Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 09. Okt. 2014 - 2 K 2013/12

bei uns veröffentlicht am09.10.2014

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu vier Fünfteln und die Beklagte zu einem Fünftel.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen in einem Hochschulstudium sowie gegen die zugrundeliegende Bewertung einer Hausarbeit und begehrt die Fortsetzung eines Studiums an der Hochschule der Beklagten.

2

Der Kläger stand seit 2005 bis zum 30. Juni 2013 als Soldat auf Zeit im Dienst der Beklagten, zuletzt als Oberleutnant. Seit dem 1. Oktober 2008 studierte er an der von der Beklagten eingerichteten Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (HSU) im Bachelor-Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft.

3

Nachdem der Kläger zu zwei vorangegangenen Abgabeterminen keine Prüfungsleistung abgegeben hatte, legte er am 17. Oktober 2010 im dritten Prüfungsversuch im Seminar „H.“ des in die Bachelorprüfung eingeschlossenen Moduls „G.“ die Hausarbeit „F.“ vor.

4

Die Dozentin und betreuende Prüferin Dr. I. teilte dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses Bildungs- und Erziehungswissenschaft der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften, dem Zeugen Prof. B., mit E-Mail vom 4. November 2010 mit:

5

„leider habe ich bei der Korrektur einer Hausarbeit erneut ein Plagiat feststellen müssen. […]
Zudem ist die Arbeit inhaltlich eher schwach, wissenschaftliche Quellen fehlen an vielen Stellen, viele Behauptungen werden nicht belegt. Sowohl A., die die Arbeit gelesen hat, als auch ich sehen sie an der unter Leistungsgrenze.
Ich werde die Arbeit daher mit fünf bewerten. Ich bin noch unsicher, ob ich sie auch im CMS als Täuschungsversuch markiere. […]“

6

In dem für Hochschulangehörige zugänglichen elektronischen Campus-Management-System (CMS) wurde am 4. November 2010 auf Veranlassung der Prüferin die für die Note „nicht ausreichend“ stehende Bewertung „5,0“ eingetragen ohne das für einen Täuschungsversuch stehende Kürzel „TV“. Nach einem Gespräch mit dem Kläger am 9. November 2010 und einem Schreiben des Klägers vom 10. November 2010, in dem er sich gegen den Vorwurf eines Täuschungsversuchs zur Wehr setzte, wurde auf Veranlassung des Zeugen als Vorsitzenden des Prüfungsausschusses am 9. Dezember 2010 die für die Note „ausreichend“ stehende Bewertung „4,0“ eingetragen. Auf Veranlassung der Prüferin wurde am 11. November 2010 der Eintrag im CMS auf „5,0/TV“ geändert.

7

Das Prüfungsamt der HSU teilte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2011 mit:

8

„ich muss Sie leider darüber in Kenntnis setzen, dass Sie die Bachelorprüfung im Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft am 08. Oktober 2010, dem Zeitpunkt Ihrer zweiten Wiederholung der Modulprüfung ‚G.‘ endgültig nicht bestanden haben.
[…]
Sie erhalten in Kürze vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einen entsprechenden Bescheid über das Nichtbestehen der Bachelorprüfung. Zuvor gebe ich Ihnen Gelegenheit, sich binnen einer Woche nach Erhalt dieses Schreibens zu dieser Angelegenheit gegenüber dem Prüfungsamt zu äußern (§ 9 Abs. 8 SPO BuErz).“

9

Am 12. Januar 2011 wurde der Eintrag im CMS auf Veranlassung des Zeugen auf „4,0“ geändert und das Anhörungsschreiben als ungültig bezeichnet.

10

Nachdem die Prüferin am 31. Januar 2011 um eine Überprüfung der Entscheidung des Zeugen gebeten und der Präsident der HSU am 2. Mai 2011 eine rechtliche Prüfung angeordnet hatte, befasste sich der Prüfungsausschuss erneut mit der Angelegenheit. In der Sitzung am 27. Juni 2011 kam er zu dem Ergebnis, dass ein Täuschungsversuch vorliege.

11

Mit Bescheid vom 28. Juli 2011, der dem Kläger am 15. September 2011 übergeben wurde, sprach der Prüfungsausschuss Bildungs- und Erziehungswissenschaft der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der HSU aus, dass der Kläger die Bachelor-Prüfung im Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft am 17. Oktober 2010 endgültig nicht bestanden habe. Die Beklagte führte zur Begründung aus, dass der Prüfungsausschuss am 27. Juni 2011 das Vorliegen eines Täuschungsversuchs festgestellt habe und legte dar:

12

„Sie haben bei Abfassung der Hausarbeit in großem Umfang Text – zum Teil wortwörtlich – übernommen, ohne dies hinreichend kenntlich gemacht oder diese Quellen ordnungsgemäß angegeben zu haben.
[…]
Die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist Bestandteil dieses Bescheids.“

13

Am 7. Oktober 2011 fand eine weitere Sitzung des Prüfungsausschusses statt. Dort heißt es zu dem den Kläger betreffenden ersten Tagesordnungspunkt:

14

„Ursprünglich sollte unter diesem TOP ein Widerspruch zum Plagiatsverdacht eingelegt werden. Prof. B. teilt mit, dass der Student C. nun jedoch nur eine Stellungnahme zur Entscheidung des Prüfungsausschusses vom 27.6.2011 abgeben möchte.
Es wird klargestellt, dass ein Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift eingereicht werden muss, da er sonst nicht wirksam ist.
Bedenken von Prof. D. und Prof. E., dass der Prüfungsausschuss seine Plagiatsfeststellung neu begründen müsse, werden von Prof. B. zurückgewiesen. Der Student nehme lediglich sein Recht wahr, sich vor dem Ausschuss zu der Feststellung des Plagiats zu verhalten.

15

C. wird zur Anhörung in den Raum gebeten.

16

Wesentliche Punkte seiner Stellungnahme:

17

- [Er] ist sich der Schwere des Delikts bewusst und es tut ihm leid.
- Er räumt mangelnde Wissenschaftlichkeit der Arbeit ein.
- Er hat nicht mit Absicht fremdes Wissen gestohlen.
- Er führt die weitreichenden Konsequenzen aus, die ihm aus dem Sachverhalt erwachsen:

18

1. Er verlässt die HSU ohne Studienabschluss.
2. Seine vorläufige Dienstzeitfestsetzung wird von der Bundeswehr nicht verlängert, somit scheidet er frühzeitig aus dem aktiven Dienst aus.

19

- Er führt aus, dass die Bundeswehr sein Leben ist und er sich kein ziviles Leben und Karriere mehr vorstellen könne, weil er sämtliche zivile Kontakte beendet habe.
- Er bittet daher darum, das Teilmodul wiederholen und die Modulabschlussarbeit in Form einer Hausarbeit erneut einreichen zu dürfen.
[…]

20

Herr C. macht anschließend erneut deutlich, dass er sich nicht mehr erklären könne, wie es zu den fehlerhaften Zitaten gekommen sei und dass er nicht vorsätzlich habe täuschen wollen.

21

Weiterhin sei ihm bewusst, dass die Entscheidung nicht zurückgezogen werden könne, weil auch der wissenschaftliche Ruf der HSU auf dem Spiel stehe.
[…]

22

Herr C. verlässt den Raum.

23

Prof. B. eröffnet die Diskussion.

24

[…]
Der [Prüfungsausschuss] entspricht daraufhin der Bitte von Herrn C. einstimmig, unter dem Vorbehalt, dass dieser Weg einer rechtlichen Prüfung durch einen Justiziar standhält.“

25

Unter dem Datum des 15. Oktober 2011, einem Sonnabend, erstellte das Studiensekretariat der HSU eine dem Kläger zugegangene Bescheinigung, in der es in Bezug auf den Kläger heißt:

26

„Exmatrikulationsbescheinigung
(Bitte sorgfältig aufbewahren!)
Studiengang: Bildungs- und Erziehungswissenschaften
Studienbeginn: 1. Oktober 2008
Hiermit wird bescheinigt, dass nachstehend Genannte(r) an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg studiert hat und mit Ablauf des 15. Oktober 2011 exmatrikuliert wurde […]

27

Die Justiziarin der HSU teilte dem Zeugen am 17. November 2011 mit, dass eine Wiederholung der Prüfung nicht möglich sei.

28

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte für diesen am 3. Januar 2012 gegen die Mitteilung des Prüfungsamtes vom 4. Januar 2011, gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 28. Juli 2011 sowie gegen die Exmatrikulationbescheinigung vom 15. Oktober 2011 Widerspruch ein. Er beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Widerspruchsfrist wegen der Mitteilung vom 4. Januar 2011 und des Bescheids vom 28. Juli 2011 und führte zu den Umständen nach Zugang des Bescheids aus:

29

„Herr C. suchte daraufhin das Gespräch mit Herrn Prof. B. als Vorsitzendem des Prüfungsausschusses, der vorschlug, dass die Angelegenheit erneut vor dem Prüfungsausschuss Ihrer Hochschule verhandelt werden solle. Diese Verhandlung der Angelegenheit von Herrn C. fand dann auch statt. Ergebnis der Verhandlung war, dass einer Lösung näher getreten wurde, dass Herr C. das betreffende Modul vollständig noch einmal absolviert; der Prüfungsausschuss stellte dies unter den Vorbehalt, dass eine solche Lösung rechtlich möglich ist.

30

Am 21. Dezember 2011 wurde Herrn C. dann von Herrn Prof. B. als Vorsitzendem des Prüfungsausschusses mitgeteilt, dass die ins Auge gefasste Lösung rechtlich nicht möglich sei.
[…]

31

Im Hinblick auf den Bescheid, der mit dem 28. Juli 2011 datiert ist, soll durch mich nun das Widerspruchsverfahren fortgesetzt werden. Herr C. hatte zwar keinen schriftlichen Widerspruch erhoben, durch die Verhandlung vor dem Prüfungsausschuss hatte sich Ihre Hochschule jedoch rügelos auf den mündlich bei Herrn Prof. B. erhobenen Widerspruch hin eingelassen.
[…]

32

Die Wiedereinsetzung wäre zu gewähren, da die Durchführung einer Verhandlung vor dem Prüfungsausschuss nach Erlass des Bescheids vom 28. Juli 2011 nur sinnvoll sein kann […] als Verhandlung über den Widerspruch, und insoweit bei Herrn C. der Eindruck entstehen musste, dass er die erforderlichen Schritte ergriffen hatte, um ein Widerspruchsverfahren in Gang zu setzen.“

33

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2012, zugestellt am 6. Juli 2012, zurück und führte aus:

34

„Ihr Widerspruch ist unzulässig, soweit er das Schreiben des Prüfungsamts vom 04. Januar 2011 (dazu unter 1.) und den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 28. Juli 2011 (dazu unter 2.) betrifft, bezüglich letzterem ist er zudem unbegründet. Was die Exmatrikulationsbescheinigung anbelangt (dazu unter 3.), ist der Widerspruch zwar zulässig, aber unbegründet.

1.

35

Soweit der Widerspruch sich gegen das Schreiben des Prüfungsamts vom 04. Januar 2011 richtet, ist er unzulässig.

36

Das Schreiben des Prüfungsamts stellt schon […] keinen Verwaltungsakt […] dar.

2.

37

Soweit der Widerspruch sich gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 28. Juli 2011 richtet, ist er unzulässig (dazu unter a) und zudem unbegründet (dazu unter b).

a)

38

Der Widerspruch ist nicht fristgerecht erhoben worden. […]

39

Sie waren in der Rechtsbehelfsbelehrung, die Bestandteil des Bescheids vom 28. Juli 2011 ist, ausdrücklich sowohl auf die Frist als auch auf die Form der Widerspruchserhebung ('schriftlich oder zur Niederschrift') hingewiesen worden. […]

40

Aus dem Protokoll zur Sitzung des Prüfungsausschusses vom 07. Oktober 2011 geht hervor, dass der Prüfungsausschuss Ihr mündliches Vorbringen auf der Sitzung nicht als Akt der Einlegung des Widerspruchs verstanden hat und auch nicht verstehen musste. […]

b)

41

Der Widerspruch vom 03. Januar 2012 gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 28. Juli 2011 ist zudem auch unbegründet. […]

3.

