Verwaltungsgericht Koblenz Beschluss, 13. Apr. 2017 - 4 L 86/17.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2017:0413.4L86.17.KO.0A
bei uns veröffentlicht am13.04.2017

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24. Januar 2017 gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016 wird wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner zur Hälfte und die Beigeladenen zu 1) und zu 2) zu je einem Viertel.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der vorliegende Eilantrag ist zulässig und begründet.

2

Der Antrag ist gerichtet darauf, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 24. Januar 2017 gegen die der A. B. Planung & Beratung: Windenergie in C. erteilte und auf die Beigeladenen anteilig übergegangene und für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016

für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen vom Typ Vestas V 126 mit einer Nabenhöhe von 166 m, einem Rotordurchmesser von 126 m und einer Nennleistung von 3,3 MW auf den Grundstücken Flur 2 Nr. 6/4 und Flur 8 Nr. 2/4 in Metzenhausen und Flur 3 Nr. 1 in der Gemarkung Ober Kostenz

wiederherzustellen.

3

Ein solcher Eilantrag ist nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Danach kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs eines Nichtbegünstigten gegen einen Dritte begünstigenden Verwaltungsakt auf Antrag wiederherstellen. Der vorliegende Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin antrags- und in einem nachfolgenden Klageverfahren klagebefugt, denn ihr Anwesen D. 1 (Gemarkung Metzenhausen, Flur ... Nr. ...) liegt in relevanter Nähe zu den Immissionsorten 14, 15 und 23 (vgl. Gutachten E. vom 6. September 2016, S. 29 und Karte 6). Unter anderem an den genannten Immissionsorten 14 und 15 wird nach dem vorgenannten Gutachten der dort geltende Nachtwert von 40 dB(A) überschritten. Des Weiteren ist für die unmittelbar benachbarten Anwesen D. 2 und D. 3 eine Beschränkung des Schattenwurfs in die Genehmigung vom 27. Dezember 2016 (S. 16) aufgenommen worden, so dass auch für das Anwesen der Antragstellerin von relevanten Auswirkungen durch den Schattenwurf auszugehen ist. Danach ist die Antragstellerin zweifelsfrei in den von § 5 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geschützten Nachbarrechten betroffen.

4

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Zwar ist dem Rechtsbehelf nicht deshalb aufschiebende Wirkung beizumessen, weil die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Rede stehenden Genehmigung unzureichend wäre. Die Begründung genügt vielmehr den Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

5

Danach ist dann, wenn eine Behörde – wie hier – nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnet und damit einem dagegen gerichteten Widerspruch die aufschiebende Wirkung nimmt, das besondere Interesse an dieser Anordnung zu begründen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist eine auf den konkreten Fall abstellende und nicht lediglich formelhafte Darlegung, weshalb das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung eines etwaigen Widerspruchs zurückzutreten hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 22. Auflage 2016, § 80 Rn. 85; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. April 2012 – 1 B 10136/12.OVG –, juris, Rn. 11), wobei eine Prüfung des Inhalts der Darlegungen nicht an dieser Stelle erfolgt. Diesen formalen Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem Genehmigungsbescheid vom 27. Dezember 2016. Der Antragsgegner hat dort dargelegt, die Interessen potentieller Antragsteller hätten insbesondere deshalb zurückzustehen, weil Rechtsschutzverfahren gegen die Genehmigung keine Erfolgsaussichten hätten, insbesondere stünden natur-/artenschutzrechtliche Gründe der Genehmigung nicht entgegen.

6

Der vorliegende Eilantrag hat jedoch aus materiellen Erwägungen Erfolg. Denn die nach § 80 Abs. 5 VwGO vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Beigeladenen und des Antragsgegners und zu Gunsten der Antragstellerin aus.

7

Diese Interessenerwägung hat sich an dem öffentlichen Interesse sowie dem privaten Interesse einerseits der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs und andererseits dem der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung zu orientieren. Die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erlangen Bedeutung, wenn dessen Ergebnis eindeutig vorausgesehen werden kann. Ist ein Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so erscheint grundsätzlich die aufschiebende Wirkung geboten, weil weder ein öffentliches Interesse noch ein privates Interesse an der Vollziehung offenkundig rechtswidriger Verwaltungsakte besteht. Umgekehrt liegt die sofortige Vollziehung von Verwaltungsakten in der Regel dann im öffentlichen Interesse und auch im privaten Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung erkennen lässt, dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist und der eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.

8

Nach Maßgabe dieser Grundsätze haben die Interessen der Antragstellerin hier das Gewicht, das erforderlich ist, um ihrem Widerspruch die begehrte aufschiebende Wirkung zurückzugeben. Denn ihr Widerspruch gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Dezember 2016 wird nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nach derzeitigem Stand Erfolg haben. Die Genehmigung verletzt die Antragstellerin in ihren subjektiven Rechten, so dass sie deren Aufhebung derzeit erstreiten könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

Die Antragstellerin kann gegen die Genehmigung vom 27. Dezember 2016 einwenden, sie sei unter Verletzung von Verfahrensbestimmungen ergangen, die sie rügen kann. So steht ihr die Befugnis zu – unabhängig vom Vorliegen einer Verletzung in eigenen Rechten – zu rügen, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung zu Unrecht nicht durchgeführt wurde (§ 4 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a Umweltrechtsbehelfsgesetz – UmwRG –) (1.). Ihre Rüge ist derzeit sachlich begründet, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und eine erforderliche UVP deshalb zu Unrecht unterblieben ist (2.). Dieser Verfahrensverstoß führt – sofern keine wirksame Nachholung erfolgt – in einem Widerspruchs- oder nachfolgenden Klageverfahren zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung, ohne dass es auf das Vorliegen einer Verletzung der Antragstellerin in eigenen materiellen Rechten ankommt (3.).

10

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17. Dezember 2013 – 4 A 1.13 –, juris Rn. 41, m.w.N.), der sich das OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13. Mai 2014 – 8 B 10342/14.OVG –, juris, Rn. 21) angeschlossen hat, kann auch ein Dritter nach § 4 Abs. 3 UmwRG – obwohl die UVP nur dem Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit dient – im Rahmen eines zulässig erhobenen Rechtsbehelfs die fehlende UVP rügen. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO – wie hier der Antragstellerin – für entsprechend anwendbar erklärt, begründet er nicht die Klagebefugnis, sondern verändert gegenüber der allgemeinen Regelung des § 46 VwVfG die Begründetheitsprüfung (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 30.10 –, NVwZ 2012, 573 und juris, Rn. 20).

11

2. Für das Vorhaben der Beigeladenen, das dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterliegt (a.), ist vor Erteilung der angefochtenen Genehmigung vom 27. Dezember 2016 eine den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG genügende UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt worden (b.). Dieser Verfahrensfehler ist bisher nicht geheilt worden (c.).

12

a. Nach § 3b Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) bestand in dem vorliegenden Fall (Errichtung von 3 Windkraftanlagen) Anlass für eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c Satz 1, 3 und 4 UVPG. Nach Nr. 1.6 der Liste UVP-pflichtiger Vorhaben (Anlage 1 UVPG) ist bei 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen eine standortbezogene Vorprüfung und von 6 bis weniger als 20 Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung erforderlich; ab 20 Windkraftanlagen muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Nach Nr. 17.2 der Anlage 1 UVPG ist bei einer Rodung von 1 Hektar bis weniger als 5 Hektar Wald eine standortbezogene Vorprüfung, bei einer Rodung von 5 bis weniger als 10 Hektar Wald eine allgemeine Vorprüfung und bei einer Rodung von mehr als 10 Hektar Wald eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen.

13

Hier war eine allgemeine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchzuführen. Nach § 3c Satz 5 UVPG gelten die Regelungen des § 3b Abs. 2 und 3 UVPG auch, wenn mit einer neu hinzutretenden Anlage die Werte überschritten werden, nach denen eine standortbezogene oder allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach der Anlage 1 zum UVPG erforderlich wird. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Windenergieanlagen in einem Abstand so zueinander stehen, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Von einem solchen Abstand ist auszugehen, wenn die Anlagen in einem Abstand von weniger als dem Zehnfachen des Rotordurchmessers (vgl. BayVGH, Urteil vom 12. Januar 2007 – 1 B 05.3387 u.a. –, juris) aufgestellt werden sollen. Dann handelt es sich sowohl nach der Nr. 1.6 der Anlage zum UVPG als auch im Hinblick auf die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvorschriften (Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV) – unabhängig von der Identität der Genehmigungsinhaber bzw. Antragsteller – um eine Windfarm (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 – 4 C 9/03 – NVwZ 2004, 1235). Insbesondere bilden hier die Windenergieanlagen D und E mit 11 weiteren Windenergieanlagen im Bereich von Ober und Nieder Kostenz nach der Karte 1 (Anlage zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 15. März 2017) eine Windfarm. Der Einwirkungsbereich der Windenergieanlage C überschneidet sich mit fünf weiteren Anlagen im Bereich zwischen Metzenhausen, Kludenbach und Reckershausen sowie mit denen einiger der genannten Windenergieanlagen in Ober und Nieder Kostenz, wovon eine weniger als 1260 m (10-facher Rotordurchmesser) von der Windenergieanlage C entfernt liegt. Danach liegt hier zweifellos eine (durch Lückenschluss zusammengeführte) Windfarm mit 19 Windenergieanlagen vor. Von diesen 19 Windenergieanlagen sind lediglich vier Anlagen (in der Nähe von Kludenbach) auf der Grundlage einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt worden.

14

Insoweit folgt die Kammer nicht der Rechtsprechung des Bay. Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 10. Februar 2016 – 22 ZB 15.2329 – juris), der auf Windkraftanlagen die zu § 3b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UVPG im Hinblick auf Schweinemastställe ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. Juni 2015 – 4 C 4/14 – BVerwGE 152, 219; Urteil vom 17. Dezember 2015 – 4 C 7/14 u.a. – BVerwGE 153, 361) unmittelbar übertragen will. Dem stehen nach Auffassung der Kammer schon die Regelungen der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV und der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG entgegen, die bei Windkraftanlagen gerade nicht die technische und betriebliche Zusammenfassung und Verbindung mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen fordern, um sie zu einer Windfarm zusammenzufassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.). Vielmehr ist bei Windkraftanlagen gerade die für sonstige technische Anlagen typische und betriebswirtschaftlich sinnvolle Zusammenfassung auf einem Betriebsgelände oder in unmittelbarer Nähe nicht sachgerecht, weil es dabei ggf. zu gegenseitigen Beeinträchtigungen der Anlagen durch Verringerung der Windausbeute, Kumulation der Immissionen und ggf. zu Turbulenzen einschließlich der Beeinträchtigung der Standsicherheit etc. kommen kann (vgl. Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 29. Januar 2015 – 1 A 10676/14.OVG und Urteil der Kammer vom 14. Oktober 2014 – 4 K 1188/13.KO). Im Übrigen haben Windenergieanlagen i.d.R. keinen hohen Instandhaltungs- sowie Ver- und Entsorgungsaufwand, so dass eine häufige oder gar tägliche Betreuung vor Ort nicht üblich ist und an die erschließenden Straßen nur für die Bauphase höhere Ansprüche zu stellen sind. Wasser- oder Abwasseranschlüsse sind nicht erforderlich. Für die Ableitung der Energie sind selbständige Regelungen in Nr. 19.1 der Anlage 1 zum UVPG enthalten; zudem können hier fremde Einrichtungen genutzt werden, die nicht notwendig zur Anlage gehören (vgl. die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes und des Erneuerbaren Energien-Gesetzes). Daher stellen Windenergieanlagen in erster Linie sonstige in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahmen dar, die ggf. in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen (§ 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG; „Windfarm“: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.).

15

Danach war eine allgemeine Vorprüfung nach § 3c UVPG durchzuführen. Es bedarf keiner vertieften Prüfung, ob eine solche Pflicht nicht auch nach Nr. 17.2 der Anlage 1 zum UVPG in Verbindung mit § 3c Satz 5 und § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UVPG bestand. Im Hinblick auf die genehmigte dauerhafte Rodung von 1,3 ha Wald (S. 9 der Genehmigung vom 27. Dezember 2016) bestand nach der vorgenannten Vorschrift eine (gleichrangige) Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung. Ob sich durch Zusammenrechnen der Rodungsflächen von weiteren 12 noch nicht UVP-geprüften Anlagen ebenfalls eine Pflicht zur allgemeinen Vorprüfungspflicht im Einzelfall (ab 5 ha bis 10 ha) ergab, ist nach dem zuvor Ausgeführten in dem vorliegenden Eilverfahren nicht aufklärungsbedürftig.

16

Die Pflicht zur Durchführung der allgemeinen Vorprüfung folgt allerdings nicht unmittelbar aus § 3e Abs. 1 UVPG. Danach besteht die Pflicht zur Durchführung einer UVP auch für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als Solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (Nr. 1) die in der Anlage 1 zum UVPG für Vorhaben der Spalte 1 angegebenen Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (Nr. 2) eine Vorprüfung des Einzelfalls i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann; in die Vorprüfung sind auch frühere Änderungen einzubeziehen, für die nach der jeweils geltenden Fassung des UVPG keine UVP durchgeführt worden ist. Die Vorschrift erfasst damit nur den Fall, dass für das Grundvorhaben, das geändert oder erweitert werden soll, als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht (vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3e UVPG, Rn. 9).

17

Handelt es sich – wie hier – immissionsschutzrechtlich um eine Windfarm, so ist diese auch nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG als eine Anlage zu behandeln (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004, a.a.O.). Danach sind die zur Genehmigung gestellten drei Windkraftanlagen wie eine Änderung oder Erweiterung eines nicht UVP-pflichtigen Vorhabens zu behandeln. Auf den Fall einer nachträglichen Kumulation von Vorhaben, die für sich allein nicht UVP-pflichtig oder vorprüfungspflichtig sind, die zusammen aber die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte überschreiben, findet nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (– 4 C 4/14 –, BVerwGE 152, 219, Leitsatz 1 und juris, Rn. 16) § 3b Abs. 2, 3 UVPG analog (ggf. i.V.m. § 3c Satz 5 UVPG) Anwendung. Die UVP-Pflichtigkeit des Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens richtet sich entweder nach § 3b Abs. 3 UVPG (Hineinwachsen in die UVP-Pflicht durch erstmaliges Erreichen oder Überschreiten des Größen- oder Leistungswertes eines „X-Vorhabens“ nach Spalte 1 der Anlage 1 des UVPG) oder nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG(Hineinwachsen in Prüfwerte eines „A-“ oder „S-Vorhabens“ nach Spalte 2 der Anlage 1 des UVPG; vgl. dazu Sangenstedt, § 3e, Rn. 9).

18

Vorliegend ist § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG anzuwenden. Diese Vorschriften regeln die UVP-Pflicht bei Änderung oder Erweiterung kleinerer nicht UVP-pflichtiger Vorhaben; gemeint sind Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben mit denen „X-Schwellenwerte“, die eine obligatorische UVP-Pflicht auslösen, nicht erreicht oder überschritten werden. Die Vorschrift macht die Notwendigkeit einer UVP auch in diesen Fällen vom Ergebnis einer allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 1 oder 2 UVPG abhängig. Gegenstand der Vorprüfung sind dabei die Umweltauswirkungen des geänderten oder erweiterten Vorhabens, wobei nach Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG ergänzend auch Vorbelastungen durch andere Vorhaben zu berücksichtigen sind (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3c, Rn. 41).

19

Bei einer Änderung des (lediglich vorprüfungspflichtigen) Ausgangsvorhabens in Form der Erweiterung der Windfarm um drei weitere Anlagen (vgl. zur Anwendung des maßgeblichen Fachrechts: Dienes, in: Hoppe/Bergmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3c, Rn. 9) ist Gegenstand der UVP-Vorprüfung die Anlage in ihrem geänderten Zustand. Sind nämlich in dem auch hier vorliegenden Falle einer Änderung eines bei seiner Zulassung nicht UVP-pflichtigen Vorhabens die Vorbelastungen des Grundvorhabens insgesamt noch nicht Gegenstand einer UVP gewesen, so dass bei der Vorprüfung des Änderungsvorhabens nicht auf Erkenntnisse aus einem früheren UVP-Verfahren zurückgegriffen werden kann, so ist es zur Erfüllung des Zwecks der Vorprüfung unerlässlich, dass die potentiellen Umwelteinwirkungen des Grundvorhabens, d.h. der früher ohne die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigten Anlagen in der Windfarm, einbezogen werden. Diese Vorbelastungen sind daher von der Behörde ebenso zu ermitteln wie mögliche zusätzliche oder andere Umweltauswirkungen, die erst durch das Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben selbst ausgelöst werden. Ergibt die Vorprüfung, dass solche zusätzlichen oder anderen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, hängt deren Erheblichkeit wiederum davon ab, ob ihnen bei einer umweltzentrierten, am Ziel wirksamer Umweltvorsorge orientierten Bewertung nach den Maßstäben des einschlägigen Fachrechts Genehmigungsrelevanz zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn – wie hier – die Zulassung wegen spezifischer Umweltrisiken der Änderung oder Erweiterung versagt oder mit Schutzauflagen versehen werden könnte (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3e, Rn. 30).

20

Dass bei genehmigungsbedürftigen Änderungen eines Vorhabens die Anlage in geändertem Zustand (und nicht nur die Änderung isoliert) Gegenstand des Verfahrens zu sein hat, entspricht im Übrigen allgemeinen Grundsätzen im Fachrecht (vgl. etwa zum Baugenehmigungsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2000 – 4 B 106.99 –, NVwZ 2000, 1047 und juris, Rn. 2, m.w.N.; zum Verfahren nach § 16 BImSchG: Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, § 16 BImSchG, Rn. 158, m.w.N.).

21

b) Die vom Beklagten im Genehmigungsverfahren unter dem 25. November 2016 durchgeführte allgemeine UVP-Vorprüfung des Einzelfalls genügt nicht den nach Maßgabe des § 3a Satz 4 UVPG vom Gericht zu prüfenden Anforderungen.

22

Die rechtlichen Anforderungen an eine UVP-Vorprüfung ergeben sich im Wesentlichen aus § 3c Satz 1 UVPG. Danach ist – sofern (wie hier für das vorliegende Änderungsvorhaben) eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist – eine UVP durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Gemäß § 3c Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen auch zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Nach § 3c Satz 4 UVPG ist bei der allgemeinen Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe und Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden.

23

Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion beschränkt sich die Vorprüfung in ihrer Prüfungstiefe auf eine überschlägige Vorausschau, die die eigentliche UVP nicht vorwegnehmen darf. Andererseits darf sich die Vorprüfung aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen; bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (st. Rspr.; vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 25 sowie Urteil vom 25. Juni 2014 – 9 A 1.13 –, BVerwGE 150, 92 und juris, Rn. 18, jeweils m.w.N.).

24

Nach wohl herrschender Meinung ist dabei von einer strukturellen Zweistufigkeit des behördlichen Untersuchungsprogramms auszugehen. Die Behörde hat zunächst – auf der Sachverhaltsebene – die zu erwartenden Umweltauswirkungen zu ermitteln; dabei kommt dem nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG maßgeblichen Kriterienkatalog der Anlage 2 zum UVPG eine wesentliche Hilfsfunktion für eine systematische und strukturierte Zusammenstellung und Aufbereitung des Sachverhalts nach Art einer – allerdings nicht abschließenden – „Checkliste“ zu (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG, Rn. 9 ff.; HessVGH, Beschluss vom 24. August 2016 – 9 B 974/16 – juris). In einem zweiten Schritt hat die Behörde – auf normativer Ebene – eine Bewertung der ermittelten Umweltauswirkungen anhand rechtlicher Maßstäbe vorzunehmen (vgl. Sangenstedt, a.a.O.; zur „wertenden Betrachtung“ auch BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014, a.a.O., Rn. 29). Wie die Bezugnahme von § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG auf § 12 UVPG verdeutlicht, ergeben sich die an den ermittelten Vorprüfungssachverhalt anzulegenden Bewertungsmaßstäbe aus den geltenden Gesetzen „im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge“; damit sind die fachgesetzlichen Bestimmungen angesprochen, die für die Zulassung des Vorhabens von Bedeutung sind, soweit sie Umweltbelange betreffen und auf die Verwirklichung umweltbezogener Ziele gerichtet sind (vgl. Sangenstedt, a.a.O., Rn. 25 f.).

25

Allerdings unterliegt die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Fest-stellung, dass eine UVP unterbleiben soll, gemäß § 3a Satz 4 UVPG nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle: Die behördliche Einschätzung ist im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt wurde und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfergebnisses verdeutlicht, dass der Behörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht. Es hat daher nur eine gerichtliche Plausibilitätskontrolle stattzufinden, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – 9 A 31.10 –, a.a.O., Rn. 29; zur Nichtberücksichtigung von Erkenntnissen nach dem Stichtag der UVP-Vorprüfung auch BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 2015 – 22 CS 15.686 –, UPR 2015, 39 und juris, Rn. 39).

26

Auch zur Sicherung der gerichtlichen Kontrolle der Ergebnisse der Vorprüfung ist diese nach § 3c Satz 6 UVPG sowohl hinsichtlich der Durchführung als auch hinsichtlich des Ergebnisses zu dokumentieren (zur Ratio der Norm vgl.: Dienes, in: Hoppe/Bergmann, a.a.O., § 3c Rn. 21; Sangenstedt, a.a.O., § 3c Rn. 30). Anhaltspunkte für diese Dokumentationspflicht gibt der Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalles im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten des Bund-Länder-Arbeitskreises „UVP“ (Endfassung 14. August 2003, auf der Internetseite www.bmub.bund.de verfügbar), dessen Nr. 2.5 wie folgt lautet:

„Die zuständige Behörde dokumentiert das Ergebnis der Vorprüfung des Einzelfalls in einem allgemein zugänglichen Protokoll in begründeter und inhaltlich nachvollziehbarer Weise (u.a. für ggf. erfolgende gerichtliche Kontrolle bzw. Beschwerdeverfahren bei der Europäischen Kommission). Dabei sollte auf Folgendes eingegangen werden:

- Daten und Informationsgrundlage

(Unterlagen, die der Vorprüfung zu Grunde liegen)

- Rechtsgrundlagen

(Anlass für die Vorprüfung; Zuordnung des Vorhabens zur Anlage 1 des UVPG und Zuordnung zu den entsprechenden Paragraphen, die das Erfordernis der Vorprüfung des Einzelfalls begründen.)

- Sachverhaltsdarstellung:

(a) Überschlägige Beschreibung der relevanten Merkmale des Vorhabens (Träger des Vorhabens; Art des Vorhabens; Anlass der Vorprüfung; kumulierende Vorhaben; Größe des Vorhabens)
(b) Überschlägige Beschreibung der relevanten Merkmale des Standortes
(c) Beschreibung der nachteiligen Umweltauswirkungen

(Überschlägige Beschreibung der nachteiligen Umweltauswirkungen auf Grundlage einer Beschreibung der Merkmale des Vorhabens und des Standortes

- Einschätzung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vorliegen können:

(a) Überschlägige Einschätzung für jede Umweltauswirkung, ob sie erheblich sein kann (Einschätzung der Erheblichkeit der nachteiligen Umweltauswirkungen nach § 3c Abs. 1 UVPG)
(b) Abschließende Gesamteinschätzung

(Zusammenführung der Einzeleinschätzungen zu einer Gesamteinschätzung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann oder nicht; Darlegung der Berücksichtigung der Kriterien der Anlage 2 zum UVPG und des Kriteriums des § 3c Abs. 1 Satz 4 UVPG); Entscheidung, ob eine UVP erforderlich ist oder nicht.“

27

Die Durchführung der UVP-Vorprüfung vom 25. November 2016 und ihr Ergebnis sind indessen nicht i.S.v. § 3a Satz 4 UVPG nachvollziehbar dokumentiert worden. Der Vermerk lautet:

„Im oben genannten Genehmigungsverfahren konnte auf die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verzichtet werden.

Grundlage für die Feststellung, dass keine UVP erforderlich ist, ist das Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, die der Antragsteller in Auftrag gegeben hat, sowie die weiteren Gutachten, die zur Beurteilung der Umweltauswirkungen geeignet sind.

Im vorliegenden Fall überschneiden sich die Einwirkbereiche von 19 Windenergieanlagen (incl. der 3 beantragten). Vier dieser 19 Windenergieanlagen waren Teil einer UVP. In der näheren Umgebung, in einem Umkreis von unter 3 km besteht eine Vorbelastung durch 17 Windenergieanlagen, von denen 5 Teil einer UVP waren.

Aufgrund der Größe des Vorhabens war somit eine UVP gem. Ziffer 1.6.1 der Anlage 1 nicht durchzuführen.“

28

Anschließend werden die Kriterien nach UVPG Anlage 2 abgearbeitet mit der Schlussfolgerung:

„Die vorangehenden Aussagen führen zu dem Ergebnis, dass der Standort hinsichtlich der Nutzungs-, der Qualitäts- und der Schutzkriterien mit geringen bis mäßigen Qualitätsmerkmalen ausgestattet ist. Dementsprechend sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch das Planungsvorhaben nach derzeitigem Kenntnisstand auf diese Schutzgüter nicht zu erwarten. Dementsprechend ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung in vorliegenden Fall nicht notwendig.“

29

Die vorgenannte UVP-Vorprüfung ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden.

