kreisverwaltung des Beklagten als zuständiger Bauaufsichtsbehörde und Genehmigungsbehörde nach §§ 6 und 10 BauGB, dürften sämtliche hier betroffenen Bebauungspläne der kreisangehörigen Stadt B. bekannt sein. Diese sind von ihr zum Teil sogar genehmigt worden (Bebauungspläne „Auf dem S.-Berg“ am 9. Dezember 2003, „O.“ am 18. Januar 1984). Die Betroffenheit des Gebietes H.-Straße 5 und 9 war aus den Schreiben der Klägerin vom 10. Juni 2013 im Vorfeld der Genehmigung bzw. Änderungsgenehmigung bekannt.

71

Darüber hinaus hat der Beklagte bei seiner Vorprüfung und in dem Änderungsbescheid vom 3. Juli 2014 entgegen § 3c Satz 1 i.V.m. Nr. 2.3.10 der Anlage 2 zum UVPG aF nicht berücksichtigt, dass die Einwirkungen der Anlage Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte, insbesondere einen zentralen Ort, in Kumulierung mit anderen Vorhaben (hier insbesondere die Gewerbebetriebe) im gemeinsamen Wirkungsbereich betreffen. Der Beklagte hat die von der Beigeladenen vorgelegt Unterlage „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c UVPG“ des Instituts für Umweltplanung Dr. L. vom 10. Dezember 2014 zugrunde gelegt (siehe Vermerk vom 16. August 2017, S. 1 und Genehmigungsbescheid vom 30. Juli 2013, S. 10). Darin sind rechtserhebliche Mängel enthalten. So wird auf Seite 5 der vorgenannten Unterlage vom 10. Dezember 2014 nicht erkannt, dass die Anlagen Auswirkungen auf Wohngebiete haben, obwohl im 1.500 m-Umkreis der Anlagen der nach der Einwohnerzahl zweitgrößte Stadtteil der Stadt B., nämlich M. (ca. 2.600 Einwohner), mit dem Großteil seiner Wohngebiete, einer Grundschule, einem Kindergarten und zwei Kirchen liegt. Des Weiteren wird in dieser Unterlage unterstellt, es seien keine Zentralen Orte betroffen, obwohl die Stadt B. seit dem LEP I bis heute (LEP IV) als (selbständiges) Mittelzentrum ausgewiesen ist. Weiterhin wird nicht gesehen, dass der Einwirkungsbereich der Anlagen naheliegend in die Lärmminderungsplanung (§§ 47a ff. BImSchG) einzubeziehen ist. Für diesen Bereich sind Lärmkarten zu erarbeiten, da in unmittelbarer Nähe der Klägerin die Autobahn A61 mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 17 Millionen Kraftfahrzeugen (2014) pro Jahr (Schwerlastanteil mehr als 20%, vgl. www.bast.de, Dauerzählstelle AS B. VQ Nord, im Jahr 2016 mehr als 51.000 Kfz/24 Stunden bei einem Schwerlastanteil vom 21,4 %) liegt. Die von der Klägerin angesprochenen stark belasteten Gebäude H.-Straße 5 und 9 liegen weniger als 250 m von der A61 bzw. 350 m von der Autobahnabfahrt B. entfernt. Es bedarf danach keiner näheren Untersuchung, ob das Mittelzentrum B. zu dem Ballungsraum Koblenz/Neuwied mit mehr als 250.000 Einwohnern gehört (verdichteter Raum mit konzentrierter Siedlungsstruktur nach dem LEP IV, Karte 1), und damit auch aus diesem Grund eine Lärmkarte zu erstellen wäre.

72

Diese naheliegenden und dem Beklagten auch bekannten Umstände hätten zwingend Eingang in die UVP-Vorprüfung finden müssen. Ohne deren Berücksichtigung ist die Dokumentation der UVP-Vorprüfung nicht nachvollziehbar im Sinne des § 3a S. 4 UVPG. Im Übrigen hätte wegen der schon durch die vorhandene Gewerbenutzung im Grenzbereich liegenden Lärmvorbelastung von Wohngebieten im Bereich eines Mittelzentrums, ungeachtet der Lärmbelastung durch die A61, hier die Durchführung einer UVP-Prüfung nahegelegen. Ihr Unterlassen kommt einer nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz unzulässigen Wertung nach § 12 UVPG aF sehr nahe.

73

3. Die mündliche Verhandlung war weder auf den Schriftsatz des Beklagten vom 16. November 2017 noch auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vom 20. November 2017 wiederzueröffnen, weder im Hinblick auf die Ausführungen zu den Lärmwerten für den IAP C noch zur nochmals durchgeführten UVP-Vorprüfung. Auch hat die Beigeladene keine Umstände benannt, die zu einer Unzulässigkeit der Klage führen könnten.

74

Die Geeignetheit der Immissionsprognose der D. GmbH vom 20. April 2014 wird nicht dadurch wiederhergestellt, dass am IAP C höhere Nachtwerte als 35 dB(A) zulässig wären. Insoweit bedarf es keiner näheren Analyse der vom Beklagten aufgestellten Behauptungen. Denn nicht das gesamte Baugebiet „O.“ liegt am Rande des Außenbereichs, so dass – selbst die Annahme des Beklagten und der Beigeladenen unterstellt – hier allenfalls darüber zu streiten wäre, ob nicht ein anderes Objekt mehr im Zentrum des Baugebiets als tauglicher Immissionspunkt heranzuziehen wäre, wie oben bereits dargelegt wurde. Auch für diesen Fall wäre das Gutachten der D. GmbH vom 20. April 2014 ungeeignet, die Änderungsgenehmigung zu tragen, da es in diesem Bereich keinen vertretbaren Immissionspunkt zugrunde gelegt hätte. Darüber hinaus würde weiterhin ein Immissionspunkt im Bereich der durch die Klägerin stark mit Lärm belasteten Häuser H.-Straße 5 bzw. 9 (B., Stadtteil M.) fehlen, welcher – wie oben näher dargelegt – nach Nr. 2.3 Absatz 2 TA Lärm zwingend und zusätzlich heranzuziehen war. Weiterhin werden hierdurch auch die in dem Gutachten erfolgten und nach der TA Lärm unzulässigen Rundungen im Bereich des IAP A (Hotel E.) nicht rückgängig gemacht. Danach bedarf es einer neuen gutachterlichen Grundlage für eine Entscheidung über den Änderungsantrag, welche bisher weder vorgelegt noch angekündigt wurde, noch etwa vom Beklagten zur (ausgetauschten) Grundlage der angefochtenen Änderungsgenehmigung gemacht wurde. Es ist nicht Aufgabe des Beklagten oder des Gerichtes, die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung durch Beweisaufnahme in der Form der Einholung einer verwertbaren Immissionsprognose und ihrer Bewertung zu schaffen; dieser Nachweis ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 BImSchG i.V.m. der 9. BImSchV allein dem jeweiligen Antragsteller auferlegt.

75

Auch die ergänzende allgemeine UVP-Vorprüfung vom 14. November 2017 führt nicht dazu, dass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen wäre. Die UVP-Vorprüfung leidet schon daran, dass sie die hier notwendige Ergänzung (s.o.) der Immissionspunkte nach Nr. 2.3 Abs. 2 TA Lärm übersieht. Zudem stützt sie sich weiterhin auf die Unterlage des Instituts für Umweltplanung Dr. L. GmbH vom 10. Dezember 2012, die wie oben dargelegt in mehrfacher Hinsicht mangelbehaftet ist. Es wird weiterhin von dem Beklagten als für die Stadt B. zuständige Kreisverwaltung nicht gesehen, dass hier Wohngebiete in größerem Umfang betroffen sind, die sowohl in einem Mittelzentrum nach dem LEP III und IV als auch einem Ballungsraum im Sinne des § 47a BImSchG liegen. Zudem ist die Notwendigkeit der Lärmsanierungskartierung und ggf. -planung nach § 47a ff BImSchG hier gegeben. Im Übrigen werden Schallwerte – wie oben dargelegt – keinesfalls „zweifelsfrei“ eingehalten. Damit kann auch die zitierte Rechtsprechung des OVG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 31. August – 1 MB 5/16 –, juris) nicht herangezogen werden.

76

Es kommt entgegen der Auffassung der Beigeladenen für die Zulässigkeit der Klage nicht darauf an, ob jede einzelne lärmverursachende Anlage der Klägerin tatsächlich immissionsschutzrechtlich nach §§ 10 oder 19 BImSchG genehmigt wurde. Wie bereits dargelegt, würde es sich dann um Anlagen nach § 22 BImSchG handeln, so dass auch insoweit die SGD Nord nach § 1 i.V.m Nr. 1.2.1 der Anlage zur ImSchZuVO für die Anordnungen gegen die gewerblich betriebenen Anlagen der Klägerin zuständig wäre. Für diese nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen würden erst recht die oben dargelegten Grundsätze der Nr. 5.3 TA Lärm Anwendung finden (vgl. Jarass, a.a.O., 11. Aufl., § 24 BImSchG Rn. 17f).

77

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Der mir ihrem Antrag unterlegenen Beigeladenen waren jedoch keine Kosten des Vorverfahrens aufzuerlegen, da sie an diesem ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016 nicht förmlich beteiligt war (vgl. § 13 Abs. 2 VwVfG). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beigeladenen einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten oder der Staatskasse zuzuerkennen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da sie mit ihrem Antrag unterlegen ist.

78

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

79

Die Berufung war nach §§ 124a Abs. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch einen „Emissionskonkurrenten“ für den Fall, dass die Vorbelastung durch den Emissionskonkurrenten unzureichend berücksichtigt worden sein soll, ist bisher nur bezüglich konkurrierender Windenergieanlagen, nicht jedoch in der hier vorliegenden Konstellation der Anfechtung durch einen Branchenfremden obergerichtlich geklärt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Gründe

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren anzuerkennen, wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei für erforderlich gehalten werden durfte (vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 23. Auflage 2017, § 162 Rn. 18 m.w.N.). Im vorliegenden Fall war die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären, da es der Klägerin aufgrund der Komplexität und der rechtlichen Probleme des Falles nicht zuzumuten war, ihre Rechte gegenüber der Verwaltung ohne Rechtsbeistand zu wahren.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 426 Ausgleichungspflicht, Forderungsübergang


(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zu

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 4 Verfahrensfehler


(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn 1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 3 Reine Wohngebiete


(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Baugesetzbuch - BBauG | § 10 Beschluss, Genehmigung und Inkrafttreten des Bebauungsplans


(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung. (2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden. (3) Die Er

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 22 Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwi

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 39 Begründung des Verwaltungsaktes


(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behör

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 16 Wesentliche Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Numm

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 17 Nachträgliche Anordnungen


(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen wer

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 47 Luftreinhaltepläne, Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen, Landesverordnungen


(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maß

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 19 Vereinfachtes Verfahren


(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von dies

Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 12 UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben noch im Zulassungsverfahren ist


(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht beste

Baugesetzbuch - BBauG | § 6 Genehmigung des Flächennutzungsplans


(1) Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. (2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder diesem Gesetzbuch, den auf Grund dieses Ge

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 13 Beteiligte


(1) Beteiligte sind 1. Antragsteller und Antragsgegner,2. diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,3. diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,

Neunte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 74 Übergangsvorschrift


(1) Für Vorhaben, für die das Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c oder nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 in der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, sind die Vorschri

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 47a Anwendungsbereich des Sechsten Teils


Dieser Teil des Gesetzes gilt für den Umgebungslärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land, in der Umgebung von Schulgebäuden, Kranken

Verordnung über das Genehmigungsverfahren - BImSchV 9 | § 4a Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb


(1) Die Unterlagen müssen die für die Entscheidung nach § 20 oder § 21 erforderlichen Angaben enthalten über 1. die Anlagenteile, Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen, auf die sich das Genehmigungserfordernis gemäß § 1 Absatz 2 der Verordnung üb

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 23. Nov. 2017 - 4 K 10/17.KO zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 23. Nov. 2017 - 4 K 10/17.KO zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2015 - M 8 K 13.2272

bei uns veröffentlicht am 20.04.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 8 K 13.2272 Im Namen des Volkes Urteil vom 20. April 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 920 Hauptpunkte: Baunachbarklage; Nachbarschut

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2015 - 22 CS 15.686

bei uns veröffentlicht am 08.06.2015

Tenor I. Die Verfahren 22 CS 15.686, 22 CS 15.687, 22 CS 15.688, 22 CS 15.689, 22 CS 15.690, 22 CS 15.691 und 22 CS 15.952 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg v

Verwaltungsgericht Koblenz Beschluss, 13. Apr. 2017 - 4 L 86/17.KO

bei uns veröffentlicht am 13.04.2017

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung zitiert Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24. Januar 2017 gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016 wird wiederhergestellt.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 31. Aug. 2016 - 1 MB 5/16

bei uns veröffentlicht am 31.08.2016

Tenor Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 09.06.2016 geändert: Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (V

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Aug. 2016 - 8 A 10377/16

bei uns veröffentlicht am 03.08.2016

Tenor Die Berufungen werden zurückgewiesen. Der Beklagte und die Beigeladene haben die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen. Das

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.

(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.

(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.

(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.


Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich als Betreiberin einer 2005 errichteten Windenergieanlage gegen eine ihr nachträglich im Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung ihrer Anlage bei Wind aus Südsüdost.

2

Die Klägerin betreibt in dem inzwischen aus neun Windenergieanlagen (im Folgenden WEA) bestehenden Windpark H. seit 2005 mehrere Anlagen, darunter auch die WEA 2 auf dem Flurstück Nr. …. Die Beigeladene ist die Rechtsnachfolgerin der T., die auf den nördlich des Flurstücks Nr. … gelegenen Flurstücken Nrn. … und … – ebenfalls im Windpark H. – eine Windenergieanlage betreibt (WEA 7). Die im Jahr 2013 errichtete WEA 7 befindet sich nordnordwestlich der WEA 2 in einem Abstand von weniger als 150 m.

3

Die Verfahren zur Genehmigung der beiden Anlagen (WEA 2: Typ Enercon E-70 E 4 [Nabenhöhe – NH – 98 m, Rotordurchmesser – RD – 70 m] und WEA 7: Typ Enercon E-70 E4 [2,3 MW Nennleistung, NH 85 m und RD 71 m) stellen sich im Überblick im Wesentlichen wie folgt dar:

Flurstück Nr. … (WEA 2)

Flurstücke Nrn. …, … (WEA 7)

                 
        

23. September 2002
positiver Bauvorbescheid an T. für WEA Nordex N 90
(2,5 MW, NH 100 m, RD 90 m)

                 

16. Januar 2003
Baugenehmigung für WEA Typ Vestas V 80 (2,0 MW, NH 100 m, RD 80 m)

        
                 
        

20. Juli 2004
Baugenehmigung an T. [auf Antrag vom 5. Mai 2004]
für WEA Typ Enercon E-66/20.70 (2,0 MW, NH 85 m, RD 70 m)

                 

6. September 2004
Tekturgenehmigung für WEA Typ GAMESA EOLICA G 80-2.0 MW
28. September 2004
Tekturgenehmigung für Anlagentyp Enercon E-70 E4 (NH 98 m, Gesamthöhe 134,5 m)
28. Oktober 2004
Änderungs-Baugenehmigung für die WEA E-70-E 4 (Gesamthöhe 134,5 m),
Standortverschiebung nach Osten um 79 m, neue Koordinaten HW …/RW …
29. April 2005
Fertigstellungsanzeige

        
                 
        

12. Juni 2008
Verlängerungsbescheid zur Baugenehmigung
vom 20. Juli 2004 bis 20. Juli 2012

                 

18. Juli 2008
Ergänzende Auflage zur Baugenehmigung für E-70 E4:
Abschaltverpflichtung bei Wind von 6 – 14 m/s
für die Sektoren 328° +/- 27° und 148° +/- 27° mit dem Zusatz:
„Die Auflage tritt nur dann in Kraft, soweit die mit Änderungsbaugenehmigung
vom 2. August 2004 genehmigte Windenergieanlage der Fa. T. vom Typ
Enercon E-66/20.70 … tatsächlich errichtet und in Betrieb genommen wird.“

        
                 
        

20. April 2012
Baugenehmigung an die T. für die Errichtung einer WEA Typ
Enercon E-70 E4– auf Antrag vom 29. Februar 2012 –
(2,3 MW, NH 85 m, RD 71 m)

        

15. November 2012
Baubeginnanzeige

                 

31. Mai 2013
Ergänzende Auflage:
Abschaltverpflichtung bei Wind aus SSO (147,1° +/- 32,7° bei 4-14 m/s)

31. Mai 2013
Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für
E-70 E4 mit der Auflage: Abschaltverpflichtung bei Wind aus NNW
(327,1° +/- 32,7° bei 4-14 m/s)

                 
        

2013
Fertigstellung der Anlage

        

25. Februar 2014
Änderungsgenehmigung: bloß
Abregelungsverpflichtung bei Wind aus NNW

4

Die an die Klägerin adressierte ergänzende Auflage vom 18. Juli 2008 erging im Rahmen des Verfahrens des Widerspruchs der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gegen die der Klägerin erteilte Genehmigung vom 16. Januar 2003. Zur Begründung des Widerspruchs wurde ausgeführt, dass die später genehmigte Anlage der Klägerin den Mindestabstand unterschreite. Daraufhin gab der Beklagte im November 2006 der Klägerin auf, die Standsicherheit der der Fa. T. genehmigten Anlage E-66/20.70 auch bei Ausnutzung der der Klägerin genehmigten Anlage nachzuweisen. In der gutachterlichen Stellungnahme des TÜV Nord zur Turbulenzbelastung im Windpark H. vom Dezember 2007 heißt es auf S. 9 f:

5

„Die Standsicherheit der betroffenen WEA 2 und 7 kann in der geplanten Konfiguration durch Ausschluss des Betriebes in der Nachlaufströmung der verursachenden WEA gewährleistet werden. Dies kann durch das Abschalten der jeweils verursachenden WEA bei Auftreten der entsprechenden Nachlaufsituation erreicht werden.

6

Da die Lasten bei einer abgeschalteten WEA (Trudelbetrieb) auch in der erhöhten Turbulenz der Nachlaufströmung der Nachbar-WEA geringer sind als im Betrieb bei ungestörter Anströmung, kann alternativ die betroffene WEA selbst abgeschaltet werden.

7

Das Abschalten wird bei Windgeschwindigkeiten von 6 bis 14 m/s aus folgenden Windrichtungen erforderlich:

8

- WEA 7 oder WEA 2 bei Wind aus 328° +/- 27° (301° bis 355°) und

9

- WEA 2 oder WEA 7 bei Wind aus 148° +/- 27° (121° bis 175°)“.

10

Die hier streitgegenständliche Regelung vom 31. Mai 2013 erging im Rahmen des Verfahrens zum Widerspruch der Klägerin gegen die zugunsten der Beigeladenen erteilten Änderungsgenehmigung vom 20. April 2012. Zu dessen Begründung wurde ausgeführt: Die jetzt genehmigte Anlage E-70 E 4 weiche von der bisher genehmigten Anlage E-66/20.70 ab. Die der Klägerin gegenüber am 18. Juli 2008 ergänzend auferlegte Abschaltverpflichtung beziehe sich ausdrücklich nur auf die zuvor genehmigte Anlage E-66/20.70. Sie habe sich durch die Änderung des Anlagentyps auf Seiten der Fa. T. erledigt. Diese Neugenehmigung führe zu einer Beeinträchtigung des Betriebs ihrer eigenen Anlage. Es sei daher notwendig, der Fa. T. wegen des Nachrangs ihrer Genehmigung Abschaltverpflichtungen zum Schutz der WEA 2 aufzuerlegen.

11

Die Kreisverwaltung setzte daraufhin die Vollziehung der Baugenehmigung vom 20. April 2012 aus und forderte die Beigeladene auf, die Auswirkungen der genehmigten WEA 7 (E-70 E4) auf die WEA 2 und andere Folgewirkungen gutachterlich untersuchen zu lassen. Das vorgelegte Gutachten des TÜV Nord vom 21. Februar 2013 empfahl die Abschaltung der WEA 7 bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s sowohl für den Abschaltsektor 327,1° +/- 32,7° als auch für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7°, in letzterem Fall zum Selbstschutz der WEA 7. Auf Nachfrage der Kreisverwaltung teilte der TÜV Nord mit, dass alternativ zur Abschaltung der WEA 7 zur Gewährleistung der Standsicherheit beider Anlagen auch eine teilweise oder vollständige Abschaltung der WEA 2 möglich sei.

12

Mit Bescheid vom 31. Mai 2013 hob die Kreisverwaltung die Baugenehmigung vom 20. April 2012 auf und erteilte der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin der Fa. T. nunmehr die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung der WEA vom Typ Enercon E-70 E4 (NH 85 m, RD 71 m) und erlegte ihr eine Abschaltverpflichtung bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s für den Abschaltsektor 327,1° +/- 32,7° (294° bis 359,8°) auf. Eine Abschaltverpflichtung für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° wurde für den Fall vorbehalten, dass die Gefahr nicht durch die Inanspruchnahme von Dritten beseitigt werde.

13

Ebenfalls mit Bescheid vom 31. Mai 2013 wurde der Klägerin die hier angefochtene nachträgliche Auflage zur Baugenehmigung vom 16. Januar 2003 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen dahingehend erteilt, dass sie ihre Anlage bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° (114,4° bis 179,8°) abzuschalten habe. Zur Begründung führte die Behörde aus: Die der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juli 2008 gemachte Auflage habe sich inzwischen erledigt, da diese von der Errichtung der der Fa. T. ursprünglich genehmigten Anlage Enercon E-66 abhängig gewesen sei. Dennoch bleibe es dabei, dass von der WEA 2 bei einem bestimmten Abschaltsektor eine Gefahr für die benachbarte WEA 7 ausgehe. Hinsichtlich der Bewältigung der Gefahrenlage sei der Grundsatz der Rücksichtnahme und der geeigneten Ursachenzumessung maßgeblich. Danach sei die Klägerin für die Auswirkungen bei Winden aus Südsüdost, die Beigeladene hingegen für die Auswirkungen der Winde aus Nordnordwest verantwortlich.

14

Für den Erlass des Änderungsbescheids vom 31. Mai 2013 erhob die Klägerin mit Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 275,75 €.

15

Die Klägerin legte sowohl gegen die ergänzende Auflage zu der ihr erteilten Baugenehmigung als auch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung an die Beigeladene Widerspruch ein und wiederholte darin im Wesentlichen ihre Auffassung, dass nach Errichtung der der Beigeladenen genehmigten WEA Typ Enercon E-70 E4 allein die Beigeladene zur Bewältigung der Gefahrenlage durch entsprechende Abschaltverpflichtungen der WEA 7 verantwortlich sei.

16

Nachdem der TÜV Nord in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Dezember 2013 festgestellt hatte, dass die Standsicherheit der WEA 2 in der Nachlaufströmung der WEA 7 statt durch Abschaltung der WEA 7 auch durch näher beschriebene Abregelungen (Pitchen) gewährleistet werden kann, erließ der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2014 eine entsprechende immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 wies der Kreisrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin dadurch, dass die Abschalt- bzw. Abregelungsanordnung gegenüber der Beigeladenen auf den Windsektor aus Nordnordwest (327,1° +/- 32,7°) beschränkt und ihr gegenüber eine Abschaltverpflichtung für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° (Südsüdost) auferlegt worden sei, nicht in ihren Rechten verletzt sei. Rechtsgrundlage für die nachträgliche Anordnung gegenüber der Klägerin sei § 85 LBauO. Die darin geforderte erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit gehe bei Wind aus dem Sektor 147,1° +/- 32,7° von der Anlage der Klägerin (WEA 2) für die Anlage der Beigeladenen (WEA 7) aus. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, der Klägerin auch eine Abschaltverpflichtung zum Schutz der nunmehr der Beigeladenen genehmigten Anlage E-70 aufzuerlegen. Es träfen hier Pflichten von Bauherren verschiedener baulicher Anlagen aufeinander. Bei Zusammentreffen konkurrierender Anlagen habe die Behörde eine sachgerechte Auswahl im Hinblick auf die Verteilung der Rücksichtnahmepflichten zu treffen. Die Klägerin habe ihre Windenergieanlage in eine vorbelastete Situation hinein errichtet, denn ihr sei bei Erteilung der Baugenehmigung bekannt gewesen, dass eine weitere Anlage hinzukommen werde. Schon aufgrund des Bescheides vom 18. Juli 2008 habe die Klägerin Rücksicht auf die der Beigeladenen (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) erteilten Genehmigung nehmen müssen. Bei der nun der Beigeladenen genehmigten Anlage handele es sich auch nicht um ein Aliud, sondern um das Nachfolgemodell zur E-66. Soweit von der nunmehr genehmigten E-70 E4 Beeinträchtigungen für die Windenergieanlage der Klägerin bei bestimmten Windrichtungen zu befürchten seien, seien die erforderlichen Abhilfemaßnahmen allein der Beigeladenen auferlegt worden. Der gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 erhobene Widerspruch sei ebenfalls nicht begründet.

18

Mit ihrer am 18. März 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin einerseits den ergänzenden Auflagenbescheid vom 31. Mai 2013 und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 angefochten und andererseits auch die an die Beigeladene gerichteten Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 25. Februar 2014 angegriffen. Das Verwaltungsgericht hat das Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 getrennt und zunächst nur die Anfechtungsklagen gegen die an die Klägerin adressierten Bescheide verhandelt. Im Übrigen hat es das Verfahren ausgesetzt.

19

Zu dem abgetrennten Komplex hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die nachträglich mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 85 LBauO seien nicht gegeben. Zwar bestehe eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Auswahl der zur Abwendung dieser Gefahr Verantwortlichen sei jedoch fehlerhaft erfolgt. Ermessensgerecht sei allein, den Letztverursacher vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die letzte Ursache für die Unverträglichkeit des parallelen Betriebs der WEA 2 und WEA 7 sei jedoch durch die Genehmigung der E-70 zugunsten der Beigeladenen gesetzt worden.

20

Die Klägerin hat beantragt,

21

die Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 aufzuheben.

22

Der Beklagte hat unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, die angefochtenen Bescheide jedoch verteidigt.

25

Das Verwaltungsgericht hat der (abgetrennten) Klage durch Urteil vom 9. Dezember 2015 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung sei rechtswidrig. Der Beklagte könne sich insofern nicht auf § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO berufen. Einschlägig sei vielmehr die immissionsschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage in § 17 BImSchG. Zum Erlass einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG sei indes nicht der Beklagte, sondern die Struktur- und Genehmigungsdirektion zuständig. Die Windenergieanlage der Klägerin unterliege nach der Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG ab dem 1. Juli 2005 dem Immissionsschutzrecht, was auch für das immissionsschutzrechtliche Überwachungsinstrumentarium gelte. Dies habe zur Folge, dass § 17 Abs. 1 BImSchG auch für solche Windkraftanlagen gelte, für die ursprünglich eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Zwar stelle § 17 BImSchG keine Spezialregelung dar, die die polizei- oder ordnungsrechtlichen Vorschriften stets verdränge. Das Instrument der nachträglichen Anordnung nach § 17 BImSchG diene der Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten. Demgegenüber könnten nachträgliche Anordnungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO nur zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit angeordnet werden, denen typischerweise bauordnungsrechtlich zu begegnen sei. Soweit eine Maßnahme auf § 17 BImSchG gestützt werden könne, blieben ordnungsrechtliche Vorschriften daher außen vor. Dies müsse auch dann gelten, wenn neben immissionsschutzrechtlichen auch bauordnungsrechtliche Gründe für das nachträgliche Einschreiten gegeben seien, die immissionsschutzrechtlichen Gründe aber im Vordergrund stünden. Letzteres sei hier der Fall, da es primär um die Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten gehe. Der Beklagte habe mit seiner Verfügung zum Ausdruck gebracht, dass von der Windenergieanlage der Klägerin schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen. Dass damit auch Fragen der Standsicherheit i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO im Raum stünden, ändere nichts daran, dass die getroffene Anordnung maßgeblich aus Gründen des Immissionsschutzrechts getroffen werde. Infolgedessen sei auch der damit zusammenhängende Kostenbescheid rechtswidrig.

26

Der Beklagte trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Die der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2013 nachträglich auferlegte Abschaltverpflichtung sei zu Recht auf § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO gestützt worden. Denn es solle mit dieser Verfügung keine immissionsschutzrechtliche Verpflichtung, sondern vielmehr eine Anforderung aus dem Bauordnungsrecht durchgesetzt werden. Maßgebliches Ziel der Verfügung sei es nämlich, die Anforderungen an die Standsicherheit nach § 13 LBauO durchzusetzen. Die Verfügung sei auch im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden. Die getroffene Lastenverteilung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen sei sachgemäß. Bei der der Beigeladenen genehmigten Windenergieanlage Enercon E-70 handele es sich nicht um ein Aliud zur früheren Anlage, vielmehr sei die E-70 die Nachfolgeanlage zur Enercon E-66 mit nur geringen technischen Änderungen. Daraus ergebe sich keine Notwendigkeit zur Durchführung eines völlig neuen Genehmigungsverfahrens. Soweit der TÜV Nord in seinen Stellungnahmen aus dem Jahr 2013 Änderungen hinsichtlich der Abschaltsektoren und der Windgeschwindigkeit errechnet habe, sei dies im Wesentlichen auf Änderungen des Rechnungsmodus seit dem Erstgutachten im Jahr 2007 zurückzuführen. Dies habe der TÜV Nord auf ergänzende Anfrage bestätigt. Im Übrigen ergäben sich kleine Abweichungen daher, dass bei den neueren Berechnungen der Abstand der beiden Anlagen WEA 2 und WEA 7 korrekt um 6 m reduziert worden sei.

27

Der Beklagte beantragt,

28

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Dezember 2015 die Klage gegen die Bescheide vom 31. Mai 2013 und 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 abzuweisen.

29

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

30

die Klage gegen die Bescheide vom 31. Mai 2013 und 27. Juni 2013 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Dezember 2015 abzuweisen.

31

Zur Begründung führt sie aus, dass die Bauaufsichtsbehörde zum Erlass der nachträglichen Anordnung zuständig gewesen sei. Denn hier hätten bauordnungsrechtliche Fragen der Standsicherheit im Vordergrund gestanden. In der Sache sei die von der Behörde getroffene Lastenverteilung rechtlich nicht zu beanstanden. Für sie [die Beigeladene] streite das Prioritätsprinzip. Ihr sei im Jahr 2002 erstmals ein positiver Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage auf den Flurstücken Nrn. 1993 und 1994 erteilt worden. Im Anschluss daran sei sie ununterbrochen im Besitz einer Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlage gewesen. Bei der Umstellung von der E-66 auf die E-70 handele es sich nicht um ein Aliud, sondern bloß um eine Weiterentwicklung. Die E-70 verursache sogar geringere Turbulenzen als das Vorgängermodell. Das Vorhaben der Klägerin sei demgegenüber nicht prioritär. Folgerichtig hätte die Klägerin daher sogar die vollständige Verantwortung zur Gefahrenbeseitigung treffen müssen. Dann sei aber jedenfalls die von dem Beklagten getroffene Lastenverteilung von der Klägerin nicht zu beanstanden.

32

Die Klägerin beantragt,

33

die Berufungen zurückzuweisen.

34

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. § 17 BImSchG sei auch dann anwendbar, wenn zumindest auch immissionsschutzrechtliche Pflichten durchgesetzt werden sollten, wie hier. Im Übrigen sei es verfehlt, sie für die Bewältigung von Problemen wegen der Nähe ihrer Anlage zu der der Beigeladenen genehmigten Anlage E-70 E4 in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte gehe zu Unrecht weiterhin von einer Priorisierung der Windenergieanlage der Beigeladenen aus. Bei der Anlage E-70 handele es sich um eine in wesentlicher Hinsicht andere Anlage als die zuvor genehmigte E-66/20.70. Es hätte daher eines neuen Genehmigungsverfahrens bedurft. Wie sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen der F. vom 16. Mai 2014 und vom 22. Juli 2016 ergebe, komme es für die Beurteilung von Turbulenzerhöhungen durch eine geänderte Anlage nicht nur auf die Nabenhöhe und den Rotordurchmesser der Anlage an. Wesentlich sei auch der Schubbeiwert des Rotors. Insofern unterschieden sich die Schubbeiwerte bei den Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-66/20.70 und Enercon E-70 E4 jedoch deutlich. Der neue Rotor der Anlage E-70 E4 erbringe eine höhere Windausbeute, was auch zu einem veränderten Strömungsverlauf führen müsse.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet.

37

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

38

Die angefochtene ergänzende Auflage im Bescheid vom 31. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Demzufolge kann auch der hierauf gestützte Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 keinen Bestand haben.

39

1. Die ergänzende Anordnung vom 31. Mai 2013 war indes nicht schon deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte sie als dafür zuständige Bauaufsichtsbehörde auf die bauordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage in § 85 LBauO gestützt hat.

40

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war er hieran nicht durch eine vorrangige Anwendbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlage in § 17 BImSchG gehindert, wofür – anders als für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen – nicht die Kreisverwaltung, sondern die Struktur- und Genehmigungsdirektion sachlich zuständig wäre (vgl. § 1 Abs. 1 und Nr. 1.1.8 der Anlage der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes (ImSchZuVO) vom 14. Juni 2002 i.d.F. des Gesetzes vom 6. Oktober 2015 (GVBl. S. 283; die Zuständigkeit der Kreisverwaltung für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen ergibt sich aus Nr. 1.1.1 der Anlage zum ImSchZuVO).

41

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG können zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen getroffen werden. Nach ihrem klaren Wortlaut beschränkt sich diese Ermächtigung auf die Erfüllung immissionsschutzrechtlicher Verpflichtungen, also der Pflichten zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen i.S.v. § 5 BImSchG. Hinsichtlich der Pflichten aus anderen Vorschriften außerhalb des BImSchG ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass zu deren Vollzug die hierfür zuständigen Behörden berufen sind. Die Konzentrationswirkung bei der Genehmigung von Windenergieanlagen nach § 13 BImSchG erstreckt sich nur auf die präventive Kontrolle; nach Erteilung der Genehmigung fällt die Zuständigkeit zum Vollzug der öffentlich-rechtlichen Vorschriften außerhalb des Immissionsschutzrechts wieder an die zum Vollzug dieser Vorschriften zuständigen Behörden zurück (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 25. Juli 2011 – 4 ME 175.11 –, NuR 2011, 891 und juris, Rn. 4; Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 79. EL 2016, § 13 BImSchG, Rn. 117 und 120; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 13 Rn. 25 und § 17 Rn. 20). Beim Verstoß gegen Pflichten sowohl aus dem BImSchG als auch aus anderen Vorschriften kann § 17 BImSchG anwendbar sein, dann aber gegebenenfalls parallel zu anderen Ermächtigungsnormen (vgl. Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 190. Aktualisierung 2016, § 17 Rn. 26; Jarass, a.a.O., § 17 Rn. 20). Derselbe Sachverhalt kann Anlass für verschiedene Behörden zum Einschreiten sein. Die Berechtigung hierzu hängt von der Zielrichtung der Maßnahme ab. Dient eine Maßnahme der Durchsetzung baurechtlicher Anforderungen, so ist - jedenfalls auch - die Bauaufsichtsbehörde zuständig (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 1994 – 10 A 4084/92 –, BauR 1995, 372, LS 1 und 2; Hansmann/Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, a.a.O., § 17 Rn. 44 f.).

42

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parallelität der Eingriffsermächtigungen dann eine Einschränkung verlangt, wenn der Pflichtenverstoß sein Schwergewicht eindeutig in einem der einschlägigen Rechtsregime hat. Denn ein solcher Fall liegt hier zugunsten des immissionsschutzrechtlichen Pflichtenkreises nicht vor. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts standen bei dem Einschreiten des Beklagten nicht immissionsschutzrechtliche Gründe im Vordergrund. Zwar können die Turbulenzwirkungen einer Windenergieanlage auf Nachbaranlagen durchaus als schädliche Umwelteinwirkungen aufgefasst werden. Insbesondere aus dem Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015, in dessen Gestalt die Abschaltanordnung vom 31. Mai 2013 Gegenstand der Anfechtungsklage ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), ergibt sich indessen eindeutig, dass der Beklagte wegen Gefahren für die Standsicherheit der benachbarten Anlagen und damit zur Durchsetzung bauordnungsrechtlicher Verpflichtungen eingeschritten ist (vgl. S. 8 und S. 10 des Widerspruchsbescheids). Denn § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO verlangt, dass durch eine bauliche Anlage die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährdet werden darf. Die Ausrichtung des aufsichtsbehördlichen Vorgehens auf Fragen der Standsicherheit wird schließlich auch durch die gutachterlichen Stellungnahmen des TÜV Nord bestätigt. Danach hat sich der Gutachtenauftrag auf die Beurteilung der Standsicherheit der Windenergieanlagen bezogen (vgl. S. 5 der Stellungnahme vom 20. Dezember 2013). Aufgrund fehlender Kriterien für einen Immissionsgrenzwert für die durch eine Nachbar-WEA erhöhten Turbulenzbelastungen haben die Gutachter auf Kriterien der Standsicherheit abgestellt. Danach werde ein auf erhöhte Turbulenzintensität rückführbarer zusätzlicher Verschleiß einer Windenergieanlage dann als zumutbar angesehen, solange die Standsicherheit für 20 Jahre gewährleistet bleibe (a.a.O., S. 5). Damit stellen die Gutachter klar, dass im Kern der Untersuchung Fragen zur Standsicherheit der benachbarten Windenergieanlagen standen. Auf dieser Grundlage ist die Behörde eingeschritten.

43

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO liegen vor.

44

Nach dieser Vorschrift können bei rechtmäßig begonnenen oder bestehenden baulichen Anlagen nachträglich Anforderungen nur gestellt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist.

45

Hier drohen durch den Betrieb der Windenergieanlage der Klägerin erhebliche Gefahren für das Eigentum an Sachen. Konkret können infolge der durch die WEA 2 im Nachlauf ausgelösten Turbulenzen Beeinträchtigungen für die Standsicherheit benachbarter Windenergieanlagen auftreten. Wie der TÜV Nord in seinen Stellungnahmen ausgeführt hat, sind für die Belastung, Haltbarkeit und den Betrieb von Windenergieanlagen vor allem die Windbedingungen maßgeblich. Hierfür ist neben der vorhandenen Umgebungsturbulenzintensität in einer Windzone auch der Einfluss der Nachlaufsituationen benachbarter Windenergieanlagen ausschlaggebend. Dies kann bei der betroffenen Anlage zu schnellerem Verschleiß von Anlagenteilen und zur Beeinträchtigung ihrer Standsicherheit führen (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 5 f; auch: OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 und juris, Rn. 15). Aufgrund der Berechnungen des TÜV Nord steht fest, dass bei den Anlagen der Klägerin (WEA 2) und der Beigeladenen (WEA 7) wegen ihres geringen Abstands von unter 150 m die – unter Berücksichtigung anlagenspezifischer Parameter, wie etwa dem Schubbeiwert, ermittelten – effektiven Turbulenzintensitäten die aus der Umgebungsturbulenzintensität hergeleiteten Auslegungswerte überschreiten und damit eine Gefährdung der Standsicherheit der jeweils betroffenen Windenergieanlage begründen (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 6 f. und S. 15 bis 18). Dies bedeutet, dass bei einem bestimmten Windsektor und bestimmten Windgeschwindigkeiten die im Nachlauf der anderen Anlage stehende Windenergieanlage in ihrer Standsicherheit beeinträchtigt wird.

46

3. Der angefochtene Bescheid vom 31. Mai 2013 erweist sich allerdings deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte von dem ihm in § 85 Abs. 1 LBauO eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO).

47

Der Beklagte hat nämlich bei der Abgrenzung der Verantwortung für die Bewältigung des Konflikts durch den Betrieb zweier unverträglich naher Windenergieanlagen den für eine sachgerechte Lastenverteilung maßgebenden Vorrang zugunsten des älteren Vorhabens nicht in der gebotenen Weise beachtet. Danach hat der Betreiber derjenigen Anlage die Verantwortung zur Konfliktbewältigung und die damit verbundenen Lasten zu tragen, der durch die Realisierung seines Projekts die letzte Ursache für die Entstehung des Konflikts setzt. Dies war hier die Beigeladene, die für ihr im Jahr 2012 genehmigtes und begonnenes Vorhaben auf die bereits seit 2005 betriebene Anlage der Klägerin traf.

