Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Rostock vom 19.01.2010 - 364 Js 16530/06 - wird zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Schwerin - Große Strafkammer 1 als Wirtschaftsstrafkammer - eröffnet.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft Rostock hat mit Anklageschrift vom 19.01.2010 Anklage gegen die Angeschuldigten B. und Dr. S. wegen Untreue in zwei (B.) bzw. drei Fällen (Dr. S.) zum Landgericht Schwerin - Wirtschaftsstrafkammer - erhoben. Die Anklage geht dabei von besonders schweren Fällen der Untreue aus, weil die Angeschuldigten jeweils unter Mißbrauch ihrer Befugnisse als Dienstvorgesetzte gehandelt hätten (§ 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 4 1. Alt. StGB) und durch die Taten zu 1. und 2. jeweils ein Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht worden sei (§ 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. StGB).

2

Mit Beschluss vom 20.02.2012 - Az. 31 KLs 1/10 - hat die zuständige Kammer die Eröffnung des Hauptverfahrens aus - ausweislich des Tenors des Beschlusses - tatsächlichen Gründen abgelehnt. Gegen diesen, der Staatsanwaltschaft am 27.02.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28.02.2012 bei dem Landgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom selben Tag.

II.

3

Die gem. § 210 Abs. 2 StPO statthafte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist form- und fristgemäß erhoben (§ 311 Abs. 2 StPO), mithin zulässig.

4

Das Rechtsmittel erweist sich auch als begründet.

1.

5

Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Hinreichender Tatverdacht ist anzunehmen, wenn die nach Maßgabe des Akteninhaltes, nicht lediglich aufgrund der Anklageschrift vorzunehmende vorläufige Tatbewertung ergibt, dass die Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlich ist. Eine solche Wahrscheinlichkeit besteht, wenn unter erschöpfender Zugrundelegung des Ergebnisses der Ermittlungen und der daran anknüpfenden rechtlichen Erwägungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand bei Einschätzung des mutmaßlichen Ausgangs der Hauptverhandlung mehr für eine Verurteilung als für einen Freispruch spricht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 17.01.2012 - I Ws 404/11 - m. w. N.).

6

Dabei wird eine an Sicherheit grenzende Verurteilungswahrscheinlichkeit nicht gefordert. Auch wird nicht die gleiche Wahrscheinlichkeit verlangt wie beim dringenden Tatverdacht nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung des Angeschuldigten muss aber so groß sein, dass es einer Entscheidung durch das erkennende Gericht in der Hauptverhandlung bedarf, um festzustellen, ob noch bestehende Zweifel gerechtfertigt sind (vgl. KK-Schneider, StPO, 6. Aufl. § 203 Rdz. 4 m. w. N.).

7

Für den strafrechtlichen Entscheidungsgrundsatz "in dubio pro reo" ist bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts zwar grundsätzlich noch kein Raum, jedoch kann hinreichender Tatverdacht mit der Begründung verneint werden, dass nach Aktenlage bei den gegebenen Beweismöglichkeiten am Ende wahrscheinlich das Gericht nach diesem Grundsatz freisprechen wird (vgl. KK-Schneider a. a. O.; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 203 Rdz. 2; jeweils m. w. N.).

2.

8

Bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts gem. § 203 StPO sind auch die Grundsätze des Indizienbeweises zu berücksichtigen. Der Indizien- oder Anzeichenbeweis ist ein Beweis, bei dem von einer mittelbar bedeutsamen Tatsache auf eine unmittelbar entscheidungserhebliche Tatsache geschlossen wird. Ein Indiz kann aus persönlichen, z. B. aus dem Verhalten eines Verfahrensbeteiligten, oder sachlichen Beweismitteln geschlossen werden. Grundsätzlich ist eine Gesamtwürdigung aller nicht ausschließbar entscheidungserheblichen Beweisanzeichen notwendig. Die Indizien selbst allerdings müssen unzweifelhaft oder doch mindestens hoch wahrscheinlich feststehen, bevor Rückschlüsse, die nicht lediglich Spekulation sein dürfen, aus ihnen gezogen werden können (vgl. zu Vorstehendem Nack MDR 1986, S. 366; Meyer-Goßner, a. a. O. § 261 Rdz. 25, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzung korrespondiert zwanglos mit dem Umstand, dass die Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Straftat durch einen Beschuldigten nur aus bestimmten Tatsachen, nicht jedoch aus Vermutungen hergeleitet werden darf (Senatsbeschluss a.a.O.; vgl. auch Meyer-Goßner a. a. O. § 112 Rdz. 7).

3.

9

Im Lichte der vorstehenden Darlegungen konnte die angefochtene landgerichtliche Nichteröffnungsentscheidung keinen Bestand haben. Die Angeschuldigten sind der ihnen mit der Anklage der Staatsanwaltschaft Rostock vom 19.01.2010 vorgeworfenen Straftaten aufgrund der darin vorgenommenen zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Würdigung hinreichend verdächtig.

a.)

10

Der angefochtene Beschluss genügt bereits nicht den Begründungsanforderungen des § 204 Abs. 1 StPO, wonach im Falle der Nichteröffnung des Hauptverfahrens aus dem Beschluss klargestellt hervorgehenmuss, ob dies auf tatsächlichen oder Rechtsgründen beruht (vgl. dazu Meyer-Goßner a.a.O. § 204 Rdz. 4).

11

Dementgegen begründet die Kammer ihre Entscheidung entgegen dem Tenor und der Zusammenfassung (BA S. 39) des Beschlusses (Ablehnung der Eröffnung aus tatsächlichen Gründen) überwiegend mit rechtlichen Bewertungen, die aus ihrer Sicht die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigen. Die Kammer sieht aus rechtlichen Gründen eine Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht als nicht gegeben an, jedenfalls sei diese nicht "klar und deutlich" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Ferner hält sie den Pflichtwidrigkeitszusammenhang für den anklagegemäß bejahten Schaden für nicht gegeben, weil ihrer Auffassung nach auch bei pflichtgemäßem Verhalten der Schadenseintritt wahrscheinlich nicht habe vermieden werden können; dies aus Rechtsgründen deshalb, weil die Frist zur Rücknahme der Belegenheitsbescheinigungen gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG M-V abgelaufen sei.

b.)

12

Entgegen der Auffassung der Kammer - und die diese stützenden und vertiefenden Erwägungen der Verteidigung, zuletzt in den Schutzschriften vom 22.06.2012 (RAe ... für den Angeschuldigten B.) und vom 03.07.2012 (RA ... für den Angeschuldigten Dr. S.) - sind die Angeschuldigten der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB hinreichend verdächtig.

13

Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB in der Alternative des sog. Treubruchstatbestands - wie sie den Angeschuldigten in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Rostock vom 19.01.2010 zur Last gelegt wird - erfordert, dass sie

14

-- kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses zur Tatzeit die Pflicht hatten, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen [bb.)],

15

-- eine solche, ihnen obliegende Pflicht mit den Tathandlungen verletzt haben [cc.)], und

16

-- durch pflichtwidriges Handeln (bzw. Unterlassen) dem, dessen Vermögensinteressen sie zu betreuen hatten, Nachteil zufügt haben [dd.)]; darüber hinaus müssen

17

-- sowohl die Pflichtverletzung als auch die Zufügung des tatbestandsmäßigen Nachteils vom Vorsatz der Angeschuldigten umfasst gewesen sein, wobei bedingter Vorsatz genügt [ee.)].

18

Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich beider Angeschuldigter in den angeklagten Straftaten sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht erfüllt.

aa.)

19

Soweit die Angeschuldigten - insbesondere der Angeschuldigte B. betreffend Fall 2 der Anklage - die Tatbegehung im Tatsächlichen bestreiten, folgt der hinreichende Tatverdacht aus den zutreffenden Erwägungen der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift vom 19.01.2010. Die entgegenstehenden Einlassungen der Angeschuldigten, insbesondere des Angeschuldigten B., sind als unwahre Schutzbehauptungen zu werten. Der Senat verweist in dieser Hinsicht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift sowie in der Abschlussverfügung vom selben Tag (dort Bl. 4 ff., 31 ff. ; Bd. XIX Bl. 118 ff., 145 ff. d.A.).

20

Aber auch in rechtlicher Hinsicht sind die Angeschuldigten der ihnen vorgeworfenen Straftaten hinreichend verdächtig.

bb.)

21

Die Kammer geht zunächst in Übereinstimmung mit der Anklageschrift zutreffend davon aus, dass die Angeschuldigten aufgrund des ihnen jeweils übertragenen Amtes als leitende beamtete Mitarbeiter des Finanzministeriums bzw. der (früheren) Oberfinanzdirektion (OFD) die besonders herausgehobene Pflicht hatten, die Vermögensinteressen der öffentlichen Hand wahrzunehmen. Durch ihre Berufung in das von ihnen jeweils bekleidete öffentliche Amt haben die Angeschuldigten dafür Sorge zu tragen, dass das von den Finanzbehörden zu verwaltende öffentliche Vermögen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zweckentsprechend verwendet und drohende Vermögensnachteile abgewendet werden.

22

Dieser Pflichtenkreis ist auch hinreichend klar umrissen.

cc.)

23

Ihren Aufgaben sind die Angeschuldigten in den angeklagten Fällen pflichtwidrig nicht nachgekommen.

(1)

24

Nach den dazu entwickelten Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 23.06.2010 - 2 BvR 2559/08 - zitiert nach juris) knüpft das Merkmal der Pflichtverletzung an "außerstrafrechtliche Normkomplexe und Wertungen an, die das Verhältnis zwischen dem Vermögensinhaber und dem Vermögensverwalter im Einzelnen gestalten und so erst den Inhalt der - strafbewehrten - Pflicht und die Maßstäbe für deren Verletzung festlegen (Akzessorietät des Tatbestands)", wobei die Pflichtwidrigkeit aus zivil- oder öffentlich-rechtlichen Normen folge (Rn. 95). Das Pflichtwidrigkeitsmerkmal erschöpfe sich nicht nach Art eines Blankettmerkmals in der Weiterverweisung auf genau bezeichnete Vorschriften; es handele sich vielmehr um ein komplexes normatives Tatbestandsmerkmal. Zunächst stelle sich dem Normanwender die Frage, welche außerstrafrechtlichen Bestimmungen zur Beurteilung der Pflichtwidrigkeit heranzuziehen seien. Sodann stelle sich die Frage nach der Auslegung der relevanten Normen, unter denen sich Vorschriften von erheblicher Unbestimmtheit oder generalklauselartigen Charakters befinden können, da sich dem Normtext des § 266 Abs. 1 StGB selbst Anforderungen an die Bestimmtheit der in Bezug genommenen Normen nicht entnehmen lassen (Rn. 96).

(2)

25

Die Pflicht zu ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln ergibt sich vorliegend aus der aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz, dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie dem Grundsatz, dass der Staat keine Geschenke machen darf (BGH NStZ-RR 2005, 83), Zuwendungen also nur bei Vorliegen der hierfür bestehenden Voraussetzungen zu gewähren sind (vgl. BGH NJW 2003, 2179; NStZ 1983, 119).

(3)

26

Im Bereich der Investitionszulagen obliegt die Zuständigkeit für die materiell-rechtliche Prüfung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzung für die Gewährung der Zulage den Kommunalbehörden. Aus der Konzeption der durch deren Bauämter zu erteilenden Belegenheitsbescheinigungen i.S.d. InvZulG 1999, die als Grundlagenbescheide gemäß § 171 Abs. 10 AO für die Finanzbehörden - auch im Fall erkannter bzw. angenommener Rechtswidrigkeit (vgl. Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 175 Rn. 12 m.w.N., § 182 Rn. 9) grds. bindend sind, ergibt sich mithin eine vom Gesetzgeber gewollte Kompetenzteilung. Anerkannt ist, dass der Finanzbehörde keine eigene Entscheidungs-kompetenz über Grundlagenbescheide zukommt (st. Rspr. des Bundesfinanzhofs, vgl. BFH/NV 2008, 1882 m.w.N.).

(4)

27

Es besteht jedoch eine - jedenfalls in offensichtlich rechtswidrigen Fällen wie den der Anklage zu Grunde liegenden - zur Pflicht erstarkte Möglichkeit der Finanzbehörden bzw. ihrer - insbesondere leitenden - Mitarbeiter, bei den für den Erlass der Grundlagenbescheide zuständigen Behörden auf materiell rechtmäßiges Verwaltungshandeln hinzuwirken. Die Finanzverwaltung als Teil der an das Grundgesetz gebundenen öffentlichen Verwaltung darf ihre Augen nicht vor rechtswidrigem Verwaltungshandeln verschließen und diesem tatenlos zusehen oder rechtstreue Bedienstete von Remonstrationen abhalten.

(a)

28

Dass es zu erheblichen Missständen, gefälligkeitshalber bzw. unter Verkennung der Ausle-gungsmaßstäbe des § 3 Abs. 1 Nr. 4 b InvZulG erteilter Belegenheitsbescheinigungen gekommen war, war - wovon auch die Kammer ausgeht - in den Finanzbehörden und damit auch den Angeschuldigten bekannt. Auch die Notwendigkeit der Einflussnahme auf die zuständigen Behörden war mithin bekannt.

(b)

29

Hierfür stand das Rechtsinstitut der Remonstration zur Verfügung. Dieses Rechtsinstitut ist förmlich nicht geregelt. Maßgeblich sind daher die allgemeinen und durch die Recht-sprechung fortentwickelten Regelungen sowie die Anweisungen des zuständigen Bundes- bzw. Landesministeriums.

(aa)

30

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar ausdrücklich festgestellt, dass die Gehorsamspflicht des Beamten zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört und grds. auch dann weiterhin Geltung entfaltet, wenn an den Beamten eine rechtswidrige Weisung erteilt wird. Diese muss der Beamte grds. auch unverzüglich ausführen, aber erst, wenn er das sogenannte Remonstrationsverfahren erfolglos durchlaufen hat. Dies sahen zur Tatzeit die seinerzeit geltenden § 56 Abs. 2 BBG, § 38 Abs. 2 BRRG, § 60 Abs. 2 LBG M-V ausdrücklich vor.

31

Diese Normen regeln die Pflicht des Beamten, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit seines Tuns oder der Weisung eines Vorgesetzten an diesen heranzutreten und die eigenen Bedenken anzuzeigen. Bleibt dies erfolglos, hat der Beamte - dies erneut gesetzlich als Pflicht ausgestaltet - unverzüglich seine Bedenken dem nächsthöheren Vorgesetzten mitzuteilen. Auf Verlangen des Beamten ist über seine Bedenken schriftlich zu entscheiden.

32

Die Remonstrationspflicht verlangt somit vom Amtsträger, an ihn gerichtete Weisungen und von ihm zu bearbeitende Vorgänge kritisch zu hinterfragen und auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit dürfen ihn nicht dazu veranlassen, sich hinter seinen Vorgesetzten zurückzuziehen oder aber sich seiner Autorität unreflektiert zu beugen. Die eigenen Zweifel entlasten den Beamten nicht von seiner - zur Tatzeit - in § 56 Abs. 1 BBG, § 38 Abs. 1 BRRG, § 60 Abs. 1 LBG M-V niedergelegten persönlichen Verantwortung für die Rechtmäßigkeit seines dienstlichen Handelns (vgl. dazu Kment, BauR 2005, 1257, 1262 f. m.w.N.).

(bb)

33

Zu der Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden finanzfremder Ressorts und den Möglichkeiten der Finanzverwaltung bei als rechtswidrig erachteten Grundlagenbescheiden hat der Bundesfinanzhof folgende Grundsätze aufgestellt:

34

"In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass von Behörden erteilte Bescheinigungen, die Voraussetzung für die Gewährung von Investitionszulage sind, als Verwaltungsakte zu beurteilen sind, die die Finanzbehörden binden. Der BFH hat zur Rechtsnatur und Bindungswirkung derartiger Bescheinigungen in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sie materiell-rechtliche Voraussetzung für die Festsetzung von Investitionszulagen sind und weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzverwaltungsbehörde unterliegen, soweit es sich um außersteuerrechtliche Beurteilungen handelt" (BFH/NV 2008, 1882).