30

aa. Schon die Dokumentation der der Vorprüfung zugrunde gelegten Erkenntnisse ist unzureichend. So ist beispielsweise nicht erkennbar, ob etwa das Schreiben der SGD Nord vom 19. Oktober 2016 bei der Bewertung der Schallemissionen oder des Schattenwurfs berücksichtigt wurde.

31

bb. Das Ergebnis beruht zudem jedenfalls im Hinblick auf das Schutzgut „Mensch“ bzw. „menschliche Gesundheit“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) auf einer unzureichenden Ermittlung der Betroffenheit dieses Schutzguts. Die sehr knapp gefasste UVP-Vorprüfung vom 25. November 2016 geht nicht ausdrücklich auf die Frage der Auswirkungen des geänderten Vorhabens insbesondere durch Lärmimmissionen auf das Schutzgut „menschliche Gesundheit“ ein. Soweit sie sich konkludent auf die im maßgeblichen Zeitpunkt der Vorprüfung vorliegende (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 8. Juni 2015, a.a.O., Rn. 33), vom Vorhabenträger mit dem Änderungsantrag eingereichte schalltechnische Untersuchung der Fa. E. vom 6. September 2016 stützt, war dies keine ausreichende Grundlage für eine hinreichende Prüfung des betroffenen Schutzguts. Denn diese Untersuchung betrachtet nur die Verschärfung der Situation durch die drei Windkraftanlagen der Beigeladenen im Hinblick auf die erwartende Zusatzbelastung (vgl. unter Nr. 1 Aufgabenstellung). Wie oben bereits ausgeführt, kommt es bei der UVP-Vorprüfung eines Vorhabens zur Ergänzung einer Windfarm auf die zutreffende Erfassung der Gesamtbelastung, d.h. hier der zu erwartenden Umweltauswirkungen der im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung bereits bestehenden und noch keiner UVP unterzogenen 12 Windkraftanlagen, an. Bei der Lärmprognose ist zudem die Vorbelastung durch weitere genehmigte (Windenergie- und sonstige) Anlagen im näheren Umfeld zu berücksichtigen. Da die Windfarm als eine immissionsschutzrechtliche Anlage anzusehen ist, ist auch die Immissionsberechnung so durchzuführen, dass sie auf die Erweiterung einer vorhandenen Windfarm, nicht auf den Hinzutritt einer neuen, davon getrennt zu sehenden Anlage ausgerichtet ist. Daten für die Belastung durch die Gesamtheit der 19 Anlagen der Windfarm sind von den Gutachtern nicht gesondert genannt worden, so dass der von dem Gutachten in den Vordergrund gestellten Beurteilung der Nr. 3.2.1 der TA Lärm eine taugliche Prognosegrundlage fehlt. Die Gutachter sind schon insoweit von einem fehlerhaften Anlagenbegriff ausgegangen, so dass die vorgelegte Prognose mangels Angabe der relevanten Daten insoweit nicht verwertbar ist.

32

Zudem ist die Kammer für das vorliegende Eilverfahren der Auffassung, dass die Nr. 3.2.1. der TA-Lärm fehlerhaft angewendet wurde. Dieser Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass eine Überschreitung von 1,4 statt um 1 dB(A) unschädlich sei. Ebenso ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, dass bei ihrer Anwendung die hier festgestellte Überschreitung irrelevant sei, vielmehr heißt es lediglich, die Genehmigung solle im Hinblick auf die Vorbelastung „nicht versagt werden, wenn dauerhaft sichergestellt ist, dass diese Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt“. Eine solche Sicherstellung ist weder dem Gutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 noch den Antragsunterlagen oder gar einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den beteiligten Anlagenbetreibern zu entnehmen. Die von den Gutachtern behaupteten Rundungsregelungen für die Werte finden sich in der TA Lärm (anders als etwa in der TA Luft) nicht, so dass die Abrundung der Überschreitung von (schädlichen) 1,4 dB(A) auf (von der Behörde nach Nr. 3.2.1 TA Lärm noch tolerierbaren) 1 dB(A) nicht zulässig ist (vgl. VG München, Urteil vom 17. April 2012 – M 1 K 11.6078 – juris Rn. 29, und Urteil vom 20. April 2015 - M 8 K 13.2272 – juris Rn. 73). Es bedarf danach keiner näheren Analyse, inwieweit bei einem noch nicht bebauten, jedoch wirksam geplanten Baugebiet („Aufm Acker“) eine schallabschirmende Wirkung angenommen werden kann.

33

Im Übrigen genügen die in diesem Gutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 vorgeschlagenen Werte, die als Modifikation des Genehmigungsantrags anzusehen sind, selbst nach Auffassung des Antragsgegners nicht den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen zum Schutz vor Lärm. Dort ist auf Seite 32 das Ergebnis in folgender Tabelle festgehalten:

34

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35

Die SGD Nord hat in ihrem Schreiben vom 19. Oktober 2016 (Eingang beim Antragsgegner am 24. Oktober 2016) folgendes gefordert:

36

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37

Danach muss der Nachtwert der Emissionen um 1,7 dB(A) verringert werden, was in der Genehmigung vom 27. Dezember 2016 auch so umgesetzt wurde. Damit konnte der Antragsgegner im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht davon ausgehen, dass hier durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen insoweit Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden (§ 3c Satz 3 UVPG), da die immissionsschutzrechtliche Fachbehörde eine weitere Verringerung rechtlich für erforderlich gehalten hat.

38

Maßstab für die – im Rahmen einer UVP-Vorprüfung überschlägig zu klärende – Frage, ob von einem Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen können (§ 3c Satz 1 UVPG), ist das jeweils einschlägige Fachrecht. Bei einem Vorhaben zur Änderung einer nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage, von der schädliche Umweltauswirkungen unter anderem durch Lärmimmissionen ausgehen können, ist dies insbesondere § 16 Abs. 1 i.V.m. §§ 4 ff. BImSchG. In Konkretisierung des Schutzgrundsatzes des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen unter anderem auch für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können, sind bei der Prüfung von Anträgen auf Änderung einer solchen Anlage für die Ermittlung und Bewertung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Geräusche die Vorschriften der Technischen Anleitung (TA) Lärm zu beachten (vgl. Nr. 1 Abs.3 Buchstabe a) Doppelbuchstabe aa) TA Lärm). Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist im Rahmen der Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche im Regelfall – vorbehaltlich besonderer Regelungen in den Absätzen 2 bis 5 – sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm nicht überschreitet. Diese setzt sich – sofern wie vorliegend im Einwirkungsbereich der Anlage neben den Geräuschen durch die zu beurteilende Anlage auch andere Anlagengeräusche auftreten – aus der Vorbelastung durch diese Anlagen und die (prognostisch zu ermittelnde) Zusatzbelastung der zu beurteilenden Anlage zusammen (vgl. Nr. 2.4 TA Lärm; zum Ganzen auch: Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Bd. IV, TA Lärm 3.1, Rn. 10).

39

Danach beruht die UVP-Vorprüfung vom 25. November 2016 auf einer unzutreffenden Ermittlung der von der Anlage ausgehenden Belastung, da diese lediglich mit den drei zur Genehmigung anstehenden Windenergieanlagen und nicht mit der gesamten Windfarm angenommen wird.

40

Im Übrigen fehlt für die Bewertung der Gesamtbelastung auch eine Einbeziehung des nördlich von Kirchberg gelegenen Industriegebiets, welches als Immissionsort, nicht aber als Ausgangspunkt von Immissionen berücksichtigt wurde.

41

Es bedarf hier keiner weiteren Klärung, ob das Gutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 etwa erst durch die rechnerische Berücksichtigung einer Bodendämpfung für die bestehenden/genehmigten und die zur Genehmigung anstehenden (232 m hohen) Windkraftanlagen zu der angenommenen knappen Einhaltung der Nachtwerte gelangt ist (vgl. dazu auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 – juris). Ebenso kann dahingestellt bleiben, dass hier die Anlagen mit einem Immissionsbeitrag von weniger als 15 dB(A) unterhalb des maßgeblichen Immissionsrichtwertes nicht berücksichtigt wurden. Ob ein solcher genereller „Abschneidewert“ sachgerecht ist und auch dann den rechtlichen Vorgaben entspricht, wenn er im Einzelfall dazu führt, dass eine Vielzahl von Anlagen bei der Ermittlung des Beurteilungspegels unberücksichtigt bleibt, obwohl diese zusammen die Gesamtbelastung um mehr als 1 dB(A) erhöhen würden oder hier für die Immissionspunkte 18 und 21 dazu führen würden, dass nicht von einem Beurteilungspegel für die Nacht von (nach Auffassung der Gutachter zulässigen) 41,4 dB(A), sondern von in jedem Fall unzulässigen 41,5 dB(A) auszugehen wäre, braucht im vorliegenden Eilverfahren nicht entscheiden zu werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Juni 2016 – 8 B 1018/15 – juris).

42

Weiterhin bedarf es keiner Entscheidung über die zutreffende Erfassung der von der Lärmimmissionsgesamtbelastung zumindest potentiell betroffenen Immissionsorte (Nr. 2.3 Abs. 1 der TA Lärm i.V.m. Anhang 1.3; vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV. TA Lärm 3.1, Nr. 2, Rn. 19).

43

bb) Hinsichtlich des Schutzgutes Mensch wäre ebenso die Wirkung des Schattenwurfes – insbesondere auch im Hinblick auf die Antragstellerin – weiter aufzuklären gewesen. Die beiden Nachbarhäuser D. 2 und D. 3 sind nach dem Gutachten A. B. vom 22. August 2016, S. 14, zweifelsfrei vom Schattenwurf so massiv betroffen, dass bezüglich dieser Immissionsorte Auflagen in die Genehmigung aufgenommen wurden. Die Zahl der astronomisch möglichen Schattentage wurde für das Haus D. 2 mit (Vorbelastung 82 + Zusatzbelastung 106) = 188 und für das Haus D. 4 mit (Vorbelastung 101 + Zusatzbelastung 107) = 206 angenommen bei einer astronomisch möglichen Gesamtbelastung von mehr als 53 bzw. mehr als 62 Stunden und die tägliche Höchstzeit mit jeweils 29 Minuten. Danach dürfte auch das Haus der Antragstellerin in einem relevanten Bereich der Belastung liegen, so dass es nicht ohne besonderen Grund bei der Erhebung der immissionsbelasteten Orte unberücksichtigt bleiben durfte. Gleiches dürfte für das durch Bebauungsplan festgesetzte allgemeine Wohngebiet „Aufm Acker“ in Metzenhausen gelten, welches – anders als im Schallgutachten der Fa. E. vom 6. September 2016 – überhaupt nicht berücksichtig wurde. Im Übrigen liegen mehrere Immissionsorte schon nach der Vorbelastung über dem zulässigen Wert (Gutachten A. B. vom 22. August 2016, S. 14f.), so dass die Annahme der Vorprüfung, „Um das zulässige Maß nicht zu überschreiten, sind Betriebseinschränkungen vorgesehen“, die Sachlage nicht trifft. Darüber hinaus sind Gesamtbelastungen bei einer Reihe von Immissionsorten zu befürchten, die über dem zulässigen Maß liegen. Eine Vielzahl von Immissionsorten werden nach dem Genehmigungsbescheid vom 27. Dezember 2016, S. 16, vor einer nicht mehr zulässigen Beschattung geschützt, die Immissionsorte SR01, SR15 und SR16 dürfen überhaupt nicht beschattet werden. Danach ist eine Erheblichkeit der Auswirkungen durch den Schattenwurf ohne Zweifel anzunehmen.

44

Eine bedrängende Wirkung für zum Teil nur etwas mehr als 600 m von den 232 m hohen Anlagen entfernt gelegene Wohnhäuser wurde in der Vorprüfung nicht in Erwägung gezogen oder gar geprüft. Hier hätte eine Einzelfallprüfung für eine optisch unzumutbare Beeinträchtigung nahegelegen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. März 2011 – 8 A 11215/10.OVG – NVwZ-RR 2011, 438; Beschluss der Kammer vom 23. Oktober 2013, – 4 L 914/13.KO –), da Wohnhäuser in einer geringeren Entfernung als der dreifachen Anlagenhöhe (696 m) betroffen sind. Es bedarf ggf. einer näheren Prüfung, ob nicht auch in weiterer Entfernung liegende Häuser in die Betrachtung einbezogen werden müssen im Hinblick auf eine mögliche kumulierende Wirkung etwa der Windenergieanlagen C und D oder anderer optisch nahe zusammenstehender Anlagen.

45

cc) Weiterhin wurde auch das Schutzgut Natur nicht ausreichend berücksichtigt. Dies würde selbst dann gelten, wenn man mit den Beigeladenen unterstellte, dass hier nur eine standortbezogene Vorprüfung vorzunehmen gewesen wäre. Diese Prüfung hätte zumindest zum Gegenstand haben müssen, ob ein besonders empfindliches Gebiet gemäß Anlage 2 Ziffer 2.3 des UVPG betroffen ist. Wie sich aus dem UVP-Vorprüfungsvermerk vom 25. November 2016 (Bl. 73) ergibt, ist einem Teil des Vorhabengebietes (Eichen-Buchen-Wald W Metzenhausen, BT-6010-0125-2009) gemäß der Beplanung vernetzter Biotopsysteme eine besondere regionale Bedeutung für den Biotopverbund zuzuordnen. Dies ist auch in dem landespflegerischen Begleitplan E. 2016 so aufgeführt, dort ist die Biotopnummer angegeben. Bei einer näheren Betrachtung der geplanten Aufstellorte der Windkraftanlagen und der hierfür notwendigen Bau- und Aufstell- sowie Betriebsflächen ist erkennbar, dass die Aufstellung der Windkraftanlage Metzenhausen D zumindest unmittelbar an dieses Gebiet heranragt, wenn nicht sogar zu einer zeitweisen Rodung eines Teils dieses Gebietes (für die Kranaufstellflächen) führen soll. Jedenfalls wird der Rotor einen Teil dieses Gebietes überstreichen, ohne dass an irgendeiner Stelle der Antragsunterlagen die Notwendigkeit eines derart nahen Heranrückens an das Gebiet bzw. einer Beeinträchtigung dieses Gebietes kenntlich gemacht wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob hier ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorliegt, da dieser Eingriff insoweit ohne Weiteres vermeidbar ist. Eine Verlegung sowohl der temporären Montageflächen aus diesem Bereich wie auch eine Verschiebung des Windrades in einer Form, dass eine Beeinträchtigung dieses Biotops nicht mehr erfolgt, scheint nach den vorliegenden Karten möglich zu sein. Es kann ebenso dahingestellt bleiben, ob in der hier beschriebenen Positionierung ein Verstoß gegen den Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Kirchberg in der Fassung der 4. Änderung vorliegt und die betroffene Windkraftanlage schon im Hinblick auf § 35 Abs. 3 BauGB am unveränderten Standort nicht genehmigungsfähig ist. Die Windenergieanlage D liegt mit Mast und Nabe zwar noch innerhalb der Sonderbaufläche 13 „Westlich von Metzenhausen“, dort jedoch schon so knapp am westlichen Rand, dass sowohl der Rotorradius als auch die dauerhaft befestigten Kranaufstellflächen sich teilweise außerhalb der Sonderbaufläche befinden. In der Begründung zur 4. Änderung des Flächennutzungsplanes heißt es bezüglich des hier betroffenen Biotops (S. 123):

Arten- und
Biotoppotential

Die Plangebietsfläche wird forstwirtschaftlich genutzt.
Im Norden der Flächen werden in der Biotopverbundplanung Laubwälder
mittlerer Standorte, Biotope aus der Biotopkartierung des Landes
(Eichen-Buchenmischwald, BT-6010-0125-2009) und ökologisch bedeutsame
Waldbereiche – Kompensationssuchräume ausgewiesen.

Im Zuge der konkreten Standortfindung für einzelne Windkraftanlagen sollten die
ökologisch hochwertigen Waldbereiche nicht zur Errichtung genutzt werden.
Auf diesem Weg kann ein Eingriff in die höherwertigen Biotope vermieden werden.
Die Errichtung innerhalb der Wirtschaftsforste stellt einen geringeren Eingriff in den
Biotoptyp Wald dar.

46

Die Betrachtung des Schutzgutes „Natur“ leidet zudem daran, dass bei der allgemeinen Vorprüfung lediglich die drei zur Genehmigung anstehenden Anlagen betrachtet wurden. Wie oben bereits dargelegt, erfordert die allgemeine Vorprüfung hier jedoch, dass sämtliche – noch nicht einer UVP unterzogene - Anlagen der Windfarm und ihre Einwirkungen auf die Natur in die Betrachtung einbezogen werden. Weder den von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen noch dem Vermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 25. November 2016 oder dem UVP-Vorprüfungsvermerk vom 25. November 2016 ist zu entnehmen, dass auch die anderen 12 noch nicht UVP-geprüften Anlagen in die Vorprüfung integriert wurden. Hierbei genügt es im Übrigen nicht, nur die in den dortigen Genehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen beizuziehen. Vielmehr ist nach § 3c Satz 4 UVPG zu berücksichtigen, inwieweit Prüfwerte für Größe und Leistung, die die Vorprüfung eröffnen, überschritten werden. Mit hier 15 noch nicht UVP-geprüften Anlagen liegt die Windfarm erheblich über dem Eingangswert für die allgemeine Vorprüfung (6 Anlagen) und näher an der zwingenden UVP-Pflicht (20 Anlagen). Nach der Systematik geht der Gesetzgeber richtlinienkonform davon aus, dass bei 20 Anlagen es keines Hinzutretens von erheblichen Umwelteinwirkungen bedarf, um die UVP-Pflicht zu eröffnen. Je näher die Windfarm an diese Zahl heranrückt, desto geringer dürfte das einzelne Gewicht der speziellen (ggf. standortbezogenen) Einwirkungen sein, um die Schwelle der UVP-Pflicht zu überschreiten.

47

Es kann danach dahingestellt bleiben, ob etwa die Betroffenheit von Fledermäusen, Kranichen, Rotmilanen und Wildkatzen ausreichend ermittelt wurde. Jedenfalls wurden auch insoweit lediglich die hier beantragten drei Windenergieanlagen separat betrachtet. Hinsichtlich der Bestimmtheit von Auflagen für den Kranichschutz wird auf das Urteil der Kammer vom 7. September 2016 – 4 K 963/15.KO hingewiesen. Der Hinweis auf S. 7 des Genehmigungsbescheides unter der Nebenbestimmung 2.2.2.2 ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, da eine Seite 147 einer der vorgelegten Unterlagen keinen Hinweis zum Kranichschutz erkennen lässt, und die vorgelegte UVS (soweit hier verstanden: Umweltverträglichkeitsstudie: = Allgemeine Vorprüfung der Fa. E. vom Oktober 2016), die ASP (Artenschutzrechtliche Prüfung) und der LBP (Landespflegerische Begleitplan) jeweils eine solche Seite nicht aufweisen.

48

c) Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung eine erforderliche, aber unterbliebene oder nicht entsprechend den rechtlichen Anforderungen durchgeführte UVP-Vorprüfung in entsprechender Anwendung von § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, mit der Folge, dass eine fehlerfreie Nachholung der Vorprüfung, die zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben keiner UVP bedarf, die Fehlerkorrektur abschließt, ohne dass das Genehmigungsverfahren neu durchgeführt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 – 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 und juris, Rn. 24 ff., m.w.N.). Eine erfolgreiche Fehlerkorrektur durch Nachholung der Vorprüfung setzt danach aber voraus, dass die Defizite der nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend durchgeführten Vorprüfung hinsichtlich der Ermittlung der zu erwartenden Umweltauswirkungen und ihrer rechtlichen Bewertung in der nachgeholten Vorprüfung ausgeräumt werden. Dies ist hier auch in der Genehmigung vom 27. Dezember 2016 nicht ausreichend erfolgt. Auch dort fehlt es an der Dokumentation der wesentlichen zugrunde gelegten Unterlagen und Erkenntnisse über die Aufzählung auf S. 4 zu den von der im Genehmigungsverfahren seitens der dortigen Antragstellerin vorgelegten Unterlagen hinaus. So ist das vorgenannte Schreiben der SGD Nord vom 19. Oktober 2016 nicht genannt, ebenso wenig der Vermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 25. November 2016, der im Bereich des Fledermausschutzes über die Vorschläge der Gutachter hinaus eine Regelabschaltung im 1. Monitoringjahr im Zeitraum „01.09.-31.10. 3h vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang“ vorsieht. Eine Begründung hierzu fehlt im Genehmigungsbescheid vom 27. Dezember 2016, damit auch eine Bewertung der Erheblichkeit der Auswirkungen.

49

Weiterhin wurden die zuvor unter b) beschriebenen Mängel des Gutachtens der Fa. E. vom 6. September 2016 und des Gutachtens A. B. vom 22. August 2016 nicht behoben. Ebenso wenig wurde das Schutzgut Natur im Hinblick auf das betroffene Biotop näher in den Blick genommen oder der dortige Mangel etwa durch eine angeordnete Verschiebung der Windenergieanlage D nach Osten oder Süden, Weg von den Grenzen des Biotops, behoben.

50

Im Übrigen durfte eine Bewertung der Umweltauswirkungen, wie sie in § 12 UVPG vorgesehen ist, von dem Antragsgegner im Rahmen der hier durchgeführten allgemeinen Vorprüfung nicht vorgenommen werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 2. April 2014 – 1 B 10249/14.OVG – BauR 2014, 1463). Die von der Behörde – z.T. über die vorgelegten Gutachten hinausgehend – vorgesehenen Nebenbestimmungen zur Kompensation der Schall- und Schattenbelastungen durften danach nicht mit den Auswirkungen in dem Vermerk vom 25. November 2015 (vgl. S. 75 der Verfahrensakte) abgewogen werden. Waren die vom Genehmigungsantragsteller vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen nach eigener Einschätzung der Genehmigungsbehörde nicht vollständig geeignet, die Umweltauswirkungen offensichtlich auszuschließen, so bleiben diese Auswirkungen beachtlich und sind zu berücksichtigen (§ 3c Satz 3 UVPG). Die Auswirkungen auf das Biotop wurden nicht gesehen und bewertet. Ist – wie hier – eine Bewertung nach § 12 UVPG erforderlich, um die Genehmigungsfähigkeit der Anlagen insbesondere im Hinblick auf Schall- und Schattenimmissionen und die Auswirkungen auf das Biotop zu beurteilen, so ist nach der vorgenannten Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz, (Beschluss vom 2. April 2014, a.a.O.) eine UVP durchzuführen.

51

3) Die nach alledem schon auf einer unzureichenden Ermittlung der Betroffenheit des Schutzguts „Mensch“ sowohl durch Lärmimmissionen als auch (selbständig tragend) durch Schattenimmissionen beruhende und deshalb im Ergebnis nicht nachvollziehbar begründete UVP-Vorprüfung führt zur Rechtswidrigkeit der Genehmigung vom 27. Dezember 2016. Gleiches gilt für die unzureichende Ermittlung der Betroffenheit des Schutzgutes „Natur“.

52

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens – wie hier – nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach dem UVPG erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflicht weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG steht dabei eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls, die – wie hier – nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b UmwRG gleich. Diese Regelung gilt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO.

53

Diese Vorschriften begründen mithin für die – auch für ein nachfolgendes Klageverfahren klagebefugte – Antragstellerin nach dem Stand des vorliegenden Eilverfahrens derzeit einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheides und verdrängen damit als Sondervorschriften die allgemeine Voraussetzung einer subjektiven Rechtsverletzung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Aus § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 UmwRG ergibt sich zudem, dass die Aufhebung der Zulassungsentscheidung auch unabhängig davon beansprucht werden kann, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat; § 46 VwVfG findet mithin ebenfalls keine Anwendung (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 21, m.w.N.). Auf die Frage, ob die angefochtene Genehmigung materielle Rechte der Antragstellerin verletzt, kommt es nach alledem nicht mehr an.

54

4. Danach kann dahingestellt bleiben, ob auch für das Anwesen der Antragstellerin drittschützende immissionsschutzrechtliche Regelungen bereits durch die erteilte Genehmigung vom 27. Dezember 2016 verletzt sind, da insoweit insbesondere die Schattenimmissionen nicht ausreichend ermittelt wurden und nicht sichergestellt ist, dass die zum Schutz der Nachbarhäuser D. 2 und 3 angeordneten Einschränkungen der Beschattung auch ihr Haus ausreichend zu schützen in der Lage sind.

55

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG wird eine Genehmigung für genehmigungsbedürftige Anlagen nur erteilt, wenn diese so errichtet und betrieben werden, dass erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden. Im Hinblick auf die Entfernung ist hier nicht auszuschließen, dass der Antragstellerin erhebliche Nachteilen und Belästigungen ausgesetzt sein wird.

56

Auf die allgemeinen Vorschläge zu Abständen zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Diese richten sich entweder an die Träger der Bauleitplanung oder es handelt sich um Festlegung von Abständen, die dem bei Planungen zu beachtenden immissionsschutzrechtlichen Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) dienen. Sie lassen keine Rückschlüsse auf die Verletzung von Individualrechten zu.

57

Die von der Antragstellerin mitgeteilten Rodungen, die laut ihrer Darstellung nach dem 1. März 2017 erfolgt seien, sind in dem vorliegenden Verfahren nicht aufzuklären, da eine Rodung nach Nr. 2.2.1.6 und 2.2.1.7 der Nebenbestimmungen zur Genehmigung und nach dem zu beachtenden Naturschutzrecht zwischen dem 1. März und dem 30. September nicht ohne zusätzliche Genehmigung zulässig sein dürfte. Die Verantwortung zur Überwachung dürfte bei der unteren Naturschutzbehörde liegen.

