Landgericht Düsseldorf Schlussurteil, 19. Jan. 2016 - 4b O 157/14
Tenor
I.
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
a)
der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
III.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin zu 20 %, die Beklagte zu 1) zu 40 % und die Beklagte zu 2) zu 40 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 2) trägt die Klägerin jeweils zu 20 %. Die Kosten der Streithilfe haben die Beklagten zu jeweils 50% zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
IV.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 800.000,00 vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten und die Streithelferin ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP X (Anlagen X ET1a; im Folgenden: Klagepatent) auf Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
4Das Klagepatent wurde von der Streithelferin am 28.02.2007 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 08.08.2012 veröffentlicht. Am 18.12.2013 erfolgte die Veröffentlichung und Bekanntmachung seiner Erteilung. Am 17.09.2014 legten unter anderem die Beklagten Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents beim Europäischen Patentamt ein, über den bislang noch nicht entschieden ist. Das Klagepatent steht in Kraft.
5Das in englischer Sprache erteilte Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzwerken. Die geschützte Technik dient zur Vereinfachung der Architekturverwaltung und beschäftigt sich mit der Identifizierung von Funkzellen, die für einen reibungslosen Weiterleitungsvorgang (sog. handover) der Mobilfunkverbindung zwischen Nachbarzellen des Telekommunikationsnetzes notwendig ist.
6Die Klägerin stützt den Verletzungsvorwurf auf eine Kombination der Klagepatentansprüche 1 und 6.
7Anspruch 6 in Kombination mit Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
8„Mobiles Endgerät (4) zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Endgerät eine Steuerung (42) für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfasst, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum:
9Erkennen (115) eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und
10Melden (117) der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.“
11Die Streithelferin besitzt eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie. Am 10.01.2013 schloss sie mit der B („E Sub“), der C („X“), deren Tochtergesellschaften D („UP Sub1“) und E („X Sub 2“) sowie der A („XLLC“) das sogenannte Master Sales Agreement („MSA“), das die weitere Verwertung eines Teils ihrer Patente zum Gegenstand hat. Betroffen war ein Patentportfolio, das über 2000 Patente umfasste. Hinsichtlich der Regelungen des MSA im Einzelnen wird auf den in Auszügen von den Parteien zur Akte gereichten Vertragstext Bezug genommen.
12Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Gesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die E Sub, UP, UP Sub 1 und UP Sub 2 sind sämtlich Gesellschaften, die nach dem Recht des Staates Delaware gegründet wurden. Die UPLLC wurde nach dem Recht des Staates Nevada gegründet. Die Klägerin wurde nach irischem Recht gegründet. Sie gehört zur F Gruerice und ist mit der Verwaltung und Lizensierung von Patenten befasst. Sie ist dem MSA nachträglich beigetreten.
13Im MSA findet sich in Ziffer 6.14 unter anderem die Regelung, dass die UPLLC die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Dieser Verpflichtung ist die UPLLC durch Erklärung vom 14.06.2013 nachgekommen. In einer weiteren Vereinbarung vom 13.02.2013 (Patent Sale and Grant-Back Licence Agreement – „PSA“) findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der UPLLC, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Dies wurde bei der Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin umgesetzt und die Klägerin gab am 6.3.2014 gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Verpflichtungserklärung ab.
14In Umsetzung des MSA schlossen dessen Vertragsparteien in der Folgezeit drei Übertragungsverträge, deren Wirksamkeit zwischen den Parteien im Streit steht. Die Klägerin bietet öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Konditionen an („G “). Hierin ist unter anderem eine Lizenzgebühr von 0,75 USD pro Mobilfunkendgerät vorgesehen. Die Beklagten rügen diese als zu hoch. Zu dem Abschluss eines Lizenzvertrages kam es nicht.
15Die Beklagten sind im Segment der Verbraucherelektronik, Haushaltsgeräte und mobilen Kommunikation tätig. Zu ihrer Produktpalette zählen neben Audio-und Videoprodukten auch Long-Term-Evolution (LTE)-fähige Mobiltelefone, darunter die Mobiltelefone G2 und Nexus 5 (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform).
16Die Architektur der LTE-Netzwerke ebenso wie die LTE-Fähigkeit der Mobilgeräte ist standardisiert. Daher kommunizieren die eNBs (Basisstationen) mit den LTE-Mobilgeräten (UEs) über Funksignale nach den LTE-Standards. Die streitgegenständliche Technik wird unter anderem in dem Telekommunikationsstandard 3GERICTS 36.300 Version 8.9.0 (nachfolgend LTE-Standard I), dem Telekommunikationsstandard 3GERICTS 36.331 Version 8.7.0 (nachfolgend LTE-Standard II),wird dem Dokument 3GERICTS 36.523-1 Version 12.3.0 (nachfolgend LTE Standard III) behandelt. Die früheste Version des LTE-Standards I, welche sich mit der streitgegenständlichen Technik befasst, ist die Version 8.5.0, die im Juni 2008 veröffentlicht wurde. Bei der frühesten Version des LTE-Standards II, welche die streitgegenständliche Technik betrifft, handelt es sich um die Version 8.3.0, deren Veröffentlichung im September 2008 erfolgte. Die definierten und standardisierten Konformitätstests im LTE-Standard III sind gültig für alle Endgeräte, die 3GERICReleases ab Release 8 umsetzen.
17Der LTE-Standard beschreibt den hier streitgegenständlichen Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (Automatic Neighbour Relation Function = sog. ANR-Funktion). Hierbei handelt es sich um eine einseitige Beziehung zwischen der Ausgangs- bzw. Versorgungszelle (serving cell) und einer oder mehreren Zielzellen. Diese Zielzellen stellen Nachbarzellen dar, die Signale – unter anderem Synchronisationssignale – übermitteln, die vom UE empfangen werden können.
18Die Beklagte zu 2) bietet in Deutschland Mobiltelefone an und bringt sie in Verkehr. Sie wird im Impressum der deutsch-sprachigen Seite X genannt und ist für die Seite verantwortlich.
19Die Beklagte zu 1) unterhält und betreibt die Internetseite X (Anlage X ES15) in englischer Sprache, für die sie verantwortlich ist. Von dieser Webseite gelangt der Nutzer auf die von der Beklagten zu 2) betriebene Seite, indem auf der Startseite und dem Menüpunkt „Country/Language“ lediglich die Sprachauswahl auf „Germany/Deutsch“ umgestellt wird. Unter dem Menüpunkt „Mobile“ findet der Nutzer dann die angegriffene Ausführungsform.
20Die Klägerin behauptet, die Streithelferin habe durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 (nachfolgend ÜV I) einen Teil ihres Patentportfolios – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Patentanmeldung – auf die B übertragen. Der Vertrag sei auf Seiten der Streithelferin von den Damen H und I , auf Seiten der B von Herrn J für die AB M unterschrieben worden. Sämtliche Personen seien vertretungsbefugt gewesen. Für die Damen H und I ergebe sich dies aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Die AB M sei ausweislich des K of B die Geschäftsführerin der B gewesen. Diese wiederum habe Herrn J zur Vertretung bevollmächtigt. Die Vollmacht sei von Frau H und Herrn L unterzeichnet worden. Beide seien ausweislich der Registrierungsurkunde der AB M Mitglieder des Vorstandes und gemeinsam zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Die Vertretungsregelungen seien nach schwedischem Recht wirksam. Hierzu verweist die Klägerin auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten der Rechtsanwälte N . Einer besonderen Form habe der Vertrag nicht bedurft. Im Übrigen sei die Schriftform aber auch gewahrt.
21Am 13.02.2013 habe die B die von der Streithelferin erlangten Patente – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Patentanmeldung – auf die XLLC weiter übertragen (nachfolgend ÜV II). Der Vertrag sei auf Seiten der B von Herrn J unterzeichnet worden, der aus den vorgenannten Gründen Vertretungsmacht für die AB M , diese wiederum für die B gehabt habe. Für die X LLC habe den Übertragungsvertrag Herr O unterzeichnet. Dieser sei CEO der X. Das ergebe sich aus Pressemitteilungen und Proxy Statements. Die UP wiederum sei Geschäftsführerin der UP IP Manager LLC. Diese sei gemeinsam mit der UP IP Holdings Inc. Gesellschafterin der UPLLC, nachdem die UP IP Manager LLC durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 die Anteile der UP an der UPLLC übernommen habe. Das Interest Assignment Agreement habe auf beiden Seiten Herr O unterzeichnet. Seine Vertretungsbefugnis ergebe sich aus seiner Position als CEO der UP. Die Geschäftsführung der UPLLC sei durch das S vom 13.02.2013 auf die UP IP Manager LLC übertragen worden. Auch diese Vereinbarung habe Herr O auf beiden Seiten unterzeichnet, wobei er als CEO der UP über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt habe. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Delaware sämtlich zulässig. Die Klägerin verweist insofern auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Herrn Professor P . Auch im Übrigen begegne der Übertragungsvertrag nach dem Recht des Staates Delaware keinen Bedenken. Infolge dieses Vertrages habe die UPLLC am 03.09.2013 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 24.10.2013 antragsgemäß erfolgt sei.
22Am 27.02.2014 habe die UPLLC die Patente – darunter das Klagepatent – auf die Klägerin weiter übertragen (nachfolgend: ÜV III). Die Vereinbarung sei auf Seiten der UPLLC von Herrn Q , auf Seiten der Klägerin von Herrn R unterzeichnet worden. Herr Q sei CFO der UP und durch das S vom 13.02.2013 bevollmächtigt worden, die UPLLC bei der Ausführung des MSA zu vertreten. Im Übrigen ergebe sich die Vertretungsbefugnis des Herrn Q für die UPLLC auch aus einem Board Meeting der UP vom 10.01.2013. Herr R sei im Rahmen des Board Meetings der Klägerin am 27.02.2014 zum Managing Director ernannt worden und als solcher zur Vertretung der Klägerin befugt. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Nevada zulässig. Dies werde durch das von ihr eingeholte Privatgutachten der Kanzlei T bestätigt. Auch im Übrigen begegne der ÜV III nach dem Recht des Staates Nevada keinen Bedenken. Die Klägerin habe am 07.03.2014 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 03.07.2014 erfolgt sei.
23Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten seien passiv legitimiert. Dies ergebe sich aus den Internetauftritten der Beklagten. Hier böten beide Beklagte Mobiltelefone an, die mit dem LTE-Standard kompatibel seien.
24Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents. Hierzu behauptet sie, dass die angegriffene Ausführungsform den Vorgaben des LTE-Standards entspreche.
25Das Klagepatent erfasse mit der Übertragung einer nichteindeutigen Zellenkennungsinformation auch ein Versenden von einzelnen Signalen, die erst zusammengesetzt einen „Sinn“ ergeben würden. So weise das Klagepatent bereits in der Beschreibung für die eindeutige Zellenkennung – wobei hieraus eine Auslegung für beide Verfahrensschritte entnommen werden könne – darauf hin, dass das mobile Endgerät diese Information empfange und dekodiere. So werde der Fachmann auch in der Übermittlung und Zusammensetzung der ECGI eine Übertragung sowie ein „Erkennen“ bzw. „Entdecken“ der eindeutigen Zellenkennung sehen. Dem Fachmann sei klar, dass bei solchen Übermittlungsvorgängen ein Codierungs- und Dekodierungsvorgang stattfinde.
26Die angegriffene Ausführungsform verwende die ANR-Funktion. Dies zeige die Überprüfung von Feature Group Indicators (FGI´s) durch einen Test mit dem Nexus 5, ein Modell der angegriffenen Ausführungsform. Die dort gelisteten Funktionen müssten zwingend bei einem UE vorhanden sein, darunter falle auch die streitgegenständliche ANR-Funktion. Der Test habe ergeben, dass sie beim Nexus 5 vorhanden sei.
27Es ergebe sich zudem aus dem LTE-Standard I unmissverständlich, das die eNB jedes UE anweise, Messungen durchzuführen. Ferner ergebe sich auch aus dem Standard 3GERICTS 36.523-1 V.12.3.0, der Kompatibilitätstests beinhalte, dass das UE angewiesen sei, die global cell identity der Nachbarzelle in der MeasurementReport Nachricht zu bERIChten. Um die ECGI unmittelbar anzufordern, stehe allein der periodische BERIChtstyp zur Verfügung, wobei die Periode so konfiguriert sei, dass die ECGI dabei höchstens immer nur ein einziges Mal abgerufen und bERIChtet werde.
28Die Klägerin hat ursprünglich die Urteilsveröffentlichung verlangt und ihren Auskunftsanspruch ebenfalls auf die Anwendung des im Anspruch 1 geschützten Verfahrens gestützt. Nach Rücknahme dieser Anträge beantragt die Klägerin nunmehr nur noch,
29I.
30die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
31mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchen eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
32in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
33wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist: Zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
34insbesondere wenn die mobilen Endgeräte betreibbar sind zum Abrufen der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle und zum Melden der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle an die Basisstation, die die erste Kommunikationszelle versorgt;
35und/oder wenn die zweite Kommunikationszelle der ersten Kommunikationszelle benachbart ist;
36und/oder wenn die Steuerung zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen und zum Melden der eindeutigen Zellenkennungen, wie sie erkannt worden sind, an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist;
37wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
38a)
39der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
40b)
41der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
42c)
43der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
44d)
45der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
46e)
47der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
48wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
49wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
50II.
51festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
52Die Beklagten beantragen,
53die Klage abzuweisen,
54hilfsweise
55den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegen das Klagepatent ET (EP X) erhobenen Einspruch auszusetzen.
56Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
57Die mit Schriftsatz vom 16.03.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelferin beantragt,
58den Beklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.
59Den ursprünglich gestellten Antrag der Beklagten zu 1), die Klage für zurückgenommen zu erklären, haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) übereinstimmend für erledigt erklärt.
60Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Im Einzelnen bestreiten sie die Wirksamkeit der Übertragungsverträge nach den jeweils zur Anwendung kommenden ausländischen Rechtsordnungen, die Echtheit der zur Akte gereichten Kopien, die Existenz der U , der AB M und der UPLLC, die Vertretungsbefugnis der handelnden Personen sowie die wirksame Abtretung in der Vergangenheit entstandener Ansprüche an die Klägerin. Zudem sei die Schriftform des Art. 72 EPÜ nicht gewahrt.
61Die Registereintragung der Klägerin begründe keine Indizwirkung für die materiell-rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent. Denn ausweislich des klägerischen Vortrags sei das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Anmeldung nicht unmittelbar von der Streithelferin auf die Klägerin übertragen worden, sondern es habe zwei Zwischenerwerber gegeben: die B und die UPLLC. Die B sei nicht im Patentregister eingetragen worden. Der behauptete Rechtsübergang auf die UPLLC sei jedenfalls nicht in zeitlichem Zusammenhang hiermit, sondern mehr als ein halbes Jahr später in das Register eingetragen worden. Dies stehe der Vermutungswirkung des Registers für die materiell rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent entgegen. Im Übrigen weise der Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Patentübertragungen Unschlüssigkeiten auf. Die Eintragung des Klagepatents im Patentregister habe keine konstitutive Wirkung. Die Wirksamkeit der Abtretungen der Patentanmeldung sei vielmehr Voraussetzung für die materiell rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent.
62Bezüglich etwaiger kartellrechtlicher Bedenken gegen die Wirksamkeit der Übertragungsverträge haben sich die hiesigen Beklagten ergänzend das Vorbringen der Beklagten in dem Parallelverfahren 4b O 123/14 zu eigen gemacht. Die Beklagte (V ) vertritt in diesem Verfahren die Auffassung, die Streithelferin habe bei der Umsetzung des MSA sowohl gegen die Vorschriften der Fusionskontrolle (§§ 35-42 GWB) als auch gegen das Verbot der Wettbewerbsbeschränkung (Art. 101, 102 AEUV) verstoßen.
63Bei der mit dem MSA vereinbarten Transaktion handele es sich um einen Zusammenschluss im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB, der beim Bundeskartellamt hätte angemeldet werden müssen. Dies ist – insoweit unstreitig – nicht geschehen. Die Umsatzschwellen des § 35 GWB seien überschritten. Der weltweite Umsatz allein von W habe im Jahr 2012 etwa 26,17 Mrd. EUR betragen. Davon entfalle ein Betrag von mehr als 25 Mio. EUR auf Deutschland. Mit den übertragenen Patenten seien im Jahr 2012 Umsatzerlöse in Deutschland in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt worden. Hierbei seien auch die Patente zu berücksichtigen, die noch nicht abgetreten worden seien, nach dem MSA aber in den nächsten Jahren abgetreten werden sollen (vgl. Ziffer 6.3 des MSA). Das MSA belege, dass die Vertragsparteien selbst den Wert der von der Vereinbarung umfassten Patente auf mindestens 1,05 Milliarden USD geschätzt hätten (vgl. Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA). Der tatsächliche Wert sei sogar höher. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die übertragenen Patente in bis zu acht Jahren ab Übertragung auslaufen würden und dass der deutsche Mobilfunkmarkt etwa fünf Prozent des weltweiten Marktes ausmache, werde deutlich, dass mit der Lizensierung des übertragenden Patentportfolios im Jahr 2012 in Deutschland ein Umsatz von mindestens 6,56 Mio. USD erzielt worden sei (5 % von 1,05 Milliarden USD geteilt durch 8 Jahre). Dies entspreche einem Betrag von 5,1 Mio. EUR. Ähnliches ergebe sich auch unter Berücksichtigung des „G “ der Klägerin. Hiernach sei pro Mobilfunkendgerät ein Betrag von 0,75 USD zu zahlen. Im Jahr 2012 seien nach den von der Streithelferin vorgelegten Marktstudien in Deutschland 30,4 Mio. Endgeräte abgesetzt worden. Hieraus würden sich Lizenzeinnahmen im Jahr 2012 von 22,8 Mio. USD errechnen. Der Klägerin obliege insofern eine sekundäre Beweislast, da den Beklagten mangels Kenntnis der konkreten Umsatzzahlen der Streithelferin näherer Vortrag nicht möglich sei.
64Im Übrigen stelle das MSA eine wettbewerbswidrige Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. W und UP hätten bezweckt, durch die Aufspaltung des Patentportfolios die ETSI-Regeln zu umgehen. Demgegenüber sei die Klägerin aus kartellrechtlichen Gründen verpflichtet gewesen, nicht nur eine eigene FRAND-Erklärung abzugeben, sondern sich auch rechtswirksam zu verpflichten, die bisherige Lizensierungspraxis der Streithelferin fortzuführen. Dies habe sie hingegen nicht getan, so dass das MSA nichtig sei. Die Erzielung exzessiver Lizenzgebühren habe dabei im Interesse der Streithelferin gelegen. Die Klauseln 3.4 und 6.1 (aa) des MSA hätten der Streithelferin Mittel an die Hand gegeben, um entsprechenden Druck auf die UP Gruerice auszuüben, noch höhere Lizenzeinnahmen zu generieren.
65Zudem sehe das MSA in Ziffer 3.4 wettbewerbswidrige Mindestlizenzgebühren vor und enthalte daher eine unzulässige Preisbindung. Für die Übertragung der Patente sei – insoweit unstreitig – nicht etwa ein fester Kaufpreis vereinbart worden, sondern der „Kaufpreis“ sei gemäß Ziffer 3.2 des MSA als Anteil an den Bruttolizenzeinnahmen von UPLLC zu zahlen. Dabei werde durch die einzelnen Regelungen des MSA erheblicher Druck auf UPLLC ausgeübt, die zu vereinbarenden Lizenzen möglichst zu maximieren. Dies ergebe sich zum einen aus Ziffer 3.4., wonach UPLLC verpflichtet sei, von seinen Lizenznehmern bestimmte Mindestlizenzgebühren (sog. Aericlicable Royalty Rate) zu verlangen. Andernfalls werde eine Strafzahlung fällig. Eine solche werde nach den Ziffern 3.3 und 8.13 (c) des MSA auch fällig, wenn UPLLC ohne Zustimmung von W seine Kontrollstrukturen ändere. Die Drohung mit einer erheblichen Zahlungsverpflichtung begründe für UPLLC einen Anreiz, bei potenziellen Lizenznehmern die höchstmöglichen Lizenzgebühren zu erzielen. UPLLC sei dadurch massiv in seiner Preissetzungsfreiheit beschränkt. Hierin liege eine „Kernbeschränkung“, die ungeachtet der Tatsache, ob sie in horizontalen oder vertikalen Vereinbarungen enthalten sei, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle.
66Das MSA und sein Vollzug würden zudem gegen Art. 102 AEUV verstoßen. Die Streithelferin habe ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem sie ihr Patentportfolio künstlich aufgespalten habe. Dies habe der Umgehung der FRAND-Verpflichtung gedient mit dem Ziel, die Lizenzeinnahmen auf ein über FRAND liegendes Niveau anzuheben.
67Die Beklagten vertreten die Auffassung, die Beklagte zu 1) sei nicht passiv legitimiert, weil sich die Webseite X nicht an Abnehmer in Deutschland richte und insbesondere keine für den deutschen Markt bestimmten Angebote enthalte.
68Die Beklagten sind weiter der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform würde das Klagepatent nicht verletzen. Sie bestreiten die seitens der Klägerin durchgeführten Tests und deren Ergebnisse für Geräte der Beklagten mit Nichtwissen.
69Im englischen Originalwortlaut bedeute der Begriff „detect“ in der korrekten Übersetzung „entdecken“. „Erkannt werden“ im Sinne von „entdeckt werden“ könne nur etwas, das bereits vorhanden sei. In dem Augenblick, in dem das mobile Endgerät die eindeutige oder nichteindeutige Zellenkennungsinformation wahrnehme, sei der Schritt des Erkennens/Entdeckens dieser Information abgeschlossen. Der Begriff „detect“ entspreche einem rein passiven Empfangen einer bereits vorhandenen Information und stehe im Gegensatz zu einem Errechnen eines neuen Werts. Weiter sehe der Anspruch ein festgelegtes Verhaltensmuster vor, nach dem das Endgerät auf eine konkrete Anweisung, etwas zu tun, unmittelbar reagiere und dieser Anweisung Folge leiste. Das Entdecken und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformation dürfe nicht von weiteren Zwischenschritten oder Bedingungen abhängen.
70Das UE empfange nach dem LTE-Standard Systeminformationen an verschiedenen Stellen des SystemInformationBlockTypes 1 (die plmn-IdentityList, aus der das UE den 1. Eintrag als plmn-identity wählt, und die cellidentity), aus denen es erst die ECGI ermitteln müsse. Indem die erst zu ermittelnde ECGI an die Basisstation gemeldet werde, sei die Steuerung des UE nicht betreibbar zum Erkennen (Entdecken) der ECGI, die als solche nicht übertragen werde. Das Auswählen aus mehreren Einträgen und das Zusammensetzen des Eintrags „plmnIdentity“ mit anderen, an anderer Stelle übertragenen Daten zu einer neuen Information, stelle kein Decodieren und kein Entdecken einer bereits vorhandenen Information dar.
71Darüber hinaus ermittele das mobile Endgerät die ECGI nicht aufgrund einer konkreten Anweisung, sondern vielmehr periodisch. Darüber hinaus hänge das BERIChten der ECGI von weiteren Bedingungen ab: So müsse das Netz unter anderem ausreichende Stillstandzeiten zur Verfügung stellen, damit ein Abrufen und Melden erfolgen könne. Zudem nehme das mobile Endgerät die ECGI nur dann in einen MessbERICht auf, wenn es sämtliche dafür notwendigen Informationen rechtzeitig von der Nachbarzelle erlangen konnte. Anderenfalls werde die entsprechende Messkonfiguration „measID“, welche die Abfrage der CGI enthalte, entfernt, so dass die CGI nicht mehr von dem Endgerät an das Netzwerk gemeldet werde. Dieser Mechanismus sei durch eine Zeitfunktion gesteuert.
72Nach dem LTE-Standard werde die PCI bzw. PhysCellID nicht als solche in dem Synchronisationssignal von einer eNB übertragen, sondern in zwei getrennten Synchronisationssignalen – im Primary Synchronisation Signal (PSS) und Secondary Synchronisation Signal (SSS). Lediglich diese beiden Signale würden auch an das UE übertragen. Aus den beiden Signalen werde die nichteindeutige physikalische Zellidentität anhand der Formel errechnet. Das UE übertrage nur den so errechneten Summenwert als ganze Zahl. Damit übertrage ein standardmäßiges UE nicht die erkannten Informationen (PSS und SSS), sondern den davon abweichenden, anhand der genannten mathematischen Formel errechneten Wert für die physikalische Zellkennung an die eNB.
73Im LTE-Netzwerk stelle sich das vom Klagepatent gelöste Problem nicht, da es durch menschliche Bemühungen bei der Planung des Netzwerks so konfiguriert werde, dass nahegelegene Zellen keine gemeinsame uneindeutige Zellidentität haben.
74Im Übrigen stehe der Durchsetzung der mit der Klage verfolgten Ansprüche der Lizenzeinwand aus Art. 102 AEUV entgegen. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, sie – die Beklagten - vor Klageerhebung auf die Verletzung des Klagepatents hinzuweisen und ihnen ein Lizenzvertragsangebot zu FRAND-Bedingungen zu unterbreiten. Dies habe sie nicht getan. Insbesondere seien die in den vorangegangenen Lizenzvertragsverhandlungen von der Klägerin geforderten Lizenzgebühren unverhältnismäßig hoch und nicht diskriminierungsfrei gewesen. Die Klägerin habe es jedenfalls versäumt, vergleichbare Lizenzverträge vorzulegen, aufgrund derer erst beurteilt werden könne, ob die angebotenen Lizenzbedingungen diskriminierungsfrei seien. Infolgedessen sei die Geltendmachung von Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüchen kartellrechtswidrig/rechtsmissbräuchlich. Jedenfalls aber sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch auf die Geltendmachung einer angemessenen Lizenzgebühr beschränkt. Insofern sei der Antrag auf Auskunft und Rechnungslegung zu weit gefasst.
75Hilfsweise sei das Verfahren auszusetzen. Das Klagepatent werde sich nicht als rechtsbeständig erweisen. Sowohl die Beklagten als auch die Beklagten aus den Parallelverfahren 4b O 52/14 und 4b O 123/14 sind der Ansicht, der Gegenstand des Klagepatents sei unzulässig erweitert bzw. die geschützte technische Lehre nicht ausführbar und werde überdies neuheitsschädlich von diversen Entgegenhaltungen offenbart. Jedenfalls fehle es ihm an der nötigen Erfindungshöhe.
76Die Klägerin und die Streithelferin treten den kartellrechtlichen Einwänden der Beklagten entgegen.
77Die Nebenintervenientin behauptet, sie habe für ihr umfangreiches Patentportfolio auf dem Markt keine angemessenen Lizenzgebühren mehr erzielen können. Dies sei der Grund für den Abschluss des MSA gewesen. Es sei ihr legitimes Ziel gewesen, durch die Aufspaltung des Portfolios einen faireren Ausgleich für die von ihr geleistete Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu erlangen. Diese sei immens. Sie investiere jährlich etwa 4 Milliarden USD in diesen Bereich und beschäftige dort mehr als 25.000 Mitarbeiter. Ein großer Teil der Aktivitäten sei dabei der Entwicklung von offenen Mobilfunkstandards gewidmet. Etwa 40 % des weltweiten mobilen Datenverkehrs verlaufe durch Netzwerke, die von ihr bereitgestellt würden. Als Ergebnis ihrer umfangreichen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit halte sie mittlerweile ein Portfolio von über 37.000 erteilten Patenten. Hinzu komme die jährliche Erteilung von weiteren etwa 2.000 Patenten. Eine Vielzahl dieser Patente sei wesentlich für die bedeutenden Standards, die von modernen Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt würden. Sie habe in der Vergangenheit eine Vielzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Die Einnahmen aus diesen Verträgen seien ein notwendiger Anreiz, um weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren.
78Dabei setze sie – die Streithelferin – sich vehement für die Implementierung der FRAND-Prinzipien ein. Ihr uneingeschränktes Bekenntnis zu der Einhaltung und Umsetzung der FRAND-Prinzipien habe auch beim Abschluss des MSA eine wesentliche Rolle gespielt. Dies zeige sich an verschiedenen Stellen des Vertrages, etwa in den Ziffern 6.1 (x), 6.7 (a), 6.7 (b), 6.12, 6.14 (a), 6.14 (b). Auch im PSA sei in Ziffer 5.4 eine entsprechende Regelung getroffen worden.
79Immer mehr potenzielle Lizenznehmer würden demgegenüber die Möglichkeit des „Hold-out“ nutzen, d.h. die geschützte Technologie ohne bestehenden Lizenzvertrag nutzen und darauf warten, vom Patentinhaber verklagt zu werden. Dies geschehe in dem Wissen, dass solche Verfahren nur Patent für Patent und Land für Land durchgeführt werden könnten und entsprechend lange Zeit benötigten. An ernsthaften Lizenzvertragsverhandlungen seien diese Marktteilnehmer nicht interessiert.
80Das MSA verstoße nicht gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften. Es sei schon kein Zusammenschlusstatbestand erfüllt. Im Übrigen seien die Umsatzschwellen des § 35 GWB nicht überschritten. Für die Annahme, die Umsätze von UPLLC in Deutschland im Jahr 2012 hätten 5 Millionen Euro überschritten, gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
81Nur hilfsweise weist die Streithelferin außerdem darauf hin, dass ein Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften jedenfalls nicht die Unwirksamkeit der Patentübertragungen zur Folge hätte. § 41 Abs. 1 S. 2 GWB beschränke die Nichtigkeitsfolge vielmehr auf dasjenige Rechtsgeschäft, das gegen das Vollzugsverbot verstoße. Im Übrigen bleibe das MSA und erst Recht die nachfolgenden Patentübertragungen wirksam.
82Das MSA enthalte auch keine unzulässige Preisbindung. Die Vereinbarung einer „Aericlicable Royalty Rate“ stelle nicht die Festlegung einer Mindestlizenzgebühr dar, sondern sei lediglich Hilfsmittel, um die Zahlung eines angemessenen Kaufpreises für die übertragenen Patente sicherzustellen. Die Klägerin sei frei, mit ihren potentiellen Lizenznehmern jedwede Lizenzgebühr auszuhandeln. Dabei sei sie allein kaufmännischen Erwägungen unterworfen. Der Anreiz für die Klägerin, die „Aericlicable Royalty Rate“ nicht zu unterschreiten, sei vergleichbar mit dem Anreiz für jeden Großhändler, bei einem Weiterverkauf der Waren nicht deren Einkaufspreis zu unterschreiten. Hierin liege keine kartellrechtswidrige Preisfestsetzung.
83Schließlich verstoße das MSA nicht gegen Art. 101 AEUV oder Art. 102 AEUV. Es sei – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – keineswegs Sinn und Zweck des MSA gewesen, die Lizenzgebühren auf ein über FRAND liegendes Niveau zu erhöhen. Vielmehr hätten sowohl UPLLC als auch die Klägerin – insoweit unstreitig – entsprechend den Regelungen im MSA und PSA eigene FRAND-Erklärungen abgegeben, um sicherzustellen, dass die FRAND-Prinzipien eingehalten würden. Der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine Patentverwertungsgesellschaft handele, könne keinen Unterschied machen. Ein Recht auf einen bestimmten Lizenzgeber gewähre das Kartellrecht nicht.
84Der Kartellrechtseinwand der Beklagten könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil mit der Klage keine Unterlassung, sondern ausschließlich Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend gemacht werde. Auf diese Ansprüche finde Art. 102 AEUV keine Anwendung. Insofern sei auch keine Beschränkung der Schadensersatzpflicht auf eine angemessene Lizenzgebühr gerechtfertigt. Die Beklagten hätten nämlich gerade kein annahmefähiges Angebot abgegeben, geschweige denn Sicherheit geleistet. Vielmehr hätten die Beklagten bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage kein echtes Interesse daran gehabt, in inhaltliche Gespräche mit der Klägerin über eine Lizensierung ihrer Patente einzutreten. Mit dem G habe sie – die Klägerin - ein FRAND-Angebot vorgelegt, das die Beklagten nicht hätten ausschlagen dürfen. Die Lizenzgebühr in Höhe von 0,75 USD sei gerechtfertigt, weil diese sich nicht ausschließlich auf das Klagepatent, sondern auf das gesamte angebotene Portfolio beziehe.
85Mit Zwischenurteil vom 29.07.2014 hat die Kammer den Antrag der Beklagten zu 2) auf Leistung der Prozesskostensicherheit durch die Klägerin zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
86Das GERICht hat aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2015 und 01.12.2015 Beweis erhoben unter anderem durch die Vernehmung der Zeugen H , Y , Z , I , O , Q , AA und H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen. Die Akten 4b O 51/14, 4b O 52/14, 4b O 122/14, 4b O 123/14, 4b O 156/14, 4b O 49/14, 4b O 154/14 und 4b O 120/14 wurden beigezogen und waren ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
87Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2015, 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen.
88Entscheidungsgründe
89Die Klage ist zulässig und begründet.
90Die Klägerin hat gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB. Eine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits sieht die Kammer nicht.
91I.
92Die Klägerin ist zur Geltendmachung der mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung aktiv legitimiert.
93Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit maßgeblich ist nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 1781; OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 18737). Soweit Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, ist die vorgenannte Differenzierung ohne Belang, weil die Beklagte nicht zur Unterlassung gegenüber einem bestimmten Berechtigten, sondern zur Unterlassung schlechthin verurteilt wird (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; vgl. auch Pitz, GRUR 2010, 688, 689). Soweit allerdings – wie im Streitfall - Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, stehen diese nur dem jeweils materiell berechtigten Patentrechtsinhaber zu.
941.
95Die Erteilung des Patents und dessen Eintragung im Register zugunsten eines bestimmten Inhabers lässt das Recht aus dem Patent originär in der Person des eingetragenen Inhabers entstehen.
96Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) unterscheidet in einer dem nationalen Recht (vgl. die Aufzählung in § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG) grundsätzlich vergleichbaren Weise zwischen drei Kategorien von Rechten, die aus einer Erfindung resultieren können. Das im deutschen Recht in der Vorschrift des § 6 PatG geregelte „Recht auf das Patent” beschreibt in materieller Hinsicht die Gesamtheit der aus der Erfindung herrührenden Rechte. Diese erste Kategorie erfindungsbezogener Rechte kennt auch das EPÜ, indem es in seinem Art.60 Abs. 1 Satz 1 das „Recht auf das europäische Patent” dem Erfinder (bzw. seinem Rechtsnachfolger) zuweist. Die zweite Kategorie beschreibt das „Recht aus der Patentanmeldung” (den „Anspruch auf Erteilung des Patents”, wie § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG es nennt), mithin die durch die Anmeldung begründete und damit formale Rechtsposition des Anmelders eines Patents. In Bezug auf dieses Recht aus der Patentanmeldung fingiert Art. 60 Abs. 3 EPÜ im Verfahren vor dem EPA, dass der Anmelder berechtigt ist, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen. Die dritte Kategorie schließlich betrifft das Recht aus dem Patent, das in seinen Rechtswirkungen im nationalen Recht in den §§ 9 und 10 PatG geregelt und im EPÜ in Art. 64 genannt ist (vgl. hierzu: LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347 ff.).
97Die in Art. 60 Abs. 3 EPÜ normierte Fiktion hinsichtlich des Rechts aus der Patentanmeldung, die im nationalen Recht in § 7 Abs. 1 PatG geregelt ist, bewirkt in der dritten Kategorie das Entstehen des Rechts aus dem Patent in der Person des Anmeldenden (vgl. hierzu auch: Benkard/Mellulis, Europäisches Patentübereinkommen, 2. Auflage 2012, Art. 60 Rn 28; eindeutiger: Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Dieser wird originärer Inhaber des Rechts aus dem Patent und insofern nicht nur formell, sondern auch materiell Berechtigter hinsichtlich sämtlicher Rechte aus dem Patent (OLG Düsseldorf, BB 1970, 1110; kürzlich bestätigt durch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2015, Az.: I-2 U 25/10; Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Ist der Anmeldende weder der Erfinder noch dessen (unmittelbarer oder mittelbarer) Rechtsnachfolger, ist er gemäß Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜ bzw. § 8 S. 2 PatG dem sachlich Berechtigten gegenüber zur Übertragung des Patents verpflichtet. Bis dahin jedoch hat er gegenüber Dritten die Stellung des materiell berechtigten Inhabers am Patent und kann sämtliche Ansprüche aus dem Patent geltend machen.
98Durch die Erteilung des Klagepatents am 18.12.2013 ist das Recht aus dem Patent formell und materiell in der Person der UPLLC entstanden.
99Aus der Entscheidung „Magazinbildwerfer“ des BundesgERIChtshofs vom 23.06.1992 (GRUR 1993, 69) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung hat sich der BGH nicht mit der Frage befasst, welche Rechtswirkungen die Erteilung eines Patents durch das Europäische Patentamt hat. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass der BGH trotz der zwischenzeitlichen Erteilung des Patents die Wirksamkeit der Übertragung der vorausgehenden Patentanmeldung geprüft hat, hergeleitet werden, dass der Anmelder mit der Erteilung des Patents nicht originär Inhaber des Schutzrechts wird. Denn der vom BGH zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich vom Streitfall dadurch, dass die vom Patentinhaber beklagte Partei – die dortige Beklagte zu 1) – eingewandt hat, selbst Inhaberin der Patentanmeldung gewesen zu sein, so dass sie den vom eingetragenen Inhaber geltend gemachten Ansprüchen unter Umständen entsprechende Gegenrechte entgegenhalten konnte (dolo-agit-Einwand). Dies steht im Streitfall hingegen nicht in Rede.
1002.
101Hinsichtlich der (wirksamen) Übertragung des Klagepatents von der UPLLC an die Klägerin mit Übertragungsvertrag vom 27.04.2014 begründet die Eintragung der Klägerin im Register eine tatsächliche Vermutung.
102Insofern ist anerkannt, dass für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dem Patentregister in aller Regel eine erhebliche Indizwirkung zukommt (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren). Nach § 30 Abs. 3 S. 1 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber einverstanden ist. Gemäß § 28 Abs. 2 DPMAV muss der bisherige Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreiben oder der Rechtsnachfolger muss eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegen. Dies begründet eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, GRUR 2013, 713, 717 – Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
103Selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – annehmen wollte, dass die Erteilung des Patents in der Person der UPLLC keine konstitutive Wirkung hatte, würde die Indizwirkung des Registers für die Klägerin streiten. Insbesondere steht der Indizwirkung nicht entgegen, dass im Rahmen der Übertragung der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung ein Zwischenerwerber in der von der Klägerin vorgetragenen Übertragungskette, nämlich die U , nicht im Patentregister eingetragen war. Die Kammer folgt zwar nicht der Auffassung des LG Mannheim, wonach die Nichteintragung eines Zwischenerwerbers im Patentregister generell unbeachtlich sein soll (vgl.: LG Mannheim, Urteil vom 10.03.2015 - Aktenzeichen 2 O 103/14, BeckRS 2015, 15918 für den Zwischenerwerb an einem Patent), im vorliegenden Fall reichen die von der Klägerin zur Übertragungskette vorgetragenen Details – im Hinblick auf den nichteingetragenen Zwischenerwerb der B – aber jedenfalls nicht aus, die Vermutungswirkung des Patentregisters zu erschüttern. Denn die Übertragungskette war nach dem Vortrag der Klägerin zwischen sämtlichen Parteien von vornherein abgestimmt und die B gerade einmal für einen Zeitraum von zwei Tagen Inhaberin der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung. Die Eintragung der U , die von vornherein nur als Zwischenerwerberin fungieren sollte, wäre reine Förmelei gewesen. Insofern genügt die Eintragung der UPLLC im Patentregister, um dessen Indizwirkung zu erhalten.
1043.
105Die insoweit bestehende Vermutung hinsichtlich der Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent wird bestätigt durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2015 und 01.12.2015 durchgeführte Zeugenvernehmung. Hiernach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die UPLLC das Klagepatent durch Patentübertragungsvertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin übertragen hat (nachfolgend: ÜV III).
106Nur äußerst hilfsweise für den Fall, dass man der Erteilung des Patents im Hinblick auf die materielle Berechtigung keine rechtsbegründende Wirkung beimessen wollte, stellt die Kammer fest, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch zu ihrer Überzeugung feststeht, dass die Streithelferin die das Klagepatent betreffende Anmeldung durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 an die B übertragen hat (nachfolgend: ÜV I), die diese sodann durch Übertragungsvertrag vom 13.02.2013 an die UPLLC weiter übertragen hat (nachfolgend: ÜV II).
107a) Grundsätze
108Für die Entstehung, die Rechteinhaberschaft, den Bestand und die Übertragung des Patents gilt das Schutzlandprinzip (lex loci protectionis). Dieses ist zwingend und einer abweichenden Rechtswahl der Parteien nicht zugänglich. Die Anknüpfung an das Schutzlandprinzip bedeutet, dass für die Anforderungen an die Übertragung eines Patents das Recht desjenigen Staates heranzuziehen ist, in dem das Patent seinen territorialen Schutz entfaltet (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.). Entsprechend ist vorliegend, da der deutsche Teil eines europäischen Patents im Streit steht, die Wirksamkeit der vorgetragenen Patentübertragungen nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass von den Übertragungsverträgen zugleich weitere ausländische Schutzrechte umfasst waren (vgl.: OLG München, GRUR-RR 2006, 130).
109aa)
110Mangels besonderer gesetzlicher Vorgaben kann die Übertragung eines Patents im deutschen Recht durch schlichte Übereinkunft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem in Aussicht genommenen Patenterwerber erfolgen. Der Einhaltung einer besonderen Form bedarf es gemäß Art. 72 EPÜ nur für europäische Patentanmeldungen (LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347, 350 – Medizinisches Instrument). Für die Übertragung dieser Patentanmeldungen erfordert Art. 72 EPÜ aus Gründen der Rechtsklarheit die Schriftform. Für das EPA soll aus lediglich einer einheitlichen Urkunde nachvollziehbar sein, dass und an wen eine Übertragung der europäischen Patentanmeldung stattgefunden hat und ob diese Übertragung - etwa im Hinblick auf die Vertretungsbefugnis der tatsächlich handelnden Personen - wirksam zustande gekommen ist. Durch die Schriftform soll ermöglicht werden, die materielle Berechtigung an der Patentanmeldung vertragsweit auf einfache und zugleich sichere Weise feststellen zu können (vgl. BGH, GRUR 1992, 692, 693 - Magazinbildwerfer). Die Schriftform steht im Zusammenhang mit der auch im Übrigen vorgesehenen Schriftlichkeit im Verfahren gegenüber dem EPA (vgl. etwa Art. 99 Abs. 1 Satz 2, Art. 108 Satz 1, Art. 121 Abs. 2 EPÜ).
111Das Erfordernis der Schriftform nach Art. 72 EPÜ geht Formerfordernissen des nationalen Rechtsvor, da Art. 72 EPÜ die Frage der Form der Übertragung der europäischen Patentanmeldung abschließend regelt. Die schriftliche Vereinbarung im Sinne des Art. 72 EPÜ muss das Schutzrecht bezeichnen, den Willen zu dessen Übertragung wiedergeben und jedenfalls auch insoweit die Unterschrift der beiden Vertragsparteien tragen (BGH, GRUR Int. 1993, 548 ff. – Magazinbildwerfer). Für die Einhaltung der Schriftform des Art. 72 EPÜ ist es nicht unbedingt erforderlich, dass die Unterschrift auf jeder Seite eines mehrseitigen Dokuments steht. Erforderlich ist nur, dass der auf mehreren Seiten stehende Text den Willen der unterzeichnenden Personen darstellt und entsprechend von der Unterschrift gedeckt ist (Fitzner/Lutz/Bodewig/Heinrich, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, Art. 72 EPÜ Rn 6). Dies kann nicht nur durch eine Unterschrift/Paraphierung auf jeder Seite des Vertrages oder eine Heftung oder ähnlich feste Verbindung der einzelnen Vertragsseiten deutlich gemacht werden, sondern auch mittels einer Beweiserhebung – etwa durch die Vernehmung von Zeugen – geklärt werden.
112bb)
113Ob ein bestimmter über das Klagepatent abgeschlossener Vertrag dessen materielle Übertragung zum Gegenstand hat, ist im Streitfall durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ist nach denjenigen gesetzlichen Regeln vorzunehmen, die das Vertragsstatut vorgibt. Haben für die Parteien des Übertragungsvertrages Bevollmächtigte gehandelt, entscheidet das Vertragsstatut auch darüber, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung gegeben sind. Wird nach erfolgter, ggf. ausländischem Vertragsrecht folgender Auslegung und Beurteilung der Vertretungsverhältnisse eine den Geschäftsherrn bindende Übertragungsabsprache bejaht, entscheidet deutsches Recht darüber, ob die verabredete Patentübertragung den Anforderungen an ein solches Verfügungsgeschäft genügt (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.).
114b) Übertragungsvertrag Streithelferin – U
115Die Klägerin hat schlüssig dargetan und bewiesen, dass die Streithelferin die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung als Teil eines Portfolios mit Vertrag vom 11.02.2013 an die B (E-Sub) übertragen hat.
116aa)
117Die Klägerin hat die Übertragungsvereinbarung zwischen der Streithelferin und der B vom 11.02.2013 mit Schriftsatz vom 17.11.2015 im Original vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV I übereinstimmt, heißt nicht, dass die darin enthaltene Vereinbarung zwischen den Parteien nicht wirksam zustande gekommen ist. Die Zeugen H , I und J haben übereinstimmend ausgesagt, dass sowohl das Original als auch die Kopie ihre Unterschriften aufweisen und die Unterschiede auf den Unterschriftsseiten daher rühren können, dass sie den Vertrag mehrfach unterzeichnet haben. Die Zeugen haben zudem gegenseitig ihre Unterschriften verifiziert.
118Die Unterzeichnung des Vertrages kam nach übereinstimmender Aussage der drei Zeugen in Schweden zu Stande und zwar im Rahmen eines Leadership-Meetings, das am 7. Februar 2013 am Hauptsitz von W in der Nähe von Stockholm stattfand. Aus Anlass dieses Leadership-Meetings befand sich auch der Zeuge J zu diesem Zeitpunkt in Schweden. Die Zeugen stimmten darin überein, dass die Unterschriften von dem In-House Anwalt der Streithelferin, Herrn BB , gesammelt wurden, da es sich bei dem ÜV I um einen internen Vorgang innerhalb der W Unternehmensgruerice gehandelt habe.
119Zugleich wiesen alle drei Zeugen darauf hin, dass der ÜV I nur ein Teil einer größeren Transaktion gewesen sei und die spätere Übertragung der Patente an die F Unternehmensgruerice vorbereitet habe. Die Zeugin I schilderte detailliert, wie üblicherweise die Unterzeichnung von Verträgen bei transkontinentalen Vereinbarungen ablaufe. Die Dokumente würden per e-mail ausgetauscht, wobei im Regelfall der Vertragstext und die Unterschriftsseite als separate pdf-Dokumente verschickt würden. Die Unterschriftsseite werde ausgedruckt, unterzeichnet, eingescannt und zurückgesandt. Die beauftragte Anwaltskanzlei sammele die Unterschriftsseiten, füge diese mit dem Vertragstext zusammen und stelle sicher, dass die korrekten Anlagen beiliegen. Mittlerweile werde häufig vereinbart, dass die pdf-Dokumente als Originale gelten sollen, weshalb auf die Originale nicht mehr so viel Wert gelegt werde. Die Üblichkeit dieses Vorgehens wurde von den Zeugen H und L dem Grunde nach bestätigt. Der Zeuge AA ergänzte dies im Rahmen seiner Vernehmung dahingehend, dass die beteiligten Kanzleien die Unterschriftsseiten austauschen und deren Erhalt bestätigen würden.
120Die Zeugen H , I und J haben weiter übereinstimmend ausgesagt, dass vorliegend die Gesamttransaktion von der amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei CC begleitet worden sei, die die Verträge ausgearbeitet, bei sich gesammelt und sichergestellt habe, dass alles ordnungsgemäß unterzeichnet gewesen sei. Für den ÜV I habe, da sämtliche der unterzeichnenden Personen in Schweden gewesen seien, Herr HH die Unterschriften gesammelt. Der Umstand, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei CC vorbereitet wurden, erklärt, warum der ÜV I verschiedene Papierformate aufweist. Denn europäische und amerikanische Formate unterscheiden sich geringfügig und es erscheint vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen durchaus möglich, dass einzelne Seiten in den USA und andere in Schweden ausgedruckt wurden.
121Soweit es im Rahmen der Unterzeichnung des ÜV I eine Änderung im Vertragsinhalt gegeben hat, an die sich die Zeugen im einzelnen nicht mehr erinnern konnten, stimmten sie sämtlich darin überein, dass es sich allenfalls um ein Detail gehandelt habe, um dass sich die Rechts- bzw. Patentabteilung gekümmert habe. Die drei vorgenannten Zeugen waren sich bei der Unterzeichnung des Vertrages darüber im Klaren, dass mit dem ihnen zur Unterschrift vorgelegten Vertrag eine Reihe von Patenten und Patentanmeldungen der Streithelferin auf deren hundertprozentige Tochtergesellschaft, die U , übertragen werden sollten. Dass die Zeugen hierbei nicht im Einzelnen wussten, welche Patente und Patentanmeldungen - insbesondere mit welchen Patentnummern - übertragen werden sollten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Insofern haben sich alle drei Zeugen in der konkreten Ausgestaltung des Vertrages auf ihre Anwälte verlassen; ihr Vertragsbindungswille bezog sich auf die grundsätzliche Übertragung von Patenten von der Streithelferin auf die U , wobei die Details durch die hierfür bevollmächtigten Anwälte geregelt werden sollten. Dass sich die Kenntnis und damit der Wille der Zeugen nicht auf jedes Detail des Vertrages bezog, steht der Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses nicht entgegen. Dies entspricht vielmehr der üblichen Arbeitsteilung innerhalb größerer Unternehmen. Die eingeschalteten Anwälte handelten als Vertreter der Unterzeichnenden. Dies gilt auch für den gegenseitigen Empfang der Willenserklärungen.
122bb)
123Die Kammer ist davon überzeugt, dass der ÜV I die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der Streithelferin an die B umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV I übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepaten tist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Patent im Register geändert wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass das Klagepatent von den Übertragungen umfasst sein sollte. Schließlich zeigt auch die Stellung von W als Streithelferin der Klägerin in diesem Rechtsstreit, dass der Wille des Vorstandes von W dahin ging, das Klagepatent an die B und von dieser an den F Unternehmenskonzern zu übertragen. Dieser Wille des Vorstandes wurde durch die den ÜV I unterzeichnenden Personen ausgeführt. Insofern konnte die Zeugin I bestätigen, dass Patente aus dem Bereich des Mobilfunks betreffend 2G, 3G und 4G ausgewählt wurden.
124cc)
125Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV I auch den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der Streithelferin wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die B zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen H , I , X, L und AA davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste jedem der Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
126dd)
127Soweit die Beklagten die Existenz der B bestreiten, sieht die Kammer hierfür keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 in Kopie das K of B vom 11.12.2012 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass die B durch ihre Gesellschafter, die X , gegründet wurde. Dass zu diesem Dokument kein Original vorgelegt werden konnte, bedeutet nicht, dass die B in Wirklichkeit nicht existiert.
128Vielmehr haben die Zeugen H und L bestätigt, das K of B vom 11.12.2012 für die AB M unterzeichnet zu haben. Dass sie an den Vertragsinhalt im Einzelnen keine Erinnerung mehr hatten, ist unschädlich. Die Zeugin H konnte sich jedenfalls daran erinnern, dass die B eigens zur Durchführung der Patentübertragung von der Streithelferin auf die F Unternehmensgruerice gegründet wurde. Auch der Zeuge L konnte dies bestätigen, wobei er sich zu erinnern meinte, dass die B gegründet worden sei, weil die Streithelferin keine eigenständige Niederlassung in den USA haben wollte. Beide Zeugen konnten mit Sicherheit bestätigen, dass das vorgelegte Agreement of B ihre Unterschrift trägt. Der Zeuge L hatte sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokuments, da er zu dem Zeitpunkt, als seine Unterschrift angefordert wurde, krank war, und erst zwei Tage später wieder im Büro war, um das Dokument zu unterzeichnen. Seine zeitliche Angabe „vor Weihnachten 2012“ stimmt überein mit dem in dem Agreement angegebenen Datum, dem 11.12.2012. Soweit er das Dokument erst einige Tage nach dem 11.12.2012 unterzeichnet haben sollte, ist dies für die rechtswirksame Gründung der B unerheblich. Die Zeichnungsbefugnis der Zeugen H und L ergibt sich aus der Gründungsurkunde der AB M . Beide Zeugen konnten bestätigen, im Dezember 2012 für die AB M zeichnungsbefugt gewesen zu sein. Der Zeuge L hat dies dahingehend konkretisiert, dass zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam zeichnungsbefugt gewesen seien. Desweiteren konnte er bestätigen, dass die Vertretungsverhältnisse bei der AB M über längere Zeit gleich geblieben sind. Die Zeugen H und Y , beides Vorstandsmitglieder der AB M , waren daher für die Unterzeichnung des K of B im Dezember 2012 gemeinsam zeichnungsbefugt.
129Für die AB DD hat die Zeugin Z den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet. Auch sie hat ihre Unterschrift – und die Unterschriften der Zeugen H und L – eindeutig erkannt. Ihre Vertretungsbefugnis für die AB DD ergibt sich aus deren Registrierungszertifikat. Insofern hat die Zeugin Z bestätigt, im Dezember 2012 Vorstandsmitglied der AB DD und für diese allein zeichnungsberechtigt gewesen zu sein
130Die Kammer sieht - auch wenn die Zeugen nicht mit den Details des K of B vertraut waren – vor diesem Hintergrund keinerlei Anlass, die Existenz der B ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
131Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass die Dokumentennummern nicht auf allen Seiten des vorgelegten Agreements übereinstimmen. Dies lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei CC vorbereitet wurden und einen Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Unternehmen durchlaufen haben. Die Unterschriftenseite weist einen eindeutigen Bezug zu dem übrigen Teil des Agreements auf, da sie einen Verweis auf das LLC Agreement enthält und die Gesellschaften aufführt, die auch auf der ersten Seite des Vertrages genannt werden.
132ee)
133Die Zeuginnen H und I verfügten bei der Unterzeichnung des ÜV I für die Streithelferin über die hierzu erforderliche Vertretungsmacht. Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die Vertretungsbefugnis der Zeuginnen H und I ergibt sich aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Darin sind die Zeuginnen H und I als besonders autorisierte Personen („specially authorized signatories“) aufgeführt. Unter dem Punkt „signatory power“ ist die Vertretungsmacht für die Streithelferin dergestalt geregelt, dass Frau H die Streithelferin gemeinsam mit Frau I vertreten kann. Dies haben die Zeuginnen so auch im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt. Die Zeugin H hat ergänzend ausgeführt, bereits seit etwa zehn Jahren für die Streithelferin zeichnungsbefugt zu sein.
134Ausweislich der Stellungnahme der schwedischen Rechtsanwälte X aus der Kanzlei X vom 28.07.2015 ist eine solche Regelung nach schwedischem Recht möglich (s. S. 14-16 des Gutachtens). Hiernach wird eine schwedische Gesellschaft nach dem Aktiengesetz grundsätzlich durch ihren Vorstand vertreten. Es ist allerdings möglich, die Vertretungsmacht auf einzelne „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ zu übertragen. Die Befugnisse eines solchen Sonderunterzeichners entsprechen denjenigen des Vorstands. Diese Grundsätze belegen die Rechtsanwälte N durch den Verweis auf die entsprechenden Vorschriften des schwedischen Aktiengesetzes. Konkrete Einwände gegen die Ausführungen der beiden Anwälte tragen die Beklagten nicht vor und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Kammer hat keinerlei Zweifel daran, dass die Zeuginnen H und I nach schwedischem Recht über die erforderliche Vertretungsbefugnis verfügten, um den ÜV I zu unterzeichnen.
135ff)
136Die B wurde beim Abschluss des ÜV I wirksam durch die AB M , diese wiederum durch Herrn X, vertreten.
137Bei der B handelt es sich um eine nach dem Recht des US-Staates Delaware gegründete Gesellschaft. Auf eine solche Gesellschaft findet der EE Anwendung. Gemäß § 18-402 DLLCA sind bei einer LLC nach dem Recht des Staates Delaware grundsätzlich alle Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt. Die Geschäftsführung kann jedoch durch ein sog. Operating Agreement auf einen oder mehrere Geschäftsführer übertragen werden. In einem solchen Fall bezeichnet man die Gesellschaft auch als eine „FF “. Dies wird beschrieben in dem Handbuch „Drafting Delaware Limited Liability Company Agreements: Forms and Practise Manual“ des US-Rechtsanwaltes X, 3. Auflage 2014. Aus § 18-101 (10) und § 18-101 (12) DLLCA ergibt sich zudem, dass Geschäftsführer nicht nur eine natürliche, sondern auch eine juristische Person sein kann. Bestätigt wird dies durch die Stellungnahme des Herrn Professor X (s. das Gutachten vom 23.07.2015, S. 2, vorletzter Absatz).
138Gemäß Ziffer 5 des „K of U “ handelt es sich bei der B um eine FF , deren Geschäftsführer die AB M ist. In dieser Zifffer findet sich weiter die Regelung, dass der Geschäftsführer berechtigt ist, alle Handlungen vorzunehmen, die für Vertragsschlüsse und deren Durchführung notwendig sind. Außerdem sollte die AB M berechtigt sein, jegliche Verantwortung oder Berechtigung an einen leitenden Mitarbeiter, Angestellten oder Beauftragten zu delegieren. Hierin liegt die Gestattung zur Erteilung von Untervollmachten. Dies ist nach schwedischem Recht möglich. Ausweislich der Stellungnahme der Rechtsanwälte N (Gutachten vom 28.07.2015, S. 14) können Aktiengesellschaften nach schwedischem Recht neben dem Vorstand und dem Geschäftsführer durch „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ oder besonders bevollmächtigte Personen vertreten werden.
139Von dieser Möglichkeit hat die AB M durch Erteilung der Vollmacht vom 11.02.2013 Gebrauch gemacht. Die Vollmachtsurkunde hat die Klägerin im Original zur Akte gereicht. Die zuvor eingereichte Kopie stimmt mit dem Original überein. Unterschrieben ist die Vollmacht von den Zeugen H und Y . Diese gehören ausweislich der Registrierungsurkunde der AB M dem Vorstand der Gesellschaft an und verfügen gemeinsam über die erforderliche Vertretungsmacht für die AB M (s.o.). In ihrer Vernehmung haben sie bestätigt, die entsprechende Vollmacht für Herrn J und Herrn GG ausgestellt zu haben. Dabei hatte der Zeuge L aufgrund eines Scherzes zwischen ihm und Herrn HH sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokumentes. Er wusste außerdem noch, dass Herr GG und Herr J aus bestimmten Gründen bevollmächtigt wurden. Insbesondere an Herrn GG konnte er sich als besonders zuverlässigen Mitarbeiter erinnern.
140Die Vollmacht gewährt den Herren II J und II GG jeweils Einzelvertretungsmacht für sämtliche Vereinbarungen und Erklärungen, die die B in Bezug auf die Durchführung des Master Sales Agreement zu schließen bzw. abzugeben hat. Entsprechend hatte Herr J die erforderliche Vertretungsmacht, um die B bei der Übertragung des Klagepatents wirksam vertreten zu können.
141Sofern Herr J den ÜV I bereits vor dem „effektive date“ am 11.02.2013 unterzeichnet hat, wofür seine Aussage spricht, den Vertrag am 07.02.2013 im Rahmen des Leadership-Meetings in Schweden unterschrieben zu haben, deutet die Aussage der Zeugin H darauf hin, dass auch die Vollmacht einige Tage vor dem 11.02.2013 unterzeichnet und dann vorgehalten wurde. Denn die Zeugin H hat ausgesagt, dass alle Dokumente zur selben Zeit vorbereitet worden seien. Selbst wenn aber die Vollmacht tatsächlich erst nach dem 11.02.2013 unterzeichnet worden wäre, wäre dies unschädlich, da jedenfalls zum „effective date“ und damit zum Inkrafttreten des ÜV I die erforderliche Vollmacht vorlag. Dies ist ausreichend, um eine wirksame Stellvertretung anzunehmen.
142GG)
143Die Kammer sieht keine Veranlassung, die Glaubwürdigkeit der Zeugen H , I , J und L anzuzweifeln. Ihre Aussagen erscheinen der Kammer glaubhaft, da sie frei von Widersprüchen sind und die Zeugen sich erkennbar bemüht haben, kenntlich zu machen, an welchen Punkten sie über eine konkrete Erinnerung verfügen und hinsichtlich welcher Umstände sie sich unsicher sind. Der Vergleich der Aussagen der Zeuginnen H und I ließ dabei erkennen, dass die Detailkenntnis bei der Zeugin I , die als Leiterin der Rechtsabteilung mit den Vorgängen im Einzelnen näher befasst war als die Zeugin H , ausgeprägter war, was der Lebenswirklichkeit entsprechen dürfte und darauf hindeutet, dass die Zeugen sich im Vorfeld der Beweisaufnahme nicht detailliert abgesprochen haben. Die Zeugin H hat im Rahmen ihrer Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, mit den Details der Transaktion nicht vertraut gewesen zu sein, hatte aber durchaus Kenntnis von der Gesamtkonzeption der Transaktion. Der Zeuge L hat der Kammer den Eindruck vermittelt, sehr genau zu arbeiten und seine Unterschrift keinesfalls unbedacht zu leisten. Entsprechend hatte er teilweise eine sehr genaue Erinnerung an die Umstände der Unterzeichnung. Dies gilt auch für den Zeugen Han, der sich noch daran erinnern konnte, seine Unterschriften in einer Pause eines am 7.2.2013 im Hauptquartier von W abgehaltenen Leadership-Meetings geleistet zu haben. Insofern stimmt seine Aussage mit der der Zeugin I überein.
144Soweit die Zeugen im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Streithelferin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer nicht zu erkennen.
145c) Übertragungsvertrag B - F LLC
146Die Klägerin hat schlüssig dargelegt und bewiesen, dass die B die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung mit Vertrag vom 13.02.2013 an die UPLLC abgetreten hat.
147aa)
148Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV II vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV II übereinstimmt, ist insofern unschädlich, als die Unterzeichner des Vertrages im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt haben, eine Vereinbarung mit dem wiedergegebenen Inhalt abgeschlossen zu haben. Beide Zeugen haben ihre Unterschrift verifiziert.
149Soweit sich die Unterschrift des Herrn J auf dem als Original zur Akte gereichten ÜV II von der Unterschrift auf der Kopie unterscheidet, kann dies seine Ursache darin haben, dass die Verträge ggf. zweifach unterzeichnet wurden. Dies ist nach den Aussagen der Zeugen durchaus nicht unüblich. Auch der Zeuge O hielt dies für denkbar und hat bestätigt, üblicherweise bei derartigen Verträgen zwei Exemplare zu unterzeichnen. Der Zeuge J hatte hieran zwar keine konkrete Erinnerung mehr, wusste aber noch, „viele“ Unterschriften geleistet zu haben. Soweit der Vertrag unterschiedliche Papierformate aufweist, lässt sich dies damit erklären, dass ggf. einzelne Seiten in den USA auf dem dort gängigen Papierformat und einzelne Seiten in Schweden auf dem dort üblichen Papierformat ausgedruckt wurden.
150Der Zeuge O hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgeführt, dass die Verträge von der amerikanischen Kanzlei JJ ausgehandelt worden seien. Diese Kanzlei sei im Rahmen der Transaktion vorbereitend rechtsberatend tätig geworden und habe dann ganz konkret die Transaktion begleitet, indem sie die Verträge ausgearbeitet und die Unterzeichnung koordiniert habe. Er selbst habe die Verträge zur Unterschrift von JJ vorgelegt bekommen. Dabei habe ein enger Austausch mit dem Zeugen AA stattgefunden, der die Transaktion als In-House Anwalt begleitet habe und insofern über Detailkenntnisse verfügte. Dies wurde von dem Zeugen AA so bestätigt. Der Zeuge O erklärte weiter, er sei nicht für die rechtlichen Details zuständig gewesen. Er habe vielmehr das Unternehmensziel festgelegt, das dann von den Anwälten konkret umgesetzt worden sei. Die Gegenseite, d.h. W , sei bei der Transaktion von der Kanzlei CC vertreten worden. Über diese beiden Kanzleien seien die Verträge ausgetauscht worden.
151Dies hat der Zeuge J im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Auch er hat ausgesagt, über die wesentlichen Grundzüge der Transaktion informiert gewesen zu sein, die Details aber seinen Anwälten überlassen zu haben. Dies sei zum einen Herr BB als In-House Anwalt, zum anderen die Kanzlei CC als externer Berater gewesen.
152Beide Zeugen konnten sich zwar an die Details des ÜV II nicht erinnern, wussten aber, dass es um eine strukturierte Übertragung von W -Patenten aus dem Bereich Mobilfunk auf die UPLLC ging. Dass sie hierbei keine Kenntnis von den konkreten Patenten, insbesondere den einzelnen Patentnummern, hatten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Denn die Details haben beide Zeugen ihren Anwälten überlassen, die als ihre Vertreter gehandelt haben und in dieser Eigenschaft auch die Willenserklärung der Gegenseite entgegennehmen konnten.
153bb)
154Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der ÜV II die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der B auf die UPLLC umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV II übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Patentanmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten und Patentanmeldungen enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent und die diesem vorausgehende Anmeldung unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die UPLLC als Inhaberin im Patentregister eingetragen wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass die dem Klagepatent zugrunde liegende Patentanmeldung von den Übertragungen umfasst sein sollte.
155cc)
156Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV II den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der B wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die UPLLC zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
157dd)
158Hinsichtlich der wirksamen Vertretung der B durch Herrn J wird auf die Ausführungen zum ÜV I verwiesen, die im Rahmen des ÜV II entsprechend gelten.
159ee)
160Die UPLLC ist im Rahmen des ÜV II wirksam von dem Zeugen O vertreten worden. Der Zeuge O hat ausgesagt, im Februar 2013 President und Chief Executive Officer der UPLLC und Chief Executive Officer der UP Inc. gewesen zu sein. Diese Aussage haben die Zeugen Q und AA im Rahmen ihrer Vernehmung gestützt.
161Die Position des Zeugen O als CEO der UP Inc. wird außerdem durch die von der Klägerin vorgelegten Proxy Statements der C vom 27.09.2012 und 01.10.2013 und eine Pressemitteilung der C vom 19.02.2013 bestätigt. Das Protokoll des Board Meetings der UP Inc. vom 10.01.2013 enthält den Beschluss des Vorstandes der UP Inc. zur Umsetzung des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. In diesem Zusammenhang wurde der Zeuge O als CEO der UP Inc. autorisiert, für die UP Inc. und deren Tochtergesellschaften die „transaction documents“ zu unterzeichnen. Die Zeugen O , Q und AA haben im Rahmen ihrer Vernehmung übereinstimmend ausgesagt, dass das Board Meeting der UP Inc. am 10.01.2013 stattgefunden hat und dort die vorstehend bezeichneten Entscheidungen getroffen wurden. Ausweislich Seite 1 des Protokolls waren die Zeugen O und Q bei dem „Meeting of the board of directors of F Inc.“ anwesend.
162In Umsetzung der im Rahmen des Board Meetings getroffenen Vorstandsbeschlüsse wurde der Zeuge O durch das S der UPLLC vom 13.02.2013 zum „Initial Officer“ der UPLLC ernannt (Ziffer 6.(b)) und im Anhang 1 als „President and Chief Executive Officer“ der UPLLC bezeichnet. Unterzeichnet ist dieses Agreement von dem Zeugen O sowohl für die UP IP Manager LLC als auch für die UP IP Holdings Inc., jeweils in seiner Funktion als CEO für beide Gesellschaften. Die UP IP Manager LLC und die UP IP Holdings Inc. waren die Gesellschafter der UPLLC, wobei es sich in beiden Fällen um hundertprozentige Tochtergesellschaften der UP Inc. handelt. Die UP Holdings Inc. verfügte ausweislich des „Written Consent in Lieu Of A Special Meeting Of Stockholders Of F Holdings Inc.“ vom 07.10.2011 über nur einen Director, nämlich Herrn KK O , der daher für die Gesellschaft allein vertretungsbefugt war. Die Geschäftsführung der UPLLC wurde der UP IP Manager LLC übertragen (vgl. Ziffern 1.(k) und 6.(a) des Amended And Restated Operating Agreement). Dies ist nach dem Recht des US-Staates Nevada möglich. Maßgeblich ist insofern der LL Act. In Ziffer 86 der X (NRS) ist die Vertretung einer nach dem Recht des US-Staates Nevada gegründeten LLC im Einzelnen geregelt. NRS 86.291 bestimmt, dass die LLC durch ihre Gesellschafter oder ihre Manager vertreten werden kann. Die UPLLC wurde ursprünglich als member managed LLC gegründet. Am 12.02.2013 wurden die „Articles of Organisation“ allerdings dahingehend geändert, dass die UPLLC manager managed wurde. Als Manager kann auch eine juristische Person eingesetzt werden, wie im vorliegenden Fall die UP IP Manager LLC (vgl. hierzu das Gutachten des US-Anwalts KK Rounds vom 09.11.2015, S. 2).
163Die UP IP Manager LLC hat die Gesellschaftsanteile an der UPLLC durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 von der UP Inc. erworben. Eine solche Anteilsübertragung ist nach NRS 86.351 möglich. Manager der UP IP Manager LLC war wiederum die UP Inc. (vgl. § 7 des Company Agreement der E Manager LLC vom 09.01.2013). Unterzeichnet wurde das Interest Assignment Agreement auf beiden Seiten von dem Zeugen O , jeweils in seiner Funktion als Chief Executive Officer. Dies ist nach dem maßgeblichen Recht des US-Staates Delaware zulässig (vgl. das Gutachten des Herrn Prof. MM vom 13.11.2015, S. 3-4). Gleiches gilt im Übrigen auch für das Recht des US-Staates Nevada (vgl. das Gutachten des US-Rechtsanwaltes KK Rounds vom 09.11.2015, S. 2-3).
164Die Echtheit sämtlicher vorgenannten Unterschriften hat der Zeuge O im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Die Existenz des Amended And Restated Operating Agreements der UPLLC konnte im Übrigen auch der Zeuge Q bestätigen, da er dieses Dokument nach seiner Aussage im Rahmen der Verträge, die Gegenstand der gesamten Transaktion waren, gesehen hat. Er hat hierzu weiter ausgesagt, dass diese Vereinbarung für W von besonderer Bedeutung gewesen sei, da sie die rechtliche Struktur wiedergebe, die W als Insolvenzsicherheit dienen sollte. Der Zeuge AA hat dies ergänzend dahingehend erläutert, dass es W gerade darauf angekommen sei, die UP IP Manager LLC als Geschäftsführer der UPLLC einzusetzen. Die UP IP Manager LLC habe 5 % der Anteile an UPLLC gehalten, die UP IP Holdings Inc. 95 % der Anteile.
165Vor diesem Hintergrund steht die Vertretungsbefugnis des Zeugen O im Rahmen des ÜV II zur Überzeugung der Kammer fest.
166ff)
167Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen O , Q und J zu zweifeln. Soweit Herr O noch als Chairman bei der X tätig ist, handelt es sich lediglich um eine beratende Tätigkeit für die Erfinder, die in der Vorgängergesellschaft der UP Inc. gearbeitet und dort Erfindungen getätigt haben. Der Zeuge Q steht in keinem Arbeitsverhältnis mehr zur UP. Dass er noch Anteile an dieser hält, reicht für sich genommen nicht aus, seine Glaubwürdigkeit anzuzweifeln.
168Die Aussagen der Zeugen O , Q und J sind glaubhaft. Sie stimmen in ihrem grundsätzlichen Gehalt überein. Wesentliche Widersprüche konnte die Kammer nicht feststellen. Der Zeuge O hat an diversen Stellen in seiner Vernehmung zu verstehen gegeben, dass er in die Details der Transaktion nicht involviert war. Er hat aber überzeugend ein Bild von dem Gesamtkonzept der Transaktion gezeichnet, das mit der Aussage des Zeugen J übereinstimmt.
169Soweit die Zeugen O , Q und J im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Klägerin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer auch hier nicht zu erkennen.
170Soweit die Kammer in den vorstehenden Ausführungen Bezug genommen hat auf Aussagen des Zeugen AA , hat sie hierbei berücksichtigt, dass dieser offenbar in einer sehr engen Beziehung zu den anwaltlichen Vertretern der Klägerin steht und sich mit diesen schon im Vorfeld dieses Rechtsstreits detailliert über die streitgegenständlichen Vorgänge ausgetauscht bzw. ihnen Informationen und Unterlagen verschafft hat. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer zwar keine grundsätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, hat aber im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage berücksichtigt, dass bei ihm ein gewisses Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits vorhanden sein mag bzw. gewisse Bestandteile seiner Aussage von den Interessen der Klägerin beeinflusst gewesen sein mögen. Die Kammer hat die Aussage des Zeugen AA daher lediglich insoweit herangezogen, wie sie geeignet war, die Aussagen anderer Zeugen zu bestätigen.
171d) Übertragungsvertrag A – Klägerin
172Schließlich hat die Klägerin substantiiert vorgetragen und bewiesen, dass die UPLLC das Klagepatent mit Vertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin abgetreten hat.
173aa)
174Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV III vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin eingereichten Exemplar des ÜV III übereinstimmt, beeinträchtigt zwar den Beweiswert der als Original vorgelegten Urkunde, das Zustandekommen einer Vereinbarung mit dem im ÜV III festgehaltenen Inhalt steht aber zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest. Der Zeuge Q hat, nachdem ihm im Rahmen seiner Zeugenvernehmung das von der Klägerin als Original eingereichte Exemplar des ÜV III vorgehalten worden ist, nicht nur die Echtheit seiner eigenen Unterschrift, sondern auch die des Herrn OO R bestätigt. Hierzu hat er ausgesagt, mit der Unterschrift des Herrn R vertraut zu sein und diese zu erkennen. Dass der Zeuge Q sich an Ort und Zeit seiner Unterschriftsleistung nicht mehr genau erinnern konnte, unterstreicht nur die Glaubhaftigkeit seiner Aussage, hindert aber nicht die Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses. Der Zeuge konnte sich nämlich noch genau daran erinnern, den gesamten Vertrag gelesen zu haben, wobei ihm auch eine Liste mit Patenten vorgelegt wurde. Hierzu wusste er noch, dass er Herrn AA gefragt hat, ob er diese Liste durcharbeiten müsse. Dass er sich an die Details dieser Liste – etwa ob sie in schwarz-weiß oder Farbe gedruckt war – nicht mehr erinnern konnte, ist unschädlich. Der Zeuge hatte jedenfalls eine klare Vorstellung davon, dass mit dem zu unterzeichnenden Vertrag ein Patentportfolio von der UPLLC auf die Klägerin übertragen werden sollte. Der Zeuge wusste auch, dass aufgrund steuerlicher Gesichtspunkte gerade die europäischen und koreanischen Patente auf die Klägerin übertragen werden sollten. Dies hat auch der Zeuge AA so bestätigt. Soweit in diesem Rechtsstreit zwei Versionen des ÜV III vorgelegt wurden, hielt der Zeuge Q es nicht für ausgeschlossen, den Vertrag zweimal unterzeichnet zu haben. Hierdurch lassen sich Unterschiede in den vorgelegten Unterschriftsseiten erklären. Der Zeuge Q hat weiter ausgesagt, dass die Unterzeichnung des Vertrages von dem Zeugen AA koordiniert wurde, zugleich aber für die Transaktion auch die Rechtsanwaltskanzlei JJ beauftragt war. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen O . Insofern ist den Zeugenaussagen auch zu entnehmen, dass die hinzugezogenen Anwälte bevollmächtigt waren, die Willenserklärungen der Vertragsparteien weiterzuleiten und entgegenzunehmen. Der Zeuge AA hat zudem ausgesagt, dass beide Vertragsparteien eine elektronische Version der Unterschriftenseite der jeweils anderen Partei erhalten hätten. Insofern ist von einem wirksamen Zugang der Willenserklärungen bei der jeweils anderen Vertragspartei auszugehen.
175bb)
176Die Kammer ist außerdem davon überzeugt, dass der ÜV III die Abtretung des Klagepatents von der UPLLC an die Klägerin umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV III übertragenen Patente sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört unter anderem das Klagepatent. Der Vertrag ist damit hinreichend bestimmt. Die fehlende feste Verbindung der einzelnen Seiten des Vertrages und die fehlende Paraphierung der Seiten erschweren zwar die Feststellung, mit welchem Inhalt der Vertrag im Einzelnen geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht von dem ÜV III umfasst sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent ist in der vorgelegten Liste von Patenten enthalten und es handelt sich um ein europäisches Patent. Eben die europäischen Patente sollten nach der Aussage des Zeugen Q Gegenstand der Übertragung sein. Zudem kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Klagepatent – mit Zustimmung der UPLLC – im Patentregister geändert wurde und die Klägerin nunmehr als Inhaberin des Klagepatents im Register genannt ist, als ein Indiz dafür herangezogen werden, dass der Wille der Vertragsparteien dahin ging, das Klagepatent mit dem ÜV III von der UPLLC auf die Klägerin zu übertragen.
177cc)
178Hinsichtlich des ÜV III findet Art. 72 EPÜ keine Anwendung. Denn das Klagepatent wurde am 18.12.2013 erteilt. Übertragen wurde damit im Rahmen des ÜV III nicht eine europäische Patentanmeldung, sondern ein europäisches Patent.
179Ungeachtet dessen genügt aber auch der ÜV III den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der UPLLC wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die Klägerin zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen Q und AA davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
180dd)
181Die UPLLC wurde bei der Unterzeichnung des ÜV III wirksam von dem Zeugen Q vertreten. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt, zum damaligen Zeitpunkt Chief Financial Officer der X und der UPLLC gewesen zu sein. Dies wird bestätigt durch das von der Klägerin vorgelegte Protokoll eines Board Meetings der UP Inc. vom 10.01.2013, in dem der Zeuge Q als CFO der UP Inc. benannt ist. Darüber hinaus hat auch der Zeuge O angegeben, dass der Zeuge Q in den Jahren 2013 und 2014 CFO der UP Inc. und der UPLLC gewesen sei. Entsprechend findet sich in dem S der UPLLC vom 13.02.2013 im Anhang 1 der Name des Zeugen Q . Gemäß Ziffer 6.(b) des Agreements in Verbindung mit dem Anhang 1 wurde er zum „Initial Officer“ der UPLLC ernannt, wobei ihm ausweislich des Anhangs 1 die Funktion des CFO zukam. Gemäß Ziffer 6. (b) des Agreements verfügte der Zeuge Q damit über die entsprechende Befugnis, die UPLLC im Rahmen des ÜV III zu vertreten.
182ee)
183Die Klägerin wurde beim Abschluss des ÜV III wirksam durch Herrn OO R vertreten. Die Klägerin ist im irischen Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach irischem Recht eingetragen. Der Vorstand der Klägerin bestand im Jahr 2014 aus den beiden Vorstandsmitgliedern Herrn ERIC Q und Herrn OO Saru. Dass Herr R bereits am 27.02.2014 – dem Tag des Inkrafttretens des ÜV III „Managing Director“ der Klägerin und damit für diese vertretungsberechtigt war, ergibt sich aus dem Protokoll des Board Meetings der Klägerin vom 27.02.2014. Ausweislich dieses Protokolls wurde Herrn OO R die Vollmacht erteilt, alle notwendigen Dokumente zur Umsetzung der Patentübertragungen im Rahmen des MSA zu unterzeichnen. Die Zeugen Q und AA haben bestätigt, dass ein entsprechendes Board Meeting der Klägerin stattgefunden hat und dort die vorgenannte Entscheidung getroffen wurde. Dass es zwei unterschiedliche Versionen des Protokolls gibt, erklärte der Zeuge Q nachvollziehbar damit, dass das Protokoll von seiner Assistentin während der Telefonkonferenz angefertigt worden sei. Die hinzugezogenen irischen Anwälte hätten dann darum gebeten, das Protokoll mehr aus der Sicht der in Irland ansässigen Klägerin zu fertigen. Dies sei so umgesetzt worden und er habe das Protokoll dann nochmals unterzeichnet. Diese Aussage passt zu den in den beiden Protokollversionen angegebenen Daten und der Änderung der im Kopf angegebenen Anschrift in Reno in die Anschrift der Klägerin in Irland. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass das Board Meeting der Klägerin tatsächlich am 27.02.2014 stattgefunden hat und darin Herr OO R die erforderliche Vertretungsmacht erhielt, den ÜV III zu unterzeichnen.
184ff)
185Die Aussage des Zeugen Q ist glaubhaft. Sie weist keine erkennbaren Widersprüche auf und der Zeuge hat sich darum bemüht, deutlich zu machen, an welche Details er keine konkrete Erinnerung mehr hat. Auf der anderen Seite hatte er ein sehr genaues Bild von den Gesamtumständen der Transaktion, das mit den Aussagen der anderen Zeugen übereinstimmt. Soweit die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung Aussagen des Zeugen AA herangezogen hat, gilt das zum ÜV II Gesagte entsprechend.
1864.
187Die von der Klägerin im Wege der Abtretung geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz für die Zeit vor dem 27.02.2014 unterliegen nicht der Indizwirkung des Patentregisters. Denn über etwaige Abtretungen solcher Ansprüche sagt das Patentregister grundsätzlich nichts aus. Eine Indizwirkung könnte allenfalls insofern bestehen, als dass derjenige, der berechtigt das Patent übertragen durfte, auch berechtigt war, die in der Vergangenheit liegenden Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche abzutreten. Ob eine solche Indizwirkung angenommen werden kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass das Klagepatent wie von der Klägerin vorgetragen am 27.04.2014 von der UPLLC auf die Klägerin übertragen wurde und dabei die in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche der UPLLC mit abgetreten wurden. Hinsichtlich der Wirksamkeit des Übertragungsvertrages wird auf die Ausführungen unter Ziffer 3. verwiesen.
188Der ÜV III umfasste neben der Abtretung des Patents auch die Abtretung von in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüchen der UPLLC. So heißt es in Ziffer 1 des ÜV III, dass die Übertragung das Recht umfasst, hinsichtlich vergangener, gegenwärtiger oder zukünftiger Verletzungen der Patente Schadensersatz oder andere Formen der Entschädigung einzuklagen und zu erhalten. Die Klägerin soll in allen Angelegenheiten, die die übertragenen Patente betreffen, vollständig und uneingeschränkt an die Stelle der UPLLC treten. Dies ist dahingehend auszulegen, dass der ÜV III neben der Abtretung des Klagepatents selbst auch eine Abtretung der in diesem Rechtsstreit streitgegenständlichen Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche der UPLLC an die Klägerin enthält.
189Die Anwendung des Rechts des Staates Nevada führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Abtretung europäischer Patente und der aus ihrer Verletzung resultierenden Schadensersatzansprüche ist ausweislich der Stellungnahme der Kanzlei T (Gutachten vom 28.07.2015, S. 6) nach dem Recht des Staates Nevada möglich. Ist dies der Fall, müssen auch die korrespondierenden Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche abtretbar sein, da andernfalls der Schadensersatz nicht beziffert werden könnte.
190Die Beklagten haben gegen das dargelegte Verständnis des ausländischen Rechts keine substantiierten Einwände erhoben.
1915.
192Soweit nach dem Vorstehenden festgestellt werden kann, dass die von der Klägerin vorgetragenen Abtretungen des Klagepatents und der dieses betreffenden Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche rechtswirksam erfolgt sind, stehen dem kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen.
193Das MSA bzw. die nachfolgenden Patentübertragungen verstoßen weder gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften (§§ 35-43 GWB) noch kann eine Unwirksamkeit der Patentübertragungen infolge eines kartellrechtlich verbotenen Eingriffs in den Wettbewerb im Sinne der Art. 101, 102 AEUV angenommen werden.
194Das europäische Kartellrecht findet in den Mitgliedstaaten unmittelbar Anwendung und ist Bestandteil der in den Mitgliedstaaten – und damit auch in Deutschland – geltenden Rechtsordnungen. Das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht finden nebeneinander Anwendung, wobei in Kollisionsfällen dem Gemeinschaftsrecht der Anwendungsvorrang zukommt (Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, Einführung Rn 102 ff.).
195a) Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften, §§ 35-43 GWB
196Zusammenschlüsse, die entgegen einer nach § 39 GWB bestehenden Verpflichtung nicht beim Bundeskartellamt angemeldet werden, sind gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB (schwebend) unwirksam. Dies setzt voraus, dass die Transaktion erstens einen Zusammenschluss nach § 37 GWB beinhaltet, zweitens die beteiligten Unternehmen die Umsatzschwellen des § 35 GWB überschreiten und drittens der Zusammenschluss Inlandswirkung hat, § 130 Abs. 2 GWB. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht festgestellt werden.
197Es kann dahinstehen, ob die Übertragung des Patentportfolios der Streithelferin an den UP Unternehmenskonzern nach Maßgabe des MSA einen Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB darstellt oder ob die insbesondere in Artikel 6 des MSA enthaltenen Regelungen einen Kontrollerwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB begründen. Denn ungeachtet dessen haben die Beklagten jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die in § 35 GWB genannten Umsatzschwellen überschritten werden.
198§ 35 Abs. 1 GWB verlangt für das Bestehen einer fusionskontrollrechtlichen Anmeldepflicht im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss (kumulativ) die folgenden Umsatzerlöse:
199- Weltweite Umsatzerlöse aller beteiligten Unternehmen von insgesamt mehr als 500 Mio. EUR
200- Umsatzerlöse mindestens eines beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 25 Mio. EUR (erste Inlandsumsatzschwelle)
201- Umsatzerlöse mindestens eines anderen beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 5 Mio. EUR (zweite Inlandsumsatzschwelle)
202Als Beteiligte im Sinne des § 35 Abs. 1 GWB sind diejenigen Unternehmen zu identifizieren, zwischen denen der Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 GWB erfolgt. Dies sind diejenigen Unternehmen, zwischen denen nach dem Vollzug eine relevante Unternehmensverbindung im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB besteht, welche vorher noch nicht bestanden hat. Konkret lässt sich diese Frage nur nach Klärung der jeweils verwirklichten Zusammenschlusstatbestände im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB beantworten (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 50). Nach § 36 Abs. 2 GWB gilt hierbei eine Verbundbetrachtung. Materiell zusammenschlussbeteiligt ist immer die gesamte Unternehmensgruerice,welcher der unmittelbar zusammenschlussbeteiligte Rechtsträger angehört (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 51).
203aa)
204Zusammenschlussbeteiligt sind beim Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB neben dem Erwerber (hier: UPLLC) der Veräußerer (hier: die Streithelferin) bzw. das übertragene Vermögen. Der Streit, ob auf Seiten des Veräußerers der Veräußerer selbst oder das übertragene Vermögen als Beteiligter anzusehen ist, hat aufgrund der Regelung des § 38 Abs. 5 S. 1 GWB keine praktischen Auswirkungen. Im Fall des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB ist auf der Seite des Veräußerers stets nur der Umsatz zu berücksichtigen, der auf den veräußerten Vermögensteil entfällt (vgl. zum Streitstand: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 68).
205Dass der Umsatz von UPLLC bzw. der UP Unternehmensgruerice im Geschäftsjahr 2012 in Deutschland über 25 Mio. EUR betrug, behaupten die Beklagten selbst nicht. Aber auch hinsichtlich der übertragenen Patente behaupten die Beklagten lediglich Umsätze von über 5 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2012. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB jedenfalls an Sachvortrag zu der Überschreitung der ersten Inlandsumsatzschwelle.
206bb)
207Beteiligt an einem Zusammenschluss im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB durch den Erwerb von (Mit-)Kontrolle sind immer alle Unternehmen, die nach Durchführung des Vorhabens durch Kontrolle im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB miteinander in Verbindung stehen. Das sind das gemeinsam kontrollierte Gemeinschaftsunternehmen und alle künftig mitkontrollierenden Unternehmen (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 235), im vorliegenden Fall also UPLLC, UP Inc. und die Streithelferin. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass UPLLC, UP Inc. oder auch die gesamte UP Unternehmensgruerice im Geschäftsjahr 2012 Umsätze in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt hätten. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB jedenfalls an der Überschreitung der zweiten Inlandsumsatzschwelle.
208cc)
209Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass die beiden vorgenannten Zusammenschlusstatbestände nebeneinander erfüllt wären, und damit im Rahmen eines einheitlichen Zusammenschlusses den Kreis der beteiligten Personen auf die Streithelferin, den UP Unternehmensverbund (einschließlich UPLLC) sowie die übertragenen Patente erweitern wollte, reicht der Vortrag der Beklagten nicht aus, um das Überschreiten der zweiten Inlandsumsatzschwelle von 5 Mio. EUR zu begründen. Soweit die Beklagten versuchen, aus einem im MSA angenommenen Wert der übertragenen Patente von mindestens 1,05 Milliarden USD auf angebliche Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland rückzurechnen, geht dies schon vom Ansatz her fehl, weil Anlass für den Abschluss des MSA nach Auskunft der Streithelferin gerade der Umstand war, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten zuvor keine dem Wert der übertragenen Patente entsprechenden Lizenzeinnahmen erzielen konnte. Jedenfalls ihre Einschätzung des Werts der übertragenen Patente – die im MSA zum Ausdruck kommt – dürfte daher nicht mit den im Jahr 2012 mit diesen Patenten erzielten Lizenzeinnahmen korrespondieren. Es steht nicht einmal fest, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten im Geschäftsjahr 2012 überhaupt irgendwelche Lizenzeinnahmen in Deutschland erzielt hat. Diese sollten vielmehr nach dem Willen der Vertragsparteien des MSA gerade durch UP generiert werden. Insofern sind auch etwaige Anhaltspunkte im MSA, mit welchen Lizenzeinnahmen die Vertragsparteien ggf. in der Zukunft rechneten, nicht aussagekräftig im Hinblick auf die tatsächlich im Geschäftsjahr 2012 von der Streithelferin erzielten Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland. Soweit die Beklagten diesbezüglich auf eine Stellungnahme der Streithelferin gegenüber der United States Securities and Exchange Commission abstellen, betrifft diese das gesamte Patentportfolio der Streithelferin weltweit. Eine Aussage gerade im Hinblick auf die übertragenen Patente und die mit diesen in Deutschland erzielten Umsätze kann ihr nicht entnommen werden.
210dd)
211Soweit die Beklagten meinen, die Klägerin bzw. die Streithelferin treffe im Rahmen des § 35 GWB eine sekundäre Darlegungslast, folgt die Kammer dem nicht. Das Behaupten des Überschreitens der Umsatzschwellen durch die Beklagten erfolgt ins Blaue hinein; konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Vor diesem Hintergrund ist kein Anlass ersichtlich, der Klägerin, noch weniger der Streithelferin, eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, die letztlich der Ausforschung des Sachverhalts durch die Beklagten dienen würde.
212Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften der Fusionskontrolle grundsätzlich nicht den Interessen Dritter dienen. § 41 Abs. 1 GWB soll vielmehr ein geordnetes Fusionskontrollverfahren sicherstellen. Er gilt für alle tatbestandsmäßigen Zusammenschlüsse, die die Umsatzschwellen des § 35 erfüllen, unabhängig von deren materiellrechtlicher Bewertung. Auch freizugebende Zusammenschlüsse unterliegen (zunächst) dem Vollzugsverbot. Daher kann sich kein Wettbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter darauf berufen, dass § 41 GWB ihn vor den wirtschaftlichen Folgen eines Zusammenschlusses schützen soll (vgl. Immenga/Mestmäcker/Thomas, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 41 Rn 74 m.w.N.). Soweit in dem Verfahren vor dem Bundeskartellamt andere Grundsätze hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten gelten sollten – die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des BGH vom 14.10.2008 in der Streitsache „Faber/Basalt“ (NJW 2009, 1611) – hat dies jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung. Die erkennende Kammer ist nicht dazu berufen, das Fusionskontrollverfahren durchzuführen, sondern hat nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen über das Bestehen oder die Nichtigkeit eines schuldrechtlichen Vertrages bzw. einer Übertragung von Patenten zu entscheiden. Diesbezüglich trifft die Beklagten die volle Darlegungs- und Beweislast für die von ihnen behauptete Unwirksamkeit des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. Dem haben sie nicht genügt.
213b) Art. 101 AEUV (§ 1 GWB)
214Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, das MSA und die diese Vereinbarung vollziehenden Abtretungsvereinbarungen verstießen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (§ 1 GWB) mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV.