48

a) Weil der Betrieb einer Windenergieanlage wegen der geschilderten Turbulenzeffekte zu Beeinträchtigungen benachbarter Windenergieanlagen führen kann, bedarf es geeigneter Maßnahmen, um den dadurch ausgelösten Konflikt zu bewältigen. Dabei kommt als erstes die Einhaltung eines ausreichenden Abstandes zwischen den Windenergieanlagen in Betracht. Insofern wird eine Distanz der fünffachen Länge des Rotordurchmessers für ausreichend erachtet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2000 – 7 B 2180/99 –, NVwZ 2000, 164 und juris, Rn. 6; Gatz, Windenergieanlagen, 2. Aufl. 2013, Rn. 358). Nach den Ausführungen des TÜV Nord kann die Gefahr von Beeinträchtigungen durch Turbulenzeffekte aber nicht nur durch gehörigen Abstand der Anlagen und damit den Verzicht auf einen der zu dicht gelegenen Standorte abgewendet werden. In Betracht kommen auch Abschalt- bzw. Abregelungsverpflichtungen. So können schädliche Turbulenzeffekte einmal durch die Abschaltung der zuvorderst im Wind stehenden Anlage zugunsten der dahinterstehenden Anlage vermieden werden (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 17 f.). Gefahren für die Standsicherheit kann aber auch durch Abschalten der dahinterstehenden Anlage – zu ihrem Selbstschutz – begegnet werden, weil die Lasten einer abgeschalteten Windenergieanlage (Trudelbetrieb) auch bei einer erhöhten Turbulenz durch die auf der Luvseite stehenden Anlage gering sind (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom Dezember 2007, S. 10, sowie ergänzende Stellungnahme des TÜV Nord vom 7. Januar 2014, Bl. 221 der Behördenakte „…“). Die Gefahrenabwehr kann also einmal aktiv durch Unterbinden der Turbulenzwirkungen bei der störenden Anlage erfolgen. Sie kann aber auch passiv durch Abschalten der gestörten Anlage geschehen.

49

Zu der Frage, wem die Lasten der Konfliktbewältigung – durch Verzicht auf einen Standort oder durch Abschaltverpflichtungen und damit einhergehender geringerer Energieausbeute – aufzuerlegen sind, finden sich weder im Immissionsschutzrecht noch im Baurecht Regelungen. Anforderungen an die Ermessenssteuerung können daher nur aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden. Für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge und der Annahme, dass sich auf den gewählten Standorten nur eine der Anlagen realisieren lässt, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung folgende Grundsätze anerkannt: Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen eine willkürfreie und sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen (vgl. OVG Nds., Urteil vom 26. September 1991 – 1 L 74 und 75/91 –, juris, Rn. 82; OVG MV, Beschluss vom 28. März 2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562 und juris, Rn. 31 f.; ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012 – 1 EO 35/12 –, ZNER 2012, 443 und juris, Rn. 30 f.; OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 und juris, Rn. 21). Vorrang wird dem zuerst gestellten Antrag allerdings nur dann zuerkannt, wenn ihm vollständige und prüffähige Unterlagen beigefügt sind (vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 493; Sittig, in: Maslaton, Windenergieanlagen, Kap. 2 Rn. 217 ff, jeweils m.w.N.).

50

Diese Grundsätze können auch bei der Frage nach der Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung durch Abschaltverpflichtungen angewendet werden. Danach ist es grundsätzlich sachgerecht, dass derjenige Rücksicht zu nehmen und Nachteile zu tragen hat, der mit seinem Vorhaben an eine bereits bestehende Anlage heranrückt. Gleichermaßen unterliegt er Rücksichtnahmepflichten, wenn er mit seinem Vorhaben auf eine vorhandene Genehmigungslage trifft, weil für den in einer Entfernung unterhalb des fünffachen Rotordurchmessers gelegenen Nachbarstandort bereits eine Genehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage erteilt worden ist. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Beklagte abgestellt, wenn er gegenüber der Klägerin geltend macht, sie habe ihre Windenergieanlage in einer – durch die Genehmigung der Anlage auf den Flurstücken Nrn. … und … (WEA 7) – vorbelasteten Situation errichtet.

51

Indes ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Vorrang zugunsten der zuerst beantragten bzw. genehmigten Anlage entfällt, sobald dieses erste Vorhaben später wesentlich geändert wird (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 1 EO 69/11 –, ZNER 2011, 649 und juris, Rn. 42 – für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge –; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217 ff.). Gründe der Chancengleichheit und der Vermeidung von Umgehungen des Prioritätsgrundsatzes verlangen hier eine neue Reihung der konkurrierenden Vorhabenträger. Darüber hinaus ist zu bedenken, ob sich der Vorrang zugunsten des zeitlich früheren Vorhabens nicht nur bei der erstmaligen Genehmigungserteilung und dann nur für die Dauer deren Wirksamkeit durchsetzt.

52

b) Im vorliegenden Fall ist der ursprüngliche Vorrang zugunsten der auf dem Standort der WEA 7 genehmigten Anlage bereits dadurch entfallen, dass dort nunmehr eine andere, wesentlich geänderte Anlage geplant und genehmigt worden ist.

53

Für die Frage, wann eine wesentliche, die ursprüngliche Vorrangstellung vernichtende Anlagenänderung vorliegt, kann auf § 16 BImSchG abgestellt werden. Denn die Notwendigkeit einer neuen präventiven Prüfung markiert ähnlich wie die erstmalige Vorlage prüffähiger Unterlagen den für die Reihung konkurrierender Vorhaben maßgebenden Zeitpunkt. Mit der wesentlichen Änderung der zunächst eingereichten Unterlagen entfällt die Rechtfertigung einer Vorrangstellung gegenüber einem ursprünglich später eingereichten, dann aber unverändert gebliebenen Vorhaben (vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 495).

54

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG liegt eine wesentliche – und damit genehmigungs- und nicht bloß nach § 15 BImSchG anzeigepflichtige – Änderung vor, wenn durch die Änderung (der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs) der Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG ist eine Genehmigung nur dann nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist ein Genehmigungsverfahren immer bereits dann notwendig, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können; die bloße Möglichkeit solcher Auswirkungen reicht somit aus (vgl. Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 190. Aktualisierung 2016, § 16 BImSchG, Rn. 34).

55

Derart wesentliche Auswirkungen sind regelmäßig bei Verschiebungen des Standorts und der Änderung des Anlagentyps von Windenergieanlagen zu erwarten (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 45; OVG NRW, Beschluss vom 25.Februar 2015 -8 A 959/10-, BauR 2015, 1138 und juris Rn. 113 [Ersetzung einer Windenergieanlage Typ Enercon E 66/18.70 durch eine E-70 E4 - 2,0 MW, RD 71m – als Neuerrichtung]). Denn in diesen Fällen sind insbesondere die zu erwartenden Turbulenzeffekte einer erneuten Prüfung zu unterziehen (vgl. ThürOVG, ebenda). Eine solche Prüfung ist hier von dem Beklagten auch veranlasst worden, wenn auch nicht vor Erteilung der Änderungs-Baugenehmigung vom 20. April 2012, so doch nach Eingang des Widerspruchs der Klägerin und im Anschluss an die daraufhin verfügte Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung. In der Aufforderung an die Beigeladene vom 10. Dezember 2012 (Bl. 31 der Behördenakte) zur Beibringung eines Gutachtens über die Auswirkungen des neuen Anlagentyps E-70 E4 weist die Behörde darauf hin, dass sich zwar wegen der scheinbar geringen Unterschiede zwischen dem neuen und dem alten Anlagentyp möglicherweise keine zusätzlichen Anforderungen ergäben, dies jedoch nicht offensichtlich feststehe, so dass auf die Einholung eines Gutachtens nicht verzichtet werden könne. Damit bestätigt der Beklagte letztlich, dass hier die Voraussetzungen für eine wesentliche Änderung i.S.v. § 16 Abs. 1 BImSchG, nämlich die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen vorgelegen haben. Unterstützt wird diese Annahme durch die Stellungnahme der F. vom 16. Mai 2014 (nochmals vorgelegt als K 21 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 6. Juni 2016, Bl. 137 f der Gerichtsakte). Danach unterscheiden sich die Schubbeiwerte der WEA ENERCON E-66/20.70 und E-70 E4 (R071m) – wegen des veränderten Profils der Rotorblätter – deutlich. Diese Einschätzung wird durch die ergänzende Stellungnahme der F. vom 27. Juli 2016 (Anlage K 22 zum Schriftsatz der Kläger-Bevollmächtigten vom 26. Juli 2016, Bl. 197 ff der Gerichtsakte) bestätigt. Danach erbringe die neue Anlage eine höhere Windausbeute (Mehrertrag von 12,5 %), was auch zu einem veränderten Verlauf der Strömung im Nachlauf der Anlage führen müsse (vgl. S. 3 f der Stellungnahme vom 22. Juli 2016). Dass sich der Umfang der Rücksichtnahmepflichten aufgrund der neuerlichen Untersuchung durch den TÜV Nord nur relativ geringfügig erweitert (Windgeschwindigkeitsspanne von 4-14 m/s statt 6-14 m/s; Abschalt- bzw. Abregelungssektor bei 327,1 ° bzw. 147,1° jeweils +/- 32,7° statt 328° bzw. 148° jeweils +/- 27°) und diese Veränderungen nach dessen Mitteilung im Wesentlichen auf dem neuen Rechenmodell und nur zu einem geringeren Teil auf der Anlagenänderung beruhen (vgl. Stellungnahmen TÜV Nord vom 13. und 14. April 2016, Bl. 159 f der Gerichtsakte), ändert – ebenso wie die Behauptung des Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, dass sich die Nachlaufturbulenzen durch die neue Anlage tatsächlich reduziert hätten – nichts daran, dass aufgrund des Austauschs des Anlagentyps die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen im Raum stand und deshalb die Durchführung eines erneuten (Änderungs-) Genehmigungsverfahrens notwendig war.

56

Würde eine solche Anlagenänderung noch vor Bescheidung konkurrierender Genehmigungsanträge erfolgen, wäre es aus den oben dargelegten Gründen nicht sachgerecht, das ursprünglich als zweites projektierte Vorhaben weiterhin an dem Nachrang gegenüber dem ursprünglich ersten Vorhaben festzuhalten (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 42; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217). Nichts anderes kann dann gelten, wenn die Konfliktbewältigung nicht durch gänzlichen Verzicht eines der beiden Vorhabenträger auf Realisierung seines Projekts, sondern durch Reduzierung des Anlagenbetriebs mittels Abschalt- bzw. Abregelungspflichten erreicht werden soll. Zwar steht es jedem Bauherrn frei, sein Vorhaben nach Einreichung eines ursprünglichen Antrags zu ändern und es in dieser geänderten Form zur Genehmigung zu stellen. Er muss dann allerdings auch die Konsequenz tragen, dass er im Verhältnis zu dem Konkurrenten, der keine Änderung an seinem Vorhaben vorgenommen hat, dann als nachrangig zu bewerten ist (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 42). Darüber hinaus musste der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgängerin auch spätestens nach Erlass der zu Lasten der Klägerin ergangenen ergänzenden Auflage vom 18. Juli 2008 klar sein, dass sich ihre Vorrangstellung nur auf die Genehmigung der Windenergieanlage vom Typ ENERCON E-66/20.70 bezog und sie Rücksichtnahmepflichten der Klägerin nur bei der Realisierung dieses Anlagentyps erwarten durfte.

57

c) Hinzu kommt, dass das Vertrauen der Beigeladenen in den Bestand ihrer ursprünglichen Vorrangstellung aufgrund Ablaufs der Geltungsdauer der ihr zunächst erteilten Genehmigungen nicht mehr schutzwürdig ist.

58

Während die Klägerin ihre mit Bescheid vom 28. September 2004 genehmigte Windenergieanlage vom Typ Enercon E-70 E4 zügig im Folgejahr errichtet hatte, ist auf dem Standort der WEA 7 mit der Verwirklichung des Vorhabens erst im Anschluss an die Änderungsgenehmigung vom 20. April 2012 für den Anlagentyp Enercon E-70 E4 begonnen worden. Zwar genoss das Vorhaben der WEA 7 zunächst Vorrang, weil für diesen Standort am 23. September 2002 ein positiver Bauvorbescheid (allerdings für eine – größer dimensionierte – WEA Nordex N 90; vgl. zur Vorrangwirkung auch eines bloßen Vorbescheids: OVG RP, Urteil vom 29. Januar 2015 – 1 A 10676/14.OVG –, BauR 2015, 1151 und juris, Rn. 25) und schließlich am 20. Juli 2004 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E-66/20.70 erteilt worden war. Wegen dieses Vorrangs hätte die Genehmigung der Anlage der Klägerin (letztlich durch die Tekturgenehmigung vom 28. September 2004) bereits von Beginn an nur unter der Auflage entsprechender Rücksichtnahmepflichten ergehen dürfen. Der Beklagte hat dies, nachdem er die Problematik der Turbulenzeffekte zunächst verkannt hatte, durch die ergänzende Auflage gegenüber der Klägerin vom 18. Juli 2008 nachgeholt.

59

(1) Indes konnte die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin einen Vorrang der WEA 7 nur für das vorrangig genehmigte Vorhaben und nur für die Dauer der Wirksamkeit der Baugenehmigung beanspruchen. Denn das durch die Baugenehmigung erworbene Baurecht, die genehmigte Anlage ungeachtet von Veränderungen der Sach- und Rechtslage so wie genehmigt errichten zu dürfen, gilt nur für die Dauer der Gültigkeit der Baugenehmigung. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 LBauO erlischt eine Baugenehmigung, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen wurde. Diese Frist kann zwar nach § 74 Abs. 2 Satz 1 LBauO verlängert werden. Ein solches Verlängerungsverfahren führt jedoch nur zu einer verfahrensmäßigen Erleichterung (etwa durch den Verzicht auf Vorlage neuer Bauunterlagen); in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Verlängerungsantrag wie ein Neuantrag zu behandeln (vgl. Jeromin, LBauO, 4. Aufl. 2016, § 74, Rn. 16 bis 18). Ist das innerhalb der Geltung der Ursprungsgenehmigung nicht realisierte Vorhaben im Verlängerungsverfahren aber an der dann aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen, so spricht der Grundsatz der Priorität und der Vorrang zugunsten des älteren Vorhabens dafür, das nunmehr zur Verlängerung anstehende Vorhaben als gegenüber der bereits vorhandenen Windenergieanlage nachrangig zu werten.

60

(2) Diese Erwägungen gelten gleichermaßen auch in Anwendung der Vorschriften zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die hier zunächst auf der Grundlage der Landesbauordnung genehmigten Windenergieanlagen unterfielen nämlich ab 1. Juli 2005 dem Regime des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beigeladene mit dem Verlängerungsbescheid vom 12. Juni 2008 nur im Besitz einer bis 20. Juli 2012 geltenden Genehmigung war. Auch bei dem Begehren auf bloße Verlängerung ihres ursprünglichen Vorhabens - statt dessen wesentlicher Änderung, wie hier - hätte die Beigeladene daher im Jahr 2012 den Nachrang gegenüber der bereits vorhandenen Anlage der Klägerin akzeptieren müssen.

61

Nach § 67 Abs. 9 Satz 1 LBauO gelten Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m – wie hier –, die bis zum 1. Juli 2005 erteilt worden sind, ab diesem Zeitpunkt als Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die von dem Beklagten für die Fortgeltung des Baurechtsregimes in Anspruch genommene Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 15. September 2005 – 8 B 1074/05 –, NVwZ-RR 2006, 173) betrifft nur die Fortgeltung der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung nach § 212a BauGB. Im Übrigen ist die ursprüngliche Baugenehmigung hingegen allein nach dem Regime des BImSchG zu beurteilen. Dies bedeutet, dass die ab 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigung geltende ursprüngliche Baugenehmigung allein nach den Voraussetzungen des § 18 BImSchG erlischt, die Erlöschungsregelung nach dem Bauordnungsrecht damit entfällt (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. August 2011 – 3 S 2439/09 –, NuR 2012, 277 und juris, Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 67 Rn. 43). Nach § 18 BImSchG gilt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zwar grundsätzlich zeitlich unbefristet; die Genehmigungsbehörde (hier ebenfalls die Kreisverwaltung, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 ImSchZuVO i.V.m. Anlage Nr. 1.1.1 Ziff. 4) ist jedoch nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG berechtigt, die Geltungsdauer auch der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu beschränken (vgl. VGH BW, ebenda). Dies ist hier – der Sache nach, wenn auch in Anwendung von Bauordnungsrecht – durch den Verlängerungsbescheid vom 12. Juni 2008 geschehen. Darin heißt es:

62

„Aufgrund Ihres Antrags vom 1. April 2008 wird hiermit die Baugenehmigung vom 20. Juli 2004 … um vier Jahre verlängert. Die Baugenehmigung gilt jetzt somit bis 20.07.2012.“

63

Aufgrund dieser Genehmigungslage konnte die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin nur darauf vertrauen, die ihr genehmigte Anlage bis Juli 2012 mit entsprechendem Vorrang hinsichtlich der Bewältigung der durch die Turbulenzeffekte der benachbarten Anlagen hervorgerufenen Konflikte verwirklichen zu können. Zwar hätte sie auch nach dem Regime des BImSchG die Möglichkeit gehabt, eine Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung zu beantragen. Nach § 18 Abs. 3 BImSchG kommt eine solche Verlängerung jedoch nur aus wichtigem Grunde in Betracht, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. Dies verlangt die Beurteilung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen auch aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklung im Einwirkungsbereich der Anlage und der sich hiernach zu beurteilenden Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft noch gegeben sind (vgl. Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, a.a.O., § 18 BImSchG, Rn. 31). Ist also auch nach Immissionsschutzrecht das innerhalb der Geltung einer Genehmigung nicht realisierte Vorhaben im Verlängerungsverfahren an der dann aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen, ist es sachgerecht, dass es sich im Rahmen der Bewältigung des Abstandskonflikts gegenüber einem bislang zurückstehenden Zweitvorhaben nunmehr als nachrangig behandeln lassen muss.

64

d) Werden die von dem Beklagten für die Inanspruchnahme der Klägerin angestellten Erwägungen zur Bewältigung des Abstandskonflikts zwischen der WEA 2 und der WEA 7 den Anforderungen an eine sachgerechte Verteilung der damit verbundenen Lasten nicht hinreichend gerecht, so ist die mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung – ebenso wie der darauf beruhende Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 – aufzuheben. Damit findet der von dem Beklagten bereits in dem Genehmigungsbescheid an die Beigeladene vom 31. Mai 2013 aufgenommene Vorbehalt Anwendung, dass ihr gegenüber auch für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° Rücksichtnahmepflichten auferlegt werden müssen, falls die Klägerin aus rechtlichen Gründen von einer Abschaltverpflichtung frei wird (vgl. S. 2 und 3 des Bescheids, Bl. 144 der Behördenakte).

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

66

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

67

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil das Verfahren Gelegenheit gibt, die bei der Konkurrenz unverträglicher Windenergieanlagen aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere nach der sachgerechten Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung, höchstrichterlich zu klären.

Beschluss

68

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 33.837,26 € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.


Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich als Betreiberin einer 2005 errichteten Windenergieanlage gegen eine ihr nachträglich im Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung ihrer Anlage bei Wind aus Südsüdost.

2

Die Klägerin betreibt in dem inzwischen aus neun Windenergieanlagen (im Folgenden WEA) bestehenden Windpark H. seit 2005 mehrere Anlagen, darunter auch die WEA 2 auf dem Flurstück Nr. …. Die Beigeladene ist die Rechtsnachfolgerin der T., die auf den nördlich des Flurstücks Nr. … gelegenen Flurstücken Nrn. … und … – ebenfalls im Windpark H. – eine Windenergieanlage betreibt (WEA 7). Die im Jahr 2013 errichtete WEA 7 befindet sich nordnordwestlich der WEA 2 in einem Abstand von weniger als 150 m.

3

Die Verfahren zur Genehmigung der beiden Anlagen (WEA 2: Typ Enercon E-70 E 4 [Nabenhöhe – NH – 98 m, Rotordurchmesser – RD – 70 m] und WEA 7: Typ Enercon E-70 E4 [2,3 MW Nennleistung, NH 85 m und RD 71 m) stellen sich im Überblick im Wesentlichen wie folgt dar:

Flurstück Nr. … (WEA 2)

Flurstücke Nrn. …, … (WEA 7)

                 
        

23. September 2002
positiver Bauvorbescheid an T. für WEA Nordex N 90
(2,5 MW, NH 100 m, RD 90 m)

                 

16. Januar 2003
Baugenehmigung für WEA Typ Vestas V 80 (2,0 MW, NH 100 m, RD 80 m)

        
                 
        

20. Juli 2004
Baugenehmigung an T. [auf Antrag vom 5. Mai 2004]
für WEA Typ Enercon E-66/20.70 (2,0 MW, NH 85 m, RD 70 m)

                 

6. September 2004
Tekturgenehmigung für WEA Typ GAMESA EOLICA G 80-2.0 MW
28. September 2004
Tekturgenehmigung für Anlagentyp Enercon E-70 E4 (NH 98 m, Gesamthöhe 134,5 m)
28. Oktober 2004
Änderungs-Baugenehmigung für die WEA E-70-E 4 (Gesamthöhe 134,5 m),
Standortverschiebung nach Osten um 79 m, neue Koordinaten HW …/RW …
29. April 2005
Fertigstellungsanzeige

        
                 
        

12. Juni 2008
Verlängerungsbescheid zur Baugenehmigung
vom 20. Juli 2004 bis 20. Juli 2012

                 

18. Juli 2008
Ergänzende Auflage zur Baugenehmigung für E-70 E4:
Abschaltverpflichtung bei Wind von 6 – 14 m/s
für die Sektoren 328° +/- 27° und 148° +/- 27° mit dem Zusatz:
„Die Auflage tritt nur dann in Kraft, soweit die mit Änderungsbaugenehmigung
vom 2. August 2004 genehmigte Windenergieanlage der Fa. T. vom Typ
Enercon E-66/20.70 … tatsächlich errichtet und in Betrieb genommen wird.“

        
                 
        

20. April 2012
Baugenehmigung an die T. für die Errichtung einer WEA Typ
Enercon E-70 E4– auf Antrag vom 29. Februar 2012 –
(2,3 MW, NH 85 m, RD 71 m)

        

15. November 2012
Baubeginnanzeige

                 

31. Mai 2013
Ergänzende Auflage:
Abschaltverpflichtung bei Wind aus SSO (147,1° +/- 32,7° bei 4-14 m/s)

31. Mai 2013
Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für
E-70 E4 mit der Auflage: Abschaltverpflichtung bei Wind aus NNW
(327,1° +/- 32,7° bei 4-14 m/s)

                 
        

2013
Fertigstellung der Anlage

        

25. Februar 2014
Änderungsgenehmigung: bloß
Abregelungsverpflichtung bei Wind aus NNW

4

Die an die Klägerin adressierte ergänzende Auflage vom 18. Juli 2008 erging im Rahmen des Verfahrens des Widerspruchs der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gegen die der Klägerin erteilte Genehmigung vom 16. Januar 2003. Zur Begründung des Widerspruchs wurde ausgeführt, dass die später genehmigte Anlage der Klägerin den Mindestabstand unterschreite. Daraufhin gab der Beklagte im November 2006 der Klägerin auf, die Standsicherheit der der Fa. T. genehmigten Anlage E-66/20.70 auch bei Ausnutzung der der Klägerin genehmigten Anlage nachzuweisen. In der gutachterlichen Stellungnahme des TÜV Nord zur Turbulenzbelastung im Windpark H. vom Dezember 2007 heißt es auf S. 9 f:

5

„Die Standsicherheit der betroffenen WEA 2 und 7 kann in der geplanten Konfiguration durch Ausschluss des Betriebes in der Nachlaufströmung der verursachenden WEA gewährleistet werden. Dies kann durch das Abschalten der jeweils verursachenden WEA bei Auftreten der entsprechenden Nachlaufsituation erreicht werden.

6

Da die Lasten bei einer abgeschalteten WEA (Trudelbetrieb) auch in der erhöhten Turbulenz der Nachlaufströmung der Nachbar-WEA geringer sind als im Betrieb bei ungestörter Anströmung, kann alternativ die betroffene WEA selbst abgeschaltet werden.

7

Das Abschalten wird bei Windgeschwindigkeiten von 6 bis 14 m/s aus folgenden Windrichtungen erforderlich:

8

- WEA 7 oder WEA 2 bei Wind aus 328° +/- 27° (301° bis 355°) und

9

- WEA 2 oder WEA 7 bei Wind aus 148° +/- 27° (121° bis 175°)“.

10

Die hier streitgegenständliche Regelung vom 31. Mai 2013 erging im Rahmen des Verfahrens zum Widerspruch der Klägerin gegen die zugunsten der Beigeladenen erteilten Änderungsgenehmigung vom 20. April 2012. Zu dessen Begründung wurde ausgeführt: Die jetzt genehmigte Anlage E-70 E 4 weiche von der bisher genehmigten Anlage E-66/20.70 ab. Die der Klägerin gegenüber am 18. Juli 2008 ergänzend auferlegte Abschaltverpflichtung beziehe sich ausdrücklich nur auf die zuvor genehmigte Anlage E-66/20.70. Sie habe sich durch die Änderung des Anlagentyps auf Seiten der Fa. T. erledigt. Diese Neugenehmigung führe zu einer Beeinträchtigung des Betriebs ihrer eigenen Anlage. Es sei daher notwendig, der Fa. T. wegen des Nachrangs ihrer Genehmigung Abschaltverpflichtungen zum Schutz der WEA 2 aufzuerlegen.

11

Die Kreisverwaltung setzte daraufhin die Vollziehung der Baugenehmigung vom 20. April 2012 aus und forderte die Beigeladene auf, die Auswirkungen der genehmigten WEA 7 (E-70 E4) auf die WEA 2 und andere Folgewirkungen gutachterlich untersuchen zu lassen. Das vorgelegte Gutachten des TÜV Nord vom 21. Februar 2013 empfahl die Abschaltung der WEA 7 bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s sowohl für den Abschaltsektor 327,1° +/- 32,7° als auch für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7°, in letzterem Fall zum Selbstschutz der WEA 7. Auf Nachfrage der Kreisverwaltung teilte der TÜV Nord mit, dass alternativ zur Abschaltung der WEA 7 zur Gewährleistung der Standsicherheit beider Anlagen auch eine teilweise oder vollständige Abschaltung der WEA 2 möglich sei.

12

Mit Bescheid vom 31. Mai 2013 hob die Kreisverwaltung die Baugenehmigung vom 20. April 2012 auf und erteilte der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin der Fa. T. nunmehr die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung der WEA vom Typ Enercon E-70 E4 (NH 85 m, RD 71 m) und erlegte ihr eine Abschaltverpflichtung bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s für den Abschaltsektor 327,1° +/- 32,7° (294° bis 359,8°) auf. Eine Abschaltverpflichtung für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° wurde für den Fall vorbehalten, dass die Gefahr nicht durch die Inanspruchnahme von Dritten beseitigt werde.

13

Ebenfalls mit Bescheid vom 31. Mai 2013 wurde der Klägerin die hier angefochtene nachträgliche Auflage zur Baugenehmigung vom 16. Januar 2003 in der Fassung der Änderungsgenehmigungen dahingehend erteilt, dass sie ihre Anlage bei Windgeschwindigkeiten von 4 bis 14 m/s für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° (114,4° bis 179,8°) abzuschalten habe. Zur Begründung führte die Behörde aus: Die der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juli 2008 gemachte Auflage habe sich inzwischen erledigt, da diese von der Errichtung der der Fa. T. ursprünglich genehmigten Anlage Enercon E-66 abhängig gewesen sei. Dennoch bleibe es dabei, dass von der WEA 2 bei einem bestimmten Abschaltsektor eine Gefahr für die benachbarte WEA 7 ausgehe. Hinsichtlich der Bewältigung der Gefahrenlage sei der Grundsatz der Rücksichtnahme und der geeigneten Ursachenzumessung maßgeblich. Danach sei die Klägerin für die Auswirkungen bei Winden aus Südsüdost, die Beigeladene hingegen für die Auswirkungen der Winde aus Nordnordwest verantwortlich.

14

Für den Erlass des Änderungsbescheids vom 31. Mai 2013 erhob die Klägerin mit Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 275,75 €.

15

Die Klägerin legte sowohl gegen die ergänzende Auflage zu der ihr erteilten Baugenehmigung als auch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung an die Beigeladene Widerspruch ein und wiederholte darin im Wesentlichen ihre Auffassung, dass nach Errichtung der der Beigeladenen genehmigten WEA Typ Enercon E-70 E4 allein die Beigeladene zur Bewältigung der Gefahrenlage durch entsprechende Abschaltverpflichtungen der WEA 7 verantwortlich sei.

16

Nachdem der TÜV Nord in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Dezember 2013 festgestellt hatte, dass die Standsicherheit der WEA 2 in der Nachlaufströmung der WEA 7 statt durch Abschaltung der WEA 7 auch durch näher beschriebene Abregelungen (Pitchen) gewährleistet werden kann, erließ der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2014 eine entsprechende immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 wies der Kreisrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin dadurch, dass die Abschalt- bzw. Abregelungsanordnung gegenüber der Beigeladenen auf den Windsektor aus Nordnordwest (327,1° +/- 32,7°) beschränkt und ihr gegenüber eine Abschaltverpflichtung für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° (Südsüdost) auferlegt worden sei, nicht in ihren Rechten verletzt sei. Rechtsgrundlage für die nachträgliche Anordnung gegenüber der Klägerin sei § 85 LBauO. Die darin geforderte erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit gehe bei Wind aus dem Sektor 147,1° +/- 32,7° von der Anlage der Klägerin (WEA 2) für die Anlage der Beigeladenen (WEA 7) aus. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, der Klägerin auch eine Abschaltverpflichtung zum Schutz der nunmehr der Beigeladenen genehmigten Anlage E-70 aufzuerlegen. Es träfen hier Pflichten von Bauherren verschiedener baulicher Anlagen aufeinander. Bei Zusammentreffen konkurrierender Anlagen habe die Behörde eine sachgerechte Auswahl im Hinblick auf die Verteilung der Rücksichtnahmepflichten zu treffen. Die Klägerin habe ihre Windenergieanlage in eine vorbelastete Situation hinein errichtet, denn ihr sei bei Erteilung der Baugenehmigung bekannt gewesen, dass eine weitere Anlage hinzukommen werde. Schon aufgrund des Bescheides vom 18. Juli 2008 habe die Klägerin Rücksicht auf die der Beigeladenen (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) erteilten Genehmigung nehmen müssen. Bei der nun der Beigeladenen genehmigten Anlage handele es sich auch nicht um ein Aliud, sondern um das Nachfolgemodell zur E-66. Soweit von der nunmehr genehmigten E-70 E4 Beeinträchtigungen für die Windenergieanlage der Klägerin bei bestimmten Windrichtungen zu befürchten seien, seien die erforderlichen Abhilfemaßnahmen allein der Beigeladenen auferlegt worden. Der gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 erhobene Widerspruch sei ebenfalls nicht begründet.

18

Mit ihrer am 18. März 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin einerseits den ergänzenden Auflagenbescheid vom 31. Mai 2013 und den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 angefochten und andererseits auch die an die Beigeladene gerichteten Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 25. Februar 2014 angegriffen. Das Verwaltungsgericht hat das Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 getrennt und zunächst nur die Anfechtungsklagen gegen die an die Klägerin adressierten Bescheide verhandelt. Im Übrigen hat es das Verfahren ausgesetzt.

19

Zu dem abgetrennten Komplex hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die nachträglich mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 85 LBauO seien nicht gegeben. Zwar bestehe eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Auswahl der zur Abwendung dieser Gefahr Verantwortlichen sei jedoch fehlerhaft erfolgt. Ermessensgerecht sei allein, den Letztverursacher vorrangig in Anspruch zu nehmen. Die letzte Ursache für die Unverträglichkeit des parallelen Betriebs der WEA 2 und WEA 7 sei jedoch durch die Genehmigung der E-70 zugunsten der Beigeladenen gesetzt worden.

20

Die Klägerin hat beantragt,

21

die Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 aufzuheben.

22

Der Beklagte hat unter Vertiefung seines bisherigen Vorbringens beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, die angefochtenen Bescheide jedoch verteidigt.

25

Das Verwaltungsgericht hat der (abgetrennten) Klage durch Urteil vom 9. Dezember 2015 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung sei rechtswidrig. Der Beklagte könne sich insofern nicht auf § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO berufen. Einschlägig sei vielmehr die immissionsschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlage in § 17 BImSchG. Zum Erlass einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG sei indes nicht der Beklagte, sondern die Struktur- und Genehmigungsdirektion zuständig. Die Windenergieanlage der Klägerin unterliege nach der Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG ab dem 1. Juli 2005 dem Immissionsschutzrecht, was auch für das immissionsschutzrechtliche Überwachungsinstrumentarium gelte. Dies habe zur Folge, dass § 17 Abs. 1 BImSchG auch für solche Windkraftanlagen gelte, für die ursprünglich eine Baugenehmigung erteilt worden sei. Zwar stelle § 17 BImSchG keine Spezialregelung dar, die die polizei- oder ordnungsrechtlichen Vorschriften stets verdränge. Das Instrument der nachträglichen Anordnung nach § 17 BImSchG diene der Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten. Demgegenüber könnten nachträgliche Anordnungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO nur zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit angeordnet werden, denen typischerweise bauordnungsrechtlich zu begegnen sei. Soweit eine Maßnahme auf § 17 BImSchG gestützt werden könne, blieben ordnungsrechtliche Vorschriften daher außen vor. Dies müsse auch dann gelten, wenn neben immissionsschutzrechtlichen auch bauordnungsrechtliche Gründe für das nachträgliche Einschreiten gegeben seien, die immissionsschutzrechtlichen Gründe aber im Vordergrund stünden. Letzteres sei hier der Fall, da es primär um die Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten gehe. Der Beklagte habe mit seiner Verfügung zum Ausdruck gebracht, dass von der Windenergieanlage der Klägerin schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen. Dass damit auch Fragen der Standsicherheit i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO im Raum stünden, ändere nichts daran, dass die getroffene Anordnung maßgeblich aus Gründen des Immissionsschutzrechts getroffen werde. Infolgedessen sei auch der damit zusammenhängende Kostenbescheid rechtswidrig.

26

Der Beklagte trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen vor: Die der Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2013 nachträglich auferlegte Abschaltverpflichtung sei zu Recht auf § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO gestützt worden. Denn es solle mit dieser Verfügung keine immissionsschutzrechtliche Verpflichtung, sondern vielmehr eine Anforderung aus dem Bauordnungsrecht durchgesetzt werden. Maßgebliches Ziel der Verfügung sei es nämlich, die Anforderungen an die Standsicherheit nach § 13 LBauO durchzusetzen. Die Verfügung sei auch im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden. Die getroffene Lastenverteilung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen sei sachgemäß. Bei der der Beigeladenen genehmigten Windenergieanlage Enercon E-70 handele es sich nicht um ein Aliud zur früheren Anlage, vielmehr sei die E-70 die Nachfolgeanlage zur Enercon E-66 mit nur geringen technischen Änderungen. Daraus ergebe sich keine Notwendigkeit zur Durchführung eines völlig neuen Genehmigungsverfahrens. Soweit der TÜV Nord in seinen Stellungnahmen aus dem Jahr 2013 Änderungen hinsichtlich der Abschaltsektoren und der Windgeschwindigkeit errechnet habe, sei dies im Wesentlichen auf Änderungen des Rechnungsmodus seit dem Erstgutachten im Jahr 2007 zurückzuführen. Dies habe der TÜV Nord auf ergänzende Anfrage bestätigt. Im Übrigen ergäben sich kleine Abweichungen daher, dass bei den neueren Berechnungen der Abstand der beiden Anlagen WEA 2 und WEA 7 korrekt um 6 m reduziert worden sei.

27

Der Beklagte beantragt,

28

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Dezember 2015 die Klage gegen die Bescheide vom 31. Mai 2013 und 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2015 abzuweisen.

29

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

30

die Klage gegen die Bescheide vom 31. Mai 2013 und 27. Juni 2013 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 9. Dezember 2015 abzuweisen.

31

Zur Begründung führt sie aus, dass die Bauaufsichtsbehörde zum Erlass der nachträglichen Anordnung zuständig gewesen sei. Denn hier hätten bauordnungsrechtliche Fragen der Standsicherheit im Vordergrund gestanden. In der Sache sei die von der Behörde getroffene Lastenverteilung rechtlich nicht zu beanstanden. Für sie [die Beigeladene] streite das Prioritätsprinzip. Ihr sei im Jahr 2002 erstmals ein positiver Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage auf den Flurstücken Nrn. 1993 und 1994 erteilt worden. Im Anschluss daran sei sie ununterbrochen im Besitz einer Genehmigung zur Errichtung der Windenergieanlage gewesen. Bei der Umstellung von der E-66 auf die E-70 handele es sich nicht um ein Aliud, sondern bloß um eine Weiterentwicklung. Die E-70 verursache sogar geringere Turbulenzen als das Vorgängermodell. Das Vorhaben der Klägerin sei demgegenüber nicht prioritär. Folgerichtig hätte die Klägerin daher sogar die vollständige Verantwortung zur Gefahrenbeseitigung treffen müssen. Dann sei aber jedenfalls die von dem Beklagten getroffene Lastenverteilung von der Klägerin nicht zu beanstanden.

32

Die Klägerin beantragt,

33

die Berufungen zurückzuweisen.

34

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. § 17 BImSchG sei auch dann anwendbar, wenn zumindest auch immissionsschutzrechtliche Pflichten durchgesetzt werden sollten, wie hier. Im Übrigen sei es verfehlt, sie für die Bewältigung von Problemen wegen der Nähe ihrer Anlage zu der der Beigeladenen genehmigten Anlage E-70 E4 in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte gehe zu Unrecht weiterhin von einer Priorisierung der Windenergieanlage der Beigeladenen aus. Bei der Anlage E-70 handele es sich um eine in wesentlicher Hinsicht andere Anlage als die zuvor genehmigte E-66/20.70. Es hätte daher eines neuen Genehmigungsverfahrens bedurft. Wie sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen der F. vom 16. Mai 2014 und vom 22. Juli 2016 ergebe, komme es für die Beurteilung von Turbulenzerhöhungen durch eine geänderte Anlage nicht nur auf die Nabenhöhe und den Rotordurchmesser der Anlage an. Wesentlich sei auch der Schubbeiwert des Rotors. Insofern unterschieden sich die Schubbeiwerte bei den Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-66/20.70 und Enercon E-70 E4 jedoch deutlich. Der neue Rotor der Anlage E-70 E4 erbringe eine höhere Windausbeute, was auch zu einem veränderten Strömungsverlauf führen müsse.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Behördenakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

36

Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet.

37

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

38

Die angefochtene ergänzende Auflage im Bescheid vom 31. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Demzufolge kann auch der hierauf gestützte Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 keinen Bestand haben.

39

1. Die ergänzende Anordnung vom 31. Mai 2013 war indes nicht schon deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte sie als dafür zuständige Bauaufsichtsbehörde auf die bauordnungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage in § 85 LBauO gestützt hat.

40

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war er hieran nicht durch eine vorrangige Anwendbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlage in § 17 BImSchG gehindert, wofür – anders als für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen – nicht die Kreisverwaltung, sondern die Struktur- und Genehmigungsdirektion sachlich zuständig wäre (vgl. § 1 Abs. 1 und Nr. 1.1.8 der Anlage der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes (ImSchZuVO) vom 14. Juni 2002 i.d.F. des Gesetzes vom 6. Oktober 2015 (GVBl. S. 283; die Zuständigkeit der Kreisverwaltung für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen ergibt sich aus Nr. 1.1.1 der Anlage zum ImSchZuVO).

41

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG können zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten nach Erteilung der Genehmigung Anordnungen getroffen werden. Nach ihrem klaren Wortlaut beschränkt sich diese Ermächtigung auf die Erfüllung immissionsschutzrechtlicher Verpflichtungen, also der Pflichten zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen i.S.v. § 5 BImSchG. Hinsichtlich der Pflichten aus anderen Vorschriften außerhalb des BImSchG ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass zu deren Vollzug die hierfür zuständigen Behörden berufen sind. Die Konzentrationswirkung bei der Genehmigung von Windenergieanlagen nach § 13 BImSchG erstreckt sich nur auf die präventive Kontrolle; nach Erteilung der Genehmigung fällt die Zuständigkeit zum Vollzug der öffentlich-rechtlichen Vorschriften außerhalb des Immissionsschutzrechts wieder an die zum Vollzug dieser Vorschriften zuständigen Behörden zurück (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 25. Juli 2011 – 4 ME 175.11 –, NuR 2011, 891 und juris, Rn. 4; Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 79. EL 2016, § 13 BImSchG, Rn. 117 und 120; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 13 Rn. 25 und § 17 Rn. 20). Beim Verstoß gegen Pflichten sowohl aus dem BImSchG als auch aus anderen Vorschriften kann § 17 BImSchG anwendbar sein, dann aber gegebenenfalls parallel zu anderen Ermächtigungsnormen (vgl. Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 190. Aktualisierung 2016, § 17 Rn. 26; Jarass, a.a.O., § 17 Rn. 20). Derselbe Sachverhalt kann Anlass für verschiedene Behörden zum Einschreiten sein. Die Berechtigung hierzu hängt von der Zielrichtung der Maßnahme ab. Dient eine Maßnahme der Durchsetzung baurechtlicher Anforderungen, so ist - jedenfalls auch - die Bauaufsichtsbehörde zuständig (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31. Oktober 1994 – 10 A 4084/92 –, BauR 1995, 372, LS 1 und 2; Hansmann/Ohms, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, a.a.O., § 17 Rn. 44 f.).