58

Dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO stattzugeben. Im Hinblick auf die Splittung der zunächst einheitlich erteilten Genehmigung ist es auch angemessen, die Beigeladenen zusammen nur mit der Hälfte der Kosten zu belegen und sie zwischen diesen nach Kopfteilen aufzuteilen (§ 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO).

59

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Dabei orientiert sich die Kammer an den Ziffern 1.5, 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169).

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Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 12 UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben noch im Zulassungsverfahren ist


(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht beste

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene erhielt vom Landratsamt E.-... mit zwei Bescheiden jeweils vom 7. November 2014 immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von je einer Windkraftanlage vom Typ Nordex N 117. Die eine Windkraftanlage (sog. WKA 1) soll auf den Grundstücken FlNrn. 1697 und 1698 der Gemarkung K. gebaut werden, die andere (sog. WKA 5) auf den Grundstücken FlNrn. 1702 und 1703 der Gemarkung K. Die Anlagen sollen eine maximale Nennleistung von 2400 kW, eine Nabenhöhe von 140,60 m, einen Rotordurchmesser von 116,80 m sowie eine Gesamthöhe von 199 m haben. Die Standorte liegen auf einer bewaldeten Anhöhe nördlich über dem Ortsteil D.

Immissionsschutzrechtlich seit August 2014 genehmigt ist eine weitere Windkraftanlage (sog. WKA 4). Diese Genehmigung ist bestandskräftig. Die WKA 4 liegt jeweils etwa 2 km östlich von der WKA 1 und der WKA 5 entfernt.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Wohngrundstücks FlNr. 1598 der Gemarkung K. Das Grundstück liegt am nördlichen Ortsrand der Ortschaft D. in einem Gebiet, das unstreitig eine dorfgebietstypische Nutzung aufweist. Das Wohnhaus liegt ca. 1240 m südlich der WKA 1 und ca. 880 m südlich der WKA 5. Die Wohn- und Schlafräume liegen nach Angaben der Klägerin Richtung Norden, ebenso eine Terrasse.

Die Klägerin erhob gegen die beiden Bescheide vom 7. November 2014 Anfechtungsklagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach. Die Klagen wurden abgewiesen (Urteil vom 16.9.2015).

Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht.

A. Dies gilt zunächst für die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, aber auch für die ebenfalls geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO).

1. Erforderlichkeit einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls:

Die Klägerin macht geltend, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (sie zitiert das Urteil vom 18.6.2015 - 4 C 4.14 - NVwZ 2015, 1458) sei eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls dann erforderlich, wenn durch das Hinzutreten von Anlagen maßgebliche Schwellenwerte i. S. v. § 3b Abs. 2 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG erreicht oder überschritten würden. Dies sei hier der Fall. Zu der im August 2014 genehmigten sog. WKA 4 würden nun die beiden streitgegenständlichen Anlagen hinzutreten; dadurch werde der maßgebliche Prüfwert in Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erreicht. Von einander überschneidenden Einwirkungsbereichen sei nach der Rechtsprechung des OVG NRW (sie zitiert den Beschluss vom 24.6.2015 - 8 B 315/15 -) auszugehen, weil die weiteren Prüfbereiche für kollisionsgefährdete Vogelarten bzw. Tierarten nach dem sog. Bayerischen Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 einander überschneiden würden. Vorkommen des Rotmilans und von Fledermäusen seien nachgewiesen. Der hiervon abweichende Ansatz des Verwaltungsgerichts, insofern auf das Zehnfache des Rotordurchmessers abzustellen, sei fehlerhaft. Dieser Vortrag der Klägerin rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht.

Mit ihrem vom Ansatz des Verwaltungsgerichts abweichenden Ansatz werden schon deshalb keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen, weil die von der Klägerin in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a. a. O. Rn. 25 f.), der der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist (B. v. 10.12.2015 - 22 CS 15.2247 - Rn. 35 ff.), mehr verlangt als die Möglichkeit von Umweltauswirkungsüberschneidungen. Denn § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung „auf demselben Betriebs- oder Baugelände“ und eine Verbindung „mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen“. Dies setzt einen räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug der einzelnen Anlagen aufeinander voraus. Angesichts eines Abstands der WKA 4 zu den hier streitgegenständlichen Windkraftanlagen WKA 1 und WKA 5 von 2000 m bzw. 1900 m versteht sich jedenfalls nicht von selbst, dass dergleichen im vorliegenden Fall zu bejahen ist. Entsprechende Darlegungen im Zulassungsantrag sind daher unverzichtbar. Ohne solche Darlegungen kann die Zulassung der Berufung unter diesem Gesichtspunkt nicht erreicht werden.

2. Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls:

Die Klägerin macht weiter geltend, die vom Landratsamt durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG sei fehlerhaft durchgeführt worden. Zum einen beziehe sie sich lediglich auf die beiden streitgegenständlichen Windkraftanlagen. Zum andern sei das Ergebnis, vorliegend keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, nicht nachvollziehbar i. S. v. § 3a Satz 4 UVPG. Dem kann ebenfalls nicht gefolgt werden.

Die vom Landratsamt durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls hatte alle drei in Betracht kommenden Windkraftanlagen einbezogen (vgl. Dokumentation Bl. 230 der VG-Akte AN 11 K 14.1823). Dass unter Landschaftsschutzgesichtspunkten wohl nur zwei von diesen Windkraftanlagen, nämlich die hier strittigen, schwerpunktmäßig in Betracht gezogen wurden, ist nachvollziehbar, denn nur diese zwei liegen in einem Landschaftsschutzgebiet. Die Regelungen in einer Landschaftsschutzgebietsverordnung beziehen sich nur auf die Grundstücke, die innerhalb der Grenzen des Landschaftsschutzgebiets liegen (vgl. dazu BVerwG, B. v. 8.5.2008 - 4 B 28/08 -).

Das Verwaltungsgericht hat zwar auch nach Ansicht der Klägerin zutreffend festgestellt, dass hier ein gebietsbezogenes Schutzkriterium nach Nr. 2.3.4 der Anlage 2 zum UVPG vorliege (Landschaftsschutzgebiet „Naturpark Steigerwald“). Der Auffassung der Klägerin, jede Errichtung von Anlagen in einem Landschaftsschutzgebiet, die nach der Schutzgebietsverordnung grundsätzlich unzulässig sei, bedürfe einer UVP, kann aber nicht gefolgt werden. Diese Rechtsbehauptung findet im UVPG und seiner Anlage 2 keine Stütze. Nach § 3c Satz 2 UVPG entbindet die Feststellung besonderer örtlicher Gegebenheiten nicht von der weiteren Prüfung, ob erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets ist nach dem Eingangssatz von Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG zwar unter besonderer Berücksichtigung u. a. von Landschaftsschutzgebieten zu beurteilen, in solchen Fällen aber gerade nicht zwingend zu bejahen. Den in Anlage 2 zum UVPG enthaltenen Kriterien kommt für die Beantwortung der Frage nach der Erheblichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen daher keine maßgebliche Bedeutung zu. Sie dienen als „Checkliste“ lediglich der systematischen und strukturierenden Aufbereitung des Sachverhalts, der anschließend von der Behörde einer Erheblichkeitseinschätzung zu unterziehen ist (OVG LSA, B. v. 18.5.2015 - 2 M 33/15 - NVwZ-RR 2015, 809/812).

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Einschätzung des Landratsamts, wie sie in der Dokumentation über die Durchführung und das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls zum Ausdruck komme, keinen Bedenken begegne. Die Größe des Schutzgebiets, die Randlage der strittigen Windkraftanlagen, die Vorbelastung des Bereichs durch eine Biogasanlage und durch Gewerbehallen sollen danach die Erheblichkeit der zu erwartenden Umweltauswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet entfallen lassen. Die Klägerin trägt dazu zwar vor, dass auf die Schwere, die Komplexität, die Wahrscheinlichkeit und die Reversibilität der Auswirkungen hätte eingegangen werden müssen, was nicht geschehen sei. Eine hinreichend konkrete Darlegung der Erheblichkeit der zu erwartenden Umweltauswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet liegt darin aber nicht, weil auf die konkrete Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht eingegangen wird. Die gerichtliche Nachprüfung erstreckt sich zwar auf die Kontrolle, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, U. v. 17.12.2013 - 4 A 1/13 - NVwZ 2014, 669 Rn. 32). Erheblichkeit liegt nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG a. a. O. Rn. 37), sondern schon dann, wenn im Zeitpunkt der Vorprüfung ein Einfluss auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG a. a. O. Rn. 38). Weil ein derartiger Einfluss strenggenommen fast nie ausgeschlossen werden kann, dies aber zu einer Verfehlung der verfahrenslenkenden Funktion der Vorprüfung des Einzelfalls führen würde, ist eine Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter den Aspekten des Ausmaßes, der Schwere und der Komplexität möglicher Auswirkungen nötig (Anlage 2 Nr. 3 zum UVPG, vgl. auch BVerwG, U. v. 25.6.2014 - 9 A 1/13 - NVwZ 2015, 85 Rn. 22). Wenn das Verwaltungsgericht meint, diesen Einfluss im Hinblick auf die Größe des Schutzgebiets, die Randlage der strittigen Windkraftanlagen und die Vorbelastung des Bereichs durch eine Biogasanlage und Gewerbehallen ausschließen zu können, dann muss die Klägerin darlegen, was hieran gemessen an dem materiellen Landschaftsschutzrecht falsch sein könnte. Daran fehlt es hier.

Das Verwaltungsgericht hat weiter die Auffassung vertreten, da hier keine erheblichen Umweltauswirkungen auf eines der in Anlage 2 Nr. 2.3 zum UVPG genannten Schutzgebiete möglich erscheine, stelle sich die Frage der Betroffenheit konkreter Vogelarten nicht. Die Klägerin macht dazu geltend, das Landratsamt habe die Entscheidung, welche Unterlagen bei der Vorprüfung des Einzelfalls zugrunde zu legen seien, offensichtlich rechtsfehlerhaft vorgenommen. Eine bewusste Entscheidung, welche Unterlagen herangezogen werden sollten, sei nicht aktenkundig. Abgesehen davon müsse das Landratsamt bei der Entscheidung alle relevanten Erkenntnisse zugrunde legen und dürfe nicht gerade die Informationen, die eine weitergehende Prüfung begründen könnten, bereits von vornherein aus der Entscheidungsfindung ausklammern. Danach hätte das Landratsamt jedenfalls die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung bei der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls einbeziehen müssen, was offensichtlich nicht geschehen sei. Danach hätte das Landratsamt erkennen müssen, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die Tierarten Fledermaus und Rotmilan zu erwarten seien. Dieser Vortrag geht an der Grundaussage des Verwaltungsgerichts vorbei, dass sich bei einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls die Frage der Betroffenheit konkreter Vogelarten so lange nicht stelle, als erhebliche Umweltauswirkungen auf eines der in Anlage 2 Nr. 2.3 genannten Schutzgebiete nicht als möglich erschienen. Legt man diese von der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellte Rechtsauffassung zugrunde, sind die Ausführungen der Klägerin nicht entscheidungserheblich.

3. Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG:

Soweit sich die Klägerin unmittelbar auf das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bezieht, hat sie lediglich deutlich gemacht, dass es sich hier um ein europa- und sogar weltweites öffentliches Interesse handle, nicht aber, weshalb diese Verbotsnorm auch den Interessen eines von der Allgemeinheit abgegrenzten Kreises von Privatpersonen zu dienen bestimmt sein könnte, so dass hinreichende Darlegungen zum drittschützenden Charakter dieser Rechtsnorm fehlen.

4. Unzureichender Lärmschutz:

Die Klägerin macht geltend, die Gesamtbelastung der Klägerin durch Lärm sei fehlerhaft ermittelt worden. Die Vorbelastungen seien nicht ermittelt worden. Der von der Klägerin vorgelegte Messbericht eines privaten Sachverständigen bestätige bezüglich der Vorbelastung einen Beurteilungspegel für die lauteste Nachtstunde von mindestens 45,5 dB(A). Weitere Lärmimmissionen dürften nicht mehr hinzutreten, so dass die Genehmigung der strittigen Windkraftanlagen gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verstoße.

Das Verwaltungsgericht hat den vorgelegten Messbericht für unbrauchbar gehalten aus Gründen, die die Beigeladene in einem Schriftsatz vom 21. Juli 2015 (Bl. 185 der VG-Akte AN 11 K 14.1823) vorgetragen hat, auf den das Verwaltungsgericht ausdrücklich Bezug genommen hat. Danach hat der von der Klägerin eingeschaltete private Sachverständige entgegen Nr. A.1.3 Buchst. a des Anhangs zur TA Lärm eine Innenraummessung vorgenommen, die für die Frage des Umfangs der Vorbelastung nicht aussagekräftig ist. Außerdem hat der Sachverständige entgegen Nr. 2.4 Abs. 1 der TA Lärm in die Vorbelastung nicht nur die Anlagen einbezogen, für die die TA Lärm gilt, sondern auch die Anwohnerin selbst oder deren Besucher, deren Anliegerverkehr sowie land- oder forstwirtschaftliche Fahrzeuge. Der Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen fällt wegen seiner Privilegierung nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c der TA Lärm aber nicht in deren Anwendungsbereich (vgl. dazu auch BayVGH, B. v. 4.3.2015 - 22 CS 15.33 und 34 - Rn. 17). Die Klägerin hat sich mit dieser Argumentation nicht auseinandergesetzt. Abgesehen davon hat sie auch nicht substantiiert in Frage gestellt, dass die Zusatzbelastung durch die beiden strittigen Windkraftanlagen den für die Nachtzeit maßgeblichen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) um mehr als 6 dB(A) unterschreitet, so dass es auf eine Überschreitung des Immissionsrichtwerts aufgrund der Vorbelastung gar nicht mehr ankommt (vgl. Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm).

5. Optisch bedrängende Wirkung:

Die Klägerin macht eine gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB) verstoßende optisch bedrängende Wirkung geltend für ihren 2000 m² großen, nordöstlich bis südlich ausgerichteten Garten und den Wintergarten ihres Anwesens, vor allem in der unbelaubten Jahreszeit, nicht zuletzt auch durch nächtliche Blinkfeuer.

Das Verwaltungsgericht hat insofern bei einer Entfernung der nächstgelegenen, knapp 200 m hohen WKA 5 von 880 m keine Indikation für eine optisch bedrängende Wirkung angenommen, zumal die Sichtbarkeit vom Wohnhaus der Klägerin aus ohnehin sehr einschränkt sei.

Diese auf eine sog. Ortsinformation vom 28. Juli 2015 gestützte richterliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vermochte die Klägerin nicht durchgreifend in Frage zu stellen (vgl. zu den rechtlichen Grenzen richterlicher Überzeugungsbildung BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 16.103 und 104 - Rn. 11). Die bloße Erkennbarkeit vom Wintergarten aus ist optisch bedrängender Wirkung nicht gleichzusetzen. Dass die Nutzung eines Gartens mit 2.000 m² Fläche und nord-östlich bis südlicher Ausrichtung allein dadurch unzumutbar beeinträchtigt wird, dass allein bei Blickrichtung Richtung Norden die strittigen Windkraftanlagen direkt, massiv und erhöht zu sehen sein sollen, ist nicht nachvollziehbar. Daran ändern auch die von der Klägerin befürchteten Belästigungen durch Blinkfeuer nichts; dass diese die Erheblichkeitsschwelle und damit die Zumutbarkeitsschwelle überschreiten könnten, hat die Klägerin lediglich behauptet, nicht aber nachvollziehbar belegt. Blinkfeuer können vor allem während der Nacht wahrgenommen werden, während Gärten üblicherweise während der Tagzeit genutzt werden. Im Wohnhaus der Klägerin hingegen kann es ohnehin nicht zu einer optisch bedrängenden Wirkung kommen, vor allem im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht festgestellte nur sehr eingeschränkte Sichtbarkeit vom Wohnhaus und damit auch von den Wohn- und Schlafräumen der Klägerin aus.

6. Kumulatives Zusammenwirken einzelner Immissionen:

Die Klägerin macht geltend, dass das zeitgleiche Zusammenwirken von periodischem Schattenwurf und periodischem Lärm besonders gravierende Effekte haben könne. Hinzu kämen Blinkfeuer und Beeinträchtigungen durch rote Markierungen an den Rotorblättern.

Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass das Anwesen der Klägerin nicht in relevanter Weise durch Schattenwurf tangiert werde, was angesichts der Lage im Süden der strittigen Windkraftanlagen naheliegt. Die Klägerin bestreitet dies zwar, führt dies aber nicht näher aus. Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und nach dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum davon auszugehen, dass sich das Erfordernis, die Gesamtbelastung eines Schutzguts durch Immissionen zu berücksichtigen, grundsätzlich auf die einzelnen Immissionsarten beschränkt (vgl. BayVGH, B. v. 13.10.2015 - 22 ZB 15.1186 - Rn. 69 m. w. N.). Dass aufgrund der Schutzpflicht, die der öffentlichen Gewalt in Bezug auf die Grundrechte obliegt, hier etwas anderes gelten könnte, lässt sich den Darlegungen der Klägerin nicht entnehmen.

B. Was die von der Klägerin für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) angeht, in welchem Umkreis von der Überschneidung von Wirkungsbereichen von Windkraftanlagen auszugehen ist, hat die Klägerin deren Entscheidungserheblichkeit und Klärungsfähigkeit im vorliegenden Fall nicht dargelegt. Wie oben unter A.1 ausgeführt, verlangt die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mehr als Wirkungsbereichsüberschneidungen, nämlich auch einen räumlich-betrieblichen Zusammenhang bzw. einen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug. Dass dergleichen hier trotz des großen Abstands der WKA 4 zu den hier streitgegenständlichen Anlagen WKA 1 und WKA 5 gegeben sein könnte, versteht sich nicht von selbst und ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Damit ist auch nicht erkennbar, inwieweit es hier auf Wirkungsbereichsüberschneidungen ankommen sollte.

C. Was die von der Klägerin geltend gemachte Abweichung des Verwaltungsgerichts von dem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz angeht, dass es einer Prüfung nach den Vorgaben des UVPG dann bedürfe, wenn durch Hinzutreten von Anlagen maßgebliche Schwellenwerte i. S. v. § 3b Abs. 2 Sätze 2 und 3 i. V. m. § 3c Satz 5 UVPG erreicht oder überschritten würden, so ist diese Abweichung (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) nicht i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat diesen Rechtssatz nicht in Frage gestellt, sondern lediglich ein „Hinzutreten“ von Anlagen verneint.

D. Was die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) angeht, so ist zunächst auszuführen, dass es keinen Verfahrensfehler darstellt, wenn im die Klägerin betreffenden Urteil auf Sachvortrag anderer, den selben Verwaltungsakt bekämpfender Kläger eingegangen wird.

Dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Klägerin, zum Beweis unzumutbarer Lärmbelästigungen ein Sachverständigengutachten einzuholen, verfahrensfehlerhaft abgelehnt worden ist, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Warum sich das Verwaltungsgericht nicht auf die von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten und die vom Umweltingenieur des Landratsamts gefertigten Stellungnahmen (zuletzt vom 9.7.2015, Bl. 180 der VG-Akte AN 11 K 14.1823) stützen durfte, legt die Klägerin nicht konkret dar. Pauschale Bezugnahmen auf erstinstanzliches Vorbringen genügen insofern nicht. Auch ein Aufklärungsmangel (§ 86 Abs. 1 VwGO) kann so nicht dargelegt werden.

Dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Klägerin, zum Beweis unzumutbarer Beeinträchtigungen durch das Zusammenwirken von Immissionen ein Sachverständigengutachten einzuholen, verfahrensfehlerhaft abgelehnt worden ist, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin ebenfalls nicht. Nach den eigenen Darlegungen der Klägerin hat das Verwaltungsgericht diese Fragestellung für materiell-rechtlich unerheblich gehalten. Auf der Grundlage dieser materiell-rechtlichen Auffassung kann die Ablehnung des Beweisantrags nicht verfahrensfehlerhaft sein. Aus dem gleichen Grund kann auch kein Aufklärungsmangel i. S. v. § 86 Abs. 1 VwGO vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 24.10.1984 - 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216, 220 f.).

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 VwGO.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für einen Schweinemaststall.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Wohngrundstücks A. 6 in S., die Beigeladene ist Eigentümerin des Flurstücks 27/1 der Flur 2 in der Gemarkung H. Beide Grundstücke liegen im Außenbereich der Gemeinde S.. Mit Bescheid vom 24. Juli 2009 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die Genehmigung zur Errichtung eines Schweinemaststalls mit 1 480 Tierplätzen auf ihrem Grundstück und mit Bescheid vom 6. Januar 2010 die Genehmigung zur Errichtung eines dazu gehörigen Güllebehälters. Die Entfernung zwischen dem Wohnhaus der Kläger und dem südwestlich gelegenen Schweinemaststall beträgt ca. 430 m. In einer Entfernung von ca. 490 m westlich vom Wohnhaus der Kläger befindet sich die Hofstelle A. 5 der Beigeladenen mit Schweinehaltung, insbesondere einer Ferkelaufzucht. Das Vorhaben A. 5 und der Schweinemaststall liegen, durch den A., eine Kreisstraße, getrennt, etwa 140 m auseinander. Ca. 730 m vom Wohnhaus der Kläger entfernt, etwa 220 m westlich des Schweinemaststalls und ca. 230 m südwestlich des Ferkelstalls (A. 5) ist die Hofstelle A. 4 des Ehemanns der Beigeladenen angesiedelt. Dort werden Rinder gehalten und Ferkel erzeugt.

3

Die gegen beide Baugenehmigungen erhobene, erstinstanzlich erfolgreiche Klage hat das Oberverwaltungsgericht im Berufungsrechtszug abgewiesen. Die Baugenehmigung für den Schweinemaststall sei formell rechtmäßig. Der Stall unterliege weder für sich allein noch - mangels engen räumlichen Zusammenhangs - als Erweiterungs- bzw. nachträglich kumulierendes Vorhaben mit den Hofstellen A. 4 und/oder 5 einer Pflicht zur Vorprüfung auf seine Umweltverträglichkeit. Die Kläger hätten daher keinen Anspruch nach § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG auf Aufhebung der Genehmigung. Einen Aufhebungsanspruch hätten sie ferner nicht wegen einer unterlassenen FFH-Verträglichkeitsprüfung. Sowohl nach Unionsrecht als auch nach innerstaatlichem Recht könnten Individualkläger eine Verletzung von FFH-Recht nicht rügen. Die Baugenehmigungen seien auch materiell rechtmäßig. Sie stünden mit der insoweit allein einschlägigen Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und dem darin verankerten, nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme im Einklang.

4

Die Kläger haben gegen das Berufungsurteil die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, soweit das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage gegen die Baugenehmigung für den Schweinemaststall abgewiesen hat. Sie erstreben insoweit die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5

Der Beklagte und die Beigeladene verteidigen das Berufungsurteil.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Kläger ist begründet. Das Berufungsurteil verstößt im angefochtenen Umfang gegen Bundesrecht. Da die notwendigen tatrichterlichen Feststellungen fehlen, um den Rechtsstreit in der Revisionsinstanz abschließend entscheiden zu können, ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

8

1. Der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Schweinemaststall unterliege keiner Pflicht zur Vorprüfung seiner Umweltverträglichkeit, liegt ein fehlerhaftes Verständnis des Bundesrechts zugrunde. Dies können die Kläger rügen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 8. April 2013 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 - UmwRG).

9

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die vorinstanzliche Auffassung, dass der Schweinemaststall allein keiner Vorprüfung zu unterziehen ist. Gemäß § 3c Satz 1 und 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94 mit späteren Änderungen) - UVPG - i.V.m. Nr. 7.7.2 und 7.7.3 der Anlage 1 besteht eine Pflicht zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Mastschweinen (Schweine von 30 kg Lebendgewicht oder mehr) mit 2 000 bis weniger als 3 000 Plätzen und eine Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung bei einem Betrieb von 1 500 bis weniger als 2 000 Plätzen. Mit 1 480 Plätzen liegt der Schweinemaststall unterhalb dieser Schwellenwerte.

10

Gegen die Freistellung von Schweinemastställen mit weniger als 1 500 Plätzen von der Vorprüfungspflicht ist unionsrechtlich nichts zu erinnern. Nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1) - UVP-RL - bestimmen die Mitgliedstaaten bei Projekten des Anhangs II - und damit u.a. bei Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Schweinen mit bis zu 3 000 Plätzen für Mastschweine (Schweine über 30 kg) - anhand einer Einzelfalluntersuchung oder der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerten bzw. Kriterien, ob das Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss. Die Vorschrift zwingt nicht dazu, unabhängig von Bestimmungen, Kriterien und Schwellenwerten bei jedem Projekt gemäß Art. 2 Abs. 1 UVP-RL konkret zu prüfen, ob bei ihm aufgrund seiner Art, seiner Größe oder seines Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Eine entsprechende Auslegung würde der Vorschrift jede Bedeutung nehmen, weil ein Mitgliedstaat kein Interesse an der Festlegung von Bestimmungen, Schwellenwerten und Kriterien hätte, wenn jedes Projekt unabhängig davon dennoch einer individuellen Prüfung im Hinblick auf die in Art. 2 Abs. 1 UVP-RL genannten Kriterien unterzogen werden müsste (EuGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - C-72/95 [ECLI:EU:C:1996:404] - Rn. 49 zur Richtlinie 85/337/EWG). Art. 4 Abs. 2 UVP-RL erlaubt es stattdessen, alle Arten von Projekten von der Pflicht zur Untersuchung ihrer Auswirkungen auszunehmen, bei denen aufgrund einer pauschalen Beurteilung davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (EuGH, Urteil vom 21. März 2013 - C-244/12 [ECLI:EU:C:2013:203] - Rn. 31).