35

"Vertritt das FA eine von der bescheinigenden Gemeinde abweichende Auffassung und hält es den Grundlagenbescheid für rechtswidrig, so ist es nach Remonstration auf den Ver-waltungsrechtsweg verwiesen" (BFHE 196, 191).

36

"Vermag das FA dem nicht zu folgen, hat dieses nur die Möglichkeit, bei der Gemeinde darauf hinzuwirken, dass sie ggf. ihre Bescheinigung zurücknimmt oder ändert. Das FA kann nicht in eigener Zuständigkeit unter Hinweis auf das Fehlen baurechtlicher Voraussetzungen die erhöhten Absetzungen versagen." (BFHE 182, 175).

37

"Die in § 1 InvZulG 1969 vorgesehene Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft unterliegt weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung." "Solange die Wirtschaftsbehörde die Bescheinigung nicht zurückgenommen hat, ist sie für das FA bindend." "Daß der Kläger damit für eine Investition Zulagen enthält, die ihm jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut nicht zustehen, ist eine Entscheidung, die das Bundesamt zu verantworten hat. Vom FA ist diese Entscheidung hinzunehmen." (BFHE 147, 572).

38

Das Bundesfinanzministerium hat - im Nachgang zu früheren Anweisungen und in zeitlichem Zusammenhang mit den angeklagten Taten - mit Schreiben vom 28.02.2003 - IV A 5-InvZ 1272-6/03 - (BStBl. I, 218) in Abschnitt I Ziff. 6 Abs. 2 ausgeführt:

39

"Die Bescheinigung ist materiellrechtliche Voraussetzung für die Gewährung der Investitionszulage und Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO. Sie ist für die Finanzbehörden und Finanzgerichte bindend, soweit sie die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 b InvZulG 1999 bestimmten außersteuerlichen Feststellungen enthält... Stellt das Finanzamt fest, dass die in der Bescheinigung bezeichneten bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen, hat es die zuständige Gemeindebehörde zu veranlassen, die Bescheinigung zu überprüfen."

(cc)

40

Ausdrücklich geregelt ist mithin die Pflicht der Finanzämter zur Remonstration, der die Sachbearbeiter bereits nachgekommen waren. Eine Regelung, ob die Remonstration auf der nächsthöheren Fachebene fortzusetzen ist, findet sich zwar nicht explizit. Sie lässt sich aber aus den vorstehend aufgeführten allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßen Verwaltungs-handelns und der Pflicht zur Auszahlung nur materiell begründeter Zuwendungen herleiten, die auch und gerade für die in der Leitungsebene der Finanzbehörden tätigen Bediensteten, wie die Angeschuldigten, gelten.

(c)

41

Es kann dahingestellt bleiben, bis zu welcher maximal denkbaren Fortsetzung der Remonstration - auf dem Verwaltungsweg - eine Einflussnahme der Finanzbehörden hätte erfolgen können und müssen. Denn in allen angeklagten Fällen lagen die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung offensichtlich nicht vor, so dass auch nach den Vorgaben des Bundesfinanzministeriums Anlass für eine Remonstration bestand und gerade deshalb die Finanzämter - teilweise mehrfach - remonstriert hatten. Bereits den naheliegenden nächsten Schritt der ihnen obliegenden Remonstration in den bereits auf der Fachebene streitig behandelten Fällen, nämlich die Einbindung ihrer nächsthöheren Vorgesetzten im Finanzministerium, haben die Angeschuldigten nicht nur unterlassen, sondern es sogar unterbunden, dass die nachgeordneten Finanzämter weiter eine gesetzesgemäße Verwaltungsarbeit einforderten. Die Anordnungen und das Unterlassen der Angeschuldigten führten ohne weiteres erkennbar und vorhersehbar praktisch zu einem Totalausfall des einzigen Korrekturinstruments der Finanzverwaltung zur Abwendung von Schäden durch den bekannt gewordenen Mißbrauch der Grundlagenbescheide. Die Angeschuldigten hätten danach nur dann pflichtgemäß gehandelt, wenn sie in den ihnen - durch entsprechende Berichte der Finanzämter im Rahmen der Vorbereitung der Dienstbesprechung vom 08.04.2003 bzw. aufgrund der Berichte zu Ziff. 2 und 3 der Anklage - bekannt gewordenen Fällen rechtswidrig erteilter Belegenheitsbescheinigungen dafür Sorge getragen hätten, dass erfolglose Remonstrationen der Finanzämter bei fortbestehendem Verdacht der Rechtswidrigkeit durch eine Mitteilung der relevanten Fälle an ihre Vorgesetzten im Finanzministerium von dort aus an das Innenministerium herangetragen worden wären. Angesichts der Vielzahl auch dem Finanzministerium bekannt gewordener Fälle und der Erfolglosigkeit auch mehrfacher Remonstrationen auf der Ebene der Finanzämter und der Gemeinden hätte es niemals sein Bewenden damit haben dürfen, die ablehnende Haltung der Gemeinden einfach hinzunehmen.

(d)

42

Die in dem angefochtenen Beschluss vertretene Auffassung, eine großzügige Beschei-nigungspraxis sei offenbar "politisch gewollt" gewesen, vermag eine rechtliche Begrenzung des Pflichtenumfangs der Angeschuldigten zum einen schon angesichts diesbezüglich fehlender objektivierbarer Ermittlungserkenntnisse auf politischer Ebene nicht zu begründen, auch wenn indiziell für das Vorliegen entsprechenden "politischen Willens" streiten könnte, dass der (höherrangige) Angeschuldigte B. - im Gegensatz zum Angeschuldigten Dr. S. - im zeitlichen Verlaufe der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in seinem beruflichen Fortkommen sogar noch gefördert worden ist. Zum anderen beseitigt die bedingungslose Befolgung "politisch gewollter" Ziele nicht die damit etwa einhergehende Strafbarkeit solchen Verhaltens, sondern bietet Anlass zu prüfen, ob nicht gegen etwaig "politisch Verantwortliche" ebenfalls mit den Mitteln des Strafrechts vorgegangen werden muss. Es wäre die Pflicht der Angeschuldigten gewesen, ihre Vorgesetzten auf die Rechtswidrigkeit des kommunalen Handelns aufmerksam zu machen und nicht etwa einem (vermeintlich) politischen Willen im Wege vorauseilenden Gehorsams entgegenzuarbeiten.

43

Solange die Möglichkeit besteht, auf die Herstellung rechtmäßiger Zustände hinzuwirken, besteht jedenfalls in - wie hier - offensichtlichen Fällen die - zumindest für Beamte des gehobenen und höheren Dienstes - leicht erkennbare Verpflichtung, mit Nachdruck auf eine Befolgung der gesetzlichen Vorschriften durch die Kommunen hinzuwirken. Dazu war lediglich die konkrete Befassung des zuständigen Ministeriums mit den jeweiligen Einzelfällen erforderlich. Es gehörte deshalb zum Pflichtenkreis der Angeschuldigten, durch Einbindung ihrer Vorgesetzten die Remonstration auf der Ebene der Fach- bzw. Rechtsaufsicht fortzusetzen, um über Art. 79 KV M-V zu einer der Bindung an Gesetz und Recht entsprechenden Sachbehandlung durch die Gemeinden zu gelangen. Letztlich entsprach dies auch dem Auftrag in der Niederschrift der Dienstbesprechung, im Falle der Ablehnung der Rücknahme durch die Gemeinden an die OFD zu berichten. Wären die Angeschuldigten tatsächlich der Auffassung gewesen, mit einer einmaligen Remonstration auf der Ebene der Finanzämter seien die Möglichkeiten der Finanzverwaltung erschöpft, hätte es der Anordnung der Berichterstattung über konkrete Einzelfälle überhaupt nicht bedurft.

44

Das Argument einer Pflichtenbeschränkung durch generelles Vertrauenkönnen in die Gesetzmäßigkeit des Handelns anderer Behörden verfängt angesichts des allseits bekannten, bedenklich verbreiteten Phänomens rechtswidriger Belegenheitsbescheinigungen nicht.

45

Soweit die Kammer unter Berufung auf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O., dort Rn. 110 f.) jedenfalls eine klare und deutliche Pflichtwidrigkeit als nicht gegeben erachtet, hat das BVerfG keine umfassende Geltung für alle in Betracht kommenden Fälle der Untreue vorgesehen. Es hat nämlich darauf hingewiesen, dass die Konkretisierung in fallgruppenspezifischen Obersätzen weiterhin der höchstrichterlichen Rechtsprechung obliegt. Mit den Merkmalen "klar und deutlich", "evident", "gravierend" hat das Bundesverfassungsgericht dem weiten Tatbestand der Untreue keine schärferen Konturen verliehen, sondern lediglich weitere Aspekte aufgezeigt, die der Wertung des Einzelfalls durch die Fachgerichte unterliegen. Demgegenüber ist darauf abzustellen, welchen Umfangs die dem betreuten Vermögen drohenden Schäden im Fall pflichtwidrigen Handelns waren und welches Ausmaß das den Angeschuldigten abverlangte pflichtgemäße Handeln demgegenüber hatte. Je höher das Ausmaß des drohenden Schaden ist, desto strengere Anforderungen sind an das pflichtgemäße Handeln der mit der Vermögenssorge Betrauten zu stellen.

46

Vorliegend waren zum Tatzeitraum bereits Schäden in Millionenhöhe durch Auszahlung von Investitionszulagen auf der Grundlage rechtswidrig erteilter Belegenheitsbescheinigungen eingetreten. Schon eine - ohne größeren Aufwand zu bewerkstelligende, allerdings nicht erfolgte - rechtlich zutreffende Weisung im Rahmen der Dienstbesprechung vom 08.04.2003, in den bereits laufenden Fällen erfolgloser Remonstrationen gegen die von den Sachgebietsleitern als offensichtlich rechtswidrig eingestuften Belegenheitsbescheinigungen die konkreten Fälle zu berichten, um die Remonstration auf der Ebene des Finanzministeriums gegenüber dem Innenministerium fortsetzen zu lassen, war demgegenüber geeignet, bereits eingetretene Schäden zu revidieren bzw. die Auszahlung weiterer gesetzeswidriger Zulagen zu verhindern.

(5)

47

Nach alledem kann das Handeln und Unterlassen der Angeschuldigten auch und gerade unter Berücksichtigung ihrer hervorgehobenen Dienststellung nicht anders als ein klarer und deutlicher Pflichtenverstoß im Sinne des § 266 StGB gewürdigt werden.

48

Die Anweisung, noch offene, bereits in der Remonstration befindliche Einzelfälle abzuschließen, bei denen aus Sicht der jeweils konkret befassten Sachbearbeiter der Finanzämter offensichtlich rechtswidrige Belegenheitsbescheinigungen vorlagen, ist als beamtenrechtliche Kernpflichtverletzung und strafrechtliche Verletzung der Vermögens-betreuungspflicht anzusehen. Statt auf Einhaltung der Gesetze durch für die Erteilung der Grundlagenbescheide zuständige Behörden hinzuwirken, bewirkte die unvertretbar enge Auslegung der Remonstrationspflicht durch die Angeschuldigten im Rahmen der Dienstbesprechung und deren nachfolgende Handhabung faktisch eine Abschaffung der Remonstration. Dem Interesse der Gemeinden an Aufrechterhaltung der "investoren-freundlichen" Bescheinigungspraxis haben die Angeschuldigten Vorrang vor dem fiskalischen Interesse auf Gewährung lediglich materiell rechtmäßiger Zuwendungen und damit auch vor der eigenen Pflichtenstellung eingeräumt. Dies entsprach der mehr als deutlich zutage getretenen Auffassung der Angeschuldigten, die sich nicht zuletzt in der Äußerung des Angeschuldigten B. dem Zeugen S. gegenüber manifestierte, angesichts der 95%igen Förderung durch den Bund und der Standortprobleme in M-V könne er die Zurückhaltung der Finanzbeamten nicht verstehen (Bl. 67 der Anklage). Auch in den angeklagten Fällen 2 und 3, in denen die OFD bzw. das Finanzamt Waren bereits erfolglose Remonstrationen berichtet hatten, hätte die Anweisung, die Belegenheitsbescheinigungen anzuerkennen und die Fälle abzuschließen, nicht ohne vorherige Fortsetzung der Remonstration auf der ministeriellen Ebene erfolgen dürfen.

dd.)

49

Auch der hinreichende Verdacht von durch die pflichtwidrigen Handlungen bzw. Unterlassungen der Angeschuldigten verursachten Vermögensnachteilen zu Lasten des Bundes- und Landeshaushalts ist gegeben.

(1)

50

Durch die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht muss ein Nachteil für das betreute Vermögen entstanden sein. Nach h.M. ist dieser gleichbedeutend mit dem Schadensbegriff des § 263 StGB, wonach nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung der Wert des Gesamtvermögens vor und nach der pflichtwidrigen Tathandlung verglichen wird (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 115 m.w.N.; Schönke/Schröder-Perron, StGB, 28. Aufl. § 266 Rz. 39 ff. m.w.N.). Ferner ist - wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist - ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang erforderlich, an dem es dann fehlt, wenn der festgestellte Nachteil bei einem pflichtgemäßen Alternativverhalten aller Voraussicht nach ebenfalls eingetreten wäre, vorliegend m.a.W. das den Angeschuldigten vorgeworfene Verhalten aktiver und passiver Art keine Auswirkung auf den Verlauf der inkriminierten Förderfälle gehabt hätte.

(a)

51

Der Nachteil in vorbezeichnetem Sinne ist in der Höhe der jeweils - materiell zu Unrecht - ausgezahlten Zulagen zu sehen. Im Fall des Abbruchs der Remonstration bei bereits erfolgten Auszahlungen ist von einem bereits eingetretenen Vermögensschaden auszugehen, der im Verzicht auf einen Rückzahlungsanspruch in Höhe der zuvor ausgezahlten Zulage besteht. Der pflichtwidrige Verzicht auf Remonstrationen (als Voraussetzung für die Rücknahme der Belegenheitsbescheinigungen, die wiederum Voraussetzung für eine Abänderung/Aufhebung der Investitionszulagebescheide war, in dessen Folge die Rückforderung der Investitionszulage hätte erfolgen können) ist als Ausbleiben einer Vermögensmehrung zu werten, die dann als Schaden anzusehen ist, wenn eine gesicherte Aussicht des Treugebers auf den Vorteil bestand (vg. Fischer a.a.O. Rn. 116 m.w.N.). Dies war im Tatzeitraum der Fall.

52

Soweit die Verteidigung moniert, es werde die Höhe der gewährten Zulagen zu Unrecht mit der Höhe der im Fall der Fortsetzung der Remonstrationen ausgebliebenen Vermögensmehrung gleichgesetzt, begründet sie ihre Auffassung mit Blick auf erst nach 2007 erfolgte - nur bedingt erfolgreiche - Rücknahmen. Im Fall ordnungsgemäßer Fortsetzung der Remonstrationen im Jahre 2003 ist aber davon auszugehen, dass Gründe eines durch Zeitablauf erwachsenen Vertrauens der Begünstigten die Rückforderungsansprüche der öffentlichen Hand eben nicht tangiert hätten. Grundsätzlich ist daher die nominelle Höhe der jeweils gewährten Zuwendung zutreffend als Höhe des Anspruchs auf Rückzahlung anzusetzen. Soweit bei dieser Betrachtung Einzelfallaspekte außer Betracht bleiben, sind diese im Tatzeitraum von untergeordneter Bedeutung gewesen. Im Übrigen bestehen auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts keine grundsätzlichen Bedenken, unvermeidlich verbleibende Prognose- und Beurteilungsspielräume durch vorsichtige Schätzung auszufüllen (BVerfG a.a.O. Rn. 150). Anhaltspunkte für ein besonderes Ausfallrisiko waren ex ante nicht ersichtlich. Bei den Antragstellern handelte es sich jeweils um gewerbliche Wohnungsbauunternehmen bzw. Antragsteller, die für eine größere Anzahl von Grundstücken die Belegenheits-bescheinigungen und damit Investitionszulagen erhalten hatten und entsprechend erfolgreich am Markt tätig waren, oder sogar - wie in den Fällen WoGeSa und Wohnungsbaugesell-schaft Pasewalk - um kommunale Wohnungsbaugesellschaften.