42

Soweit der Widerspruch sich gegen die Exmatrikulationsbescheinigung vom 15. Oktober 2011 richtet, ist er zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, aber unbegründet.

43

a) Die Exmatrikulationsbescheinigung ist […] als Verwaltungsakt anzusehen […]
b) Der Widerspruch ist jedoch unbegründet.

44

Nach § 9 Abs. 2 Spiegelstrich 3 der Immatrikulations- und Exmatrikulationsordnung ist ein Student zu exmatrikulieren mit der Rechtskraft des Bescheids über das endgültige Nichtbestehen der Prüfung.

45

Gegen den Bescheid vom 28. Juli 2011 über das endgültige Nichtbestehen der Bachelor-Prüfung, den Sie am 15. September 2011 erhalten haben, ist nicht fristgerecht Widerspruch erhoben worden (s.o.), so dass der Bescheid mit Ablauf des 15. Oktober 2011 in Bestandskraft erwachsen ist. […]

46

Rechtsbehelfsbelehrung
[…]
Die Klage ist gegen die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg zu richten […]“

47

Mit der am 6. August 2012 erhobenen Klage bringt der Kläger vor, die Klage sei zulässig. Er habe sich nach Zustellung des Bescheids über das endgültige Nichtbestehen an die für einen Widerspruch zuständige Stelle, nämlich den Zeugen als Vorsitzenden des Prüfungsausschusses gewandt. Der Prüfungsausschuss sei in der ihm, dem Kläger, ausgehändigten Rechtsbehelfsbelehrung als zuständige Stelle aufgeführt. Er, der Kläger, habe gegenüber dem Zeugen mündlich Widerspruch eingelegt. Spätestens habe er in der Sitzung des Prüfungsausschusses am 7. Oktober 2011 Widerspruch zur Niederschrift erhoben. Er habe sich gegen die Bewertung als Täuschungsversuch gewandt. Im Übrigen sei der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht abgelehnt worden. Aus dem Sitzungsprotokoll des Prüfungsausschusses ergebe sich nicht, dass ihm bewusst gewesen sei, dass es sich nicht um einen Widerspruch, sondern nur um eine Anhörung handelte sollte. Er sei erst nach Erörterung dieser Frage in der Sitzung anwesend gewesen. Der Zeuge habe als Vorsitzender des Prüfungsausschusses davon ausgehen müssen, dass es sich nicht lediglich um eine Missfallensbekundung gehandelt habe, sondern um einen mündlichen Widerspruch. Der Zeuge habe den Kläger falsch beraten. Die Beklagte habe ihn über die bestehenden rechtlichen Zweifel an dem ins Auge gefassten alternativen Weg aufklären müssen. Die anstandslose Entgegennahme eines mündlichen Widerspruchs begründe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine mögliche Verfristung sei durch Einlassung der Widerspruchsbehörde zur Sache geheilt. Die Klage sei auch begründet. Der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen sei rechtswidrig. Es handele sich um die Rücknahme einer vorherigen Bewertung der Hausarbeit, die ein Verwaltungsakt sei. Der Vertrauensschutz werde nicht beachtet und der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Der zurückgenommene Verwaltungsakt sei rechtmäßig. Aufgrund der Äußerung der Prüferin, die sehe die Arbeit (wörtlich) „an der unter Leistungsgrenze“, sei die Leistung mit der Note „ausreichend“ (4,0) zu bewerten. Der Vorwurf eines Täuschungsversuchs sei nicht zu belegen. Um weitere Nachteile für seine Laufbahn bei der Bundeswehr zu vermeiden, sei es zweckmäßig, ihm die Wiederaufnahme des Studiums zu ermöglichen.

48

Die Beteiligten haben im Hinblick auf den angekündigten Klageantrag zu 3., die Exmatrikulationsbescheinigung vom 15. Oktober 2011 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2012 aufzuheben, den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2014 übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte insoweit dem Begehren des Klägers abgeholfen hatte.

49

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

50

1. den Bescheid des Prüfungsausschusses für den Bachelor- und den Master-Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Helmut-Schmidt-Universität vom 28. Juli 2011 in der Form des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2012, mit dem das endgültige Nichtbestehen der Bachelor-Prüfung im Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaften festgestellt wurde – hilfsweise unter Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand – aufzuheben,

51

2. die Beklagte zu verurteilen, die von ihm im Rahmen des Moduls „G.“ am 17. Oktober 2010 vorgelegte Hauarbeit mit dem Titel „F.“ mit der Note „ausreichend“ (4,0), hilfsweise mit einer von der Universität nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts getroffenen Note zu bewerten,

52

4. der Beklagten aufzugeben, ihn zu einem mit seinen anderweitigen dienstlichen Verwendungen abgestimmten Zeitpunkt erneut als Studenten der Hochschule aufzunehmen und weiterhin zu den vorgesehenen Prüfungen zuzulassen und ihn in den Masterstudiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaften aufzunehmen,

53

5. hilfsweise zu 2., die Beklagte zu verurteilen, ihm die Möglichkeit zu geben, die Prüfungsleistung einer Hausarbeit im Rahmen der Bachelor-Prüfung zu wiederholen.

54

Der Kläger beantragt ferner,

55

die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

56

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

57

die Klage abzuweisen.

58

Die Beklagte führt aus, die Klage sei zutreffend gegen die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg gerichtet. Zur Begründung des klagabweisenden Antrags bezieht sie sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. sei die Klage bereits unzulässig. Das Sitzungsprotokoll des Prüfungsausschusses gebe die Meinungsänderung des Klägers wieder, keinen Widerspruch einlegen zu wollen. Der Unzulässigkeit stehe nicht entgegen, dass der Widerspruchsbescheid neben Ausführungen zur Unzulässigkeit auch Ausführungen zur Frage der Begründetheit enthalte. Diese seien lediglich ergänzend erfolgt und stellten keine Sachentscheidung dar, die die Verfristung heilen könnte. Sollte das Gericht dieser Auffassung nicht folgen oder dem Kläger eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren, werde vorsorglich für die Frage der Begründetheit des Klageantrags zu 1. auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Ebenfalls vorsorglich werde zu dem in der Klageschrift enthaltenen neuen Vortrag des Klägers Stellung genommen. Der Klageantrag zu 2., sofern er auf die Bewertung der Hausarbeit bezogen verstanden werde, sei unzulässig. Das Begehren hinsichtlich des Klageantrags zu 4. sei nicht hinreichend bestimmt. Einer Immatrikulation im Master-Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft fehle der erfolgreiche Abschluss eines grundständigen Studiengangs. Die Klage betreffe nur die hochschulrechtlichen Ansprüche. Dienstrechtliche Maßnahmen müsse der Kläger gegebenenfalls auch vor dem insoweit zuständigen Truppendienstgericht durchsetzen. Der Klageantrag zu 5. gehe ins Leere.

59

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2014 Beweis erhoben über den Verlauf der Sitzung des Prüfungsausschusses für den Bachelor- und den Master-Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der HSU durch Vernehmung des Zeugen Prof. B.. Bei der Entscheidung haben vorgelegen die Akten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, 2 E 2537/13, sowie die in einem Aktenordner zusammengefassten Sachakten. Darauf sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des Einverständnisses mit dem schriftlichen Verfahren insbesondere auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

60

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter anstelle der Kammer und gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne abschließende mündliche Verhandlung.

I.

61

Die teilweise Einstellung des Verfahrens beruht auf § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in analoger Anwendung auf die übereinstimmende Erledigungserklärung, welche die Beteiligten im Umfang des angekündigten Klageantrags zu 3. abgegeben haben.

II.

62

Die Klage im Übrigen hat keinen Erfolg. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet (1.). Die Klage richtet sich gegen die Bundesrepublik Deutschland (2.). Gleichwohl ist die Klage im Klageantrag zu 1. (3.) in den Klageanträgen zu 2. und 5. (4.) sowie im Klageantrag zu 4. unzulässig (5.).

63

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der vorliegenden öffentlich-rechtlichen Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art eröffnet. Der Kläger macht subjektive öffentliche Rechte gegen die Beklagte als Trägerin der besuchten Hochschule, nicht gegen die Beklagte als Dienstherrin geltend. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 4., in welchem der Kläger sein Begehren auf Wiederaufnahme als Studenten zwar unter den Vorbehalt der Abstimmung mit anderweitigen dienstlichen Verwendungsentscheidungen stellt. Damit begehrt der Kläger aber nicht unmittelbar eine konkrete Verwendungsentscheidung, deren Überprüfung nach § 17 der Wehrbeschwerdeordnung (neugefasst durch Bekanntmachung v. 22.1.2009 BGBl. I S. 81, zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.7.2012 BGBl. I S. 1583 – WBO) der Zuständigkeit der Truppendienstgerichte unterläge. Er leitet vielmehr vorrangig Rechte aus seinem Hochschul- und Prüfungsrechtsverhältnis zur Beklagten her. Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet gemäß § 17 Abs. 2 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.

64

2. Die Klage richtet sich gegen die Bundesrepublik Deutschland, nicht gegen die Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (HSU). Das Begehren ist zugunsten des Klägers nach § 88 VwGO entsprechend auszulegen. Denn nach dem Rechtsträgerprinzip ist die Bundesrepublik Deutschland in hochschulrechtlichen und prüfungsrechtlichen Angelegenheiten der HSU passiv prozessführungsbefugt und nicht die HSU selbst (a.A. OVG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2013, 3 Bs 274/13, juris Rn. 3). Dies steht in Übereinstimmung mit der von Amts wegen in jeder Instanz zu prüfenden Rubrizierung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 14.10.1992, 6 B 2/92, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 303, ebenso vorgehend OVG Hamburg, Urt. v. 29.4.1991, Bf III 42/88, Bf III 7/91, juris, nur Ls.).