215Art. 101 Abs. 1 AEUV verlangt – ebenso wie § 1 GWB – eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des GERIChtshofs der Europäischen Union ist bei der Prüfung des wettbewerbswidrigen Zwecks einer Vereinbarung insbesondere auf deren Inhalt und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Ferner kann die Kommission die Absicht der Parteien in ihrer Prüfung berücksichtigen, selbst wenn dieser Aspekt für die Entscheidung, ob eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, nicht ausschlaggebend ist. (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 25)
216Wenn eine Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist zu prüfen, ob sie spürbare wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. Dabei sind die tatsächlichen wie auch die potenziellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Es muss also zumindest wahrscheinlich sein, dass eine Vereinbarung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 26)
217Eine Vereinbarung hat dann wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn sie eine tatsächliche oder wahrscheinliche spürbare negative Auswirkung auf mindestens einen Wettbewerbsparameter des Marktes (zum Beispiel Preis, Produktionsmenge, Produktqualität, Produktvielfalt, Innovation) hat. Vereinbarungen können solche Auswirkungen haben, wenn sie den Wettbewerb zwischen den Parteien der Vereinbarung oder zwischen einer der Parteien und Dritten spürbar verringern. Die Vereinbarung muss die Parteien – entweder durch in der Vereinbarung festgelegte Pflichten, die das Marktverhalten von mindestens einer Partei regeln, oder durch Einflussnahme auf das Marktverhalten mindestens einer Partei durch Veränderung ihrer Anreize – in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 27).
218Das MSA (und seine Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen der „W Assigned Patents“) verfolgt weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck, noch kommen ihm wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen in dem vorbeschriebenen Sinne zu.
219aa)
220Dies gilt zunächst einmal im Hinblick darauf, dass die Streithelferin ihr Portfolio standardessentieller Patente aufgeteilt und einen Teil dieses Portfolios an die Klägerin veräußert hat.
221Die Streithelferin hält nach ihrem eigenen (unbestrittenen) Vortrag eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie, das über 37.000 Patente umfasst. Mit der Veräußerung eines Teils ihres Patentportfolios verfolgte sie den Zweck, einen faireren Ausgleich für die veräußerten Patente zu erlangen, um die vorangegangenen Kosten für Forschung und Entwicklung zu kompensieren. Diese Kosten sind immens; die W -Gruerice beschäftigt mehr als 25.000 Mitarbeiter im Bereich der Forschung und Entwicklung und investiert jährlich etwa 5 Milliarden USD in diesen Bereich. In der Folge werden jährlich etwa 2.000 neue Patente erteilt. Ein Großteil der von der Streithelferin gehaltenen Patente ist essentiell für die bedeutenden Standards, die von Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt werden. Sie hat daher in der Vergangenheit bereits eine große Anzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Das Patentrecht dient insbesondere der Förderung solcher Forschungs- und Entwicklungsarbeit, indem die daraus resultierenden Erfindungen unter entsprechenden rechtlichen Schutz gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist die erklärte Absicht der Streithelferin, für ihre Patente einen angemessenen Ausgleich zu erlangen, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
222Grundsätzlich ist der Patentinhaber frei, seine – auch standardessentiellen – Patente zu verwerten, ggf. also auch an Dritte zu veräußern und zu übertragen (so auch schon: OLG Karlsruhe, MMR 2011, 469, 471). Ein generelles Veräußerungsverbot für standardessentielle Patente lässt sich über kartellrechtliche Vorschriften nicht rechtfertigen. Es besteht auch grundsätzlich keine Verpflichtung des Patentinhabers, eine bestehende Lizensierungspraxis aufrecht zu erhalten. Beschränkt wird der Inhaber eines Patents, das Gegenstand eines von einer Standardisierungsorganisation vereinbarten Standards ist, in seiner Lizensierungspraxis unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten durch die von ihm abgegebene Selbstverpflichtungserklärung, Dritten Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu gewähren.
223Die Kammer vermag – entgegen dem anderslautenden Vortrag der Beklagten – im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass es bezweckt war, durch die Aufteilung des Patentportfolios der Streithelferin am Markt überhöhte, insbesondere über einen FRAND-Maßstab hinausgehende Lizenzgebühren durchzusetzen oder die Beklagten gegenüber anderen Marktteilnehmern zu diskriminieren.
224Die den Patentübertragungen zugrundeliegenden Verträge, das Master Sale Agreement vom 10.01.2013 („MSA“) und das Patent Sale and Grant-Back License Agreement vom 13.02.2013 („PSA“), enthalten eine Vielzahl von Regelungen, die die Überleitung der FRAND-Verpflichtung von der Streithelferin auf die UPLLC bzw. von der UPLLC auf die Klägerin sicherstellen sollen. Gemäß Ziffer 6.7 des MSA sollten die Patente der Streithelferin einschließlich der bestehenden Lizensierungsverpflichtungen, unter anderem der Verpflichtungen, die bei der ETSI eingereicht wurden, übertragen werden. In Ziffer 6.14 des MSA heißt es entsprechend, dass die UPLLC die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Gemäß Ziffer 6.1 (x) des MSA ist UPLLC die Geltendmachung von Ansprüchen aus den zu übertragenden Patenten, die über FRAND-Bedingungen hinausgehen, untersagt. In Klausel 6.1 (b) des MSA wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bestehenden Belastungen die Möglichkeiten des Erwerbers einschränken können, die zu übertragenden Patente zu verwerten. Im PSA findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der UPLLC, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Um sicherzustellen, dass die Klägerin in gleicher Weise verpflichtet ist wie UPLLC, ist die Klägerin dem MSA beigetreten.
225Entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtungen gaben sowohl die UPLLC unter dem 14.06.2013 als auch die Klägerin unter dem 6.3.2014 eigene FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI ab. Hiernach sind sowohl die UPLLC als auch die Klägerin (jeweils einschließlich der mit diesen verbundenen Unternehmen) unwiderruflich dazu verpflichtet, Lizenzen an ihren essentiellen Patenten zu Bedingungen einzuräumen, die mit Art. 6.1 der ETSI IPR Richtlinien in Einklang stehen, d.h. „fair, reasonable and non-discriminatory“ sind.
226Dass die FRAND-Erklärung der Klägerin dabei nicht die Verpflichtung umfasst, die bisherige, von der Streithelferin konkret umgesetzte Lizensierungspraxis weiterzuführen, ist unschädlich. Art. 101 AEUV schützt nicht etwa eine bestimmte Lizensierungspraxis, sondern den Zugang zu dem durch den Standard geregelten Produktmarkt zu FRAND-Bedingungen. Der Grundsatz der „Nicht-Diskriminierung“ verlangt dabei von dem Patentinhaber nur, die in einer vergleichbaren Position befindlichen Lizenznehmer gleich zu behandeln, nicht aber, auf die Dauer allen Lizenznehmern exakt dieselben Lizenzbedingungen anzubieten (vgl. hierzu auch schon: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass). Befinden sich die Lizenznehmer in einer unterschiedlichen Ausgangsposition, etwa aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Veräußerung und Übertragung der lizensierten Patente, können durchaus unterschiedliche Lizenzbedingungen zur Anwendung kommen, ohne dass dies zwingend einen Verstoß gegen den Grundsatz der Lizensierung zu FRAND-Bedingungen bedeuten würde. Dies ergibt sich praktisch schon daraus, dass ggf. ein anderes Portfolio lizensiert wird. Kartellrechtlich bedenklich ist eine solche Lizensierung zu unterschiedlichen Bedingungen erst dann, wenn die Bedingungen sich nicht mehr im fairen und angemessenen Bereich bewegen und die zwischen den einzelnen Lizenznehmern vorgenommenen Unterschiede zu einer wesentlichen Störung des Wettbewerbs führen.
227Was im einzelnen FRAND ist, ist objektiv zu bewerten. Dabei ist unter anderem auch der Umstand zu berücksichtigen, dass für die Herstellung und Vermarktung eines standardkonformen Produkts ggf. Lizenzen bei mehreren Patentinhabern eingeholt werden müssen. FRAND ist dabei die einzelne Lizenzgebühr nur dann, wenn sie insgesamt – d.h. mit den ggf. zusätzlich erforderlichen Lizenzen zusammen – nicht zu einer unangemessen hohen Belastung des Lizenznehmers führt (vgl. hierzu auch Müller, GRUR 2012, 686, 689).
228Soweit die Streithelferin mit dem MSA und den diesen vollziehenden Patentübertragungen die Hoffnung verbindet, durch eine Aufgliederung ihres umfangreichen Patentportfolios in Teil-Portfolios mit unterschiedlichen Patentinhabern höhere, nach ihrem Empfinden angemessene Lizenzgebühren erzielen zu können, wird dies nur dann der Fall sein, wenn die bislang für ihre Patente gezahlten Lizenzgebühren sich unterhalb oder am unteren Rand einer FRAND-Lizenzgebühr bewegten. Die Anhebung der Gebühren auf ein Niveau, das (zumindest mittleren) FRAND-Kriterien entspricht, ist aber nicht als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, zumal die Parteien des MSA nicht die Möglichkeit haben, die Lizenzgebühren einseitig festzusetzen. Diese müssen vielmehr mit den potentiellen Lizenznehmern ausgehandelt werden. Soweit die Streithelferin bzw. die Klägerin sich durch die Umsetzung des MSA in diesem Zusammenhang eine bessere Verhandlungsposition versprechen, ist dies durchaus legitim. Die Kammer vermag hierin weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck zu erkennen, noch hält sie es für wahrscheinlich, dass die Vereinbarung spürbar negative Auswirkungen auf den Mobilfunkmarkt hat. Im Hinblick auf die Auswirkungen am Markt hat die Kammer dabei in ihre Überlegungen auch den Umstand eingestellt, dass ausweislich des „G “ der Klägerin Lizenzgebühren von um die 0,75 USD pro Mobilfunkgerät im Raum stehen. In Anbetracht der handelsüblichen Preise für Mobilfunkgeräte ist dies, selbst im niedrigpreisigen Segment, lediglich ein geringer Anteil an den Gesamtkosten. Dass potentielle Lizenznehmer, die den GSM-Standard nutzen möchten, die Lizenzgebühren nunmehr mit (mindestens) zwei Inhabern standardessentieller Patente aushandeln müssen und jedenfalls einer der Patentinhaber – nämlich die Klägerin – eine reine Patentverwertungsgesellschaft darstellt, mag zwar die Lizenzverhandlungen am Markt für die Lizenznehmer etwas erschweren, zumal es jedenfalls in Bezug auf die Klägerin nicht möglich sein dürfte, Kreuzlizenzen zu vereinbaren, dies führt aber so lange nicht zu einem kartellrechtlich bedeutsamen Verhandlungsungleichgewicht, wie die insgesamt für die Nutzung des GSM-Standards geforderten Lizenzgebühren FRAND bleiben. Hierzu haben sich sowohl die Streithelferin als auch die Klägerin gegenüber der ETSI verpflichtet. Darüber hinaus steht den Beklagten weder das Recht auf einen bestimmten Patentinhaber und damit Verhandlungspartner, noch das Recht auf die Zusammenfassung für den GSM-Standard essentieller Patente in einem Portfolio oder die Beibehaltung einer bestimmten Lizensierungspraxis zu.
229bb)
230Das MSA enthält – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch keine unzulässige Preisbindung. Insbesondere verstößt Ziffer 3.4 des MSA nicht gegen Art. 101 AEUV.
231Ziffer 3.4 des MSA lautet:
232„Calculation Adjustment; Royalty Rate
233(a) If UPLLC enters into any license, release, covenant not to sue or assert or other agreement with a third party between Closing and … thereafter that gives or purports to give such third party and/or its Affiliates rights to W Assigned Patents (or any other Patents assigned to UPLLC by E Sub or any of its Affiliates) owned or controlled by UPLLC that, at the time that UPLLC enters into such agreement, is known by UPLLC to include at least one Defined Patent to design, manufacture, have made, sell, import or otherwise use Specified Products and if and only if such license, release, covenant or agreement provides for a Royalty Rate for the sales of such Specified Products that is less tJ the Aericlicable Royalty Rate for such sales (each such license, release, covenant or agreement, a „Specified Mobile License“), the amounts to be included in Gross Revenues for any fiscal quarter from any Specified Mobile Licenses for purposes of calculating Quarterly Payment under this Agreement for such fiscal quarter shall be the amounts UPLLC would have received had the Royalty Rate in such Specified Mobile Licenses been the Aericlicable Royalty Rate.”
234Die vorgenannte Regelung des MSA enthält zwar die Vereinbarung einer sog. „Aericlicable Royalty Rate“, hierin liegt aber keine unzulässige Preisbindung. UPLLC wird durch das MSA nicht verpflichtet, die „Aericlicable Royalty Rate“ von ihren Lizenznehmern zu verlangen. Vielmehr ist UPLLC in ihrer Preisgestaltung im Verhältnis zu ihren Lizenznehmern frei. Ziffer 3.4 stellt lediglich eine Kaufpreisregelung im Verhältnis zur Streithelferin bzw. deren Tochtergesellschaft, der U , dar.
235Die Parteien des MSA haben für den Verkauf der „W Assigned Patents“ keinen festen Kaufpreis vereinbart. Vielmehr wird der Kaufpreis gemäß Ziffer 3.1 des MSA von UPLLC in vierteljährlichen Zahlungen an die B geleistet. Die Höhe der Zahlungen bemisst sich ausweislich Ziffer 3.2 des MSA anhand eines festgelegten Prozentsatzes der von UPLLC im vorhergehenden Quartal erzielten Einkünfte („Gross Revenue“). Mit anderen Worten erhält die B als Gegenwert für die Übertragung der Patente einen Anteil an den von UPLLC erzielten Lizenzeinnahmen. In diesem Zusammenhang ist auch Ziffer 6.1 (aa) des MSA zu sehen, wonach UPLLC mit ihren Lizenznehmern ohne die Zustimmung der Streithelferin keine Gebührenstruktur vereinbaren darf, die nicht an einen Prozentsatz der Gesamteinnahmen des Lizenznehmers aus Verkäufen der „Specified Products“ anknüpft. So soll sichergestellt werden, dass W bzw. die B ihren Anteil an den Lizenzeinnahmen erhält. Die Regelungen in den Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA dienen dazu, den Kaufpreis für den Fall abzusichern, dass UPLLC ihre vertraglichen Pflichten aus dem MSA verletzt (sog. „trigger events“) oder ein Kontrollwechsel („change of control“) stattfindet.
236Um sicherzustellen, dass die „Kaufpreiszahlung“ an die B einen bestimmten Wert erreicht, sieht Ziffer 3.4 des MSA die Festlegung einer „Aericlicable Royalty Rate“ vor. Wird diese beim Abschluss eines Lizenzvertrages von UPLLC unterschritten, ist der an die B abzuführende Anteil an den Lizenzeinnahmen (hypothetisch) auf der Grundlage der Aericlicable Royalty Rate zu berechnen. Dabei stellt der abgeschlossene Lizenzvertrag – auch bei Unterschreiten der Aericlicable Royalty Rate für die UPLLC nicht notwendigerweise ein Verlustgeschäft dar. Denn an die B abzuführen ist nicht die gesamte Aericlicable Royalty Rate, sondern nur der jeweils nach Ziffer 3.2 des MSA geschuldete Prozentsatz. Liegt dieser bei 20 %, tritt ein rechnerischer Verlust bei der UPLLC erst dann ein, wenn der tatsächlich vereinbarte Lizenzsatz weniger als 1/5 der Aericlicable Royalty Rate beträgt. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der eines Zwischenhändlers, der selbstverständlich bestrebt sein wird, seine Waren über dem Einkaufspreis weiter zu verkaufen und hierbei den höchstmöglichen Gewinn zu erwirtschaften. Das Ziel der Gewinnmaximierung ist dabei dem Wirtschaftsleben immanent. Die Regelungen des MSA gehen über diese Zielsetzung nicht hinaus.
237Dabei sind sowohl UPLLC als auch die Klägerin gebunden durch ihre FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI. Die UPLLC bzw. die Klägerin kann weder die Lizensierung standardessentieller Patente als solches verweigern, noch steht ihr die Option offen, von ihren Lizenznehmern überhöhte, nämlich über FRAND-Lizenzsätze hinausgehende Lizenzgebühren zu verlangen. Auch dies hat sie im Rahmen ihrer kaufmännischen Überlegungen zu berücksichtigen, wenn es darum geht zu entscheiden, ob ein Lizenzvertrag auf der Basis eines bestimmten Lizenzsatzes abgeschlossen werden soll. Insofern liegt das Risiko, dass der im Einzelfall als FRAND zu bewertende Lizenzsatz unter der Aericlicable Royalty Rate liegt, allein bei der UPLLC bzw. der Klägerin. Wenn dies nämlich der Fall sein sollte, ist UPLLC bzw. die Klägerin aufgrund des MSA (vgl. etwa Ziffer 6.14) und der von ihr abgegebenen FRAND-Erklärung dennoch verpflichtet, zu FRAND-Bedingungen zu lizensieren und die damit verbundenen Gewinneinbußen hinzunehmen. Eine Verpflichtung, zu den Bedingungen der Aericlicable Royalty Rate abzuschließen, besteht demgegenüber gerade nicht.
238Selbst wenn man aber – entgegen den vorstehenden Ausführungen – eine unzulässige Preisbindung annehmen wollte, hätte diese jedenfalls nicht die Unwirksamkeit des gesamten MSA, schon gar nicht der hier allein in Rede stehenden Verträge über die Übertragung des Klagepatents zur Folge. Gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV sind nur die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotenen Vereinbarungen, nicht also ohne weiteres das komplette Vertragswerk, nichtig. Der Umfang der unmittelbar aus Art. 101 Abs. 2 AEUV folgenden Nichtigkeit ergibt sich aus dem Verbotszweck des Art. 101 Abs. 1 AEUV: Nichtig sind diejenigen Vertragsabreden, die entweder unmittelbar gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen oder von der verbotswidrigen Vereinbarung nicht zu trennen sind oder dem verbotswidrigen Vertragsinhalt dienen (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 21). Über die Frage, inwiefern sich einzelne, kartellrechtswidrige Klauseln vom übrigen Vertrag trennen lassen, entscheidet nicht die zivilrechtliche Ausgewogenheit des Vertrags in seiner Gesamtheit, sondern allein der Zweck des Kartellverbots (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 22). Soweit also infolge einer unzulässigen Preisfestsetzung Ziffer 3.4 (a) des MSA, ggf. zusammen mit Ziffer 6.1, nichtig sein sollte, hätte dies – jedenfalls im Hinblick auf Art. 101 Abs. 2 AEUV – auf den übrigen Vertrag keine Auswirkungen, da sich die vorgenannten Regelungen ohne weiteres von dem Vertragsinhalt im Übrigen trennen lassen.
239Inwieweit die Teilnichtigkeit ggf. doch den gesamten Vertrag erfasst, ist in einem zweiten Schritt nach nationalem Recht zu prüfen, in diesem Fall nach dem Recht des Staates Delaware (vgl. Ziffer 8.4 des MSA). Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass nach dem Recht des Staates Delaware die Nichtigkeit einer oder mehrerer Vertragsklauseln nicht automatisch zu einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt (vgl. hierzu auch: Capital Bakers, Inc. / Leahy, 20. Del. Ch. 407, 411-12, 178 A. 648, 650 (1935)). Die Absicht der Parteien, eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages im Zweifel zu vermeiden, kann durch eine salvatorische Klausel ausgedrückt werden. Dies ist im MSA in Ziffer 8.9 geschehen. Hiernach soll die Nichtigkeit einer Bestimmung den Rest des Vertrages nicht berühren. Die Parteien verpflichten sich vielmehr, in einem solchen Fall eine Ersatzbestimmung zu suchen, die dem Zweck der unwirksamen Regelung entspricht. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es dem Willen der Parteien des MSA entsprach, die hier in Rede stehenden Patentübertragungen wirksam vorzunehmen. Für den Fall, dass Ziffer 3.4 tatsächlich eine unzulässige Preisbindung darstellen sollte, hätten die Vertragsparteien eine andere Regelung gefunden, um den der Streithelferin zustehenden Kaufpreis abzusichern und das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der übertragenen Patente angemessen zwischen ihnen zu verteilen. Es sind vielfältige Kaufpreisregelungen denkbar, die der UPLLC bzw. der Klägerin den erforderlichen Handlungsspielraum in den Lizenzvertragsverhandlungen mit Dritten lassen, zugleich aber sicherstellen, dass die Streithelferin für die Veräußerung und Übertragung ihrer Patente einen angemessenen Gegenwert erhält. Insofern mag die Sicherung des Kaufpreises zwar ein wesentliches Interesse der Streithelferin gewesen sein, dies konnte aber nicht allein durch die in Ziffer 3.4 des MSA getroffene Regelung erreicht werden, sondern es ist durchaus vorstellbar, dass die Vertragsparteien eine dem Zweck der Regelung ebenfalls entsprechende Ersatzbestimmung gefunden hätten.
240c) Art. 102 AEUV, § 19 GWB i.V.m. § 134 BGB
241Die Regelungen des MSA und deren Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen des Klagepatents einschließlich damit verbundener Rechte stellen keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV dar.
242Zwar vermittelt das Klagepatent der Klägerin auf dem Markt für die Vergabe von Lizenzen am Klagepatent eine marktbeherrschende Stellung, die infolge der technischen Bedeutung des Klagepatents auch auf den nachgelagerten Produktmarkt durchschlägt (s. ausführlicher unten zum Lizenzeinwand), die im MSA festgehaltene Vereinbarung zwischen der Streithelferin, ihrer Tochtergesellschaft und dem F Konzern stellt sich aber nicht als missbräuchlich dar. Insbesondere liegt weder ein Ausbeutungs- noch ein Behinderungsmissbrauch vor. Wie bereits im Rahmen des Art. 101 AEUV erläutert, ist das Ziel, die Lizenzeinnahmen aus den übertragenen Patenten zu steigern, jedenfalls so lange nicht wettbewerbsbeschränkend und damit im Rahmen des Art. 102 AEUV auch nicht missbräuchlich, wie die Klägerin sich an ihre Verpflichtung hält, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen. Auf die Argumentation im Rahmen des Art. 101 AEUV wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Weitere Aspekte, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sieht die Kammer nicht, inwiefern durch den MSA die technische Entwicklung beschränkt werden sollte, nachdem die Möglichkeit der Lizenznahme zu FRAND-Bedingungen gewährleistet ist.
243II.
244Die Beklagten sind passiv legitimiert.
2451.
246Die Beklagte zu 2) bietet die angegriffene Ausführungsform gemäß § 9 S.2 Nr. 1 PatG auf ihrer InternetseiteX an. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
2472.
248Die Beklagte zu 1) fördert jedenfalls das Anbieten der Beklagten 2) durch die Verlinkung der Internetseite X mit der Internetseite X.
249a)
250Anbieten ist jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Der Begriff ist rein wirtschaftlich zu verstehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14). Neben dem Angebot nach § 145 BGB sind auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen. Dies kann in dessen Ausbieten dergestalt geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können. Ein Mittel hierzu ist auch die bloße Bewerbung eines Produkts im Internet. Bereits diese Maßnahme ist bestimmt und geeignet, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kuericlung für optische Geräte; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14). Das Unterhalten einer solchen Internetseite mit der Ausstattung von Links, die im Hinblick auf die Produkte des Konzerns auf Seiten von Tochtergesellschaften verweisen, stellt eine unternehmensbezogene Information und zugleich Werbung dar. Diese muss einen Gegenstand betreffen, der von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler). Das Internetangebot muss einen wirtschaftlich relevanten Bezug zum Inland haben, wobei dieser auch dann gegeben sein kann, wenn das Angebot in einer fremden Sprache abgefasst ist, sofern diese Sprache von den in Betracht kommenden inländischen Interessenten verstanden wird (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 10, 193 – Geogitter; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rn. 218). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Anbietende mit seiner Offerte eigene Geschäftsabschlüsse forcieren will oder ob das Angebot einem Dritten zugutekommen soll, für dessen Produkt mit dem Angebot eine zu befriedigende Nachfrage geschaffen wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13). In dem einen wie in dem anderen Fall ist die Rechtsposition des Schutzrechtsinhabers in gleichem Maße beeinträchtigt, weil eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenständen geweckt wird, die das Ausschließlichkeitsrecht aus dem Patent schmälert. Insofern entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass zur Gewährleistung eines wirksamen Patentschutzes nur von Belang ist, ob mit der fraglichen Handlung für einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand tatsächlich eine Nachfrage geschaffen wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird. (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13; Urteil vom 11.06.2015, Az. I-2 U 64/14). Darüber hinaus ist auch derjenige Verletzer, wer die Verwirklichung des Benutzungstatbestandes objektiv ermöglicht und fördert, wobei er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt. Das Bestehen und der Umfang einer Rechtspflicht zur Vermeidung eines schutzrechtsverletzenden Erfolges richtet sich im Einzelfall nach der Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen, es kommt entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch genommenen nach den Umständen des Einzelfalles ein Tätigwerden zumutbar ist (vgl. BGH, GRUR 2009, 1142 – MP3-Player-Import; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl., Rn. 1012).
251b)
252Nach diesen Grundsätzen stellt sich zunächst die Frage, ob bereits der bloße Link auf Angebote dritter Konzernunternehmen ohne nähere Angaben der Produkte ein Angebot der Beklagten zu 1) ist, bei dem die klagepatentverletzenden Erzeugnisse der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt zur Verfügung gestellt werden. Auf der Internetseite der Beklagten zu 1) findet sich gerade kein Menüpunkt „Mobile“ o.ä., unter dem der Nutzer die angegriffene Ausführungsform auffindet. Die Verlinkung der beiden Seiten besteht in der Sprachauswahl Country/Language, durch die bei der Wahl von „Germany/Deutsch“ die Weiterleitung auf die Internetseite der Beklagten zu 2) erfolgt, auf der unter dem Menüpunkt „Mobile“ die Handys und Smartphones angewählt werden können. Diese Frage kann jedoch offenbleiben. Denn selbst wenn man in dem Verhalten der Beklagten zu 1) keine eigene Angebotshandlung zu sehen vermag, so liegt in dieser Art der Verlinkung gleichwohl ein Mitwirken bzw. eine Förderungshandlung der Beklagten zu 2). Sinn und Zweck der Verlinkung ist, dass die Beklagte zu 1) dem Internetnutzer die Möglichkeit bietet, das jeweilige länderspezifische Angebot ihrer Konzerngesellschaft – hier der Beklagten zu 2) – zur Kenntnis zu nehmen. Insofern ist der Beklagten zu 1) auch eine Verletzung einer Prüfpflicht nach den Umständen des hiesigen Falles vorzuwerfen. Gerade im Bereich des Mobilfunks ist der Stand der Technik weltweit durch Patentportfolios von Wettbewerbern geschützt. Das ist der Beklagten zu 1), die seit Jahren zu den führenden Marktteilnehmern in der Branche gehört, bekannt. Sie hätte sich daher mit zumutbarem Aufwand Kenntnis über die Schutzrechtslage in Deutschland verschaffen können. Insofern handelte sie wenigstens pflichtwidrig. Schließlich handelt es sich auch nicht um eine lediglich reflexartig inländische Benutzungshandlung, die patentrechtlich unbedenklich wäre (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, Rn. 1015). Die Unterstützungshandlung der Beklagten zu 1) richtet sich vielmehr konkret auf den inländischen Markt und ein inländisches Angebot. Das Klagepatent verleiht der Klägerin nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9, 139 PatG das Recht, ein solches Verhalten zu untersagen.
253III.
254Das Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzen.
255Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereit gestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit einem entsprechenden mobilen Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer passenden Zelle automatisch erfolgen soll.
256In Abgrenzung zum Stand der Technik erläutert das Klagepatent eingangs ein drahtloses Telekommunikationsnetz, das mehrere Kommunikationszellen definiert, von denen jede von einer (Funk-)Basisstation versorgt wird. Jede Kommunikationszelle deckt ein geografisches Gebiet ab, das durch die Kombination mehrerer Zellen groß sein kann. Eine Basisstation ist mit mehreren Empfängern und Sendern ausgestattet, welche die Funkversorgung einer oder mehrerer Zellen bereitstellt. Wichtige Elemente in diesem Netz sind die Zellen und ihre Nachbarn. Während eines Gesprächs bewegt sich ein mobiles Endgerät normalerweise zwischen den Zellen umher und geht wiederholt von einer Zelle zu einer Nachbarzelle. Eine Liste bekannter Nachbarn, die sog. Nachbarzellenmenge, ist für das Netz und das mobile Endgerät wichtig, um ein zuverlässiges Handover zwischen den Zellen zu gewährleisten. Das Netz speichert die die Nachbarzellenmenge betreffenden Informationen für jedes mobile Endgerät. Die Nachbarzellenmenge wird zur Evaluierung und für das Handover eines mobilen Endgeräts von einer Zelle zur anderen beim Überschreiten der Zellgrenze verwendet.
257In den vorbekannten Systemen erkennt und misst das mobile Endgerät 4 Betriebsparameter für Nachbarzellen durch den Empfang von Signalen aus der Nachbarschaft. Die gemessenen Betriebsparameter sind normalerweise eine Bitübertragungsschicht-Kennung, wie z.B. ein Verwürfelungscode, die der Zelle, Signalstärke, Signalqualität und Zeitinformation nicht eindeutig zugeordnet ist. Das mobile Endgerät misst die Betriebsparameter jeder Nachbarzelle und meldet diese an das Netz. Wenn die Qualität einer Nachbarzelle als besser als diejenige der aktuellen Versorgungszelle eingestuft wird, führt das Netz ein Handover von der Versorgungszelle zur ausgewählten Nachbarzelle durch. Die Nachbarzelle wird dann die Versorgungszelle für das mobile Endgerät.
258Das Klagepatent erläutert weiter, dass in einem Breitband-Codevielfachzugriffssystem (WCDMA) das mobile Endgerät Übertragungen des gemeinsamen Pilotkanals (CPICH) von umgebenden Zellen erkennt, um die Kennung und Zeitinformation zu bestimmen. Bedeutsam sind diese jeweiligen Zellkennungen bei der Meldung der Signalqualitätsmessungen der Nachbarzelle vom mobilen Endgerät an das Netz. Im Stand der Technik werden mehrere Verwürfelungscodes für mehr als eine Zelle verwendet. Nach dem Klagepatent besteht daher die Gefahr von Verwechselungen, da die Versorgungszelle Nachbarzellen mit denselben Kennungsinformationen haben kann.
259Die Schrift WO 96/38014 zeigt nicht eindeutige, in den Zellen übertragene Zellenkennungscodes. Diese Schrift dient dazu, die Zelle zu identifizieren, z.B. bei der Durchführung von Messungen der Nachbarzellen durch ein mobiles Endgerät. Das Klagepatent führt aus, dass man davon ausgehen könne, dass die Zellenkennung entgegen der Angabe, dass die Kennung pro Zelle eindeutig sei, nicht eindeutig ist. Das in der WO 96/38014 offenbarte Netz stellt – so das Klagepatent – offenbar ein GSM-Netz dar. Der verwendete Name für die Zellenkennung ist der Kennungscode der Basisstation (BSIC). Dies ist ein für das GSM-Netz standardisierter Begriff. Das Klagepatent erläutert weiter, dass nach dem GSM-Standard der BSIC aus insgesamt 6 binären Bits generiert wird. Damit stehen nur 64 eindeutige Codes zur Verfügung. Das GSM-Netz umfasst jedoch weit mehr Zellen. Um die BSIC-Codes sinnvoll zu reduzieren, wird ein GSM-Endgerät angewiesen, auf bestimmten Kanälen der verschiedenen Frequenzkanalsätze dieses TDMA-Systems Messungen von Nachbarzellen durchzuführen. Damit wird das Risiko reduziert, dass eine mit ihrem BSIC gemeldete Messung irrtümlicherweise einer anderen Zelle zugeordnet wird und nicht der tatsächlichen Messung entspricht. Die korrekte Identifizierung der von dem mobilen Endgerät gemeldeten Zellen ist erforderlich, damit ein Handover zur bestgeeignetsten Zelle eingeleitet wird.
260Das Klagepatent kritisiert hieran, dass mangels eindeutiger Bitübertragungsschicht-Kennung der Zellen die Platzierung und Wartung/Pflege der Nachbarzellenmengen nie vollautomatisch ablaufen. Menschliche Bemühungen sind – so das Klagepatent – notwendig zur Lösung von Problemen in Situationen, in denen die Versorgungszelle mehrere Nachbarn mit derselben nicht eindeutigen Kennung hat. Die Planung eines Netzes, in dem eine von einem mobilen Endgerät gemessene und gemeldete Zelle nicht irrtümlicherweise für eine andere Zelle gehalten werden kann, wäre zu aufwändig.
261Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, die Kosten für Planung und Wartung/Pflege zu senken, indem es eine zusätzliche Maßnahme durchführt, wenn von mobilen Endgeräten zusätzlicher Aufwand zur eindeutigen Identifizierung von Nachbarzellen im Funknetz verlangt wird und die Kennungen von dem mobilen Endgerät an das Netz zu melden sind. Die Ausführungsformen der klagepatentgemäßen Erfindung sollen manuelle Eingriffe reduzieren.
262Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent im Anspruch 6 ein mobiles Endgerät mit folgenden Merkmalen vor:
2631.
264Mobiles Endgerät zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem.
2652.
266Das drahtlose Telekommunikationssystem umfasst eine Mehrzahl von Kommunikationszellen.
2673.
268In den Kommunikationszellen werden
269a)
270eine nichteindeutige Zellenkennung und
271b)
272eine eindeutige Zellenkennung übertragen.
2734.
274Das Endgerät umfasst eine Steuerung.
2755.
276Die Steuerung dient zur Kommunikation mit einer Funkbasisstation.
2776.
278Die Funkbasisstation versorgt eine erste Kommunikationszelle.
2797.
280Die Steuerung ist als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar zum:
281a)
282Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und
283b)
284Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.
285IV.
286Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf es näherer Ausführungen insbesondere zur Auslegung der Merkmalsgruppe 7.
2871.
288Der Anspruchswortlaut fordert nur ein Erkennen von eindeutigen und nicht-eindeutigen Kennungsinformationen. Funktional muss eine Identifikation der Information möglich sein. Mehr verlangt der Anspruch nicht. Wie, auf welche Art und Weise, in welcher Zeit und woran das Mobilgerät die Zellenkennungsinformationen erkennen kann, gibt der Anspruch nicht vor. Die Zellenkennung gehört zu den Informationen der Nachbarzellen, die für die Identifikation der Zelle notwendig ist und dazu dient, sie in die Nachbarzellenmenge des Telekommunikationsnetzes aufzunehmen. Diese Liste enthält bekannte Nachbarn (vgl. Absatz [0004]). Den Ablauf des Erkennens lässt das Klagepatent völlig offen. Ebenso verhält es sich mit der Ausgestaltung der Kennungsinformation als eine absolute Zahl, eine Zahlenreihe, eine Kombination, einen Code etc. Dem steht auch die Funktion des Erkennens – eindeutige Identifikation der zweiten Kommunikationszelle – nicht entgegen. Für die erfindungsgemäße Lehre ist es daher unerheblich, ob für den Vorgang des Erkennens der Kennungsinformation ein oder mehrere Rechenschritte, Dekodierungsmaßnahmen oder das Zusammensetzen von verschiedenen Listeninhalten vorgenommen werden müssen oder nicht. Dies gilt im Übrigen auch für die Übertragung der nichteindeutigen Zellenkennung.
289So führt das Klagepatent bei der Erläuterung des Standes der Technik sogar aus, dass die Kennung in Form eines Verwürfelungscodes ausgestaltet sein kann (vgl. Absatz [0007]). Diese Art der Kennung ist auch weiterhin vom Klagepatent erfasst. In einem Ausführungsbeispiel erläutert das Klagepatent im Zusammenhang mit der eindeutigen Zellenkennung, dass das mobile Endgerät gegebenenfalls seine Kommunikation mit der Versorgungszelle vorübergehend unterbrechen muss, um diese Information zu empfangen und zu dekodieren (Absatz [0023]). Das Klagepatent nennt damit Beispiele, in denen die Kennungsinformation mittels eines Codes dargestellt und beim Erkennen decodiert werden muss. Das Ausführungsbeispiel zeigt somit ein Erkennen, bei dem weitere Folgeschritte durchgeführt werden müssen, um an die gewünschte Kennungsinformation zu gelangen. Ein weiteres Beispiel für die anspruchsgemäße Lehre sind daneben auch zusätzliche Rechenschritte oder Auswahl-und Kombinationsentscheidungen, die das mobile Endgerät durchführen muss. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Originalwortlaut „detect“. Dass nur eine vorhandene Information entdeckt werden könne, erscheint der Kammer nicht zwingend. Ebenso gut erfasst der Wortlaut einen Vorgang des Entdeckens.
2902.
291Es erschließt sich nicht, welche Konsequenz die Beklagten im Rahmen der Auslegung aus ihrem (etwas isolierten) Vortrag zum Erfindungsgegenstand des Klagepatents ziehen möchten. Abgesehen davon, dass die Kammer die Auffassung der Beklagten hierzu nicht teilt, ist dieser Vortrag für die Auslegung nicht zielführend, da der Fachmann kein Verständnis wählen wird, wonach das Klagepatent die Aufgabe der Erfindung nicht löst. Aus dem von den Beklagten herangezogenen Absatz [0010] ergibt sich gerade, dass die Platzierung und Wartung des Netzes nie vollautomatisch ablaufen wird. Sofern die Beklagten behaupten, dass LTE-Netz werde so aufwändig geplant, so dass die Kritik des Klagepatents ins Leere laufe, haben sie dies nicht näher belegt. Diese Ausführungen erscheinen zudem wenig plausibel, weil das LTE-Netz unstreitig auf das vorhandene UMTS-Netz aufsetzt. Da nur 64 eindeutige Kennungen zur Verfügung stehen, erschließt sich nicht, wie bei der Planung eine Verwechselung der nicht eindeutigen Kennung ausgeschlossen werden soll.
2923.
293Indem das Klagepatent den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle voraussetzt und das Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle an den Empfang der Anweisung (Merkmal 7; in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung) anschließt, geht die Initiative für die Durchführung dieser Verfahrensschritte von der Funkbasisstation aus. Dass jedenfalls die Schritte Anweisung und Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformation in chronologischer Reihenfolge ablaufen müssen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „auf einen Empfang der Anweisung“. Damit lässt der Wortlaut zu, dass die Reihenfolge nicht ausschließlich vom Endgerät gesteuert wird. Eine Steuerung des Ablaufs allein durch das Endgerät widerspräche vielmehr dem Anspruchswortlaut, der im Merkmal 7 Instruktionen der Funkbasisstation in Form einer Anweisung fordert. An die Anweisung selbst stellt der Klagepatentanspruch keine erhöhten Anforderungen. Auch die Reaktion hierauf ist außer dem Erkennen und Melden nicht näher spezifiziert. So macht der Klagepatentanspruch keinerlei Vorgaben, wie oft die eindeutige Zellenkennung nach Erhalt der Anweisung erkannt und gemeldet werden soll.
294V.
295Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der ANR-Funktion um eine zwingende Vorgabe des LTE-Standards (dazu 1.), so dass es für die Darlegung der Verletzung genügt, dass der Standard die klagepatentgemäße Lehre zeigt. Das ist hier der Fall. Die angegriffene Ausführungsform macht von allen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 6 Gebrauch (dazu 2.).
2961.
297Die ANR-Funktion ist im LTE-Standard zwingend und nicht lediglich optional. Die Klägerin hat insbesondere über die sog. „feature group indicators“ substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents in Form der ANR-Funktion Gebrauch macht. Diese Indikatoren listen für UEs zwingende LTE-Funktionen auf. Annex B, Ziffer B.1, Table B.1-1 des Standarddokuments 3GERICTS 36.331 Version 9.4.0 zeigt, dass die FGI 5 und 17, die sich mit der ANR-Funktion befassen, zwingend getestet und implementiert werden müssen. Die Klägerin hat die Tests der angegriffenen Ausführungsform (UE Capability Information WCDMA and LTE; Test Report no.:04032015_006) vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass die Funktion positiv getestet wurde. Sofern die Beklagten die Durchführung der Tests und ihre Ergebnisse mit Nichtwissen bestreiten, dringen sie damit nicht durch. Die angegriffene Ausführungsform wird von den Beklagten angeboten. Sie sind gehalten, substantiiert zu den Funktionen ihrer eigenen Telefone vorzutragen und können sich mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen.
2982.
299Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht alle Merkmale des Anspruchs 6. Dies ist bis auf das Übertragen der nichteindeutigen und eindeutigen Zellenkennung (Merkmal 3), sowie dem Erkennen der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle (Merkmalsgruppe 7) zu Recht zwischen den Parteien unstreitig.
300a)
301Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht nach dem LTE-Standard Merkmalsgruppe 3.
302Angesichts obiger Ausführungen zur Auslegung ist es unerheblich, dass die PCI aus den Synchronisationssignalen PSS und SSS zusammengesetzt und anhand der Formel errechnet wird (vgl. LTE-Standard IV, Ziffer 6.11). Gleiches gilt auch für die ECGI, die sich aus der plmn-Identity und der cellIdentity zusammensetzt und deren Wert erst ermittelt werden muss (vgl. LTE-Standard II, Ziffer 6.3.4, CellGloballdEUTRA). Somit werden beide Zellenkennungen übertragen und die eindeutige Zellenkennung ebenfalls erkannt.
303Schließlich ist die pauschale Behauptung, das LTE-Netzwerk sei bereits entsprechend geplant, so dass es zu einer Verwechselung nicht komme, bereits aus den oben genannten Gründen unerheblich.
304b)
305Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht nach dem LTE-Standard Merkmalsgruppe 7.
306Gemäß dem LTE-Standard empfängt das UE von der eNB der Versorgungzelle, die die erste Kommunikationszelle darstellt, über die Steuerung eine Anweisung (Merkmal 7), eindeutige Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle zu erkennen (Merkmal 7a) und diese an die eNB zu melden (Merkmal 7b).
307Eine zweite RRCConnectionReconfiguration Nachricht enthält mit der measConfig die Aufforderung „reportCGI“ (LTE-Standard III, Ziffer 8.3.3.1.3.2, Schritt 5). Die Information „reportCGI“ stellt eine Anweisung im Sinne des Klagepatents 6 dar. Nach Ziffer 5.5.3.1 des LTE-Standards II soll das UE, wenn eine measID vorliegt, für welche der Zweck in der zugehörigen reportConfig auf ´reportCGI` gesetzt ist, versuchen, die E-Utran Cell Global Identity (ECGI) zu beschaffen (LTE Standard II, Ziffer 5.5.3.1). Der Zweck „reportCGI“ bezieht sich auf die ECGI. Bei der ECGI handelt es sich um den globalen eindeutigen Zellidentifizierer und damit um eindeutige Kennungsinformationen der Nachbarzelle. Ausweislich der Tabelle 8.3.3.1.3.2 des LTE-Standards III beschafft sich das UE die ECGI (relevant system information) von der zweiten Kommunikationszelle (Schritt 5, 6). In Schritt 7 der Tabelle sollte das UE innerhalb einer Sekunde die ECGI (cellGlobalID) der zweiten Zelle sprich Nachbarzelle an die Funkbasisstation gemeldet haben.
308Gleiches folgt auch aus Ziffer 22.3.3 des LTE-Standards I. Danach weist die eNB die UE unter Verwendung der neu entdeckten PCI als Parameter an, unter anderem die ECGI der dazugehörigen Nachbarzelle zu lesen. Dies erfolgt mittels „reportCGI“. Wenn das UE die ECGI der neuen Zelle herausgefunden hat, berichtet das UE die gefundene ECGI an die Serving Cell NB. Die hier zitierten Stellen im LTE-Standard zeigen, dass die ECGI nicht ohne eine Anforderung der eNB („instructs“) gelesen wird.
309Ob das Melden/Berichten – wie die Beklagten ausführen und im Ergebnis von der Klägerin nicht bestritten wurde – periodisch erfolgt, ist unerheblich. Das Klagepatent macht hierzu keine einschränkenden Vorgaben. Abgesehen davon sind die Beklagten dem Vortrag der Klägerin, wonach selbst bei einer Implementierung über den periodischen Berichtstyp die Periode jedenfalls so konfiguriert sei, dass die ECGI dabei höchstens immer nur ein einziges Mal abgerufen und berichtet werde, nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Der Umstand, dass die Meldung von weiteren Bedingungen abhängig sei und die ECGI aus dem Messbericht wieder entfernt werden könne, führt ebenfalls nicht aus der Verletzung heraus. Es genügt, dass die ECGI jedenfalls einmal übertragen wird, nämlich wenn das UE sämtliche dafür notwendigen Informationen rechtzeitig von der Nachbarzelle erlangen konnte. Dass dies nie der Fall sei, behaupten auch die Beklagten nicht.
310VI.
311Aufgrund der unberechtigten Benutzung der patentgemäßen Lehre durch die Beklagten ergeben sich folgende Rechtsfolgen:
3121.
313Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hat die Klägerin gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
314Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht (vgl. Schulte/Voß/Kühnen, Patentgesetz, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 231).
315Die Beklagten haben die streitgegenständliche Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Umstand, dass die Klägerin für das Klagepatent gegenüber der ETSI eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar mag die FRAND-Erklärung bei den betroffenen Marktteilnehmern die berechtigte Erwartung hervorrufen, dass ihnen eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen erteilt werde, dennoch ist es fahrlässig, ohne den erfolgreichen Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Nutzung des Patents zu beginnen. Denn erst die Lizenz vermittelt das Recht zur Benutzung. Der FRAND-Erklärung selbst kommt diese Wirkung hingegen nicht zu; sie stellt lediglich die ernstgemeinte Erklärung des Patentinhabers dar, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents potentiellen Benutzern Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen (s. hierzu ausführlicher unten im Rahmen des Zwangslizenzeinwandes).
316Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Dieser besteht bereits in der unberechtigten Benutzung des Schutzrechts durch die Beklagten.
3172.
318Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit den §§ 140b PatG, 242, 259 BGB zu, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden durch die von ihnen verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. Eine Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus kartellrechtlichen Gründen ist nicht gerechtfertigt (s. ausführlicher sogleich zum Zwangslizenzeinwand).
319VII.
320Die Beklagten halten dem Klagebegehren der Klägerin ohne Erfolg den Einwand ihrer (angeblichen) Lizenzwilligkeit entgegen. Weder die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin noch die Art. 101, 102 AEUV hindern die Durchsetzung der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung ganz oder auch nur in Teilen. Hierzu im Einzelnen:
3211.
322Den Ansprüchen wegen unberechtigter Patentbenutzung kommt grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu; die Rechte des geistigen Eigentums werden in der Charta der Grundrechte der EU (Art. 17 Abs. 2) ausdrücklich unter Schutz gestellt. Um diesen Schutz in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, müssen die gesetzlichen Ansprüche wegen widerrechtlicher Patentbenutzung in der Regel zur Anwendung gebracht werden. Dies gilt umso mehr, als auch der Zugang zu den Gerichten seinerseits Grundrechtsschutz genießt, Art. 47 der EU-Charta (so auch: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 57). Beschränkt wird der Schutz des geistigen Eigentums durch den Vorbehalt der Allgemeinverträglichkeit, was insbesondere eine Ausübung der Patentrechte nach den Regeln des Kartellrechts verlangt. Insofern ist spätestens durch die Entscheidung „Orange-Book-Standard“ geklärt, dass einem Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsprozess der Einwand eines kartellrechtlichen Lizenzvertragsanspruches entgegengehalten werden kann (BGH, GRUR 2009, 694 ff.; bestätigt zuletzt durch EuGH, GRUR 2015, 764 ff.).
3232.
324Die Klägerin ist Inhaberin eines standardessentiellen Patents, für das sie gegenüber der Standardisierungsorganisation ETSI eine FRAND-Selbstverpflichtungserklärung abgegeben hat. Bei einer solchen de iure-Standardisierung trifft ein Zusammenschluss von Marktteilnehmern – organisiert in einer Standardisierungsorganisation – unter den für die Lösung der Standardisierungsaufgabe infrage kommenden Technologien eine Auswahl und beschließt das Ergebnis dieser Auswahl als Standard. Die Vorteile der de iure-Standardisierung liegen in der Vermeidung eines Ressourcen zehrenden Verdrängungswettkampfes, der Durchsetzung von überlegenen Technologien trotz ggf. geringer Marktmacht des dahinter stehenden Unternehmens, der Erzielung einer weitgehenden Kompatibilität konkurrierender Produkte und der damit verbundenen erleichterten Vergleichbarkeit dieser Produkte für den Verbraucher. Auf der anderen Seite birgt die de iure-Standardisierung auch gewisse Gefahren. Wird etwa die Auswahl der in Frage kommenden Technologien unsachgemäß durchgeführt, so kann dies zu schlechten Ergebnissen führen, weil sich die gewählte Lösung nicht unter Wettbewerbsdruck am Markt durchsetzen muss. Zudem bewirkt die erfolgreiche Standardisierung einer bestimmten technischen Lehre häufig eine Abhängigkeit des betroffenen Produktmarktes. Vor diesem Hintergrund müssen die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der standardbezogenen Patentnutzung kontrolliert werden, mit denen ein Marktteilnehmer die Machtstellung ausnutzt, die ihm aus dem Zusammenspiel eines erfolgreich implementierten Standards mit einem Patent erwächst (vgl. Picht, GRUR Int. 2014, 1 ff.). Zur Kontrolle dienen hier insbesondere die Regelungen in Art. 101 und 102 AEUV.
3253.
326Der de iure-Standardisierungsvorgang unterfällt dem Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 263 ff.). Am Standardisierungsvorgang beteiligt sind „Unternehmen“ im Sinne dieser Norm, nämlich Einheiten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Der Begriff der „Vereinbarung“ in Art. 101 AEUV ist grundsätzlich weit zu verstehen. Er erfasst die de-iure-Standardisierung schon deswegen, weil sie zu einem nach Ziel und Vorgehen bewusst gleichgerichteten Vorgehen der Standardisierungsteilnehmer führt. Auswirkungen auf den Wettbewerb entstehen dadurch, dass die Standardisierungsteilnehmer zu Gunsten des Standards auf die Entwicklung oder Nutzung alternativer Technologien verzichten und ein gewisser faktischer Zwang entsteht, nach dem Standard herzustellen oder zu arbeiten.
327Eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV liegt bei der de-iure-Standardisierung dann nicht vor, wenn die Möglichkeit der uneingeschränkten Mitwirkung am Normungsprozess für alle potenziellen Anwender gegeben ist, das Verfahren für die Annahme der betreffenden Norm transparent ist, keine Verpflichtung zur Einhaltung der Norm besteht und Dritten der Zugang zu der Norm zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährt wird (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 280; vgl. auch: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Schroeder, Das Recht der Europäischen Union, 54. Auflage 2014, Rn 639). Letzteres gewährleisten die Standardisierungsorganisationen in der Regel durch die Einholung sogenannter FRAND-Erklärungen, mit der die am Standardisierungsprozess beteiligten Inhaber standardessentieller Patente ihre ernstgemeinte Absicht erklären, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen („fair, reasonable and non-discriminatory“) zu erteilen.
328Die am LTE-Standard mitwirkenden Unternehmen haben für ihre standardessentiellen Patente gegenüber der ETSI FRAND-Selbstverpflichtungserklärungen abgegeben. Der Standardisierungsvorgang als solcher begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken.
3294.
330Für die Frage, ob der Patentinhaber berechtigt ist, sein (standardessentielles) Patent gerichtlich durchzusetzen, ist Art. 101 AEUV ohne Belang. Denn insofern steht nicht der Vorgang der Standardisierung als solcher, sondern ein (späteres) einseitiges Verhalten des Patentinhabers – die Nichtaufnahme von Lizenzvertragsverhandlungen entsprechend seiner FRAND-Erklärung – im Streit. Soweit in Rechtsprechung und Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, auch ein solches Verhalten des Patentinhabers sei an Art. 101 AEUV zu messen (vgl. LG Mannheim, Beschluss vom 21.11.2014, Az.: 7 O 23/14; so wohl auch: LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015, Az.: 2 O 108/14; S. Barthelmeß/N. Gauß, WuV 2010, 626; wohl auch: Walz, GRUR Int. 2013, 718 ff.) überzeugt dies nicht. Art. 101 AEUV verfolgt den Zweck, kartellrechtswidrige Vereinbarungen, d.h. ein wechselseitiges Zusammenwirken von zumindest zwei Parteien, zu unterbinden. Als Rechtsfolge sieht die Norm die Nichtigkeit entsprechender kartellrechtswidriger Vereinbarungen vor. Art. 101 AEUV (i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 GWB) regelt hingegen nicht, dass der Patentinhaber die Durchsetzung eines Patents zu unterlassen hat, solange er nicht entsprechend der FRAND-Erklärung verhandelt.
3315.
332Die FRAND-Erklärung selbst stellt die ernstgemeinte Erklärung dar, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen (fair, zumutbar und nicht diskriminierend) zu erteilen (invitatio ad offerendum). Sie ist deklaratorischer Natur und gibt Dritten damit keinen Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen (so auch schon: LG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012, Az.: 4b O 273/10). Die am Standardisierungsvorgang beteiligten Unternehmen geben die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung ab, um die kartellrechtliche Unbedenklichkeit der Standardabsprache sicherzustellen. Entsprechend ist ihre Erklärung dahingehend auszulegen, dass sie sich soweit verpflichten wollen, wie dies aus kartellrechtlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Hierfür ist weder ein bindendes Lizenzvertragsangebot seitens des Patentinhabers noch ein Verzicht auf die Durchsetzung seiner Unterlassungsansprüche gegenüber jedem Lizenzinteressenten erforderlich. Ein solcher Bedeutungsgehalt kann den Erklärungen bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht beigemessen werden. Es entspricht nicht dem Willen der Standardisierungsteilnehmer bzw. etwaiger Rechtsnachfolger, gegenüber jedem Dritten eine rechtliche Verpflichtung dergestalt einzugehen, mit ihm einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, unabhängig davon, ob das jeweilige in Rede stehende Patent seinem Inhaber überhaupt eine marktbeherrschende Stellung vermittelt und damit in kartellrechtlicher Hinsicht Bedeutung auf dem Markt erlangt hat. Vielmehr gibt der Patentinhaber mit seiner FRAND-Erklärung lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Diese Erklärung stellt damit die deklaratorische Konkretisierung des kraft Kartellrechts ohnehin bestehenden gesetzlichen Abschlusszwangs dar. Eigenständige rechtliche Bedeutung hat sie insoweit, als sie das Pflichtenprogramm des Patentinhabers im Rahmen der Prüfung des Art. 102 AEUV (§§ 19, 20 GWB) mit beeinflusst.
3336.
334Art. 102 AEUV verlangt neben der marktbeherrschenden Stellung des anspruchstellenden Unternehmens das Eingreifen außergewöhnlicher Umstände, die zu einer Beeinträchtigung des Handels führen.
335a)
336Die für die Anwendung des Art. 102 AEUV erforderliche marktbeherrschende Position der Klägerin ergibt sich nicht schon allein aufgrund ihrer Rechtsposition am Klagepatent. Nicht jedes standardessentielle Patent vermittelt eine kartellrechtlich bedeutsame Marktmacht (vgl. das Urteil der Kammer vom 26.03.2015, Az.: 4b O 140/13; so auch Müller, GRUR 2012, 686). Die Berufung auf eine etwaige fehlende Marktmacht ist auch nicht etwa vor dem Hintergrund der abgegebenen FRAND-Erklärung treuwidrig. Denn mit dieser gibt der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Im Rahmen des Art. 102 AEUV ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob der unter Schutz gestellten technischen Lehre tatsächlich eine kartellrechtlich relevante, marktbeherrschende Bedeutung zukommt.
337Der Begriff der Marktbeherrschung ist weder eine feststehende Eigenschaft eines Unternehmens noch ein absoluter rechtlicher Begriff. Die Marktbeherrschung besteht immer nur im Hinblick auf gewisse Funktionen, Märkte, Vorschriften, usw. So kann ein Unternehmen insbesondere nur im Hinblick auf einen bestimmten Teil seiner Aktivitäten marktbeherrschend sein (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruericelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15).
338Speziell für den Bereich des geistigen Eigentums hat die Europäische Kommission in der Entscheidung „AstraZeneca“ (C-457/10P, EU:C:2012:770, Rn 175) festgestellt, dass eine beherrschende Stellung eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens sei, „die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten“. Weiter heißt es in Rn 186, dass „zwar nicht angenommen werden könne, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums eine beherrschende Stellung begründe, sie aber geeignet sei, unter bestimmten Umständen eine solche Stellung zu schaffen, insbesondere dadurch, dass das Unternehmen die Möglichkeit erhalte, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern“.
339Dabei muss sich die Marktmacht nicht zwingend auf den beherrschten Markt selbst beschränken, sondern kann sich auch auf vor- oder nachgelagerte Märkte erstrecken (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruericelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15). Im Hinblick auf Rechte am geistigen Eigentum ist kartellrechtlich relevant insofern nicht der Markt der Lizenzvergabe, sondern der nachgelagerte Produktmarkt (vgl.: EuGH, GRUR Int. 1995, 490, Rn 47 – Magill TVG Guide; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte).
340Dieser nachgelagerte Produktmarkt als sachlich relevanter Markt ist im Hinblick auf die vom Patent geschützte technische Lehre genauer zu qualifizieren. Bezogen auf ein standardessentielles Patent ist der relevante Markt im Grundsatz der Markt, auf dem diejenigen Produkte angeboten werden, die den Standard mit der SEP-geschützten Technik verwirklichen. Dabei erfolgt die Marktabgrenzung in ständiger Rechtsprechung nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Hiernach werden alle Leistungen einem Markt zugeordnet, die aus Sicht der Marktgegenseite funktionell austauschbar sind (BGHZ 160, 321-332 – Staubsaugerbeutelmarkt m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008, Az.: VI-U (Kart) 29/06, zitiert nach juris). Ziel der Marktabgrenzung ist es stets, die den Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite entsprechende Realität des Wettbewerbs zu erfassen (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruericelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 20 m.w.N.).
341Bei dem in Rede stehenden Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (sog. ANR-Funktion), handelt es sich um eine Technologie, die eine der Grundfunktionen eines Mobilfunkgerätes betrifft und die den LTE-Standards I bis III (3GERICTS 36.300 Version 8.9.0, 3GERICTS 36.331 Version 8.7.0 und 3GERICTS 36.523-1 Version 12.3.0) unterfällt. Nach den LTE-Standards kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale. Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereit gestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch die Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit entsprechendem mobilen Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer neuen Zelle automatisch erfolgen soll.
342Es kann dahinstehen, ob tatsächlich jedes mobile Endgerät am Markt mit der streitgegenständlichen Technologie ausgestattet ist und es keine konkurrenzfähige Alternative am Markt gibt. In seinen Entscheidungen „Standard-Spundfaß“ (BGH, GRUR 2004, 967) und „Orange-Book-Standard“ (BGH, GRUR 2009, 694) ist der BGH zwar davon ausgegangen, dass es für die kartellrechtlich relevante Marktmacht darauf ankommt, ob ein konkretes, dem Standard bzw. der Norm entsprechendes Produkt substituierbar ist, d.h. ein nicht norm- bzw- standardgerechtes Produkt auf dem nachgelagerten Nachfragemarkt überhaupt absetzbar und damit wettbewerbsfähig wäre, auf solche Fälle der Marktzutrittsvoraussetzung eines SEP ist die Annahme einer marktbeherrschenden Bedeutung hingegen nicht beschränkt. Vielmehr kann eine marktbeherrschende Stellung auch dann angenommen werden, wenn auf dem relevanten Markt auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des standardessentiellen Patents nicht aufweisen. Voraussetzung für die Annahme einer marktbeherrschenden Position ist in diesem Fall, dass ohne den Zugang zur Nutzung des streitgegenständlichen Patents ein wettbewerbsfähiges Angebot nicht möglich ist, d.h. allein mit Produkten ohne die patentierte Funktion kein wirksamer Wettbewerb zu den übrigen Anbietern stattfindet. Demgegenüber wäre eine marktbeherrschende Stellung jedenfalls dann zu verneinen, wenn die durch das SEP geschützte technische Funktion für den Nachfrager von SEP-Produkten gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Letzteres kommt im Streitfall nicht in Betracht. Die streitgegenständliche Technik ist sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Endkunden so wesentlich, dass ohne ihre Nutzung ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für mobile Endgeräte nicht möglich ist. Dies wird auch von der Klägerin nicht ernsthaft bestritten.
343b)
344Bei der Frage, wann außergewöhnliche Umstände vorliegen, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen können, muss die Standardessentialität des geltend gemachten Patents Ausgangspunkt sämtlicher Überlegungen sein, weil eben jene das Patent für jeden Wettbewerber, der Produkte herzustellen beabsichtigt, die dem Standard entsprechen, unerlässlich macht. Der Inhaber eines standardessentiellen Patents ist damit in der Lage zu verhindern, dass standardkonforme Produkte seiner Wettbewerber auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben. Hinzu kommt, dass der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – sich durch seine FRAND-Erklärung bereit erklärt hat, Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen zu erteilen. Hierin liegt der grundlegende Unterschied des Streitfalls zu dem Sachverhalt, über den der BGH in seiner Entscheidung „Orange-Book-Standard“ zu befinden hatte (NJW-RR 2009, 1047 ff.). Die dort aufgestellten hohen Anforderungen an das Verhalten des Patentverletzers lassen sich auf Konstellationen, in denen der Patentinhaber gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, nicht ohne weiteres übertragen. Vielmehr hat der EuGH für einen solchen Fall in seinem Urteil vom 16.07.2015 folgende Grundsätze aufgestellt (GRUR 2015, 764 ff.):
345aa)
346Der Inhaber eines standardessentiellen Patents, für das er gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, muss, damit eine Klage auf Unterlassung, Rückruf oder Vernichtung nicht als missbräuchlich angesehen werden kann, Bedingungen erfüllen, durch die ein gerechter Ausgleich der betroffenen Interessen gewährleistet wird. Vor der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche muss er den angeblichen Verletzer zunächst einmal auf die Patentverletzung hinweisen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 61) und ihm, soweit der Verletzer zur Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des Patents zu FRAND-Bedingungen unterbreiten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 63). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 65). Nimmt der Verletzer das Angebot des Patentinhabers nicht an, muss er innerhalb kurzer Frist ein Gegenangebot machen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 66). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot ab, muss der Patentverletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 67).
347Diese kartellrechtlichen Beschränkungen gelten nicht nur für den Unterlassungsanspruch, sondern auch für den Rückrufanspruch und den Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Gegenstände. Denn diese Ansprüche beinhalten im Allgemeinen ein Verkaufsverbot des Produktes, mit dem das Patent verletzt wird, und können deshalb einen Marktausschluss bedeuten (vgl. hierzu etwa: Pressemitteilung der Kommission in Sachen RR vom 29.04.2014). Dies kann zu einer Verzerrung von Lizenzverhandlungen und zu wettbewerbswidrigen Lizenzbedingungen führen, die der Lizenznehmer ohne die drohende Unterlassungsverfügung nicht akzeptiert hätte.
348bb)
349Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese Überlegungen nicht ohne weiteres auf den Schadensersatzanspruch zu übertragen. Ein Marktausschluss droht durch die Zuerkennung dieses Anspruchs nicht und auch sonst wird ein wirksamer Wettbewerb durch sie nicht verhindert. Eine Klage auf Schadensersatz für vergangene Benutzungshandlungen, die das standardessentielle Patent verletzen, ist lediglich darauf gerichtet, den SEP-Inhaber für bereits erfolgte Verletzungen seines Patents zu entschädigen. Sie führt weder zum Ausschluss standardkonformer Produkte vom Markt noch dazu, dass ein potentieller Lizenznehmer sich gezwungen sieht, ungünstigen Lizensierungsbedingungen für zukünftige Benutzungen eines SEP zuzustimmen.
350Entsprechend hält auch der EuGH die Geltendmachung eines Anspruches auf Schadensersatz grundsätzlich für nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 73-76). Der Verletzer eines standardessentiellen Patents ist – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
351cc)
352Im Rahmen der Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach ist eine irgendwie geartete Beschränkung aus Gründen des Kartellrechts nicht geboten. Grundsätzlich stehen dem Patentinhaber für die konkrete Angabe der Höhe des Schadensersatzes gemäß § 139 Abs. 2 PatG drei Berechnungsarten zur Verfügung (vgl. hierzu auch: Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Auflage 2015, § 139 Rn 61). Gemäß § 139 Abs. 2 S. 1 PatG i.V.m. § 249 BGB i.V.m. § 252 BGB ist die Berechnung des konkreten Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns nach der Differenzlehre vorgesehen. Seit der Neufassung von § 139 Abs. 2 PatG durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 (Durchsetzungsgesetz), das am 1.9.2008 in Kraft getreten ist und mit dem die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umgesetzt worden ist, werden der Verletzergewinn (§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG) und die angemessene Lizenzgebühr (§ 139 Abs. 2 S. 3 PatG) als Berechnungsgrundlage ausdrücklich im Patentgesetz erwähnt. Die drei Berechnungsarten – entgangener Gewinn, Lizenzanalogie oder Verletzergewinn – stehen nebeneinander. Der Verletzte hat ein Wahlrecht und muss sich für eine der drei Berechnungsarten entscheiden (Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Pitz, Patentverletzungsverfahren, 2. Auflage 2010, Teil 4 I. 4. a)). Alle drei Berechnungsmethoden dienen der Berechnung desselben Schadens und stellen damit lediglich Rechenoptionen, nicht aber unterschiedliche Ansprüche dar (Melullis, GRUR Int. 2008, 679 ff.). Die Feststellung, dass ein bestimmter Verletzer dem Patentinhaber nach § 139 PatG Schadensersatz schuldet, die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruches also grundsätzlich gegeben sind, geht der Bestimmung der Höhe dieses Schadens vor. Die Zuerkennung nur einer bestimmten Berechnungsmethode – insbesondere der Lizenzanalogie – kommt nicht in Betracht. Soweit – wie im vorliegenden Fall – lediglich die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt ist, entscheidet das Gericht ausschließlich über den Grund des Anspruchs.
353Die Höhe des konkreten Schadens hat auf die Frage der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach lediglich dann Einfluss, wenn die Möglichkeit besteht, dass der dem Patentinhaber entstandene Schaden mit Null zu bemessen ist (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff – Standard-Spundfass). Eine solche Freilizenz kommt vorliegend ersichtlich nicht in Betracht. Dass eine solche von der Klägerin geschuldet würde, wird auch von den Beklagten nicht geltend gemacht.
354dd)
355Andernfalls kommt lediglich eine Begrenzung der Schadensersatzverpflichtung auf einen bestimmten Höchstbetrag in Betracht, die allerdings erst im Rahmen des ggf. sich anschließenden Höheverfahrens zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu auch: Obergericht für Geistiges Eigentum, Japan, GRUR Int. 2015, 144 ff. – Aericle v. V II, mit etwas anderem Ansatz).
356Insofern ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von §§ 19, 20 GWB bzw. Art. 102 AEUV einen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages begründen kann (vgl. hierzu: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2007, 181 – Orange Book). Dieser kartellrechtliche Anspruch auf Lizenzierung dient der Durchsetzung des gegenüber jedem Marktteilnehmer geltenden Verbots, eine marktbeherrschende Stellung nicht zu missbrauchen. Die Weigerung des Patentinhabers, dem berechtigten Verlangen des Patentverletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages nachzukommen, kann kartellrechtswidrig sein und einen eigenen Schadensersatzanspruch des Patentverletzers gegen den Patentinhaber begründen (§ 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB). Der Patentinhaber kann in einem solchen Fall für die Zeit nach seiner rechtswidrigen Weigerung keinen vollen Schadensersatz verlangen, sondern ist der Höhe nach beschränkt auf den Betrag einer angemessenen Lizenzgebühr (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass).
357Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Patentinhaber für das in Rede stehende standardessentielle Patent eine FRAND-Erklärung abgegeben hat. Insbesondere hat die FRAND-Erklärung nicht die Wirkung, dass der Schadensersatzanspruch von vornherein auf die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr beschränkt ist. Dies könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn man der FRAND-Erklärung konstitutive Wirkung in dem Sinne beimessen wollte, dass sie jedem Marktteilnehmer einen eigenen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen vermittelt. Dieser Auffassung folgt die Kammer hingegen nicht (s.o.). Vielmehr kann der dem Grunde nach zunächst in voller Höhe bestehende Schadensersatzanspruch des Patentinhabers wegen Patentverletzung nur durch einen Gegenanspruch des Verletzers eingeschränkt werden, § 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB. Die Voraussetzungen eines solchen Gegenanspruchs sind vom Verletzer darzulegen und zu beweisen.
358Nachdem Art. 102 AEUV ein missbräuchliches Verhalten des Patentinhabers voraussetzt, ist vorrangig auf dessen Verhalten abzustellen, wobei dieses üblicherweise im Wechselspiel mit dem Verhalten des Patentbenutzers zu bewerten ist. Unter welchen Voraussetzungen dem Patentinhaber im Einzelnen bei der Geltendmachung eines Schadensersatz-, Auskunfts- und/oder Rechnungslegungsanspruch ein Missbrauchsvorwurf zu machen ist, ist vom EuGH in seinem Urteil vom 16.07.2015 (GRUR 2015, 764 ff.) nicht entschieden worden. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich ausdrücklich nur auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs sowie der in ihren Wirkungen auf den betroffenen Markt vergleichbaren Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung (vgl. EuGH, GRUR 2015, 764 ff.). Im Gegensatz hierzu sind die Auswirkungen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung auf den Markt weitaus geringer. Allein der Umstand, dass die zu leistende Auskunft und Rechnungslegung für den Verletzer ggf. mit hohem Aufwand verbunden ist und/oder seine Geheimhaltungsinteressen berührt, rechtfertigt es nicht, für die Geltendmachung dieser Ansprüche die Anforderungen an die Pflichten des Patentinhabers im Rahmen des Art. 102 AEUV genauso hoch anzusetzen wie bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.
359Vielmehr ist mit dem EuGH im Grundsatz davon auszugehen, dass der Verletzer eines standardessentiellen Patents – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet ist, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf (vollen) Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Erst wenn der Patentinhaber sich weigert, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, verhält er sich missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 53) und der Verletzer schuldet in der Folge nur noch Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr.
360Soweit der EuGH vom Patentinhaber für den Fall einer Klage auf Unterlassung, Rückruf und/oder Vernichtung verlangt, dass er den Verletzer vor der Klageerhebung auf die Verletzung hinweist und ihm, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 61-63), beruht dies unter unterem auf der Erwägung, dass mit der Zuerkennung der vorgenannten Ansprüche des Patentinhabers der Marktausschluss des Verletzers mit seinem standardkonformen Produkt mit den damit verbundenen einschneidenden Folgen für den Produktmarkt droht (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 52). Diese Erwägung ist auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung nicht übertragbar. Erhebt der Patentinhaber eine Klage zur Geltendmachung dieser Ansprüche, ohne den Verletzer zuvor auf die Verletzung hingewiesen und, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet zu haben, begründet allein dies noch keinen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV. Hinzukommen muss vielmehr ein erkennbar nach außen zutage getretener Wille des Verletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages, dem der Patentinhaber sich treuwidrig verweigert.
361ee)
362Liegen nach den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auf die Höhe einer FRAND-Gebühr vor, führt dies in der Folge zu einer inhaltlichen Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruches. Denn letzterer hat seinem Zweck nach dem Umfang des Schadensersatzanspruches zu folgen (vgl. hierzu: Schulte/Voß/Kühnen, PatG, 9. Auflage, § 139 Rn 148).
363Die der Vorbereitung des Schadensersatzanspruches dienende Auskunft und Rechnungslegung muss zwar grundsätzlich alle Angaben enthalten, die der Verletzte benötigt, um eine der ihm offen stehenden drei Berechnungsmethoden (Lizenzanalogie, Verletzergewinn oder entgangener Gewinn) auszuwählen und auf dieser Grundlage die Schadenshöhe zu beziffern (BGH, GRUR 1962, 354, 356 - Furniergitter; BGH, GRUR 1974, 53 – Nebelscheinwerfer; Fitzner/Lutz/Bodewig/Pitz, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, § 139 Rn 236), jedoch unterstehen Inhalt und Umfang der Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dies erfordert eine Abwägung der Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls (BGH, GRUR 1974, 53, 54 – Nebelscheinwerfer). In diesem Sinne mag auch die Äußerung des Generalanwalts Wathelet zu verstehen sein, der in seinen Schlussanträgen darauf hingewiesen hat, dass das Gericht über die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu wachen habe (Schlussanträge des Generalanwaltes Melchior Wathelet vom 20.11.2014 in der Rechtssache C-170/13, dort Ziffer 101).
364Dabei ist auf Seiten des Patentinhabers die Bedeutung der verlangten Auskunft für die Darlegung der für Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs wesentlichen Umstände in die Abwägung einzustellen; auf Seiten des Verletzers kann insbesondere ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse Bedeutung erlangen (BGH, GRUR 2007, 532 ff. – Meistbegünstigungsvereinbarung). Demgegenüber rechtfertigen Unterschiede bezüglich des Arbeitsaufwandes bei verschiedenen Schadensberechnungsarten es in aller Regel nicht, den Patentinhaber auf eine für den Verletzer weniger aufwändige Berechnungsart zu verweisen (BGH, GRUR 1982, 723 ff. – Dampffrisierstab).
365Liegen die Umstände des Einzelfalls so, dass der Patentinhaber für die Nutzung der patentgemäßen Lehre lediglich eine angemessene, FRAND-Bedingungen entsprechende Lizenzgebühr verlangen kann, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, auch die Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung auf die zur Berechnung dieser FRAND-Lizenzgebühr erforderlichen Angaben zu beschränken. Insbesondere ist in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse des Patentinhabers an Angaben zum Verletzergewinn (Kosten- und Gewinnangaben) ersichtlich, das die berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Patentverletzers überwiegen könnte.
366Allerdings ist von den Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Voraussetzungen für einen kartellrechtlichen Anspruch auf Lizensierung zu FRAND-Bedingungen gegeben sind und der Schadensersatzanspruch der Klägerin damit von vornherein auf die Höhe einer FRAND-Lizenzgebühr beschränkt wäre. Die Beklagten behaupten zwar, Lizenzvertragsverhandlungen mit der Klägerin geführt zu haben, zu deren Inhalt tragen sie hingegen nicht vor. Hinsichtlich der Behauptung der Beklagten, das Angebot der Klägerin entspreche nicht FRAND-Kriterien, fehlt es an Vortrag zu den zugrundeliegenden Tatsachen, der es der Kammer ermöglichen würde, das Angebot der Klägerin zu überprüfen. Ein Gegenangebot haben die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag nicht abgegeben. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen treuwidrig verweigert und damit ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV missbraucht.
367Aus den vorgenannten Gründen kommt auch eine Anwendung des § 254 BGB nicht in Betracht. Ein Verstoß der Klägerin gegen die sie treffende Schadensminderungspflicht ist nicht erkennbar.
368VIII.
369Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren gem. § 148 ZPO auszusetzen. Für die Kammer lässt sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstands die für eine Aussetzung erforderliche hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage nicht feststellen (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten).
3701.
371Das Klagepatent ist gegenüber dem Stand der Technik neu.
372a)
373Der Standard 3GERICTS 23.331 V3.4.0 (nachfolgend: V3.4.0) steht dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich entgegen.
374Angesichts des genannten Aussetzungsmaßstabs vermag die Kammer in der hiesigen Situation keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Widerruf des Klagepatents zu erkennen. So präsentieren die Parteien in sich schlüssige Argumentationen und vermögen andererseits nicht, ein stichhaltiges Gegenargument anzuführen, das dem Vortrag der Gegenseite die Grundlage entziehen bzw. einen grundlegenden Widerspruch aufzeigen könnte. Die Klägerin hat ein mögliches fachmännisches Verständnis der Entgegenhaltung dargelegt, dass von den Beklagten nicht eine Aussetzungsentscheidung tragend in Zweifel gezogen werden konnte. Da es den Beklagten obliegt, die erforderlichen Erfolgsaussichten des anhängigen Einspruchsverfahrens darzulegen und glaubhaft zu machen, geht dies zu ihren Lasten. Hinzu tritt, dass die Annahme einer (hinreichend) sicheren Vernichtungswahrscheinlichkeit sich verbietet, wenn der im Rechtsbestandsverfahren zur Diskussion stehende technische Sachverhalt derart kompliziert und/oder komplex ist, dass sich das VerletzungsgERICht keinen wirklichen Einblick in die Gegebenheiten verschaffen kann (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Rn. 531). Das ist hier der Fall.
375Nach Ansicht der Kammer werden die Anweisung, die Mitteilung und das Erkennen der eindeutigen Zellkennung (Merkmale 7 bis 7.2 des Anspruchs 6) nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt.
376Aus Ziffer 8.6.7.5 erkennt der Fachmann, dass das UE in dem Zustand CELL_FACH die Cell Identity melden soll, wenn das Information Element „Cell Identity“ auf „TRUE“ gesetzt ist. Der Zustand CELL_DCH spielt keine Rolle, weil hier die Cell Identity nicht gemeldet werden soll. Die Cell Identity wird von der Nachbarzelle im System Information Block Typ 3 oder 4 ausgegeben. Aus Ziffer 10.3.2.2 folgt, dass die Cell Identity eindeutig eine Zelle innerhalb eines PLMN (Public Land Mobile Network) identifiziert. Insofern handelt es sich um eine eindeutige Zellenkennung.
377Die Klägerin wendet ein, dass im UMTS-System das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity nach Empfang der Measurement-Control Nachricht im CELL_FACH Zustand zu erkennen und zu melden.
378Die RRC-Schicht (Radio-Resource-Control-Schicht) sei für den Empfang und die Verarbeitung von Signalisierungsnachrichten verantwortlich, die zwischen einem RNC (radio network controller) und einem Endgerät übertragen werden. Das RRC bediene sich einer Zustandsmaschine, um den Verbindungstyp zwischen dem mobilen Endgerät und dem RNC zu definieren.
379Es geibe 5 RRC-Zustände, unter anderem die Zustände CELL_FACH und CELL_DCH. Von Interesse seien nur drei Messungen, mit denen die Cell Identity übertragen werden kann: Messungen an im selben Frequenzbereich wie die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (intra-frequency measurements); Messungen an in einem anderen Frequenzbereich als die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (inter-frequency measurements) und Messungen an Nicht-UMTS Nachbarzellen (inter-system measurements).
380Mittels der „measurement control message“ kann eine Messung im UE initiiert werden (V3.4.0; Ziffer 8.4). Die entsprechenden Messergebnisse würden mittels des Informationselements „measured results“ übertragen, das Bestandteil der „measurement report message“ ist. Mit der measurement report message werde berichtet (V3.4.0, Ziffer 10.3.7.69, 10.2.17). Wenn hingegen die Nachbarzellmessung mittels des Systeminformationsblöcke 11 und 12 konfiguriert wurde (V3.4.0, Ziffer 8.4), werden in dem RCC-Zustand CELL_FACH die Messergebnisse der Nachbarzelle nicht in den measured results in einem Messbericht, sondern über den Transportkanal RACH übertragen (V3.4.0, Ziffer 8.4 – measurement report message sent to report uplink traffic volume; nur Informationen von netzgerichteten Datenverkehrsaufkommen). Nur die ersten vier Nachrichten (RRC Connection Request bis Cell Update) enthielten Informationen über die Nachbarzellen und zwar ausschließlich mittels des Informationselements Measured Results on RACH (V3.4.0; Ziffer 10.3.7.70). Hierbei handele es sich um ein inhaltlich verkürztes Informationselement angehängt an einer ohnehin an das Netz gesendeten Nachricht.
381Es würden daher zwei Arten von Messinformationen im CELL_FACH Zustand gesendet. Nach dem Übergang vom Zustand CELL_DCH in den Zustand CELL_FACH könnten Datenverkehrsvolumenmessungen fortgesetzt und initiiert werden. Bei diesen Messungen werde die Cell Identity weder verlangt noch gesendet. Diese Datenverkehrsvolumenmessungen wurden in einem Measurement Report gesendet. Ferner würden Intrafrequenzmessungen vorgenommen, die angehängt an andere Nachrichten mittels des IE measured results on RACH gesendet wurden. Die gemeldeten Messinformationen enthielten in keinem der beiden Fälle eine Cell Identity (vgl. V3.4.0, Privatgutachten Martin, S. 4 und 5 mit den dortigen Hinweisen auf V 3.4.0).
382An dieser Argumentation bestehen keine derart durchgreifenden Zweifel, die die Kammer zu dem Ergebnis kommen ließen, der Standard zeige ein Endgerät, dass eine eindeutige Zellenkennung erkenne, melde und anweise.
383Dies folgt zunächst nicht aus der Übertragung der „Reporting information for state CELL_DCH“ mittels der Systeminformationsblöcke 11 und 12, die nach dem Übergang zurück von CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird (vgl. Abschnitte 10.3.7.41, 10.3.7.5; Privatgutachten Martin, S.6). Denn die hierin enthaltene Cell Identity wird nicht ohne weiteres als Inhalt der Cell reporting quantities übertragen. Um in dem BERICht enthalten zu sein, muss der Boolean Type auf TRUE gesetzt sein (vgl. Abschnitt 10.3.7.5). Der Fachmann erkennt anhand des Abschnitts 8.6.7.5 indes, dass ein TRUE im CELL_DCH Zustand wie ein FALSE behandelt wird („[…] - in CELL_DCH state:- treat the IE as if the IE „Cell Identity“ is set to FALSE.“). Daher wird die Cell Identity nicht gemeldet.
384Auch das Informationselement Measurement Validity (Abschnitt 10.3.7.36), das dem Mobilgerät anzeigt, für welche RRC-Zustände die Messkonfiguration maßgeblich sein soll, hat hier keine Auswirkung, weil die Messkonfiguration „alle Zustände“, „alle Zustände außer CELL_DCH“ nur einen Geltungsbereich für Verkehrsdatenaufkommensmessungen hat (Abschnitt 8.6.7.1). Somit enthält sie ebenfalls nicht die Cell Identity.
385Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Abschnitt 9.3.2.7 des V3.4.0. Die Vorrangsaussage bezieht sich nur auf die Measurement Control message, die vor dem Wechsel in den Zustand CELL_FACH bereits im Zustand CELL_DCH empfangen wurde, bei der das Informationselement Measurement Validity auf all states oder all states except CELL_DCH gesetzt ist und die Konfiguration der Datenverkehrsvolumenmessung betrifft. Ihr gebührt danach Vorrang vor den Messungen in CELL_FACH, die durch die Systeminformationsblöcke 11 und 12 initiiert werden. Der Abschnitt regelt den für diesen Fall auftretenden Konflikt (Privatgutachten Martin, S. 4).
386Für die andere Lesart, nach der Abschnitt 9.3.2.7 zwingend zeige, dass die Ausführungen unter Abschnitt 8.4.1.7 nicht abschließend seien, lässt sich insbesondere dem Privatgutachten Carle (vgl. S. 6) kein konkretes Argument entnehmen. Sofern dort ausgeführt wird, die Abschnitte 8.4.1.7 bis 8.4.1.10 beschrieben nicht das Verhalten des Mobilgeräts für den Fall, dass im CELL_FACH Zustand Messaufträge mittels Nachrichten vom Typ „Measurement Control“ übertragen würden, sondern das Verhalten des Mobilgeräts, wenn nach Eingang eines Messauftrages ein Zustandsübergang stattfindet (Privatgutachten Carle, S. 6), wird ein entsprechendes Zitat für die erste Aussage (Übertragung von Messaufträgen vom Typ „Measurement Control“ im CELL_FACH Zustand) gerade nicht genannt. Dem steht indes der Vortrag gegenüber, dass im Sparzustand CELL_FACH weniger Messparameter und inhaltlich gekürzte Messberichte verwendet werden und die Nachbarzellmessungen so effizient wie möglich durchgeführt werden.
387Dass der Fachmann den Abschnitt 8.6.7.5 als eine Offenbarungsstelle für den Bericht einer eindeutigen Zellkennung versteht, vermag die Kammer nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Es kann insoweit dahinstehen, ob die nachträgliche Änderung dieses Abschnitts durch den Change Request CR-702 Tdoc R2-101593 von RR gerade zeige, dass der Fachmann diesen Passus von vorneherein für missverständlich gehalten habe. Die klagepatentgemäße Lehre muss unmittelbar und eindeutig offenbart sein. Daran bestehen hingegen durchgreifende Zweifel, wenn der Fachmann die Funktion eines Merkmals im Gesamtkontext der Offenbarung für nachteilig erachtet und deswegen ein solches Verständnis von vorneherein nicht zugrundelegt. Denn erkennbare Fehler wird der Fachmann in der Regel korrigieren (vgl. Benkard/Mellulis, 11. Aufl., § 3 PatG Rn. 182). Die Beklagten vermochten die Argumentation der Klägerin nicht derart zu erschüttern, dass die Kammer von einer Offenbarung des Merkmals 3.7 ausgeht.
388b)
389Die vorherigen Ausführungen gelten auch für die Version 3GERICTS 23.331 V3.4.1 (nachfolgend: V3.4.1).
390c)
391Auch die Version 3GERICTS 23.331 V3.3.0 (nachfolgend: V3.3.0.) offenbart nicht die Merkmale 7. bis 7.2 des Anspruchs 6.
392aa)
393So ist nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt, dass in CELL_DCH die Cell Identity vom UE erkannt wird. Zwar lassen sich die Verweisungen der Abschnitte 10.2.17, 10.3.7.69, 10.3.7.35 und 10.3.7.3 zunächst so verstehen, dass die Cell Identity als Bestandteil der Cell measured results Bestandteil des measurement reports ist (Merkmal 3.7). Indes hat die Klägerin vorgetragen, dass im CELL_DCH Zustand das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity zu erkennen. Diese werden nur in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und SIB 4 übertragen (V3.3.0, S. 198/199), die jedoch im CELL_DCH Zustand nicht ausgelesen werden können (V3.3.0, Tabelle 8.1.1, S. 29-30). V3.3.0 zeigt also nicht, dass die eindeutige Zellkennungsinformation im CELL_DCH Zustand erkannt werden kann (Merkmal 3.6). Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldung der Cell Identity als Bestandteil des Measurement Reports jedenfalls widersprüchlich. Auch wenn das Klagepatent sich nicht zu den einzelnen Zuständen verhält, soll die Zellenkennung, die erkannt wurde, im (direkten) Anschluss gemeldet werden.
394Dieses Verständnis wird durch den Änderungsvorschlag von NTT DoCoMo R2-001416 bestätigt, aus dem sich ebenfalls ergibt, dass die Zellidentität nur im Systeminformationsblock Typ 3 und 4 vorhanden ist, welche nicht gelesen werden können, falls das UE sich im CELL_DCH Zustand befindet und das UE eine potentiell ungültige Zellidentität nach dem Wechsel in den CELL_DCH Zustand meldet. Selbst wenn man den Änderungsvorschlag zusammen mit der V 3.3.0 als ein Dokument ansähe – was zweifelhaft ist –, geht hieraus nur hervor, dass es gerade eines zusätzlichen Informationselementes mit der Cell Identity vor dem Hintergrund des V 3.3.0 bedurft hätte. Eine unmittelbare und offenkundige Gesamtoffenbarung der klagepatentgemäßen Lehre erkennt der Fachmann hierin nicht, sondern wiederum nur das Aufzeigen eines Fehlers, der gegebenenfalls zu einer Anpassung führen kann.
395Schließlich folgt auch nichts anderes aus der Spezifikation TS 134 123-1 V3.3.0 für die UMTS-Konformitätstests für mobile Endgeräte. Zum einen spricht bereits der Umstand, dass es sich um ein anderes Dokument handelt, gegen eine unmittelbare und eindeutige Gesamtoffenbarung. Zum anderen ergibt sich aus der Spezifikation ebenfalls nicht, dass die Cell Identity – auch wenn sie Bestandteil des Measurement Reports ist – im CELL_DCH Zustand vom UE erkannt werden kann, obwohl sie sich in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und 4 befindet, die in diesem Zustand nicht gelesen werden können.
396bb)
397Ferner offenbart die Version V3.3.0 auch nicht, dass die Cell Identity nach dem Übergang vom Zustand CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird. Im Unterschied zur Version V3.4.0 findet sich hier der Abschnitt 8.6.7.5 nicht. Gleichwohl offenbart Abschnitt 10.3.7.5 dem Fachmann nicht eindeutig und unmittelbar, dass nach dem Zustandswechsel in CELL_DCH die Anweisung besteht, die Cell Identity zu berichten. Dem Hinweis, dass der Boolean Typ auf TRUE gesetzt werden muss, um in dem Messbericht enthalten zu sein, mag der Fachmann allenfalls die Möglichkeit entnehmen. Diese wird der Fachmann indes nicht wählen, weil er weiß, dass die Cell Identity im CELL_FACH nicht benötigt wird. Permanent antizipierte Messungen, in einem Zustand, der energiesparend sein soll, sind nicht notwendig. Es bedarf dort ihrer nicht im gleichen Umfang für ein Handover wie im CELL_DCH Zustand, in dem wie ausgeführt die Cell Identity auch nicht der Basisstation gemeldet wird. Daher würde der Bericht veraltete und gegebenenfalls ungültige Messergebnisse beinhalten. Insofern sieht der Fachmann keine Notwendigkeit für die Anweisung und wird den Boolean Type auf FALSE setzen.
398d)
399Das Klagepatent ist gegenüber der Entgegenhaltung „Wang“ (Masterarbeit vom 16.06.2003) nicht neu.
400Wang befasst sich mit einem Handover Mechanismus in einem heterogenen Netz, das z.B. aus einer Kombination von Weitverkehrsfunknetzen (GPRS oder 3G) und lokalen Drahtlosnetzwerken (WLAN) besteht. Der Entgegenhaltung mangelt es an der Offenbarung einer nichteindeutigen Zellenkennung. Im Rahmen der Erstellung einer externen Ressourcenkarte wird ein Präfixcode/BS-ID Nummer einer benachbarten BS übertragen und analysiert, ob es sich um ein bekanntes IP-Präfix handelt (S. 18, Schritte 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten insoweit ausgeführt, dass es sich bei dem Präfixcode, den ersten beiden gelben Spalten der Tabelle 1 in der Anlage X-ES 16a, um die nichteindeutige Zellenkennung handele, das Netzwerk IP-Präfix in der orangen Spalte demgegenüber die eindeutige Zellenkennung darstelle. Ferner sei in der Tabelle 12 auf S. 58 ein geschlossenes System definiert, das nur 28 Zellen zeige, die wiederum alle ein anderes Network-IP-Präfix aufwiesen. Dem kann die Kammer nicht beitreten, denn neben dem eindeutigen Network-IP-Präfix zeigt diese Tabelle auch jeweils einen eindeutigen Präfixcode/BS-ID-Nummer: Diese die Network ID und Cell serial number enthaltenden Präfixcodes/BS-ID Nummern haben die Aufteilung WWAN BS 1-8 und WLAN 1 AP 1-20. Keine der Präfixcodes/ID-Nummern wiederholt sich. Dieser gezeigte Beacon-Code offenbart daher keine nichteindeutige Zellenkennung.
401e)
402Die Entgegenhaltung WO 02/43430 (nachfolgend: Jansson) nimmt die klagepatentgemäße Lehre des Anspruchs 6 ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg.
403Eine eindeutige Zellenkennung ist in Form der zweiten BSIC Zellenkennung nicht offenbart. Die zweite BSIC stellt keine eindeutige Kennung im Sinne des Klagepatents dar. Sie erscheint in Anbetracht der überschaubaren Auswahl an möglichen BSIC (Basisstationsidentifikationscodes) – 64 an der Zahl – nur lokal als eindeutig, wobei die Lehre des Klagepatents eine im gesamten Netz eindeutige Kennung fordert. Sofern die Beklagten hier auf den zweiten Broadcast-Kontrollkanal und der dort gesendeten zweiten BSIC verweisen, bleibt diese Art der Eindeutigkeit hinter der Lehre des Klagepatents zurück. Wird im Messbericht lediglich die zweite BSIC übertragen, ist diese Kennung als 6-Bit-Wert nach dem Klagepatent gerade nicht eindeutig. Nach Jansson ist es nicht ausgeschlossen, dass die zweite BSIC in anderen lokalen Bereichen des Netzes wiederverwendet wird. Verwirrende Messberichte durch eine Doericelnutzung scheinen nur deswegen ausgeschlossen zu sein, weil durch den BSC und MSC vor der Vergabe der BSIC geklärt wurde, dass er in keiner weiteren Nachbarzelle bereits Verwendung findet. Nach der Lehre des Klagepatents ist die eindeutige Zellenkennung aber so ausgestaltet, dass Verwechselungen mit jeglichen Zellen im Netz vermieden werden. Die globale Eindeutigkeit bezieht sich auf das Netz. Unerheblich ist, aus wie vielen Werten die eindeutige Zellenkennung besteht, solange diese Werte im Netz eine unverwechselbare Zuordnung ermöglichen.