42

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parallelität der Eingriffsermächtigungen dann eine Einschränkung verlangt, wenn der Pflichtenverstoß sein Schwergewicht eindeutig in einem der einschlägigen Rechtsregime hat. Denn ein solcher Fall liegt hier zugunsten des immissionsschutzrechtlichen Pflichtenkreises nicht vor. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts standen bei dem Einschreiten des Beklagten nicht immissionsschutzrechtliche Gründe im Vordergrund. Zwar können die Turbulenzwirkungen einer Windenergieanlage auf Nachbaranlagen durchaus als schädliche Umwelteinwirkungen aufgefasst werden. Insbesondere aus dem Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015, in dessen Gestalt die Abschaltanordnung vom 31. Mai 2013 Gegenstand der Anfechtungsklage ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), ergibt sich indessen eindeutig, dass der Beklagte wegen Gefahren für die Standsicherheit der benachbarten Anlagen und damit zur Durchsetzung bauordnungsrechtlicher Verpflichtungen eingeschritten ist (vgl. S. 8 und S. 10 des Widerspruchsbescheids). Denn § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO verlangt, dass durch eine bauliche Anlage die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährdet werden darf. Die Ausrichtung des aufsichtsbehördlichen Vorgehens auf Fragen der Standsicherheit wird schließlich auch durch die gutachterlichen Stellungnahmen des TÜV Nord bestätigt. Danach hat sich der Gutachtenauftrag auf die Beurteilung der Standsicherheit der Windenergieanlagen bezogen (vgl. S. 5 der Stellungnahme vom 20. Dezember 2013). Aufgrund fehlender Kriterien für einen Immissionsgrenzwert für die durch eine Nachbar-WEA erhöhten Turbulenzbelastungen haben die Gutachter auf Kriterien der Standsicherheit abgestellt. Danach werde ein auf erhöhte Turbulenzintensität rückführbarer zusätzlicher Verschleiß einer Windenergieanlage dann als zumutbar angesehen, solange die Standsicherheit für 20 Jahre gewährleistet bleibe (a.a.O., S. 5). Damit stellen die Gutachter klar, dass im Kern der Untersuchung Fragen zur Standsicherheit der benachbarten Windenergieanlagen standen. Auf dieser Grundlage ist die Behörde eingeschritten.

43

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO liegen vor.

44

Nach dieser Vorschrift können bei rechtmäßig begonnenen oder bestehenden baulichen Anlagen nachträglich Anforderungen nur gestellt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist.

45

Hier drohen durch den Betrieb der Windenergieanlage der Klägerin erhebliche Gefahren für das Eigentum an Sachen. Konkret können infolge der durch die WEA 2 im Nachlauf ausgelösten Turbulenzen Beeinträchtigungen für die Standsicherheit benachbarter Windenergieanlagen auftreten. Wie der TÜV Nord in seinen Stellungnahmen ausgeführt hat, sind für die Belastung, Haltbarkeit und den Betrieb von Windenergieanlagen vor allem die Windbedingungen maßgeblich. Hierfür ist neben der vorhandenen Umgebungsturbulenzintensität in einer Windzone auch der Einfluss der Nachlaufsituationen benachbarter Windenergieanlagen ausschlaggebend. Dies kann bei der betroffenen Anlage zu schnellerem Verschleiß von Anlagenteilen und zur Beeinträchtigung ihrer Standsicherheit führen (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 5 f; auch: OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 und juris, Rn. 15). Aufgrund der Berechnungen des TÜV Nord steht fest, dass bei den Anlagen der Klägerin (WEA 2) und der Beigeladenen (WEA 7) wegen ihres geringen Abstands von unter 150 m die – unter Berücksichtigung anlagenspezifischer Parameter, wie etwa dem Schubbeiwert, ermittelten – effektiven Turbulenzintensitäten die aus der Umgebungsturbulenzintensität hergeleiteten Auslegungswerte überschreiten und damit eine Gefährdung der Standsicherheit der jeweils betroffenen Windenergieanlage begründen (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 6 f. und S. 15 bis 18). Dies bedeutet, dass bei einem bestimmten Windsektor und bestimmten Windgeschwindigkeiten die im Nachlauf der anderen Anlage stehende Windenergieanlage in ihrer Standsicherheit beeinträchtigt wird.

46

3. Der angefochtene Bescheid vom 31. Mai 2013 erweist sich allerdings deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte von dem ihm in § 85 Abs. 1 LBauO eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO).

47

Der Beklagte hat nämlich bei der Abgrenzung der Verantwortung für die Bewältigung des Konflikts durch den Betrieb zweier unverträglich naher Windenergieanlagen den für eine sachgerechte Lastenverteilung maßgebenden Vorrang zugunsten des älteren Vorhabens nicht in der gebotenen Weise beachtet. Danach hat der Betreiber derjenigen Anlage die Verantwortung zur Konfliktbewältigung und die damit verbundenen Lasten zu tragen, der durch die Realisierung seines Projekts die letzte Ursache für die Entstehung des Konflikts setzt. Dies war hier die Beigeladene, die für ihr im Jahr 2012 genehmigtes und begonnenes Vorhaben auf die bereits seit 2005 betriebene Anlage der Klägerin traf.

48

a) Weil der Betrieb einer Windenergieanlage wegen der geschilderten Turbulenzeffekte zu Beeinträchtigungen benachbarter Windenergieanlagen führen kann, bedarf es geeigneter Maßnahmen, um den dadurch ausgelösten Konflikt zu bewältigen. Dabei kommt als erstes die Einhaltung eines ausreichenden Abstandes zwischen den Windenergieanlagen in Betracht. Insofern wird eine Distanz der fünffachen Länge des Rotordurchmessers für ausreichend erachtet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Januar 2000 – 7 B 2180/99 –, NVwZ 2000, 164 und juris, Rn. 6; Gatz, Windenergieanlagen, 2. Aufl. 2013, Rn. 358). Nach den Ausführungen des TÜV Nord kann die Gefahr von Beeinträchtigungen durch Turbulenzeffekte aber nicht nur durch gehörigen Abstand der Anlagen und damit den Verzicht auf einen der zu dicht gelegenen Standorte abgewendet werden. In Betracht kommen auch Abschalt- bzw. Abregelungsverpflichtungen. So können schädliche Turbulenzeffekte einmal durch die Abschaltung der zuvorderst im Wind stehenden Anlage zugunsten der dahinterstehenden Anlage vermieden werden (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, S. 17 f.). Gefahren für die Standsicherheit kann aber auch durch Abschalten der dahinterstehenden Anlage – zu ihrem Selbstschutz – begegnet werden, weil die Lasten einer abgeschalteten Windenergieanlage (Trudelbetrieb) auch bei einer erhöhten Turbulenz durch die auf der Luvseite stehenden Anlage gering sind (vgl. TÜV Nord, Stellungnahme vom Dezember 2007, S. 10, sowie ergänzende Stellungnahme des TÜV Nord vom 7. Januar 2014, Bl. 221 der Behördenakte „…“). Die Gefahrenabwehr kann also einmal aktiv durch Unterbinden der Turbulenzwirkungen bei der störenden Anlage erfolgen. Sie kann aber auch passiv durch Abschalten der gestörten Anlage geschehen.

49

Zu der Frage, wem die Lasten der Konfliktbewältigung – durch Verzicht auf einen Standort oder durch Abschaltverpflichtungen und damit einhergehender geringerer Energieausbeute – aufzuerlegen sind, finden sich weder im Immissionsschutzrecht noch im Baurecht Regelungen. Anforderungen an die Ermessenssteuerung können daher nur aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden. Für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge und der Annahme, dass sich auf den gewählten Standorten nur eine der Anlagen realisieren lässt, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung folgende Grundsätze anerkannt: Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen eine willkürfreie und sachgerechte Auswahl bzw. Reihung unter den sich ausschließenden Genehmigungsanträgen. Dabei erweist sich der Gesichtspunkt der Priorität konkurrierender Anträge grundsätzlich als sachgerechtes Kriterium, sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine Abweichung hiervon rechtfertigen (vgl. OVG Nds., Urteil vom 26. September 1991 – 1 L 74 und 75/91 –, juris, Rn. 82; OVG MV, Beschluss vom 28. März 2008 – 3 M 188/07 –, BauR 2008, 1562 und juris, Rn. 31 f.; ThürOVG, Beschluss vom 17. Juli 2012 – 1 EO 35/12 –, ZNER 2012, 443 und juris, Rn. 30 f.; OVG RP, Beschluss vom 21. März 2014 – 8 B 10139/14.OVG –, BauR 2014, 1133 und juris, Rn. 21). Vorrang wird dem zuerst gestellten Antrag allerdings nur dann zuerkannt, wenn ihm vollständige und prüffähige Unterlagen beigefügt sind (vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 493; Sittig, in: Maslaton, Windenergieanlagen, Kap. 2 Rn. 217 ff, jeweils m.w.N.).

50

Diese Grundsätze können auch bei der Frage nach der Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung durch Abschaltverpflichtungen angewendet werden. Danach ist es grundsätzlich sachgerecht, dass derjenige Rücksicht zu nehmen und Nachteile zu tragen hat, der mit seinem Vorhaben an eine bereits bestehende Anlage heranrückt. Gleichermaßen unterliegt er Rücksichtnahmepflichten, wenn er mit seinem Vorhaben auf eine vorhandene Genehmigungslage trifft, weil für den in einer Entfernung unterhalb des fünffachen Rotordurchmessers gelegenen Nachbarstandort bereits eine Genehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage erteilt worden ist. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Beklagte abgestellt, wenn er gegenüber der Klägerin geltend macht, sie habe ihre Windenergieanlage in einer – durch die Genehmigung der Anlage auf den Flurstücken Nrn. … und … (WEA 7) – vorbelasteten Situation errichtet.

51

Indes ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Vorrang zugunsten der zuerst beantragten bzw. genehmigten Anlage entfällt, sobald dieses erste Vorhaben später wesentlich geändert wird (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 1 EO 69/11 –, ZNER 2011, 649 und juris, Rn. 42 – für den Fall der Konkurrenz paralleler Genehmigungsanträge –; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217 ff.). Gründe der Chancengleichheit und der Vermeidung von Umgehungen des Prioritätsgrundsatzes verlangen hier eine neue Reihung der konkurrierenden Vorhabenträger. Darüber hinaus ist zu bedenken, ob sich der Vorrang zugunsten des zeitlich früheren Vorhabens nicht nur bei der erstmaligen Genehmigungserteilung und dann nur für die Dauer deren Wirksamkeit durchsetzt.

52

b) Im vorliegenden Fall ist der ursprüngliche Vorrang zugunsten der auf dem Standort der WEA 7 genehmigten Anlage bereits dadurch entfallen, dass dort nunmehr eine andere, wesentlich geänderte Anlage geplant und genehmigt worden ist.

53

Für die Frage, wann eine wesentliche, die ursprüngliche Vorrangstellung vernichtende Anlagenänderung vorliegt, kann auf § 16 BImSchG abgestellt werden. Denn die Notwendigkeit einer neuen präventiven Prüfung markiert ähnlich wie die erstmalige Vorlage prüffähiger Unterlagen den für die Reihung konkurrierender Vorhaben maßgebenden Zeitpunkt. Mit der wesentlichen Änderung der zunächst eingereichten Unterlagen entfällt die Rechtfertigung einer Vorrangstellung gegenüber einem ursprünglich später eingereichten, dann aber unverändert gebliebenen Vorhaben (vgl. Gatz, a.a.O., Rn. 495).

54

Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG liegt eine wesentliche – und damit genehmigungs- und nicht bloß nach § 15 BImSchG anzeigepflichtige – Änderung vor, wenn durch die Änderung (der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs) der Anlage nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG ist eine Genehmigung nur dann nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergebenden Anforderungen sichergestellt ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist ein Genehmigungsverfahren immer bereits dann notwendig, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können; die bloße Möglichkeit solcher Auswirkungen reicht somit aus (vgl. Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, 190. Aktualisierung 2016, § 16 BImSchG, Rn. 34).

55

Derart wesentliche Auswirkungen sind regelmäßig bei Verschiebungen des Standorts und der Änderung des Anlagentyps von Windenergieanlagen zu erwarten (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 45; OVG NRW, Beschluss vom 25.Februar 2015 -8 A 959/10-, BauR 2015, 1138 und juris Rn. 113 [Ersetzung einer Windenergieanlage Typ Enercon E 66/18.70 durch eine E-70 E4 - 2,0 MW, RD 71m – als Neuerrichtung]). Denn in diesen Fällen sind insbesondere die zu erwartenden Turbulenzeffekte einer erneuten Prüfung zu unterziehen (vgl. ThürOVG, ebenda). Eine solche Prüfung ist hier von dem Beklagten auch veranlasst worden, wenn auch nicht vor Erteilung der Änderungs-Baugenehmigung vom 20. April 2012, so doch nach Eingang des Widerspruchs der Klägerin und im Anschluss an die daraufhin verfügte Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung. In der Aufforderung an die Beigeladene vom 10. Dezember 2012 (Bl. 31 der Behördenakte) zur Beibringung eines Gutachtens über die Auswirkungen des neuen Anlagentyps E-70 E4 weist die Behörde darauf hin, dass sich zwar wegen der scheinbar geringen Unterschiede zwischen dem neuen und dem alten Anlagentyp möglicherweise keine zusätzlichen Anforderungen ergäben, dies jedoch nicht offensichtlich feststehe, so dass auf die Einholung eines Gutachtens nicht verzichtet werden könne. Damit bestätigt der Beklagte letztlich, dass hier die Voraussetzungen für eine wesentliche Änderung i.S.v. § 16 Abs. 1 BImSchG, nämlich die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen vorgelegen haben. Unterstützt wird diese Annahme durch die Stellungnahme der F. vom 16. Mai 2014 (nochmals vorgelegt als K 21 zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 6. Juni 2016, Bl. 137 f der Gerichtsakte). Danach unterscheiden sich die Schubbeiwerte der WEA ENERCON E-66/20.70 und E-70 E4 (R071m) – wegen des veränderten Profils der Rotorblätter – deutlich. Diese Einschätzung wird durch die ergänzende Stellungnahme der F. vom 27. Juli 2016 (Anlage K 22 zum Schriftsatz der Kläger-Bevollmächtigten vom 26. Juli 2016, Bl. 197 ff der Gerichtsakte) bestätigt. Danach erbringe die neue Anlage eine höhere Windausbeute (Mehrertrag von 12,5 %), was auch zu einem veränderten Verlauf der Strömung im Nachlauf der Anlage führen müsse (vgl. S. 3 f der Stellungnahme vom 22. Juli 2016). Dass sich der Umfang der Rücksichtnahmepflichten aufgrund der neuerlichen Untersuchung durch den TÜV Nord nur relativ geringfügig erweitert (Windgeschwindigkeitsspanne von 4-14 m/s statt 6-14 m/s; Abschalt- bzw. Abregelungssektor bei 327,1 ° bzw. 147,1° jeweils +/- 32,7° statt 328° bzw. 148° jeweils +/- 27°) und diese Veränderungen nach dessen Mitteilung im Wesentlichen auf dem neuen Rechenmodell und nur zu einem geringeren Teil auf der Anlagenänderung beruhen (vgl. Stellungnahmen TÜV Nord vom 13. und 14. April 2016, Bl. 159 f der Gerichtsakte), ändert – ebenso wie die Behauptung des Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, dass sich die Nachlaufturbulenzen durch die neue Anlage tatsächlich reduziert hätten – nichts daran, dass aufgrund des Austauschs des Anlagentyps die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen im Raum stand und deshalb die Durchführung eines erneuten (Änderungs-) Genehmigungsverfahrens notwendig war.

56

Würde eine solche Anlagenänderung noch vor Bescheidung konkurrierender Genehmigungsanträge erfolgen, wäre es aus den oben dargelegten Gründen nicht sachgerecht, das ursprünglich als zweites projektierte Vorhaben weiterhin an dem Nachrang gegenüber dem ursprünglich ersten Vorhaben festzuhalten (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 42; Gatz, a.a.O., Rn. 495; Sittig, a.a.O., Rn. 217). Nichts anderes kann dann gelten, wenn die Konfliktbewältigung nicht durch gänzlichen Verzicht eines der beiden Vorhabenträger auf Realisierung seines Projekts, sondern durch Reduzierung des Anlagenbetriebs mittels Abschalt- bzw. Abregelungspflichten erreicht werden soll. Zwar steht es jedem Bauherrn frei, sein Vorhaben nach Einreichung eines ursprünglichen Antrags zu ändern und es in dieser geänderten Form zur Genehmigung zu stellen. Er muss dann allerdings auch die Konsequenz tragen, dass er im Verhältnis zu dem Konkurrenten, der keine Änderung an seinem Vorhaben vorgenommen hat, dann als nachrangig zu bewerten ist (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 1. Juni 2011, a.a.O., Rn. 42). Darüber hinaus musste der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgängerin auch spätestens nach Erlass der zu Lasten der Klägerin ergangenen ergänzenden Auflage vom 18. Juli 2008 klar sein, dass sich ihre Vorrangstellung nur auf die Genehmigung der Windenergieanlage vom Typ ENERCON E-66/20.70 bezog und sie Rücksichtnahmepflichten der Klägerin nur bei der Realisierung dieses Anlagentyps erwarten durfte.

57

c) Hinzu kommt, dass das Vertrauen der Beigeladenen in den Bestand ihrer ursprünglichen Vorrangstellung aufgrund Ablaufs der Geltungsdauer der ihr zunächst erteilten Genehmigungen nicht mehr schutzwürdig ist.

58

Während die Klägerin ihre mit Bescheid vom 28. September 2004 genehmigte Windenergieanlage vom Typ Enercon E-70 E4 zügig im Folgejahr errichtet hatte, ist auf dem Standort der WEA 7 mit der Verwirklichung des Vorhabens erst im Anschluss an die Änderungsgenehmigung vom 20. April 2012 für den Anlagentyp Enercon E-70 E4 begonnen worden. Zwar genoss das Vorhaben der WEA 7 zunächst Vorrang, weil für diesen Standort am 23. September 2002 ein positiver Bauvorbescheid (allerdings für eine – größer dimensionierte – WEA Nordex N 90; vgl. zur Vorrangwirkung auch eines bloßen Vorbescheids: OVG RP, Urteil vom 29. Januar 2015 – 1 A 10676/14.OVG –, BauR 2015, 1151 und juris, Rn. 25) und schließlich am 20. Juli 2004 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage vom Typ Enercon E-66/20.70 erteilt worden war. Wegen dieses Vorrangs hätte die Genehmigung der Anlage der Klägerin (letztlich durch die Tekturgenehmigung vom 28. September 2004) bereits von Beginn an nur unter der Auflage entsprechender Rücksichtnahmepflichten ergehen dürfen. Der Beklagte hat dies, nachdem er die Problematik der Turbulenzeffekte zunächst verkannt hatte, durch die ergänzende Auflage gegenüber der Klägerin vom 18. Juli 2008 nachgeholt.

59

(1) Indes konnte die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin einen Vorrang der WEA 7 nur für das vorrangig genehmigte Vorhaben und nur für die Dauer der Wirksamkeit der Baugenehmigung beanspruchen. Denn das durch die Baugenehmigung erworbene Baurecht, die genehmigte Anlage ungeachtet von Veränderungen der Sach- und Rechtslage so wie genehmigt errichten zu dürfen, gilt nur für die Dauer der Gültigkeit der Baugenehmigung. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 LBauO erlischt eine Baugenehmigung, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen wurde. Diese Frist kann zwar nach § 74 Abs. 2 Satz 1 LBauO verlängert werden. Ein solches Verlängerungsverfahren führt jedoch nur zu einer verfahrensmäßigen Erleichterung (etwa durch den Verzicht auf Vorlage neuer Bauunterlagen); in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Verlängerungsantrag wie ein Neuantrag zu behandeln (vgl. Jeromin, LBauO, 4. Aufl. 2016, § 74, Rn. 16 bis 18). Ist das innerhalb der Geltung der Ursprungsgenehmigung nicht realisierte Vorhaben im Verlängerungsverfahren aber an der dann aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen, so spricht der Grundsatz der Priorität und der Vorrang zugunsten des älteren Vorhabens dafür, das nunmehr zur Verlängerung anstehende Vorhaben als gegenüber der bereits vorhandenen Windenergieanlage nachrangig zu werten.

60

(2) Diese Erwägungen gelten gleichermaßen auch in Anwendung der Vorschriften zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die hier zunächst auf der Grundlage der Landesbauordnung genehmigten Windenergieanlagen unterfielen nämlich ab 1. Juli 2005 dem Regime des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beigeladene mit dem Verlängerungsbescheid vom 12. Juni 2008 nur im Besitz einer bis 20. Juli 2012 geltenden Genehmigung war. Auch bei dem Begehren auf bloße Verlängerung ihres ursprünglichen Vorhabens - statt dessen wesentlicher Änderung, wie hier - hätte die Beigeladene daher im Jahr 2012 den Nachrang gegenüber der bereits vorhandenen Anlage der Klägerin akzeptieren müssen.

61

Nach § 67 Abs. 9 Satz 1 LBauO gelten Baugenehmigungen für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m – wie hier –, die bis zum 1. Juli 2005 erteilt worden sind, ab diesem Zeitpunkt als Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die von dem Beklagten für die Fortgeltung des Baurechtsregimes in Anspruch genommene Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 15. September 2005 – 8 B 1074/05 –, NVwZ-RR 2006, 173) betrifft nur die Fortgeltung der sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung nach § 212a BauGB. Im Übrigen ist die ursprüngliche Baugenehmigung hingegen allein nach dem Regime des BImSchG zu beurteilen. Dies bedeutet, dass die ab 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigung geltende ursprüngliche Baugenehmigung allein nach den Voraussetzungen des § 18 BImSchG erlischt, die Erlöschungsregelung nach dem Bauordnungsrecht damit entfällt (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. August 2011 – 3 S 2439/09 –, NuR 2012, 277 und juris, Rn. 28; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 67 Rn. 43). Nach § 18 BImSchG gilt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zwar grundsätzlich zeitlich unbefristet; die Genehmigungsbehörde (hier ebenfalls die Kreisverwaltung, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 ImSchZuVO i.V.m. Anlage Nr. 1.1.1 Ziff. 4) ist jedoch nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG berechtigt, die Geltungsdauer auch der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu beschränken (vgl. VGH BW, ebenda). Dies ist hier – der Sache nach, wenn auch in Anwendung von Bauordnungsrecht – durch den Verlängerungsbescheid vom 12. Juni 2008 geschehen. Darin heißt es:

62

„Aufgrund Ihres Antrags vom 1. April 2008 wird hiermit die Baugenehmigung vom 20. Juli 2004 … um vier Jahre verlängert. Die Baugenehmigung gilt jetzt somit bis 20.07.2012.“

63

Aufgrund dieser Genehmigungslage konnte die Beigeladene bzw. ihre Rechtsvorgängerin nur darauf vertrauen, die ihr genehmigte Anlage bis Juli 2012 mit entsprechendem Vorrang hinsichtlich der Bewältigung der durch die Turbulenzeffekte der benachbarten Anlagen hervorgerufenen Konflikte verwirklichen zu können. Zwar hätte sie auch nach dem Regime des BImSchG die Möglichkeit gehabt, eine Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung zu beantragen. Nach § 18 Abs. 3 BImSchG kommt eine solche Verlängerung jedoch nur aus wichtigem Grunde in Betracht, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. Dies verlangt die Beurteilung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen auch aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklung im Einwirkungsbereich der Anlage und der sich hiernach zu beurteilenden Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft noch gegeben sind (vgl. Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, a.a.O., § 18 BImSchG, Rn. 31). Ist also auch nach Immissionsschutzrecht das innerhalb der Geltung einer Genehmigung nicht realisierte Vorhaben im Verlängerungsverfahren an der dann aktuellen Sach- und Rechtslage zu messen, ist es sachgerecht, dass es sich im Rahmen der Bewältigung des Abstandskonflikts gegenüber einem bislang zurückstehenden Zweitvorhaben nunmehr als nachrangig behandeln lassen muss.

64

d) Werden die von dem Beklagten für die Inanspruchnahme der Klägerin angestellten Erwägungen zur Bewältigung des Abstandskonflikts zwischen der WEA 2 und der WEA 7 den Anforderungen an eine sachgerechte Verteilung der damit verbundenen Lasten nicht hinreichend gerecht, so ist die mit Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegte Abschaltverpflichtung – ebenso wie der darauf beruhende Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 – aufzuheben. Damit findet der von dem Beklagten bereits in dem Genehmigungsbescheid an die Beigeladene vom 31. Mai 2013 aufgenommene Vorbehalt Anwendung, dass ihr gegenüber auch für den Abschaltsektor 147,1° +/- 32,7° Rücksichtnahmepflichten auferlegt werden müssen, falls die Klägerin aus rechtlichen Gründen von einer Abschaltverpflichtung frei wird (vgl. S. 2 und 3 des Bescheids, Bl. 144 der Behördenakte).

65

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

66

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

67

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil das Verfahren Gelegenheit gibt, die bei der Konkurrenz unverträglicher Windenergieanlagen aufgeworfenen Rechtsfragen, insbesondere nach der sachgerechten Lastenverteilung bei der Konfliktbewältigung, höchstrichterlich zu klären.

Beschluss

68

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 33.837,26 € festgesetzt (§§ 47, 52 GKG).

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

Dieser Teil des Gesetzes gilt für den Umgebungslärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land, in der Umgebung von Schulgebäuden, Krankenhäusern und anderen lärmempfindlichen Gebäuden und Gebieten ausgesetzt sind. Er gilt nicht für Lärm, der von der davon betroffenen Person selbst oder durch Tätigkeiten innerhalb von Wohnungen verursacht wird, für Nachbarschaftslärm, Lärm am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder Lärm, der auf militärische Tätigkeiten in militärischen Gebieten zurückzuführen ist.

(1) Werden die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten, hat die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufzustellen, welcher die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt und den Anforderungen der Rechtsverordnung entspricht. Satz 1 gilt entsprechend, soweit eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 zur Einhaltung von Zielwerten die Aufstellung eines Luftreinhalteplans regelt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

(2) Besteht die Gefahr, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegten Alarmschwellen überschritten werden, hat die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufzustellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Besteht die Gefahr, dass durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festgelegte Immissionsgrenzwerte oder Zielwerte überschritten werden, kann die zuständige Behörde einen Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufstellen, soweit die Rechtsverordnung dies vorsieht. Die im Plan festgelegten Maßnahmen müssen geeignet sein, die Gefahr der Überschreitung der Werte zu verringern oder den Zeitraum, während dessen die Werte überschritten werden, zu verkürzen. Ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen kann Teil eines Luftreinhalteplans nach Absatz 1 sein.

(3) Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1a festgelegten Immissionswerte nicht eingehalten werden, oder sind in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten, kann die zuständige Behörde einen Luftreinhalteplan aufstellen. Bei der Aufstellung dieser Pläne sind die Ziele der Raumordnung zu beachten; die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordnung sind zu berücksichtigen.

(4) Die Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte oder in einem Untersuchungsgebiet im Sinne des § 44 Absatz 2 zu sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen beitragen. Werden in Plänen nach Absatz 1 oder 2 Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich, sind diese im Einvernehmen mit den zuständigen Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden festzulegen. Werden Immissionswerte hinsichtlich mehrerer Schadstoffe überschritten, ist ein alle Schadstoffe erfassender Plan aufzustellen. Werden Immissionswerte durch Emissionen überschritten, die außerhalb des Plangebiets verursacht werden, hat in den Fällen der Absätze 1 und 2 auch die dort zuständige Behörde einen Plan aufzustellen.

(4a) Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs für Kraftfahrzeuge mit Selbstzündungsmotor kommen wegen der Überschreitung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in der Regel nur in Gebieten in Betracht, in denen der Wert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten worden ist. Folgende Kraftfahrzeuge sind von Verkehrsverboten ausgenommen:

1.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6,
2.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 4 und Euro 5, sofern diese im praktischen Fahrbetrieb in entsprechender Anwendung des Artikels 2 Nummer 41 in Verbindung mit Anhang IIIa der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 199 vom 28.7.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2017/1221 (ABl. L 174 vom 7.7.2017, S. 3) geändert worden ist, weniger als 270 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer ausstoßen,
3.
Kraftomnibusse mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
4.
schwere Kommunalfahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären, sowie Fahrzeuge der privaten Entsorgungswirtschaft von mehr als 3,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
5.
Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,5 Tonnen mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für ein Stickstoffoxid-Minderungssystem mit erhöhter Minderungsleistung, sofern die Nachrüstung finanziell aus einem öffentlichen Titel des Bundes gefördert worden ist, oder die die technischen Anforderungen erfüllen, die für diese Förderung erforderlich gewesen wären,
6.
Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro VI und
7.
Kraftfahrzeuge im Sinne von Anhang 3 Nummer 5, 6 und 7 der Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung vom 10. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2218), die zuletzt durch Artikel 85 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Im Einzelfall kann der Luftreinhalteplan im Fall des Satzes 2 Nummer 6 auch für diese Kraftfahrzeuge ein Verbot des Kraftfahrzeugverkehrs vorsehen, wenn die schnellstmögliche Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid anderenfalls nicht sichergestellt werden kann. Weitere Ausnahmen von Verboten des Kraftfahrzeugverkehrs, insbesondere nach § 40 Absatz 1 Satz 2, können durch die zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Vorschriften zu ergänzenden technischen Regelungen, insbesondere zu Nachrüstmaßnahmen bei Kraftfahrzeugen, im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung bleiben unberührt.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 aufzustellenden Pläne müssen den Anforderungen des § 45 Absatz 2 entsprechen. Die Öffentlichkeit ist bei der Aufstellung von Plänen nach den Absätzen 1 und 3 zu beteiligen. Die Pläne müssen für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

(5a) Bei der Aufstellung oder Änderung von Luftreinhalteplänen nach Absatz 1 ist die Öffentlichkeit durch die zuständige Behörde zu beteiligen. Die Aufstellung oder Änderung eines Luftreinhalteplanes sowie Informationen über das Beteiligungsverfahren sind in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. Der Entwurf des neuen oder geänderten Luftreinhalteplanes ist einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Stellung genommen werden; der Zeitpunkt des Fristablaufs ist bei der Bekanntmachung nach Satz 2 mitzuteilen. Fristgemäß eingegangene Stellungnahmen werden von der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Annahme des Plans angemessen berücksichtigt. Der aufgestellte Plan ist von der zuständigen Behörde in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt und auf andere geeignete Weise öffentlich bekannt zu machen. In der öffentlichen Bekanntmachung sind das überplante Gebiet und eine Übersicht über die wesentlichen Maßnahmen darzustellen. Eine Ausfertigung des Plans, einschließlich einer Darstellung des Ablaufs des Beteiligungsverfahrens und der Gründe und Erwägungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht, wird zwei Wochen zur Einsicht ausgelegt. Dieser Absatz findet keine Anwendung, wenn es sich bei dem Luftreinhalteplan nach Absatz 1 um einen Plan handelt, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Strategische Umweltprüfung durchzuführen ist.

(5b) Werden nach Absatz 2 Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen aufgestellt, macht die zuständige Behörde der Öffentlichkeit sowohl die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Durchführbarkeit und zum Inhalt solcher Pläne als auch Informationen über die Durchführung dieser Pläne zugänglich.

(6) Die Maßnahmen, die Pläne nach den Absätzen 1 bis 4 festlegen, sind durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Sind in den Plänen planungsrechtliche Festlegungen vorgesehen, haben die zuständigen Planungsträger dies bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

(7) Die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen werden ermächtigt, bei der Gefahr, dass Immissionsgrenzwerte überschritten werden, die eine Rechtsverordnung nach § 48a Absatz 1 festlegt, durch Rechtsverordnung vorzuschreiben, dass in näher zu bestimmenden Gebieten bestimmte

1.
ortsveränderliche Anlagen nicht betrieben werden dürfen,
2.
ortsfeste Anlagen nicht errichtet werden dürfen,
3.
ortsveränderliche oder ortsfeste Anlagen nur zu bestimmten Zeiten betrieben werden dürfen oder erhöhten betriebstechnischen Anforderungen genügen müssen,
4.
Brennstoffe in Anlagen nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
soweit die Anlagen oder Brennstoffe geeignet sind, zur Überschreitung der Immissionswerte beizutragen. Absatz 4 Satz 1 und § 49 Absatz 3 gelten entsprechend.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Unterlagen müssen die für die Entscheidung nach § 20 oder § 21 erforderlichen Angaben enthalten über

1.
die Anlagenteile, Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen, auf die sich das Genehmigungserfordernis gemäß § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erstreckt,
2.
den Bedarf an Grund und Boden und den Zustand des Anlagengrundstückes,
3.
das vorgesehene Verfahren oder die vorgesehenen Verfahrenstypen einschließlich der erforderlichen Daten zur Kennzeichnung, wie Angaben zu Art, Menge und Beschaffenheit
a)
der Einsatzstoffe oder -stoffgruppen,
b)
der Zwischen-, Neben- und Endprodukte oder -produktgruppen,
c)
der anfallenden Reststoffe
und darüber hinaus, soweit ein Stoff für Zwecke der Forschung und Entwicklung hergestellt werden soll, der gemäß Artikel 9 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/863 (ABl. L 144 vom 1.6.2016, S. 27) geändert worden ist, von der Registrierungspflicht ausgenommen ist,
d)
Angaben zur Identität des Stoffes, soweit vorhanden,
e)
dem Antragsteller vorliegende Prüfnachweise über physikalische, chemische und physikalisch-chemische sowie toxische und ökotoxische Eigenschaften des Stoffes einschließlich des Abbauverhaltens,
4.
die in der Anlage verwendete und anfallende Energie,
5.
mögliche Freisetzungen oder Reaktionen von Stoffen bei Störungen im Verfahrensablauf,
6.
Art und Ausmaß der Emissionen, die voraussichtlich von der Anlage ausgehen werden, wobei sich diese Angaben, soweit es sich um Luftverunreinigungen handelt, auch auf das Rohgas vor einer Vermischung oder Verdünnung beziehen müssen, die Art, Lage und Abmessungen der Emissionsquellen, die räumliche und zeitliche Verteilung der Emissionen sowie über die Austrittsbedingungen und
7.
die wichtigsten vom Antragsteller gegebenenfalls geprüften Alternativen in einer Übersicht.

(2) Soweit schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, müssen die Unterlagen auch enthalten:

1.
eine Prognose der zu erwartenden Immissionen, soweit Immissionswerte in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegt sind und nach dem Inhalt dieser Vorschriften eine Prognose zum Vergleich mit diesen Werten erforderlich ist;
2.
im Übrigen Angaben über Art, Ausmaß und Dauer von Immissionen sowie ihre Eignung, schädliche Umwelteinwirkungen herbeizuführen, soweit nach Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eine Sonderfallprüfung durchzuführen ist.

(3) Für Anlagen, auf die die Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen anzuwenden ist, müssen die Unterlagen über Absatz 1 hinaus Angaben enthalten über

1.
Art (insbesondere Abfallbezeichnung und -schlüssel gemäß der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis) und Menge der zur Verbrennung vorgesehenen Abfälle,
2.
die kleinsten und größten Massenströme der zur Verbrennung vorgesehenen Abfälle, angegeben als stündliche Einsatzmengen,
3.
die kleinsten und größten Heizwerte der zur Verbrennung vorgesehenen Abfälle,
4.
den größten Gehalt an Schadstoffen in den zur Verbrennung vorgesehenen Abfällen, insbesondere an polychlorierten Biphenylen (PCB), Pentachlorphenol (PCP), Chlor, Fluor, Schwefel und Schwermetallen,
5.
die Maßnahmen für das Zuführen der Abfälle und den Einbau der Brenner, so dass ein möglichst weitgehender Ausbrand erreicht wird und
6.
die Maßnahmen, wie die Emissionsgrenzwerte der Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und ähnliche brennbare Stoffe eingehalten werden.

(4) Der Bericht über den Ausgangszustand nach § 10 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes hat die Informationen zu enthalten, die erforderlich sind, um den Stand der Boden- und Grundwasserverschmutzungen zu ermitteln, damit ein quantifizierter Vergleich mit dem Zustand bei der Betriebseinstellung der Anlage vorgenommen werden kann. Der Bericht über den Ausgangszustand hat die folgenden Informationen zu enthalten:

1.
Informationen über die derzeitige Nutzung und, falls verfügbar, über die frühere Nutzung des Anlagengrundstücks,
2.
Informationen über Boden- und Grundwassermessungen, die den Zustand zum Zeitpunkt der Erstellung des Berichts über den Ausgangszustand nach § 10 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wiedergeben und die dem Stand der Messtechnik entsprechen; neue Boden- und Grundwassermessungen sind nicht erforderlich, soweit bereits vorhandene Informationen die Anforderungen des ersten Halbsatzes erfüllen.
Erfüllen Informationen, die auf Grund anderer Vorschriften erstellt wurden, die Anforderungen der Sätze 1 und 2, so können diese Informationen in den Bericht über den Ausgangszustand aufgenommen oder diesem beigefügt werden. Der Bericht über den Ausgangszustand ist für den Teilbereich des Anlagengrundstücks zu erstellen, auf dem durch Verwendung, Erzeugung oder Freisetzung der relevanten gefährlichen Stoffe durch die Anlage die Möglichkeit der Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht. Die Sätze 1 bis 4 sind bei einem Antrag für eine Änderungsgenehmigung nur dann anzuwenden, wenn mit der Änderung neue relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden oder wenn mit der Änderung erstmals relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden; ein bereits vorhandener Bericht über den Ausgangszustand ist zu ergänzen. § 25 Absatz 2 bleibt unberührt.

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24. Januar 2017 gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016 wird wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner zur Hälfte und die Beigeladenen zu 1) und zu 2) zu je einem Viertel.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der vorliegende Eilantrag ist zulässig und begründet.

2

Der Antrag ist gerichtet darauf, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24. Januar 2017 gegen die der A. B. Planung & Beratung: Windenergie in C. erteilte und auf die Beigeladenen anteilig übergegangene und für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016

für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen vom Typ Vestas V 126 mit einer Nabenhöhe von 166 m, einem Rotordurchmesser von 126 m und einer Nennleistung von 3,3 MW auf den Grundstücken Flur 2 Nr. 6/4 und Flur 8 Nr. 2/4 in Metzenhausen und Flur 3 Nr. 1 in der Gemarkung Ober Kostenz

wiederherzustellen.

3

Ein solcher Eilantrag ist nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Danach kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs eines Nichtbegünstigten gegen einen Dritte begünstigenden Verwaltungsakt auf Antrag wiederherstellen. Der vorliegende Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antrags- und in einem nachfolgenden Klageverfahren klagebefugt, denn ihr Anwesen D. 1 (Gemarkung Metzenhausen, Flur ... Nr. ...) liegt in relevanter Nähe zu den Immissionsorten 14, 15 und 23 (vgl. Gutachten E. vom 6. September 2016, S. 29 und Karte 6). Unter anderem an den genannten Immissionsorten 14 und 15 wird nach dem vorgenannten Gutachten der dort geltende Nachtwert von 40 dB(A) überschritten. Des Weiteren ist für die unmittelbar benachbarten Anwesen D. 2 und D. 3 eine Beschränkung des Schattenwurfs in die Genehmigung vom 27. Dezember 2016 (S. 16) aufgenommen worden, so dass auch für das Anwesen der Antragstellerin von relevanten Auswirkungen durch den Schattenwurf auszugehen ist. Danach ist die Antragstellerin zweifelsfrei in den von § 5 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geschützten Nachbarrechten betroffen.

4

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Zwar ist dem Rechtsbehelf nicht deshalb aufschiebende Wirkung beizumessen, weil die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Rede stehenden Genehmigung unzureichend wäre. Die Begründung genügt vielmehr den Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

5

Danach ist dann, wenn eine Behörde – wie hier – nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnet und damit einem dagegen gerichteten Widerspruch die aufschiebende Wirkung nimmt, das besondere Interesse an dieser Anordnung zu begründen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine auf den konkreten Fall abstellende und nicht lediglich formelhafte Darlegung, weshalb das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung eines etwaigen Widerspruchs zurückzutreten hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 22. Auflage 2016, § 80 Rn. 85; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. April 2012 – 1 B 10136/12.OVG –, juris, Rn. 11), wobei eine Prüfung des Inhalts der Darlegungen nicht an dieser Stelle erfolgt. Diesen formalen Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem Genehmigungsbescheid vom 27. Dezember 2016. Der Antragsgegner hat dort dargelegt, die Interessen potentieller Antragsteller hätten insbesondere deshalb zurückzustehen, weil Rechtsschutzverfahren gegen die Genehmigung keine Erfolgsaussichten hätten, insbesondere stünden natur-/artenschutzrechtliche Gründe der Genehmigung nicht entgegen.