65

Die passive Prozessführungsbefugnis der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich, soweit für das klägerische Begehren die Anfechtungs- oder die Verpflichtungsklage statthaft ist, aus § 78 Abs. 1 VwGO. Nach Nr. 1 dieser Vorschrift ist die Klage gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat, zu richten, wobei zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde genügt. Nach Nr. 2 der Vorschrift ist die Klage zwar, sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst zu richten, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat. Da es an einer einschlägigen landesrechtlichen Bestimmung fehlt, verbleibt es jedoch bei dem Rechtsträgerprinzip, das in Nr. 1 der Vorschrift zum Ausdruck kommt. Danach ist die Klage gegen den Bund zu richten. Zwar ist § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO dahingehend erweiternd anzuwenden, dass der betreffende Rechtsträger unabhängig davon richtiger Beklagter ist, ob es sich um eine rechtsfähige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung (Ehlers, in Festschrift für Menger, S. 379, 387) oder um eine Vereinigung, soweit ihr ein Recht zustehen kann, handelt (insoweit auch OVG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2013, 3 Bs 274/13, juris Rn. 3 m.w.N.). Damit sind alle Rechtsträger erfasst, d.h. alle Zuordnungssubjekte von Außenrechtssätzen, die fähig sind, im Außenrechtsverhältnis Rechte und Pflichten zu tragen. Doch führt diese erweiternde Anwendung zu keinem anderen Ergebnis als dem, dass die Bundesrepublik Deutschland passiv prozessführungsbefugt ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist Rechtsträger der HSU. Die HSU ist nicht selbst Rechtsträger. Denn es fehlt es an einer Rechtsvorschrift, welcher der HSU die Fähigkeit zuspricht, im Außenrechtsverhältnis Rechte und Pflichten zu tragen. Die Fähigkeit, im Außenrechtsverhältnis Rechte und Pflichten zu tragen, besitzen die nach § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähigen natürlichen und juristischen Personen sowie diejenigen nach § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähigen Vereinigungen, denen im Außenverhältnis ein Recht zustehen kann. Vereinigungen, denen nur im Innenverhältnis ein Recht zustehen kann, etwa der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung gegenüber der Aufsichtsbehörde ihres Rechtsträgers Freie und Hansestadt Hamburg, sind zwar nach § 61 Nr. 2 VwGO im Innenrechtsstreit gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde beteiligtenfähig (OVG Hamburg, Urt. v. 27.2.1995, Bf III 159/93, DVBl. 1995, 1361, juris Rn. 3). Doch sind Vereinigungen, denen nur im Innenrechtsverhältnis ein Recht zustehen kann, im Außenrechtsstreit nicht prozessführungsbefugt. Solche Vereinigungen sind nicht Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten im Außenrechtsverhältnis. Sie können keine eigenen Rechte geltend machen und gegen sie können keine eigenen Pflichten geltend gemacht werden. Die Qualifikation als natürliche Person, juristische Person oder Vereinigung, der im Außenverhältnis ein Recht zustehen kann, wird durch die prozessualen Vorschriften vorausgesetzt und nicht als Rechtsfolge verliehen. Die Qualifikation muss sich aus den Vorschriften des materiellen Rechts ergeben. An einer solchen Vorschrift fehlt es für die HSU:

66

Die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu tragen, ergibt sich für die HSU nicht aus dem Verfassungsrecht. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Juristische Personen im Sinne dieser Vorschrift sind alle Rechtsträger nach dem einfachen materiellen Recht, die nicht natürliche Personen sind. Diese Verfassungsvorschrift setzt voraus, dass nach dem einfachen nationalen oder unionalen Recht die Fähigkeit besteht, Rechte und Pflichten zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.7.2011, 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, juris Rn. 68).

67

Die HSU ist aufgrund der Vorschriften des Privatrechts weder als juristische Person vollrechtsfähig noch sonst als Personenvereinigung teilrechtsfähig. Die HSU ist im Gegensatz etwa zur Bucerius Law School gGmbH nicht nach § 13 Abs. 1 GmbHG eine juristische Person des Privatrechts. Sie ist auch keine Vereinigung, der nach dem Privatrecht ein Recht zustehen kann. Es handelt sich weder um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB noch um einen nicht eingetragenen Verein nach § 54 Satz 1 BGB der an ihr tätigen Studierenden und Lehrenden. Die Gründung der HSU beruht nicht auf einer Willensübereinstimmung der an ihr tätigen Studierenden und Lehrenden in einem privatrechtlichen Vertrag, sondern auf einem Organisationsakt der Beklagten. Die Beklagte hat die HSU als Untergliederung des Bundesministeriums der Verteidigung gegründet.

68

Die Gründung der HSU durch die Beklagte beruht auch nicht auf einer (außenrechtswirksamen) Rechtsvorschrift des Bundes, sondern wird durch (nicht außenrechtswirksame) Verwaltungsvorschriften begleitet, gegenwärtig die „Rahmenbestimmungen für Struktur und Organisation der Universität der Bundeswehr“ (i.d.F. des Erlasses v. 4.8.1993, BMVg – Fü S I 11 – SdB UniBw – Az 38-02-02-02 – Rahmenbestimmungen).

69

Der HSU ist eine Rechtsfähigkeit schließlich nicht durch Landesgesetz verliehen worden, im Gegensatz etwa zur HafenCity Universität Hamburg nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Gründung der HafenCity Universität Hamburg (v. 14.12.2005, HmbGVBl. 2005, S. 491 – HCUG). Eine Rechtsfähigkeit der HSU folgt auch nicht aus oder aufgrund von § 112 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, HmbGVBl. S. 171, zuletzt geändert durch Gesetz v. 8.7.2014, HmbGVBl. S. 269 – HmbHG). Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde der HSU, die von der Bundesrepublik Deutschland als wissenschaftliche Hochschule für die Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten errichtet worden ist, für bestimmte Studiengänge das Recht übertragen, Prüfungen abzunehmen, akademische Grade zu verleihen und in diesen Studiengängen auch zivile Studierende auszubilden. Von dieser Möglichkeit hat die zuständige Behörde der Freien und Hansestadt Hamburg durch Übertragungsbescheid vom 23. Oktober 1978 in der Neufassung vom 5. Juli 2007 Gebrauch gemacht. Da die Bundesrepublik Deutschland wegen Art. 30 GG nicht in eigener Verwaltungskompetenz solche Prüfungen abnehmen kann, handelt es sich um eine Beleihung mit Staatsgewalt des Landes (vgl. von Schroeders, Student und Soldat, S. 49 f.). Die Bundesrepublik Deutschland ist hinsichtlich der HSU ebenso Beliehene wie die Bucerius Law School gGmbH dies hinsichtlich der gleichnamigen Hochschule für Rechtswissenschaft ist. Der Landesgesetzgeber ermächtigt in § 112 HmbHG nicht zur Errichtung der HSU, sondern setzt voraus, dass die Bundesrepublik Deutschland sie errichtet hat. Die Freie und Hansestadt Hamburg wäre auch nicht kompetent, einer Untergliederung des Bundesministeriums der Verteidigung Rechtsfähigkeit zu verleihen. Insoweit besteht eine ausschließliche Gesetzgebungs- und Vollzugszuständigkeit des Bundes kraft Natur der Sache sowie nach Art. 73 Nr. 1, 87b GG. Adressat der Rechtsübertragung gemäß § 112 HmbHG kann nicht die HSU sein (so aber von Schroeders, a.a.O., S. 52), sondern nur ein bestehender Rechtsträger. Als bestehender Rechtsträger kommt lediglich die Bundesrepublik Deutschland in Betracht.

70

Soweit für das Begehren des Klägers nicht die Anfechtungs- oder die Verpflichtungsklage statthaft ist, folgt die Geltung des Rechtsträgerprinzips aus allgemeinen prozessualen Grundsätzen (vgl. Ehlers, a.a.O., S. 392). Danach ist in Außenrechtsstreitigkeiten der Rechtsträger, gegen den sich das Begehren in der Sache richtet, passiv prozessführungsbefugt. Nur in Innenrechtsstreitigkeiten kann das Rechtsträgerprinzip demgegenüber nicht verfangen, da innerhalb desselben Rechtsträgers Organe oder Organteile um wehrfähige Innenrechtspositionen streiten und nicht der Rechtsträger sowohl Kläger als auch Beklagter sein kann (Ehlers, a.a.O., S. 394). Die vorliegende Klage betrifft hingegen eine Außenrechtsstreitigkeit. Der Kläger macht subjektive öffentliche Rechte geltend, die er als Student und Prüfungskandidat aus dem Hochschulverhältnis und dem Prüfungsverhältnis herzuleiten sucht.

71

Die Klage ist zudem deshalb zugunsten des Klägers als gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtet auszulegen, weil es für eine Klage gegen die HSU an der nach § 42 Abs. 2 VwGO zu fordernden Klagebefugnis fehlen würde. Ansprüche des Klägers gegen die HSU kommen nicht in Betracht, da die HSU nicht fähig ist, Rechte und Pflichten zu tragen. Für die geltend gemachten Ansprüche ist vielmehr die Bundesrepublik Deutschland auch in der Sache die richtige Anspruchsgegnerin.

72

3. Im Klageantrag zu 1. ist die Klage gleichwohl unzulässig, da das gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Erhebung der Anfechtungsklage durchzuführende Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchlaufen ist. Der in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juli 2012 angefochtene Bescheid vom 28. Juli 2011 über das endgültige Nichtbestehen der Bachelor-Prüfung im Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft ist bestandskräftig. Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs ist am 17. Oktober 2011 verstrichen (a)), ohne dass der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt Widerspruch eingelegt hat (b)) und ohne dass ihm Wiedereinsetzung in der vorherigen Stand zu gewähren wäre (c)). Der in der Versäumnis der Widerspruchsfrist liegende Zulässigkeitsmangel ist auch nicht geheilt (d)).

73

a) Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs ist am 17. Oktober 2011 verstrichen. Der Widerspruch ist gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 VwGO innerhalb eines Monats zu erheben, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist. Die Frist begann gemäß § 187 Abs. 1 BGB i.V.m. § 31 Abs. 1 HmbVwVfG am 16. September 2011 als dem Tag nach der Bekanntgabe durch Übergabe des Bescheids an den Kläger am 15. September 2011. Die für den Fristlauf nach § 58 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 70 Abs. 2 VwGO erforderliche Belehrung über die Verwaltungsbehörde, den Sitz und die einzuhaltende Frist war dem Bescheid schriftlich beigegeben, wie sich aus dessem letzten Satz und auch dem Vortrag des Klägers ergibt. Die Frist hätte gemäß § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am 15. September 2011 geendet. Da dieser Tag ein Sonnabend war, verschob sich das Fristende jedoch gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 HmbVwVfG auf den 17. Oktober 2011 als den nächstfolgenden Werktag.

74

b) Der Kläger hat bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist am 17. Oktober 2011 keinen Widerspruch eingelegt. Ein Widerspruch kann gemäß 70 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 VwGO fristwahrend erhoben werden schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat oder bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat. Ein Widerspruch in schriftlicher Form ist bei dem Prüfungsausschuss für den Bachelor- und den Master-Studiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der HSU erst am 3. Januar 2012 eingegangen. Ein Widerspruch ist weder in den Vorgesprächen mit dem Vorsitzenden (aa)) noch in der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 7. Oktober 2011 (bb)) erhoben worden.

75

aa) Der Kläger hat nicht bereits in den Gesprächen, Widerspruch eingelegt die er vor der am 7. Oktober 2011 stattfindenden Sitzung des Prüfungsausschusses mit dessen Vorsitzendem, dem Zeugen Prof. B., geführt hat. Da der Kläger zu dem Inhalt der Vorgespräche ebenso wie zu der Ausschusssitzung selbst nicht substantiiert vorgetragen hat, kann nur auf die Bekundungen des Zeugen zurückgegriffen werden. Der Zeuge hat bekundet, dass er in seiner Funktion als Vorsitzender des Prüfungsausschusses den Kläger gefragt habe, ob er einen Widerspruch einlegen wollte. Der Kläger habe darauf geantwortet, dass er dies wohl tun werde. Darin liegt entgegen der mit der Klagebegründung vorgenommenen Würdigung keine gegenwärtige (mündliche und deshalb formwidrige) Widerspruchseinlegung, sondern nur die Ankündigung des Klägers, zukünftig Widerspruch einzulegen. Dies gilt ebenso für das weitere Gespräch, das etwa einen Tag vor der Ausschusssitzung stattfand. Der Zeuge hat bekundet, dass der Kläger in diesem letzten Vorgespräch ihn nach den Erfolgsaussichten eines Widerspruchs gefragt habe. Der Zeuge habe daraufhin erläutert, dass er nicht für den Ausschuss sprechen könne, er aber einen Erfolg für sehr unwahrscheinlich halte. Es sei möglich, eine Stellungnahme zum Sachverhalt abzugeben, den Sachverhalt zu kommentieren und den Ausschuss zu bitten, die Prüfung zu wiederholen. Den Willen, im Vorgespräch Widerspruch einzulegen, hat der Kläger ausgehend davon nicht bekundet, sondern lediglich die spätere Einlegung eines Widerspruchs erwogen.