404f)
405Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung WO X (nachfolgend Olofsson) neu.
406Es fehlt an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung, dass sowohl die eindeutige als auch die nichteindeutige Zellenkennung übertragen werden (Merkmalsgruppe 3 des Anspruchs 6).
407Olofsson präsentiert in Abgrenzung zum Stand der Technik, bei dem eine nichteindeutige Kennung eingesetzt wird, den Einsatz einer eindeutigen Kennung. Die Darstellung der nichteindeutigen Kennung wie des aus BCC und NCC zusammengesetzten BSIC bezieht sich auf den Stand der Technik („conventional measurements“ (Z.5); „The principal way in which base station identification has been attempted in the past is […]“; „Thus, for system wide algorithm development, neither of these techniques for identifying a base station are sufficiently reliable to ensure unique identifications […]“. Demgegenüber zeigt Figur 4 in Olofsson eine Lösung, in der nur eine eindeutige Kennung offenbart ist. Ein kombiniertes Übertragen von eindeutiger und nichteindeutiger Zellkennung wird nicht gezeigt. Die Kombination wird vom Fachmann auch nicht mitgelesen. Weitere Überlegungen, wie z.B. ein erhöhter Ressourcenverbrauch, der eine kombinierte Übertragung fordern könnte, die der Fachmann zusätzlich anstellen müsste, sprechen dagegen.
408g)
409Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung WO X (nachfolgend: McNaughton) neu.
410Das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf eine Anweisung ist nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Auch wenn der Messprozess als solcher vom durch den netzwerkbasierten Server angestoßen werden kann, gilt dies nur allgemein für die Messung. Damit ist jedoch nicht eindeutig und unmittelbar gezeigt, dass das Mobilendgerät „in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung“ auch die eindeutige Zellenkennung erkennt. Nicht ausgeschlossen ist hier der von der Klägerin angeführte Beispielsfall, dass die Messung autonom vom Mobilendgerät vorgenommen und gespeichert und erst auf eine spätere Anweisung der Basisstation hin gemeldet wird. Dies könnte aus S. 34, Z. 21f. folgen, wonach die Profilerzeugung vollständig von dem mobilen Endgerät 20 fertiggestellt werden kann, ohne Unterstützung durch einen netzwerkbasierten Server.
411h)
412Schließlich ist ein Widerruf des Klagepatents aufgrund der Entgegenhaltung SS /R3-062303 (nachfolgend: SS ) nicht hinreichend wahrscheinlich.
413Die Neuheitsschädlichkeit von SS ist zweifelhaft, da das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Jedenfalls die Anweisung ist weder aus Figur 1 noch aus Abschnitt 2.1 ohne weiteres ersichtlich. Es bestehen darüber hinaus starke Zweifel, dass SS zusammen mit dem Dokument T-Mobile/KPN R2-061545 mangels klarer und zweifelsfreier Inbezugnahme der dortigen maßgeblichen Textstelle als ein Dokument angesehen werden kann. Hinzu tritt, dass auch die dort rekurrierte Passage nicht unmittelbar und eindeutig eine Anweisung offenbart. Es wird lediglich allgemein ausgeführt, dass es weiterhin möglich sein sollte, UEs in einer Weise zu konfigurieren, um bestimmte Messungen für die Netzplanung und -optimierung zu melden. Eine etwaige implizite Offenbarung ist angesichts des geltend gemachten Aussetzungsmaßstabs nicht ausreichend.
4142.
415Die klagepatentgemäße Lehre ist zudem im Stand der Technik nicht nahe gelegt.
416Der Standard 36.300 V 0.5.0. (2207-02) in Kombination mit den Entgegenhaltungen Nokia/R3-061758, Finalreport R3-070322, T-Mobile/R3-061488 und Telecom Management /S5-070207 sowie den weiteren Entgegenhaltungen legt die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 6 nicht nahe. Es fehlt bereits an einem Anlass, die weiteren Entgegenhaltungen heranzuziehen. Der Standard 36.300 zeigt keine Anhaltspunkte, wie Nachbarlisten zu optimieren sein könnten. Die Idee, auf Anweisung des Netzes an das UE eindeutige Zellenkennungen zu erkennen und zu melden, entnehme der Fachmann einer der weiteren Entgegenhaltungen, beruht auf einer rückschauenden Betrachtung. In X ist fraglich, ob die Übertragung einer eindeutigen Zellenkennung überhaupt vorgesehen ist und ob dies auf Anweisung der Funkbasisstation erfolgt. Die weiteren Entgegenhaltungen sind nach Ansicht der Kammer noch weiter entfernt von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 6.
4173.
418Die Kammer hält es nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Klagepatent mangels Ausführbarkeit widerrufen wird. Die Einwände werfen Auslegungsfragen bezüglich des Begriffs der eindeutigen Zellkennung auf. Der Fachmann wird den Begriff jedoch mit Hilfe seiner Fachkenntnis auslegen und seinen technischen Sinngehalt umsetzen können.
4194.
420Das Klagepatent ist ebenfalls nicht unzulässig erweitert.
421Indem das mobile Endgerät in Gänze in der Figur 2 und der Beschreibung in den Anmeldeunterlagen offenbart ist, wird der Fachmann das Steuerungselement als notwendiges Bauteil für die Kommunikation mit der Funkbasisstation mitlesen. Erwähnt ist es auch explizit in der Beschreibung (WO X, nachfolgend: WO X, S. 3, Z. 24 ff („The mobile terminal 4 comprises a controller 42 […]“).
422Es ist nicht ersichtlich, dass der Zusatz des Übertragens der nichteindeutigen Zellenkennung den Gegenstand des Klagepatents gegenüber der Patentanmeldung unzulässig erweitert. Aus den Anmeldeunterlagen ergibt sich, dass die nichteindeutige Zellenkennung mit den Messinformationen der Betriebsparameter verknüpft ist (WO X, S. 2 Z. 10 ff.). Ferner ist auch die eindeutige Zellenkennung an mehreren Stellen der Beschreibung der Anmeldung und im Anspruch offenbart (z.B. S. 4, Z. 15 ff., S. 6 Z. 13). Auch offenbart die Anmeldung, dass die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle die eindeutige Zellenkennung erkennt. So heißt es in Anspruch 6 (S. 6, Z. 21-24), dass das Erkennen (detecting) und Melden (reporting) der eindeutigen Zellenkennung in vorbestimmten Intervallen als Antwort auf den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation erfolgt („[…] is performed at predetermined intervals in response to receipt of an instruction from the radio base station of the first communications cell.“). Dass die Steuerung für diesen Betrieb geeignet sein muss, liest der Fachmann mit.
423Ferner wird der Fachmann erkennen, dass bei dem Übertragen der nichteindeutigen Zellenkennung immer Betriebsparameter mit bestimmt und gemeldet werden, weil die nichteindeutige Zellenkennung an jede measurement information gebunden ist (vgl. S.4, Z. 10 ff.). Insofern ist durch die Streichung der Merkmale Bestimmen und Melden von Parameterinformationen der Anspruch 6 ebenfalls nicht unzulässig erweitert. Schließlich wird der Fachmann auch eine Zellkennungsinformation in der offenbarten Zellidentifiziererinformation der Anmeldung erkennen. Anstatt „für die zweite Kommunikationszelle“ „für eine zweite Kommunikationszelle“ zu verwenden, stellt ebenfalls keine unzulässige Erweiterung über den Offenbarungsgehalt der Anmeldung hinaus dar.
4245.
425Die weiteren Angriffe sind mangels schriftsätzlicher Behandlung im Verletzungsverfahren von den Parteien selbst nicht zu Recht als eine Aussetzungsentscheidung tragend angesehen worden.
426IX.
427Dem Antrag der Beklagten auf Vorlage des MSA war nicht zu entsprechen.
4281.
429Soweit die Beklagten die Vorlage des MSA gemäß § 142 ZPO beantragen, haben sie hiermit keinen Erfolg.
430Nach § 142 Absatz 1 ZPO kann das Gericht anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Dabei muss sich die Bedeutung einer konkret zu bezeichnenden Urkunde für die begehrte Entscheidung aus schlüssigem Parteivortrag ergeben. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn sie dazu dient, für die vom Gericht begehrte Entscheidung relevante Umstände zu erhellen (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 142 Rn. 7; BGH, NJW 2014, 3312). Dabei sind im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung insbesondere auch berechtigte Belange des Geheimnis- oder Persönlichkeitsschutzes zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 142 Rn. 8; BGH, NJW 2007, 2989).
431Vor diesem Hintergrund kommt die Anordnung der Vorlage des gesamten MSA nicht in Betracht. Die Kammer vermag anhand des Vortrags der Beklagten nicht zu erkennen, dass die Vorlage des gesamten MSA – über die bereits zur Akte gereichten Auszüge hinaus – für die Entscheidung von Relevanz ist. Demgegenüber würde die Anordnung der Vorlage des gesamten MSA dazu führen, dass Inhalte, die bisher nicht über einen eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und die auch nicht öffentlich verbreitet werden sollen, Dritten bekannt werden würden. Die Vorlage des gesamten MSA würde damit schutzwürdige Interessen der Klägerin und/oder der Streithelferin verletzen. Unter Abwägung der berechtigten Interessen der Parteien hat die Kammer von einer Anordnung der Vorlage des gesamten MSA abgesehen.
432Sofern der Antrag der Beklagten dahingehend zu verstehen sein sollte, dass er sich auf die Vorlage des gesamten Closing binders bezieht, gilt das zuvor Gesagte erst recht.
4332.
434Auch eine Vorlagepflicht nach § 423 ZPO besteht nicht.
435Nach § 423 ZPO ist der Gegner zur Vorlage der in seinen Händen befindlichen Unterlagen verpflichtet, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat. Ausreichend ist jede Bezugnahme zu Aufklärungszwecken (vgl. Zöller, a.a.O., § 423 Rn. 1). Es genügt aber nicht, wenn der Gegner auf den Urkundeninhalt lediglich zur Ergänzung oder Erläuterung seines Tatsachenvortrags hingewiesen hat (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 423 Rn. 1).
436Im vorliegenden Fall hat die Klägerin auf den Closing Binder lediglich Bezug genommen, um die Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen darzulegen. Eine inhaltliche Bezugnahme dergestalt, dass der Closing Binder zur Aufklärung strittiger Punkte beitragen würde, erfolgte nicht.
437X.
438Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 Abs. 3 Nr. 2, 101 Abs. 1 ZPO. Einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO im Hinblick auf den Antrag nach § 113 S. 2 ZPO bedurfte es mangels gesonderten Kostenanfalls nicht (vgl. Zöller/Herget, 31. Aufl., § 113 Rn. 4). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
439Streitwert:
440ursprünglich: 1.000.000,00 EUR
441ab dem 01.07.2014 (Teilklagerücknahme): 800.000,00 EUR
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Schlussurteil, 19. Jan. 2016 - 4b O 157/14
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Tenor
I.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat,
wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
a)
der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei die Beklagte zu 2) die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen muss, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegt;
wobei der Beklagten zu 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 2) dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 2) zu 20 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 60%. Die Kosten der Streithilfe hat die Beklagte zu 2) zu 25 % zu tragen, zu 75 % trägt die Streithelferin die Kosten selbst. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
V.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 400.000,00 vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten und die Streithelferin ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP B (Anlagen C ET1, C ET1a; im Folgenden: Klagepatent) auf Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
3Das Klagepatent wurde von der Streithelferin am 28.02.2007 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 08.08.2012 veröffentlicht. Am 18.12.2013 erfolgte die Veröffentlichung und Bekanntmachung seiner Erteilung. Am 17.09.2014 legten unter anderem die Beklagten Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents beim Europäischen Patentamt ein, über den bislang noch nicht entschieden ist. Das Klagepatent steht in Kraft.
4Das in englischer Sprache erteilte Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzwerken. Die geschützte Technik dient zur Vereinfachung der Architekturverwaltung und beschäftigt sich mit der Identifizierung von Funkzellen, die für einen reibungslosen Weiterleitungsvorgang (sog. handover) der Mobilfunkverbindung zwischen Nachbarzellen des Telekommunikationsnetzes notwendig ist.
5Die Klägerin stützt den Verletzungsvorwurf auf eine Kombination der Klagepatentansprüche 1 und 6 und den Anspruch 17.
6Anspruch 6 in Kombination mit Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
7„Mobiles Endgerät (4) zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Endgerät eine Steuerung (42) für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfasst, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum:
8Erkennen (115) eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und
9Melden (117) der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.“
10Anspruch 17 des Klagepatents lautet:
11„Drahtloses Telekommunikationsnetz, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definiert, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum:
12Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät;
13Stellen einer Anforderung (111) an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle;
14Empfangen (119) einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
15Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt.“
16Die Streithelferin besitzt eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie. Am 10.01.2013 schloss sie mit der D („E Sub“), der E („Q “), deren Tochtergesellschaften F („Q Sub1“) und G („Q Sub 2“) sowie der A („Q LLC“) das sogenannte Master Sales Agreement („MSA“), das die weitere Verwertung eines Teils ihrer Patente zum Gegenstand hat. Betroffen war ein Patentportfolio, das über 2000 Patente umfasste. Hinsichtlich der Regelungen des MSA im Einzelnen wird auf den in Auszügen von den Parteien zur Akte gereichten Vertragstext Bezug genommen.
17Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Gesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die E Sub, Q , Q Sub 1 und Q Sub 2 sind sämtlich Gesellschaften, die nach dem Recht des Staates Delaware gegründet wurden. Die Q LLC wurde nach dem Recht des Staates Nevada gegründet. Die Klägerin wurde nach irischem Recht gegründet. Sie gehört zur H Gruppe und ist mit der Verwaltung und Lizensierung von Patenten befasst. Sie ist dem MSA nachträglich beigetreten.
18Im MSA findet sich in Ziffer 6.14 unter anderem die Regelung, dass die Q LLC die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Dieser Verpflichtung ist die Q LLC durch Erklärung vom 14.06.2013 nachgekommen. In einer weiteren Vereinbarung vom 13.02.2013 (Patent Sale and Grant-Back Licence Agreement – „PSA“) findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der Q LLC, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Dies wurde bei der Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin umgesetzt und die Klägerin gab am 6.3.2014 gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Verpflichtungserklärung ab.
19In Umsetzung des MSA schlossen dessen Vertragsparteien in der Folgezeit drei Übertragungsverträge, deren Wirksamkeit zwischen den Parteien im Streit steht. Die Klägerin bietet öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Konditionen an („License Proposal“). Hierin ist unter anderem eine Lizenzgebühr von 0,75 USD pro Mobilfunkendgerät vorgesehen. Die Beklagten unterbreiteten der Klägerin ein Gegenangebot. Zu dem Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Klägerin kam es nicht.
20Die Beklagten gehören zur I -Gruppe, die sowohl im Bereich der Infrastruktur als auch im Bereich der Mobilfunkendgeräte im Markt für Telekommunikationsnetzwerke tätig ist. Zu ihrem Produktsortiment gehören unter anderem Basisstationen (sog. eNodeBs oder eNB) für den Aus- und Aufbau von Long Term Evolution (LTE)-Netzwerken bzw. sog. 4G-Netzwerken (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) und LTE-fähige Mobilgeräte (sog. UEs; nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II).
21Die Architektur der LTE-Netzwerke ebenso wie die LTE-Fähigkeit der Mobilgeräte ist standardisiert. Daher kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale nach den LTE-Standards. Die streitgegenständliche Technik wird in dem Telekommunikationsstandard 3GPP TS 36.300 Version 8.9.0 (nachfolgend LTE-Standard I), dem Telekommunikationsstandard 3GPP TS 36.331 Version 8.7.0 (nachfolgend LTE-Standard II) und dem Dokument 3GPP TS 36.523-1 Version 12.3.0 (nachfolgend LTE Standard III) behandelt. Die früheste Version des LTE-Standards I, welche sich mit der streitgegenständlichen Technik befasst, ist die Version 8.5.0, die im Juni 2008 veröffentlicht wurde. Bei der frühesten Version des LTE-Standards II, welche die streitgegenständliche Technik betrifft, handelt es sich um die Version 8.3.0, deren Veröffentlichung im September 2008 erfolgte. Die definierten und standardisierten Konformitätstests im LTE-Standard III sind gültig für alle Endgeräte, die 3GPP Releases ab Release 8 umsetzen.
22Der LTE-Standard beschreibt den hier streitgegenständlichen Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (Automatic Neighbour Relation Function = sog. ANR-Funktion). Hierbei handelt es sich um eine einseitige Beziehung zwischen der Ausgangs- bzw. Versorgungszelle (serving cell) und einem oder mehreren Zielzellen. Diese Zielzellen stellen Nachbarzellen dar, die Signale übermitteln, die vom LTE-Mobilgerät empfangen werden können.
23Die Beklagte zu 2) bietet die angegriffene Ausführungsform II in Deutschland an und bringt sie in Verkehr. Die Beklagte zu 1) stellt die angegriffene Ausführungsform I her.
24Geschwärzt und gelöscht
25Die Klägerin behauptet, die Streithelferin habe durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 (nachfolgend ÜV I) einen Teil ihres Patentportfolios – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Patentanmeldung – auf die D übertragen. Der Vertrag sei auf Seiten der Streithelferin von den Damen J und K , auf Seiten der D von Herrn X für die AB L unterschrieben worden. Sämtliche Personen seien vertretungsbefugt gewesen. Für die Damen J und K ergebe sich dies aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Die AB L sei ausweislich des Limited Liability Company Agreement of D die Geschäftsführerin der D gewesen. Diese wiederum habe Herrn X zur Vertretung bevollmächtigt. Die Vollmacht sei von Frau J und Herrn M unterzeichnet worden. Beide seien ausweislich der Registrierungsurkunde der AB L Mitglieder des Vorstandes und gemeinsam zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Die Vertretungsregelungen seien nach schwedischem Recht wirksam. Hierzu verweist die Klägerin auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten der Rechtsanwälte N . Einer besonderen Form habe der Vertrag nicht bedurft. Im Übrigen sei die Schriftform aber auch gewahrt.
26Am 13.02.2013 habe die D die von der Streithelferin erlangten Patente – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Patentanmeldung – auf die Q LLC weiter übertragen (nachfolgend ÜV II). Der Vertrag sei auf Seiten der D von Herrn Han unterzeichnet worden, der aus den vorgenannten Gründen Vertretungsmacht für die AB L , diese wiederum für die D gehabt habe. Für die Q LLC habe den Übertragungsvertrag Herr O unterzeichnet. Dieser sei CEO der Q . Das ergebe sich aus Pressemitteilungen und Proxy Statements. Die Q wiederum sei Geschäftsführerin der Q IP Manager LLC. Diese sei gemeinsam mit der P Gesellschafterin der Q LLC, nachdem die Q IP Manager LLC durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 die Anteile der Q an der Q LLC übernommen habe. Das Interest Assignment Agreement habe auf beiden Seiten Herr O unterzeichnet. Seine Vertretungsbefugnis ergebe sich aus seiner Position als CEO der Q . Die Geschäftsführung der Q LLC sei durch das Amended And Restated Operating Agreement vom 13.02.2013 auf die Q IP Manager LLC übertragen worden. Auch diese Vereinbarung habe Herr O auf beiden Seiten unterzeichnet, wobei er als CEO der Q über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt habe. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Delaware sämtlich zulässig. Die Klägerin verweist insofern auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Herrn Professor X II . Auch im Übrigen begegne der Übertragungsvertrag nach dem Recht des Staates Delaware keinen Bedenken. Infolge dieses Vertrages habe die Q LLC am 03.09.2013 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 24.10.2013 antragsgemäß erfolgt sei.
27Am 27.02.2014 habe die Q LLC die Patente – darunter das Klagepatent – auf die Klägerin weiter übertragen (nachfolgend: ÜV III). Die Vereinbarung sei auf Seiten der Q LLC von Herrn R , auf Seiten der Klägerin von Herrn S unterzeichnet worden. Herr R sei CFO der Q und durch das Amended And Restated Operating Agreement vom 13.02.2013 bevollmächtigt worden, die Q LLC bei der Ausführung des MSA zu vertreten. Im Übrigen ergebe sich die Vertretungsbefugnis des Herrn R für die Q LLC auch aus einem Board Meeting der Q vom 10.01.2013. Herr S sei im Rahmen des Board Meetings der Klägerin am 27.02.2014 zum Managing Director ernannt worden und als solcher zur Vertretung der Klägerin befugt. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Nevada zulässig. Dies werde durch das von ihr eingeholte Privatgutachten der Kanzlei T bestätigt. Auch im Übrigen begegne der ÜV III nach dem Recht des Staates Nevada keinen Bedenken. Die Klägerin habe am 07.03.2014 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 03.07.2014 erfolgt sei.
28Die Klägerin ist weiter der Ansicht, die Beklagten seien passiv legitimiert. Von der Internetseite der Beklagten zu 2) U gelange man über die Reiter „Geschäftskunden“ und „Telekommunikationssysteme“ auf die englisch-sprachige Internetseite der Beklagten zu 1) V , wo man wiederum über den Reiter „Product“ durch Klick auf den Standard „LTE“ zu den Angeboten der eNBs gelange So würden ausdrücklich die eNodeBs als Produkte aufgezählt. Die Beklagten sprächen auf ihren Internetseiten stets in der „Wir“-Form. Es handele sich daher um ein einheitliches Angebot der angegriffenen Ausführungsform I. Auch nach der Umgestaltung der Internetseite der Beklagten zu 2) könne der Nutzer nach „eNodeB“ suchen, wobei er über den HaQ tbegriff „Other“ die Suchergebnisse „eNodeB“, „Stackable eNodeB“ und „LTE eNodeB“ erhalte. Nach Anklicken des Ergebnisses „eNodeB“ gelange man auf eine Seite der Beklagten zu 1), auf welcher die eNodeBs umfangreich und auch mit ausdrücklichem bildlichen Hinweis auf die Verwendbarkeit für den LTE-Standard beworben würden.
29Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents. Hierzu behauptet sie, dass die angegriffenen Ausführungsformen den Vorgaben des LTE-Standards entsprechen würden.
30Das Klagepatent erfasse mit der Übertragung einer nichteindeutigen Zellenkennungsinformation auch ein Versenden von einzelnen Signalen, die erst zusammengesetzt einen „Sinn“ ergeben würden. So weise das Klagepatent bereits in der Beschreibung für die eindeutige Zellenkennung – wobei hieraus eine Auslegung für beide Verfahrensschritte entnommen werden könne – darauf hin, dass das mobile Endgerät diese Information empfange und dekodiere. Vorher werde die eindeutige Zellenkennung übertragen. Für den Fachmann sei der Dekodierungsvorgang eine Selbstverständlichkeit mit der Folge, dass sodann auch das an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle übertragen werde, was das mobile Endgerät erkannt/entdeckt habe. Gleiches gelte auch für die nichteindeutigen Zelleninformationen.
31Weiterhin verstehe das Klagepatent den Zusammenschluss von zwei eNBs als drahtloses Telekommunikationsnetzwerk. Die Netzressourcen müssten lediglich geeignet und eingerichtet sein, um die beanspruchten Verfahrensschritte ausführen zu können. Dabei genüge es, wenn die Netzressourcen betreibbar seien, mit einer Nachschlagetabelle zusammenzuwirken. Unter dem Finden einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung mit der Netzadresse verstehe das Klagepatent bloß eine Zuordnung, wobei keine spezifischen Anforderungen hieran zu stellen seien. Sie könne auch durch einen Teil der eindeutigen Zellenkennung erfolgen. Die funktionale Einheit der Nachschlagetabelle könne durch den Zusammenschluss mehrerer Geräte verwirklicht werden.
32Die Lehre des Klagepatents werde standardgemäß durch die ANR-Funktion verwirklicht, die auch die angegriffenen Ausführungsformen hätten. Die Unternehmens- gruppe der Beklagten habe die ANR-Funktion ihrer eNBs beworben. Die ANR-Funktion als solche sei darüber hinaus im LTE-Standard zwingend vorgesehen. Dies ergebe sich abgesehen von der eindeutig definierten Wortwahl im Standard zusätzlich durch „Feature GroQ Indicators“, die zwingende LTE-Funktionen listeten und die ANR-Funktion enthielten. Insbesondere der relevante FGI 17 sei bei einer angegriffenen Ausführungsform – dem I BB – positiv getestet und nachgewiesen worden.
33Aus dem LTE-Standard I ergebe sich ausdrücklich, dass die eNB jedes UE anweise, Messungen durchzuführen. Dabei handele es sich um eine dezidierte, an eine ganz bestimmte Mobilstation gerichtete Anweisung. Dies ergebe sich wiederum aus dem LTE-Standard II. Ferner zeige insbesondere der Standard 3GPP TS 36.523-1 V12.3.0, dass ein mobiles LTE-Endgerät als Reaktion auf eine Anweisung einmalig eine eindeutige Kennung melde. Das Abrufen möge zwar über den periodischen BPP htstyp implementiert sein, die Periode sei aber so konfiguriert, dass die ECGI dabei höchstens immer nur ein einziges Mal abgerufen und berichtet werde.
34Im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I sehe der Standard auch das Herstellen einer Transportverbindung durch das Finden in einer Nachschlagetabelle vor. Es genüge hierbei, dass die Netzressource betreibbar sei, mit einer Nachschlagetabelle zusammenzuwirken. Die Nachschlagetabelle könne hierbei in der funktionalen Einheit aus MME und TNL-Adresse speichernder Ziel-eNB gesehen werden. Bei dem Frage-Antwortmechanismus zwischen eNB und MME sende die Ausgangs-eNB zunächst eine eNB-configuration-transfer-Nachricht, die eine Global-eNB-ID enthalte. Die Global eNB-ID sei entweder komplett identisch mit der ECGI oder jedenfalls vollständig von dieser als Unterabschnitt erfasst.
35Hilfsweise sei das Merkmal der Nachschlagetabelle mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Für den Fall, dass die Nachschlagetabelle als Teil des Telekommunikationsnetzes anzusehen sei, sei den Beklagten jedenfalls eine mittelbare Verletzung des Klagepatents vorzuwerfen.
36Die Klägerin hat ursprünglich die Urteilsveröffentlichung verlangt und ihren Auskunftsanspruch ebenfalls auf die Verletzung des in den Ansprüchen 1 und 11 geschützten Verfahrens gestützt.
37Die Klägerin beantragt nunmehr nur noch,
38I.
39die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
401.
41mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchen eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
42in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
43wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist: Zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
44insbesondere wenn
45die mobilen Endgeräte betreibbar sind zum Abrufen der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle und zum Melden der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle an die Basisstation, die die erste Kommunikationszelle versorgt;
46und/oder wenn die zweite Kommunikationszelle der ersten Kommunikationszelle benachbart ist;
47und/oder wenn die Steuerung zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen und zum Melden der eindeutigen Zellenkennungen, wie sie erkannt worden sind, an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist;
482.
49drahtlose Telekommunikationsnetze
50in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
51die eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definieren, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum: Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät; Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle; Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät; Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt;
52insbesondere wenn
53die Netzressourcen weiterhin betreibbar sind zum Empfange der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
54und/oder wenn die Netzressourcen betreibbar sind zum Empfangen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen von dem mobilen Endgerät;
55und/oder wenn die Netzadresse eine IP-Adresse ist;
56und/oder wenn die Netzressourcen durch eine Funkbasisstation bereitgestellt werden;
57wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
58a)
59der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
60b)
61der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
62c)
63der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
64d)
65der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
66e)
67der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
68wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
69wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
70II.
71festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
72hilfsweise
73III.
74die Beklagten zu verurteilen, ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
75im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Funkbasisstationen angeboten und/oder geliefert haben,
76welche dazu geeignet sind, in einem drahtlosen Telekommunikationsnetz, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definiert, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, verwendet zu werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät; Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle; Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät; Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt;
77wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
78a)
79der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preise, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
80b)
81der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
82c)
83der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
84d)
85der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
86e)
87der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
88wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
89wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
90IV.
91festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer III. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
92Die Beklagten beantragen,
93die Klage abzuweisen,
94hilfsweise
95den Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes über die Einsprüche gegen das Klagepatent EP B auszusetzen.
96Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
97Die mit Schriftsatz vom 16.03.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelferin beantragt,
98den Beklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.
99Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Die zum ausländischen Recht vorgelegten Privatgutachten seien schon deshalb unbrauchbar, weil der Verweis auf Normen teilweise gänzlich fehle, die zitierten Normen und Entscheidungen nicht beigefügt seien und unklar sei, welche Unterlagen den Gutachtern vorgelegen hätten.
100Die Registereintragung der Klägerin begründe keine Indizwirkung für die materiell-rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent. Denn ausweislich des klägerischen Vortrags sei die D zwischenzeitlich Inhaberin des Klagepatents gewesen; diese sei hingegen nicht im Patentregister eingetragen gewesen. Auch im Übrigen weise der Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Patentübertragungen Unschlüssigkeiten auf. Insofern sei der Erfahrungssatz, das die Registerlage regelmäßig die materielle Rechtslage widergebe, erschüttert. Die Eintragung des Klagepatents im Patentregister habe keine konstitutive Wirkung. Die Wirksamkeit der Abtretungen der Patentanmeldung sei vielmehr Voraussetzung für die materiell rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent.
101Im Übrigen sind die Beklagten der Auffassung, die Streithelferin habe bei der Umsetzung des MSA sowohl gegen die Vorschriften der Fusionskontrolle (§§ 35-42 GWB) als auch gegen das Verbot der Wettbewerbsbeschränkung (Art. 101, 102 AEUV) verstoßen.
102Bei der mit dem MSA vereinbarten Transaktion handele es sich um einen Zusammenschluss im Sinne von § 37 GWB, der beim Bundeskartellamt hätte angemeldet werden müssen. Dies ist – insoweit unstreitig – nicht geschehen.
103Die Übertragung des Patentportfolios von der W Unternehmensgruppe an die Q Unternehmensgruppe stelle einen Vermögenserwerb im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB dar. Denn bei den übertragenen Patenten handele es sich um einen wesentlichen Teil des Vermögens von W . Sie seien die wesentliche Grundlage für die Stellung von W auf dem relevanten Markt. Ihre Übertragung sei geeignet, die Marktstellung von W auf Q zu übertragen. Insofern stelle jedes SEP einen selbständigen, relevanten Produktmarkt dar, auf dem der Patentinhaber Lizenzen zur Nutzung seiner geschützten Technologie durch Lizenznehmer vergebe. Jedes der nach dem MSA zu übertragenden Patente habe W eine marktbeherrschende Stellung und einen Marktanteil von 100% auf jedem der relevanten Märkte für die Lizensierung der einzelnen SEPs verschafft. Durch die Übertragung der Patente habe Q in die Monopolstellung von W eintreten sollen.
104Zudem hätten W und Q durch den MSA die gemeinsame Kontrolle im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 b) GWB über Q LLC erlangt. Denn W und Q hätten bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Organe von Q LLC gehabt. Dies ergebe sich aus Ziffer 6.1 (y) des MSA, wonach Q LLC nicht ohne die Zustimmung von W jemand anderen als die Q IP Manager LLC zum Geschäftsführer bestimmen dürfe. Weitere Vetorechte in den Ziffern 6.1 (a) bis (z) würden den bestimmenden Einfluss von W auf Q LLC verstärken.
105Die Umsatzschwellen des § 35 GWB seien überschritten. Der weltweite Umsatz allein von W habe im Jahr 2012 etwa 26,17 Mrd. EUR betragen Davon entfalle ein Betrag von mehr als 25 Mio. EUR auf Deutschland Mit den übertragenen Patenten seien im Jahr 2012 Umsatzerlöse in Deutschland in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt worden. Hierbei seien auch die Patente zu berücksichtigen, die noch nicht abgetreten worden seien, nach dem MSA aber in den nächsten Jahren abgetreten werden sollen (vgl. Ziffer 6.3 des MSA). Das MSA belege, dass die Vertragsparteien selbst den Wert der von der Vereinbarung umfassten Patente auf mindestens 1,05 Milliarden USD geschätzt hätten (vgl. Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA). Der tatsächliche Wert sei sogar höher. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die übertragenen Patente in bis zu acht Jahren ab Übertragung auslaufen würden und dass der deutsche Mobilfunkmarkt etwa fünf Prozent des weltweiten Marktes ausmache, werde deutlich, dass mit der Lizensierung des übertragenden Patentportfolios im Jahr 2012 in Deutschland ein Umsatz von mindestens 6,56 Mio. USD erzielt worden sei (5 % von 1,05 Milliarden USD geteilt durch 8 Jahre). Dies entspreche einem Betrag von 5,1 Mio. EUR. Ähnliches ergebe sich auch unter Berücksichtigung des „License Proposal“ der Klägerin. Hiernach sei pro Mobilfunkendgerät ein Betrag von 0,75 USD zu zahlen. Im Jahr 2012 seien nach den von der Streithelferin vorgelegten Marktstudien in Deutschland 30,4 Mio. Endgeräte abgesetzt worden. Hieraus würden sich Lizenzeinnahmen im Jahr 2012 von 22,8 Mio. USD errechnen. Der Klägerin obliege insofern eine sekundäre Beweislast, da den Beklagten mangels Kenntnis der konkreten Umsatzzahlen der Streithelferin näherer Vortrag nicht möglich sei.
106Im Übrigen stelle das MSA eine wettbewerbswidrige Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV dar.
107W und Q hätten bezweckt, durch die Aufspaltung des Patentportfolios die ETSI-Regeln zu umgehen und die Lizenzeinnahmen auf ein oberhalb von FRAND liegendes („SQ ra-FRAND“) Niveau anzuheben. Dies werde durch die künstliche Schaffung eines zusätzlichen Handelspartners erreicht, der zudem als reine Patentverwertungsgesellschaft nicht durch die Notwendigkeit, Kreuzlizenzen an standardessentiellen Patenten anderer Wettbewerber zu nehmen, eingeschränkt sei. Hierdurch entstehe ein Verhandlungsungleichgewicht zu Gunsten von W und Q , das zu höheren Lizenzgebühren am Markt führen werde.
108Zudem sehe das MSA in Ziffer 3.4 wettbewerbswidrige Mindestlizenzgebühren vor und enthalte daher eine unzulässige Preisbindung. Für die Übertragung der Patente sei – insoweit unstreitig – nicht etwa ein fester Kaufpreis vereinbart worden, sondern der „Kaufpreis“ sei gemäß Ziffer 3.2 des MSA als Anteil an den Bruttolizenzeinnahmen von Q LLC zu zahlen. Dabei werde durch die einzelnen Regelungen des MSA erheblicher Druck auf Q LLC ausgeübt, die zu vereinbarenden Lizenzen möglichst zu maximieren. Dies ergebe sich zum einen aus Ziffer 3.4., wonach Q LLC verpflichtet sei, von seinen Lizenznehmern bestimmte Mindestlizenzgebühren (sog. Applicable Royalty Rate) zu verlangen. Andernfalls werde eine Strafzahlung fällig. Eine solche werde nach den Ziffern 3.3 und 8.13 (c) des MSA auch fällig, wenn Q LLC ohne Zustimmung von W seine Kontrollstrukturen ändere. Die Drohung mit einer erheblichen Zahlungsverpflichtung begründe für Q LLC einen Anreiz, bei potenziellen Lizenznehmern die höchstmöglichen Lizenzgebühren zu erzielen. Q LLC sei dadurch massiv in seiner Preissetzungsfreiheit beschränkt. Hierin liege eine „Kernbeschränkung“, die ungeachtet der Tatsache, ob sie in horizontalen oder vertikalen Vereinbarungen enthalten sei, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle.
109Desweiteren bewirke das MSA einen unzulässigen Informationsaustausch, zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin. Diese seien Wettbewerber in der Vergabe von Lizenzen. Das MSA gewähre der Nebenintervenientin Einblicke in wesentliche, auch wettbewerblich sensible Geschäftsvorfälle der Klägerin, die die Nebenintervenientin dazu ausnutzen könne, ihr eigenes Marktverhalten entsprechend anzQ assen.
110Aufgrund des Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV sei das MSA gemäß Art. 102 Abs. 2 AEUV insgesamt nichtig. Die Unwirksamkeit des MSA erstrecke sich auch auf die nachfolgenden Vollzughandlungen – d.h. die Übertragungsverträge – da diese unmittelbar mit der Beschränkung des Wettbewerbs verbunden seien. Die in Ziffer 8.9 des MSA enthaltene salvatorische Klausel stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Beschränkung der Preisgestaltung könne vernünftigerweise nicht vom MSA im Übrigen getrennt werden; das MSA wäre ohne die Art. 101 AEUV verletzenden Bestimmungen nicht geschlossen und vollzogen worden.
111Das MSA und sein Vollzug würden zudem gegen Art. 102 AEUV verstoßen. Die Streithelferin habe ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem sie ihr Patentportfolio künstlich aufgespalten habe. Dies habe der Umgehung der FRAND-Verpflichtung gedient mit dem Ziel, die Lizenzeinnahmen auf ein über FRAND liegendes Niveau anzuheben. Rechtsfolge sei die Nichtigkeit des MSA und der Übertragungsverträge gemäß § 134 BGB i.V.m. Art. 102 AEUV.
112Die Beklagten behaupten ferner, die Beklagte zu 2) habe die angegriffene Ausführungsform I auf dem deutschen Markt weder vertrieben, angeboten noch in Verkehr gebracht. Sie habe keinen Besitz an eNB und liefere diese nicht. Die seitens der Klägerin vorgelegten Ausdrucke der Webseite belegten kein Anbieten drahtloser Telekommunikationsnetze. Die Verlinkung „Geschäftskunden“ und „Telekommunikationssysteme“ führe – unstreitig – auf die Webseite der Beklagten zu 1). Dabei handele es sich nur um das Aufzeigen bloßer Bezugsmöglichkeiten. Durch das „Durchklicken“ durch diverse Untermenüs und spätestens, wenn sich das neue Fenster mit geänderter Sprache öffne, sei für den Nutzer offensichtlich, dass er das Internetangebot der Beklagten zu 2) verlassen habe. Bei der neugestalten Internetseite sei das Ergebnis der Suche nach „eNodeB“ allenfalls ein Hinweis auf die Leistungen des ausländischen Mutterkonzerns. Zudem biete die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform II nicht an.
113Die Beklagten sind weiter der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen würden von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen. In diesem Zusammenhang bestreiten sie die mit dem I BB durchgeführten Tests mit Nichtwissen.
114In Anspruch 6 gehe das Klagepatent von einem Verständnis aus, nach dem die Kennung als solche im Telekommunikationssystem übertragen werde. Bereits im Stand der Technik sei es bekannt gewesen, einen Cell Global Identifier (CGI; zusammengesetzt aus der Cell Identity (Cl) und der Location Area Identity (LAI)) zu übertragen. Allein die Cl hätte eine sehr hohe Anzahl möglicher Werte (65.535), was bedeute, dass für viele Netzwerkbetreiber jeder Wert nur einmal innerhalb ihres eigenen Netzes auftauchen werde. Unter Einbeziehung des Location Area Code (LAC), des Mobile Country Code (MCC) und Mobile Network Code (MNC) ergebe sich eine Gesamtbitzahl für die CGI in GSM von 38, was zu 238 verschiedenen Werten führe. Ähnliches gelte für UMTS, bei dem man letztlich auf 252 Werte gekommen sei. Das seitens des Klagepatents geschilderte Problem sei daher nicht aufgetreten. Das zu lösende Problem bestehe nur noch in der vollständig automatischen Erstellung und Aktualisierung einer Nachbarzellenliste, weil es dafür menschlicher Eingriffe bedurfte.
115Unter einer eindeutigen Zellenkennung verstehe der Fachmann immer einen relativen, zweckbezogenen Zusammenhang: Sie sei dann eindeutig, wenn sie die in dem fraglichen Kontext erforderliche zweifelsfreie Erkennung der Zelle ermögliche. Dieses allgemeine Verständnis sei aus dem Stand der Technik geprägt. Dass das Klagepatent sich hiervon habe entfernen wollen hin zu einer absolut verstandenen Eindeutigkeit, sei nicht ersichtlich.
116Anspruch 17 beanspruche ein drahtloses Telekommunikationsnetz, welches lediglich aus Funknetzwerk und Mobilbasisstationen bestehe. Relevant für das Finden der Übereinstimmung sei die Zellenkennung selbst, nicht nur ein relevanter Teil. Dabei müsse die Netzressource selbst die entsprechende Fähigkeit der Herstellung einer Transportverbindung durch Finden einer Übereinstimmung in der Nachschlagetabelle aufweisen.
117Vor diesem Hintergrund würden die beiden angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent nicht verletzen. Nach dem LTE-Standard gebe es keine nichteindeutige Kennung einer Zelle, die direkt als solche vom Netzwerk übertragen werde. Sie sei vielmehr das Ergebnis einer Rechenoperation, jedoch nicht in den Signalen, die die Mobilstation auswerte, existent. Nach dem LTE-Standard komme den Signalen PSS und SSS die primäre Bedeutung zu, dass die Mobilstation auf das Signal der Basisstation synchronisiere. Beide Signale müssten zuvor demoduliert und decodiert werden. Anders als im GSM- und UMTS-Standard, wo die Zellenkennung auf der BSIC bzw. auf dem CPICH empfangenen Signal erkannt werde, werde die PCI im LTE-Standard errechnet.
118Ferner sehe der LTE-Standard keine anspruchsgemäße Anweisung vor, die vom Netzwerk an eine Mobilstation gesendet werde. Es gebe nur eine Konfiguration von Messungen, indem Messobjekte (measurement objects) und BPP htsanforderungen (reporting configurations) konfiguriert würden. Objekt und BPP ht würden verknüpft und diese Verknüpfung einer measurement identity zugewiesen. Die reporting configurations würden durch den Parameter, der die BPP htspflicht (reporting criterion) auslöst, und zum anderen durch das Format definiert. Das reporting criterion könne vorgangsbasiert oder periodisch sein. Nur für periodische BPP hte sei vorgesehen, dass der Zweck des MessbPP htes entweder auf reportStrongestCells oder auf reportCGI festgelegt sein könne. An die Durchführung der Messung schließe sich eine Prüfung an, ob für die betreffende measurement identity der MessbPP ht ausgelöst worden sei. Ein solches auslösendes Ereignis sei, wenn die verknüpfte reporting criteria auf periodische BPP hte eingestellt sei, und einen Zweck enthalte, der auf reportCGI gesetzt sei und, dass die Mobilstation tatsächlich Informationen über die globale Zellenkennung habe erlangen können. Nach der Prüfung des auslösenden Ereignisses folge der Versand des MessbPP hts für all diejenigen measurementidentities, für die ein BPP ht ausgelöst worden sei.
119Standardgemäß sei es nicht vorgesehen, dass ein eNB die Netzadresse eines benachbarten eNB anhand einer Nachschlagetabelle bestimme. Der LTE-Standard sehe einen Abfragemechanismus vor, bei dem die Netzadresse erfragt werde. Es werde keine eindeutige Zellenkennung verwendet, um die Netzadresse des benachbarten eNBs zu ermitteln. Die TNL-Adresse werde durch einen Frage-Antwort-Mechanismus festgestellt, wobei die Kandidaten-eNB eine „eNB ID“ verwende. Beteiligt hierbei sei die MME, die jedoch kein Bestandteil des Funkzugangsnetzes darstelle und somit nicht Bestandteil des drahtlosen Telekommunikationsnetzes sei. Die eNB-ID sei im Übrigen keine ECGI. Das MME übernehme lediglich eine Relay-Funktion. Diese Weiterleitungsfunktion mache die MME mit der Ziel-eNB nicht zu einer funktionalen Einheit. Die MME bearbeite die vom Ursprungs-eNB gesendete Information dementsprechend nicht, sondern reiche diese transparent an die Ziel-eNB durch. Gleiches gelte auch für die Antwort der Ziel-eNB an die Ursprungs-eNB. Ferner werde auch keine Nachschlagetabelle verwendet, sondern die Netzadresse des zweiten eNB werde über Vermittlung der MME bei diesem abgefragt.
120Eine etwaige äquivalente Benutzung scheide mangels Gleichwirkung eines Abfragemechanismus mit einem bloßen Nachschlagen aus. Ebenso fehle es an der Gleichwertigkeit.
121Auch eine mittelbare Verletzung scheide aus. Bei der angegriffenen Ausführungsform I handele es sich nicht um Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, da sich im gesamten LTE-Standard keine patentgemäße Nachschlagetabelle finden lasse.
122Geschwärzt und gelöscht
123Im Übrigen stehe der Durchsetzung der mit der Klage verfolgten Ansprüche der Lizenzeinwand aus Art. 102 AEUV entgegen. Die Beklagten würden sich in ernsthaften Verhandlungen mit der Klägerin über eine Lizenz am Klagepatent befinden. Zu diesem Zweck hätten mehrfach Treffen stattgefunden und es sei detailliert die mögliche Gestaltung eines solchen Lizenzvertrags diskutiert worden. Soweit die Klägerin öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Konditionen anbiete („License Proposal“), enthalte das Angebot nicht die erforderlichen Grundlagen zur Berechnung der Lizenzgebühr und stelle zudem eine Diskriminierung der Beklagten dar, weil nicht berücksichtigt werde, dass diese bereits in der Vergangenheit über eine Lizenz verfügt hätten. Sie – die Beklagten – hätten der Klägerin ein Gegenangebot unterbreitet, das FRAND-Bedingungen entspreche. Aufgrund vertraglicher Geheimhaltungsverpflichtungen könnten hierzu allerdings keine näheren Angaben gemacht werden.
124Jedenfalls aber sei das Verfahren auszusetzen. Das Klagepatent werde sich als nicht rechtsbeständig erweisen. Sowohl die Beklagten als auch die Beklagten aus den Parallelverfahren 4b O 52/14 und 4b O 157/14 sind der Ansicht, der Gegenstand des Klagepatents sei unzulässig erweitert bzw. die geschützte technische Lehre nicht ausführbar und werde überdies neuheitsschädlich von diversen Entgegenhaltungen offenbart. Jedenfalls fehle es ihm an der nötigen Erfindungshöhe.
125Die Klägerin und die Streithelferin treten den kartellrechtlichen Einwänden der Beklagten entgegen.
126Die Nebenintervenientin behauptet, sie habe für ihr umfangreiches Patentportfolio auf dem Markt keine angemessenen Lizenzgebühren mehr erzielen können. Dies sei der Grund für den Abschluss des MSA gewesen. Es sei ihr legitimes Ziel gewesen, durch die Aufspaltung des Portfolios einen faireren Ausgleich für die von ihr geleistete Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu erlangen. Diese sei immens. Sie investiere jährlich etwa 4 Milliarden USD in diesen Bereich und beschäftige dort mehr als 25.000 Mitarbeiter. Ein großer Teil der Aktivitäten sei dabei der Entwicklung von offenen Mobilfunkstandards gewidmet. Etwa 40 % des weltweiten mobilen Datenverkehrs verlaufe durch Netzwerke, die von ihr bereitgestellt würden. Als Ergebnis ihrer umfangreichen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit halte sie mittlerweile ein Portfolio von über 37.000 erteilten Patenten. Hinzu komme die jährliche Erteilung von weiteren etwa 2.000 Patenten. Eine Vielzahl dieser Patente sei wesentlich für die bedeutenden Standards, die von modernen Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt würden. Sie habe in der Vergangenheit eine Vielzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Die Einnahmen aus diesen Verträgen seien ein notwendiger Anreiz, um weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren.
127Dabei setze sie – die Streithelferin – sich vehement für die Implementierung der FRAND-Prinzipien ein. Ihr uneingeschränktes Bekenntnis zu der Einhaltung und Umsetzung der FRAND-Prinzipien habe auch beim Abschluss des MSA eine wesentliche Rolle gespielt. Dies zeige sich an verschiedenen Stellen des Vertrages, etwa in den Ziffern 6.1 (x), 6.7 (a), 6.7 (b), 6.12, 6.14 (a), 6.14 (b). Auch im PSA sei in Ziffer 5.4 eine entsprechende Regelung getroffen worden.
128Immer mehr potenzielle Lizenznehmer würden demgegenüber die Möglichkeit des „Hold-out“ nutzen, d.h. die geschützte Technologie ohne bestehenden Lizenzvertrag nutzen und darauf warten, vom Patentinhaber verklagt zu werden. Dies geschehe in dem Wissen, dass solche Verfahren nur Patent für Patent und Land für Land durchgeführt werden könnten und entsprechend lange Zeit benötigten. An ernsthaften Lizenzvertragsverhandlungen seien diese Marktteilnehmer nicht interessiert.
129Das MSA verstoße nicht gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften. Es sei schon kein Zusammenschlusstatbestand erfüllt.
130Die übertragenen Patente würden keinen wesentlichen Vermögensteil darstellen. Denn der Erwerb des Patentportfolios sei nicht geeignet gewesen, eine vorhandene Marktstellung auf Q LLC zu übertragen. Vielmehr müsse Q LLC bzw. die Klägerin sich ihre Marktstellung von Grund auf selbst erarbeiten. Die Übernahme bestehender Lizenzverträge an den übertragenen Patenten sei – insoweit unstreitig - gerade nicht Gegenstand des MSA gewesen. Q LLC habe vielmehr „nackte“ Vermögenswerte und gerade keinen Geschäftsbereich erworben.
131Auch ein Kontrollerwerb über Q LLC sei nicht gegeben. Hintergrund der beanstandeten Regelungen sei es gewesen, den Kaufpreis zu sichern und zugleich sicherzustellen, dass sich Q LLC bzw. deren Rechtsnachfolger an die FRAND-Verpflichtung halte. Ein Einfluss auf das Wettbewerbspotential von Q LLC sei weder bezweckt gewesen noch durch das MSA erreicht worden.
132Im Übrigen seien die Umsatzschwellen des § 35 GWB nicht überschritten. Für die Annahme, die Umsätze von Q LLC in Deutschland im Jahr 2012 hätten 5 Millionen Euro überschritten, gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
133Nur hilfsweise weist die Streithelferin außerdem darauf hin, dass ein Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften jedenfalls nicht die Unwirksamkeit der Patentübertragungen zur Folge hätte. § 41 Abs. 1 S. 2 GWB beschränke die Nichtigkeitsfolge vielmehr auf dasjenige Rechtsgeschäft, das gegen das Vollzugsverbot verstoße. Im Übrigen bleibe das MSA und erst Recht die nachfolgenden Patentübertragungen wirksam.
134Das MSA enthalte auch keine unzulässige Preisbindung. Die Vereinbarung einer „Applicable Royalty Rate“ stelle nicht die Festlegung einer Mindestlizenzgebühr dar, sondern sei lediglich Hilfsmittel, um die Zahlung eines angemessenen Kaufpreises für die übertragenen Patente sicherzustellen. Die Klägerin sei frei, mit ihren potentiellen Lizenznehmern jedwede Lizenzgebühr auszuhandeln. Dabei sei sie allein kaufmännischen Erwägungen unterworfen. Der Anreiz für die Klägerin, die „Applicable Royalty Rate“ nicht zu unterschreiten, sei vergleichbar mit dem Anreiz für jeden Großhändler, bei einem Weiterverkauf der Waren nicht deren Einkaufspreis zu unterschreiten. Hierin liege keine kartellrechtswidrige Preisfestsetzung.
135Schließlich verstoße das MSA nicht gegen Art. 101 AEUV oder Art. 102 AEUV. Es sei – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – keineswegs Sinn und Zweck des MSA gewesen, die Lizenzgebühren auf ein über FRAND liegendes Niveau zu erhöhen. Vielmehr hätten sowohl Q LLC als auch die Klägerin – insoweit unstreitig – entsprechend den Regelungen im MSA und PSA eigene FRAND-Erklärungen abgegeben, um sicherzustellen, dass die FRAND-Prinzipien eingehalten würden. Der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine Patentverwertungsgesellschaft handele, könne keinen Unterschied machen. Ein Recht auf einen bestimmten Lizenzgeber gewähre das Kartellrecht nicht.
136Der Kartellrechtseinwand der Beklagten könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil mit der Klage keine Unterlassung, sondern ausschließlich Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend gemacht werde. Auf diese Ansprüche finde Art. 102 AEUV keine Anwendung. Insofern sei auch keine Beschränkung der Schadensersatzpflicht auf eine angemessene Lizenzgebühr gerechtfertigt. Die Beklagten hätten nämlich gerade kein annahmefähiges Angebot abgegeben, geschweige denn Sicherheit geleistet.
137Mit Zwischenurteil vom 29.07.2014 hat die Kammer den Antrag der Beklagten zu 2) auf Leistung der Prozesskostensicherheit durch die Klägerin zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
138Das GPP ht hat Beweis erhoben unter anderem durch die Vernehmung der Zeugen J , M , X , K , O , R , Y und X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen. Die Akten 4b O 52/14, 4b O 51/14, 4b O 122/14, 4b O 156/14, 4b O 157/14, 4b O 49/14, 4b O 154/14 und 4b O 120/14 wurden beigezogen und waren ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
139Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2015, 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen.
140Entscheidungsgründe
141Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
142Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, allerdings nur soweit Klagepatentanspruch 6 betroffen ist. Hinsichtlich des Klagepatentanspruchs 17 lässt sich eine Verletzung des Klagepatents nicht feststellen. Die Beklagte zu 1) ist nicht passiv legitimiert. Eine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits sieht die Kammer nicht .
143I.
144Die Klägerin ist zur Geltendmachung der mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung aktiv legitimiert.
145Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit maßgeblich ist nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 1781; OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 18737). Soweit Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, ist die vorgenannte Differenzierung ohne Belang, weil die Beklagte nicht zur Unterlassung gegenüber einem bestimmten Berechtigten, sondern zur Unterlassung schlechthin verurteilt wird (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; vgl. auch Pitz, GRUR 2010, 688, 689). Soweit allerdings – wie im Streitfall - Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, stehen diese nur dem jeweils materiell berechtigten Patentrechtsinhaber zu.
1461.
147Die Erteilung des Patents und dessen Eintragung im Register zugunsten eines bestimmten Inhabers lässt das Recht aus dem Patent originär in der Person des eingetragenen Inhabers entstehen.
148Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) unterscheidet in einer dem nationalen Recht (vgl. die Aufzählung in § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG) grundsätzlich vergleichbaren Weise zwischen drei Kategorien von Rechten, die aus einer Erfindung resultieren können. Das im deutschen Recht in der Vorschrift des § 6 PatG geregelte „Recht auf das Patent” beschreibt in materieller Hinsicht die Gesamtheit der aus der Erfindung herrührenden Rechte. Diese erste Kategorie erfindungsbezogener Rechte kennt auch das EPÜ, indem es in seinem Art.60 Abs. 1 Satz 1 das „Recht auf das europäische Patent” dem Erfinder (bzw. seinem Rechtsnachfolger) zuweist. Die zweite Kategorie beschreibt das „Recht aus der Patentanmeldung” (den „Anspruch auf Erteilung des Patents”, wie § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG es nennt), mithin die durch die Anmeldung begründete und damit formale Rechtsposition des Anmelders eines Patents. In Bezug auf dieses Recht aus der Patentanmeldung fingiert Art. 60 Abs. 3 EPÜ im Verfahren vor dem EPA, dass der Anmelder berechtigt ist, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen. Die dritte Kategorie schließlich betrifft das Recht aus dem Patent, das in seinen Rechtswirkungen im nationalen Recht in den §§ 9 und 10 PatG geregelt und im EPÜ in Art. 64 genannt ist (vgl. hierzu: LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347 ff.).
149Die in Art. 60 Abs. 3 EPÜ normierte Fiktion hinsichtlich des Rechts aus der Patentanmeldung, die im nationalen Recht in § 7 Abs. 1 PatG geregelt ist, bewirkt in der dritten Kategorie das Entstehen des Rechts aus dem Patent in der Person des Anmeldenden (vgl. hierzu auch: Benkard/Mellulis, Europäisches Patentübereinkommen, 2. Auflage 2012, Art. 60 Rn 28; eindeutiger: Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Dieser wird originärer Inhaber des Rechts aus dem Patent und insofern nicht nur formell, sondern auch materiell Berechtigter hinsichtlich sämtlicher Rechte aus dem Patent (OLG Düsseldorf, BB 1970, 1110; kürzlich bestätigt durch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2015, Az.: I-2 U 25/10; Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Ist der Anmeldende weder der Erfinder noch dessen (unmittelbarer oder mittelbarer) Rechtsnachfolger, ist er gemäß Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜ bzw. § 8 S. 2 PatG dem sachlich Berechtigten gegenüber zur Übertragung des Patents verpflichtet. Bis dahin jedoch hat er gegenüber Dritten die Stellung des materiell berechtigten Inhabers am Patent und kann sämtliche Ansprüche aus dem Patent geltend machen.
150Durch die Erteilung des Klagepatents am 13.11.2013 ist das Recht aus dem Patent formell und materiell in der Person der Q LLC entstanden.
151Aus der Entscheidung „Magazinbildwerfer“ des Bundesgerichtshofs vom 23.06.1992 (GRUR 1993, 69) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung hat sich der BGH nicht mit der Frage befasst, welche Rechtswirkungen die Erteilung eines Patents durch das Europäische Patentamt hat. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass der BGH trotz der zwischenzeitlichen Erteilung des Patents die Wirksamkeit der Übertragung der vorausgehenden Patentanmeldung geprüft hat, hergeleitet werden, dass der Anmelder mit der Erteilung des Patents nicht originär Inhaber des Schutzrechts wird. Denn der vom BGH zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich vom Streitfall dadurch, dass die vom Patentinhaber beklagte Partei – die dortige Beklagte zu 1) – eingewandt hat, selbst Inhaberin der Patentanmeldung gewesen zu sein, so dass sie den vom eingetragenen Inhaber geltend gemachten Ansprüchen unter Umständen entsprechende Gegenrechte entgegenhalten konnte (dolo-agit-Einwand). Dies steht im Streitfall hingegen nicht in Rede.
1522.
153Hinsichtlich der (wirksamen) Übertragung des Klagepatents von der Q LLC an die Klägerin mit Übertragungsvertrag vom 27.04.2014 begründet die Eintragung der Klägerin im Register eine tatsächliche Vermutung.
154Insofern ist anerkannt, dass für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dem Patentregister in aller Regel eine erhebliche Indizwirkung zukommt (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren). Nach § 30 Abs. 3 S. 1 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber einverstanden ist. Gemäß § 28 Abs. 2 DPMAV muss der bisherige Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreiben oder der Rechtsnachfolger muss eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegen. Dies begründet eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, GRUR 2013, 713, 717 – Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
155Selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – annehmen wollte, dass die Erteilung des Patents in der Person der Q LLC keine konstitutive Wirkung hatte, würde die Indizwirkung des Registers für die Klägerin streiten. Insbesondere steht der Indizwirkung nicht entgegen, dass im Rahmen der Übertragung der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung ein Zwischenerwerber in der von der Klägerin vorgetragenen Übertragungskette, nämlich die Z , nicht im Patentregister eingetragen war. Die Kammer folgt zwar nicht der Auffassung des LG Mannheim, wonach die Nichteintragung eines Zwischenerwerbers im Patentregister generell unbeachtlich sein soll (vgl.: LG Mannheim, Urteil vom 10.03.2015 - Aktenzeichen 2 O 103/14, BeckRS 2015, 15918 für den Zwischenerwerb an einem Patent), im vorliegenden Fall reichen die von der Klägerin zur Übertragungskette vorgetragenen Details – im Hinblick auf den nichteingetragenen Zwischenerwerb der D – aber jedenfalls nicht aus, die Vermutungswirkung des Patentregisters zu erschüttern. Denn die Übertragungskette war nach dem Vortrag der Klägerin zwischen sämtlichen Parteien von vornherein abgestimmt und die D gerade einmal für einen Zeitraum von zwei Tagen Inhaberin der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung. Die Eintragung der Z , die von vornherein nur als Zwischenerwerberin fungieren sollte, wäre reine Förmelei gewesen. Insofern genügt die Eintragung der Q LLC im Patentregister, um dessen Indizwirkung zu erhalten.
1563.
157Die insoweit bestehende Vermutung hinsichtlich der Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent wird bestätigt durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2015 und 01.12.2015 durchgeführte Zeugenvernehmung. Hiernach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Q LLC das Klagepatent durch Patentübertragungsvertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin übertragen hat (nachfolgend: ÜV III).
158Nur äußerst hilfsweise für den Fall, dass man der Erteilung des Patents im Hinblick auf die materielle Berechtigung keine rechtsbegründende Wirkung beimessen wollte, stellt die Kammer fest, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch zu ihrer Überzeugung feststeht, dass die Streithelferin die das Klagepatent betreffende Anmeldung durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 an die D übertragen hat (nachfolgend: ÜV I), die diese sodann durch Übertragungsvertrag vom 13.02.2013 an die Q LLC weiter übertragen hat (nachfolgend: ÜV II).
159a) Grundsätze
160Für die Entstehung, die Rechteinhaberschaft, den Bestand und die Übertragung des Patents gilt das Schutzlandprinzip (lex loci protectionis). Dieses ist zwingend und einer abweichenden Rechtswahl der Parteien nicht zugänglich. Die Anknüpfung an das Schutzlandprinzip bedeutet, dass für die Anforderungen an die Übertragung eines Patents das Recht desjenigen Staates heranzuziehen ist, in dem das Patent seinen territorialen Schutz entfaltet (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.). Entsprechend ist vorliegend, da der deutsche Teil eines europäischen Patents im Streit steht, die Wirksamkeit der vorgetragenen Patentübertragungen nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass von den Übertragungsverträgen zugleich weitere ausländische Schutzrechte umfasst waren (vgl.: OLG München, GRUR-RR 2006, 130).
161aa)
162Mangels besonderer gesetzlicher Vorgaben kann die Übertragung eines Patents im deutschen Recht durch schlichte Übereinkunft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem in Aussicht genommenen Patenterwerber erfolgen. Der Einhaltung einer besonderen Form bedarf es gemäß Art. 72 EPÜ nur für europäische Patentanmeldungen (LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347, 350 – Medizinisches Instrument). Für die Übertragung dieser Patentanmeldungen erfordert Art. 72 EPÜ aus Gründen der Rechtsklarheit die Schriftform. Für das EPA soll aus lediglich einer einheitlichen Urkunde nachvollziehbar sein, dass und an wen eine Übertragung der europäischen Patentanmeldung stattgefunden hat und ob diese Übertragung - etwa im Hinblick auf die Vertretungsbefugnis der tatsächlich handelnden Personen - wirksam zustande gekommen ist. Durch die Schriftform soll ermöglicht werden, die materielle Berechtigung an der Patentanmeldung vertragsweit auf einfache und zugleich sichere Weise feststellen zu können (vgl. BGH, GRUR 1992, 692, 693 - Magazinbildwerfer). Die Schriftform steht im Zusammenhang mit der auch im Übrigen vorgesehenen Schriftlichkeit im Verfahren gegenüber dem EPA (vgl. etwa Art. 99 Abs. 1 Satz 2, Art. 108 Satz 1, Art. 121 Abs. 2 EPÜ).
163Das Erfordernis der Schriftform nach Art. 72 EPÜ geht Formerfordernissen des nationalen Rechtsvor, da Art. 72 EPÜ die Frage der Form der Übertragung der europäischen Patentanmeldung abschließend regelt. Die schriftliche Vereinbarung im Sinne des Art. 72 EPÜ muss das Schutzrecht bezeichnen, den Willen zu dessen Übertragung wiedergeben und jedenfalls auch insoweit die Unterschrift der beiden Vertragsparteien tragen (BGH, GRUR Int. 1993, 548 ff. – Magazinbildwerfer). Für die Einhaltung der Schriftform des Art. 72 EPÜ ist es nicht unbedingt erforderlich, dass die Unterschrift auf jeder Seite eines mehrseitigen Dokuments steht. Erforderlich ist nur, dass der auf mehreren Seiten stehende Text den Willen der unterzeichnenden Personen darstellt und entsprechend von der Unterschrift gedeckt ist (Fitzner/Lutz/Bodewig/Heinrich, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, Art. 72 EPÜ Rn 6). Dies kann nicht nur durch eine Unterschrift/Paraphierung auf jeder Seite des Vertrages oder eine Heftung oder ähnlich feste Verbindung der einzelnen Vertragsseiten deutlich gemacht werden, sondern auch mittels einer Beweiserhebung – etwa durch die Vernehmung von Zeugen – geklärt werden.
164bb)
165Ob ein bestimmter über das Klagepatent abgeschlossener Vertrag dessen materielle Übertragung zum Gegenstand hat, ist im Streitfall durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ist nach denjenigen gesetzlichen Regeln vorzunehmen, die das Vertragsstatut vorgibt. Haben für die Parteien des Übertragungsvertrages Bevollmächtigte gehandelt, entscheidet das Vertragsstatut auch darüber, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung gegeben sind. Wird nach erfolgter, ggf. ausländischem Vertragsrecht folgender Auslegung und Beurteilung der Vertretungsverhältnisse eine den Geschäftsherrn bindende Übertragungsabsprache bejaht, entscheidet deutsches Recht darüber, ob die verabredete Patentübertragung den Anforderungen an ein solches Verfügungsgeschäft genügt (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.).
166b) Übertragungsvertrag Streithelferin – Z
167Die Klägerin hat schlüssig dargetan und bewiesen, dass die Streithelferin die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung als Teil eines Portfolios mit Vertrag vom 11.02.2013 an die D (E-Sub) übertragen hat.
168aa)
169Die Klägerin hat die Übertragungsvereinbarung zwischen der Streithelferin und der D vom 11.02.2013 mit Schriftsatz vom 17.11.2015 im Original vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV I übereinstimmt, heißt nicht, dass die darin enthaltene Vereinbarung zwischen den Parteien nicht wirksam zustande gekommen ist. Die Zeugen J , K und Han haben übereinstimmend ausgesagt, dass sowohl das Original als auch die Kopie ihre Unterschriften aufweisen und die Unterschiede auf den Unterschriftsseiten daher rühren können, dass sie den Vertrag mehrfach unterzeichnet haben. Die Zeugen haben zudem gegenseitig ihre Unterschriften verifiziert.
170Die Unterzeichnung des Vertrages kam nach übereinstimmender Aussage der drei Zeugen in Schweden zu Stande und zwar im Rahmen eines Leadership-Meetings, das am 7. Februar 2013 am HaQ tsitz von W in der Nähe von Stockholm stattfand. Aus Anlass dieses Leadership-Meetings befand sich auch der Zeuge X zu diesem Zeitpunkt in Schweden. Die Zeugen stimmten darin überein, dass die Unterschriften von dem In-House Anwalt der Streithelferin, Herrn X CC , gesammelt wurden, da es sich bei dem ÜV I um einen internen Vorgang innerhalb der W Unternehmensgruppe gehandelt habe.
171Zugleich wiesen alle drei Zeugen darauf hin, dass der ÜV I nur ein Teil einer größeren Transaktion gewesen sei und die spätere Übertragung der Patente an die H Unternehmensgruppe vorbereitet habe. Die Zeugin K schilderte detailliert, wie üblicherweise die Unterzeichnung von Verträgen bei transkontinentalen Vereinbarungen ablaufe. Die Dokumente würden per e-mail ausgetauscht, wobei im Regelfall der Vertragstext und die Unterschriftsseite als separate pdf-Dokumente verschickt würden. Die Unterschriftsseite werde ausgedruckt, unterzeichnet, eingescannt und zurückgesandt. Die beauftragte Anwaltskanzlei sammele die Unterschriftsseiten, füge diese mit dem Vertragstext zusammen und stelle sicher, dass die korrekten Anlagen beiliegen. Mittlerweile werde häufig vereinbart, dass die pdf-Dokumente als Originale gelten sollen, weshalb auf die Originale nicht mehr so viel Wert gelegt werde. Die Üblichkeit dieses Vorgehens wurde von den Zeugen J und M dem Grunde nach bestätigt. Der Zeuge Y ergänzte dies im Rahmen seiner Vernehmung dahingehend, dass die beteiligten Kanzleien die Unterschriftsseiten austauschen und deren Erhalt bestätigen würden.
172Die Zeugen J , K und X haben weiter übereinstimmend ausgesagt, dass vorliegend die Gesamttransaktion von der amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei AA begleitet worden sei, die die Verträge ausgearbeitet, bei sich gesammelt und sichergestellt habe, dass alles ordnungsgemäß unterzeichnet gewesen sei. Für den ÜV I habe, da sämtliche der unterzeichnenden Personen in Schweden gewesen seien, Herr CC die Unterschriften gesammelt. Der Umstand, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei AA vorbereitet wurden, erklärt, warum der ÜV I verschiedene Papierformate aufweist. Denn europäische und amerikanische Formate unterscheiden sich geringfügig und es erscheint vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen durchaus möglich, dass einzelne Seiten in den USA und andere in Schweden ausgedruckt wurden.
173Soweit es im Rahmen der Unterzeichnung des ÜV I eine Änderung im Vertragsinhalt gegeben hat, an die sich die Zeugen im einzelnen nicht mehr erinnern konnten, stimmten sie sämtlich darin überein, dass es sich allenfalls um ein Detail gehandelt habe, um dass sich die Rechts- bzw. Patentabteilung gekümmert habe. Die drei vorgenannten Zeugen waren sich bei der Unterzeichnung des Vertrages darüber im Klaren, dass mit dem ihnen zur Unterschrift vorgelegten Vertrag eine Reihe von Patenten und Patentanmeldungen der Streithelferin auf deren hundertprozentige Tochtergesellschaft, die Z , übertragen werden sollten. Dass die Zeugen hierbei nicht im Einzelnen wussten, welche Patente und Patentanmeldungen - insbesondere mit welchen Patentnummern - übertragen werden sollten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Insofern haben sich alle drei Zeugen in der konkreten Ausgestaltung des Vertrages auf ihre Anwälte verlassen; ihr Vertragsbindungswille bezog sich auf die grundsätzliche Übertragung von Patenten von der Streithelferin auf die Z , wobei die Details durch die hierfür bevollmächtigten Anwälte geregelt werden sollten. Dass sich die Kenntnis und damit der Wille der Zeugen nicht auf jedes Detail des Vertrages bezog, steht der Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses nicht entgegen. Dies entspricht vielmehr der üblichen Arbeitsteilung innerhalb größerer Unternehmen. Die eingeschalteten Anwälte handelten als Vertreter der Unterzeichnenden. Dies gilt auch für den gegenseitigen Empfang der Willenserklärungen.
174bb)
175Die Kammer ist davon überzeugt, dass der ÜV I die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der Streithelferin an die D umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV I übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent ist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Patent im Register geändert wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass das Klagepatent von den Übertragungen umfasst sein sollte. Schließlich zeigt auch die Stellung von W als Streithelferin der Klägerin in diesem Rechtsstreit, dass der Wille des Vorstandes von W dahin ging, das Klagepatent an die D und von dieser an den H Unternehmenskonzern zu übertragen. Dieser Wille des Vorstandes wurde durch die den ÜV I unterzeichnenden Personen ausgeführt. Insofern konnte die Zeugin K bestätigen, dass Patente aus dem Bereich des Mobilfunks betreffend 2G, 3G und 4G ausgewählt wurden.
176cc)
177Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV I auch den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der Streithelferin wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die D zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen J , K , X, M und Y davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste jedem der Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
178dd)
179Soweit die Beklagten die Existenz der D bestreiten, sieht die Kammer hierfür keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 in Kopie das Limited Liability Company Agreement of D vom 11.12.2012 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass die D durch ihre Gesellschafter, die Aktiebolaget DD und die Aktiebolaget L , gegründet wurde. Dass zu diesem Dokument kein Original vorgelegt werden konnte, bedeutet nicht, dass die D in Wirklichkeit nicht existiert.
180Vielmehr haben die Zeugen J und M bestätigt, das Limited Liability Company Agreement of D vom 11.12.2012 für die AB L unterzeichnet zu haben. Dass sie an den Vertragsinhalt im Einzelnen keine Erinnerung mehr hatten, ist unschädlich. Die Zeugin J konnte sich jedenfalls daran erinnern, dass die D eigens zur Durchführung der Patentübertragung von der Streithelferin auf die H Unternehmensgruppe gegründet wurde. Auch der Zeuge M konnte dies bestätigen, wobei er sich zu erinnern meinte, dass die D gegründet worden sei, weil die Streithelferin keine eigenständige Niederlassung in den USA haben wollte. Beide Zeugen konnten mit Sicherheit bestätigen, dass das vorgelegte Agreement of D ihre Unterschrift trägt. Der Zeuge M hatte sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokuments, da er zu dem Zeitpunkt, als seine Unterschrift angefordert wurde, krank war, und erst zwei Tage später wieder im Büro war, um das Dokument zu unterzeichnen. Seine zeitliche Angabe „vor Weihnachten 2012“ stimmt überein mit dem in dem Agreement angegebenen Datum, dem 11.12.2012. Soweit er das Dokument erst einige Tage nach dem 11.12.2012 unterzeichnet haben sollte, ist dies für die rechtswirksame Gründung der D unerheblich. Die Zeichnungsbefugnis der Zeugen J und M ergibt sich aus der Gründungsurkunde der AB L . Beide Zeugen konnten bestätigen, im Dezember 2012 für die AB L zeichnungsbefugt gewesen zu sein. Der Zeuge M hat dies dahingehend konkretisiert, dass zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam zeichnungsbefugt gewesen seien. Desweiteren konnte er bestätigen, dass die Vertretungsverhältnisse bei der AB L über längere Zeit gleich geblieben sind. Die Zeugen J und M , beides Vorstandsmitglieder der AB L , waren daher für die Unterzeichnung des Limited Liability Company Agreement of D im Dezember 2012 gemeinsam zeichnungsbefugt.
181Für die AB DD hat die Zeugin X den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet. Auch sie hat ihre Unterschrift – und die Unterschriften der Zeugen J und M – eindeutig erkannt. Ihre Vertretungsbefugnis für die AB DD ergibt sich aus deren Registrierungszertifikat. Insofern hat die Zeugin X bestätigt, im Dezember 2012 Vorstandsmitglied der AB DD und für diese allein zeichnungsberechtigt gewesen zu sein
182Die Kammer sieht - auch wenn die Zeugen nicht mit den Details des Limited Liability Company Agreement of D vertraut waren – vor diesem Hintergrund keinerlei Anlass, die Existenz der D ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
183Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass die Dokumentennummern nicht auf allen Seiten des vorgelegten Agreements übereinstimmen. Dies lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei AA vorbereitet wurden und einen Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Unternehmen durchlaufen haben. Die Unterschriftenseite weist einen eindeutigen Bezug zu dem übrigen Teil des Agreements auf, da sie einen Verweis auf das LLC Agreement enthält und die Gesellschaften aufführt, die auch auf der ersten Seite des Vertrages genannt werden.
184ee)
185Die Zeuginnen J und K verfügten bei der Unterzeichnung des ÜV I für die Streithelferin über die hierzu erforderliche Vertretungsmacht. Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die Vertretungsbefugnis der Zeuginnen J und K ergibt sich aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Darin sind die Zeuginnen J und K als besonders autorisierte Personen („specially authorized signatories“) aufgeführt. Unter dem Punkt „signatory power“ ist die Vertretungsmacht für die Streithelferin dergestalt geregelt, dass Frau J die Streithelferin gemeinsam mit Frau K vertreten kann. Dies haben die Zeuginnen so auch im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt. Die Zeugin J hat ergänzend ausgeführt, bereits seit etwa zehn Jahren für die Streithelferin zeichnungsbefugt zu sein.
186Ausweislich der Stellungnahme der schwedischen Rechtsanwälte EE aus der Kanzlei FF vom 28.07.2015 ist eine solche Regelung nach schwedischem Recht möglich (s. S. 14-16 des Gutachtens). Hiernach wird eine schwedische Gesellschaft nach dem Aktiengesetz grundsätzlich durch ihren Vorstand vertreten. Es ist allerdings möglich, die Vertretungsmacht auf einzelne „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ zu übertragen. Die Befugnisse eines solchen Sonderunterzeichners entsprechen denjenigen des Vorstands. Diese Grundsätze belegen die Rechtsanwälte N durch den Verweis auf die entsprechenden Vorschriften des schwedischen Aktiengesetzes. Konkrete Einwände gegen die Ausführungen der beiden Anwälte tragen die Beklagten nicht vor und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Kammer hat keinerlei Zweifel daran, dass die Zeuginnen J und K nach schwedischem Recht über die erforderliche Vertretungsbefugnis verfügten, um den ÜV I zu unterzeichnen.
187ff)
188Die D wurde beim Abschluss des ÜV I wirksam durch die AB L , diese wiederum durch Herrn X, vertreten.
189Bei der D handelt es sich um eine nach dem Recht des US-Staates Delaware gegründete Gesellschaft. Auf eine solche Gesellschaft findet der GG (DLLCA) Anwendung. Gemäß § 18-402 DLLCA sind bei einer LLC nach dem Recht des Staates Delaware grundsätzlich alle Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt. Die Geschäftsführung kann jedoch durch ein sog. Operating Agreement auf einen oder mehrere Geschäftsführer übertragen werden. In einem solchen Fall bezeichnet man die Gesellschaft auch als eine „Manager Managed LLC“. Dies wird beschrieben in dem Handbuch „Drafting Delaware Limited Liability Company Agreements: Forms and Practise Manual“ des US-Rechtsanwaltes HH , 3. Auflage 2014. Aus § 18-101 (10) und § 18-101 (12) DLLCA ergibt sich zudem, dass Geschäftsführer nicht nur eine natürliche, sondern auch eine juristische Person sein kann. Bestätigt wird dies durch die Stellungnahme des Herrn Professor II (s. das Gutachten vom 23.07.2015, S. 2, vorletzter Absatz).
190Gemäß Ziffer 5 des „JJ “ handelt es sich bei der D um eine Manager Managed LLC, deren Geschäftsführer die AB L ist. In dieser Zifffer findet sich weiter die Regelung, dass der Geschäftsführer berechtigt ist, alle Handlungen vorzunehmen, die für Vertragsschlüsse und deren Durchführung notwendig sind. Außerdem sollte die AB L berechtigt sein, jegliche Verantwortung oder Berechtigung an einen leitenden Mitarbeiter, Angestellten oder Beauftragten zu delegieren. Hierin liegt die Gestattung zur Erteilung von Untervollmachten. Dies ist nach schwedischem Recht möglich. Ausweislich der Stellungnahme der Rechtsanwälte N (Gutachten vom 28.07.2015, S. 14) können Aktiengesellschaften nach schwedischem Recht neben dem Vorstand und dem Geschäftsführer durch „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ oder besonders bevollmächtigte Personen vertreten werden.
191Von dieser Möglichkeit hat die AB L durch Erteilung der Vollmacht vom 11.02.2013 Gebrauch gemacht. Die Vollmachtsurkunde hat die Klägerin im Original zur Akte gereicht. Die zuvor eingereichte Kopie stimmt mit dem Original überein. Unterschrieben ist die Vollmacht von den Zeugen J und M . Diese gehören ausweislich der Registrierungsurkunde der AB L dem Vorstand der Gesellschaft an und verfügen gemeinsam über die erforderliche Vertretungsmacht für die AB L (s.o.). In ihrer Vernehmung haben sie bestätigt, die entsprechende Vollmacht für Herrn X und Herrn KK ausgestellt zu haben. Dabei hatte der Zeuge M aufgrund eines Scherzes zwischen ihm und Herrn CC sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokumentes. Er wusste außerdem noch, dass Herr KK und Herr X aus bestimmten Gründen bevollmächtigt wurden. Insbesondere an Herrn KK konnte er sich als besonders zuverlässigen Mitarbeiter erinnern.
192Die Vollmacht gewährt den Herren LL X und LL KK jeweils Einzelvertretungsmacht für sämtliche Vereinbarungen und Erklärungen, die die D in Bezug auf die Durchführung des Master Sales Agreement zu schließen bzw. abzugeben hat. Entsprechend hatte Herr Han die erforderliche Vertretungsmacht, um die D bei der Übertragung des Klagepatents wirksam vertreten zu können.
193Sofern Herr X den ÜV I bereits vor dem „effektive date“ am 11.02.2013 unterzeichnet hat, wofür seine Aussage spricht, den Vertrag am 07.02.2013 im Rahmen des Leadership-Meetings in Schweden unterschrieben zu haben, deutet die Aussage der Zeugin J darauf hin, dass auch die Vollmacht einige Tage vor dem 11.02.2013 unterzeichnet und dann vorgehalten wurde. Denn die Zeugin J hat ausgesagt, dass alle Dokumente zur selben Zeit vorbereitet worden seien. Selbst wenn aber die Vollmacht tatsächlich erst nach dem 11.02.2013 unterzeichnet worden wäre, wäre dies unschädlich, da jedenfalls zum „effective date“ und damit zum Inkrafttreten des ÜV I die erforderliche Vollmacht vorlag. Dies ist ausreichend, um eine wirksame Stellvertretung anzunehmen.
194gg)
195Die Kammer sieht keine Veranlassung, die Glaubwürdigkeit der Zeugen J , K , X und M anzuzweifeln. Ihre Aussagen erscheinen der Kammer glaubhaft, da sie frei von Widersprüchen sind und die Zeugen sich erkennbar bemüht haben, kenntlich zu machen, an welchen Punkten sie über eine konkrete Erinnerung verfügen und hinsichtlich welcher Umstände sie sich unsicher sind. Der Vergleich der Aussagen der Zeuginnen J und K ließ dabei erkennen, dass die Detailkenntnis bei der Zeugin K , die als Leiterin der Rechtsabteilung mit den Vorgängen im Einzelnen näher befasst war als die Zeugin J , ausgeprägter war, was der Lebenswirklichkeit entsprechen dürfte und darauf hindeutet, dass die Zeugen sich im Vorfeld der Beweisaufnahme nicht detailliert abgesprochen haben. Die Zeugin J hat im Rahmen ihrer Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, mit den Details der Transaktion nicht vertraut gewesen zu sein, hatte aber durchaus Kenntnis von der Gesamtkonzeption der Transaktion. Der Zeuge M hat der Kammer den Eindruck vermittelt, sehr genau zu arbeiten und seine Unterschrift keinesfalls unbedacht zu leisten. Entsprechend hatte er teilweise eine sehr genaue Erinnerung an die Umstände der Unterzeichnung. Dies gilt auch für den Zeugen X, der sich noch daran erinnern konnte, seine Unterschriften in einer Pause eines am 7.2.2013 im Hauptquartier von W abgehaltenen Leadership-Meetings geleistet zu haben. Insofern stimmt seine Aussage mit der der Zeugin K überein.
196Soweit die Zeugen im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Streithelferin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer nicht zu erkennen.
197c) Übertragungsvertrag D - H LLC
198Die Klägerin hat schlüssig dargelegt und bewiesen, dass die D die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung mit Vertrag vom 13.02.2013 an die Q LLC abgetreten hat.
199aa)
200Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV II vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV II übereinstimmt, ist insofern unschädlich, als die Unterzeichner des Vertrages im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt haben, eine Vereinbarung mit dem wiedergegebenen Inhalt abgeschlossen zu haben. Beide Zeugen haben ihre Unterschrift verifiziert.
201Soweit sich die Unterschrift des Herrn X auf dem als Original zur Akte gereichten ÜV II von der Unterschrift auf der Kopie unterscheidet, kann dies seine Ursache darin haben, dass die Verträge ggf. zweifach unterzeichnet wurden. Dies ist nach den Aussagen der Zeugen durchaus nicht unüblich. Auch der Zeuge O hielt dies für denkbar und hat bestätigt, üblicherweise bei derartigen Verträgen zwei Exemplare zu unterzeichnen. Der Zeuge X hatte hieran zwar keine konkrete Erinnerung mehr, wusste aber noch, „viele“ Unterschriften geleistet zu haben. Soweit der Vertrag unterschiedliche Papierformate aufweist, lässt sich dies damit erklären, dass ggf. einzelne Seiten in den USA auf dem dort gängigen Papierformat und einzelne Seiten in Schweden auf dem dort üblichen Papierformat ausgedruckt wurden.
202Der Zeuge O hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgeführt, dass die Verträge von der amerikanischen Kanzlei MM ausgehandelt worden seien. Diese Kanzlei sei im Rahmen der Transaktion vorbereitend rechtsberatend tätig geworden und habe dann ganz konkret die Transaktion begleitet, indem sie die Verträge ausgearbeitet und die Unterzeichnung koordiniert habe. Er selbst habe die Verträge zur Unterschrift von MM vorgelegt bekommen. Dabei habe ein enger Austausch mit dem Zeugen Y stattgefunden, der die Transaktion als In-House Anwalt begleitet habe und insofern über Detailkenntnisse verfügte. Dies wurde von dem Zeugen Y so bestätigt. Der Zeuge O erklärte weiter, er sei nicht für die rechtlichen Details zuständig gewesen. Er habe vielmehr das Unternehmensziel festgelegt, das dann von den Anwälten konkret umgesetzt worden sei. Die Gegenseite, d.h. W , sei bei der Transaktion von der Kanzlei AA vertreten worden. Über diese beiden Kanzleien seien die Verträge ausgetauscht worden.
203Dies hat der Zeuge X im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Auch er hat ausgesagt, über die wesentlichen Grundzüge der Transaktion informiert gewesen zu sein, die Details aber seinen Anwälten überlassen zu haben. Dies sei zum einen Herr Sven CC als In-House Anwalt, zum anderen die Kanzlei AA als externer Berater gewesen.
204Beide Zeugen konnten sich zwar an die Details des ÜV II nicht erinnern, wussten aber, dass es um eine strukturierte Übertragung von W -Patenten aus dem Bereich Mobilfunk auf die Q LLC ging. Dass sie hierbei keine Kenntnis von den konkreten Patenten, insbesondere den einzelnen Patentnummern, hatten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Denn die Details haben beide Zeugen ihren Anwälten überlassen, die als ihre Vertreter gehandelt haben und in dieser Eigenschaft auch die Willenserklärung der Gegenseite entgegennehmen konnten.
205bb)
206Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der ÜV II die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der D auf die Q LLC umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV II übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Patentanmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten und Patentanmeldungen enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent und die diesem vorausgehende Anmeldung unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die Q LLC als Inhaberin im Patentregister eingetragen wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass die dem Klagepatent zugrunde liegende Patentanmeldung von den Übertragungen umfasst sein sollte.
207cc)
208Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV II den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der D wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die Q LLC zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
209dd)
210Hinsichtlich der wirksamen Vertretung der D durch Herrn X wird auf die Ausführungen zum ÜV I verwiesen, die im Rahmen des ÜV II entsprechend gelten.
211ee)
212Die Q LLC ist im Rahmen des ÜV II wirksam von dem Zeugen O vertreten worden. Der Zeuge O hat ausgesagt, im Februar 2013 President und Chief Executive Officer der Q LLC und Chief Executive Officer der Q Inc. gewesen zu sein. Diese Aussage haben die Zeugen R und Y im Rahmen ihrer Vernehmung gestützt.
213Die Position des Zeugen O als CEO der Q Inc. wird außerdem durch die von der Klägerin vorgelegten Proxy Statements der E vom 27.09.2012 und 01.10.2013 und eine Pressemitteilung der E vom 19.02.2013 bestätigt. Das Protokoll des Board Meetings der Q Inc. vom 10.01.2013 enthält den Beschluss des Vorstandes der Q Inc. zur Umsetzung des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. In diesem Zusammenhang wurde der Zeuge O als CEO der Q Inc. autorisiert, für die Q Inc. und deren Tochtergesellschaften die „transaction documents“ zu unterzeichnen. Die Zeugen O , R und Y haben im Rahmen ihrer Vernehmung übereinstimmend ausgesagt, dass das Board Meeting der Q Inc. am 10.01.2013 stattgefunden hat und dort die vorstehend bezeichneten Entscheidungen getroffen wurden. Ausweislich Seite 1 des Protokolls waren die Zeugen O und R bei dem „Meeting of the board of directors of H Inc.“ anwesend.
214In Umsetzung der im Rahmen des Board Meetings getroffenen Vorstandsbeschlüsse wurde der Zeuge O durch das Amended And Restated Operating Agreement der Q LLC vom 13.02.2013 zum „Initial Officer“ der Q LLC ernannt (Ziffer 6.(b)) und im Anhang 1 als „President and Chief Executive Officer“ der Q LLC bezeichnet. Unterzeichnet ist dieses Agreement von dem Zeugen O sowohl für die Q IP Manager LLC als auch für die Q IP Holdings Inc., jeweils in seiner Funktion als CEO für beide Gesellschaften. Die Q IP Manager LLC und die P waren die Gesellschafter der Q LLC, wobei es sich in beiden Fällen um hundertprozentige Tochtergesellschaften der Q Inc. handelt. Die Q Holdings Inc. verfügte ausweislich des „Written Consent in Lieu Of A Special Meeting Of Stockholders Of H Holdings Inc.“ vom 07.10.2011 über nur einen Director, nämlich Herrn NN O , der daher für die Gesellschaft allein vertretungsbefugt war. Die Geschäftsführung der Q LLC wurde der Q IP Manager LLC übertragen (vgl. Ziffern 1.(k) und 6.(a) des Amended And Restated Operating Agreement). Dies ist nach dem Recht des US-Staates Nevada möglich. Maßgeblich ist insofern der Nevada Limited Liability Company Act. In Ziffer 86 der Nevada Revised Statutes (NRS) ist die Vertretung einer nach dem Recht des US-Staates Nevada gegründeten LLC im Einzelnen geregelt. NRS 86.291 bestimmt, dass die LLC durch ihre Gesellschafter oder ihre Manager vertreten werden kann. Die Q LLC wurde ursprünglich als member managed LLC gegründet. Am 12.02.2013 wurden die „Articles of Organisation“ allerdings dahingehend geändert, dass die Q LLC manager managed wurde. Als Manager kann auch eine juristische Person eingesetzt werden, wie im vorliegenden Fall die Q IP Manager LLC (vgl. hierzu das Gutachten des US-Anwalts NN Rounds vom 09.11.2015, S. 2).
215Die Q IP Manager LLC hat die Gesellschaftsanteile an der Q LLC durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 von der Q Inc. erworben. Eine solche Anteilsübertragung ist nach NRS 86.351 möglich. Manager der Q IP Manager LLC war wiederum die Q Inc. (vgl. § 7 des Company Agreement der G vom 09.01.2013). Unterzeichnet wurde das Interest Assignment Agreement auf beiden Seiten von dem Zeugen O , jeweils in seiner Funktion als Chief Executive Officer. Dies ist nach dem maßgeblichen Recht des US-Staates Delaware zulässig (vgl. das Gutachten des Herrn Prof. II vom 13.11.2015, S. 3-4). Gleiches gilt im Übrigen auch für das Recht des US-Staates Nevada (vgl. das Gutachten des US-Rechtsanwaltes NN Rounds vom 09.11.2015, S. 2-3).
216Die Echtheit sämtlicher vorgenannten Unterschriften hat der Zeuge O im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Die Existenz des Amended And Restated Operating Agreements der Q LLC konnte im Übrigen auch der Zeuge R bestätigen, da er dieses Dokument nach seiner Aussage im Rahmen der Verträge, die Gegenstand der gesamten Transaktion waren, gesehen hat. Er hat hierzu weiter ausgesagt, dass diese Vereinbarung für W von besonderer Bedeutung gewesen sei, da sie die rechtliche Struktur wiedergebe, die W als Insolvenzsicherheit dienen sollte. Der Zeuge Y hat dies ergänzend dahingehend erläutert, dass es W gerade darauf angekommen sei, die Q IP Manager LLC als Geschäftsführer der Q LLC einzusetzen. Die Q IP Manager LLC habe 5 % der Anteile an Q LLC gehalten, die P 95 % der Anteile.
217Vor diesem Hintergrund steht die Vertretungsbefugnis des Zeugen O im Rahmen des ÜV II zur Überzeugung der Kammer fest.
218ff)
219Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen O , R und Han zu zweifeln. Soweit Herr O noch als Chairman bei der Q Inc. tätig ist, handelt es sich lediglich um eine beratende Tätigkeit für die Erfinder, die in der Vorgängergesellschaft der Q Inc. gearbeitet und dort Erfindungen getätigt haben. Der Zeuge R steht in keinem Arbeitsverhältnis mehr zur Q . Dass er noch Anteile an dieser hält, reicht für sich genommen nicht aus, seine Glaubwürdigkeit anzuzweifeln.
220Die Aussagen der Zeugen O , R und Han sind glaubhaft. Sie stimmen in ihrem grundsätzlichen Gehalt überein. Wesentliche Widersprüche konnte die Kammer nicht feststellen. Der Zeuge O hat an diversen Stellen in seiner Vernehmung zu verstehen gegeben, dass er in die Details der Transaktion nicht involviert war. Er hat aber überzeugend ein Bild von dem Gesamtkonzept der Transaktion gezeichnet, das mit der Aussage des Zeugen X übereinstimmt.