11

Für die Festsetzung der Schwellenwerte hat der Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative. Der Senat hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber mit der Freistellung von Schweinemastställen mit weniger als 1 500 Plätzen von der Vorprüfungspflicht seinen Spielraum überschritten hätte. Art. 4 Abs. 1 UVP-RL i.V.m. Anhang I Nr. 17b) fordert eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Anlagen zur Intensivhaltung oder -aufzucht von Schweinen mit mehr als 3 000 Plätzen für Mastschweine. Vor diesem Schwellenwert erscheint es nicht sachwidrig, Schweinemastställe von der Vorprüfungspflicht zu befreien, die allenfalls halb so groß sind wie die nach Unionsrecht zwingend UVP-pflichtigen Ställe. Dies wird nicht durch die Behauptung der Kläger in Zweifel gezogen, dass Masthähnchenanlagen mit mehr als 85 000 Tierplätzen, die Art. 4 Abs. 1 UVP-RL i.V.m. Anhang I Nr. 17a) der UVP-Pflicht unterwirft, weniger Ammoniak und Gerüche emittierten als ein Schweinemaststall mit 1 499 Tierplätzen. Der nationale Gesetzgeber ist nicht zu einer Gleichbehandlung von Anlagen verpflichtet, die der Unionsgesetzgeber selbst nicht für geboten hält. Außerdem führt der Vergleich einzelner Schwellenwerte nicht weiter, weil es Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung ist, die Auswirkungen auf die Umwelt umfassend zu ermitteln.

12

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Schweinemaststall unterliege auch deshalb keiner Vorprüfungspflicht, weil seine Tierplatzzahlen nicht mit den Tierplatzzahlen einer benachbarten Hofstelle zusammenzuzählen seien, ist dagegen nicht mit Bundesrecht vereinbar.

13

aa) Die Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach § 3c Satz 1 oder 2 UVPG wegen der Notwendigkeit einer Addition von Tierplatzzahlen ergibt sich vorliegend allerdings nicht unmittelbar aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Gemäß § 3c Satz 5 UVPG gilt für das erstmalige Erreichen oder Überschreiten und jede weitere Überschreitung der Prüfwerte § 3b Abs. 2 Satz 1 und 2 und Abs. 3 UVPG entsprechend.

14

(1) Nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Vorprüfung, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben), zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder überschreiten. Den vorliegenden Fall einer nachträglichen Kumulation, also eines Hinzutretens eines Vorhabens zu einem bereits vorhandenen Vorhaben, erfasst § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG nicht.

15

(2) Nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG ist für die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden, bisher nicht vorprüfungspflichtigen Vorhabens eine Vorprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht vorprüfungspflichtigen Vorhabens durchzuführen, wenn der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung erstmals erreicht oder überschritten wird. Die Frage, ob ein bestehendes Vorhaben geändert oder erweitert wird, beurteilt sich nicht nach der Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG, sondern nach dem materiellen Recht (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - juris Rn. 23). Weder nach den Vorschriften des Baurechts noch nach den Bestimmungen des Immissionsschutzrechts ändert oder erweitert der umstrittene Schweinemaststall ein vorhandenes Vorhaben. Baurecht ist nicht einschlägig, weil mit der Errichtung des Stalls keine bestehende bauliche Anlage umgestaltet worden ist, und immissionsschutzrechtlich wird kein Vorhaben geändert oder erweitert, weil der Stall und die benachbarten Ställe nicht, wie nach § 1 Abs. 1 Satz 4 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV erforderlich, von demselben Betreiber geführt werden.

16

bb) Der Fall der nachträglichen Kumulation von Vorhaben hat im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Regelung erfahren. Die Gesetzeslücke ist durch eine Gesamtanalogie zu § 3b Abs. 2 und 3 UVPG zu schließen.

17

Die Gesetzeslücke ist planwidrig. Dem Gesetzgeber ging es darum, mit § 3b UVPG die Vorgaben des Unionsrechts und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vollständig umzusetzen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 674/00 S. 88, Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 14/5204 S. 7). Dies hat der Vertreter des Bundesinteresses in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekräftigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist nationalrechtlich sicherzustellen, dass der Regelungszweck des Art. 2 Abs. 1 UVP-RL - die Gewährleistung der Prüfung von Projekten mit voraussichtlich erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt auf ihre Verträglichkeit - nicht durch eine Aufsplitterung von Projekten umgangen wird (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - C-392/96 [ECLI:EU:C:1999:431] - Rn. 76 und vom 25. Juli 2008 - C-142/07 [ECLI:EU:C:2008:445] - Rn. 44). Wie sich aus dem Urteil vom 21. September 1999 - C-392/96 - a.a.O. Rn. 78) ergibt, will der Europäische Gerichtshof auch die zeitlich versetzte Verwirklichung von Teilprojekten vom innerstaatlichen Recht erfasst wissen. Hätte der Gesetzgeber erkannt, dass er dieser Rechtsprechung nicht Rechnung getragen hat, hätte er § 3b Abs. 2 oder Abs. 3 UVPG um die fehlende Regelung ergänzt.

18

Aus § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG und dem dort genannten Tatbestandsmerkmal der Gleichzeitigkeit der Verwirklichung mehrerer Vorhaben derselben Art ergibt sich kein Analogieverbot. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung war das Erfordernis einer gleichzeitigen Verwirklichung von Vorhaben nicht enthalten (BR-Drs. 674/00). Es kam erst im Laufe der Beratungen hinzu (Beschlussempfehlung und Bericht des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BT-Drs. 14/5750 S. 127). Die Ergänzung des Gesetzeswortlauts hatte nicht zum Ziel, die Fälle nachträglicher Kumulation aus dem Geltungsbereich des § 3b UVPG herauszunehmen, sondern den Zweck der Klarstellung und Abgrenzung zu dem in § 3b Abs. 3 UVPG geregelten Tatbestand der Erweiterung, um in den Fällen des § 3b Abs. 3 Satz 3 bis 5 UVPG, also bei fehlender oder eingeschränkter Anrechenbarkeit bestehender Vorhaben, einen Rückgriff auf Absatz 2 auszuschließen (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 15. Januar 2015, § 3b UVPG Rn. 4; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3b Rn. 10).

19

cc) Der Senat kann sich auf die Prüfung beschränken, ob die Tierplatzzahlen des Ferkelstalls A. 5 und des Schweinemaststalls mit der Folge eines "Hineinwachsens" des Schweinemaststalls in die Vorprüfungspflicht zu addieren sind. Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen der Kläger dahingehend gewürdigt, dass sie eine Kumulation des Schweinemaststalls mit der Hofstelle A. 4 selbst nicht behaupten wollen (UA Rn. 53). Die Kläger haben dies im Revisionsverfahren nicht beanstandet.

20

Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts ist es nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem Ferkelstall A. 5 und dem Schweinemaststall um kumulierende Vorhaben handelt und der Schweinemaststall daher einer Pflicht zur Vorprüfung auf seine Umweltverträglichkeit unterliegt.

21

(1) Die Ställe sind Vorhaben derselben Art, die zusammen jedenfalls den maßgeblichen Wert für eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls erreichen. Unter der Voraussetzung, dass es sich bei der Hofstelle A. 5 allein um eine Anlage zur getrennten Intensivaufzucht von Ferkeln (Ferkel von 10 bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) handelt, ergibt sich dies aus Nr. 7.11.3 der Anlage 1 zum UVPG. Die danach maßgeblichen Werte von 700 zu 4 500 Tierplätzen für den Ferkelstall und 1 480 zu 1 500 Tierplätzen für den Schweinemaststall ergeben in der Addition den vom-Hundert-Wert 114,23 und überschreiten damit den maßgeblichen Wert 100.

22

(2) Zwischen den Vorhaben besteht der analog § 3b Abs. 2 Satz 1 UVPG erforderliche enge Zusammenhang. Nach der Legaldefinition des § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG ist ein enger Zusammenhang gegeben, wenn die Vorhaben auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind.

23

Das Oberverwaltungsgericht hat einen engen Zusammenhang zwischen der Hofstelle A. 5 und dem Schweinemaststall verneint: Was unter der Konkretisierung "auf demselben Betriebsgelände" zu verstehen sei, bedürfe einer Gesamtbeurteilung nach der Verkehrsanschauung durch eine objektive Betrachtung der örtlichen Gegebenheiten. Ausschlaggebend bleibe dabei der enge räumliche Zusammenhang (UA Rn. 54). An einem solchen fehle es hier. Nach dem äußeren Erscheinungsbild seien die Vorhaben voneinander getrennt, weil zwischen ihnen der A. verlaufe und wegen des vorhandenen üppigen Bewuchses, eines Knicks mit hohem Baum- und Strauchwerk am Schweinemaststall und hoher Bäume beidseitig des Zufahrtsweges zu dem Ferkelstall, eine Durchsicht von der einen zur anderen Stallung selbst im Winter kaum möglich sei (UA Rn. 59).

24

Dieses Verständnis vom Begriff des engen Zusammenhangs steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Zwar hat der Begriff eine räumliche Komponente, weil die Vorhaben auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen müssen. Maßgeblich sind aber nicht optisch wahrnehmbare Umstände, die dafür oder dagegen sprechen, dass die Vorhaben einen wenigstens in Ansätzen erkennbaren Bebauungszusammenhang bilden. Der räumliche Zusammenhang ist nach dem Sinn und Zweck der Kumulationsregelung, Vorhaben mit einem gemeinsamen Einwirkungsbereich zu erfassen (BR-Drs. 674/00 S. 89), vielmehr danach zu bestimmen, ob damit zu rechnen ist, dass sich die Umweltauswirkungen überlagern. Das ist zwar umso weniger der Fall, je weiter die Vorhaben voneinander Abstand halten, hängt aber nicht von den optisch wahrnehmbaren Kriterien ab, die das Oberverwaltungsgericht für entscheidend hält.

25

Allein dass es zu Wirkungsüberschneidungen kommen wird - wovon vorliegend angesichts der geringen Entfernung zwischen der Stallung A. 5 und dem Schweinemaststall ausgegangen werden kann -, reicht entgegen der Ansicht der Kläger aber für die Anwendbarkeit der Kumulationsregelung nicht aus. Vorhaben, die beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden, unterliegen nicht schon wegen ihrer sich überlagernden Umweltauswirkungen der Vorprüfungspflicht. § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UVPG verlangt eine Ausführung auf demselben Betriebs- oder Baugelände und eine Verbindung mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen. Zu Unrecht sehen die Kläger darin einen Verstoß gegen Unionsrecht. Nach Art. 4 Abs. 3 UVP-RL sind bei der Festlegung von Schwellenwerten die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen. Zu den Auswahlkriterien gehört nach dessen Nummer 1 Buchstabe b Kumulierung mit anderen Projekten. Die Pflicht zur Berücksichtigung bedeutet die Verpflichtung, diesen Punkt als Abwägungsposten in Rechnung zu stellen. Er darf mithin nicht ausgeblendet werden, kann jedoch auch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen und ist einer Relativierung - auch im Hinblick auf den Projektbezug der Richtlinie - zugänglich. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 25. Juli 2008 - C 142/07 - und vom 21. März 2013 - C-244/12 [ECLI:EU:C:2013:203] - NVwZ 2013, 707) kollidiert damit nicht.

26

Die tatrichterlichen Feststellungen reichen für den Befund aus, dass das Vorhaben A. 5 und der Schweinemaststall auf demselben Betriebsgelände liegen. Zwischen beiden Vorhaben besteht ein räumlich-betrieblicher Zusammenhang. Die Vorhaben sind funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen, weil der Stall A. 5 der Aufzucht von Ferkeln dient, die später in den Maststall umgesetzt werden (UA Rn. 58). Gemeinsame betriebliche Einrichtung ist eine Trinkwasserleitung, die an einen Eigenbrunnen auf dem Gelände der Hofstelle A. 4 angeschlossen ist und über die sowohl das Vorhaben A. 5 als auch das umstrittene Vorhaben versorgt werden (Protokoll der berufungsgerichtlichen Ortsbesichtigung am 27. Februar 2013).

27

(3) Die Tierplatzzahlen im Stall A. 5 sind allerdings nur insoweit der Zahl der Plätze im Schweinemaststall hinzuzurechnen, als sie über den Bestand hinausgehen, der nach § 3b Abs. 3 Satz 3 UVPG unbeachtlich bleibt. Nach dieser Vorschrift bleibt der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte unberücksichtigt. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen zu den erreichten Beständen an den maßgeblichen Stichtagen, dem 5. Juli 1988 und dem 14. März 1999. Zur Nachholung der notwendigen Ermittlungen ist die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

28

2. Der Frage, ob die Baugenehmigung mit FFH-Recht im Einklang steht und die Kläger einen eventuellen Rechtsverstoß geltend machen können, braucht der Senat nicht nachzugehen. Das Berufungsurteil enthält keine Feststellungen, die dem Senat eine Entscheidung zur Vereinbarkeit der Baugenehmigung mit FFH-Recht ermöglichen. Mehr als die - ohnehin gebotene - Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht könnte der Senat deshalb nicht aussprechen.

29

3. Die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung hat das Oberverwaltungsgericht an § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB gemessen. Einen Verstoß gegen die Vorschrift hat es verneint, weil das Wohngrundstück der Kläger schädlichen Umwelteinwirkungen nicht ausgesetzt werde. Seinem rechtlichen Ansatz, für die Bewertung der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen sei die Geruchsimmissionsrichtlinie des Landes Schleswig-Holstein - GIRL - als Orientierungshilfe heranzuziehen (UA Rn. 71), treten die Kläger nicht entgegen. Sie beschränken sich auf Verfahrensrügen. Ob sie durchgreifen, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil sie im Erfolgsfall nur zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht führten.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

Tenor

I. Die Verfahren 22 CS 15.686, 22 CS 15.687, 22 CS 15.688, 22 CS 15.689, 22 CS 15.690, 22 CS 15.691 und 22 CS 15.952 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. März 2015 (Az. W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, -.155) und der Beschluss vom 15. April 2015 (Az. W 4 S 15.286) werden geändert.

Die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen werden abgelehnt.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten beider Beigeladenen tragen jeweils als Gesamtschuldner die Antragsteller zu 1 und 2 zu 1/4, die Antragsteller zu 5 und 6 zu 1/4, die Antragsteller zu 3 und 4 zu 1/2.

IV. Unter Änderung von Nr. III der angefochtenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert in den erstinstanzlichen Verfahren W 4 S 15.155, -.156, -.158, -.159, -.160, und -.161 auf jeweils 3.750 €, im Verfahren W 4 S 15.286 auf 7.500 € und für die verbundenen Verfahren im Beschwerdeverfahren auf insgesamt 30.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragsteller wenden sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für Windkraftanlagen. Als „Bürgerwindpark S... Wald" wurden insgesamt zehn Windkraftanlagen genehmigt, von denen sieben Anlagen Gegenstand verschiedener Verfahren beim Verwaltungsgericht waren wie folgt (die angegebene Entfernung bezieht sich jeweils auf die Koordinaten der - im vorläufigen Rechtsschutzantrag und im dementsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts genannten - „bekämpften“ Windkraftanlage und des Wohnhausmittelpunkts):

AZ des VGH AZ des VG Lfd. Nr. der Ast. im Rubrum Grundst. der Ast., FlNr. in Gemark. K..., Adresse, Entfern. WKA-Nr., FlNr. des Baugrundst., Gemark.
22 CS 15.686 W 4 S 15.161 1) und 2) FlNr. 122/6 B...: zu WKA 10: 2.176 m zu WKA 9: 2.165 m. Nr. 10 (FlNr. 1459, K...)
22 CS 15.690 W 4 S 15.160 1) und 2) Nr. 9 (FlNr. 4273, H...)
22 CS 15.687 W 4 S 15.159 3) und 4) FlNr. 226/1; A... (Wohnadr.); R...: zu WKA 8: 1.495 m zu WKA 7: 1.434 m zu WKA 4: 1.619 m; FlNr. 226; A...: zu WKA 8: 1.472 m zu WKA 7: 1.416 m zu WKA 4: 1.623 m. Nr. 8 (FlNr. 4272, H...)
22 CS 15.689 W 4 S 15.158 3) und 4) Nr. 7 (FlNr. 1473, K...)
22 CS 15.952 W 4 S 15.286 3) und 4) Nr. 4 (FlNr. 3767, H...)
22 CS 15.688 W 4 S 15.156 5) und 6) FlNr. 224/3 A..., ...: zu WKA 6: 1.343 m zu WKA 5: 1.463 m. Nr. 6 (FlNr. 1472, K...)
22 CS 15.691 W 4 S 15.155 5) und 6) Nr. 5 (FlNr. 99, S...)

Die Antragsteller zu 5 und 6 sind nach ihrem Vortrag zudem Miteigentümer der erschlossenen Baugrundstücke FlNrn. 224/2 und 224/5, die westlich bzw. südlich an ihr Wohngrundstück FlNr. 224/3 angrenzen und etwa 15 m bis 30 m näher als dieses an den Windkraftanlagen liegen. Von den Windkraftanlagen Nrn. 4 bis 10 ist Anlage Nr. 6 diejenige mit dem geringsten Abstand zu jedem der streitgegenständlichen betroffenen Grundstücke; von diesen wiederum hat das Grundstück FlNr. 226 (A... 19) die geringste Entfernung zur nächstgelegenen Windkraftanlage (nämlich 1.294 m zur Anlage Nr. 6, die indes nicht von den Antragstellern zu 3 und 4 „bekämpft“ wird, sondern von den Antragstellern zu 5 und 6, deren Anwesen aber von der Anlage Nr. 6 weiter weg sind als die Anwesen der Antragsteller zu 3 und 4).

Die vorliegend nicht streitgegenständlichen drei Windkraftanlagen sollen auf den Grundstücken FINrn. 116 und 104 der Gemarkung S... sowie FINr. 3766 der Gemarkung H... gebaut werden.

Ursprünglich vorgesehen waren Windkraftanlagen des Typs Vestas V 112-3.0 MW mit einer Nabenhöhe von jeweils 140 m, einer Nennleistung von 3.000 kW, einem Rotorradius von 56 m und einer Gesamthöhe von 196 m. Nach einer allgemeinen Umweltverträglichkeitsvorprüfung (vom 25.8.2013) mit dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung (nachfolgend: UVP) erforderlich sei, nach Durchführung dieser UVP und u.a. einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (vom 13.8.2013) genehmigte das Landratsamt H... diese Windkraftanlagen im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BlmSchG mit Bescheid vom 28. Februar 2014 gegenüber der Beigeladenen zu 1. Gegen die Genehmigung erhoben die Antragsteller jeweils Anfechtungsklage.

Nach einer Umplanung des Windparks genehmigte auf Antrag der Beigeladenen zu 1 das Landratsamt im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BlmSchG nach einer erneuten allgemeinen Vorprüfung mit dem Ergebnis, dass keine weitere UVP erforderlich sei, mit Bescheid vom 18. Juli 2014 nach § 16 BlmSchG die Änderung des Anlagentyps auf - nunmehr - den Typ Nordex N 117-2.4 MW, der zugleich eine andere Nabenhöhe (141 m) und einen anderen Rotorradius (58,5 m) und damit eine andere Gesamthöhe (199 m) hat. Nach dem Vortrag der Antragsteller gegenüber dem Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 28.2.2015) sei auch die Turmbauweise der jeweiligen Anlagen geändert (nunmehr: Hybridturm aus Beton bis zur Höhe von 91 m, dann aus Stahlrohr; zuvor: Turm ganz aus Stahlrohr). Bezüglich einer während des Änderungsverfahrens der Unteren Naturschutzbehörde mitgeteilten Uhu-Sichtung im Bereich der Anlagenstandorte führte das Landratsamt im Bescheid aus, aus naturschutzfachlicher Sicht ändere sich hierdurch die Situation gegenüber der genehmigten Planung nicht grundsätzlich. Ein Brutnachweis in der Beeinträchtigungszone liege weiterhin nicht vor. Zwar sei möglich, dass der Uhu die gerodete Fläche auch als Nahrungshabitat mit nutze. Dieser Bereich sei aber sicher nicht der Schwerpunkt seiner Nahrungshabitate. Insofern werde aus naturschutzfachlicher Sicht davon ausgegangen, dass weiterhin kein signifikant höheres Kollisionsrisiko für den Uhu bestehe. Unabhängig davon sei dem Betreiber in der Änderungsgenehmigung empfohlen worden, seinen in die Planung eingebundenen Biologen zu verständigen, um ggf. entstehende Auswirkungen vorab beurteilen zu können.

Unter Nr. VI des Bescheids vom 18. Juli 2014 ordnete das Landratsamt zudem die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 28. Februar 2014 „in der Fassung dieser Änderungsgenehmigung“ vom 18. Juli 2014 an. Auch gegen den Bescheid vom 18. Juli 2014 erhoben die Antragsteller jeweils Klage.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 25. August 2014 strich das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen zu 1 (vom 19.8.2014) den unter Nr. V des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 enthaltenen allgemeinen Auflagenvorbehalt ersatzlos. Mit Schreiben jeweils vom 29. August 2014 zeigten beide Beigeladenen dem Landratsamt übereinstimmend an, dass die Beigeladene zu 2 „die Rechtsstellung als Genehmigungsinhaberin“ der Genehmigungen vom 28. Februar 2014, 18. Juli 2014 und 25. August 2014 und alle mit diesen Genehmigungen zusammenhängenden Rechte und Pflichten von der Beigeladenen zu 1 übernommen habe; im Beschwerdeverfahren haben die Beigeladenen auf Nachfrage des Verwaltungsgerichtshofs erklärt, die Beigeladene zu 1 existiere weiterhin und habe an der Aufrechterhaltung der angegriffenen Genehmigungen jedenfalls ein wirtschaftliches Interesse.

2. Die Antragsteller haben vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg – jeweils in Bezug auf die in der obigen Tabelle ihnen zugeordneten Windkraftanlagen – beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erhobenen Anfechtungsklagen wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat den Anträgen mit Beschlüssen vom 27. März 2015 (W 4 S 15.161, -.159, -.156, -.158, -.160, und -.155) bzw. vom 15. April 2015 (W 4 S 15.286) stattgegeben.

3. Der Antragsgegner und die Beigeladenen gemeinsam haben hiergegen Beschwerde eingelegt und jeweils beantragt,

unter Änderung der entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Die Beigeladenen haben hinsichtlich der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 im jeweiligen Verfahren außerdem beantragt,

die Rechtswidrigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 27. März 2015 in der Fassung vom 27. März 2015 festzustellen.

Sie machen geltend, diese Beschlüsse seien wegen des Fehlens einer Begründung entgegen § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO rechtsfehlerhaft. Dies sei im berechtigten Interesse der Beigeladenen festzustellen, weil zu befürchten sei, dass das Verwaltungsgericht künftig wieder unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG auf diese Weise verfahre.

Die Antragsteller haben jeweils beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, da das Verwaltungsgericht richtig entschieden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten der verbundenen Verfahren und die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die statthaften und zulässigen Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind begründet. Die geltend gemachten Beschwerdegründe erfordern eine Änderung der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Beschlüsse. Diese erweisen sich nach summarischer Prüfung im Beschwerdeverfahren auch nicht aus andern, von den Antragstellern geltend gemachten Gründen als gerechtfertigt. Sie sind demzufolge zu ändern; die Anträge der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen sind abzulehnen. Dass die Anfechtungsklagen der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich abzuweisen sein werden, unterliegt trotz tatsächlicher Unklarheiten und noch nicht abschließend geklärter Rechtsfragen jedenfalls keinen ernstlichen Zweifeln; vielmehr überwiegen im Rahmen einer Gesamtabwägung die Interessen der Beigeladenen die Interessen der Antragsteller (§ 4a Abs. 3 und 4 UmwRG).

Die Anträge der Antragsteller richten sich entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklagen gegen die Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014, sondern auch ihrer Anfechtungsklagen gegen die Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014; das Verwaltungsgericht ist insofern nicht unter Verstoß gegen § 88 VwGO über die Anträge hinausgegangen. Zwar beziehen sich die – von einem Rechtsanwalt gestellten – Anträge der Formulierung nach nur auf die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung. Gleichwohl ist in der Gesamtschau zweifelsfrei das Rechtsschutzziel der Antragsteller erkennbar, nicht nur den Vollzug der Änderungsgenehmigung, sondern auch den der Ausgangsgenehmigung vorläufig zu hemmen. Dass sich die Begründung des vorläufigen Rechtsschutzantrags schwerpunktmäßig mit dem Änderungsbescheid befasst, liegt ersichtlich daran, dass erst mit diesem Bescheid – auch in Bezug auf die Ausgangsgenehmigung – die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Zudem haben die Antragsteller im Antragsschriftsatz vom 28. Februar 2015 auf die gegen die Ausgangsgenehmigung erhobenen Anfechtungsklagen verwiesen, die Klagebegründung beigefügt und in ihren Antragsbegründungen mehrfach – erneut – auch die Fehlerhaftigkeit der vor Erteilung der Ausgangsgenehmigung durchgeführten UVP sowie des Genehmigungsverfahrens insgesamt geltend gemacht.