76

Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Sie ist detailreich; es fehlt an einer substantiierten abweichenden Darstellung der tatsächlichen Umstände durch den an den Gesprächen beteiligten Kläger. Die Bekundungen des Zeugen sind tendenzfrei; so hat der Zeuge in der Vernehmung die sachliche Richtigkeit der von ihm mitgetragenen Bewertung als Täuschungsversuch in Frage gestellt. Die Schilderung durch den Zeugen deckt sich mit dem Protokoll der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 7. Oktober 2011 zu dem den Kläger betreffenden ersten Tagesordnungspunkt. Aus dem Protokoll hinsichtlich des einleitenden, unter Abwesenheit des Klägers stattfindenden Teils der Sitzung geht hervor, dass „[u]rsprünglich“ ein Widerspruch eingelegt werden sollte, nach Mitteilung des Zeugen der Kläger „nun jedoch nur eine Stellungnahme“ abgeben wollte. Dies kann vor dem Hintergrund, dass dem Prüfungsausschuss ausweislich des Protokolls bewusst war, „dass ein Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift eingereicht werden muss“ nur so verstanden werden, der Kläger habe ursprünglich angekündigt, in der Zukunft Widerspruch einzulegen. Dieser Widerspruch hätte dann in dem in seiner Anwesenheit durchgeführten Teil der Sitzung des Prüfungsausschusses zur Niederschrift genommen werden können.

77

bb) Der Kläger hat auch nicht in der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 7. Oktober 2011 Widerspruch erhoben. Dem Sitzungsprotokoll ist kein Widerspruch gegen den Nichtbestehensbescheid zu entnehmen. Es ist nicht der Wille des Klägers zum Ausdruck gekommen, den Bescheid über das endgültige Nichtbestehen vom 28. Juli 2011 in einem Rechtsbehelfsverfahren zur Überprüfung zu stellen. Zwar hat der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls geäußert, er habe nicht die Absicht gehabt, fremdes Wissen zu stehlen und habe nicht vorsätzlich täuschen wollen. Doch hat er nicht nur die Schwere des Delikts und mangelnde Wissenschaftlichkeit eingeräumt, sondern auch geäußert, dass wegen des wissenschaftlichen Rufs der HSU „die Entscheidung nicht zurückgezogen“ werden könne. Der Kläger hat nicht den Willen zum Ausdruck gebracht, nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Recht- und Zweckmäßigkeit des Nichtbestehensbescheids, der mit der Bewertung der Hausarbeit als Täuschungsversuch begründet worden war, in einem Rechtsbehelfsverfahren überprüfen zulassen. Der Kläger hat nur den Willen zum Ausdruck gebracht, das Teilmodul wiederholen und die betreffende Hausarbeit erneut einreichen zu dürfen. Dieser Wille schloss nicht notwendig die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Nichtbestehensbescheid ein. Wäre der ins Auge gefasste alternative Weg einer Wiederholung rechtlich gangbar gewesen, hätte es keiner Aufhebung des Nichtbestehensbescheids in einem Rechtsbehelfsverfahren nach §§ 72, 73 VwGO bedurft. Vielmehr hätte die Beklagte den Nichtbestehensbescheid nach § 49 Abs. 1 HmbVwVfG von Amts wegen aufheben können und auch müssen, da ihr Widerrufsermessen zugunsten des Klägers reduziert gewesen wäre. Der Weg einer dritten Wiederholung war aber rechtlich nicht gangbar, da nach § 17 Abs. 4 der Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang und für den Master-Studiengang „Bildungs- und Erziehungswissenschaft“ an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (SPO BuErz) Teilleistungsprüfungen einer Modulprüfung nur bis zu zweimal wiederholt werden können.

78

c) Dem Kläger ist hinsichtlich der versäumten Widerspruchsfrist nicht nach § 60 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er war nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Frist einzuhalten. Es war seine eigenverantwortliche Entscheidung, davon abzusehen, gegen den mit dem Vorliegen eines Täuschungsversuchs in der Hausarbeit begründeten Nichtbestehensbescheid vorzugehen. Der Beklagten ist insofern keine falsche oder irreführende Beratung vorzuhalten. Die Beklagte hat keinen formwidrig mündlich eingelegten Widerspruch anstandslos entgegengenommen. Denn der Kläger hat in den Vorgesprächen vor der Ausschusssitzung (b) aa)) nicht den Willen zum Ausdruck gebracht, gegenwärtig Widerspruch einzulegen. Ausweislich der glaubhaften Zeugenaussage des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses war diesem bewusst, dass der Kläger in der Sitzung zur Niederschrift Widerspruch hätte einlegen können. Der Kläger hat aber auch in der Sitzung einen Willen, Widerspruch einzulegen, nicht zum Ausdruck gebracht (s.o. b) bb)). Der in der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 7. Oktober 2014 angesprochene alternative Weg einer Wiederholung der Prüfungsleistung hätte – wenn er rechtlich gangbar gewesen wäre – nicht die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Nichtbestehensbescheid vorausgesetzt (s.o. b) bb)). Der Kläger hat kein schutzwürdiges Vertrauen, sich mit der Begründung gegen den Nichtbestehensbescheid wenden zu können, dass ihm kein Täuschungsversuch zur Last falle. Denn er hat in der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 7. Oktober 2007 selbst dafür gehalten, dass „die Entscheidung nicht zurückgezogen“ werden könne, da der wissenschaftliche Ruf der HSU auf dem Spiel stehe.

79

d) Der in der Versäumnis der Widerspruchsfrist liegende Zulässigkeitsmangel ist auch nicht durch Bescheidung in der Sache oder Einlassung in der Sache geheilt.

80

Die Beklagte hat den Widerspruch gegen den Bescheid über das endgültige Nichtbestehen vom 28. Juli 2011 im Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2012 nicht in der Sache beschieden. Zwar wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen, dass die Widerspruchsbehörde auch über einen verspäteten Widerspruch sachlich entscheiden und damit den Weg zur verwaltungsgerichtlichen Sachprüfung eröffnen darf, da die Widerspruchsfrist in erster Linie dem Schutz der Behörde diene und es ihr daher freistehe, sich entweder auf die Verfristung zu berufen oder zur Sache zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.6.1988, 6 C 24/87, NVwZ-RR 1989, 85 f., juris Rn. 9; Urt. v. 4.8.1982, 4 C 42/79, NVwZ 1983, 285, juris Rn. 11; OVG Hamburg, Urt. v. 23.2.2010, 3 Bf 70/09, juris Rn. 51). Doch setzt dies voraus, dass die Widerspruchsbehörde sich nicht auf die Versäumung der Widerspruchsfrist beruft, eine inhaltliche Sachentscheidung trifft und den Widerspruch als unbegründet zurückweist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1982, 2 C 4/80, NVwZ 1983, 608, juris Rn. 10). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die Beklagte sich auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs gestützt hat. Dass der Widerspruchsbescheid daneben auch Ausführungen zur Sache enthält, stellt keine Zurückweisung des Widerspruchs als unbegründet dar. Dies folgt aus dem gestuften Gesamtaufbau des Bescheids, der den Widerspruch in einem ersten Schritt als unzulässig zurückweist und dabei auch den Wiedereinsetzungsantrag ablehnt. Erst in einem zweiten Schritt erfolgen hilfsweise Ausführungen zur Sache. Die Beklagte hat den Widerspruch nicht allein als unbegründet zurückgewiesen, wie es Voraussetzung für eine Heilung durch sachliche Bescheidung wäre. Vielmehr sind die Ausführungen zur Unzulässigkeit tragend und auch für die weitere Argumentation der Beklagten von Bedeutung, da sie sich zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Exmatrikulationsbescheinigung auf die Bestandskraft des Bescheids über das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung bezogen hat.

81

Die Beklagte hat sich auch auf die Klage hin nicht zur Sache eingelassen, ohne die Unzulässigkeit zu rügen. Sie hat, ebenso wie in dem in der Klageerwiderung in Bezug genommenen Widerspruchsbescheid, die Verfristung des Widerspruchs angenommen und lediglich vorsorglich in der Sache Stellung genommen.

82

4. In den Klageanträgen zu 2. und 5. ist die Klage ebenso wenig zulässig. Es fehlt am Rechtsschutzschutzbedürfnis. Dem Begehren, die Hausarbeit „F.“ im Seminar „H.“ des in die Bachelorprüfung eingeschlossenen Moduls „G.“ mit der Note „ausreichend“ (4,0) zu bewerten, hilfsweise die Hausarbeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten, höchsthilfsweise eine Wiederholungsmöglichkeit der Hausarbeit im Rahmen der Bachelorprüfung einzuräumen, fehlt die Grundlage. Denn der Kläger hat die Bachelorprüfung aufgrund des Bescheids vom 28. Juli 2011 endgültig nicht bestanden und sein Prüfungsanspruch ist erloschen. Der Nichtbestehensbescheid ist bestandskräftig und kann deshalb nicht in einem Rechtsbehelfsverfahren aufgehoben werden (s.o. 3.). Auch kann der Nichtbestehensbescheid nicht mit Rücksicht auf den vormals ins Auge gefassten Weg über eine dritte Wiederholung von Amts wegen widerrufen werden. Dieser alternative Wege ist rechtlich nicht gangbar, da nach § 17 Abs. 4 der Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang und für den Master-Studiengang „Bildungs- und Erziehungswissenschaft“ an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg (SPO BuErz) Teilleistungsprüfungen einer Modulprüfung nur bis zu zweimal wiederholt werden können (s.o. 3. b) bb)).

83

Die Klage in den Klageanträgen zu 2. und 5. wäre im Übrigen zumindest unbegründet, da der Prüfungsanspruch des Klägers erloschen und die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden ist.

84

5. Im Klageantrag zu 4. ist die Klage unzulässig. Das Begehren des Klägers, ihn zu einem mit seinen anderweitigen dienstlichen Verwendungen abgestimmten Zeitpunkt erneut als Studenten der Hochschule aufzunehmen und weiterhin zu den vorgesehenen Prüfungen zuzulassen, ist nicht hinreichend bestimmt. Denn die Aufnahme als Student müsste zu einem bestimmten Trimester in einem bestimmten Studiengang erfolgen. Auch soweit der Kläger die Aufnahme in den Masterstudiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft erstrebt, ist kein bestimmter oder bestimmbarer Zeitpunkt zur Wiederaufnahme als Student angegeben. Überdies ist mit der Beendigung des Wehrdienstverhältnisses das Rechtsschutzbedürfnis für eine im Hinblick auf die militärische Laufbahn erstrebte Wiederaufnahme als Student an der Hochschule der Beklagten entfallen.

85

Die Klage im Klageantrag zu 4. wäre im Übrigen zumindest unbegründet. Der Wiederaufnahme in den Bachelorstudiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft steht das Hochschulrecht entgegen. Haben Studierende an einer Hochschule eine nach der Prüfungsordnung vorgeschriebene Prüfung endgültig nicht bestanden, so können sie nach § 44 Satz 1 HmbHG das Studium an einer hamburgischen Hochschule nicht in dem gleichen Studiengang fortsetzen. Für die Aufnahme des Studiums in einem Masterstudiengang fehlt dem Kläger die Berechtigung, da er keinen Bachelorstudiengang abgeschlossen hat. Zum Studium in Masterstudiengängen ist nach § 39 Abs. 1 Satz 1 HmbHG berechtigt, wer das Studium in einem grundständigen Studiengang erfolgreich abgeschlossen hat. In Übereinstimmung damit setzt die einheitliche Studienordnung des konsekutiven Studiengangs in § 2 Abs. 1 SPO BuErz für den Übertritt in den Masterstudiengang Bildungs- und Erziehungswissenschaft den ersten berufsqualifizierenden Abschluss im grundständigen Bachelorstudiengang voraus.

III.