6

Der vorliegende Eilantrag hat jedoch aus materiellen Erwägungen Erfolg. Denn die nach § 80 Abs. 5 VwGO vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Beigeladenen und des Antragsgegners und zu Gunsten der Antragstellerin aus.

7

Diese Interessenerwägung hat sich an dem öffentlichen Interesse sowie dem privaten Interesse einerseits der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs und andererseits dem der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung zu orientieren. Die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erlangen Bedeutung, wenn dessen Ergebnis eindeutig vorausgesehen werden kann. Ist ein Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so erscheint grundsätzlich die aufschiebende Wirkung geboten, weil weder ein öffentliches Interesse noch ein privates Interesse an der Vollziehung offenkundig rechtswidriger Verwaltungsakte besteht. Umgekehrt liegt die sofortige Vollziehung von Verwaltungsakten in der Regel dann im öffentlichen Interesse und auch im privaten Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung erkennen lässt, dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist und der eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.

8

Nach Maßgabe dieser Grundsätze haben die Interessen der Antragstellerin hier das Gewicht, das erforderlich ist, um ihrem Widerspruch die begehrte aufschiebende Wirkung zurückzugeben. Denn ihr Widerspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016 wird nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nach derzeitigem Stand Erfolg haben. Die Genehmigung verletzt die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten, so dass sie deren Aufhebung derzeit erstreiten könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

Die Antragstellerin kann gegen die Genehmigung vom 27. Dezember 2016 einwenden, sie sei unter Verletzung von Verfahrensbestimmungen ergangen, die sie rügen kann. So steht ihr die Befugnis zu – unabhängig vom Vorliegen einer Verletzung in eigenen Rechten – zu rügen, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung zu Unrecht nicht durchgeführt wurde (§ 4 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a Umweltrechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) (1.). Ihre Rüge ist derzeit sachlich begründet, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und eine erforderliche UVP deshalb zu Unrecht unterblieben ist (2.). Dieser Verfahrensverstoß führt – sofern keine wirksame Nachholung erfolgt – in einem Widerspruchs- oder nachfolgenden Klageverfahren zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung, ohne dass es auf das Vorliegen einer Verletzung der Antragstellerin in eigenen materiellen Rechten ankommt (3.).

10

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 –, juris Rn. 41, m.w.N.), der sich das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13. Mai 2014 – 8 B 10342/14.OVG –, juris, Rn. 21) angeschlossen hat, kann auch ein Dritter nach § 4 Abs. 3 UmwRG – obwohl die UVP nur dem Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit dient – im Rahmen eines zulässig erhobenen Rechtsbehelfs die fehlende UVP rügen. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO – wie hier der Antragstellerin – für entsprechend anwendbar erklärt, begründet er nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30.10 –, NVwZ 2012, 573 und juris, Rn. 20).

11

2. Für das Vorhaben der Beigeladenen, das dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterliegt (a.), ist vor Erteilung der angefochtenen Genehmigung vom 27. Dezember 2016 eine den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG genügende UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden (b.). Dieser Verfahrensfehler ist bisher nicht geheilt worden (c.).

12

a. Nach § 3b Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) bestand in dem vorliegenden Fall (Errichtung von 3 Windkraftanlagen) Anlass für eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c Satz 1, 3 und 4 UVPG. Nach Nr. 1.6 der Liste UVP-pflichtiger Vorhaben (Anlage 1 UVPG) ist bei 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen eine standortbezogene Vorprüfung und von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung erforderlich; ab 20 Windkraftanlagen muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Nach Nr. 17.2 der Anlage 1 UVPG ist bei einer Rodung von 1 Hektar bis weniger als 5 Hektar Wald eine standortbezogene Vorprüfung, bei einer Rodung von 5 bis weniger als 10 Hektar Wald eine allgemeine Vorprüfung und bei einer Rodung von mehr als 10 Hektar Wald eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen.

13

Hier war eine allgemeine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchzuführen. Nach § 3c Satz 5 UVPG gelten die Regelungen des § 3b Abs. 2 und 3 UVPG auch, wenn mit einer neu hinzutretenden Anlage die Werte überschritten werden, nach denen eine standortbezogene oder allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach der Anlage 1 zum UVPG erforderlich wird. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Windenergieanlagen in einem Abstand so zueinander stehen, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Von einem solchen Abstand ist auszugehen, wenn die Anlagen in einem Abstand von weniger als dem Zehnfachen des Rotordurchmessers (vgl. BayVGH, Urteil vom 12. Januar 2007 – 1 B 05.3387 u.a. –, juris) aufgestellt werden sollen. Dann handelt es sich sowohl nach der Nr. 1.6 der Anlage zum UVPG als auch im Hinblick auf die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvorschriften (Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV) – unabhängig von der Identität der Genehmigungsinhaber bzw. Antragsteller – um eine Windfarm (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 – 4 C 9/03 – NVwZ 2004, 1235). Insbesondere bilden hier die Windenergieanlagen D und E mit 11 weiteren Windenergieanlagen im Bereich von Ober und Nieder Kostenz nach der Karte 1 (Anlage zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 15. März 2017) eine Windfarm. Der Einwirkungsbereich der Windenergieanlage C überschneidet sich mit fünf weiteren Anlagen im Bereich zwischen Metzenhausen, Kludenbach und Reckershausen sowie mit denen einiger der genannten Windenergieanlagen in Ober und Nieder Kostenz, wovon eine weniger als 1260 m (10-facher Rotordurchmesser) von der Windenergieanlage C entfernt liegt. Danach liegt hier zweifellos eine (durch Lückenschluss zusammengeführte) Windfarm mit 19 Windenergieanlagen vor. Von diesen 19 Windenergieanlagen sind lediglich vier Anlagen (in der Nähe von Kludenbach) auf der Grundlage einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt worden.

14

Insoweit folgt die Kammer nicht der Rechtsprechung des Bay. Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 10. Februar 2016 – 22 ZB 15.2329 – juris), der auf Windkraftanlagen die zu § 3b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UVPG im Hinblick auf Schweinemastställe ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2015 – 4 C 4/14 – BVerwGE 152, 219; Urteil vom 17. Dezember 2015 – 4 C 7/14 u.a. – BVerwGE 153, 361) unmittelbar übertragen will. Dem stehen nach Auffassung der Kammer schon die Regelungen der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV und der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG entgegen, die bei Windkraftanlagen gerade nicht die technische und betriebliche Zusammenfassung und Verbindung mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen fordern, um sie zu einer Windfarm zusammenzufassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.). Vielmehr ist bei Windkraftanlagen gerade die für sonstige technische Anlagen typische und betriebswirtschaftlich sinnvolle Zusammenfassung auf einem Betriebsgelände oder in unmittelbarer Nähe nicht sachgerecht, weil es dabei ggf. zu gegenseitigen Beeinträchtigungen der Anlagen durch Verringerung der Windausbeute, Kumulation der Immissionen und ggf. zu Turbulenzen einschließlich der Beeinträchtigung der Standsicherheit etc. kommen kann (vgl. Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 29. Januar 2015 – 1 A 10676/14.OVG und Urteil der Kammer vom 14. Oktober 2014 – 4 K 1188/13.KO). Im Übrigen haben Windenergieanlagen i.d.R. keinen hohen Instandhaltungs- sowie Ver- und Entsorgungsaufwand, so dass eine häufige oder gar tägliche Betreuung vor Ort nicht üblich ist und an die erschließenden Straßen nur für die Bauphase höhere Ansprüche zu stellen sind. Wasser- oder Abwasseranschlüsse sind nicht erforderlich. Für die Ableitung der Energie sind selbständige Regelungen in Nr. 19.1 der Anlage 1 zum UVPG enthalten; zudem können hier fremde Einrichtungen genutzt werden, die nicht notwendig zur Anlage gehören (vgl. die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes und des Erneuerbaren Energien-Gesetzes). Daher stellen Windenergieanlagen in erster Linie sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen dar, die ggf. in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen (§ 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG; „Windfarm“: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.).

15

Danach war eine allgemeine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchzuführen. Es bedarf keiner vertieften Prüfung, ob eine solche Pflicht nicht auch nach Nr. 17.2 der Anlage 1 zum UVPG in Verbindung mit § 3c Satz 5 und § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG bestand. Im Hinblick auf die genehmigte dauerhafte Rodung von 1,3 ha Wald (S. 9 der Genehmigung vom 27. Dezember 2016) bestand nach der vorgenannten Vorschrift eine (gleichrangige) Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung. Ob sich durch Zusammenrechnen der Rodungsflächen von weiteren 12 noch nicht UVP-geprüften Anlagen ebenfalls eine Pflicht zur allgemeinen Vorprüfungspflicht im Einzelfall (ab 5 ha bis 10 ha) ergab, ist nach dem zuvor Ausgeführten in dem vorliegenden Eilverfahren nicht aufklärungsbedürftig.

16

Die Pflicht zur Durchführung der allgemeinen Vorprüfung folgt allerdings nicht unmittelbar aus § 3e Abs. 1 UVPG. Danach besteht die Pflicht zur Durchführung einer UVP auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als Solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (Nr. 1) die in der Anlage 1 zum UVPG für Vorhaben der Spalte 1 angegebenen Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (Nr. 2) eine Vorprüfung des Einzelfalls i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVPG keine UVP durchgeführt worden ist. Die Vorschrift erfasst damit nur den Fall, dass für das Grundvorhaben, das geändert oder erweitert werden soll, als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht (vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3e UVPG, Rn. 9).

17

Handelt es sich – wie hier – immissionsschutzrechtlich um eine Windfarm, so ist diese auch nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG als eine Anlage zu behandeln (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.). Danach sind die zur Genehmigung gestellten drei Windkraftanlagen wie eine Änderung oder Erweiterung eines nicht UVP-pflichtigen Vorhabens zu behandeln. Auf den Fall einer nachträglichen Kumulation von Vorhaben, die für sich allein nicht UVP-pflichtig oder vorprüfungspflichtig sind, die zusammen aber die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte überschreiben, findet nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (– 4 C 4/14 –, BVerwGE 152, 219, Leitsatz 1 und juris, Rn. 16) § 3b Abs. 2, 3 UVPG analog (ggf. i.V.m. § 3c Satz 5 UVPG) Anwendung. Die UVP-Pflichtigkeit des Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens richtet sich entweder nach § 3b Abs. 3 UVPG (Hineinwachsen in die UVP-Pflicht durch erstmaliges Erreichen oder Überschreiten des Größen- oder Leistungswertes eines „X-Vorhabens“ nach Spalte 1 der Anlage 1 des UVPG) oder nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG(Hineinwachsen in Prüfwerte eines „A-“ oder „S-Vorhabens“ nach Spalte 2 der Anlage 1 des UVPG; vgl. dazu Sangenstedt, § 3e, Rn. 9).

18

Vorliegend ist § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG anzuwenden. Diese Vorschriften regeln die UVP-Pflicht bei Änderung oder Erweiterung kleinerer nicht UVP-pflichtiger Vorhaben; gemeint sind Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben mit denen „X-Schwellenwerte“, die eine obligatorische UVP-Pflicht auslösen, nicht erreicht oder überschritten werden. Die Vorschrift macht die Notwendigkeit einer UVP auch in diesen Fällen vom Ergebnis einer allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 oder 2 UVPG abhängig. Gegenstand der Vorprüfung sind dabei die Umweltauswirkungen des geänderten oder erweiterten Vorhabens, wobei nach Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG ergänzend auch Vorbelastungen durch andere Vorhaben zu berücksichtigen sind (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3c, Rn. 41).

19

Bei einer Änderung des (lediglich vorprüfungspflichtigen) Ausgangsvorhabens in Form der Erweiterung der Windfarm um drei weitere Anlagen (vgl. zur Anwendung des maßgeblichen Fachrechts: Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3c, Rn. 9) ist Gegenstand der UVP-Vorprüfung die Anlage in ihrem geänderten Zustand. Sind nämlich in dem auch hier vorliegenden Falle einer Änderung eines bei seiner Zulassung nicht UVP-pflichtigen Vorhabens die Vorbelastungen des Grundvorhabens insgesamt noch nicht Gegenstand einer UVP gewesen, so dass bei der Vorprüfung des Änderungsvorhabens nicht auf Erkenntnisse aus einem früheren UVP-Verfahren zurückgegriffen werden kann, so ist es zur Erfüllung des Zwecks der Vorprüfung unerlässlich, dass die potentiellen Umwelteinwirkungen des Grundvorhabens, d.h. der früher ohne die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigten Anlagen in der Windfarm, einbezogen werden. Diese Vorbelastungen sind daher von der Behörde ebenso zu ermitteln wie mögliche zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen, die erst durch das Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben selbst ausgelöst werden. Ergibt die Vorprüfung, dass solche zusätzlichen oder anderen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, hängt deren Erheblichkeit wiederum davon ab, ob ihnen bei einer umweltzentrierten, am Ziel wirksamer Umweltvorsorge orientierten Bewertung nach den Maßstäben des einschlägigen Fachrechts Genehmigungsrelevanz zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn – wie hier – die Zulassung wegen spezifischer Umweltrisiken der Änderung oder Erweiterung versagt oder mit Schutzauflagen versehen werden könnte (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3e, Rn. 30).

20

Dass bei genehmigungsbedürftigen Änderungen eines Vorhabens die Anlage in geändertem Zustand (und nicht nur die Änderung isoliert) Gegenstand des Verfahrens zu sein hat, entspricht im Übrigen allgemeinen Grundsätzen im Fachrecht (vgl. etwa zum Baugenehmigungsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2000 – 4 B 106.99 –, NVwZ 2000, 1047 und juris, Rn. 2, m.w.N.; zum Verfahren nach § 16 BImSchG: Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, § 16 BImSchG, Rn. 158, m.w.N.).

21

b) Die vom Beklagten im Genehmigungsverfahren unter dem 25. November 2016 durchgeführte allgemeine UVP-Vorprüfung des Einzelfalls genügt nicht den nach Maßgabe des § 3a Satz 4 UVPG vom Gericht zu prüfenden Anforderungen.

22

Die rechtlichen Anforderungen an eine UVP-Vorprüfung ergeben sich im Wesentlichen aus § 3c Satz 1 UVPG. Danach ist – sofern (wie hier für das vorliegende Änderungsvorhaben) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist – eine UVP durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Gemäß § 3c Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen auch zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Nach § 3c Satz 4 UVPG ist bei der allgemeinen Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe und Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.

23

Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion beschränkt sich die Vorprüfung in ihrer Prüfungstiefe auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche UVP nicht vorwegnehmen darf. Andererseits darf sich die Vorprüfung aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen; bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (st. Rspr.; vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 25 sowie Urteil vom 25. Juni 2014 – 9 A 1.13 –, BVerwGE 150, 92 und juris, Rn. 18, jeweils m.w.N.).

24

Nach wohl herrschender Meinung ist dabei von einer strukturellen Zweistufigkeit des behördlichen Untersuchungsprogramms auszugehen. Die Behörde hat zunächst – auf der Sachverhaltsebene – die zu erwartenden Umweltauswirkungen zu ermitteln; dabei kommt dem nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG maßgeblichen Kriterienkatalog der Anlage 2 zum UVPG eine wesentliche Hilfsfunktion für eine systematische und strukturierte Zusammenstellung und Aufbereitung des Sachverhalts nach Art einer – allerdings nicht abschließenden – „Checkliste“ zu (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG, Rn. 9 ff.; HessVGH, Beschluss vom 24. August 2016 – 9 B 974/16 – juris). In einem zweiten Schritt hat die Behörde – auf normativer Ebene – eine Bewertung der ermittelten Umweltauswirkungen anhand rechtlicher Maßstäbe vorzunehmen (vgl. Sangenstedt, a.a.O.; zur „wertenden Betrachtung“ auch BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014, a.a.O., Rn. 29). Wie die Bezugnahme von § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG auf § 12 UVPG verdeutlicht, ergeben sich die an den ermittelten Vorprüfungssachverhalt anzulegenden Bewertungsmaßstäbe aus den geltenden Gesetzen „im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge“; damit sind die fachgesetzlichen Bestimmungen angesprochen, die für die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sind, soweit sie Umweltbelange betreffen und auf die Verwirklichung umweltbezogener Ziele gerichtet sind (vgl. Sangenstedt, a.a.O., Rn. 25 f.).

25

Allerdings unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Fest-stellung, dass eine UVP unterbleiben soll, gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt wurde und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfergebnisses verdeutlicht, dass der Behörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht. Es hat daher nur eine gerichtliche Plausibilitätskontrolle stattzufinden, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 31.10 –, a.a.O., Rn. 29; zur Nichtberücksichtigung von Erkenntnissen nach dem Stichtag der UVP-Vorprüfung auch BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 2015 – 22 CS 15.686 –, UPR 2015, 39 und juris, Rn. 39).

26

Auch zur Sicherung der gerichtlichen Kontrolle der Ergebnisse der Vorprüfung ist diese nach § 3c Satz 6 UVPG sowohl hinsichtlich der Durchführung als auch hinsichtlich des Ergebnisses zu dokumentieren (zur Ratio der Norm vgl.: Dienes, in: Hoppe/Bergmann, a.a.O., § 3c Rn. 21; Sangenstedt, a.a.O., § 3c Rn. 30). Anhaltspunkte für diese Dokumentationspflicht gibt der Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalles im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten des Bund-Länder-Arbeitskreises „UVP“ (Endfassung 14. August 2003, auf der Internetseite www.bmub.bund.de verfügbar), dessen Nr. 2.5 wie folgt lautet:

„Die zuständige Behörde dokumentiert das Ergebnis der Vorprüfung des Einzelfalls in einem allgemein zugänglichen Protokoll in begründeter und inhaltlich nachvollziehbarer Weise (u.a. für ggf. erfolgende gerichtliche Kontrolle bzw. Beschwerdeverfahren bei der Europäischen Kommission). Dabei sollte auf Folgendes eingegangen werden:

- Daten und Informationsgrundlage

(Unterlagen, die der Vorprüfung zu Grunde liegen)

- Rechtsgrundlagen

(Anlass für die Vorprüfung; Zuordnung des Vorhabens zur Anlage 1 des UVPG und Zuordnung zu den entsprechenden Paragraphen, die das Erfordernis der Vorprüfung des Einzelfalls begründen.)

- Sachverhaltsdarstellung:

(a) Überschlägige Beschreibung der relevanten Merkmale des Vorhabens (Träger des Vorhabens; Art des Vorhabens; Anlass der Vorprüfung; kumulierende Vorhaben; Größe des Vorhabens)
(b) Überschlägige Beschreibung der relevanten Merkmale des Standortes
(c) Beschreibung der nachteiligen Umweltauswirkungen

(Überschlägige Beschreibung der nachteiligen Umweltauswirkungen auf Grundlage einer Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standortes

- Einschätzung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vorliegen können:

(a) Überschlägige Einschätzung für jede Umweltauswirkung, ob sie erheblich sein kann (Einschätzung der Erheblichkeit der nachteiligen Umweltauswirkungen nach § 3c Abs. 1 UVPG)
(b) Abschließende Gesamteinschätzung

(Zusammenführung der Einzeleinschätzungen zu einer Gesamteinschätzung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann oder nicht; Darlegung der Berücksichtigung der Kriterien der Anlage 2 zum UVPG und des Kriteriums des § 3c Abs. 1 Satz 4 UVPG); Entscheidung, ob eine UVP erforderlich ist oder nicht.“

27

Die Durchführung der UVP-Vorprüfung vom 25. November 2016 und ihr Ergebnis sind indessen nicht i.S.v. § 3a Satz 4 UVPG nachvollziehbar dokumentiert worden. Der Vermerk lautet:

„Im oben genannten Genehmigungsverfahren konnte auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verzichtet werden.

Grundlage für die Feststellung, dass keine UVP erforderlich ist, ist das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, die der Antragsteller in Auftrag gegeben hat, sowie die weiteren Gutachten, die zur Beurteilung der Umweltauswirkungen geeignet sind.

Im vorliegenden Fall überschneiden sich die Einwirkbereiche von 19 Windenergieanlagen (incl. der 3 beantragten). Vier dieser 19 Windenergieanlagen waren Teil einer UVP. In der näheren Umgebung, in einem Umkreis von unter 3 km besteht eine Vorbelastung durch 17 Windenergieanlagen, von denen 5 Teil einer UVP waren.

Aufgrund der Größe des Vorhabens war somit eine UVP gem. Ziffer 1.6.1 der Anlage 1 nicht durchzuführen.“

28

Anschließend werden die Kriterien nach UVPG Anlage 2 abgearbeitet mit der Schlussfolgerung:

„Die vorangehenden Aussagen führen zu dem Ergebnis, dass der Standort hinsichtlich der Nutzungs-, der Qualitäts- und der Schutzkriterien mit geringen bis mäßigen Qualitätsmerkmalen ausgestattet ist. Dementsprechend sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch das Planungsvorhaben nach derzeitigem Kenntnisstand auf diese Schutzgüter nicht zu erwarten. Dementsprechend ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung in vorliegenden Fall nicht notwendig.“

29

Die vorgenannte UVP-Vorprüfung ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden.

30

aa. Schon die Dokumentation der der Vorprüfung zugrunde gelegten Erkenntnisse ist unzureichend. So ist beispielsweise nicht erkennbar, ob etwa das Schreiben der SGD Nord vom 19. Oktober 2016 bei der Bewertung der Schallemissionen oder des Schattenwurfs berücksichtigt wurde.

31

bb. Das Ergebnis beruht zudem jedenfalls im Hinblick auf das Schutzgut „Mensch“ bzw. „menschliche Gesundheit“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) auf einer unzureichenden Ermittlung der Betroffenheit dieses Schutzguts. Die sehr knapp gefasste UVP-Vorprüfung vom 25. November 2016 geht nicht ausdrücklich auf die Frage der Auswirkungen des geänderten Vorhabens insbesondere durch Lärmimmissionen auf das Schutzgut „menschliche Gesundheit“ ein. Soweit sie sich konkludent auf die im maßgeblichen Zeitpunkt der Vorprüfung vorliegende (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 2015, a.a.O., Rn. 33), vom Vorhabenträger mit dem Änderungsantrag eingereichte schalltechnische Untersuchung der Fa. E. vom 6. September 2016 stützt, war dies keine ausreichende Grundlage für eine hinreichende Prüfung des betroffenen Schutzguts. Denn diese Untersuchung betrachtet nur die Verschärfung der Situation durch die drei Windkraftanlagen der Beigeladenen im Hinblick auf die erwartende Zusatzbelastung (vgl. unter Nr. 1 Aufgabenstellung). Wie oben bereits ausgeführt, kommt es bei der UVP-Vorprüfung eines Vorhabens zur Ergänzung einer Windfarm auf die zutreffende Erfassung der Gesamtbelastung, d.h. hier der zu erwartenden Umweltauswirkungen der im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung bereits bestehenden und noch keiner UVP unterzogenen 12 Windkraftanlagen, an. Bei der Lärmprognose ist zudem die Vorbelastung durch weitere genehmigte (Windenergie- und sonstige) Anlagen im näheren Umfeld zu berücksichtigen. Da die Windfarm als eine immissionsschutzrechtliche Anlage anzusehen ist, ist auch die Immissionsberechnung so durchzuführen, dass sie auf die Erweiterung einer vorhandenen Windfarm, nicht auf den Hinzutritt einer neuen, davon getrennt zu sehenden Anlage ausgerichtet ist. Daten für die Belastung durch die Gesamtheit der 19 Anlagen der Windfarm sind von den Gutachtern nicht gesondert genannt worden, so dass der von dem Gutachten in den Vordergrund gestellten Beurteilung der Nr. 3.2.1 der TA Lärm eine taugliche Prognosegrundlage fehlt. Die Gutachter sind schon insoweit von einem fehlerhaften Anlagenbegriff ausgegangen, so dass die vorgelegte Prognose mangels Angabe der relevanten Daten insoweit nicht verwertbar ist.

32

Zudem ist die Kammer für das vorliegende Eilverfahren der Auffassung, dass die Nr. 3.2.1. der TA-Lärm fehlerhaft angewendet wurde. Dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass eine Überschreitung von 1,4 statt um 1 dB(A) unschädlich sei. Ebenso ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, dass bei ihrer Anwendung die hier festgestellte Überschreitung irrelevant sei, vielmehr heißt es lediglich, die Genehmigung solle im Hinblick auf die Vorbelastung „nicht versagt werden, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt“. Eine solche Sicherstellung ist weder dem Gutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 noch den Antragsunterlagen oder gar einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den beteiligten Anlagenbetreibern zu entnehmen. Die von den Gutachtern behaupteten Rundungsregelungen für die Werte finden sich in der TA Lärm (anders als etwa in der TA Luft) nicht, so dass die Abrundung der Überschreitung von (schädlichen) 1,4 dB(A) auf (von der Behörde nach Nr. 3.2.1 TA Lärm noch tolerierbaren) 1 dB(A) nicht zulässig ist (vgl. VG München, Urteil vom 17. April 2012 – M 1 K 11.6078 – juris Rn. 29, und Urteil vom 20. April 2015 - M 8 K 13.2272 – juris Rn. 73). Es bedarf danach keiner näheren Analyse, inwieweit bei einem noch nicht bebauten, jedoch wirksam geplanten Baugebiet („Aufm Acker“) eine schallabschirmende Wirkung angenommen werden kann.

33

Im Übrigen genügen die in diesem Gutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 vorgeschlagenen Werte, die als Modifikation des Genehmigungsantrags anzusehen sind, selbst nach Auffassung des Antragsgegners nicht den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen zum Schutz vor Lärm. Dort ist auf Seite 32 das Ergebnis in folgender Tabelle festgehalten:

34

Abbildung
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35

Die SGD Nord hat in ihrem Schreiben vom 19. Oktober 2016 (Eingang beim Antragsgegner am 24. Oktober 2016) folgendes gefordert:

36

Abbildung
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37

Danach muss der Nachtwert der Emissionen um 1,7 dB(A) verringert werden, was in der Genehmigung vom 27. Dezember 2016 auch so umgesetzt wurde. Damit konnte der Antragsgegner im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht davon ausgehen, dass hier durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen insoweit Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden (§ 3c Satz 3 UVPG), da die immissionsschutzrechtliche Fachbehörde eine weitere Verringerung rechtlich für erforderlich gehalten hat.

38

Maßstab für die – im Rahmen einer UVP-Vorprüfung überschlägig zu klärende – Frage, ob von einem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen können (§ 3c Satz 1 UVPG), ist das jeweils einschlägige Fachrecht. Bei einem Vorhaben zur Änderung einer nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage, von der schädliche Umweltauswirkungen unter anderem durch Lärmimmissionen ausgehen können, ist dies insbesondere § 16 Abs. 1 i.V.m. §§ 4 ff. BImSchG. In Konkretisierung des Schutzgrundsatzes des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen unter anderem auch für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, sind bei der Prüfung von Anträgen auf Änderung einer solchen Anlage für die Ermittlung und Bewertung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche die Vorschriften der Technischen Anleitung (TA) Lärm zu beachten (vgl. Nr. 1 Abs.3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) TA Lärm). Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist im Rahmen der Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche im Regelfall – vorbehaltlich besonderer Regelungen in den Absätzen 2 bis 5 – sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm nicht überschreitet. Diese setzt sich – sofern wie vorliegend im Einwirkungsbereich der Anlage neben den Geräuschen durch die zu beurteilende Anlage auch andere Anlagengeräusche auftreten – aus der Vorbelastung durch diese Anlagen und die (prognostisch zu ermittelnde) Zusatzbelastung der zu beurteilenden Anlage zusammen (vgl. Nr. 2.4 TA Lärm; zum Ganzen auch: Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, TA Lärm 3.1, Rn. 10).

39

Danach beruht die UVP-Vorprüfung vom 25. November 2016 auf einer unzutreffenden Ermittlung der von der Anlage ausgehenden Belastung, da diese lediglich mit den drei zur Genehmigung anstehenden Windenergieanlagen und nicht mit der gesamten Windfarm angenommen wird.

40

Im Übrigen fehlt für die Bewertung der Gesamtbelastung auch eine Einbeziehung des nördlich von Kirchberg gelegenen Industriegebiets, welches als Immissionsort, nicht aber als Ausgangspunkt von Immissionen berücksichtigt wurde.

41

Es bedarf hier keiner weiteren Klärung, ob das Gutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 etwa erst durch die rechnerische Berücksichtigung einer Bodendämpfung für die bestehenden/genehmigten und die zur Genehmigung anstehenden (232 m hohen) Windkraftanlagen zu der angenommenen knappen Einhaltung der Nachtwerte gelangt ist (vgl. dazu auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 – juris). Ebenso kann dahingestellt bleiben, dass hier die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB(A) unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes nicht berücksichtigt wurden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden oder hier für die Immissionspunkte 18 und 21 dazu führen würden, dass nicht von einem Beurteilungspegel für die Nacht von (nach Auffassung der Gutachter zulässigen) 41,4 dB(A), sondern von in jedem Fall unzulässigen 41,5 dB(A) auszugehen wäre, braucht im vorliegenden Eilverfahren nicht entscheiden zu werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 – juris).

42

Weiterhin bedarf es keiner Entscheidung über die zutreffende Erfassung der von der Lärmimmissionsgesamtbelastung zumindest potentiell betroffenen Immissionsorte (Nr. 2.3 Abs. 1 der TA Lärm i.V.m. Anhang 1.3; vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV. TA Lärm 3.1, Nr. 2, Rn. 19).

43

bb) Hinsichtlich des Schutzgutes Mensch wäre ebenso die Wirkung des Schattenwurfes – insbesondere auch im Hinblick auf die Antragstellerin – weiter aufzuklären gewesen. Die beiden Nachbarhäuser D. 2 und D. 3 sind nach dem Gutachten A. B. vom 22. August 2016, S. 14, zweifelsfrei vom Schattenwurf so massiv betroffen, dass bezüglich dieser Immissionsorte Auflagen in die Genehmigung aufgenommen wurden. Die Zahl der astronomisch möglichen Schattentage wurde für das Haus D. 2 mit (Vorbelastung 82 + Zusatzbelastung 106) = 188 und für das Haus D. 4 mit (Vorbelastung 101 + Zusatzbelastung 107) = 206 angenommen bei einer astronomisch möglichen Gesamtbelastung von mehr als 53 bzw. mehr als 62 Stunden und die tägliche Höchstzeit mit jeweils 29 Minuten. Danach dürfte auch das Haus der Antragstellerin in einem relevanten Bereich der Belastung liegen, so dass es nicht ohne besonderen Grund bei der Erhebung der immissionsbelasteten Orte unberücksichtigt bleiben durfte. Gleiches dürfte für das durch Bebauungsplan festgesetzte allgemeine Wohngebiet „Aufm Acker“ in Metzenhausen gelten, welches – anders als im Schallgutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 – überhaupt nicht berücksichtig wurde. Im Übrigen liegen mehrere Immissionsorte schon nach der Vorbelastung über dem zulässigen Wert (Gutachten A. B. vom 22. August 2016, S. 14f.), so dass die Annahme der Vorprüfung, „Um das zulässige Maß nicht zu überschreiten, sind Betriebseinschränkungen vorgesehen“, die Sachlage nicht trifft. Darüber hinaus sind Gesamtbelastungen bei einer Reihe von Immissionsorten zu befürchten, die über dem zulässigen Maß liegen. Eine Vielzahl von Immissionsorten werden nach dem Genehmigungsbescheid vom 27. Dezember 2016, S. 16, vor einer nicht mehr zulässigen Beschattung geschützt, die Immissionsorte SR01, SR15 und SR16 dürfen überhaupt nicht beschattet werden. Danach ist eine Erheblichkeit der Auswirkungen durch den Schattenwurf ohne Zweifel anzunehmen.

44

Eine bedrängende Wirkung für zum Teil nur etwas mehr als 600 m von den 232 m hohen Anlagen entfernt gelegene Wohnhäuser wurde in der Vorprüfung nicht in Erwägung gezogen oder gar geprüft. Hier hätte eine Einzelfallprüfung für eine optisch unzumutbare Beeinträchtigung nahegelegen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. März 2011 – 8 A 11215/10.OVG – NVwZ-RR 2011, 438; Beschluss der Kammer vom 23. Oktober 2013, – 4 L 914/13.KO –), da Wohnhäuser in einer geringeren Entfernung als der dreifachen Anlagenhöhe (696 m) betroffen sind. Es bedarf ggf. einer näheren Prüfung, ob nicht auch in weiterer Entfernung liegende Häuser in die Betrachtung einbezogen werden müssen im Hinblick auf eine mögliche kumulierende Wirkung etwa der Windenergieanlagen C und D oder anderer optisch nahe zusammenstehender Anlagen.

45

cc) Weiterhin wurde auch das Schutzgut Natur nicht ausreichend berücksichtigt. Dies würde selbst dann gelten, wenn man mit den Beigeladenen unterstellte, dass hier nur eine standortbezogene Vorprüfung vorzunehmen gewesen wäre. Diese Prüfung hätte zumindest zum Gegenstand haben müssen, ob ein besonders empfindliches Gebiet gemäß Anlage 2 Ziffer 2.3 des UVPG betroffen ist. Wie sich aus dem UVP-Vorprüfungsvermerk vom 25. November 2016 (Bl. 73) ergibt, ist einem Teil des Vorhabengebietes (Eichen-Buchen-Wald W Metzenhausen, BT-6010-0125-2009) gemäß der Beplanung vernetzter Biotopsysteme eine besondere regionale Bedeutung für den Biotopverbund zuzuordnen. Dies ist auch in dem landespflegerischen Begleitplan E. 2016 so aufgeführt, dort ist die Biotopnummer angegeben. Bei einer näheren Betrachtung der geplanten Aufstellorte der Windkraftanlagen und der hierfür notwendigen Bau- und Aufstell- sowie Betriebsflächen ist erkennbar, dass die Aufstellung der Windkraftanlage Metzenhausen D zumindest unmittelbar an dieses Gebiet heranragt, wenn nicht sogar zu einer zeitweisen Rodung eines Teils dieses Gebietes (für die Kranaufstellflächen) führen soll. Jedenfalls wird der Rotor einen Teil dieses Gebietes überstreichen, ohne dass an irgendeiner Stelle der Antragsunterlagen die Notwendigkeit eines derart nahen Heranrückens an das Gebiet bzw. einer Beeinträchtigung dieses Gebietes kenntlich gemacht wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob hier ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorliegt, da dieser Eingriff insoweit ohne Weiteres vermeidbar ist. Eine Verlegung sowohl der temporären Montageflächen aus diesem Bereich wie auch eine Verschiebung des Windrades in einer Form, dass eine Beeinträchtigung dieses Biotops nicht mehr erfolgt, scheint nach den vorliegenden Karten möglich zu sein. Es kann ebenso dahingestellt bleiben, ob in der hier beschriebenen Positionierung ein Verstoß gegen den Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Kirchberg in der Fassung der 4. Änderung vorliegt und die betroffene Windkraftanlage schon im Hinblick auf § 35 Abs. 3 BauGB am unveränderten Standort nicht genehmigungsfähig ist. Die Windenergieanlage D liegt mit Mast und Nabe zwar noch innerhalb der Sonderbaufläche 13 „Westlich von Metzenhausen“, dort jedoch schon so knapp am westlichen Rand, dass sowohl der Rotorradius als auch die dauerhaft befestigten Kranaufstellflächen sich teilweise außerhalb der Sonderbaufläche befinden. In der Begründung zur 4. Änderung des Flächennutzungsplanes heißt es bezüglich des hier betroffenen Biotops (S. 123):

Arten- und
Biotoppotential

Die Plangebietsfläche wird forstwirtschaftlich genutzt.
Im Norden der Flächen werden in der Biotopverbundplanung Laubwälder
mittlerer Standorte, Biotope aus der Biotopkartierung des Landes
(Eichen-Buchenmischwald, BT-6010-0125-2009) und ökologisch bedeutsame
Waldbereiche – Kompensationssuchräume ausgewiesen.

Im Zuge der konkreten Standortfindung für einzelne Windkraftanlagen sollten die
ökologisch hochwertigen Waldbereiche nicht zur Errichtung genutzt werden.
Auf diesem Weg kann ein Eingriff in die höherwertigen Biotope vermieden werden.
Die Errichtung innerhalb der Wirtschaftsforste stellt einen geringeren Eingriff in den
Biotoptyp Wald dar.

46

Die Betrachtung des Schutzgutes „Natur“ leidet zudem daran, dass bei der allgemeinen Vorprüfung lediglich die drei zur Genehmigung anstehenden Anlagen betrachtet wurden. Wie oben bereits dargelegt, erfordert die allgemeine Vorprüfung hier jedoch, dass sämtliche – noch nicht einer UVP unterzogene - Anlagen der Windfarm und ihre Einwirkungen auf die Natur in die Betrachtung einbezogen werden. Weder den von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen noch dem Vermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 25. November 2016 oder dem UVP-Vorprüfungsvermerk vom 25. November 2016 ist zu entnehmen, dass auch die anderen 12 noch nicht UVP-geprüften Anlagen in die Vorprüfung integriert wurden. Hierbei genügt es im Übrigen nicht, nur die in den dortigen Genehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen beizuziehen. Vielmehr ist nach § 3c Satz 4 UVPG zu berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe und Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden. Mit hier 15 noch nicht UVP-geprüften Anlagen liegt die Windfarm erheblich über dem Eingangswert für die allgemeine Vorprüfung (6 Anlagen) und näher an der zwingenden UVP-Pflicht (20 Anlagen). Nach der Systematik geht der Gesetzgeber richtlinienkonform davon aus, dass bei 20 Anlagen es keines Hinzutretens von erheblichen Umwelteinwirkungen bedarf, um die UVP-Pflicht zu eröffnen. Je näher die Windfarm an diese Zahl heranrückt, desto geringer dürfte das einzelne Gewicht der speziellen (ggf. standortbezogenen) Einwirkungen sein, um die Schwelle der UVP-Pflicht zu überschreiten.

47

Es kann danach dahingestellt bleiben, ob etwa die Betroffenheit von Fledermäusen, Kranichen, Rotmilanen und Wildkatzen ausreichend ermittelt wurde. Jedenfalls wurden auch insoweit lediglich die hier beantragten drei Windenergieanlagen separat betrachtet. Hinsichtlich der Bestimmtheit von Auflagen für den Kranichschutz wird auf das Urteil der Kammer vom 7. September 2016 – 4 K 963/15.KO hingewiesen. Der Hinweis auf S. 7 des Genehmigungsbescheides unter der Nebenbestimmung 2.2.2.2 ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, da eine Seite 147 einer der vorgelegten Unterlagen keinen Hinweis zum Kranichschutz erkennen lässt, und die vorgelegte UVS (soweit hier verstanden: Umweltverträglichkeitsstudie: = Allgemeine Vorprüfung der Fa. E. vom Oktober 2016), die ASP (Artenschutzrechtliche Prüfung) und der LBP (Landespflegerische Begleitplan) jeweils eine solche Seite nicht aufweisen.

48

c) Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung eine erforderliche, aber unterbliebene oder nicht entsprechend den rechtlichen Anforderungen durchgeführte UVP-Vorprüfung in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, mit der Folge, dass eine fehlerfreie Nachholung der Vorprüfung, die zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben keiner UVP bedarf, die Fehlerkorrektur abschließt, ohne dass das Genehmigungsverfahren neu durchgeführt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 und juris, Rn. 24 ff., m.w.N.). Eine erfolgreiche Fehlerkorrektur durch Nachholung der Vorprüfung setzt danach aber voraus, dass die Defizite der nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend durchgeführten Vorprüfung hinsichtlich der Ermittlung der zu erwartenden Umweltauswirkungen und ihrer rechtlichen Bewertung in der nachgeholten Vorprüfung ausgeräumt werden. Dies ist hier auch in der Genehmigung vom 27. Dezember 2016 nicht ausreichend erfolgt. Auch dort fehlt es an der Dokumentation der wesentlichen zugrunde gelegten Unterlagen und Erkenntnisse über die Aufzählung auf S. 4 zu den von der im Genehmigungsverfahren seitens der dortigen Antragstellerin vorgelegten Unterlagen hinaus. So ist das vorgenannte Schreiben der SGD Nord vom 19. Oktober 2016 nicht genannt, ebenso wenig der Vermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 25. November 2016, der im Bereich des Fledermausschutzes über die Vorschläge der Gutachter hinaus eine Regelabschaltung im 1. Monitoringjahr im Zeitraum „01.09.-31.10. 3h vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang“ vorsieht. Eine Begründung hierzu fehlt im Genehmigungsbescheid vom 27. Dezember 2016, damit auch eine Bewertung der Erheblichkeit der Auswirkungen.