(b)

53

Es handelt sich auch um kausal durch die vorzuwerfenden Pflichtwidrigkeiten verursachte Vermögensnachteile, weil davon auszugehen ist, dass eine Fortsetzung der Remonstration wegen des bei - vorliegend gegebenen - objektiv rechtswidrigen Verwaltungsakten auf Null reduzierten Ermessens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Rücknahme der Belegenheitsbescheinigungen und Rückzahlungen bzw. unterbliebenen Auszahlungen von Fördergeldern geführt hätte.

(c)

54

Die Argumente, die die Kammer zur Begründung ihrer Auffassung anbringt, auch im Falle pflichtgemäßer Fortsetzung der Remonstrationen wäre der Vermögensnachteil aller Wahrscheinlichkeit nach eingetreten, überzeugen nicht. Soweit die Kammer insbesondere meint, der Erfolg weitergehender Remonstration sei vom nicht mehr feststellbaren Handeln der zuständigen Mitarbeiter der Gemeinden abhängig gewesen, die eine Aufhebung der Bescheinigungen weder für erforderlich noch möglich gehalten und überdies kein Interesse daran gehabt hätten, verkennt sie, dass die Remonstration gerade nicht auf der bisherigen Fachebene, sondern auf dem Dienstweg hätte fortgesetzt werden können und müssen. Die Staatsanwaltschaft weist zutreffend darauf hin, dass die Durchsetzung der Aufhebung auf diesem Wege im Zuge der Ermittlungen letztlich erfolgreich gewesen ist. Dass diese nach den Ausführungen der Verteidigung teilweise keinen Bestand gehabt haben mögen, war allein dem Zeitablauf zuzuschreiben und rechtfertigt keine andere strafrechtliche Würdigung.

(2)

55

Überdies lagen die Voraussetzungen einer Rücknahme der begünstigenden Bescheide gemäß § 48 VwVfG M-V vor. Aspekte des Einzelfalls (Vertrauensschutz, einzelfallspezifische Ermessenserwägungen) standen der von der Staatsanwaltschaft angenommenen Ermessensreduzierung auf Null jedenfalls im Tatzeitraum nicht entgegen.

(a)

56

Gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG M-V kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, ein begünstigender Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 der Norm. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG M-V legt fest, dass die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig ist, zu dem die Behörde Kenntnis von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen erlangt hat.

(b)

57

Aufgrund der Entscheidung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.12.1984 (BVerwGE 70, 356 ff.) ist für den Beginn des Fristenlaufes darauf abzustellen, ob die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr alle weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Zu diesen gehören auch die für die Gewährung von Vertrauensschutz und für die Ausübung des Ermessens relevanten Tatsachen. Diese hat die Behörde zunächst zu ermitteln. Regelmäßig hat sie dazu eine Anhörung des Betroffenen durchzuführen. Ohne eine solche Anhörung sind nämlich die eine Rücknahme ggf. ganz oder teilweise ausschließenden Umstände i.S.v. § 48 Abs. 2 VwVfG M-V überhaupt nicht einzuschätzen.

58

Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt auch das Verwaltungsgericht Greifswald (Urteil vom 13.04.2006 - 6 A 2056/05 - zitiert nach juris).

(c)

59

In den der Anklage zugrunde liegenden Sachverhalten hatten sich die Gemeindebehörden jeweils nur gegenüber dem Finanzamt mit der Frage einer etwaigen Rücknahme auseinandergesetzt. Eine umfassende Prüfung hätte aus den o.a. Gründen aber auch die Einbeziehung/Anhörung der Betroffenen - u.a. zu Aspekten etwaigen Vertrauensschutzes - erfordert. Solange diese nicht erfolgt war, lag keine für den Beginn des Laufs der Rücknahmefrist erforderliche Entscheidungsreife vor.

60

Eine Anhörung hatte in keinem der hier relevanten Fälle stattgefunden. Die zuständigen Behörden waren deshalb noch gar nicht in der Lage, die Frage des Vertrauensschutzes zu klären, um über eine Rücknahme ermessensfehlerfrei entscheiden zu können.

61

Der Rücknahme der rechtswidrigen begünstigenden Bescheide stand von daher in zeitlicher Hinsicht zum Tatzeitpunkt nichts durchgreifendes entgegen.

(d)

62

Dies würde auch unter Heranziehung neuerer Rechtsprechung (Urteil des VGH Mannheim vom 05.04.2007 - 8 S 2090/06 - DStRE 2007, 1430) gelten, wonach die Rücknahmefrist bereits dann beginne, wenn die Behörde zu erkennen gegeben habe, dass nach ihrer Rechtsauffassung der für eine Rücknahmeentscheidung erhebliche Sachverhalt keiner weiteren Klärung mehr bedürfe und nicht erst dann, wenn ein bei zutreffender Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen darüber hinausgehender Klärungsbedarf gedeckt sei. Für den Beginn der Frist sei die Entscheidungsreife aus Sicht der Behörde maßgeblich. Wenn diese eine weitere Sachverhaltsaufklärung - so auch eine Anhörung - nicht für erforderlich, sondern eine Rücknahme bereits aus anderen Gründen für unzulässig halte, könne dies den Fristbeginn nicht verhindern. Dieser Auffassung hat sich mittlerweile das VG Greifswald angeschlossen (5 A 1839/08 Bl. 6 f. UA, 5 A 276/08 Bl. 10 f. UA).

63

Die Rechtswidrigkeit der Belegenheitsbescheinigungen ist den jeweiligen Gemeinden spätestens mit der erstmaligen Remonstration durch die Finanzämter bekannt geworden.

64

Der Fristbeginn gemäß § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG M-V wäre demgegenüber auch nach dieser neueren Rechtsprechung frühestens auf den Zeitpunkt der erstmaligen Ablehnung der Rücknahme zu datieren, im Fall H. auf den Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt, dass die Bescheinigung zurückgenommen werde. Vorher war die Entscheidungsreife aus Sicht der jeweiligen Gemeinden keineswegs gegeben. In keinem Fall begann die Frist daher vor Mitte Oktober 2002, im Fall K. sogar erst im März 2003. Dies steht im Einklang mit dem Umstand, dass durch die Publikation in der Novemberausgabe 2002 der Monatszeitschrift des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern e.V. "Der Überblick" durch den Abdruck des vollständigen Urteils des VG Greifswald vom 06.09.2001 und die dazu abgegebene Stellungnahme jedenfalls ab diesem Zeitpunkt Anlass bestand, die Rechtmäßigkeit bisher erteilter Belegenheitsbescheinigungen in Zweifel zu ziehen. Damit hätte in jedem Fall noch ausreichend Zeit - nämlich mindestens mehrere Monate - bestanden, um innerhalb der Frist seitens des Finanzministeriums an das Innenministerium heranzutreten, welches seinerseits über die zuständigen Landräte auf die Herstellung rechtmäßiger Verhältnisse hätte hinwirken können.

65

Zur Tatzeit gab es entsprechende Einschränkungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings überhaupt noch nicht, so dass aus objektiver ex-ante-Sicht die Rücknahmefrist bei Abbruch der Remonstrationen noch in keinem Fall begonnen hatte, geschweige denn abgelaufen war.

(e)

66

Soweit die Strafkammer sowie die Verteidigung der Angeschuldigten - bei unterschiedlichen Ansätzen - demgegenüber u.a. unter Berufung auf mehrere gutachterliche Stellungnahmen (Prof. Dr. Schenke, VRiBFH a.D. Herden) nicht zuletzt aus Gründen der vorgeblichen Ermessensbeschränkung bzw. Verwirkung von Rückforderungsrechten auf Seiten der Zuwendungsgeber und des Vertrauensschutzes der begünstigten Zuwendungsempfänger zu anderen Schlüssen gelangen, liegt dies neben der Sache.

(aa)

67

Die gesetzlich nicht geregelte, aus dem Verbot des venire contra factum proprium - allge-meiner Rechtsgedanke des § 242 BGB - resultierende, auch im öffentlichen Recht geltende Verwirkung setzt kumulativ voraus, dass das Recht über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und besondere Umstände vorliegen, die die Rechtsausübung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. dazu Palandt-Grüneberg, BGB, § 242 Rz. 87 ff. m.w.N.). In der Regel wird hierzu ergänzend angeführt, der Begünstigte müsse Vermögens-dispositionen im Hinblick auf das Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsakts getroffen haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.10.2007 - 8 B 52/07 - zit. nach juris).

68

Diese Voraussetzungen sind u.a. angesichts der im Tatzeitraum noch nicht lange zurückliegenden Erteilung der Belegenheitsbescheinigungen für die anklagegegen-ständlichen Fälle fernliegend.

(bb)

69

Dasselbe gilt für Aspekte eines etwaigen Vertrauensschutzes der Begünstigten der Belegenheitsbescheinigungen.

70

Gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG M-V kommt eine Rücknahme eines rechtswidrigen Verwal-tungsaktes nur dann in Betracht, wenn Gründe des Vertrauensschutzes unter Abwägung des öffentlichen Interesses dem nicht entgegenstehen bzw. das Vertrauen nicht schutzwürdig ist. Letzteres ist nach Satz 3 Nr. 3 im genannten Absatz der Fall, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

71

Schutzwürdig ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich (nur) derjenige Bürger, der sich mit guten Gründen auf die Rechte aus der begünstigenden hoheitlichen Maßnahme verlassen durfte, insbesondere wenn deren Fehlerhaftigkeit nicht in seinem Verantwortungsbereich liegt, ihm nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste.

72

In den der Anklage zugrunde liegenden Fällen ist jedoch davon auszugehen, dass die jeweils Begünstigten sich nicht auf Vertrauensschutz berufen können, da ihnen jedenfalls eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit vorzuwerfen ist. Die Rechtswidrigkeit der Belegenheitsbescheinigungen war derart offensichtlich, dass sich ihre Unrichtigkeit auch bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre aufdrängen musste, zumal es sich bei den einzelnen Begünstigten um gewerbliche bzw. kommunale Bauträger handelte, deren Kenntnis von den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InvZulG 1999 vorauszusetzen ist.

(cc)

73

Die Anklage fußt zutreffend auf der allgemein bei materiell unrichtigen Geldzuwendungen zum Zuge kommenden Erwägung intendierten Ermessens. Einen solchen Fall bejaht das Bundesverwaltungsgericht in Fällen zu Unrecht gewährter Subventionen, in denen ein Vertrauensschutz des Betroffenen nach § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeschlossen ist (Urteil vom 23.05.1996 - 3 C 13/94 -). Ist der Verwaltungsakt in einem solchen Regelfall zurückzunehmen, bedarf es - ebenfalls in der Regel - keiner weitergehenden Begründung oder Abwägung, es sei denn, besondere Umstände rechtfertigten eine andere Beurteilung oder Entscheidung. Nach diesem Regelfall, den die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung zu Recht zugrunde gelegt hat, ist grundsätzlich von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen.

74

Soweit die Verteidigung auf Aspekte des (Mit)Verschuldens der Behörden abstellt, überzeugt nicht, dass ausgerechnet in Fällen eines besonders hervorstechenden behördlichen Fehlers, der geradezu nach Richtigstellung drängt, das Ermessen dahingehend auszuüben sein soll, die rechtswidrigen Verhältnisse aufrechtzuerhalten. Dies umso mehr, wenn zuvor festgestellt wird, dass sich den Begünstigten die Rechtswidrigkeit ebenfalls aufgedrängt haben muss. Soweit in den von der Verteidigung bemühten, im Jahr 2010 vom VG Greifswald entschiedenen Fällen die erhebliche Zeitdauer seit Bekanntsein der Rechtswidrigkeit bis zur Rücknahme - im Jahre 2007 - berücksichtigt worden ist, kann zwanglos daraus geschlossen werden, dass bei tatzeitnaher Rücknahme - noch im Jahr 2003 - Aspekte des Zeitablaufs der Rücknahme nicht entgegengestanden hätten.

ee.)

75

Die Angeschuldigten sind überdies hinreichend verdächtig, (wenigstens bedingt) vorsätzlich in Kenntnis ihrer Dienstpflichten sowohl die Pflichtverletzungen begangen als auch die Zufügung des tatbestandsmäßigen Nachteils billigend in Kauf genommen zu haben.

(1)

76

Dass den Angeschuldigten bewusst war, dass es in einer erheblichen Anzahl von Fällen zu materiell rechtswidrigen Auszahlungen von Investitionszulagen gekommen war, steht für den Senat außer Zweifel. Dies gilt auch für das Bewusstsein der Vermögensbetreuungs-pflicht als Finanzbeamte in leitender Funktion hinsichtlich der an Recht und Gesetz ausgerichteten Gewährung/Belassung von Zulagen.

77

Eine Schädigungs- oder Bereicherungsabsicht erfordert der vorsatzumfasste Tatbestand des § 266 StGB nicht (vgl. Schönke/Schröder-Perron a.a.O. § 266 Rz. 49).

(2)

78

Soweit die Angeschuldigten - Volljuristen mit im Tatzeitraum langjähriger bzw. mehrjähriger Berufserfahrung im höheren Dienst der Finanzverwaltung - tatsächlich (irrig) der Auffassung gewesen sein sollten, diese Sorge falle wegen der Bindungswirkung der Grundlagenbescheide und der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Kompetenzteilung aus ihrem Verantwortungsbereich, handelt es sich um die Frage der Reichweite der Pflichtenstellung. Sofern insoweit überhaupt von einem Verbotsirrtum auszugehen sein sollte, stellt sich dieser nach dem Ergebnis der Ermittlungen jedenfalls als vermeidbar dar. Denn die Rechtsprechung stellt an die Unvermeidbarkeit hohe Anforderungen, denen die Angeschuldigten hier nicht genügt haben: Der Täter muss bei der ihm nach den Umständen sowie seinem Lebens- und Berufskreis zuzumutenden Gewissensanspannung sowie bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht in der Lage gewesen sein, das Unrecht einzusehen (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl. § 17 Rz. 7 m.w.N.). Dass das der Fall gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich.

III.

79

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die Anklage der Staatsanwaltschaft Rostock vor der Großen Strafkammer 1 - als Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Schwerin zur Hauptverhandlung zuzulassen.

80

Die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer ergibt sich unmittelbar aus § 74c Abs. 1 Nr. 6 a) GVG. Den Angeschuldigten werden Straftaten der Untreue im Sinne des § 74c Abs. 1 Nr. 6 a) GVG vorgeworfen, deren Beurteilung besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erfordern. Die den Angeschuldigten vorgeworfenen Taten stehen im engen Zusammenhang mit Straftaten des Subventionsbetruges. Die für die strafbare Untreue maßgeblichen Treue- und Vermögensbetreuungspflichten sind aus besonderen Vorschriften zu Subventionen (InvZulG1999) und aus dem Steuerrecht (AO) sowie aus dem Verfassungs- und allgemeinen Verwaltungsrecht sowie dem Haushaltsrecht abgeleitet.