86

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 161 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach billigem Ermessen ist die Beklagte wegen des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits an den Kosten zu beteiligen. Sie hat mit Rücksicht auf den teilweise stattgebenden Beschluss der Kammer in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 30. Juli 2013, 2 E 2537/13, die Exmatrikulationsbescheinigung zur Niederschrift in der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2014 aufgehoben und sich insoweit in die Rolle der Unterlegenen begeben. In der Bemessung der Kostenanteile wird in Übereinstimmung mit dem Streitwertbeschluss vom 9. Oktober 2014 das Begehren in den Klageanträge zu 1., 2. und 5. hinsichtlich des endgültigen Nichtbestehens und der ihm zugrundeliegenden Bewertung der Hausarbeit mit drei Fünfteln und das Begehren in dem angekündigten Klageantrag zu 3. und dem Klageantrag zu 4. hinsichtlich der Fortsetzung eines Studiums mit zwei Fünfteln in Ansatz gebracht, wobei von letzteren zwei Fünfteln ein Fünftel der Kostenlast auf die Beklagte entfällt. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Der Ausspruch über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung war notwendig, da dem Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 30


Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 72


Hält die Behörde den Widerspruch für begründet, so hilft sie ihm ab und entscheidet über die Kosten.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 54 Nicht rechtsfähige Vereine


Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere,

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

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(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Ist die weitere Beschwerde erfolglos geblieben, kann der Beschwerdeführer die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragen, wenn seine Beschwerde eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnittes des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Der Antrag kann auch gestellt werden, wenn über die weitere Beschwerde innerhalb eines Monats nicht entschieden worden ist.

(2) Das Verfahren vor dem Truppendienstgericht tritt insoweit an die Stelle des Verwaltungsrechtsweges gemäß § 82 des Soldatengesetzes.

(3) Mit dem Antrag kann nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder Unterlassung rechtswidrig sei. Rechtswidrigkeit ist auch gegeben, wenn der Beschwerdeführer durch Überschreitung oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse verletzt ist.

(4) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheides oder nach Ablauf der in Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist bei dem zuständigen Truppendienstgericht schriftlich oder mündlich zur Niederschrift einzulegen. Dabei soll der Beschwerdeführer unter Beifügung des Beschwerdebescheides sowie des Bescheides über die weitere Beschwerde die zur Begründung des Antrags dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Antrag bei dem nächsten Disziplinarvorgesetzten oder in den Fällen des § 5 Absatz 2 und des § 11 Buchstabe b bei den dort bezeichneten Vorgesetzten eingelegt wird. Der Antrag ist dem Truppendienstgericht unverzüglich vorzulegen. Zuständig ist das Truppendienstgericht, das für den Befehlsbereich errichtet ist, zu dem der Betroffene zum Zeitpunkt des Beschwerdeanlasses gehört.

(5) Nach Ablauf eines Jahres seit Einlegung der weiteren Beschwerde ist die Anrufung des Truppendienstgerichts ausgeschlossen. § 7 gilt entsprechend.

(6) Der Antrag hat keine aufschiebende Wirkung. Das Truppendienstgericht, in dringenden Fällen sein Vorsitzender, kann auf Antrag des Beschwerdeführers oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung nach Anhörung des zuständigen Disziplinarvorgesetzten anordnen. Die Anordnung kann schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung getroffen werden, wenn der zuständige Disziplinarvorgesetzte einen Antrag nach § 3 Absatz 2 abgelehnt oder die Vollziehung nicht innerhalb einer vom Truppendienstgericht gesetzten Frist ausgesetzt hat.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
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sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob sich juristische Personen mit Sitz außerhalb Deutschlands, jedoch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. Sie betrifft darüber hinaus die Beachtung des Grundrechts auf Eigentum bei der Auslegung und Anwendung nationalen, auf Unionsrecht beruhenden Rechts.

I.

2

1. Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft die inhaltliche Reichweite des dem Urheber vorbehaltenen Verbreitungsrechts nach § 17 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) und nach § 96 UrhG in der Fassung vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1774). Die Auslegungsfragen ergeben sich im Streitfall aus der Aufstellung von Nachbildungen von Le-Corbusier-Möbeln in einer Zigarrenlounge der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Für Herstellung und Vertrieb der Möbel sind der Beschwerdeführerin urheberrechtliche Exklusivrechte eingeräumt.

3

a) § 17 UrhG erhielt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) folgende Fassung:

4

Verbreitungsrecht

5

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

6

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

7

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken

8

1. von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder

9

2. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

10

Die Gesetzesnovelle diente der Umsetzung der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl Nr. L 346 vom 27. November 1992, S. 61), inzwischen abgelöst durch die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28; im Folgenden: Vermiet- und Verleih-Richtlinie). Diese betrifft nach ihrem Art. 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht das Vermieten oder Verleihen von Werken der angewandten Kunst.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 21. Dezember 1994 (BTDrucks 13/115, S. 7, 12) wird der Begriff der Verbreitung vorausgesetzt. Er wurde stets weit verstanden als "jede Art des Inverkehrbringens von Werkstücken" (vgl. die Einzelbegründung zu § 17 im Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes vom 23. März 1962, BTDrucks IV/270, S. 47 f.). Nach bis zum Erlass der angegriffenen Entscheidung allgemeiner Meinung bedeutete "Inverkehrbringen" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG jede Handlung, durch die das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden; dafür sollte jede Besitzüberlassung ausreichen (vgl. BGHZ 113, 159 <160 ff.>; Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12 m.w.N.). Entsprechend beurteilte etwa das Kammergericht die Ausstattung von Hotelzimmern mit imitierten Le-Corbusier-Möbeln als Verletzung des Verbreitungsrechts und ließ dabei die Frage der bürgerlich-rechtlichen Besitzüberlassung offen (Urteil vom 30. April 1993 - 5 U 2548/91 -, GRUR 1996, S. 968 <969 f.>).

12

b) § 96 UrhG lautet:

13

Verwertungsverbot

14

(1) Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.

15

(2) Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden.

16

Diese mit Ausnahme der Überschrift wortgleich schon im Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1273) enthaltene Vorschrift dient nach der Entwurfsbegründung der Klarstellung, dass derjenige, der aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Erlaubnis zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines Werks berechtigt ist, hierzu keine rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücke benutzen darf (vgl. die Einzelbegründung zu § 106, BTDrucks IV/270, S. 103). Als ein Hauptanwendungsfall wurde die Verbreitung von im Ausland rechtmäßig hergestellten und von dort importierten Vervielfältigungen in Deutschland angesehen, deren Herstellung hier rechtswidrig gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - I ZR 155/90 "Cliff Richard II" -, NJW 1995, S. 868 <870>; Meckel, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 96 Rn. 1).

17

c) § 97 Abs. 1 UrhG gibt dem Inhaber eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts unter bestimmten Bedingungen einen Unterlassungsanspruch. Die Vorschrift lautet:

18

Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

19

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

20

2. a) § 17 UrhG dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Urheberrechtsrichtlinie). Diese hat ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften über die Rechtskoordinierung und -angleichung im Binnenmarkt (Art. 47 Abs. 2, Art. 55, Art. 95 EG, heute Art. 53 Abs. 1, Art. 62, Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV). Ihr Harmonisierungszweck wird insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 3, 4, 6 und 7 angesprochen, während in den Erwägungsgründen 4, 9 bis 12 und 22 das angestrebte hohe Schutzniveau im Bereich des geistigen Eigentums betont wird.

21

Die Urheberrechtsrichtlinie dient, wie sich aus ihrem Erwägungsgrund 15 ergibt, zugleich der Umsetzung zweier völkerrechtlicher Verträge vom 20. Dezember 1996, nämlich des WIPO-Urheberrechtsvertrags (WCT; UNTS Bd. 2186, S. 121; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, in Kraft getreten am 6. März 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010) und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger (WPPT; UNTS Bd. 2186, S. 203; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, 770, in Kraft getreten am 20. Mai 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010). Ausweislich ihrer Präambeln sollen die Verträge insbesondere die Rechte von Autoren, darbietenden Künstlern und Tonträgerherstellern erhalten und weiterentwickeln.

22

b) Die Urheberrechtsrichtlinie regelt das Verbreitungsrecht in ihrem Artikel 4:

23

Verbreitungsrecht

24

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

25

(2) Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

26

Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie holte der Bundesgerichtshof in einem Parallelverfahren zum hiesigen Ausgangsverfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03 - (GRUR 2007, S. 50) eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) gemäß Art. 267 AEUV unter anderem zu der Frage ein, ob von einer Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form auf sonstige Weise auszugehen ist, wenn Dritten der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ermöglicht wird, ohne dass mit der Gebrauchsüberlassung eine Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Werkstücke verbunden ist. Gegenstand dieses Verfahrens, das ebenfalls die Beschwerdeführerin des vorliegenden Verfahrens eingeleitet hatte, war das Aufstellen in Italien erworbener Imitate von Le-Corbusier-Möbeln zur Benutzung durch Kunden in der Ruhezone eines Kaufhauses und zu Dekorationszwecken in dessen Schaufenstern.

27

In seinem Vorlagebeschluss verwies der Bundesgerichtshof auf seine Rechtsprechung, derzufolge ein Verbreiten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie regelmäßig vorliege, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des (auch vorübergehenden) Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt würden (a.a.O., <51>). Als noch nicht geklärt sah der Bundesgerichtshof die Frage an, ob dies auch gelte, wenn Werkstücke ohne Übertragung des Eigentums oder des Besitzes und damit ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Seiner Ansicht nach sei dies aufgrund des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und der ein hohes Schutzniveau verlangenden Erwägungsgründe zu bejahen (a.a.O., <52>).

28

Der Europäische Gerichtshof entschied indessen, dass eine Verbreitung im Sinne der Richtlinie nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege (Urteil vom 17. April 2008 - C-456/06 Peek&Cloppenburg/Cassina -, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 41). Zur Begründung führte er aus (Rn. 29 ff.), die Richtlinie präzisiere den Begriff der Verbreitung nicht, er werde aber in Art. 6 Abs. 1 WCT und in Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 WPPT definiert. Die Urheberrechtsrichtlinie diene ausweislich ihres Erwägungsgrundes 15 dazu, den Verpflichtungen der Gemeinschaft aus diesen Verträgen nachzukommen, denen zufolge eine Verbreitung nur bei einer Eigentumsübertragung vorliege. Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie sei daher ebenso auszulegen. Diese Schlussfolgerungen würden durch die Erwägungsgründe 9 bis 11 der Richtlinie nicht entkräftet; ein hohes Schutzniveau könne nur in dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Rahmen verwirklicht werden (Rn. 37 ff.).

II.

29

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht mit Sitz in Italien, produziert Polstermöbel, die nach Entwürfen des 1965 verstorbenen Charles-Édouard Jeanneret-Gris, genannt Le Corbusier, gefertigt sind. Zwischen ihr und der Fondation Le Corbusier in Paris, welche die Rechte des verstorbenen Urhebers wahrnimmt, sowie zwei weiteren Rechtsnachfolgerinnen Le Corbusiers bestehen seit 1965 urheberrechtliche Exklusivverträge für die weltweite Herstellung und den Verkauf bestimmter von Le Corbusier entworfener Möbel. Die Verträge erlauben der Beschwerdeführerin auch das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen.

30

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, eine Zigarrenherstellerin, richtete in einer Kunst- und Ausstellungshalle eine Zigarrenlounge ein. Sie erwarb bei einer in Bologna geschäftsansässigen Firma (zugleich Streithelferin der Beklagten im Ausgangsverfahren) Nachbildungen von Sesseln und Sofas der Le-Corbusier-Möbel und stellte diese in der Lounge auf. Urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Möbelmodellen sind der Streithelferin nicht eingeräumt.