1. Soweit die Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine nach ihrer Ansicht unzureichende oder fehlerhafte Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung bemängelt haben, ist dem das Verwaltungsgericht nicht gefolgt und hat unter Nr. II.2.1 der angegriffenen Beschlüsse (vom 27.3.2015 bzw. 15.4.2015) ausgeführt, die vom Landratsamt im angegriffenen Bescheid vom 18. Juli 2014 gegebene Begründung für den Sofortvollzug genüge deren gesetzlichem Zweck und der formellen Begründungspflicht. Mit dieser Thematik brauchten sich die Beigeladenen in ihrer Beschwerde nicht zu befassen. Die Antragsteller ihrerseits haben nichts vorgetragen, was die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts als fehlerhaft erscheinen lassen könnte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich keine Bedenken.

2. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist zunächst zu bedenken, dass die Verletzung materieller subjektiver Rechte der Antragsteller aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder aus § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB unwahrscheinlich ist.

Wehrfähige Rechte Dritter aus § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG werden nicht durch jede unangenehme Einwirkung einer Anlage verletzt. Vielmehr besteht ein Abwehrrecht gegen „schädliche Umwelteinwirkungen“ nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG erst dann, wenn die Immissionen „erheblich“, nämlich „nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen“ herbeizuführen. Die Antragsteller haben in jedem der sieben Verfahren andere Grundstücke und andere Windkraftanlagen streitgegenständlich gemacht; die geringste streitgegenständliche Entfernung beträgt 1.343 m; selbst die Entfernung der Windkraftanlage Nr. 6 zum Grundstück FlNr. 224/3, dessen Eigentümer aber nur Klage in Bezug auf drei andere einzelne Windkraftanlagen erhoben haben, ist nur wenig geringer (1.294 m). Angesichts der bestehenden Distanzen zwischen den betroffenen Anwesen und dem Windpark ist eine etwaige Beeinträchtigung sowohl in Bezug auf Schall (einschließlich tieffrequentem Schall) als auch auf Lichtreflexionen, Eiswurf und Eisfall (jedenfalls) nicht erheblich und auch eine – nach dem Rücksichtnahmegebot nicht hinzunehmende – „optisch bedrängende Wirkung“ nicht anzunehmen.

2.1. Dies gilt zunächst für die von den Antragstellern befürchteten Lärmimmissionen. Soweit erkennbar können die für die Tagzeit maßgeblichen Immissionsrichtwerte unproblematisch eingehalten werden. Die Einhaltung der maßgeblichen nächtlichen Immissionsrichtwerte hat das Landratsamt mit Nebenbestimmungen im Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben (Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3) und diesen Anordnungen ausdrücklich unter Nr. II.47 des Bescheids die Prognose im behördlicherseits eingeholten Gutachten der TÜV Süd Industrie Service GmbH, Regensburg, (nachfolgend: „TÜV Süd“) vom 30. Juni 2014 zu Grunde gelegt. Dieser Prognose zufolge ist selbst am Immissionsort „A... 30“ in K..., der den Windkraftanlagen näher liegt als jedes der Anwesen der Antragsteller, in der Nacht nur ein Beurteilungspegel von 39,5 dB(A) zu erwarten, während der für allgemeine Wohngebiete maßgebliche nächtliche Immissionsrichtwert 40 dB(A) beträgt. Zum Schutz der Nachbarschaft ungenügend (mit der Folge der Rechtswidrigkeit der Genehmigung) wären die Nebenbestimmungen in Nrn. IV.1.1.1 bis IV.1.1.3 des angefochtenen Bescheids nur dann, wenn diese Nebenbestimmungen nicht einhaltbar oder ihre Einhaltung nicht überwachbar wären. Davon kann aber trotz der zahlreichen Einwände, die die Antragsteller gegen die Richtigkeit der Prognose erheben, nicht ausgegangen werden; gegebenenfalls obliegt es dem Betreiber der Windkraftanlagen, im Fall berechtigter Beschwerden über nächtliche Lärmbelästigungen durch die Windkraftanlagen Abhilfe z.B. durch eine zeitweise Abschaltung einzelner Anlagen zu schaffen.

2.2. In Bezug auf tieffrequenten Schall und Infraschall hat das Landratsamt in der die ursprünglich geplanten, nur unwesentlich anderen Windkraftanlagen betreffenden Ausgangsgenehmigung vom 28. Februar 2014 zu Recht die Einwände der Antragsteller als unberechtigt erachtet (Nr. II.4.2 Buchst. a, S. 35, 41 und 48). Seine Ausführungen stehen im Einklang mit der Einschätzung im Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20.12.2011), wonach davon ausgegangen werden kann, dass ab einem Abstand von 250 m zu einer Windkraftanlage in der Regel keine erheblichen Belästigungen durch Infraschall mehr zu erwarten sind und dass bei Abständen von mehr als 500 m regelmäßig die Windkraftanlage nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt (Windkrafterlass Nr. 8.2.8, S. 22). Dem Bericht der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg – LUBW – zufolge („Tieffrequente Geräusche und Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen, Zwischenbericht über Ergebnisse des Messprojekts 2013-2014“, Stand Dezember 2014, S. 10 und 36 – „Zwischenbericht 2014“ – im Internet unter http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) war bei bisher vier Messungen zu beobachten, dass sich beim Einschalten einer untersuchten Windkraftanlage der im Abstand von 700 m gemessene Infraschallpegel nicht mehr nennenswert erhöht, sondern der Infraschall im Wesentlichen vom Wind erzeugt wird, aber nicht vom Betrieb der Windenergieanlage. Die LUWB in diesem Zwischenbericht 2014 wie auch das Bayerische Landesamt für Umwelt – LfU – in seiner Internetpublikation „Windenergieanlagen – beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?“ (aktualisierte Neufassung vom November 2014 –

http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_117_windkraftanlagen_infraschall_gesundheit.pdf) verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den öffentlich zugänglichen Bericht über Messungen an einem Wohnhaus, das ungefähr 600 m von einem Windpark mit 14 Windkraftanlagen entfernt steht (Büro „K...“, Schalltechnischer Bericht Nr. 27257-1.006 vom 26.5.2010 über die Ermittlung und Beurteilung der anlagenbezogenen Geräuschimmissionen der Windenergieanlagen im Windpark Hohen Pritz, http://www.lung.mv-regierung.de/dateien/infraschall.pdf - nachfolgend: „Bericht K...“). Diese erbrachten u.a. das Ergebnis, dass zwischen den Betriebszuständen „WEA an“ und dem Hintergrundgeräusch kein nennenswerter Unterschied zu erkennen war (Bericht K..., Nr. 5 auf S. 11, Nr. 7.4 auf S. 33, Nr. 7.5 auf S. 34). Bei der Messung waren zwei unmittelbar benachbarte Windkraftanlagen zeitweise abgeschaltet, die übrigen, ab einer Entfernung von 500 m stehenden Anlagen dagegen ständig in Betrieb (Bericht K..., Nr. 6.1 auf S. 16). Ferner verweist die LUBW auf Messungen in Australien an Windfarmen, denen zufolge die Infraschall-Expositionen, die in der Nähe von Windfarmen in Wohnhäusern gemessen wurden, dem Bereich entsprachen, der in vergleichbaren Regionen ohne Windkraftanlagen ermittelt wurde (LUBW, Zwischenbericht 2014, S. 36). Der Einwand der Antragsteller im Schriftsatz vom 20. Mai 2015, wonach der Nachtragsbericht (Nr. MS-1307-129-BY-de) des „TÜV-Süd“ sich mit dem Thema „tieffrequenter Schall" nicht ausreichend auseinandersetze und insbesondere die diesbezüglichen Änderungen der DIN 45680 nicht beachte, die den aktuellen „Stand der Technik“ wiedergebe, ist nicht geeignet, die Bewertung des Landratsamts in Frage zu stellen. Zum Einen liegt die geänderte DIN 45680 – nach einem wieder zurückgezogenen Entwurf vom August 2011 – weiterhin nur in einer Entwurfsfassung vom September 2013 vor. Nach Nr. 7.3 der TA Lärm i.V.m. Nr. A.1.5 des Anhangs zur TA Lärm der Anlage ist daher weiterhin für die Ermittlung und Bewertung tieffrequenter Geräusche auf die Hinweise der DIN 45680, Ausgabe März 1997, und die im dazugehörenden Beiblatt 1 genannten Anhaltswerte zurückzugreifen, bei deren Einhaltung schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten sind. Zum Andern haben die Anwesen der Antragsteller vom geplanten Windpark mindestens die doppelte Entfernung derjenigen Distanz, die nach den bisherigen fachlichen Einschätzungen als ausreichend zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall angesehen wird, so dass die Annahme fern liegt, bei Zugrundelegung der geänderten DIN 45680 in der Fassung des Entwurfs vom September 2013 könne sich das Ergebnis maßgeblich zugunsten der Antragsteller ändern.

Auch Anhaltspunkte dafür, dass die nunmehr geplanten, mit dem Änderungsbescheid vom 18. Juli 2014 genehmigten Anlagen aufgrund ihres um ca. 4 % größeren Rotorradius, der um ca. 2 % größeren Gesamthöhe, der veränderten Bauweise des Turms und der geringeren Leistung eine andere als die auf die ursprünglich geplanten Anlagen bezogene Beurteilung erforderten, bestehen nicht.

2.3. Soweit die Antragsteller die Richtigkeit der Berechnungen im Gutachten des TÜV Süd vom 30. Juni 2014 anzweifeln und in diesem Zusammenhang bemängeln, dass gemäß Nr. IV.1.5 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 (anders als noch im Ausgangsbescheid vom 28.2.2014) der Einsatz einer Abschalteinrichtung für Schattenwurf-Immissionen nicht mehr gefordert werde, ist ihre Argumentation nicht stichhaltig. Die fachliche Einschätzung des TÜV Süd, derzufolge der Schattenwurf der mit dem Änderungsbescheid genehmigten Windkraftanlagen weniger stark ist als die von den ursprünglich geplanten Anlagen verursachte Verschattung, lässt sich durchaus mit einer veränderten Blattgeometrie erklären. Ein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen (einerseits) einem größeren Rotordurchmesser und einer größeren Gesamthöhe der Windkraftanlagen sowie (andererseits) der Blattgeometrie dahingehend, dass deren „Verbesserungen“ (im Sinn einer Verringerung des Schattenwurfs) durch „Verschlechterungen“ auf der anderen Seite kompensiert würden, besteht entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht. Zudem lassen die Antragsteller außer Acht, dass – nach den von ihnen nicht angegriffenen Ausführungen unter Nr. 4.1.2 des Änderungsbescheids – die Berechnung des Gutachters im Sinn einer „worst-case-Analyse“ von der astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer ausgeht, die aber in der Realität – z.B. wegen Regens oder dichter Wolkendecke – nicht erreicht werden wird.

2.4. Sonstige Gefahren im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Eiswurf für die Anwesen der Antragsteller können angesichts der vorliegend gegebenen Entfernungen zu den Windkraftanlagen (1.300 m und mehr) ausgeschlossen werden, wenn die Anlagen – wie durch Nr. IV.1.4 des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 vorgeschrieben – mit technischen Einrichtungen ausgestattet werden, die Eisansatz an den Rotorblättern erkennen und dann den Rotorstillstand oder Trudelbetrieb herbeiführen, und diese Ausstattung vor der Inbetriebnahme dem Landratsamt nachgewiesen wird.

2.5. Eine „optisch bedrängende“ Wirkung, die gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen könnte, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs bei summarischer Prüfung schon nach den von den Antragstellern selbst vorgelegten Visualisierungen nicht angenommen werden. Der hiernach gewonnene Eindruck bestätigt die – auch vom Verwaltungsgerichtshof angewandte (BayVGH, B.v. 1.12.2014 – 22 ZB 14.1594 – BayVBl 2015, 306) – Faustregel, wonach bei einem Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage von mindestens der dreifachen Gesamthöhe der Anlage diese Anlage regelmäßig nicht „optisch bedrängend“ auf die Wohnnutzung wirkt. Vorliegend betragen die Abstände mindestens das Sechsfache, bei den meisten Anwesen mehr als das Siebenfache und z.T. mehr als das Zehnfache. Der Anblick einer mehrere Kilometer langen „Kette“ von zehn Windkraftanlagen über dem Horizont bzw. einem bewaldeten oder auch freien Höhenzug mag (möglicherweise sogar durch die subjektive Einstellung gegenüber Windkraftanlagen beeinflusst) als unschön empfunden werden. Von einer „bedrängenden Wirkung“ kann aber vorliegend offensichtlich nicht die Rede sein.

2.6. Auf einen von den Antragstellern im Schriftsatz vom 20. Mai 2015 (S. 50) geltend gemachten Verstoß gegen das Gebot, Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit vor der Entscheidung über ihre Zulässigkeit in einem Raumordnungsverfahren auf ihre Raumverträglichkeit zu überprüfen (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayLPlG), könnten sich die Antragsteller nicht berufen. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayLPlG ist nicht drittschützend; ein abgrenzbarer Kreis zu schützender Dritter kann der Vorschrift nicht entnommen werden.

3. Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Interessenabwägung ist weiter bedeutsam, dass zwar bei Erteilung der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen (vom 28.2.2014 und vom 18.7.2014) verfahrensrechtliche Vorschriften des UVPG verletzt worden sein könnten, dass dies aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht überwiegend wahrscheinlich ist, und dass eventuelle Verstöße nicht unbedingt zu einem Aufhebungsanspruch führen (insbesondere weil derartige Verstöße vorliegend keine Beteiligungs- oder Informationsrechte der Antragsteller nach dem UVPG betreffen würden).

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Antragsteller sich auf § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG berufen könnten, unabhängig davon, ob die das Verwaltungsverfahren abschließende immissionsschutzrechtliche Genehmigung selbst den Antragstellern zustehende subjektiv-öffentliche Rechte materieller Art verletzt. Dem kann im Ergebnis wohl nicht gefolgt werden. Denn entscheidungserhebliche Fehler der vor dem Erlass des Änderungsbescheids vom 18. Juli 2014 durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vermag der Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen; dasselbe gilt hinsichtlich der hier wohl ebenfalls zu berücksichtigenden vorausgegangenen UVP.

3.1. Ob eine UVP überhaupt durchgeführt werden muss, richtet sich nach §§ 3b bis 3f UVPG (vgl. § 3a Satz 1 UVPG). Besteht – wie dies vorliegend der Fall ist – die gesetzliche Pflicht zur Durchführung einer UVP nicht schon (ohne nähere Prüfung) aufgrund der Art, Größe oder Leistung eines Vorhabens (§ 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Spalte 1 zum UVPG), ist aber für das Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen (Anlage 1 Spalte 2), so muss die zuständige Behörde „aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien“ ermitteln, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären, und – bejahendenfalls – eine UVP durchführen (§ 3c Satz 1 UVPG).

Ob eine allgemeine Vorprüfung rechtsfehlerhaft gewesen ist, bestimmt sich in tatsächlicher Hinsicht nach dem Kenntnisstand der zuständigen Behörde bis zum Abschluss der Prüfung (vgl. BayVGH, B.v. 27.5.2015 – 22 CS 15.485 – Rn. 17; BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 31.10 – NuR 2012, 403/405).

3.2. Vorliegend kann die von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG geregelte Fallgestaltung einer (möglicherweise) aufgrund fehlerhafter allgemeiner Vorprüfung unterlassenen UVP nur den Gegenstand der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 betreffen, da vor der Ausgangsgenehmigung für deren Gegenstand eine UVP nicht unterblieben ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), sondern durchgeführt wurde.

Ein Neugenehmigungsverfahren einer anderen Anlage (anstelle des vorliegend durchgeführten Änderungsverfahrens nach § 16 BImSchG) und ein neues Vorhaben anstelle eines geänderten Vorhabens im Sinn von § 3e Abs. 1 UVPG bzw. § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV, das aus denselben Gründen wie das mit dem Ausgangsbescheid vom 28. Februar 2014 genehmigte Vorhaben auch eine neue UVP erfordert hätte, waren nach Änderung des Anlagentyps wohl nicht erforderlich. Wenn eine genehmigte Anlage in ihrem Kernbestand, in ihrem Charakter grundlegend geändert wird, liegt eine Neuerrichtung einer Anlage vor. Wenn hingegen eine Anlage ersetzt wird und die neue Anlage quantitative oder qualitative Veränderungen gegenüber der genehmigten Anlage aufweist, die die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen, liegt eine (wesentliche) Änderung und keine Neuerrichtung vor. Diese Bewertung kann aus dem nicht unmittelbar anwendbaren § 16 Abs. 5 BImSchG abgeleitet werden (BayVGH, U.v. 23.11.2006 – 22 BV 06.2223 – NVwZ-RR 2007, 382/385). Eine Änderung des Anlagentyps betrifft also zumindest nicht in jedem Fall den „Kernbereich des genehmigten Gegenstands“ und somit die Grundlage der ursprünglich erteilten Genehmigung. Von ganz besonderem Gewicht für etwaige Umwelt- und Nachbarschaftsbeeinträchtigungen sind der Standort, der Umfang der Anlage (hier: Zahl der einzelnen Windkraftanlagen) und der Abstand zu Schutzgütern. Ebenso sind die Art der hervorgerufenen Umwelteinwirkungen und die Art und Weise ihrer Verursachung von Bedeutung. Bleiben diese Parameter unverändert, so kann auch bei einem Wechsel zum Modell eines andern Herstellers, verbunden mit einer Änderung des Rotorradius um gut 4 % (von 56 m auf 58,5 m), der Gesamthöhe um ca. 2 % (von 196 m auf 199 m) und einer Verringerung der Leistung (von 3.000 kW auf 2.400 kW) nicht von derartig erheblichen Änderungen ausgegangen werden, die es erfordern würden, alle mit einer Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte erneut zu unternehmen.

Der Vergleich der durch die Änderung (möglicherweise) ausgelösten nachteiligen Umweltauswirkungen mit dem bereits genehmigten Zustand ist demnach auch Maßstab für die Frage, ob wegen einer geplanten Änderung eine UVP vorzunehmen ist. § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV bestimmt insoweit, dass vor einer Änderungsgenehmigung einer Anlage nach Anlage 1 (zum UVPG) eine UVP durchzuführen ist, wenn die für eine UVP-pflichtige Anlage in der Anlage 1 angegebenen Größen- oder Leistungswerte durch eine Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden (dies ist vorliegend nicht der Fall) oder wenn die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Dass dies nicht der Fall ist, hat das Landratsamt in der angefochtenen Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 unter Nrn. II.2.2 und II.3 dargelegt. Die dieser Beurteilung zu Grunde liegende allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls des Landratsamts ist unter dem Datum 16. Juli 2014 in den Behördenakten dokumentiert (Bl. 133/134). Sie stimmt insbesondere – was die vom Verwaltungsgericht in den Mittelpunkt seiner Argumentation gerückte Gefährdung der geschützten Vogelart Uhu angeht - inhaltlich überein mit der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 16. Juli 2014. Sie kommt nachvollziehbar im Sinn von § 3a Satz 4 UVPG zu dem Ergebnis, dass die zu genehmigenden Änderungen der Anlage – im Vergleich zu der bereits am 28. Februar 2014 genehmigten Ausführung des Windparks – keine erheblichen Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter haben wird; etwaige Auswirkungen der Änderung lägen zumindest deutlich unter der Erheblichkeitsschwelle des § 1 Abs. 3 der 9. BImSchV. Dies erscheint so unproblematisch, dass es an dieser Stelle hierzu keiner vertiefenden Erwägungen mehr bedarf (vgl. dazu unten 3.4).

3.3. Die zwischen dem 28. Februar 2014 und dem 18. Juli 2014 und später gewonnenen bzw. dem Landratsamt mitgeteilten weiteren Erkenntnisse über das Vorkommen gefährdeter Tierarten im streitgegenständlichen Gebiet, insbesondere des Uhus, sind keine Auswirkungen der Vorhabensänderung und daher grundsätzlich in diesem Zusammenhang nicht entscheidungserheblich. Es handelt sich um Auswirkungen, die bereits dem ursprünglichen Vorhaben zuzurechnen waren. Diese Auswirkungen sind im vorliegenden Fall bereits nach Maßgabe des UVPG im Rahmen einer UVP ermittelt und bewertet worden. Die Behörde kann die dabei gewonnenen Erkenntnisse bei der Vorprüfung des geplanten Änderungs- oder Erweiterungsvorhabens als Vergleichsgrundlage heranziehen, ohne insoweit in eine erneute Prüfung eintreten zu müssen (Sangenstedt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Loseblattsammlung, 43. EL Sept. 2004, § 3e UVPG Rn. 27). Sangenstedt (a.a.O.) schränkt dies allerdings dahingehend ein, dass dies dann anders sei, wenn die Ergebnisse erkennbar überholt oder aus sonstigen Gründen unzutreffend seien (welche Folgen sich in einem solchen Fall hieraus ergeben, führt der Kommentar indes nicht aus). Es erscheint zwar aus Bestandsschutzgründen zweifelhaft, dass eine völlige Neubewertung der Erkenntnisse aus einer früheren UVP (insbesondere dann, wenn sie rechtsfehlerfrei durchgeführt und nur hinsichtlich ihres Ergebnisses durch späteren Wissenszuwachs infrage gestellt worden ist) in jedem Fall dann geboten ist, wenn die Anlagenänderung selbst keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1a der 9. BlmSchV genannten Schutzgüter haben kann. Der Verwaltungsgerichtshof zieht allerdings im vorliegenden Fall zugunsten der Antragsteller in Betracht, dass eine kritische Prüfung der Ergebnisse einer früheren, für das „Ausgangsvorhaben“ durchgeführten UVP dann geboten sein kann, wenn – wie im vorliegenden Fall – die aufgrund der UVP erteilte Genehmigung des Ausgangsvorhabens (vorliegend die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 28.2.2014) von denselben Rechtsmittelführern angefochten und damit noch nicht bestandskräftig ist und das Vorhaben – aufgrund der angeordneten sofortigen Vollziehung der Genehmigung in rechtlich zulässiger Weise – erst zu einem geringen Teil „ins Werk gesetzt“ ist. Erwägungen im Hinblick auf einen etwaigen Bestandsschutz und Vertrauensschutz stehen in einem solchen Fall einer Berücksichtigung des Überholtseins der Erkenntnisse aus einer früheren UVP weniger entgegen als im Fall einer nach fehlerfreier UVP vor Jahren unanfechtbar genehmigten und seitdem betriebenen Anlage.

3.4. Auch bei Notwendigkeit einer Prüfung, ob die bisherigen Erkenntnisse, die bei der Durchführung der UVP gewonnen worden sind, überholt oder sonst unzutreffend waren, ergibt sich vorliegend nicht, dass die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls am 16. Juli 2014 rechtsfehlerhaft war.

Soweit die Antragsteller dem Landratsamt entgegenhalten, es habe Hinweise auf Uhuvorkommen (das Hören von Uhu-Rufen – sog. „Verhöre“ – sowie Horst- und Jungtierfunde) nach dem 16. Juli 2014 nicht berücksichtigt, können derartige Erkenntnisse von vornherein nicht zur Fehlerhaftigkeit der allgemeinen Vorprüfung führen, weil sie nach dem maßgeblichen Stichtag (16.7.2014) durch das Landratsamt erlangt worden sind. Wie oben ausgeführt, kommt es insofern auf den Kenntnisstand der zuständigen Behörde beim Abschluss der Prüfung an. In diesem Zeitpunkt muss die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls ihre verfahrenssteuernde Wirkung entfalten. Nicht entscheidungserheblich ist daher der Nachweis einer zweiten Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5, die nach eigenem Vortrag der Antragsteller erst Ende Juli 2014 festgestellt wurde und deren Nachweise der Unteren Naturschutzbehörde „seit Ende Juli / Anfang August 2014“ vorlagen (Schriftsatz vom 20.5.2015 zum Verfahren 22 CS 15.952, S. 28 unten und S. 29 oben unter 3). Diese Uhubrut in der Nähe der ungefähr in der Mitte der „Windkraftanlagen-Kette“ stehenden Anlage Nr. 5 könnte zwar unter Umständen, wie sich aus der E-Mail-Korrespondenz vom August zwischen der Regierung von Unterfranken und dem Landratsamt ergibt – den Bestand der erteilten, aber noch nicht bestandskräftigen Genehmigung in ihrer derzeitigen Fassung in Frage stellen und – soweit erforderlich und verhältnismäßig zur Vermeidung einer Gefährdung des öffentlichen Interesses – deren Widerruf oder Teilwiderruf nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG oder eine Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG rechtfertigen. Sie wurde aber – wie oben ausgeführt – von Bürgern erst im Ende Juli 2014 festgestellt und dem Landratsamt gemeldet, als die allgemeine Vorprüfung vor der Änderungsgenehmigung vom 18. Juli 2014 schon durchgeführt war und diese Genehmigung schon erteilt war.