49

Weiterhin wurden die zuvor unter b) beschriebenen Mängel des Gutachtens der Fa. E. vom 6. September 2016 und des Gutachtens A. B. vom 22. August 2016 nicht behoben. Ebenso wenig wurde das Schutzgut Natur im Hinblick auf das betroffene Biotop näher in den Blick genommen oder der dortige Mangel etwa durch eine angeordnete Verschiebung der Windenergieanlage D nach Osten oder Süden, weg von den Grenzen des Biotops, behoben.

50

Im Übrigen durfte eine Bewertung der Umweltauswirkungen, wie sie in § 12 UVPG vorgesehen ist, von dem Antragsgegner im Rahmen der hier durchgeführten allgemeinen Vorprüfung nicht vorgenommen werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. April 2014 – 1 B 10249/14.OVG – BauR 2014, 1463). Die von der Behörde – z.T. über die vorgelegten Gutachten hinausgehend – vorgesehenen Nebenbestimmungen zur Kompensation der Schall- und Schattenbelastungen durften danach nicht mit den Auswirkungen in dem Vermerk vom 25. November 2015 (vgl. S. 75 der Verfahrensakte) abgewogen werden. Waren die vom Genehmigungsantragsteller vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen nach eigener Einschätzung der Genehmigungsbehörde nicht vollständig geeignet, die Umweltauswirkungen offensichtlich auszuschließen, so bleiben diese Auswirkungen beachtlich und sind zu berücksichtigen (§ 3c Satz 3 UVPG). Die Auswirkungen auf das Biotop wurden nicht gesehen und bewertet. Ist – wie hier – eine Bewertung nach § 12 UVPG erforderlich, um die Genehmigungsfähigkeit der Anlagen insbesondere im Hinblick auf Schall- und Schattenimmissionen und die Auswirkungen auf das Biotop zu beurteilen, so ist nach der vorgenannten Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz, (Beschluss vom 2. April 2014, a.a.O.) eine UVP durchzuführen.

51

3) Die nach alledem schon auf einer unzureichenden Ermittlung der Betroffenheit des Schutzguts „Mensch“ sowohl durch Lärmimmissionen als auch (selbständig tragend) durch Schattenimmissionen beruhende und deshalb im Ergebnis nicht nachvollziehbar begründete UVP-Vorprüfung führt zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 27. Dezember 2016. Gleiches gilt für die unzureichende Ermittlung der Betroffenheit des Schutzgutes „Natur“.

52

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens – wie hier – nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach dem UVPG erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflicht weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG steht dabei eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls, die – wie hier – nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b UmwRG gleich. Diese Regelung gilt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO.

53

Diese Vorschriften begründen mithin für die – auch für ein nachfolgendes Klageverfahren klagebefugte – Antragstellerin nach dem Stand des vorliegenden Eilverfahrens derzeit einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheides und verdrängen damit als Sondervorschriften die allgemeine Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Aus § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG ergibt sich zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung auch unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat; § 46 VwVfG findet mithin ebenfalls keine Anwendung (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 21, m.w.N.). Auf die Frage, ob die angefochtene Genehmigung materielle Rechte der Antragstellerin verletzt, kommt es nach alledem nicht mehr an.

54

4. Danach kann dahingestellt bleiben, ob auch für das Anwesen der Antragstellerin drittschützende immissionsschutzrechtliche Regelungen bereits durch die erteilte Genehmigung vom 27. Dezember 2016 verletzt sind, da insoweit insbesondere die Schattenimmissionen nicht ausreichend ermittelt wurden und nicht sichergestellt ist, dass die zum Schutz der Nachbarhäuser D. 2 und 3 angeordneten Einschränkungen der Beschattung auch ihr Haus ausreichend zu schützen in der Lage sind.

55

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG wird eine Genehmigung für genehmigungsbedürftige Anlagen nur erteilt, wenn diese so errichtet und betrieben werden, dass erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden. Im Hinblick auf die Entfernung ist hier nicht auszuschließen, dass der Antragstellerin erhebliche Nachteilen und Belästigungen ausgesetzt sein wird.

56

Auf die allgemeinen Vorschläge zu Abständen zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Diese richten sich entweder an die Träger der Bauleitplanung oder es handelt sich um Festlegung von Abständen, die dem bei Planungen zu beachtenden immissionsschutzrechtlichen Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) dienen. Sie lassen keine Rückschlüsse auf die Verletzung von Individualrechten zu.

57

Die von der Antragstellerin mitgeteilten Rodungen, die laut ihrer Darstellung nach dem 1. März 2017 erfolgt seien, sind in dem vorliegenden Verfahren nicht aufzuklären, da eine Rodung nach Nr. 2.2.1.6 und 2.2.1.7 der Nebenbestimmungen zur Genehmigung und nach dem zu beachtenden Naturschutzrecht zwischen dem 1. März und dem 30. September nicht ohne zusätzliche Genehmigung zulässig sein dürfte. Die Verantwortung zur Überwachung dürfte bei der unteren Naturschutzbehörde liegen.

58

Dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO stattzugeben. Im Hinblick auf die Splittung der zunächst einheitlich erteilten Genehmigung ist es auch angemessen, die Beigeladenen zusammen nur mit der Hälfte der Kosten zu belegen und sie zwischen diesen nach Kopfteilen aufzuteilen (§ 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO).

59

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Dabei orientiert sich die Kammer an den Ziffern 1.5, 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169).

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 13.2272

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. April 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Baunachbarklage;

Nachbarschutz;

Rücksichtnahmegebot;

Bestimmtheitsgebot;

Festsetzung von Immissionsrichtwerten;

Mittelwertbildung;

Seltenes Ereignis im Sinne der TA-Lärm

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... vertreten durch: Hausverwaltung ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen Baugenehmigung ... Str. 173, FlNr. ... Gem. ... - Nachbarklage

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015 am 20. April 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Baugenehmigung der Beklagten vom ... April 2013, Az. ..., in der Gestalt der Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom ... April 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung iHv 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks ...-Straße 5 in ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Bei diesem Grundstück handelt es sich um ein Eckgrundstück, das im Süden an die ...-straße und im Westen an die ...-Straße grenzt.

Sie wendet sich mit ihrer Klage gegen ein auf dem südlich von ihrem Anwesen auf der anderen Seite der ...-straße geplantes Bauvorhaben, das die Errichtung einer Wohnanlage mit 15 Wohneinheiten und einer Kinderkrippe, südlich dahinter eines kulturellen Bürgerhauses sowie einer Tiefgarage umfasst.

Auf den streitgegenständlichen Grundstücken beabsichtigt das Sozialreferat der ... die Verwirklichung des zweiten Bauabschnitts des sog. „... Trafo“, für den die Beklagte bereits am ... Februar 2011 eine Baugenehmigung erteilt hatte. Diese hatte das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Mai 2011 (Az. M 8 K 11.881) aufgehoben, da bei der Festsetzung der einzuhaltenden Lärmimmissionsrichtwerte von einem unzutreffenden (zu geringen) Schutzniveau ausgegangen worden war. Statt von einer Gemengelage zwischen einem Allgemeinen Wohngebiet und einem Mischgebiet auszugehen und einen Mittelwert zwischen den Immissionsrichtwerten beider Gebiete festzusetzen, war in der Baugenehmigung von einem Schutzniveau eines Mischgebiets ausgegangen worden. Zudem war im Urteil vom 23. Mai 2011 ein Abstandsflächenverstoß festgestellt worden.

Am 30. Juli 2012 beantragte das Sozialreferat der Beklagten nach Änderung der Planung erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus mit 15 geförderten Wohnungen und einer Kinderkrippe sowie für ein kulturelles Bürgerhaus und eine Tiefgarage (... Trafo, 2. Bauabschnitt) auf den Grundstücken FlNr. ..., ..., ..., ... und ..., Gemarkung ... in der ...-straße und ...-str. 173 in ...

Nach den eingereichten Plänen sind zwei Bauteile vorgesehen. Im Norden soll entlang der an der ...-straße verlaufenden Baulinie als Bauteil 1 ein Wohnhaus mit Kinderkrippe und Tiefgarage errichtet werden. Die Länge entlang der Straße beträgt 29,35 m, die Tiefe 16,05 m. Das Gebäude weist sechs Vollgeschosse auf, davon ist das oberste als Terrassengeschoss zurückversetzt. Die Gebäudehöhe beträgt 14,74 m, einschließlich des Terrassengeschosses 17,67 m. Im nordöstlichen Gebäudebereich ist die Zufahrt zur Tiefgarage geplant. Der Bauteil 2 liegt ca. 9,73 m südlich des Bauteils 1. Er grenzt mit seiner Ostseite an das Bestandsgebäude ... Str. 171 (FlNr. ...) und mit dem östlichsten Teil seiner Nordwand an das Bestandsgebäude ... Str. 173 (FlNr. ...) an. In der West-Ostrichtung misst es 35,42 m, seine Nord-Süd-Breite beträgt 13,44 m, es hat zwei Geschosse bei einer Gesamthöhe von 7,5 m.

Nach dem Erläuterungsbericht zur Genehmigungsplanung vom ... Juni 2012 (Behördenakte S. 109) soll in Bauteil 1 im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß eine Kinderkrippe mit vier Gruppen eingerichtet werden. Im 2. bis 5. Obergeschoß sollen 15 geförderte Wohnungen entstehen. Der Bauteil 2 wird als „Kulturelles Bürgerhaus“ bezeichnet, das im Erdgeschoß eine Versammlungsstätte aus Bürgersaal mit Foyer, ein Bistro mit Freischankfläche sowie Verwaltungsräume erhalten soll. Im 1. Obergeschoß sollen 4 Gruppenräume geschaffen werden, im Untergeschoß ist ein Musikübungsraum vorgesehen. Beide Gebäude werden auf einer Tiefgarage mit 55 Stellplätzen errichtet. Zwischen den beiden Bauteilen liegt ein Hof, über den sowohl der Zugang zu den Wohnungen wie die Anlieferungen für das Bürgerhaus erfolgen sollen. Für die öffentlichen Nutzungen im Bürgersaalgebäude ist die Erschließung über einen Fußweg im Süden (Grundstück FlNr. ...) in direkter Anbindung an die ... Straße und die dortige U-Bahn-Station vorgesehen.

Zusammen mit den Planungsunterlagen wurde eine im Auftrag der Beklagten erstellte Schallimmissionsprognose „Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen bei der benachbarten Bebauung durch das Bauvorhaben „... Trafo, 2. Bauabschnitt“ in ...“ vom 13. Juli 2012 vorgelegt: Dieses geht hinsichtlich der Einstufung der näheren Umgebung des Bauvorhabens entsprechend dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2011 davon aus, dass eine Gemengelage vorliegt und daher ein Immissionsrichtwert beansprucht werden könne, der einem Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und für ein Allgemeines Wohngebiet bilde. Bei den Immissionsorten wurde u. a. ein Punkt an der Fassade des klägerischen Grundstücks zur ...-straße (IO 7) ausgewählt. Die Untersuchung geht von dem Betriebskonzept des Betreibers des Bürgerhauses aus, wonach maximal 300 Besucher vorgesehen sind sowie ein Bistro mit ca. 40 Personen innen und 16 auf der Freischankfläche. Veranstaltungen sollen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr im Regelfall nur dann stattfinden, wenn die Geräuschentwicklung sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewege. Der Freibereich solle nur bis maximal 22 Uhr genutzt werden, Musikdarbietungen oder Veranstaltungen mit Verstärkern seien im Freibereich nicht zulässig. Für die Nutzung wurden fünf Szenarien erstellt. Szenario 1 - Geräusche während Veranstaltungen im Bürgersaal/Foyer/Bistro in der lautesten Nachtstunde; Szenario 2 - Geräusche nach Veranstaltungsende im Bürgersaal/Foyer/Bistro in der lautesten Nachtstunde; Szenario 3 - Geräusche während Veranstaltungen (z. B. bis 22.30 Uhr) und nach Veranstaltungsende im Bürgersaal/Foyer/Bistro in derselben lautesten Nachtstunde; Szenario 4 - Geräusche durch das geplante Bauvorhaben im Tageszeitraum; Szenario 5 - Geräusche während besonderer Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus, Beurteilung nach seltenen Ereignissen der TA Lärm zur lautesten Nachtstunde. Ergänzend wurde für alle Szenarien ein Nutzungsmodell hinsichtlich der Fahrbewegungen von Pkw in der geplanten Tiefgarage erstellt. Für die lauteste Nachtstunde wurde dabei angenommen, dass maximal 20 Pkw der Nichtanwohner aus der Tiefgarage ausfahren.

Für den Immissionsort am Klägergrundstück ...-Straße (IO 7) wurden für die Szenarien 1 bis 5 in Tabelle 10 und 11 des Gutachtens (S. 32 und 34) folgende Beurteilungspegel angegeben: Nach Tabelle 10 bzw. Anlage 4 des Gutachtens in der ungünstigsten Geschosslage maximal 41 dB(A) bzw. 41,2 dB(A) nach Anlage 4 für die Szenarien 1 bis 3 sowie 47 dB(A) und 44 dB(A) bzw. 46,5 dB(A) und 44,3 dB(A) nach Anlage 4 für die Szenarien 4 und 5. Die unterschiedlichen Werte resultieren offenbar daraus, dass die Werte in Tabelle 10 mathematisch auf- und abgerundet wurden. Als Immissionsrichtwerte könnten die umliegenden schützenswerten Nutzungen einen Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und ein Allgemeines Wohngebiet beanspruchen. Daher würden die Immissionsrichtwerte beider Gebietsarten aufgeführt, für die Nachtstunden 40/45 dB(A) und für den Tageszeitraum 55/60 dB(A) sowie für die besonderen Ereignisse 55 dB(A) nachts (vgl. Tabelle 10, S. 32). Der zu erwartende Maximalpegel am Immissionsort IO 7 sei für das Szenario 4 tagsüber 67 dB(A) bzw. 66,7 dB(A) nach Anlage 4.4, für das Szenario 1 nachts 60 dB(A) bzw. 60,3 dB(A) nach Anlage 4 des Gutachtens (vgl. Tabelle 11, S. 34 und Anlage 4 zum Gutachten).

In der Schallimmissionsprognose wurden verschiedene Schallschutzmaßnahmen für erforderlich gehalten. Durch organisatorische Maßnahmen sei sicherzustellen, dass sich im dem Bürgerhaus maximal 300 Personen aufhalten. Veranstaltungen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr müssten sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewegen, die Nutzung des Freibereichs sei bis maximal 22 Uhr möglich. Weitere organisatorische Maßnahmen betreffen Einschränkungen bei der Nutzung des Freibereichs, beim Anlieferverkehr und hinsichtlich des nächtlichen Verkehrs aus der Tiefgarage (maximal 20 Ausfahrten). Die Wände und die Decke der Zufahrt zur Tiefgarage seien einschließlich des Vordachs schallabsorbierend zu verkleiden. Die Außenbauteile des Bürgerhauses seien entsprechend der den Berechnungen zugrunde gelegten Schalldämm-Maßen auszuführen, die Fenster von Bürgersaal, Foyer und Bistro seien bei Veranstaltungen geschlossen zu halten. Bei regelmäßigen Veranstaltungen im Bürgersaal sei der Innenpegel auf 92 dB(A) zu begrenzen, bei Besonderen Veranstaltungen als seltenes Ereignis auf 102 dB(A).

Nach der Betriebsbeschreibung des Kindergartens vom 13. September 2012 werden 48 Kinder im Alter von 9 Wochen bis 3 Jahren in vier Gruppen betreut. Jede Gruppe habe einen eigenen Raum und zwei Fachkräfte. Im hauswirtschaftlichen Bereich sollen drei bis vier Personen arbeiten. Die Betriebszeit sei Montag bis Freitag von 6.30 bis 17.00 Uhr, die Bring- bzw. Abholzeiten 6.30 bis 9.30 Uhr sowie 15.00 bis 17.00 Uhr.

In einer Darstellung „Organisation der Tiefgarage“ vom 21. September 2012 wird erläutert, dass die Stellplätze durch Beschilderung den verschiedenen Nutzungsarten (1. Bauabschnitt, Wohnnutzung, Kinderkrippe und Bürgerhaus) eindeutig zugeordnet werden. Eine Zufahrtsschranke lasse nach 22.00 Uhr nur Wohnnutzer passieren, eine weitere Nachtschranke lasse für die Stellplätze der Nichtwohnnutzer (Alten- und Servicezentrum - ASZ, Stadtbibliothek, Volkshochschule - VHS, Geschichtswerkstatt und Kinderkrippe) nach 22.00 Uhr weder die Ein- noch die Ausfahrt zu. Nur die Nichtwohnnutzungs-Stellplätze des Bürgerhauses (Bürgersaal/Foyer, Gruppenräume und Bistro) würden auch im Nachtzeitraum nach 22.00 Uhr genutzt. Durch die geregelte Zufahrtsschranke (keine Einfahrt für Nichtwohnutzung nach 22.00 Uhr) und die geregelte interne Nachtschranke (keine Ausfahrt für die Stellplätze der Nichtwohnungsnutzung nach 22.00 Uhr) könnten maximal 20 Fahrzeuge der Nichtwohnnutzung (Bürgerhaus) nach 22.00 Uhr aus der Tiefgarage ausfahren.

Das Betriebskonzept für das kulturelle Bürgerhaus in der Fassung vom 21. September 2012 sieht vor, dass sich dort nach 22.00 Uhr maximal 300 Personen aufhalten. Im Bistro seien 32 Sitzplätze an Tischen und 8 an der Theke vorgesehen, bei 5 weiteren Personen als Reserve ergäbe sich eine Gesamtzahl von 45. Davon ausgehend würden für die übrigen Räume - Bürgersaal, Foyer, Gruppenräume, Musikübungsraum - 255 Personen verbleiben, wobei bei der Gesamtzahl das beschäftigte Personal mitgerechnet werde. Die Anzahl soll über Eintrittskarten oder Türsteher mit Klickzählern begrenzt werden. Im Nutzungsvertrag für das kulturelle Bürgerhaus werde der Innenpegel auf 92 dB(A) und bei besonderen Veranstaltungen auf 102 dB(A) begrenzt. Die Fenster seien bei Veranstaltungen geschlossen zu halten, die Lüftung erfolge über Lüftungsanlagen. Die Fenster seien absperrbar. Der Freibereich dürfe nur bis 22.00 Uhr genutzt werden, dasselbe gelte für die Freischankfläche des Bistro. Für den Eingangsbereich zum Bürgerhaus werde der Nutzungsvertrag vorsehen, dass durch eine Beschilderung die Nutzer zum ruhigen Verhalten nach 22.00 Uhr anzuhalten seien. Die fußläufige Verbindung zur ... Straße verlaufe ausschließlich über den südlichen Fußweg. Der Freibereich des Bürgersaales dürfe nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Saal, Foyer und Gruppenräumen genutzt werden, Musikdarbietungen und Veranstaltungen mit Verstärkern seien unzulässig. Die Nutzung sei nur bis maximal 22.00 Uhr zulässig. Der Anlieferverkehr sei außerhalb der Ruhezeiten nur zwischen 7:00 und 20:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 9:00 und 13:00 Uhr sowie 15:00 und 20:00 Uhr zulässig.

Mit Bescheid vom ... April 2013 erteilte die Beklagte ihrem Sozialreferat die beantragte Baugenehmigung für den „... Trafo“ 2. Bauabschnitt nach Plan-Nr. ... und Plan-Nr. ... als Sonderbau. Als Auflage wurde u. a. festgesetzt, dass insgesamt 55 Kfz-Stellplätze plangemäß in der Tiefgarage zu errichten seien, davon 27 aus dem genehmigten Vorhaben (Ziff. 1). Unter Ziffer 5 wurden folgende Auflagen zum Schutz der Nachbarn (Nutzungsbeschränkung aufgrund der Schallschutzprognose Nr. ...) angeordnet:

„a) Durch Beschränkung der Veranstaltungen nach Anzahl und Dauer und durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass sich in dem kulturellen Bürgerhaus (Bürgersaal, Foyer, Bistro und Gruppenräume) in der Zeit von 22 bis 6 Uhr maximal 300 Personen (Besucher + Personal) aufhalten bzw. nur noch maximal 300 Personen das Grundstück nach 22 Uhr verlassen.

b) Dabei ist sicherzustellen, dass im Regelfall Veranstaltungen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr nur dann stattfinden, sofern deren Geräuschentwicklung sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewegt. In diesem Fall ist keine relevante Schallabstrahlung über die Außenbauteile zu erwarten. Die Anzahl von 300 Personen im gesamten kulturellen Bürgerhaus darf nicht überschritten werden.

c) Die Nutzung des Freibereichs des kulturellen Bürgerhauses sowie der Freischankfläche des Bistros ist nur bis maximal 22 Uhr zulässig. Die Nutzung des Freibereichs im Eingangsbereich zum kurzfristigen Aufenthalt z. B. durch Raucher ist möglich, die Besucher sollten dann angehalten werden, sich ruhig zu verhalten.

d) Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Besucher, die bei Veranstaltungsende das kulturelle Bürgerhaus verlassen, die fußläufige Beziehung über den Haupteingangsbereich zur ... Straße wählen.

e) Die Nutzung des Freibereichs des kulturellen Bürgerhauses am Tag ist, mit Ausnahme der Freischankfläche des Bistros, nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Saal, Foyer und den Gruppenräumen zulässig. Musikdarbietungen oder Veranstaltungen mit Verstärkern in den Freibereichen sind nicht zulässig.

f) Anlieferverkehr ist ausschließlich auf den Tageszeitraum außerhalb der Ruhezeiten zwischen 7 und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 13 Uhr sowie 15 und 20 Uhr zu begrenzen.

g) Besondere Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus können an bis zu 10 Tagen oder Nächten im Jahr stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.3 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betreibstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und in den Freibereichen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaals für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern) ist zu unterlassen.

h) Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass durch die Nutzung des kulturellen Bürgerhauses (Bürgersaal, Foyer, Bistro und Gruppenräume) in der Zeit von 22 - 6 Uhr maximal 20 Pkw über die Tiefgarage ausfahren.

i) Maßnahmen in der Tiefgarage

i 1) Über der Tiefgaragenöffnung ist ein Vordach von mindestens 1,5 m Tiefe vorzusehen.

i 2) Die Wände und die Decke der Tiefgaragenzufahrt sowie das Vordach sind schallabsorbierend zu verkleiden.“

Unter Ziffer 6 behielt sich die Beklagte vor, die Baugenehmigung aus Gründen des Lärmschutzes nachträglich durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu ändern oder zu ergänzen (Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG).

Der Hausverwaltung der Klägerin wurde eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung mit Postzustellungsurkunde am 19. April 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2013, am 17. Mai 2014 per Fax bei Gericht eingegangen, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und stellten den Antrag,

der Baugenehmigungsbescheid vom ...04.2013, Az.: ..., wird aufgehoben.

In der Klagebegründung vom 25. November 2013 führten sie aus, dass der Bescheid gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Die nähere Umgebung des klägerischen Gebäudes sei von wohngenutzten Gebäuden geprägt. Das Verwaltungsgericht München habe in seiner Entscheidung vom 23. Mai 2011 ausgeführt, dass das klägerische Grundstück zwar nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet zu liegen komme, jedoch das Schutzniveau eines solchen beanspruchen könne. Das Baugrundstück sei einer anderen Schutzniveaukategorie zuzuordnen und ein Mittelwert zu bilden. Für die Bildung dieses Mittelwertes sei auf Ziffer 6.7 Absatz 2 der TA Lärm zurückzugreifen. Danach stelle die TA Lärm für die Festlegung des Zwischenwertes maßgeblich auf den Immissionsort ab. Es sei die „Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes maßgeblich“, ebenso sei die „Prägung des Einwirkungsgebiets“ wesentlich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2011 sei das Geviert, in dem das Klägeranwesen liegt, überwiegend von Wohnnutzung geprägt. Auch sei die Wohnnutzung wesentlich früher verwirklicht worden als die vorgesehene Nutzung des Vorhabens. Damit könne die Klägerin das Schutzniveau eines allgemeinen Wohngebietes für sich beanspruchen. Es seien demzufolge Immissionsrichtwerte von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) mit Spitzenpegeln von 85 bzw. 60 dB(A) einzuhalten. Es seien jedoch weit höhere Beurteilungspegel zu erwarten. Die Annahmen über die Zu- und Abfahrten der Tiefgarage seien unrealistisch. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil in der Auflage 5 g) besondere Veranstaltungen für zulässig erklärt werden, ohne konkrete Immissionsrichtwerte festzusetzen. Auch für den Regelbetrieb seien die zu beachtenden Immissionsrichtwerte nicht festgeschrieben. Damit sei es weder für die Klägerin noch für den Betreiber ersichtlich, welches Schutzniveau einzuhalten sei. Die Baugenehmigung sei insoweit unbestimmt und ungenügend. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die zugelassenen seltenen Ereignisse. Das Vorhaben sei auch deshalb rücksichtslos, weil der im öffentlichen Straßenraum abzuwickelnde und dem Vorhaben zuzurechnende Parksuchverkehr zu unzumutbaren Lärmeinwirkungen führe. Für den Bürgersaal seien 300 Besucher zugelassen, in der Tiefgarage stünden dafür nur 20 Stellplätze zur Verfügung. Bei einer Belegung mit zwei Personen je Pkw könnten so nur 13% der Besucher einen Stellplatz finden, die übrigen seien auf den öffentlichen Parkraum angewiesen und würden bei der Parkplatzsuche das klägerische Anwesen passieren. Schon ein einziger Parkvorgang vor dem Anwesen werde zur Überschreitung der zulässigen Richtwerte führen. Schließlich sei das Bauvorhaben überdimensioniert und füge sich nicht in die vorhandene Struktur ein. Ein Vorhaben dieser Größenordnung erfordere die nachprüfbare Abwägung der betroffenen Belange in einem Bebauungsplanverfahren. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 ergänzten die Bevollmächtigten ihre Ausführung durch die Vorlage einer schalltechnischen Überprüfung der Schallschutzprognose der Beklagten vom 13. Juli 2012. Danach könnten theoretisch mehr als die in der Schallschutzprognose angenommenen 21 Fahrtbewegungen nach 22 Uhr auftreten. Aber auch nach der Prognose ergäbe sich am klägerischen Anwesen ein Beurteilungspegel von 42 dB(A), der den nächtlichen Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für ein allgemeines Wohngebiet deutlich überschreite. Weiter sei als Grenze der Zuordnung der Fahrzeuge zum Vorhabensgrundstück die Grenze zwischen Fußgängerweg und Fahrbahn anzusehen. Im Bereich des Fahrweges könnten Schallleistungspegel in Höhe von LWA,max = 92,5 dB(A) auftreten.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2014 wies die Beklagte darauf hin, dass sich im Gebäude ...-straße 4 die Nutzung geändert habe, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss befinde sich nun ein Architekturbüro, im 2. Obergeschoss ebenfalls ein Büro. Weiterhin mache man auf die Untersuchung zu den Nutzungen der umgebenden Bebauung vom 16. Mai 2012 aufmerksam.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 stellte die Beklagte den Antrag,

die Klage wird abgewiesen.

Es läge kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Die Klägerin könne nicht die Schutzbedürftigkeit eines Allgemeinen Wohngebietes geltend machen vielmehr sei nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes München im Urteil vom 23. Mai 2011 unter Ziffer 1.1 von einem Immissionsrichtwert auszugehen, der einen Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und für ein Allgemeines Wohngebiet bilde. Daher werde in dem Gutachten vom 13. Juli 2012 richtigerweise ein nächtlicher Beurteilungspegel von 41 dB(A) im Hinblick auf das klägerische Grundstück im Falle der Regelbeurteilung (Szenarien 1 bis 3) als zumutbar angesehen (S. 32). Dieser werde nicht überschritten. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass es zu einem höheren Beurteilungspegel kommen werde. Die in dem Gutachten berücksichtigten 21 Fahrbewegungen seien nicht zu beanstanden. Die Ermittlung der der Wohnnutzung zuzuordnenden Fahrbewegungen erfolge nach der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Die Fahrwege der Fahrzeuge auf öffentlichem Verkehrswegen seien ausreichend berücksichtigt. Die Auflage Ziffer 5 g) verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Nutzung bei besonderen Ereignissen sei in der Schallimmissionsprognose unter 4.1.2 für das Nutzungsszenario 5 definiert. Die Betriebstätigkeit des Regelfalls werde in den Szenarien 1 bis 4 definiert. Die Schallimmissionsprognose sowie das Betriebskonzept seien Bestandteil des Bescheids, ihnen könne im Ergebnis entnommen werden, dass das Vorhaben nachbarschützenden Vorschriften entspreche. Es läge auch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf den vorgetragenen Parkplatzsuchverkehr vor. Für das geplante Vorhaben bestehe eine außerordentlich gute Anbindung an U-Bahn, Bus und Straßenbahn. Eine Trambahnhaltestelle und eine U-Bahn-Station befänden sich in unmittelbarer Nähe. Daher sei davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Besucher diese Möglichkeiten nutze. Das Bürgerhaus wende sich laut Betriebsbeschreibung an Besucher aus der örtlichen Bevölkerung, diese könnten das Bürgerhaus auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. Es sei daher nicht zu erwarten, dass ein größerer Teil der Besucher mit dem Pkw kommen werde.

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2014 bestritten die Bevollmächtigten der Klägerin, dass sich relevante tatsächliche Änderungen im näheren Umgriff des Vorhabens ergeben hätten. Die Umgebung des klägerischen Anwesens entspreche vielmehr einem reinen Wohngebiet. Mit Schriftsatz vom 14. August 2014 bestritten sie die Auffassung der Beklagten, dass eine Anreise von Besuchern des Bürgersaals fast ausschließlich mit dem öffentlichen Nahverkehr erfolgen werde. Dies werde vor allem in den Abend- und Nachtstunden nicht zutreffen. Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 legten sie eine erste Einschätzung des von der Klägerin beauftragten Lärmschutzgutachters vor. Danach sei unter Zugrundelegung der Geschossflächen mit einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von 235 Fahrten pro Tag durch das Vorhaben zu rechnen, davon 63 in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr. Dafür seien 50 Stellplätze erforderlich, weniger als die Hälfte seien vorgesehen. Ein erhöhter Parkplatzsuchverkehr durch die geplanten Nutzungen sei nicht auszuschließen.

Unter dem Eingangsdatum des 10. November 2014 stellte das Sozialreferat der Beklagten einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... April 2013. Dabei ging es im Wesentlichen um die Absenkung der Höhe des Daches des zurückversetzten Terrassengeschosses von Bauteil 1.

Mit Bescheid vom ... Dezember 2014 erteilte die Beklagte die beantragte Änderungsgenehmigung nach Pl.Nr. ... in Abänderung der Baugenehmigung vom ... April 2013 als Sonderbau - hier: Absenkung des 5. Staffelgeschosses im Bauteil 1, Tektur zu ...

Die Nutzungsbeschreibungen und die Nutzungsbeschränkungen vom 21.09.2012 (eingegangen am 24.09.2012) nach Nr. ... für das kulturelle Bürgerhaus und für die Organisation der Tiefgarage (Ausfahrt von maximal 20 Pkw nach 22 Uhr) und die Schallschutzprognose vom 13.07.2012 nach Nr. ... seien Bestandteil der Genehmigung. Folgende Auflagen seien zu beachten:

„1. Die Auflagen, Bedingungen, Befreiungen, Abweichungen und Ausnahmen des Genehmigungsbescheides vom ...04.2013 mit Ausnahme der Ziff. 5g gelten weiter.

2. Besondere Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus können an bis zu 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.2 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betriebstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und den Freibereichen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaales für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagesfeiern) ist zu unterlassen.“

Eine Nachbarausfertigung des Bescheids vom ... Dezember 2014 wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 20. Dezember 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015 bezogen die Bevollmächtigten der Klägerin den Bescheid vom ... Dezember 2014 in das Verfahren ein und beantragten nunmehr,

die Baugenehmigung vom ...12.2014, Tektur zu ..., wird aufgehoben.

Hilfsweise:

Die Baugenehmigung vom ...04.2013 in der Fassung vom ...12.2014 wird aufgehoben.

Auf die Klagebegründung vom 25. November 2013 werde verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 20. April 2015 ergänzte die Beklagte die streitgegenständliche Baugenehmigung dahingehend, dass am Standort „I0 7“ - ...-Str. 5 tagsüber ein Immissionsrichtwert von 57 dB(A) und nachts ein Wert von 42 dB(A) einzuhalten ist. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Zu den seltenen Ereignissen wurde ergänzend zu Protokoll gegeben, dass es sich bei den besonderen Veranstaltungen beispielsweise um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handle, die nachts - auch nach 22.00 Uhr - stattfinden, aber nicht mehr als 50 Personen im Außenbereich zulassen. Die Klägerbevollmächtigten stellten den Antrag aus dem Schriftsatz vom 12. Januar 2015, mit der Maßgabe, dass die Änderungen, soweit sie zu Protokoll erklärt worden seien - in das Verfahren miteinbezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf das Lärmschutzgutachten vom 13. Juli 2012 sowie auf das zwischen den Parteien rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 (M 8 K 11.881) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. April 2015 sowie die Niederschrift über den Augenschein und die mündliche Verhandlung im Verfahren M 8 K 11.881 vom 23. Mai 2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet, da die streitgegenständliche Baugenehmigung vom ... April 2013 in Gestalt der Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Dritte können sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.1969 - IV C 234.65 - BayVBl 1969, 390 - juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BayVBl 1977, 639 - juris Rn. 25; BVerwG, U. v. 19.9.1986 - 4 C 8/84 - BayVBl 1987, 151- juris Rn. 9; BVerwG, U. v. 26.9.1991 - 4 C 5/87 - BVerwGE 89, 69 - juris Rn. 18) gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B. v. 26.07.2011 - 14 CS 11.535 - juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

2. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 6, 7 a, 12 BayBO), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört. Das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung in ihrer konkreten Fassung zugelassene Bauvorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gegen das Rücksichtnahmegebot und damit drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 60 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1 Dabei kann offen bleiben, ob das Rücksichtnahmegebot vorliegend aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder aber dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB zu entnehmen ist, da seine Anforderungen in beiden Fällen inhaltlich identisch sind.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 - ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

Liegt kein faktisches Baugebiet vor, ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, das im Begriff des sich Einfügens eines Vorhabens in die nähere Umgebung enthalten ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10). Im Hinblick auf die gebotene Rücksichtnahme gilt dabei bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB nichts anderes als im Rahmen von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO (vgl. BVerwG, U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 12).

2.2 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 20; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22).

2.3. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (vgl. BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Nach dem zwischen der Klägerin und der Beklagten rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 findet die TA Lärm für das streitgegenständliche Vorhaben Anwendung (vgl. VG München, U. v. 23.5.2011 - M 8 K 11.881 - juris Rn. 41). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

2.4. Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl 2003, 503 - juris Rn. 53 - 61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

Das Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Nachbarrechte werden bereits dann verletzt, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U. v. 8.8.2000 - 26 B 96.1956 - juris Rn. 42). Dies bedeutet für die streitgegenständliche Baugenehmigung, dass es nicht ausreichend ist, die genehmigte Nutzung durch Auflagen einzuschränken, sondern dass vielmehr konkrete Immissionsrichtwerte festzusetzen sind (vgl. BayVGH, U. v. 24.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 35).

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist daher ohne entsprechende Immissionsrichtwerte im Hinblick auf den auf der Hand liegenden Immissionskonflikt, insbesondere für die Nutzung des Bürgerhauses rechtswidrig und verletzt den betroffenen Nachbarn gegenüber das Gebot der Rücksichtnahme.

2.4.1 Die Beklagte hat das Defizit der fehlenden Festsetzung von Immissionsrichtwerten als Grenzwerte auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 zu Protokoll erklärte Ergänzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung behoben bzw. geheilt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015 die streitgegenständliche Baugenehmigung dahingehend ergänzt, dass am Standort „I0 7“ (...-Str. 5) tagsüber ein Immissionsrichtwert von 57 dB(A) und nachts ein Wert von 42 dB(A) einzuhalten ist. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Nach dem zwischen den Parteien rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 kann die Klägerin als Schutzniveau für ihr Grundstück einen Immissionsrichtwert beanspruchen, der einen Mittelwert zwischen dem für ein Allgemeines Wohngebiet und dem für ein Mischgebiet geltenden Immissionsrichtwert bildet (vgl. VG München, U. v. 23.5.2011 - M 8 K 11.881 - juris Rn. 76). Danach ist wegen des städtebaulichen Konflikts in der vorliegenden Gemengelage mit aufeinanderprallenden unterschiedlichen Nutzungen im Rahmen des Rücksichtnahmegebots eine Art Mittelwert zu bilden. Insoweit ist jedoch schon fraglich, ob die nachträgliche Festsetzung der Immissionsrichtwerte den Anforderungen einer Mittelwertbildung genügt (vgl. nachfolgend unter 2.4.2). Hinzu kommt, dass für die zugelassenen seltenen Ereignisse nach wie vor die Festsetzung der hier zu beachtenden Immissionsrichtwerte fehlt (vgl. nachfolgend unter 2.5).

2.4.2 Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich bei einem Mittelwert nicht lediglich um das arithmetische Mittel zweier Richtwerte, sondern um einen „Zwischenwert“ für die Bestimmung der Zumutbarkeit, die sich nach tatsächlichen, von der Würdigung konkreter Begebenheiten des Einzelfalls abhängender Faktoren beurteilt (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32). Bei einem solchermaßen zu gewinnenden Mittelwert müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit zudem die Ortsüblichkeit und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzung von Bedeutung ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32; BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24.07 - juris Rn. 4). Wesentliches Kriterium für die Höhe des Zwischenwertes und damit für die konkrete Schutzbedürftigkeit eines zum Wohnen dienenden Grundstücks ist, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht worden ist. Ob der emittierende Betrieb an das dem Wohnen dienende Gebiet herangerückt ist oder ob sich das zum Wohnen dienende Gebiet - umgekehrt - in Richtung auf den emittierenden Betrieb ausgeweitet hat (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32; BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24/07 - juris Rn. 4).

Dieser von der Beklagten nach den oben dargestellten Kriterien zu bildende Mittelwert muss daher die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid und aus den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 20. April 2015 ist nicht ersichtlich, ob die Beklagte die nachträglich festgesetzten Mittelwerte lediglich deshalb herangezogen hat, weil diese Lärmrichtwerte nach der vorgelegten Schallschutzprognose Nr. 2012-18285 vom 13. Juli 2012 für den Normalbetreib sowohl tags wie auch nachts in den vier untersuchten Szenarien des Regelbetriebs - auch unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Geräuschpegel für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen am klägerischen Anwesen eingehalten werden, oder ob die festgesetzten Mittelwerte von der Beklagten unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und des Rücksichtnahmegebots auf Grundlage einer umfassenden Abwägung gewählt wurden.

Das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 - M 8 K 11.881 führt zur umliegenden Umgebung aus, dass das klägerische Grundstück im Geviert ...-Straße/...-straße/... Straße/...-straße liegt und es weder als Mischgebiet noch als allgemeines oder gar reines Wohngebiet angesehen werden könne, sondern vielmehr eine Gemengelage vorliege. Allerdings weise diese Gemengelage einen relativ hohen Wohnanteil auf. Der Schwerpunkt der gewerblichen und der freiberuflichen Nutzung liege im nordöstlichen Bereich des Quartiers, wohingegen entlang der ...-straße im Süden und der ...-Straße im Westen das Wohnen dominiere (vgl. VG München, M 8 K 11.881 - juris Rn. 54). Insoweit erscheint es nach Auffassung der Kammer naheliegend, dass der von der Beklagten zu bildende Mittelwert sich stärker an den Immissionsrichtwerten orientiert, die nach Nr. 6.1 und 6.2 der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet gelten. Die Beklagte hat zwar insoweit im Schreiben vom 15. Juli 2014 geltend gemacht, dass sich im Gebäude ...-straße 4 die Nutzung geändert habe, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss befinde sich nun ein Architekturbüro, im 2. Obergeschoss ebenfalls ein Büro. Angesichts des Fehlens einer nachvollziehbaren, auf einer umfassenden Abwägung beruhenden Mittelwertbildung kommt es darauf für die vorliegende Entscheidung nicht an. Dies kann jedoch - sofern die Nutzungsänderung tatsächlich erfolgt ist - bei der von der Beklagten voraussichtlich erfolgenden Neuverbescheidung und der hierbei von ihr festzusetzenden Mittelwerte berücksichtigt werden. Für die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des festzusetzenden Mittelwerts auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung erachtet das Gericht insoweit Ausführungen zur vorzunehmenden Mittelwertbildung - gegebenenfalls unter fachkundiger Beratung eines Lärmschutzgutachters - nicht nur für sinnvoll, sondern für notwendig.