31

Die Beschwerdeführerin erwirkte beim Landgericht und beim Oberlandesgericht eine Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, von ihr nicht genehmigte Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Le-Corbusier-Möbelmodelle in der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten, insbesondere in der genannten Zigarrenlounge aufzustellen und gewerblich zu benutzen. Die Gerichte stützten den Unterlassungsanspruch auf § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UrhG und legten dabei einen weiten Begriff der Verbreitung zugrunde. Leitender Grundgedanke sei die tunlichst angemessene Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Nutzen seines Werks. Demgemäß solle der Urheber möglichst umfassend an jedem neuen Verwertungsvorgang teilhaben. Eine Besitzübertragung im Sinne von §§ 854 ff. BGB sei dafür nicht erforderlich, die rein tatsächliche Überlassung an die Kunden der Zigarrenlounge genüge.

32

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht erhob die Streithelferin der Beklagten Beschwerde zum Bundesgerichtshof.

33

2. In dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde stellte der Bundesgerichtshof die Entscheidung im Hinblick auf das in dem oben genannten Parallelverfahren eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zunächst zurück.

34

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Parallelverfahren vom 17. April 2008 (a.a.O.) ließ der Bundesgerichtshof die Revision im Ausgangsverfahren zu. Mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Januar 2009 (ZUM-RD 2009, S. 531) hob er das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ab. Im Parallelverfahren entschied der Bundesgerichtshof in gleicher Weise (Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03 -, GRUR 2009, S. 840).

35

Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, der Beschwerdeführerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG nicht zu, denn die Beklagte habe das Verbreitungsrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG durch das Aufstellen der Möbel nicht verletzt und auch nicht gegen das Verwertungsverbot nach § 96 UrhG verstoßen.

36

a) Da es sich bei dem Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie um harmonisiertes Recht handele, sei § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Die Richtlinie begründe insoweit nicht nur einen Mindestschutz, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürften, sondern stelle eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes dar. Dies folge aus dem Zweck der Richtlinie, unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Interesse der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts anzupassen und ein uneinheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die zum Teil im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht stelle darauf ab, dass die Regelungen des Verbreitungsrechts in den WIPO-Verträgen nur Mindestrechte gewährten und es den Vertragsstaaten unbenommen bleibe, über diesen Mindestschutz hinauszugehen. Die sich daraus ergebenden Folgerungen beträfen aber nur die Auslegung der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und damit die vom Europäischen Gerichtshof nunmehr bejahte Frage, ob eine Verbreitung im Sinne dieser Richtlinienbestimmung nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege.

37

Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte, dass ein Dritter nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht eingreife, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit lediglich zum Gebrauch zugänglich mache.

38

b) Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Beschwerdeführerin auch nicht wegen Verletzung des Verwertungsverbots aus § 96 Abs. 1 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift dürften rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG scheide aus, weil der Begriff der Verbreitung demjenigen des § 17 UrhG entspreche und dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Für eine analoge Anwendung fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs habe der Gemeinschaftsgesetzgeber das Verbreitungsrecht bewusst auf Sachverhalte beschränkt, die mit der Übertragung des Eigentums des Originals des Werks oder eines Vervielfältigungsstücks verbunden seien.

III.

39

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

40

1. Die Beschwerdeführerin hält sich für beschwerdebefugt. Als ausländische juristische Person mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat könne sie ungeachtet Art. 19 Abs. 3 GG auch eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts rügen. Dabei sei auch ohne Bedeutung, dass sie nicht selbst als Urheberin, sondern nur aufgrund vertraglicher Absprachen mit der Fondation Le Corbusier berechtigt sei.

41

2. Das angegriffene Urteil verletze Art. 14 Abs. 1 GG.

42

a) Die Auslegung von § 17 Abs. 1 UrhG durch den Bundesgerichtshof habe zur Folge, dass der Urheber andere Verbreitungsformen als die Eigentumsübertragung nicht mehr unterbinden könne. Mit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Eingriffs habe sich der Bundesgerichtshof nicht befasst, weil er davon ausgegangen sei, europarechtlich an diese Auslegung gebunden zu sein. Dabei habe er übersehen, dass Verbreitungsformen, die nicht in einer Eigentumsübertragung bestehen, von vornherein nicht vom Regelungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie erfasst seien, so dass die Auslegung des nationalen Rechts insoweit durch die Richtlinie nicht determiniert werde. Wollte man dies anders sehen, hätte der Bundesgerichtshof jedenfalls nicht von einem Maximalschutzcharakter der Richtlinie ausgehen dürfen. Die Urheberrechtsrichtlinie regle nur einen Mindestschutz, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 9 bis 12 ergebe. § 17 Abs. 1 UrhG hätte verfassungskonform so ausgelegt werden müssen, dass auch die Besitz- und Gebrauchsüberlassung erfasst würde. Dies entspreche der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (bis zur angegriffenen Entscheidung) und der Obergerichte sowie der Auffassung des deutschen Gesetzgebers.

43

Die Auslegung durch den Bundesgerichtshof führe dazu, dass der Kernbestand des Urheberrechts, nämlich über die Rechte am Werk in eigener Verantwortung verfügen und Dritte von der Nutzung des Werks ausschließen zu können, nicht mehr gewährleistet sei. Die Streithelferin umgehe bewusst das deutsche Urheberrecht, indem sie ihre Plagiate in Italien veräußere und vom Käufer nach Deutschland schaffen lasse. Die Gebrauchs- oder Besitzüberlassung in Deutschland werde damit zum einzigen Rechtsakt, auf den der Urheber Zugriff habe oder nach bisheriger Rechtsprechung gehabt habe.

44

b) Die Argumentation des Bundesgerichtshofs sei auch im Hinblick auf § 96 UrhG nicht tragfähig. Die Vorschrift bezwecke gerade, dass kein Dritter das Ergebnis einer rechtswidrigen Handlung für sich ausnutzen könne. Der Bundesgerichtshof dürfe nicht auf den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers abstellen, denn § 96 UrhG sei nicht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert.

45

3. Weiter verletze das Urteil das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter. Die Vorlagefragen im Parallelverfahren seien unzureichend gewesen. Nach deren Beantwortung habe der Bundesgerichtshof die Sache erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen und fragen müssen, ob der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt überhaupt in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie falle. Bei Verneinung dieser Frage hätte es keine gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Auslegung der "Verbreitung" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG gegeben. Ebenso zwingend sei eine Vorlage der Frage gewesen, ob Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie einen Mindest- oder zugleich einen Maximalschutz definiere. Der Bundesgerichtshof beantworte diese entscheidungserhebliche Frage hingegen selbst. Die fehlende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei offensichtlich unhaltbar, weil eine mögliche Gegenauffassung der vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sei; die Literatur gehe einhellig von einem bloßen Mindestschutzcharakter aus, was der Bundesgerichtshof durchaus erkannt habe.

IV.

46

Die Streithelferin der Beklagten und die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) haben zur Verfassungsbeschwerde Stellungnahmen abgegeben (letztere abgedruckt in GRUR 2010, S. 698).

47

1. Nach Auffassung der Streithelferin auf Beklagtenseite, der Herstellerin der Möbelnachbildungen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt sei. Der urheberrechtliche Exklusivvertrag beschränke sich auf die Rechte auf Herstellung und Verkauf der Möbel. Die Beschwerdeführerin könne sich zudem als ausländische juristische Person nicht auf eine Verletzung des deutschen Eigentumsgrundrechts stützen. Die Verletzung solle aus einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Urheberrechts herrühren; die Richtlinie sei aber allein vom Europäischen Gerichtshof an Grundrechten des Unionsrechts zu messen.

48

Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 (a.a.O.) gehe hervor, dass er von einem voll harmonisierten Verbreitungsbegriff ausgehe. Durch die Definition des Verbreitungsbegriffs würden lediglich Inhalt und Schranken des Eigentums in zulässiger Weise bestimmt.

49

2. Der Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zufolge ist die aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 vom Bundesgerichtshof gezogene Schlussfolgerung, die Urheberrechtsrichtlinie regle einen Maximalschutz, nicht zwingend. Auch bei vollständiger Harmonisierung des Verbreitungsrechts seien die Mitgliedstaaten nicht gehindert, weitere Ausschließlichkeitsrechte zu gewähren.

50

Eine Lücke im Schutz des Urheberrechts bestehe aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs allerdings nur in den Fällen, in denen im Ausland schutzfrei hergestellte Werkexemplare erworben und diese im Inland ohne Eigentumsübergang genutzt würden, ohne dass das ausschließliche Vermietrecht eingreife (was bei Werken der angewandten Kunst der Fall sei, § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UrhG). Demgegenüber erfasse das Verbreitungsrecht nach wie vor, auch bei angewandter Kunst, den Fall, dass im Ausland erworbene Werkexemplare im Inland weiterveräußert würden.

B.

51

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

52

Das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs ist, auch soweit es Rechtsvorschriften betrifft, die Unionsrecht in deutsches Recht umsetzen, als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 126, 286 <298 f.>).

53

Zwar übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Unionsrecht, das als Grundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, grundsätzlich nicht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 125, 260 <306>). Dies gilt auch für innerstaatliche Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben einer Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Anwendung unionsrechtlich vollständig determinierter Bestimmungen des nationalen Rechts richten, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 125, 260 <306>).

54

Diese Grundsätze stehen einer Überprüfung des angegriffenen Urteils jedoch nicht entgegen. Wird wie hier die Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung darauf gestützt, dass ein Gericht bei der Auslegung nationalen Umsetzungsrechts einen den Mitgliedstaaten verbleibenden Umsetzungsspielraum verkannt habe, beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung deutscher Grundrechte im Bereich des unionsrechtlich nicht vollständig determinierten Rechts. Insoweit kann er auch geltend machen, das Gericht habe sich zu Unrecht durch Unionsrecht gebunden gesehen.

II.

55

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdefähig und -befugt. Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde reicht es aus, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung eines für ihn verfassungsbeschwerdefähigen Rechts aufzeigt (vgl. BVerfGE 125, 39 <73> m.w.N.).

56

1. a) Art. 19 Abs. 3 GG steht der Beschwerdefähigkeit für die Rüge einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht entgegen.

57

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung der materiellen Grundrechte allgemein für ausländische juristische Personen unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG zwar abgelehnt (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). Neuere Kammerbeschlüsse haben hingegen offen gelassen, ob diese Rechtsprechung auch auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2004 - 1 BvR 1620/03 -, NJW 2004, S. 3031, und vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, S. 670 f.). Angesichts der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - verb. Rs. C-92/92 und C-326/92 Phil Collins -, Slg. 1993, S. I-5145, Rn. 30 ff., 35; Urteil vom 5. November 2002 - C-208/00 Überseering -, Slg. 2002, S. I-9919, Rn. 76 ff.) erscheint es jedenfalls möglich, dass die Beschwerdeführerin mit Sitz in Italien Trägerin des Grundrechts auf Eigentum ist.

58

b) Der Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr Eigentumsgrundrecht lässt sich nicht entgegenhalten, dass sie nicht selbst Urheberin der Möbelmodelle ist, sondern mit den Rechtsnachfolgern von Le Corbusier Exklusivverträge über die Herstellung und Vermarktung der Möbelmodelle Le Corbusiers geschlossen hat. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in deren durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutzrechte des geistigen Eigentums eingerückt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2000 - 1 BvR 1864/95 -, GRUR 2001, S. 43). Demgegenüber handelt es sich nicht um den Fall einer grundsätzlich unzulässigen Prozessstandschaft, bei der fremde Rechte im eigenen Namen geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 25, 256 <263>; 31, 275 <280>; 56, 296 <297>).

59

2. Die Beschwerdefähigkeit und -befugnis im Hinblick auf die Rüge einer Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind gegeben. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, da die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG jedem zustehen können, gleichgültig ob er eine natürliche oder juristische, eine inländische oder ausländische Person ist (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 64, 1 <11>).

III.

60

Die Beschwerdeführerin ist bezüglich der Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch dem Grundsatz der Subsidiarität gerecht geworden.