81

Von der Möglichkeit einer Verweisung an eine andere Kammer des Gerichts gemäß § 210 Abs. 3 Satz 1 StPO Gebrauch zu machen sah der Senat keine Veranlassung.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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Abgabenordnung - AO 1977 | § 171 Ablaufhemmung


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Strafprozeßordnung - StPO | § 210 Rechtsmittel gegen den Eröffnungs- oder Ablehnungsbeschluss


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(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.

(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.

(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Die Anklage der Staatsanwaltschaft Schwerin vom 10.03.2011 - 161 Js 17338/07 - wird zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Schwerin - Große Strafkammer 1 als Wirtschaftsstrafkammer - eröffnet.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft Schwerin wirft dem Angeschuldigten in ihrer Anklageschrift vom 10.03.2011 - 161 Js 17338/07 - vor, durch zwei selbständige Handlungen einer in ein Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle über subventionserhebliche Tatsachen für sich unrichtige Angaben gemacht zu haben, die für ihn vorteilhaft waren (Vergehen, strafbar gem. § 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 1 und Abs. 8, § 53 StGB).

2

Dem liegt ausweislich der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Schwerin im wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

3

Der Angeschuldigte erwarb mit notariellen Kaufvertrag vom 10.03.1998 auf der Grundlage des EALG v. 27.09.1994 (BGBl. 1995 I S. 2624) i.V.m. dem AusglLeistG und der FlErwV v. 20.12.1995 (BGBl. I S. 2072) nach entsprechender Ausschreibung durch die BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) kaufpreisgünstig ehemals volkseigene Forstflächen (den in den Gemeinden J. und K. gelegenen Forst "B.") zur künftigen Bewirtschaftung als Forstflächen. Am 03.12.1998 erwarb der Angeschuldigte in gleicher Weise eine Waldfläche in der Gemeinde K.. Der tatsächliche Wert der erworbenen Waldflächen überstieg den Kaufpreis dabei jeweils deutlich. Auf Veranlassung des Angeschuldigten reichte die von ihm bevollmächtigte Notarin beim zuständigen Grundbuchamt die Anträge auf Eigentumsumschreibung am am 24.02.1999 und am 02.08.1999 ein. Die Eintragungen im Grundbuch erfolgten am 14.08.2002 und 20.08.2002.

4

Die Kaufverträge sehen neben einem langjährigen Veräußerungs- und Verfügungsverbot eine Verpflichtungserklärung mit wirtschaftlicher Zweckbindung im Sinne des Bundes- und Landeswaldgesetzes und eingereichter Betriebskonzepte vor. Wie bereits bei Abschluss der Kaufverträge beabsichtigt, nutzte der Angeschuldigte in der Folgezeit die vergünstigt erworbenen Waldflächen jedoch nicht im Sinne der Verpflichtungserklärungen und der Betriebskonzepte, sondern überließ die Flächen einem selbst vom vergünstigten Erwerb ausgeschlossenen Dritten zur intensiven jagdlichen Nutzung.

5

Die Große Strafkammer 1 als Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Schwerin hat mit Beschluss vom 21.11.2011 die Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 204 Abs. 1 StPO aus Rechtsgründen abgelehnt. Der Eröffnung stünde die absolute Verjährung der vorgeworfenen Taten gemäß § 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB entgegen.

6

Der angefochtene Beschluss ist der Staatsanwaltschaft am 28.11.2011 förmlich zugestellt worden. Das Rechtsmittel ist am 30.11.2011 bei dem Landgericht Schwerin eingegangen.

II.

7

Das gemäß § 210 Abs. 2 StPO statthafte Rechtsmittel ist form- und fristgerecht angebracht worden (§§ 306, 311 Abs. 2 StPO), mithin zulässig.

8

Die sofortige Beschwerde erweist sich auch als begründet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die dem Angeschuldigten vorgeworfenen Taten nicht verjährt.

1.

9

Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist (§ 78 a Satz 1 StGB). Ein Subventionsbetrug im Sinne des § 264 Abs. 1 StGB ist beendet, wenn der Subventionsempfänger auf der Grundlage des Zuwendungsbescheids die letzte (Teil-) Auszahlung erhält (BGH Beschl. v. 21.05.2008-5 StR 93/08, NStZ-RR 2008, 240; Fischer StGB, 59. Aufl. 2012, § 264 Rdz. 38 m.w.N.;Schönke/Schröder-Perron StGB, 28. Aufl. 2010, § 264 Rdz. 66 m.w.N; Müller-Gugenberger-Bender, Wirtschaftsstrafrecht 5. Aufl. 2011, § 52 Rdz. 37; Graf/Jäger/Wittig-Straßer, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 264 StGB Rdz. 144; so auch schon Heinz, GA 1977, 213; a.A. OLG München Urteil v. 22.02.2006-5 St RR 012/06; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben/Bosch StGB, 28. Aufl. 2010, § 78 a Rdz. 11 § 264 Rdz. 66 m.w.N. unter Bezug auf OLG München aaO.; offen gelassen: Thür. OLG, Beschl. v. 01.11.2006-1 Ws 290/06).

10

Auch soweit die letzte Subventionsleistung nicht in einer (Teil-)Zahlung besteht, kommt es danach maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten auf den unrichtigen Angaben beruhenden anderweitigen Subventionsleistung und nicht auf den Zeitpunkt der letzten vom Täter vorgenommenen Handlung an.

11

Bei Subventionsleistungen, die nicht (wie etwa im Falle der (Teil-)Zahlung durch die Entgegennahme) von einer Ausführungshandlung des Täters mitbestimmt werden, sondern - dem unmittelbaren Einfluss des Täters entzogen - allein von behördlichen Abläufen abhängig sind, ist die Tat in dem Zeitpunkt beendet, in dem die letzte behördliche Handlung, die für die Erlangung der Subvention von Bedeutung ist, vorgenommen wird.

12

Denn der dauernde Taterfolg als maßgebliches Kriterium für die Beendigung der Tat (vgl. nur BGH 5 StR 395/01 v. 07.11.2001 zur Beendigung einer Tat im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO mit Abschluss der allgemeinen Veranlagungsarbeiten des Finanzamtes) ist in solchen Fällen eben gerade nicht von einer (letzten) Handlung des Täters, sondern von der eines Dritten abhängig.

13

Für die Bestimmung des letzten Subventionsaktes als dem für den Beginn der absoluten Verjährung maßgeblichen Zeitpunkt spricht auch, dass auch der Strafaufhebungsgrund des § 264 Abs. 5 StGB an diesen Gewährungsakt des Subventionsgebers anknüpft und damit Straffreiheit im Interesse des Angeschuldigten bis zu dem Zeitpunkt ermöglicht, bis zu dem die letzte Subventionsleistung erfolgt ist (dazu Fischer, aaO. § 264 Rdz. 38). Es widerspräche dem Gedanken materieller Gerechtigkeit als deren Ausfluss sich sowohl § 264 Abs. 5 StGB als auch §§ 78 a, 78 c Abs. 3 Satz 2 StGB darstellen, wenn die Verjährung bereits früher, nämlich zu einem Zeitpunkt einsetzen würde, zu dem der Täter noch tätige Reue ausüben könnte.

14

Ferner spricht auch der für die Beendigung des Betruges maßgebliche Zeitpunkt des Erlangens der von der Absicht umfassten letzten Leistung (Fischer, aaO, § 263 Rdz. 201) für eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der letzten Subventionsleistung bei § 264 StGB. Denn angesichts des zwischen § 264 und § 263 StGB bestehenden Konkurrenzverhältnisses - wonach § 264 StGB als lex specialis zwar zunächst eine abschließende Sonderregelung darstellt, bei Unanwendbarkeit dieser Norm und dem Vorliegen der Voraussetzungen des versuchten oder vollendeten Betruges, die Strafbarkeit nach § 263 StGB wieder auflebt (BGHSt 44, 233, 243) - wäre es sinnwidrig, für das vorrangige Delikt für die Beendigung auf einen früheren Zeitpunkt als beim Auffangdelikt abzustellen.

15

Letztlich spricht auch der Vergleich mit § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB, wonach die Handlungspflicht auch nach Tatvollendung andauert und die Beendigung deshalb bei nachträglicher Handlungspflicht erst eintritt, wenn die Subvention endgültig belassen wird (Fischer aaO. Rdz. 38 m.w.N.), für eine parallele Handhabung des Beendigungszeitpunkts im vorliegenden Fall, da sachliche Unterschiede, die eine Vorverlagerung und damit ein früheres Einsetzen der Verjährung rechtfertigen, nicht erkennbar sind.

16

Kommt es danach für die Beurteilung des Zeitpunkts der Beendigung der Tat auf den Zeitpunkt des endgültigen Eintritts des Vermögensvorteils durch Vornahme der letzten Subventionsleistung an, bedeutet dies für den vorliegenden Fall, dass es allein auf die erst den Eigentümerwechsel vollziehende Eintragung im Grundbuch am 14.08.2002 und 20.08.2002 ankommt. Denn erst mit diesem Akt ist der dauernde Taterfolg eingetreten. Unerheblich dagegen sind der Zeitpunkt der Einreichung der Anträge auf Eigentumsumschreibung beim zuständigen Grundbuchamt am 24.02.1999 und am 02.08.1999, wie das Landgericht meint, oder der Zeitpunkt der Kaufpreisfälligkeit, wie es die Verteidigung vertritt. Denn zu diesen Zeitpunkten ist der Taterfolg allenfalls schuldrechtlicher Natur. Ziel des (verbilligten) Erwerbs von Grundstücken ist aber die Erlangung der sachenrechtlich gesicherten Eigentumsposition. Die absolute Verjährung tritt damit erst am 14. bzw. 20.08.2012 ein.

17

Mithin war bei Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 21.11.2011 für keine der beiden vorgeworfenen Taten die absolute Verjährungsfrist nach § 78c Abs. 3 Satz 2 StGB von zehn Jahren verstrichen.

2.

18

Der Angeschuldigte ist der ihm vorgeworfenen Taten entgegen der von der Verteidigung geäußerten Rechtsauffassung auch im Sinne des § 203 StPO hinreichend verdächtig.

19

Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. Hinreichender Tatverdacht ist anzunehmen, wenn die nach Maßgabe des Akteninhaltes, nicht lediglich aufgrund der Anklageschrift vorzunehmende vorläufige Tatbewertung ergibt, dass die Verurteilung des Angeschuldigten wahrscheinlich ist. Eine solche Wahrscheinlichkeit besteht, wenn unter Zugrundelegung des Ergebnisses der Ermittlungen und der daran anknüpfenden rechtlichen Erwägungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand bei Einschätzung des mutmaßlichen Ausgangs der Hauptverhandlung mehr für eine Verurteilung als für einen Freispruch spricht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. u. a. Beschluss vom 03.08.2000 - I Ws 456/99 - m. w. N.).

20

Dabei wird eine an Sicherheit grenzende Verurteilungswahrscheinlichkeit nicht gefordert. Auch wird nicht die gleiche Wahrscheinlichkeit verlangt wie beim dringenden Tatverdacht nach § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung des Angeschuldigten muss aber so groß sein, dass es einer Entscheidung durch das erkennende Gericht in der Hauptverhandlung bedarf, um festzustellen, ob noch bestehende Zweifel gerechtfertigt sind (vgl. KK- Schneider, StPO, 6. Aufl. § 203 Rdz. 4 f. m. w. N.).

21

Bei der Prüfung des hinreichenden Tatverdachts gem. § 203 StPO sind auch die Grundsätze des Indizienbeweises zu berücksichtigen. Der Indizien- oder Anzeichenbeweis ist ein Beweis, bei dem von einer mittelbar bedeutsamen Tatsache auf eine unmittelbar entscheidungserhebliche Tatsache geschlossen wird. Ein Indiz kann aus persönlichen, z. B. aus dem Verhalten eines Verfahrensbeteiligten, oder sachlichen Beweismitteln geschlossen werden. Grundsätzlich ist eine Gesamtwürdigung aller nicht ausschließbar entscheidungserheblichen Beweisanzeichen notwendig. Die Indizien selbst allerdings müssen unzweifelhaft oder doch mindestens hoch wahrscheinlich feststehen, bevor Rückschlüsse, die nicht lediglich Spekulation sein dürfen, aus ihnen gezogen werden können (vgl. zu Vorstehendem Nack MDR 1986, S. 366; Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl. 2011 § 261 Rdz. 25, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzung korrespondiert zwangslos mit dem Umstand, dass die Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Straftat durch einen Beschuldigten nur aus bestimmten Tatsachen, nicht jedoch aus Vermutungen hergeleitet werden darf (Senatsbeschluss a.a.O.; vgl. auch Meyer-Goßner a. a. O. § 112 Rdz. 7).

22

An Vorstehendem gemessen erweist sich der Angeschuldigte der ihm vorgeworfenen Taten des Subventionsbetruges gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinreichend verdächtig i.S.d. § 203 StPO.

23

Insbesondere ist er hinreichend verdächtig, über subventionserhebliche Tatsachen getäuscht zu haben. Subventionserheblich i.S.d. § 264 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 8 StGB sind solche Tatsachen, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 11.11.1998-3 StR 101/98). Erforderlich ist also, dass ein Gesetz in formellem oder materiellem Sinne, d.h. ein Bundes- oder Landesgesetz oder eine Rechtsverordnung, mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, dass die Subventionierung nur unter einer bestimmten, konkret bezeichneten Voraussetzung erfolgt. Das ist vorliegend der Fall. Die Voraussetzungen für einen möglichen preisvergünstigten Erwerb der in Rede stehenden Forstflächen durch ortsansässige Interessenten, die einen forstwirtschaftlichen Betrieb neu einrichten und diesen allein oder als unbeschränkt haftender Gesellschafter selber bewirtschaften wollen - sind als subventionserhebliche Tatsachen gesetzlich durch § 4 Ziff. 3 EALG i. V. m. § 7 Satz 2 und 3 FlErwV geregelt.

24

Soweit der Angeschuldigte bestreitet, unrichtige Angaben gemacht zu haben, wird er durch die in der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel widerlegt.

25

Ob der Angeschuldigte vorsätzlich gehandelt hat, was der Inhalt der Anklageschrift nahelegt, oder ob er die Umstände nicht kannte, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören, muss dem Ergebnis der Hauptverhandlung überlassen bleiben. Selbst wenn er im Falle eines Irrtums nicht nur einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum, sondern, wie die Verteidigung meint, einem vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum i.S. des § 16 Abs. 1 StGB unterlegen wäre, würde dies dem für die Eröffnung des Hauptverfahrens notwendigen hinreichenden Tatverdacht zumindest leichtfertiger Begehungsweise gemäß § 264 Abs. 4 StGB nicht entgegenstehen.

26

Die von der Verteidigung im Schriftsatz vom 05.01.2012 aufgeführte Entscheidung des BGH vom 09.01.2009 - 5 StR 136/09 - erscheint dem Senat vorliegend nicht einschlägig, weil der Angeschuldigte seine vorgefasste Absicht, die Waldflächen quasi als "Strohmann" für einen nicht berechtigten Dritten zu erwerben und anschließend bis zum Ablauf der vertraglichen Bindungsfrist an diesen zu verpachten, eben gerade nicht aufgedeckt hat.

III.

27

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben, die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Schwerin zur Hauptverhandlung zuzulassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Schwerin - Große Strafkammer 1 als Wirtschaftsstrafkammer - zu eröffnen.

28

Von der Möglichkeit einer Verweisung an eine andere Kammer des Gerichts gemäß § 210 Abs. 3 Satz 1 StPO Gebrauch zu machen, sah der Senat keine Veranlassung.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

(1) Beschließt das Gericht, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen, so muß aus dem Beschluß hervorgehen, ob er auf tatsächlichen oder auf Rechtsgründen beruht.