Im Übrigen ergeben sich die rechtlichen Anforderungen an die erforderliche allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls aus § 3e Abs. 1 Nr. 2, § 3c Satz 1 und 3 UVPG und § 1 Abs. 3 der 9. BlmSchV. Sonach hat die Behörde – wie sich schon aus dem Wortlaut des § 3c Satz 1 UVPG „nach Einschätzung der zuständigen Behörde“ ergibt – einen Beurteilungsspielraum. Dieser ist gerichtlich nur begrenzt überprüfbar. Die im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung zu treffende Entscheidung, ob das Vorhaben eine UVP erfordert, ist eine wertende Beurteilung, die von Prognoseelementen geprägt ist. Eine solche kann durch das Verwaltungsgericht nicht ersetzt werden (vgl. § 3a Satz 4 UVPG; hierzu OVG NRW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris Rn. 72 m.w.N.). Die Prüfung des Verwaltungsgerichts muss sich deshalb darauf beschränken, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, ob sie vom richtigen Verständnis der anzuwendenden Gesetzesbegriffe ausgegangen ist, ob sie den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, ob sie sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten hat und ob sie schließlich das Willkürverbot nicht verletzt hat (std. Rspr. des BVerwG, zusammenfassend U.v. 16.5.2007 – 3 C 8.06 – BVerwGE 129, 27). Derselbe Maßstab ergibt sich auch aus § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 3c UVPG; die allgemeine Vorprüfung muss in diesem Sinn „nachvollziehbar“ sein (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2006 – 4 C 16/04 – juris; OVG NW, U.v. 3.12.2008 – 8 D 19/07.AK - juris).

Vorliegend waren bereits bei der Durchführung der UVP vor Erlass des Genehmigungsbescheids vom 28. Februar 2014 zahlreiche Hinweise auf ein Uhu-Vorkommen in dem bewaldeten Höhenzug, auf dem die zehn Windkraftanlagen errichtet werden sollen („S... Wald“), dem Landratsamt bekannt (Nutzung durch den Uhu zum Brüten und zur Aufzucht der Jungen oder als Nahrungshabitat oder als Gebiet, das auf dem Flug zu Nahrungshabitaten durchquert wird). Dies ergibt sich aus der zusammenfassenden Darstellung dieser Hinweise in einer von den Antragstellern vorgelegten E-Mail der Regierung von Unterfranken vom 1. Oktober 2014 (nach Erlass der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen), welche insoweit auszugsweise den Inhalt der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung referiert, und aus der Nr. 4.3.6 des „Fachberichts Faunistische Karten“ zur im Auftrag des Anlagenbetreibers erstellten speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) des Büros für F... – BFU – (Dipl.-Biologe T...) vom 13.8.2013. Demnach hat schon im Jahr 2009 die LBV-Kreisgruppe im Rahmen eines Brutmonitorings eine aufgegebene Brut nordwestlich von Wülflingen dokumentiert; im Jahr 2010 – allerdings nicht mehr in den Jahren 2011 und 2012 – wurde dort ein balzendes Paar verhört. Die von den Antragstellern zusammen mit dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2013 dem Landratsamt vorgelegte „Vogelsichtungskarte“ (vom 7.10.2012) enthält Eintragungen zu Uhusichtungen in dem fraglichen Gebiet. Am 9. März 2013 sei Herrn T... eine Uhusichtung an der Sandgrube/Reuthspitze gemeldet worden; am 2. November 2013 habe ein anderer Bürger bei der Jagd im Windkraftvorbehaltsgebiet WK 88 (in dem die streitgegenständlichen Windkraftanlagen stehen sollen) einen ausgewachsenen Uhu gesichtet. Während der Planung des Vorbehaltsgebiets WK 88 hat die Regierung von Unterfranken in einer Stellungnahme vom 13. oder 17. Februar 2012 auf die besondere Empfindlichkeit des Gebiets (es sei zu 5 % Ausschlussgebiet und zu 95 % sensibles Gebiet, dort kämen Uhu und andere geschützte Tiere – insb. Schwarzstorch und die Fledermausart „Kleiner Abendsegler“ – vor) hingewiesen. Der angehörte Naturschutzbeirat des Landkreises hat in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2013 das Projekt (Festsetzung des WK 88) strikt abgelehnt. Die Untere Naturschutzbehörde (Herr L...) äußerte sich zur Regionalplanfortschreibung und zum geplanten Vorbehaltsgebiet WK 88 – bezüglich der Gefährdung von Uhus – zunächst dahingehend, dass der Uhu in dem fraglichen Gebiet schon gesichtet und eine Uhubrut zwar nicht in diesem Gebiet selbst, aber eine Uhubrut mit flüggen Jungtieren im angrenzenden Wässernachtal im Jahr 2010 nachgewiesen worden sei, und dass aus artenschutzrechtlicher Sicht von der Überplanung bzw. Ausweisung als Vorbehaltsfläche dringend abgeraten werde, weil ein erhöhtes Tötungsrisiko für schlagempfindliche Vogelarten und Fledermäuse bestehe. Insoweit ist allerdings hinzuzufügen, dass die letztgenannte Schlussfolgerung - erhöhtes Tötungsrisiko – von derselben Behörde unter dem 12.6.2012 dahingehend revidiert wurde, dass aufgrund einer zwischenzeitlich im Februar/März 2012 erfolgten flächigen Horstkartierung das Gebiet zwar nach wie vor als sensibles Gebiet einzuschätzen sei, die aktuellen Kartierungen aber nicht den Schluss zuließen, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen in diesem Bereich unmöglich erscheine; es gebe derzeit keine Brutnachweise, die eine Ausweisung des Gebietes als Vorbehaltsgebiet ausschlössen. Auf einer dem Schriftsatz vom 24. Februar 2013 ans Landratsamt beigefügten Karte und tabellarischer Aufstellung sind insgesamt 18 akustische Wahrnehmungen des Uhus im streitgegenständlichen Gebiet durch ansässige Jäger im Zeitraum Dezember 2012 bis Mitte Februar 2013 dokumentiert. Im Mai 2013 wurde eine Uhubrut im streitgegenständlichen Gebiet (WK 88) im Norden des Windparks – östlich der nördlichsten Windkraftanlage Nr. 10 – nachgewiesen. Dies wurde dem Landratsamt im Rahmen der UVP bekannt und von ihr auch (wenngleich nicht mit dem von den Antragstellern für richtig gehaltenen Ergebnis) gewürdigt.

Soweit die Antragsteller – und das Verwaltungsgericht – dem Landratsamt einen Fehler der allgemeinen Vorprüfung bei der Bewertung der vorangegangenen UVP dergestalt vorwerfen, dass deren Prüfungen und die Untersuchung potentiell gefährdeter Tierarten (insbesondere des Uhus) unzureichend und vor allem nicht nach den Vorgaben des Windkrafterlasses unternommen worden seien, ist diese Argumentation doch mit einigen Fragezeichen zu versehen und könnte zudem nicht die von den Antragstellern gewünschte Rechtsfolge auslösen.

Insofern zeigt § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG, dass Inhalt und Umfang der entscheidungserheblichen Unterlagen, die zu Beginn der UVP vom Vorhabensträger vorzulegen sind, sich nach den Rechtsvorschriften richten, die für die Zulassung des Vorhabens maßgeblich sind. Für die Zwecke der UVP muss der entscheidungserhebliche Sachverhalt also vollständig ermittelt sein (Gassner, UVPG, 1. Aufl. 2006, § 6 Rn. 7-11)).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – Rn. 45 und B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 und -.1080 – GewArch 2015, 90, juris Rn. 25) kommt zudem den im Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu. Ihre Beachtung beim Vollzug des Artenschutzrechts, insbesondere des § 44 Abs. 1 BNatSchG, ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Von ihnen darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden.

Insoweit bemängeln die Antragsteller insbesondere, dass vorliegend die detaillierten Vorgaben unter Nr. 9.4 des Windkrafterlasses missachtet worden seien; insoweit räumte auch der Verfasser des „Zwischenberichts zu den Ergebnissen Kartierung im Umfeld des geplanten Windparks im WK-Vorbehaltsgebiet 88“ vom Juni 2012 (Dipl.-Biologe T...) unter Nr. 4.1 auf S. 5 des Zwischenberichts ein, dass eine detaillierte Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten [von Vögeln], die der Windkrafterlass empfiehlt, bisher nicht umfassend durchgeführt worden sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Landratsamt bei der Durchführung der UVP (und im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren) die ihm bekannt gewordenen Hinweise auf eine Gefährdung des Uhus weitgehend gemäß den Vorgaben des Windkrafterlasses behandelt hat. Die im Mai 2013 festgestellte Brut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 10 befand sich – unter den Beteiligten unbestritten - außerhalb des für den Uhu geltenden „1000-m-Prüfbereichs“ nach Anlage 2 Spalte 1 des Windkrafterlasses, so dass eine Prüfung, ob durch die geplanten Windkraftanlagen Verbotstatbestände erfüllt würden, nur nach den Grundsätzen, die bezüglich des für den Uhu maßgeblichen 6000 m-Prüfbereichs gelten, geboten war (die Uhubrut in der Nähe der Windkraftanlage Nr. 5 wurde – wie oben ausgeführt – erst nach den maßgeblichen Zeitpunkten bekannt).

Was die Lage der entdeckten Uhubrut bei der Windkraftanlage Nr. 10 im 6000 m-Prüfbereich angeht, so bemängeln die Antragsteller, dass der Gutachter insoweit die Einschätzung abgegeben habe, der dort brütende Uhu sei auch auf dem Flug zu Nahrungshabitaten nicht gefährdet, weil diese „großräumig und diffus verteilt“ seien (im Sinn der Ausführungen auf S. 42 des Windkrafterlasses) und daher nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windkraftanlagen führen dürften (Dipl.-Biologe T..., Nr. 2.3. auf S. 54 der naturschutzfachlichen Angaben zur saP vom 13.8.2013). Die Aussage des Gutachters in dieser unter Nr. 2.3 angestellten Prognose zur Einhaltbarkeit des Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist – entgegen der Ansicht der Antragsteller – wohl nicht so zu verstehen, dass alle potentiellen Jagdhabitate des Uhus im 6-km-Umkreis um den Brutplatz östlich und südöstlich liegen würden; diese Aussage bezieht sich vielmehr nur auf die Offenlandbereiche entlang der genannten drei Fließgewässer (Riedbach, Nassach, Main), wogegen der Gutachter anschließend auch die – nicht östlich und südöstlich, sondern westlich und südwestlich gelegenen – Hangwälder und Wiesengründe des Wässernachtals und weitere westlich und südwestlich befindliche Nahrungshabitate genannt hat. Um von dem – östlich der Windkraftanlage Nr. 10 gelegenen – Brutplatz aus die noch weiter östlich liegenden Gewässer Riedbach und Nassach zu erreichen, überquert ein Vogel tatsächlich normalerweise nicht die ungefähr in Nord-Süd-Richtung verlaufende „Kette“ aus den zehn Windkraftanlagen; insofern ist dem Gutachter keine Verkennung der Tatsachengrundlagen zu unterstellen. Bezüglich der Auen des weiter im Süden etwa in West-Ost-Richtung verlaufenden Mains ist dies allerdings ebenso erklärungsbedürftig wie die – nicht näher begründete – Feststellung, dass es keine Konzentration von Nahrungshabitaten in Bereichen gebe, die nur nach Durch- oder Überfliegen der Windkraftanlagen-Standorte zu erreichen seien. Dies gilt vor allem hinsichtlich der möglichen Jagdhabitate im Wässernachtal, das seit einer im Jahr 2010 erwiesenen Uhubrut und bis heute unverändert als bekanntermaßen besonders „sensibel“ in Bezug auf Uhus angesehen werden muss (wie verschiedene fachliche Stellungnahmen in den Behördenakten belegen). In der Konsequenz der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs läge es zwar, hier grundsätzlich weitere Ermittlungen nach Anlage 6 zum Windkrafterlass zu fordern. Insofern wäre es geboten gewesen, dass sich der Antragsgegner dieser Mühe unterzogen hätte. Allerdings kann aus triftigen naturschutzfachlichen Gründen hiervon abgewichen werden, für die der Verwaltungsgerichtshof hier Anhaltspunkte sieht. Dies liegt auch daran, dass nach naturschutzfachlicher Aussage ein Uhu regelmäßig nicht höher als 80 m fliegt und deshalb von den Rotoren der vorliegend streitgegenständlichen Anlagen (bei einer Nabenhöhe 141 m und einem Rotorradius von 58,5 m) normalerweise nicht erfasst werden kann, sodass die Tatsachengrundlage für eine Prognose der Einhaltbarkeit des Tötungsverbots im Sinn eines Ausschlusses eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos bereits jetzt ausreicht. Die Antragsteller ziehen dies zwar in Zweifel. Zu bedenken ist aber, dass hierzu eine Aussage des zuständigen Mitarbeiters der Staatlichen Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen (Herr K...) vorliegt, die dem Landesamt für Umweltschutz (LfU) als der obersten Landesfachbehörde für Vogelschutz untersteht. Darüber hinaus handelt es sich bei Herrn K... um einen auch als gerichtlicher Sachverständiger tätigen ausgewiesenen Fachmann (vgl. Verfahren 22 B 13.1358, U.v. 18.6.2014). Dass seine Aussagen nur mündlich erfolgt sind, macht sie nicht fehlerhaft, erhöht allerdings die Gefahr von Missverständnissen.

Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Antragsteller hier letztlich Ermittlungsfehler im Detailbereich bei der Durchführung der UVP geltend machen. Dies steht ihnen zwar frei. Es ist aber doch fraglich, ob derartige Fehler zu einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte führen können. Ihre eigenen materiellrechtlichen Belange sind durch etwaige Ermittlungsdefizite nicht tangiert, diese betreffen nur das eindeutig nicht drittschützende Artenschutzrecht. Ihre verfahrensrechtlichen Gewährleistungen im Rahmen der UVP waren ebenfalls nicht tangiert. Der Europäische Gerichtshof verlangt insofern vor allem eine Berücksichtigung des Grades der Schwere des geltend gemachten Fehlers und die Prüfung, ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der UVP-Richtlinie Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen (U.v. 7.11.2013 – Rs. C 72/12 – BayVBl 2014, 400/402 Rn. 54 – „Gemeinde Altrip“); um einen Fehler dieser Art handelt es sich im vorliegenden Fall wohl nicht. In diesem Urteil hat der Europäische Gerichtshof zudem ausdrücklich nicht dazu Stellung genommen, ob von Individualklägern geltend gemachte Verfahrensfehler bei der UVP auf nicht drittschützenden Rechtsgebieten ohne Beeinträchtigung einer materiellrechtlichen Rechtsposition zu Aufhebungsansprüchen führen (vgl. EuGH, U.v. 7.11.2013 - C-72/12 – a.a.O. Rn. 55). Insofern kann bisher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs auf das Erfordernis einer Verletzung materieller subjektiver Rechte des Individualklägers verzichtet werden könnte. Eine Rechtsschutzlücke für besonders geschützte Arten kann wegen des Instituts der Umweltverbandsklage nicht entstehen.

3.2.5. Auch in Bezug auf andere Tierarten (insbesondere den Schwarzstorch und Fledermäuse) sind nach summarischer Prüfung keine rechtserheblichen Fehler der allgemeinen Vorprüfung zu erkennen, die eine andere Entscheidung gebieten würden.

4. Soweit die Antragsteller Verfahrensfehler der allgemeinen Vorprüfung und/oder der UVP darin sehen, dass die hiermit befassten Bediensteten wegen der wirtschaftlichen und persönlichen Verflechtungen zwischen der Genehmigungsbehörde, den eingeschalteten Gutachtern bzw. Fachkräften und den Windkraftanlagenbetreibergesellschaften nicht unparteilich hätten agieren können, können sie damit nicht durchdringen. Die Rechtsordnung kennt eine – von den Antragstellern geltend gemachte – "institutionelle Befangenheit" einer Behörde nicht (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 20 Rn. 9 ff.). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG (bzw. das entsprechende Landesrecht) nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern. Dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch "in eigenen Angelegenheiten" entscheidet, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers ist durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch für Ermessensentscheidungen und Planungsentscheidungen und erst recht bei gebundenen Entscheidungen wie im vorliegenden Fall (BVerwG, B.v. 31.3.2006 – 8 B 2/066 - Buchholz 316 § 20 VwVfG Nr. 9, m.w.N.). Zwar sind einerseits die Vorbehalte der Antragsteller angesichts der vorliegenden besonderen Konstellation verständlich. Andererseits ist es legitim, dass sich ein Landkreis auch in Form privatrechtlicher juristischer Personen wirtschaftlich betätigt. Dass dieselbe Person (Landrat) sowohl Amtsleiter der staatlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt) wie auch des Verwaltungsorgans des Landkreises ist (gleichfalls Landratsamt), ist in der in Bayern gesetzlich geregelten Doppelnatur des Landratsamts begründet (vgl. Art. 37 Abs. 1 LKrO). Wenn der Amtsleiter auf eine zügige Bearbeitung eines Genehmigungsverfahrens hinwirkt, dann ist dies für sich genommen nicht rechtswidrig oder auch nur „verdächtig“, sondern entspricht den gesetzlichen Vorgaben (vgl. Art. 10 Satz 2 BayVwVfG und § 10 Abs. 6a BImSchG). Die von den Antragstellern angeführten Verhaltensweisen und Tatsachen sind keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit einer der betroffenen handelnden Personen (Art. 21 BayVwVfG) oder für deren Ausschluss nach Art. 20 Abs. 1 BayVwVfG.

5. Bei der Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen ist schließlich zu bedenken, dass die Antragsteller durch den Weiterbau und den Betrieb der strittigen Anlagen nur wenig beeinträchtigt werden, wogegen den Beigeladenen durch den Baustopp erhebliche Verluste entstehen.

6. Soweit die Beigeladenen die Feststellung begehren, dass der – zunächst ohne Begründung bekanntgegebene – Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2015 eben wegen des Fehlens einer Begründung rechtsfehlerhaft gewesen sei, kommt eine solche Feststellung schon deshalb nicht in Betracht, weil der von den Beigeladenen geltend gemachte Fehler kein Rechtsverhältnis zwischen Beteiligten des Rechtsstreits (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO) betrifft, sondern die vom Gericht zu beachtenden verwaltungsprozessualen Anforderungen an den formalen Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6 gehören nach Aktenlage die als betroffen geltend gemachten Anwesen gemeinsam, so dass ihre Kostenhaftung als Gesamtschuldner sachgerecht ist. Alle drei „Antragstellergruppen“ haben beim Verwaltungsgericht ursprünglich jeweils ein Verfahren angestrengt, das sich gegen jeweils zwei Windkraftanlagen richtete; die Antragsteller zu 3 und 4 haben allerdings danach noch in einem separaten Verfahren gegen eine dritte Windkraftanlage Rechtsschutz begehrt. Das Verwaltungsgericht hat die anhängig gemachten vorläufigen Rechtsschutzanträge in sieben einzelne Verfahren (7 Windkraftanlagen) getrennt. Es handelte sich erstinstanzlich somit um vier separate Verfahren, von denen jeweils eines von den Antragstellern zu 1 und 2 bzw. den Antragstellern zu 5 und 6, die beiden weiteren aber von den Antragstellern zu 3 und 4 geführt wurden. Alle Verfahren sind hinsichtlich ihrer Bedeutung gleichwertig, auf die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen kommt es nicht an (siehe sogleich zum Streitwert). Der auf die Antragsteller zu 3 und 4 entfallende Anteil an der Kostenmasse aller Verfahren ist daher mit 50%, der Anteil, der auf die aus den Antragstellern zu 1 und 2 sowie zu 5 und 6 bestehenden Rechtsgemeinschaften trifft, mit jeweils 25% anzusetzen.

Die Streitwertfestsetzung und die diesbezügliche Änderung der angefochtenen Beschlüsse beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 2.2.2 und 19.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013. Das Verwaltungsgericht ist zunächst – wie sich zwar nicht aus der Begründung der Streitwertentscheidung, aber aus der anteiligen Berechnung der festgesetzten Streitwerte ergibt – zutreffend vom Streitwert 15.000 € für die Drittanfechtungsklage gegen Windkraftanlagen ausgegangen. Die Zahl der bekämpften Windkraftanlagen ist hierbei grundsätzlich ohne Belang, weil die Störwirkung von Windkraftanlagen sehr verschieden und nicht ohne weiteres in Zahlen danach bemessen werden kann, wieviele Anlagen angegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2015 – 22 C 15.984). Das Verwaltungsgericht hat aber alle sieben insgesamt bekämpften Windkraftanlagen als Einheit betrachtet und dabei außer Acht gelassen, dass drei verschiedene Rechtsgemeinschaften (nämlich die Antragsteller zu 1 und 2 bzw. zu 3 und 4 bzw. zu 5 und 6) jeweils mit ihren Anträgen ein eigenes Rechtsschutzziel verfolgt haben. Insoweit sind die drei zunächst anhängig gemachten Verfahren nicht als Rechtsschutzgesuch einer Rechtsgemeinschaft zu werten, sondern deren Streitwerte zu addieren (Streitwertkatalog Nr. 1.1.3). Zudem erscheint die Pauschalierung des Streitwerts ohne Rücksicht auf die Zahl der Windkraftanlagen auch in dem Fall nicht angebracht, dass – wie vorliegend die Antragsteller zu 3 und 4 – die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für einen Windpark zunächst nur in Bezug auf zwei der einzelnen Windkraftanlagen angreifen und danach ein separates vorläufiges Rechtsschutzverfahren wegen einer weiteren Anlage anhängig machen. Mit einem solchen Vorgehen haben sie zu erkennen gegeben, dass sie – über die zunächst bekämpften zwei Windkraftanlagen hinaus (für die nach dem obigen Ansatz im Klageverfahren ein Streitwert von 15.000 € angemessen wäre) – der weiteren Anlage eine zusätzliche Störwirkung beimessen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 13.2272

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. April 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Baunachbarklage;

Nachbarschutz;

Rücksichtnahmegebot;

Bestimmtheitsgebot;

Festsetzung von Immissionsrichtwerten;

Mittelwertbildung;

Seltenes Ereignis im Sinne der TA-Lärm

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... vertreten durch: Hausverwaltung ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen Baugenehmigung ... Str. 173, FlNr. ... Gem. ... - Nachbarklage

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015 am 20. April 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Baugenehmigung der Beklagten vom ... April 2013, Az. ..., in der Gestalt der Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom ... April 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung iHv 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Wohnungseigentümergemeinschaft des Grundstücks ...-Straße 5 in ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ... Bei diesem Grundstück handelt es sich um ein Eckgrundstück, das im Süden an die ...-straße und im Westen an die ...-Straße grenzt.

Sie wendet sich mit ihrer Klage gegen ein auf dem südlich von ihrem Anwesen auf der anderen Seite der ...-straße geplantes Bauvorhaben, das die Errichtung einer Wohnanlage mit 15 Wohneinheiten und einer Kinderkrippe, südlich dahinter eines kulturellen Bürgerhauses sowie einer Tiefgarage umfasst.

Auf den streitgegenständlichen Grundstücken beabsichtigt das Sozialreferat der ... die Verwirklichung des zweiten Bauabschnitts des sog. „... Trafo“, für den die Beklagte bereits am ... Februar 2011 eine Baugenehmigung erteilt hatte. Diese hatte das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Mai 2011 (Az. M 8 K 11.881) aufgehoben, da bei der Festsetzung der einzuhaltenden Lärmimmissionsrichtwerte von einem unzutreffenden (zu geringen) Schutzniveau ausgegangen worden war. Statt von einer Gemengelage zwischen einem Allgemeinen Wohngebiet und einem Mischgebiet auszugehen und einen Mittelwert zwischen den Immissionsrichtwerten beider Gebiete festzusetzen, war in der Baugenehmigung von einem Schutzniveau eines Mischgebiets ausgegangen worden. Zudem war im Urteil vom 23. Mai 2011 ein Abstandsflächenverstoß festgestellt worden.

Am 30. Juli 2012 beantragte das Sozialreferat der Beklagten nach Änderung der Planung erneut die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus mit 15 geförderten Wohnungen und einer Kinderkrippe sowie für ein kulturelles Bürgerhaus und eine Tiefgarage (... Trafo, 2. Bauabschnitt) auf den Grundstücken FlNr. ..., ..., ..., ... und ..., Gemarkung ... in der ...-straße und ...-str. 173 in ...

Nach den eingereichten Plänen sind zwei Bauteile vorgesehen. Im Norden soll entlang der an der ...-straße verlaufenden Baulinie als Bauteil 1 ein Wohnhaus mit Kinderkrippe und Tiefgarage errichtet werden. Die Länge entlang der Straße beträgt 29,35 m, die Tiefe 16,05 m. Das Gebäude weist sechs Vollgeschosse auf, davon ist das oberste als Terrassengeschoss zurückversetzt. Die Gebäudehöhe beträgt 14,74 m, einschließlich des Terrassengeschosses 17,67 m. Im nordöstlichen Gebäudebereich ist die Zufahrt zur Tiefgarage geplant. Der Bauteil 2 liegt ca. 9,73 m südlich des Bauteils 1. Er grenzt mit seiner Ostseite an das Bestandsgebäude ... Str. 171 (FlNr. ...) und mit dem östlichsten Teil seiner Nordwand an das Bestandsgebäude ... Str. 173 (FlNr. ...) an. In der West-Ostrichtung misst es 35,42 m, seine Nord-Süd-Breite beträgt 13,44 m, es hat zwei Geschosse bei einer Gesamthöhe von 7,5 m.