61

1. Der Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde muss, über die bloße formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; stRspr). Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens sind allerdings grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht rechtliche Darlegungen verlangt. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren einer Verfassungsbeschwerde lediglich, den Sachverhalt so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist; diese ist dann von den Gerichten vorzunehmen. Der Beschwerdeführer muss das fachgerichtliche Verfahren nicht im Sinne eines vorgezogenen Verfassungsrechtsstreits führen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>).

62

Etwas anderes kann in Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Weiter ist zu beachten, dass die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>; 112, 50 <62>). Das bedeutet insbesondere, dass von der Rechtsordnung eröffnete Rechtsbehelfe in zulässiger Weise ergriffen werden müssen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>).

63

Die Beachtung der hieraus folgenden Anforderungen muss der Beschwerdeführer, wenn sie nicht offensichtlich gewahrt sind, in seiner Verfassungsbeschwerde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG substantiiert darlegen (vgl. BVerfGK 4, 102 <103 f.>).

64

2. Im Rahmen einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die damit umschriebene Obliegenheit des Beschwerdeführers regelmäßig darauf, durch entsprechende Anträge oder Anregungen an das Fachgericht eine Befassung des gesetzlichen Richters zu erreichen.

65

Handelt es sich beim gesetzlichen Richter um den Europäischen Gerichtshof, ist ein entsprechender Antrag der Beteiligten auf Vorlage allerdings nicht vorgesehen, vielmehr ist ein letztinstanzliches nationales Gericht unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>). Es genügt daher dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn das Vorbringen bei rechtlicher Prüfung durch das Fachgericht eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof als naheliegend erscheinen lässt.

66

3. Danach hat die Beschwerdeführerin die Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters zulässig erhoben. Sie hat dem Bundesgerichtshof ein Gutachten unter anderem zur Frage der Voll- oder Teilharmonisierung des Verbreitungsrechts durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt und damit den sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden Anforderungen noch Genüge getan. Das Gutachten gab dem Bundesgerichtshof hinreichenden Anlass, die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens selbst zu klären.

C.

67

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar kann sich die Beschwerdeführerin darauf stützen, Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes einschließlich des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG zu sein (I.). Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG durch das angegriffene Urteil lässt sich jedoch nicht feststellen (II.). Das Urteil verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (III.).

I.

68

Die Beschwerdeführerin als juristische Person mit Sitz in Italien ist Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes. Die Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt eine aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) vertraglich veranlasste Anwendungserweiterung des deutschen Grundrechtsschutzes dar.

69

1. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die "wesensmäßige Anwendbarkeit" ist bei den hier als verletzt gerügten Grundrechten ohne weiteres gegeben (vgl. zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 4, 7<17>; 23, 153 <163>; 35, 348 <360>; 53, 336 <345>; 66, 116 <130>; zu den Prozessgrundrechten: BVerfGE 3, 359 <363>; 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 19, 52 <55 f.>; 64, 1 <11>; 75, 192 <200>).

70

a) Demgegenüber hat der Senat bislang entschieden, dass sich ausländische juristische Personen auf materielle Grundrechte - anders als auf prozessuale Grundrechte wie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 21, 362 <373>; 64, 1 <11>) - nicht berufen können. Zur Begründung hat er auf Wortlaut und Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG verwiesen, die eine entsprechende ausdehnende Auslegung verböten (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). In anderen Entscheidungen haben beide Senate des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechtsberechtigung ausländischer juristischer Personen ausdrücklich dahingestellt (vgl. allgemein BVerfGE 12, 6 <8>; 34, 338 <340>; 64, 1 <11>; sowie BVerfGE 18, 441 <447> hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG).

71

Mit der spezielleren Frage, ob ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, Träger materieller Grundrechte des Grundgesetzes sein können, hat sich das Bundesverfassungsgericht hingegen bislang nicht näher befasst. Allerdings wurde in einer Entscheidung aus dem Jahr 1968 die Verfassungsbeschwerde einer Vereinigung französischen Rechts mit Sitz in Frankreich ohne weitere Begründung für unzulässig erklärt (BVerfGE 23, 229 <236>); in der Entscheidung aus dem Jahr 1973 zu einer französischen Handelsgesellschaft blieb deren Grundrechtsfähigkeit ausdrücklich dahingestellt (BVerfGE 34, 338 <340>). In der Literatur ist die Frage umstritten (vgl. befürwortend Drathen, Deutschengrundrechte im Lichte des Gemeinschaftsrechts, 1994; H. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 19 Abs. 3 Rn. 20 f., 83 f.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 19 Abs. 3 Rn. 305 ff.; Kotzur, DÖV 2001, S. 192 <195 ff.>; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 93 ff. ; ablehnend Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz, 1985, S. 46 ff.; Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 36 ff.; v. Mutius, in: Bonner Kommentar zum GG 1975, Art. 19 Abs. 3 Rn. 50, 52; Weinzierl, Europäisierung des deutschen Grundrechtsschutzes?, 2006).

72

b) Nach dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte "für inländische juristische Personen". Wegen der Beschränkung auf inländische juristische Personen lässt sich eine Anwendungserweiterung nicht mit dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG begründen. Es würde die Wortlautgrenze übersteigen, wollte man seine unionsrechtskonforme Auslegung auf eine Deutung des Merkmals "inländische" als "deutsche einschließlich europäische" juristische Personen stützen. Auch wenn das Territorium der Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesichts des ihren Bürgern gewährleisteten Raumes "der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen" mit freiem Personenverkehr (Art. 3 Abs. 2 EUV) nicht mehr "Ausland" im klassischen Sinne sein mag, wird es dadurch nicht zum "Inland" im Sinne der territorialen Gebietshoheit (vgl. BVerfGE 123, 267 <402 f.>).

73

Der Vorschrift lag jedoch kein Wille des Verfassungsgebers zugrunde, eine Berufung auf die Grundrechte auch seitens juristischer Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union dauerhaft auszuschließen. Der Allgemeine Redaktionsausschuss des Parlamentarischen Rats kam in einem Entwurf eines Art. 20a GG, der dem heutigen Art. 19 Abs. 3 GG entsprach, zu dem Schluss, es "dürfte kein Anlass bestehen, auch ausländischen juristischen Personen den verfassungsmäßigen Schutz der Grundrechte zu gewähren" (Parlamentarischer Rat, Drucks. 370 vom 13. Dezember 1948). Aus diesem Grund hatte der Vorsitzende des Ausschusses für Grundsatzfragen, v. Mangoldt, vorgeschlagen, das Wort "inländische" einzufügen, womit sich der Ausschuss einverstanden erklärte (Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen, Drucks. 578 vom 11. Januar 1949, S. 10).

74

In den Jahren 1948/49 stand die Entwicklung eines gemeinsamen Europas noch am Anfang. Seitdem hat die Europäische Union zunehmend Gestalt angenommen und ist heute als hochintegrierter "Staatenverbund" (BVerfGE 123, 267 <348>) ausgestaltet, an dem die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 1 GG mitwirkt. Die Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG nimmt diese Entwicklung auf.

75

2. Die Anwendungserweiterung des Grundrechtsschutzes auf juristische Personen aus der Europäischen Union entspricht den durch die europäischen Verträge übernommenen vertraglichen Verpflichtungen, wie sie insbesondere in den europäischen Grundfreiheiten und - subsidiär - dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV zum Ausdruck kommen. Die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen im Anwendungsbereich des Unionsrechts einer Ungleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen aus der Europäischen Union entgegen und drängen insoweit die in Art. 19 Abs. 3 GG vorgesehene Beschränkung der Grundrechtserstreckung auf inländische juristische Personen zurück.

76

a) Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist seit 1957 in den europäischen Verträgen verankert und wurde im Lissabonner Vertrag unverändert in Art. 18 AEUV übernommen. Es ist ein Grundprinzip des Unionsrechts (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - C-115/08 Österreich/ČEZ -, EuZW 2010, S. 26, Rn. 89; vgl. schon H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 592), das in den Grundfreiheiten weiter ausgestaltet wird. Das Diskriminierungsverbot gehört zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft und ist unmittelbar vor mitgliedstaatlichen Gerichten anwendbar; es begünstigt neben natürlichen auch juristische Personen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 30 ff.). Das allgemeine und die speziellen Diskriminierungsverbote verpflichten die Mitgliedstaaten und alle ihre Organe und Stellen, juristische Personen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch im Hinblick auf den zu erlangenden Rechtsschutz Inländern gleichzustellen. In einem Vorabentscheidungsverfahren auf Vorlage des Bundesgerichtshofs hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass die europarechtliche Niederlassungsfreiheit eine nichtdiskriminierende Beurteilung der Rechts- und damit Parteifähigkeit vor deutschen Zivilgerichten verlangt (Urteil vom 5. November 2002 - Überseering -, a.a.O., Rn. 76 ff.).

77

b) Eine Anwendungserweiterung erübrigt sich nicht, weil ein gleichwertiger Schutz der Beschwerdeführerin anderweitig gesichert wäre. Zwar können sich juristische Personen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat in fachgerichtlichen Verfahren ohnehin auf die unmittelbare Geltung des primären Unionsrechts stützen und bleiben somit auch ohne Berufung auf die deutschen Grundrechte nicht ohne Rechtsschutz. Für einen gleichwertigen Schutz im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote reicht es jedoch nicht aus, wenn ausländische juristische Personen zwar im fachgerichtlichen Verfahren auf eine materielle Gleichstellung mit inländischen juristischen Personen hinwirken, ihre Rechte aber gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG mangels Grundrechtsträgerschaft nicht auch mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen können.

78

c) Ein Eingreifen der aus den Grundfreiheiten und Art. 18 AEUV abgeleiteten unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote setzt voraus, dass die betroffenen juristischen Personen aus der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Unionsrechts tätig werden. Der Anwendungsbereich der Verträge richtet sich insoweit nach dem jeweiligen Stand des Primär- und Sekundärrechts der Europäischen Union und damit nach den ihr in den europäischen Verträgen übertragenen Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV, vgl. BVerfGE 123, 267 <349 ff.>; 126, 286 <302>). Insbesondere ist er bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten des Vertrags und dem Vollzug des Unionsrechts eröffnet. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die sich unter anderem auf unionsrechtlich (teil-)harmonisiertes Urheberrecht beruft, welches durch wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland verletzt worden sein soll, fällt in den Anwendungsbereich der Verträge in diesem Sinne (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 22, 27; Urteil vom 6. Juni 2002 - C-360/00 Ricordi -, Slg. 2002, S. I-5088, Rn. 24).

79

d) Durch die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG werden juristische Personen mit einem Sitz im EU-Ausland ebenso behandelt wie inländische juristische Personen. Dies impliziert umgekehrt, dass EU-Ausländern die gleichen Vorschriften der Verfassung wie inländischen juristischen Personen entgegengehalten werden können. Voraussetzung der Berufungsmöglichkeit auf die Grundrechte ist demnach ein hinreichender Inlandsbezug der ausländischen juristischen Person, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die ausländische juristische Person in Deutschland tätig wird und hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden kann (so der Sache nach zu den Prozessgrundrechten bereits BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>).

80

e) Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es nicht. Die nationalen Gerichte sind selbst dazu befugt, eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen. Die richtige Auslegung der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote ist hier so offenkundig, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel bleibt ("acte clair"; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 C.I.L.F.I.T. -, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16).