221Soweit die Zeugen O , R und Han im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Klägerin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer auch hier nicht zu erkennen.
222Soweit die Kammer in den vorstehenden Ausführungen Bezug genommen hat auf Aussagen des Zeugen Y , hat sie hierbei berücksichtigt, dass dieser offenbar in einer sehr engen Beziehung zu den anwaltlichen Vertretern der Klägerin steht und sich mit diesen schon im Vorfeld dieses Rechtsstreits detailliert über die streitgegenständlichen Vorgänge ausgetauscht bzw. ihnen Informationen und Unterlagen verschafft hat. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer zwar keine grundsätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, hat aber im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage berücksichtigt, dass bei ihm ein gewisses Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits vorhanden sein mag bzw. gewisse Bestandteile seiner Aussage von den Interessen der Klägerin beeinflusst gewesen sein mögen. Die Kammer hat die Aussage des Zeugen Y daher lediglich insoweit herangezogen, wie sie geeignet war, die Aussagen anderer Zeugen zu bestätigen.
223d) Übertragungsvertrag A – Klägerin
224Schließlich hat die Klägerin substantiiert vorgetragen und bewiesen, dass die Q LLC das Klagepatent mit Vertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin abgetreten hat.
225aa)
226Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV III vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin eingereichten Exemplar des ÜV III übereinstimmt, beeinträchtigt zwar den Beweiswert der als Original vorgelegten Urkunde, das Zustandekommen einer Vereinbarung mit dem im ÜV III festgehaltenen Inhalt steht aber zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest. Der Zeuge R hat, nachdem ihm im Rahmen seiner Zeugenvernehmung das von der Klägerin als Original eingereichte Exemplar des ÜV III vorgehalten worden ist, nicht nur die Echtheit seiner eigenen Unterschrift, sondern auch die des Herrn OO S bestätigt. Hierzu hat er ausgesagt, mit der Unterschrift des Herrn S vertraut zu sein und diese zu erkennen. Dass der Zeuge R sich an Ort und Zeit seiner Unterschriftsleistung nicht mehr genau erinnern konnte, unterstreicht nur die Glaubhaftigkeit seiner Aussage, hindert aber nicht die Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses. Der Zeuge konnte sich nämlich noch genau daran erinnern, den gesamten Vertrag gelesen zu haben, wobei ihm auch eine Liste mit Patenten vorgelegt wurde. Hierzu wusste er noch, dass er Herrn Y gefragt hat, ob er diese Liste durcharbeiten müsse. Dass er sich an die Details dieser Liste – etwa ob sie in schwarz-weiß oder Farbe gedruckt war – nicht mehr erinnern konnte, ist unschädlich. Der Zeuge hatte jedenfalls eine klare Vorstellung davon, dass mit dem zu unterzeichnenden Vertrag ein Patentportfolio von der Q LLC auf die Klägerin übertragen werden sollte. Der Zeuge wusste auch, dass aufgrund steuerlicher Gesichtspunkte gerade die europäischen und koreanischen Patente auf die Klägerin übertragen werden sollten. Dies hat auch der Zeuge Y so bestätigt. Soweit in diesem Rechtsstreit zwei Versionen des ÜV III vorgelegt wurden, hielt der Zeuge R es nicht für ausgeschlossen, den Vertrag zweimal unterzeichnet zu haben. Hierdurch lassen sich Unterschiede in den vorgelegten Unterschriftsseiten erklären. Der Zeuge R hat weiter ausgesagt, dass die Unterzeichnung des Vertrages von dem Zeugen Y koordiniert wurde, zugleich aber für die Transaktion auch die Rechtsanwaltskanzlei MM beauftragt war. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen O . Insofern ist den Zeugenaussagen auch zu entnehmen, dass die hinzugezogenen Anwälte bevollmächtigt waren, die Willenserklärungen der Vertragsparteien weiterzuleiten und entgegenzunehmen. Der Zeuge Y hat zudem ausgesagt, dass beide Vertragsparteien eine elektronische Version der Unterschriftenseite der jeweils anderen Partei erhalten hätten. Insofern ist von einem wirksamen Zugang der Willenserklärungen bei der jeweils anderen Vertragspartei auszugehen.
227bb)
228Die Kammer ist außerdem davon überzeugt, dass der ÜV III die Abtretung des Klagepatents von der Q LLC an die Klägerin umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV III übertragenen Patente sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört unter anderem das Klagepatent. Der Vertrag ist damit hinreichend bestimmt. Die fehlende feste Verbindung der einzelnen Seiten des Vertrages und die fehlende Paraphierung der Seiten erschweren zwar die Feststellung, mit welchem Inhalt der Vertrag im Einzelnen geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht von dem ÜV III umfasst sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent ist in der vorgelegten Liste von Patenten enthalten und es handelt sich um ein europäisches Patent. Eben die europäischen Patente sollten nach der Aussage des Zeugen R Gegenstand der Übertragung sein. Zudem kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Klagepatent – mit Zustimmung der Q LLC – im Patentregister geändert wurde und die Klägerin nunmehr als Inhaberin des Klagepatents im Register genannt ist, als ein Indiz dafür herangezogen werden, dass der Wille der Vertragsparteien dahin ging, das Klagepatent mit dem ÜV III von der Q LLC auf die Klägerin zu übertragen.
229cc)
230Hinsichtlich des ÜV III findet Art. 72 EPÜ keine Anwendung. Denn das Klagepatent wurde am 18.12.2013 erteilt. Übertragen wurde damit im Rahmen des ÜV III nicht eine europäische Patentanmeldung, sondern ein europäisches Patent.
231Ungeachtet dessen genügt aber auch der ÜV III den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der Q LLC wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die Klägerin zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen R und Y davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
232dd)
233Die Q LLC wurde bei der Unterzeichnung des ÜV III wirksam von dem Zeugen R vertreten. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt, zum damaligen Zeitpunkt Chief Financial Officer der Q Inc. und der Q LLC gewesen zu sein. Dies wird bestätigt durch das von der Klägerin vorgelegte Protokoll eines Board Meetings der Q Inc. vom 10.01.2013, in dem der Zeuge R als CFO der Q Inc. benannt ist. Darüber hinaus hat auch der Zeuge O angegeben, dass der Zeuge R in den Jahren 2013 und 2014 CFO der Q Inc. und der Q LLC gewesen sei. Entsprechend findet sich in dem Amended And Restated Operating Agreement der Q LLC vom 13.02.2013 im Anhang 1 der Name des Zeugen R . Gemäß Ziffer 6.(b) des Agreements in Verbindung mit dem Anhang 1 wurde er zum „Initial Officer“ der Q LLC ernannt, wobei ihm ausweislich des Anhangs 1 die Funktion des CFO zukam. Gemäß Ziffer 6. (b) des Agreements verfügte der Zeuge R damit über die entsprechende Befugnis, die Q LLC im Rahmen des ÜV III zu vertreten.
234ee)
235Die Klägerin wurde beim Abschluss des ÜV III wirksam durch Herrn OO S vertreten. Die Klägerin ist im irischen Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach irischem Recht eingetragen. Der Vorstand der Klägerin bestand im Jahr 2014 aus den beiden Vorstandsmitgliedern Herrn PP R und Herrn OO S . Dass Herr S bereits am 27.02.2014 – dem Tag des Inkrafttretens des ÜV III „Managing Director“ der Klägerin und damit für diese vertretungsberechtigt war, ergibt sich aus dem Protokoll des Board Meetings der Klägerin vom 27.02.2014. Ausweislich dieses Protokolls wurde Herrn OO S die Vollmacht erteilt, alle notwendigen Dokumente zur Umsetzung der Patentübertragungen im Rahmen des MSA zu unterzeichnen. Die Zeugen R und Y haben bestätigt, dass ein entsprechendes Board Meeting der Klägerin stattgefunden hat und dort die vorgenannte Entscheidung getroffen wurde. Dass es zwei unterschiedliche Versionen des Protokolls gibt, erklärte der Zeuge R nachvollziehbar damit, dass das Protokoll von seiner Assistentin während der Telefonkonferenz angefertigt worden sei. Die hinzugezogenen irischen Anwälte hätten dann darum gebeten, das Protokoll mehr aus der Sicht der in Irland ansässigen Klägerin zu fertigen. Dies sei so umgesetzt worden und er habe das Protokoll dann nochmals unterzeichnet. Diese Aussage passt zu den in den beiden Protokollversionen angegebenen Daten und der Änderung der im Kopf angegebenen Anschrift in Reno in die Anschrift der Klägerin in Irland. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass das Board Meeting der Klägerin tatsächlich am 27.02.2014 stattgefunden hat und darin Herr OO S die erforderliche Vertretungsmacht erhielt, den ÜV III zu unterzeichnen.
236ff)
237Die Aussage des Zeugen R ist glaubhaft. Sie weist keine erkennbaren Widersprüche auf und der Zeuge hat sich darum bemüht, deutlich zu machen, an welche Details er keine konkrete Erinnerung mehr hat. Auf der anderen Seite hatte er ein sehr genaues Bild von den Gesamtumständen der Transaktion, das mit den Aussagen der anderen Zeugen übereinstimmt. Soweit die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung Aussagen des Zeugen Y herangezogen hat, gilt das zum ÜV II Gesagte entsprechend.
2384.
239Die von der Klägerin im Wege der Abtretung geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz für die Zeit vor dem 27.02.2014 unterliegen nicht der Indizwirkung des Patentregisters. Denn über etwaige Abtretungen solcher Ansprüche sagt das Patentregister grundsätzlich nichts aus. Eine Indizwirkung könnte allenfalls insofern bestehen, als dass derjenige, der berechtigt das Patent übertragen durfte, auch berechtigt war, die in der Vergangenheit liegenden Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche abzutreten. Ob eine solche Indizwirkung angenommen werden kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass das Klagepatent wie von der Klägerin vorgetragen am 27.04.2014 von der Q LLC auf die Klägerin übertragen wurde und dabei die in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche der Q LLC mit abgetreten wurden. Hinsichtlich der Wirksamkeit des Übertragungsvertrages wird auf die Ausführungen unter Ziffer 3. verwiesen.
240Der ÜV III umfasste neben der Abtretung des Patents auch die Abtretung von in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüchen der Q LLC. So heißt es in Ziffer 1 des ÜV III, dass die Übertragung das Recht umfasst, hinsichtlich vergangener, gegenwärtiger oder zukünftiger Verletzungen der Patente Schadensersatz oder andere Formen der Entschädigung einzuklagen und zu erhalten. Die Klägerin soll in allen Angelegenheiten, die die übertragenen Patente betreffen, vollständig und uneingeschränkt an die Stelle der Q LLC treten. Dies ist dahingehend auszulegen, dass der ÜV III neben der Abtretung des Klagepatents selbst auch eine Abtretung der in diesem Rechtsstreit streitgegenständlichen Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche der Q LLC an die Klägerin enthält.
241Die Anwendung des Rechts des Staates Nevada führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Abtretung europäischer Patente und der aus ihrer Verletzung resultierenden Schadensersatzansprüche ist ausweislich der Stellungnahme der Kanzlei T (Gutachten vom 28.07.2015, S. 6) nach dem Recht des Staates Nevada möglich. Ist dies der Fall, müssen auch die korrespondierenden Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche abtretbar sein, da andernfalls der Schadensersatz nicht beziffert werden könnte.
242Die Beklagten haben gegen das dargelegte Verständnis des ausländischen Rechts keine substantiierten Einwände erhoben.
2435.
244Soweit nach dem Vorstehenden festgestellt werden kann, dass die von der Klägerin vorgetragenen Abtretungen des Klagepatents und der dieses betreffenden Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche rechtswirksam erfolgt sind, stehen dem kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen.
245Das MSA bzw. die nachfolgenden Patentübertragungen verstoßen weder gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften (§§ 35-43 GWB) noch kann eine Unwirksamkeit der Patentübertragungen infolge eines kartellrechtlich verbotenen Eingriffs in den Wettbewerb im Sinne der Art. 101, 102 AEUV angenommen werden.
246Das europäische Kartellrecht findet in den Mitgliedstaaten unmittelbar Anwendung und ist Bestandteil der in den Mitgliedstaaten – und damit auch in Deutschland – geltenden Rechtsordnungen. Das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht finden nebeneinander Anwendung, wobei in Kollisionsfällen dem Gemeinschaftsrecht der Anwendungsvorrang zukommt (Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, Einführung Rn 102 ff.).
247a) Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften, §§ 35-43 GWB
248Zusammenschlüsse, die entgegen einer nach § 39 GWB bestehenden Verpflichtung nicht beim Bundeskartellamt angemeldet werden, sind gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB (schwebend) unwirksam. Dies setzt voraus, dass die Transaktion erstens einen Zusammenschluss nach § 37 GWB beinhaltet, zweitens die beteiligten Unternehmen die Umsatzschwellen des § 35 GWB überschreiten und drittens der Zusammenschluss Inlandswirkung hat, § 130 Abs. 2 GWB. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht festgestellt werden.
249Es kann dahinstehen, ob die Übertragung des Patentportfolios der Streithelferin an den Q Unternehmenskonzern nach Maßgabe des MSA einen Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB darstellt oder ob die insbesondere in Artikel 6 des MSA enthaltenen Regelungen einen Kontrollerwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB begründen. Denn ungeachtet dessen haben die Beklagten jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die in § 35 GWB genannten Umsatzschwellen überschritten werden.
250§ 35 Abs. 1 GWB verlangt für das Bestehen einer fusionskontrollrechtlichen Anmeldepflicht im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss (kumulativ) die folgenden Umsatzerlöse:
251- Weltweite Umsatzerlöse aller beteiligten Unternehmen von insgesamt mehr als 500 Mio. EUR
252- Umsatzerlöse mindestens eines beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 25 Mio. EUR (erste Inlandsumsatzschwelle)
253- Umsatzerlöse mindestens eines anderen beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 5 Mio. EUR (zweite Inlandsumsatzschwelle)
254Als Beteiligte im Sinne des § 35 Abs. 1 GWB sind diejenigen Unternehmen zu identifizieren, zwischen denen der Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 GWB erfolgt. Dies sind diejenigen Unternehmen, zwischen denen nach dem Vollzug eine relevante Unternehmensverbindung im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB besteht, welche vorher noch nicht bestanden hat. Konkret lässt sich diese Frage nur nach Klärung der jeweils verwirklichten Zusammenschlusstatbestände im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB beantworten (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 50). Nach § 36 Abs. 2 GWB gilt hierbei eine Verbundbetrachtung. Materiell zusammenschlussbeteiligt ist immer die gesamte Unternehmensgruppe,welcher der unmittelbar zusammenschlussbeteiligte Rechtsträger angehört (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 51).
255aa)
256Zusammenschlussbeteiligt sind beim Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB neben dem Erwerber (hier: Q LLC) der Veräußerer (hier die Streithelferin) bzw. das übertragene Vermögen. Der Streit, ob auf Seiten des Veräußerers der Veräußerer selbst oder das übertragene Vermögen als Beteiligter anzusehen ist, hat aufgrund der Regelung des § 38 Abs. 5 S. 1 GWB keine praktischen Auswirkungen. Im Fall des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB ist auf der Seite des Veräußerers stets nur der Umsatz zu berücksichtigen, der auf den veräußerten Vermögensteil entfällt (vgl. zum Streitstand: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 68).
257Dass der Umsatz von Q LLC bzw. der Q Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2012 in Deutschland über 25 Mio. EUR betrug, behaupten die Beklagten selbst nicht. Aber auch hinsichtlich der übertragenen Patente behaupten die Beklagten lediglich Umsätze von über 5 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2012. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB jedenfalls an Sachvortrag zu der Überschreitung der ersten Inlandsumsatzschwelle.
258bb)
259Beteiligt an einem Zusammenschluss im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB durch den Erwerb von (Mit-)Kontrolle sind immer alle Unternehmen, die nach Durchführung des Vorhabens durch Kontrolle im Sinne von §37 Abs. 1 Nr. 2 GWB miteinander in Verbindung stehen. Das sind das gemeinsam kontrollierte Gemeinschaftsunternehmen und alle künftig mitkontrollierenden Unternehmen (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 235), im vorliegenden Fall also Q LLC, Q Inc. und die Streithelferin. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass Q LLC, Q Inc. oder auch die gesamte Q Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2012 Umsätze in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt hätten. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB jedenfalls an der Überschreitung der zweiten Inlandsumsatzschwelle.
260cc)
261Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass die beiden vorgenannten Zusammenschlusstatbestände nebeneinander erfüllt wären, und damit im Rahmen eines einheitlichen Zusammenschlusses den Kreis der beteiligten Personen auf die Streithelferin, den Q Unternehmensverbund (einschließlich Q LLC) sowie die übertragenen Patente erweitern wollte, reicht der Vortrag der Beklagten nicht aus, um das Überschreiten der zweiten Inlandsumsatzschwelle von 5 Mio. EUR zu begründen. Soweit die Beklagten versuchen, aus einem im MSA angenommenen Wert der übertragenen Patente von mindestens 1,05 Milliarden USD auf angebliche Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland rückzurechnen, geht dies schon vom Ansatz her fehl, weil Anlass für den Abschluss des MSA nach Auskunft der Streithelferin gerade der Umstand war, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten zuvor keine dem Wert der übertragenen Patente entsprechenden Lizenzeinnahmen erzielen konnte. Jedenfalls ihre Einschätzung des Werts der übertragenen Patente – die im MSA zum Ausdruck kommt – dürfte daher nicht mit den im Jahr 2012 mit diesen Patenten erzielten Lizenzeinnahmen korrespondieren. Es steht nicht einmal fest, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten im Geschäftsjahr 2012 überhaQ t irgendwelche Lizenzeinnahmen in Deutschland erzielt hat. Diese sollten vielmehr nach dem Willen der Vertragsparteien des MSA gerade durch Q generiert werden. Insofern sind auch etwaige Anhaltspunkte im MSA, mit welchen Lizenzeinnahmen die Vertragsparteien ggf. in der Zukunft rechneten, nicht aussagekräftig im Hinblick auf die tatsächlich im Geschäftsjahr 2012 von der Streithelferin erzielten Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland. Soweit die Beklagten diesbezüglich auf eine Stellungnahme der Streithelferin gegenüber der United States Securities and Exchange Commission abstellen, betrifft diese das gesamte Patentportfolio der Streithelferin weltweit. Eine Aussage gerade im Hinblick auf die übertragenen Patente und die mit diesen in Deutschland erzielten Umsätze kann ihr nicht entnommen werden.
262dd)
263Soweit die Beklagten meinen, die Klägerin bzw. die Streithelferin treffe im Rahmen des § 35 GWB eine sekundäre Darlegungslast, folgt die Kammer dem nicht. Das Behaupten des Überschreitens der Umsatzschwellen durch die Beklagten erfolgt ins Blaue hinein; konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Vor diesem Hintergrund ist kein Anlass ersichtlich, der Klägerin, noch weniger der Streithelferin, eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, die letztlich der Ausforschung des Sachverhalts durch die Beklagten dienen würde.
264Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften der Fusionskontrolle grundsätzlich nicht den Interessen Dritter dienen. § 41 Abs. 1 GWB soll vielmehr ein geordnetes Fusionskontrollverfahren sicherstellen. Er gilt für alle tatbestandsmäßigen Zusammenschlüsse, die die Umsatzschwellen des § 35 erfüllen, unabhängig von deren materiellrechtlicher Bewertung. Auch freizugebende Zusammenschlüsse unterliegen (zunächst) dem Vollzugsverbot. Daher kann sich kein Wettbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter darauf berufen, dass § 41 GWB ihn vor den wirtschaftlichen Folgen eines Zusammenschlusses schützen soll (vgl. Immenga/Mestmäcker/Thomas, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 41 Rn 74 m.w.N.). Soweit in dem Verfahren vor dem Bundeskartellamt andere Grundsätze hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten gelten sollten – die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des BGH vom 14.10.2008 in der Streitsache „Faber/Basalt“ (NJW 2009, 1611) – hat dies jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung. Die erkennende Kammer ist nicht dazu berufen, das Fusionskontrollverfahren durchzuführen, sondern hat nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen über das Bestehen oder die Nichtigkeit eines schuldrechtlichen Vertrages bzw. einer Übertragung von Patenten zu entscheiden. Diesbezüglich trifft die Beklagten die volle Darlegungs- und Beweislast für die von ihnen behauptete Unwirksamkeit des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. Dem haben sie nicht genügt.
265b) Art. 101 AEUV (§ 1 GWB)
266Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, das MSA und die diese Vereinbarung vollziehenden Abtretungsvereinbarungen verstießen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (§ 1 GWB) mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV.
267Art. 101 Abs. 1 AEUV verlangt – ebenso wie § 1 GWB – eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Prüfung des wettbewerbswidrigen Zwecks einer Vereinbarung insbesondere auf deren Inhalt und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Ferner kann die Kommission die Absicht der Parteien in ihrer Prüfung berücksichtigen, selbst wenn dieser Aspekt für die Entscheidung, ob eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, nicht ausschlaggebend ist (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 25).
268Wenn eine Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist zu prüfen, ob sie spürbare wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. Dabei sind die tatsächlichen wie auch die potenziellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Es muss also zumindest wahrscheinlich sein, dass eine Vereinbarung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 26)
269Eine Vereinbarung hat dann wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn sie eine tatsächliche oder wahrscheinliche spürbare negative Auswirkung auf mindestens einen Wettbewerbsparameter des Marktes (zum Beispiel Preis, Produktionsmenge, Produktqualität, Produktvielfalt, Innovation) hat. Vereinbarungen können solche Auswirkungen haben, wenn sie den Wettbewerb zwischen den Parteien der Vereinbarung oder zwischen einer der Parteien und Dritten spürbar verringern. Die Vereinbarung muss die Parteien – entweder durch in der Vereinbarung festgelegte Pflichten, die das Marktverhalten von mindestens einer Partei regeln, oder durch Einflussnahme auf das Marktverhalten mindestens einer Partei durch Veränderung ihrer Anreize – in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 27).
270Das MSA (und seine Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen der „W QQ “) verfolgt weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck, noch kommen ihm wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen in dem vorbeschriebenen Sinne zu.
271aa)
272Dies gilt zunächst einmal im Hinblick darauf, dass die Streithelferin ihr Portfolio standardessentieller Patente aufgeteilt und einen Teil dieses Portfolios an die Klägerin veräußert hat.
273Die Streithelferin hält nach ihrem eigenen (unbestrittenen) Vortrag eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie, das über 37.000 Patente umfasst. Mit der Veräußerung eines Teils ihres Patentportfolios verfolgte sie den Zweck, einen faireren Ausgleich für die veräußerten Patente zu erlangen, um die vorangegangenen Kosten für Forschung und Entwicklung zu kompensieren. Diese Kosten sind immens; die W -Gruppe beschäftigt mehr als 25.000 Mitarbeiter im Bereich der Forschung und Entwicklung und investiert jährlich etwa 5 Milliarden USD in diesen Bereich. In der Folge werden jährlich etwa 2.000 neue Patente erteilt. Ein Großteil der von der Streithelferin gehaltenen Patente ist essentiell für die bedeutenden Standards, die von Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt werden. Sie hat daher in der Vergangenheit bereits eine große Anzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Das Patentrecht dient insbesondere der Förderung solcher Forschungs- und Entwicklungsarbeit, indem die daraus resultierenden Erfindungen unter entsprechenden rechtlichen Schutz gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist die erklärte Absicht der Streithelferin, für ihre Patente einen angemessenen Ausgleich zu erlangen, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
274Grundsätzlich ist der Patentinhaber frei, seine – auch standardessentiellen – Patente zu verwerten, ggf. also auch an Dritte zu veräußern und zu übertragen (so auch schon: OLG Karlsruhe, MMR 2011, 469, 471). Ein generelles Veräußerungsverbot für standardessentielle Patente lässt sich über kartellrechtliche Vorschriften nicht rechtfertigen. Es besteht auch grundsätzlich keine Verpflichtung des Patentinhabers, eine bestehende Lizensierungspraxis aufrecht zu erhalten. Beschränkt wird der Inhaber eines Patents, das Gegenstand eines von einer Standardisierungsorganisation vereinbarten Standards ist, in seiner Lizensierungspraxis unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten durch die von ihm abgegebene Selbstverpflichtungserklärung, Dritten Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu gewähren.
275Die Kammer vermag – entgegen dem anderslautenden Vortrag der Beklagten – im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass es bezweckt war, durch die Aufteilung des Patentportfolios der Streithelferin am Markt überhöhte, insbesondere über einen FRAND-Maßstab hinausgehende Lizenzgebühren durchzusetzen oder die Beklagten gegenüber anderen Marktteilnehmern zu diskriminieren.
276Die den Patentübertragungen zugrundeliegenden Verträge, das Master Sale Agreement vom 10.01.2013 („MSA“) und das Patent Sale and Grant-Back License Agreement vom 13.02.2013 („PSA“), enthalten eine Vielzahl von Regelungen, die die Überleitung der FRAND-Verpflichtung von der Streithelferin auf die Q LLC bzw. von der Q LLC auf die Klägerin sicherstellen sollen. Gemäß Ziffer 6.7 des MSA sollten die Patente der Streithelferin einschließlich der bestehenden Lizensierungsverpflichtungen, unter anderem der Verpflichtungen, die bei der ETSI eingereicht wurden, übertragen werden. In Ziffer 6.14 des MSA heißt es entsprechend, dass die Q LLC die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Gemäß Ziffer 6.1 (x) des MSA ist Q LLC die Geltendmachung von Ansprüchen aus den zu übertragenden Patenten, die über FRAND-Bedingungen hinausgehen, untersagt. In Klausel 6.1 (b) des MSA wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bestehenden Belastungen die Möglichkeiten des Erwerbers einschränken können, die zu übertragenden Patente zu verwerten. Im PSA findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der Q LLC, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Um sicherzustellen, dass die Klägerin in gleicher Weise verpflichtet ist wie Q LLC, ist die Klägerin dem MSA beigetreten.
277Entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtungen gaben sowohl die Q LLC unter dem 14.06.2013 als auch die Klägerin unter dem 6.3.2014 eigene FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI ab. Hiernach sind sowohl die Q LLC als auch die Klägerin (jeweils einschließlich der mit diesen verbundenen Unternehmen) unwiderruflich dazu verpflichtet, Lizenzen an ihren essentiellen Patenten zu Bedingungen einzuräumen, die mit Art. 6.1 der ETSI IPR Richtlinien in Einklang stehen, d.h. „fair, reasonable and non-discriminatory“ sind.
278Dass die FRAND-Erklärung der Klägerin dabei nicht die Verpflichtung umfasst, die bisherige, von der Streithelferin konkret umgesetzte Lizensierungspraxis weiterzuführen, ist unschädlich. Art. 101 AEUV schützt nicht etwa eine bestimmte Lizensierungspraxis, sondern den Zugang zu dem durch den Standard geregelten Produktmarkt zu FRAND-Bedingungen. Der Grundsatz der „Nicht-Diskriminierung“ verlangt dabei von dem Patentinhaber nur, die in einer vergleichbaren Position befindlichen Lizenznehmer gleich zu behandeln, nicht aber, auf die Dauer allen Lizenznehmern exakt dieselben Lizenzbedingungen anzubieten (vgl. hierzu auch schon: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass). Befinden sich die Lizenznehmer in einer unterschiedlichen Ausgangsposition, etwa aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Veräußerung und Übertragung der lizensierten Patente, können durchaus unterschiedliche Lizenzbedingungen zur Anwendung kommen, ohne dass dies zwingend einen Verstoß gegen den Grundsatz der Lizensierung zu FRAND-Bedingungen bedeuten würde. Dies ergibt sich praktisch schon daraus, dass ggf. ein anderes Portfolio lizensiert wird. Kartellrechtlich bedenklich ist eine solche Lizensierung zu unterschiedlichen Bedingungen erst dann, wenn die Bedingungen sich nicht mehr im fairen und angemessenen Bereich bewegen und die zwischen den einzelnen Lizenznehmern vorgenommenen Unterschiede zu einer wesentlichen Störung des Wettbewerbs führen.
279Was im einzelnen FRAND ist, ist objektiv zu bewerten. Dabei ist unter anderem auch der Umstand zu berücksichtigen, dass für die Herstellung und Vermarktung eines standardkonformen Produkts ggf. Lizenzen bei mehreren Patentinhabern eingeholt werden müssen. FRAND ist dabei die einzelne Lizenzgebühr nur dann, wenn sie insgesamt – d.h. mit den ggf. zusätzlich erforderlichen Lizenzen zusammen – nicht zu einer unangemessen hohen Belastung des Lizenznehmers führt (vgl. hierzu auch Müller, GRUR 2012, 686, 689).
280Soweit die Streithelferin mit dem MSA und den diesen vollziehenden Patentübertragungen die Hoffnung verbindet, durch eine Aufgliederung ihres umfangreichen Patentportfolios in Teil-Portfolios mit unterschiedlichen Patentinhabern höhere, nach ihrem Empfinden angemessene Lizenzgebühren erzielen zu können, wird dies nur dann der Fall sein, wenn die bislang für ihre Patente gezahlten Lizenzgebühren sich unterhalb oder am unteren Rand einer FRAND-Lizenzgebühr bewegten. Die Anhebung der Gebühren auf ein Niveau, das (zumindest mittleren) FRAND-Kriterien entspricht, ist aber nicht als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, zumal die Parteien des MSA nicht die Möglichkeit haben, die Lizenzgebühren einseitig festzusetzen. Diese müssen vielmehr mit den potentiellen Lizenznehmern ausgehandelt werden. Soweit die Streithelferin bzw. die Klägerin sich durch die Umsetzung des MSA in diesem Zusammenhang eine bessere Verhandlungsposition versprechen, ist dies durchaus legitim. Die Kammer vermag hierin weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck zu erkennen, noch hält sie es für wahrscheinlich, dass die Vereinbarung spürbar negative Auswirkungen auf den Mobilfunkmarkt hat. Im Hinblick auf die Auswirkungen am Markt hat die Kammer dabei in ihre Überlegungen auch den Umstand eingestellt, dass ausweislich des „license proposal“ der Klägerin Lizenzgebühren von um die 0,75 USD pro Mobilfunkgerät im Raum stehen. In Anbetracht der handelsüblichen Preise für Mobilfunkgeräte ist dies, selbst im niedrigpreisigen Segment, lediglich ein geringer Anteil an den Gesamtkosten. Dass potentielle Lizenznehmer, die den GSM-Standard nutzen möchten, die Lizenzgebühren nunmehr mit (mindestens) zwei Inhabern standardessentieller Patente aushandeln müssen und jedenfalls einer der Patentinhaber – nämlich die Klägerin – eine reine Patentverwertungsgesellschaft darstellt, mag zwar die Lizenzverhandlungen am Markt für die Lizenznehmer etwas erschweren, zumal es jedenfalls in Bezug auf die Klägerin nicht möglich sein dürfte, Kreuzlizenzen zu vereinbaren, dies führt aber so lange nicht zu einem kartellrechtlich bedeutsamen Verhandlungsungleichgewicht, wie die insgesamt für die Nutzung des GSM-Standards geforderten Lizenzgebühren FRAND bleiben. Hierzu haben sich sowohl die Streithelferin als auch die Klägerin gegenüber der ETSI verpflichtet. Darüber hinaus steht den Beklagten weder das Recht auf einen bestimmten Patentinhaber und damit Verhandlungspartner, noch das Recht auf die Zusammenfassung für den GSM-Standard essentieller Patente in einem Portfolio oder die Beibehaltung einer bestimmten Lizensierungspraxis zu.
281bb)
282Das MSA enthält – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch keine unzulässige Preisbindung. Insbesondere verstößt Ziffer 3.4 des MSA nicht gegen Art. 101 AEUV.
283Ziffer 3.4 des MSA lautet:
284„Calculation Adjustment; Royalty Rate
285(a) If Q LLC enters into any license, release, covenant not to sue or assert or other agreement with a third party between Closing and … thereafter that gives or purports to give such third party and/or its Affiliates rights to W QQ (or any other Patents assigned to Q LLC by E Sub or any of its Affiliates) owned or controlled by Q LLC that, at the time that Q LLC enters into such agreement, is known by Q LLC to include at least one Defined Patent to design, manufacture, have made, sell, import or otherwise use Specified Products and if and only if such license, release, covenant or agreement provides for a Royalty Rate for the sales of such Specified Products that is less than the Applicable Royalty Rate for such sales (each such license, release, covenant or agreement, a „Specified Mobile License“), the amounts to be included in Gross Revenues for any fiscal quarter from any Specified Mobile Licenses for purposes of calculating Quarterly Payment under this Agreement for such fiscal quarter shall be the amounts Q LLC would have received had the Royalty Rate in such Specified Mobile Licenses been the Applicable Royalty Rate.”
286Die vorgenannte Regelung des MSA enthält zwar die Vereinbarung einer sog. „Applicable Royalty Rate“, hierin liegt aber keine unzulässige Preisbindung. Q LLC wird durch das MSA nicht verpflichtet, die „Applicable Royalty Rate“ von ihren Lizenznehmern zu verlangen. Vielmehr ist Q LLC in ihrer Preisgestaltung im Verhältnis zu ihren Lizenznehmern frei. Ziffer 3.4 stellt lediglich eine Kaufpreisregelung im Verhältnis zur Streithelferin bzw. deren Tochtergesellschaft, der Z , dar.
287Die Parteien des MSA haben für den Verkauf der „W QQ “ keinen festen Kaufpreis vereinbart. Vielmehr wird der Kaufpreis gemäß Ziffer 3.1 des MSA von Q LLC in vierteljährlichen Zahlungen an die D geleistet. Die Höhe der Zahlungen bemisst sich ausweislich Ziffer 3.2 des MSA anhand eines festgelegten Prozentsatzes der von Q LLC im vorhergehenden Quartal erzielten Einkünfte („Gross Revenue“). Mit anderen Worten erhält die D als Gegenwert für die Übertragung der Patente einen Anteil an den von Q LLC erzielten Lizenzeinnahmen. In diesem Zusammenhang ist auch Ziffer 6.1 (aa) des MSA zu sehen, wonach Q LLC mit ihren Lizenznehmern ohne die Zustimmung der Streithelferin keine Gebührenstruktur vereinbaren darf, die nicht an einen Prozentsatz der Gesamteinnahmen des Lizenznehmers aus Verkäufen der „Specified Products“ anknüpft. So soll sichergestellt werden, dass W bzw. die D ihren Anteil an den Lizenzeinnahmen erhält. Die Regelungen in den Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA dienen dazu, den Kaufpreis für den Fall abzusichern, dass Q LLC ihre vertraglichen Pflichten aus dem MSA verletzt (sog. „trigger events“) oder ein Kontrollwechsel („change of control“) stattfindet.
288Um sicherzustellen, dass die „Kaufpreiszahlung“ an die D einen bestimmten Wert erreicht, sieht Ziffer 3.4 des MSA die Festlegung einer „Applicable Royalty Rate“ vor. Wird diese beim Abschluss eines Lizenzvertrages von Q LLC unterschritten, ist der an die D abzuführende Anteil an den Lizenzeinnahmen (hypothetisch) auf der Grundlage der Applicable Royalty Rate zu berechnen. Dabei stellt der abgeschlossene Lizenzvertrag – auch bei Unterschreiten der Applicable Royalty Rate für die Q LLC nicht notwendigerweise ein Verlustgeschäft dar. Denn an die D abzuführen ist nicht die gesamte Applicable Royalty Rate, sondern nur der jeweils nach Ziffer 3.2 des MSA geschuldete Prozentsatz. Liegt dieser bei 20 %, tritt ein rechnerischer Verlust bei der Q LLC erst dann ein, wenn der tatsächlich vereinbarte Lizenzsatz weniger als 1/5 der Applicable Royalty Rate beträgt. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der eines Zwischenhändlers, der selbstverständlich bestrebt sein wird, seine Waren über dem Einkaufspreis weiter zu verkaufen und hierbei den höchstmöglichen Gewinn zu erwirtschaften. Das Ziel der Gewinnmaximierung ist dabei dem Wirtschafsleben immanent. Die Regelungen des MSA gehen über diese Zielsetzung nicht hinaus.
289Dabei sind sowohl Q LLC als auch die Klägerin gebunden durch ihre FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI. Die Q LLC bzw. die Klägerin kann weder die Lizensierung standardessentieller Patente als solches verweigern, noch steht ihr die Option offen, von ihren Lizenznehmern überhöhte, nämlich über FRAND-Lizenzsätze hinausgehende Lizenzgebühren zu verlangen. Auch dies hat sie im Rahmen ihrer kaufmännischen Überlegungen zu berücksichtigen, wenn es darum geht zu entscheiden, ob ein Lizenzvertrag auf der Basis eines bestimmten Lizenzsatzes abgeschlossen werden soll. Insofern liegt das Risiko, dass der im Einzelfall als FRAND zu bewertende Lizenzsatz unter der Applicable Royalty Rate liegt, allein bei der Q LLC bzw. der Klägerin. Wenn dies nämlich der Fall sein sollte, ist Q LLC bzw. die Klägerin aufgrund des MSA (vgl. etwa Ziffer 6.14) und der von ihr abgegebenen FRAND-Erklärung dennoch verpflichtet, zu FRAND-Bedingungen zu lizensieren und die damit verbundenen Gewinneinbußen hinzunehmen. Eine Verpflichtung, zu den Bedingungen der Applicable Royalty Rate abzuschließen, besteht demgegenüber gerade nicht.
290Selbst wenn man aber – entgegen den vorstehenden Ausführungen – eine unzulässige Preisbindung annehmen wollte, hätte diese jedenfalls nicht die Unwirksamkeit des gesamten MSA, schon gar nicht der hier allein in Rede stehenden Verträge über die Übertragung des Klagepatents zur Folge. Gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV sind nur die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotenen Vereinbarungen, nicht also ohne weiteres das komplette Vertragswerk, nichtig. Der Umfang der unmittelbar aus Art. 101 Abs. 2 AEUV folgenden Nichtigkeit ergibt sich aus dem Verbotszweck des Art. 101 Abs. 1 AEUV: Nichtig sind diejenigen Vertragsabreden, die entweder unmittelbar gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen oder von der verbotswidrigen Vereinbarung nicht zu trennen sind oder dem verbotswidrigen Vertragsinhalt dienen (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 21). Über die Frage, inwiefern sich einzelne, kartellrechtswidrige Klauseln vom übrigen Vertrag trennen lassen, entscheidet nicht die zivilrechtliche Ausgewogenheit des Vertrags in seiner Gesamtheit, sondern allein der Zweck des Kartellverbots (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 22). Soweit also infolge einer unzulässigen Preisfestsetzung Ziffer 3.4 (a) des MSA, ggf. zusammen mit Ziffer 6.1, nichtig sein sollte, hätte dies – jedenfalls im Hinblick auf Art. 101 Abs. 2 AEUV – auf den übrigen Vertrag keine Auswirkungen, da sich die vorgenannten Regelungen ohne weiteres von dem Vertragsinhalt im Übrigen trennen lassen.
291Inwieweit die Teilnichtigkeit ggf. doch den gesamten Vertrag erfasst, ist in einem zweiten Schritt nach nationalem Recht zu prüfen, in diesem Fall nach dem Recht des Staates Delaware (vgl. Ziffer 8.4 des MSA). Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass nach dem Recht des Staates Delaware die Nichtigkeit einer oder mehrerer Vertragsklauseln nicht automatisch zu einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt (vgl. hierzu auch: Capital Bakers, Inc. / Leahy, 20. Del. Ch. 407, 411-12, 178 A. 648, 650 (1935)). Die Absicht der Parteien, eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages im Zweifel zu vermeiden, kann durch eine salvatorische Klausel ausgedrückt werden. Dies ist im MSA in Ziffer 8.9 geschehen. Hiernach soll die Nichtigkeit einer Bestimmung den Rest des Vertrages nicht berühren. Die Parteien verpflichten sich vielmehr, in einem solchen Fall eine Ersatzbestimmung zu suchen, die dem Zweck der unwirksamen Regelung entspricht. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es dem Willen der Parteien des MSA entsprach, die hier in Rede stehenden Patentübertragungen wirksam vorzunehmen. Für den Fall, dass Ziffer 3.4 tatsächlich eine unzulässige Preisbindung darstellen sollte, hätten die Vertragsparteien eine andere Regelung gefunden, um den der Streithelferin zustehenden Kaufpreis abzusichern und das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der übertragenen Patente angemessen zwischen ihnen zu verteilen. Es sind vielfältige Kaufpreisregelungen denkbar, die der Q LLC bzw. der Klägerin den erforderlichen Handlungsspielraum in den Lizenzvertragsverhandlungen mit Dritten lassen, zugleich aber sicherstellen, dass die Streithelferin für die Veräußerung und Übertragung ihrer Patente einen angemessenen Gegenwert erhält. Insofern mag die Sicherung des Kaufpreises zwar ein wesentliches Interesse der Streithelferin gewesen sein, dies konnte aber nicht allein durch die in Ziffer 3.4 des MSA getroffene Regelung erreicht werden, sondern es ist durchaus vorstellbar, dass die Vertragsparteien eine dem Zweck der Regelung ebenfalls entsprechende Ersatzbestimmung gefunden hätten.
292c) Art. 102 AEUV, § 19 GWB i.V.m. § 134 BGB
293Die Regelungen des MSA und deren Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen des Klagepatents einschließlich damit verbundener Rechte stellen keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV dar.
294Zwar vermittelt das Klagepatent der Klägerin auf dem Markt für die Vergabe von Lizenzen am Klagepatent eine marktbeherrschende Stellung, die infolge der technischen Bedeutung des Klagepatents auch auf den nachgelagerten Produktmarkt durchschlägt (s. ausführlicher unten zum Lizenzeinwand), die im MSA festgehaltene Vereinbarung zwischen der Streithelferin, ihrer Tochtergesellschaft und dem H Konzern stellt sich aber nicht als missbräuchlich dar. Insbesondere liegt weder ein Ausbeutungs- noch ein Behinderungsmissbrauch vor. Wie bereits im Rahmen des Art. 101 AEUV erläutert, ist das Ziel, die Lizenzeinnahmen aus den übertragenen Patenten zu steigern, jedenfalls so lange nicht wettbewerbsbeschränkend und damit im Rahmen des Art. 102 AEUV auch nicht missbräuchlich, wie die Klägerin sich an ihre Verpflichtung hält, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen. Auf die Argumentation im Rahmen des Art. 101 AEUV wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Weitere Aspekte, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sieht die Kammer nicht, inwiefern durch das MSA die technische Entwicklung beschränkt werden sollte, nachdem die Möglichkeit der Lizenznahme zu FRAND-Bedingungen gewährleistet ist.
295II.
296Die Beklage zu 2) ist hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform II passiv legitimiert, nicht jedoch die Beklagte zu 1). Die Passivlegitimation der Beklagten im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I kann mangels Verletzung des Klagepatents dahinstehen.
297Unstreitig bietet die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform II auf ihren Internetseiten an. Ein Angebot der angegriffenen Ausführungsform II seitens der Beklagten zu 1) kann die Kammer hingegen nicht feststellen. Ein solches hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, sondern lediglich pauschal behauptet. Nachdem die Beklagten in der mündlichen Verhandlung ein Anbieten bestritten haben, wäre es an der Klägerin gewesen, substantiiert zu konkreten Angebotshandlungen der Beklagten zu 1) in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II vorzutragen. Dem ist sie nicht nachgekommen.
298III.
299Das Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzen.
300Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereit gestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit einem entsprechenden mobilen Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer passenden Zelle automatisch erfolgen soll.
301In Abgrenzung zum Stand der Technik erläutert das Klagepatent eingangs ein drahtloses Telekommunikationsnetz, das mehrere Kommunikationszellen definiert, von denen jede von einer (Funk-)Basisstation versorgt wird. Jede Kommunikationszelle deckt ein geografisches Gebiet ab, das durch die Kombination mehrerer Zellen groß sein kann. Eine Basisstation ist mit mehreren Empfängern und Sendern ausgestattet, welche die Funkversorgung einer oder mehrerer Zellen bereitstellt. Wichtige Elemente in diesem Netz sind die Zellen und ihre Nachbarn. Während eines Gesprächs bewegt sich ein mobiles Endgerät normalerweise zwischen den Zellen umher und geht wiederholt von einer Zelle zu einer Nachbarzelle. Eine Liste bekannter Nachbarn, die sog. Nachbarzellenmenge, ist für das Netz und das mobile Endgerät wichtig, um ein zuverlässiges Handover zwischen den Zellen zu gewährleisten. Das Netz speichert die die Nachbarzellenmenge betreffenden Informationen für jedes mobile Endgerät. Die Nachbarzellenmenge wird zur Evaluierung und für das Handover eines mobilen Endgeräts von einer Zelle zur anderen beim Überschreiten der Zellgrenze verwendet.
302In den vorbekannten Systemen erkennt und misst das mobile Endgerät 4 Betriebsparameter für Nachbarzellen durch den Empfang von Signalen aus der Nachbarschaft. Die gemessenen Betriebsparameter sind normalerweise eine Bitübertragungsschicht-Kennung, wie z.B. ein Verwürfelungscode, die der Zelle, Signalstärke, Signalqualität und Zeitinformation nicht eindeutig zugeordnet ist. Das mobile Endgerät misst die Betriebsparameter jeder Nachbarzelle und meldet diese an das Netz. Wenn die Qualität einer Nachbarzelle als besser als diejenige der aktuellen Versorgungszelle eingestuft wird, führt das Netz ein Handover von der Versorgungszelle zur ausgewählten Nachbarzelle durch. Die Nachbarzelle wird dann die Versorgungszelle für das mobile Endgerät.
303Das Klagepatent erläutert weiter, dass in einem Breitband-Codevielfachzugriffssystem (WCDMA) das mobile Endgerät Übertragungen des gemeinsamen Pilotkanals (CPICH) von umgebenden Zellen erkennt, um die Kennung und Zeitinformation zu bestimmen. Bedeutsam sind diese jeweiligen Zellkennungen bei der Meldung der Signalqualitätsmessungen der Nachbarzelle vom mobilen Endgerät an das Netz. Im Stand der Technik werden mehrere Verwürfelungscodes für mehr als eine Zelle verwendet. Nach dem Klagepatent besteht daher die Gefahr von Verwechselungen, da die Versorgungszelle Nachbarzellen mit denselben Kennungsinformationen haben kann.
304Die Schrift RR zeigt nichteindeutige in den Zellen übertragene Zellenkennungscodes. Diese Schrift dient dazu, die Zelle zu identifizieren, z.B. bei der Durchführung von Messungen der Nachbarzellen durch ein mobiles Endgerät. Das Klagepatent führt aus, dass man davon ausgehen könne, dass die Zellenkennung entgegen der Angabe, dass die Kennung pro Zelle eindeutig sei, nicht eindeutig ist. Das in der RR offenbarte Netz stellt – so das Klagepatent – offenbar ein GSM-Netz dar. Der verwendete Name für die Zellenkennung ist der Kennungscode der Basisstation (BSIC). Dies ist ein für das GSM-Netz standardisierter Begriff. Das Klagepatent erläutert weiter, dass nach dem GSM-Standard der BSIC aus insgesamt 6 binären Bits generiert wird. Damit stehen nur 64 eindeutige Codes zur Verfügung. Das GSM-Netz umfasst jedoch weit mehr Zellen. Um die BSIC-Codes sinnvoll zu reduzieren, wird ein GSM-Endgerät angewiesen, auf bestimmten Kanälen der verschiedenen Frequenzkanalsätze dieses TDMA-Systems Messungen von Nachbarzellen durchzuführen. Damit wird das Risiko reduziert, dass eine mit ihrem BSIC gemeldete Messung irrtümlicherweise einer anderen Zelle zugeordnet wird und nicht der tatsächlichen Messung entspricht. Die korrekte Identifizierung der von dem mobilen Endgerät gemeldeten Zellen ist erforderlich, damit ein Handover zur bestgeeignetsten Zelle eingeleitet wird.
305Das Klagepatent kritisiert hieran, dass mangels eindeutiger Bitübertragungsschicht-Kennung der Zellen die Platzierung und Wartung/Pflege der Nachbarzellenmengen nie vollautomatisch ablaufen. Menschliche Bemühungen sind – so das Klagepatent – notwendig zur Lösung von Problemen in Situationen, in denen die Versorgungszelle mehrere Nachbarn mit derselben nicht eindeutigen Kennung hat. Die Planung eines Netzes, in dem eine von einem mobilen Endgerät gemessene und gemeldete Zelle nicht irrtümlicherweise für eine andere Zelle gehalten werden kann, wäre zu aufwändig.
306Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, die Kosten für Planung und Wartung/Pflege zu senken, indem es eine zusätzliche Maßnahme durchführt, wenn von mobilen Endgeräten zusätzlicher Aufwand zur eindeutigen Identifizierung von Nachbarzellen im Funknetz verlangt wird und die Kennungen von dem mobilen Endgerät an das Netz zu melden sind. Die Ausführungsformen der klagepatentgemäßen Erfindung sollen manuelle Eingriffe reduzieren.
307Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent im Anspruch 6 ein mobiles Endgerät mit folgenden Merkmalen vor:
3081.
309Mobiles Endgerät zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem.
3102.
311Das drahtlose Telekommunikationssystem umfasst eine Mehrzahl von Kommunikationszellen.
3123.
313In den Kommunikationszellen werden
314a)
315eine nichteindeutige Zellenkennung und
316b)
317eine eindeutige Zellenkennung übertragen.
3184.
319Das Endgerät umfasst eine Steuerung.
3205.
321Die Steuerung dient zur Kommunikation mit einer Funkbasisstation.
3226.
323Die Funkbasisstation versorgt eine erste Kommunikationszelle.
3247.
325Die Steuerung ist als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar zum:
326a)
327Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und
328b)
329Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.
330Weiter schlägt das Klagepatent in Anspruch 17 ein drahtloses Telekommunikationsnetzwerk mit folgenden Merkmalen vor:
3311.
332Drahtloses Telekommunikationsnetz,
3332.
334Das drahtlose Telekommunikationsnetz definiert eine Mehrzahl von Kommunikationszellen, in denen
3352.1
336eine nichteindeutige Zellenkennung und
3372.2
338eine eindeutige Zellenkennung
339übertragen werden.
3403.
341Das Netz umfasst Netzressourcen, die betreibbar sind zum:
3423.1
343Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät;
3443.2
345Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle;
3463.3
347Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
3483.4
349Herstellen einer Transportverbindung durch
3503.4.1. Finden in einer Nachschlagetabelle
3513.4.2. einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle
3523.4.3. mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt.
353IV.
354Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf es näherer Ausführungen zur Auslegung der Merkmalsgruppe 3 (dazu 1.) und des Merkmals 7 des Anspruchs 6 (dazu 2.). Ferner bedarf die Merkmalsgruppe 3.4. des Anspruchs 17 der Auslegung (dazu 3.).
3551.
356Das Übertragen („transmit“) der Zellenkennungsinformationen erfordert lediglich, dass die Zellen die Kennungen weitergeben. Der Fachmann versteht unter einer übertragenen Zellenkennung Signale, die es dem mobilen Endgerät ermöglichen, die Zelle, von der die Signale stammen, eindeutig oder nichteindeutig zu identifizieren. Der Anspruch stellt keine gesteigerten Anforderungen an die Art der Weitergabe. Erfasst sind damit auch Übertragungsformen, bei denen die Information erst wieder aus tatsächlichen, physikalisch übertragenen Signalen ermittelt bzw. zusammengesetzt oder umgerechnet werden muss. Aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ist dem Fachmann bewusst, dass Informationen z.B. auf mehrere Datenpakete aufgeteilt werden können, um sie zu übertragen. Umgekehrt ergeben sich aus dem Begriff des Übertragens auch keine besonderen Anforderungen an eine eindeutige Zellenkennung.
3572.
358Indem das Klagepatent den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle (Merkmal 7) voraussetzt und das Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an den Empfang der Anweisung (Merkmal 7: in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung) anschließt, geht die Initiative für die Durchführung dieser Verfahrensschritte von der Funkbasisstation aus. Dass jedenfalls die Schritte Anweisung und Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformation in chronologischer Reihenfolge ablaufen müssen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „auf einen Empfang der Anweisung“. Damit lässt der Wortlaut zu, dass die Reihenfolge nicht ausschließlich vom Endgerät gesteuert wird. Eine Steuerung des Ablaufs allein durch das Endgerät widerspräche vielmehr dem Anspruchswortlaut, der im Merkmal 7 Instruktionen der Funkbasisstation in Form einer Anweisung fordert. An die Anweisung selbst stellt der Klagepatentanspruch keine erhöhten Anforderungen. Auch die Reaktion hierauf ist außer dem Erkennen und Melden nicht näher spezifiziert. So macht der Klagepatentanspruch keinerlei Vorgaben, wie oft die eindeutige Zellenkennung nach Erhalt der Anweisung erkannt und gemeldet werden soll.
3593.
360Nach der Merkmalsgruppe 3.4 sind Netzressourcen betreibbar zum Herstellen einer Transportverbindung, indem eine Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt, in einer Nachschlagetabelle gefunden wird.
361Der Fachmann erkennt, dass die Netzressourcen, nachdem sie die eindeutige Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle empfangen haben, eine Netzadresse der die Zelle versorgenden Funkbasisstation finden sollen, die mit der eindeutigen Zellenkennung übereinstimmt. Dadurch kann die Transportverbindung hergestellt werden. Merkmalsgruppe 4.3 beschränkt sich darauf, einen einzelnen Schritt zur Herstellung der Transportverbindung zu beschreiben, nämlich wie die für die Transportverbindung erforderliche Netzadresse unter Verwendung der zuvor vom mobilen Endgerät gemeldeten eindeutigen Zellenkennung ermittelt werden soll. Der Fachmann sieht in dem Finden einer Übereinstimmung in einer Nachschlagetabelle daher keinen ursächlichen Automatismus sondern nur eine (von mehreren möglichen) Voraussetzungen, die für die Herstellung der Transportverbindung notwendig ist.
362Aus den Merkmalen 3.4.2 und 3.4.3 ergibt sich, dass die Nachschlagetabelle Informationen über Netzadressen der Funkbasisstationen, insbesondere auch die Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt, vorhält, mit denen die eindeutige Zellenkennung verglichen werden kann. Es soll in diesen Daten eine Übereinstimmung mit der eindeutigen Zellenkennung gefunden werden. „Finden der Übereinstimmung“ bedeutet danach, dass der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle eine Netzadresse der versorgenden Funkbasisstation zugeordnet ist und über diese Zuordnung die Netzadresse ermittelt werden kann. An die Nachschlagetabelle stellt der Anspruch daher die Anforderung einer möglichen Zuordnung zwischen Zellenkennung und Netzadresse. Insofern setzt der Begriff der Nachschlagetabelle voraus, dass mehrere Einträge eindeutiger Zellenkennungen vorhanden sind oder jedenfalls vorhanden sein können, denen Netzadressen von Funkbasisstationen zugeordnet sind. Der Vergleich der empfangenen Zellenkennung mit den in der Nachschlagetabelle enthaltenen Zellenkennungen ermöglicht das Auffinden der korrekten Netzadresse. Funktional betrachtet genügt jegliche Form der Zuordnung, solange eine Einheit der Netzwerkressourcen die Netzadresse unter Rückgriff auf die Tabelle eigenständig ermitteln kann. Aus einem Ausführungsbeispiel erfährt der Fachmann, dass die eindeutige Zellenkennung auf eine IP-Adresse abgebildet sein kann, die wiederum auf die Funkbasisstation verweist, die die Zelle erkennt (vgl. Absatz [0029]). Dabei lässt das Klagepatent die konkrete (software- oder programm-)technische Umsetzung der Nachschlagetabelle ebenso offen wie den Ort, an dem die Tabelle niedergelegt sein soll. Sie muss nicht zwingend in der Funkbasisstation verortet sein, sondern kann auch innerhalb anderer Netzressourcen vorgehalten werden. Auch aus der Beschreibung lässt sich keine nähere Erläuterung des Begriffs der Nachschlagetabelle entnehmen.
363V.
364Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der ANR-Funktion um eine zwingende Vorgabe des LTE-Standards (dazu 1.), so dass es für die Darlegung der Verletzung genügt, dass der Standard die klagepatentgemäße Lehre zeigt. Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 6 (dazu 2.). Hingegen scheidet sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Verletzung des Anspruchs 17 durch die angegriffene Ausführungsform I aus (dazu 3.).
3651.
366Die ANR-Funktion ist im LTE-Standard zwingend und nicht lediglich optional. Dies ergibt sich sowohl aus konkreten Aussagen als auch aus bestimmten gewählten Formulierungen im Standard.
367Der LTE-Standard führt allgemein zur ANR-Funktion aus, dass ihr Zweck darin besteht, den Bediener von der manuellen Verwaltung der Nachbarbeziehungen zu entlasten. Die ANR-Funktion befindet sich in der eNB und verwaltet die konzeptuelle Nachbarbeziehungstabelle (NRT) (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a). Darüber hinaus formuliert der LTE-Standard am Anfang der detaillierteren Beschreibung der Abläufe der ANR-Funktion: Die eNB Versorgungszelle (eNB serving cell) hat (has) eine ANR-Funktion (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.3). Bereits diese Formulierungen sind eindeutig und lassen keinen Interpretationsspielraum zu, dass es sich bei der Implementierung der ANR-Funktion nur um eine Möglichkeit handeln könnte.
368Außerdem hat die Klägerin über die sog. „feature group indicators“ substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform II von der ANR-Funktion Gebrauch macht. Diese Indikatoren listen für UEs zwingende LTE-Funktionen auf. Ausweislich der Anlagen Change Request 36.331 CR 0482 rev – current version 8.11.0, 3GPP TS36.331 V9.4.0 (2010-09) und Test Report no. 04032015_006 (UE Capability Information WCDMA and LTE) hat die Klägerin gezeigt, dass die angegriffene Ausführungsform II der Beklagten die ANR-Funktion und damit den Standard nutzt. Daraus ergibt sich, dass die Funktion positiv getestet wurde. Sofern die Beklagten die Durchführung der Tests und ihre Ergebnisse mit Nichtwissen bestreiten, dringen sie damit nicht durch. Die angegriffene Ausführungsform II wird von den Beklagten zu 2) angeboten. Die Beklagten sind gehalten, substantiiert zu den Funktionen ihrer eigenen Telefone vorzutragen, und können sich mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen. Ebenfalls überzeugt der Vortrag der Beklagten nicht, dass sich aus dem vorgelegten TestbPP ht nicht ergebe, dass das I BB getestet worden sei. Die hier maßgebliche Seite 6 des BPP hts zeigt eindeutig, dass die angegriffene Ausführungsform II getestet wurde.
3692.
370Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht alle Merkmale des Anspruchs 6.
371a)
372In den Kommunikationszellen im LTE-Netz werden nichteindeutige und eindeutige Zellenkennungen übertragen (Merkmal 3). Es handelt sich dabei um die PCI und die ECGI. Angesichts obiger Ausführungen zur Auslegung ist es unerheblich, dass die PCI aus den Synchronisationssignalen PSS und SSS zusammengesetzt und anhand der Formel errechnet wird. An anderer Stelle des LTE-Standards (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a) findet sich zudem, dass eine bestehende Nachbarbeziehung von einer Ausgangszelle zu einer Zielzelle bedeutet, dass die die Ausgangszelle steuernde eNB die PCI der Zielzelle kennt. Diese Kenntnis bedingt, dass eine Übertragung in den Zellen möglich ist. Gleiches gilt auch für die ECGI, die sich aus der plmn-Identity und der cellIdentity zusammensetzt. Bei der ECGI handelt es sich um eine eindeutige Kennung. Dies genügt, mag der LTE-Standard auch einen anderen Zweck damit verfolgen.
373b)
374Ferner verwirklicht die angegriffene Ausführungsform II nach dem LTE-Standard auch Merkmalsgruppe 7.
375Gemäß dem LTE-Standard empfängt das UE von der eNB der Versorgungzelle, die die erste Kommunikationszelle darstellt, über die Steuerung eine Anweisung (Merkmal 7), eindeutige Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle zu erkennen (Merkmal 7a) und diese an die eNB zu melden (Merkmal 7b).
376Eine zweite RRCConnectionReconfiguration Nachricht enthält mit der measConfig die Aufforderung „reportCGI“ (LTE-Standard III, Ziffer 8.3.3.1.3.2, Schritt 5). Die Information „reportCGI“ stellt eine Anweisung im Sinne des Klagepatents 6 dar. Nach Ziffer 5.5.3.1 des LTE-Standards II soll das UE, wenn eine measID vorliegt, für welche der Zweck in der zugehörigen reportConfig auf ´reportCGI` gesetzt ist, versuchen, die E-Utran Cell Global Identity (ECGI) zu beschaffen (LTE Standard II, Ziffer 5.5.3.1). Der Zweck „reportCGI“ bezieht sich auf die ECGI. Bei der ECGI handelt es sich um den globalen eindeutigen Zellidentifizierer und damit um eindeutige Kennungsinformationen der Nachbarzelle. Ausweislich der Tabelle 8.3.3.1.3.2 des LTE-Standards III beschafft sich das UE die ECGI (relevant system information) von der zweiten Kommunikationszelle (Schritt 5, 6). In Schritt 7 der Tabelle sollte das UE innerhalb einer Sekunde die ECGI (cellGlobalID) der zweiten Zelle sprich Nachbarzelle an die Funkbasisstation gemeldet haben.
377Gleiches folgt auch aus Ziffer 22.3.3 des LTE-Standards I. Danach weist die eNB das UE unter Verwendung der neu entdeckten PCI als Parameter an, unter anderem die ECGI der dazugehörigen Nachbarzelle zu lesen. Dies erfolgt mittels „reportCGI“. Wenn das UE die ECGI der neuen Zelle herausgefunden hat, behauptet das UE die gefundene ECGI an die Serving Cell NB. Die hier zitierten Stellen im LTE-Standard zeigen, dass die ECGI nicht ohne eine Anforderung der eNB („instructs“) gelesen wird. Ob das Melden/BPP hten – wie die Beklagten ausführen und im Ergebnis von der Klägerin nicht bestritten wurde – periodisch erfolgt, ist unerheblich. Das Klagepatent macht hierzu keine einschränkenden Vorgaben. Abgesehen davon sind die Beklagten dem Vortrag der Klägerin, wonach selbst bei einer Implementierung über den periodischen BPP htstyp die Periode jedenfalls so konfiguriert sei, dass die ECGI dabei höchstens immer nur ein einziges Mal abgerufen und behauptet werde, nicht mehr substantiiert entgegengetreten.
3783.
379Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform I geeignet ist, eine Nachschlagetabelle im Sinne des Klagepatentanspruchs 17 zu verwenden, um eine Übereinstimmung von eindeutiger Zellenkennung und Netzadresse der Funkbasisstation zu finden (Merkmalsgruppe 3.4). Mangels klagepatentgemäßer Nachschlagetabelle ist es unerheblich, ob diese sich in der eNB (unmittelbare Verletzung) oder in der MME (mittelbare Verletzung) befindet. Insofern hat sowohl der HaQ tantrag als auch der Hilfsantrag gestützt auf die wortsinngemäße Verletzung des Klagepatentanspruchs 17 keinen Erfolg.
380Wird der eNB von einem UE eine eindeutige Zellenkennung einer benachbarten Zelle mitgeteilt, die ihr zuvor noch nicht bekannt war, bietet der LTE-Standard der eNB die Möglichkeit, diese neue Nachbarbeziehung einer Liste hinzuzufügen und eine Netzadresse zu ermitteln. Dazu heißt es in Ziffer 22.3.3 unter 4. (LTE-Standard I): Wenn die eNB entscheidet, diese Nachbarbeziehung hinzuzufügen, kann sie die PCI und ECGI verwenden, um (a) eine Transportschichtadresse für die neue eNB nachzuschauen und (c) wenn notwendig eine neue X2-Schnittstelle zu diesem eNB einzurichten. Bei der Transportschichtadresse handelt es sich um eine Netzadresse im Sinne des Klagepatentanspruchs 17. Die Ermittlung der Transportschichtadresse findet gemäß Abschnitt 22.3.6.1 des LTE-Standards I statt. Die eNB sendet eine eNB CONFIGURATION TRANSFER message zur MME, um die Transport Network Layer- (TNL-) Adresse der Ziel-eNB zu erfragen. Diese Nachricht enthält die Ziel-eNB-ID. Die MME gibt die Anfrage durch Senden einer MME CONFIGURATION TRANSFER message an die Ziel-eNB weiter, die durch die Ziel-eNB-ID identifiziert wird. Die Ziel-eNB antwortet der MME mit der eNB CONFIGURATION TRANSFER message, die unter anderem eine oder mehrere TNL-Adressen enthält. Die MME wiederum leitet die Antwort weiter an die ursprüngliche eNB.
381Dieser Abfragemechanismus stellt kein Finden einer Übereinstimmung in einer Nachschlagetabelle im Sinne des Klagepatents dar. Es lässt sich nicht feststellen, dass die TNL-Adresse aus (potentiell mehreren) Zellenkennungen aufgrund einer Zuordnung zu einer bestimmten Zellenkennung ermittelt wurde. Vielmehr wird die TNL-Adresse direkt bei der Ziel-eNB angefragt. Die eNB stellt ohnehin nur eine Anfrage an die MME. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass sich die MME einer Nachschlagetabelle bedient. Vielmehr wird die Anfrage der eNB von der MME an die Ziel-eNB weitergeleitet, die selbst mit ihrer TNL-Adresse antwortet. Denn wie die Beklagten dargelegt haben, verarbeitet oder bearbeitet das MME die Anfrage der eNB nicht, sondern reicht sie lediglich weiter an die Ziel-eNB (Abschnitt 8.15.2.1, TS 36.413; „transparently transfer“). Die Ziel-eNB kennt ihre eigene TNL-Adresse. Anders als der im Ausführungsbeispiel genannte DNS-Server wird hier keine Zellenkennung auf eine IP-Adresse abgebildet, sondern die TNL-Adresse wird vom Adressaten selbst konkret erfragt.
382In diesem Zusammenhang vermag sich die Kammer der Ansicht der Klägerin nicht anzuschließen, dass die Speicherung der TNL-Adresse in der Kandidaten-eNB zusammen mit der Anfrage der MME die Zuordnung im Sinne einer Nachschlagetabelle darstellen soll. Ein Nachschlagen bzw. das Finden einer Übereinstimmung in einer Tabelle ist nicht ersichtlich. Die Ziel-eNB antwortet mit der TNL-Adresse auf die Anfrage der MME, die die Ziel-eNB-ID enthält. Einer etwaigen Zuordnung durch das Finden einer Übereinstimmung bedarf es nicht – und wird so konkret von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Ausführungen mehr dazu, ob die Ziel-eNB-ID komplett identisch mit der ECGI sei oder jedenfalls vollständig von dieser als Unterabschnitt erfasst werde.
3834.
384Mangels entsprechenden Antrags bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu einer äquivalenten Verletzung.
385VI.
386Geschwärzt und gelöscht
387VII.
388Aufgrund der unberechtigten Benutzung der patentgemäßen Lehre des Klagepatentanspruchs 6 durch die Beklagte zu 2) ergeben sich nachstehende Rechtsfolgen.
3891.
390Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 2) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
391Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht (vgl. Schulte/Voß/Kühnen, Patentgesetz, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 231).
392Die Beklagte zu 2) hat die streitgegenständliche Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Umstand, dass die Klägerin für das Klagepatent gegenüber der ETSI eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar mag die FRAND-Erklärung bei den betroffenen Marktteilnehmern die berechtigte Erwartung hervorrufen, dass ihnen eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen erteilt werde, dennoch ist es fahrlässig, ohne den erfolgreichen Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Nutzung des Patents zu beginnen. Denn erst die Lizenz vermittelt das Recht zur Benutzung. Der FRAND-Erklärung selbst kommt diese Wirkung hingegen nicht zu; sie stellt lediglich die ernstgemeinte Erklärung des Patentinhabers dar, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents potentiellen Benutzern Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen (s. hierzu ausführlicher unten im Rahmen des Zwangslizenzeinwandes).
393Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Dieser besteht bereits in der unberechtigten Benutzung des Schutzrechts durch die Beklagte zu 2).
3942.
395Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) auch ein Anspruch auf Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit den §§ 140b PatG, 242, 259 BGB zu, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte zu 2) wird durch die von ihr verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. Eine Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus kartellrechtlichen Gründen ist nicht gerechtfertigt (s. ausführlicher sogleich zum Zwangslizenzeinwand).
396VIII.
397Die Beklagte zu 2) hält dem Klagebegehren der Klägerin ohne Erfolg den Einwand ihrer (angeblichen) Lizenzwilligkeit entgegen. Weder die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin noch die Art. 101, 102 AEUV hindern die Durchsetzung der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung ganz oder auch nur in Teilen. Hierzu im Einzelnen:
3981.
399Den Ansprüchen wegen unberechtigter Patentbenutzung kommt grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu; die Rechte des geistigen Eigentums werden in der Charta der Grundrechte der EU (Art. 17 Abs. 2) ausdrücklich unter Schutz gestellt. Um diesen Schutz in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, müssen die gesetzlichen Ansprüche wegen widerrechtlicher Patentbenutzung in der Regel zur Anwendung gebracht werden. Dies gilt umso mehr, als auch der Zugang zu den GPP hten seinerseits Grundrechtsschutz genießt, Art. 47 der EU-Charta (so auch: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 57). Beschränkt wird der Schutz des geistigen Eigentums durch den Vorbehalt der Allgemeinverträglichkeit, was insbesondere eine Ausübung der Patentrechte nach den Regeln des Kartellrechts verlangt. Insofern ist spätestens durch die Entscheidung „Orange-Book-Standard“ geklärt, dass einem Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsprozess der Einwand eines kartellrechtlichen Lizenzvertragsanspruches entgegengehalten werden kann (BGH, GRUR 2009, 694 ff.; bestätigt zuletzt durch EuGH, GRUR 2015, 764 ff.).
4002.
401Die Klägerin ist Inhaberin eines standardessentiellen Patents, für das sie gegenüber der Standardisierungsorganisation ETSI eine FRAND-Selbstverpflichtungserklärung abgegeben hat. Bei einer solchen de iure-Standardisierung trifft ein Zusammenschluss von Marktteilnehmern – organisiert in einer Standardisierungsorganisation – unter den für die Lösung der Standardisierungsaufgabe infrage kommenden Technologien eine Auswahl und beschließt das Ergebnis dieser Auswahl als Standard. Die Vorteile der de iure-Standardisierung liegen in der Vermeidung eines Ressourcen zehrenden Verdrängungswettkampfes, der Durchsetzung von überlegenen Technologien trotz ggf. geringer Marktmacht des dahinter stehenden Unternehmens, der Erzielung einer weitgehenden Kompatibilität konkurrierender Produkte und der damit verbundenen erleichterten Vergleichbarkeit dieser Produkte für den Verbraucher. Auf der anderen Seite birgt die de iure-Standardisierung auch gewisse Gefahren. Wird etwa die Auswahl der in Frage kommenden Technologien unsachgemäß durchgeführt, so kann dies zu schlechten Ergebnissen führen, weil sich die gewählte Lösung nicht unter Wettbewerbsdruck am Markt durchsetzen muss. Zudem bewirkt die erfolgreiche Standardisierung einer bestimmten technischen Lehre häufig eine Abhängigkeit des betroffenen Produktmarktes. Vor diesem Hintergrund müssen die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der standardbezogenen Patentnutzung kontrolliert werden, mit denen ein Marktteilnehmer die Machtstellung ausnutzt, die ihm aus dem Zusammenspiel eines erfolgreich implementierten Standards mit einem Patent erwächst (vgl. Picht, GRUR Int. 2014, 1 ff.). Zur Kontrolle dienen hier insbesondere die Regelungen in Art. 101 und 102 AEUV.
4023.
403Der de iure-Standardisierungsvorgang unterfällt dem Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 263 ff.). Am Standardisierungsvorgang beteiligt sind „Unternehmen“ im Sinne dieser Norm, nämlich Einheiten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Der Begriff der „Vereinbarung“ in Art. 101 AEUV ist grundsätzlich weit zu verstehen. Er erfasst die de-iure-Standardisierung schon deswegen, weil sie zu einem nach Ziel und Vorgehen bewusst gleichgerichteten Vorgehen der Standardisierungsteilnehmer führt. Auswirkungen auf den Wettbewerb entstehen dadurch, dass die Standardisierungsteilnehmer zu Gunsten des Standards auf die Entwicklung oder Nutzung alternativer Technologien verzichten und ein gewisser faktischer Zwang entsteht, nach dem Standard herzustellen oder zu arbeiten.
404Eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV liegt bei der de-iure-Standardisierung dann nicht vor, wenn die Möglichkeit der uneingeschränkten Mitwirkung am Normungsprozess für alle potenziellen Anwender gegeben ist, das Verfahren für die Annahme der betreffenden Norm transparent ist, keine Verpflichtung zur Einhaltung der Norm besteht und Dritten der Zugang zu der Norm zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährt wird (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 280; vgl. auch: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Schroeder, Das Recht der Europäischen Union, 54. Auflage 2014, Rn 639). Letzteres gewährleisten die Standardisierungsorganisationen in der Regel durch die Einholung sogenannter FRAND-Erklärungen, mit der die am Standardisierungsprozess beteiligten Inhaber standardessentieller Patente ihre ernstgemeinte Absicht erklären, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen („fair, reasonable and non-discriminatory“) zu erteilen.
405Die am LTE-Standard mitwirkenden Unternehmen haben für ihre standardessentiellen Patente gegenüber der ETSI FRAND-Selbstverpflichtungserklärungen abgegeben. Der Standardisierungsvorgang als solcher begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken.
4064.
407Für die Frage, ob der Patentinhaber berechtigt ist, sein (standardessentielles) Patent gerichtlich durchzusetzen, ist Art. 101 AEUV ohne Belang. Denn insofern steht nicht der Vorgang der Standardisierung als solcher, sondern ein (späteres) einseitiges Verhalten des Patentinhabers – die Nichtaufnahme von Lizenzvertragsverhandlungen entsprechend seiner FRAND-Erklärung – im Streit. Soweit in Rechtsprechung und Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, auch ein solches Verhalten des Patentinhabers sei an Art. 101 AEUV zu messen (vgl. LG Mannheim, Beschluss vom 21.11.2014, Az.: 7 O 23/14; so wohl auch: LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015, Az.: 2 O 108/14; S. Barthelmeß/N. Gauß, WuV 2010, 626; wohl auch: Walz, GRUR Int. 2013, 718 ff.) überzeugt dies nicht. Art. 101 AEUV verfolgt den Zweck, kartellrechtswidrige Vereinbarungen, d.h. ein wechselseitiges Zusammenwirken von zumindest zwei Parteien, zu unterbinden. Als Rechtsfolge sieht die Norm die Nichtigkeit entsprechender kartellrechtswidriger Vereinbarungen vor. Art. 101 AEUV (i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 GWB) regelt hingegen nicht, dass der Patentinhaber die Durchsetzung eines Patents zu unterlassen hat, solange er nicht entsprechend der FRAND-Erklärung verhandelt.
4085.
409Die FRAND-Erklärung selbst stellt die ernstgemeinte Erklärung dar, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen (fair, zumutbar und nicht diskriminierend) zu erteilen (invitatio ad offerendum). Sie ist deklaratorischer Natur und gibt Dritten damit keinen Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen (so auch schon: LG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012, Az.: 4b O 273/10). Die am Standardisierungsvorgang beteiligten Unternehmen geben die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung ab, um die kartellrechtliche Unbedenklichkeit der Standardabsprache sicherzustellen. Entsprechend ist ihre Erklärung dahingehend auszulegen, dass sie sich soweit verpflichten wollen, wie dies aus kartellrechtlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Hierfür ist weder ein bindendes Lizenzvertragsangebot seitens des Patentinhabers noch ein Verzicht auf die Durchsetzung seiner Unterlassungsansprüche gegenüber jedem Lizenzinteressenten erforderlich. Ein solcher Bedeutungsgehalt kann den Erklärungen bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht beigemessen werden. Es entspricht nicht dem Willen der Standardisierungsteilnehmer bzw. etwaiger Rechtsnachfolger, gegenüber jedem Dritten eine rechtliche Verpflichtung dergestalt einzugehen, mit ihm einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, unabhängig davon, ob das jeweilige in Rede stehende Patent seinem Inhaber überhaupt eine marktbeherrschende Stellung vermittelt und damit in kartellrechtlicher Hinsicht Bedeutung auf dem Markt erlangt hat. Vielmehr gibt der Patentinhaber mit seiner FRAND-Erklärung lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Diese Erklärung stellt damit die deklaratorische Konkretisierung des kraft Kartellrechts ohnehin bestehenden gesetzlichen Abschlusszwangs dar. Eigenständige rechtliche Bedeutung hat sie insoweit, als sie das Pflichtenprogramm des Patentinhabers im Rahmen der Prüfung des Art. 102 AEUV (§§ 19, 20 GWB) mit beeinflusst.
4106.
411Art. 102 AEUV verlangt neben der marktbeherrschenden Stellung des anspruchstellenden Unternehmens das Eingreifen außergewöhnlicher Umstände, die zu einer Beeinträchtigung des Handels führen.
412a)
413Die für die Anwendung des Art. 102 AEUV erforderliche marktbeherrschende Position der Klägerin ergibt sich nicht schon allein aufgrund ihrer Rechtsposition am Klagepatent. Nicht jedes standardessentielle Patent vermittelt eine kartellrechtlich bedeutsame Marktmacht (vgl. das Urteil der Kammer vom 26.03.2015, Az.: 4b O 140/13; so auch Müller, GRUR 2012, 686). Die Berufung auf eine etwaige fehlende Marktmacht ist auch nicht etwa vor dem Hintergrund der abgegebenen FRAND-Erklärung treuwidrig. Denn mit dieser gibt der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Im Rahmen des Art. 102 AEUV ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob der unter Schutz gestellten technischen Lehre tatsächlich eine kartellrechtlich relevante, marktbeherrschende Bedeutung zukommt.
414Der Begriff der Marktbeherrschung ist weder eine feststehende Eigenschaft eines Unternehmens noch ein absoluter rechtlicher Begriff. Die Marktbeherrschung besteht immer nur im Hinblick auf gewisse Funktionen, Märkte, Vorschriften, usw. So kann ein Unternehmen insbesondere nur im Hinblick auf einen bestimmten Teil seiner Aktivitäten marktbeherrschend sein (Langen/Bunte/Nothdurft/RQ pelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15).
415Speziell für den Bereich des geistigen Eigentums hat die Europäische Kommission in der Entscheidung „SS “ (C-457/10P, EU:C:2012:770, Rn 175) festgestellt, dass eine beherrschende Stellung eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens sei, „die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten“. Weiter heißt es in Rn 186, dass „zwar nicht angenommen werden könne, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums eine beherrschende Stellung begründe, sie aber geeignet sei, unter bestimmten Umständen eine solche Stellung zu schaffen, insbesondere dadurch, dass das Unternehmen die Möglichkeit erhalte, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern“.
416Dabei muss sich die Marktmacht nicht zwingend auf den beherrschten Markt selbst beschränken, sondern kann sich auch auf vor- oder nachgelagerte Märkte erstrecken (Langen/Bunte/Nothdurft/RQ pelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15). Im Hinblick auf Rechte am geistigen Eigentum ist kartellrechtlich relevant insofern nicht der Markt der Lizenzvergabe, sondern der nachgelagerte Produktmarkt (vgl.: EuGH, GRUR Int. 1995, 490, Rn 47 – Magill TVG Guide; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte).
417Dieser nachgelagerte Produktmarkt als sachlich relevanter Markt ist im Hinblick auf die vom Patent geschützte technische Lehre genauer zu qualifizieren. Bezogen auf ein standardessentielles Patent ist der relevante Markt im Grundsatz der Markt, auf dem diejenigen Produkte angeboten werden, die den Standard mit der SEP-geschützten Technik verwirklichen. Dabei erfolgt die Marktabgrenzung in ständiger Rechtsprechung nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Hiernach werden alle Leistungen einem Markt zugeordnet, die aus Sicht der Marktgegenseite funktionell austauschbar sind (BGHZ 160, 321-332 – Staubsaugerbeutelmarkt m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008, Az.: VI-U (Kart) 29/06, zitiert nach juris). Ziel der Marktabgrenzung ist es stets, die den Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite entsprechende Realität des Wettbewerbs zu erfassen (Langen/Bunte/Nothdurft/RQ pelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 20 m.w.N.).
418Bei dem in Rede stehenden Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (sog. ANR-Funktion), handelt es sich um eine Technologie, die eine der Grundfunktionen eines Mobilfunkgerätes betrifft und die den LTE-Standards I bis III (3GPP TS 36.300 Version 8.9.0, 3GPP TS 36.331 Version 8.7.0 und 3GPP TS 36.523-1 Version 12.3.0) unterfällt. Nach den LTE-Standards kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale. Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereitgestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch die Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit entsprechendem mobilem Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer neuen Zelle automatisch erfolgen soll.
419Es kann dahinstehen, ob tatsächlich jedes mobile Endgerät am Markt mit der streitgegenständlichen Technologie ausgestattet ist und es keine konkurrenzfähige Alternative am Markt gibt. In seinen Entscheidungen „Standard-Spundfaß“ (BGH, GRUR 2004, 967) und „Orange-Book-Standard“ (BGH, GRUR 2009, 694) ist der BGH zwar davon ausgegangen, dass es für die kartellrechtlich relevante Marktmacht darauf ankommt, ob ein konkretes, dem Standard bzw. der Norm entsprechendes Produkt substituierbar ist, d.h. ein nicht norm- bzw- standardgerechtes Produkt auf dem nachgelagerten Nachfragemarkt überhaupt absetzbar und damit wettbewerbsfähig wäre, auf solche Fälle der Marktzutrittsvoraussetzung eines SEP ist die Annahme einer marktbeherrschenden Bedeutung hingegen nicht beschränkt. Vielmehr kann eine marktbeherrschende Stellung auch dann angenommen werden, wenn auf dem relevanten Markt auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des standardessentiellen Patents nicht aufweisen. Voraussetzung für die Annahme einer marktbeherrschenden Position ist in diesem Fall, dass ohne den Zugang zur Nutzung des streitgegenständlichen Patents ein wettbewerbsfähiges Angebot nicht möglich ist, d.h. allein mit Produkten ohne die patentierte Funktion kein wirksamer Wettbewerb zu den übrigen Anbietern stattfindet. Demgegenüber wäre eine marktbeherrschende Stellung jedenfalls dann zu verneinen, wenn die durch das SEP geschützte technische Funktion für den Nachfrager von SEP-Produkten gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Letzteres kommt im Streitfall nicht in Betracht. Die streitgegenständliche Technik ist sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Endkunden so wesentlich, dass ohne ihre Nutzung ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für mobile Endgeräte nicht möglich ist. Dies wird auch von der Klägerin nicht ernsthaft bestritten.
420b)
421Bei der Frage, wann außergewöhnliche Umstände vorliegen, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen können, muss die Standardessentialität des geltend gemachten Patents Ausgangspunkt sämtlicher Überlegungen sein, weil eben jene das Patent für jeden Wettbewerber, der Produkte herzustellen beabsichtigt, die dem Standard entsprechen, unerlässlich macht. Der Inhaber eines standardessentiellen Patents ist damit in der Lage zu verhindern, dass standardkonforme Produkte seiner Wettbewerber auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben. Hinzu kommt, dass der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – sich durch seine FRAND-Erklärung bereit erklärt hat, Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen zu erteilen. Hierin liegt der grundlegende Unterschied des Streitfalls zu dem Sachverhalt, über den der BGH in seiner Entscheidung „Orange-Book-Standard“ zu befinden hatte (NJW-RR 2009, 1047 ff.). Die dort aufgestellten hohen Anforderungen an das Verhalten des Patentverletzers lassen sich auf Konstellationen, in denen der Patentinhaber gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, nicht ohne weiteres übertragen. Vielmehr hat der EuGH für einen solchen Fall in seinem Urteil vom 16.07.2015 folgende Grundsätze aufgestellt (GRUR 2015, 764 ff.):
422aa)
423Der Inhaber eines standardessentiellen Patents, für das er gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, muss, damit eine Klage auf Unterlassung, Rückruf oder Vernichtung nicht als missbräuchlich angesehen werden kann, Bedingungen erfüllen, durch die ein gerechter Ausgleich der betroffenen Interessen gewährleistet wird. Vor der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche muss er den angeblichen Verletzer zunächst einmal auf die Patentverletzung hinweisen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 61) und ihm, soweit der Verletzer zur Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des Patents zu FRAND-Bedingungen unterbreiten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 63). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 65). Nimmt der Verletzer das Angebot des Patentinhabers nicht an, muss er innerhalb kurzer Frist ein Gegenangebot machen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 66). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot ab, muss der Patentverletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 67).
424Diese kartellrechtlichen Beschränkungen gelten nicht nur für den Unterlassungsanspruch, sondern auch für den Rückrufanspruch und den Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Gegenstände. Denn diese Ansprüche beinhalten im Allgemeinen ein Verkaufsverbot des Produktes, mit dem das Patent verletzt wird, und können deshalb einen Marktausschluss bedeuten (vgl. hierzu etwa: Pressemitteilung der Kommission in Sachen X vom 29.04.2014). Dies kann zu einer Verzerrung von Lizenzverhandlungen und zu wettbewerbswidrigen Lizenzbedingungen führen, die der Lizenznehmer ohne die drohende Unterlassungsverfügung nicht akzeptiert hätte.
425bb)
426Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) sind diese Überlegungen nicht ohne weiteres auf den Schadensersatzanspruch zu übertragen. Ein Marktausschluss droht durch die Zuerkennung dieses Anspruchs nicht und auch sonst wird ein wirksamer Wettbewerb durch sie nicht verhindert. Eine Klage auf Schadensersatz für vergangene Benutzungshandlungen, die das standardessentielle Patent verletzen, ist lediglich darauf gerichtet, den SEP-Inhaber für bereits erfolgte Verletzungen seines Patents zu entschädigen. Sie führt weder zum Ausschluss standardkonformer Produkte vom Markt noch dazu, dass ein potentieller Lizenznehmer sich gezwungen sieht, ungünstigen Lizensierungsbedingungen für zukünftige Benutzungen eines SEP zuzustimmen.
427Entsprechend hält auch der EuGH die Geltendmachung eines Anspruches auf Schadensersatz grundsätzlich für nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 73-76). Der Verletzer eines standardessentiellen Patents ist – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
428cc)
429Im Rahmen der Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach ist eine irgendwie geartete Beschränkung aus Gründen des Kartellrechts nicht geboten. Grundsätzlich stehen dem Patentinhaber für die konkrete Angabe der Höhe des Schadensersatzes gemäß § 139 Abs. 2 PatG drei Berechnungsarten zur Verfügung (vgl. hierzu auch: Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Auflage 2015, § 139 Rn 61). Gemäß § 139 Abs. 2 S. 1 PatG i.V.m. § 249 BGB i.V.m. § 252 BGB ist die Berechnung des konkreten Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns nach der Differenzlehre vorgesehen. Seit der Neufassung von § 139 Abs. 2 PatG durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 (Durchsetzungsgesetz), das am 1.9.2008 in Kraft getreten ist und mit dem die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umgesetzt worden ist, werden der Verletzergewinn (§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG) und die angemessene Lizenzgebühr (§ 139 Abs. 2 S. 3 PatG) als Berechnungsgrundlage ausdrücklich im Patentgesetz erwähnt. Die drei Berechnungsarten – entgangener Gewinn, Lizenzanalogie oder Verletzergewinn – stehen nebeneinander. Der Verletzte hat ein Wahlrecht und muss sich für eine der drei Berechnungsarten entscheiden (Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Pitz, Patentverletzungsverfahren, 2. Auflage 2010, Teil 4 I. 4. a)). Alle drei Berechnungsmethoden dienen der Berechnung desselben Schadens und stellen damit lediglich Rechenoptionen, nicht aber unterschiedliche Ansprüche dar (Melullis, GRUR Int. 2008, 679 ff.). Die Feststellung, dass ein bestimmter Verletzer dem Patentinhaber nach § 139 PatG Schadensersatz schuldet, die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruches also grundsätzlich gegeben sind, geht der Bestimmung der Höhe dieses Schadens vor. Die Zuerkennung nur einer bestimmten Berechnungsmethode – insbesondere der Lizenzanalogie – kommt nicht in Betracht. Soweit – wie im vorliegenden Fall – lediglich die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt ist, entscheidet das GPP ht ausschließlich über den Grund des Anspruchs.
430Die Höhe des konkreten Schadens hat auf die Frage der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach lediglich dann Einfluss, wenn die Möglichkeit besteht, dass der dem Patentinhaber entstandene Schaden mit Null zu bemessen ist (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff – Standard-Spundfass). Eine solche Freilizenz kommt vorliegend ersichtlich nicht in Betracht. Dass eine solche von der Klägerin geschuldet würde, wird auch von der Beklagten zu 2) nicht geltend gemacht.
431dd)
432Andernfalls kommt lediglich eine Begrenzung der Schadensersatzverpflichtung auf einen bestimmten Höchstbetrag in Betracht, die allerdings erst im Rahmen des ggf. sich anschließenden Höheverfahrens zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu auch: Obergericht für Geistiges Eigentum, Japan, GRUR Int. 2015, 144 ff. – Apple v. I II, mit etwas anderem Ansatz).
433Insofern ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von §§ 19, 20 GWB bzw. Art. 102 AEUV einen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages begründen kann (vgl. hierzu: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2007, 181 – Orange Book). Dieser kartellrechtliche Anspruch auf Lizenzierung dient der Durchsetzung des gegenüber jedem Marktteilnehmer geltenden Verbots, eine marktbeherrschende Stellung nicht zu missbrauchen. Die Weigerung des Patentinhabers, dem berechtigten Verlangen des Patentverletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages nachzukommen, kann kartellrechtswidrig sein und einen eigenen Schadensersatzanspruch des Patentverletzers gegen den Patentinhaber begründen (§ 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB). Der Patentinhaber kann in einem solchen Fall für die Zeit nach seiner rechtswidrigen Weigerung keinen vollen Schadensersatz verlangen, sondern ist der Höhe nach beschränkt auf den Betrag einer angemessenen Lizenzgebühr (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass).
434Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Patentinhaber für das in Rede stehende standardessentielle Patent eine FRAND-Erklärung abgegeben hat. Insbesondere hat die FRAND-Erklärung nicht die Wirkung, dass der Schadensersatzanspruch von vornherein auf die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr beschränkt ist. Dies könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn man der FRAND-Erklärung konstitutive Wirkung in dem Sinne beimessen wollte, dass sie jedem Marktteilnehmer einen eigenen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen vermittelt. Dieser Auffassung folgt die Kammer hingegen nicht (s.o.). Vielmehr kann der dem Grunde nach zunächst in voller Höhe bestehende Schadensersatzanspruch des Patentinhabers wegen Patentverletzung nur durch einen Gegenanspruch des Verletzers eingeschränkt werden, § 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB. Die Voraussetzungen eines solchen Gegenanspruchs sind vom Verletzer darzulegen und zu beweisen.
435Nachdem Art. 102 AEUV ein missbräuchliches Verhalten des Patentinhabers voraussetzt, ist vorrangig auf dessen Verhalten abzustellen, wobei dieses üblicherweise im Wechselspiel mit dem Verhalten des Patentbenutzers zu bewerten ist. Unter welchen Voraussetzungen dem Patentinhaber im Einzelnen bei der Geltendmachung eines Schadensersatz-, Auskunfts- und/oder Rechnungslegungsanspruchs ein Missbrauchsvorwurf zu machen ist, ist vom EuGH in seinem Urteil vom 16.07.2015 (GRUR 2015, 764 ff.) nicht entschieden worden. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich ausdrücklich nur auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs sowie der in ihren Wirkungen auf den betroffenen Markt vergleichbaren Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung (vgl. EuGH, GRUR 2015, 764 ff.). Im Gegensatz hierzu sind die Auswirkungen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung auf den Markt weitaus geringer. Allein der Umstand, dass die zu leistende Auskunft und Rechnungslegung für den Verletzer ggf. mit hohem Aufwand verbunden ist und/oder seine Geheimhaltungsinteressen berührt, rechtfertigt es nicht, für die Geltendmachung dieser Ansprüche die Anforderungen an die Pflichten des Patentinhabers im Rahmen des Art. 102 AEUV genauso hoch anzusetzen wie bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.