2.5 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist zudem im Hinblick auf die Festsetzungen zu den sog. „seltenen Ereignissen“ rechtswidrig. Es wurden zum einen keine verbindlichen Lärmrichtwerte bei seltenen Ereignissen festgesetzt, zum anderen weist das von der Beklagten vorgelegte Lärmschutzgutachten, das Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist, Widersprüchlichkeiten hinsichtlich der prognostizierten Lärmrichtwerte bei seltenen Ereignissen auf, und schließlich ist weder für den Betreiber der Anlage noch für die betroffenen Nachbarn eindeutig ersichtlich, wann ein seltenes Ereignis i. S. v. Nr. 7.2 der TA Lärm vorliegt und wann es sich lediglich um Schwankungen im Normalbetrieb handelt. Ziffer 2 des Bescheids vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 verletzt daher in Bezug auf die Regelung von „Besonderen Veranstaltungen“ im kulturellen Bürgerhaus das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist insoweit inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und verstößt daher gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 VwVfG. Eine Baugenehmigung ist nur dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn sie Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lässt. Der Bauherr muss die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Diese Forderung hat gerade bei Veranstaltungsstätten besondere Bedeutung, bei denen die konkrete Betriebsgestaltung hinreichend klar in der Baugenehmigung festzulegen ist. Zu unbestimmt ist daher eine Baugenehmigung, wenn sie unter Einbeziehung der genehmigten Bauvorlagen das Vorhaben nicht ausreichend beschreibt und sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale bezieht, deren Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen (vgl. OVG NRW, U. v. 16.12.2014 - 7 A 2623/13 - juris Rn. 33).

Insbesondere muss eine Baugenehmigung sicherstellen, dass durch die beantragte Nutzung keine Lärmimmissionen hervorgerufen werden, die nach dem Gebot der Rücksichtnahme unzumutbar wären; sie muss die mit Rücksicht auf schutzwürdige nachbarschaftliche Belange gegebenenfalls erforderlichen Beschränkungen selbst klar und im sachlich gebotenen Umfang regeln. Es ist gerade Sinn und Zweck des Baugenehmigungsverfahrens, vor Ausführung des Vorhabens Verletzungen von Nachbarrechten verbindlich und verlässlich auszuschließen und deren Behebung nicht ungewissen und unbestimmten Verfahrensweisen in der Zukunft oder einem begleitenden Verwaltungsvollzug zu überlassen (vgl. BVerwG, B. v. 14.06.2011 - 4 B 3/11 - juris Rn. 6/10). Die Sicherung von Nachbarrechten bei einem Vorhaben, dessen Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, erfordert, dass Nutzungsmöglichkeiten des Vorhabens unter Umständen durch konkrete Regelungen beschränkt und maßgebliche Immissionsrichtwerte oder Beurteilungspegel als Grenzwerte bereits in der Baugenehmigung festgelegt werden (vgl. BayVGH, U. v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 35).

2.5.1 Nach Ziffer 2 des Änderungsbescheids vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 können im kulturellen Bürgerhaus an bis zu 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden besondere Veranstaltungen stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.2 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betreibstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und den Freiflächen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaals für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern) ist zu unterlassen. In der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 ergänzte der Vertreter der Beklagten Ziffer 2 des Änderungsbescheids dahingehend, dass es sich bei besonderen Veranstaltungen beispielsweise um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handle, die nachts - auch nach 22.00 Uhr - stattfinden, aber nicht mehr als 50 Personen im Außenbereich zulassen. Nach der Schallschutzprognose vom 13. Juli 2012, die zum Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemacht wurde, wurde bei besonderen Veranstaltungen (Beurteilung als seltenes Ereignis der TA Lärm) im Bürgersaal ein Innenpegel L = 102 dB(A) angesetzt (S. 41 und 27 des Gutachtens). Dabei wurde angenommen, dass sich bei besonderen Veranstaltungen im Nachtzeitraum 50 Personen in den Freibereichen westlich und südlich des kulturellen Bürgerhauses aufhalten und ein gegenüber den Szenarien 1 bis 4 erhöhter Emissionsansatz von Lw = 70 dB(A) (= Schalleistung für 1 Person bei Sprechen gehoben) gewählt (S. 22 des Gutachtens). Für die lauteste Nachstunde werde für Szenario 5 (besondere Veranstaltung) ein bestimmter Betriebsgang zugrunde gelegt (S. 18 des Gutachtens), der u. a. davon ausgeht, dass sich durchgehend 50 Personen im Freibereich des Bürgersaals aufhalten. Unter Ziffer 4.1.2 des Gutachtens (vgl. S. 13) wird Szenario 5 (Besondere Veranstaltungen, lauteste Nachtstunde), Beurteilung nach „seltenen Ereignissen“ als „Geräusche während besonderen Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus, Beurteilung nach seltenen Ereignissen der TA Lärm, lautestes Nachtstunde“ definiert. Eine weitergehende Bestimmung bzw. Definition der besonderen Ereignisse findet sich im Übrigen weder in der Baugenehmigung noch im Lärmschutzgutachten.

2.5.2 Nach Nr. 7.2 TA Lärm kann eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der Nrn. 6.1 und 6.2 TA Lärm zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betreib der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1. und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Dabei ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Dauer und der Zeiten der Überschreitungen, der Häufigkeit der Überschreitungen durch verschiedene Betreiber insgesamt sowie von Minderungsmöglichkeiten durch organisatorische und betriebliche Maßnahmen zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Nachbarschaft eine höhere als die nach den Nummern 6.1 und 6.2 zulässige Belastung zugemutet werden kann (Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm). Als äußerste Grenze sind gemäß Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 3 TA Lärm die (besonderen) Richtwerte gemäß Nr. 6.3 für seltene Ereignisse zu beachten (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 93). Dementsprechend ist bei der Zulassung seltener Ereignisse ein entsprechender Lärmrichtwert in der Baugenehmigung festzusetzen.

In der streitgegenständlichen Baugenehmigung sind für die zugelassenen seltenen Ereignisse keine Lärmrichtwerte festgesetzt. Auch das Lärmschutzgutachten vom 13. Juli 2012 sieht keine konkreten Lärmrichtwerte für seltene Ereignisse vor. In Tabelle 10 auf S. 32 des Gutachtens wird lediglich für das Szenario 5 als Immissionsrichtwert 55 dB(A) aufgeführt. Tabelle 11 auf S. 34 des Gutachtens enthält keine Angaben zu einzelnen kurzzeitigen Geräuschspitzen bei seltenen Ereignissen. Da nach Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm im Einzelfall zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang der Nachbarschaft eine höhere als die nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zulässige Belastung zugemutet werden kann, ist eine Festsetzung von Lärmrichtwerten bei seltenen Ereignissen erforderlich. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob bei einer fehlenden Festsetzung unmittelbar auf die Regelungen der TA Lärm zurückgegriffen werden kann, da im Bescheid nicht auf die TA Lärm verwiesen wird und zudem von einem ausreichenden Nachbarschutz nicht auszugehen ist, wenn die betroffenen Nachbarn zunächst vergeblich im streitgegenständlichen Bescheid nach konkreten Lärmrichtwerten suchen und nachdem sie auch in dem über 40seitigen Lärmschutzgutachten (mit über 54 Seiten Anhang), das Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist, ebenfalls keine konkreten Lärmrichtwertfestsetzung für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen finden konnten, schließlich auf die Regelung der TA Lärm verwiesen werden.

Darüber hinaus ist das vorgelegte Lärmschutzgutachten hinsichtlich der prognostizierten Lärmwerte bei seltenen Ereignissen teilweise widersprüchlich. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Beklagten ausgeführt, dass bei Szenario 5 (seltene Ereignisse) ein unrichtiger und zu hoher Spitzenpegelwert von 115 dB(A) statt 90 dB(A) angesetzt worden sei, so dass die prognostizierten Spitzenwerte in Anlage 5.5. auf Seite 3 falsch bzw. zu hoch seien.

Demgegenüber findet sich im Gutachten bei der „Beurteilung der Ergebnisse“ zu den kurzzeitigen Geräuschspitzen im Nachtzeitraum die Aussage, dass an den Immissionsorten der bestehenden schutzwerten Gebäude die auftretenden Spitzenpegel bei maximal 61 dB(A) liegen (vgl. S. 37 des Gutachtens), was nicht mit den in der Anlage 5.5 enthaltene Einzelwerten korrespondiert.

Diese Fehler und Widersprüche wecken Zweifel hinsichtlich der Zuverlässigkeit der prognostizierten Maximalpegel bei seltenen Ereignissen. Bedenken bestehen auch insoweit, als im Gutachten offenbar die einzelnen ermittelten Lärmwerte bei der Übertragung aus dem Anhang in den Hauptteil des Gutachtens gerundet wurden (vgl. die Tabellen 10 und 11 auf S. 32 und 34 gegenüber den Einzelwerten in Anlage 4), obwohl im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29). Wegen der notwendigen, aber fehlenden Festsetzung von Immissionsrichtwerten für die zugelassenen seltenen Ereignisse können diese Zweifel aber dahinstehen, da die Baugenehmigung bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben ist.

2.5.3 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist auch deshalb rechtswidrig, da in der Baugenehmigung Art und Zahl der seltenen Ereignisse konkret festzusetzen sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.2011 - 4 B 3/11 - juris Rn. 6 und 10), und eine entsprechende Festsetzung fehlt.

Ein seltenes Ereignis muss ein besonderes, vom regulären Betrieb abweichendes Ereignis sein, das gegenüber dem „Normalbetrieb“ eine eigenständige Bedeutung hat (vgl. BayVGH, U. v. 24.08.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405 - juris Rn. 33). Bloße Schwankungen innerhalb des Normalbetriebs der Anlage, die bei wertender Betrachtung nicht als außergewöhnlicher Betriebszustand angesehen werden können, stellen keine seltenen Ereignisse im Sinn von Nr. 7.2 TA Lärm dar (vgl. OVG Münster, Urt. v. 15.05.2013 - 2 A 3010/11, NVwZ-RR 2013, 951 - juris Rn. 56). Ferner muss aus der Baugenehmigung selbst ersichtlich sein, wie die zahlenmäßige Begrenzung auf zehn Ereignisse an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden durchgesetzt werden soll (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95).

Nach der in der Baugenehmigung und dem Lärmschutzgutachten enthaltenen Beschreibung der seltenen Ereignisse muss die Klägerin an sich jederzeit damit rechnen, dass Veranstaltungen stattfinden, die wegen ihrer besonderen Lautstärke nur ausnahmsweise zulässig sind. Denn schon nach der Planung haben deutlich mehr als 10 Veranstaltungen das Potential, seltene Ereignisse zu sein, zumal der Bürgersaal für 300 Personen ausgelegt ist. Nach den getroffenen Festlegungen zu den seltenen Ereignissen in der Baugenehmigung und im Lärmschutzgutachten ist nicht anhand objektiver, nachprüfbarer Kriterien erkennbar, ob eine Veranstaltung, die für normale Veranstaltungen festgelegten Richtwerte einhält oder überschreitet und damit ungeplant zu einem seltenen Ereignis wird. Das würde bedeuten, dass bei jeder in die Nachtzeit hinreichenden Veranstaltung erst während der Veranstaltung festgestellt werden könnte (wohl durch Messung), ob der am 20. April 2015 in der mündlichen Verhandlung festgesetzte Nachtrichtwert für den Normalbetrieb am klägerischen Anwesen überschritten wird und die Veranstaltung aus diesem Grund auf das Kontingent der „seltenen Ereignisse“ anzurechnen ist. Abgesehen davon, dass die Baugenehmigung eine Nebenbestimmung, die dies vorschreibt, nicht enthält, ist es offensichtlich, dass eine solche Regelung nicht praktikabel wäre (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95). Zudem stellt die Baugenehmigung nicht hinreichend sicher, dass es nicht zu mehr als 10 seltenen Ereignissen kommt. Die dort getroffenen Regelungen sind unklar und auch ungeeignet, da nach diesen Regelungen nicht vorhersehbar ist, ob es sich um eine Veranstaltung im „Normalbetrieb“ handelt oder um ein seltenes Ereignis. Darüber hinaus wäre im Hinblick auf die Beschränkung und Kontingentierung auf maximal 10 seltene Ereignisse im Jahr eine „Buchführung“ erforderlich (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95). Ob die Voraussetzungen der Ziffer 2 der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 vorliegen und die jeweilige Veranstaltung aus diesem Grund auf das Kontingent der „seltenen Ereignisse“ anzurechnen ist, lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit im Voraus feststellen. Zwar ist geregelt, dass es sich um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handeln soll und sich im Freibereich nach 22.00 Uhr nicht mehr als 50 Personen aufhalten dürfen. Es ist aber weder geregelt, welche weiteren Veranstaltungen ein seltenes Ereignis darstellen, noch sind Maßnahmen festgelegt, die sicherstellen, dass sich im Freibereich nach 22.00 Uhr trotz der zwei getrennten Ausgänge, nicht mehr als 50 Personen aufhalten.

Darüber hinaus ist es der Klägerin nicht möglich festzustellen, ob die in 7.2 TA Lärm enthaltene Regelung, wonach seltene Ereignisse nicht an mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, eingehalten wird.

Ohne hinreichend bestimmte Regelung in der Baugenehmigung ist es daher für die Klägerin weder vorhersehbar, ob es sich bei einer Veranstaltung um ein seltenes Ereignis im Sinn von 7.2 TA Lärm handelt, bei dem höhere Lärmimmissionen von den Nachbarn hinzunehmen sind, noch, welche konkreten Lärmimmissionen im Falle eines seltenen Ereignisses den Nachbarn zumutbar sind. Ferner kann die Klägerin nicht nachprüfen, ob das Kontingent von 10 seltenen Ereignissen und die Wochenendregelung bereits ausgeschöpft sind, und sie deshalb kein weiteres seltenes Ereignis (an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden) mehr hinnehmen muss. Auch der Betreiber muss wissen, welche Nutzungsarten noch vom Genehmigungsumfang gedeckt sind, ohne Nachbarrechte zu verletzen.

Da die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassenen zehn seltenen Ereignisse anders als etwa in der Baugenehmigung vom ... Februar 2011 ihrem Charakter nach nicht hinreichend bestimmt umrissen sind und weitere konkrete objektive Kriterien, die die Einordnung einer Veranstaltung als „seltenes Ereignis“ im Voraus ermöglichen und für alle Beteiligten nachprüfbar gestalten, fehlen, ist im Hinblick auf die ausnahmsweise Zulassung seltener Ereignisse ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht gewährleistet. Die Regelung über die seltenen Ereignisse ist so, wie sie im Bescheid vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 getroffen wurde, nicht praktikabel, weil nicht festgestellt werden kann, welche Veranstaltungen auf das Kontingent der seltenen Ereignisse anzurechnen sind (vgl. BayVGH, U. v. 18.07.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl 2003, 503 - juris Rn. 63).

Dass für die Durchführung bestimmter größerer Veranstaltungen, die als seltenes Ereignisse einzustufen sind, unter Umständen zusätzlich eine eigene gaststättenrechtliche oder sicherheitsrechtliche Genehmigung einzuholen ist, ist von der bauplanungsrechtlichen Beurteilung zu unterscheiden und führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn soweit die Lärmbeeinträchtigungen aufgrund der Baugenehmigung dem Vorhaben zuzurechnen sind, muss durch die Baugenehmigung selbst sichergestellt werden, dass Verletzungen des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen werden (vgl. BayVGH, U. v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 37).

Da die streitgegenständliche Baugenehmigung schon im Hinblick auf die notwendige Mittelwertbildung sowie die unzureichenden Immissionsrichtwerte hinsichtlich seltener Ereignisse sich als rechtswidrig darstellt und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, kommt es auf die weiteren von der Klägerin gerügten rechtlichen Defizite nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift;
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist;
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist;
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt;
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Für Vorhaben, für die das Verfahren zur Feststellung der UVP-Pflicht im Einzelfall nach § 3c oder nach § 3e Absatz 1 Nummer 2 in der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, sind die Vorschriften des Teils 2 Abschnitt 1 über die Vorprüfung des Einzelfalls in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(2) Verfahren nach § 4 sind nach der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, zu Ende zu führen, wenn vor diesem Zeitpunkt

1.
das Verfahren zur Unterrichtung über voraussichtlich beizubringende Unterlagen in der bis dahin geltenden Fassung des § 5 Absatz 1 eingeleitet wurde oder
2.
die Unterlagen nach § 6 in der bis dahin geltenden Fassung dieses Gesetzes vorgelegt wurden.

(3) Verfahren nach § 33 sind nach der Fassung dieses Gesetzes, die vor dem 16. Mai 2017 galt, zu Ende zu führen, wenn vor diesem Zeitpunkt der Untersuchungsrahmen nach § 14f Absatz 1 in der bis dahin geltenden Fassung dieses Gesetzes festgelegt wurde.

(4) Besteht nach den Absätzen 1 bis 2 eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und ist diese gemäß § 50 im Bebauungsplanverfahren nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchzuführen, gilt insoweit § 244 des Baugesetzbuchs.

(5) (weggefallen)

(6) Verfahren zur Errichtung und zum Betrieb sowie zur Änderung von Rohrleitungsanlagen nach Nummer 19.3 der Anlage 1, die vor dem 25. Juni 2002 eingeleitet worden sind, sind nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950) zu Ende zu führen.

(6a) Eine Genehmigung für eine Rohrleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender Stoffe, die nach § 19a Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes in der am 28. Februar 2010 geltenden Fassung erteilt worden ist, gilt, soweit eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, als Planfeststellung nach § 65 Absatz 1, in den übrigen Fällen als Plangenehmigung nach § 65 Absatz 2 fort. Eine Rohrleitungsanlage zum Befördern wassergefährdender Stoffe, die nach § 19e Absatz 2 Satz 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes in der am 28. Februar 2010 geltenden Fassung angezeigt worden ist oder keiner Anzeige bedurfte, bedarf keiner Planfeststellung oder Plangenehmigung; § 66 Absatz 2 und 6 gilt entsprechend.

(7) (weggefallen)

(8) Die Vorschriften des Teils 3 gelten für Pläne und Programme, deren erster förmlicher Vorbereitungsakt nach dem 29. Juni 2005 erfolgt. Verfahren zur Aufstellung oder Änderung von Plänen und Programmen, deren erster förmlicher Vorbereitungsakt nach dem 20. Juli 2004 erfolgt ist, sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen.

(9) Pläne und Programme, deren erster förmlicher Vorbereitungsakt vor dem 21. Juli 2004 erfolgt ist und die später als am 20. Juli 2006 angenommen oder in ein Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, unterliegen den Vorschriften des Teils 3. § 48 dieses Gesetzes sowie § 27 Absatz 1 und 3 des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt.

(10) Verfahren, für die nach § 49 Absatz 1 eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist und die vor dem 1. März 2010 begonnen worden sind, sind nach diesem Gesetz in der ab dem 1. März 2010 geltenden Fassung zu Ende zu führen. Hat eine Öffentlichkeitsbeteiligung bereits stattgefunden, ist von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 9 in der vor dem 29. Juli 2017 geltenden Fassung abzusehen, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Hat eine Behördenbeteiligung bereits stattgefunden, bedarf es einer erneuten Beteiligung nach den §§ 7 und 8 in der vor dem 29. Juli 2017 geltenden Fassung nur, wenn neue Unterlagen zu erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens vorliegen.

(11) Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen und die vor dem 25. Juni 2005 begonnen worden sind, sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 15. Dezember 2006 geltenden Fassung zu Ende zu führen. Satz 1 findet keine Anwendung auf Verfahren, bei denen das Vorhaben vor dem 25. Juni 2005 bereits öffentlich bekannt gemacht worden ist.

(12) Für Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach Nummer 13.2.2 der Anlage 1 dienen, findet dieses Gesetz nur Anwendung, wenn das Verfahren nach dem 1. März 2010 eingeleitet worden ist. Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den Nummern 3.15, 13.1 bis 13.2.1.3, 13.3 bis 13.18 und 17 der Anlage 1 dienen und die vor dem 1. März 2010 eingeleitet worden sind, sind nach der bis zu diesem Tag geltenden Fassung des Gesetzes zu Ende zu führen.

(13) Für Verfahren nach § 4, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach Nummer 17.3 der Anlage 1 dienen, ist dieses Gesetz nur anzuwenden, wenn das Verfahren nach dem 1. August 2013 eingeleitet worden ist.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

Tenor

I. Die Verfahren 22 CS 15.686, 22 CS 15.687, 22 CS 15.688, 22 CS 15.689, 22 CS 15.690, 22 CS 15.691 und 22 CS 15.952 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. März 2015 (Az. W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, -.155) und der Beschluss vom 15. April 2015 (Az. W 4 S 15.286) werden geändert.

Die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen werden abgelehnt.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen tragen jeweils als Gesamtschuldner die Antragsteller zu 1 und 2 zu 1/4, die Antragsteller zu 5 und 6 zu 1/4, die Antragsteller zu 3 und 4 zu 1/2.

IV. Unter Änderung von Nr. III der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert in den erstinstanzlichen Verfahren W 4 S 15.155, -.156, -.158, -.159, -.160, und -.161 auf jeweils 3.750 €, im Verfahren W 4 S 15.286 auf 7.500 € und für die verbundenen Verfahren im Beschwerdeverfahren auf insgesamt 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragsteller wenden sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windkraftanlagen. Als „Bürgerwindpark S... Wald" wurden insgesamt zehn Windkraftanlagen genehmigt, von denen sieben Anlagen Gegenstand verschiedener Verfahren beim Verwaltungsgericht waren wie folgt (die angegebene Entfernung bezieht sich jeweils auf die Koordinaten der - im vorläufigen Rechtsschutzantrag und im dementsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts genannten - „bekämpften“ Windkraftanlage und des Wohnhausmittelpunkts):

AZ des VGH AZ des VG Lfd. Nr. der Ast. im Rubrum Grundst. der Ast., FlNr. in Gemark. K..., Adresse, Entfern. WKA-Nr., FlNr. des Baugrundst., Gemark.
22 CS 15.686 W 4 S 15.161 1) und 2) FlNr. 122/6 B...: zu WKA 10: 2.176 m zu WKA 9: 2.165 m. Nr. 10 (FlNr. 1459, K...)
22 CS 15.690 W 4 S 15.160 1) und 2) Nr. 9 (FlNr. 4273, H...)
22 CS 15.687 W 4 S 15.159 3) und 4) FlNr. 226/1; A... (Wohnadr.); R...: zu WKA 8: 1.495 m zu WKA 7: 1.434 m zu WKA 4: 1.619 m; FlNr. 226; A...: zu WKA 8: 1.472 m zu WKA 7: 1.416 m zu WKA 4: 1.623 m. Nr. 8 (FlNr. 4272, H...)
22 CS 15.689 W 4 S 15.158 3) und 4) Nr. 7 (FlNr. 1473, K...)
22 CS 15.952 W 4 S 15.286 3) und 4) Nr. 4 (FlNr. 3767, H...)
22 CS 15.688 W 4 S 15.156 5) und 6) FlNr. 224/3 A..., ...: zu WKA 6: 1.343 m zu WKA 5: 1.463 m. Nr. 6 (FlNr. 1472, K...)
22 CS 15.691 W 4 S 15.155 5) und 6) Nr. 5 (FlNr. 99, S...)

Die Antragsteller zu 5 und 6 sind nach ihrem Vortrag zudem Miteigentümer der erschlossenen Baugrundstücke FlNrn. 224/2 und 224/5, die westlich bzw. südlich an ihr Wohngrundstück FlNr. 224/3 angrenzen und etwa 15 m bis 30 m näher als dieses an den Windkraftanlagen liegen. Von den Windkraftanlagen Nrn. 4 bis 10 ist Anlage Nr. 6 diejenige mit dem geringsten Abstand zu jedem der streitgegenständlichen betroffenen Grundstücke; von diesen wiederum hat das Grundstück FlNr. 226 (A... 19) die geringste Entfernung zur nächstgelegenen Windkraftanlage (nämlich 1.294 m zur Anlage Nr. 6, die indes nicht von den Antragstellern zu 3 und 4 „bekämpft“ wird, sondern von den Antragstellern zu 5 und 6, deren Anwesen aber von der Anlage Nr. 6 weiter weg sind als die Anwesen der Antragsteller zu 3 und 4).

Die vorliegend nicht streitgegenständlichen drei Windkraftanlagen sollen auf den Grundstücken FINrn. 116 und 104 der Gemarkung S... sowie FINr. 3766 der Gemarkung H... gebaut werden.

Ursprünglich vorgesehen waren Windkraftanlagen des Typs Vestas V 112-3.0 MW mit einer Nabenhöhe von jeweils 140 m, einer Nennleistung von 3.000 kW, einem Rotorradius von 56 m und einer Gesamthöhe von 196 m. Nach einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung (vom 25.8.2013) mit dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nachfolgend: UVP) erforderlich sei, nach Durchführung dieser UVP und u.a. einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (vom 13.8.2013) genehmigte das Landratsamt H... diese Windkraftanlagen im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BlmSchG mit Bescheid vom 28. Februar 2014 gegenüber der Beigeladenen zu 1. Gegen die Genehmigung erhoben die Antragsteller jeweils Anfechtungsklage.

Nach einer Umplanung des Windparks genehmigte auf Antrag der Beigeladenen zu 1 das Landratsamt im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BlmSchG nach einer erneuten allgemeinen Vorprüfung mit dem Ergebnis, dass keine weitere UVP erforderlich sei, mit Bescheid vom 18. Juli 2014 nach § 16 BlmSchG die Änderung des Anlagentyps auf - nunmehr - den Typ Nordex N 117-2.4 MW, der zugleich eine andere Nabenhöhe (141 m) und einen anderen Rotorradius (58,5 m) und damit eine andere Gesamthöhe (199 m) hat. Nach dem Vortrag der Antragsteller gegenüber dem Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 28.2.2015) sei auch die Turmbauweise der jeweiligen Anlagen geändert (nunmehr: Hybridturm aus Beton bis zur Höhe von 91 m, dann aus Stahlrohr; zuvor: Turm ganz aus Stahlrohr). Bezüglich einer während des Änderungsverfahrens der Unteren Naturschutzbehörde mitgeteilten Uhu-Sichtung im Bereich der Anlagenstandorte führte das Landratsamt im Bescheid aus, aus naturschutzfachlicher Sicht ändere sich hierdurch die Situation gegenüber der genehmigten Planung nicht grundsätzlich. Ein Brutnachweis in der Beeinträchtigungszone liege weiterhin nicht vor. Zwar sei möglich, dass der Uhu die gerodete Fläche auch als Nahrungshabitat mit nutze. Dieser Bereich sei aber sicher nicht der Schwerpunkt seiner Nahrungshabitate. Insofern werde aus naturschutzfachlicher Sicht davon ausgegangen, dass weiterhin kein signifikant höheres Kollisionsrisiko für den Uhu bestehe. Unabhängig davon sei dem Betreiber in der Änderungsgenehmigung empfohlen worden, seinen in die Planung eingebundenen Biologen zu verständigen, um ggf. entstehende Auswirkungen vorab beurteilen zu können.

Unter Nr. VI des Bescheids vom 18. Juli 2014 ordnete das Landratsamt zudem die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 28. Februar 2014 „in der Fassung dieser Änderungsgenehmigung“ vom 18. Juli 2014 an. Auch gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 erhoben die Antragsteller jeweils Klage.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 25. August 2014 strich das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen zu 1 (vom 19.8.2014) den unter Nr. V des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 enthaltenen allgemeinen Auflagenvorbehalt ersatzlos. Mit Schreiben jeweils vom 29. August 2014 zeigten beide Beigeladenen dem Landratsamt übereinstimmend an, dass die Beigeladene zu 2 „die Rechtsstellung als Genehmigungsinhaberin“ der Genehmigungen vom 28. Februar 2014, 18. Juli 2014 und 25. August 2014 und alle mit diesen Genehmigungen zusammenhängenden Rechte und Pflichten von der Beigeladenen zu 1 übernommen habe; im Beschwerdeverfahren haben die Beigeladenen auf Nachfrage des Verwaltungsgerichtshofs erklärt, die Beigeladene zu 1 existiere weiterhin und habe an der Aufrechterhaltung der angegriffenen Genehmigungen jedenfalls ein wirtschaftliches Interesse.

2. Die Antragsteller haben vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg – jeweils in Bezug auf die in der obigen Tabelle ihnen zugeordneten Windkraftanlagen – beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erhobenen Anfechtungsklagen wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat den Anträgen mit Beschlüssen vom 27. März 2015 (W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, und -.155) bzw. vom 15. April 2015 (W 4 S 15.286) stattgegeben.

3. Der Antragsgegner und die Beigeladenen gemeinsam haben hiergegen Beschwerde eingelegt und jeweils beantragt,

unter Änderung der entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Die Beigeladenen haben hinsichtlich der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 im jeweiligen Verfahren außerdem beantragt,

die Rechtswidrigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. März 2015 in der Fassung vom 27. März 2015 festzustellen.

Sie machen geltend, diese Beschlüsse seien wegen des Fehlens einer Begründung entgegen § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO rechtsfehlerhaft. Dies sei im berechtigten Interesse der Beigeladenen festzustellen, weil zu befürchten sei, dass das Verwaltungsgericht künftig wieder unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG auf diese Weise verfahre.

Die Antragsteller haben jeweils beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, da das Verwaltungsgericht richtig entschieden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten der verbundenen Verfahren und die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die statthaften und zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind begründet. Die geltend gemachten Beschwerdegründe erfordern eine Änderung der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse. Diese erweisen sich nach summarischer Prüfung im Beschwerdeverfahren auch nicht aus andern, von den Antragstellern geltend gemachten Gründen als gerechtfertigt. Sie sind demzufolge zu ändern; die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen sind abzulehnen. Dass die Anfechtungsklagen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich abzuweisen sein werden, unterliegt trotz tatsächlicher Unklarheiten und noch nicht abschließend geklärter Rechtsfragen jedenfalls keinen ernstlichen Zweifeln; vielmehr überwiegen im Rahmen einer Gesamtabwägung die Interessen der Beigeladenen die Interessen der Antragsteller (§ 4a Abs. 3 und 4 UmwRG).

Die Anträge der Antragsteller richten sich entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen gegen die Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014, sondern auch ihrer Anfechtungsklagen gegen die Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014; das Verwaltungsgericht ist insofern nicht unter Verstoß gegen § 88 VwGO über die Anträge hinausgegangen. Zwar beziehen sich die – von einem Rechtsanwalt gestellten – Anträge der Formulierung nach nur auf die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung. Gleichwohl ist in der Gesamtschau zweifelsfrei das Rechtsschutzziel der Antragsteller erkennbar, nicht nur den Vollzug der Änderungsgenehmigung, sondern auch den der Ausgangsgenehmigung vorläufig zu hemmen. Dass sich die Begründung des vorläufigen Rechtsschutzantrags schwerpunktmäßig mit dem Änderungsbescheid befasst, liegt ersichtlich daran, dass erst mit diesem Bescheid – auch in Bezug auf die Ausgangsgenehmigung – die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Zudem haben die Antragsteller im Antragsschriftsatz vom 28. Februar 2015 auf die gegen die Ausgangsgenehmigung erhobenen Anfechtungsklagen verwiesen, die Klagebegründung beigefügt und in ihren Antragsbegründungen mehrfach – erneut – auch die Fehlerhaftigkeit der vor Erteilung der Ausgangsgenehmigung durchgeführten UVP sowie des Genehmigungsverfahrens insgesamt geltend gemacht.

1. Soweit die Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine nach ihrer Ansicht unzureichende oder fehlerhafte Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bemängelt haben, ist dem das Verwaltungsgericht nicht gefolgt und hat unter Nr. II.2.1 der angegriffenen Beschlüsse (vom 27.3.2015 bzw. 15.4.2015) ausgeführt, die vom Landratsamt im angegriffenen Bescheid vom 18. Juli 2014 gegebene Begründung für den Sofortvollzug genüge deren gesetzlichem Zweck und der formellen Begründungspflicht. Mit dieser Thematik brauchten sich die Beigeladenen in ihrer Beschwerde nicht zu befassen. Die Antragsteller ihrerseits haben nichts vorgetragen, was die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts als fehlerhaft erscheinen lassen könnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich keine Bedenken.

2. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist zunächst zu bedenken, dass die Verletzung materieller subjektiver Rechte der Antragsteller aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder aus § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB unwahrscheinlich ist.

Wehrfähige Rechte Dritter aus § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG werden nicht durch jede unangenehme Einwirkung einer Anlage verletzt. Vielmehr besteht ein Abwehrrecht gegen „schädliche Umwelteinwirkungen“ nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG erst dann, wenn die Immissionen „erheblich“, nämlich „nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen“ herbeizuführen. Die Antragsteller haben in jedem der sieben Verfahren andere Grundstücke und andere Windkraftanlagen streitgegenständlich gemacht; die geringste streitgegenständliche Entfernung beträgt 1.343 m; selbst die Entfernung der Windkraftanlage Nr. 6 zum Grundstück FlNr. 224/3, dessen Eigentümer aber nur Klage in Bezug auf drei andere einzelne Windkraftanlagen erhoben haben, ist nur wenig geringer (1.294 m). Angesichts der bestehenden Distanzen zwischen den betroffenen Anwesen und dem Windpark ist eine etwaige Beeinträchtigung sowohl in Bezug auf Schall (einschließlich tieffrequentem Schall) als auch auf Lichtreflexionen, Eiswurf und Eisfall (jedenfalls) nicht erheblich und auch eine – nach dem Rücksichtnahmegebot nicht hinzunehmende – „optisch bedrängende Wirkung“ nicht anzunehmen.

2.1. Dies gilt zunächst für die von den Antragstellern befürchteten Lärmimmissionen. Soweit erkennbar können die für die Tagzeit maßgeblichen Immissionsrichtwerte unproblematisch eingehalten werden. Die Einhaltung der maßgeblichen nächtlichen Immissionsrichtwerte hat das Landratsamt mit Nebenbestimmungen im Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben (Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3) und diesen Anordnungen ausdrücklich unter Nr. II.47 des Bescheids die Prognose im behördlicherseits eingeholten Gutachten der TÜV Süd Industrie Service GmbH, Regensburg, (nachfolgend: „TÜV Süd“) vom 30. Juni 2014 zu Grunde gelegt. Dieser Prognose zufolge ist selbst am Immissionsort „A... 30“ in K..., der den Windkraftanlagen näher liegt als jedes der Anwesen der Antragsteller, in der Nacht nur ein Beurteilungspegel von 39,5 dB(A) zu erwarten, während der für allgemeine Wohngebiete maßgebliche nächtliche Immissionsrichtwert 40 dB(A) beträgt. Zum Schutz der Nachbarschaft ungenügend (mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Genehmigung) wären die Nebenbestimmungen in Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3 des angefochtenen Bescheids nur dann, wenn diese Nebenbestimmungen nicht einhaltbar oder ihre Einhaltung nicht überwachbar wären. Davon kann aber trotz der zahlreichen Einwände, die die Antragsteller gegen die Richtigkeit der Prognose erheben, nicht ausgegangen werden; gegebenenfalls obliegt es dem Betreiber der Windkraftanlagen, im Fall berechtigter Beschwerden über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Windkraftanlagen Abhilfe z.B. durch eine zeitweise Abschaltung einzelner Anlagen zu schaffen.

2.2. In Bezug auf tieffrequenten Schall und Infraschall hat das Landratsamt in der die ursprünglich geplanten, nur unwesentlich anderen Windkraftanlagen betreffenden Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014 zu Recht die Einwände der Antragsteller als unberechtigt erachtet (Nr. II.4.2 Buchst. a, S. 35, 41 und 48). Seine Ausführungen stehen im Einklang mit der Einschätzung im Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011), wonach davon ausgegangen werden kann, dass ab einem Abstand von 250 m zu einer Windkraftanlage in der Regel keine erheblichen Belästigungen durch Infraschall mehr zu erwarten sind und dass bei Abständen von mehr als 500 m regelmäßig die Windkraftanlage nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt (Windkrafterlass Nr. 8.2.8, S. 22). Dem Bericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg – LUBW – zufolge („Tieffrequente Geräusche und Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen, Zwischenbericht über Ergebnisse des Messprojekts 2013-2014“, Stand Dezember 2014, S. 10 und 36 – „Zwischenbericht 2014“ – im Internet unter http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) war bei bisher vier Messungen zu beobachten, dass sich beim Einschalten einer untersuchten Windkraftanlage der im Abstand von 700 m gemessene Infraschallpegel nicht mehr nennenswert erhöht, sondern der Infraschall im Wesentlichen vom Wind erzeugt wird, aber nicht vom Betrieb der Windenergieanlage. Die LUWB in diesem Zwischenbericht 2014 wie auch das Bayerische Landesamt für Umwelt – LfU – in seiner Internetpublikation „Windenergieanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?“ (aktualisierte Neufassung vom November 2014 –

http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den öffentlich zugänglichen Bericht über Messungen an einem Wohnhaus, das ungefähr 600 m von einem Windpark mit 14 Windkraftanlagen entfernt steht (Büro „K...“, Schalltechnischer Bericht Nr. 27257-1.006 vom 26.5.2010 über die Ermittlung und Beurteilung der anlagenbezogenen Geräuschimmissionen der Windenergieanlagen im Windpark Hohen Pritz, http://www.lung.mv-regierung.de/dateien/infraschall.pdf - nachfolgend: „Bericht K...“). Diese erbrachten u.a. das Ergebnis, dass zwischen den Betriebszuständen „WEA an“ und dem Hintergrundgeräusch kein nennenswerter Unterschied zu erkennen war (Bericht K..., Nr. 5 auf S. 11, Nr. 7.4 auf S. 33, Nr. 7.5 auf S. 34). Bei der Messung waren zwei unmittelbar benachbarte Windkraftanlagen zeitweise abgeschaltet, die übrigen, ab einer Entfernung von 500 m stehenden Anlagen dagegen ständig in Betrieb (Bericht K..., Nr. 6.1 auf S. 16). Ferner verweist die LUBW auf Messungen in Australien an Windfarmen, denen zufolge die Infraschall-Expositionen, die in der Nähe von Windfarmen in Wohnhäusern gemessen wurden, dem Bereich entsprachen, der in vergleichbaren Regionen ohne Windkraftanlagen ermittelt wurde (LUBW, Zwischenbericht 2014, S. 36). Der Einwand der Antragsteller im Schriftsatz vom 20. Mai 2015, wonach der Nachtragsbericht (Nr. MS-1307-129-BY-de) des „TÜV-Süd“ sich mit dem Thema „tieffrequenter Schall" nicht ausreichend auseinandersetze und insbesondere die diesbezüglichen Änderungen der DIN 45680 nicht beachte, die den aktuellen „Stand der Technik“ wiedergebe, ist nicht geeignet, die Bewertung des Landratsamts in Frage zu stellen. Zum Einen liegt die geänderte DIN 45680 – nach einem wieder zurückgezogenen Entwurf vom August 2011 – weiterhin nur in einer Entwurfsfassung vom September 2013 vor. Nach Nr. 7.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.5 des Anhangs zur TA Lärm der Anlage ist daher weiterhin für die Ermittlung und Bewertung tieffrequenter Geräusche auf die Hinweise der DIN 45680, Ausgabe März 1997, und die im dazugehörenden Beiblatt 1 genannten Anhaltswerte zurückzugreifen, bei deren Einhaltung schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten sind. Zum Andern haben die Anwesen der Antragsteller vom geplanten Windpark mindestens die doppelte Entfernung derjenigen Distanz, die nach den bisherigen fachlichen Einschätzungen als ausreichend zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall angesehen wird, so dass die Annahme fern liegt, bei Zugrundelegung der geänderten DIN 45680 in der Fassung des Entwurfs vom September 2013 könne sich das Ergebnis maßgeblich zugunsten der Antragsteller ändern.

Auch Anhaltspunkte dafür, dass die nunmehr geplanten, mit dem Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 genehmigten Anlagen aufgrund ihres um ca. 4 % größeren Rotorradius, der um ca. 2 % größeren Gesamthöhe, der veränderten Bauweise des Turms und der geringeren Leistung eine andere als die auf die ursprünglich geplanten Anlagen bezogene Beurteilung erforderten, bestehen nicht.