81

3. Die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG auf juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union reagiert auf die europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung und vermeidet eine Kollision mit dem Unionsrecht. Die Bundesrepublik Deutschland ist an Art. 18 AEUV und die sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Diskriminierungsverbote einschließlich ihres Anwendungsvorrangs vor nationalem Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 <301 f.>) gebunden. Die Anwendungserweiterung beachtet den Grundsatz, dass das supranational begründete Recht der Europäischen Union keine rechtsvernichtende, derogierende Wirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht entfaltet, sondern nur dessen Anwendung soweit zurückdrängt, wie es die Verträge erfordern und es die durch das Zustimmungsgesetz erteilten Rechtsanwendungsbefehle erlauben. Mitgliedstaatliches Recht wird insoweit lediglich unanwendbar (vgl. BVerfGE 123, 267 <398 ff.>; 126, 286 <301 f.>). Die europarechtlichen Vorschriften verdrängen Art. 19 Abs. 3 GG nicht, sondern veranlassen lediglich die Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf weitere Rechtssubjekte des Binnenmarkts. Art. 23 Abs. 1 Satz 2, 3 GG erlaubt, unter Wahrung der in Art. 79 Abs. 2, 3 GG genannten Voraussetzungen Hoheitsgewalt auch insoweit auf die Europäische Union zu übertragen, als dadurch die Reichweite der Gewährleistungen des Grundgesetzes geändert oder ergänzt wird, ohne dass dabei das Zitiergebot des Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5. November 1993, BTDrucks 12/6000, S. 21; Pernice, in: H. Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 23 Rn. 87; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Oktober 2009, Art. 23 Rn. 115). Mit der vertraglichen Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu den Vorläuferregelungen zu Art. 18 AEUV und zu den Grundfreiheiten wurde unter Wahrung der Grenzen des Art. 79 Abs. 2, 3 GG auch der Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote mit der von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG geforderten Mehrheit gebilligt (vgl. BVerfGE 126, 286 <302>). Dies wirkt sich auch auf den Anwendungsbereich der Grundrechte aus, sofern eine Erstreckung der Grundrechtsgeltung auf juristische Personen aus der Europäischen Union veranlasst ist, um im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft zu vermeiden. Die einzelnen Grundrechte des Grundgesetzes verändern sich durch die Erweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG jedoch nicht.

82

4. Die dem Bundesverfassungsgericht aufgegebene Kontrolle des europäischen Rechts auf Erhaltung der Identität der nationalen Verfassung, auf Einhaltung der nach dem System der begrenzten Einzelermächtigung überlassenen Kompetenzen und der Gewährleistung eines im Wesentlichen dem deutschen Grundrechtsschutz gleichkommenden Schutzniveaus bleibt erhalten. Die Identität der Verfassung (vgl. BVerfGE 123, 267 <354, 398 ff.>; 126, 286 <302 f.>) wird durch die Erweiterung der Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG offensichtlich nicht berührt.

II.

83

Art. 14 Abs. 1 GG ist durch das angegriffene Urteil nicht verletzt. Zwar unterfällt das Urheberrecht der Beschwerdeführerin dem verfassungsmäßigen Recht am Eigentum (1.), welches die Gerichte bei der Auslegung nationalen Rechts zu beachten haben, soweit das europäische Recht hierbei Auslegungsspielräume lässt (2.). Die richtlinienkonforme Auslegung der streitentscheidenden Vorschriften der §§ 17, 96 UrhG durch den Bundesgerichtshof ist aber mit dem Grundgesetz vereinbar (3.).

84

1. Das in §§ 17, 96 UrhG gesetzlich ausgestaltete Recht des Urhebers, die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken seines Werks zu kontrollieren, stellt Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Nach diesen Vorschriften kommen auch Urheber angewandter Kunst in den Genuss dieses Rechts, soweit das Design die erforderliche Gestaltungshöhe besitzt. Dies ist hier unstreitig der Fall.

85

Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 1 <25>; 79, 29 <40>). Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, dem Urheber jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (vgl. BVerfGE 31, 248 <252>; 31, 275 <287>).

86

2. a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>). Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358> m.w.N.).

87

Wie etwa im Mietrecht und im Arbeitsrecht ist es allerdings auch in urheberrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 -, GRUR 2011, S. 223, Rn. 19 m.w.N.). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist vielmehr erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; 95, 28 <37>; 97, 391 <401>; 112, 332 <358 f.>).

88

b) Ein Grundrechtsverstoß liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Zivilgericht den grundrechtlichen Einfluss überhaupt nicht berücksichtigt oder unzutreffend eingeschätzt hat und die Entscheidung auf der Verkennung des Grundrechtseinflusses beruht (vgl. BVerfGE 97, 391 <401>). Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Gericht in der Annahme, an vermeintlich zwingendes Unionsrecht gebunden zu sein, an der Berücksichtigung der Grundrechte des Grundgesetzes gehindert sieht. Lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, ist dieser grundgesetzkonform auszufüllen (vgl. BVerfGE 113, 273 <300 ff.>). Die Fachgerichte müssen den Einfluss der Grundrechte bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften des nationalen Rechts, die unionsrechtlich nicht oder nicht vollständig determiniert sind, zur Geltung bringen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>).

89

Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts, insbesondere also der umgesetzten Richtlinien zu ermitteln. Die Auslegung unionsrechtlicher Sekundärrechtsakte obliegt auf nationaler Ebene zuvörderst den Fachgerichten. Diese haben dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV - auch in Bezug auf den Schutz der Grundrechte - in Betracht zu ziehen.

90

Halten die Fachgerichte eine vollständige Bindung durch das Unionsrecht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für eindeutig, unterliegt dies der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Hierbei ist es nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt. Denn mit der Feststellung oder Verneinung eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums wird zunächst durch die Fachgerichte darüber entschieden, ob Grundrechte des Grundgesetzes berücksichtigt werden müssen und ob das Bundesverfassungsgericht nach seiner Rechtsprechung die Überprüfung nationaler Umsetzungsakte am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, solange die Europäische Union einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen wirksamen Schutz der Grundrechte gewährleisten, der nach Inhalt und Wirksamkeit dem Grundrechtsschutz, wie er nach dem Grundgesetz unabdingbar ist, im Wesentlichen gleichkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <161>; 123, 267 <335>).

91

c) Fehlt es an einem mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum, muss das Fachgericht das anwendbare Unionsrecht bei gegebenem Anlass auf seine Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten prüfen und, wenn erforderlich, ein Vorab-entscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV einleiten (vgl. BVerfGE 118, 79 <97>). Dasselbe gilt, wenn das Unionsrecht, einschließlich der europäischen Grundrechte (vgl. Art. 6 EUV in Verbindung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten), bislang ungeklärte Auslegungsfragen aufwirft. Eine Vorlage kann aus grundrechtlicher Sicht insbesondere dann erforderlich sein, wenn das Gericht Zweifel an der Übereinstimmung eines europäischen Rechtsakts oder einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs mit den Grundrechten des Unionsrechts, die einen den Grundrechten des Grundgesetzes entsprechenden Grundrechtsschutz gewährleisten, hat oder haben muss.

92

3. Ein Verstoß des angegriffenen Urteils gegen die Eigentumsfreiheit der Beschwerdeführerin gemäß Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich nach diesen Maßstäben nicht feststellen. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Urheberrechtsricht-linie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof lasse keinen Spielraum für die Einbeziehung der bloßen Gebrauchsüberlassung nachgeahmter Möbelstücke in den Schutz des Verbreitungsrechts nach § 17 Abs. 1 UrhG (a) und § 96 Abs. 1 UrhG (b), ist unter diesen Umständen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sind damit nicht verkannt.

93

a) Zur Harmonisierung des Verbreitungsrechts durch die Urheberrechtsrichtlinie werden verschiedene Auffassungen vertreten (vgl. die Nachweise im angegriffenen Urteil, a.a.O., Rn. 13 f., sowie Goldmann/Möller, GRUR 2009, S. 551 <554 f.>; v. Lewinski, in: Hilty/Drexl/Nordemann, Festschrift für Loewenheim, 2009, S. 175 <180 ff.>; Schulze, GRUR 2009, S. 812 <813 f.>; vgl. auch die Stellungnahme der GRUR im vorliegenden Verfahren, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof verweist zutreffend darauf, dass § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen ist. Er durfte von Verfassungs wegen davon ausgehen, dass die Annahme einer bloßen Teilharmonisierung mit dem Harmonisierungszweck der Richtlinie, wie er insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 4, 6, 7 niedergelegt ist, und der Warenverkehrsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar wäre. Der Europäische Gerichtshof hat im Parallelverfahren etwaige Umsetzungsspielräume nicht erwähnt und Erweiterungen des Verbreitungsbegriffs ausdrücklich dem Unionsgesetzgeber vorbehalten (Urteil vom 17. April 2008, a.a.O., Rn. 37 ff.). Die Generalanwältin hatte sich für eine Auslegung im Sinne eines abschließenden Verbreitungsbegriffs zudem auf die Notwendigkeit des Schutzes der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 EG (jetzt Art. 34 AEUV) gestützt (Schlussanträge vom 17. Januar 2008, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 33 ff.). Der Bundesgerichtshof konnte demnach davon ausgehen, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ihm keinen Auslegungsspielraum lässt, um im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung von § 17 UrhG den in der Richtlinie vorgesehenen Schutz des Verbreitungsrechts zu überschreiten. Damit hat der Bundesgerichtshof die Frage des Umsetzungsspielraums aufgeworfen und ohne Verfassungsverstoß unter Beachtung des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beantwortet.

94

b) Der Bundesgerichtshof konnte auch den Verbreitungsbegriff in § 96 UrhG mit § 17 UrhG übereinstimmend auslegen sowie davon ausgehen, dass er mittelbar ebenfalls von der Harmonisierung durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie erfasst wird und demnach kein Spielraum für eine verfassungskonforme Auslegung blieb. Dass sich die Verbreitungsbegriffe der §§ 17, 96 UrhG entsprechen, steht im Einklang mit der allgemeinen Meinung (vgl. nur Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 96 Rn. 9).

III.

95

Das angegriffene Urteil entzieht die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

96

1. Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>).

97

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, "dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 10; Urteil vom 27. Juni 1991 - C-348/89 Mecanarte -, Slg. 1991, S. I-3277, Rn. 47; BVerfGE 82, 159 <194>).

98

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427, Rn. 104 f.; der Sache nach ebenso gehandhabt in BVerfGE 126, 286 <317 f.>).

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2. Nach diesen Maßstäben liegt keine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht vor.

100

Indem der Bundesgerichtshof die von ihm für entscheidungserheblich gehaltenen Fragen im Parallelverfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, hat er Art. 267 Abs. 3 AEUV auch im Streitfall nicht grundsätzlich verkannt. Auch wenn das Unionsrecht die Vorlage einer gleichen oder ähnlichen Auslegungsfrage erlaubt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 1986 - C-14/86 Pretore di Salò -, Slg. 1987, S. 2545, Rn. 12; stRspr), musste der Bundesgerichtshof aus verfassungsrechtlicher Sicht die Sache nicht erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen, wenn nach seiner Einschätzung die Antwort des Gerichtshofs keinen Raum für "vernünftigen Zweifel" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21) ließ. Dem angegriffenen Urteil ist die vertretbare Überzeugung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen, dass Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie eine vollharmonisierte Regelung des Verbreitungsrechts darstellt und der Europäische Gerichtshof die Auslegung des Verbreitungsbegriffs der Richtlinie abschließend und umfassend geklärt hat.

(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.

(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.

(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.

Auf Vereine, die nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner.

Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:

1.
die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;
2.
die Staatsangehörigkeit im Bunde;
3.
die Freizügigkeit, das Paßwesen, das Melde- und Ausweiswesen, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;
4.
das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung;
5.
die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
5a.
den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland;
6.
den Luftverkehr;
6a.
den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege;
7.
das Postwesen und die Telekommunikation;
8.
die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen;
9.
den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
9a.
die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;
10.
die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
a)
in der Kriminalpolizei,
b)
zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und
c)
zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung;
11.
die Statistik für Bundeszwecke;
12.
das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
13.
die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
14.
die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 9a bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Hält die Behörde den Widerspruch für begründet, so hilft sie ihm ab und entscheidet über die Kosten.

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.