436Vielmehr ist mit dem EuGH im Grundsatz davon auszugehen, dass der Verletzer eines standardessentiellen Patents – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet ist, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf (vollen) Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Erst wenn der Patentinhaber sich weigert, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, verhält er sich missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 53) und der Verletzer schuldet in der Folge nur noch Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr.
437Soweit der EuGH vom Patentinhaber für den Fall einer Klage auf Unterlassung, Rückruf und/oder Vernichtung verlangt, dass er den Verletzer vor der Klageerhebung auf die Verletzung hinweist und ihm, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 61-63), beruht dies unter unterem auf der Erwägung, dass mit der Zuerkennung der vorgenannten Ansprüche des Patentinhabers der Marktausschluss des Verletzers mit seinem standardkonformen Produkt mit den damit verbundenen einschneidenden Folgen für den Produktmarkt droht (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 52). Diese Erwägung ist auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung nicht übertragbar. Erhebt der Patentinhaber eine Klage zur Geltendmachung dieser Ansprüche, ohne den Verletzer zuvor auf die Verletzung hingewiesen und, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet zu haben, begründet allein dies noch keinen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV. Hinzukommen muss vielmehr ein erkennbar nach außen zutage getretener Wille des Verletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages, dem der Patentinhaber sich treuwidrig verweigert.
438ee)
439Liegen nach den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auf die Höhe einer FRAND-Gebühr vor, führt dies in der Folge zu einer inhaltlichen Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruches. Denn letzterer hat seinem Zweck nach dem Umfang des Schadensersatzanspruches zu folgen (vgl. hierzu: Schulte/Voß/Kühnen, PatG, 9. Auflage, § 139 Rn 148).
440Die der Vorbereitung des Schadensersatzanspruches dienende Auskunft und Rechnungslegung muss zwar grundsätzlich alle Angaben enthalten, die der Verletzte benötigt, um eine der ihm offen stehenden drei Berechnungsmethoden (Lizenzanalogie, Verletzergewinn oder entgangener Gewinn) auszuwählen und auf dieser Grundlage die Schadenshöhe zu beziffern (BGH, GRUR 1962, 354, 356 - Furniergitter; BGH, GRUR 1974, 53 – Nebelscheinwerfer; Fitzner/Lutz/Bodewig/Pitz, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, § 139 Rn 236), jedoch unterstehen Inhalt und Umfang der Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dies erfordert eine Abwägung der Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls (BGH, GRUR 1974, 53, 54 – Nebelscheinwerfer). In diesem Sinne mag auch die Äußerung des Generalanwalts Wathelet zu verstehen sein, der in seinen Schlussanträgen darauf hingewiesen hat, dass das Gericht über die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu wachen habe (Schlussanträge des Generalanwaltes Melchior Wathelet vom 20.11.2014 in der Rechtssache C-170/13, dort Ziffer 101).
441Dabei ist auf Seiten des Patentinhabers die Bedeutung der verlangten Auskunft für die Darlegung der für Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs wesentlichen Umstände in die Abwägung einzustellen; auf Seiten des Verletzers kann insbesondere ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse Bedeutung erlangen (BGH, GRUR 2007, 532 ff. – Meistbegünstigungsvereinbarung). Demgegenüber rechtfertigen Unterschiede bezüglich des Arbeitsaufwandes bei verschiedenen Schadensberechnungsarten es in aller Regel nicht, den Patentinhaber auf eine für den Verletzer weniger aufwändige Berechnungsart zu verweisen (BGH, GRUR 1982, 723 ff. – Dampffrisierstab).
442Liegen die Umstände des Einzelfalls so, dass der Patentinhaber für die Nutzung der patentgemäßen Lehre lediglich eine angemessene, FRAND-Bedingungen entsprechende Lizenzgebühr verlangen kann, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, auch die Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung auf die zur Berechnung dieser FRAND-Lizenzgebühr erforderlichen Angaben zu beschränken. Insbesondere ist in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse des Patentinhabers an Angaben zum Verletzergewinn (Kosten- und Gewinnangaben) ersichtlich, das die berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Patentverletzers überwiegen könnte.
443Allerdings ist von der Beklagten zu 2) nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Voraussetzungen für einen kartellrechtlichen Anspruch auf Lizensierung zu FRAND-Bedingungen gegeben sind und der Schadensersatzanspruch der Klägerin damit von vornherein auf die Höhe einer FRAND-Lizenzgebühr beschränkt wäre. Soweit die Beklagte zu 2) vorträgt, es habe mehrfach Treffen mit der Klägerin gegeben, im Rahmen derer ernsthafte Lizenzvertragsverhandlungen geführt worden seien, bleiben Zeitpunkte, Orte und Inhalte entsprechender Gespräche im Dunkeln. Die Klägerin bietet öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Bedingungen an. Soweit die Beklagte zu 2) diesbezüglich bemängelt, dass ihre Sonderposition als frühere Lizenznehmerin an den W -Patenten nicht hinreichend berücksichtigt werde, ist dieser Einwand ohne Belang. Denn aus dem Umstand, dass die Beklagten in der Vergangenheit eine Lizenz am Klagepatent (als Teil eines Portfolios) hatten, ergibt sich keine Sonderposition, die es rechtfertigen würde, die Beklagten gegenüber anderen Lizenznehmern besser zu stellen. Ebenso wenig ist die Klägerin verpflichtet, die bisherige Lizensierungspraxis von W fortzuführen (s.o.). Warum das Angebot der Klägerin im Übrigen nicht FRAND sein sollte, erläutern die Beklagten nicht. Ebenso fehlt es an Ausführungen zum Inhalt und Zeitpunkt des von ihnen angeblich abgegebenen Gegenangebotes. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen treuwidrig verweigert und damit ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV missbraucht hat.
444IX.
445Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren gem. § 148 ZPO auszusetzen. Für die Kammer lässt sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstands nicht die für eine Aussetzung erforderliche hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage feststellen (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten).
4461.
447Das Klagepatent ist gegenüber dem Stand der Technik neu.
448a)
449Der Standard 3GPP TS 23.331 V3.4.0 (nachfolgend: V3.4.0) steht dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich entgegen.
450Angesichts des genannten Aussetzungsmaßstabs vermag die Kammer in der hiesigen Situation keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Widerruf des Klagepatents zu erkennen. So präsentieren die Parteien in sich schlüssige Argumentationen und vermögen andererseits nicht, ein stichhaltiges Gegenargument anzuführen, das dem Vortrag der Gegenseite die Grundlage entziehen bzw. einen grundlegenden Widerspruch aufzeigen könnte. Die Klägerin hat ein mögliches fachmännisches Verständnis der Entgegenhaltung dargelegt, dass von den Beklagten nicht eine Aussetzungsentscheidung tragend in Zweifel gezogen werden konnte. Da es den Beklagten obliegt, die erforderlichen Erfolgsaussichten des anhängigen Einspruchsverfahrens darzulegen und glaubhaft zu machen, geht dies zu ihren Lasten. Hinzu tritt, dass die Annahme einer (hinreichend) sicheren Vernichtungswahrscheinlichkeit sich verbietet, wenn der im Rechtsbestandsverfahren zur Diskussion stehende technische Sachverhalt derart kompliziert und/oder komplex ist, dass sich das VerletzungsgPP ht keinen wirklichen Einblick in die Gegebenheiten verschaffen kann (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Rn. 531). Das ist hier der Fall.
451Nach Ansicht der Kammer werden die Anweisung, die Mitteilung und das Erkennen der eindeutigen Zellkennung (Merkmale 7 bis 7.2 des Anspruchs 6) nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt.
452Aus Ziffer 8.6.7.5 erkennt der Fachmann, dass das UE in dem Zustand CELL_FACH die Cell Identity melden soll, wenn das Information Element „cell identity“ auf „TRUE“ gesetzt ist. Der Zustand CELL_DCH spielt keine Rolle, weil hier die Cell Identity nicht gemeldet werden soll. Die Cell Identity wird von der Nachbarzelle im System Information Block Typ 3 oder 4 ausgegeben. Aus Ziffer 10.3.2.2 folgt, dass die Cell Identity eindeutig eine Zelle innerhalb eines PLMN (Public Land Mobile Network) identifiziert. Insofern handelt es sich um eine eindeutige Zellenkennung.
453Die Klägerin wendet ein, dass im UMTS-System das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity nach Empfang der Measurement-Control Nachricht im CELL_FACH Zustand zu erkennen und zu melden.
454Die RRC-Schicht (Radio-Resource-Control-Schicht) sei für den Empfang und die Verarbeitung von Signalisierungsnachrichten verantwortlich, die zwischen einem RNC (radio network controller) und einem Endgerät übertragen werden. Das RRC bediene sich einer Zustandsmaschine, um den Verbindungstyp zwischen dem mobilen Endgerät und dem RNC zu definieren.
455Es gibt 5 RRC-Zustände, unter anderem die Zustände CELL_FACH und CELL_DCH. Von Interesse seien nur drei Messungen, mit denen die Cell Identity übertragen werden kann: Messungen an im selben Frequenzbereich wie die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (intra-frequency measurements); Messungen an in einem anderen Frequenzbereich als die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (inter-frequency measurements) und Messungen an Nicht-UMTS Nachbarzellen (inter-system measurements).
456Mittels der „measurement control message“ kann eine Messung im UE initiiert werden (V3.4.0; Ziffer 8.4). Die entsprechenden Messergebnisse würden mittels des Informationselements „measured results“ übertragen, das Bestandteil der „measurement report message“ ist. Mit der measurement report message werde bPP htet (V3.4.0, Ziffer 10.3.7.69, 10.2.17). Wenn hingegen die Nachbarzellmessung mittels des Systeminformationsblöcke 11 und 12 konfiguriert wurde (V3.4.0, Ziffer 8.4), werden in dem RCC-Zustand CELL_FACH die Messergebnisse der Nachbarzelle nicht in den measured results in einem MessbPP ht, sondern über den Transportkanal RACH übertragen (V3.4.0, Ziffer 8.4 – measurement report message sent to report Q link traffic volume; nur Informationen von netzgPP hteten Datenverkehrsaufkommen). Nur die ersten vier Nachrichten (RRC Connection Request bis Cell Q date) enthielten Informationen über die Nachbarzellen und zwar ausschließlich mittels des Informationselements Measured Results on RACH (V3.4.0; Ziffer 10.3.7.70). Hierbei handele es sich um ein inhaltlich verkürztes Informationselement angehängt an einer ohnehin an das Netz gesendeten Nachricht.
457Es würden daher zwei Arten von Messinformationen im CELL_FACH Zustand gesendet. Nach dem Übergang vom Zustand CELL_DCH in den Zustand CELL_FACH könnten Datenverkehrsvolumenmessungen fortgesetzt und initiiert werden. Bei diesen Messungen werde die Cell Identity weder verlangt noch gesendet. Diese Datenverkehrsvolumenmessungen wurden in einem Measurement Report gesendet. Ferner würden Intrafrequenzmessungen vorgenommen, die angehängt an andere Nachrichten mittels des IE measured results on RACH gesendet wurden. Die gemeldeten Messinformationen enthielten in keinem der beiden Fälle eine Cell Identity (vgl. V3.4.0, Privatgutachten Martin, S. 4 und 5 mit den dortigen Hinweisen auf V 3.4.0).
458An dieser Argumentation bestehen keine derart durchgreifenden Zweifel, die die Kammer zu dem Ergebnis kommen ließen, der Standard zeige ein Endgerät, dass eine eindeutige Zellenkennung erkenne, melde und anweise.
459Dies folgt zunächst nicht aus der Übertragung der „Reporting information for state CELL_DCH“ mittels der Systeminformationsblöcke 11 und 12, die nach dem Übergang zurück von CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird (vgl. Abschnitte 10.3.7.41, 10.3.7.5; Privatgutachten Martin, S.6). Denn die hierin enthaltene Cell Identity wird nicht ohne weiteres als Inhalt der Cell reporting quantities übertragen. Um in dem BPP ht enthalten zu sein, muss der Boolean Type auf TRUE gesetzt sein (vgl. Abschnitt 10.3.7.5). Der Fachmann erkennt anhand des Abschnitts 8.6.7.5 indes, dass ein TRUE im CELL_DCH Zustand wie ein FALSE behandelt wird („[…] - in CELL_DCH state:- treat the IE as if the IE „Cell Identity“ is set to FALSE.“). Daher wird die Cell Identity nicht gemeldet.
460Auch das Informationselement Measurement Validity (Abschnitt 10.3.7.36), das dem Mobilgerät anzeigt, für welche RRC-Zustände die Messkonfiguration maßgeblich sein soll, hat hier keine Auswirkung, weil die Messkonfiguration „alle Zustände“, „alle Zustände außer CELL_DCH“ nur einen Geltungsbereich für Verkehrsdatenaufkommensmessungen hat (Abschnitt 8.6.7.1). Somit enthält sie ebenfalls nicht die Cell Identity.
461Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Abschnitt 9.3.2.7 des V3.4.0. Die Vorrangsaussage bezieht sich nur auf die Measurement Control message, die vor dem Wechsel in den Zustand CELL_FACH bereits im Zustand CELL_DCH empfangen wurde, bei der das Informationselement Measurement Validity auf all states oder all states except CELL_DCH gesetzt ist und die Konfiguration der Datenverkehrsvolumenmessung betrifft. Ihr gebührt danach Vorrang vor den Messungen in CELL_FACH, die durch die Systeminformationsblöcke 11 und 12 initiiert werden. Der Abschnitt regelt den für diesen Fall auftretenden Konflikt (Privatgutachten Martin, S. 4).
462Für die andere Lesart, nach der Abschnitt 9.3.2.7 zwingend zeige, dass die Ausführungen unter Abschnitt 8.4.1.7 nicht abschließend seien, lässt sich insbesondere dem Privatgutachten Carle (vgl. S. 6) kein konkretes Argument entnehmen. Sofern dort ausgeführt wird, die Abschnitte 8.4.1.7 bis 8.4.1.10 beschrieben nicht das Verhalten des Mobilgeräts für den Fall, dass im CELL_FACH Zustand Messaufträge mittels Nachrichten vom Typ „Measurement Control“ übertragen würden, sondern das Verhalten des Mobilgeräts, wenn nach Eingang eines Messauftrages ein Zustandsübergang stattfindet (Privatgutachten Carle, S. 6), wird ein entsprechendes Zitat für die erste Aussage (Übertragung von Messaufträgen vom Typ „Measurement Control“ im CELL_FACH Zustand) gerade nicht genannt. Dem steht indes der Vortrag gegenüber, dass im Sparzustand CELL_FACH weniger Messparameter und inhaltlich gekürzte MessbPP hte verwendet werden und die Nachbarzellmessungen so effizient wie möglich durchgeführt werden.
463Dass der Fachmann den Abschnitt 8.6.7.5 als eine Offenbarungsstelle für den BPP ht einer eindeutigen Zellkennung versteht, vermag die Kammer nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Es kann insoweit dahinstehen, ob die nachträgliche Änderung dieses Abschnitts durch den Change Request CR-702 Tdoc R2-101593 von X gerade zeige, dass der Fachmann diesen Passus von vorneherein für missverständlich gehalten habe. Die klagepatentgemäße Lehre muss unmittelbar und eindeutig offenbart sein. Daran bestehen hingegen durchgreifende Zweifel, wenn der Fachmann die Funktion eines Merkmals im Gesamtkontext der Offenbarung für nachteilig erachtet und deswegen ein solches Verständnis von vorneherein nicht zugrundelegt. Denn erkennbare Fehler wird der Fachmann in der Regel korrigieren (vgl. Benkard/Mellulis, 11. Aufl., § 3 PatG Rn. 182). Die Beklagten vermochten die Argumentation der Klägerin nicht derart zu erschüttern, dass die Kammer von einer Offenbarung des Merkmals 3.7 ausgeht.
464b)
465Die vorherigen Ausführungen gelten auch für die Version 3GPP TS 23.331 V3.4.1 (nachfolgend: V3.4.1).
466c)
467Auch die Version 3GPP TS 23.331 V3.3.0 (nachfolgend: V3.3.0.) offenbart die Merkmale 7. bis 7.2 des Anspruchs 6 nicht.
468aa)
469So ist nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt, dass in CELL_DCH die Cell Identity vom UE erkannt wird. Zwar lassen sich die Verweisungen der Abschnitte 10.2.17, 10.3.7.69, 10.3.7.35 und 10.3.7.3 zunächst so verstehen, dass die Cell Identity als Bestandteil der Cell measured results Bestandteil des measurement reports ist (Merkmal 3.7). Indes hat die Klägerin vorgetragen, dass im CELL_DCH Zustand das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity zu erkennen. Diese werden nur in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und SIB 4 übertragen (V3.3.0, S. 198/199), die jedoch im CELL_DCH Zustand nicht ausgelesen werden können (V3.3.0, Tabelle 8.1.1, S. 29-30).
470V3.3.0 zeigt also nicht, dass die eindeutige Zellkennungsinformation im CELL_DCH Zustand erkannt werden kann (Merkmal 3.6). Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldung der Cell Identity als Bestandteil des Measurement Reports jedenfalls widersprüchlich. Auch wenn das Klagepatent sich nicht zu den einzelnen Zuständen verhält, soll die Zellenkennung, die erkannt wurde, im (direkten) Anschluss gemeldet werden.
471Dieses Verständnis wird durch den Änderungsvorschlag von NTT DoCoMo R2-001416 bestätigt, aus dem sich ebenfalls ergibt, dass die Zellidentität nur im Systeminformationsblock Typ 3 und 4 vorhanden ist, welche nicht gelesen werden können, falls das UE sich im CELL_DCH Zustand befindet und das UE eine potentiell ungültige Zellidentität nach dem Wechsel in den CELL_DCH Zustand meldet. Selbst wenn man den Änderungsvorschlag zusammen mit der V 3.3.0 als ein Dokument ansähe – was zweifelhaft ist –, geht hieraus nur hervor, dass es gerade eines zusätzlichen Informationselementes mit der Cell Identity vor dem Hintergrund des V 3.3.0 bedurft hätte. Eine unmittelbare und offenkundige Gesamtoffenbarung der klagepatentgemäßen Lehre erkennt der Fachmann hierin nicht, sondern wiederum nur das Aufzeigen eines Fehlers, der gegebenenfalls zu einer Anpassung führen kann.
472Schließlich folgt auch nichts anderes aus der Spezifikation TS 134 123-1 V3.3.0 für die UMTS-Konformitätstests für mobile Endgeräte. Zum einen spricht bereits der Umstand, dass es sich um ein anderes Dokument handelt, gegen eine unmittelbare und eindeutige Gesamtoffenbarung. Zum anderen ergibt sich aus der Spezifikation ebenfalls nicht, dass die Cell Identity – auch wenn sie Bestandteil des Measurement Reports ist – im CELL_DCH Zustand vom UE erkannt werden kann, obwohl sie sich in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und 4 befindet, die in diesem Zustand nicht gelesen werden können.
473bb)
474Ferner offenbart die Version V3.3.0 auch nicht, dass die Cell Identity nach dem Übergang vom Zustand CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird. Im Unterschied zur Version V3.4.0 findet sich hier der Abschnitt 8.6.7.5 nicht. Gleichwohl offenbart Abschnitt 10.3.7.5 dem Fachmann nicht eindeutig und unmittelbar, dass nach dem Zustandswechsel in CELL_DCH die Anweisung besteht, die Cell Identity zu berichten. Dem Hinweis, dass der Boolean Typ auf TRUE gesetzt werden muss, um in dem Messbericht enthalten zu sein, mag der Fachmann allenfalls die Möglichkeit entnehmen. Diese wird der Fachmann indes nicht wählen, weil er weiß, dass die Cell Identity im CELL_FACH nicht benötigt wird. Permanent antizipierte Messungen, in einem Zustand, der energiesparend sein soll, sind nicht notwendig. Es bedarf dort ihrer nicht im gleichen Umfang für ein Handover wie im CELL_DCH Zustand, in dem wie ausgeführt die Cell Identity auch nicht der Basisstation gemeldet wird. Daher würde der BPP ht veraltete und gegebenenfalls ungültige Messergebnisse beinhalten. Insofern sieht der Fachmann keine Notwendigkeit für die Anweisung und wird den Boolean Type auf FALSE setzen.
475d)
476Das Klagepatent ist gegenüber der Entgegenhaltung „Wang“ (Masterarbeit vom 16.06.2003) nicht neu.
477Wang befasst sich mit einem Handover Mechanismus in einem heterogenen Netz, das z.B. aus einer Kombination von Weitverkehrsfunknetzen (GPRS oder 3G) und lokalen Drahtlosnetzwerken (WLAN) besteht. Der Entgegenhaltung mangelt es an der Offenbarung einer nichteindeutigen Zellenkennung. Im Rahmen der Erstellung einer externen Ressourcenkarte wird ein Präfixcode/BS-ID Nummer einer benachbarten BS übertragen und analysiert, ob es sich um ein bekanntes IP-Präfix handelt (S. 18, Schritte 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten insoweit ausgeführt, dass es sich bei dem Präfixcode, den ersten beiden gelben Spalten der Tabelle 1 in der Anlage ROKH-ES 16a, um die nichteindeutige Zellenkennung handele, das Netzwerk IP-Präfix in der orangen Spalte demgegenüber die eindeutige Zellenkennung darstelle. Ferner sei in der Tabelle 12 auf S. 58 ein geschlossenes System definiert, das nur 28 Zellen zeige, die wiederum alle ein anderes Network-IP-Präfix aufwiesen. Dem kann die Kammer nicht beitreten, denn neben dem eindeutigen Network-IP-Präfix zeigt diese Tabelle auch jeweils einen eindeutigen Präfixcode/BS-ID-Nummer: Diese die Network ID und Cell serial number enthaltenden Präfixcodes/BS-ID Nummern haben die Aufteilung WWAN BS 1-8 und WLAN 1 AP 1-20. Keine der Präfixcodes/ID-Nummern wiederholt sich. Dieser gezeigte Beacon-Code offenbart daher keine nichteindeutige Zellenkennung.
478e)
479Die Entgegenhaltung TT (nachfolgend: UU ) nimmt die klagepatentgemäße Lehre des Anspruchs 6 ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg.
480Eine eindeutige Zellenkennung ist in Form der zweiten BSIC Zellenkennung nicht offenbart. Die zweite BSIC stellt keine eindeutige Kennung im Sinne des Klagepatents dar. Sie erscheint in Anbetracht der überschaubaren Auswahl an möglichen BSIC (Basisstationsidentifikationscodes) – 64 an der Zahl – nur lokal als eindeutig, wobei die Lehre des Klagepatents eine im gesamten Netz eindeutige Kennung fordert. Sofern die Beklagten hier auf den zweiten Broadcast-Kontrollkanal und der dort gesendeten zweiten BSIC verweisen, bleibt diese Art der Eindeutigkeit hinter der Lehre des Klagepatents zurück. Wird im Messbericht lediglich die zweite BSIC übertragen, ist diese Kennung als 6-Bit-Wert nach dem Klagepatent gerade nicht eindeutig. Nach UU ist es nicht ausgeschlossen, dass die zweite BSIC in anderen lokalen Bereichen des Netzes wiederverwendet wird. Verwirrende Messberichte durch eine Doppelnutzung scheinen nur deswegen ausgeschlossen zu sein, weil durch den BSC und MSC vor der Vergabe der BSIC geklärt wurde, dass er in keiner weiteren Nachbarzelle bereits Verwendung findet. Nach der Lehre des Klagepatents ist die eindeutige Zellenkennung aber so ausgestaltet, dass Verwechselungen mit jeglichen Zellen im Netz vermieden werden. Die globale Eindeutigkeit bezieht sich auf das Netz. Unerheblich ist, aus wie vielen Werten die eindeutige Zellenkennung besteht, solange diese Werte im Netz eine unverwechselbare Zuordnung ermöglichen.
481f)
482Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung VV (nachfolgend WW ) neu.
483Es fehlt an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung, dass sowohl die eindeutige als auch die nichteindeutige Zellenkennung übertragen werden (Merkmalsgruppe 3 des Anspruchs 6). WW präsentiert in Abgrenzung zum Stand der Technik, bei dem eine nichteindeutige Kennung eingesetzt wird, den Einsatz einer eindeutigen Kennung. Die Darstellung der nichteindeutigen Kennung wie des aus BCC und NCC zusammengesetzten BSIC bezieht sich auf den Stand der Technik („conventional measurements“ (Z.5); „The principal way in which base station identification has been attempted in the past is […]“; „Thus, for system wide algorithm development, neither of these techniques for identifying a base station are sufficiently reliable to ensure unique identifications […]“. Demgegenüber zeigt Figur 4 in WW eine Lösung, in der nur eine eindeutige Kennung offenbart ist. Ein kombiniertes Übertragen von eindeutiger und nichteindeutiger Zellkennung wird nicht gezeigt. Die Kombination wird vom Fachmann auch nicht mitgelesen. Weitere Überlegungen, wie z.B. ein erhöhter Ressourcenverbrauch, der eine kombinierte Übertragung fordern könnte, die der Fachmann zusätzlich anstellen müsste, sprechen dagegen.
484g)
485Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung XX (nachfolgend: YY ) neu.
486Das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf eine Anweisung ist nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Auch wenn der Messprozess als solcher vom durch den netzwerkbasierten Server angestoßen werden kann, gilt dies nur allgemein für die Messung. Damit ist jedoch nicht eindeutig und unmittelbar gezeigt, dass das Mobilendgerät „in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung“ auch die eindeutige Zellenkennung erkennt. Nicht ausgeschlossen ist hier der von der Klägerin angeführte Beispielsfall, dass die Messung autonom vom Mobilendgerät vorgenommen und gespeichert und erst auf eine spätere Anweisung der Basisstation hin gemeldet wird. Dies könnte aus S. 34, Z. 21f. folgen, wonach die Profilerzeugung vollständig von dem mobilen Endgerät 20 fertiggestellt werden kann, ohne Unterstützung durch einen netzwerkbasierten Server.
487h)
488Schließlich ist ein Widerruf des Klagepatents aufgrund der Entgegenhaltung ZZ /R3-062303 (nachfolgend: ZZ ) nicht hinreichend wahrscheinlich.
489Die Neuheitsschädlichkeit von ZZ ist zweifelhaft, da das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Jedenfalls die Anweisung ist weder aus Figur 1 noch aus Abschnitt 2.1 ohne weiteres ersichtlich. Es bestehen darüber hinaus starke Zweifel, dass ZZ zusammen mit dem Dokument AAA /KPN R2-061545 mangels klarer und zweifelsfreier Inbezugnahme der dortigen maßgeblichen Textstelle als ein Dokument angesehen werden kann. Hinzu tritt, dass auch die dort rekurrierte Passage nicht unmittelbar und eindeutig eine Anweisung offenbart. Es wird lediglich allgemein ausgeführt, dass es weiterhin möglich sein sollte, UEs in einer Weise zu konfigurieren, um bestimmte Messungen für die Netzplanung und -optimierung zu melden. Eine etwaige implizite Offenbarung ist angesichts des geltenden Aussetzungsmaßstabs nicht ausreichend.
4902.
491Die klagepatentgemäße Lehre ist zudem im Stand der Technik nicht nahe gelegt.
492Der Standard 36.300 V 0.5.0. (2207-02) in Kombination mit den Entgegenhaltungen BBB /R3-061758, Finalreport R3-070322, AAA /R3-061488 und X Management /S5-070207 sowie den weiteren Entgegenhaltungen legt die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 6 nicht nahe. Es fehlt bereits an einem Anlass, die weiteren Entgegenhaltungen heranzuziehen. Der Standard 36.300 zeigt keine Anhaltspunkte, wie Nachbarlisten zu optimieren sein könnten. Die Idee, auf Anweisung des Netzes an das UE eindeutige Zellenkennungen zu erkennen und zu melden, entnehme der Fachmann einer der weiteren Entgegenhaltungen, beruht auf einer rückschauenden Betrachtung. In BBB /R3-061758 ist fraglich, ob die Übertragung einer eindeutigen Zellenkennung überhaupt vorgesehen ist und ob dies auf Anweisung der Funkbasisstation erfolgt. Die weiteren Entgegenhaltungen sind nach Ansicht der Kammer noch weiter entfernt von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 6.
4933.
494Die Kammer hält es nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Klagepatent mangels Ausführbarkeit widerrufen wird. Die Einwände werfen Auslegungsfragen bezüglich des Begriffs der eindeutigen Zellkennung auf. Der Fachmann wird den Begriff jedoch mit Hilfe seiner Fachkenntnis auslegen und seinen technischen Sinngehalt umsetzen können.
4954.
496Der Gegenstand des Klagepatents beruht auch nicht auf einer unzulässigen Erweiterung.
497Indem das mobile Endgerät in Gänze in der Figur 2 und der Beschreibung in den Anmeldeunterlagen offenbart ist, wird der Fachmann das Steuerungselement als notwendiges Bauteil für die Kommunikation mit der Funkbasisstation mitlesen. Erwähnt ist es auch explizit in der Beschreibung (CCC , nachfolgend: DDD , S. 3, Z. 24 ff („The mobile terminal 4 comprises a controller 42 […]“).
498Es ist nicht ersichtlich, dass der Zusatz des Übertragens der nichteindeutigen Zellenkennung den Gegenstand des Klagepatents gegenüber der Patentanmeldung unzulässig erweitert. Aus den Anmeldeunterlagen ergibt sich, dass die nichteindeutige Zellenkennung mit den Messinformationen der Betriebsparameter verknüpft ist (DDD , S. 2 Z. 10 ff.). Ferner ist auch die eindeutige Zellenkennung an mehreren Stellen der Beschreibung der Anmeldung und im Anspruch offenbart (z.B. S. 4, Z. 15 ff., S. 6 Z. 13). Auch offenbart die Anmeldung, dass die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle die eindeutige Zellenkennung erkennt. So heißt es in Anspruch 6 (S. 6, Z. 21-24), dass das Erkennen (detecting) und Melden (reporting) der eindeutigen Zellenkennung in vorbestimmten Intervallen als Antwort auf den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation erfolgt („[…] is performed at predetermined intervals in response to recC t of an instruction from the radio base station of the first communications cell.“). Dass die Steuerung für diesen Betrieb geeignet sein muss liest der Fachmann mit.
499Ferner wird der Fachmann erkennen, dass bei dem Übertragen der nichteindeutigen Zellenkennung immer Betriebsparameter mit bestimmt und gemeldet werden, weil die nichteindeutige Zellenkennung an jede measurement information gebunden ist (vgl. S.4, Z. 10 ff.). Insofern ist durch die Streichung der Merkmale Bestimmen und Melden von Parameterinformationen der Anspruch 6 ebenfalls nicht unzulässig erweitert. Schließlich wird der Fachmann auch eine Zellkennungsinformation in der offenbarten Zellidentifiziererinformation der Anmeldung erkennen. Anstatt „für die zweite Kommunikationszelle“ „für eine zweite Kommunikationszelle“ zu verwenden, stellt ebenfalls keine unzulässige Erweiterung über den Offenbarungsgehalt der Anmeldung hinaus dar.
5005.
501Die weiteren Angriffe sind mangels schriftsätzlicher Behandlung im Verletzungsverfahren von den Parteien zu Recht selbst nicht als eine Aussetzungsentscheidung tragend angesehen worden.
502X.
503Dem Antrag der Beklagten auf Vorlage des MSA war nicht zu entsprechen.
5041.
505Soweit die Beklagten die Vorlage des MSA gemäß § 142 ZPO beantragen, haben sie hiermit keinen Erfolg.
506Nach § 142 Absatz 1 ZPO kann das GPP ht anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Dabei muss sich die Bedeutung einer konkret zu bezeichnenden Urkunde für die begehrte Entscheidung aus schlüssigem Parteivortrag ergeben. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn sie dazu dient, für die vom GPP ht begehrte Entscheidung relevante Umstände zu erhellen (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 142 Rn. 7; BGH, NJW 2014, 3312). Dabei sind im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung insbesondere auch berechtigte Belange des Geheimnis- oder Persönlichkeitsschutzes zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 142 Rn. 8; BGH, NJW 2007, 2989).
507Vor diesem Hintergrund kommt die Anordnung der Vorlage des gesamten MSA nicht in Betracht. Die Kammer vermag anhand des Vortrags der Beklagten nicht zu erkennen, dass die Vorlage des gesamten MSA – über die bereits zur Akte gereichten Auszüge hinaus – für die Entscheidung von Relevanz ist. Demgegenüber würde die Anordnung der Vorlage des gesamten MSA dazu führen, dass Inhalte, die bisher nicht über einen eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und die auch nicht öffentlich verbreitet werden sollen, Dritten bekannt werden würden. Die Vorlage des gesamten MSA würde damit schutzwürdige Interessen der Klägerin und/oder der Streithelferin verletzen. Unter Abwägung der berechtigten Interessen der Parteien hat die Kammer von einer Anordnung der Vorlage des gesamten MSA abgesehen.
508Sofern der Antrag der Beklagten dahingehend zu verstehen sein sollte, dass er sich auf die Vorlage des gesamten Closing binders bezieht, gilt das zuvor Gesagte erst recht.
5092.
510Auch eine Vorlagepflicht nach § 423 ZPO besteht nicht.
511Nach § 423 ZPO ist der Gegner zur Vorlage der in seinen Händen befindlichen Unterlagen verpflichtet, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat. Ausreichend ist jede Bezugnahme zu Aufklärungszwecken (vgl. Zöller, a.a.O., § 423 Rn. 1). Es genügt aber nicht, wenn der Gegner auf den Urkundeninhalt lediglich zur Ergänzung oder Erläuterung seines Tatsachenvortrags hingewiesen hat (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 423 Rn. 1).
512Im vorliegenden Fall hat die Klägerin auf den Closing Binder lediglich Bezug genommen, um die Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen darzulegen. Eine inhaltliche Bezugnahme dergestalt, dass der Closing Binder zur Aufklärung strittiger Punkte beitragen würde, erfolgte nicht.
513XI.
514Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Nr. 2, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
515Streitwert:
516ursprünglich: 2.000.000,00 EUR
517ab dem 23.05.2014 (Teilklagerücknahme): 1.600.000,00 EUR
518Die Streitwertfestsetzung auf 2.000.000,00 EUR beruht darauf, dass mit der Klage neben den mobilen Endgeräten auch Basisstationen angegriffen werden.
(1) Ein Zusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor:
- 1.
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil; das gilt auch, wenn ein im Inland tätiges Unternehmen, dessen Vermögen erworben wird, noch keine Umsatzerlöse erzielt hat; - 2.
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen. Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch - a)
Eigentums- oder Nutzungsrechte an einer Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens, - b)
Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren;
- 3.
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen - a)
50 vom Hundert oder - b)
25 vom Hundert
- 4.
jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.
(2) Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher zusammengeschlossen waren, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung.
(3) Erwerben Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen zum Zwecke der Veräußerung, gilt dies nicht als Zusammenschluss, solange sie das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. Diese Frist kann vom Bundeskartellamt auf Antrag verlängert werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Veräußerung innerhalb der Frist unzumutbar war.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
Tenor
I.
Die Beklagten zu 1) und 2) werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
a)
der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei die Beklagten zu 1) und 2) die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
wobei den jeweiligen Beklagten zu 1) und 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten zu 1) und 2) dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 2) jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin zu 60 %, die Beklagte zu 1) zu 20 % und die Beklagte zu 2) zu 20 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) trägt die Klägerin, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin zu 60 % und die der Beklagten zu 2) zu 20%. Die Kosten der Streithilfe haben die Beklagte zu 1) zu 25% und die Beklagte zu 2) zu 25 % zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
V.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 800.000,00 vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten und die Streithelferin ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP X (Anlagen EIP ET1, EIP ET1a; im Folgenden: Klagepatent) auf Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
4Das Klagepatent wurde von der Streithelferin am 28.02.2007 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 08.08.2012 veröffentlicht. Am 18.12.2013 erfolgte die Veröffentlichung und Bekanntmachung seiner Erteilung. Am 17.09.2014 legte unter anderem die Beklagte zu 3) Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents beim Europäischen Patentamt ein, über den bislang noch nicht entschieden ist. Das Klagepatent steht in Kraft.
5Das in englischer Sprache erteilte Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzwerken. Die geschützte Technik dient zur Vereinfachung der Architekturverwaltung und beschäftigt sich mit der Identifizierung von Funkzellen, die für einen reibungslosen Weiterleitungsvorgang (sog. handover) der Mobilfunkverbindung zwischen Nachbarzellen des Telekommunikationsnetzes notwendig ist.
6Die Klägerin stützt den Verletzungsvorwurf auf eine Kombination der Klagepatentansprüche 1 und 6 und den Anspruch 17.
7Anspruch 6 in Kombination mit Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
8„Mobiles Endgerät (4) zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Endgerät eine Steuerung (42) für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfasst, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum:
9Erkennen (115) eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und
10Melden (117) der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.“
11Anspruch 17 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
12„Drahtloses Telekommunikationsnetz, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definiert, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum:
13Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät;
14Stellen einer Anforderung (111) an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle;
15Empfangen (119) einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
16Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt.“
17Die Streithelferin besitzt eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie. Am 10.01.2013 schloss sie mit der N („E Sub“), der C („UP“), deren Tochtergesellschaften B („UP Sub1“) und D („UP Sub 2“) sowie der A („UPLL “) das sogenannte Master Sales Agreement („MSA“), das die weitere Verwertung eines Teils ihrer Patente zum Gegenstand hat. Betroffen war ein Patentportfolio, das über 2000 Patente umfasste. Hinsichtlich der Regelungen des MSA im Einzelnen wird auf den in Auszügen von den Parteien zur Akte gereichten Vertragstext Bezug genommen.
18Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Gesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die E Sub, UP, UP Sub 1 und UP Sub 2 sind sämtlich Gesellschaften, die nach dem Recht des Staates Delaware gegründet wurden. Die UPLL wurde nach dem Recht des Staates Nevada gegründet. Die Klägerin wurde nach irischem Recht gegründet. Sie gehört zur DGruppe und ist mit der Verwaltung und Lizensierung von Patenten befasst. Sie ist dem MSA nachträglich beigetreten.
19Im MSA findet sich in Ziffer 6.14 unter anderem die Regelung, dass die UPLL die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Dieser Verpflichtung ist die UPLL durch Erklärung vom 14.06.2013 nachgekommen. In einer weiteren Vereinbarung vom 13.02.2013 (Patent Sale and Grant-Back Licence Agreement – „PSA“) findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der UPLL , bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Dies wurde bei der Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin umgesetzt und die Klägerin gab am 6.3.2014 gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Verpflichtungserklärung ab. In Umsetzung des MSA schlossen dessen Vertragsparteien in der Folgezeit drei Übertragungsverträge, deren Wirksamkeit zwischen den Parteien im Streit steht.
20Die Beklagten gehören zur E -Gruppe, die sowohl im Bereich der Infrastruktur als auch im Bereich der Mobilfunkendgeräte im Markt für Telekommunikationsnetzwerke tätig ist. Zu ihrem Produktangebot gehören unter anderem Basisstationen (sog. eNodeBs oder eNB) für den Aus- und Aufbau von Long Term Evolution (LTE)-Netzwerken bzw. sog. 4G-Netzwerken (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) und LTE-fähige Mobilendgeräte (sog. UEs; nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II).
21Die Architektur der LTE-Netzwerke ebenso wie die LTE-Fähigkeit der Mobilgeräte ist standardisiert. Daher kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale nach den LTE-Standards. Die streitgegenständliche Technik wird in dem Telekommunikationsstandard 3GPP TS 36.300 Version 8.9.0 (nachfolgend LTE-Standard I), dem Telekommunikationsstandard 3GPP TS 36.331 Version 8.7.0 (nachfolgend LTE-Standard II) und dem Dokument 3GPP TS 36.523-1 Version 12.3.0 (nachfolgend LTE Standard III) behandelt. Die früheste Version des LTE-Standards I, welche sich mit der streitgegenständlichen Technik befasst, ist die Version 8.5.0, die im Juni 2008 veröffentlicht wurde. Bei der frühesten Version des LTE-Standards II, welche die streitgegenständliche Technik betrifft, handelt es sich um die Version 8.3.0, deren Veröffentlichung im September 2008 erfolgte. Die definierten und standardisierten Konformitätstests im LTE-Standard III sind gültig für alle Endgeräte, die 3GPP Releases ab Release 8 umsetzen.
22Der LTE-Standard beschreibt u.a. den hier streitgegenständlichen Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (Automatic Neighbour Relation Function = sog. ANR-Funktion). Hierbei handelt es sich um eine einseitige Beziehung zwischen der Ausgangs- bzw. Versorgungszelle (serving cell) und einer oder mehreren Zielzellen. Diese Zielzellen stellen Nachbarzellen dar, die Signale übermitteln, die vom LTE-Mobilgerät empfangen werden können.
23Die Beklagte zu 2) bietet die angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland an und bringt sie in Verkehr. Sie wird im Impressum der Seite http://www.E devices.de genannt. Die Beklagte zu 1) unterhält und betreibt die Internetseite http://www.E .com/. Die Nutzer der Seite können über den Begriff „Worldwide“ die Internetseite teilweise in deutscher Übersetzung anwählen unter http://www.E .com/de. Ferner kann der Nutzer in der Rubrik „Products & Solutions“ unter „Consumers“ zu den Auswahlmöglichkeiten „Telefone, Datenprodukte, Tablets“ zum E -Shop gelangen. Diese verlinkte Webseite wird von der Beklagten zu 2) betrieben. Sie zeigt unter anderem Mobiltelefone, die LTE-fähig sind. Die Beklagte zu 1) stellte außerdem auf der CeBIT in Hannover vom 10.03.2014 bis zum 14.03.2014 die LTE-fähige Basisstation „DBS3900 Distributed Base Station“ aus. Auf einer eigens für die CeBIT eingerichteten Internetseite konnten sich die Messebesucher über die ausgestellten Produkte informieren. Eine hiermit verlinkte Seite stellte diverse Produkte für das „Flagship Product TE 30 All-in-One HD Videoconferencing System“ aus, unter anderem besagte Basisstation, wobei der Nutzer durch deren Anklicken weitere Informationen zu ihren technischen Spezifikationen erfahren konnte. Die Beklagte zu 1) ist im Ausstellerverzeichnis der Messe genannt.
24Mit E-Mail vom 09.07.2013 wies Herr F , Mitarbeiter des Investment-Banking Beraters Evercore Partners, im Namen der DGroup Herrn G , Mitarbeiter bei E , auf die Übernahme standardessentieller Patente von H hin. Nach einer Erinnerung am 30.07.2013 verwies Herr X auf die Zuständigkeit von Herrn I. Dieser erklärte am 22.08.2013 gegenüber Herrn J , dass kein Interesse an den H -Patenten bestehe.
25Im Zeitraum September bis Dezember 2013 versuchte die Klägerin, Lizenzierungsgespräche mit den Beklagten zu führen. Herr K , Leiter der Patentabteilung für die Beklagten, wies mit E-mail vom 27.11.2013 darauf hin, dass E grundsätzlich geistige Eigentumsrechte akzeptiere. Im Januar 2014 bat Herr X, Mitarbeiter der Patentabteilung bei E , Herrn X, den Geschäftsführer der Klägerin, um einige claim charts für Patente, die von der Klägerin übernommen worden waren. Hierauf übersandte Herr L Herrn X am 16.01.2014 den Entwurf einer Vertraulichkeitsvereinbarung und wies darauf hin, dass die Unterzeichnung dieser Erklärung Voraussetzung sei für die Übersendung der erbetenen claim charts. Herr X übersandte Herrn L eine geänderte Fassung der Geheimhaltungsvereinbarung, worauf Herr L am 29.01.2014 antwortete, dass man dies überdenken werde.
26Am 10.03.2014 wurde die vorliegende Klage erhoben, zeitgleich Klagen in Großbritannien. Herr L informierte die Beklagten hierüber noch am selben Tag. Herr M erklärte hierauf, dass man in Kontakt bleiben werde, um vernünftige Lizenzbedingungen zu verhandeln.
27Am 22.04.2014 übersandten die englischen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten eine powerpoint-Präsentation zu den möglichen Rahmenbedingungen einer Lizenz („License Proposal“). Diese sah eine Lizenzgebühr von 0,75 USD pro Mobilfunkendgerät vor und war an sämtliche Patentbenutzer gleichermaßen gerichtet. Die Beklagten lehnten einen Vertragsschluss auf der Grundlage dieser Präsentation unter Hinweis darauf ab, dass die vorgeschlagene Lizenzgebühr von 0,75 USD pro verkauftem Handy weit überhöht sei.
28Die Klägerin behauptet, die Streithelferin habe durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 (nachfolgend ÜV I) einen Teil ihres Patentportfolios – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Anmeldung – auf die N übertragen. Der Vertrag sei auf Seiten der Streithelferin von den Damen O und Z , auf Seiten der N von Herrn Han für die Q unterschrieben worden. Sämtliche Personen seien vertretungsbefugt gewesen. Für die Damen O und Z ergebe sich dies aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Die Q sei ausweislich des Limited Liability Company Agreement of N die Geschäftsführerin der N gewesen. Diese wiederum habe Herrn X zur Vertretung bevollmächtigt. Die Vollmacht sei von Frau O und Herrn P unterzeichnet worden. Beide seien ausweislich der Registrierungsurkunde der Q Mitglieder des Vorstandes und gemeinsam zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Die Vertretungsregelungen seien nach schwedischem Recht wirksam. Hierzu verweist die Klägerin auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten der Rechtsanwälte R und S . Einer besonderen Form habe der Vertrag nicht bedurft. Im Übrigen sei die Schriftform aber auch gewahrt.
29Am 13.02.2013 habe die N die von der Streithelferin erlangten Patente und Patentanmeldungen – darunter das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Anmeldung – auf die UPLL weiter übertragen (nachfolgend ÜV II). Der Vertrag sei auf Seiten der N von Herrn X unterzeichnet worden, der aus den vorgenannten Gründen Vertretungsmacht für die R , diese wiederum für die N gehabt habe. Für die UPLL habe den Übertragungsvertrag Herr T unterzeichnet. Dieser sei CEO der UP. Das ergebe sich aus Pressemitteilungen und Proxy Statements. Die UP wiederum sei Geschäftsführerin der UP IP Manager LL . Diese sei gemeinsam mit der UP IP Holdings Inc. Gesellschafterin der UPLL , nachdem die UP IP Manager LL durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 die Anteile der UP an der UPLL übernommen habe. Das Interest Assignment Agreement habe auf beiden Seiten Herr T unterzeichnet. Seine Vertretungsbefugnis ergebe sich aus seiner Position als CEO der UP. Die Geschäftsführung der UPLL sei durch das Amended And Restated Operating Agreement vom 13.02.2013 auf die UP IP Manager LL übertragen worden. Auch diese Vereinbarung habe Herr T auf beiden Seiten unterzeichnet, wobei er als CEO der UP über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt habe. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Delaware sämtlich zulässig. Die Klägerin verweist insofern auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Herrn Professor U . Auch im Übrigen begegne der Übertragungsvertrag nach dem Recht des Staates Delaware keinen Bedenken. Infolge dieses Vertrages habe die UPLL am 03.09.2013 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 24.10.2013 antragsgemäß erfolgt sei.
30Am 27.02.2014 habe die UPLL die Patente und Patentanmeldungen – darunter das Klagepatent – auf die Klägerin weiter übertragen (nachfolgend: ÜV III). Die Vereinbarung sei auf Seiten der UPLL von Herrn V , auf Seiten der Klägerin von Herrn L unterzeichnet worden. Herr V sei CFO der UP und durch das Amended And Restated Operating Agreement vom 13.02.2013 bevollmächtigt worden, die UPLL bei der Ausführung des MSA zu vertreten. Im Übrigen ergebe sich die Vertretungsbefugnis des Herrn V für die UPLL auch aus einem Board Meeting der UP vom 10.01.2013. Herr L sei im Rahmen des Board Meetings der Klägerin am 27.02.2014 zum Managing Director ernannt worden und als solcher zur Vertretung der Klägerin befugt. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Nevada zulässig. Dies werde durch das von ihr eingeholte Privatgutachten der Kanzlei W bestätigt. Auch im Übrigen begegne der ÜV III nach dem Recht des Staates Nevada keinen Bedenken. Die Klägerin habe am 07.03.2014 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 03.07.2014 erfolgt sei.
31Die Klägerin ist weiter der Ansicht, sämtliche Beklagten seien passiv legitimiert. Sowohl die Internetpräsenz als auch der Messeauftritt stellten Angebotshandlungen der Beklagten zu 1) dar. Für den Internetauftritt hafte außerdem die Beklagte zu 3) mit. Hierzu behauptet die Klägerin, dass im Impressum für die Internetseite http://www.E zwar die Beklagte zu 2) als Verantwortliche genannt werde, jedoch die Kontaktadresse der Beklagten zu 3) – X – angegeben sei. Dies ergebe sich aus den Handelsregisterauszügen, die neben der teilweisen Übereinstimmung der Geschäftsführer (Herr W (X ) X) unterschiedliche Adressen als Geschäftsanschrift zeigten. Die Geschäftsanschrift der Beklagten zu 2) laute X, die der Beklagten zu 3) laute X. Bei Einreichung der Klage sei die Beklagte zu 3) bereits als Kontaktadresse auf der genannten Internetseite angegeben gewesen. Es habe dort schon geheißen, dass die Europazentrale von E ihren Sitz in Düsseldorf gehabt habe, obwohl die Beklagte zu 2) noch unter der Anschrift X laut Handelsregister tätig gewesen sei.
32Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents. Hierzu behauptet sie, dass die angegriffenen Ausführungsformen den Vorgaben der LTE-Standards entsprächen.
33Das Klagepatent fordere allenfalls eine chronologische Reihenfolge bei dem Melden der erkannten nichteindeutigen Kennungsinformationen und dem Erkennen der eindeutigen Zellenkennungsinformationen nach Empfang der Anweisung.
34Die ANR-Funktion als solche sei im LTE-Standard zwingend vorgesehen. Dies ergebe sich abgesehen von der eindeutig definierten Wortwahl im Standard zusätzlich durch „Feature Group Indicators“, die zwingende LTE-Funktionen listeten und die ANR-Funktion enthielten. Der Standard folge bei der ANR-Funktion einer bestimmten Reihenfolge, nach der das UE einen Messbericht an die serving cell sende mit nicht eindeutigen Kennungsinformationen (PCI), ohne ECGI. Nach Empfang des Messberichtes könne die eNB das UE anweisen, unter Verwendung der neu entdeckten PCI unter anderem die ECGI der dazugehörigen Nachbarzelle zu lesen. Das UE berichte daraufhin die gefundene ECGI an die Serving Cell eNB. Dann entscheide die eNB, diese Nachbarbeziehung hinzuzufügen, und könne die PCI und ECGI unter anderem dazu verwenden, eine Transportschichtadresse für die neue eNB nachzuschauen und die Nachbarbeziehungsliste zu aktualisieren. Im Übrigen ergebe sich die Einhaltung der klagepatentgemäßen Reihenfolge, inhaltlich wie chronologisch, aus den Testberichten des LTE-Standards III.
35Der Fachmann wisse, dass mit Übertragen der PCI auch das Versenden („broadcast“) von einzelnen Signalen erfasst sei, die zusammengesetzt erst einen Sinn ergeben. Ferner müsse nicht künstlich zwischen einer Zellenkennung und einer eNB-Kennung unterschieden werden, da eine eNB in der Realität nicht mehrere, sondern eine Zelle versorge.
36Die Klägerin hat ursprünglich die Urteilsveröffentlichung verlangt und ihren Auskunftsanspruch ebenfalls auf die Verletzung des in den Ansprüchen 1 und 11 geschützten Verfahrens gestützt. Nach Rücknahme dieser Anträge beantragt die Klägerin nunmehr nur noch,
37I.
38die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
391.
40(nur die Beklagten zu 1) und 2)) mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchen eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
41in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
42wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist: zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
43insbesondere wenn die mobilen Endgeräte betreibbar sind zum Abrufen der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle und zum Melden der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle an die Basisstation, die die erste Kommunikationszelle versorgt;
44und/oder wenn die zweite Kommunikationszelle der ersten Kommunikationszelle benachbart ist;
45und/oder wenn die Steuerung zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen und zum Melden der eindeutigen Zellenkennungen, wie sie erkannt worden sind, an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist;
462.
47(nur die Beklagten zu 1) und 3)) drahtlose Telekommunikationsnetze
48in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
49die eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definieren, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum: Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät; Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle; Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät; Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt;
50insbesondere wenn, die Netzressourcen weiterhin betreibbar sind zum Empfange der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
51und/oder wenn die Netzressourcen betreibbar sind zum Empfangen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen von dem mobilen Endgerät;
52und/oder wenn die Netzadresse eine IP-Adresse ist;
53und/oder wenn die Netzressourcen durch eine Funkbasisstation bereitgestellt werden;
54wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
55a)
56der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
57b)
58der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
59c)
60der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
61d)
62der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
63e)
64der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
65wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
66wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
67II.
68festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden;
69hilfsweise
70III.
71die Beklagten zu verurteilen, ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
72im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Funkbasisstationen angeboten und/oder geliefert haben,
73welche dazu geeignet sind, in einem drahtlosen Telekommunikationsnetz, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definiert, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, verwendet zu werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät; Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle; Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät; Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt;
74wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
75a)
76der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
77b)
78der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
79c)
80der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
81d)
82der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
83e)
84der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
85wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
86wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
87IV.
88festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer III. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
89Die Beklagten beantragen,
90die Klage abzuweisen,
91hilfsweise
92das Verfahren auszusetzen.
93Die mit Schriftsatz vom 16.03.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelferin beantragt,
94den Beklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.
95Die Beklagte zu 1) rügt die örtliche und internationale Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf.
96Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Im Einzelnen bestreiten sie die Wirksamkeit der Übertragungsverträge nach den jeweils zur Anwendung kommenden ausländischen Rechtsordnungen, die Echtheit der zur Akte gereichten Kopien, die Vertretungsbefugnis der handelnden Personen sowie die wirksame Abtretung in der Vergangenheit entstandener Ansprüche an die Klägerin. Zudem sei die Schriftform des Art. 72 EPÜ nicht gewahrt.
97Die Registereintragung der Klägerin begründe keine Indizwirkung für die materiell-rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent. Denn ausweislich des klägerischen Vortrags sei das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Anmeldung nicht unmittelbar von der Streithelferin auf die Klägerin übertragen worden, sondern es habe zwei Zwischenerwerber gegeben: die N und die UPLL . Dies sei nicht im Patentregister eingetragen worden und stehe daher der Vermutungswirkung des Registers für die materiell rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent entgegen. Im Übrigen weise der Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Patentübertragungen Unschlüssigkeiten auf. Die Eintragung des Klagepatents im Patentregister habe keine konstitutive Wirkung. Die Wirksamkeit der Abtretungen der Patentanmeldung sei vielmehr Voraussetzung für die materiell rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent.
98Bezüglich etwaiger kartellrechtlicher Bedenken gegen die Wirksamkeit der Übertragungsverträge haben sich die hiesigen Beklagten hilfsweise das Vorbringen der Beklagten in dem Parallelverfahren 4b O 123/14 zu eigen gemacht. Die Beklagte (Samsung) vertritt in diesem Verfahren die Auffassung, die Streithelferin habe bei der Umsetzung des MSA gegen die Vorschriften der Fusionskontrolle (§§ 35-42 GWB) als auch gegen das Verbot der Wettbewerbsbeschränkung (Art. 101, 102 AEUV) verstoßen.
99Bei der mit dem MSA vereinbarten Transaktion handele es sich um einen Zusammenschluss im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GWB, der beim Bundeskartellamt hätte angemeldet werden müssen. Dies ist – insoweit unstreitig – nicht geschehen. Die Umsatzschwellen des § 35 GWB seien überschritten. Der weltweite Umsatz allein von H habe im Jahr 2012 etwa 26,17 Mrd. EUR betragen. Davon entfalle ein Betrag von mehr als 25 Mio. EUR auf Deutschland. Mit den übertragenen Patenten seien im Jahr 2012 Umsatzerlöse in Deutschland in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt worden. Hierbei seien auch die Patente zu berücksichtigen, die noch nicht abgetreten worden seien, nach dem MSA aber in den nächsten Jahren abgetreten werden sollen (vgl. Ziffer 6.3 des MSA). Das MSA belege, dass die Vertragsparteien selbst den Wert der von der Vereinbarung umfassten Patente auf mindestens 1,05 Milliarden USD geschätzt hätten (vgl. Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA). Der tatsächliche Wert sei sogar höher. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die übertragenen Patente in bis zu acht Jahren ab Übertragung auslaufen würden und dass der deutsche Mobilfunkmarkt etwa fünf Prozent des weltweiten Marktes ausmache, werde deutlich, dass mit der Lizensierung des übertragenden Patentportfolios im Jahr 2012 in Deutschland ein Umsatz von mindestens 6,56 Mio. USD erzielt worden sei (5 % von 1,05 Milliarden USD geteilt durch 8 Jahre). Dies entspreche einem Betrag von 5,1 Mio. EUR. Ähnliches ergebe sich auch unter Berücksichtigung des „License Proposal“ der Klägerin. Hiernach sei pro Mobilfunkendgerät ein Betrag von 0,75 USD zu zahlen. Im Jahr 2012 seien nach den von der Streithelferin vorgelegten Marktstudien in Deutschland 30,4 Mio. Endgeräte abgesetzt worden. Hieraus würden sich Lizenzeinnahmen im Jahr 2012 von 22,8 Mio. USD errechnen. Der Klägerin obliege insofern eine sekundäre Beweislast, da den Beklagten mangels Kenntnis der konkreten Umsatzzahlen der Streithelferin näherer Vortrag nicht möglich sei.
100Im Übrigen stelle das MSA eine wettbewerbswidrige Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV dar. H und UP hätten bezweckt, durch die Aufspaltung des Patentportfolios die ETSI-Regeln zu umgehen und die Lizenzeinnahmen auf ein oberhalb von FRAND liegendes („Supra-FRAND“) Niveau anzuheben. Die von der Streithelferin für die Aufspaltung des Portfolios vorgetragenen Argumente seien unberechtigt. Sie selbst – die Beklagten – verfügten über ein mindestens ebenso großes Portfolio standardessentieller Patente wie die Streithelferin und es sei nicht richtig, dass ein so großes Portfolio nicht durchgesetzt werden könne. Die Streithelferin habe vielmehr das Instrument der „Patent-Trolle“ benutzt, um ein sog. „Royalty Stacking“ zu erreichen und die Lizenzeinnahmen zu steigern. Dies werde im Ergebnis zu deutlich höheren Lizenzkosten und zu einer Behinderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts beim Zugang zu den Technologien 2G, 3G und 4G führen.
101Zudem sehe das MSA in Ziffer 3.4 wettbewerbswidrige Mindestlizenzgebühren vor und enthalte daher eine unzulässige Preisbindung. Für die Übertragung der Patente sei – insoweit unstreitig – nicht etwa ein fester Kaufpreis vereinbart worden, sondern der „Kaufpreis“ sei gemäß Ziffer 3.2 des MSA als Anteil an den Bruttolizenzeinnahmen von UPLL zu zahlen. Dabei werde durch die einzelnen Regelungen des MSA erheblicher Druck auf UPLL ausgeübt, die zu vereinbarenden Lizenzen möglichst zu maximieren. Dies ergebe sich aus Ziffer 3.4., wonach UPLL verpflichtet sei, von seinen Lizenznehmern bestimmte Mindestlizenzgebühren (sog. Applicable Royalty Rate) zu verlangen. Andernfalls werde eine Strafzahlung fällig. UPLL sei dadurch massiv in seiner Preissetzungsfreiheit beschränkt. Hierin liege eine „Kernbeschränkung“, die ungeachtet der Tatsache, ob sie in horizontalen oder vertikalen Vereinbarungen enthalten sei, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle.
102Das MSA und sein Vollzug würden außerdem gegen Art. 102 AEUV verstoßen. Die Streithelferin habe ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem sie ihr Patentportfolio künstlich aufgespalten habe. Dies habe der Umgehung der FRAND-Verpflichtung gedient mit dem Ziel, die Lizenzeinnahmen auf ein über FRAND liegendes Niveau anzuheben. Auch aus diesem Grund seien das MSA und die diesen vollziehenden Übertragungsverträge nichtig.
103Die Beklagten sind weiter der Auffassung, die Beklagte zu 1) sei nicht passivlegitimiert. Die Beklagte zu 1) habe keine Mobiltelefone auf dem deutschen Markt vertrieben, angeboten, in Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt. Sie sei nicht auf dem deutschen Markt tätig und besitze auch keine dafür nach chinesischem Recht erforderliche Exportlizenz. Sie sei weder in die Fertigung, den Zusammenbau noch in den Export und den Vertrieb der Telefone eingebunden oder daran beteiligt. Vielmehr stelle die E die Telefone her. Das Unterhalten der Internetseite durch die Beklagte zu 1) und auch die Erreichbarkeit der Unterseite E .com/de über die Beklagte zu 1) begründe kein Anbieten. Sämtliche Angebote würden über die von der Beklagten zu 2) betriebene Seite www.E.de bereit gehalten. Auch das Ansteuern der Seiten der Beklagten zu 2) von Seiten der Beklagten zu 1) sei kein Anbieten im patentrechtlichen Sinne. Schließlich begründe auch die Anwesenheit der Beklagten 1) auf dem Messestand der Beklagten zu 2) ebenso wenig eine Angebotshandlung der Beklagten zu 1) wie der Umstand, dass diese im Ausstellerverzeichnis aufgeführt werde.
104Auch die Beklagte zu 3) sei nicht passiv legitimiert. Diese nehme als europäisches Zentrum der Beklagten interne Aufgaben wie Service, Wartung, Human Resources und Forschung wahr. Sie entfalte keine Produktaktivitäten nach außen, sondern sei zuständig für die Gebäudeverwaltung, miete z.B. Räume für die Beklagte zu 2) an, erledige deren Gehaltsabrechnungen und sei ihr Verwaltungsvehikel. Dass ihre Adresse im Impressum der Internetpräsenz der Beklagten zu 2) genannt werde, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Beklagte zu 2) unterhalte sowohl unter den Adressen in der X als auch in der X – beide Adressen gehörten zu einem größeren Bürokomplex – eigene Geschäftsräume. Der im Handelsregister angegebene Sitz spiele für die Frage einer Impressumsangabe keine Rolle.
105Die Beklagten sind weiter der Ansicht, die beiden angegriffenen Ausführungsformen würden das Klagepatent nicht verletzen. So sei die im Standard vorgeschlagene ANR-Funktion lediglich optional. Dafür spräche bereits die Verwendung von Formulierungen wie „können (may) […] verwendet werden“. Die vom LTE-Standard vorgesehene Schrittabfolge der ANR stelle nur einen möglichen Implementierungsvorschlag dar.
106Das Klagepatent schreibe in den hier geltend gemachten Ansprüchen eine definierte Reihenfolge von Verfahrensschritten vor, die vom Endgerät einzuhalten sei, wie auch die Figuren bestätigen würden.
107Bei der PCI handele es sich nicht um die klagepatentgemäße nichteindeutige Zellenkennung. Die PCI werde vom Mobilgerät aus anderen Signalen erzeugt und daher nicht vom Kommunikationssystem übertragen. Der Wortlaut des Klagepatents verlange die Übertragung der nichteindeutigen Zellenkennung, wobei der Fachmann darunter nur die Übertragung der Kennung „am Stück“ erfasse. Bei der Versendung unterschiedlicher Signale müsse der Empfänger wissen, wie diese auszuwerten und welche Teile zusammenzusetzen seien, um die eigentliche Kennung zu erhalten. Diese zwingend notwendige Abfolge sei jedoch nicht von „Übertragen“ umfasst.
108Eine Steuerung, die als Reaktion auf eine Anweisung der Funkbasisstation die Fähigkeit aufweise, eindeutige Zellenkennungsinformationen zu melden, kenne der LTE-Standard nicht. Eine dementsprechende Kausalität sei nicht vorgesehen. Das eNB weise die UE lediglich an, die ECGI zu lesen. Dies habe mit dem Verhalten des UE nichts zu tun. Das Klagepatent sehe aber vor, dass das UE die eindeutige Zellenkennungsinformation als Reaktion auf die Anweisung erkenne.
109Ferner sei nicht ersichtlich, inwiefern eine Transportverbindung, wenn sie überhaupt nach dem LTE-Standard vorgesehen sei, durch die klagepatentgemäße Reihenfolge hergestellt werde. Eine solche Reihenfolge zeige der LTE-Standard nicht. Dass das Finden der Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorge, das Herstellen der Transportverbindung ursächlich auslöse, lasse sich dem LTE-Standard nicht entnehmen.
110Die eNBs verwendeten außerdem keine ECGIs, um eine Netzadresse der Funkbasistation der zweiten Zelle zu ermitteln und es bleibe unklar, was nach dem Standard die Nachschlagetabelle sein solle. Die eNB verfüge nicht über eine Nachschlagetabelle, sondern schaue nach („lookup“), wobei letzteres auch anders als über das Finden/Nachsehen in einer Nachschlagetabelle verwirklicht werde. Die Transportschichtadresse werde nicht in einer Lookup-Tabelle nachgeschlagen, sondern individuell über die MME bei der Ziel-eNB erfragt. Damit wähle der LTE-Standard einen völlig anderen Weg, der eine individuelle Anfrage und Antwort vorsehe. Es werde auch zwischen den eNBs keine Global-ID als Adresse benutzt.
111Im Übrigen fehle es auch an der eindeutigen Zellenkennung, weil der Standard nicht nach einer neuen eindeutigen Zellenkennung nachsehe, sondern sich in diesem Zusammenhang auf eine Basisstation und nicht auf eine Zelle beziehe. Die Kennung der eNB und einer Zelle unterscheide sich. Die Kennung der eNB bestehe aus 20 Bit, die Kennung einer Zelle bestehe aus 8 Bit. Im Übrigen besitze jede Basisstation zahlreiche Zellen. Dies gehe auch unmittelbar aus dem LTE-Standard hervor.
112Im Übrigen stehe der Durchsetzung der mit der Klage verfolgten Ansprüche der Lizenzeinwand aus Art. 102 AEUV entgegen. Die Beklagten seien lizenzwillig. Es sei die Klägerin gewesen, die im Rahmen der Lizenzverhandlungen weitere Informationen verweigert und stattdessen Klage erhoben hätte. Insbesondere habe sie in keiner Weise dargelegt, nach welchen Maßstäben sie die Lizenzgebühr in Höhe von 0,75 USD pro Endgerät bestimmt habe. Die Klägerin sei infolgedessen jedenfalls auf die Geltendmachung einer angemessenen Lizenzgebühr beschränkt. Gewinnabschöpfung könne sie demgegenüber nicht geltend machen. Sowohl der Schadensersatzfeststellungsantrag als auch der Antrag auf Auskunft und Rechnungslegung seien in dieser Hinsicht zu weit gefasst. Der Auskunftsanspruch im deutschen Recht besitze einen Umfang, der nicht weniger schwer wiege als der Unterlassungsanspruch. Der Auskunftsaufwand sei enorm. Zugleich würden sämtliche Betriebsgeheimnisse ungeschützt offenbart. Der potentielle Lizenznehmer gerate hierdurch so erheblich unter Druck, dass er faktisch einem unangemessenen Lizenzvertrag zustimmen müsse, um die Vollstreckung der Auskunftsverpflichtung abzuwenden. Dies wolle das Kartellrecht gerade verhindern.
113Hilfsweise sei das Verfahren auszusetzen. Das Klagepatent werde sich nicht als rechtsbeständig erweisen. Sowohl die Beklagten als auch die Beklagten aus den Parallelverfahren 4b O 123/14 und 4b O 157/14 sind der Ansicht, der Gegenstand des Klagepatents sei unzulässig erweitert bzw. die geschützte technische Lehre nicht ausführbar und werde überdies neuheitsschädlich von diversen Entgegenhaltungen offenbart. Jedenfalls fehle es ihm an der nötigen Erfindungshöhe.
114Die Klägerin und die Streithelferin treten den kartellrechtlichen Einwänden der Beklagten entgegen.
115Die Streithelferin behauptet, sie habe für ihr umfangreiches Patentportfolio auf dem Markt keine angemessenen Lizenzgebühren mehr erzielen können. Dies sei der Grund für den Abschluss des MSA gewesen. Es sei ihr legitimes Ziel gewesen, durch die Aufspaltung des Portfolios einen faireren Ausgleich für die von ihr geleistete Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu erlangen. Diese sei immens. Sie investiere jährlich etwa 4 Milliarden USD in diesen Bereich und beschäftige dort mehr als 25.000 Mitarbeiter. Ein großer Teil der Aktivitäten sei dabei der Entwicklung von offenen Mobilfunkstandards gewidmet. Etwa 40 % des weltweiten mobilen Datenverkehrs verlaufe durch Netzwerke, die von ihr bereitgestellt würden. Als Ergebnis ihrer umfangreichen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit halte sie mittlerweile ein Portfolio von über 37.000 erteilten Patenten. Hinzu komme die jährliche Erteilung von weiteren etwa 2.000 Patenten. Eine Vielzahl dieser Patente sei wesentlich für die bedeutenden Standards, die von modernen Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt würden. Sie habe in der Vergangenheit eine Vielzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Die Einnahmen aus diesen Verträgen seien ein notwendiger Anreiz, um weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren.
116Dabei setze sie – die Streithelferin – sich vehement für die Implementierung der FRAND-Prinzipien ein. Ihr uneingeschränktes Bekenntnis zu der Einhaltung und Umsetzung der FRAND-Prinzipien habe auch beim Abschluss des MSA eine wesentliche Rolle gespielt. Dies zeige sich an verschiedenen Stellen des Vertrages, etwa in den Ziffern 6.1 (x), 6.7 (a), 6.7 (b), 6.12, 6.14 (a), 6.14 (b). Auch im PSA sei in Ziffer 5.4 eine entsprechende Regelung getroffen worden.
117Immer mehr potenzielle Lizenznehmer würden demgegenüber die Möglichkeit des „Hold-out“ nutzen, d.h. die geschützte Technologie ohne bestehenden Lizenzvertrag nutzen und darauf warten, vom Patentinhaber verklagt zu werden. Dies geschehe in dem Wissen, dass solche Verfahren nur Patent für Patent und Land für Land durchgeführt werden könnten und entsprechend lange Zeit benötigten. An ernsthaften Lizenzvertragsverhandlungen seien diese Marktteilnehmer nicht interessiert.
118Das MSA verstoße nicht gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften. Es sei schon kein Zusammenschlusstatbestand erfüllt. Im Übrigen seien die Umsatzschwellen des § 35 GWB nicht überschritten. Für die Annahme, die Umsätze von UPLL in Deutschland im Jahr 2012 hätten 5 Millionen Euro überschritten, gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
119Nur hilfsweise weist die Streithelferin außerdem darauf hin, dass ein Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften jedenfalls nicht die Unwirksamkeit der Patentübertragungen zur Folge hätte. § 41 Abs. 1 S. 2 GWB beschränke die Nichtigkeitsfolge vielmehr auf dasjenige Rechtsgeschäft, das gegen das Vollzugsverbot verstoße. Im Übrigen bleibe das MSA und erst Recht die nachfolgenden Patentübertragungen wirksam.
120Das MSA enthalte auch keine unzulässige Preisbindung. Die Vereinbarung einer „Applicable Royalty Rate“ stelle nicht die Festlegung einer Mindestlizenzgebühr dar, sondern sei lediglich Hilfsmittel, um die Zahlung eines angemessenen Kaufpreises für die übertragenen Patente sicherzustellen. Die Klägerin sei frei, mit ihren potentiellen Lizenznehmern jedwede Lizenzgebühr auszuhandeln. Dabei sei sie allein kaufmännischen Erwägungen unterworfen. Der Anreiz für die Klägerin, die „Applicable Royalty Rate“ nicht zu unterschreiten, sei vergleichbar mit dem Anreiz für jeden Großhändler, bei einem Weiterverkauf der Waren nicht deren Einkaufspreis zu unterschreiten. Hierin liege keine kartellrechtswidrige Preisfestsetzung.
121Schließlich verstoße das MSA nicht gegen Art. 101 AEUV oder Art. 102 AEUV. Es sei – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – keineswegs Sinn und Zweck des MSA gewesen, die Lizenzgebühren auf ein über FRAND liegendes Niveau zu erhöhen. Vielmehr hätten sowohl UPLL als auch die Klägerin – insoweit unstreitig – entsprechend den Regelungen im MSA und PSA eigene FRAND-Erklärungen abgegeben, um sicherzustellen, dass die FRAND-Prinzipien eingehalten würden. Der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine Patentverwertungsgesellschaft handele, könne keinen Unterschied machen. Ein Recht auf einen bestimmten Lizenzgeber gewähre das Kartellrecht nicht.
122Der Kartellrechtseinwand der Beklagten könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil mit der Klage keine Unterlassung, sondern ausschließlich Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend gemacht werde. Auf diese Ansprüche finde Art. 102 AEUV keine Anwendung. Insofern sei auch keine Beschränkung der Schadensersatzpflicht auf eine angemessene Lizenzgebühr gerechtfertigt. Die Beklagten hätten nämlich gerade kein annahmefähiges Angebot abgegeben, geschweige denn Sicherheit geleistet. Vielmehr hätten die Beklagten bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage kein echtes Interesse daran gehabt, in inhaltliche Gespräche mit der Klägerin über eine Lizensierung ihrer Patente einzutreten. Sie seien darauf bedacht gewesen, die Gespräche mit der Klägerin zu verschleppen. Mit dem Schreiben vom 22.04.2014 habe sie – die Klägerin - ein FRAND-Angebot vorgelegt, das die Beklagten nicht hätten ausschlagen dürfen. Die Lizenzgebühr in Höhe von 0,75 USD sei gerechtfertigt, weil diese sich nicht ausschließlich auf das Klagepatent, sondern auf das gesamte angebotene Portfolio beziehe. Im Juli 2014 habe sie – die Klägerin – den Beklagten alternativ eine Lizensierung nur der standardessentiellen Patente angeboten. Auch hierauf seien die Beklagten aber nicht eingegangen.
123Mit Zwischenurteil vom 29.07.2014 hat die Kammer den Antrag der Beklagten auf Leistung der Prozesskostensicherheit durch die Klägerin zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
124Das Gericht hat Beweis erhoben unter anderem durch die Vernehmung der Zeugen O , P , Y , Z , T , V , AA und X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen. Die Akten 4b O 51/14, 4b O 122/14, 4b O 123/14, 4b O 156/14, 4b O 157/14, 4b O 49/14, 4b O 154/14 und 4b O 120/14 wurden beigezogen und waren ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
125Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2014, vom 30.06.2015, vom 26.11.2015, 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen.
126Entscheidungsgründe
127Die Klage ist weit überwiegend zulässig (unter A.) und teilweise begründet (unter B.).
128A.
129Die Klage ist zulässig.
130Die Kammer ist nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ i.V.m. § 143 Abs. 2 PatG i.V.m der Verordnung über die Zuweisung von Gemeinschaftsmarken-, Gemeinschaftsgeschmacksmuster-, Patent-, Sortenschutz-, Gebrauchsmusterstreitsachen und Topographieschutzsachen vom 30. August 2011 international und örtlich zuständig.
131Nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung des BGH zu Parallelvorschriften ist anerkannt, dass bei der Auslegung des LugÜ die Parallelvorschriften des EuGVÜ – als Vorgängernorm zur EuGVVO – und die insoweit ergangene Rechtsprechung zu beachten ist (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 644). Der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, erfasst sowohl den Handlungs- als auch den Erfolgsort (vgl. Zöller/Geimer, 30. Aufl., Anh I Art 5 EuGVVO, Rn. 26). Der Erfolgsort ist der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde, also der Schutzstaat. Dabei ist nicht notwendig, dass durch die Benutzung des Klagepatents tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts vorliegt. Es genügt, dass eine Verletzung behauptet und diese nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann (BGH, GRUR 2005, 432 – HOTEL MARITIME). Es handelt sich hierbei um eine doppeltrelevante Tatsache, bei der eine begrenzte Schlüssigkeitsprüfung dahin zu erfolgen hat, ob, das Vorbringen der Klägerin unterstellt, der Rechtsweg zulässig ist (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1004).
132Die Klägerin hat schlüssig behauptet, dass die Beklagte zu 1) die angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland durch ihren auch deutschsprachigen Internetauftritt sowie den Messeauftritt auf der CEBIT 2014 anbiete. Damit liegt der Erfolgsort in Deutschland. Da die angegriffenen Ausführungsformen auch für NRW angeboten werden, ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorfs gegeben.
133B.
134Die Klage ist hinsichtlich der Beklagten zu 1) teilweise und der Beklagten zu 2) vollumfänglich begründet, im Übrigen ist sie unbegründet. Eine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits sieht die Kammer nicht.
135Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) und 2) die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, soweit Klagepatentanspruch 6 betroffen ist. In Bezug auf Klagepatentanspruch 17 lässt sich eine Verletzung des Klagepatents nicht feststellen. Bezüglich der Beklagten zu 3) fehlt es an der Passivlegitimation.
136I.
137Die Klägerin ist zur Geltendmachung der mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung aktiv legitimiert.
138Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit maßgeblich ist nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 1781; OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 18737). Soweit Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, ist die vorgenannte Differenzierung ohne Belang, weil die Beklagte nicht zur Unterlassung gegenüber einem bestimmten Berechtigten, sondern zur Unterlassung schlechthin verurteilt wird (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; vgl. auch Pitz, GRUR 2010, 688, 689). Soweit allerdings – wie im Streitfall - Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, stehen diese nur dem jeweils materiell berechtigten Patentrechtsinhaber zu.
1391.
140Die Erteilung des Patents und dessen Eintragung im Register zugunsten eines bestimmten Inhabers lässt das Recht aus dem Patent originär in der Person des eingetragenen Inhabers entstehen.
141Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) unterscheidet in einer dem nationalen Recht (vgl. die Aufzählung in § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG) grundsätzlich vergleichbaren Weise zwischen drei Kategorien von Rechten, die aus einer Erfindung resultieren können. Das im deutschen Recht in der Vorschrift des § 6 PatG geregelte „Recht auf das Patent” beschreibt in materieller Hinsicht die Gesamtheit der aus der Erfindung herrührenden Rechte. Diese erste Kategorie erfindungsbezogener Rechte kennt auch das EPÜ, indem es in seinem Art.60 Abs. 1 Satz 1 das „Recht auf das europäische Patent” dem Erfinder (bzw. seinem Rechtsnachfolger) zuweist. Die zweite Kategorie beschreibt das „Recht aus der Patentanmeldung” (den „Anspruch auf Erteilung des Patents”, wie § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG es nennt), mithin die durch die Anmeldung begründete und damit formale Rechtsposition des Anmelders eines Patents. In Bezug auf dieses Recht aus der Patentanmeldung fingiert Art. 60 Abs. 3 EPÜ im Verfahren vor dem EPA, dass der Anmelder berechtigt ist, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen. Die dritte Kategorie schließlich betrifft das Recht aus dem Patent, das in seinen Rechtswirkungen im nationalen Recht in den §§ 9 und 10 PatG geregelt und im EPÜ in Art. 64 genannt ist (vgl. hierzu: LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347 ff.).
142Die in Art. 60 Abs. 3 EPÜ normierte Fiktion hinsichtlich des Rechts aus der Patentanmeldung, die im nationalen Recht in § 7 Abs. 1 PatG geregelt ist, bewirkt in der dritten Kategorie das Entstehen des Rechts aus dem Patent in der Person des Anmeldenden (vgl. hierzu auch: Benkard/Mellulis, Europäisches Patentübereinkommen, 2. Auflage 2012, Art. 60 Rn 28; eindeutiger: Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Dieser wird originärer Inhaber des Rechts aus dem Patent und insofern nicht nur formell, sondern auch materiell Berechtigter hinsichtlich sämtlicher Rechte aus dem Patent (OLG Düsseldorf, BB 1970, 1110; kürzlich bestätigt durch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2015, Az.: I-2 U 25/10; Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Ist der Anmeldende weder der Erfinder noch dessen (unmittelbarer oder mittelbarer) Rechtsnachfolger, ist er gemäß Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜ bzw. § 8 S. 2 PatG dem sachlich Berechtigten gegenüber zur Übertragung des Patents verpflichtet. Bis dahin jedoch hat er gegenüber Dritten die Stellung des materiell berechtigten Inhabers am Patent und kann sämtliche Ansprüche aus dem Patent geltend machen.
143Durch die Erteilung des Klagepatents am 13.11.2013 ist das Recht aus dem Patent formell und materiell in der Person der UPLL entstanden.
144Aus der Entscheidung „Magazinbildwerfer“ des Bundesgerichtshofs vom 23.06.1992 (GRUR 1993, 69) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung hat sich der BGH nicht mit der Frage befasst, welche Rechtswirkungen die Erteilung eines Patents durch das Europäische Patentamt hat. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass der BGH trotz der zwischenzeitlichen Erteilung des Patents die Wirksamkeit der Übertragung der vorausgehenden Patentanmeldung geprüft hat, hergeleitet werden, dass der Anmelder mit der Erteilung des Patents nicht originär Inhaber des Schutzrechts wird. Denn der vom BGH zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich vom Streitfall dadurch, dass die vom Patentinhaber beklagte Partei – die dortige Beklagte zu 1) – eingewandt hat, selbst Inhaberin der Patentanmeldung gewesen zu sein, so dass sie den vom eingetragenen Inhaber geltend gemachten Ansprüchen unter Umständen entsprechende Gegenrechte entgegenhalten konnte (dolo-agit-Einwand). Dies steht im Streitfall hingegen nicht in Rede.
1452.
146Hinsichtlich der (wirksamen) Übertragung des Klagepatents von der UPLL an die Klägerin mit Übertragungsvertrag vom 27.04.2014 begründet die Eintragung der Klägerin im Register eine tatsächliche Vermutung.
147Insofern ist anerkannt, dass für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dem Patentregister in aller Regel eine erhebliche Indizwirkung zukommt (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren). Nach § 30 Abs. 3 S. 1 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber einverstanden ist. Gemäß § 28 Abs. 2 DPMAV muss der bisherige Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreiben oder der Rechtsnachfolger muss eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegen. Dies begründet eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, GRUR 2013, 713, 717 – Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
148Selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – annehmen wollte, dass die Erteilung des Patents in der Person der UPLL keine konstitutive Wirkung hatte, würde die Indizwirkung des Registers für die Klägerin streiten. Insbesondere steht der Indizwirkung nicht entgegen, dass im Rahmen der Übertragung der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung ein Zwischenerwerber in der von der Klägerin vorgetragenen Übertragungskette, nämlich die BB LL , nicht im Patentregister eingetragen war. Die Kammer folgt zwar nicht der Auffassung des LG Mannheim, wonach die Nichteintragung eines Zwischenerwerbers im Patentregister generell unbeachtlich sein soll (vgl.: LG Mannheim, Urteil vom 10.03.2015 - Aktenzeichen 2 O 103/14, BeckRS 2015, 15918 für den Zwischenerwerb an einem Patent), im vorliegenden Fall reichen die von der Klägerin zur Übertragungskette vorgetragenen Details – im Hinblick auf den nichteingetragenen Zwischenerwerb der N – aber jedenfalls nicht aus, die Vermutungswirkung des Patentregisters zu erschüttern. Denn die Übertragungskette war nach dem Vortrag der Klägerin zwischen sämtlichen Parteien von vornherein abgestimmt und die N gerade einmal für einen Zeitraum von zwei Tagen Inhaberin der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung. Die Eintragung der BB LL , die von vornherein nur als Zwischenerwerberin fungieren sollte, wäre reine Förmelei gewesen. Insofern genügt die Eintragung der UPLL im Patentregister, um dessen Indizwirkung zu erhalten.
1493.
150Die insoweit bestehende Vermutung hinsichtlich der Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent wird bestätigt durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2015 und 01.12.2015 durchgeführte Zeugenvernehmung. Hiernach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die UPLL das Klagepatent durch Patentübertragungsvertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin übertragen hat (nachfolgend: ÜV III).
151Nur äußerst hilfsweise für den Fall, dass man der Erteilung des Patents im Hinblick auf die materielle Berechtigung keine rechtsbegründende Wirkung beimessen wollte, stellt die Kammer fest, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch zu ihrer Überzeugung feststeht, dass die Streithelferin die das Klagepatent betreffende Anmeldung durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 an die N übertragen hat (nachfolgend: ÜV I), die diese sodann durch Übertragungsvertrag vom 13.02.2013 an die UPLL weiter übertragen hat (nachfolgend: ÜV II).
152a) Grundsätze
153Für die Entstehung, die Rechteinhaberschaft, den Bestand und die Übertragung des Patents gilt das Schutzlandprinzip (lex loci protectionis). Dieses ist zwingend und einer abweichenden Rechtswahl der Parteien nicht zugänglich. Die Anknüpfung an das Schutzlandprinzip bedeutet, dass für die Anforderungen an die Übertragung eines Patents das Recht desjenigen Staates heranzuziehen ist, in dem das Patent seinen territorialen Schutz entfaltet (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.). Entsprechend ist vorliegend, da der deutsche Teil eines europäischen Patents im Streit steht, die Wirksamkeit der vorgetragenen Patentübertragungen nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass von den Übertragungsverträgen zugleich weitere ausländische Schutzrechte umfasst waren (vgl.: OLG München, GRUR-RR 2006, 130).
154aa)
155Mangels besonderer gesetzlicher Vorgaben kann die Übertragung eines Patents im deutschen Recht durch schlichte Übereinkunft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem in Aussicht genommenen Patenterwerber erfolgen. Der Einhaltung einer besonderen Form bedarf es gemäß Art. 72 EPÜ nur für europäische Patentanmeldungen (LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347, 350 – Medizinisches Instrument). Für die Übertragung dieser Patentanmeldungen erfordert Art. 72 EPÜ aus Gründen der Rechtsklarheit die Schriftform. Für das EPA soll aus lediglich einer einheitlichen Urkunde nachvollziehbar sein, dass und an wen eine Übertragung der europäischen Patentanmeldung stattgefunden hat und ob diese Übertragung - etwa im Hinblick auf die Vertretungsbefugnis der tatsächlich handelnden Personen - wirksam zustande gekommen ist. Durch die Schriftform soll ermöglicht werden, die materielle Berechtigung an der Patentanmeldung vertragsweit auf einfache und zugleich sichere Weise feststellen zu können (vgl. BGH, GRUR 1992, 692, 693 - Magazinbildwerfer). Die Schriftform steht im Zusammenhang mit der auch im Übrigen vorgesehenen Schriftlichkeit im Verfahren gegenüber dem EPA (vgl. etwa Art. 99 Abs. 1 Satz 2, Art. 108 Satz 1, Art. 121 Abs. 2 EPÜ).
156Das Erfordernis der Schriftform nach Art. 72 EPÜ geht Formerfordernissen des nationalen Rechtsvor, da Art. 72 EPÜ die Frage der Form der Übertragung der europäischen Patentanmeldung abschließend regelt. Die schriftliche Vereinbarung im Sinne des Art. 72 EPÜ muss das Schutzrecht bezeichnen, den Willen zu dessen Übertragung wiedergeben und jedenfalls auch insoweit die Unterschrift der beiden Vertragsparteien tragen (BGH, GRUR Int. 1993, 548 ff. – Magazinbildwerfer). Für die Einhaltung der Schriftform des Art. 72 EPÜ ist es nicht unbedingt erforderlich, dass die Unterschrift auf jeder Seite eines mehrseitigen Dokuments steht. Erforderlich ist nur, dass der auf mehreren Seiten stehende Text den Willen der unterzeichnenden Personen darstellt und entsprechend von der Unterschrift gedeckt ist (Fitzner/Lutz/Bodewig/Heinrich, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, Art. 72 EPÜ Rn 6). Dies kann nicht nur durch eine Unterschrift/Paraphierung auf jeder Seite des Vertrages oder eine Heftung oder ähnlich feste Verbindung der einzelnen Vertragsseiten deutlich gemacht werden, sondern auch mittels einer Beweiserhebung – etwa durch die Vernehmung von Zeugen – geklärt werden.
157bb)
158Ob ein bestimmter über das Klagepatent abgeschlossener Vertrag dessen materielle Übertragung zum Gegenstand hat, ist im Streitfall durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ist nach denjenigen gesetzlichen Regeln vorzunehmen, die das Vertragsstatut vorgibt. Haben für die Parteien des Übertragungsvertrages Bevollmächtigte gehandelt, entscheidet das Vertragsstatut auch darüber, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung gegeben sind. Wird nach erfolgter, ggf. ausländischem Vertragsrecht folgender Auslegung und Beurteilung der Vertretungsverhältnisse eine den Geschäftsherrn bindende Übertragungsabsprache bejaht, entscheidet deutsches Recht darüber, ob die verabredete Patentübertragung den Anforderungen an ein solches Verfügungsgeschäft genügt (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.).
159b) Übertragungsvertrag Streithelferin – BB LL
160Die Klägerin hat schlüssig dargetan und bewiesen, dass die Streithelferin die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung als Teil eines Portfolios mit Vertrag vom 11.02.2013 an die N (E-Sub) übertragen hat.
161aa)
162Die Klägerin hat die Übertragungsvereinbarung zwischen der Streithelferin und der N vom 11.02.2013 mit Schriftsatz vom 17.11.2015 im Original vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV I übereinstimmt, heißt nicht, dass die darin enthaltene Vereinbarung zwischen den Parteien nicht wirksam zustande gekommen ist. Die Zeugen O , Z und X haben übereinstimmend ausgesagt, dass sowohl das Original als auch die Kopie ihre Unterschriften aufweisen und die Unterschiede auf den Unterschriftsseiten daher rühren können, dass sie den Vertrag mehrfach unterzeichnet haben. Die Zeugen haben zudem gegenseitig ihre Unterschriften verifiziert.
163Die Unterzeichnung des Vertrages kam nach übereinstimmender Aussage der drei Zeugen in Schweden zu Stande und zwar im Rahmen eines Leadership-Meetings, das am 7. Februar 2013 am Hauptsitz von H in der Nähe von Stockholm stattfand. Aus Anlass dieses Leadership-Meetings befand sich auch der Zeuge X zu diesem Zeitpunkt in Schweden. Die Zeugen stimmten darin überein, dass die Unterschriften von dem In-House Anwalt der Streithelferin, Herrn CC , gesammelt wurden, da es sich bei dem ÜV I um einen internen Vorgang innerhalb der H Unternehmensgruppe gehandelt habe.
164Zugleich wiesen alle drei Zeugen darauf hin, dass der ÜV I nur ein Teil einer größeren Transaktion gewesen sei und die spätere Übertragung der Patente an die DUnternehmensgruppe vorbereitet habe. Die Zeugin Z schilderte detailliert, wie üblicherweise die Unterzeichnung von Verträgen bei transkontinentalen Vereinbarungen ablaufe. Die Dokumente würden per e-mail ausgetauscht, wobei im Regelfall der Vertragstext und die Unterschriftsseite als separate pdf-Dokumente verschickt würden. Die Unterschriftsseite werde ausgedruckt, unterzeichnet, eingescannt und zurückgesandt. Die beauftragte Anwaltskanzlei sammele die Unterschriftsseiten, füge diese mit dem Vertragstext zusammen und stelle sicher, dass die korrekten Anlagen beiliegen. Mittlerweile werde häufig vereinbart, dass die pdf-Dokumente als Originale gelten sollen, weshalb auf die Originale nicht mehr so viel Wert gelegt werde. Die Üblichkeit dieses Vorgehens wurde von den Zeugen O und P dem Grunde nach bestätigt. Der Zeuge AA ergänzte dies im Rahmen seiner Vernehmung dahingehend, dass die beteiligten Kanzleien die Unterschriftsseiten austauschen und deren Erhalt bestätigen würden.
165Die Zeugen O , Z und X haben weiter übereinstimmend ausgesagt, dass vorliegend die Gesamttransaktion von der amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei DD begleitet worden sei, die die Verträge ausgearbeitet, bei sich gesammelt und sichergestellt habe, dass alles ordnungsgemäß unterzeichnet gewesen sei. Für den ÜV I habe, da sämtliche der unterzeichnenden Personen in Schweden gewesen seien, Herr EE die Unterschriften gesammelt. Der Umstand, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei DD vorbereitet wurden, erklärt, warum der ÜV I verschiedene Papierformate aufweist. Denn europäische und amerikanische Formate unterscheiden sich geringfügig und es erscheint vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen durchaus möglich, dass einzelne Seiten in den USA und andere in Schweden ausgedruckt wurden.