2.3. Soweit die Antragsteller die Richtigkeit der Berechnungen im Gutachten des TÜV Süd vom 30. Juni 2014 anzweifeln und in diesem Zusammenhang bemängeln, dass gemäß Nr. IV.1.5 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 (anders als noch im Ausgangsbescheid vom 28.2.2014) der Einsatz einer Abschalteinrichtung für Schattenwurf-Immissionen nicht mehr gefordert werde, ist ihre Argumentation nicht stichhaltig. Die fachliche Einschätzung des TÜV Süd, derzufolge der Schattenwurf der mit dem Änderungsbescheid genehmigten Windkraftanlagen weniger stark ist als die von den ursprünglich geplanten Anlagen verursachte Verschattung, lässt sich durchaus mit einer veränderten Blattgeometrie erklären. Ein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen (einerseits) einem größeren Rotordurchmesser und einer größeren Gesamthöhe der Windkraftanlagen sowie (andererseits) der Blattgeometrie dahingehend, dass deren „Verbesserungen“ (im Sinn einer Verringerung des Schattenwurfs) durch „Verschlechterungen“ auf der anderen Seite kompensiert würden, besteht entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht. Zudem lassen die Antragsteller außer Acht, dass – nach den von ihnen nicht angegriffenen Ausführungen unter Nr. 4.1.2 des Änderungsbescheids – die Berechnung des Gutachters im Sinn einer „worst-case-Analyse“ von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgeht, die aber in der Realität – z.B. wegen Regens oder dichter Wolkendecke – nicht erreicht werden wird.

2.4. Sonstige Gefahren im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Eiswurf für die Anwesen der Antragsteller können angesichts der vorliegend gegebenen Entfernungen zu den Windkraftanlagen (1.300 m und mehr) ausgeschlossen werden, wenn die Anlagen – wie durch Nr. IV.1.4 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben – mit technischen Einrichtungen ausgestattet werden, die Eisansatz an den Rotorblättern erkennen und dann den Rotorstillstand oder Trudelbetrieb herbeiführen, und diese Ausstattung vor der Inbetriebnahme dem Landratsamt nachgewiesen wird.

2.5. Eine „optisch bedrängende“ Wirkung, die gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs bei summarischer Prüfung schon nach den von den Antragstellern selbst vorgelegten Visualisierungen nicht angenommen werden. Der hiernach gewonnene Eindruck bestätigt die – auch vom Verwaltungsgerichtshof angewandte (BayVGH, B.v. 1.12.2014 – 22 ZB 14.1594 – BayVBl 2015, 306) – Faustregel, wonach bei einem Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage von mindestens der dreifachen Gesamthöhe der Anlage diese Anlage regelmäßig nicht „optisch bedrängend“ auf die Wohnnutzung wirkt. Vorliegend betragen die Abstände mindestens das Sechsfache, bei den meisten Anwesen mehr als das Siebenfache und z.T. mehr als das Zehnfache. Der Anblick einer mehrere Kilometer langen „Kette“ von zehn Windkraftanlagen über dem Horizont bzw. einem bewaldeten oder auch freien Höhenzug mag (möglicherweise sogar durch die subjektive Einstellung gegenüber Windkraftanlagen beeinflusst) als unschön empfunden werden. Von einer „bedrängenden Wirkung“ kann aber vorliegend offensichtlich nicht die Rede sein.

2.6. Auf einen von den Antragstellern im Schriftsatz vom 20. Mai 2015 (S. 50) geltend gemachten Verstoß gegen das Gebot, Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit vor der Entscheidung über ihre Zulässigkeit in einem Raumordnungsverfahren auf ihre Raumverträglichkeit zu überprüfen (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayLPlG), könnten sich die Antragsteller nicht berufen. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayLPlG ist nicht drittschützend; ein abgrenzbarer Kreis zu schützender Dritter kann der Vorschrift nicht entnommen werden.

3. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist weiter bedeutsam, dass zwar bei Erteilung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen (vom 28.2.2014 und vom 18.7.2014) verfahrensrechtliche Vorschriften des UVPG verletzt worden sein könnten, dass dies aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht überwiegend wahrscheinlich ist, und dass eventuelle Verstöße nicht unbedingt zu einem Aufhebungsanspruch führen (insbesondere weil derartige Verstöße vorliegend keine Beteiligungs- oder Informationsrechte der Antragsteller nach dem UVPG betreffen würden).

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Antragsteller sich auf § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG berufen könnten, unabhängig davon, ob die das Verwaltungsverfahren abschließende immissionsschutzrechtliche Genehmigung selbst den Antragstellern zustehende subjektiv-öffentliche Rechte materieller Art verletzt. Dem kann im Ergebnis wohl nicht gefolgt werden. Denn entscheidungserhebliche Fehler der vor dem Erlass des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vermag der Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen; dasselbe gilt hinsichtlich der hier wohl ebenfalls zu berücksichtigenden vorausgegangenen UVP.

3.1. Ob eine UVP überhaupt durchgeführt werden muss, richtet sich nach §§ 3b bis 3f UVPG (vgl. § 3a Satz 1 UVPG). Besteht – wie dies vorliegend der Fall ist – die gesetzliche Pflicht zur Durchführung einer UVP nicht schon (ohne nähere Prüfung) aufgrund der Art, Größe oder Leistung eines Vorhabens (§ 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Spalte 1 zum UVPG), ist aber für das Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen (Anlage 1 Spalte 2), so muss die zuständige Behörde „aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien“ ermitteln, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären, und – bejahendenfalls – eine UVP durchführen (§ 3c Satz 1 UVPG).

Ob eine allgemeine Vorprüfung rechtsfehlerhaft gewesen ist, bestimmt sich in tatsächlicher Hinsicht nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde bis zum Abschluss der Prüfung (vgl. BayVGH, B.v. 27.5.2015 – 22 CS 15.485 – Rn. 17; BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – NuR 2012, 403/405).

3.2. Vorliegend kann die von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG geregelte Fallgestaltung einer (möglicherweise) aufgrund fehlerhafter allgemeiner Vorprüfung unterlassenen UVP nur den Gegenstand der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 betreffen, da vor der Ausgangsgenehmigung für deren Gegenstand eine UVP nicht unterblieben ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), sondern durchgeführt wurde.

Ein Neugenehmigungsverfahren einer anderen Anlage (anstelle des vorliegend durchgeführten Änderungsverfahrens nach § 16 BImSchG) und ein neues Vorhaben anstelle eines geänderten Vorhabens im Sinn von § 3e Abs. 1 UVPG bzw. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV, das aus denselben Gründen wie das mit dem Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2014 genehmigte Vorhaben auch eine neue UVP erfordert hätte, waren nach Änderung des Anlagentyps wohl nicht erforderlich. Wenn eine genehmigte Anlage in ihrem Kernbestand, in ihrem Charakter grundlegend geändert wird, liegt eine Neuerrichtung einer Anlage vor. Wenn hingegen eine Anlage ersetzt wird und die neue Anlage quantitative oder qualitative Veränderungen gegenüber der genehmigten Anlage aufweist, die die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen, liegt eine (wesentliche) Änderung und keine Neuerrichtung vor. Diese Bewertung kann aus dem nicht unmittelbar anwendbaren § 16 Abs. 5 BImSchG abgeleitet werden (BayVGH, U.v. 23.11.2006 – 22 BV 06.2223 – NVwZ-RR 2007, 382/385). Eine Änderung des Anlagentyps betrifft also zumindest nicht in jedem Fall den „Kernbereich des genehmigten Gegenstands“ und somit die Grundlage der ursprünglich erteilten Genehmigung. Von ganz besonderem Gewicht für etwaige Umwelt- und Nachbarschaftsbeeinträchtigungen sind der Standort, der Umfang der Anlage (hier: Zahl der einzelnen Windkraftanlagen) und der Abstand zu Schutzgütern. Ebenso sind die Art der hervorgerufenen Umwelteinwirkungen und die Art und Weise ihrer Verursachung von Bedeutung. Bleiben diese Parameter unverändert, so kann auch bei einem Wechsel zum Modell eines andern Herstellers, verbunden mit einer Änderung des Rotorradius um gut 4 % (von 56 m auf 58,5 m), der Gesamthöhe um ca. 2 % (von 196 m auf 199 m) und einer Verringerung der Leistung (von 3.000 kW auf 2.400 kW) nicht von derartig erheblichen Änderungen ausgegangen werden, die es erfordern würden, alle mit einer Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte erneut zu unternehmen.

Der Vergleich der durch die Änderung (möglicherweise) ausgelösten nachteiligen Umweltauswirkungen mit dem bereits genehmigten Zustand ist demnach auch Maßstab für die Frage, ob wegen einer geplanten Änderung eine UVP vorzunehmen ist. § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV bestimmt insoweit, dass vor einer Änderungsgenehmigung einer Anlage nach Anlage 1 (zum UVPG) eine UVP durchzuführen ist, wenn die für eine UVP-pflichtige Anlage in der Anlage 1 angegebenen Größen- oder Leistungswerte durch eine Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden (dies ist vorliegend nicht der Fall) oder wenn die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Dass dies nicht der Fall ist, hat das Landratsamt in der angefochtenen Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 unter Nrn. II.2.2 und II.3 dargelegt. Die dieser Beurteilung zu Grunde liegende allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Landratsamts ist unter dem Datum 16. Juli 2014 in den Behördenakten dokumentiert (Bl. 133/134). Sie stimmt insbesondere – was die vom Verwaltungsgericht in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückte Gefährdung der geschützten Vogelart Uhu angeht - inhaltlich überein mit der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 16. Juli 2014. Sie kommt nachvollziehbar im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG zu dem Ergebnis, dass die zu genehmigenden Änderungen der Anlage – im Vergleich zu der bereits am 28. Februar 2014 genehmigten Ausführung des Windparks – keine erheblichen Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter haben wird; etwaige Auswirkungen der Änderung lägen zumindest deutlich unter der Erheblichkeitsschwelle des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV. Dies erscheint so unproblematisch, dass es an dieser Stelle hierzu keiner vertiefenden Erwägungen mehr bedarf (vgl. dazu unten 3.4).

3.3. Die zwischen dem 28. Februar 2014 und dem 18. Juli 2014 und später gewonnenen bzw. dem Landratsamt mitgeteilten weiteren Erkenntnisse über das Vorkommen gefährdeter Tierarten im streitgegenständlichen Gebiet, insbesondere des Uhus, sind keine Auswirkungen der Vorhabensänderung und daher grundsätzlich in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich. Es handelt sich um Auswirkungen, die bereits dem ursprünglichen Vorhaben zuzurechnen waren. Diese Auswirkungen sind im vorliegenden Fall bereits nach Maßgabe des UVPG im Rahmen einer UVP ermittelt und bewertet worden. Die Behörde kann die dabei gewonnenen Erkenntnisse bei der Vorprüfung des geplanten Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens als Vergleichsgrundlage heranziehen, ohne insoweit in eine erneute Prüfung eintreten zu müssen (Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Loseblattsammlung, 43. EL Sept. 2004, § 3e UVPG Rn. 27). Sangenstedt (a.a.O.) schränkt dies allerdings dahingehend ein, dass dies dann anders sei, wenn die Ergebnisse erkennbar überholt oder aus sonstigen Gründen unzutreffend seien (welche Folgen sich in einem solchen Fall hieraus ergeben, führt der Kommentar indes nicht aus). Es erscheint zwar aus Bestandsschutzgründen zweifelhaft, dass eine völlige Neubewertung der Erkenntnisse aus einer früheren UVP (insbesondere dann, wenn sie rechtsfehlerfrei durchgeführt und nur hinsichtlich ihres Ergebnisses durch späteren Wissenszuwachs infrage gestellt worden ist) in jedem Fall dann geboten ist, wenn die Anlagenänderung selbst keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Der Verwaltungsgerichtshof zieht allerdings im vorliegenden Fall zugunsten der Antragsteller in Betracht, dass eine kritische Prüfung der Ergebnisse einer früheren, für das „Ausgangsvorhaben“ durchgeführten UVP dann geboten sein kann, wenn – wie im vorliegenden Fall – die aufgrund der UVP erteilte Genehmigung des Ausgangsvorhabens (vorliegend die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 28.2.2014) von denselben Rechtsmittelführern angefochten und damit noch nicht bestandskräftig ist und das Vorhaben – aufgrund der angeordneten sofortigen Vollziehung der Genehmigung in rechtlich zulässiger Weise – erst zu einem geringen Teil „ins Werk gesetzt“ ist. Erwägungen im Hinblick auf einen etwaigen Bestandsschutz und Vertrauensschutz stehen in einem solchen Fall einer Berücksichtigung des Überholtseins der Erkenntnisse aus einer früheren UVP weniger entgegen als im Fall einer nach fehlerfreier UVP vor Jahren unanfechtbar genehmigten und seitdem betriebenen Anlage.

3.4. Auch bei Notwendigkeit einer Prüfung, ob die bisherigen Erkenntnisse, die bei der Durchführung der UVP gewonnen worden sind, überholt oder sonst unzutreffend waren, ergibt sich vorliegend nicht, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls am 16. Juli 2014 rechtsfehlerhaft war.

Soweit die Antragsteller dem Landratsamt entgegenhalten, es habe Hinweise auf Uhuvorkommen (das Hören von Uhu-Rufen – sog. „Verhöre“ – sowie Horst- und Jungtierfunde) nach dem 16. Juli 2014 nicht berücksichtigt, können derartige Erkenntnisse von vornherein nicht zur Fehlerhaftigkeit der allgemeinen Vorprüfung führen, weil sie nach dem maßgeblichen Stichtag (16.7.2014) durch das Landratsamt erlangt worden sind. Wie oben ausgeführt, kommt es insofern auf den Kenntnisstand der zuständigen Behörde beim Abschluss der Prüfung an. In diesem Zeitpunkt muss die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ihre verfahrenssteuernde Wirkung entfalten. Nicht entscheidungserheblich ist daher der Nachweis einer zweiten Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5, die nach eigenem Vortrag der Antragsteller erst Ende Juli 2014 festgestellt wurde und deren Nachweise der Unteren Naturschutzbehörde „seit Ende Juli / Anfang August 2014“ vorlagen (Schriftsatz vom 20.5.2015 zum Verfahren 22 CS 15.952, S. 28 unten und S. 29 oben unter 3). Diese Uhubrut in der Nähe der ungefähr in der Mitte der „Windkraftanlagen-Kette“ stehenden Anlage Nr. 5 könnte zwar unter Umständen, wie sich aus der E-Mail-Korrespondenz vom August zwischen der Regierung von Unterfranken und dem Landratsamt ergibt – den Bestand der erteilten, aber noch nicht bestandskräftigen Genehmigung in ihrer derzeitigen Fassung in Frage stellen und – soweit erforderlich und verhältnismäßig zur Vermeidung einer Gefährdung des öffentlichen Interesses – deren Widerruf oder Teilwiderruf nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG oder eine Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG rechtfertigen. Sie wurde aber – wie oben ausgeführt – von Bürgern erst im Ende Juli 2014 festgestellt und dem Landratsamt gemeldet, als die allgemeine Vorprüfung vor der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 schon durchgeführt war und diese Genehmigung schon erteilt war.

Im Übrigen ergeben sich die rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls aus § 3e Abs. 1 Nr. 2, § 3c Satz 1 und 3 UVPG und § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV. Sonach hat die Behörde – wie sich schon aus dem Wortlaut des § 3c Satz 1 UVPG „nach Einschätzung der zuständigen Behörde“ ergibt – einen Beurteilungsspielraum. Dieser ist gerichtlich nur begrenzt überprüfbar. Die im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung zu treffende Entscheidung, ob das Vorhaben eine UVP erfordert, ist eine wertende Beurteilung, die von Prognoseelementen geprägt ist. Eine solche kann durch das Verwaltungsgericht nicht ersetzt werden (vgl. § 3a Satz 4 UVPG; hierzu OVG NRW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris Rn. 72 m.w.N.). Die Prüfung des Verwaltungsgerichts muss sich deshalb darauf beschränken, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, ob sie vom richtigen Verständnis der anzuwendenden Gesetzesbegriffe ausgegangen ist, ob sie den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, ob sie sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten hat und ob sie schließlich das Willkürverbot nicht verletzt hat (std. Rspr. des BVerwG, zusammenfassend U.v. 16.5.2007 – 3 C 8.06 – BVerwGE 129, 27). Derselbe Maßstab ergibt sich auch aus § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 3c UVPG; die allgemeine Vorprüfung muss in diesem Sinn „nachvollziehbar“ sein (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 – juris; OVG NW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris).

Vorliegend waren bereits bei der Durchführung der UVP vor Erlass des Genehmigungsbescheids vom 28. Februar 2014 zahlreiche Hinweise auf ein Uhu-Vorkommen in dem bewaldeten Höhenzug, auf dem die zehn Windkraftanlagen errichtet werden sollen („S... Wald“), dem Landratsamt bekannt (Nutzung durch den Uhu zum Brüten und zur Aufzucht der Jungen oder als Nahrungshabitat oder als Gebiet, das auf dem Flug zu Nahrungshabitaten durchquert wird). Dies ergibt sich aus der zusammenfassenden Darstellung dieser Hinweise in einer von den Antragstellern vorgelegten E-Mail der Regierung von Unterfranken vom 1. Oktober 2014 (nach Erlass der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen), welche insoweit auszugsweise den Inhalt der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung referiert, und aus der Nr. 4.3.6 des „Fachberichts Faunistische Karten“ zur im Auftrag des Anlagenbetreibers erstellten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) des Büros für F... – BFU – (Dipl.-Biologe T...) vom 13.8.2013. Demnach hat schon im Jahr 2009 die LBV-Kreisgruppe im Rahmen eines Brutmonitorings eine aufgegebene Brut nordwestlich von Wülflingen dokumentiert; im Jahr 2010 – allerdings nicht mehr in den Jahren 2011 und 2012 – wurde dort ein balzendes Paar verhört. Die von den Antragstellern zusammen mit dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2013 dem Landratsamt vorgelegte „Vogelsichtungskarte“ (vom 7.10.2012) enthält Eintragungen zu Uhusichtungen in dem fraglichen Gebiet. Am 9. März 2013 sei Herrn T... eine Uhusichtung an der Sandgrube/Reuthspitze gemeldet worden; am 2. November 2013 habe ein anderer Bürger bei der Jagd im Windkraftvorbehaltsgebiet WK 88 (in dem die streitgegenständlichen Windkraftanlagen stehen sollen) einen ausgewachsenen Uhu gesichtet. Während der Planung des Vorbehaltsgebiets WK 88 hat die Regierung von Unterfranken in einer Stellungnahme vom 13. oder 17. Februar 2012 auf die besondere Empfindlichkeit des Gebiets (es sei zu 5 % Ausschlussgebiet und zu 95 % sensibles Gebiet, dort kämen Uhu und andere geschützte Tiere – insb. Schwarzstorch und die Fledermausart „Kleiner Abendsegler“ – vor) hingewiesen. Der angehörte Naturschutzbeirat des Landkreises hat in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2013 das Projekt (Festsetzung des WK 88) strikt abgelehnt. Die Untere Naturschutzbehörde (Herr L...) äußerte sich zur Regionalplanfortschreibung und zum geplanten Vorbehaltsgebiet WK 88 – bezüglich der Gefährdung von Uhus – zunächst dahingehend, dass der Uhu in dem fraglichen Gebiet schon gesichtet und eine Uhubrut zwar nicht in diesem Gebiet selbst, aber eine Uhubrut mit flüggen Jungtieren im angrenzenden Wässernachtal im Jahr 2010 nachgewiesen worden sei, und dass aus artenschutzrechtlicher Sicht von der Überplanung bzw. Ausweisung als Vorbehaltsfläche dringend abgeraten werde, weil ein erhöhtes Tötungsrisiko für schlagempfindliche Vogelarten und Fledermäuse bestehe. Insoweit ist allerdings hinzuzufügen, dass die letztgenannte Schlussfolgerung - erhöhtes Tötungsrisiko – von derselben Behörde unter dem 12.6.2012 dahingehend revidiert wurde, dass aufgrund einer zwischenzeitlich im Februar/März 2012 erfolgten flächigen Horstkartierung das Gebiet zwar nach wie vor als sensibles Gebiet einzuschätzen sei, die aktuellen Kartierungen aber nicht den Schluss zuließen, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen in diesem Bereich unmöglich erscheine; es gebe derzeit keine Brutnachweise, die eine Ausweisung des Gebietes als Vorbehaltsgebiet ausschlössen. Auf einer dem Schriftsatz vom 24. Februar 2013 ans Landratsamt beigefügten Karte und tabellarischer Aufstellung sind insgesamt 18 akustische Wahrnehmungen des Uhus im streitgegenständlichen Gebiet durch ansässige Jäger im Zeitraum Dezember 2012 bis Mitte Februar 2013 dokumentiert. Im Mai 2013 wurde eine Uhubrut im streitgegenständlichen Gebiet (WK 88) im Norden des Windparks – östlich der nördlichsten Windkraftanlage Nr. 10 – nachgewiesen. Dies wurde dem Landratsamt im Rahmen der UVP bekannt und von ihr auch (wenngleich nicht mit dem von den Antragstellern für richtig gehaltenen Ergebnis) gewürdigt.

Soweit die Antragsteller – und das Verwaltungsgericht – dem Landratsamt einen Fehler der allgemeinen Vorprüfung bei der Bewertung der vorangegangenen UVP dergestalt vorwerfen, dass deren Prüfungen und die Untersuchung potentiell gefährdeter Tierarten (insbesondere des Uhus) unzureichend und vor allem nicht nach den Vorgaben des Windkrafterlasses unternommen worden seien, ist diese Argumentation doch mit einigen Fragezeichen zu versehen und könnte zudem nicht die von den Antragstellern gewünschte Rechtsfolge auslösen.

Insofern zeigt § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG, dass Inhalt und Umfang der entscheidungserheblichen Unterlagen, die zu Beginn der UVP vom Vorhabensträger vorzulegen sind, sich nach den Rechtsvorschriften richten, die für die Zulassung des Vorhabens maßgeblich sind. Für die Zwecke der UVP muss der entscheidungserhebliche Sachverhalt also vollständig ermittelt sein (Gassner, UVPG, 1. Aufl. 2006, § 6 Rn. 7-11)).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – Rn. 45 und B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 und -.1080 – GewArch 2015, 90, juris Rn. 25) kommt zudem den im Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu. Ihre Beachtung beim Vollzug des Artenschutzrechts, insbesondere des § 44 Abs. 1 BNatSchG, ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Von ihnen darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden.

Insoweit bemängeln die Antragsteller insbesondere, dass vorliegend die detaillierten Vorgaben unter Nr. 9.4 des Windkrafterlasses missachtet worden seien; insoweit räumte auch der Verfasser des „Zwischenberichts zu den Ergebnissen Kartierung im Umfeld des geplanten Windparks im WK-Vorbehaltsgebiet 88“ vom Juni 2012 (Dipl.-Biologe T...) unter Nr. 4.1 auf S. 5 des Zwischenberichts ein, dass eine detaillierte Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten [von Vögeln], die der Windkrafterlass empfiehlt, bisher nicht umfassend durchgeführt worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Landratsamt bei der Durchführung der UVP (und im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren) die ihm bekannt gewordenen Hinweise auf eine Gefährdung des Uhus weitgehend gemäß den Vorgaben des Windkrafterlasses behandelt hat. Die im Mai 2013 festgestellte Brut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 10 befand sich – unter den Beteiligten unbestritten - außerhalb des für den Uhu geltenden „1000-m-Prüfbereichs“ nach Anlage 2 Spalte 1 des Windkrafterlasses, so dass eine Prüfung, ob durch die geplanten Windkraftanlagen Verbotstatbestände erfüllt würden, nur nach den Grundsätzen, die bezüglich des für den Uhu maßgeblichen 6000 m-Prüfbereichs gelten, geboten war (die Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5 wurde – wie oben ausgeführt – erst nach den maßgeblichen Zeitpunkten bekannt).

Was die Lage der entdeckten Uhubrut bei der Windkraftanlage Nr. 10 im 6000 m-Prüfbereich angeht, so bemängeln die Antragsteller, dass der Gutachter insoweit die Einschätzung abgegeben habe, der dort brütende Uhu sei auch auf dem Flug zu Nahrungshabitaten nicht gefährdet, weil diese „großräumig und diffus verteilt“ seien (im Sinn der Ausführungen auf S. 42 des Windkrafterlasses) und daher nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windkraftanlagen führen dürften (Dipl.-Biologe T..., Nr. 2.3. auf S. 54 der naturschutzfachlichen Angaben zur saP vom 13.8.2013). Die Aussage des Gutachters in dieser unter Nr. 2.3 angestellten Prognose zur Einhaltbarkeit des Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist – entgegen der Ansicht der Antragsteller – wohl nicht so zu verstehen, dass alle potentiellen Jagdhabitate des Uhus im 6-km-Umkreis um den Brutplatz östlich und südöstlich liegen würden; diese Aussage bezieht sich vielmehr nur auf die Offenlandbereiche entlang der genannten drei Fließgewässer (Riedbach, Nassach, Main), wogegen der Gutachter anschließend auch die – nicht östlich und südöstlich, sondern westlich und südwestlich gelegenen – Hangwälder und Wiesengründe des Wässernachtals und weitere westlich und südwestlich befindliche Nahrungshabitate genannt hat. Um von dem – östlich der Windkraftanlage Nr. 10 gelegenen – Brutplatz aus die noch weiter östlich liegenden Gewässer Riedbach und Nassach zu erreichen, überquert ein Vogel tatsächlich normalerweise nicht die ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufende „Kette“ aus den zehn Windkraftanlagen; insofern ist dem Gutachter keine Verkennung der Tatsachengrundlagen zu unterstellen. Bezüglich der Auen des weiter im Süden etwa in West-Ost-Richtung verlaufenden Mains ist dies allerdings ebenso erklärungsbedürftig wie die – nicht näher begründete – Feststellung, dass es keine Konzentration von Nahrungshabitaten in Bereichen gebe, die nur nach Durch- oder Überfliegen der Windkraftanlagen-Standorte zu erreichen seien. Dies gilt vor allem hinsichtlich der möglichen Jagdhabitate im Wässernachtal, das seit einer im Jahr 2010 erwiesenen Uhubrut und bis heute unverändert als bekanntermaßen besonders „sensibel“ in Bezug auf Uhus angesehen werden muss (wie verschiedene fachliche Stellungnahmen in den Behördenakten belegen). In der Konsequenz der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs läge es zwar, hier grundsätzlich weitere Ermittlungen nach Anlage 6 zum Windkrafterlass zu fordern. Insofern wäre es geboten gewesen, dass sich der Antragsgegner dieser Mühe unterzogen hätte. Allerdings kann aus triftigen naturschutzfachlichen Gründen hiervon abgewichen werden, für die der Verwaltungsgerichtshof hier Anhaltspunkte sieht. Dies liegt auch daran, dass nach naturschutzfachlicher Aussage ein Uhu regelmäßig nicht höher als 80 m fliegt und deshalb von den Rotoren der vorliegend streitgegenständlichen Anlagen (bei einer Nabenhöhe 141 m und einem Rotorradius von 58,5 m) normalerweise nicht erfasst werden kann, sodass die Tatsachengrundlage für eine Prognose der Einhaltbarkeit des Tötungsverbots im Sinn eines Ausschlusses eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos bereits jetzt ausreicht. Die Antragsteller ziehen dies zwar in Zweifel. Zu bedenken ist aber, dass hierzu eine Aussage des zuständigen Mitarbeiters der Staatlichen Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen (Herr K...) vorliegt, die dem Landesamt für Umweltschutz (LfU) als der obersten Landesfachbehörde für Vogelschutz untersteht. Darüber hinaus handelt es sich bei Herrn K... um einen auch als gerichtlicher Sachverständiger tätigen ausgewiesenen Fachmann (vgl. Verfahren 22 B 13.1358, U.v. 18.6.2014). Dass seine Aussagen nur mündlich erfolgt sind, macht sie nicht fehlerhaft, erhöht allerdings die Gefahr von Missverständnissen.

Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Antragsteller hier letztlich Ermittlungsfehler im Detailbereich bei der Durchführung der UVP geltend machen. Dies steht ihnen zwar frei. Es ist aber doch fraglich, ob derartige Fehler zu einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte führen können. Ihre eigenen materiellrechtlichen Belange sind durch etwaige Ermittlungsdefizite nicht tangiert, diese betreffen nur das eindeutig nicht drittschützende Artenschutzrecht. Ihre verfahrensrechtlichen Gewährleistungen im Rahmen der UVP waren ebenfalls nicht tangiert. Der Europäische Gerichtshof verlangt insofern vor allem eine Berücksichtigung des Grades der Schwere des geltend gemachten Fehlers und die Prüfung, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (U.v. 7.11.2013 – Rs. C 72/12 – BayVBl 2014, 400/402 Rn. 54 – „Gemeinde Altrip“); um einen Fehler dieser Art handelt es sich im vorliegenden Fall wohl nicht. In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof zudem ausdrücklich nicht dazu Stellung genommen, ob von Individualklägern geltend gemachte Verfahrensfehler bei der UVP auf nicht drittschützenden Rechtsgebieten ohne Beeinträchtigung einer materiellrechtlichen Rechtsposition zu Aufhebungsansprüchen führen (vgl. EuGH, U.v. 7.11.2013 - C-72/12 – a.a.O. Rn. 55). Insofern kann bisher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs auf das Erfordernis einer Verletzung materieller subjektiver Rechte des Individualklägers verzichtet werden könnte. Eine Rechtsschutzlücke für besonders geschützte Arten kann wegen des Instituts der Umweltverbandsklage nicht entstehen.

3.2.5. Auch in Bezug auf andere Tierarten (insbesondere den Schwarzstorch und Fledermäuse) sind nach summarischer Prüfung keine rechtserheblichen Fehler der allgemeinen Vorprüfung zu erkennen, die eine andere Entscheidung gebieten würden.

4. Soweit die Antragsteller Verfahrensfehler der allgemeinen Vorprüfung und/oder der UVP darin sehen, dass die hiermit befassten Bediensteten wegen der wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtungen zwischen der Genehmigungsbehörde, den eingeschalteten Gutachtern bzw. Fachkräften und den Windkraftanlagenbetreibergesellschaften nicht unparteilich hätten agieren können, können sie damit nicht durchdringen. Die Rechtsordnung kennt eine – von den Antragstellern geltend gemachte – "institutionelle Befangenheit" einer Behörde nicht (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 20 Rn. 9 ff.). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG (bzw. das entsprechende Landesrecht) nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern. Dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch "in eigenen Angelegenheiten" entscheidet, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers ist durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für Ermessensentscheidungen und Planungsentscheidungen und erst recht bei gebundenen Entscheidungen wie im vorliegenden Fall (BVerwG, B.v. 31.3.2006 – 8 B 2/066 - Buchholz 316 § 20 VwVfG Nr. 9, m.w.N.). Zwar sind einerseits die Vorbehalte der Antragsteller angesichts der vorliegenden besonderen Konstellation verständlich. Andererseits ist es legitim, dass sich ein Landkreis auch in Form privatrechtlicher juristischer Personen wirtschaftlich betätigt. Dass dieselbe Person (Landrat) sowohl Amtsleiter der staatlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt) wie auch des Verwaltungsorgans des Landkreises ist (gleichfalls Landratsamt), ist in der in Bayern gesetzlich geregelten Doppelnatur des Landratsamts begründet (vgl. Art. 37 Abs. 1 LKrO). Wenn der Amtsleiter auf eine zügige Bearbeitung eines Genehmigungsverfahrens hinwirkt, dann ist dies für sich genommen nicht rechtswidrig oder auch nur „verdächtig“, sondern entspricht den gesetzlichen Vorgaben (vgl. Art. 10 Satz 2 BayVwVfG und § 10 Abs. 6a BImSchG). Die von den Antragstellern angeführten Verhaltensweisen und Tatsachen sind keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit einer der betroffenen handelnden Personen (Art. 21 BayVwVfG) oder für deren Ausschluss nach Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG.

5. Bei der Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen ist schließlich zu bedenken, dass die Antragsteller durch den Weiterbau und den Betrieb der strittigen Anlagen nur wenig beeinträchtigt werden, wogegen den Beigeladenen durch den Baustopp erhebliche Verluste entstehen.

6. Soweit die Beigeladenen die Feststellung begehren, dass der – zunächst ohne Begründung bekanntgegebene – Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 eben wegen des Fehlens einer Begründung rechtsfehlerhaft gewesen sei, kommt eine solche Feststellung schon deshalb nicht in Betracht, weil der von den Beigeladenen geltend gemachte Fehler kein Rechtsverhältnis zwischen Beteiligten des Rechtsstreits (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO) betrifft, sondern die vom Gericht zu beachtenden verwaltungsprozessualen Anforderungen an den formalen Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6 gehören nach Aktenlage die als betroffen geltend gemachten Anwesen gemeinsam, so dass ihre Kostenhaftung als Gesamtschuldner sachgerecht ist. Alle drei „Antragstellergruppen“ haben beim Verwaltungsgericht ursprünglich jeweils ein Verfahren angestrengt, das sich gegen jeweils zwei Windkraftanlagen richtete; die Antragsteller zu 3 und 4 haben allerdings danach noch in einem separaten Verfahren gegen eine dritte Windkraftanlage Rechtsschutz begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzanträge in sieben einzelne Verfahren (7 Windkraftanlagen) getrennt. Es handelte sich erstinstanzlich somit um vier separate Verfahren, von denen jeweils eines von den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. den Antragstellern zu 5 und 6, die beiden weiteren aber von den Antragstellern zu 3 und 4 geführt wurden. Alle Verfahren sind hinsichtlich ihrer Bedeutung gleichwertig, auf die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen kommt es nicht an (siehe sogleich zum Streitwert). Der auf die Antragsteller zu 3 und 4 entfallende Anteil an der Kostenmasse aller Verfahren ist daher mit 50%, der Anteil, der auf die aus den Antragstellern zu 1 und 2 sowie zu 5 und 6 bestehenden Rechtsgemeinschaften trifft, mit jeweils 25% anzusetzen.

Die Streitwertfestsetzung und die diesbezügliche Änderung der angefochtenen Beschlüsse beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013. Das Verwaltungsgericht ist zunächst – wie sich zwar nicht aus der Begründung der Streitwertentscheidung, aber aus der anteiligen Berechnung der festgesetzten Streitwerte ergibt – zutreffend vom Streitwert 15.000 € für die Drittanfechtungsklage gegen Windkraftanlagen ausgegangen. Die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen ist hierbei grundsätzlich ohne Belang, weil die Störwirkung von Windkraftanlagen sehr verschieden und nicht ohne weiteres in Zahlen danach bemessen werden kann, wieviele Anlagen angegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 22 C 15.984). Das Verwaltungsgericht hat aber alle sieben insgesamt bekämpften Windkraftanlagen als Einheit betrachtet und dabei außer Acht gelassen, dass drei verschiedene Rechtsgemeinschaften (nämlich die Antragsteller zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6) jeweils mit ihren Anträgen ein eigenes Rechtsschutzziel verfolgt haben. Insoweit sind die drei zunächst anhängig gemachten Verfahren nicht als Rechtsschutzgesuch einer Rechtsgemeinschaft zu werten, sondern deren Streitwerte zu addieren (Streitwertkatalog Nr. 1.1.3). Zudem erscheint die Pauschalierung des Streitwerts ohne Rücksicht auf die Zahl der Windkraftanlagen auch in dem Fall nicht angebracht, dass – wie vorliegend die Antragsteller zu 3 und 4 – die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen Windpark zunächst nur in Bezug auf zwei der einzelnen Windkraftanlagen angreifen und danach ein separates vorläufiges Rechtsschutzverfahren wegen einer weiteren Anlage anhängig machen. Mit einem solchen Vorgehen haben sie zu erkennen gegeben, dass sie – über die zunächst bekämpften zwei Windkraftanlagen hinaus (für die nach dem obigen Ansatz im Klageverfahren ein Streitwert von 15.000 € angemessen wäre) – der weiteren Anlage eine zusätzliche Störwirkung beimessen.

(1) Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde.

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder diesem Gesetzbuch, den auf Grund dieses Gesetzbuchs erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht.

(3) Können Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden, kann die höhere Verwaltungsbehörde räumliche oder sachliche Teile des Flächennutzungsplans von der Genehmigung ausnehmen.

(4) Über die Genehmigung ist binnen eines Monats zu entscheiden; die höhere Verwaltungsbehörde kann räumliche und sachliche Teile des Flächennutzungsplans vorweg genehmigen. Aus wichtigen Gründen kann die Frist auf Antrag der Genehmigungsbehörde von der zuständigen übergeordneten Behörde verlängert werden, in der Regel jedoch nur bis zu drei Monaten. Die Gemeinde ist von der Fristverlängerung in Kenntnis zu setzen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist unter Angabe von Gründen abgelehnt wird.

(5) Die Erteilung der Genehmigung ist ortsüblich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam. Jedermann kann den Flächennutzungsplan, die Begründung und die zusammenfassende Erklärung nach § 6a Absatz 1 einsehen und über deren Inhalt Auskunft verlangen.

(6) Mit dem Beschluss über eine Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans kann die Gemeinde auch bestimmen, dass der Flächennutzungsplan in der Fassung, die er durch die Änderung oder Ergänzung erfahren hat, neu bekannt zu machen ist.

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Absatz 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung nach § 10a Absatz 1 zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Dieser Teil des Gesetzes gilt für den Umgebungslärm, dem Menschen insbesondere in bebauten Gebieten, in öffentlichen Parks oder anderen ruhigen Gebieten eines Ballungsraums, in ruhigen Gebieten auf dem Land, in der Umgebung von Schulgebäuden, Krankenhäusern und anderen lärmempfindlichen Gebäuden und Gebieten ausgesetzt sind. Er gilt nicht für Lärm, der von der davon betroffenen Person selbst oder durch Tätigkeiten innerhalb von Wohnungen verursacht wird, für Nachbarschaftslärm, Lärm am Arbeitsplatz, in Verkehrsmitteln oder Lärm, der auf militärische Tätigkeiten in militärischen Gebieten zurückzuführen ist.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer - vom 09.06.2016 geändert:

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (VG 6 A 192/15) gegen die Genehmigungsbescheide vom 13.05.2015 (Az. LLUR 7713/7724-G10/2014/163 bis 170) nebst Widerspruchsbescheid vom 04.11.2015 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des im Außenbereich gelegenen „Resthofes“ … . Sie wendet sich gegen acht immissionsschutzrechtliche Genehmigungen, die der Beigeladenen zur Errichtung von Windkraftanlagen in … („Bürgerwindpark Füchtweg“) erteilt worden sind.

2

Die örtliche Situation ergibt sich aus folgender Karte:

3

4

Wegen den weiteren Einzelheiten wird auf den erstinstanzlichen Beschluss (zu. I.; S. 3-7 des Beschl.-Abdr.) Bezug genommen.

5

Mit Beschluss vom 09.06.2016 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage entsprochen und zur Begründung i. w. ausgeführt: Die Antragstellerin sei antragsbefugt, da unzumutbare Lärmbelästigungen infolge der genehmigten Windkraftanlagen im Hinblick auf das schalltechnische Gutachten „Busch“ - IO 10 [40 dB(A) nachts], IO 9 [45 dB(A) nachts] - nicht offensichtlich ausgeschlossen seien. Der Antrag sei auch begründet, denn die Antragstellerin könne - unabhängig von der Verletzung subjektiver Rechte - die Aufhebung der Genehmigungen gem. § 4 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 lit. a UmwRG verlangen, da eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für eine „Windfarm“ (Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG) nicht durchgeführt worden sei. Die insgesamt 22 Windkraftanlagen (8 genehmigte sowie die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“) seien gemeinsam zu betrachten und damit als „Windfarm“ iSd Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG anzusehen. Eine „Windfarm“ bestehe aus mindestens 3 Anlagen im räumlichen Zusammenhang, unabhängig von der Zahl der Betreiber. Eine „räumliche Beziehung“ sei gegeben, wenn sich die UVP-relevanten Auswirkungen summierten bzw. sich die Einwirkungsbereiche der Anlagen überschneiden. Ein erster Ansatzpunkt für einen überschneidenden Einwirkungsbereich sei die Entfernung der Rotordurchmesser; übersteige diese das 10-fache des Durchmessers, berührten sich die Einwirkungsbereiche typischerweise nicht mehr. Der Rotordurchmesser der genehmigten acht Anlagen betrage 115,7 m, der 10-fache Wert liege also bei 1.157 m; der Abstand zwischen der genehmigten Anlage 03 und der nächstgelegenen Anlage des im Bereich „Trennewurth-West“ betrage knapp 1.000 m. Eine Prüfung im Einzelfall führe zu dem Ergebnis, dass die genehmigten Windkraftanlagen und die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ als eine Windfarm i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage zum UVPG anzusehen seien. Es sei wahrscheinlich, dass es zu einer Summierung der von den Windkraftanlagen ausgehenden Wirkungen in Bezug auf Lärm, optische Wirkung, sowie auf Habitate und den Vogelzug komme. Die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ hätten einen erheblichen Anteil an der bestehenden Vorbelastung. Der Einwirkungsbereich des Windparks „…“ reiche über die an der Bundesstraße B 5 liegenden Immissionsorte hinaus. Von einer Überschneidung der Einwirkungsbereiche beider Bereiche sei daher auszugehen. Die Anlagen seien auch nicht so weit voneinander entfernt, dass ausgeschlossen werden könne, dass sich die Einwirkungsbereiche in Bezug auf den Vogelzug überschneiden. Zur optischen Wirkung sei den vorliegenden Luftbildern zu entnehmen, dass die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ vom Windpark „…“ aus sichtbar seien. Die Anlagen beider Bereich könnten als „zusammengehörig erscheinen“; die dazwischen verlaufende Bundesstraße B 5 schaffe keine Zäsur. Unerheblich sei es, dass die Anlagen sukzessive errichtet worden seien und dass die - mittlerweile für unwirksam erklärte - Fortschreibung des Regionalplans zwei getrennte Eignungsgebiete ausgewiesen habe und insoweit eine strategische Umweltprüfung erfolgt sei. Das befreie nicht von einer vorhabenbezogenen UVP im Einzelfall. Es spiele auch keine Rolle, ob ein Turbulenzgutachten erforderlich gewesen sei. Entscheidend sei vielmehr, ob die Einwirkungsbereiche der Windkraftanlagen in beiden Bereiche an ein und demselben Punkt auf die nach dem UVPG relevanten Schutzgüter einwirkten.