(2) Der Beschluß ist dem Angeschuldigten bekanntzumachen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Wenn nicht im Einzelfall ausdrücklich ein späterer Zeitpunkt festgesetzt wird, beginnt der einstweilige Ruhestand mit dem Zeitpunkt, zu dem die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand der Beamtin oder dem Beamten bekannt gegeben wird, spätestens jedoch mit dem Ende des dritten Monats, der auf den Monat der Bekanntgabe folgt. Die Verfügung kann bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden.

Der Rechtsstreit ist zwischen dem Entschädigungsberechtigten und dem Bund zu führen. Dies gilt sinngemäß, wenn der Rechtsstreit eine Ausgleichszahlung betrifft.

Wenn nicht im Einzelfall ausdrücklich ein späterer Zeitpunkt festgesetzt wird, beginnt der einstweilige Ruhestand mit dem Zeitpunkt, zu dem die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand der Beamtin oder dem Beamten bekannt gegeben wird, spätestens jedoch mit dem Ende des dritten Monats, der auf den Monat der Bekanntgabe folgt. Die Verfügung kann bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden.

Der Rechtsstreit ist zwischen dem Entschädigungsberechtigten und dem Bund zu führen. Dies gilt sinngemäß, wenn der Rechtsstreit eine Ausgleichszahlung betrifft.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. August 2006 - 16 K 2707/05 - geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme einer Bescheinigung nach
§ 7h EStG (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung).
Er ist Eigentümer des Wohnbaugrundstücks ... ... (.... ...) in Stuttgart, Gemarkung Zuffenhausen. Dieses Grundstück lag im räumlichen Geltungsbereich des Sanierungsgebiets „Zuffenhausen 3-Zehnthof“; die Sanierungssatzung wurde nach Abschluss der Sanierung am 29.07.1999 aufgehoben.
Auf Antrag des Klägers vom 31.08.1995 wurde mit Bescheid der Beklagten vom 21.12.1995 ein „Anbau und bauliche Änderungen am Wohnhaus“ mit der Nebenbestimmung sanierungsrechtlich genehmigt, dass „Material und Farben der Balkone, des Vordaches der Garagentore und der Pergola sowie die Begrünung des Garagendachs vor Ausführung mit der Stadt abzustimmen“ sind. Am 13.11.1997 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Bescheinigung nach § 7h EStG. Darin wird bestätigt, dass das Gebäude ... ... im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet liegt und es sich bei dem Anbau und den baulichen Änderungen um Maßnahmen nach § 177 BauGB gehandelt habe, die der Durchführung der Sanierung gedient hätten. Ergänzend dazu bescheinigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05.07.1999, dass sich die anerkannten Kosten der durchgeführten Baumaßnahmen auf 777.262,93 DM brutto für die Jahre 1995 bis 1998 belaufen hätten.
Mit Schreiben vom 15.03.2002 rügte das Finanzamt Stuttgart III gegenüber der Beklagten, dass die Bescheinigung nach § 7h EStG auf einer unzureichenden Prüfung des Sachverhalts beruhe. Die auf den Anbau entfallenden Kosten seien steuerlich nicht begünstigt; nach der vorläufigen Aufstellung des Architekten entfielen nur 160.000,-- DM auf die Sanierung. Außerdem seien Baumaßnahmen auch dann nicht begünstigt, wenn sie ohne vorherige Abstimmung mit der Fachbehörde oder ohne konkrete vertragliche Vereinbarungen auf freiwilliger Grundlage durchgeführt worden seien; das Finanzamt bitte um Mitteilung, ob und inwieweit die Baumaßnahmen vorher mit der Beklagten abgesprochen und ob sie gemäß diesen Absprachen durchgeführt worden seien. Mit Schreiben vom 22.05.2002 teilte die Beklagte dem Finanzamt Stuttgart III mit, über die Baumaßnahmen sei zwar keine Modernisierungsvereinbarung abgeschlossen worden, sie seien jedoch vor Baubeginn - u.a. auch im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens - mit ihr abgestimmt worden. Da es sich bei dem Anbau um eine untergeordnete Erweiterung der Bestandsfläche handle, könnten auch die hierfür entstandenen Neubaukosten als sanierungsbedingte Modernisierungs- und Instandhaltungskosten anerkannt werden.
Am 01.08.2003 leitete das Finanzamt Stuttgart III gegenüber der Beklagten
- Amt für Stadterneuerung - auf Weisung des Rechnungsprüfungsamts und in Übereinstimmung mit der Oberfinanzdirektion Stuttgart ein Remonstrationsverfahren mit dem Ziel der Rücknahme der Bescheinigung vom 13.11.1997 ein. Zur Begründung wird ausgeführt: Gegenüber dem Kläger sei offenbar kein Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot im Sinne des § 177 BauGB ausgesprochen worden. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 22.05.2002 habe sich der Kläger auch nicht vertraglich gegenüber der Beklagten zur Durchführung solcher Maßnahmen verpflichtet; eine eventuelle Abstimmung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sei nicht geeignet, eine förmliche Vereinbarung über bestimmte Modernisierungsmaßnahmen zu ersetzen. Somit lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung nach § 7h EStG nicht vor; die Bescheinigung vom 13.11.1997 sei unrichtig und von der Beklagten zurückzunehmen.
Die Beklagte - Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung - führte mit Schreiben vom 23.09.2003 gegenüber dem Finanzamt Stuttgart III u.a. aus, ein förmliches Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot habe ihr Gemeinderat bislang noch nie beschlossen. Vielmehr verpflichte sich der Eigentümer regelmäßig im Rahmen einer einvernehmlichen Modernisierungsabsprache gegenüber der Stadt zur Durchführung bestimmter Maßnahmen im Sinne des § 177 BauGB. Allerdings sei bis zum Erlass der gemeinsamen Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums vom 11.06.2001 (Bescheinigungsrichtlinie) eine (schriftliche) Modernisierungsvereinbarung nur dann geschlossen worden, wenn der Eigentümer eine Sanierungsforderung in Anspruch genommen habe. Seit Erlass der Bescheinigungsrichtlinie werde eine Modernisierungsvereinbarung auch ohne Inanspruchnahme eines Sanierungszuschusses dann geschlossen, wenn der Eigentümer eine Steuerbegünstigung nach § 7h EStG in Anspruch nehmen wolle. Da es sich hier um einen Altvorgang vor dem Juni 2001 ohne Gewährung eines Zuschusses aus Landesmitteln handle, sei folglich keine Modernisierungsvereinbarung geschlossen worden.
Mit Schreiben vom 08.10.2003 erwiderte das Finanzamt Stuttgart III, die Beklagte könne sich für die Änderung ihrer Praxis im Jahre 2001 nicht auf die damals ergangene Bescheinigungsrichtlinie berufen, die an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung nichts geändert habe. Danach habe jedoch stets die Notwendigkeit des Abschlusses einer Vereinbarung vor Beginn der Baumaßnahmen bestanden, wie sich bereits den Einkommenssteuerrichtlinien 1993 in R 83 a Abs. 6 und der Einkommenssteuerkommentierung von Schmidt in der 15. Aufl. (1996) entnehmen lasse. An der Forderung nach Rücknahme der Bescheinigung werde daher festgehalten.
10 
Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2003 an das Finanzamt Stuttgart III erneut ab. Das Bauvorhaben des Klägers sei, wie in Sanierungsgebieten üblich, vor Baubeginn mit dem Amt für Stadterneuerung abgestimmt worden. Dem Amt für Stadterneuerung seien die Anforderungen der Finanzverwaltung und insbesondere die Notwendigkeit einer konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen Eigentümer und Gemeinde als Voraussetzung für die Begünstigung nach § 7h EStG erst durch die Bekanntmachung der Bescheinigungsrichtlinie vom 11.06.2001 bewusst geworden. Bis dahin seien keine solchen Vereinbarungen geschlossen worden, was auch bei anderen Städten und Gemeinden so üblich gewesen und bis dahin von den Finanzbehörden auch akzeptiert worden sei. Man sehe sich daher außer Stande, die erteilte Bescheinigung zurückzunehmen.
11 
Mit Schreiben vom 21.04.2004 bat das Finanzministerium Baden-Württemberg das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, die Beklagte zur Rücknahme der Bescheinigung zu veranlassen. Mit Schreiben vom 03.05.2004 teilte das Wirtschaftsministerium dem Regierungspräsidium Stuttgart mit, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung die Voraussetzungen der §§ 177 BauGB, 7h EStG für die Erteilung der Bescheinigung nicht vorgelegen hätten und bat um weitere Veranlassung im Rahmen der Fach- und Rechtsaufsicht. Das Regierungspräsidium Stuttgart bat daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2004, die dem Kläger erteilte Bescheinigung zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 06.09.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Rücknahme der Bescheinigung sei beabsichtigt und gab Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen.
12 
Nachdem sich der Kläger geäußert hatte, nahm die Beklagte die Bescheinigung vom 13.11.1997 mit Bescheid vom 15.03.2005 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Die Bescheinigung hätte nur erteilt werden dürfen, wenn die Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund einer konkreten vertraglichen Verpflichtung durchgeführt worden wären. Die Rücknahme sei angemessen. Sie sei das „mildeste Mittel“, um die rechtswidrige Bescheinigung zu beseitigen und die Bindung des Finanzamts an dieselbe zu beenden. Das Interesse des Klägers an deren Aufrechterhaltung müsse demgegenüber zurücktreten. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG sei noch nicht abgelaufen. Sie sei nicht durch die Aufforderung zur Rücknahme mit Schreiben des Finanzamts Stuttgart III vom 30.07.2003 in Gang gesetzt worden. Denn sie selbst habe noch mit Schreiben vom 28.11.2003 dem Finanzamt mitgeteilt, dass die Bescheinigung für rechtmäßig gehalten werde und sie sich zur Rücknahme außer Stande sehe. Erst durch die Weisung zur Rücknahme mit Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.08.2004 im laufenden Remonstrationsverfahren habe die Frist zu laufen begonnen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Bescheid vom 13.07.2005 aus den im Ausgangsbescheid genannten Gründen zurück.
13 
Mit seiner am 17.08.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten über die Rücknahme der Bescheinigung nach § 7h EStG und deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 aufzuheben. Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt.
14 
Mit Urteil vom 07.08.2006 - 16 K 2707/05 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Verwaltungsrechtsweg sei zwar gegeben. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Rücknahme der Bescheinigung für die Vergangenheit sei rechtmäßig. § 7h Abs.1 EStG 1997 beziehe sich nicht nur auf § 177 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB, in denen näher umschrieben werde, was Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen seien, sondern auf die gesamte Vorschrift. Daher setze eine Bescheinigung nach § 7h Abs. 1 EStG voraus, dass steuerlich zu fördernde Maßnahmen auf einem entsprechenden städtebaurechtlichen Gebot der Gemeinde nach § 177 Abs. 1 BauGB beruhten. Da solche Anordnungen in der Praxis nur geringe Bedeutung besäßen, stehe der hoheitlichen Anordnung eines solchen Gebots ein dieses Gebot ersetzender städtebaulicher Vertrag gleich. Solche Verträge bedürften indes der Schriftform. Die hier zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffenen mündlichen Absprachen über die Beseitigung von Missständen und Mängeln am Wohngebäude reichten daher nicht aus. Die Beklagte sei im Rahmen des Ermessens auch zutreffend davon ausgegangen, dass das öffentliche (fiskalische) Interesse an der Beseitigung nicht gerechtfertigter Steuerbegünstigungen das Vertrauen des Klägers in deren Fortbestand überwiege. Maßgebend hierfür sei der Umstand, dass die Baumaßnahmen zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung bereits abgeschlossen gewesen seien. Zur Frage der wirtschaftlichen Bedeutung der Rücknahme der Bescheinigung habe der Kläger vor deren Erlass nichts vorgetragen. Im Übrigen gebe es auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Baumaßnahmen deshalb mit der Beklagten abgesprochen habe, um eine Steuervergünstigung zu erreichen. Dagegen spreche, dass die Beklagte in allen Fällen, in denen die Baumaßnahmen - wie hier - nicht mit Sanierungsmitteln bezuschusst worden seien, die Bescheinigung bis zum Erlass der Richtlinien vom 11.06.2001 nicht davon abhängig gemacht habe, dass ein Gebot oder ein städtebaulicher Vertrag vorgelegen habe. Auch aus den der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen könne nicht hergeleitet werden, dass es eine Absprache gegeben habe. Denn diese Nebenbestimmungen seien ordnungsrechtlicher Natur. Die Jahresfrist für die Rücknahme sei gewahrt. Sie beginne erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit erkannt habe und ihr die für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt seien. Zu den entscheidungserheblichen Tatsachen gehörten auch alle Umstände, die für die Beurteilung der Frage von Bedeutung seien, ob der Begünstigte in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut habe. Es könne offen bleiben, ob die Jahresfrist danach erst mit Ablauf der dem Kläger mit Schreiben vom 06.09.2004 gesetzten Frist für eine Stellungnahme zur geplanten Rücknahme zu laufen begonnen habe. Denn jedenfalls habe sie frühestens in dem Zeitpunkt begonnen, in dem das Regierungspräsidium Stuttgart als Rechtsaufsichtsbehörde die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2004 zur Rücknahme der Bescheinigung vom 13.11.1997 aufgefordert habe. Somit sei die Rücknahme mit Bescheid vom 15.03.2005 noch innerhalb der Jahresfrist erfolgt. Das Urteil wurde dem Kläger am 15.08.2006 zugestellt.
15 
Am 29.08.2006 hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07. August 2006 - 16 K 2707/05 - zu ändern und den Rücknahmebescheid der Stadt Stuttgart vom 15. März 2005 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2005 aufzuheben.
17 
Er trägt zur Begründung vor: Die ihm erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG sei nicht rechtswidrig. Der Gesetzgeber verweise in § 7h EStG nicht auf das Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot nach § 177 Abs. 1 BauGB, sondern allein auf die in § 177 Abs. 2 und 3 BauGB umschriebenen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Zweck der Verweisung sei die Beschränkung der steuerlichen Begünstigung auf die städtebaulich, sozialpolitisch und denkmalpflegerisch erwünschte Beseitigung von Missständen und Mängeln. Für diese Auslegung spreche auch, dass Gebäudemodernisierungen in Sanierungsgebieten ohnehin stets aufgrund von Absprachen mit den Kommunen erfolgten, welche gemäß §§ 144, 145 BauGB die „Durchführungsverantwortung“ für die Gestaltung des Sanierungsgebiets und seiner Gebäude hätten, und zwar unabhängig davon, ob eine förmliche Modernisierungsvereinbarung getroffen worden sei oder nicht. Solche förmlichen Modernisierungsvereinbarungen seien nur dann notwendig, wenn die Kommune einen Zuschuss zu den Maßnahmen zahle. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung sei die Gewährung der Steuervergünstigung nicht daran geknüpft, dass ein solcher Zuschuss bezahlt worden sei. Aus der Regelung des § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG sei nicht zu folgern, dass die Steuerbegünstigung nur im Falle einer vertraglichen Verpflichtung zur Vornahme von Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde zu gewähren sei. Denn hier handle es sich um eine Erstreckung der Steuervergünstigung auf denkmalbezogene Maßnahmen, die über Maßnahmen zur Modernisierung hinausgingen und für die schon aus kompetenzrechtlichen Gründen von vornherein kein Modernisierungsgebot nach § 177 Abs. 1 BauGB in Betracht käme. Die hier in Rede stehenden Maßnahmen seien auch in Absprache mit der Beklagten durchgeführt worden. Vertreter des Amtes für Stadterneuerung der Beklagten hätten ihm zunächst die sanierungsrechtlichen Verpflichtungen und Möglichkeiten zur Modernisierung und Instandsetzung seines Wohngebäudes erläutert. Er habe daraufhin seine Bereitschaft hierzu bekundet. Die Vertreter der Beklagten hätten ihn zwar darauf hingewiesen, dass keine Kostenerstattung nach § 177 Abs. 4 BauGB erfolgen werde, hätten ihm indes zugesichert, die Bescheinigung nach § 7h EStG zu erteilen. Er habe die Ergebnisse des Gesprächs in seinem Baugesuch und seinem Antrag auf Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung absprachegemäß umgesetzt. Mit Erteilung der Baugenehmigung und der sanierungsrechtlichen Genehmigung habe die Beklagte zumindest konkludent die geplanten Baumaßnahmen gebilligt; zudem habe sie ausdrücklich gefordert, dass „Material und Farben der Balkone, des Vordachs der Garagentore und der Pergola sowie die Begrünung des Garagendaches mit der Stadt abzustimmen“ seien. Sein Antrag und die Bewilligung durch die Beklagte stellten somit der Sache nach eine schriftliche Modernisierungsabsprache dar. In einer gesondert formulierten Modernisierungsabsprache hätte nichts weiter geregelt werden können, zumal keine Kostenerstattung erfolgt sei. Auch vor diesem Hintergrund sei die Bescheinigung nach § 7h EStG zu Recht ergangen. Außerdem sei die Bescheinigung erst nach Ablauf der Jahresfrist zurückgenommen worden. Die Beklagte sei durch das Schreiben des Finanzamts Stuttgart III vom 30.07.2003 auf die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung hingewiesen worden, habe diese jedoch erst mit Bescheid vom 15.03.2005 zurückgenommen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass sie diesen Rechtsstandpunkt erst auf der Grundlage der fachaufsichtlichen Weisung des Regierungspräsidiums akzeptiert habe. Denn sie hätte sich innerhalb eines Jahres nach dem Schreiben des Finanzamts Klarheit über die Rechtslage verschaffen müssen. Schließlich hätte die Bescheinigung auch deshalb nicht zurückgenommen werden dürfen, weil er auf deren Fortbestand habe vertrauen dürfen und dieses Vertrauen schutzwürdig gewesen sei. Er habe die Bauinvestitionen in vollem Vertrauen auf die von der Beklagten zugesagten Steuervergünstigungen nach § 7h EStG und in Absprache mit der Beklagten vorgenommen. Das fiskalische Interesse an der Beseitigung der Steuerbegünstigung wiege demgegenüber nicht schwer. Dabei sei zu berücksichtigen, dass bei Kenntnis der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung eine förmliche Modernisierungsvereinbarung zwischen ihm und der Beklagten abgeschlossen worden wäre. Für die Jahre 1997 bis 1999 habe er die steuerliche Vergünstigungen erhalten; sie seien jedoch von der Finanzverwaltung wieder „zurückgefordert“ worden. Er habe gegen alle Steuerbescheide seit 1997 Einsprüche eingelegt, über die wegen des vorliegenden Verfahrens noch nicht entscheiden worden sei.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Sie erwidert: Die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG verweise nach seinem Wortlaut auf die gesamte Vorschrift des § 177 BauGB und damit auch auf Abs. 1, in dem der Erlass von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten geregelt sei. Zwar stehe der hoheitlichen Anordnung eines solchen Gebotes eine schriftliche Modernisierungsvereinbarung gleich, in der sich der Eigentümer gegenüber der Gemeinde verpflichte, im einzelnen umschriebene Maßnahmen zur Behebung von Missständen und Mängeln vorzunehmen. Die schriftliche Antragstellung des Klägers und die schriftliche Genehmigung der Baumaßnahmen erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Die Jahresfrist habe erst mit Aufforderung des Regierungspräsidiums zur Rücknahme der Bescheinigung mit Schreiben vom 18.08.2004 zu laufen begonnen, weil der Behörde erst zu diesem Zeitpunkt die Rechtswidrigkeit derselben bewusst geworden sei. Das öffentliche Interesse in Gestalt des Interesses an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Beseitigung ungerechtfertigter Steuervergünstigungen überwiege das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der ihm erteilten Bescheinigung. Auch gebe es kein milderes Mittel, um die Bindung der Finanzbehörden an die Bescheinigung als Grundlagenbescheid für die Gewährung der Steuervergünstigung zu beseitigen und rechtmäßige Zustände herzustellen.
21 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2005 über die Rücknahme der dem Kläger nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG erteilten Bescheinigung und deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 aufheben müssen, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die § 7h-Bescheinigung vom 13.11.1997 rechtswidrig ist. Denn sie bestätigt zu Unrecht - mit Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt -, dass die vom Kläger an seinem Gebäude ... ... durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen. Nach dieser Vorschrift können bei Gebäuden in Sanierungsgebieten erhöhte Absetzungen von den Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB vorgenommen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung bereits dann gegeben sind, wenn am Gebäude Mängel oder Missstände im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB vorlagen und diese behoben wurden. Denn § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG verweist nach seinem Wortlaut auf die Vorschrift des § 177 BauGB im Ganzen und damit auch auf dessen Absatz 1, der die Gemeinden ermächtigt, die Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden in Sanierungsgebieten durch entsprechende Anordnungen durchzusetzen. Anstelle solcher Gebote schließen die Gemeinden in der Praxis meist städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB mit den Eigentümern, in denen diese sich zur Durchführung näher bestimmter Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verpflichten (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 177 Rn. 21). Diese Vorgehensweise trägt dem Kooperationsgedanken Rechnung, von dem das Sanierungsrecht geprägt ist (vgl. § 175 Abs. 1 BauGB), und erfüllt daher ebenfalls die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung (vgl. Einkommenssteuerrichtlinien 2005, BStBl. I Sondernr. 1 R 7h (6); Gemeinsame Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums vom 11.06.2001 - Bescheinigungsrichtlinie - GABl. 2001, 793, TZ 3.1; vgl. auch BFH, Beschluss vom 06.12.2002 - 9 B 109/02 -, BFH/NV 2003, 469). Demgegenüber stellen freiwillige Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auch dann keine Maßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG dar, wenn sie in Absprache mit der Gemeinde erfolgen und der Beseitigung von Mängeln und Missständen im Sinne von § 177 Abs. 2 und 3 BauGB dienen, sondern nur dann, wenn sie auf der Grundlage eines Gebots nach § 177 Abs. 1 BauGB oder einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Gemeinde durchgeführt wurden. Der Senat schließt sich damit der bislang von der obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertretenen Auffassung an (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.1997 - 6 L 2067/96 - und OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2004 - 3 L 64/02 -, NVwZ 2005, 835; Blümich, EStG, Bd. 1, § 7h Rn. 23 f.; Kirchhof, EStG, 2001, § 7h RdNr. 3; Schmidt, EStG, 25. Aufl. § 7h Rn. 3).
24 
Für diese Auffassung spricht neben der uneingeschränkten Verweisung auf § 177 BauGB in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG auch Satz 2 dieser Vorschrift, welcher die steuerliche Förderung auf denkmalbezogene Maßnahmen unter der Voraussetzung erstreckt, dass sich der Eigentümer hierzu gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist hinsichtlich der sanierungsbezogenen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen entbehrlich, weil deren verpflichtender Charakter bereits durch die umfassende Verweisung auf § 177 BauGB - und damit auch auf dessen Absatz 1 - in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG zur Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung gemacht wird. Demgegenüber ermächtigt § 177 BauGB nicht zur Anordnung städtebaulicher Gebote hinsichtlich der in § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG genannten denkmalbezogenen Maßnahmen. Dieser Auslegung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sich freiwillige Modernisierungsmaßnahmen, die in Absprache mit der Gemeinde realisiert werden, nicht von den auf Grundlage vertraglicher Verpflichtungen durchzuführenden Maßnahmen unterscheiden, wie der Kläger meint. Abgesehen davon, dass die Gemeinden keine Möglichkeit haben, mündliche Absprachen über Modernisierungsmaßnahmen gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen, kann vom Eigentümer nur dann verlangt werden, sich vertraglich zur Durchführung im einzelnen bezeichneter Modernisierungsmaßnahmen in einem bestimmten Zeitraum (vgl. § 177 Abs. 1 Satz 3 BauGB) als Ersatz für eine ansonsten mögliche einseitige Anordnung von Geboten nach § 177 Abs. 1 BauGB (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 177 Rn. 34) zu verpflichten, wenn gemäß § 175 Abs. 2 BauGB die alsbaldige Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Mit der Anknüpfung der steuerlichen Begünstigung an Modernisierungsmaßnahmen verpflichtenden Charakters wird daher zugleich erreicht, dass diese auf Maßnahmen mit städtebaulicher Dringlichkeit beschränkt wird. Hier hat der Kläger die Modernisierungsmaßnahmen nicht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten, sondern freiwillig durchgeführt. Daran ändert nichts, dass er sie unter Beachtung mündlicher Absprachen mit Mitarbeitern der Beklagten gemäß der ihm erteilten Baugenehmigung und der darin enthaltenen sanierungsrechtlichen Auflagen realisiert hat. Denn hierzu war der Kläger nicht verpflichtet. Somit ist die ihm erteilte Bescheinigung rechtswidrig.
25 
Die Rücknahme der Bescheinigung mit Bescheid vom 15.03.2005 erfolgte jedoch nicht innerhalb der Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG und ist daher ihrerseits rechtswidrig.
26 
Nach dieser Vorschrift ist die Rücknahme ab dem Zeitpunkt, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, nur innerhalb eines Jahres zulässig. Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden. Denn § 48 Abs. 4 LVwVfG ist nicht im Sinne einer „Bearbeitungsfrist“ zu verstehen, die mit der Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu laufen beginnt und der Behörde ein Jahr Zeit lässt, um hinsichtlich des Vorliegens der weiteren Rücknahmevoraussetzungen Entscheidungsreife herbeizuführen. Eine solche „Bearbeitungsfrist“ wäre nicht sachgerecht, weil es nicht allein vom Willen der Behörde abhängt, ob die Sache in diesem Zeitraum tatsächlich entscheidungsreif gemacht werden kann; vielmehr kann sich die Aufklärung der entscheidungserheblichen Tatsachen aus den unterschiedlichsten Gründen verzögern (zum Beispiel Zeugenvernehmung oder Einholung von Sachverständigengutachten). Nach Sinn und Zweck der Regelung handelt es sich daher um eine „Entscheidungsfrist“, die grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Entscheidungsreife zu laufen beginnt (grundlegend BVerwG Großer Senat, Beschl. vom 19.12.1984 - GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 219 ff.). Hingegen vermag ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum der Behörde - anders als ein Rechtsirrtum in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts - den Fristbeginn nicht zu hindern. Denn andernfalls wäre die Entscheidungsreife abhängig von der rechtlichen Erkenntnisfähigkeit der handelnden Behörde; je geringer diese ausgeprägt ist, desto großzügiger wäre die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist. Eine solche Auslegung wäre nicht vereinbar mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit hinsichtlich des Bestandes von Verwaltungsakten herbeizuführen. Sie würde ferner die in § 48 Abs. 4 LVwVfG normierte Beschränkung der Kenntnis auf „Tatsachen“ „ins Leere laufen“ lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 05.08.1996 - 5 C 6.95 -, NWVBl. 1997, 293 unter Hinweis darauf, dass ein Rechtsirrtum über die Erforderlichkeit von Ermessenserwägungen den Beginn der Jahresfrist nicht hinausschiebt mit der Folge, dass ein Rücknahmebescheid, welcher einen fristgerecht erlassenen ersten Rücknahmebescheid ersetzt, verfristet sein kann; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 199; ebenso mit eingehender Begründung BSG, Urt. vom 27.07.1989 - 11/7 RAr 115/87 -, BSGE 65, 221 und Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 141). Ausgehend davon wurde die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG zurückgenommen.
27 
Der Irrtum der Beklagten über die Rechtmäßigkeit ihrer Praxis, Bescheinigungen nach § 7h EStG auch bei freiwilligen Modernisierungsmaßnahmen ohne konkrete vertragliche Verpflichtungen auszustellen, war nach eigenem Bekunden mit Bekanntmachung der verbindlichen Vorgaben zur Auslegung und Anwendung unter anderem des § 7h EStG in der Bescheinigungsrichtlinie des Wirtschafts- und Finanzministeriums vom 11.06.2001 (a.a.O.) behoben. Bezogen auf das vorliegende Verfahren war der entsprechende Rechtsirrtum bei der zuständigen Behörde spätestens im November 2003 entfallen. Denn das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung hat im Rahmen des Remonstrationsverfahrens, das der streitgegenständlichen Rücknahme vorangegangen war, mit Schreiben vom 28.11.2003 gegenüber dem Finanzamt Stuttgart III ausdrücklich angegeben, ihm sei aufgrund der Bescheinigungsrichtlinie bewusst geworden, dass die Begünstigung nach § 7h EStG eine konkrete vertragliche Vereinbarung zwischen Eigentümer und Gemeinde voraussetze. Damit hat die zuständige Behörde zu erkennen gegeben, dass sie nunmehr von der Rechtswidrigkeit ihrer früheren Verwaltungspraxis ausgeht. Zwar hat das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung in diesem Schreiben weiter ausgeführt, dass es sich - gleichwohl - außerstande sehe, die dem Kläger erteilte Bescheinigung zurückzunehmen, weil bis zum Erlass der Bescheinigungsrichtlinie keine konkreten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Eigentümer und Stadt abgeschlossen worden seien und diese - auch bei anderen Gemeinden übliche - Vorgehensweise von der Finanzbehörde bis dahin akzeptiert worden sei. Diese Aussage relativiert jedoch nicht die zuvor geäußerte Feststellung zur Rechtswidrigkeit der früheren Verwaltungspraxis in Bezug auf die dem Kläger erteilte Bescheinigung. Denn mit der Bescheinigungsrichtlinie hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit konkreter vertraglicher Modernisierungspflichten sind nicht etwa Konsequenzen aus einer Rechtsänderung gezogen worden. Vielmehr ist der steuerrechtliche Begünstigungstatbestand hinsichtlich der umfassenden Verweisung auf § 177 BauGB seit Erteilung der Bescheinigung im November 1997 unverändert geblieben. Damit war für die Beklagte klar, dass auch die Praxis vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig gewesen war. Ihre Annahme, die dem Kläger erteilte Bescheinigung trotz erkannter Rechtswidrigkeit nicht zurücknehmen zu können, bezieht sich daher auf das Fehlen weiterer Rücknahmevoraussetzungen. Offenbar war sie der Auffassung, dass ein Vertrauenstatbestand vorliege, hinter dem das öffentliche Interesse an der Rücknahme zurücktreten müsse; an dieser Rechtsauffassung hat sie dann in der Folgezeit festgehalten, bis sie vom Regierungspräsidium mit Schreiben vom 18.08.2004 zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde. Wie ausgeführt, kommt es daher für den Beginn der Rücknahmefrist nicht darauf an, ob die zuständige Behörde hinsichtlich solcher weiterer Rücknahmevoraussetzungen einem Rechtsirrtum unterlegen ist oder nicht.