Nach dem Erläuterungsbericht zur Genehmigungsplanung vom ... Juni 2012 (Behördenakte S. 109) soll in Bauteil 1 im Erdgeschoß und 1. Obergeschoß eine Kinderkrippe mit vier Gruppen eingerichtet werden. Im 2. bis 5. Obergeschoß sollen 15 geförderte Wohnungen entstehen. Der Bauteil 2 wird als „Kulturelles Bürgerhaus“ bezeichnet, das im Erdgeschoß eine Versammlungsstätte aus Bürgersaal mit Foyer, ein Bistro mit Freischankfläche sowie Verwaltungsräume erhalten soll. Im 1. Obergeschoß sollen 4 Gruppenräume geschaffen werden, im Untergeschoß ist ein Musikübungsraum vorgesehen. Beide Gebäude werden auf einer Tiefgarage mit 55 Stellplätzen errichtet. Zwischen den beiden Bauteilen liegt ein Hof, über den sowohl der Zugang zu den Wohnungen wie die Anlieferungen für das Bürgerhaus erfolgen sollen. Für die öffentlichen Nutzungen im Bürgersaalgebäude ist die Erschließung über einen Fußweg im Süden (Grundstück FlNr. ...) in direkter Anbindung an die ... Straße und die dortige U-Bahn-Station vorgesehen.

Zusammen mit den Planungsunterlagen wurde eine im Auftrag der Beklagten erstellte Schallimmissionsprognose „Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen bei der benachbarten Bebauung durch das Bauvorhaben „... Trafo, 2. Bauabschnitt“ in ...“ vom 13. Juli 2012 vorgelegt: Dieses geht hinsichtlich der Einstufung der näheren Umgebung des Bauvorhabens entsprechend dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2011 davon aus, dass eine Gemengelage vorliegt und daher ein Immissionsrichtwert beansprucht werden könne, der einem Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und für ein Allgemeines Wohngebiet bilde. Bei den Immissionsorten wurde u. a. ein Punkt an der Fassade des klägerischen Grundstücks zur ...-straße (IO 7) ausgewählt. Die Untersuchung geht von dem Betriebskonzept des Betreibers des Bürgerhauses aus, wonach maximal 300 Besucher vorgesehen sind sowie ein Bistro mit ca. 40 Personen innen und 16 auf der Freischankfläche. Veranstaltungen sollen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr im Regelfall nur dann stattfinden, wenn die Geräuschentwicklung sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewege. Der Freibereich solle nur bis maximal 22 Uhr genutzt werden, Musikdarbietungen oder Veranstaltungen mit Verstärkern seien im Freibereich nicht zulässig. Für die Nutzung wurden fünf Szenarien erstellt. Szenario 1 - Geräusche während Veranstaltungen im Bürgersaal/Foyer/Bistro in der lautesten Nachtstunde; Szenario 2 - Geräusche nach Veranstaltungsende im Bürgersaal/Foyer/Bistro in der lautesten Nachtstunde; Szenario 3 - Geräusche während Veranstaltungen (z. B. bis 22.30 Uhr) und nach Veranstaltungsende im Bürgersaal/Foyer/Bistro in derselben lautesten Nachtstunde; Szenario 4 - Geräusche durch das geplante Bauvorhaben im Tageszeitraum; Szenario 5 - Geräusche während besonderer Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus, Beurteilung nach seltenen Ereignissen der TA Lärm zur lautesten Nachtstunde. Ergänzend wurde für alle Szenarien ein Nutzungsmodell hinsichtlich der Fahrbewegungen von Pkw in der geplanten Tiefgarage erstellt. Für die lauteste Nachtstunde wurde dabei angenommen, dass maximal 20 Pkw der Nichtanwohner aus der Tiefgarage ausfahren.

Für den Immissionsort am Klägergrundstück ...-Straße (IO 7) wurden für die Szenarien 1 bis 5 in Tabelle 10 und 11 des Gutachtens (S. 32 und 34) folgende Beurteilungspegel angegeben: Nach Tabelle 10 bzw. Anlage 4 des Gutachtens in der ungünstigsten Geschosslage maximal 41 dB(A) bzw. 41,2 dB(A) nach Anlage 4 für die Szenarien 1 bis 3 sowie 47 dB(A) und 44 dB(A) bzw. 46,5 dB(A) und 44,3 dB(A) nach Anlage 4 für die Szenarien 4 und 5. Die unterschiedlichen Werte resultieren offenbar daraus, dass die Werte in Tabelle 10 mathematisch auf- und abgerundet wurden. Als Immissionsrichtwerte könnten die umliegenden schützenswerten Nutzungen einen Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und ein Allgemeines Wohngebiet beanspruchen. Daher würden die Immissionsrichtwerte beider Gebietsarten aufgeführt, für die Nachtstunden 40/45 dB(A) und für den Tageszeitraum 55/60 dB(A) sowie für die besonderen Ereignisse 55 dB(A) nachts (vgl. Tabelle 10, S. 32). Der zu erwartende Maximalpegel am Immissionsort IO 7 sei für das Szenario 4 tagsüber 67 dB(A) bzw. 66,7 dB(A) nach Anlage 4.4, für das Szenario 1 nachts 60 dB(A) bzw. 60,3 dB(A) nach Anlage 4 des Gutachtens (vgl. Tabelle 11, S. 34 und Anlage 4 zum Gutachten).

In der Schallimmissionsprognose wurden verschiedene Schallschutzmaßnahmen für erforderlich gehalten. Durch organisatorische Maßnahmen sei sicherzustellen, dass sich im dem Bürgerhaus maximal 300 Personen aufhalten. Veranstaltungen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr müssten sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewegen, die Nutzung des Freibereichs sei bis maximal 22 Uhr möglich. Weitere organisatorische Maßnahmen betreffen Einschränkungen bei der Nutzung des Freibereichs, beim Anlieferverkehr und hinsichtlich des nächtlichen Verkehrs aus der Tiefgarage (maximal 20 Ausfahrten). Die Wände und die Decke der Zufahrt zur Tiefgarage seien einschließlich des Vordachs schallabsorbierend zu verkleiden. Die Außenbauteile des Bürgerhauses seien entsprechend der den Berechnungen zugrunde gelegten Schalldämm-Maßen auszuführen, die Fenster von Bürgersaal, Foyer und Bistro seien bei Veranstaltungen geschlossen zu halten. Bei regelmäßigen Veranstaltungen im Bürgersaal sei der Innenpegel auf 92 dB(A) zu begrenzen, bei Besonderen Veranstaltungen als seltenes Ereignis auf 102 dB(A).

Nach der Betriebsbeschreibung des Kindergartens vom 13. September 2012 werden 48 Kinder im Alter von 9 Wochen bis 3 Jahren in vier Gruppen betreut. Jede Gruppe habe einen eigenen Raum und zwei Fachkräfte. Im hauswirtschaftlichen Bereich sollen drei bis vier Personen arbeiten. Die Betriebszeit sei Montag bis Freitag von 6.30 bis 17.00 Uhr, die Bring- bzw. Abholzeiten 6.30 bis 9.30 Uhr sowie 15.00 bis 17.00 Uhr.

In einer Darstellung „Organisation der Tiefgarage“ vom 21. September 2012 wird erläutert, dass die Stellplätze durch Beschilderung den verschiedenen Nutzungsarten (1. Bauabschnitt, Wohnnutzung, Kinderkrippe und Bürgerhaus) eindeutig zugeordnet werden. Eine Zufahrtsschranke lasse nach 22.00 Uhr nur Wohnnutzer passieren, eine weitere Nachtschranke lasse für die Stellplätze der Nichtwohnnutzer (Alten- und Servicezentrum - ASZ, Stadtbibliothek, Volkshochschule - VHS, Geschichtswerkstatt und Kinderkrippe) nach 22.00 Uhr weder die Ein- noch die Ausfahrt zu. Nur die Nichtwohnnutzungs-Stellplätze des Bürgerhauses (Bürgersaal/Foyer, Gruppenräume und Bistro) würden auch im Nachtzeitraum nach 22.00 Uhr genutzt. Durch die geregelte Zufahrtsschranke (keine Einfahrt für Nichtwohnutzung nach 22.00 Uhr) und die geregelte interne Nachtschranke (keine Ausfahrt für die Stellplätze der Nichtwohnungsnutzung nach 22.00 Uhr) könnten maximal 20 Fahrzeuge der Nichtwohnnutzung (Bürgerhaus) nach 22.00 Uhr aus der Tiefgarage ausfahren.

Das Betriebskonzept für das kulturelle Bürgerhaus in der Fassung vom 21. September 2012 sieht vor, dass sich dort nach 22.00 Uhr maximal 300 Personen aufhalten. Im Bistro seien 32 Sitzplätze an Tischen und 8 an der Theke vorgesehen, bei 5 weiteren Personen als Reserve ergäbe sich eine Gesamtzahl von 45. Davon ausgehend würden für die übrigen Räume - Bürgersaal, Foyer, Gruppenräume, Musikübungsraum - 255 Personen verbleiben, wobei bei der Gesamtzahl das beschäftigte Personal mitgerechnet werde. Die Anzahl soll über Eintrittskarten oder Türsteher mit Klickzählern begrenzt werden. Im Nutzungsvertrag für das kulturelle Bürgerhaus werde der Innenpegel auf 92 dB(A) und bei besonderen Veranstaltungen auf 102 dB(A) begrenzt. Die Fenster seien bei Veranstaltungen geschlossen zu halten, die Lüftung erfolge über Lüftungsanlagen. Die Fenster seien absperrbar. Der Freibereich dürfe nur bis 22.00 Uhr genutzt werden, dasselbe gelte für die Freischankfläche des Bistro. Für den Eingangsbereich zum Bürgerhaus werde der Nutzungsvertrag vorsehen, dass durch eine Beschilderung die Nutzer zum ruhigen Verhalten nach 22.00 Uhr anzuhalten seien. Die fußläufige Verbindung zur ... Straße verlaufe ausschließlich über den südlichen Fußweg. Der Freibereich des Bürgersaales dürfe nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Saal, Foyer und Gruppenräumen genutzt werden, Musikdarbietungen und Veranstaltungen mit Verstärkern seien unzulässig. Die Nutzung sei nur bis maximal 22.00 Uhr zulässig. Der Anlieferverkehr sei außerhalb der Ruhezeiten nur zwischen 7:00 und 20:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 9:00 und 13:00 Uhr sowie 15:00 und 20:00 Uhr zulässig.

Mit Bescheid vom ... April 2013 erteilte die Beklagte ihrem Sozialreferat die beantragte Baugenehmigung für den „... Trafo“ 2. Bauabschnitt nach Plan-Nr. ... und Plan-Nr. ... als Sonderbau. Als Auflage wurde u. a. festgesetzt, dass insgesamt 55 Kfz-Stellplätze plangemäß in der Tiefgarage zu errichten seien, davon 27 aus dem genehmigten Vorhaben (Ziff. 1). Unter Ziffer 5 wurden folgende Auflagen zum Schutz der Nachbarn (Nutzungsbeschränkung aufgrund der Schallschutzprognose Nr. ...) angeordnet:

„a) Durch Beschränkung der Veranstaltungen nach Anzahl und Dauer und durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass sich in dem kulturellen Bürgerhaus (Bürgersaal, Foyer, Bistro und Gruppenräume) in der Zeit von 22 bis 6 Uhr maximal 300 Personen (Besucher + Personal) aufhalten bzw. nur noch maximal 300 Personen das Grundstück nach 22 Uhr verlassen.

b) Dabei ist sicherzustellen, dass im Regelfall Veranstaltungen in den Gruppenräumen parallel zu Veranstaltungen im Bürgersaal nach 22 Uhr nur dann stattfinden, sofern deren Geräuschentwicklung sich im Rahmen üblicher Kommunikationsgeräusche bewegt. In diesem Fall ist keine relevante Schallabstrahlung über die Außenbauteile zu erwarten. Die Anzahl von 300 Personen im gesamten kulturellen Bürgerhaus darf nicht überschritten werden.

c) Die Nutzung des Freibereichs des kulturellen Bürgerhauses sowie der Freischankfläche des Bistros ist nur bis maximal 22 Uhr zulässig. Die Nutzung des Freibereichs im Eingangsbereich zum kurzfristigen Aufenthalt z. B. durch Raucher ist möglich, die Besucher sollten dann angehalten werden, sich ruhig zu verhalten.

d) Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Besucher, die bei Veranstaltungsende das kulturelle Bürgerhaus verlassen, die fußläufige Beziehung über den Haupteingangsbereich zur ... Straße wählen.

e) Die Nutzung des Freibereichs des kulturellen Bürgerhauses am Tag ist, mit Ausnahme der Freischankfläche des Bistros, nur im Zusammenhang mit Veranstaltungen im Saal, Foyer und den Gruppenräumen zulässig. Musikdarbietungen oder Veranstaltungen mit Verstärkern in den Freibereichen sind nicht zulässig.

f) Anlieferverkehr ist ausschließlich auf den Tageszeitraum außerhalb der Ruhezeiten zwischen 7 und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 13 Uhr sowie 15 und 20 Uhr zu begrenzen.

g) Besondere Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus können an bis zu 10 Tagen oder Nächten im Jahr stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.3 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betreibstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und in den Freibereichen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaals für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern) ist zu unterlassen.

h) Durch organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass durch die Nutzung des kulturellen Bürgerhauses (Bürgersaal, Foyer, Bistro und Gruppenräume) in der Zeit von 22 - 6 Uhr maximal 20 Pkw über die Tiefgarage ausfahren.

i) Maßnahmen in der Tiefgarage

i 1) Über der Tiefgaragenöffnung ist ein Vordach von mindestens 1,5 m Tiefe vorzusehen.

i 2) Die Wände und die Decke der Tiefgaragenzufahrt sowie das Vordach sind schallabsorbierend zu verkleiden.“

Unter Ziffer 6 behielt sich die Beklagte vor, die Baugenehmigung aus Gründen des Lärmschutzes nachträglich durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu ändern oder zu ergänzen (Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG).

Der Hausverwaltung der Klägerin wurde eine Nachbarausfertigung der Baugenehmigung mit Postzustellungsurkunde am 19. April 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2013, am 17. Mai 2014 per Fax bei Gericht eingegangen, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und stellten den Antrag,

der Baugenehmigungsbescheid vom ...04.2013, Az.: ..., wird aufgehoben.

In der Klagebegründung vom 25. November 2013 führten sie aus, dass der Bescheid gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Die nähere Umgebung des klägerischen Gebäudes sei von wohngenutzten Gebäuden geprägt. Das Verwaltungsgericht München habe in seiner Entscheidung vom 23. Mai 2011 ausgeführt, dass das klägerische Grundstück zwar nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet zu liegen komme, jedoch das Schutzniveau eines solchen beanspruchen könne. Das Baugrundstück sei einer anderen Schutzniveaukategorie zuzuordnen und ein Mittelwert zu bilden. Für die Bildung dieses Mittelwertes sei auf Ziffer 6.7 Absatz 2 der TA Lärm zurückzugreifen. Danach stelle die TA Lärm für die Festlegung des Zwischenwertes maßgeblich auf den Immissionsort ab. Es sei die „Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes maßgeblich“, ebenso sei die „Prägung des Einwirkungsgebiets“ wesentlich. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2011 sei das Geviert, in dem das Klägeranwesen liegt, überwiegend von Wohnnutzung geprägt. Auch sei die Wohnnutzung wesentlich früher verwirklicht worden als die vorgesehene Nutzung des Vorhabens. Damit könne die Klägerin das Schutzniveau eines allgemeinen Wohngebietes für sich beanspruchen. Es seien demzufolge Immissionsrichtwerte von tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) mit Spitzenpegeln von 85 bzw. 60 dB(A) einzuhalten. Es seien jedoch weit höhere Beurteilungspegel zu erwarten. Die Annahmen über die Zu- und Abfahrten der Tiefgarage seien unrealistisch. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil in der Auflage 5 g) besondere Veranstaltungen für zulässig erklärt werden, ohne konkrete Immissionsrichtwerte festzusetzen. Auch für den Regelbetrieb seien die zu beachtenden Immissionsrichtwerte nicht festgeschrieben. Damit sei es weder für die Klägerin noch für den Betreiber ersichtlich, welches Schutzniveau einzuhalten sei. Die Baugenehmigung sei insoweit unbestimmt und ungenügend. Das gelte insbesondere im Hinblick auf die zugelassenen seltenen Ereignisse. Das Vorhaben sei auch deshalb rücksichtslos, weil der im öffentlichen Straßenraum abzuwickelnde und dem Vorhaben zuzurechnende Parksuchverkehr zu unzumutbaren Lärmeinwirkungen führe. Für den Bürgersaal seien 300 Besucher zugelassen, in der Tiefgarage stünden dafür nur 20 Stellplätze zur Verfügung. Bei einer Belegung mit zwei Personen je Pkw könnten so nur 13% der Besucher einen Stellplatz finden, die übrigen seien auf den öffentlichen Parkraum angewiesen und würden bei der Parkplatzsuche das klägerische Anwesen passieren. Schon ein einziger Parkvorgang vor dem Anwesen werde zur Überschreitung der zulässigen Richtwerte führen. Schließlich sei das Bauvorhaben überdimensioniert und füge sich nicht in die vorhandene Struktur ein. Ein Vorhaben dieser Größenordnung erfordere die nachprüfbare Abwägung der betroffenen Belange in einem Bebauungsplanverfahren. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2013 ergänzten die Bevollmächtigten ihre Ausführung durch die Vorlage einer schalltechnischen Überprüfung der Schallschutzprognose der Beklagten vom 13. Juli 2012. Danach könnten theoretisch mehr als die in der Schallschutzprognose angenommenen 21 Fahrtbewegungen nach 22 Uhr auftreten. Aber auch nach der Prognose ergäbe sich am klägerischen Anwesen ein Beurteilungspegel von 42 dB(A), der den nächtlichen Immissionsrichtwert von 40 dB(A) für ein allgemeines Wohngebiet deutlich überschreite. Weiter sei als Grenze der Zuordnung der Fahrzeuge zum Vorhabensgrundstück die Grenze zwischen Fußgängerweg und Fahrbahn anzusehen. Im Bereich des Fahrweges könnten Schallleistungspegel in Höhe von LWA,max = 92,5 dB(A) auftreten.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2014 wies die Beklagte darauf hin, dass sich im Gebäude ...-straße 4 die Nutzung geändert habe, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss befinde sich nun ein Architekturbüro, im 2. Obergeschoss ebenfalls ein Büro. Weiterhin mache man auf die Untersuchung zu den Nutzungen der umgebenden Bebauung vom 16. Mai 2012 aufmerksam.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 stellte die Beklagte den Antrag,

die Klage wird abgewiesen.

Es läge kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Die Klägerin könne nicht die Schutzbedürftigkeit eines Allgemeinen Wohngebietes geltend machen vielmehr sei nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes München im Urteil vom 23. Mai 2011 unter Ziffer 1.1 von einem Immissionsrichtwert auszugehen, der einen Mittelwert zwischen den Werten für ein Mischgebiet und für ein Allgemeines Wohngebiet bilde. Daher werde in dem Gutachten vom 13. Juli 2012 richtigerweise ein nächtlicher Beurteilungspegel von 41 dB(A) im Hinblick auf das klägerische Grundstück im Falle der Regelbeurteilung (Szenarien 1 bis 3) als zumutbar angesehen (S. 32). Dieser werde nicht überschritten. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass es zu einem höheren Beurteilungspegel kommen werde. Die in dem Gutachten berücksichtigten 21 Fahrbewegungen seien nicht zu beanstanden. Die Ermittlung der der Wohnnutzung zuzuordnenden Fahrbewegungen erfolge nach der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Die Fahrwege der Fahrzeuge auf öffentlichem Verkehrswegen seien ausreichend berücksichtigt. Die Auflage Ziffer 5 g) verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Nutzung bei besonderen Ereignissen sei in der Schallimmissionsprognose unter 4.1.2 für das Nutzungsszenario 5 definiert. Die Betriebstätigkeit des Regelfalls werde in den Szenarien 1 bis 4 definiert. Die Schallimmissionsprognose sowie das Betriebskonzept seien Bestandteil des Bescheids, ihnen könne im Ergebnis entnommen werden, dass das Vorhaben nachbarschützenden Vorschriften entspreche. Es läge auch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf den vorgetragenen Parkplatzsuchverkehr vor. Für das geplante Vorhaben bestehe eine außerordentlich gute Anbindung an U-Bahn, Bus und Straßenbahn. Eine Trambahnhaltestelle und eine U-Bahn-Station befänden sich in unmittelbarer Nähe. Daher sei davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Besucher diese Möglichkeiten nutze. Das Bürgerhaus wende sich laut Betriebsbeschreibung an Besucher aus der örtlichen Bevölkerung, diese könnten das Bürgerhaus auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. Es sei daher nicht zu erwarten, dass ein größerer Teil der Besucher mit dem Pkw kommen werde.

Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2014 bestritten die Bevollmächtigten der Klägerin, dass sich relevante tatsächliche Änderungen im näheren Umgriff des Vorhabens ergeben hätten. Die Umgebung des klägerischen Anwesens entspreche vielmehr einem reinen Wohngebiet. Mit Schriftsatz vom 14. August 2014 bestritten sie die Auffassung der Beklagten, dass eine Anreise von Besuchern des Bürgersaals fast ausschließlich mit dem öffentlichen Nahverkehr erfolgen werde. Dies werde vor allem in den Abend- und Nachtstunden nicht zutreffen. Mit Schriftsatz vom 15. September 2014 legten sie eine erste Einschätzung des von der Klägerin beauftragten Lärmschutzgutachters vor. Danach sei unter Zugrundelegung der Geschossflächen mit einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von 235 Fahrten pro Tag durch das Vorhaben zu rechnen, davon 63 in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr. Dafür seien 50 Stellplätze erforderlich, weniger als die Hälfte seien vorgesehen. Ein erhöhter Parkplatzsuchverkehr durch die geplanten Nutzungen sei nicht auszuschließen.

Unter dem Eingangsdatum des 10. November 2014 stellte das Sozialreferat der Beklagten einen Änderungsantrag zur Baugenehmigung vom ... April 2013. Dabei ging es im Wesentlichen um die Absenkung der Höhe des Daches des zurückversetzten Terrassengeschosses von Bauteil 1.

Mit Bescheid vom ... Dezember 2014 erteilte die Beklagte die beantragte Änderungsgenehmigung nach Pl.Nr. ... in Abänderung der Baugenehmigung vom ... April 2013 als Sonderbau - hier: Absenkung des 5. Staffelgeschosses im Bauteil 1, Tektur zu ...

Die Nutzungsbeschreibungen und die Nutzungsbeschränkungen vom 21.09.2012 (eingegangen am 24.09.2012) nach Nr. ... für das kulturelle Bürgerhaus und für die Organisation der Tiefgarage (Ausfahrt von maximal 20 Pkw nach 22 Uhr) und die Schallschutzprognose vom 13.07.2012 nach Nr. ... seien Bestandteil der Genehmigung. Folgende Auflagen seien zu beachten:

„1. Die Auflagen, Bedingungen, Befreiungen, Abweichungen und Ausnahmen des Genehmigungsbescheides vom ...04.2013 mit Ausnahme der Ziff. 5g gelten weiter.

2. Besondere Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus können an bis zu 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.2 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betriebstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und den Freibereichen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaales für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagesfeiern) ist zu unterlassen.“

Eine Nachbarausfertigung des Bescheids vom ... Dezember 2014 wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 20. Dezember 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015 bezogen die Bevollmächtigten der Klägerin den Bescheid vom ... Dezember 2014 in das Verfahren ein und beantragten nunmehr,

die Baugenehmigung vom ...12.2014, Tektur zu ..., wird aufgehoben.

Hilfsweise:

Die Baugenehmigung vom ...04.2013 in der Fassung vom ...12.2014 wird aufgehoben.

Auf die Klagebegründung vom 25. November 2013 werde verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 20. April 2015 ergänzte die Beklagte die streitgegenständliche Baugenehmigung dahingehend, dass am Standort „I0 7“ - ...-Str. 5 tagsüber ein Immissionsrichtwert von 57 dB(A) und nachts ein Wert von 42 dB(A) einzuhalten ist. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Zu den seltenen Ereignissen wurde ergänzend zu Protokoll gegeben, dass es sich bei den besonderen Veranstaltungen beispielsweise um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handle, die nachts - auch nach 22.00 Uhr - stattfinden, aber nicht mehr als 50 Personen im Außenbereich zulassen. Die Klägerbevollmächtigten stellten den Antrag aus dem Schriftsatz vom 12. Januar 2015, mit der Maßgabe, dass die Änderungen, soweit sie zu Protokoll erklärt worden seien - in das Verfahren miteinbezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten, insbesondere auf das Lärmschutzgutachten vom 13. Juli 2012 sowie auf das zwischen den Parteien rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 (M 8 K 11.881) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. April 2015 sowie die Niederschrift über den Augenschein und die mündliche Verhandlung im Verfahren M 8 K 11.881 vom 23. Mai 2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet, da die streitgegenständliche Baugenehmigung vom ... April 2013 in Gestalt der Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 rechtswidrig ist und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Dritte können sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.1969 - IV C 234.65 - BayVBl 1969, 390 - juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BayVBl 1977, 639 - juris Rn. 25; BVerwG, U. v. 19.9.1986 - 4 C 8/84 - BayVBl 1987, 151- juris Rn. 9; BVerwG, U. v. 26.9.1991 - 4 C 5/87 - BVerwGE 89, 69 - juris Rn. 18) gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B. v. 26.07.2011 - 14 CS 11.535 - juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

2. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 6, 7 a, 12 BayBO), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört. Das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung in ihrer konkreten Fassung zugelassene Bauvorhaben verstößt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gegen das Rücksichtnahmegebot und damit drittschützende Rechte der Klägerin, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 60 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1 Dabei kann offen bleiben, ob das Rücksichtnahmegebot vorliegend aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder aber dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB zu entnehmen ist, da seine Anforderungen in beiden Fällen inhaltlich identisch sind.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder dessen Umgebung unzumutbar sind. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO stellt eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots dar und ergänzt insoweit die §§ 2 bis 14 BauNVO, was nicht nur für durch einen Bebauungsplan festgesetzte Baugebiete gilt, sondern auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (vgl. BVerwG, B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08 - ZfBR 2009, 376 - juris Rn. 4).