6

Eine Nachholung der UVP sei bislang nicht erfolgt. Mit den Zielen der Umweltverträglichkeitsprüfung sei es nicht vereinbar, wenn die Ausführung eines Vorhabens zugelassen werde, ohne dass zuvor eine notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei. Eine Genehmigung könne dann nicht erteilt werden. Der Vollzug der Genehmigung müsse ausgeschlossen sein, was die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage begründe.

7

Gegen den am 15.06.2016 zugestellten Beschluss hat die Beigeladene am 20.06.2016 Beschwerde erhoben. Sie beanstandet, dass das Verwaltungsgericht von einem Anspruch der Antragstellerin auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigungen unabhängig von einer Verletzung subjektiver Rechte ausgehe. Vorliegend sei eine UVP-Vorprüfung durchgeführt worden, die - zutreffend - zu dem Ergebnis gelangt sei, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Der Behörde komme insoweit ein Beurteilungsspielraum zu und die gerichtliche Kontrolle sei grundsätzlich auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt. Dem werde die Genehmigung gerecht.

8

Der Antragsgegner ist der Ansicht, die Bereiche „…“ und „Trennewurth-West“ bildeten keine gemeinsame Windfarm, da sich die Einwirkungsbereiche nicht überschneiden. Besondere Artengruppen (Vögel, Fledermäuse) seien offensichtlich nicht gefährdet. Artengefährdende Sachverhalte seien durch Vermeidungsmaßnahmen ausgeschlossen. Der Bereich liege außerhalb von Vorranggebieten für Vögel und auch nicht innerhalb eines Vogelzugkorridors. Mit Vogelzugaktivitäten bzw. erhöhten Vogelzugdichten sei also nicht zu rechnen. Durch die landwirtschaftliche Nutzung der arten- und strukturarmen Flächen im fraglichen Bereich seien auch keine Rastvögel anzutreffen. Die Flächen seien nicht als Nahrungshabitat geeignet. Das Projektgebiet habe für Brutvögel eine geringe Bedeutung; soweit es zu Vergrämungen von Brutvögeln kommen könne, betreffe dies zeitlich begrenzt nur die Bauphase und sei durch Bauarbeiten außerhalb der Brutzeiten vermeidbar. Angesichts der geringen Bedeutung des Projektgebiets für Brutvögel sowie für ziehende und rastende Vogelarten sei nicht von einem gemeinsamen Einwirkungsbereich der Windkraftanlagen auszugehen. Eine 2013 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung auf dem Gebiet der benachbarten Gemeinden Barlt, … und St. Michaelisdonn habe keinerlei Erkenntnisse zu einem Schutzpotential erbracht. Mögliche Auswirkungen auf Fledermäuse seien in einem Fachgutachten bewertet worden, dabei hätten sich keine Hinweise auf ziehende Fledermäuse ergeben. Aus Vorsorgegründen solle an einer der neuen Windkraftanlagen eine automatisierte Langzeithöhenuntersuchung (Monitoring) erfolgen; die Anlage solle während der Migrationszeit zeitweise abgeschaltet werden. Diese Vermeidungsmaßnahme habe bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP berücksichtigt werden müssen.

9

Hinsichtlich der Lärmwirkungen lägen die nächtlichen Immissionsbeiträge jeder einzelnen Anlage mindestens 10 dB(A) unter dem Immissionsrichtwert (IRW) von 45 dB(A); damit sei die gesamte Windfarm „…“ an den Immissionsorten (IO) 1-8 nicht als beurteilungsrelevant iSd TA Lärm anzusehen. Im vorliegenden Schallgutachten seien für eine „abgesicherte“ Prüfung mehr Windkraftanlagen berücksichtigt worden als von der TA Lärm gefordert; es seien auch Anlagen einbezogen worden, deren Beitrag mindestens 20 dB unter dem IRW liege. An den Immissionsorten, an denen der IRW bereits durch die Vorbelastung des Windparks „Trennenwurth-West“ überschritten werde, lägen die Immissionsbeiträge der Anlagen im Bereich „…“ jeweils 15 dB unter dem IRW und seien damit irrelevant. Für die geplanten Windkraftanlagen sei antragsgemäß nur ein nächtlich schallreduzierter Betrieb zu berücksichtigen gewesen. Die IO 1-8 lägen nicht im Einwirkungsbereich des Windparks „…“. Überschneidende Einwirkungsbereiche von Windkraftanlagen aus „…“ und „Trennwurth-West“ bestünden somit nicht.

10

Zum „Landschaftsbild“ bestehe kein besonderer Prüfbedarf. In dem Bereich, der ausschließlich struktur- und artenarme und ackerbaulich intensiv genutzte landwirtschaftliche Nutzflächen in der Dithmarscher Marsch umfasse, seien keine in einer UVP bewertbaren Landschaftselemente vorhanden. Knicks, Biotopverbundachsen oder Wälder fehlten. Seit den späten 90er Jahren sei das Landschaftsbild hier mit Windkraftanlagen verbunden. Der 10-fache Rotordurchmesser sei für die Beurteilung von Einwirkbereichen im Landschaftsbild nicht ausschlaggebend. Es genüge nicht, dass die Windkraftanlagen von bestimmten Punkten aus sichtbar oder hörbar seien.

11

Die Antragstellerin hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie meint, der Antragsgegner wolle mit dem Resultat einer fiktiven UVP festlegen, ob eine UVP erforderlich ist; das könne nicht richtig sein. Die UVP sei erforderlich und fehle nach wie vor.

12

Die Beigeladene hat sich den Inhalt der Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners zu Eigen gemacht (Schriftsatz vom 22.07.2016).

II.

13

Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet. Der erstinstanzliche Beschluss ist zu ändern und der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Bescheide über die Genehmigung von acht Windkraftanlagen nebst Widerspruchsbescheid ist abzulehnen.

14

Der Beschwerdebegründung ist - zwar - nicht darin zu folgen, dass das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 09.06.2016 einen „isolierten Aufhebungsanspruch ... allein aus den Verfahrensvorschriften des Umweltrechtsbehelfsgesetzes“ gerechtfertigt habe (1.). Die erstinstanzliche Entscheidung ist aber - im Ergebnis - aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen nicht zu halten; der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigungen kann nicht entgegengesetzt werden, dass keine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden habe (2.)

15

1. Das Verwaltungsgericht hat einen Aufhebungsanspruch der Antragstellerin in Bezug auf die angefochtenen Genehmigungen nur in Betracht gezogen, weil es die Antragstellerin für (klage- und) antragsbefugt und ihren Antrag nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1 2. Alt. VwGO damit für zulässig gehalten hat. Die Antragsbefugnis hat das Verwaltungsgericht - überzeugend - aus der Möglichkeit abgeleitet, dass durch die Lärmwirkungen der genehmigten Windkraftanlagen die drittschützenden Vorschriften der §§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzt sein könnten. Das ist im Hinblick auf die dem schalltechnischen Gutachten Busch vom 11.08.2014 entnommenen Beurteilungswerte für die Immissionsorte 9 und 10 nicht „offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise“ ausgeschlossen.

16

Das Verwaltungsgericht hat damit nicht, wie die Beigeladene annimmt, einen „isolierten“ Aufhebungsanspruch nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz angenommen, es ist vielmehr - im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.12.2011, 9 A 30.10, NVwZ 2012, 573) und des Senats (Beschl. v. 28.10.2014, 1 MB 5/13, NuR 2015, 652) - davon ausgegangen, dass (auch) der Verfahrensfehler einer rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Rechten „eingeklagt“ werden kann. Es bleibt - auch nach der erstinstanzlichen Entscheidung - dabei, dass § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG nur die Sachprüfung im Rahmen eines zulässigen Rechtsbehelfsverfahrens betrifft, dagegen keine Bedeutung für die Prüfung der Klagebefugnis hat. Die Klagebefugnis Einzelner kann nicht aus Allgemeinbelangen abgeleitet werden, auch nicht aus "umweltbezogenen" bau- oder naturschutzrechtlichen Vorschriften, die dem Einzelnen keine individuellen Rechte zuweisen. Solche Zuweisungen enthalten weder die Århus-Konvention (BGBl. 2006 II, S. 1252 ff.; vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 27.02.2013, 8 B 10254/13, NVwZ 2013, 881 [Rn. 10]) noch die europäischen Naturschutzrichtlinien (FFH-Richtlinie 92/43/ EWG), die auf den Naturschutz "um seiner selbst willen" abzielen und damit keine Individualrechte begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.4.2007, 4 C 12.05, BVerwGE 128, 358 ff., Juris Rn. 33).

17

Soweit die Beigeladene in ihrer Beschwerdebegründung den erstinstanzlichen Beschluss (S. 9 Mitte d. Abdr.) zitiert, wonach eine Aufhebungsanspruch der Antragstellerin „unabhängig von einer Verletzung subjektiver Rechte“ bestehe, missversteht sie diesen Satz. Damit wird nicht etwa das (Zulässigkeits-)Erfordernis einer individuellen (Klage- und) Antragsbefugnis der Antragstellerin negiert, sondern lediglich die - durch § 4 Abs. 3 S. 1 und § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit.a UmwRG entstandene - Rechtslage wiedergegeben, wonach ein klagebefugter Individualkläger mit seiner Klage unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bei einer zu Unrecht nicht erfolgten Umweltverträglichkeitsprüfung Erfolg haben kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.06.2013, 4 B 37.12, BauR 2013, 2014).

18

2. Der Senat folgt der dem erstinstanzlichen Beschluss zu entnehmenden Prognose, dass die Klage der Antragstellerin gegen die angefochtenen Genehmigungen von acht Windkraftanlagen nebst Widerspruchsbescheid „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Erfolg haben wird, nicht. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe sowie die Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners im Schriftsatz vom 22.07.2016 führen dazu, dass der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide der (Verfahrens-)Fehler einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht entgegengehalten werden kann.

19

2.1 Das Verwaltungsgericht geht - im Ausgangspunkt - zutreffend davon aus, dass nach § 3c Satz 1 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG für die genehmigten acht Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls erforderlich war und dass - für den Fall, dass die Bereiche „Trennewurth-West“ und „…“ zusammen zu beurteilen sind - eine „Windfarm“ nach Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG in Betracht kommt mit der Folge, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Die Frage, ob die beiden Bereiche zusammen zu beurteilen sind, hängt davon ab, ob die Voraussetzungen „kumulierender Vorhaben“ gem. § 3 b UVPG vorliegen.

20

2.1.1 Ausgehend vom Wortlaut des § 3b UVPG liegen hier keine „kumulierenden Vorhaben“ vor.

21

Das „Vorhaben“ der Beigeladenen besteht nach deren Antrag vom 31.10.2014 in der Errichtung von acht Windkraftanlagen im Bereich „…“. Dafür wäre nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 UVPG ausreichend. Da die genannten acht Anlagen nicht „gleichzeitig“ mit den (schon vorhandenen) Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ realisiert werden, ist der Fall „kumulierender Anlagen“ nach § 3b Abs. 2 UVPG nicht gegeben.

22

Die von der Beigeladenen beantragten acht Windkraftanlagen führen auch nicht zu einer „Änderung oder Erweiterung“ der bestehenden Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“, so dass auch eine Kumulation nach § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG ausscheidet.

23

Soweit nach § 3b Abs. 3 Satz 2 UVPG „bestehende Vorhaben“ auch als „kumulierende Vorhaben im Sinne des Abs. 2 Satz 1“ anzusehen sind, betrifft dies den Fall, dass das „neue“ Vorhaben - hier: das der Beigeladenen - als Änderung oder Erweiterung zu den bestehenden Vorhaben hinzutritt (vgl. Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, Kommentar, 2012, § 3b Rn. 41). Das trifft im vorliegenden Fall nicht zu, denn das - selbständige - Vorhaben der Beigeladenen ändert oder erweitert die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ nicht.

24

2.1.2 Die Antragstellerin hat demgegenüber bereits - zutreffend - darauf hingewiesen, dass auf den vorliegenden Fall die Regelung in § 3b Abs. 2 und 3 UVPG analog anzuwenden ist (Antragsschrift vom 21.03.2016, S. 6-7). Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.06.2015 - 4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219 f., Rn. 16 f. [= NVwZ 2015, 1458]), der der Senat folgt. Danach fehlt für den - vorliegenden - Fall einer nachträglichen Kumulation von Vorhaben im Gesetz eine Regelung; die Gesetzeslücke ist durch eine Gesamtanalogie zu § 3b Abs. 2 und 3 UVPG zu schließen, um den Regelungszweck des Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011 (ABl. EU Nr. L 26/1 vom 28.01.2012) - jetzt i. d. F. der Richtlinie 2014/52/EU vom 25.04.2014 (ABl. EU Nr. L 124/1 vom 25.04.2014) - nicht durch eine Aufsplitterung von Projekten zu umgehen. Auch die zeitlich versetzte Verwirklichung von Teilprojekten soll vom innerstaatlichen Recht erfasst werden.

25

Nach diesen Grundsätzen ist auch der vorliegende Fall zu beurteilen; danach kommt eine Beurteilung der Anlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“ in Betracht mit der Folge, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung - und nicht nur eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls - erforderlich ist, wenn beide Bereiche als eine „Windfarm“ anzusehen sind, die den Größenwert von mehr als 20 Anlagen nach Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG überschreitet.

26

2.2 Eine „Windfarm“ besteht nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG aus mindestens drei über 50 m hohen Anlagen. Bei 3 - 6 bzw. 6 - 20 Anlagen ist eine standortbezogene oder allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3 c Satz 1 bzw. 2 UVPG) durchzuführen. Bei mehr als 20 Anlagen ist eine UVP (§ 3 b Abs. 1 UVPG) erforderlich.

27

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen mehrere Anlagen einem Standort zuzuordnen und damit als (eine) „Windfarm“ anzusehen sind, ist im Gesetz (UVPG) und in den zugrundeliegenden europäischen Richtlinien (vgl. Nr. 3 lit. i des Anhangs II zur UVP-Richtlinie 2011/92/EU) nicht geregelt; die in den anderen Sprachfassungen der Richtlinie verwendete Bezeichnung „Windpark“ (parc éoliens, parques eólicos, vindmølleparker) hilft nicht weiter.

28

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist von einer „Windfarm“ auszugehen, wenn drei oder mehr Windkraftanlagen räumlich einander so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren, wobei eine erhebliche Auswirkung auf die in Art. 3 UVP-Richtlinie genannten Schutzgüter maßgeblich ist. Nur der Fall einer Massierung zu erwartender negativer Umweltfolgen löst einen Prüfungsbedarf aus (BVerwG, Urt. v. 30.06. 2004, 4 C 9.03, BVerwGE 121, 182 [= NVwZ 2004, 1235], bei Juris Rn. 33). Der Gesetzgeber geht nach der Regelung in Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG davon aus, dass eine UVP-relevante Kumulation der Umweltfolgen erst ab 20 Anlagen generell anzunehmen ist.

29

Das Verwaltungsgericht hat sich insoweit - im Sinne einer ersten Annäherung - an der Rechtsprechung orientiert, der zufolge sich die Einwirkungsbereiche der Windkraftanlagen nicht mehr berühren, wenn zwischen zwei Anlagen eine Entfernung von mehr als dem 10-fachen des Rotordurchmessers liegt (vgl. VGH München, Urt. v. 12.01.2007, 1 B 05.3387 u. a., NVwZ 2007, 1213 [bei Juris Rn. 23], m. w. N.). Dieses Abstandsmaß wird unterschritten, da bei einem Rotordurchmesser von 115,7 m die genehmigte Anlage 03 von der nächstgelegenen Anlage im Bereich „Trennewurth-West“ (nur) knapp 1.000 m entfernt liegt.

30

Die genannte Entfernung stellt indes weder einen Rechtssatz oder rechtsverbindlichen Grenzwert noch eine „technische Wirkungsgröße" dar, sondern eine Konvention für einen im Regelfall zur Beurteilung des räumlichen Umgriffs einer Anlagengesamtheit in Relation zur Größe der einzelnen Anlagen zweckmäßigen Abstand (BVerwG, Beschl. v. 08.05.2007, 4 B 11.07, BauR 2007, 1698 [bei Juris Rn. 7]). Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben für die räumliche Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Es ist deshalb eine diesbezügliche - schutzgutbezogene - Prüfung im Einzelfall erforderlich.

31

Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Einzelfallprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass es zu einer „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen „jedenfalls hinsichtlich der Lärmimmissionen, der optischen Wirkung und der Auswirkungen auf Habitate und den Vogelzug kommt“ mit der Folge, dass die Bereiche „…“ und „Trennewurth-West“ als eine Windfarm i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG anzusehen sind (S. 12 u. des Beschl.-Abdr.). Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Bei der gebotenen schutzgutbezogenen Prüfung sind keine zureichenden Anhaltspunkte dafür festzustellen, dass die Anlagen in den beiden Bereichen UVP-relevante (überschneidende oder sich „berührende“) Wirkungsüberlagerungen begründen.

32

2.2.1 Die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung sind § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG zu entnehmen. Zum Schutzgut „Mensch“ gehört auch die Beurteilung der möglichen Lärmauswirkungen des Vorhabens (2.2.2); dessen „optischen Auswirkungen“ gehören zum Schutzgut „Landschaft“ (2.2.3). Direkte oder mittelbare Auswirkungen auf Habitate bzw. den Vogelzug sind den Schutzgütern „Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt“ zuzuordnen (2.2.4; vgl. Appold, in: Hoppe/Beckmann, a.a.O., § 2 UVPG Rn. 25, 27, 39).

33

2.2.2 Die möglichen Lärmauswirkungen begründen das Vorliegen einer (UVP-pflichtigen) „Windfarm“ i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht.

34

Das Verwaltungsgericht leitet sein anderslautendes Ergebnis daraus ab, dass die Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ einen „erheblichen Anteil“ an der bestehenden Vorbelastung“ hätten und der Einwirkungsbereich der (geplanten) Anlagen der Beigeladenen im Bereich „…“ über die an der B 5 gelegenen Immissionsorte hinausreiche (S. 13 u. des erstinstanzl. Beschl.-Abdr.). Danach lägen Wirkungsüberlagerungen vor.

35

Diese Überlagerungen sind aus der Anwendung der TA Lärm abgeleitet worden (s. „Schalltechnisches Gutachten“ vom 11.08.2014, S. 3, S. 19 [Tabelle 3]). Die TA Lärm gilt für die Zulassung oder Überwachung von Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, um dessen Schutz- und Vorsorgeanforderungen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG zu konkretisieren (vgl. Jarass, BImSchG, 2012, § 48 Rn. 15, 16, 23, 26). Allerdings verweist Nr. 1.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des UVPG (UVPVwV vom 18.09.1995 [GMBl. S. 671]) für die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die „gesetzlichen Umweltanforderungen (für den Genehmigungsanspruch)“, insbesondere auf § 6 Nr. 1 und § 5 BImSchG. Im Ergebnis erfolgt danach die Beurteilung der (UVP-relevanten) Umweltauswirkungen gleichlaufend mit den für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung relevanten Maßstäben, also auch denen der TA Lärm. Für die Anwendung der TA Lärm auch im Rahmen der UVP spricht überdies, dass die Beigeladene gem. § 6 Abs. 1 BImSchG einen Genehmigungsanspruch verfolgt („...ist zu erteilen...“), der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht „strengeren“ Anforderungen unterworfen sein kann, als es nach dem „Fachrecht“ nach Maßgabe des BImSchG und der TA Lärm der Fall ist.

36

Dem entsprechend ist die - für die Anwendung der Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG maßgebliche - Frage, ob die Windkraftanlagen in den Bereichen „Trennewurth-West“ und „…“ als eine „Windfarm“ mit mehr als 20 Anlagen anzusehen sind, in Bezug auf die Lärmauswirkungen anhand der Maßstäbe der TA Lärm zu beantworten.

37

Nach der TA Lärm erfolgt eine (energetische) „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen unter Berücksichtigung der Frage, ob und ggf. inwieweit die geplanten Anlagen der Beigeladenen für die in Betracht zu ziehenden Immissionsorte (Nr. 2.3 mit Anhang Nr. A.1.3 TA Lärm) einen relevanten Immissionsbeitrag leisten (s. dazu Anlage 5 der „Schallprognose“ vom 11.08.2014). Eine - im o. g. Sinne - relevante „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen ist somit nach der TA Lärm zu beurteilen, insbesondere nach der für die Relevanz von Immissionsbeiträgen maßgeblichen Nr. 3.2.1 Abs. 2 S. 2 und Abs. 6 S. 2 TA Lärm.

38

Die „Schallprognose“ (a.a.O., S. 10) hat alle Immissionsorte im Außenbereich (IO 1 - IO 16) hinsichtlich ihrer Schutzbedürftigkeit zutreffend wie ein Dorfgebiet (MD; Nr. 6.1 c TA Lärm) eingestuft; das entspricht der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 19.01.2012, 1 KS 4/11, NordÖR 2012, 546). Nur für den an einem Allgemeinen Wohngebiet gelegenen Punkt IO 17 sind die Richtwerte - korrekt - nach Nr. 6.1 d TA Lärm angesetzt worden.

39

Die „Schallprognose“ (a.a.O., S. 18) erfasst nur den Nachtbetrieb der Anlagen, da dafür eine „um 15 dB kritischere Beurteilung“ als für den Tagebetrieb gilt, so dass bei Einhaltung der Nacht-Richtwerte eine sichere Einhaltung der Tag-Richtwerte der TA Lärm gewährleistet ist. Das ist sachgerecht.

40

Die Tabelle 3 der Schallprognose“ (a.a.O., S. 19) zeigt, dass die Immissionsbeiträge der von der Beigeladenen geplanten Anlagen jeweils um mindestens 15 dB unter dem Immissionsrichtwert nach Nr. 6.1 TA Lärm liegen. Damit unterschreitet die von ihnen ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort sogar um mehr als 6 dB(A), so dass ihre Genehmigung auch dann nicht versagt werden darf, wenn die Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung überschritten werden (Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 und 2 TA Lärm). Grund dieser Regelung ist, dass eine im genannten Umfang unterhalb der Richtwerte liegender Immissionsbeitrag für die Gesamtbelastung an den relevanten Immissionsorten irrelevant ist, weil dieser kausal zu schädlichen Umwelteinwirkungen nichts beiträgt und nicht mehr wahrnehmbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.10.2013, 7 C 36.11, BVerwGE 148, 155 [bei Juris Rn. 46]; Jarass, a.a.O., § 5 BImSchG Rn. 17 m. w. N.). Die Irrelevanz besteht nicht nur für die - dem Grundstück der Antragstellerin nächstgelegenen - Immissionsorte IO 9 und 10, sondern auch für die - im erstinstanzlichen Beschluss (besonders) betrachteten - Immissionsorte IO 5 und 6 an der B 5. Der Umstand, dass der für diese Immissionsorte prognostizierte (Gesamt-)Beurteilungspegel um 1 dB oberhalb des Richtwerts nach Nr. 6.1 c TA Lärm liegt, ist nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm nicht genehmigungsschädlich. Anzumerken ist, dass sich das gleiche Ergebnis auch aus Nr. 3.2.1 Abs. 3 S. 1 TA Lärm ergibt.

41

Der Antragsgegner hat - zusätzlich - darauf hingewiesen, dass in der „Schallprognose“ (Anlage 5) „für eine abgesicherte Prüfung“ auch solche Windkraftanlagen berücksichtigt worden sind, deren Immissionsbeitrag bis zu 20 dB unter dem Immissionsrichtwert der TA Lärm liegt, so dass mehr Anlagen einbezogen worden seien, als nach der TA Lärm gefordert. Soweit in der Anlage 5 zur „Schallprognose“ auch (vom Beigeladenen) geplante Anlagen aufgeführt werden, deren Immissionsbeitrag bezüglich einzelner Immissionsorte nicht mindestens 15 dB unter dem Immissionsrichtwert der TA Lärm liegt, bleibt für die betroffenen Immissionsorte die Gesamtbelastung auch in diesen Fällen (deutlich) unterhalb der Immissionsrichtwerte. Die Prognose der Lärmwirkungen sowohl der „neuen“ als auch der bestehenden Anlagen (bzw. der insoweit bestehenden Vorbelastung) liegt damit insgesamt auf der sicheren Seite.

42

Nach der TA Lärm ist somit keine relevante „Summierung der Einwirkungen“ der Windkraftanlagen festzustellen. Soweit das Verwaltungsgericht feststellt, dass der „Einwirkungsbereich des Windparks ‚…‘ über die an der Bundesstraße B 5 liegenden Immissionsorte“ hinausreiche (S. 13 u. des erstinstanzlichen Beschl.-Abdr.), mag dies zutreffen, doch ist die Einwirkung nach dem Beurteilungsverfahren der TA Lärm auf seine (jeweilige) Relevanz an den Immissionsorten zu prüfen. Diese ist - wie ausgeführt - nach den Regelungen in Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm (und auch nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 S. 1 TA Lärm) nicht gegeben.

43

Anzumerken ist, dass sich auch in Bezug auf sog. Infraschall-Immissionen keine andere Beurteilung ergibt. Der Senat hat dazu bereits entschieden, dass ab einem Abstand von 250 m zu einer Windkraftanlage in der Regel durch Infraschall keine erheblichen Belästigungen mehr zu erwarten sind und dass bei Abständen von mehr als 500 m die Windkraftanlage regelmäßig nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt. Es gibt keinen wissenschaftlich gesicherten Hinweis darauf, dass von dem von Windenergieanlagen verursachten Infraschallanteil, der unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Gehörs liegt, eine Gesundheitsgefahr oder eine erhebliche Belästigung ausgeht (Beschl. des Senats v. 31.07.2015, 1 MB 14/15, ZNER 2015, 613 [bei Juris Rn. 30 m. w. N.]). Mit Blick auf die vorliegend gegebenen Abstände zwischen den Bereichen „C-Stadt-Trennewurth“ und „Trennewurth-West“ sind danach Wirkungsüberlagerungen in dieser Hinsicht auszuschließen.

44

2.2.3 Von den bestehenden bzw. künftigen Windkraftanlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“ gehen auch in Bezug auf das Schutzgut „Landschaft“ keine signifikanten Wirkungsüberschneidungen aus.

45

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Kumulation von umweltrelevanten Auswirkungen nicht von optisch wahrnehmbaren Kriterien ab; es genügt nicht, dass die Anlagen „beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander liegen“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015, a.a.O., bei Juris Rn. 24-25). In Bezug auf das Schutzgut „Landschaft“ kommt es darauf an, ob ein durch bestimmte strukturelle oder funktionelle Merkmale oder eine charakteristische Nutzungsweise geprägter, abgrenzbarer Teil der Erdoberfläche durch die - als „Einheit“ wirkende - Gruppierung von Windkraftanlagen betroffen ist. Das schließt ggf. auch ästhetische Funktionen des Landschaftsbildes ein (vgl. Appold, a.a.O., § 2 UVPG, Rn. 37, 38).

46

Die Beurteilung der Frage, ob den Anlagen in Bezug auf das Landschaftsbild eine „überlagernde“ Wirkung zukommt, hängt nicht von Blickachsen ab, also auch nicht von der Zufälligkeit, dass - je nach Himmelsrichtung - unterschiedlich viele (vorhandene bzw. geplante) Windkraftanlagen in mehr oder weniger großer Entfernung wahrnehmbar sind (im Fall der Antragstellerin sind in Westrichtung mehr Anlagen als in Ostrichtung zu sehen, in Nord- oder Südrichtung allenfalls in größerer Entfernung). Die Bewertung muss - im Grundsatz - von der Vogelperspektive ausgehen und darauf abstellen, inwieweit der Landschaftsraum von einer bestimmten, in der Landschaft bisher nicht vorhandenen „Überprägung“ betroffen sein wird.

47

Für Windkraftanlagen gilt, dass diese stets - in mehr oder weniger großem Umfang - nachteilige Wirkungen auf das Landschaftsbild haben, die nicht vermeidbar sind und daher durch eine Ersatzzahlung nach § 15 Abs. 6 BNatSchG ausgeglichen werden (vgl. Nr. 4.2 der „Grundsätze zur Planung von und zur Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei Windkraftanlagen“; Erlass vom 26.11.2012, Amtsbl. Schl.-H. 2012 S. 1352 i. d. F. vom 22.06.2016, Amtsbl. Schl.-H. 2016, S. 531). Dies ist schon bei einer Windkraftanlage der Fall, ebenso auch bei mehreren Windkraftanlagen oder bei einer „Windfarm“ (wobei offen bleiben kann, in welcher Relation die Zahl der Anlagen zu einer ggf. eintretenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes steht). Aus Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG wird deutlich, dass erst solche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, die von mehr als 20 Anlagen ausgehen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung veranlassen sollen; bei „kleineren“ Windfarmen wird dagegen zunächst eine Vorprüfung angeordnet. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist - mit anderen Worten - nur geboten, wenn das Landschaftsbild über das mit der Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen zwangsläufig verbundene Maß hinaus beeinträchtigt werden kann.

48

Das ist vorliegend nicht festzustellen.

49

Das Landschaftsbild ist im fraglichen Bereich nicht nur von Straßen (B 5, L 173, L 142, L 144) durchzogen und durch (Streu-)Bebauung gekennzeichnet, sondern - schon seit den 90er Jahren - durch Windkraftanlagen „vorbelastet“. Windkraftanlagen sind in der „freien Marsch“ - außerhalb der sog. Ortslagenabstandsbereiche - u. a. in den Bereichen Trennenwurth, Barlt (Ost und West), …, St. Michaelisdonn und Dingen vorhanden; auch die Situation zwischen „Trennewurth-West“ und den - in gleicher Entfernung errichteten - Anlagen (westlich) Helserdeich ist vergleichbar. Die Anlagen sind in dem ebenen Gelände weithin sichtbar und prägen das Landschaftsbild, das ansonsten - unstreitig - struktur- und artenarme, ackerbaulich intensiv genutzte Flächen der Dithmarscher Marsch zeigt. Besondere Landschaftsmerkmale, wie Knicks, Wälder, (größere) Fließgewässer oder Seen, fehlen; das Netz der für die Marsch typischen Entwässerungsgräben und Flethe ist aufgeweitet. Im Hinblick auf diese Situation kommt der Landschaftspflegerische Begleitplan vom Februar 2015 zu dem Ergebnis, dass das Landschaftsbild keine „besondere Empfindlichkeit“ gegenüber Windkraftanlagen aufweist (S. 9). Dem ist zuzustimmen. Die Errichtung der streitbefangenen Windkraftanlagen mag die vorgefundene Prägung (geringfügig) erweitern, sie führt aber ersichtlich zu keiner Belastung eines wegen seiner Schönheit oder Funktion besonders schutzwürdigen Landschaftsbildes. Eine (gerade) den Anlagen der Beigeladenen oder ihrem „Zusammenwirken“ mit den Anlagen im Bereich „Trennewurth-West“ zuzuordnende Verstärkung des bereits von Windkraftanlagen durchsetzten Landschaftsbildes ist nicht festzustellen. Das Landschaftsbild wird allenfalls punktuell verändert, ohne dessen vorgefundene Prägung zu beeinflussen.

50

2.2.4 Wirkungsüberschneidungen ergeben sich - schließlich auch nicht in naturschutzrechtlicher Hinsicht.

51

2.2.4.1 Dem erstinstanzlichen Beschluss nicht zu entnehmen, in welcher Hinsicht sich die Einwirkungsbereiche der Windkraftanlagen in Bezug auf Habitate in deren (näherer oder weiterer) Umgebung berühren oder überschneiden sollen.

52

Anhaltspunkte für solche Einwirkungen sind (mehr als) fernliegend: Nach den Genehmigungsunterlagen (Landschaftspflegerischer Begleitplan [Febr. 2015], zu 4.2) sind im „Umfeld“ der Anlagenstandorte keine Schutzgebiete betroffen. Das Vogelschutzgebiet „Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer“ (DE 0196-491, DE 0916-491) umfasst das Wattenmeer mit Vorlandflächen, Halligen, Stränden und Außensänden, z. T. auch Feuchtgrünlandflächen und Röhrichtbestände hinter der Deichlinie. Die hier betroffenen Windenergieanlagen liegen (weit) außerhalb dieser Bereiche und - auch - abgesetzt von sog. „Nebenverbundachsen“, die 2 km westlich des Windparks enden. Das mindestens 5 km entfernte FFH-Gebiet „Klev- und Donnlandschaft bei St. Michaelisdonn“ (DE 2020-301) dient nach dem dazu veröffentlichten Standarddatenbogen der Erhaltung einer ehemaligen Küstenlandschaft mit Steilhängen, Wäldern etc., nicht aber dem Schutz von (Zug-, Brut- oder Rast-) Vögeln.

53

Auch wenn insoweit nicht (förmlich) geschützte Habitate, insbesondere Biotope (vgl. § 21 LNatSchG) einbezogen werden, ergibt sich kein Ansatzpunkt dafür, dass die Windkraftanlagen solche tangieren. Auch für die im Landschaftspflegerischen Begleitplan (a.a.O.) angesprochenen Klein- bzw. Stillgewässer, Vorfluter und Ausgleichsflächen lässt sich dies nicht feststellen.

54

2.2.4.2 Unter artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht schon dann geboten, wenn sich artenschutzrechtliche Konflikte nicht vermeiden lassen (vgl. VGH Kassel, Beschl. vom 03.11.2015, 9 B 1051/15, u.a., BauR 2016, 486). Auch insoweit muss die „Häufung“ der Anlagen zu besonderen Risiken führen, die einen UVP-Untersuchungsbedarf auslösen. Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.

55

Nach dem Ergebnis des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags des Planungsbüros Mordhorst-Bretschneider werden durch die genehmigten Anlagen bzw. ihren Betrieb keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) erfüllt. Der günstige Erhaltungszustand lokaler Populationen bleibt gewahrt, ein ungünstiger Erhaltungszustand wird nicht weiter verschlechtert bzw. eine Wiederherstellung nicht erschwert.

56

Zum Vogelzug sieht es das Verwaltungsgericht nicht als „ausgeschlossen“ an, dass die Einwirkungsbereiche der Anlagen eine „Hinderniswirkung“ bewirken. Dem steht nicht nur entgegen, dass das Projektgebiet außerhalb von Vorranggebieten für Vögel liegt, sondern auch, dass es sich „abseits der Hauptzugwege“ der in Betracht kommenden Zugvögel befindet und für die Wiesen- und Rohrweihe, den Uhu und für sonstige Brutvögel als Nahrungshabitat bzw. Flugkorridor nur eine „geringe Bedeutung“ hat (s. S. 20, 21, 22 des Ornithologischen Fachgutachtens Mordhorst-Bretschneider/Langner, o. D.; ebenso: „Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag“, S. 12). Darauf hat der Antragsgegner in seiner Beschwerdeerwiderung (Schriftsatz vom 05.07.2016, S. 2) - nochmals - überzeugend hingewiesen. Soweit Störungen der Brutzeiten zu besorgen sind, ist dem durch die in Auflage 2.7.2 bestimmte Bauzeitbeschränkung auf Zeiten außerhalb der Brutzeiten
(01.03.-15.07.) Rechnung getragen worden.

57

Für Fledermäuse ergibt sich ebenfalls kein Ansatzpunkt für eine signifikante Überschneidung der Einwirkungsbereiche der Anlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“. Insoweit hat der Antragsgegner - zu Recht - die Vermeidungsmaßnahme berücksichtigt, denen zufolge die Windkraftanlagen während der Migrationszeit der Fledermäuse (10.07.-30.09.) nachts abgeschaltet werden (s. A.I.2.3 der Entscheidung in den angefochtenen Genehmigungsbescheiden sowie - ergänzend - IV.4, Punkt 3 der Hinweise [zweijähriges Höhenmonitoring]). Das entspricht dem Ergebnis der „Fledermausuntersuchung“ des Dipl.-Biologen Leupolt vom 03.04.2013 (S. 19-20).

58

2.2.5 Damit ist - insgesamt - nicht davon auszugehen, dass die bestehenden bzw. künftigen Windkraftanlagen in den Bereichen „…“ und „Trennewurth-West“ als eine Windfarm i. S. d. Nr. 1.6.1 der Anlage 1 zum UVPG anzusehen sind. Der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigungen kann somit eine - (zu Unrecht) unterbliebene - Umweltverträglichkeitsprüfung nicht entgegengesetzt werden.

59

2.3 Die für die genehmigten acht Anlagen im Bereich „…“ nach Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c Satz 1 UVPG hat stattgefunden; sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anlagen keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben können, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären (s. S. 22 der Genehmigungsbescheide: „UVP-Pflicht“); dieses Ergebnis ist im Amtsblatt Schleswig-Holstein vom 12.01.2015 und im Internet bekannt gemacht worden (§ 3a Satz 2 UVPG). Die Vorprüfung ist gemäß § 3c Satz 6 UVPG auch dokumentiert worden (s. „Screening“ des Planungsbüros Mordhorst; Teil 9 der Beiakte E), so dass kontrolliert werden kann, ob eine angemessene, den Vorgaben des Gesetzes und der UVP-Richtlinie 2014/52/EU (Amtsbl. EU Nr. L 124/1 v. 25.04.2014) entsprechende Vorprüfung stattgefunden hat (vgl. EuGH, Urt. v. 10.06.2004, C-87/02, Slg 2004, I-5975 ff.).

60

Die mit der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls hier verbundene Feststellung der Behörde, dass eine UVP unterbleiben soll, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG gerichtlich nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

61

Die im „Screening (a.a.O.) dokumentierte Durchführung der UVP-Vorprüfung ist nicht zu beanstanden. Sie berücksichtigt die in Anlage 2 zum UVPG genannten Kriterien. Insbesondere sind die Lärmwirkungen (A.5., B.1.11-12), die naturschutzrechtlichen Fragen (B.1.-3., 9.) und die Auswirkungen auf die Landschaft (B.5-6.) erfasst und bewertet worden. Das Ergebnis der Vorprüfung, wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist, da keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, ist auch nachvollziehbar. Dem Antragsgegner steht für die prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zu. Dementsprechend unterliegt die prognostische Beurteilung einer Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.06.2014, 9 A 1.13, BVerwGE 150, 92 ff. [bei Juris Rn. 26 m.w.N.]). Der Nachvollziehbarkeit im genannten Sinne stünden schwerwiegende, auf das Ergebnis durchschlagende Ermittlungsfehler der Vorprüfung oder Erwägungen entgegen, die außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzungen liegen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 23.02.2016, 3 S 2225/15, BauR 2016, 1148). Derartige Fehler oder Fehlerwägungen sind vorliegend weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

62

2.4 Die angefochtenen Genehmigungsbescheide durfte nach alledem ohne vorgängige Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden. Die - vom Verwaltungsgericht angesprochene - Frage der (Un-)Zulässigkeit einer „Nachholung“ der UVP stellt sich damit nicht. Auch die durchgeführte Vorprüfung weist - wie ausgeführt - keine Mängel i. S. d. § 3a Satz 4 UVPG auf, so dass auch insoweit kein Bedarf für deren - unter bestimmten Voraussetzungen mögliche (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, 4 C 11.07, BVerwGE 131, 352 ff.) - Nachholung besteht.

63

3. Der erstinstanzliche Beschluss war nach alledem - wie aus dem Tenor ersichtlich - zu ändern.

64

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

65

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.

(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.

(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.

(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.