166Soweit es im Rahmen der Unterzeichnung des ÜV I eine Änderung im Vertragsinhalt gegeben hat, an die sich die Zeugen im einzelnen nicht mehr erinnern konnten, stimmten sie sämtlich darin überein, dass es sich allenfalls um ein Detail gehandelt habe, um dass sich die Rechts- bzw. Patentabteilung gekümmert habe. Die drei vorgenannten Zeugen waren sich bei der Unterzeichnung des Vertrages darüber im Klaren, dass mit dem ihnen zur Unterschrift vorgelegten Vertrag eine Reihe von Patenten und Patentanmeldungen der Streithelferin auf deren hundertprozentige Tochtergesellschaft, die BB LL , übertragen werden sollten. Dass die Zeugen hierbei nicht im Einzelnen wussten, welche Patente und Patentanmeldungen - insbesondere mit welchen Patentnummern - übertragen werden sollten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Insofern haben sich alle drei Zeugen in der konkreten Ausgestaltung des Vertrages auf ihre Anwälte verlassen; ihr Vertragsbindungswille bezog sich auf die grundsätzliche Übertragung von Patenten von der Streithelferin auf die BB LL , wobei die Details durch die hierfür bevollmächtigten Anwälte geregelt werden sollten. Dass sich die Kenntnis und damit der Wille der Zeugen nicht auf jedes Detail des Vertrages bezog, steht der Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses nicht entgegen. Dies entspricht vielmehr der üblichen Arbeitsteilung innerhalb größerer Unternehmen. Die eingeschalteten Anwälte handelten als Vertreter der Unterzeichnenden. Dies gilt auch für den gegenseitigen Empfang der Willenserklärungen.
167bb)
168Die Kammer ist davon überzeugt, dass der ÜV I die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der Streithelferin an die N umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV I übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent taucht in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten auf. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Patent im Register geändert wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass das Klagepatent von den Übertragungen umfasst sein sollte. Schließlich zeigt auch die Stellung von H als Streithelferin der Klägerin in diesem Rechtsstreit, dass der Wille des Vorstandes von H dahin ging, das Klagepatent an die N und von dieser an den DUnternehmenskonzern zu übertragen. Dieser Wille des Vorstandes wurde durch die den ÜV I unterzeichnenden Personen ausgeführt. Insofern konnte die Zeugin Z bestätigen, dass Patente aus dem Bereich des Mobilfunks betreffend 2G, 3G und 4G ausgewählt wurden.
169cc)
170Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV I auch den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der Streithelferin wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die N zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen O , Z , X, P und AA davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste jedem der Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
171dd)
172Soweit die Beklagten die Existenz der N bestreiten, sieht die Kammer hierfür keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 in Kopie das Limited Liability Company Agreement of N vom 11.12.2012 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass die N durch ihre Gesellschafter, die FF FF und die FF FF , gegründet wurde. Dass zu diesem Dokument kein Original vorgelegt werden konnte, bedeutet nicht, dass die N in Wirklichkeit nicht existiert.
173Vielmehr haben die Zeugen O und P bestätigt, das Limited Liability Company Agreement of N vom 11.12.2012 für die Q unterzeichnet zu haben. Dass sie an den Vertragsinhalt im Einzelnen keine Erinnerung mehr hatten, ist unschädlich. Die Zeugin O konnte sich jedenfalls daran erinnern, dass die N eigens zur Durchführung der Patentübertragung von der Streithelferin auf die DUnternehmensgruppe gegründet wurde. Auch der Zeuge P konnte dies bestätigen, wobei er sich zu erinnern meinte, dass die N gegründet worden sei, weil die Streithelferin keine eigenständige Niederlassung in den USA haben wollte. Beide Zeugen konnten mit Sicherheit bestätigen, dass das vorgelegte Agreement of N ihre Unterschrift trägt. Der Zeuge P hatte sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokuments, da er zu dem Zeitpunkt, als seine Unterschrift angefordert wurde, krank war, und erst zwei Tage später wieder im Büro war, um das Dokument zu unterzeichnen. Seine zeitliche Angabe „vor Weihnachten 2012“ stimmt überein mit dem in dem Agreement angegebenen Datum, dem 11.12.2012. Soweit er das Dokument erst einige Tage nach dem 11.12.2012 unterzeichnet haben sollte, ist dies für die rechtswirksame Gründung der N unerheblich. Die Zeichnungsbefugnis der Zeugen O und P ergibt sich aus der Gründungsurkunde der R . Beide Zeugen konnten bestätigen, im Dezember 2012 für die Q zeichnungsbefugt gewesen zu sein. Der Zeuge P hat dies dahingehend konkretisiert, dass zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam zeichnungsbefugt gewesen seien. Desweiteren konnte er bestätigen, dass die Vertretungsverhältnisse bei der Q über längere Zeit gleich geblieben sind. Die Zeugen O und P , beides Vorstandsmitglieder der R , waren daher für die Unterzeichnung des Limited Liability Company Agreement of N im Dezember 2012 gemeinsam zeichnungsbefugt.
174Für die AB FF hat die Zeugin Y den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet. Auch sie hat ihre Unterschrift – und die Unterschriften der Zeugen O und P – eindeutig erkannt. Ihre Vertretungsbefugnis für die AB FF ergibt sich aus deren Registrierungszertifikat. Insofern hat die Zeugin Y bestätigt, im Dezember 2012 Vorstandsmitglied der AB FF und für diese allein zeichnungsberechtigt gewesen zu sein
175Die Kammer sieht - auch wenn die Zeugen nicht mit den Details des Limited Liability Company Agreement of N vertraut waren – vor diesem Hintergrund keinerlei Anlass, die Existenz der N ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
176Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass die Dokumentennummern nicht auf allen Seiten des vorgelegten Agreements übereinstimmen. Dies lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei DD vorbereitet wurden und einen Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Unternehmen durchlaufen haben. Die Unterschriftenseite weist einen eindeutigen Bezug zu dem übrigen Teil des Agreements auf, da sie einen Verweis auf das LL Agreement enthält und die Gesellschaften aufführt, die auch auf der ersten Seite des Vertrages genannt werden.
177ee)
178Die Zeuginnen O und Z verfügten bei der Unterzeichnung des ÜV I für die Streithelferin über die hierzu erforderliche Vertretungsmacht. Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die Vertretungsbefugnis der Zeuginnen O und Z ergibt sich aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Darin sind die Zeuginnen O und Z als besonders autorisierte Personen („specially authorized signatories“) aufgeführt. Unter dem Punkt „signatory power“ ist die Vertretungsmacht für die Streithelferin dergestalt geregelt, dass Frau O die Streithelferin gemeinsam mit Frau Z vertreten kann. Dies haben die Zeuginnen so auch im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt. Die Zeugin O hat ergänzend ausgeführt, bereits seit etwa zehn Jahren für die Streithelferin zeichnungsbefugt zu sein.
179Ausweislich der Stellungnahme der schwedischen Rechtsanwälte R und S aus der Kanzlei GG vom 28.07.2015 ist eine solche Regelung nach schwedischem Recht möglich (s. S. 14-16 des Gutachtens). Hiernach wird eine schwedische Gesellschaft nach dem Aktiengesetz grundsätzlich durch ihren Vorstand vertreten. Es ist allerdings möglich, die Vertretungsmacht auf einzelne „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ zu übertragen. Die Befugnisse eines solchen Sonderunterzeichners entsprechen denjenigen des Vorstands. Diese Grundsätze belegen die Rechtsanwälte R und S durch den Verweis auf die entsprechenden Vorschriften des schwedischen Aktiengesetzes. Konkrete Einwände gegen die Ausführungen der beiden Anwälte tragen die Beklagten nicht vor und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Kammer hat keinerlei Zweifel daran, dass die Zeuginnen O und Z nach schwedische Recht über die erforderliche Vertretungsbefugnis verfügten, um den ÜV I zu unterzeichnen.
180ff)
181Die N wurde beim Abschluss des ÜV I wirksam durch die R , diese wiederum durch Herrn X, vertreten.
182Bei der N handelt es sich um eine nach dem Recht des US-Staates Delaware gegründete Gesellschaft. Auf eine solche Gesellschaft findet der Delaware Limited Liability Company Act (DLL A) Anwendung. Gemäß § 18-402 DLL A sind bei einer LL nach dem Recht des Staates Delaware grundsätzlich alle Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt. Die Geschäftsführung kann jedoch durch ein sog. Operating Agreement auf einen oder mehrere Geschäftsführer übertragen werden. In einem solchen Fall bezeichnet man die Gesellschaft auch als eine „Manager Managed LL “. Dies wird beschrieben in dem Handbuch „Drafting Delaware Limited Liability Company Agreements: Forms and Practise Manual“ des US-Rechtsanwaltes HH , 3. Auflage 2014. Aus § 18-101 (10) und § 18-101 (12) DLL A ergibt sich zudem, dass Geschäftsführer nicht nur eine natürliche, sondern auch eine juristische Person sein kann. Bestätigt wird dies durch die Stellungnahme des Herrn Professor II (s. das Gutachten vom 23.07.2015, S. 2, vorletzter Absatz).
183Gemäß Ziffer 5 des „Limited Liability Company Agreement of BB LL “ handelt es sich bei der N um eine Manager Managed LL , deren Geschäftsführer die Q ist. In dieser Zifffer findet sich weiter die Regelung, dass der Geschäftsführer berechtigt ist, alle Handlungen vorzunehmen, die für Vertragsschlüsse und deren Durchführung notwendig sind. Außerdem sollte die Q berechtigt sein, jegliche Verantwortung oder Berechtigung an einen leitenden Mitarbeiter, Angestellten oder Beauftragten zu delegieren. Hierin liegt die Gestattung zur Erteilung von Untervollmachten. Dies ist nach schwedischem Recht möglich. Ausweislich der Stellungnahme der Rechtsanwälte R und S (Gutachten vom 28.07.2015, S. 14) können Aktiengesellschaften nach schwedischem Recht neben dem Vorstand und dem Geschäftsführer durch „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ oder besonders bevollmächtigte Personen vertreten werden.
184Von dieser Möglichkeit hat die Q durch Erteilung der Vollmacht vom 11.02.2013 Gebrauch gemacht. Die Vollmachtsurkunde hat die Klägerin im Original zur Akte gereicht. Die zuvor eingereichte Kopie stimmt mit dem Original überein. Unterschrieben ist die Vollmacht von den Zeugen O und P . Diese gehören ausweislich der Registrierungsurkunde der Q dem Vorstand der Gesellschaft an und verfügen gemeinsam über die erforderliche Vertretungsmacht für die Q (s.o.). In ihrer Vernehmung haben sie bestätigt, die entsprechende Vollmacht für Herrn X und Herrn JJ ausgestellt zu haben. Dabei hatte der Zeuge P aufgrund eines Scherzes zwischen ihm und Herrn EE sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokumentes. Er wusste außerdem noch, dass Herr JJ und Herr X aus bestimmten Gründen bevollmächtigt wurden. Insbesondere an Herrn JJ konnte er sich als besonders zuverlässigen Mitarbeiter erinnern.
185Die Vollmacht gewährt den Herren X X und JJ jeweils Einzelvertretungsmacht für sämtliche Vereinbarungen und Erklärungen, die die N in Bezug auf die Durchführung des Master Sales Agreement zu schließen bzw. abzugeben hat. Entsprechend hatte Herr X die erforderliche Vertretungsmacht, um die N bei der Übertragung des Klagepatents wirksam vertreten zu können.
186Sofern Herr X den ÜV I bereits vor dem „effektive date“ am 11.02.2013 unterzeichnet hat, wofür seine Aussage spricht, den Vertrag am 07.02.2013 im Rahmen des Leadership-Meetings in Schweden unterschrieben zu haben, deutet die Aussage der Zeugin O darauf hin, dass auch die Vollmacht einige Tage vor dem 11.02.2013 unterzeichnet und dann vorgehalten wurde. Denn die Zeugin O hat ausgesagt, dass alle Dokumente zur selben Zeit vorbereitet worden seien. Selbst wenn aber die Vollmacht tatsächlich erst nach dem 11.02.2013 unterzeichnet worden wäre, wäre dies unschädlich, da jedenfalls zum „effective date“ und damit zum Inkrafttreten des ÜV I die erforderliche Vollmacht vorlag. Dies ist ausreichend, um eine wirksame Stellvertretung anzunehmen.
187gg)
188Die Kammer sieht keine Veranlassung, die Glaubwürdigkeit der Zeugen O , Z , X und P anzuzweifeln. Ihre Aussagen erscheinen der Kammer glaubhaft, da sie frei von Widersprüchen sind und die Zeugen sich erkennbar bemüht haben, kenntlich zu machen, an welchen Punkten sie über eine konkrete Erinnerung verfügen und hinsichtlich welcher Umstände sie sich unsicher sind. Der Vergleich der Aussagen der Zeuginnen O und Z ließ dabei erkennen, dass die Detailkenntnis bei der Zeugin Z , die als Leiterin der Rechtsabteilung mit den Vorgängen im Einzelnen näher befasst war als die Zeugin O , ausgeprägter war, was der Lebenswirklichkeit entsprechen dürfte und darauf hindeutet, dass die Zeugen sich im Vorfeld der Beweisaufnahme nicht detailliert abgesprochen haben. Die Zeugin O hat im Rahmen ihrer Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, mit den Details der Transaktion nicht vertraut gewesen zu sein, hatte aber durchaus Kenntnis von der Gesamtkonzeption der Transaktion. Der Zeuge P hat der Kammer den Eindruck vermittelt, sehr genau zu arbeiten und seine Unterschrift keinesfalls unbedacht zu leisten. Entsprechend hatte er teilweise eine sehr genaue Erinnerung an die Umstände der Unterzeichnung. Dies gilt auch für den Zeugen X, der sich noch daran erinnern konnte, seine Unterschriften in einer Pause eines am 7.2.2013 im Hauptquartier von H abgehaltenen Leadership-Meetings geleistet zu haben. Insofern stimmt seine Aussage mit der der Zeugin Z überein.
189Soweit die Zeugen im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Streithelferin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer nicht zu erkennen.
190c) Übertragungsvertrag N - DLL
191Die Klägerin hat schlüssig dargelegt und bewiesen, dass die N die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung mit Vertrag vom 13.02.2013 an die UPLL abgetreten hat.
192aa)
193Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV II vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV II übereinstimmt, ist insofern unschädlich, als die Unterzeichner des Vertrages im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt haben, eine Vereinbarung mit dem wiedergegebenen Inhalt abgeschlossen zu haben. Beide Zeugen haben ihre Unterschrift verifiziert.
194Soweit sich die Unterschrift des Herrn X auf dem als Original zur Akte gereichten ÜV II von der Unterschrift auf der Kopie unterscheidet, kann dies seine Ursache darin haben, dass die Verträge ggf. zweifach unterzeichnet wurden. Dies ist nach den Aussagen der Zeugen durchaus nicht unüblich. Auch der Zeuge T hielt dies für denkbar und hat bestätigt, üblicherweise bei derartigen Verträgen zwei Exemplare zu unterzeichnen. Der Zeuge X hatte hieran zwar keine konkrete Erinnerung mehr, wusste aber noch, „viele“ Unterschriften geleistet zu haben. Soweit der Vertrag unterschiedliche Papierformate aufweist, lässt sich dies damit erklären, dass ggf. einzelne Seiten in den USA auf dem dort gängigen Papierformat und einzelne Seiten in Schweden auf dem dort üblichen Papierformat ausgedruckt wurden.
195Der Zeuge T hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgeführt, dass die Verträge von der amerikanischen Kanzlei KK ausgehandelt worden seien. Diese Kanzlei sei im Rahmen der Transaktion vorbereitend rechtsberatend tätig geworden und habe dann ganz konkret die Transaktion begleitet, indem sie die Verträge ausgearbeitet und die Unterzeichnung koordiniert habe. Er selbst habe die Verträge zur Unterschrift von KK vorgelegt bekommen. Dabei habe ein enger Austausch mit dem Zeugen AA stattgefunden, der die Transaktion als In-House Anwalt begleitet habe und insofern über Detailkenntnisse verfügte. Dies wurde von dem Zeugen AA so bestätigt. Der Zeuge T erklärte weiter, er sei nicht für die rechtlichen Details zuständig gewesen. Er habe vielmehr das Unternehmensziel festgelegt, das dann von den Anwälten konkret umgesetzt worden sei. Die Gegenseite, d.h. H , sei bei der Transaktion von der Kanzlei DD vertreten worden. Über diese beiden Kanzleien seien die Verträge ausgetauscht worden.
196Dies hat der Zeuge X im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Auch er hat ausgesagt, über die wesentlichen Grundzüge der Transaktion informiert gewesen zu sein, die Details aber seinen Anwälten überlassen zu haben. Dies sei zum einen Herr CC als In-House Anwalt, zum anderen die Kanzlei DD als externer Berater gewesen.
197Beide Zeugen konnten sich zwar an die Details des ÜV II nicht erinnern, wussten aber, dass es um eine strukturierte Übertragung von H -Patenten aus dem Bereich Mobilfunk auf die UPLL ging. Dass sie hierbei keine Kenntnis von den konkreten Patenten, insbesondere den einzelnen Patentnummern, hatten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Denn die Details haben beide Zeugen ihren Anwälten überlassen, die als ihre Vertreter gehandelt haben und in dieser Eigenschaft auch die Willenserklärung der Gegenseite entgegennehmen konnten.
198bb)
199Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der ÜV II die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der N auf die UPLL umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV II übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Patentanmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten und Patentanmeldungen enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent und die diesem vorausgehende Anmeldung unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die UPLL als Inhaberin im Patentregister eingetragen wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass die dem Klagepatent zugrunde liegende Patentanmeldung von den Übertragungen umfasst sein sollte.
200cc)
201Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV II den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der N wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die UPLL zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
202dd)
203Hinsichtlich der wirksamen Vertretung der N durch Herrn X wird auf die Ausführungen zum ÜV I verwiesen, die im Rahmen des ÜV II entsprechend gelten.
204ee)
205Die UPLL ist im Rahmen des ÜV II wirksam von dem Zeugen T vertreten worden. Der Zeuge T hat ausgesagt, im Februar 2013 President und Chief Executive Officer der UPLL und Chief Executive Officer der UP Inc. gewesen zu sein. Diese Aussage haben die Zeugen V und AA im Rahmen ihrer Vernehmung gestützt.
206Die Position des Zeugen T als CEO der UP Inc. wird außerdem durch die von der Klägerin vorgelegten Proxy Statements der C vom 27.09.2012 und 01.10.2013 und eine Pressemitteilung der C vom 19.02.2013 bestätigt. Das Protokoll des Board Meetings der UP Inc. vom 10.01.2013 enthält den Beschluss des Vorstandes der UP Inc. zur Umsetzung des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. In diesem Zusammenhang wurde der Zeuge T als CEO der UP Inc. autorisiert, für die UP Inc. und deren Tochtergesellschaften die „transaction documents“ zu unterzeichnen. Die Zeugen T , V und AA haben im Rahmen ihrer Vernehmung übereinstimmend ausgesagt, dass das Board Meeting der UP Inc. am 10.01.2013 stattgefunden hat und dort die vorstehend bezeichneten Entscheidungen getroffen wurden. Ausweislich Seite 1 des Protokolls waren die Zeugen T und V bei dem „Meeting of the board of directors of DInc.“ anwesend.
207In Umsetzung der im Rahmen des Board Meetings getroffenen Vorstandsbeschlüsse wurde der Zeuge T durch das Amended And Restated Operating Agreement der UPLL vom 13.02.2013 zum „Initial Officer“ der UPLL ernannt (Ziffer 6.(b)) und im Anhang 1 als „President and Chief Executive Officer“ der UPLL bezeichnet. Unterzeichnet ist dieses Agreement von dem Zeugen T sowohl für die UP IP Manager LL als auch für die UP IP Holdings Inc., jeweils in seiner Funktion als CEO für beide Gesellschaften. Die UP IP Manager LL und die UP IP Holdings Inc. waren die Gesellschafter der UPLL , wobei es sich in beiden Fällen um hundertprozentige Tochtergesellschaften der UP Inc. handelt. Die UP Holdings Inc. verfügte ausweislich des „Written Consent in Lieu Of A Special Meeting Of Stockholders Of DHoldings Inc.“ vom 07.10.2011 über nur einen Director, nämlich Herrn Michael T , der daher für die Gesellschaft allein vertretungsbefugt war. Die Geschäftsführung der UPLL wurde der UP IP Manager LL übertragen (vgl. Ziffern 1.(k) und 6.(a) des Amended And Restated Operating Agreement). Dies ist nach dem Recht des US-Staates Nevada möglich. Maßgeblich ist insofern der Nevada Limited Liability Company Act. In Ziffer 86 der Nevada Revised Statutes (NRS) ist die Vertretung einer nach dem Recht des US-Staates Nevada gegründeten LL im Einzelnen geregelt. NRS 86.291 bestimmt, dass die LL durch ihre Gesellschafter oder ihre Manager vertreten werden kann. Die UPLL wurde ursprünglich als member managed LL gegründet. Am 12.02.2013 wurden die „Articles of Organisation“ allerdings dahingehend geändert, dass die UPLL manager managed wurde. Als Manager kann auch eine juristische Person eingesetzt werden, wie im vorliegenden Fall die UP IP Manager LL (vgl. hierzu das Gutachten des US-Anwalts Michael Rounds vom 09.11.2015, S. 2).
208Die UP IP Manager LL hat die Gesellschaftsanteile an der UPLL durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 von der UP Inc. erworben. Eine solche Anteilsübertragung ist nach NRS 86.351 möglich. Manager der UP IP Manager LL war wiederum die UP Inc. (vgl. § 7 des Company Agreement der D vom 09.01.2013). Unterzeichnet wurde das Interest Assignment Agreement auf beiden Seiten von dem Zeugen T , jeweils in seiner Funktion als Chief Executive Officer. Dies ist nach dem maßgeblichen Recht des US-Staates Delaware zulässig (vgl. das Gutachten des Herrn Prof. II vom 13.11.2015, S. 3-4). Gleiches gilt im Übrigen auch für das Recht des US-Staates Nevada (vgl. das Gutachten des US-Rechtsanwaltes Michael Rounds vom 09.11.2015, S. 2-3).
209Die Echtheit sämtlicher vorgenannten Unterschriften hat der Zeuge T im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Die Existenz des Amended And Restated Operating Agreements der UPLL konnte im Übrigen auch der Zeuge V bestätigen, da er dieses Dokument nach seiner Aussage im Rahmen der Verträge, die Gegenstand der gesamten Transaktion waren, gesehen hat. Er hat hierzu weiter ausgesagt, dass diese Vereinbarung für H von besonderer Bedeutung gewesen sei, da sie die rechtliche Struktur wiedergebe, die H als Insolvenzsicherheit dienen sollte. Der Zeuge AA hat dies ergänzend dahingehend erläutert, dass es H gerade darauf angekommen sei, die UP IP Manager LL als Geschäftsführer der UPLL einzusetzen. Die UP IP Manager LL habe 5 % der Anteile an UPLL gehalten, die UP IP Holdings Inc. 95 % der Anteile.
210Vor diesem Hintergrund steht die Vertretungsbefugnis des Zeugen T im Rahmen des ÜV II zur Überzeugung der Kammer fest.
211ff)
212Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen T , V und X zu zweifeln. Soweit Herr T noch als Chairman bei der UP Inc. tätig ist, handelt es sich lediglich um eine beratende Tätigkeit für die Erfinder, die in der Vorgängergesellschaft der UP Inc. gearbeitet und dort Erfindungen getätigt haben. Der Zeuge V steht in keinem Arbeitsverhältnis mehr zur UP. Dass er noch Anteile an dieser hält, reicht für sich genommen nicht aus, seine Glaubwürdigkeit anzuzweifeln.
213Die Aussagen der Zeugen T , V und X sind glaubhaft. Sie stimmen in ihrem grundsätzlichen Gehalt überein. Wesentliche Widersprüche konnte die Kammer nicht feststellen. Der Zeuge T hat an diversen Stellen in seiner Vernehmung zu verstehen gegeben, dass er in die Details der Transaktion nicht involviert war. Er hat aber überzeugend ein Bild von dem Gesamtkonzept der Transaktion gezeichnet, das mit der Aussage des Zeugen X übereinstimmt.
214Soweit die Zeugen T , V und X im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Klägerin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer auch hier nicht zu erkennen.
215Soweit die Kammer in den vorstehenden Ausführungen Bezug genommen hat auf Aussagen des Zeugen MM , hat sie hierbei berücksichtigt, dass dieser offenbar in einer sehr engen Beziehung zu den anwaltlichen Vertretern der Klägerin steht und sich mit diesen schon im Vorfeld dieses Rechtsstreits detailliert über die streitgegenständlichen Vorgänge ausgetauscht bzw. ihnen Informationen und Unterlagen verschafft hat. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer zwar keine grundsätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, hat aber im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage berücksichtigt, dass bei ihm ein gewisses Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits vorhanden sein mag bzw. gewisse Bestandteile seiner Aussage von den Interessen der Klägerin beeinflusst gewesen sein mögen. Die Kammer hat die Aussage des Zeugen AA daher lediglich insoweit herangezogen, wie sie geeignet war, die Aussagen anderer Zeugen zu bestätigen.
216d) Übertragungsvertrag A – Klägerin
217Schließlich hat die Klägerin substantiiert vorgetragen und bewiesen, dass die UPLL das Klagepatent mit Vertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin abgetreten hat.
218aa)
219Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV III vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin eingereichten Exemplar des ÜV III übereinstimmt, beeinträchtigt zwar den Beweiswert der als Original vorgelegten Urkunde, das Zustandekommen einer Vereinbarung mit dem im ÜV III festgehaltenen Inhalt steht aber zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest. Der Zeuge V hat, nachdem ihm im Rahmen seiner Zeugenvernehmung das von der Klägerin als Original eingereichte Exemplar des ÜV III vorgehalten worden ist, nicht nur die Echtheit seiner eigenen Unterschrift, sondern auch die des Herrn L bestätigt. Hierzu hat er ausgesagt, mit der Unterschrift des Herrn L vertraut zu sein und diese zu erkennen. Dass der Zeuge V sich an Ort und Zeit seiner Unterschriftsleistung nicht mehr genau erinnern konnte, unterstreicht nur die Glaubhaftigkeit seiner Aussage, hindert aber nicht die Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses. Der Zeuge konnte sich nämlich noch genau daran erinnern, den gesamten Vertrag gelesen zu haben, wobei ihm auch eine Liste mit Patenten vorgelegt wurde. Hierzu wusste er noch, dass er Herrn AA gefragt hat, ob er diese Liste durcharbeiten müsse. Dass er sich an die Details dieser Liste – etwa ob sie in schwarz-weiß oder Farbe gedruckt war – nicht mehr erinnern konnte, ist unschädlich. Der Zeuge hatte jedenfalls eine klare Vorstellung davon, dass mit dem zu unterzeichnenden Vertrag ein Patentportfolio von der UPLL auf die Klägerin übertragen werden sollte. Der Zeuge wusste auch, dass aufgrund steuerlicher Gesichtspunkte gerade die europäischen und koreanischen Patente auf die Klägerin übertragen werden sollten. Dies hat auch der Zeuge AA so bestätigt. Soweit in diesem Rechtsstreit zwei Versionen des ÜV III vorgelegt wurden, hielt der Zeuge V es nicht für ausgeschlossen, den Vertrag zweimal unterzeichnet zu haben. Hierdurch lassen sich Unterschiede in den vorgelegten Unterschriftsseiten erklären. Der Zeuge V hat weiter ausgesagt, dass die Unterzeichnung des Vertrages von dem Zeugen AA koordiniert wurde, zugleich aber für die Transaktion auch die Rechtsanwaltskanzlei KK beauftragt war. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen T . Insofern ist den Zeugenaussagen auch zu entnehmen, dass die hinzugezogenen Anwälte bevollmächtigt waren, die Willenserklärungen der Vertragsparteien weiterzuleiten und entgegenzunehmen. Der Zeuge AA hat zudem ausgesagt, dass beide Vertragsparteien eine elektronische Version der Unterschriftenseite der jeweils anderen Partei erhalten hätten. Insofern ist von einem wirksamen Zugang der Willenserklärungen bei der jeweils anderen Vertragspartei auszugehen.
220bb)
221Die Kammer ist außerdem davon überzeugt, dass der ÜV III die Abtretung des Klagepatents von der UPLL an die Klägerin umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV III übertragenen Patente sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört unter anderem das Klagepatent. Der Vertrag ist damit hinreichend bestimmt. Die fehlende feste Verbindung der einzelnen Seiten des Vertrages und die fehlende Paraphierung der Seiten erschweren zwar die Feststellung, mit welchem Inhalt der Vertrag im Einzelnen geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht von dem ÜV III umfasst sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent ist in der vorgelegten Liste von Patenten enthalten und es handelt sich um ein europäisches Patent. Eben die europäischen Patente sollten nach der Aussage des Zeugen V Gegenstand der Übertragung sein. Zudem kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Klagepatent – mit Zustimmung der UPLL – im Patentregister geändert wurde und die Klägerin nunmehr als Inhaberin des Klagepatents im Register genannt ist, als ein Indiz dafür herangezogen werden, dass der Wille der Vertragsparteien dahin ging, das Klagepatent mit dem ÜV III von der UPLL auf die Klägerin zu übertragen.
222cc)
223Hinsichtlich des ÜV III findet Art. 72 EPÜ keine Anwendung. Denn das Klagepatent wurde am 18.12.2013 erteilt. Übertragen wurde damit im Rahmen des ÜV III nicht eine europäische Patentanmeldung, sondern ein europäisches Patent.
224Ungeachtet dessen genügt aber auch der ÜV III den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der UPLL wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die Klägerin zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen V und AA davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
225dd)
226Die UPLL wurde bei der Unterzeichnung des ÜV III wirksam von dem Zeugen V vertreten. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt, zum damaligen Zeitpunkt Chief Financial Officer der UP Inc. und der UPLL gewesen zu sein. Dies wird bestätigt durch das von der Klägerin vorgelegte Protokoll eines Board Meetings der UP Inc. vom 10.01.2013, in dem der Zeuge V als CFO der UP Inc. benannt ist. Darüber hinaus hat auch der Zeuge T angegeben, dass der Zeuge V in den Jahren 2013 und 2014 CFO der UP Inc. und der UPLL gewesen sei. Entsprechend findet sich in dem Amended And Restated Operating Agreement der UPLL vom 13.02.2013 im Anhang 1 der Name des Zeugen V . Gemäß Ziffer 6.(b) des Agreements in Verbindung mit dem Anhang 1 wurde er zum „Initial Officer“ der UPLL ernannt, wobei ihm ausweislich des Anhangs 1 die Funktion des CFO zukam. Gemäß Ziffer 6. (b) des Agreements verfügte der Zeuge V damit über die entsprechende Befugnis, die UPLL im Rahmen des ÜV III zu vertreten.
227ee)
228Die Klägerin wurde beim Abschluss des ÜV III wirksam durch Herrn L vertreten. Die Klägerin ist im irischen Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach irischem Recht eingetragen. Der Vorstand der Klägerin bestand im Jahr 2014 aus den beiden Vorstandsmitgliedern Herrn V und Herrn L . Dass Herr L bereits am 27.02.2014 – dem Tag des Inkrafttretens des ÜV III „Managing Director“ der Klägerin und damit für diese vertretungsberechtigt war, ergibt sich aus dem Protokoll des Board Meetings der Klägerin vom 27.02.2014. Ausweislich dieses Protokolls wurde Herrn L die Vollmacht erteilt, alle notwendigen Dokumente zur Umsetzung der Patentübertragungen im Rahmen des MSA zu unterzeichnen. Die Zeugen V und AA haben bestätigt, dass ein entsprechendes Board Meeting der Klägerin stattgefunden hat und dort die vorgenannte Entscheidung getroffen wurde. Dass es zwei unterschiedliche Versionen des Protokolls gibt, erklärte der Zeuge V nachvollziehbar damit, dass das Protokoll von seiner Assistentin während der Telefonkonferenz angefertigt worden sei. Die hinzugezogenen irischen Anwälte hätten dann darum gebeten, das Protokoll mehr aus der Sicht der in Irland ansässigen Klägerin zu fertigen. Dies sei so umgesetzt worden und er habe das Protokoll dann nochmals unterzeichnet. Diese Aussage passt zu den in den beiden Protokollversionen angegebenen Daten und der Änderung der im Kopf angegebenen Anschrift in Reno in die Anschrift der Klägerin in Irland. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass das Board Meeting der Klägerin tatsächlich am 27.02.2014 stattgefunden hat und darin Herr Sami L die erforderliche Vertretungsmacht erhielt, den ÜV III zu unterzeichnen.
229ff)
230Die Aussage des Zeugen V ist glaubhaft. Sie weist keine erkennbaren Widersprüche auf und der Zeuge hat sich darum bemüht, deutlich zu machen, an welche Details er keine konkrete Erinnerung mehr hat. Auf der anderen Seite hatte er ein sehr genaues Bild von den Gesamtumständen der Transaktion, das mit den Aussagen der anderen Zeugen übereinstimmt. Soweit die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung Aussagen des Zeugen AA herangezogen hat, gilt das zum ÜV II Gesagte entsprechend.
2314.
232Die von der Klägerin im Wege der Abtretung geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz für die Zeit vor dem 27.02.2014 unterliegen nicht der Indizwirkung des Patentregisters. Denn über etwaige Abtretungen solcher Ansprüche sagt das Patentregister grundsätzlich nichts aus. Eine Indizwirkung könnte allenfalls insofern bestehen, als dass derjenige, der berechtigt das Patent übertragen durfte, auch berechtigt war, die in der Vergangenheit liegenden Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche abzutreten. Ob eine solche Indizwirkung angenommen werden kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass das Klagepatent wie von der Klägerin vorgetragen am 27.04.2014 von der UPLL auf die Klägerin übertragen wurde und dabei die in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche der UPLL mit abgetreten wurden. Hinsichtlich der Wirksamkeit des Übertragungsvertrages wird auf die Ausführungen unter Ziffer 3. verwiesen.
233Der ÜV III umfasste neben der Abtretung des Patents auch die Abtretung von in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüchen der UPLL . So heißt es in Ziffer 1 des ÜV III, dass die Übertragung das Recht umfasst, hinsichtlich vergangener, gegenwärtiger oder zukünftiger Verletzungen der Patente Schadensersatz oder andere Formen der Entschädigung einzuklagen und zu erhalten. Die Klägerin soll in allen Angelegenheiten, die die übertragenen Patente betreffen, vollständig und uneingeschränkt an die Stelle der UPLL treten. Dies ist dahingehend auszulegen, dass der ÜV III neben der Abtretung des Klagepatents selbst auch eine Abtretung der in diesem Rechtsstreit streitgegenständlichen Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche der UPLL an die Klägerin enthält.
234Die Anwendung des Rechts des Staates Nevada führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Abtretung europäischer Patente und der aus ihrer Verletzung resultierenden Schadensersatzansprüche ist ausweislich der Stellungnahme der Kanzlei W (Gutachten vom 28.07.2015, S. 6) nach dem Recht des Staates Nevada möglich. Ist dies der Fall, müssen auch die korrespondierenden Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche abtretbar sein, da andernfalls der Schadensersatz nicht beziffert werden könnte.
235Die Beklagten haben gegen das dargelegte Verständnis des ausländischen Rechts keine substantiierten Einwände erhoben.
2365.
237Soweit nach dem Vorstehenden festgestellt werden kann, dass die von der Klägerin vorgetragenen Abtretungen des Klagepatents und der dieses betreffenden Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche rechtswirksam erfolgt sind, stehen dem kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen.
238Das MSA bzw. die nachfolgenden Patentübertragungen verstoßen weder gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften (§§ 35-43 GWB) noch kann eine Unwirksamkeit der Patentübertragungen infolge eines kartellrechtlich verbotenen Eingriffs in den Wettbewerb im Sinne der Art. 101, 102 AEUV angenommen werden.
239Das europäische Kartellrecht findet in den Mitgliedstaaten unmittelbar Anwendung und ist Bestandteil der in den Mitgliedstaaten – und damit auch in Deutschland – geltenden Rechtsordnungen. Das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht finden nebeneinander Anwendung, wobei in Kollisionsfällen dem Gemeinschaftsrecht der Anwendungsvorrang zukommt (Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, Einführung Rn 102 ff.).
240a) Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften, §§ 35-43 GWB
241Zusammenschlüsse, die entgegen einer nach § 39 GWB bestehenden Verpflichtung nicht beim Bundeskartellamt angemeldet werden, sind gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB (schwebend) unwirksam. Dies setzt voraus, dass die Transaktion erstens einen Zusammenschluss nach § 37 GWB beinhaltet, zweitens die beteiligten Unternehmen die Umsatzschwellen des § 35 GWB überschreiten und drittens der Zusammenschluss Inlandswirkung hat, § 130 Abs. 2 GWB. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht festgestellt werden.
242Es kann dahinstehen, ob die Übertragung des Patentportfolios der Streithelferin an den UP Unternehmenskonzern nach Maßgabe des MSA einen Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB darstellt oder ob die insbesondere in Artikel 6 des MSA enthaltenen Regelungen einen Kontrollerwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB begründen. Denn ungeachtet dessen haben die Beklagten jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die in § 35 GWB genannten Umsatzschwellen überschritten werden.
243§ 35 Abs. 1 GWB verlangt für das Bestehen einer fusionskontrollrechtlichen Anmeldepflicht im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss (kumulativ) die folgenden Umsatzerlöse:
244- Weltweite Umsatzerlöse aller beteiligten Unternehmen von insgesamt mehr als 500 Mio. EUR
245- Umsatzerlöse mindestens eines beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 25 Mio. EUR (erste Inlandsumsatzschwelle)
246- Umsatzerlöse mindestens eines anderen beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 5 Mio. EUR (zweite Inlandsumsatzschwelle)
247Als Beteiligte im Sinne des § 35 Abs. 1 GWB sind diejenigen Unternehmen zu identifizieren, zwischen denen der Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 GWB erfolgt. Dies sind diejenigen Unternehmen, zwischen denen nach dem Vollzug eine relevante Unternehmensverbindung im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB besteht, welche vorher noch nicht bestanden hat. Konkret lässt sich diese Frage nur nach Klärung der jeweils verwirklichten Zusammenschlusstatbestände im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB beantworten (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 50). Nach § 36 Abs. 2 GWB gilt hierbei eine Verbundbetrachtung. Materiell zusammenschlussbeteiligt ist immer die gesamte Unternehmensgruppe,welcher der unmittelbar zusammenschlussbeteiligte Rechtsträger angehört (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 51).
248aa)
249Zusammenschlussbeteiligt sind beim Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB neben dem Erwerber (hier: UPLL ) der Veräußerer (hier die Streithelferin) bzw. das übertragene Vermögen. Der Streit, ob auf Seiten des Veräußerers der Veräußerer selbst oder das übertragene Vermögen als Beteiligter anzusehen ist, hat aufgrund der Regelung des § 38 Abs. 5 S. 1 GWB keine praktischen Auswirkungen. Im Fall des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB ist auf der Seite des Veräußerers stets nur der Umsatz zu berücksichtigen, der auf den veräußerten Vermögensteil entfällt (vgl. zum Streitstand: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 68).
250Dass der Umsatz von UPLL bzw. der UP Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2012 in Deutschland über 25 Mio. EUR betrug, behaupten die Beklagten selbst nicht. Aber auch hinsichtlich der übertragenen Patente behaupten die Beklagten lediglich Umsätze von über 5 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2012. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB jedenfalls an Sachvortrag zu der Überschreitung der ersten Inlandsumsatzschwelle.
251bb)
252Beteiligt an einem Zusammenschluss im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB durch den Erwerb von (Mit-)Kontrolle sind immer alle Unternehmen, die nach Durchführung des Vorhabens durch Kontrolle im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB miteinander in Verbindung stehen. Das sind das gemeinsam kontrollierte Gemeinschaftsunternehmen und alle künftig mitkontrollierenden Unternehmen (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 235), im vorliegenden Fall also UPLL , UP Inc. und die Streithelferin. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass UPLL , UP Inc. oder auch die gesamte UP Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2012 Umsätze in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt hätten. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB jedenfalls an der Überschreitung der zweiten Inlandsumsatzschwelle.
253cc)
254Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass die beiden vorgenannten Zusammenschlusstatbestände nebeneinander erfüllt wären, und damit im Rahmen eines einheitlichen Zusammenschlusses den Kreis der beteiligten Personen auf die Streithelferin, den UP Unternehmensverbund (einschließlich UPLL ) sowie die übertragenen Patente erweitern wollte, reicht der Vortrag der Beklagten nicht aus, um das Überschreiten der zweiten Inlandsumsatzschwelle von 5 Mio. EUR zu begründen. Soweit die Beklagten versuchen, aus einem im MSA angenommenen Wert der übertragenen Patente von mindestens 1,05 Milliarden USD auf angebliche Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland rückzurechnen, geht dies schon vom Ansatz her fehl, weil Anlass für den Abschluss des MSA nach Auskunft der Streithelferin gerade der Umstand war, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten zuvor keine dem Wert der übertragenen Patente entsprechenden Lizenzeinnahmen erzielen konnte. Jedenfalls ihre Einschätzung des Werts der übertragenen Patente – die im MSA zum Ausdruck kommt – dürfte daher nicht mit den im Jahr 2012 mit diesen Patenten erzielten Lizenzeinnahmen korrespondieren. Es steht nicht einmal fest, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten im Geschäftsjahr 2012 überhaupt irgendwelche Lizenzeinnahmen in Deutschland erzielt hat. Diese sollten vielmehr nach dem Willen der Vertragsparteien des MSA gerade durch UP generiert werden. Insofern sind auch etwaige Anhaltspunkte im MSA, mit welchen Lizenzeinnahmen die Vertragsparteien ggf. in der Zukunft rechneten, nicht aussagekräftig im Hinblick auf die tatsächlich im Geschäftsjahr 2012 von der Streithelferin erzielten Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland. Soweit die Beklagten diesbezüglich auf eine Stellungnahme der Streithelferin gegenüber der United States Securities and Exchange Commission abstellt, betrifft diese das gesamte Patentportfolio der Streithelferin weltweit. Eine Aussage gerade im Hinblick auf die übertragenen Patente und die mit diesen in Deutschland erzielten Umsätze kann ihr nicht entnommen werden.
255dd)
256Soweit die Beklagten meinen, die Klägerin bzw. die Streithelferin treffe im Rahmen des § 35 GWB eine sekundäre Darlegungslast, folgt die Kammer dem nicht. Das Behaupten des Überschreitens der Umsatzschwellen durch die Beklagten erfolgt ins Blaue hinein; konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Vor diesem Hintergrund ist kein Anlass ersichtlich, der Klägerin, noch weniger der Streithelferin, eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, die letztlich der Ausforschung des Sachverhalts durch die Beklagten dienen würde.
257Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften der Fusionskontrolle grundsätzlich nicht den Interessen Dritter dienen. § 41 Abs. 1 GWB soll vielmehr ein geordnetes Fusionskontrollverfahren sicherstellen. Er gilt für alle tatbestandsmäßigen Zusammenschlüsse, die die Umsatzschwellen des § 35 erfüllen, unabhängig von deren materiellrechtlicher Bewertung. Auch freizugebende Zusammenschlüsse unterliegen (zunächst) dem Vollzugsverbot. Daher kann sich kein Wettbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter darauf berufen, dass §41 GWB ihn vor den wirtschaftlichen Folgen eines Zusammenschlusses schützen soll (vgl. Immenga/Mestmäcker/Thomas, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 41 Rn 74 m.w.N.). Soweit in dem Verfahren vor dem Bundeskartellamt andere Grundsätze hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten gelten sollten – die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des BGH vom 14.10.2008 in der Streitsache „Faber/Basalt“ (NJW 2009, 1611) – hat dies jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung. Die erkennende Kammer ist nicht dazu berufen, das Fusionskontrollverfahren durchzuführen, sondern hat nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen über das Bestehen oder die Nichtigkeit eines schuldrechtlichen Vertrages bzw. einer Übertragung von Patenten zu entscheiden. Diesbezüglich trifft die Beklagten die volle Darlegungs- und Beweislast für die von ihnen behauptete Unwirksamkeit des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. Dem haben sie nicht genügt.
258b) Art. 101 AEUV (§ 1 GWB)
259Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, das MSA und die diese Vereinbarung vollziehenden Abtretungsvereinbarungen verstießen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (§ 1 GWB) mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV.
260Art. 101 Abs. 1 AEUV verlangt – ebenso wie § 1 GWB – eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Prüfung des wettbewerbswidrigen Zwecks einer Vereinbarung insbesondere auf deren Inhalt und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Ferner kann die Kommission die Absicht der Parteien in ihrer Prüfung berücksichtigen, selbst wenn dieser Aspekt für die Entscheidung, ob eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, nicht ausschlaggebend ist. (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 25)
261Wenn eine Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist zu prüfen, ob sie spürbare wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. Dabei sind die tatsächlichen wie auch die potenziellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Es muss also zumindest wahrscheinlich sein, dass eine Vereinbarung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 26).
262Eine Vereinbarung hat dann wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn sie eine tatsächliche oder wahrscheinliche spürbare negative Auswirkung auf mindestens einen Wettbewerbsparameter des Marktes (zum Beispiel Preis, Produktionsmenge, Produktqualität, Produktvielfalt, Innovation) hat. Vereinbarungen können solche Auswirkungen haben, wenn sie den Wettbewerb zwischen den Parteien der Vereinbarung oder zwischen einer der Parteien und Dritten spürbar verringern. Die Vereinbarung muss die Parteien – entweder durch in der Vereinbarung festgelegte Pflichten, die das Marktverhalten von mindestens einer Partei regeln, oder durch Einflussnahme auf das Marktverhalten mindestens einer Partei durch Veränderung ihrer Anreize – in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 27).
263Das MSA (und seine Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen der „H Assigned Patents“) verfolgt weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck, noch kommen ihm wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen in dem vorbeschriebenen Sinne zu.
264aa)
265Dies gilt zunächst einmal im Hinblick darauf, dass die Streithelferin ihr Portfolio standardessentieller Patente aufgeteilt und einen Teil dieses Portfolios an die Klägerin veräußert hat.
266Die Streithelferin hält nach ihrem eigenen (unbestrittenen) Vortrag eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie, das über 37.000 Patente umfasst. Mit der Veräußerung eines Teils ihres Patentportfolios verfolgte sie den Zweck, einen faireren Ausgleich für die veräußerten Patente zu erlangen, um die vorangegangenen Kosten für Forschung und Entwicklung zu kompensieren. Diese Kosten sind immens; die H -Gruppe beschäftigt mehr als 25.000 Mitarbeiter im Bereich der Forschung und Entwicklung und investiert jährlich etwa 5 Milliarden USD in diesen Bereich. In der Folge werden jährlich etwa 2.000 neue Patente erteilt. Ein Großteil der von der Streithelferin gehaltenen Patente ist essentiell für die bedeutenden Standards, die von Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt werden. Sie hat daher in der Vergangenheit bereits eine große Anzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Das Patentrecht dient insbesondere der Förderung solcher Forschungs- und Entwicklungsarbeit, indem die daraus resultierenden Erfindungen unter entsprechenden rechtlichen Schutz gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist die erklärte Absicht der Streithelferin, für ihre Patente einen angemessenen Ausgleich zu erlangen, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
267Grundsätzlich ist der Patentinhaber frei, seine – auch standardessentiellen – Patente zu verwerten, ggf. also auch an Dritte zu veräußern und zu übertragen (so auch schon: OLG Karlsruhe, MMR 2011, 469, 471). Ein generelles Veräußerungsverbot für standardessentielle Patente lässt sich über kartellrechtliche Vorschriften nicht rechtfertigen. Es besteht auch grundsätzlich keine Verpflichtung des Patentinhabers, eine bestehende Lizensierungspraxis aufrecht zu erhalten. Beschränkt wird der Inhaber eines Patents, das Gegenstand eines von einer Standardisierungsorganisation vereinbarten Standards ist, in seiner Lizensierungspraxis unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten durch die von ihm abgegebene Selbstverpflichtungserklärung, Dritten Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu gewähren.
268Die Kammer vermag – entgegen dem anderslautenden Vortrag der Beklagten – im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass es bezweckt war, durch die Aufteilung des Patentportfolios der Streithelferin am Markt überhöhte, insbesondere über einen FRAND-Maßstab hinausgehende Lizenzgebühren durchzusetzen oder die Beklagten gegenüber anderen Marktteilnehmern zu diskriminieren.
269Die den Patentübertragungen zugrundeliegenden Verträge, das Master Sale Agreement vom 10.01.2013 („MSA“) und das Patent Sale and Grant-Back License Agreement vom 13.02.2013 („PSA“), enthalten eine Vielzahl von Regelungen, die die Überleitung der FRAND-Verpflichtung von der Streithelferin auf die UPLL bzw. von der UPLL auf die Klägerin sicherstellen sollen. Gemäß Ziffer 6.7 des MSA sollten die Patente der Streithelferin einschließlich der bestehenden Lizensierungsverpflichtungen, unter anderem der Verpflichtungen, die bei der ETSI eingereicht wurden, übertragen werden. In Ziffer 6.14 des MSA heißt es entsprechend, dass die UPLL die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Gemäß Ziffer 6.1 (x) des MSA ist UPLL die Geltendmachung von Ansprüchen aus den zu übertragenden Patenten, die über FRAND-Bedingungen hinausgehen, untersagt. In Klausel 6.1 (b) des MSA wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bestehenden Belastungen die Möglichkeiten des Erwerbers einschränken können, die zu übertragenden Patente zu verwerten. Im PSA findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der UPLL , bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Um sicherzustellen, dass die Klägerin in gleicher Weise verpflichtet ist wie UPLL , ist die Klägerin dem MSA beigetreten.
270Entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtungen gaben sowohl die UPLL unter dem 14.06.2013 als auch die Klägerin unter dem 6.3.2014 eigene FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI ab. Hiernach sind sowohl die UPLL als auch die Klägerin (jeweils einschließlich der mit diesen verbundenen Unternehmen) unwiderruflich dazu verpflichtet, Lizenzen an ihren essentiellen Patenten zu Bedingungen einzuräumen, die mit Art. 6.1 der ETSI IPR Richtlinien in Einklang stehen, d.h. „fair, reasonable and non-discriminatory“ sind.
271Dass die FRAND-Erklärung der Klägerin dabei nicht die Verpflichtung umfasst, die bisherige, von der Streithelferin konkret umgesetzte Lizensierungspraxis weiterzuführen, ist unschädlich. Art. 101 AEUV schützt nicht etwa eine bestimmte Lizensierungspraxis, sondern den Zugang zu dem durch den Standard geregelten Produktmarkt zu FRAND-Bedingungen. Der Grundsatz der „Nicht-Diskriminierung“ verlangt dabei von dem Patentinhaber nur, die in einer vergleichbaren Position befindlichen Lizenznehmer gleich zu behandeln, nicht aber, auf die Dauer allen Lizenznehmern exakt dieselben Lizenzbedingungen anzubieten (vgl. hierzu auch schon: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass). Befinden sich die Lizenznehmer in einer unterschiedlichen Ausgangsposition, etwa aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Veräußerung und Übertragung der lizensierten Patente, können durchaus unterschiedliche Lizenzbedingungen zur Anwendung kommen, ohne dass dies zwingend einen Verstoß gegen den Grundsatz der Lizensierung zu FRAND-Bedingungen bedeuten würde. Dies ergibt sich praktisch schon daraus, dass ggf. ein anderes Portfolio lizensiert wird. Kartellrechtlich bedenklich ist eine solche Lizensierung zu unterschiedlichen Bedingungen erst dann, wenn die Bedingungen sich nicht mehr im fairen und angemessenen Bereich bewegen und die zwischen den einzelnen Lizenznehmern vorgenommenen Unterschiede zu einer wesentlichen Störung des Wettbewerbs führen.
272Was im einzelnen FRAND ist, ist objektiv zu bewerten. Dabei ist unter anderem auch der Umstand zu berücksichtigen, dass für die Herstellung und Vermarktung eines standardkonformen Produkts ggf. Lizenzen bei mehreren Patentinhabern eingeholt werden müssen. FRAND ist dabei die einzelne Lizenzgebühr nur dann, wenn sie insgesamt – d.h. mit den ggf. zusätzlich erforderlichen Lizenzen zusammen – nicht zu einer unangemessen hohen Belastung des Lizenznehmers führt (vgl. hierzu auch Müller, GRUR 2012, 686, 689).
273Soweit die Streithelferin mit dem MSA und den diesen vollziehenden Patentübertragungen die Hoffnung verbindet, durch eine Aufgliederung ihres umfangreichen Patentportfolios in Teil-Portfolios mit unterschiedlichen Patentinhabern höhere, nach ihrem Empfinden angemessene Lizenzgebühren erzielen zu können, wird dies nur dann der Fall sein, wenn die bislang für ihre Patente gezahlten Lizenzgebühren sich unterhalb oder am unteren Rand einer FRAND-Lizenzgebühr bewegten. Die Anhebung der Gebühren auf ein Niveau, das (zumindest mittleren) FRAND-Kriterien entspricht, ist aber nicht als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, zumal die Parteien des MSA nicht die Möglichkeit haben, die Lizenzgebühren einseitig festzusetzen. Diese müssen vielmehr mit den potentiellen Lizenznehmern ausgehandelt werden. Soweit die Streithelferin bzw. die Klägerin sich durch die Umsetzung des MSA in diesem Zusammenhang eine bessere Verhandlungsposition versprechen, ist dies durchaus legitim. Die Kammer vermag hierin weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck zu erkennen, noch hält sie es für wahrscheinlich, dass die Vereinbarung spürbar negative Auswirkungen auf den Mobilfunkmarkt hat. Im Hinblick auf die Auswirkungen am Markt hat die Kammer dabei in ihre Überlegungen auch den Umstand eingestellt, dass ausweislich des „license proposal“ der Klägerin Lizenzgebühren von um die 0,75 USD pro Mobilfunkgerät im Raum stehen. In Anbetracht der handelsüblichen Preise für Mobilfunkgeräte ist dies, selbst im niedrigpreisigen Segment, lediglich ein geringer Anteil an den Gesamtkosten. Dass potentielle Lizenznehmer, die den GSM-Standard nutzen möchten, die Lizenzgebühren nunmehr mit (mindestens) zwei Inhabern standardessentieller Patente aushandeln müssen und jedenfalls einer der Patentinhaber – nämlich die Klägerin – eine reine Patentverwertungsgesellschaft darstellt, mag zwar die Lizenzverhandlungen am Markt für die Lizenznehmer etwas erschweren, zumal es jedenfalls in Bezug auf die Klägerin nicht möglich sein dürfte, M lizenzen zu vereinbaren, dies führt aber so lange nicht zu einem kartellrechtlich bedeutsamen Verhandlungsungleichgewicht, wie die insgesamt für die Nutzung des GSM-Standards geforderten Lizenzgebühren FRAND bleiben. Hierzu haben sich sowohl die Streithelferin als auch die Klägerin gegenüber der ETSI verpflichtet. Darüber hinaus steht den Beklagten weder das Recht auf einen bestimmten Patentinhaber und damit Verhandlungspartner, noch das Recht auf die Zusammenfassung für den GSM-Standard essentieller Patente in einem Portfolio oder die Beibehaltung einer bestimmten Lizensierungspraxis zu.
274bb)
275Das MSA enthält – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch keine unzulässige Preisbindung. Insbesondere verstößt Ziffer 3.4 des MSA nicht gegen Art. 101 AEUV.
276Ziffer 3.4 des MSA lautet:
277„Calculation Adjustment; Royalty Rate
278(a) If UPLL enters into any license, release, covenant not to sue or assert or other agreement with a third party between Closing and … thereafter that gives or purports to give such third party and/or its Affiliates rights to H Assigned Patents (or any other Patents assigned to UPLL by E Sub or any of its Affiliates) owned or controlled by UPLL that, at the time that UPLL enters into such agreement, is known by UPLL to include at least one Defined Patent to design, manufacture, have made, sell, import or otherwise use Specified Products and if and only if such license, release, covenant or agreement provides for a Royalty Rate for the sales of such Specified Products that is less than the Applicable Royalty Rate for such sales (each such license, release, covenant or agreement, a „Specified Mobile License“), the amounts to be included in Gross Revenues for any fiscal quarter from any Specified Mobile Licenses for purposes of calculating Quarterly Payment under this Agreement for such fiscal quarter shall be the amounts UPLL would have received had the Royalty Rate in such Specified Mobile Licenses been the Applicable Royalty Rate.”
279Die vorgenannte Regelung des MSA enthält zwar die Vereinbarung einer sog. „Applicable Royalty Rate“, hierin liegt aber keine unzulässige Preisbindung. UPLL wird durch das MSA nicht verpflichtet, die „Applicable Royalty Rate“ von ihren Lizenznehmern zu verlangen. Vielmehr ist UPLL in ihrer Preisgestaltung im Verhältnis zu ihren Lizenznehmern frei. Ziffer 3.4 stellt lediglich eine Kaufpreisregelung im Verhältnis zur Streithelferin bzw. deren Tochtergesellschaft, der BB LL , dar.
280Die Parteien des MSA haben für den Verkauf der „H Assigned Patents“ keinen festen Kaufpreis vereinbart. Vielmehr wird der Kaufpreis gemäß Ziffer 3.1 des MSA von UPLL in vierteljährlichen Zahlungen an die N geleistet. Die Höhe der Zahlungen bemisst sich ausweislich Ziffer 3.2 des MSA anhand eines festgelegten Prozentsatzes der von UPLL im vorhergehenden Quartal erzielten Einkünfte („Gross Revenue“). Mit anderen Worten erhält die N als Gegenwert für die Übertragung der Patente einen Anteil an den von UPLL erzielten Lizenzeinnahmen. In diesem Zusammenhang ist auch Ziffer 6.1 (aa) des MSA zu sehen, wonach UPLL mit ihren Lizenznehmern ohne die Zustimmung der Streithelferin keine Gebührenstruktur vereinbaren darf, die nicht an einen Prozentsatz der Gesamteinnahmen des Lizenznehmers aus Verkäufen der „Specified Products“ anknüpft. So soll sichergestellt werden, dass H bzw. die N ihren Anteil an den Lizenzeinnahmen erhält. Die Regelungen in den Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA dienen dazu, den Kaufpreis für den Fall abzusichern, dass UPLL ihre vertraglichen Pflichten aus dem MSA verletzt (sog. „trigger events“) oder ein Kontrollwechsel („change of control“) stattfindet.
281Um sicherzustellen, dass die „Kaufpreiszahlung“ an die N einen bestimmten Wert erreicht, sieht Ziffer 3.4 des MSA die Festlegung einer „Applicable Royalty Rate“ vor. Wird diese beim Abschluss eines Lizenzvertrages von UPLL unterschritten, ist der an die N abzuführende Anteil an den Lizenzeinnahmen (hypothetisch) auf der Grundlage der Applicable Royalty Rate zu berechnen. Dabei stellt der abgeschlossene Lizenzvertrag – auch bei Unterschreiten der Applicable Royalty Rate für die UPLL nicht notwendigerweise ein Verlustgeschäft dar. Denn an die N abzuführen ist nicht die gesamte Applicable Royalty Rate, sondern nur der jeweils nach Ziffer 3.2 des MSA geschuldete Prozentsatz. Liegt dieser bei 20 %, tritt ein rechnerischer Verlust bei der UPLL erst dann ein, wenn der tatsächlich vereinbarte Lizenzsatz weniger als 1/5 der Applicable Royalty Rate beträgt. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der eines Zwischenhändlers, der selbstverständlich bestrebt sein wird, seine Waren über dem Einkaufspreis weiter zu verkaufen und hierbei den höchstmöglichen Gewinn zu erwirtschaften. Das Ziel der Gewinnmaximierung ist dabei dem Wirtschafsleben immanent. Die Regelungen des MSA gehen über diese Zielsetzung nicht hinaus.
282Dabei sind sowohl UPLL als auch die Klägerin gebunden durch ihre FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI. Die UPLL bzw. die Klägerin kann weder die Lizensierung standardessentieller Patente als solches verweigern, noch steht ihr die Option offen, von ihren Lizenznehmern überhöhte, nämlich über FRAND-Lizenzsätze hinausgehende Lizenzgebühren zu verlangen. Auch dies hat sie im Rahmen ihrer kaufmännischen Überlegungen zu berücksichtigen, wenn es darum geht zu entscheiden, ob ein Lizenzvertrag auf der Basis eines bestimmten Lizenzsatzes abgeschlossen werden soll. Insofern liegt das Risiko, dass der im Einzelfall als FRAND zu bewertende Lizenzsatz unter der Applicable Royalty Rate liegt, allein bei der UPLL bzw. der Klägerin. Wenn dies nämlich der Fall sein sollte, ist UPLL bzw. die Klägerin aufgrund des MSA (vgl. etwa Ziffer 6.14) und der von ihr abgegebenen FRAND-Erklärung dennoch verpflichtet, zu FRAND-Bedingungen zu lizensieren und die damit verbundenen Gewinneinbußen hinzunehmen. Eine Verpflichtung, zu den Bedingungen der Applicable Royalty Rate abzuschließen, besteht demgegenüber gerade nicht.
283Selbst wenn man aber – entgegen den vorstehenden Ausführungen – eine unzulässige Preisbindung annehmen wollte, hätte diese jedenfalls nicht die Unwirksamkeit des gesamten MSA, schon gar nicht der hier allein in Rede stehenden Verträge über die Übertragung des Klagepatents zur Folge. Gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV sind nur die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotenen Vereinbarungen, nicht also ohne weiteres das komplette Vertragswerk, nichtig. Der Umfang der unmittelbar aus Art. 101 Abs. 2 AEUV folgenden Nichtigkeit ergibt sich aus dem Verbotszweck des Art. 101 Abs. 1 AEUV: Nichtig sind diejenigen Vertragsabreden, die entweder unmittelbar gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen oder von der verbotswidrigen Vereinbarung nicht zu trennen sind oder dem verbotswidrigen Vertragsinhalt dienen (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 21). Über die Frage, inwiefern sich einzelne, kartellrechtswidrige Klauseln vom übrigen Vertrag trennen lassen, entscheidet nicht die zivilrechtliche Ausgewogenheit des Vertrags in seiner Gesamtheit, sondern allein der Zweck des Kartellverbots (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 22). Soweit also infolge einer unzulässigen Preisfestsetzung Ziffer 3.4 (a) des MSA, ggf. zusammen mit Ziffer 6.1, nichtig sein sollte, hätte dies – jedenfalls im Hinblick auf Art. 101 Abs. 2 AEUV – auf den übrigen Vertrag keine Auswirkungen, da sich die vorgenannten Regelungen ohne weiteres von dem Vertragsinhalt im Übrigen trennen lassen.
284Inwieweit die Teilnichtigkeit ggf. doch den gesamten Vertrag erfasst, ist in einem zweiten Schritt nach nationalem Recht zu prüfen, in diesem Fall nach dem Recht des Staates Delaware (vgl. Ziffer 8.4 des MSA). Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass nach dem Recht des Staates Delaware die Nichtigkeit einer oder mehrerer Vertragsklauseln nicht automatisch zu einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt (vgl. hierzu auch: Capital Bakers, Inc. / Leahy, 20. Del. Ch. 407, 411-12, 178 A. 648, 650 (1935)). Die Absicht der Parteien, eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages im Zweifel zu vermeiden, kann durch eine salvatorische Klausel ausgedrückt werden. Dies ist im MSA in Ziffer 8.9 geschehen. Hiernach soll die Nichtigkeit einer Bestimmung den Rest des Vertrages nicht berühren. Die Parteien verpflichten sich vielmehr, in einem solchen Fall eine Ersatzbestimmung zu suchen, die dem Zweck der unwirksamen Regelung entspricht. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es dem Willen der Parteien des MSA entsprach, die hier in Rede stehenden Patentübertragungen wirksam vorzunehmen. Für den Fall, dass Ziffer 3.4 tatsächlich eine unzulässige Preisbindung darstellen sollte, hätten die Vertragsparteien eine andere Regelung gefunden, um den der Streithelferin zustehenden Kaufpreis abzusichern und das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der übertragenen Patente angemessen zwischen ihnen zu verteilen. Es sind vielfältige Kaufpreisregelungen denkbar, die der UPLL bzw. der Klägerin den erforderlichen Handlungsspielraum in den Lizenzvertragsverhandlungen mit Dritten lassen, zugleich aber sicherstellen, dass die Streithelferin für die Veräußerung und Übertragung ihrer Patente einen angemessenen Gegenwert erhält. Insofern mag die Sicherung des Kaufpreises zwar ein wesentliches Interesse der Streithelferin gewesen sein, dies konnte aber nicht allein durch die in Ziffer 3.4 des MSA getroffene Regelung erreicht werden, sondern es ist durchaus vorstellbar, dass die Vertragsparteien eine dem Zweck der Regelung ebenfalls entsprechende Ersatzbestimmung gefunden hätten.
285c) Art. 102 AEUV, § 19 GWB i.V.m. § 134 BGB
286Die Regelungen des MSA und deren Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen des Klagepatents einschließlich damit verbundener Rechte stellen keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV dar.
287Zwar vermittelt das Klagepatent der Klägerin auf dem Markt für die Vergabe von Lizenzen am Klagepatent eine marktbeherrschende Stellung, die infolge der technischen Bedeutung des Klagepatents auch auf den nachgelagerten Produktmarkt durchschlägt (s. ausführlicher unten zum Lizenzeinwand), die im MSA festgehaltene Vereinbarung zwischen der Streithelferin, ihrer Tochtergesellschaft und dem DKonzern stellt sich aber nicht als missbräuchlich dar. Insbesondere liegt weder ein Ausbeutungs- noch ein Behinderungsmissbrauch vor. Wie bereits im Rahmen des Art. 101 AEUV erläutert, ist das Ziel, die Lizenzeinnahmen aus den übertragenen Patenten zu steigern, jedenfalls so lange nicht wettbewerbsbeschränkend und damit im Rahmen des Art. 102 AEUV auch nicht missbräuchlich, wie die Klägerin sich an ihre Verpflichtung hält, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen. Auf die Argumentation im Rahmen des Art. 101 AEUV wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Weitere Aspekte, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sieht die Kammer nicht, inwiefern durch den MSA die technische Entwicklung beschränkt werden sollte, nachdem die Möglichkeit der Lizenznahme zu FRAND-Bedingungen gewährleistet ist.
288II.
289Die Beklagten zu 1) und 2) sind passiv legitimiert, die Beklagte zu 3) hingegen nicht.
2901.
291Die Beklagte zu 2) ist passiv legitimiert. Sie bietet an und vertreibt die angegriffenen Mobiltelefone gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG in Deutschland. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass sich weitere Ausführungen der Kammer hierzu erübrigen.
2922.
293Die Beklagte zu 1) bietet gemäß § 9 S.2 Nr. 1 PatG jedenfalls die angegriffene Ausführungsform II im Internet an. Die angegriffene Ausführungsform I bot sie auf einer Messe an.
294a)
295Anbieten ist jede im Inland begangene Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert darauf gerichtet ist, das Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitzustellen (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Der Begriff ist rein wirtschaftlich zu verstehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014, Az. I-2 U 42/13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14). Neben dem Angebot nach § 145 BGB sind insofern auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen. Dies kann in dessen Ausbieten dergestalt geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können. Ein Mittel hierzu ist auch die bloße Bewerbung eines Produkts im Internet. Bereits diese Maßnahme ist bestimmt und geeignet, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14). Das Unterhalten einer solchen Internetseite mit der Ausstattung von Links, die im Hinblick auf die Produkte des Konzerns auf Seiten von Tochtergesellschaften verweisen, stellt eine unternehmensbezogene Information und zugleich Werbung dar. Diese muss einen Gegenstand betreffen, der von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 259 – Thermocycler).
296Unter eine solche vorbereitende Handlung fällt ebenfalls das Ausstellen auf einer Fachmesse, auf der die Aussteller mit ihren Präsentationen den Zweck verfolgen, Geschäftsbeziehungen mit interessierten Messebesuchern zu knüpfen und ihre Produkte zu verkaufen. Sie präsentieren ihre Produkte in der Erwartung, dass sie von Messebesuchern nachgefragt werden. Das Ausstellen ist bestimmt und geeignet, Interesse an den Produkten zu wecken und auf diese bezogene Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14).
297b)
298Nach diesen Grundsätzen liegt in dem Betreiben der Internetseite http://www.E ./ ein Angebot im Sinne des § 9 PatG. Indem die Beklagte zu 1) über den Pfad „Products & Solutions“, „Consumers“, „Telefone, Datenprodukte, Tablets“ eine Verlinkung zu den von der Beklagten zu 2) betriebenen Seiten vornimmt, stellt sie dem Nachfrager die Endgeräte wahrnehmbar zum Erwerb zur Verfügung. Durch die Einteilung „Products & Solutions“, die quasi die Überschrift und damit den ersten Schritt der Verlinkung darstellt, lässt sie keinen Zweifel daran, dass es sich um ihre – der Beklagten zu 1) – Produkte und Lösungen handelt. Diese Seite wird zudem durch das Anwählen der Option „Worldwide“ auf der Unterseite http://www.E.de in den entscheidenden Schlagworten in die deutsche Sprache übersetzt. Damit wird der deutsche Markt angesprochen. Über diese Verlinkung gelangt der Nutzer zu den LTE-fähigen Mobiltelefonen.
299c)
300Die Beklagte zu 1) bot zudem die angegriffene Ausführungsform I auf der CEBIT 2014 an. Die LTE-fähige DBS3900 Distributed Base Station war auf der CEBIT 2014 ausgestellt. Die Beklagte zu 1) war auf der Internetseite www.cebit.de/aussteller/E - l als Ausstellerin genannt, da sie unter den Kontaktdaten für den Messestand der E Technologies aufgeführt wird. So wird weder das Ausstellen der angegriffenen Ausführungsform I auf der Messe noch die Anwesenheit der Beklagten zu 1) bestritten. Die Beklagten führen lediglich an, dass die Beklagte zu 2) Inhaberin des Standes gewesen sei, da sie ihn allein gemietet und betrieben habe. Da die Beklagte zu 1) aber als offizielle Ausstellerin des Standes geführt wird und dort auch anwesend war, hat sie mindestens einen Tatbeitrag zur Angebotshandlung geleistet. In diesem Zusammenhang verfängt insbesondere der Einwand der Beklagten nicht, die Beklagte zu 1) besäße keine Exportlizenz. Indem die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform I ausstellt und im Rahmen der Messe als Kontaktperson auftritt, stellt sie das Produkt den Nachfragern zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereit, auch wenn der Erwerb letztlich über die Beklagte zu 2) als Vertriebsgesellschaft erfolgt.
3013.
302Die Beklagte zu 3) ist jedoch nicht passiv legitimiert. Es ist nicht ersichtlich, worin die Benutzungshandlung der Beklagten zu 3) liegen soll.
303Eine Zurechnung von Angeboten der übrigen Beklagten kann insbesondere nicht über das Impressum erfolgen. Denn der Vortrag der Klägerin geht lediglich dahin, dass die Adresse der Beklagten zu 3) im Impressum genannt werde, nicht hingegen die Beklagte zu 3) selbst. Außer deren Adresse tritt die Beklagte zu 3) selbst nicht in Erscheinung. Sie wird weder als Kontakt in dem Screenshot der Internetseite http://www.E .htm noch in den Screenshots der Internetseiten www.E .com/de genannt. Die im Impressum angegebene Adresse selbst verbindet der Internetnutzer indes mit der Beklagten zu 2). Abgesehen davon haben die Beklagten vorgetragen, dass es sich bei der Adressangabe um die Adresse der Beklagten zu 2) handele, die ebenfalls in der Hansaallee 205 Geschäftsräume nutze. Vor diesem Hintergrund ist keine Benutzungshandlung der Beklagten zu 3) in Deutschland ersichtlich.
304In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten zudem unwidersprochen vorgetragen, dass es sich bei der Beklagten zu 3) um das europäische Zentrum der Beklagten und gleichsam um das Verwaltungsvehikel der Beklagten zu 2) handelt. Sie nimmt interne Aufgaben, wie Service, Wartung, Human Resources, Gehaltsabrechnungen, Gebäudeverwaltung und –anmietung wahr. Sie entfaltet keine Produktaktivitäten nach außen.
305III.
306Das Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzen.
307Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereit gestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit einem entsprechenden mobilen Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer passenden Zelle automatisch erfolgen soll.
308In Abgrenzung zum Stand der Technik erläutert das Klagepatent eingangs ein drahtloses Telekommunikationsnetz, das mehrere Kommunikationszellen definiert, von denen jede von einer (Funk-)Basisstation versorgt wird. Jede Kommunikationszelle deckt ein geografisches Gebiet ab, das durch die Kombination mehrerer Zellen groß sein kann. Eine Basisstation ist mit mehreren Empfängern und Sendern ausgestattet, welche die Funkversorgung einer oder mehrerer Zellen bereitstellt. Wichtige Elemente in diesem Netz sind die Zellen und ihre Nachbarn. Während eines Gesprächs bewegt sich ein mobiles Endgerät normalerweise zwischen den Zellen umher und geht wiederholt von einer Zelle zu einer Nachbarzelle. Eine Liste bekannter Nachbarn, die sog. Nachbarzellenmenge, ist für das Netz und das mobile Endgerät wichtig, um ein zuverlässiges Handover zwischen den Zellen zu gewährleisten. Das Netz speichert die die Nachbarzellenmenge betreffenden Informationen für jedes mobile Endgerät. Die Nachbarzellenmenge wird zur Evaluierung und für das Handover eines mobilen Endgeräts von einer Zelle zur anderen beim Überschreiten der Zellgrenze verwendet.
309In den vorbekannten Systemen erkennt und misst das mobile Endgerät 4 Betriebsparameter für Nachbarzellen durch den Empfang von Signalen aus der Nachbarschaft. Die gemessenen Betriebsparameter sind normalerweise eine Bitübertragungsschicht-Kennung, wie z.B. ein Verwürfelungscode, die der Zelle, Signalstärke, Signalqualität und Zeitinformation nicht eindeutig zugeordnet ist. Das mobile Endgerät misst die Betriebsparameter jeder Nachbarzelle und meldet diese an das Netz. Wenn die Qualität einer Nachbarzelle als besser als diejenige der aktuellen Versorgungszelle eingestuft wird, führt das Netz ein Handover von der Versorgungszelle zur ausgewählten Nachbarzelle durch. Die Nachbarzelle wird dann die Versorgungszelle für das mobile Endgerät.
310Das Klagepatent erläutert weiter, dass in einem Breitband-Codevielfachzugriffssystem (WCDMA) das mobile Endgerät Übertragungen des gemeinsamen Pilotkanals (CPICH) von umgebenden Zellen erkennt, um die Kennung und Zeitinformation zu bestimmen. Bedeutsam sind diese jeweiligen Zellkennungen bei der Meldung der Signalqualitätsmessungen der Nachbarzelle vom mobilen Endgerät an das Netz. Im Stand der Technik werden mehrere Verwürfelungscodes für mehr als eine Zelle verwendet. Nach dem Klagepatent besteht daher die Gefahr von Verwechselungen, da die Versorgungszelle Nachbarzellen mit denselben Kennungsinformationen haben kann.
311Die Schrift WO 96/38014 zeigt nicht eindeutige, in den Zellen übertragene Zellenkennungscodes. Diese Schrift dient dazu, die Zelle zu identifizieren, z.B. bei der Durchführung von Messungen der Nachbarzellen durch ein mobiles Endgerät. Das Klagepatent führt aus, dass man davon ausgehen könne, dass die Zellenkennung entgegen der Angabe, dass die Kennung pro Zelle eindeutig sei, nicht eindeutig ist. Das in der WO 96/38014 offenbarte Netz stellt – so das Klagepatent – offenbar ein GSM-Netz dar. Der verwendete Name für die Zellenkennung ist der Kennungscode der Basisstation (BSIC). Dies ist ein für das GSM-Netz standardisierter Begriff. Das Klagepatent erläutert weiter, dass nach dem GSM-Standard der BSIC aus insgesamt 6 binären Bits generiert wird. Damit stehen nur 64 eindeutige Codes zur Verfügung. Das GSM-Netz umfasst jedoch weit mehr Zellen. Um die BSIC-Codes sinnvoll zu reduzieren, wird ein GSM-Endgerät angewiesen, auf bestimmten Kanälen der verschiedenen Frequenzkanalsätzen dieses TDMA-Systems Messungen von Nachbarzellen durchzuführen. Damit wird das Risiko reduziert, dass eine mit ihrem BSIC gemeldete Messung irrtümlicherweise einer anderen Zelle zugeordnet wird und nicht der tatsächlichen Messung entspricht. Die korrekte Identifizierung der von dem mobilen Endgerät gemeldeten Zellen ist erforderlich, damit ein Handover zur bestgeeignetsten Zelle eingeleitet wird.
312Das Klagepatent kritisiert hieran, dass mangels eindeutiger Bitübertragungsschicht-Kennung der Zellen die Platzierung und Wartung/Pflege der Nachbarzellenmengen nie vollautomatisch ablaufen. Menschliche Bemühungen sind – so das Klagepatent – notwendig zur Lösung von Problemen in Situationen, in denen die Versorgungszelle mehrere Nachbarn mit derselben nichteindeutigen Kennung hat. Die Planung eines Netzes, in dem eine von einem mobilen Endgerät gemessene und gemeldete Zelle nicht irrtümlicherweise für eine andere Zelle gehalten werden kann, wäre zu aufwändig.
313Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, die Kosten für Planung und Wartung/Pflege zu senken, indem es eine zusätzliche Maßnahme durchführt, wenn von mobilen Endgeräten zusätzlicher Aufwand zur eindeutigen Identifizierung von Nachbarzellen im Funknetz verlangt wird und die Kennungen von dem mobilen Endgerät an das Netz zu melden sind. Die Ausführungsformen der klagepatentgemäßen Erfindung sollen manuelle Eingriffe reduzieren.
314Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent im Anspruch 6 ein mobiles Endgerät mit folgenden Merkmalen vor:
3151.
316Mobiles Endgerät zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem.
3172.
318Das drahtlose Telekommunikationssystem umfasst eine Mehrzahl von Kommunikationszellen.
3193.
320In den Kommunikationszellen werden
321a)
322eine nichteindeutige Zellenkennung und
323b)
324eine eindeutige Zellenkennung übertragen.
3254.
326Das Endgerät umfasst eine Steuerung.
3275.
328Die Steuerung dient zur Kommunikation mit einer Funkbasisstation.
3296.
330Die Funkbasisstation versorgt eine erste Kommunikationszelle.
3317.
332Die Steuerung ist als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar zum:
333a)
334Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und
335b)
336Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.
337Weiter schlägt das Klagepatent in Anspruch 17 ein drahtloses Telekommunikationsnetzwerk mit folgenden Merkmalen vor:
3381.
339Drahtloses Telekommunikationsnetz,
3402.
341Das drahtlose Telekommunikationsnetz definiert eine Mehrzahl von Kommunikationszellen, in denen
342a)
343eine nichteindeutige Zellenkennung und
344b)
345eine eindeutige Zellenkennung
346übertragen werden.
3473.
348Das Netz umfasst Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum:
3493.1
350Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät;
3513.2
352Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle;
3533.3
354Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
3553.4
356Herstellen einer Transportverbindung durch
3573.4.1. Finden in einer Nachschlagetabelle
3583.4.2. einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle
3593.4.3. mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt.
360IV.
361Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf es insbesondere zur Auslegung der Merkmale 2, 3b, 4 und Merkmalsgruppe 7 des Anspruchs 6 näherer Ausführungen (dazu 1.). Ferner bedarf die Merkmalsgruppe 3.4. des Anspruchs 17 der Auslegung (dazu 2.).
3621.
363Nach dem Wortlaut des Anspruchs 6 schützt das Klagepatent ein mobiles Endgerät zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem (Merkmal 1). Das drahtlose Telekommunikationssystem besteht aus einer Mehrzahl von Kommunikationszellen, in denen eine nichteindeutige Zellenkennung (Merkmal 3a) und eine eindeutige Zellenkennung (Merkmal 3b) übertragen werden. Das mobile Endgerät umfasst eine Steuerung (Merkmal 4), die in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle zum Erkennen und Melden eindeutiger Zellenkennungsinformationen betreibbar ist (Merkmale 7a), 7b)).
364Der Fachmann erkennt, dass das mobile Endgerät über seine Steuerung mit der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle – als Teil des drahtlosen Telekommunikationssystems – kommuniziert. Auf Anweisung erkennt und meldet das mobile Endgerät eindeutige Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle. Die Funkbasisstation als Teil des drahtlosen Telekommunikationssystems bestimmt diese Reihenfolge jedenfalls mit, da sie die Identifikation der zweiten Kommunikationszelle mit Blick auf ein mögliches Herstellen einer Transportverbindung veranlasst.
365a)
366Aus der Zweckangabe eingangs des Anspruchs folgert der Fachmann, dass das klagepatentgemäße mobile Endgerät zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem bestehend aus einer Mehrzahl von Kommunikationszellen lediglich geeignet sein muss. Der Ansatz der Beklagten, das Telekommunikationssystem könne in einem mobilen Endgerät nicht verwirklicht sein, vernachlässigt, dass der Anspruch durch die Zweckangabe bloß an die Eignung zur Verwendung anknüpft.
367Diese Eignung erfährt das Endgerät durch die Ausgestaltung seiner Steuerung. Über die Steuerung erfolgt die Kommunikation mit dem drahtlosen Telekommunikationssystem: Denn die Funkbasisstation, mit der die Steuerung kommuniziert (Merkmal 4), versorgt eine erste Kommunikationszelle (Merkmal 6). Die erste Kommunikationszelle ist hingegen Teil einer Mehrzahl von Kommunikationszellen, die wiederum das drahtlose Telekommunikationssystem umfasst (Merkmal 2).
368Indem das Klagepatent den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle (Merkmal 7) voraussetzt und das Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an den Empfang der Anweisung (Merkmal 7; in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung) anschließt, geht die Initiative für die Durchführung dieser Verfahrensschritte von der Funkbasisstation aus. Dass jedenfalls die Schritte Anweisung und Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformation in chronologischer Reihenfolge ablaufen müssen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „auf einen Empfang der Anweisung“. Damit lässt der Wortlaut zu, dass die Reihenfolge nicht ausschließlich vom Endgerät gesteuert wird. Eine Steuerung des Ablaufs allein durch das Endgerät widerspräche vielmehr dem Anspruchswortlaut, der im Merkmal 7 eindeutig Instruktionen der Funkbasisstation in Form einer Anweisung fordert. Der Lesart der Beklagten, nach der das Mobilendgerät die Reihenfolge der Verfahrensschritte allein bestimmt und autark von den netzseitigen Anweisungen ist, kann sich die Kammer daher nicht anschließen.
369Funktional dient die Übertragung der eindeutigen Kennungsinformation dazu, die Funkbasisstation in die Lage zu versetzen, die zweite Kommunikationszelle eindeutig zu identifizieren. Denn eine richtige Identifikation der von dem mobilen Endgerät gemeldeten Zellen ist erforderlich, damit ein Handover zur bestgeeignetsten Zelle eingeleitet werden kann (vgl. Absatz [0009] des Klagepatents).
370Dieses fachmännische Verständnis wird gestützt durch die Beschreibung und die Figuren des Klagepatents. Im allgemeinen Teil der Beschreibung greift das Klagepatent die anspruchsgemäße Reihenfolge der Verfahrensschritte wieder auf. Der Fachmann wird darin bestätigt, dass das mobile Endgerät im Anschluss an das Melden der Betriebsparameter und der nicht eindeutigen Kennungsinformation an die Funkbasisstation von dieser die Anweisung empfängt. Nach deren Empfang erkennt es eindeutige Zellenkennungsinformationen und meldet diese an die Funkbasisstation (vgl. Absatz [0013] des Klagepatents). Nichts anderes ergibt sich auch aus Absatz [0023] und der Figur 4 des Klagepatents.
371Schließlich ergibt sich aus Absatz [0026] des Klagepatents, dass das mobile Endgerät nur angefordert wird, die schwerfälligere zu ermittelnde eindeutige Zellenkennung abzurufen, wenn ein neuer Nachbar erkannt wird oder eine Prüfung der Verbindung zwischen der nichteindeutigen und eindeutigen Zellenkennung angemessen erscheint. Allerdings sind diese in einem Ausführungsbeispiel genannten Gründe angesichts des weiten Anspruchswortlauts nicht abschließend.
372b)
373Das Übertragen („transmit“) der Zellenkennungsinformationen erfordert lediglich, dass die Zellen die Kennungen weitergeben. Der Fachmann versteht unter einer übertragenen Zellenkennung Signale, die es dem mobilen Endgerät ermöglichen, die Zelle, von der die Signale stammen, eindeutig oder nichteindeutig zu identifizieren. Der Anspruch stellt keine gesteigerten Anforderungen an die Art der Weitergabe. Erfasst sind damit auch Übertragungsformen, bei denen die Information erst wieder aus tatsächlichen, physikalisch übertragenen Signalen ermittelt bzw. zusammengesetzt oder umgerechnet werden muss. Aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ist dem Fachmann bewusst, dass Informationen z.B. auf mehrere Datenpakete aufgeteilt werden können, um sie zu übertragen.
374c)
375Das klagepatentgemäße Endgerät verfügt über eine Steuerung. Dabei handelt es sich um ein oder mehrere Bestandteile des mobilen Endgerätes, durch die es in die Lage versetzt wird, entsprechend den weiteren Merkmalen des Klagepatentanspruchs eine Anweisung von der ersten Basisstation zu erhalten, in Reaktion darauf eine eindeutige Zellenkennung zu erkennen und der Basisstation zu melden. Insofern muss sie zur Kommunikation mit der Funkbasisstation verwendbar sein („ihr dienen“). Beispielhaft erläutert das Klagepatent anhand eines Ausführungsbeispiels, dass die Steuerung über den Transceiver und mit der Antenne über die Luftschnittstelle I/O mit der Basisstation kommuniziert (Absatz [0020] des Klagepatents).
3762.
377Nach der Merkmalsgruppe 3.4 sind Netzressourcen betreibbar zum Herstellen einer Transportverbindung, indem eine Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt, in einer Nachschlagetabelle gefunden wird.
378Der Fachmann erkennt, dass die Netzressourcen, nachdem sie die eindeutige Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle empfangen haben, eine Netzadresse der die Zelle versorgenden Funkbasisstation finden sollen, die mit der eindeutigen Zellenkennung übereinstimmt. Dadurch kann die Transportverbindung hergestellt werden. Merkmalsgruppe 4.3 beschränkt sich darauf, einen einzelnen Schritt zur Herstellung der Transportverbindung zu beschreiben, nämlich wie die für die Transportverbindung erforderliche Netzadresse unter Verwendung der zuvor vom mobilen Endgerät gemeldeten eindeutigen Zellenkennung ermittelt werden soll. Der Fachmann sieht in dem Finden einer Übereinstimmung in einer Nachschlagetabelle daher keinen ursächlichen Automatismus sondern nur eine (von mehreren möglichen) Voraussetzung, die für die Herstellung der Transportverbindung notwendig ist.
379Aus den Merkmalen 3.4.2 und 3.4.3 ergibt sich, dass die Nachschlagetabelle Informationen über Netzadressen der Funkbasisstationen, insbesondere auch die Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt, vorhält, mit denen die eindeutige Zellenkennung verglichen werden kann. Es soll in diesen Daten eine Übereinstimmung mit der eindeutigen Zellenkennung gefunden werden. „Finden der Übereinstimmung“ bedeutet danach, dass der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle eine Netzadresse der versorgenden Funkbasisstation zugeordnet ist und über diese Zuordnung die Netzadresse ermittelt werden kann. An die Nachschlagetabelle stellt der Anspruch daher die Anforderung einer möglichen Zuordnung zwischen Zellenkennung und Netzadresse. Insofern setzt der Begriff der Nachschlagetabelle voraus, dass mehrere Einträge eindeutiger Zellenkennungen vorhanden sind oder jedenfalls vorhanden sein können, denen Netzadressen von Funkbasisstationen zugeordnet sind. Der Vergleich der empfangenen Zellenkennung mit den in der Nachschlagetabelle enthaltenen Zellenkennungen ermöglicht das Auffinden der korrekten Netzadresse. Funktional betrachtet genügt jegliche Form der Zuordnung, solange eine Einheit der Netzwerkressourcen die Netzadresse unter Rückgriff auf die Tabelle eigenständig ermitteln kann. Aus einem Ausführungsbeispiel erfährt der Fachmann, dass die eindeutige Zellenkennung auf eine IP-Adresse abgebildet sein kann, die wiederum auf die Funkbasisstation verweist, die die Zelle erkennt (vgl. Absatz [0029]). Dabei lässt das Klagepatent die konkrete (software- oder programm-)technische Umsetzung der Nachschlagetabelle ebenso offen wie den Ort, an der die Tabelle niedergelegt sein soll. Sie muss nicht zwingend in der Funkbasisstation verortet sein, sondern kann auch innerhalb anderer Netzressourcen vorgehalten werden. Auch aus der Beschreibung lässt sich keine nähere Erläuterung des Begriffs der Nachschlagetabelle entnehmen.
380V.
381Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der ANR-Funktion um eine zwingende Vorgabe des LTE-Standards (dazu 1.), so dass es für die Darlegung der Verletzung genügt, dass der Standard die klagepatentgemäße Lehre zeigt. Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht alle Merkmalen des Klagepatentanspruchs 6 (dazu 2.), jedoch macht die angegriffene Ausführungsform I weder unmittelbar noch mittelbar Gebrauch von der klagepatentgemäßen Lehre des Anspruchs 17 (dazu 3.).
3821.
383Die ANR-Funktion ist im LTE-Standard zwingend und nicht lediglich optional. Dies ergibt sich sowohl aus konkreten Aussagen als auch aus bestimmten gewählten Formulierungen im Standard.
384Der LTE-Standard führt allgemein zur ANR-Funktion aus, dass ihr Zweck darin besteht, den Bediener von der manuellen Verwaltung der Nachbarbeziehungen zu entlasten. Die ANR-Funktion befindet sich in der eNB und verwaltet die konzeptuelle Nachbarbeziehungstabelle (NRT) (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a). Darüber hinaus formuliert der LTE-Standard am Anfang der detaillierteren Beschreibung der Abläufe der ANR-Funktion: Die eNB Versorgungszelle (eNB serving cell) hat (has) eine ANR-Funktion (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.3). Bereits diese Formulierungen sind eindeutig und lassen keinen Interpretationsspielraum zu, dass es sich bei ihrer Implementierung der ANR- Funktion nur um eine Möglichkeit handeln könnte.
385Sofern der LTE-Standard innerhalb der ANR-Funktion zwischen der Nachbarsuchfunktion und der Nachbarentfernungsfunktion unterscheidet und diese als implementierungsspezifisch bezeichnet (vgl. LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a), bedeutet dies nicht, dass die ANR-Funktion allgemein optional sei. Vielmehr kann lediglich seine konkrete Ausgestaltung (das „wie“) je nach Implementierung unterschiedlich sein.
386Gleiches gilt für die von den Beklagten herangezogene Aussage, dass verschiedene Verfahren benutzt werden könnten („may use“), um das Mobiltelefon zu Messberichten anzuhalten. Ausweislich der seitens ETSI ausgegebenen Erläuterungen „Verbal forms for the expression of provisions“ hat ETSI eine Sprachregelung getroffen, um für den Nutzer des Standards klarzustellen, welche seiner Anforderungen zwingend sind und bei welchen eine Wahlmöglichkeit besteht. Danach wird der Ausdruck „shall“ für zwingende Anforderungen benutzt und der Ausdruck „may“ für erlaubte Vorgaben, die der Standard bereithält. Demgegenüber wird „can“ verwendet, wenn es sich nur um eine Möglichkeit handelt, die dem Nutzer eröffnet wird. Aus der Erlaubnis, dass der Nutzer verschiedene Verfahren zum Durchführen und Melden von Messberichten des UE verwenden kann, folgt daher nicht, dass die Messungen als solche nicht zwingend seien. Hinzu kommt, dass an verschiedenen anderen Stellen des LTE-Standards deutlich wird, dass das Durchführen von Messungen seitens des UE erfolgt und keine Option darstellt. So wird beschrieben, dass das UE die entsprechenden Messungen von Nachbarzellen auf den Frequenzen und in den RATs durchführen soll (shall), die in dem betreffenden measObject angegeben sind (LTE-Standard II, Ziffer 5.5.3.1). Im Übrigen verwendet der LTE-Standard auch hinsichtlich der weiteren klagepatentgemäßen Schritte fast durchgängig die Formulierung „shall“.
387Abschließend hat die Klägerin außerdem über die sog. „feature group indicators“ substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform II von der Lehre des Klagepatents in Form der ANR-Funktion Gebrauch macht. Diese Indikatoren listen für UEs zwingende LTE-Funktionen auf. Ausweislich der Anlagen Change Request 36.331 CR 0482 rev – current version 8.11.0, 3GPP TS36.331 V9.4.0 (2010-09) und Test Report no. 04032015_006 (UE Capability Information WCDMA and LTE) hat die Klägerin gezeigt, dass die angegriffene Ausführungsform II der Beklagten die ANR-Funktion und damit den Standard nutzen.