28 
Im vorliegenden Fall begann nach alledem die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG Ende November 2003 zu laufen, als das Amt für Stadtplanung bezogen auf das konkrete Verfahren (spätestens) Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung erlangt und zugleich angenommen hat, die weiteren Rücknahmevoraussetzungen lägen nicht vor. Dies hat zur Folge, dass die „Entscheidungsfrist“ des § 48 Abs. 4 LVwVfG bei Erlass des Rücknahmebescheids am 15. März 2005 bereits abgelaufen war. Zwar trifft die von der Beklagten zunächst vertretene Auffassung, die vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig erteilten Bescheinigungen könnten mit Blick auf die damalige, von der Finanzverwaltung akzeptierte Praxis generell nicht zurückgenommen werden, nicht zu; vielmehr war dies von einer einzelfallbezogenen Würdigung insbesondere unter Vertrauensschutzgesichtspunkten abhängig. Auch spricht viel dafür, dass bei zutreffender Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen der Sachverhalt im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung noch nicht hinreichend geklärt war. Insbesondere war der zuständigen Behörde damals noch nicht bekannt, ob der Kläger die ihm bereits gewährten Steuervergünstigungen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG verbraucht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 3 C 3.95 -, BVerwGE 104, 289 zur Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG auf Verwaltungsakte, die Grundlage für eine bezifferbare Steuerverschonung sind; vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, DVBl. 1993, 947 zum Leistungsverbrauch). Ein solcher Klärungsbedarf hindert jedoch den Fristbeginn hier nicht. Denn mit Blick auf den Zweck der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG als „Entscheidungsfrist“ kommt es allein darauf an, ob a u s S i c h t d e r B e h ö r d e Entscheidungsreife gegeben ist. Hat diese - wie hier - zu erkennen gegeben, dass sie eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts von vornherein - ohne Klärung konkreter Vertrauensschutzaspekte - für unzulässig hält, beginnt die Jahresfrist auch dann zu laufen, wenn diese Rechtsauffassung unzutreffend ist und eine Rücknahme bei hinreichender Aufklärung des Sachverhalts in Betracht kommt. Denn ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum hat - wie oben dargelegt - keine fristhemmende Wirkung. Käme es für die Frage der Entscheidungsreife nicht auf die Rechtsauffassung der Rücknahmebehörde, sondern auf die zutreffende Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen an, wäre es von den Rechtskenntnissen der Behörde abhängig, ob und wann sie die zur Herbeiführung der Entscheidungsreife notwendige Sachaufklärung vornimmt. Die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist wäre also um so länger bemessen, je geringer die Rechtskenntnisse der jeweiligen Behörde sind. Dies wäre aber mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf den Bestand von Verwaltungsakten zu gewährleisten, nicht zu vereinbaren. Im Übrigen läge auch treuwidriges Verhalten vor, wenn sich eine Rücknahmebehörde, die zu erkennen gegeben hatte, dass aus ihrer Sicht Entscheidungsreife vorlag, später hinsichtlich des Fristablaufs auf die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung beriefe. Somit beginnt die Jahresfrist zu laufen, wenn der Behörde alle Tatsachen bekannt sind, die nach ihrer Rechtsauffassung für die Entscheidung über eine Rücknahme des - als rechtswidrig erkannten - Verwaltungsakts erheblich sind. Wie ausgeführt, bestand hier für die Beklagte im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung kein Anlass für weitere Sachaufklärung, weil sie deren Rücknahme unabhängig von den konkreten Einzelfallumständen für unzulässig hielt, so dass die Jahresfrist (spätestens) im November 2003 zu laufen begann.
29 
Die Beklagte ist schließlich auch in der Folgezeit bis zum Ablauf der Jahresfrist davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Sachverhaltsaufklärung über die Frage einer Rücknahme der Bescheinigung entscheiden könne. Das Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.08.2004, mit dem sie zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde, hat daran nichts geändert. Denn diese Weisung wurde nicht von einer Würdigung der Einzelfallumstände abhängig gemacht, sondern galt unbedingt. Dementsprechend finden sich im Rücknahmebescheid und im Widerspruchsbescheid der Beklagten auch keine auf die konkreten Umstände bezogenen Ermessenserwägungen. Die Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 07.09.2004 im Anschluss an die Weisung des Regierungspräsidiums stellt sich vor diesem Hintergrund lediglich als formelle Wahrung des rechtlichen Gehörs dar und war nicht auf weitere Sachaufklärung gerichtet.
30 
Unabhängig davon ist die Rücknahme der Bescheinigung auch wegen fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig. Im Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15.03.2005 und in deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 wird zwar ausgeführt, dass das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der Bescheinigung gegenüber dem Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln zurücktreten müsse. Als Begründung wird jedoch lediglich angegeben, dass es kein „milderes Mittel“ gebe, um den rechtswidrigen Bescheid und damit die Bindung des Finanzamts an die Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung zu beseitigen. Für die Rücknahmeentscheidung war demnach allein ausschlaggebend, dass die Bindung der Finanzverwaltung an die Bescheinigung als Grundlagenbescheid für die steuerliche Begünstigung nicht auf andere Weise aufgehoben werden kann; auf eine konkrete Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln und dem privaten Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der steuerlichen Begünstigung kam es der Beklagten erkennbar nicht an.
31 
Dieser „Nichtgebrauch“ des Ermessens ist mit § 48 LVwVfG nicht vereinbar. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG ist die Vorschrift auch auf solche Verwaltungsakte anzuwenden, die - wie hier die Bescheinigung nach § 7h EStG -Voraussetzung für die Gewährung von Geldleistungen sind. Das Rücknahmeermessen ist demnach nicht erst von der Finanzverwaltung im Rahmen der Entscheidung darüber auszuüben, ob bereits gewährte steuerliche Vergünstigungen zurückgefordert werden sollen. Davon abgesehen stellt die Bescheinigung auch die Grundlage für die Bewilligung noch nicht gewährter steuerlicher Vergünstigungen dar. Hier bestand auch Anlass, den konkreten Sachverhalt im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen. Das gilt einmal mit Blick auf das öffentliche Interesse an der Beseitigung zu Unrecht erlangter Steuerbegünstigungen. Dessen Gewicht hängt u.a. wesentlich davon ab, ob bei Kenntnis der zutreffenden Auslegung des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG eine verpflichtende Modernisierungsvereinbarung über die abgesprochenen und tatsächlich auch ausgeführten baulichen Maßnahmen getroffen worden wäre. In diesem Fall wären die vom Kläger vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen der Sache nach steuerlich förderungswürdig gewesen, was den fehlenden Vertragsschluss im Nachhinein als eher formalen Mangel erscheinen ließe und das Gewicht des fiskalischen Interesses minderte. Ferner hat der Kläger angegeben, dass er die Modernisierungsmaßnahme nur deshalb durchgeführt habe, weil Mitarbeiter der Beklagten ihm die Erteilung der Bescheinigung nach § 7h EStG mündlich zugesichert hätten. Dieser Umstand kann zwar nicht mit den in § 48 Abs. 2 LVwVfG genannten Vertrauenstatbeständen gleichgesetzt werden, welche eine Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte ausschließen; für die ermessensgerechte Berücksichtigung des Vertrauensschutzes ist er aber durchaus von Belang. Schließlich war nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären, ob die eben genannten ermessensrelevanten Umstände vorliegen. Denn die Beklagte hat diesbezüglich überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt. Das Gericht kann jedoch eine unterbliebene Ermessensausübung nicht anstelle der Behörde nachholen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1989 - 4 NB 24.88 -, DVBl. 1989, 1105 m.w.N.).
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
34 
Beschluss
vom 03. April 2007
35 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 50.000,-- EUR festgesetzt.
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2005 über die Rücknahme der dem Kläger nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG erteilten Bescheinigung und deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 aufheben müssen, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23 
Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die § 7h-Bescheinigung vom 13.11.1997 rechtswidrig ist. Denn sie bestätigt zu Unrecht - mit Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt -, dass die vom Kläger an seinem Gebäude ... ... durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen. Nach dieser Vorschrift können bei Gebäuden in Sanierungsgebieten erhöhte Absetzungen von den Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 BauGB vorgenommen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung bereits dann gegeben sind, wenn am Gebäude Mängel oder Missstände im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 BauGB vorlagen und diese behoben wurden. Denn § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG verweist nach seinem Wortlaut auf die Vorschrift des § 177 BauGB im Ganzen und damit auch auf dessen Absatz 1, der die Gemeinden ermächtigt, die Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden in Sanierungsgebieten durch entsprechende Anordnungen durchzusetzen. Anstelle solcher Gebote schließen die Gemeinden in der Praxis meist städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB mit den Eigentümern, in denen diese sich zur Durchführung näher bestimmter Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verpflichten (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 177 Rn. 21). Diese Vorgehensweise trägt dem Kooperationsgedanken Rechnung, von dem das Sanierungsrecht geprägt ist (vgl. § 175 Abs. 1 BauGB), und erfüllt daher ebenfalls die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung (vgl. Einkommenssteuerrichtlinien 2005, BStBl. I Sondernr. 1 R 7h (6); Gemeinsame Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums vom 11.06.2001 - Bescheinigungsrichtlinie - GABl. 2001, 793, TZ 3.1; vgl. auch BFH, Beschluss vom 06.12.2002 - 9 B 109/02 -, BFH/NV 2003, 469). Demgegenüber stellen freiwillige Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auch dann keine Maßnahmen im Sinne des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG dar, wenn sie in Absprache mit der Gemeinde erfolgen und der Beseitigung von Mängeln und Missständen im Sinne von § 177 Abs. 2 und 3 BauGB dienen, sondern nur dann, wenn sie auf der Grundlage eines Gebots nach § 177 Abs. 1 BauGB oder einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Gemeinde durchgeführt wurden. Der Senat schließt sich damit der bislang von der obergerichtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur vertretenen Auffassung an (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.1997 - 6 L 2067/96 - und OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2004 - 3 L 64/02 -, NVwZ 2005, 835; Blümich, EStG, Bd. 1, § 7h Rn. 23 f.; Kirchhof, EStG, 2001, § 7h RdNr. 3; Schmidt, EStG, 25. Aufl. § 7h Rn. 3).
24 
Für diese Auffassung spricht neben der uneingeschränkten Verweisung auf § 177 BauGB in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG auch Satz 2 dieser Vorschrift, welcher die steuerliche Förderung auf denkmalbezogene Maßnahmen unter der Voraussetzung erstreckt, dass sich der Eigentümer hierzu gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung ist hinsichtlich der sanierungsbezogenen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen entbehrlich, weil deren verpflichtender Charakter bereits durch die umfassende Verweisung auf § 177 BauGB - und damit auch auf dessen Absatz 1 - in § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG zur Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung gemacht wird. Demgegenüber ermächtigt § 177 BauGB nicht zur Anordnung städtebaulicher Gebote hinsichtlich der in § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG genannten denkmalbezogenen Maßnahmen. Dieser Auslegung kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sich freiwillige Modernisierungsmaßnahmen, die in Absprache mit der Gemeinde realisiert werden, nicht von den auf Grundlage vertraglicher Verpflichtungen durchzuführenden Maßnahmen unterscheiden, wie der Kläger meint. Abgesehen davon, dass die Gemeinden keine Möglichkeit haben, mündliche Absprachen über Modernisierungsmaßnahmen gegebenenfalls zwangsweise durchzusetzen, kann vom Eigentümer nur dann verlangt werden, sich vertraglich zur Durchführung im einzelnen bezeichneter Modernisierungsmaßnahmen in einem bestimmten Zeitraum (vgl. § 177 Abs. 1 Satz 3 BauGB) als Ersatz für eine ansonsten mögliche einseitige Anordnung von Geboten nach § 177 Abs. 1 BauGB (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 177 Rn. 34) zu verpflichten, wenn gemäß § 175 Abs. 2 BauGB die alsbaldige Durchführung der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist. Mit der Anknüpfung der steuerlichen Begünstigung an Modernisierungsmaßnahmen verpflichtenden Charakters wird daher zugleich erreicht, dass diese auf Maßnahmen mit städtebaulicher Dringlichkeit beschränkt wird. Hier hat der Kläger die Modernisierungsmaßnahmen nicht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten, sondern freiwillig durchgeführt. Daran ändert nichts, dass er sie unter Beachtung mündlicher Absprachen mit Mitarbeitern der Beklagten gemäß der ihm erteilten Baugenehmigung und der darin enthaltenen sanierungsrechtlichen Auflagen realisiert hat. Denn hierzu war der Kläger nicht verpflichtet. Somit ist die ihm erteilte Bescheinigung rechtswidrig.
25 
Die Rücknahme der Bescheinigung mit Bescheid vom 15.03.2005 erfolgte jedoch nicht innerhalb der Rücknahmefrist nach § 48 Abs. 4 LVwVfG und ist daher ihrerseits rechtswidrig.
26 
Nach dieser Vorschrift ist die Rücknahme ab dem Zeitpunkt, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, nur innerhalb eines Jahres zulässig. Die Jahresfrist beginnt, sobald die Rücknahmebehörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Dazu gehören die Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden. Denn § 48 Abs. 4 LVwVfG ist nicht im Sinne einer „Bearbeitungsfrist“ zu verstehen, die mit der Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu laufen beginnt und der Behörde ein Jahr Zeit lässt, um hinsichtlich des Vorliegens der weiteren Rücknahmevoraussetzungen Entscheidungsreife herbeizuführen. Eine solche „Bearbeitungsfrist“ wäre nicht sachgerecht, weil es nicht allein vom Willen der Behörde abhängt, ob die Sache in diesem Zeitraum tatsächlich entscheidungsreif gemacht werden kann; vielmehr kann sich die Aufklärung der entscheidungserheblichen Tatsachen aus den unterschiedlichsten Gründen verzögern (zum Beispiel Zeugenvernehmung oder Einholung von Sachverständigengutachten). Nach Sinn und Zweck der Regelung handelt es sich daher um eine „Entscheidungsfrist“, die grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Entscheidungsreife zu laufen beginnt (grundlegend BVerwG Großer Senat, Beschl. vom 19.12.1984 - GrSen 1.84, GrSen 2.84 -, BVerwGE 70, 356; vgl. auch Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 219 ff.). Hingegen vermag ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum der Behörde - anders als ein Rechtsirrtum in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts - den Fristbeginn nicht zu hindern. Denn andernfalls wäre die Entscheidungsreife abhängig von der rechtlichen Erkenntnisfähigkeit der handelnden Behörde; je geringer diese ausgeprägt ist, desto großzügiger wäre die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist. Eine solche Auslegung wäre nicht vereinbar mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit hinsichtlich des Bestandes von Verwaltungsakten herbeizuführen. Sie würde ferner die in § 48 Abs. 4 LVwVfG normierte Beschränkung der Kenntnis auf „Tatsachen“ „ins Leere laufen“ lassen (vgl. BVerwG, Urt. vom 05.08.1996 - 5 C 6.95 -, NWVBl. 1997, 293 unter Hinweis darauf, dass ein Rechtsirrtum über die Erforderlichkeit von Ermessenserwägungen den Beginn der Jahresfrist nicht hinausschiebt mit der Folge, dass ein Rücknahmebescheid, welcher einen fristgerecht erlassenen ersten Rücknahmebescheid ersetzt, verfristet sein kann; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 19.12.1995 - 5 C 10.94 -, BVerwGE 100, 199; ebenso mit eingehender Begründung BSG, Urt. vom 27.07.1989 - 11/7 RAr 115/87 -, BSGE 65, 221 und Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 141). Ausgehend davon wurde die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 7h EStG erst nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG zurückgenommen.
27 
Der Irrtum der Beklagten über die Rechtmäßigkeit ihrer Praxis, Bescheinigungen nach § 7h EStG auch bei freiwilligen Modernisierungsmaßnahmen ohne konkrete vertragliche Verpflichtungen auszustellen, war nach eigenem Bekunden mit Bekanntmachung der verbindlichen Vorgaben zur Auslegung und Anwendung unter anderem des § 7h EStG in der Bescheinigungsrichtlinie des Wirtschafts- und Finanzministeriums vom 11.06.2001 (a.a.O.) behoben. Bezogen auf das vorliegende Verfahren war der entsprechende Rechtsirrtum bei der zuständigen Behörde spätestens im November 2003 entfallen. Denn das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung hat im Rahmen des Remonstrationsverfahrens, das der streitgegenständlichen Rücknahme vorangegangen war, mit Schreiben vom 28.11.2003 gegenüber dem Finanzamt Stuttgart III ausdrücklich angegeben, ihm sei aufgrund der Bescheinigungsrichtlinie bewusst geworden, dass die Begünstigung nach § 7h EStG eine konkrete vertragliche Vereinbarung zwischen Eigentümer und Gemeinde voraussetze. Damit hat die zuständige Behörde zu erkennen gegeben, dass sie nunmehr von der Rechtswidrigkeit ihrer früheren Verwaltungspraxis ausgeht. Zwar hat das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung in diesem Schreiben weiter ausgeführt, dass es sich - gleichwohl - außerstande sehe, die dem Kläger erteilte Bescheinigung zurückzunehmen, weil bis zum Erlass der Bescheinigungsrichtlinie keine konkreten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Eigentümer und Stadt abgeschlossen worden seien und diese - auch bei anderen Gemeinden übliche - Vorgehensweise von der Finanzbehörde bis dahin akzeptiert worden sei. Diese Aussage relativiert jedoch nicht die zuvor geäußerte Feststellung zur Rechtswidrigkeit der früheren Verwaltungspraxis in Bezug auf die dem Kläger erteilte Bescheinigung. Denn mit der Bescheinigungsrichtlinie hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit konkreter vertraglicher Modernisierungspflichten sind nicht etwa Konsequenzen aus einer Rechtsänderung gezogen worden. Vielmehr ist der steuerrechtliche Begünstigungstatbestand hinsichtlich der umfassenden Verweisung auf § 177 BauGB seit Erteilung der Bescheinigung im November 1997 unverändert geblieben. Damit war für die Beklagte klar, dass auch die Praxis vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig gewesen war. Ihre Annahme, die dem Kläger erteilte Bescheinigung trotz erkannter Rechtswidrigkeit nicht zurücknehmen zu können, bezieht sich daher auf das Fehlen weiterer Rücknahmevoraussetzungen. Offenbar war sie der Auffassung, dass ein Vertrauenstatbestand vorliege, hinter dem das öffentliche Interesse an der Rücknahme zurücktreten müsse; an dieser Rechtsauffassung hat sie dann in der Folgezeit festgehalten, bis sie vom Regierungspräsidium mit Schreiben vom 18.08.2004 zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde. Wie ausgeführt, kommt es daher für den Beginn der Rücknahmefrist nicht darauf an, ob die zuständige Behörde hinsichtlich solcher weiterer Rücknahmevoraussetzungen einem Rechtsirrtum unterlegen ist oder nicht.
28 
Im vorliegenden Fall begann nach alledem die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG Ende November 2003 zu laufen, als das Amt für Stadtplanung bezogen auf das konkrete Verfahren (spätestens) Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung erlangt und zugleich angenommen hat, die weiteren Rücknahmevoraussetzungen lägen nicht vor. Dies hat zur Folge, dass die „Entscheidungsfrist“ des § 48 Abs. 4 LVwVfG bei Erlass des Rücknahmebescheids am 15. März 2005 bereits abgelaufen war. Zwar trifft die von der Beklagten zunächst vertretene Auffassung, die vor Erlass der Bescheinigungsrichtlinie rechtswidrig erteilten Bescheinigungen könnten mit Blick auf die damalige, von der Finanzverwaltung akzeptierte Praxis generell nicht zurückgenommen werden, nicht zu; vielmehr war dies von einer einzelfallbezogenen Würdigung insbesondere unter Vertrauensschutzgesichtspunkten abhängig. Auch spricht viel dafür, dass bei zutreffender Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen der Sachverhalt im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung noch nicht hinreichend geklärt war. Insbesondere war der zuständigen Behörde damals noch nicht bekannt, ob der Kläger die ihm bereits gewährten Steuervergünstigungen im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG verbraucht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.04.1997 - 3 C 3.95 -, BVerwGE 104, 289 zur Anwendbarkeit des § 48 Abs. 2 VwVfG auf Verwaltungsakte, die Grundlage für eine bezifferbare Steuerverschonung sind; vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 C 15.91 -, DVBl. 1993, 947 zum Leistungsverbrauch). Ein solcher Klärungsbedarf hindert jedoch den Fristbeginn hier nicht. Denn mit Blick auf den Zweck der Ausschlussfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG als „Entscheidungsfrist“ kommt es allein darauf an, ob a u s S i c h t d e r B e h ö r d e Entscheidungsreife gegeben ist. Hat diese - wie hier - zu erkennen gegeben, dass sie eine Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts von vornherein - ohne Klärung konkreter Vertrauensschutzaspekte - für unzulässig hält, beginnt die Jahresfrist auch dann zu laufen, wenn diese Rechtsauffassung unzutreffend ist und eine Rücknahme bei hinreichender Aufklärung des Sachverhalts in Betracht kommt. Denn ein auf die weiteren Rücknahmevoraussetzungen bezogener Rechtsirrtum hat - wie oben dargelegt - keine fristhemmende Wirkung. Käme es für die Frage der Entscheidungsreife nicht auf die Rechtsauffassung der Rücknahmebehörde, sondern auf die zutreffende Anwendung der Rücknahmevoraussetzungen an, wäre es von den Rechtskenntnissen der Behörde abhängig, ob und wann sie die zur Herbeiführung der Entscheidungsreife notwendige Sachaufklärung vornimmt. Die zur Verfügung stehende Rücknahmefrist wäre also um so länger bemessen, je geringer die Rechtskenntnisse der jeweiligen Behörde sind. Dies wäre aber mit dem Zweck der Jahresfrist, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf den Bestand von Verwaltungsakten zu gewährleisten, nicht zu vereinbaren. Im Übrigen läge auch treuwidriges Verhalten vor, wenn sich eine Rücknahmebehörde, die zu erkennen gegeben hatte, dass aus ihrer Sicht Entscheidungsreife vorlag, später hinsichtlich des Fristablaufs auf die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung beriefe. Somit beginnt die Jahresfrist zu laufen, wenn der Behörde alle Tatsachen bekannt sind, die nach ihrer Rechtsauffassung für die Entscheidung über eine Rücknahme des - als rechtswidrig erkannten - Verwaltungsakts erheblich sind. Wie ausgeführt, bestand hier für die Beklagte im Zeitpunkt der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Bescheinigung kein Anlass für weitere Sachaufklärung, weil sie deren Rücknahme unabhängig von den konkreten Einzelfallumständen für unzulässig hielt, so dass die Jahresfrist (spätestens) im November 2003 zu laufen begann.
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Die Beklagte ist schließlich auch in der Folgezeit bis zum Ablauf der Jahresfrist davon ausgegangen, dass sie ohne weitere Sachverhaltsaufklärung über die Frage einer Rücknahme der Bescheinigung entscheiden könne. Das Schreiben des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.08.2004, mit dem sie zur Rücknahme der dem Kläger erteilten Bescheinigung angewiesen wurde, hat daran nichts geändert. Denn diese Weisung wurde nicht von einer Würdigung der Einzelfallumstände abhängig gemacht, sondern galt unbedingt. Dementsprechend finden sich im Rücknahmebescheid und im Widerspruchsbescheid der Beklagten auch keine auf die konkreten Umstände bezogenen Ermessenserwägungen. Die Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 07.09.2004 im Anschluss an die Weisung des Regierungspräsidiums stellt sich vor diesem Hintergrund lediglich als formelle Wahrung des rechtlichen Gehörs dar und war nicht auf weitere Sachaufklärung gerichtet.
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Unabhängig davon ist die Rücknahme der Bescheinigung auch wegen fehlender Ermessenserwägungen rechtswidrig. Im Rücknahmebescheid der Beklagten vom 15.03.2005 und in deren Widerspruchsbescheid vom 13.07.2005 wird zwar ausgeführt, dass das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der Bescheinigung gegenüber dem Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln zurücktreten müsse. Als Begründung wird jedoch lediglich angegeben, dass es kein „milderes Mittel“ gebe, um den rechtswidrigen Bescheid und damit die Bindung des Finanzamts an die Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen für die steuerliche Begünstigung zu beseitigen. Für die Rücknahmeentscheidung war demnach allein ausschlaggebend, dass die Bindung der Finanzverwaltung an die Bescheinigung als Grundlagenbescheid für die steuerliche Begünstigung nicht auf andere Weise aufgehoben werden kann; auf eine konkrete Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am rechtmäßigen Verwaltungshandeln und dem privaten Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung der steuerlichen Begünstigung kam es der Beklagten erkennbar nicht an.
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Dieser „Nichtgebrauch“ des Ermessens ist mit § 48 LVwVfG nicht vereinbar. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG ist die Vorschrift auch auf solche Verwaltungsakte anzuwenden, die - wie hier die Bescheinigung nach § 7h EStG -Voraussetzung für die Gewährung von Geldleistungen sind. Das Rücknahmeermessen ist demnach nicht erst von der Finanzverwaltung im Rahmen der Entscheidung darüber auszuüben, ob bereits gewährte steuerliche Vergünstigungen zurückgefordert werden sollen. Davon abgesehen stellt die Bescheinigung auch die Grundlage für die Bewilligung noch nicht gewährter steuerlicher Vergünstigungen dar. Hier bestand auch Anlass, den konkreten Sachverhalt im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen. Das gilt einmal mit Blick auf das öffentliche Interesse an der Beseitigung zu Unrecht erlangter Steuerbegünstigungen. Dessen Gewicht hängt u.a. wesentlich davon ab, ob bei Kenntnis der zutreffenden Auslegung des § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG eine verpflichtende Modernisierungsvereinbarung über die abgesprochenen und tatsächlich auch ausgeführten baulichen Maßnahmen getroffen worden wäre. In diesem Fall wären die vom Kläger vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen der Sache nach steuerlich förderungswürdig gewesen, was den fehlenden Vertragsschluss im Nachhinein als eher formalen Mangel erscheinen ließe und das Gewicht des fiskalischen Interesses minderte. Ferner hat der Kläger angegeben, dass er die Modernisierungsmaßnahme nur deshalb durchgeführt habe, weil Mitarbeiter der Beklagten ihm die Erteilung der Bescheinigung nach § 7h EStG mündlich zugesichert hätten. Dieser Umstand kann zwar nicht mit den in § 48 Abs. 2 LVwVfG genannten Vertrauenstatbeständen gleichgesetzt werden, welche eine Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte ausschließen; für die ermessensgerechte Berücksichtigung des Vertrauensschutzes ist er aber durchaus von Belang. Schließlich war nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären, ob die eben genannten ermessensrelevanten Umstände vorliegen. Denn die Beklagte hat diesbezüglich überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt. Das Gericht kann jedoch eine unterbliebene Ermessensausübung nicht anstelle der Behörde nachholen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1989 - 4 NB 24.88 -, DVBl. 1989, 1105 m.w.N.).
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
33 
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
34 
Beschluss
vom 03. April 2007
35 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 50.000,-- EUR festgesetzt.
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Begünstigte Investitionen sind:

1.
nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden sind,
2.
die Anschaffung von Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden sind, soweit nachträgliche Herstellungsarbeiten nach dem rechtswirksamen Abschluss des obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts durchgeführt worden sind, und
3.
Erhaltungsarbeiten an Gebäuden, die vor dem 1. Januar 1991 fertig gestellt worden sind,
soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten oder der Erhaltungsarbeiten der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen,
4.
die Anschaffung neuer Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung und die Herstellung neuer Gebäude,
a)
soweit die Gebäude mindestens fünf Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen und
b)
wenn der Anspruchsberechtigte durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachweist, dass das Gebäude im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch, einem förmlich festgelegten Erhaltungssatzungsgebiet nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Baugesetzbuchs oder in einem Gebiet liegt, das durch Bebauungsplan als Kerngebiet im Sinne des § 7 der Baunutzungsverordnung festgesetzt ist oder das auf Grund der Bebauung der näheren Umgebung diesem Gebiet entspricht.
Satz 1 Nr. 1 und 2 kann nur angewendet werden, wenn der Anspruchsberechtigte und im Veräußerungsfall der Erwerber für die Herstellungsarbeiten keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt. Im Fall der Anschaffung kann Satz 1 nur angewendet werden, wenn kein anderer Anspruchsberechtigter für das Gebäude Investitionszulage in Anspruch nimmt. Im Fall nachträglicher Herstellungsarbeiten im Sinne von Satz 1 Nr. 1 und 2 sowie im Fall der Herstellung im Sinne von Satz 1 Nr. 4 kann Satz 1 nur angewendet werden, soweit im Veräußerungsfall der Erwerber für das Gebäude keine Sonderabschreibungen in Anspruch nimmt.