Liegt kein faktisches Baugebiet vor, ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, das im Begriff des sich Einfügens eines Vorhabens in die nähere Umgebung enthalten ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10). Im Hinblick auf die gebotene Rücksichtnahme gilt dabei bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB nichts anderes als im Rahmen von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO (vgl. BVerwG, U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 12).

2.2 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 20; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 - NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22).

2.3. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (vgl. BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 17). Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen, die das immissionsschutzrechtlich zulässige Maß nicht überschreiten, begründen keine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots, das insoweit keinen andersartigen oder weitergehenden Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U. v. 30.9.1983 - 4 C 74/78 - juris Rn. 11/14). Nach § 5 Nr. 1 BImSchG sind Anlagen so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

Normkonkretisierende Richtwerte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm enthält grundsätzlich die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 26. August 1998 (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm, GMBl. 1998 S. 503). Nach dem zwischen der Klägerin und der Beklagten rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 findet die TA Lärm für das streitgegenständliche Vorhaben Anwendung (vgl. VG München, U. v. 23.5.2011 - M 8 K 11.881 - juris Rn. 41). Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA Lärm nur insoweit Raum, als es insbesondere durch Kann-Vorschriften (z. B. Nr. 6.5 Satz 3 und Nr. 7.2) und Bewertungsspannen (z. B. A.2.5.3) Spielräume eröffnet (vgl. BVerwG, U. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 - juris Rn. 12; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 18). Diese Bindungswirkung besteht in gleicher Weise bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze in Nachbarkonflikten, wie sie das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot fordert. Denn das Bundesimmissionsschutzrecht und damit auch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm legen die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 - BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 19).

2.4. Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15 - juris Rn. 11; U. v. 24.6.1971 - I C 39.67 - BVerwGE 38, 209 - juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl 2003, 503 - juris Rn. 53 - 61; B. v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2305 - juris Rn. 31).

Das Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Nachbarrechte werden bereits dann verletzt, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U. v. 8.8.2000 - 26 B 96.1956 - juris Rn. 42). Dies bedeutet für die streitgegenständliche Baugenehmigung, dass es nicht ausreichend ist, die genehmigte Nutzung durch Auflagen einzuschränken, sondern dass vielmehr konkrete Immissionsrichtwerte festzusetzen sind (vgl. BayVGH, U. v. 24.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 35).

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist daher ohne entsprechende Immissionsrichtwerte im Hinblick auf den auf der Hand liegenden Immissionskonflikt, insbesondere für die Nutzung des Bürgerhauses rechtswidrig und verletzt den betroffenen Nachbarn gegenüber das Gebot der Rücksichtnahme.

2.4.1 Die Beklagte hat das Defizit der fehlenden Festsetzung von Immissionsrichtwerten als Grenzwerte auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 zu Protokoll erklärte Ergänzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung behoben bzw. geheilt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015 die streitgegenständliche Baugenehmigung dahingehend ergänzt, dass am Standort „I0 7“ (...-Str. 5) tagsüber ein Immissionsrichtwert von 57 dB(A) und nachts ein Wert von 42 dB(A) einzuhalten ist. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tag um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Nach dem zwischen den Parteien rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 kann die Klägerin als Schutzniveau für ihr Grundstück einen Immissionsrichtwert beanspruchen, der einen Mittelwert zwischen dem für ein Allgemeines Wohngebiet und dem für ein Mischgebiet geltenden Immissionsrichtwert bildet (vgl. VG München, U. v. 23.5.2011 - M 8 K 11.881 - juris Rn. 76). Danach ist wegen des städtebaulichen Konflikts in der vorliegenden Gemengelage mit aufeinanderprallenden unterschiedlichen Nutzungen im Rahmen des Rücksichtnahmegebots eine Art Mittelwert zu bilden. Insoweit ist jedoch schon fraglich, ob die nachträgliche Festsetzung der Immissionsrichtwerte den Anforderungen einer Mittelwertbildung genügt (vgl. nachfolgend unter 2.4.2). Hinzu kommt, dass für die zugelassenen seltenen Ereignisse nach wie vor die Festsetzung der hier zu beachtenden Immissionsrichtwerte fehlt (vgl. nachfolgend unter 2.5).

2.4.2 Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung handelt es sich bei einem Mittelwert nicht lediglich um das arithmetische Mittel zweier Richtwerte, sondern um einen „Zwischenwert“ für die Bestimmung der Zumutbarkeit, die sich nach tatsächlichen, von der Würdigung konkreter Begebenheiten des Einzelfalls abhängender Faktoren beurteilt (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32). Bei einem solchermaßen zu gewinnenden Mittelwert müssen zur Bestimmung der Zumutbarkeit zudem die Ortsüblichkeit und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei insbesondere auch die Priorität der entgegenstehenden Nutzung von Bedeutung ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32; BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24.07 - juris Rn. 4). Wesentliches Kriterium für die Höhe des Zwischenwertes und damit für die konkrete Schutzbedürftigkeit eines zum Wohnen dienenden Grundstücks ist, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht worden ist. Ob der emittierende Betrieb an das dem Wohnen dienende Gebiet herangerückt ist oder ob sich das zum Wohnen dienende Gebiet - umgekehrt - in Richtung auf den emittierenden Betrieb ausgeweitet hat (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - juris Rn. 32; BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 7 B 24/07 - juris Rn. 4).

Dieser von der Beklagten nach den oben dargestellten Kriterien zu bildende Mittelwert muss daher die Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid und aus den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht München am 20. April 2015 ist nicht ersichtlich, ob die Beklagte die nachträglich festgesetzten Mittelwerte lediglich deshalb herangezogen hat, weil diese Lärmrichtwerte nach der vorgelegten Schallschutzprognose Nr. 2012-18285 vom 13. Juli 2012 für den Normalbetreib sowohl tags wie auch nachts in den vier untersuchten Szenarien des Regelbetriebs - auch unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Geräuschpegel für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen am klägerischen Anwesen eingehalten werden, oder ob die festgesetzten Mittelwerte von der Beklagten unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und des Rücksichtnahmegebots auf Grundlage einer umfassenden Abwägung gewählt wurden.

Das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. Mai 2011 - M 8 K 11.881 führt zur umliegenden Umgebung aus, dass das klägerische Grundstück im Geviert ...-Straße/...-straße/... Straße/...-straße liegt und es weder als Mischgebiet noch als allgemeines oder gar reines Wohngebiet angesehen werden könne, sondern vielmehr eine Gemengelage vorliege. Allerdings weise diese Gemengelage einen relativ hohen Wohnanteil auf. Der Schwerpunkt der gewerblichen und der freiberuflichen Nutzung liege im nordöstlichen Bereich des Quartiers, wohingegen entlang der ...-straße im Süden und der ...-Straße im Westen das Wohnen dominiere (vgl. VG München, M 8 K 11.881 - juris Rn. 54). Insoweit erscheint es nach Auffassung der Kammer naheliegend, dass der von der Beklagten zu bildende Mittelwert sich stärker an den Immissionsrichtwerten orientiert, die nach Nr. 6.1 und 6.2 der TA Lärm für ein allgemeines Wohngebiet gelten. Die Beklagte hat zwar insoweit im Schreiben vom 15. Juli 2014 geltend gemacht, dass sich im Gebäude ...-straße 4 die Nutzung geändert habe, im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss befinde sich nun ein Architekturbüro, im 2. Obergeschoss ebenfalls ein Büro. Angesichts des Fehlens einer nachvollziehbaren, auf einer umfassenden Abwägung beruhenden Mittelwertbildung kommt es darauf für die vorliegende Entscheidung nicht an. Dies kann jedoch - sofern die Nutzungsänderung tatsächlich erfolgt ist - bei der von der Beklagten voraussichtlich erfolgenden Neuverbescheidung und der hierbei von ihr festzusetzenden Mittelwerte berücksichtigt werden. Für die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des festzusetzenden Mittelwerts auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung erachtet das Gericht insoweit Ausführungen zur vorzunehmenden Mittelwertbildung - gegebenenfalls unter fachkundiger Beratung eines Lärmschutzgutachters - nicht nur für sinnvoll, sondern für notwendig.

2.5 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist zudem im Hinblick auf die Festsetzungen zu den sog. „seltenen Ereignissen“ rechtswidrig. Es wurden zum einen keine verbindlichen Lärmrichtwerte bei seltenen Ereignissen festgesetzt, zum anderen weist das von der Beklagten vorgelegte Lärmschutzgutachten, das Gegenstand der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist, Widersprüchlichkeiten hinsichtlich der prognostizierten Lärmrichtwerte bei seltenen Ereignissen auf, und schließlich ist weder für den Betreiber der Anlage noch für die betroffenen Nachbarn eindeutig ersichtlich, wann ein seltenes Ereignis i. S. v. Nr. 7.2 der TA Lärm vorliegt und wann es sich lediglich um Schwankungen im Normalbetrieb handelt. Ziffer 2 des Bescheids vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 verletzt daher in Bezug auf die Regelung von „Besonderen Veranstaltungen“ im kulturellen Bürgerhaus das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist insoweit inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und verstößt daher gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 VwVfG. Eine Baugenehmigung ist nur dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn sie Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lässt. Der Bauherr muss die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Diese Forderung hat gerade bei Veranstaltungsstätten besondere Bedeutung, bei denen die konkrete Betriebsgestaltung hinreichend klar in der Baugenehmigung festzulegen ist. Zu unbestimmt ist daher eine Baugenehmigung, wenn sie unter Einbeziehung der genehmigten Bauvorlagen das Vorhaben nicht ausreichend beschreibt und sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale bezieht, deren Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen (vgl. OVG NRW, U. v. 16.12.2014 - 7 A 2623/13 - juris Rn. 33).

Insbesondere muss eine Baugenehmigung sicherstellen, dass durch die beantragte Nutzung keine Lärmimmissionen hervorgerufen werden, die nach dem Gebot der Rücksichtnahme unzumutbar wären; sie muss die mit Rücksicht auf schutzwürdige nachbarschaftliche Belange gegebenenfalls erforderlichen Beschränkungen selbst klar und im sachlich gebotenen Umfang regeln. Es ist gerade Sinn und Zweck des Baugenehmigungsverfahrens, vor Ausführung des Vorhabens Verletzungen von Nachbarrechten verbindlich und verlässlich auszuschließen und deren Behebung nicht ungewissen und unbestimmten Verfahrensweisen in der Zukunft oder einem begleitenden Verwaltungsvollzug zu überlassen (vgl. BVerwG, B. v. 14.06.2011 - 4 B 3/11 - juris Rn. 6/10). Die Sicherung von Nachbarrechten bei einem Vorhaben, dessen Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, erfordert, dass Nutzungsmöglichkeiten des Vorhabens unter Umständen durch konkrete Regelungen beschränkt und maßgebliche Immissionsrichtwerte oder Beurteilungspegel als Grenzwerte bereits in der Baugenehmigung festgelegt werden (vgl. BayVGH, U. v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 35).

2.5.1 Nach Ziffer 2 des Änderungsbescheids vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 können im kulturellen Bürgerhaus an bis zu 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden besondere Veranstaltungen stattfinden, sofern sie als seltenes Ereignis nach Abschnitt 7.2 der TA Lärm beurteilt werden können. In diesem Fall kann eine erhöhte Betreibstätigkeit mit erhöhten Geräuschemissionen im kulturellen Bürgerhaus und den Freiflächen zugelassen werden. Die Vermietung des Bürgersaals für private Feste (z. B. Hochzeiten, Geburtstagsfeiern) ist zu unterlassen. In der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 ergänzte der Vertreter der Beklagten Ziffer 2 des Änderungsbescheids dahingehend, dass es sich bei besonderen Veranstaltungen beispielsweise um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handle, die nachts - auch nach 22.00 Uhr - stattfinden, aber nicht mehr als 50 Personen im Außenbereich zulassen. Nach der Schallschutzprognose vom 13. Juli 2012, die zum Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung gemacht wurde, wurde bei besonderen Veranstaltungen (Beurteilung als seltenes Ereignis der TA Lärm) im Bürgersaal ein Innenpegel L = 102 dB(A) angesetzt (S. 41 und 27 des Gutachtens). Dabei wurde angenommen, dass sich bei besonderen Veranstaltungen im Nachtzeitraum 50 Personen in den Freibereichen westlich und südlich des kulturellen Bürgerhauses aufhalten und ein gegenüber den Szenarien 1 bis 4 erhöhter Emissionsansatz von Lw = 70 dB(A) (= Schalleistung für 1 Person bei Sprechen gehoben) gewählt (S. 22 des Gutachtens). Für die lauteste Nachstunde werde für Szenario 5 (besondere Veranstaltung) ein bestimmter Betriebsgang zugrunde gelegt (S. 18 des Gutachtens), der u. a. davon ausgeht, dass sich durchgehend 50 Personen im Freibereich des Bürgersaals aufhalten. Unter Ziffer 4.1.2 des Gutachtens (vgl. S. 13) wird Szenario 5 (Besondere Veranstaltungen, lauteste Nachtstunde), Beurteilung nach „seltenen Ereignissen“ als „Geräusche während besonderen Veranstaltungen im kulturellen Bürgerhaus, Beurteilung nach seltenen Ereignissen der TA Lärm, lautestes Nachtstunde“ definiert. Eine weitergehende Bestimmung bzw. Definition der besonderen Ereignisse findet sich im Übrigen weder in der Baugenehmigung noch im Lärmschutzgutachten.

2.5.2 Nach Nr. 7.2 TA Lärm kann eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der Nrn. 6.1 und 6.2 TA Lärm zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betreib der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1. und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Dabei ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Dauer und der Zeiten der Überschreitungen, der Häufigkeit der Überschreitungen durch verschiedene Betreiber insgesamt sowie von Minderungsmöglichkeiten durch organisatorische und betriebliche Maßnahmen zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Nachbarschaft eine höhere als die nach den Nummern 6.1 und 6.2 zulässige Belastung zugemutet werden kann (Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm). Als äußerste Grenze sind gemäß Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 3 TA Lärm die (besonderen) Richtwerte gemäß Nr. 6.3 für seltene Ereignisse zu beachten (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 93). Dementsprechend ist bei der Zulassung seltener Ereignisse ein entsprechender Lärmrichtwert in der Baugenehmigung festzusetzen.

In der streitgegenständlichen Baugenehmigung sind für die zugelassenen seltenen Ereignisse keine Lärmrichtwerte festgesetzt. Auch das Lärmschutzgutachten vom 13. Juli 2012 sieht keine konkreten Lärmrichtwerte für seltene Ereignisse vor. In Tabelle 10 auf S. 32 des Gutachtens wird lediglich für das Szenario 5 als Immissionsrichtwert 55 dB(A) aufgeführt. Tabelle 11 auf S. 34 des Gutachtens enthält keine Angaben zu einzelnen kurzzeitigen Geräuschspitzen bei seltenen Ereignissen. Da nach Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm im Einzelfall zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang der Nachbarschaft eine höhere als die nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zulässige Belastung zugemutet werden kann, ist eine Festsetzung von Lärmrichtwerten bei seltenen Ereignissen erforderlich. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob bei einer fehlenden Festsetzung unmittelbar auf die Regelungen der TA Lärm zurückgegriffen werden kann, da im Bescheid nicht auf die TA Lärm verwiesen wird und zudem von einem ausreichenden Nachbarschutz nicht auszugehen ist, wenn die betroffenen Nachbarn zunächst vergeblich im streitgegenständlichen Bescheid nach konkreten Lärmrichtwerten suchen und nachdem sie auch in dem über 40seitigen Lärmschutzgutachten (mit über 54 Seiten Anhang), das Bestandteil der streitgegenständlichen Baugenehmigung ist, ebenfalls keine konkreten Lärmrichtwertfestsetzung für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen finden konnten, schließlich auf die Regelung der TA Lärm verwiesen werden.

Darüber hinaus ist das vorgelegte Lärmschutzgutachten hinsichtlich der prognostizierten Lärmwerte bei seltenen Ereignissen teilweise widersprüchlich. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Beklagten ausgeführt, dass bei Szenario 5 (seltene Ereignisse) ein unrichtiger und zu hoher Spitzenpegelwert von 115 dB(A) statt 90 dB(A) angesetzt worden sei, so dass die prognostizierten Spitzenwerte in Anlage 5.5. auf Seite 3 falsch bzw. zu hoch seien.

Demgegenüber findet sich im Gutachten bei der „Beurteilung der Ergebnisse“ zu den kurzzeitigen Geräuschspitzen im Nachtzeitraum die Aussage, dass an den Immissionsorten der bestehenden schutzwerten Gebäude die auftretenden Spitzenpegel bei maximal 61 dB(A) liegen (vgl. S. 37 des Gutachtens), was nicht mit den in der Anlage 5.5 enthaltene Einzelwerten korrespondiert.

Diese Fehler und Widersprüche wecken Zweifel hinsichtlich der Zuverlässigkeit der prognostizierten Maximalpegel bei seltenen Ereignissen. Bedenken bestehen auch insoweit, als im Gutachten offenbar die einzelnen ermittelten Lärmwerte bei der Übertragung aus dem Anhang in den Hauptteil des Gutachtens gerundet wurden (vgl. die Tabellen 10 und 11 auf S. 32 und 34 gegenüber den Einzelwerten in Anlage 4), obwohl im Bereich der TA Lärm eine mathematische Rundung mangels Rundungsregelung nicht zulässig ist (vgl. VG München, U. v. 17.4.2012 - M 1 K 11.6078 - juris Rn. 29). Wegen der notwendigen, aber fehlenden Festsetzung von Immissionsrichtwerten für die zugelassenen seltenen Ereignisse können diese Zweifel aber dahinstehen, da die Baugenehmigung bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben ist.

2.5.3 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist auch deshalb rechtswidrig, da in der Baugenehmigung Art und Zahl der seltenen Ereignisse konkret festzusetzen sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.06.2011 - 4 B 3/11 - juris Rn. 6 und 10), und eine entsprechende Festsetzung fehlt.

Ein seltenes Ereignis muss ein besonderes, vom regulären Betrieb abweichendes Ereignis sein, das gegenüber dem „Normalbetrieb“ eine eigenständige Bedeutung hat (vgl. BayVGH, U. v. 24.08.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405 - juris Rn. 33). Bloße Schwankungen innerhalb des Normalbetriebs der Anlage, die bei wertender Betrachtung nicht als außergewöhnlicher Betriebszustand angesehen werden können, stellen keine seltenen Ereignisse im Sinn von Nr. 7.2 TA Lärm dar (vgl. OVG Münster, Urt. v. 15.05.2013 - 2 A 3010/11, NVwZ-RR 2013, 951 - juris Rn. 56). Ferner muss aus der Baugenehmigung selbst ersichtlich sein, wie die zahlenmäßige Begrenzung auf zehn Ereignisse an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden durchgesetzt werden soll (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95).

Nach der in der Baugenehmigung und dem Lärmschutzgutachten enthaltenen Beschreibung der seltenen Ereignisse muss die Klägerin an sich jederzeit damit rechnen, dass Veranstaltungen stattfinden, die wegen ihrer besonderen Lautstärke nur ausnahmsweise zulässig sind. Denn schon nach der Planung haben deutlich mehr als 10 Veranstaltungen das Potential, seltene Ereignisse zu sein, zumal der Bürgersaal für 300 Personen ausgelegt ist. Nach den getroffenen Festlegungen zu den seltenen Ereignissen in der Baugenehmigung und im Lärmschutzgutachten ist nicht anhand objektiver, nachprüfbarer Kriterien erkennbar, ob eine Veranstaltung, die für normale Veranstaltungen festgelegten Richtwerte einhält oder überschreitet und damit ungeplant zu einem seltenen Ereignis wird. Das würde bedeuten, dass bei jeder in die Nachtzeit hinreichenden Veranstaltung erst während der Veranstaltung festgestellt werden könnte (wohl durch Messung), ob der am 20. April 2015 in der mündlichen Verhandlung festgesetzte Nachtrichtwert für den Normalbetrieb am klägerischen Anwesen überschritten wird und die Veranstaltung aus diesem Grund auf das Kontingent der „seltenen Ereignisse“ anzurechnen ist. Abgesehen davon, dass die Baugenehmigung eine Nebenbestimmung, die dies vorschreibt, nicht enthält, ist es offensichtlich, dass eine solche Regelung nicht praktikabel wäre (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95). Zudem stellt die Baugenehmigung nicht hinreichend sicher, dass es nicht zu mehr als 10 seltenen Ereignissen kommt. Die dort getroffenen Regelungen sind unklar und auch ungeeignet, da nach diesen Regelungen nicht vorhersehbar ist, ob es sich um eine Veranstaltung im „Normalbetrieb“ handelt oder um ein seltenes Ereignis. Darüber hinaus wäre im Hinblick auf die Beschränkung und Kontingentierung auf maximal 10 seltene Ereignisse im Jahr eine „Buchführung“ erforderlich (vgl. BayVGH, B. v. 01.02.2006 - 1 CE 04.734 und 1 CE 041 CE 04.791 - juris Rn. 95). Ob die Voraussetzungen der Ziffer 2 der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 vorliegen und die jeweilige Veranstaltung aus diesem Grund auf das Kontingent der „seltenen Ereignisse“ anzurechnen ist, lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit im Voraus feststellen. Zwar ist geregelt, dass es sich um Faschingsfeiern, Sommerfeste, etc. handeln soll und sich im Freibereich nach 22.00 Uhr nicht mehr als 50 Personen aufhalten dürfen. Es ist aber weder geregelt, welche weiteren Veranstaltungen ein seltenes Ereignis darstellen, noch sind Maßnahmen festgelegt, die sicherstellen, dass sich im Freibereich nach 22.00 Uhr trotz der zwei getrennten Ausgänge, nicht mehr als 50 Personen aufhalten.

Darüber hinaus ist es der Klägerin nicht möglich festzustellen, ob die in 7.2 TA Lärm enthaltene Regelung, wonach seltene Ereignisse nicht an mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, eingehalten wird.

Ohne hinreichend bestimmte Regelung in der Baugenehmigung ist es daher für die Klägerin weder vorhersehbar, ob es sich bei einer Veranstaltung um ein seltenes Ereignis im Sinn von 7.2 TA Lärm handelt, bei dem höhere Lärmimmissionen von den Nachbarn hinzunehmen sind, noch, welche konkreten Lärmimmissionen im Falle eines seltenen Ereignisses den Nachbarn zumutbar sind. Ferner kann die Klägerin nicht nachprüfen, ob das Kontingent von 10 seltenen Ereignissen und die Wochenendregelung bereits ausgeschöpft sind, und sie deshalb kein weiteres seltenes Ereignis (an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden) mehr hinnehmen muss. Auch der Betreiber muss wissen, welche Nutzungsarten noch vom Genehmigungsumfang gedeckt sind, ohne Nachbarrechte zu verletzen.

Da die in der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassenen zehn seltenen Ereignisse anders als etwa in der Baugenehmigung vom ... Februar 2011 ihrem Charakter nach nicht hinreichend bestimmt umrissen sind und weitere konkrete objektive Kriterien, die die Einordnung einer Veranstaltung als „seltenes Ereignis“ im Voraus ermöglichen und für alle Beteiligten nachprüfbar gestalten, fehlen, ist im Hinblick auf die ausnahmsweise Zulassung seltener Ereignisse ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht gewährleistet. Die Regelung über die seltenen Ereignisse ist so, wie sie im Bescheid vom ... Dezember 2014 mit den Änderungen vom 20. April 2015 getroffen wurde, nicht praktikabel, weil nicht festgestellt werden kann, welche Veranstaltungen auf das Kontingent der seltenen Ereignisse anzurechnen sind (vgl. BayVGH, U. v. 18.07.2002 - 1 B 98.2945 - BayVBl 2003, 503 - juris Rn. 63).

Dass für die Durchführung bestimmter größerer Veranstaltungen, die als seltenes Ereignisse einzustufen sind, unter Umständen zusätzlich eine eigene gaststättenrechtliche oder sicherheitsrechtliche Genehmigung einzuholen ist, ist von der bauplanungsrechtlichen Beurteilung zu unterscheiden und führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn soweit die Lärmbeeinträchtigungen aufgrund der Baugenehmigung dem Vorhaben zuzurechnen sind, muss durch die Baugenehmigung selbst sichergestellt werden, dass Verletzungen des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen werden (vgl. BayVGH, U. v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 37).

Da die streitgegenständliche Baugenehmigung schon im Hinblick auf die notwendige Mittelwertbildung sowie die unzureichenden Immissionsrichtwerte hinsichtlich seltener Ereignisse sich als rechtswidrig darstellt und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, kommt es auf die weiteren von der Klägerin gerügten rechtlichen Defizite nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.500- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 17. August 2015 mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Antragsteller. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.


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(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.