3882.
389Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht alle Merkmale des Anspruchs 6.
390Hinsichtlich der Merkmale 1 und 3 erübrigen sich angesichts obiger Auslegung vertiefte Ausführungen. Es genügt, dass das UE dazu geeignet ist, im LTE-Netz, das ein drahtloses Telekommunikationssystem umfassend eine Mehrzahl von Kommunikationszellen darstellt, verwendet zu werden. Zwischen den Kommunikationszellen im LTE-Netz werden nichteindeutige und eindeutige Zellenkennungen übertragen. Unerheblich ist, dass die nichteindeutige Kennung (PCI) nicht in Gänze, sondern in zwei unterschiedlichen Signalen Primary Synchronization Signal (PSS), das eine cell identity enthält, und Secondary Synchronization Signal (SSS), das eine cell identity group enthält, übertragen wird. An anderer Stelle des LTE-Standards (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a) findet sich zudem, dass eine bestehende Nachbarbeziehung von einer Ausgangszelle zu einer Zielzelle bedeutet, dass die die Ausgangzelle steuernde eNB die PCI der Zielzelle kennt. Diese Kenntnis bedingt, dass eine Übertragung in den Zellen möglich ist.
391b)
392Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht auch Merkmal 4. Auch wenn die Steuerung in dem LTE-Standard nicht explizit Erwähnung findet, stellt die Steuerung in einem UE ein elektrotechnisches Bauteil dar, das zwingende Voraussetzung ist, um in einem Telekommunikationsnetz – gleich welcher Art – Verwendung zu finden. Es handelt sich um das Bauteil, das die Kommunikation über Transceiver und Antenne über die Luftschnittstelle zu ermöglicht. Dass die angegriffene Ausführungsform eine solche Steuerung nicht aufweist, stellt auch die Beklagte nicht ernsthaft in Abrede.
393c)
394Die Merkmale 5 und 6 sind unstreitig verwirklicht.
395d)
396Ferner verwirklicht die angegriffene Ausführungsform II nach dem LTE-Standard auch Merkmalsgruppe 7.
397Gemäß dem LTE-Standard empfängt das UE von der eNB der Versorgungzelle, die die erste Kommunikationszelle darstellt, über die Steuerung eine Anweisung (Merkmal 7), eindeutige Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle zu erkennen (Merkmal 7a) und diese an die eNB zu melden (Merkmal 7b).
398Eine zweite RRCConnectionReconfiguration Nachricht enthält mit der measConfig die Aufforderung „reportCGI“ (LTE-Standard III, Ziffer 8.3.3.1.3.2, Schritt 5). Diese Information „report CGI“ stellt eine Anweisung im Sinne des Klagepatents dar. Nach Ziffer 5.5.3.1 des LTE-Standards II soll das UE, wenn eine measID vorliegt, für welche der Zweck in der zugehörigen reportConfig auf ´reportCGI` gesetzt ist, versuchen, die E-Utran Cell Global Identity (ECGI) zu beschaffen (LTE Standard II, Ziffer 5.5.3.1). Der Zweck „reportCGI“ bezieht sich auf die ECGI. Bei der ECGI handelt es sich um den globalen eindeutigen Zellidentifizierer und damit um eindeutige Kennungsinformationen der Nachbarzelle. Ausweislich der Tabelle 8.3.3.1.3.2 des LTE-Standards III beschafft sich das UE die ECGI (relevant system information) von der zweiten Kommunikationszelle (Schritt 5, 6). In Schritt 7 der Tabelle sollte das UE innerhalb einer Sekunde die ECGI (cellGlobalID) der zweiten Zelle sprich Nachbarzelle an die Funkbasisstation gemeldet haben.
399Gleiches folgt auch aus Ziffer 22.3.3 des LTE-Standards I. Danach weist das UE die eNB unter Verwendung der neu entdeckten PCI als Parameter an, unter anderem den ECGI der dazugehörigen Nachbarzelle zu lesen. Dies erfolgt mittels „reportCGI“. Wenn das UE die ECGI der neuen Zelle herausgefunden hat, berichtet das UE die gefundene ECGI an die Serving Cell NB.
4003.
401Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform I geeignet ist, eine Nachschlagetabelle im Sinne des Klagepatentanspruchs 17 zu verwenden, um eine Übereinstimmung von eindeutiger Zellenkennung und Netzadresse der Funkbasisstation zu finden (Merkmalsgruppe 3.4). Mangels klagepatentgemäßer Nachschlagetabelle ist es unerheblich, ob diese sich in der eNB (unmittelbare Verletzung) oder in der MME (mittelbare Verletzung) befindet. Insofern hat sowohl der Hauptantrag als auch der Hilfsantrag gestützt auf die wortsinngemäße Verletzung des Klagepatentanspruchs 17 keinen Erfolg.
402Wird der eNB von einem UE eine eindeutige Zellenkennung einer benachbarten Zelle mitgeteilt, die ihr zuvor noch nicht bekannt war, bietet der LTE-Standard der eNB die Möglichkeit, diese neue Nachbarbeziehung einer Liste hinzuzufügen und eine Netzadresse zu ermitteln. Dazu heißt es in Ziffer 22.3.3 unter 4. (LTE-Standard I): Wenn die eNB entscheidet, diese Nachbarbeziehung hinzuzufügen, kann sie die PCI und ECGI verwenden, um (a) eine Transportschichtadresse für die neue eNB nachzuschauen und (c) wenn notwendig eine neue X2-Schnittstelle zu diesem eNB einzurichten. Bei der Transportschichtadresse handelt es sich um eine Netzadresse im Sinne des Klagepatentanspruchs 17. Die Ermittlung der Transportschichtadresse findet gemäß Abschnitt 22.3.6.1 des LTE-Standards I statt. Die eNB sendet eine eNB CONFIGURATION TRANSFER message zur MME, um die Transport Network Layer- (TNL-) Adresse der Ziel-eNB zu erfragen. Diese Nachricht enthält die Ziel-eNB-ID. Die MME gibt die Anfrage durch Senden einer MME CONFIGURATION TRANSFER message an die Ziel-eNB weiter, die durch die Ziel-eNB-ID identifiziert wird. Die Ziel-eNB antwortet der MME mit der eNB CONFIGURATION TRANSFER message, die unter anderem eine oder mehrere TNL-Adressen enthält. Die MME wiederum leitet die Antwort weiter an die ursprüngliche eNB. Dieser Abfragemechanismus stellt kein Finden einer Übereinstimmung in einer Nachschlagetabelle im Sinne des Klagepatents dar. Es lässt sich nicht feststellen, dass die TNL-Adresse aus (potentiell mehreren) Zellenkennungen aufgrund einer Zuordnung zu einer bestimmten Zellenkennung ermittelt wurde. Vielmehr wird die TNL-Adresse direkt bei der Ziel-eNB angefragt. Die eNB stellt ohnehin nur eine Anfrage an die MME. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass sich die MME einer Nachschlagetabelle bedient. Vielmehr wird die Anfrage der eNB von der MME an die Ziel-eNB weitergeleitet, die selbst mit ihrer TNL-Adresse antwortet. Denn wie die Beklagten dargelegt haben, verarbeitet oder bearbeitet das MME die Anfrage der eNB nicht, sondern reicht sie weiter an die Ziel-eNB. Diese kennt ihre eigene TNL-Adresse. Anders als der im Ausführungsbeispiel genannte DNS-Server wird hier keine Zellenkennung auf eine IP-Adresse abgebildet, sondern die TNL-Adresse muss erst konkret erfragt werden.
403VI.
404Aufgrund der unberechtigten Benutzung der durch die Patentansprüche 1 und 6 geschützten patentgemäßen Lehre durch die Beklagten zu 1) und 2) ergeben sich folgende Rechtsfolgen:
4051.
406Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hat die Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
407Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht (vgl. Schulte/Voß/Kühnen, Patentgesetz, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 231).
408Die Beklagten haben die streitgegenständliche Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Umstand, dass die Klägerin für das Klagepatent gegenüber der ETSI eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar mag die FRAND-Erklärung bei den betroffenen Marktteilnehmern die berechtigte Erwartung hervorrufen, dass ihnen eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen erteilt werde, dennoch ist es fahrlässig, ohne den erfolgreichen Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Nutzung des Patents zu beginnen. Denn erst die Lizenz vermittelt das Recht zur Benutzung. Der FRAND-Erklärung selbst kommt diese Wirkung hingegen nicht zu; sie stellt lediglich die ernstgemeinte Erklärung des Patentinhabers dar, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents potentiellen Benutzern Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen (s. hierzu ausführlicher unten im Rahmen des Zwangslizenzeinwandes).
409Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Dieser besteht bereits in der unberechtigten Benutzung des Schutzrechts durch die Beklagten.
4102.
411Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) auch ein Anspruch auf Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit den §§ 140b PatG, 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, die Beklagten werden durch die von ihnen verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. Eine Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus kartellrechtlichen Gründen ist nicht gerechtfertigt (s. ausführlicher sogleich zum Zwangslizenzeinwand).
412VII.
413Die Beklagten halten dem Klagebegehren der Klägerin ohne Erfolg den Einwand ihrer (angeblichen) Lizenzwilligkeit entgegen. Weder die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin noch die Art. 101, 102 AEUV hindern die Durchsetzung der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung ganz oder auch nur in Teilen. Hierzu im Einzelnen:
4141.
415Den Ansprüchen wegen unberechtigter Patentbenutzung kommt grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu; die Rechte des geistigen Eigentums werden in der Charta der Grundrechte der EU (Art. 17 Abs. 2) ausdrücklich unter Schutz gestellt. Um diesen Schutz in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, müssen die gesetzlichen Ansprüche wegen widerrechtlicher Patentbenutzung in der Regel zur Anwendung gebracht werden. Dies gilt umso mehr, als auch der Zugang zu den Gerichten seinerseits Grundrechtsschutz genießt, Art. 47 der EU-Charta (so auch: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 57). Beschränkt wird der Schutz des geistigen Eigentums durch den Vorbehalt der Allgemeinverträglichkeit, was insbesondere eine Ausübung der Patentrechte nach den Regeln des Kartellrechts verlangt. Insofern ist spätestens durch die Entscheidung „Orange-Book-Standard“ geklärt, dass einem Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsprozess der Einwand eines kartellrechtlichen Lizenzvertragsanspruches entgegengehalten werden kann (BGH, GRUR 2009, 694 ff.; bestätigt zuletzt durch EuGH, GRUR 2015, 764 ff.).
4162.
417Die Klägerin ist Inhaberin eines standardessentiellen Patents, für das sie gegenüber der Standardisierungsorganisation ETSI eine FRAND-Selbstverpflichtungserklärung abgegeben hat. Bei einer solchen de iure-Standardisierung trifft ein Zusammenschluss von Marktteilnehmern – organisiert in einer Standardisierungsorganisation – unter den für die Lösung der Standardisierungsaufgabe infrage kommenden Technologien eine Auswahl und beschließt das Ergebnis dieser Auswahl als Standard. Die Vorteile der de iure-Standardisierung liegen in der Vermeidung eines Ressourcen zehrenden Verdrängungswettkampfes, der Durchsetzung von überlegenen Technologien trotz ggf. geringer Marktmacht des dahinter stehenden Unternehmens, der Erzielung einer weitgehenden Kompatibilität konkurrierender Produkte und der damit verbundenen erleichterten Vergleichbarkeit dieser Produkte für den Verbraucher. Auf der anderen Seite birgt die de iure-Standardisierung auch gewisse Gefahren. Wird etwa die Auswahl der in Frage kommenden Technologien unsachgemäß durchgeführt, so kann dies zu schlechten Ergebnissen führen, weil sich die gewählte Lösung nicht unter Wettbewerbsdruck am Markt durchsetzen muss. Zudem bewirkt die erfolgreiche Standardisierung einer bestimmten technischen Lehre häufig eine Abhängigkeit des betroffenen Produktmarktes. Vor diesem Hintergrund müssen die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der standardbezogenen Patentnutzung kontrolliert werden, mit denen ein Marktteilnehmer die Machtstellung ausnutzt, die ihm aus dem Zusammenspiel eines erfolgreich implementierten Standards mit einem Patent erwächst (vgl. Picht, GRUR Int. 2014, 1 ff.). Zur Kontrolle dienen hier insbesondere die Regelungen in Art. 101 und 102 AEUV.
4183.
419Der de iure-Standardisierungsvorgang unterfällt dem Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 263 ff.). Am Standardisierungsvorgang beteiligt sind „Unternehmen“ im Sinne dieser Norm, nämlich Einheiten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Der Begriff der „Vereinbarung“ in Art. 101 AEUV ist grundsätzlich weit zu verstehen. Er erfasst die de-iure-Standardisierung schon deswegen, weil sie zu einem nach Ziel und Vorgehen bewusst gleichgerichteten Vorgehen der Standardisierungsteilnehmer führt. Auswirkungen auf den Wettbewerb entstehen dadurch, dass die Standardisierungsteilnehmer zu Gunsten des Standards auf die Entwicklung oder Nutzung alternativer Technologien verzichten und ein gewisser faktischer Zwang entsteht, nach dem Standard herzustellen oder zu arbeiten.
420Eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV liegt bei der de-iure-Standardisierung dann nicht vor, wenn die Möglichkeit der uneingeschränkten Mitwirkung am Normungsprozess für alle potenziellen Anwender gegeben ist, das Verfahren für die Annahme der betreffenden Norm transparent ist, keine Verpflichtung zur Einhaltung der Norm besteht und Dritten der Zugang zu der Norm zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährt wird (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 280; vgl. auch: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Schroeder, Das Recht der Europäischen Union, 54. Auflage 2014, Rn 639). Letzteres gewährleisten die Standardisierungsorganisationen in der Regel durch die Einholung sogenannter FRAND-Erklärungen, mit der die am Standardisierungsprozess beteiligten Inhaber standardessentieller Patente ihre ernstgemeinte Absicht erklären, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen („fair, reasonable and non-discriminatory“) zu erteilen.
421Die am LTE-Standard mitwirkenden Unternehmen haben für ihre standardessentiellen Patente gegenüber der ETSI FRAND-Selbstverpflichtungserklärungen abgegeben. Der Standardisierungsvorgang als solcher begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken.
4224.
423Für die Frage, ob der Patentinhaber berechtigt ist, sein (standardessentielles) Patent gerichtlich durchzusetzen, ist Art. 101 AEUV ohne Belang. Denn insofern steht nicht der Vorgang der Standardisierung als solcher, sondern ein (späteres) einseitiges Verhalten des Patentinhabers – die Nichtaufnahme von Lizenzvertragsverhandlungen entsprechend seiner FRAND-Erklärung – im Streit. Soweit in Rechtsprechung und Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, auch ein solches Verhalten des Patentinhabers sei an Art. 101 AEUV zu messen (vgl. LG Mannheim, Beschluss vom 21.11.2014, Az.: 7 O 23/14; so wohl auch: LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015, Az.: 2 O 108/14; S. Barthelmeß/N. Gauß, WuV 2010, 626; wohl auch: Walz, GRUR Int. 2013, 718 ff.) überzeugt dies nicht. Art. 101 AEUV verfolgt den Zweck, kartellrechtswidrige Vereinbarungen, d.h. ein wechselseitiges Zusammenwirken von zumindest zwei Parteien, zu unterbinden. Als Rechtsfolge sieht die Norm die Nichtigkeit entsprechender kartellrechtswidriger Vereinbarungen vor. Art. 101 AEUV (i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 GWB) regelt hingegen nicht, dass der Patentinhaber die Durchsetzung eines Patents zu unterlassen hat, solange er nicht entsprechend der FRAND-Erklärung verhandelt.
4245.
425Die FRAND-Erklärung selbst stellt die ernstgemeinte Erklärung dar, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen (fair, zumutbar und nicht diskriminierend) zu erteilen (invitatio ad offerendum). Sie ist deklaratorischer Natur und gibt Dritten damit keinen Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen (so auch schon: LG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012, Az.: 4b O 273/10). Die am Standardisierungsvorgang beteiligten Unternehmen geben die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung ab, um die kartellrechtliche Unbedenklichkeit der Standardabsprache sicherzustellen. Entsprechend ist ihre Erklärung dahingehend auszulegen, dass sie sich soweit verpflichten wollen, wie dies aus kartellrechtlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Hierfür ist weder ein bindendes Lizenzvertragsangebot seitens des Patentinhabers noch ein Verzicht auf die Durchsetzung seiner Unterlassungsansprüche gegenüber jedem Lizenzinteressenten erforderlich. Ein solcher Bedeutungsgehalt kann den Erklärungen bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht beigemessen werden. Es entspricht nicht dem Willen der Standardisierungsteilnehmer bzw. etwaiger Rechtsnachfolger, gegenüber jedem Dritten eine rechtliche Verpflichtung dergestalt einzugehen, mit ihm einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, unabhängig davon, ob das jeweilige in Rede stehende Patent seinem Inhaber überhaupt eine marktbeherrschende Stellung vermittelt und damit in kartellrechtlicher Hinsicht Bedeutung auf dem Markt erlangt hat. Vielmehr gibt der Patentinhaber mit seiner FRAND-Erklärung lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Diese Erklärung stellt damit die deklaratorische Konkretisierung des kraft Kartellrechts ohnehin bestehenden gesetzlichen Abschlusszwangs dar. Eigenständige rechtliche Bedeutung hat sie insoweit, als sie das Pflichtenprogramm des Patentinhabers im Rahmen der Prüfung des Art. 102 AEUV (§§ 19, 20 GWB) mit beeinflusst.
4266.
427Art. 102 AEUV verlangt neben der marktbeherrschenden Stellung des anspruchstellenden Unternehmens das Eingreifen außergewöhnlicher Umstände, die zu einer Beeinträchtigung des Handels führen.
428a)
429Die für die Anwendung des Art. 102 AEUV erforderliche marktbeherrschende Position der Klägerin ergibt sich nicht schon allein aufgrund ihrer Rechtsposition am Klagepatent. Nicht jedes standardessentielle Patent vermittelt eine kartellrechtlich bedeutsame Marktmacht (vgl. das Urteil der Kammer vom 26.03.2015, Az.: 4b O 140/13; so auch Müller, GRUR 2012, 686). Die Berufung auf eine etwaige fehlende Marktmacht ist auch nicht etwa vor dem Hintergrund der abgegebenen FRAND-Erklärung treuwidrig. Denn mit dieser gibt der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Im Rahmen des Art. 102 AEUV ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob der unter Schutz gestellten technischen Lehre tatsächlich eine kartellrechtlich relevante, marktbeherrschende Bedeutung zukommt.
430Der Begriff der Marktbeherrschung ist weder eine feststehende Eigenschaft eines Unternehmens noch ein absoluter rechtlicher Begriff. Die Marktbeherrschung besteht immer nur im Hinblick auf gewisse Funktionen, Märkte, Vorschriften, usw. So kann ein Unternehmen insbesondere nur im Hinblick auf einen bestimmten Teil seiner Aktivitäten marktbeherrschend sein (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruppelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15).
431Speziell für den Bereich des geistigen Eigentums hat die Europäische Kommission in der Entscheidung „NN “ (C-457/10P, EU:C:2012:770, Rn 175) festgestellt, dass eine beherrschende Stellung eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens sei, „die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten“. Weiter heißt es in Rn 186, dass „zwar nicht angenommen werden könne, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums eine beherrschende Stellung begründe, sie aber geeignet sei, unter bestimmten Umständen eine solche Stellung zu schaffen, insbesondere dadurch, dass das Unternehmen die Möglichkeit erhalte, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern“.
432Dabei muss sich die Marktmacht nicht zwingend auf den beherrschten Markt selbst beschränken, sondern kann sich auch auf vor- oder nachgelagerte Märkte erstrecken (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruppelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15). Im Hinblick auf Rechte am geistigen Eigentum ist kartellrechtlich relevant insofern nicht der Markt der Lizenzvergabe, sondern der nachgelagerte Produktmarkt (vgl.: EuGH, GRUR Int. 1995, 490, Rn 47 – Magill TVG Guide; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte).
433Dieser nachgelagerte Produktmarkt als sachlich relevanter Markt ist im Hinblick auf die vom Patent geschützte technische Lehre genauer zu qualifizieren. Bezogen auf ein standardessentielles Patent ist der relevante Markt im Grundsatz der Markt, auf dem diejenigen Produkte angeboten werden, die den Standard mit der SEP-geschützten Technik verwirklichen. Dabei erfolgt die Marktabgrenzung in ständiger Rechtsprechung nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Hiernach werden alle Leistungen einem Markt zugeordnet, die aus Sicht der Marktgegenseite funktionell austauschbar sind (BGHZ 160, 321-332 – Staubsaugerbeutelmarkt m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008, Az.: VI-U (Kart) 29/06, zitiert nach juris). Ziel der Marktabgrenzung ist es stets, die den Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite entsprechende Realität des Wettbewerbs zu erfassen (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruppelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 20 m.w.N.).
434Bei dem in Rede stehenden Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (sog. ANR-Funktion), handelt es sich um eine Technologie, die eine der Grundfunktionen eines Mobilfunkgerätes betrifft und die den LTE-Standards I bis III (3GPP TS 36.300 Version 8.9.0, 3GPP TS 36.331 Version 8.7.0 und 3GPP TS 36.523-1 Version 12.3.0) unterfällt. Nach den LTE-Standards kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale. Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereit gestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch die Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit entsprechendem mobilem Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer neuen Zelle automatisch erfolgen soll.
435Es kann dahinstehen, ob tatsächlich jedes mobile Endgerät am Markt mit der streitgegenständlichen Technologie ausgestattet ist und es keine konkurrenzfähige Alternative am Markt gibt. In seinen Entscheidungen „Standard-Spundfaß“ (BGH, GRUR 2004, 967) und „Orange-Book-Standard“ (BGH, GRUR 2009, 694) ist der BGH zwar davon ausgegangen, dass es für die kartellrechtlich relevante Marktmacht darauf ankommt, ob ein konkretes, dem Standard bzw. der Norm entsprechendes Produkt substituierbar ist, d.h. ein nicht norm- bzw- standardgerechtes Produkt auf dem nachgelagerten Nachfragemarkt überhaupt absetzbar und damit wettbewerbsfähig wäre, auf solche Fälle der Marktzutrittsvoraussetzung eines SEP ist die Annahme einer marktbeherrschenden Bedeutung hingegen nicht beschränkt. Vielmehr kann eine marktbeherrschende Stellung auch dann angenommen werden, wenn auf dem relevanten Markt auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des standardessentiellen Patents nicht aufweisen. Voraussetzung für die Annahme einer marktbeherrschenden Position ist in diesem Fall, dass ohne den Zugang zur Nutzung des streitgegenständlichen Patents ein wettbewerbsfähiges Angebot nicht möglich ist, d.h. allein mit Produkten ohne die patentierte Funktion kein wirksamer Wettbewerb zu den übrigen Anbietern stattfindet. Demgegenüber wäre eine marktbeherrschende Stellung jedenfalls dann zu verneinen, wenn die durch das SEP geschützte technische Funktion für den Nachfrager von SEP-Produkten gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Letzteres kommt im Streitfall nicht in Betracht. Die streitgegenständliche Technik ist sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Endkunden so wesentlich, dass ohne ihre Nutzung ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für mobile Endgeräte nicht möglich ist. Dies wird auch von der Klägerin nicht ernsthaft bestritten.
436b)
437Bei der Frage, wann außergewöhnliche Umstände vorliegen, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen können, muss die Standardessentialität des geltend gemachten Patents Ausgangspunkt sämtlicher Überlegungen sein, weil eben jene das Patent für jeden Wettbewerber, der Produkte herzustellen beabsichtigt, die dem Standard entsprechen, unerlässlich macht. Der Inhaber eines standardessentiellen Patents ist damit in der Lage zu verhindern, dass standardkonforme Produkte seiner Wettbewerber auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben. Hinzu kommt, dass der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – sich durch seine FRAND-Erklärung bereit erklärt hat, Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen zu erteilen. Hierin liegt der grundlegende Unterschied des Streitfalls zu dem Sachverhalt, über den der BGH in seiner Entscheidung „Orange-Book-Standard“ zu befinden hatte (NJW-RR 2009, 1047 ff.). Die dort aufgestellten hohen Anforderungen an das Verhalten des Patentverletzers lassen sich auf Konstellationen, in denen der Patentinhaber gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, nicht ohne weiteres übertragen. Vielmehr hat der EuGH für einen solchen Fall in seinem Urteil vom 16.07.2015 folgende Grundsätze aufgestellt (GRUR 2015, 764 ff.):
438aa)
439Der Inhaber eines standardessentiellen Patents, für das er gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, muss, damit eine Klage auf Unterlassung, Rückruf oder Vernichtung nicht als missbräuchlich angesehen werden kann, Bedingungen erfüllen, durch die ein gerechter Ausgleich der betroffenen Interessen gewährleistet wird. Vor der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche muss er den angeblichen Verletzer zunächst einmal auf die Patentverletzung hinweisen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 61) und ihm, soweit der Verletzer zur Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des Patents zu FRAND-Bedingungen unterbreiten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 63). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 65). Nimmt der Verletzer das Angebot des Patentinhabers nicht an, muss er innerhalb kurzer Frist ein Gegenangebot machen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 66). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot ab, muss der Patentverletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 67).
440Diese kartellrechtlichen Beschränkungen gelten nicht nur für den Unterlassungsanspruch, sondern auch für den Rückrufanspruch und den Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Gegenstände. Denn diese Ansprüche beinhalten im Allgemeinen ein Verkaufsverbot des Produktes, mit dem das Patent verletzt wird, und können deshalb einen Marktausschluss bedeuten (vgl. hierzu etwa: Pressemitteilung der Kommission in Sachen Motorola vom 29.04.2014). Dies kann zu einer Verzerrung von Lizenzverhandlungen und zu wettbewerbswidrigen Lizenzbedingungen führen, die der Lizenznehmer ohne die drohende Unterlassungsverfügung nicht akzeptiert hätte.
441bb)
442Entgegen der Auffassung der Beklagten sind diese Überlegungen nicht ohne weiteres auf den Schadensersatzanspruch zu übertragen. Ein Marktausschluss droht durch die Zuerkennung dieses Anspruchs nicht und auch sonst wird ein wirksamer Wettbewerb durch sie nicht verhindert. Eine Klage auf Schadensersatz für vergangene Benutzungshandlungen, die das standardessentielle Patent verletzen, ist lediglich darauf gerichtet, den SEP-Inhaber für bereits erfolgte Verletzungen seines Patents zu entschädigen. Sie führt weder zum Ausschluss standardkonformer Produkte vom Markt noch dazu, dass ein potentieller Lizenznehmer sich gezwungen sieht, ungünstigen Lizensierungsbedingungen für zukünftige Benutzungen eines SEP zuzustimmen.
443Entsprechend hält auch der EuGH die Geltendmachung eines Anspruches auf Schadensersatz grundsätzlich für nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 73-76). Der Verletzer eines standardessentiellen Patents ist – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
444cc)
445Im Rahmen der Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach ist eine irgendwie geartete Beschränkung aus Gründen des Kartellrechts nicht geboten. Grundsätzlich stehen dem Patentinhaber für die konkrete Angabe der Höhe des Schadensersatzes gemäß § 139 Abs. 2 PatG drei Berechnungsarten zur Verfügung (vgl. hierzu auch: Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Auflage 2015, § 139 Rn 61). Gemäß § 139 Abs. 2 S. 1 PatG i.V.m. § 249 BGB i.V.m. § 252 BGB ist die Berechnung des konkreten Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns nach der Differenzlehre vorgesehen. Seit der Neufassung von § 139 Abs. 2 PatG durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 (Durchsetzungsgesetz), das am 1.9.2008 in Kraft getreten ist und mit dem die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umgesetzt worden ist, werden der Verletzergewinn (§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG) und die angemessene Lizenzgebühr (§ 139 Abs. 2 S. 3 PatG) als Berechnungsgrundlage ausdrücklich im Patentgesetz erwähnt. Die drei Berechnungsarten – entgangener Gewinn, Lizenzanalogie oder Verletzergewinn – stehen nebeneinander. Der Verletzte hat ein Wahlrecht und muss sich für eine der drei Berechnungsarten entscheiden (Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Pitz, Patentverletzungsverfahren, 2. Auflage 2010, Teil 4 I. 4. a)). Alle drei Berechnungsmethoden dienen der Berechnung desselben Schadens und stellen damit lediglich Rechenoptionen, nicht aber unterschiedliche Ansprüche dar (Melullis, GRUR Int. 2008, 679 ff.). Die Feststellung, dass ein bestimmter Verletzer dem Patentinhaber nach § 139 PatG Schadensersatz schuldet, die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruches also grundsätzlich gegeben sind, geht der Bestimmung der Höhe dieses Schadens vor. Die Zuerkennung nur einer bestimmten Berechnungsmethode – insbesondere der Lizenzanalogie – kommt nicht in Betracht. Soweit – wie im vorliegenden Fall – lediglich die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt ist, entscheidet das Gericht ausschließlich über den Grund des Anspruchs.
446Die Höhe des konkreten Schadens hat auf die Frage der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach lediglich dann Einfluss, wenn die Möglichkeit besteht, dass der dem Patentinhaber entstandene Schaden mit Null zu bemessen ist (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff – Standard-Spundfass). Eine solche Freilizenz kommt vorliegend ersichtlich nicht in Betracht. Dass eine solche von der Klägerin geschuldet würde, wird auch von den Beklagten nicht geltend gemacht.
447dd)
448Andernfalls kommt lediglich eine Begrenzung der Schadensersatzverpflichtung auf einen bestimmten Höchstbetrag in Betracht, die allerdings erst im Rahmen des ggf. sich anschließenden Höheverfahrens zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu auch: Obergericht für Geistiges Eigentum, Japan, GRUR Int. 2015, 144 ff. – Apple v. Samsung II, mit etwas anderem Ansatz).
449Insofern ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von §§ 19, 20 GWB bzw. Art. 102 AEUV einen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages begründen kann (vgl. hierzu: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2007, 181 – Orange Book). Dieser kartellrechtliche Anspruch auf Lizenzierung dient der Durchsetzung des gegenüber jedem Marktteilnehmer geltenden Verbots, eine marktbeherrschende Stellung nicht zu missbrauchen. Die Weigerung des Patentinhabers, dem berechtigten Verlangen des Patentverletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages nachzukommen, kann kartellrechtswidrig sein und einen eigenen Schadensersatzanspruch des Patentverletzers gegen den Patentinhaber begründen (§ 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB). Der Patentinhaber kann in einem solchen Fall für die Zeit nach seiner rechtswidrigen Weigerung keinen vollen Schadensersatz verlangen, sondern ist der Höhe nach beschränkt auf den Betrag einer angemessenen Lizenzgebühr (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass).
450Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Patentinhaber für das in Rede stehende standardessentielle Patent eine FRAND-Erklärung abgegeben hat. Insbesondere hat die FRAND-Erklärung nicht die Wirkung, dass der Schadensersatzanspruch von vornherein auf die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr beschränkt ist. Dies könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn man der FRAND-Erklärung konstitutive Wirkung in dem Sinne beimessen wollte, dass sie jedem Marktteilnehmer einen eigenen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen vermittelt. Dieser Auffassung folgt die Kammer hingegen nicht (s.o.). Vielmehr kann der dem Grunde nach zunächst in voller Höhe bestehende Schadensersatzanspruch des Patentinhabers wegen Patentverletzung nur durch einen Gegenanspruch des Verletzers eingeschränkt werden, § 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB. Die Voraussetzungen eines solchen Gegenanspruchs sind vom Verletzer darzulegen und zu beweisen.
451Nachdem Art. 102 AEUV ein missbräuchliches Verhalten des Patentinhabers voraussetzt, ist vorrangig auf dessen Verhalten abzustellen, wobei dieses üblicherweise im Wechselspiel mit dem Verhalten des Patentbenutzers zu bewerten ist. Unter welchen Voraussetzungen dem Patentinhaber im Einzelnen bei der Geltendmachung eines Schadensersatz-, Auskunfts- und/oder Rechnungslegungsanspruch ein Missbrauchsvorwurf zu machen ist, ist vom EuGH in seinem Urteil vom 16.07.2015 (GRUR 2015, 764 ff.) nicht entschieden worden. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich ausdrücklich nur auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs sowie der in ihren Wirkungen auf den betroffenen Markt vergleichbaren Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung (vgl. EuGH, GRUR 2015, 764 ff.). Im Gegensatz hierzu sind die Auswirkungen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung auf den Markt weitaus geringer. Allein der Umstand, dass die zu leistende Auskunft und Rechnungslegung für den Verletzer ggf. mit hohem Aufwand verbunden ist und/oder seine Geheimhaltungsinteressen berührt, rechtfertigt es nicht, für die Geltendmachung dieser Ansprüche die Anforderungen an die Pflichten des Patentinhabers im Rahmen des Art. 102 AEUV genauso hoch anzusetzen wie bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.
452Vielmehr ist mit dem EuGH im Grundsatz davon auszugehen, dass der Verletzer eines standardessentiellen Patents – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet ist, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf (vollen) Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Erst wenn der Patentinhaber sich weigert, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, verhält er sich missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 53) und der Verletzer schuldet in der Folge nur noch Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr.
453Soweit der EuGH vom Patentinhaber für den Fall einer Klage auf Unterlassung, Rückruf und/oder Vernichtung verlangt, dass er den Verletzer vor der Klageerhebung auf die Verletzung hinweist und ihm, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 61-63), beruht dies unter unterem auf der Erwägung, dass mit der Zuerkennung der vorgenannten Ansprüche des Patentinhabers der Marktausschluss des Verletzers mit seinem standardkonformen Produkt mit den damit verbundenen einschneidenden Folgen für den Produktmarkt droht (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 52). Diese Erwägung ist auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung nicht übertragbar. Erhebt der Patentinhaber eine Klage zur Geltendmachung dieser Ansprüche, ohne den Verletzer zuvor auf die Verletzung hingewiesen und, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet zu haben, begründet allein dies noch keinen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV. Hinzukommen muss vielmehr ein erkennbar nach außen zutage getretener Wille des Verletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages, dem der Patentinhaber sich treuwidrig verweigert.
454ee)
455Liegen nach den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auf die Höhe einer FRAND-Gebühr vor, führt dies in der Folge zu einer inhaltlichen Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruches. Denn letzterer hat seinem Zweck nach dem Umfang des Schadensersatzanspruches zu folgen (vgl. hierzu: Schulte/Voß/Kühnen, PatG, 9. Auflage, § 139 Rn 148).
456Die der Vorbereitung des Schadensersatzanspruches dienende Auskunft und Rechnungslegung muss zwar grundsätzlich alle Angaben enthalten, die der Verletzte benötigt, um eine der ihm offen stehenden drei Berechnungsmethoden (Lizenzanalogie, Verletzergewinn oder entgangener Gewinn) auszuwählen und auf dieser Grundlage die Schadenshöhe zu beziffern (BGH, GRUR 1962, 354, 356 - Furniergitter; BGH, GRUR 1974, 53 – Nebelscheinwerfer; Fitzner/Lutz/Bodewig/Pitz, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, § 139 Rn 236), jedoch unterstehen Inhalt und Umfang der Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dies erfordert eine Abwägung der Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls (BGH, GRUR 1974, 53, 54 – Nebelscheinwerfer). In diesem Sinne mag auch die Äußerung des Generalanwalts Wathelet zu verstehen sein, der in seinen Schlussanträgen darauf hingewiesen hat, dass das Gericht über die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu wachen habe (Schlussanträge des Generalanwaltes Melchior Wathelet vom 20.11.2014 in der Rechtssache C-170/13, dort Ziffer 101).
457Dabei ist auf Seiten des Patentinhabers die Bedeutung der verlangten Auskunft für die Darlegung der für Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs wesentlichen Umstände in die Abwägung einzustellen; auf Seiten des Verletzers kann insbesondere ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse Bedeutung erlangen (BGH, GRUR 2007, 532 ff. – Meistbegünstigungsvereinbarung). Demgegenüber rechtfertigen Unterschiede bezüglich des Arbeitsaufwandes bei verschiedenen Schadensberechnungsarten es in aller Regel nicht, den Patentinhaber auf eine für den Verletzer weniger aufwändige Berechnungsart zu verweisen (BGH, GRUR 1982, 723 ff. – Dampffrisierstab).
458Liegen die Umstände des Einzelfalls so, dass der Patentinhaber für die Nutzung der patentgemäßen Lehre lediglich eine angemessene, FRAND-Bedingungen entsprechende Lizenzgebühr verlangen kann, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, auch die Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung auf die zur Berechnung dieser FRAND-Lizenzgebühr erforderlichen Angaben zu beschränken. Insbesondere ist in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse des Patentinhabers an Angaben zum Verletzergewinn (Kosten- und Gewinnangaben) ersichtlich, das die berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Patentverletzers überwiegen könnte.
459Allerdings ist von den Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Voraussetzungen für einen kartellrechtlichen Anspruch auf Lizensierung zu FRAND-Bedingungen gegeben sind und der Schadensersatzanspruch der Klägerin damit von vornherein auf die Höhe einer FRAND-Lizenzgebühr beschränkt wäre. Die Klägerin bemüht sich bereits seit Juli 2013 um den Abschluss eines Lizenzvertrages mit den Beklagten. Nachdem diese zunächst gar kein Interesse an dem Abschluss eines Lizenzvertrages gezeigt hatten, deutet ihr späteres Verhalten jedenfalls auf eine Verzögerungstaktik hin. Es ist nicht dargelegt, aus welchen konkreten Gründen die Beklagten sich geweigert haben, die Geheimhaltungsvereinbarung der Klägerin zu unterzeichnen. Auch nach der Klageerhebung durch die Klägerin und die Unterbreitung eines konkreten Lizenzvertragsangebotes ist eine Mitwirkung der Beklagten an dem Zustandekommen eines Lizenzvertrages nicht ersichtlich. Sie berufen sich ausschließlich auf die angebliche Unangemessenheit des klägerischen Angebotes, ohne aber ihrerseits ein Gegenangebot zu unterbreiten. Die Klägerin hat sich demgegenüber bemüht, auf die Einwände der Beklagten einzugehen, und diesen ein geändertes, auf die standardessentiellen Schutzrechte beschränktes Lizenzvertragsangebot unterbreitet. Auch dieses wurde von den Beklagten ohne nähere Begründung nicht akzeptiert. Ungeachtet dessen, ob die Angebote der Klägerin tatsächlich FRAND-Kriterien entsprechen oder nicht, kann vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen treuwidrig verweigert und damit ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV missbraucht.
460VIII.
461Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren gem. § 148 ZPO auszusetzen. Für die Kammer lässt sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstands nicht die für eine Aussetzung erforderliche hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage feststellen (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten).
4621.
463Das Klagepatent ist gegenüber dem Stand der Technik neu.
464a)
465Der Standard 3GPP TS 23.331 V3.4.0 (nachfolgend: V3.4.0) steht dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich entgegen.
466Angesichts des genannten Aussetzungsmaßstabs vermag die Kammer in der hiesigen Situation keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Widerruf des Klagepatents zu erkennen. So präsentieren die Parteien in sich schlüssige Argumentationen und vermögen andererseits nicht, ein stichhaltiges Gegenargument anzuführen, das dem Vortrag der Gegenseite die Grundlage entziehen bzw. einen grundlegenden Widerspruch aufzeigen könnte. Die Klägerin hat ein mögliches fachmännisches Verständnis der Entgegenhaltung dargelegt, dass von den Beklagten nicht eine Aussetzungsentscheidung tragend in Zweifel gezogen werden konnte. Da es den Beklagten obliegt, die erforderlichen Erfolgsaussichten des anhängigen Einspruchsverfahrens darzulegen und glaubhaft zu machen, geht dies zu ihren Lasten. Hinzu tritt, dass die Annahme einer (hinreichend) sicheren Vernichtungswahrscheinlichkeit sich verbietet, wenn der im Rechtsbestandsverfahren zur Diskussion stehende technische Sachverhalt derart kompliziert und/oder komplex ist, dass sich das Verletzungsgericht keinen wirklichen Einblick in die Gegebenheiten verschaffen kann (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Rn. 531). Das ist hier der Fall.
467Nach Ansicht der Kammer werden die Anweisung, die Mitteilung und das Erkennen der eindeutigen Zellkennung (Merkmale 7 bis 7.2 des Anspruchs 6) nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt.
468Aus Ziffer 8.6.7.5 erkennt der Fachmann, dass das UE in dem Zustand CELL_FACH die Cell Identity melden soll, wenn das Information Element „cell identity“ auf „TRUE“ gesetzt ist. Der Zustand CELL_DCH spielt keine Rolle, weil hier die Cell Identity nicht gemeldet werden soll. Die Cell Identity wird von der Nachbarzelle im System Information Block Typ 3 oder 4 ausgegeben. Aus Ziffer 10.3.2.2 folgt, dass die Cell Identity eindeutig eine Zelle innerhalb eines PLMN (Public Land Mobile Network) identifiziert. Insofern handelt es sich um eine eindeutige Zellenkennung.
469Die Klägerin wendet ein, dass im UMTS-System das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity nach Empfang der Measurement-Control Nachricht im CELL_FACH Zustand zu erkennen und zu melden.
470Die RRC-Schicht (Radio-Resource-Control-Schicht) sei für den Empfang und die Verarbeitung von Signalisierungsnachrichten verantwortlich, die zwischen einem RNC (radio network controller) und einem Endgerät übertragen werden. Das RRC bediene sich einer Zustandsmaschine, um den Verbindungstyp zwischen dem mobilen Endgerät und dem RNC zu definieren.
471Es gebe 5 RRC-Zustände, unter anderem die Zustände CELL_FACH und CELL_DCH. Von Interesse seien nur drei Messungen mit denen die Cell Identity übertragen werden kann: Messungen an im selben Frequenzbereich wie die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (intra-frequency measurements); Messungen an in einem anderen Frequenzbereich als die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (inter-frequency measurements) und Messungen an Nicht-UMTS Nachbarzellen (inter-system measurements).
472Mittels der „measurement control message“ kann eine Messung im UE initiiert werden (V3.4.0; Ziffer 8.4). Die entsprechenden Messergebnisse würden mittels des Informationselements „measured results“ übertragen, das Bestandteil der „measurement report message“ ist. Mit der measurement report message werde berichtet (V3.4.0, Ziffer 10.3.7.69, 10.2.17). Wenn hingegen die Nachbarzellmessung mittels des Systeminformationsblock 11 und 12 konfiguriert wurde (V3.4.0, Ziffer 8.4), werden in dem RCC-Zustand CELL_FACH die Messergebnisse der Nachbarzelle nicht in den measured results in einem Messbericht, sondern über den Transportkanal RACH übertragen (V3.4.0, Ziffer 8.4 – measurement report message sent to report uplink traffic volume; nur Informationen von netzgerichteten Datenverkehrsaufkommen). Nur die ersten vier Nachrichten (RRC Connection Request bis Cell Update) enthielten Informationen über die Nachbarzellen und zwar ausschließlich mittels des Informationselements Measured Results on RACH (V3.4.0; Ziffer 10.3.7.70). Hierbei handele es sich um ein inhaltlich verkürztes Informationselement angehängt an einer ohnehin an das Netz gesendeten Nachricht.
473Es würden daher zwei Arten von Messinformationen im CELL_FACH Zustand gesendet. Nach dem Übergang vom Zustand CELL_DCH in den Zustand CELL_FACH könnten Datenverkehrsvolumenmessungen fortgesetzt und initiiert werden. Bei diesen Messungen werde die Cell Identity weder verlangt noch gesendet. Diese Datenverkehrsvolumenmessungen würden in einem Measurement Report gesendet. Ferner würden Intrafrequenzmessungen vorgenommen, die angehängt an andere Nachrichten mittels des IE measured results on RACH gesendet werden. Die gemeldeten Messinformationen enthielten in keinem der beiden Fälle eine Cell Identity (vgl. V3.4.0, Privatgutachten Martin, S. 4 und 5 mit den dortigen Hinweisen auf V 3.4.0).
474An dieser Argumentation bestehen keine derart durchgreifenden Zweifel, die die Kammer zu dem Ergebnis kommen ließen, der Standard zeige ein Endgerät, dass eine eindeutige Zellenkennung erkenne, melde und anweise.
475Dies folgt zunächst nicht aus der Übertragung der „Reporting information for state CELL_DCH“ mittels der Systeminformationsblöcke 11 und 12, die nach dem Übergang zurück von CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird (vgl. Abschnitte 10.3.7.41, 10.3.7.5; Privatgutachten Martin, S.6). Denn die hierin enthaltene Cell Identity wird nicht ohne weiteres als Inhalt der Cell reporting quantities übertragen. Um in dem Bericht enthalten zu sein, muss der Boolean Type auf TRUE gesetzt sein (vgl. Abschnitt 10.3.7.5). Der Fachmann erkennt anhand des Abschnitts 8.6.7.5 indes, dass ein TRUE im CELL_DCH Zustand wie ein FALSE behandelt wird („[…] - in CELL_DCH state:- treat the IE as if the IE „Cell Identity“ is set to FALSE.“). Daher wird die Cell Identity nicht gemeldet.
476Auch das Informationselement Measurement Validity (Abschnitt 10.3.7.36), das dem Mobilgerät anzeigt, für welche RRC-Zustände die Messkonfiguration maßgeblich sein soll, hat hier keine Auswirkung, weil die Messkonfiguration „alle Zustände“, „alle Zustände außer CELL_DCH“ nur einen Geltungsbereich für Verkehrsdatenaufkommensmessungen hat (Abschnitt 8.6.7.1). Somit enthält sie ebenfalls nicht die Cell Identity.
477Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Abschnitt 9.3.2.7 des V3.4.0. Die Vorrangsaussage bezieht sich nur auf die Measurement Control message, die vor dem Wechsel in den Zustand CELL_FACH bereits im Zustand CELL_DCH empfangen wurde, bei der das Informationselement Measurement Validity auf all states oder all states except CELL_DCH gesetzt ist und die Konfiguration der Datenverkehrsvolumenmessung betrifft. Ihr gebührt danach Vorrang vor den Messungen in CELL_FACH, die durch die Systeminformationsblöcke 11 und 12 initiiert werden. Der Abschnitt regelt den für diesen Fall auftretenden Konflikt (Privatgutachten Martin, S. 4).
478Für die andere Lesart, nach der Abschnitt 9.3.2.7 zwingend zeige, dass die Ausführungen unter Abschnitt 8.4.1.7 nicht abschließend seien, lässt sich insbesondere dem Privatgutachten Carle (vgl. S. 6) kein konkretes Argument entnehmen. Sofern dort ausgeführt wird, die Abschnitte 8.4.1.7 bis 8.4.1.10 beschrieben nicht das Verhalten des Mobilgeräts für den Fall, dass im CELL_FACH Zustand Messaufträge mittels Nachrichten vom Typ „Measurement Control“ übertragen würden, sondern das Verhalten des Mobilgeräts, wenn nach Eingang eines Messauftrages ein Zustandsübergang stattfindet (Privatgutachten Carle, S. 6), wird ein entsprechendes Zitat für die erste Aussage (Übertragung von Messaufträgen vom Typ „Measurement Control“ im CELL_FACH Zustand) gerade nicht genannt. Dem steht indes der Vortrag gegenüber, dass im Sparzustand CELL_FACH weniger Messparameter und inhaltlich gekürzte Messberichte verwendet werden und die Nachbarzellmessungen so effizient wie möglich durchgeführt werden.
479Dass der Fachmann den Abschnitt 8.6.7.5 als eine Offenbarungsstelle für den Bericht einer eindeutigen Zellkennung versteht, vermag die Kammer nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Es kann insoweit dahinstehen, ob die nachträgliche Änderung dieses Abschnitts durch den Change Request CR-702 Tdoc R2-101593 von Motorola gerade zeige, dass der Fachmann diesen Passus von vorneherein für missverständlich gehalten habe. Die klagepatentgemäße Lehre muss unmittelbar und eindeutig offenbart sein. Daran bestehen hingegen durchgreifende Zweifel, wenn der Fachmann die Funktion eines Merkmals im Gesamtkontext der Offenbarung für nachteilig erachtet und deswegen ein solches Verständnis von vorneherein nicht zugrundelegt. Denn erkennbare Fehler wird der Fachmann in der Regel korrigieren (vgl. Benkard/Mellulis, 11. Aufl., § 3 PatG Rn. 182). Die Beklagten vermochten die Argumentation der Klägerin nicht derart zu erschüttern, dass die Kammer von einer Offenbarung des Merkmals 3.7 ausgeht.
480b)
481Die vorherigen Ausführungen gelten auch für die Version 3GPP TS 23.331 V3.4.1 (nachfolgend: V3.4.1).
482c)
483Auch die Version 3GPP TS 23.331 V3.3.0 (nachfolgend: V3.3.0.) offenbart die Merkmale 7. bis 7.2 des Anspruchs 6 nicht.
484aa)
485So ist nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt, dass in CELL_DCH die Cell Identity vom UE erkannt wird. Zwar lassen sich die Verweisungen der Abschnitte 10.2.17, 10.3.7.69, 10.3.7.35 und 10.3.7.3 zunächst so verstehen, dass die Cell Identity als Bestandteil der Cell measured results Bestandteil des measurement reports ist (Merkmal 3.7). Indes hat die Klägerin vorgetragen, dass im CELL_DCH Zustand das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity zu erkennen. Diese werden nur in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und SIB 4 übertragen (V3.3.0, S. 198/199), die jedoch im CELL_DCH Zustand nicht ausgelesen werden können (V3.3.0, Tabelle 8.1.1, S. 29-30).
486V3.3.0 zeigt also nicht, dass die eindeutige Zellkennungsinformation im CELL_DCH Zustand erkannt werden kann (Merkmal 3.6). Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldung der Cell Identity als Bestandteil des Measurement Reports jedenfalls widersprüchlich. Auch wenn das Klagepatent sich nicht zu den einzelnen Zuständen verhält, soll die Zellenkennung, die erkannt wurde, im (direkten) Anschluss gemeldet werden.
487Dieses Verständnis wird durch den Änderungsvorschlag von NTT DoCoMo R2-001416 bestätigt, aus dem sich ebenfalls ergibt, dass die Zellidentität nur im Systeminformationsblock Typ 3 und 4 vorhanden ist, welche nicht gelesen werden können, falls das UE sich im CELL_DCH Zustand befindet und das UE eine potentiell ungültige Zellidentität nach dem Wechsel in den CELL_DCH Zustand meldet. Selbst wenn man den Änderungsvorschlag zusammen mit der V 3.3.0 als ein Dokument ansähe – was zweifelhaft ist –, geht hieraus nur hervor, dass es gerade eines zusätzlichen Informationselementes mit der Cell Identity vor dem Hintergrund des V 3.3.0 bedurft hätte. Eine unmittelbare und offenkundige Gesamtoffenbarung der klagepatentgemäßen Lehre erkennt der Fachmann hierin nicht, sondern wiederum nur das Aufzeigen eines Fehlers, der gegebenenfalls zu einer Anpassung führen kann.
488Schließlich folgt auch nichts anderes aus der Spezifikation TS 134 123-1 V3.3.0 für die UMTS-Konformitätstests für mobile Endgeräte. Zum einen spricht bereits der Umstand, dass es sich um ein anderes Dokument handelt, gegen eine unmittelbare und eindeutige Gesamtoffenbarung. Zum anderen ergibt sich aus der Spezifikation ebenfalls nicht, dass die Cell Identity – auch wenn sie Bestandteil des Measurement Reports ist – im CELL_DCH Zustand vom UE erkannt werden kann, obwohl sie sich in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und 4 befindet, die in diesem Zustand nicht gelesen werden können.
489bb)
490Ferner offenbart die Version V3.3.0 auch nicht, dass die Cell Identity nach dem Übergang vom Zustand CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird. Im Unterschied zur Version V3.4.0 findet sich hier der Abschnitt 8.6.7.5 nicht. Gleichwohl offenbart Abschnitt 10.3.7.5 dem Fachmann nicht eindeutig und unmittelbar, dass nach dem Zustandswechsel in CELL_DCH die Anweisung besteht, die Cell Identity zu berichten. Dem Hinweis, dass der Boolean Typ auf TRUE gesetzt werden muss, um in dem Messbericht enthalten zu sein, mag der Fachmann allenfalls die Möglichkeit entnehmen. Diese wird der Fachmann indes nicht wählen, weil er weiß, dass die Cell Identity im CELL_FACH nicht benötigt wird. Permanent antizipierte Messungen, in einem Zustand, der energiesparend sein soll, sind nicht notwendig. Es bedarf dort ihrer nicht im gleichen Umfang für ein Handover wie im CELL_DCH Zustand, in dem wie ausgeführt die Cell Identity auch nicht der Basisstation gemeldet wird. Daher würde der Bericht veraltete und gegebenenfalls ungültige Messergebnisse beinhalten. Insofern sieht der Fachmann keine Notwendigkeit für die Anweisung und wird den Boolean Type auf FALSE setzen.
491d)
492Das Klagepatent ist gegenüber der Entgegenhaltung „Wang“ (Masterarbeit vom 16.06.2003) nicht neu.
493Wang befasst sich mit einem Handover Mechanismus in einem heterogenen Netz, das z.B. aus einer Kombination von Weitverkehrsfunknetzen (GPRS oder 3G) und lokalen Drahtlosnetzwerken (WLAN) besteht. Der Entgegenhaltung mangelt es an der Offenbarung einer nichteindeutigen Zellenkennung. Im Rahmen der Erstellung einer externen Ressourcenkarte wird ein Präfixcode/BS-ID Nummer einer benachbarten BS übertragen und analysiert, ob es sich um ein bekanntes IP-Präfix handelt (S. 18, Schritte 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten insoweit ausgeführt, dass es sich bei dem Präfixcode, den ersten beiden gelben Spalten der Tabelle 1 in der Anlage ROKH-ES 16a, um die nichteindeutige Zellenkennung handele, das Netzwerk IP-Präfix in der orangen Spalte demgegenüber die eindeutige Zellenkennung darstelle. Ferner sei in der Tabelle 12 auf S. 58 ein geschlossenes System definiert, das nur 28 Zellen zeige, die wiederum alle ein anderes Network-IP-Präfix aufwiesen. Dem kann die Kammer nicht beitreten, denn neben dem eindeutigen Network-IP-Präfix zeigt diese Tabelle auch jeweils einen eindeutigen Präfixcode/BS-ID-Nummer: Diese die Network ID und Cell serial number enthaltenden Präfixcodes/BS-ID Nummern haben die Aufteilung WWAN BS 1-8 und WLAN 1 AP 1-20. Keine der Präfixcodes/ID-Nummern wiederholt sich. Dieser gezeigte Beacon-Code offenbart daher keine nichteindeutige Zellenkennung.
494e)
495Die Entgegenhaltung WO X (nachfolgend: OO ) nimmt die klagepatentgemäße Lehre des Anspruchs 6 ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg.
496Eine eindeutige Zellenkennung ist in Form der zweiten BSIC Zellenkennung nicht offenbart. Die zweite BSIC stellt keine eindeutige Kennung im Sinne des Klagepatents dar. Sie erscheint in Anbetracht der überschaubaren Auswahl an möglichen BSIC (Basisstationsidentifikationscodes) – 64 an der Zahl – nur lokal als eindeutig, wobei die Lehre des Klagepatents eine im gesamten Netz eindeutige Kennung fordert. Sofern die Beklagten hier auf den zweiten Broadcast-Kontrollkanal und der dort gesendeten zweiten BSIC verweisen, bleibt diese Art der Eindeutigkeit hinter der Lehre des Klagepatents zurück. Wird im Messbericht lediglich die zweite BSIC übertragen, ist diese Kennung als 6-Bit-Wert nach dem Klagepatent gerade nicht eindeutig. Nach OO ist es nicht ausgeschlossen, dass die zweite BSIC in anderen lokalen Bereichen des Netzes wiederverwendet wird. Verwirrende Messberichte durch eine Doppelnutzung scheinen nur deswegen ausgeschlossen zu sein, weil durch den BSC und MSC vor der Vergabe der BSIC geklärt wurde, dass er in keiner weiteren Nachbarzelle bereits Verwendung findet. Nach der Lehre des Klagepatents ist die eindeutige Zellenkennung aber so ausgestaltet, dass Verwechselungen mit jeglichen Zellen im Netz vermieden werden. Die globale Eindeutigkeit bezieht sich auf das Netz. Unerheblich ist, aus wie vielen Werten die eindeutige Zellenkennung besteht, solange diese Werte im Netz eine unverwechselbare Zuordnung ermöglichen.
497f)
498Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung WO X (nachfolgend PP ) neu.
499Es fehlt an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung, dass sowohl die eindeutige als auch die nichteindeutige Zellenkennung übertragen werden (Merkmalsgruppe 3 des Anspruchs 6). PP präsentiert in Abgrenzung zum Stand der Technik, bei dem eine nichteindeutige Kennung eingesetzt wird, den Einsatz einer eindeutigen Kennung. Die Darstellung der nichteindeutigen Kennung wie des aus BCC und NCC zusammengesetzten BSIC bezieht sich auf den Stand der Technik („conventional measurements“ (Z.5); „The principal way in which base station identification has been attempted in the past is […]“; „Thus, for system wide algorithm development, neither of these techniques for identifying a base station are sufficiently reliable to ensure unique identifications […]“. Demgegenüber zeigt Figur 4 in PP eine Lösung, in der nur eine eindeutige Kennung offenbart ist. Ein kombiniertes Übertragen von eindeutiger und nichteindeutiger Zellkennung wird nicht gezeigt. Die Kombination wird vom Fachmann auch nicht mitgelesen. Weitere Überlegungen, wie z.B. ein erhöhter Ressourcenverbrauch, der eine kombinierte Übertragung fordern könnte, die der Fachmann zusätzlich anstellen müsste, sprechen dagegen.
500g)
501Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung WO X A1 (nachfolgend: X) neu.
502Das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf eine Anweisung ist nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Auch wenn der Messprozess als solcher vom durch den netzwerkbasierten Server angestoßen werden kann, gilt dies nur allgemein für die Messung. Damit ist jedoch nicht eindeutig und unmittelbar gezeigt, dass das Mobilendgerät „in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung“ auch die eindeutige Zellenkennung erkennt. Nicht ausgeschlossen ist hier der von der Klägerin angeführte Beispielsfall, dass die Messung autonom vom Mobilendgerät vorgenommen und gespeichert und erst auf eine spätere Anweisung der Basisstation hin gemeldet wird. Dies könnte aus S. 34, Z. 21f. folgen, wonach die Profilerzeugung vollständig von dem mobilen Endgerät 20 fertiggestellt werden kann, ohne Unterstützung durch einen netzwerkbasierten Server.
503h)
504Schließlich ist ein Widerruf des Klagepatents aufgrund der Entgegenhaltung QQ /R3-062303 (nachfolgend: QQ ) nicht hinreichend wahrscheinlich.
505Die Neuheitsschädlichkeit von QQ ist zweifelhaft, da das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Jedenfalls die Anweisung ist weder aus Figur 1 noch aus Abschnitt 2.1 ohne weiteres ersichtlich. Es bestehen darüber hinaus starke Zweifel, dass QQ zusammen mit dem Dokument X /KPN R2-061545 mangels klarer und zweifelsfreier Inbezugnahme der dortigen maßgeblichen Textstelle als ein Dokument angesehen werden kann. Hinzu tritt, dass auch die dort rekurrierte Passage nicht unmittelbar und eindeutig eine Anweisung offenbart. Es wird lediglich allgemein ausgeführt, dass es weiterhin möglich sein sollte, UEs in einer Weise zu konfigurieren, um bestimmte Messungen für die Netzplanung und -optimierung zu melden. Eine etwaige implizite Offenbarung ist angesichts des geltenden Aussetzungsmaßstabs nicht ausreichend.
5062.
507Die klagepatentgemäße Lehre ist zudem im Stand der Technik nicht nahe gelegt.
508Der Standard 36.300 V 0.5.0. (2207-02) in Kombination mit den Entgegenhaltungen RR /R3-061758, Finalreport R3-070322, SS /R3-061488 und Management / 070207 sowie den weiteren Entgegenhaltungen legt die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 6 nicht nahe. Es fehlt bereits an einem Anlass, die weiteren Entgegenhaltungen heranzuziehen. Der Standard 36.300 zeigt keine Anhaltspunkte, wie Nachbarlisten zu optimieren sein könnten. Die Idee, auf Anweisung des Netzes an das UE eindeutige Zellenkennungen zu erkennen und zu melden, entnehme der Fachmann einer der weiteren Entgegenhaltungen, beruht auf einer rückschauenden Betrachtung. In RR /R3-061758 ist fraglich, ob die Übertragung einer eindeutigen Zellenkennung überhaupt vorgesehen ist und ob dies auf Anweisung der Funkbasisstation erfolgt. Die weiteren Entgegenhaltungen sind nach Ansicht der Kammer noch weiter entfernt von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 6.
5093.
510Die Kammer hält es nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Klagepatent mangels Ausführbarkeit widerrufen wird. Die Einwände werfen Auslegungsfragen bezüglich des Begriffs der eindeutigen Zellkennung auf. Der Fachmann wird den Begriff jedoch mit Hilfe seiner Fachkenntnis auslegen und seinen technischen Sinngehalt umsetzen können.
5114.
512Der Gegenstand des Klagepatents beruht auch nicht auf einer unzulässigen Erweiterung.
513Indem das mobile Endgerät in Gänze in der Figur 2 und der Beschreibung in den Anmeldeunterlagen offenbart ist, wird der Fachmann das Steuerungselement als notwendiges Bauteil für die Kommunikation mit der Funkbasisstation mitlesen. Erwähnt ist es auch explizit in der Beschreibung (WO X, nachfolgend: WO X, S. 3, Z. 24 ff („The mobile terminal 4 comprises a controller 42 […]“).
514Es ist nicht ersichtlich, dass der Zusatz des Übertragens der nichteindeutigen Zellenkennung den Gegenstand des Klagepatents gegenüber der Patentanmeldung unzulässig erweitert. Aus den Anmeldeunterlagen ergibt sich, dass die nichteindeutige Zellenkennung mit den Messinformationen der Betriebsparameter verknüpft ist (WO X, S. 2 Z. 10 ff.). Ferner ist auch die eindeutige Zellenkennung an mehreren Stellen der Beschreibung der Anmeldung und im Anspruch offenbart (z.B. S. 4, Z. 15 ff., S. 6 Z. 13). Auch offenbart die Anmeldung, dass die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle die eindeutige Zellenkennung erkennt. So heißt es in Anspruch 6 (S. 6, Z. 21-24), dass das Erkennen (detecting) und Melden (reporting) der eindeutigen Zellenkennung in vorbestimmten Intervallen als Antwort auf den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation erfolgt („[…] is performed at predetermined intervals in response to receipt of an instruction from the radio base station of the first communications cell.“). Dass die Steuerung für diesen Betrieb geeignet sein muss, liest der Fachmann mit.
515Ferner wird der Fachmann erkennen, dass bei dem Übertragen der nichteindeutigen Zellenkennung immer Betriebsparameter mit bestimmt und gemeldet werden, weil die nichteindeutige Zellenkennung an jede measurement information gebunden ist (vgl. S. 4, Z. 10 ff.). Insofern ist durch die Streichung der Merkmale Bestimmen und Melden von Parameterinformationen der Anspruch 6 ebenfalls nicht unzulässig erweitert. Schließlich wird der Fachmann auch eine Zellkennungsinformation in der offenbarten Zellidentifiziererinformation der Anmeldung erkennen. Anstatt „für die zweite Kommunikationszelle“ „für eine zweite Kommunikationszelle“ zu verwenden, stellt ebenfalls keine unzulässige Erweiterung über den Offenbarungsgehalt der Anmeldung hinaus dar.
5165.
517Die weiteren Angriffe sind mangels schriftsätzlicher Behandlung im Verletzungsverfahren von den Parteien selbst zu Recht nicht als eine Aussetzungsentscheidung tragend angesehen worden.
518IX.
519Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Nr. 2, 101 Abs. 1 ZPO.
520Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
521Unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erachtet es die Kammer als ausreichend, die Sicherheitsleistung in tenorierter Höhe festzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass die Vollstreckungsschäden – und damit die Sicherheitsleistung – dem Streitwert entsprechen. Eine höhere Sicherheitsleistung kann allenfalls dann seitens der Kammer angeordnet werden, wenn die Beklagte konkrete Anhaltspunkte dafür präsentiert, dass eine in Höhe des Streitwerts festgesetzte Sicherheit den drohenden Vollstreckungsschaden nicht vollständig abdecken wird (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 304 ff – Höhe des Vollstreckungsschadens). Der pauschale Vortrag, die Auskunft offenbare Betriebsgeheimnisse der Beklagten, die einen präzisen Einblick in die Kostenstruktur zuließe, bietet keine Grundlage für die Festsetzung einer höheren Sicherheitsleistung. Vielmehr stellt sie die typische Folge des Auskunftsanspruchs dar. Auch ein etwaiges mangelndes wirtschaftliches Interesse ist in diesem Zusammenhang nicht von Belang.
522Streitwert:
523ursprünglich: 2.000.000,00 EUR
524ab dem 23.05.2014 (Teilklagerücknahme): 1.600.000,00 EUR
525Die Streitwertfestsetzung auf 2.000.000,00 EUR beruht darauf, dass mit der Klage neben den mobilen Endgeräten auch Basisstationen angegriffen werden.
Tenor
I.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat,
wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
a)
der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei die Beklagte zu 2) die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen muss, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegt;
wobei der Beklagten zu 2) vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 2) dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin zu 80 % und die Beklagte zu 2) zu 20 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin zu 60%. Die Kosten der Streithilfe hat die Beklagte zu 2) zu 25 % zu tragen, zu 75 % trägt die Streithelferin die Kosten selbst. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
V.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 400.000,00 vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten und die Streithelferin ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP B (Anlagen C ET1, C ET1a; im Folgenden: Klagepatent) auf Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
3Das Klagepatent wurde von der Streithelferin am 28.02.2007 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 08.08.2012 veröffentlicht. Am 18.12.2013 erfolgte die Veröffentlichung und Bekanntmachung seiner Erteilung. Am 17.09.2014 legten unter anderem die Beklagten Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents beim Europäischen Patentamt ein, über den bislang noch nicht entschieden ist. Das Klagepatent steht in Kraft.
4Das in englischer Sprache erteilte Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzwerken. Die geschützte Technik dient zur Vereinfachung der Architekturverwaltung und beschäftigt sich mit der Identifizierung von Funkzellen, die für einen reibungslosen Weiterleitungsvorgang (sog. handover) der Mobilfunkverbindung zwischen Nachbarzellen des Telekommunikationsnetzes notwendig ist.
5Die Klägerin stützt den Verletzungsvorwurf auf eine Kombination der Klagepatentansprüche 1 und 6 und den Anspruch 17.
6Anspruch 6 in Kombination mit Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
7„Mobiles Endgerät (4) zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Endgerät eine Steuerung (42) für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfasst, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist zum:
8Erkennen (115) eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und
9Melden (117) der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.“
10Anspruch 17 des Klagepatents lautet:
11„Drahtloses Telekommunikationsnetz, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definiert, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum:
12Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät;
13Stellen einer Anforderung (111) an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle;
14Empfangen (119) einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
15Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt.“
16Die Streithelferin besitzt eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie. Am 10.01.2013 schloss sie mit der D („E Sub“), der E („Q “), deren Tochtergesellschaften F („Q Sub1“) und G („Q Sub 2“) sowie der A („Q LLC“) das sogenannte Master Sales Agreement („MSA“), das die weitere Verwertung eines Teils ihrer Patente zum Gegenstand hat. Betroffen war ein Patentportfolio, das über 2000 Patente umfasste. Hinsichtlich der Regelungen des MSA im Einzelnen wird auf den in Auszügen von den Parteien zur Akte gereichten Vertragstext Bezug genommen.
17Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Gesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die E Sub, Q , Q Sub 1 und Q Sub 2 sind sämtlich Gesellschaften, die nach dem Recht des Staates Delaware gegründet wurden. Die Q LLC wurde nach dem Recht des Staates Nevada gegründet. Die Klägerin wurde nach irischem Recht gegründet. Sie gehört zur H Gruppe und ist mit der Verwaltung und Lizensierung von Patenten befasst. Sie ist dem MSA nachträglich beigetreten.
18Im MSA findet sich in Ziffer 6.14 unter anderem die Regelung, dass die Q LLC die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Dieser Verpflichtung ist die Q LLC durch Erklärung vom 14.06.2013 nachgekommen. In einer weiteren Vereinbarung vom 13.02.2013 (Patent Sale and Grant-Back Licence Agreement – „PSA“) findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der Q LLC, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Dies wurde bei der Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin umgesetzt und die Klägerin gab am 6.3.2014 gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Verpflichtungserklärung ab.
19In Umsetzung des MSA schlossen dessen Vertragsparteien in der Folgezeit drei Übertragungsverträge, deren Wirksamkeit zwischen den Parteien im Streit steht. Die Klägerin bietet öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Konditionen an („License Proposal“). Hierin ist unter anderem eine Lizenzgebühr von 0,75 USD pro Mobilfunkendgerät vorgesehen. Die Beklagten unterbreiteten der Klägerin ein Gegenangebot. Zu dem Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Klägerin kam es nicht.
20Die Beklagten gehören zur I -Gruppe, die sowohl im Bereich der Infrastruktur als auch im Bereich der Mobilfunkendgeräte im Markt für Telekommunikationsnetzwerke tätig ist. Zu ihrem Produktsortiment gehören unter anderem Basisstationen (sog. eNodeBs oder eNB) für den Aus- und Aufbau von Long Term Evolution (LTE)-Netzwerken bzw. sog. 4G-Netzwerken (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) und LTE-fähige Mobilgeräte (sog. UEs; nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II).
21Die Architektur der LTE-Netzwerke ebenso wie die LTE-Fähigkeit der Mobilgeräte ist standardisiert. Daher kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale nach den LTE-Standards. Die streitgegenständliche Technik wird in dem Telekommunikationsstandard 3GPP TS 36.300 Version 8.9.0 (nachfolgend LTE-Standard I), dem Telekommunikationsstandard 3GPP TS 36.331 Version 8.7.0 (nachfolgend LTE-Standard II) und dem Dokument 3GPP TS 36.523-1 Version 12.3.0 (nachfolgend LTE Standard III) behandelt. Die früheste Version des LTE-Standards I, welche sich mit der streitgegenständlichen Technik befasst, ist die Version 8.5.0, die im Juni 2008 veröffentlicht wurde. Bei der frühesten Version des LTE-Standards II, welche die streitgegenständliche Technik betrifft, handelt es sich um die Version 8.3.0, deren Veröffentlichung im September 2008 erfolgte. Die definierten und standardisierten Konformitätstests im LTE-Standard III sind gültig für alle Endgeräte, die 3GPP Releases ab Release 8 umsetzen.
22Der LTE-Standard beschreibt den hier streitgegenständlichen Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (Automatic Neighbour Relation Function = sog. ANR-Funktion). Hierbei handelt es sich um eine einseitige Beziehung zwischen der Ausgangs- bzw. Versorgungszelle (serving cell) und einem oder mehreren Zielzellen. Diese Zielzellen stellen Nachbarzellen dar, die Signale übermitteln, die vom LTE-Mobilgerät empfangen werden können.
23Die Beklagte zu 2) bietet die angegriffene Ausführungsform II in Deutschland an und bringt sie in Verkehr. Die Beklagte zu 1) stellt die angegriffene Ausführungsform I her.
24Geschwärzt und gelöscht
25Die Klägerin behauptet, die Streithelferin habe durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 (nachfolgend ÜV I) einen Teil ihres Patentportfolios – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Patentanmeldung – auf die D übertragen. Der Vertrag sei auf Seiten der Streithelferin von den Damen J und K , auf Seiten der D von Herrn X für die AB L unterschrieben worden. Sämtliche Personen seien vertretungsbefugt gewesen. Für die Damen J und K ergebe sich dies aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Die AB L sei ausweislich des Limited Liability Company Agreement of D die Geschäftsführerin der D gewesen. Diese wiederum habe Herrn X zur Vertretung bevollmächtigt. Die Vollmacht sei von Frau J und Herrn M unterzeichnet worden. Beide seien ausweislich der Registrierungsurkunde der AB L Mitglieder des Vorstandes und gemeinsam zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Die Vertretungsregelungen seien nach schwedischem Recht wirksam. Hierzu verweist die Klägerin auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten der Rechtsanwälte N . Einer besonderen Form habe der Vertrag nicht bedurft. Im Übrigen sei die Schriftform aber auch gewahrt.
26Am 13.02.2013 habe die D die von der Streithelferin erlangten Patente – darunter das Klagepatent bzw. die diesem vorausgegangene Patentanmeldung – auf die Q LLC weiter übertragen (nachfolgend ÜV II). Der Vertrag sei auf Seiten der D von Herrn Han unterzeichnet worden, der aus den vorgenannten Gründen Vertretungsmacht für die AB L , diese wiederum für die D gehabt habe. Für die Q LLC habe den Übertragungsvertrag Herr O unterzeichnet. Dieser sei CEO der Q . Das ergebe sich aus Pressemitteilungen und Proxy Statements. Die Q wiederum sei Geschäftsführerin der Q IP Manager LLC. Diese sei gemeinsam mit der P Gesellschafterin der Q LLC, nachdem die Q IP Manager LLC durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 die Anteile der Q an der Q LLC übernommen habe. Das Interest Assignment Agreement habe auf beiden Seiten Herr O unterzeichnet. Seine Vertretungsbefugnis ergebe sich aus seiner Position als CEO der Q . Die Geschäftsführung der Q LLC sei durch das Amended And Restated Operating Agreement vom 13.02.2013 auf die Q IP Manager LLC übertragen worden. Auch diese Vereinbarung habe Herr O auf beiden Seiten unterzeichnet, wobei er als CEO der Q über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt habe. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Delaware sämtlich zulässig. Die Klägerin verweist insofern auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten des Herrn Professor X II . Auch im Übrigen begegne der Übertragungsvertrag nach dem Recht des Staates Delaware keinen Bedenken. Infolge dieses Vertrages habe die Q LLC am 03.09.2013 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 24.10.2013 antragsgemäß erfolgt sei.
27Am 27.02.2014 habe die Q LLC die Patente – darunter das Klagepatent – auf die Klägerin weiter übertragen (nachfolgend: ÜV III). Die Vereinbarung sei auf Seiten der Q LLC von Herrn R , auf Seiten der Klägerin von Herrn S unterzeichnet worden. Herr R sei CFO der Q und durch das Amended And Restated Operating Agreement vom 13.02.2013 bevollmächtigt worden, die Q LLC bei der Ausführung des MSA zu vertreten. Im Übrigen ergebe sich die Vertretungsbefugnis des Herrn R für die Q LLC auch aus einem Board Meeting der Q vom 10.01.2013. Herr S sei im Rahmen des Board Meetings der Klägerin am 27.02.2014 zum Managing Director ernannt worden und als solcher zur Vertretung der Klägerin befugt. Die dargestellten Vertretungsregelungen seien nach dem Recht des Staates Nevada zulässig. Dies werde durch das von ihr eingeholte Privatgutachten der Kanzlei T bestätigt. Auch im Übrigen begegne der ÜV III nach dem Recht des Staates Nevada keinen Bedenken. Die Klägerin habe am 07.03.2014 die Änderung des Patentregisters beantragt, die – insoweit unstreitig – am 03.07.2014 erfolgt sei.
28Die Klägerin ist weiter der Ansicht, die Beklagten seien passiv legitimiert. Von der Internetseite der Beklagten zu 2) U gelange man über die Reiter „Geschäftskunden“ und „Telekommunikationssysteme“ auf die englisch-sprachige Internetseite der Beklagten zu 1) V , wo man wiederum über den Reiter „Product“ durch Klick auf den Standard „LTE“ zu den Angeboten der eNBs gelange So würden ausdrücklich die eNodeBs als Produkte aufgezählt. Die Beklagten sprächen auf ihren Internetseiten stets in der „Wir“-Form. Es handele sich daher um ein einheitliches Angebot der angegriffenen Ausführungsform I. Auch nach der Umgestaltung der Internetseite der Beklagten zu 2) könne der Nutzer nach „eNodeB“ suchen, wobei er über den HaQ tbegriff „Other“ die Suchergebnisse „eNodeB“, „Stackable eNodeB“ und „LTE eNodeB“ erhalte. Nach Anklicken des Ergebnisses „eNodeB“ gelange man auf eine Seite der Beklagten zu 1), auf welcher die eNodeBs umfangreich und auch mit ausdrücklichem bildlichen Hinweis auf die Verwendbarkeit für den LTE-Standard beworben würden.
29Die Klägerin sieht im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents. Hierzu behauptet sie, dass die angegriffenen Ausführungsformen den Vorgaben des LTE-Standards entsprechen würden.
30Das Klagepatent erfasse mit der Übertragung einer nichteindeutigen Zellenkennungsinformation auch ein Versenden von einzelnen Signalen, die erst zusammengesetzt einen „Sinn“ ergeben würden. So weise das Klagepatent bereits in der Beschreibung für die eindeutige Zellenkennung – wobei hieraus eine Auslegung für beide Verfahrensschritte entnommen werden könne – darauf hin, dass das mobile Endgerät diese Information empfange und dekodiere. Vorher werde die eindeutige Zellenkennung übertragen. Für den Fachmann sei der Dekodierungsvorgang eine Selbstverständlichkeit mit der Folge, dass sodann auch das an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle übertragen werde, was das mobile Endgerät erkannt/entdeckt habe. Gleiches gelte auch für die nichteindeutigen Zelleninformationen.
31Weiterhin verstehe das Klagepatent den Zusammenschluss von zwei eNBs als drahtloses Telekommunikationsnetzwerk. Die Netzressourcen müssten lediglich geeignet und eingerichtet sein, um die beanspruchten Verfahrensschritte ausführen zu können. Dabei genüge es, wenn die Netzressourcen betreibbar seien, mit einer Nachschlagetabelle zusammenzuwirken. Unter dem Finden einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung mit der Netzadresse verstehe das Klagepatent bloß eine Zuordnung, wobei keine spezifischen Anforderungen hieran zu stellen seien. Sie könne auch durch einen Teil der eindeutigen Zellenkennung erfolgen. Die funktionale Einheit der Nachschlagetabelle könne durch den Zusammenschluss mehrerer Geräte verwirklicht werden.
32Die Lehre des Klagepatents werde standardgemäß durch die ANR-Funktion verwirklicht, die auch die angegriffenen Ausführungsformen hätten. Die Unternehmens- gruppe der Beklagten habe die ANR-Funktion ihrer eNBs beworben. Die ANR-Funktion als solche sei darüber hinaus im LTE-Standard zwingend vorgesehen. Dies ergebe sich abgesehen von der eindeutig definierten Wortwahl im Standard zusätzlich durch „Feature GroQ Indicators“, die zwingende LTE-Funktionen listeten und die ANR-Funktion enthielten. Insbesondere der relevante FGI 17 sei bei einer angegriffenen Ausführungsform – dem I BB – positiv getestet und nachgewiesen worden.
33Aus dem LTE-Standard I ergebe sich ausdrücklich, dass die eNB jedes UE anweise, Messungen durchzuführen. Dabei handele es sich um eine dezidierte, an eine ganz bestimmte Mobilstation gerichtete Anweisung. Dies ergebe sich wiederum aus dem LTE-Standard II. Ferner zeige insbesondere der Standard 3GPP TS 36.523-1 V12.3.0, dass ein mobiles LTE-Endgerät als Reaktion auf eine Anweisung einmalig eine eindeutige Kennung melde. Das Abrufen möge zwar über den periodischen BPP htstyp implementiert sein, die Periode sei aber so konfiguriert, dass die ECGI dabei höchstens immer nur ein einziges Mal abgerufen und berichtet werde.
34Im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I sehe der Standard auch das Herstellen einer Transportverbindung durch das Finden in einer Nachschlagetabelle vor. Es genüge hierbei, dass die Netzressource betreibbar sei, mit einer Nachschlagetabelle zusammenzuwirken. Die Nachschlagetabelle könne hierbei in der funktionalen Einheit aus MME und TNL-Adresse speichernder Ziel-eNB gesehen werden. Bei dem Frage-Antwortmechanismus zwischen eNB und MME sende die Ausgangs-eNB zunächst eine eNB-configuration-transfer-Nachricht, die eine Global-eNB-ID enthalte. Die Global eNB-ID sei entweder komplett identisch mit der ECGI oder jedenfalls vollständig von dieser als Unterabschnitt erfasst.
35Hilfsweise sei das Merkmal der Nachschlagetabelle mit äquivalenten Mitteln verwirklicht. Für den Fall, dass die Nachschlagetabelle als Teil des Telekommunikationsnetzes anzusehen sei, sei den Beklagten jedenfalls eine mittelbare Verletzung des Klagepatents vorzuwerfen.
36Die Klägerin hat ursprünglich die Urteilsveröffentlichung verlangt und ihren Auskunftsanspruch ebenfalls auf die Verletzung des in den Ansprüchen 1 und 11 geschützten Verfahrens gestützt.
37Die Klägerin beantragt nunmehr nur noch,
38I.
39die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
401.
41mobile Endgeräte zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen umfasst, in welchen eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden,
42in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
43wobei die Endgeräte eine Steuerung für die Kommunikation mit einer Funkbasisstation umfassen, die eine erste Kommunikationszelle versorgt, wobei die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist: Zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle; und Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle;
44insbesondere wenn
45die mobilen Endgeräte betreibbar sind zum Abrufen der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle und zum Melden der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle an die Basisstation, die die erste Kommunikationszelle versorgt;
46und/oder wenn die zweite Kommunikationszelle der ersten Kommunikationszelle benachbart ist;
47und/oder wenn die Steuerung zum Erkennen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen und zum Melden der eindeutigen Zellenkennungen, wie sie erkannt worden sind, an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar ist;
482.
49drahtlose Telekommunikationsnetze
50in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,
51die eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definieren, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum: Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät; Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle; Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät; Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt;
52insbesondere wenn
53die Netzressourcen weiterhin betreibbar sind zum Empfange der nichteindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
54und/oder wenn die Netzressourcen betreibbar sind zum Empfangen eindeutiger Zellenkennungen für eine Mehrzahl weiterer Kommunikationszellen von dem mobilen Endgerät;
55und/oder wenn die Netzadresse eine IP-Adresse ist;
56und/oder wenn die Netzressourcen durch eine Funkbasisstation bereitgestellt werden;
57wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
58a)
59der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preisen, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
60b)
61der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
62c)
63der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
64d)
65der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
66e)
67der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
68wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
69wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
70II.
71festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
72hilfsweise
73III.
74die Beklagten zu verurteilen, ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 18.01.2014
75im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Funkbasisstationen angeboten und/oder geliefert haben,
76welche dazu geeignet sind, in einem drahtlosen Telekommunikationsnetz, das eine Mehrzahl von Kommunikationszellen definiert, in welchem eine nichteindeutige Zellenkennung und eine eindeutige Zellenkennung übertragen werden, verwendet zu werden, wobei das Netz Netzressourcen umfasst, die betreibbar sind zum Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät; Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle; Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät; Herstellen einer Transportverbindung durch Finden in einer Nachschlagetabelle einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt;
77wobei die Auskunft in Form einer geordneten Aufstellung gegenüber der Klägerin zu erfolgen hat, und zwar, soweit zutreffend, unter Angabe
78a)
79der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Menge, Zeiten, Preise, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;
80b)
81der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
82c)
83der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
84d)
85der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Suchmaschinen und anderer Marketingwerkzeuge, mit Hilfe derer die betroffenen Webseiten einzeln oder gemeinsam registriert wurden, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume jeder Kampagne;
86e)
87der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
88wobei die Beklagten die Richtigkeit ihrer Angaben nach a) und b) belegen müssen, indem sie Belegkopien wie Rechnungen hilfsweise Lieferscheine vorlegen;
89wobei den jeweiligen Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer, der in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sein muss, mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
90IV.
91festzustellen, dass die Beklagten jeweils verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der A durch die vom 18.01.2014 bis zum 26.02.2014 begangenen und der Klägerin durch die seit dem 27.02.2014 begangenen, unter Ziffer III. bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden.
92Die Beklagten beantragen,
93die Klage abzuweisen,
94hilfsweise
95den Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes über die Einsprüche gegen das Klagepatent EP B auszusetzen.
96Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
97Die mit Schriftsatz vom 16.03.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetretene Streithelferin beantragt,
98den Beklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.
99Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation der Klägerin mit Nichtwissen. Die zum ausländischen Recht vorgelegten Privatgutachten seien schon deshalb unbrauchbar, weil der Verweis auf Normen teilweise gänzlich fehle, die zitierten Normen und Entscheidungen nicht beigefügt seien und unklar sei, welche Unterlagen den Gutachtern vorgelegen hätten.
100Die Registereintragung der Klägerin begründe keine Indizwirkung für die materiell-rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent. Denn ausweislich des klägerischen Vortrags sei die D zwischenzeitlich Inhaberin des Klagepatents gewesen; diese sei hingegen nicht im Patentregister eingetragen gewesen. Auch im Übrigen weise der Vortrag der Klägerin zu den behaupteten Patentübertragungen Unschlüssigkeiten auf. Insofern sei der Erfahrungssatz, das die Registerlage regelmäßig die materielle Rechtslage widergebe, erschüttert. Die Eintragung des Klagepatents im Patentregister habe keine konstitutive Wirkung. Die Wirksamkeit der Abtretungen der Patentanmeldung sei vielmehr Voraussetzung für die materiell rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent.
101Im Übrigen sind die Beklagten der Auffassung, die Streithelferin habe bei der Umsetzung des MSA sowohl gegen die Vorschriften der Fusionskontrolle (§§ 35-42 GWB) als auch gegen das Verbot der Wettbewerbsbeschränkung (Art. 101, 102 AEUV) verstoßen.
102Bei der mit dem MSA vereinbarten Transaktion handele es sich um einen Zusammenschluss im Sinne von § 37 GWB, der beim Bundeskartellamt hätte angemeldet werden müssen. Dies ist – insoweit unstreitig – nicht geschehen.
103Die Übertragung des Patentportfolios von der W Unternehmensgruppe an die Q Unternehmensgruppe stelle einen Vermögenserwerb im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB dar. Denn bei den übertragenen Patenten handele es sich um einen wesentlichen Teil des Vermögens von W . Sie seien die wesentliche Grundlage für die Stellung von W auf dem relevanten Markt. Ihre Übertragung sei geeignet, die Marktstellung von W auf Q zu übertragen. Insofern stelle jedes SEP einen selbständigen, relevanten Produktmarkt dar, auf dem der Patentinhaber Lizenzen zur Nutzung seiner geschützten Technologie durch Lizenznehmer vergebe. Jedes der nach dem MSA zu übertragenden Patente habe W eine marktbeherrschende Stellung und einen Marktanteil von 100% auf jedem der relevanten Märkte für die Lizensierung der einzelnen SEPs verschafft. Durch die Übertragung der Patente habe Q in die Monopolstellung von W eintreten sollen.
104Zudem hätten W und Q durch den MSA die gemeinsame Kontrolle im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 b) GWB über Q LLC erlangt. Denn W und Q hätten bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Organe von Q LLC gehabt. Dies ergebe sich aus Ziffer 6.1 (y) des MSA, wonach Q LLC nicht ohne die Zustimmung von W jemand anderen als die Q IP Manager LLC zum Geschäftsführer bestimmen dürfe. Weitere Vetorechte in den Ziffern 6.1 (a) bis (z) würden den bestimmenden Einfluss von W auf Q LLC verstärken.
105Die Umsatzschwellen des § 35 GWB seien überschritten. Der weltweite Umsatz allein von W habe im Jahr 2012 etwa 26,17 Mrd. EUR betragen Davon entfalle ein Betrag von mehr als 25 Mio. EUR auf Deutschland Mit den übertragenen Patenten seien im Jahr 2012 Umsatzerlöse in Deutschland in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt worden. Hierbei seien auch die Patente zu berücksichtigen, die noch nicht abgetreten worden seien, nach dem MSA aber in den nächsten Jahren abgetreten werden sollen (vgl. Ziffer 6.3 des MSA). Das MSA belege, dass die Vertragsparteien selbst den Wert der von der Vereinbarung umfassten Patente auf mindestens 1,05 Milliarden USD geschätzt hätten (vgl. Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA). Der tatsächliche Wert sei sogar höher. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die übertragenen Patente in bis zu acht Jahren ab Übertragung auslaufen würden und dass der deutsche Mobilfunkmarkt etwa fünf Prozent des weltweiten Marktes ausmache, werde deutlich, dass mit der Lizensierung des übertragenden Patentportfolios im Jahr 2012 in Deutschland ein Umsatz von mindestens 6,56 Mio. USD erzielt worden sei (5 % von 1,05 Milliarden USD geteilt durch 8 Jahre). Dies entspreche einem Betrag von 5,1 Mio. EUR. Ähnliches ergebe sich auch unter Berücksichtigung des „License Proposal“ der Klägerin. Hiernach sei pro Mobilfunkendgerät ein Betrag von 0,75 USD zu zahlen. Im Jahr 2012 seien nach den von der Streithelferin vorgelegten Marktstudien in Deutschland 30,4 Mio. Endgeräte abgesetzt worden. Hieraus würden sich Lizenzeinnahmen im Jahr 2012 von 22,8 Mio. USD errechnen. Der Klägerin obliege insofern eine sekundäre Beweislast, da den Beklagten mangels Kenntnis der konkreten Umsatzzahlen der Streithelferin näherer Vortrag nicht möglich sei.
106Im Übrigen stelle das MSA eine wettbewerbswidrige Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne des Art. 101 Abs. 1 AEUV dar.
107W und Q hätten bezweckt, durch die Aufspaltung des Patentportfolios die ETSI-Regeln zu umgehen und die Lizenzeinnahmen auf ein oberhalb von FRAND liegendes („SQ ra-FRAND“) Niveau anzuheben. Dies werde durch die künstliche Schaffung eines zusätzlichen Handelspartners erreicht, der zudem als reine Patentverwertungsgesellschaft nicht durch die Notwendigkeit, Kreuzlizenzen an standardessentiellen Patenten anderer Wettbewerber zu nehmen, eingeschränkt sei. Hierdurch entstehe ein Verhandlungsungleichgewicht zu Gunsten von W und Q , das zu höheren Lizenzgebühren am Markt führen werde.
108Zudem sehe das MSA in Ziffer 3.4 wettbewerbswidrige Mindestlizenzgebühren vor und enthalte daher eine unzulässige Preisbindung. Für die Übertragung der Patente sei – insoweit unstreitig – nicht etwa ein fester Kaufpreis vereinbart worden, sondern der „Kaufpreis“ sei gemäß Ziffer 3.2 des MSA als Anteil an den Bruttolizenzeinnahmen von Q LLC zu zahlen. Dabei werde durch die einzelnen Regelungen des MSA erheblicher Druck auf Q LLC ausgeübt, die zu vereinbarenden Lizenzen möglichst zu maximieren. Dies ergebe sich zum einen aus Ziffer 3.4., wonach Q LLC verpflichtet sei, von seinen Lizenznehmern bestimmte Mindestlizenzgebühren (sog. Applicable Royalty Rate) zu verlangen. Andernfalls werde eine Strafzahlung fällig. Eine solche werde nach den Ziffern 3.3 und 8.13 (c) des MSA auch fällig, wenn Q LLC ohne Zustimmung von W seine Kontrollstrukturen ändere. Die Drohung mit einer erheblichen Zahlungsverpflichtung begründe für Q LLC einen Anreiz, bei potenziellen Lizenznehmern die höchstmöglichen Lizenzgebühren zu erzielen. Q LLC sei dadurch massiv in seiner Preissetzungsfreiheit beschränkt. Hierin liege eine „Kernbeschränkung“, die ungeachtet der Tatsache, ob sie in horizontalen oder vertikalen Vereinbarungen enthalten sei, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung darstelle.
109Desweiteren bewirke das MSA einen unzulässigen Informationsaustausch, zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin. Diese seien Wettbewerber in der Vergabe von Lizenzen. Das MSA gewähre der Nebenintervenientin Einblicke in wesentliche, auch wettbewerblich sensible Geschäftsvorfälle der Klägerin, die die Nebenintervenientin dazu ausnutzen könne, ihr eigenes Marktverhalten entsprechend anzQ assen.