(2) Die Investitionen sind begünstigt, wenn sie der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1998 und

1.
bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 vor dem 1. Januar 2005,
2.
bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 4 vor dem 1. Januar 2002
abschließt. Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 sind in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem die nachträglichen Herstellungsarbeiten oder die Erhaltungsarbeiten beendet worden sind. Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 4 sind in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem die Gebäude angeschafft oder hergestellt worden sind.

(3) Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage ist die den Betrag von 2.556 Euro übersteigende Summe der Anschaffungs- und Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen der im Kalenderjahr abgeschlossenen begünstigten Investitionen, soweit sie die vor dem 1. Januar 1999 geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten, Anzahlungen auf Erhaltungsaufwendungen und entstandenen Teilherstellungskosten übersteigen. Zur Bemessungsgrundlage gehören jedoch nicht

1.
bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 und 3 die nachträglichen Herstellungskosten und die Erhaltungsaufwendungen, soweit sie insgesamt in den Jahren 1999 bis 2004 614 Euro je Quadratmeter Wohnfläche übersteigen. Bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 2001 begonnen hat oder bei denen er das Objekt im Fall der Anschaffung auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2001 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsakts angeschafft hat, gehören die nachträglichen Herstellungskosten und die Erhaltungsaufwendungen nur zur Bemessungsgrundlage, soweit sie insgesamt in den Jahren 2002 bis 2004 50 Euro je Quadratmeter Wohnfläche überschreiten. In den zuletzt genannten Fällen ist der Betrag von 2.556 Euro nicht zu berücksichtigen. Betreffen nachträgliche Herstellungsarbeiten oder Erhaltungsarbeiten mehrere Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sind die nachträglichen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen nach dem Verhältnis der Nutzflächen auf die Gebäudeteile aufzuteilen, soweit eine unmittelbare Zuordnung nicht möglich ist. Bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten die Sätze 1 bis 4 mit der Maßgabe entsprechend, dass an die Stelle der nachträglichen Herstellungskosten die Anschaffungskosten treten, die auf nachträgliche Herstellungsarbeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 entfallen;
2.
bei Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 4 die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, soweit sie 2.045 Euro je Quadratmeter Wohnfläche des Gebäudes übersteigen.
§ 2 Abs. 5 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. In die Bemessungsgrundlage können die im Kalenderjahr geleisteten Anzahlungen auf Erhaltungsaufwendungen einbezogen werden. Als Beginn der nachträglichen Herstellungsarbeiten oder Erhaltungsarbeiten gilt bei Baumaßnahmen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden.

(4) Die Investitionszulage beträgt

1.
15 vom Hundert für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 entfällt, und
2.
10 vom Hundert für den Teil der Bemessungsgrundlage, der auf Investitionen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 4 entfällt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Der Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet worden ist, kann von dem Angeklagten nicht angefochten werden.

(2) Gegen den Beschluß, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder abweichend von dem Antrag der Staatsanwaltschaft die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung ausgesprochen worden ist, steht der Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zu.

(3) Gibt das Beschwerdegericht der Beschwerde statt, so kann es zugleich bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einer anderen Kammer des Gerichts, das den Beschluß nach Absatz 2 erlassen hat, oder vor einem zu demselben Land gehörenden benachbarten Gericht gleicher Ordnung stattzufinden hat. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, kann der Bundesgerichtshof bestimmen, daß die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat dieses Gerichts stattzufinden hat.