110Aufgrund des Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV sei das MSA gemäß Art. 102 Abs. 2 AEUV insgesamt nichtig. Die Unwirksamkeit des MSA erstrecke sich auch auf die nachfolgenden Vollzughandlungen – d.h. die Übertragungsverträge – da diese unmittelbar mit der Beschränkung des Wettbewerbs verbunden seien. Die in Ziffer 8.9 des MSA enthaltene salvatorische Klausel stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Beschränkung der Preisgestaltung könne vernünftigerweise nicht vom MSA im Übrigen getrennt werden; das MSA wäre ohne die Art. 101 AEUV verletzenden Bestimmungen nicht geschlossen und vollzogen worden.
111Das MSA und sein Vollzug würden zudem gegen Art. 102 AEUV verstoßen. Die Streithelferin habe ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem sie ihr Patentportfolio künstlich aufgespalten habe. Dies habe der Umgehung der FRAND-Verpflichtung gedient mit dem Ziel, die Lizenzeinnahmen auf ein über FRAND liegendes Niveau anzuheben. Rechtsfolge sei die Nichtigkeit des MSA und der Übertragungsverträge gemäß § 134 BGB i.V.m. Art. 102 AEUV.
112Die Beklagten behaupten ferner, die Beklagte zu 2) habe die angegriffene Ausführungsform I auf dem deutschen Markt weder vertrieben, angeboten noch in Verkehr gebracht. Sie habe keinen Besitz an eNB und liefere diese nicht. Die seitens der Klägerin vorgelegten Ausdrucke der Webseite belegten kein Anbieten drahtloser Telekommunikationsnetze. Die Verlinkung „Geschäftskunden“ und „Telekommunikationssysteme“ führe – unstreitig – auf die Webseite der Beklagten zu 1). Dabei handele es sich nur um das Aufzeigen bloßer Bezugsmöglichkeiten. Durch das „Durchklicken“ durch diverse Untermenüs und spätestens, wenn sich das neue Fenster mit geänderter Sprache öffne, sei für den Nutzer offensichtlich, dass er das Internetangebot der Beklagten zu 2) verlassen habe. Bei der neugestalten Internetseite sei das Ergebnis der Suche nach „eNodeB“ allenfalls ein Hinweis auf die Leistungen des ausländischen Mutterkonzerns. Zudem biete die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform II nicht an.
113Die Beklagten sind weiter der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen würden von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen. In diesem Zusammenhang bestreiten sie die mit dem I BB durchgeführten Tests mit Nichtwissen.
114In Anspruch 6 gehe das Klagepatent von einem Verständnis aus, nach dem die Kennung als solche im Telekommunikationssystem übertragen werde. Bereits im Stand der Technik sei es bekannt gewesen, einen Cell Global Identifier (CGI; zusammengesetzt aus der Cell Identity (Cl) und der Location Area Identity (LAI)) zu übertragen. Allein die Cl hätte eine sehr hohe Anzahl möglicher Werte (65.535), was bedeute, dass für viele Netzwerkbetreiber jeder Wert nur einmal innerhalb ihres eigenen Netzes auftauchen werde. Unter Einbeziehung des Location Area Code (LAC), des Mobile Country Code (MCC) und Mobile Network Code (MNC) ergebe sich eine Gesamtbitzahl für die CGI in GSM von 38, was zu 238 verschiedenen Werten führe. Ähnliches gelte für UMTS, bei dem man letztlich auf 252 Werte gekommen sei. Das seitens des Klagepatents geschilderte Problem sei daher nicht aufgetreten. Das zu lösende Problem bestehe nur noch in der vollständig automatischen Erstellung und Aktualisierung einer Nachbarzellenliste, weil es dafür menschlicher Eingriffe bedurfte.
115Unter einer eindeutigen Zellenkennung verstehe der Fachmann immer einen relativen, zweckbezogenen Zusammenhang: Sie sei dann eindeutig, wenn sie die in dem fraglichen Kontext erforderliche zweifelsfreie Erkennung der Zelle ermögliche. Dieses allgemeine Verständnis sei aus dem Stand der Technik geprägt. Dass das Klagepatent sich hiervon habe entfernen wollen hin zu einer absolut verstandenen Eindeutigkeit, sei nicht ersichtlich.
116Anspruch 17 beanspruche ein drahtloses Telekommunikationsnetz, welches lediglich aus Funknetzwerk und Mobilbasisstationen bestehe. Relevant für das Finden der Übereinstimmung sei die Zellenkennung selbst, nicht nur ein relevanter Teil. Dabei müsse die Netzressource selbst die entsprechende Fähigkeit der Herstellung einer Transportverbindung durch Finden einer Übereinstimmung in der Nachschlagetabelle aufweisen.
117Vor diesem Hintergrund würden die beiden angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent nicht verletzen. Nach dem LTE-Standard gebe es keine nichteindeutige Kennung einer Zelle, die direkt als solche vom Netzwerk übertragen werde. Sie sei vielmehr das Ergebnis einer Rechenoperation, jedoch nicht in den Signalen, die die Mobilstation auswerte, existent. Nach dem LTE-Standard komme den Signalen PSS und SSS die primäre Bedeutung zu, dass die Mobilstation auf das Signal der Basisstation synchronisiere. Beide Signale müssten zuvor demoduliert und decodiert werden. Anders als im GSM- und UMTS-Standard, wo die Zellenkennung auf der BSIC bzw. auf dem CPICH empfangenen Signal erkannt werde, werde die PCI im LTE-Standard errechnet.
118Ferner sehe der LTE-Standard keine anspruchsgemäße Anweisung vor, die vom Netzwerk an eine Mobilstation gesendet werde. Es gebe nur eine Konfiguration von Messungen, indem Messobjekte (measurement objects) und BPP htsanforderungen (reporting configurations) konfiguriert würden. Objekt und BPP ht würden verknüpft und diese Verknüpfung einer measurement identity zugewiesen. Die reporting configurations würden durch den Parameter, der die BPP htspflicht (reporting criterion) auslöst, und zum anderen durch das Format definiert. Das reporting criterion könne vorgangsbasiert oder periodisch sein. Nur für periodische BPP hte sei vorgesehen, dass der Zweck des MessbPP htes entweder auf reportStrongestCells oder auf reportCGI festgelegt sein könne. An die Durchführung der Messung schließe sich eine Prüfung an, ob für die betreffende measurement identity der MessbPP ht ausgelöst worden sei. Ein solches auslösendes Ereignis sei, wenn die verknüpfte reporting criteria auf periodische BPP hte eingestellt sei, und einen Zweck enthalte, der auf reportCGI gesetzt sei und, dass die Mobilstation tatsächlich Informationen über die globale Zellenkennung habe erlangen können. Nach der Prüfung des auslösenden Ereignisses folge der Versand des MessbPP hts für all diejenigen measurementidentities, für die ein BPP ht ausgelöst worden sei.
119Standardgemäß sei es nicht vorgesehen, dass ein eNB die Netzadresse eines benachbarten eNB anhand einer Nachschlagetabelle bestimme. Der LTE-Standard sehe einen Abfragemechanismus vor, bei dem die Netzadresse erfragt werde. Es werde keine eindeutige Zellenkennung verwendet, um die Netzadresse des benachbarten eNBs zu ermitteln. Die TNL-Adresse werde durch einen Frage-Antwort-Mechanismus festgestellt, wobei die Kandidaten-eNB eine „eNB ID“ verwende. Beteiligt hierbei sei die MME, die jedoch kein Bestandteil des Funkzugangsnetzes darstelle und somit nicht Bestandteil des drahtlosen Telekommunikationsnetzes sei. Die eNB-ID sei im Übrigen keine ECGI. Das MME übernehme lediglich eine Relay-Funktion. Diese Weiterleitungsfunktion mache die MME mit der Ziel-eNB nicht zu einer funktionalen Einheit. Die MME bearbeite die vom Ursprungs-eNB gesendete Information dementsprechend nicht, sondern reiche diese transparent an die Ziel-eNB durch. Gleiches gelte auch für die Antwort der Ziel-eNB an die Ursprungs-eNB. Ferner werde auch keine Nachschlagetabelle verwendet, sondern die Netzadresse des zweiten eNB werde über Vermittlung der MME bei diesem abgefragt.
120Eine etwaige äquivalente Benutzung scheide mangels Gleichwirkung eines Abfragemechanismus mit einem bloßen Nachschlagen aus. Ebenso fehle es an der Gleichwertigkeit.
121Auch eine mittelbare Verletzung scheide aus. Bei der angegriffenen Ausführungsform I handele es sich nicht um Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, da sich im gesamten LTE-Standard keine patentgemäße Nachschlagetabelle finden lasse.
122Geschwärzt und gelöscht
123Im Übrigen stehe der Durchsetzung der mit der Klage verfolgten Ansprüche der Lizenzeinwand aus Art. 102 AEUV entgegen. Die Beklagten würden sich in ernsthaften Verhandlungen mit der Klägerin über eine Lizenz am Klagepatent befinden. Zu diesem Zweck hätten mehrfach Treffen stattgefunden und es sei detailliert die mögliche Gestaltung eines solchen Lizenzvertrags diskutiert worden. Soweit die Klägerin öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Konditionen anbiete („License Proposal“), enthalte das Angebot nicht die erforderlichen Grundlagen zur Berechnung der Lizenzgebühr und stelle zudem eine Diskriminierung der Beklagten dar, weil nicht berücksichtigt werde, dass diese bereits in der Vergangenheit über eine Lizenz verfügt hätten. Sie – die Beklagten – hätten der Klägerin ein Gegenangebot unterbreitet, das FRAND-Bedingungen entspreche. Aufgrund vertraglicher Geheimhaltungsverpflichtungen könnten hierzu allerdings keine näheren Angaben gemacht werden.
124Jedenfalls aber sei das Verfahren auszusetzen. Das Klagepatent werde sich als nicht rechtsbeständig erweisen. Sowohl die Beklagten als auch die Beklagten aus den Parallelverfahren 4b O 52/14 und 4b O 157/14 sind der Ansicht, der Gegenstand des Klagepatents sei unzulässig erweitert bzw. die geschützte technische Lehre nicht ausführbar und werde überdies neuheitsschädlich von diversen Entgegenhaltungen offenbart. Jedenfalls fehle es ihm an der nötigen Erfindungshöhe.
125Die Klägerin und die Streithelferin treten den kartellrechtlichen Einwänden der Beklagten entgegen.
126Die Nebenintervenientin behauptet, sie habe für ihr umfangreiches Patentportfolio auf dem Markt keine angemessenen Lizenzgebühren mehr erzielen können. Dies sei der Grund für den Abschluss des MSA gewesen. Es sei ihr legitimes Ziel gewesen, durch die Aufspaltung des Portfolios einen faireren Ausgleich für die von ihr geleistete Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu erlangen. Diese sei immens. Sie investiere jährlich etwa 4 Milliarden USD in diesen Bereich und beschäftige dort mehr als 25.000 Mitarbeiter. Ein großer Teil der Aktivitäten sei dabei der Entwicklung von offenen Mobilfunkstandards gewidmet. Etwa 40 % des weltweiten mobilen Datenverkehrs verlaufe durch Netzwerke, die von ihr bereitgestellt würden. Als Ergebnis ihrer umfangreichen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit halte sie mittlerweile ein Portfolio von über 37.000 erteilten Patenten. Hinzu komme die jährliche Erteilung von weiteren etwa 2.000 Patenten. Eine Vielzahl dieser Patente sei wesentlich für die bedeutenden Standards, die von modernen Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt würden. Sie habe in der Vergangenheit eine Vielzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Die Einnahmen aus diesen Verträgen seien ein notwendiger Anreiz, um weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren.
127Dabei setze sie – die Streithelferin – sich vehement für die Implementierung der FRAND-Prinzipien ein. Ihr uneingeschränktes Bekenntnis zu der Einhaltung und Umsetzung der FRAND-Prinzipien habe auch beim Abschluss des MSA eine wesentliche Rolle gespielt. Dies zeige sich an verschiedenen Stellen des Vertrages, etwa in den Ziffern 6.1 (x), 6.7 (a), 6.7 (b), 6.12, 6.14 (a), 6.14 (b). Auch im PSA sei in Ziffer 5.4 eine entsprechende Regelung getroffen worden.
128Immer mehr potenzielle Lizenznehmer würden demgegenüber die Möglichkeit des „Hold-out“ nutzen, d.h. die geschützte Technologie ohne bestehenden Lizenzvertrag nutzen und darauf warten, vom Patentinhaber verklagt zu werden. Dies geschehe in dem Wissen, dass solche Verfahren nur Patent für Patent und Land für Land durchgeführt werden könnten und entsprechend lange Zeit benötigten. An ernsthaften Lizenzvertragsverhandlungen seien diese Marktteilnehmer nicht interessiert.
129Das MSA verstoße nicht gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften. Es sei schon kein Zusammenschlusstatbestand erfüllt.
130Die übertragenen Patente würden keinen wesentlichen Vermögensteil darstellen. Denn der Erwerb des Patentportfolios sei nicht geeignet gewesen, eine vorhandene Marktstellung auf Q LLC zu übertragen. Vielmehr müsse Q LLC bzw. die Klägerin sich ihre Marktstellung von Grund auf selbst erarbeiten. Die Übernahme bestehender Lizenzverträge an den übertragenen Patenten sei – insoweit unstreitig - gerade nicht Gegenstand des MSA gewesen. Q LLC habe vielmehr „nackte“ Vermögenswerte und gerade keinen Geschäftsbereich erworben.
131Auch ein Kontrollerwerb über Q LLC sei nicht gegeben. Hintergrund der beanstandeten Regelungen sei es gewesen, den Kaufpreis zu sichern und zugleich sicherzustellen, dass sich Q LLC bzw. deren Rechtsnachfolger an die FRAND-Verpflichtung halte. Ein Einfluss auf das Wettbewerbspotential von Q LLC sei weder bezweckt gewesen noch durch das MSA erreicht worden.
132Im Übrigen seien die Umsatzschwellen des § 35 GWB nicht überschritten. Für die Annahme, die Umsätze von Q LLC in Deutschland im Jahr 2012 hätten 5 Millionen Euro überschritten, gebe es keinerlei Anhaltspunkte.
133Nur hilfsweise weist die Streithelferin außerdem darauf hin, dass ein Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften jedenfalls nicht die Unwirksamkeit der Patentübertragungen zur Folge hätte. § 41 Abs. 1 S. 2 GWB beschränke die Nichtigkeitsfolge vielmehr auf dasjenige Rechtsgeschäft, das gegen das Vollzugsverbot verstoße. Im Übrigen bleibe das MSA und erst Recht die nachfolgenden Patentübertragungen wirksam.
134Das MSA enthalte auch keine unzulässige Preisbindung. Die Vereinbarung einer „Applicable Royalty Rate“ stelle nicht die Festlegung einer Mindestlizenzgebühr dar, sondern sei lediglich Hilfsmittel, um die Zahlung eines angemessenen Kaufpreises für die übertragenen Patente sicherzustellen. Die Klägerin sei frei, mit ihren potentiellen Lizenznehmern jedwede Lizenzgebühr auszuhandeln. Dabei sei sie allein kaufmännischen Erwägungen unterworfen. Der Anreiz für die Klägerin, die „Applicable Royalty Rate“ nicht zu unterschreiten, sei vergleichbar mit dem Anreiz für jeden Großhändler, bei einem Weiterverkauf der Waren nicht deren Einkaufspreis zu unterschreiten. Hierin liege keine kartellrechtswidrige Preisfestsetzung.
135Schließlich verstoße das MSA nicht gegen Art. 101 AEUV oder Art. 102 AEUV. Es sei – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – keineswegs Sinn und Zweck des MSA gewesen, die Lizenzgebühren auf ein über FRAND liegendes Niveau zu erhöhen. Vielmehr hätten sowohl Q LLC als auch die Klägerin – insoweit unstreitig – entsprechend den Regelungen im MSA und PSA eigene FRAND-Erklärungen abgegeben, um sicherzustellen, dass die FRAND-Prinzipien eingehalten würden. Der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine Patentverwertungsgesellschaft handele, könne keinen Unterschied machen. Ein Recht auf einen bestimmten Lizenzgeber gewähre das Kartellrecht nicht.
136Der Kartellrechtseinwand der Beklagten könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil mit der Klage keine Unterlassung, sondern ausschließlich Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend gemacht werde. Auf diese Ansprüche finde Art. 102 AEUV keine Anwendung. Insofern sei auch keine Beschränkung der Schadensersatzpflicht auf eine angemessene Lizenzgebühr gerechtfertigt. Die Beklagten hätten nämlich gerade kein annahmefähiges Angebot abgegeben, geschweige denn Sicherheit geleistet.
137Mit Zwischenurteil vom 29.07.2014 hat die Kammer den Antrag der Beklagten zu 2) auf Leistung der Prozesskostensicherheit durch die Klägerin zurückgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
138Das GPP ht hat Beweis erhoben unter anderem durch die Vernehmung der Zeugen J , M , X , K , O , R , Y und X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen. Die Akten 4b O 52/14, 4b O 51/14, 4b O 122/14, 4b O 156/14, 4b O 157/14, 4b O 49/14, 4b O 154/14 und 4b O 120/14 wurden beigezogen und waren ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
139Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2015, 01.12.2015, 03.12.2015 und 10.12.2015 Bezug genommen.
140Entscheidungsgründe
141Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
142Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, allerdings nur soweit Klagepatentanspruch 6 betroffen ist. Hinsichtlich des Klagepatentanspruchs 17 lässt sich eine Verletzung des Klagepatents nicht feststellen. Die Beklagte zu 1) ist nicht passiv legitimiert. Eine Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits sieht die Kammer nicht .
143I.
144Die Klägerin ist zur Geltendmachung der mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung aktiv legitimiert.
145Für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit maßgeblich ist nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 1781; OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 18737). Soweit Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, ist die vorgenannte Differenzierung ohne Belang, weil die Beklagte nicht zur Unterlassung gegenüber einem bestimmten Berechtigten, sondern zur Unterlassung schlechthin verurteilt wird (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren; vgl. auch Pitz, GRUR 2010, 688, 689). Soweit allerdings – wie im Streitfall - Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, stehen diese nur dem jeweils materiell berechtigten Patentrechtsinhaber zu.
1461.
147Die Erteilung des Patents und dessen Eintragung im Register zugunsten eines bestimmten Inhabers lässt das Recht aus dem Patent originär in der Person des eingetragenen Inhabers entstehen.
148Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) unterscheidet in einer dem nationalen Recht (vgl. die Aufzählung in § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG) grundsätzlich vergleichbaren Weise zwischen drei Kategorien von Rechten, die aus einer Erfindung resultieren können. Das im deutschen Recht in der Vorschrift des § 6 PatG geregelte „Recht auf das Patent” beschreibt in materieller Hinsicht die Gesamtheit der aus der Erfindung herrührenden Rechte. Diese erste Kategorie erfindungsbezogener Rechte kennt auch das EPÜ, indem es in seinem Art.60 Abs. 1 Satz 1 das „Recht auf das europäische Patent” dem Erfinder (bzw. seinem Rechtsnachfolger) zuweist. Die zweite Kategorie beschreibt das „Recht aus der Patentanmeldung” (den „Anspruch auf Erteilung des Patents”, wie § 15 Abs. 1 Satz 1 PatG es nennt), mithin die durch die Anmeldung begründete und damit formale Rechtsposition des Anmelders eines Patents. In Bezug auf dieses Recht aus der Patentanmeldung fingiert Art. 60 Abs. 3 EPÜ im Verfahren vor dem EPA, dass der Anmelder berechtigt ist, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen. Die dritte Kategorie schließlich betrifft das Recht aus dem Patent, das in seinen Rechtswirkungen im nationalen Recht in den §§ 9 und 10 PatG geregelt und im EPÜ in Art. 64 genannt ist (vgl. hierzu: LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347 ff.).
149Die in Art. 60 Abs. 3 EPÜ normierte Fiktion hinsichtlich des Rechts aus der Patentanmeldung, die im nationalen Recht in § 7 Abs. 1 PatG geregelt ist, bewirkt in der dritten Kategorie das Entstehen des Rechts aus dem Patent in der Person des Anmeldenden (vgl. hierzu auch: Benkard/Mellulis, Europäisches Patentübereinkommen, 2. Auflage 2012, Art. 60 Rn 28; eindeutiger: Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Dieser wird originärer Inhaber des Rechts aus dem Patent und insofern nicht nur formell, sondern auch materiell Berechtigter hinsichtlich sämtlicher Rechte aus dem Patent (OLG Düsseldorf, BB 1970, 1110; kürzlich bestätigt durch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2015, Az.: I-2 U 25/10; Benkard/Mellulis, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 7 Rn 2). Ist der Anmeldende weder der Erfinder noch dessen (unmittelbarer oder mittelbarer) Rechtsnachfolger, ist er gemäß Art. II § 5 Abs. 2 IntPatÜ bzw. § 8 S. 2 PatG dem sachlich Berechtigten gegenüber zur Übertragung des Patents verpflichtet. Bis dahin jedoch hat er gegenüber Dritten die Stellung des materiell berechtigten Inhabers am Patent und kann sämtliche Ansprüche aus dem Patent geltend machen.
150Durch die Erteilung des Klagepatents am 13.11.2013 ist das Recht aus dem Patent formell und materiell in der Person der Q LLC entstanden.
151Aus der Entscheidung „Magazinbildwerfer“ des Bundesgerichtshofs vom 23.06.1992 (GRUR 1993, 69) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung hat sich der BGH nicht mit der Frage befasst, welche Rechtswirkungen die Erteilung eines Patents durch das Europäische Patentamt hat. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass der BGH trotz der zwischenzeitlichen Erteilung des Patents die Wirksamkeit der Übertragung der vorausgehenden Patentanmeldung geprüft hat, hergeleitet werden, dass der Anmelder mit der Erteilung des Patents nicht originär Inhaber des Schutzrechts wird. Denn der vom BGH zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich vom Streitfall dadurch, dass die vom Patentinhaber beklagte Partei – die dortige Beklagte zu 1) – eingewandt hat, selbst Inhaberin der Patentanmeldung gewesen zu sein, so dass sie den vom eingetragenen Inhaber geltend gemachten Ansprüchen unter Umständen entsprechende Gegenrechte entgegenhalten konnte (dolo-agit-Einwand). Dies steht im Streitfall hingegen nicht in Rede.
1522.
153Hinsichtlich der (wirksamen) Übertragung des Klagepatents von der Q LLC an die Klägerin mit Übertragungsvertrag vom 27.04.2014 begründet die Eintragung der Klägerin im Register eine tatsächliche Vermutung.
154Insofern ist anerkannt, dass für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dem Patentregister in aller Regel eine erhebliche Indizwirkung zukommt (BGH, GRUR 2013, 713 ff. – Fräsverfahren). Nach § 30 Abs. 3 S. 1 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird, wobei jeder Nachweis erkennen lassen muss, dass der bisherige Schutzrechtsinhaber mit dem Übergang der daraus folgenden Rechte auf den neuen Inhaber einverstanden ist. Gemäß § 28 Abs. 2 DPMAV muss der bisherige Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreiben oder der Rechtsnachfolger muss eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegen. Dies begründet eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt (BGH, GRUR 2013, 713, 717 – Fräsverfahren). Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft, solange nicht konkrete Anhaltspunkte ersichtlich sind oder vom Gegner aufgezeigt werden, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
155Selbst wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – annehmen wollte, dass die Erteilung des Patents in der Person der Q LLC keine konstitutive Wirkung hatte, würde die Indizwirkung des Registers für die Klägerin streiten. Insbesondere steht der Indizwirkung nicht entgegen, dass im Rahmen der Übertragung der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung ein Zwischenerwerber in der von der Klägerin vorgetragenen Übertragungskette, nämlich die Z , nicht im Patentregister eingetragen war. Die Kammer folgt zwar nicht der Auffassung des LG Mannheim, wonach die Nichteintragung eines Zwischenerwerbers im Patentregister generell unbeachtlich sein soll (vgl.: LG Mannheim, Urteil vom 10.03.2015 - Aktenzeichen 2 O 103/14, BeckRS 2015, 15918 für den Zwischenerwerb an einem Patent), im vorliegenden Fall reichen die von der Klägerin zur Übertragungskette vorgetragenen Details – im Hinblick auf den nichteingetragenen Zwischenerwerb der D – aber jedenfalls nicht aus, die Vermutungswirkung des Patentregisters zu erschüttern. Denn die Übertragungskette war nach dem Vortrag der Klägerin zwischen sämtlichen Parteien von vornherein abgestimmt und die D gerade einmal für einen Zeitraum von zwei Tagen Inhaberin der dem Klagepatent vorausgegangenen Patentanmeldung. Die Eintragung der Z , die von vornherein nur als Zwischenerwerberin fungieren sollte, wäre reine Förmelei gewesen. Insofern genügt die Eintragung der Q LLC im Patentregister, um dessen Indizwirkung zu erhalten.
1563.
157Die insoweit bestehende Vermutung hinsichtlich der Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent wird bestätigt durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 27.11.2015 und 01.12.2015 durchgeführte Zeugenvernehmung. Hiernach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Q LLC das Klagepatent durch Patentübertragungsvertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin übertragen hat (nachfolgend: ÜV III).
158Nur äußerst hilfsweise für den Fall, dass man der Erteilung des Patents im Hinblick auf die materielle Berechtigung keine rechtsbegründende Wirkung beimessen wollte, stellt die Kammer fest, dass aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch zu ihrer Überzeugung feststeht, dass die Streithelferin die das Klagepatent betreffende Anmeldung durch Übertragungsvertrag vom 11.02.2013 an die D übertragen hat (nachfolgend: ÜV I), die diese sodann durch Übertragungsvertrag vom 13.02.2013 an die Q LLC weiter übertragen hat (nachfolgend: ÜV II).
159a) Grundsätze
160Für die Entstehung, die Rechteinhaberschaft, den Bestand und die Übertragung des Patents gilt das Schutzlandprinzip (lex loci protectionis). Dieses ist zwingend und einer abweichenden Rechtswahl der Parteien nicht zugänglich. Die Anknüpfung an das Schutzlandprinzip bedeutet, dass für die Anforderungen an die Übertragung eines Patents das Recht desjenigen Staates heranzuziehen ist, in dem das Patent seinen territorialen Schutz entfaltet (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.). Entsprechend ist vorliegend, da der deutsche Teil eines europäischen Patents im Streit steht, die Wirksamkeit der vorgetragenen Patentübertragungen nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass von den Übertragungsverträgen zugleich weitere ausländische Schutzrechte umfasst waren (vgl.: OLG München, GRUR-RR 2006, 130).
161aa)
162Mangels besonderer gesetzlicher Vorgaben kann die Übertragung eines Patents im deutschen Recht durch schlichte Übereinkunft zwischen dem bisherigen Inhaber und dem in Aussicht genommenen Patenterwerber erfolgen. Der Einhaltung einer besonderen Form bedarf es gemäß Art. 72 EPÜ nur für europäische Patentanmeldungen (LG Düsseldorf, GRUR Int. 2007, 347, 350 – Medizinisches Instrument). Für die Übertragung dieser Patentanmeldungen erfordert Art. 72 EPÜ aus Gründen der Rechtsklarheit die Schriftform. Für das EPA soll aus lediglich einer einheitlichen Urkunde nachvollziehbar sein, dass und an wen eine Übertragung der europäischen Patentanmeldung stattgefunden hat und ob diese Übertragung - etwa im Hinblick auf die Vertretungsbefugnis der tatsächlich handelnden Personen - wirksam zustande gekommen ist. Durch die Schriftform soll ermöglicht werden, die materielle Berechtigung an der Patentanmeldung vertragsweit auf einfache und zugleich sichere Weise feststellen zu können (vgl. BGH, GRUR 1992, 692, 693 - Magazinbildwerfer). Die Schriftform steht im Zusammenhang mit der auch im Übrigen vorgesehenen Schriftlichkeit im Verfahren gegenüber dem EPA (vgl. etwa Art. 99 Abs. 1 Satz 2, Art. 108 Satz 1, Art. 121 Abs. 2 EPÜ).
163Das Erfordernis der Schriftform nach Art. 72 EPÜ geht Formerfordernissen des nationalen Rechtsvor, da Art. 72 EPÜ die Frage der Form der Übertragung der europäischen Patentanmeldung abschließend regelt. Die schriftliche Vereinbarung im Sinne des Art. 72 EPÜ muss das Schutzrecht bezeichnen, den Willen zu dessen Übertragung wiedergeben und jedenfalls auch insoweit die Unterschrift der beiden Vertragsparteien tragen (BGH, GRUR Int. 1993, 548 ff. – Magazinbildwerfer). Für die Einhaltung der Schriftform des Art. 72 EPÜ ist es nicht unbedingt erforderlich, dass die Unterschrift auf jeder Seite eines mehrseitigen Dokuments steht. Erforderlich ist nur, dass der auf mehreren Seiten stehende Text den Willen der unterzeichnenden Personen darstellt und entsprechend von der Unterschrift gedeckt ist (Fitzner/Lutz/Bodewig/Heinrich, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, Art. 72 EPÜ Rn 6). Dies kann nicht nur durch eine Unterschrift/Paraphierung auf jeder Seite des Vertrages oder eine Heftung oder ähnlich feste Verbindung der einzelnen Vertragsseiten deutlich gemacht werden, sondern auch mittels einer Beweiserhebung – etwa durch die Vernehmung von Zeugen – geklärt werden.
164bb)
165Ob ein bestimmter über das Klagepatent abgeschlossener Vertrag dessen materielle Übertragung zum Gegenstand hat, ist im Streitfall durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ist nach denjenigen gesetzlichen Regeln vorzunehmen, die das Vertragsstatut vorgibt. Haben für die Parteien des Übertragungsvertrages Bevollmächtigte gehandelt, entscheidet das Vertragsstatut auch darüber, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung gegeben sind. Wird nach erfolgter, ggf. ausländischem Vertragsrecht folgender Auslegung und Beurteilung der Vertretungsverhältnisse eine den Geschäftsherrn bindende Übertragungsabsprache bejaht, entscheidet deutsches Recht darüber, ob die verabredete Patentübertragung den Anforderungen an ein solches Verfügungsgeschäft genügt (vgl.: Kühnen, GRUR 2014, 137, 142 f.).
166b) Übertragungsvertrag Streithelferin – Z
167Die Klägerin hat schlüssig dargetan und bewiesen, dass die Streithelferin die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung als Teil eines Portfolios mit Vertrag vom 11.02.2013 an die D (E-Sub) übertragen hat.
168aa)
169Die Klägerin hat die Übertragungsvereinbarung zwischen der Streithelferin und der D vom 11.02.2013 mit Schriftsatz vom 17.11.2015 im Original vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV I übereinstimmt, heißt nicht, dass die darin enthaltene Vereinbarung zwischen den Parteien nicht wirksam zustande gekommen ist. Die Zeugen J , K und Han haben übereinstimmend ausgesagt, dass sowohl das Original als auch die Kopie ihre Unterschriften aufweisen und die Unterschiede auf den Unterschriftsseiten daher rühren können, dass sie den Vertrag mehrfach unterzeichnet haben. Die Zeugen haben zudem gegenseitig ihre Unterschriften verifiziert.
170Die Unterzeichnung des Vertrages kam nach übereinstimmender Aussage der drei Zeugen in Schweden zu Stande und zwar im Rahmen eines Leadership-Meetings, das am 7. Februar 2013 am HaQ tsitz von W in der Nähe von Stockholm stattfand. Aus Anlass dieses Leadership-Meetings befand sich auch der Zeuge X zu diesem Zeitpunkt in Schweden. Die Zeugen stimmten darin überein, dass die Unterschriften von dem In-House Anwalt der Streithelferin, Herrn X CC , gesammelt wurden, da es sich bei dem ÜV I um einen internen Vorgang innerhalb der W Unternehmensgruppe gehandelt habe.
171Zugleich wiesen alle drei Zeugen darauf hin, dass der ÜV I nur ein Teil einer größeren Transaktion gewesen sei und die spätere Übertragung der Patente an die H Unternehmensgruppe vorbereitet habe. Die Zeugin K schilderte detailliert, wie üblicherweise die Unterzeichnung von Verträgen bei transkontinentalen Vereinbarungen ablaufe. Die Dokumente würden per e-mail ausgetauscht, wobei im Regelfall der Vertragstext und die Unterschriftsseite als separate pdf-Dokumente verschickt würden. Die Unterschriftsseite werde ausgedruckt, unterzeichnet, eingescannt und zurückgesandt. Die beauftragte Anwaltskanzlei sammele die Unterschriftsseiten, füge diese mit dem Vertragstext zusammen und stelle sicher, dass die korrekten Anlagen beiliegen. Mittlerweile werde häufig vereinbart, dass die pdf-Dokumente als Originale gelten sollen, weshalb auf die Originale nicht mehr so viel Wert gelegt werde. Die Üblichkeit dieses Vorgehens wurde von den Zeugen J und M dem Grunde nach bestätigt. Der Zeuge Y ergänzte dies im Rahmen seiner Vernehmung dahingehend, dass die beteiligten Kanzleien die Unterschriftsseiten austauschen und deren Erhalt bestätigen würden.
172Die Zeugen J , K und X haben weiter übereinstimmend ausgesagt, dass vorliegend die Gesamttransaktion von der amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei AA begleitet worden sei, die die Verträge ausgearbeitet, bei sich gesammelt und sichergestellt habe, dass alles ordnungsgemäß unterzeichnet gewesen sei. Für den ÜV I habe, da sämtliche der unterzeichnenden Personen in Schweden gewesen seien, Herr CC die Unterschriften gesammelt. Der Umstand, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei AA vorbereitet wurden, erklärt, warum der ÜV I verschiedene Papierformate aufweist. Denn europäische und amerikanische Formate unterscheiden sich geringfügig und es erscheint vor dem Hintergrund der Zeugenaussagen durchaus möglich, dass einzelne Seiten in den USA und andere in Schweden ausgedruckt wurden.
173Soweit es im Rahmen der Unterzeichnung des ÜV I eine Änderung im Vertragsinhalt gegeben hat, an die sich die Zeugen im einzelnen nicht mehr erinnern konnten, stimmten sie sämtlich darin überein, dass es sich allenfalls um ein Detail gehandelt habe, um dass sich die Rechts- bzw. Patentabteilung gekümmert habe. Die drei vorgenannten Zeugen waren sich bei der Unterzeichnung des Vertrages darüber im Klaren, dass mit dem ihnen zur Unterschrift vorgelegten Vertrag eine Reihe von Patenten und Patentanmeldungen der Streithelferin auf deren hundertprozentige Tochtergesellschaft, die Z , übertragen werden sollten. Dass die Zeugen hierbei nicht im Einzelnen wussten, welche Patente und Patentanmeldungen - insbesondere mit welchen Patentnummern - übertragen werden sollten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Insofern haben sich alle drei Zeugen in der konkreten Ausgestaltung des Vertrages auf ihre Anwälte verlassen; ihr Vertragsbindungswille bezog sich auf die grundsätzliche Übertragung von Patenten von der Streithelferin auf die Z , wobei die Details durch die hierfür bevollmächtigten Anwälte geregelt werden sollten. Dass sich die Kenntnis und damit der Wille der Zeugen nicht auf jedes Detail des Vertrages bezog, steht der Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses nicht entgegen. Dies entspricht vielmehr der üblichen Arbeitsteilung innerhalb größerer Unternehmen. Die eingeschalteten Anwälte handelten als Vertreter der Unterzeichnenden. Dies gilt auch für den gegenseitigen Empfang der Willenserklärungen.
174bb)
175Die Kammer ist davon überzeugt, dass der ÜV I die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der Streithelferin an die D umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV I übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent ist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Patent im Register geändert wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass das Klagepatent von den Übertragungen umfasst sein sollte. Schließlich zeigt auch die Stellung von W als Streithelferin der Klägerin in diesem Rechtsstreit, dass der Wille des Vorstandes von W dahin ging, das Klagepatent an die D und von dieser an den H Unternehmenskonzern zu übertragen. Dieser Wille des Vorstandes wurde durch die den ÜV I unterzeichnenden Personen ausgeführt. Insofern konnte die Zeugin K bestätigen, dass Patente aus dem Bereich des Mobilfunks betreffend 2G, 3G und 4G ausgewählt wurden.
176cc)
177Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV I auch den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der Streithelferin wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die D zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen J , K , X, M und Y davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste jedem der Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
178dd)
179Soweit die Beklagten die Existenz der D bestreiten, sieht die Kammer hierfür keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 in Kopie das Limited Liability Company Agreement of D vom 11.12.2012 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass die D durch ihre Gesellschafter, die Aktiebolaget DD und die Aktiebolaget L , gegründet wurde. Dass zu diesem Dokument kein Original vorgelegt werden konnte, bedeutet nicht, dass die D in Wirklichkeit nicht existiert.
180Vielmehr haben die Zeugen J und M bestätigt, das Limited Liability Company Agreement of D vom 11.12.2012 für die AB L unterzeichnet zu haben. Dass sie an den Vertragsinhalt im Einzelnen keine Erinnerung mehr hatten, ist unschädlich. Die Zeugin J konnte sich jedenfalls daran erinnern, dass die D eigens zur Durchführung der Patentübertragung von der Streithelferin auf die H Unternehmensgruppe gegründet wurde. Auch der Zeuge M konnte dies bestätigen, wobei er sich zu erinnern meinte, dass die D gegründet worden sei, weil die Streithelferin keine eigenständige Niederlassung in den USA haben wollte. Beide Zeugen konnten mit Sicherheit bestätigen, dass das vorgelegte Agreement of D ihre Unterschrift trägt. Der Zeuge M hatte sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokuments, da er zu dem Zeitpunkt, als seine Unterschrift angefordert wurde, krank war, und erst zwei Tage später wieder im Büro war, um das Dokument zu unterzeichnen. Seine zeitliche Angabe „vor Weihnachten 2012“ stimmt überein mit dem in dem Agreement angegebenen Datum, dem 11.12.2012. Soweit er das Dokument erst einige Tage nach dem 11.12.2012 unterzeichnet haben sollte, ist dies für die rechtswirksame Gründung der D unerheblich. Die Zeichnungsbefugnis der Zeugen J und M ergibt sich aus der Gründungsurkunde der AB L . Beide Zeugen konnten bestätigen, im Dezember 2012 für die AB L zeichnungsbefugt gewesen zu sein. Der Zeuge M hat dies dahingehend konkretisiert, dass zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam zeichnungsbefugt gewesen seien. Desweiteren konnte er bestätigen, dass die Vertretungsverhältnisse bei der AB L über längere Zeit gleich geblieben sind. Die Zeugen J und M , beides Vorstandsmitglieder der AB L , waren daher für die Unterzeichnung des Limited Liability Company Agreement of D im Dezember 2012 gemeinsam zeichnungsbefugt.
181Für die AB DD hat die Zeugin X den Gesellschaftsvertrag unterzeichnet. Auch sie hat ihre Unterschrift – und die Unterschriften der Zeugen J und M – eindeutig erkannt. Ihre Vertretungsbefugnis für die AB DD ergibt sich aus deren Registrierungszertifikat. Insofern hat die Zeugin X bestätigt, im Dezember 2012 Vorstandsmitglied der AB DD und für diese allein zeichnungsberechtigt gewesen zu sein
182Die Kammer sieht - auch wenn die Zeugen nicht mit den Details des Limited Liability Company Agreement of D vertraut waren – vor diesem Hintergrund keinerlei Anlass, die Existenz der D ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
183Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass die Dokumentennummern nicht auf allen Seiten des vorgelegten Agreements übereinstimmen. Dies lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass die Verträge durch die amerikanische Kanzlei AA vorbereitet wurden und einen Abstimmungsprozess zwischen den beteiligten Unternehmen durchlaufen haben. Die Unterschriftenseite weist einen eindeutigen Bezug zu dem übrigen Teil des Agreements auf, da sie einen Verweis auf das LLC Agreement enthält und die Gesellschaften aufführt, die auch auf der ersten Seite des Vertrages genannt werden.
184ee)
185Die Zeuginnen J und K verfügten bei der Unterzeichnung des ÜV I für die Streithelferin über die hierzu erforderliche Vertretungsmacht. Bei der Streithelferin handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die nach schwedischem Recht gegründet wurde. Die Vertretungsbefugnis der Zeuginnen J und K ergibt sich aus der Registrierungsurkunde der Streithelferin. Darin sind die Zeuginnen J und K als besonders autorisierte Personen („specially authorized signatories“) aufgeführt. Unter dem Punkt „signatory power“ ist die Vertretungsmacht für die Streithelferin dergestalt geregelt, dass Frau J die Streithelferin gemeinsam mit Frau K vertreten kann. Dies haben die Zeuginnen so auch im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt. Die Zeugin J hat ergänzend ausgeführt, bereits seit etwa zehn Jahren für die Streithelferin zeichnungsbefugt zu sein.
186Ausweislich der Stellungnahme der schwedischen Rechtsanwälte EE aus der Kanzlei FF vom 28.07.2015 ist eine solche Regelung nach schwedischem Recht möglich (s. S. 14-16 des Gutachtens). Hiernach wird eine schwedische Gesellschaft nach dem Aktiengesetz grundsätzlich durch ihren Vorstand vertreten. Es ist allerdings möglich, die Vertretungsmacht auf einzelne „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ zu übertragen. Die Befugnisse eines solchen Sonderunterzeichners entsprechen denjenigen des Vorstands. Diese Grundsätze belegen die Rechtsanwälte N durch den Verweis auf die entsprechenden Vorschriften des schwedischen Aktiengesetzes. Konkrete Einwände gegen die Ausführungen der beiden Anwälte tragen die Beklagten nicht vor und sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Kammer hat keinerlei Zweifel daran, dass die Zeuginnen J und K nach schwedischem Recht über die erforderliche Vertretungsbefugnis verfügten, um den ÜV I zu unterzeichnen.
187ff)
188Die D wurde beim Abschluss des ÜV I wirksam durch die AB L , diese wiederum durch Herrn X, vertreten.
189Bei der D handelt es sich um eine nach dem Recht des US-Staates Delaware gegründete Gesellschaft. Auf eine solche Gesellschaft findet der GG (DLLCA) Anwendung. Gemäß § 18-402 DLLCA sind bei einer LLC nach dem Recht des Staates Delaware grundsätzlich alle Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt. Die Geschäftsführung kann jedoch durch ein sog. Operating Agreement auf einen oder mehrere Geschäftsführer übertragen werden. In einem solchen Fall bezeichnet man die Gesellschaft auch als eine „Manager Managed LLC“. Dies wird beschrieben in dem Handbuch „Drafting Delaware Limited Liability Company Agreements: Forms and Practise Manual“ des US-Rechtsanwaltes HH , 3. Auflage 2014. Aus § 18-101 (10) und § 18-101 (12) DLLCA ergibt sich zudem, dass Geschäftsführer nicht nur eine natürliche, sondern auch eine juristische Person sein kann. Bestätigt wird dies durch die Stellungnahme des Herrn Professor II (s. das Gutachten vom 23.07.2015, S. 2, vorletzter Absatz).
190Gemäß Ziffer 5 des „JJ “ handelt es sich bei der D um eine Manager Managed LLC, deren Geschäftsführer die AB L ist. In dieser Zifffer findet sich weiter die Regelung, dass der Geschäftsführer berechtigt ist, alle Handlungen vorzunehmen, die für Vertragsschlüsse und deren Durchführung notwendig sind. Außerdem sollte die AB L berechtigt sein, jegliche Verantwortung oder Berechtigung an einen leitenden Mitarbeiter, Angestellten oder Beauftragten zu delegieren. Hierin liegt die Gestattung zur Erteilung von Untervollmachten. Dies ist nach schwedischem Recht möglich. Ausweislich der Stellungnahme der Rechtsanwälte N (Gutachten vom 28.07.2015, S. 14) können Aktiengesellschaften nach schwedischem Recht neben dem Vorstand und dem Geschäftsführer durch „Sonderunterzeichner der Gesellschaft“ oder besonders bevollmächtigte Personen vertreten werden.
191Von dieser Möglichkeit hat die AB L durch Erteilung der Vollmacht vom 11.02.2013 Gebrauch gemacht. Die Vollmachtsurkunde hat die Klägerin im Original zur Akte gereicht. Die zuvor eingereichte Kopie stimmt mit dem Original überein. Unterschrieben ist die Vollmacht von den Zeugen J und M . Diese gehören ausweislich der Registrierungsurkunde der AB L dem Vorstand der Gesellschaft an und verfügen gemeinsam über die erforderliche Vertretungsmacht für die AB L (s.o.). In ihrer Vernehmung haben sie bestätigt, die entsprechende Vollmacht für Herrn X und Herrn KK ausgestellt zu haben. Dabei hatte der Zeuge M aufgrund eines Scherzes zwischen ihm und Herrn CC sogar noch eine konkrete Erinnerung an die Unterzeichnung des Dokumentes. Er wusste außerdem noch, dass Herr KK und Herr X aus bestimmten Gründen bevollmächtigt wurden. Insbesondere an Herrn KK konnte er sich als besonders zuverlässigen Mitarbeiter erinnern.
192Die Vollmacht gewährt den Herren LL X und LL KK jeweils Einzelvertretungsmacht für sämtliche Vereinbarungen und Erklärungen, die die D in Bezug auf die Durchführung des Master Sales Agreement zu schließen bzw. abzugeben hat. Entsprechend hatte Herr Han die erforderliche Vertretungsmacht, um die D bei der Übertragung des Klagepatents wirksam vertreten zu können.
193Sofern Herr X den ÜV I bereits vor dem „effektive date“ am 11.02.2013 unterzeichnet hat, wofür seine Aussage spricht, den Vertrag am 07.02.2013 im Rahmen des Leadership-Meetings in Schweden unterschrieben zu haben, deutet die Aussage der Zeugin J darauf hin, dass auch die Vollmacht einige Tage vor dem 11.02.2013 unterzeichnet und dann vorgehalten wurde. Denn die Zeugin J hat ausgesagt, dass alle Dokumente zur selben Zeit vorbereitet worden seien. Selbst wenn aber die Vollmacht tatsächlich erst nach dem 11.02.2013 unterzeichnet worden wäre, wäre dies unschädlich, da jedenfalls zum „effective date“ und damit zum Inkrafttreten des ÜV I die erforderliche Vollmacht vorlag. Dies ist ausreichend, um eine wirksame Stellvertretung anzunehmen.
194gg)
195Die Kammer sieht keine Veranlassung, die Glaubwürdigkeit der Zeugen J , K , X und M anzuzweifeln. Ihre Aussagen erscheinen der Kammer glaubhaft, da sie frei von Widersprüchen sind und die Zeugen sich erkennbar bemüht haben, kenntlich zu machen, an welchen Punkten sie über eine konkrete Erinnerung verfügen und hinsichtlich welcher Umstände sie sich unsicher sind. Der Vergleich der Aussagen der Zeuginnen J und K ließ dabei erkennen, dass die Detailkenntnis bei der Zeugin K , die als Leiterin der Rechtsabteilung mit den Vorgängen im Einzelnen näher befasst war als die Zeugin J , ausgeprägter war, was der Lebenswirklichkeit entsprechen dürfte und darauf hindeutet, dass die Zeugen sich im Vorfeld der Beweisaufnahme nicht detailliert abgesprochen haben. Die Zeugin J hat im Rahmen ihrer Vernehmung wiederholt darauf hingewiesen, mit den Details der Transaktion nicht vertraut gewesen zu sein, hatte aber durchaus Kenntnis von der Gesamtkonzeption der Transaktion. Der Zeuge M hat der Kammer den Eindruck vermittelt, sehr genau zu arbeiten und seine Unterschrift keinesfalls unbedacht zu leisten. Entsprechend hatte er teilweise eine sehr genaue Erinnerung an die Umstände der Unterzeichnung. Dies gilt auch für den Zeugen X, der sich noch daran erinnern konnte, seine Unterschriften in einer Pause eines am 7.2.2013 im Hauptquartier von W abgehaltenen Leadership-Meetings geleistet zu haben. Insofern stimmt seine Aussage mit der der Zeugin K überein.
196Soweit die Zeugen im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Streithelferin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer nicht zu erkennen.
197c) Übertragungsvertrag D - H LLC
198Die Klägerin hat schlüssig dargelegt und bewiesen, dass die D die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung mit Vertrag vom 13.02.2013 an die Q LLC abgetreten hat.
199aa)
200Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV II vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin als Kopie eingereichten Exemplar des ÜV II übereinstimmt, ist insofern unschädlich, als die Unterzeichner des Vertrages im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigt haben, eine Vereinbarung mit dem wiedergegebenen Inhalt abgeschlossen zu haben. Beide Zeugen haben ihre Unterschrift verifiziert.
201Soweit sich die Unterschrift des Herrn X auf dem als Original zur Akte gereichten ÜV II von der Unterschrift auf der Kopie unterscheidet, kann dies seine Ursache darin haben, dass die Verträge ggf. zweifach unterzeichnet wurden. Dies ist nach den Aussagen der Zeugen durchaus nicht unüblich. Auch der Zeuge O hielt dies für denkbar und hat bestätigt, üblicherweise bei derartigen Verträgen zwei Exemplare zu unterzeichnen. Der Zeuge X hatte hieran zwar keine konkrete Erinnerung mehr, wusste aber noch, „viele“ Unterschriften geleistet zu haben. Soweit der Vertrag unterschiedliche Papierformate aufweist, lässt sich dies damit erklären, dass ggf. einzelne Seiten in den USA auf dem dort gängigen Papierformat und einzelne Seiten in Schweden auf dem dort üblichen Papierformat ausgedruckt wurden.
202Der Zeuge O hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgeführt, dass die Verträge von der amerikanischen Kanzlei MM ausgehandelt worden seien. Diese Kanzlei sei im Rahmen der Transaktion vorbereitend rechtsberatend tätig geworden und habe dann ganz konkret die Transaktion begleitet, indem sie die Verträge ausgearbeitet und die Unterzeichnung koordiniert habe. Er selbst habe die Verträge zur Unterschrift von MM vorgelegt bekommen. Dabei habe ein enger Austausch mit dem Zeugen Y stattgefunden, der die Transaktion als In-House Anwalt begleitet habe und insofern über Detailkenntnisse verfügte. Dies wurde von dem Zeugen Y so bestätigt. Der Zeuge O erklärte weiter, er sei nicht für die rechtlichen Details zuständig gewesen. Er habe vielmehr das Unternehmensziel festgelegt, das dann von den Anwälten konkret umgesetzt worden sei. Die Gegenseite, d.h. W , sei bei der Transaktion von der Kanzlei AA vertreten worden. Über diese beiden Kanzleien seien die Verträge ausgetauscht worden.
203Dies hat der Zeuge X im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Auch er hat ausgesagt, über die wesentlichen Grundzüge der Transaktion informiert gewesen zu sein, die Details aber seinen Anwälten überlassen zu haben. Dies sei zum einen Herr Sven CC als In-House Anwalt, zum anderen die Kanzlei AA als externer Berater gewesen.
204Beide Zeugen konnten sich zwar an die Details des ÜV II nicht erinnern, wussten aber, dass es um eine strukturierte Übertragung von W -Patenten aus dem Bereich Mobilfunk auf die Q LLC ging. Dass sie hierbei keine Kenntnis von den konkreten Patenten, insbesondere den einzelnen Patentnummern, hatten, hindert die Wirksamkeit des Vertrages nicht. Denn die Details haben beide Zeugen ihren Anwälten überlassen, die als ihre Vertreter gehandelt haben und in dieser Eigenschaft auch die Willenserklärung der Gegenseite entgegennehmen konnten.
205bb)
206Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der ÜV II die Übertragung der dem Klagepatent vorausgehenden Patentanmeldung von der D auf die Q LLC umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV II übertragenen Patente und Patentanmeldungen sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört u.a. das Klagepatent bzw. die diesem zugrunde liegende Patentanmeldung. Insofern ist der Vertrag hinreichend bestimmt. Es ist zwar richtig, dass die fehlende feste Verbindung der Seiten und die fehlende Paraphierung die Feststellung erschwert, mit welchem Inhalt der Vertrag geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dem Klagepatent vorausgehende Patentanmeldung nicht Gegenstand des Vertrages sein sollte. Im Gegenteil, die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist in beiden der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Listen von Patenten und Patentanmeldungen enthalten. Soweit es hier also verschiedene Versionen von Patentlisten gegeben hat, ist dies jedenfalls im Hinblick auf das Klagepatent und die diesem vorausgehende Anmeldung unschädlich. Des Weiteren kann der Umstand, dass die Q LLC als Inhaberin im Patentregister eingetragen wurde, zumindest als ein Indiz dafür gelten, dass die dem Klagepatent zugrunde liegende Patentanmeldung von den Übertragungen umfasst sein sollte.
207cc)
208Vor diesem Hintergrund genügt der ÜV II den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der D wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die Q LLC zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent bzw. die diesem vorausgehende Anmeldung umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
209dd)
210Hinsichtlich der wirksamen Vertretung der D durch Herrn X wird auf die Ausführungen zum ÜV I verwiesen, die im Rahmen des ÜV II entsprechend gelten.
211ee)
212Die Q LLC ist im Rahmen des ÜV II wirksam von dem Zeugen O vertreten worden. Der Zeuge O hat ausgesagt, im Februar 2013 President und Chief Executive Officer der Q LLC und Chief Executive Officer der Q Inc. gewesen zu sein. Diese Aussage haben die Zeugen R und Y im Rahmen ihrer Vernehmung gestützt.
213Die Position des Zeugen O als CEO der Q Inc. wird außerdem durch die von der Klägerin vorgelegten Proxy Statements der E vom 27.09.2012 und 01.10.2013 und eine Pressemitteilung der E vom 19.02.2013 bestätigt. Das Protokoll des Board Meetings der Q Inc. vom 10.01.2013 enthält den Beschluss des Vorstandes der Q Inc. zur Umsetzung des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. In diesem Zusammenhang wurde der Zeuge O als CEO der Q Inc. autorisiert, für die Q Inc. und deren Tochtergesellschaften die „transaction documents“ zu unterzeichnen. Die Zeugen O , R und Y haben im Rahmen ihrer Vernehmung übereinstimmend ausgesagt, dass das Board Meeting der Q Inc. am 10.01.2013 stattgefunden hat und dort die vorstehend bezeichneten Entscheidungen getroffen wurden. Ausweislich Seite 1 des Protokolls waren die Zeugen O und R bei dem „Meeting of the board of directors of H Inc.“ anwesend.
214In Umsetzung der im Rahmen des Board Meetings getroffenen Vorstandsbeschlüsse wurde der Zeuge O durch das Amended And Restated Operating Agreement der Q LLC vom 13.02.2013 zum „Initial Officer“ der Q LLC ernannt (Ziffer 6.(b)) und im Anhang 1 als „President and Chief Executive Officer“ der Q LLC bezeichnet. Unterzeichnet ist dieses Agreement von dem Zeugen O sowohl für die Q IP Manager LLC als auch für die Q IP Holdings Inc., jeweils in seiner Funktion als CEO für beide Gesellschaften. Die Q IP Manager LLC und die P waren die Gesellschafter der Q LLC, wobei es sich in beiden Fällen um hundertprozentige Tochtergesellschaften der Q Inc. handelt. Die Q Holdings Inc. verfügte ausweislich des „Written Consent in Lieu Of A Special Meeting Of Stockholders Of H Holdings Inc.“ vom 07.10.2011 über nur einen Director, nämlich Herrn NN O , der daher für die Gesellschaft allein vertretungsbefugt war. Die Geschäftsführung der Q LLC wurde der Q IP Manager LLC übertragen (vgl. Ziffern 1.(k) und 6.(a) des Amended And Restated Operating Agreement). Dies ist nach dem Recht des US-Staates Nevada möglich. Maßgeblich ist insofern der Nevada Limited Liability Company Act. In Ziffer 86 der Nevada Revised Statutes (NRS) ist die Vertretung einer nach dem Recht des US-Staates Nevada gegründeten LLC im Einzelnen geregelt. NRS 86.291 bestimmt, dass die LLC durch ihre Gesellschafter oder ihre Manager vertreten werden kann. Die Q LLC wurde ursprünglich als member managed LLC gegründet. Am 12.02.2013 wurden die „Articles of Organisation“ allerdings dahingehend geändert, dass die Q LLC manager managed wurde. Als Manager kann auch eine juristische Person eingesetzt werden, wie im vorliegenden Fall die Q IP Manager LLC (vgl. hierzu das Gutachten des US-Anwalts NN Rounds vom 09.11.2015, S. 2).
215Die Q IP Manager LLC hat die Gesellschaftsanteile an der Q LLC durch das Interest Assignment Agreement vom 10.01.2013 von der Q Inc. erworben. Eine solche Anteilsübertragung ist nach NRS 86.351 möglich. Manager der Q IP Manager LLC war wiederum die Q Inc. (vgl. § 7 des Company Agreement der G vom 09.01.2013). Unterzeichnet wurde das Interest Assignment Agreement auf beiden Seiten von dem Zeugen O , jeweils in seiner Funktion als Chief Executive Officer. Dies ist nach dem maßgeblichen Recht des US-Staates Delaware zulässig (vgl. das Gutachten des Herrn Prof. II vom 13.11.2015, S. 3-4). Gleiches gilt im Übrigen auch für das Recht des US-Staates Nevada (vgl. das Gutachten des US-Rechtsanwaltes NN Rounds vom 09.11.2015, S. 2-3).
216Die Echtheit sämtlicher vorgenannten Unterschriften hat der Zeuge O im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Die Existenz des Amended And Restated Operating Agreements der Q LLC konnte im Übrigen auch der Zeuge R bestätigen, da er dieses Dokument nach seiner Aussage im Rahmen der Verträge, die Gegenstand der gesamten Transaktion waren, gesehen hat. Er hat hierzu weiter ausgesagt, dass diese Vereinbarung für W von besonderer Bedeutung gewesen sei, da sie die rechtliche Struktur wiedergebe, die W als Insolvenzsicherheit dienen sollte. Der Zeuge Y hat dies ergänzend dahingehend erläutert, dass es W gerade darauf angekommen sei, die Q IP Manager LLC als Geschäftsführer der Q LLC einzusetzen. Die Q IP Manager LLC habe 5 % der Anteile an Q LLC gehalten, die P 95 % der Anteile.
217Vor diesem Hintergrund steht die Vertretungsbefugnis des Zeugen O im Rahmen des ÜV II zur Überzeugung der Kammer fest.
218ff)
219Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der Zeugen O , R und Han zu zweifeln. Soweit Herr O noch als Chairman bei der Q Inc. tätig ist, handelt es sich lediglich um eine beratende Tätigkeit für die Erfinder, die in der Vorgängergesellschaft der Q Inc. gearbeitet und dort Erfindungen getätigt haben. Der Zeuge R steht in keinem Arbeitsverhältnis mehr zur Q . Dass er noch Anteile an dieser hält, reicht für sich genommen nicht aus, seine Glaubwürdigkeit anzuzweifeln.
220Die Aussagen der Zeugen O , R und Han sind glaubhaft. Sie stimmen in ihrem grundsätzlichen Gehalt überein. Wesentliche Widersprüche konnte die Kammer nicht feststellen. Der Zeuge O hat an diversen Stellen in seiner Vernehmung zu verstehen gegeben, dass er in die Details der Transaktion nicht involviert war. Er hat aber überzeugend ein Bild von dem Gesamtkonzept der Transaktion gezeichnet, das mit der Aussage des Zeugen X übereinstimmt.
221Soweit die Zeugen O , R und Han im Vorfeld ihrer Vernehmung mit den Anwälten der Klägerin Kontakt hatten, hielt sich dieser Kontakt nach der Überzeugung der Kammer im üblichen Rahmen einer Information ausländischer Zeugen über den Ablauf, den Inhalt und den Grund ihrer Vernehmung. Eine Beeinflussung der Zeugen vermochte die Kammer auch hier nicht zu erkennen.
222Soweit die Kammer in den vorstehenden Ausführungen Bezug genommen hat auf Aussagen des Zeugen Y , hat sie hierbei berücksichtigt, dass dieser offenbar in einer sehr engen Beziehung zu den anwaltlichen Vertretern der Klägerin steht und sich mit diesen schon im Vorfeld dieses Rechtsstreits detailliert über die streitgegenständlichen Vorgänge ausgetauscht bzw. ihnen Informationen und Unterlagen verschafft hat. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer zwar keine grundsätzlichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, hat aber im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit seiner Aussage berücksichtigt, dass bei ihm ein gewisses Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits vorhanden sein mag bzw. gewisse Bestandteile seiner Aussage von den Interessen der Klägerin beeinflusst gewesen sein mögen. Die Kammer hat die Aussage des Zeugen Y daher lediglich insoweit herangezogen, wie sie geeignet war, die Aussagen anderer Zeugen zu bestätigen.
223d) Übertragungsvertrag A – Klägerin
224Schließlich hat die Klägerin substantiiert vorgetragen und bewiesen, dass die Q LLC das Klagepatent mit Vertrag vom 27.02.2014 an die Klägerin abgetreten hat.
225aa)
226Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.11.2015 das Original des ÜV III vorgelegt. Dass dieses Original nicht vollständig mit dem zuvor von der Klägerin eingereichten Exemplar des ÜV III übereinstimmt, beeinträchtigt zwar den Beweiswert der als Original vorgelegten Urkunde, das Zustandekommen einer Vereinbarung mit dem im ÜV III festgehaltenen Inhalt steht aber zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest. Der Zeuge R hat, nachdem ihm im Rahmen seiner Zeugenvernehmung das von der Klägerin als Original eingereichte Exemplar des ÜV III vorgehalten worden ist, nicht nur die Echtheit seiner eigenen Unterschrift, sondern auch die des Herrn OO S bestätigt. Hierzu hat er ausgesagt, mit der Unterschrift des Herrn S vertraut zu sein und diese zu erkennen. Dass der Zeuge R sich an Ort und Zeit seiner Unterschriftsleistung nicht mehr genau erinnern konnte, unterstreicht nur die Glaubhaftigkeit seiner Aussage, hindert aber nicht die Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses. Der Zeuge konnte sich nämlich noch genau daran erinnern, den gesamten Vertrag gelesen zu haben, wobei ihm auch eine Liste mit Patenten vorgelegt wurde. Hierzu wusste er noch, dass er Herrn Y gefragt hat, ob er diese Liste durcharbeiten müsse. Dass er sich an die Details dieser Liste – etwa ob sie in schwarz-weiß oder Farbe gedruckt war – nicht mehr erinnern konnte, ist unschädlich. Der Zeuge hatte jedenfalls eine klare Vorstellung davon, dass mit dem zu unterzeichnenden Vertrag ein Patentportfolio von der Q LLC auf die Klägerin übertragen werden sollte. Der Zeuge wusste auch, dass aufgrund steuerlicher Gesichtspunkte gerade die europäischen und koreanischen Patente auf die Klägerin übertragen werden sollten. Dies hat auch der Zeuge Y so bestätigt. Soweit in diesem Rechtsstreit zwei Versionen des ÜV III vorgelegt wurden, hielt der Zeuge R es nicht für ausgeschlossen, den Vertrag zweimal unterzeichnet zu haben. Hierdurch lassen sich Unterschiede in den vorgelegten Unterschriftsseiten erklären. Der Zeuge R hat weiter ausgesagt, dass die Unterzeichnung des Vertrages von dem Zeugen Y koordiniert wurde, zugleich aber für die Transaktion auch die Rechtsanwaltskanzlei MM beauftragt war. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen O . Insofern ist den Zeugenaussagen auch zu entnehmen, dass die hinzugezogenen Anwälte bevollmächtigt waren, die Willenserklärungen der Vertragsparteien weiterzuleiten und entgegenzunehmen. Der Zeuge Y hat zudem ausgesagt, dass beide Vertragsparteien eine elektronische Version der Unterschriftenseite der jeweils anderen Partei erhalten hätten. Insofern ist von einem wirksamen Zugang der Willenserklärungen bei der jeweils anderen Vertragspartei auszugehen.
227bb)
228Die Kammer ist außerdem davon überzeugt, dass der ÜV III die Abtretung des Klagepatents von der Q LLC an die Klägerin umfasste. Die gemäß Ziffer 1 des ÜV III übertragenen Patente sind in Anhang A aufgelistet. Zu den dort genannten Patenten gehört unter anderem das Klagepatent. Der Vertrag ist damit hinreichend bestimmt. Die fehlende feste Verbindung der einzelnen Seiten des Vertrages und die fehlende Paraphierung der Seiten erschweren zwar die Feststellung, mit welchem Inhalt der Vertrag im Einzelnen geschlossen wurde, es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Klagepatent nicht von dem ÜV III umfasst sein sollte. Im Gegenteil, das Klagepatent ist in der vorgelegten Liste von Patenten enthalten und es handelt sich um ein europäisches Patent. Eben die europäischen Patente sollten nach der Aussage des Zeugen R Gegenstand der Übertragung sein. Zudem kann der Umstand, dass die Rechteinhaberschaft an dem Klagepatent – mit Zustimmung der Q LLC – im Patentregister geändert wurde und die Klägerin nunmehr als Inhaberin des Klagepatents im Register genannt ist, als ein Indiz dafür herangezogen werden, dass der Wille der Vertragsparteien dahin ging, das Klagepatent mit dem ÜV III von der Q LLC auf die Klägerin zu übertragen.
229cc)
230Hinsichtlich des ÜV III findet Art. 72 EPÜ keine Anwendung. Denn das Klagepatent wurde am 18.12.2013 erteilt. Übertragen wurde damit im Rahmen des ÜV III nicht eine europäische Patentanmeldung, sondern ein europäisches Patent.
231Ungeachtet dessen genügt aber auch der ÜV III den Anforderungen an die Schriftform im Sinne des Art. 72 EPÜ. Durch die durchgeführte Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Unterschriften unter dem Vertrag sich auf den darüber stehenden Vertragstext bezogen. Die Vereinbarung gibt den Willen der Q LLC wieder, die im Anhang aufgelisteten Patente an die Klägerin zu übertragen, die wiederum diese Abtretung angenommen hat. Zugleich ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen R und Y davon überzeugt, dass der Vereinbarung eine Liste mit Patenten beigefügt war, die jedenfalls das Klagepatent umfasste. Sofern nicht sicher festgestellt werden konnte, ob diese Liste den Unterzeichnenden vor oder bei der Unterzeichnung des Vertrages vorlag, ist dies im Rahmen des Art. 72 EPÜ unschädlich. Denn angesichts des Zwecks dieser Vorschrift, gegenüber dem EPA Rechtsklarheit zu schaffen, ist es ausreichend, dass die Liste jedenfalls im Rahmen des Closings dem Vertrag hinzugefügt wurde und dies von dem Willen der unterzeichnenden Personen gedeckt war. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmung fest.
232dd)
233Die Q LLC wurde bei der Unterzeichnung des ÜV III wirksam von dem Zeugen R vertreten. Der Zeuge hat im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt, zum damaligen Zeitpunkt Chief Financial Officer der Q Inc. und der Q LLC gewesen zu sein. Dies wird bestätigt durch das von der Klägerin vorgelegte Protokoll eines Board Meetings der Q Inc. vom 10.01.2013, in dem der Zeuge R als CFO der Q Inc. benannt ist. Darüber hinaus hat auch der Zeuge O angegeben, dass der Zeuge R in den Jahren 2013 und 2014 CFO der Q Inc. und der Q LLC gewesen sei. Entsprechend findet sich in dem Amended And Restated Operating Agreement der Q LLC vom 13.02.2013 im Anhang 1 der Name des Zeugen R . Gemäß Ziffer 6.(b) des Agreements in Verbindung mit dem Anhang 1 wurde er zum „Initial Officer“ der Q LLC ernannt, wobei ihm ausweislich des Anhangs 1 die Funktion des CFO zukam. Gemäß Ziffer 6. (b) des Agreements verfügte der Zeuge R damit über die entsprechende Befugnis, die Q LLC im Rahmen des ÜV III zu vertreten.
234ee)
235Die Klägerin wurde beim Abschluss des ÜV III wirksam durch Herrn OO S vertreten. Die Klägerin ist im irischen Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach irischem Recht eingetragen. Der Vorstand der Klägerin bestand im Jahr 2014 aus den beiden Vorstandsmitgliedern Herrn PP R und Herrn OO S . Dass Herr S bereits am 27.02.2014 – dem Tag des Inkrafttretens des ÜV III „Managing Director“ der Klägerin und damit für diese vertretungsberechtigt war, ergibt sich aus dem Protokoll des Board Meetings der Klägerin vom 27.02.2014. Ausweislich dieses Protokolls wurde Herrn OO S die Vollmacht erteilt, alle notwendigen Dokumente zur Umsetzung der Patentübertragungen im Rahmen des MSA zu unterzeichnen. Die Zeugen R und Y haben bestätigt, dass ein entsprechendes Board Meeting der Klägerin stattgefunden hat und dort die vorgenannte Entscheidung getroffen wurde. Dass es zwei unterschiedliche Versionen des Protokolls gibt, erklärte der Zeuge R nachvollziehbar damit, dass das Protokoll von seiner Assistentin während der Telefonkonferenz angefertigt worden sei. Die hinzugezogenen irischen Anwälte hätten dann darum gebeten, das Protokoll mehr aus der Sicht der in Irland ansässigen Klägerin zu fertigen. Dies sei so umgesetzt worden und er habe das Protokoll dann nochmals unterzeichnet. Diese Aussage passt zu den in den beiden Protokollversionen angegebenen Daten und der Änderung der im Kopf angegebenen Anschrift in Reno in die Anschrift der Klägerin in Irland. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer davon überzeugt, dass das Board Meeting der Klägerin tatsächlich am 27.02.2014 stattgefunden hat und darin Herr OO S die erforderliche Vertretungsmacht erhielt, den ÜV III zu unterzeichnen.
236ff)
237Die Aussage des Zeugen R ist glaubhaft. Sie weist keine erkennbaren Widersprüche auf und der Zeuge hat sich darum bemüht, deutlich zu machen, an welche Details er keine konkrete Erinnerung mehr hat. Auf der anderen Seite hatte er ein sehr genaues Bild von den Gesamtumständen der Transaktion, das mit den Aussagen der anderen Zeugen übereinstimmt. Soweit die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung Aussagen des Zeugen Y herangezogen hat, gilt das zum ÜV II Gesagte entsprechend.
2384.
239Die von der Klägerin im Wege der Abtretung geltend gemachten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz für die Zeit vor dem 27.02.2014 unterliegen nicht der Indizwirkung des Patentregisters. Denn über etwaige Abtretungen solcher Ansprüche sagt das Patentregister grundsätzlich nichts aus. Eine Indizwirkung könnte allenfalls insofern bestehen, als dass derjenige, der berechtigt das Patent übertragen durfte, auch berechtigt war, die in der Vergangenheit liegenden Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche abzutreten. Ob eine solche Indizwirkung angenommen werden kann, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass das Klagepatent wie von der Klägerin vorgetragen am 27.04.2014 von der Q LLC auf die Klägerin übertragen wurde und dabei die in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche der Q LLC mit abgetreten wurden. Hinsichtlich der Wirksamkeit des Übertragungsvertrages wird auf die Ausführungen unter Ziffer 3. verwiesen.
240Der ÜV III umfasste neben der Abtretung des Patents auch die Abtretung von in der Vergangenheit entstandenen Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüchen der Q LLC. So heißt es in Ziffer 1 des ÜV III, dass die Übertragung das Recht umfasst, hinsichtlich vergangener, gegenwärtiger oder zukünftiger Verletzungen der Patente Schadensersatz oder andere Formen der Entschädigung einzuklagen und zu erhalten. Die Klägerin soll in allen Angelegenheiten, die die übertragenen Patente betreffen, vollständig und uneingeschränkt an die Stelle der Q LLC treten. Dies ist dahingehend auszulegen, dass der ÜV III neben der Abtretung des Klagepatents selbst auch eine Abtretung der in diesem Rechtsstreit streitgegenständlichen Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche der Q LLC an die Klägerin enthält.
241Die Anwendung des Rechts des Staates Nevada führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Abtretung europäischer Patente und der aus ihrer Verletzung resultierenden Schadensersatzansprüche ist ausweislich der Stellungnahme der Kanzlei T (Gutachten vom 28.07.2015, S. 6) nach dem Recht des Staates Nevada möglich. Ist dies der Fall, müssen auch die korrespondierenden Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche abtretbar sein, da andernfalls der Schadensersatz nicht beziffert werden könnte.
242Die Beklagten haben gegen das dargelegte Verständnis des ausländischen Rechts keine substantiierten Einwände erhoben.
2435.
244Soweit nach dem Vorstehenden festgestellt werden kann, dass die von der Klägerin vorgetragenen Abtretungen des Klagepatents und der dieses betreffenden Rechnungslegungs- und Schadensersatzansprüche rechtswirksam erfolgt sind, stehen dem kartellrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen.
245Das MSA bzw. die nachfolgenden Patentübertragungen verstoßen weder gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften (§§ 35-43 GWB) noch kann eine Unwirksamkeit der Patentübertragungen infolge eines kartellrechtlich verbotenen Eingriffs in den Wettbewerb im Sinne der Art. 101, 102 AEUV angenommen werden.
246Das europäische Kartellrecht findet in den Mitgliedstaaten unmittelbar Anwendung und ist Bestandteil der in den Mitgliedstaaten – und damit auch in Deutschland – geltenden Rechtsordnungen. Das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht finden nebeneinander Anwendung, wobei in Kollisionsfällen dem Gemeinschaftsrecht der Anwendungsvorrang zukommt (Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, Einführung Rn 102 ff.).
247a) Verstoß gegen fusionskontrollrechtliche Vorschriften, §§ 35-43 GWB
248Zusammenschlüsse, die entgegen einer nach § 39 GWB bestehenden Verpflichtung nicht beim Bundeskartellamt angemeldet werden, sind gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB (schwebend) unwirksam. Dies setzt voraus, dass die Transaktion erstens einen Zusammenschluss nach § 37 GWB beinhaltet, zweitens die beteiligten Unternehmen die Umsatzschwellen des § 35 GWB überschreiten und drittens der Zusammenschluss Inlandswirkung hat, § 130 Abs. 2 GWB. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann nicht festgestellt werden.
249Es kann dahinstehen, ob die Übertragung des Patentportfolios der Streithelferin an den Q Unternehmenskonzern nach Maßgabe des MSA einen Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB darstellt oder ob die insbesondere in Artikel 6 des MSA enthaltenen Regelungen einen Kontrollerwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB begründen. Denn ungeachtet dessen haben die Beklagten jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die in § 35 GWB genannten Umsatzschwellen überschritten werden.
250§ 35 Abs. 1 GWB verlangt für das Bestehen einer fusionskontrollrechtlichen Anmeldepflicht im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss (kumulativ) die folgenden Umsatzerlöse:
251- Weltweite Umsatzerlöse aller beteiligten Unternehmen von insgesamt mehr als 500 Mio. EUR
252- Umsatzerlöse mindestens eines beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 25 Mio. EUR (erste Inlandsumsatzschwelle)
253- Umsatzerlöse mindestens eines anderen beteiligten Unternehmens in Deutschland von mehr als 5 Mio. EUR (zweite Inlandsumsatzschwelle)
254Als Beteiligte im Sinne des § 35 Abs. 1 GWB sind diejenigen Unternehmen zu identifizieren, zwischen denen der Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 GWB erfolgt. Dies sind diejenigen Unternehmen, zwischen denen nach dem Vollzug eine relevante Unternehmensverbindung im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB besteht, welche vorher noch nicht bestanden hat. Konkret lässt sich diese Frage nur nach Klärung der jeweils verwirklichten Zusammenschlusstatbestände im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB beantworten (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 50). Nach § 36 Abs. 2 GWB gilt hierbei eine Verbundbetrachtung. Materiell zusammenschlussbeteiligt ist immer die gesamte Unternehmensgruppe,welcher der unmittelbar zusammenschlussbeteiligte Rechtsträger angehört (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 35 GWB Rn 51).
255aa)
256Zusammenschlussbeteiligt sind beim Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB neben dem Erwerber (hier: Q LLC) der Veräußerer (hier die Streithelferin) bzw. das übertragene Vermögen. Der Streit, ob auf Seiten des Veräußerers der Veräußerer selbst oder das übertragene Vermögen als Beteiligter anzusehen ist, hat aufgrund der Regelung des § 38 Abs. 5 S. 1 GWB keine praktischen Auswirkungen. Im Fall des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB ist auf der Seite des Veräußerers stets nur der Umsatz zu berücksichtigen, der auf den veräußerten Vermögensteil entfällt (vgl. zum Streitstand: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 68).
257Dass der Umsatz von Q LLC bzw. der Q Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2012 in Deutschland über 25 Mio. EUR betrug, behaupten die Beklagten selbst nicht. Aber auch hinsichtlich der übertragenen Patente behaupten die Beklagten lediglich Umsätze von über 5 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2012. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB jedenfalls an Sachvortrag zu der Überschreitung der ersten Inlandsumsatzschwelle.
258bb)
259Beteiligt an einem Zusammenschluss im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB durch den Erwerb von (Mit-)Kontrolle sind immer alle Unternehmen, die nach Durchführung des Vorhabens durch Kontrolle im Sinne von §37 Abs. 1 Nr. 2 GWB miteinander in Verbindung stehen. Das sind das gemeinsam kontrollierte Gemeinschaftsunternehmen und alle künftig mitkontrollierenden Unternehmen (Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 37 GWB Rn 235), im vorliegenden Fall also Q LLC, Q Inc. und die Streithelferin. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass Q LLC, Q Inc. oder auch die gesamte Q Unternehmensgruppe im Geschäftsjahr 2012 Umsätze in Höhe von mehr als 5 Mio. EUR erzielt hätten. Damit fehlt es im Rahmen des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB jedenfalls an der Überschreitung der zweiten Inlandsumsatzschwelle.
260cc)
261Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass die beiden vorgenannten Zusammenschlusstatbestände nebeneinander erfüllt wären, und damit im Rahmen eines einheitlichen Zusammenschlusses den Kreis der beteiligten Personen auf die Streithelferin, den Q Unternehmensverbund (einschließlich Q LLC) sowie die übertragenen Patente erweitern wollte, reicht der Vortrag der Beklagten nicht aus, um das Überschreiten der zweiten Inlandsumsatzschwelle von 5 Mio. EUR zu begründen. Soweit die Beklagten versuchen, aus einem im MSA angenommenen Wert der übertragenen Patente von mindestens 1,05 Milliarden USD auf angebliche Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland rückzurechnen, geht dies schon vom Ansatz her fehl, weil Anlass für den Abschluss des MSA nach Auskunft der Streithelferin gerade der Umstand war, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten zuvor keine dem Wert der übertragenen Patente entsprechenden Lizenzeinnahmen erzielen konnte. Jedenfalls ihre Einschätzung des Werts der übertragenen Patente – die im MSA zum Ausdruck kommt – dürfte daher nicht mit den im Jahr 2012 mit diesen Patenten erzielten Lizenzeinnahmen korrespondieren. Es steht nicht einmal fest, dass die Streithelferin mit den übertragenen Patenten im Geschäftsjahr 2012 überhaQ t irgendwelche Lizenzeinnahmen in Deutschland erzielt hat. Diese sollten vielmehr nach dem Willen der Vertragsparteien des MSA gerade durch Q generiert werden. Insofern sind auch etwaige Anhaltspunkte im MSA, mit welchen Lizenzeinnahmen die Vertragsparteien ggf. in der Zukunft rechneten, nicht aussagekräftig im Hinblick auf die tatsächlich im Geschäftsjahr 2012 von der Streithelferin erzielten Umsätze mit den übertragenen Patenten in Deutschland. Soweit die Beklagten diesbezüglich auf eine Stellungnahme der Streithelferin gegenüber der United States Securities and Exchange Commission abstellen, betrifft diese das gesamte Patentportfolio der Streithelferin weltweit. Eine Aussage gerade im Hinblick auf die übertragenen Patente und die mit diesen in Deutschland erzielten Umsätze kann ihr nicht entnommen werden.
262dd)
263Soweit die Beklagten meinen, die Klägerin bzw. die Streithelferin treffe im Rahmen des § 35 GWB eine sekundäre Darlegungslast, folgt die Kammer dem nicht. Das Behaupten des Überschreitens der Umsatzschwellen durch die Beklagten erfolgt ins Blaue hinein; konkrete Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht. Vor diesem Hintergrund ist kein Anlass ersichtlich, der Klägerin, noch weniger der Streithelferin, eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen, die letztlich der Ausforschung des Sachverhalts durch die Beklagten dienen würde.
264Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften der Fusionskontrolle grundsätzlich nicht den Interessen Dritter dienen. § 41 Abs. 1 GWB soll vielmehr ein geordnetes Fusionskontrollverfahren sicherstellen. Er gilt für alle tatbestandsmäßigen Zusammenschlüsse, die die Umsatzschwellen des § 35 erfüllen, unabhängig von deren materiellrechtlicher Bewertung. Auch freizugebende Zusammenschlüsse unterliegen (zunächst) dem Vollzugsverbot. Daher kann sich kein Wettbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter darauf berufen, dass § 41 GWB ihn vor den wirtschaftlichen Folgen eines Zusammenschlusses schützen soll (vgl. Immenga/Mestmäcker/Thomas, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 41 Rn 74 m.w.N.). Soweit in dem Verfahren vor dem Bundeskartellamt andere Grundsätze hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten gelten sollten – die Beklagten verweisen in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des BGH vom 14.10.2008 in der Streitsache „Faber/Basalt“ (NJW 2009, 1611) – hat dies jedenfalls für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung. Die erkennende Kammer ist nicht dazu berufen, das Fusionskontrollverfahren durchzuführen, sondern hat nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen über das Bestehen oder die Nichtigkeit eines schuldrechtlichen Vertrages bzw. einer Übertragung von Patenten zu entscheiden. Diesbezüglich trifft die Beklagten die volle Darlegungs- und Beweislast für die von ihnen behauptete Unwirksamkeit des MSA und der nachfolgenden Patentübertragungsverträge. Dem haben sie nicht genügt.
265b) Art. 101 AEUV (§ 1 GWB)
266Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, das MSA und die diese Vereinbarung vollziehenden Abtretungsvereinbarungen verstießen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (§ 1 GWB) mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV.
267Art. 101 Abs. 1 AEUV verlangt – ebenso wie § 1 GWB – eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist bei der Prüfung des wettbewerbswidrigen Zwecks einer Vereinbarung insbesondere auf deren Inhalt und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Ferner kann die Kommission die Absicht der Parteien in ihrer Prüfung berücksichtigen, selbst wenn dieser Aspekt für die Entscheidung, ob eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, nicht ausschlaggebend ist (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 25).
268Wenn eine Vereinbarung keine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, ist zu prüfen, ob sie spürbare wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. Dabei sind die tatsächlichen wie auch die potenziellen Auswirkungen zu berücksichtigen. Es muss also zumindest wahrscheinlich sein, dass eine Vereinbarung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat. (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 26)
269Eine Vereinbarung hat dann wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV, wenn sie eine tatsächliche oder wahrscheinliche spürbare negative Auswirkung auf mindestens einen Wettbewerbsparameter des Marktes (zum Beispiel Preis, Produktionsmenge, Produktqualität, Produktvielfalt, Innovation) hat. Vereinbarungen können solche Auswirkungen haben, wenn sie den Wettbewerb zwischen den Parteien der Vereinbarung oder zwischen einer der Parteien und Dritten spürbar verringern. Die Vereinbarung muss die Parteien – entweder durch in der Vereinbarung festgelegte Pflichten, die das Marktverhalten von mindestens einer Partei regeln, oder durch Einflussnahme auf das Marktverhalten mindestens einer Partei durch Veränderung ihrer Anreize – in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn 27).
270Das MSA (und seine Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen der „W QQ “) verfolgt weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck, noch kommen ihm wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen in dem vorbeschriebenen Sinne zu.
271aa)
272Dies gilt zunächst einmal im Hinblick darauf, dass die Streithelferin ihr Portfolio standardessentieller Patente aufgeteilt und einen Teil dieses Portfolios an die Klägerin veräußert hat.
273Die Streithelferin hält nach ihrem eigenen (unbestrittenen) Vortrag eines der stärksten Portfolios essentieller Patente in der Telekommunikationsindustrie, das über 37.000 Patente umfasst. Mit der Veräußerung eines Teils ihres Patentportfolios verfolgte sie den Zweck, einen faireren Ausgleich für die veräußerten Patente zu erlangen, um die vorangegangenen Kosten für Forschung und Entwicklung zu kompensieren. Diese Kosten sind immens; die W -Gruppe beschäftigt mehr als 25.000 Mitarbeiter im Bereich der Forschung und Entwicklung und investiert jährlich etwa 5 Milliarden USD in diesen Bereich. In der Folge werden jährlich etwa 2.000 neue Patente erteilt. Ein Großteil der von der Streithelferin gehaltenen Patente ist essentiell für die bedeutenden Standards, die von Mobilkommunikationsgeräten und deren Infrastruktur genutzt werden. Sie hat daher in der Vergangenheit bereits eine große Anzahl von Lizenzverträgen abgeschlossen. Das Patentrecht dient insbesondere der Förderung solcher Forschungs- und Entwicklungsarbeit, indem die daraus resultierenden Erfindungen unter entsprechenden rechtlichen Schutz gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist die erklärte Absicht der Streithelferin, für ihre Patente einen angemessenen Ausgleich zu erlangen, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
274Grundsätzlich ist der Patentinhaber frei, seine – auch standardessentiellen – Patente zu verwerten, ggf. also auch an Dritte zu veräußern und zu übertragen (so auch schon: OLG Karlsruhe, MMR 2011, 469, 471). Ein generelles Veräußerungsverbot für standardessentielle Patente lässt sich über kartellrechtliche Vorschriften nicht rechtfertigen. Es besteht auch grundsätzlich keine Verpflichtung des Patentinhabers, eine bestehende Lizensierungspraxis aufrecht zu erhalten. Beschränkt wird der Inhaber eines Patents, das Gegenstand eines von einer Standardisierungsorganisation vereinbarten Standards ist, in seiner Lizensierungspraxis unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten durch die von ihm abgegebene Selbstverpflichtungserklärung, Dritten Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu gewähren.
275Die Kammer vermag – entgegen dem anderslautenden Vortrag der Beklagten – im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass es bezweckt war, durch die Aufteilung des Patentportfolios der Streithelferin am Markt überhöhte, insbesondere über einen FRAND-Maßstab hinausgehende Lizenzgebühren durchzusetzen oder die Beklagten gegenüber anderen Marktteilnehmern zu diskriminieren.
276Die den Patentübertragungen zugrundeliegenden Verträge, das Master Sale Agreement vom 10.01.2013 („MSA“) und das Patent Sale and Grant-Back License Agreement vom 13.02.2013 („PSA“), enthalten eine Vielzahl von Regelungen, die die Überleitung der FRAND-Verpflichtung von der Streithelferin auf die Q LLC bzw. von der Q LLC auf die Klägerin sicherstellen sollen. Gemäß Ziffer 6.7 des MSA sollten die Patente der Streithelferin einschließlich der bestehenden Lizensierungsverpflichtungen, unter anderem der Verpflichtungen, die bei der ETSI eingereicht wurden, übertragen werden. In Ziffer 6.14 des MSA heißt es entsprechend, dass die Q LLC die FRAND-Verpflichtung der Streithelferin übernimmt und innerhalb einer angemessenen Frist nach Abschluss des Vertrages gegenüber der ETSI eine eigene FRAND-Erklärung abgeben wird. Gemäß Ziffer 6.1 (x) des MSA ist Q LLC die Geltendmachung von Ansprüchen aus den zu übertragenden Patenten, die über FRAND-Bedingungen hinausgehen, untersagt. In Klausel 6.1 (b) des MSA wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bestehenden Belastungen die Möglichkeiten des Erwerbers einschränken können, die zu übertragenden Patente zu verwerten. Im PSA findet sich in Klausel 5.4 die Verpflichtung der Q LLC, bei einer Übertragung von Patenten auf Dritte sicherzustellen, dass die FRAND-Verpflichtung übernommen wird. Um sicherzustellen, dass die Klägerin in gleicher Weise verpflichtet ist wie Q LLC, ist die Klägerin dem MSA beigetreten.
277Entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtungen gaben sowohl die Q LLC unter dem 14.06.2013 als auch die Klägerin unter dem 6.3.2014 eigene FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI ab. Hiernach sind sowohl die Q LLC als auch die Klägerin (jeweils einschließlich der mit diesen verbundenen Unternehmen) unwiderruflich dazu verpflichtet, Lizenzen an ihren essentiellen Patenten zu Bedingungen einzuräumen, die mit Art. 6.1 der ETSI IPR Richtlinien in Einklang stehen, d.h. „fair, reasonable and non-discriminatory“ sind.
278Dass die FRAND-Erklärung der Klägerin dabei nicht die Verpflichtung umfasst, die bisherige, von der Streithelferin konkret umgesetzte Lizensierungspraxis weiterzuführen, ist unschädlich. Art. 101 AEUV schützt nicht etwa eine bestimmte Lizensierungspraxis, sondern den Zugang zu dem durch den Standard geregelten Produktmarkt zu FRAND-Bedingungen. Der Grundsatz der „Nicht-Diskriminierung“ verlangt dabei von dem Patentinhaber nur, die in einer vergleichbaren Position befindlichen Lizenznehmer gleich zu behandeln, nicht aber, auf die Dauer allen Lizenznehmern exakt dieselben Lizenzbedingungen anzubieten (vgl. hierzu auch schon: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass). Befinden sich die Lizenznehmer in einer unterschiedlichen Ausgangsposition, etwa aufgrund einer zwischenzeitlich erfolgten Veräußerung und Übertragung der lizensierten Patente, können durchaus unterschiedliche Lizenzbedingungen zur Anwendung kommen, ohne dass dies zwingend einen Verstoß gegen den Grundsatz der Lizensierung zu FRAND-Bedingungen bedeuten würde. Dies ergibt sich praktisch schon daraus, dass ggf. ein anderes Portfolio lizensiert wird. Kartellrechtlich bedenklich ist eine solche Lizensierung zu unterschiedlichen Bedingungen erst dann, wenn die Bedingungen sich nicht mehr im fairen und angemessenen Bereich bewegen und die zwischen den einzelnen Lizenznehmern vorgenommenen Unterschiede zu einer wesentlichen Störung des Wettbewerbs führen.
279Was im einzelnen FRAND ist, ist objektiv zu bewerten. Dabei ist unter anderem auch der Umstand zu berücksichtigen, dass für die Herstellung und Vermarktung eines standardkonformen Produkts ggf. Lizenzen bei mehreren Patentinhabern eingeholt werden müssen. FRAND ist dabei die einzelne Lizenzgebühr nur dann, wenn sie insgesamt – d.h. mit den ggf. zusätzlich erforderlichen Lizenzen zusammen – nicht zu einer unangemessen hohen Belastung des Lizenznehmers führt (vgl. hierzu auch Müller, GRUR 2012, 686, 689).
280Soweit die Streithelferin mit dem MSA und den diesen vollziehenden Patentübertragungen die Hoffnung verbindet, durch eine Aufgliederung ihres umfangreichen Patentportfolios in Teil-Portfolios mit unterschiedlichen Patentinhabern höhere, nach ihrem Empfinden angemessene Lizenzgebühren erzielen zu können, wird dies nur dann der Fall sein, wenn die bislang für ihre Patente gezahlten Lizenzgebühren sich unterhalb oder am unteren Rand einer FRAND-Lizenzgebühr bewegten. Die Anhebung der Gebühren auf ein Niveau, das (zumindest mittleren) FRAND-Kriterien entspricht, ist aber nicht als Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, zumal die Parteien des MSA nicht die Möglichkeit haben, die Lizenzgebühren einseitig festzusetzen. Diese müssen vielmehr mit den potentiellen Lizenznehmern ausgehandelt werden. Soweit die Streithelferin bzw. die Klägerin sich durch die Umsetzung des MSA in diesem Zusammenhang eine bessere Verhandlungsposition versprechen, ist dies durchaus legitim. Die Kammer vermag hierin weder einen wettbewerbsbeschränkenden Zweck zu erkennen, noch hält sie es für wahrscheinlich, dass die Vereinbarung spürbar negative Auswirkungen auf den Mobilfunkmarkt hat. Im Hinblick auf die Auswirkungen am Markt hat die Kammer dabei in ihre Überlegungen auch den Umstand eingestellt, dass ausweislich des „license proposal“ der Klägerin Lizenzgebühren von um die 0,75 USD pro Mobilfunkgerät im Raum stehen. In Anbetracht der handelsüblichen Preise für Mobilfunkgeräte ist dies, selbst im niedrigpreisigen Segment, lediglich ein geringer Anteil an den Gesamtkosten. Dass potentielle Lizenznehmer, die den GSM-Standard nutzen möchten, die Lizenzgebühren nunmehr mit (mindestens) zwei Inhabern standardessentieller Patente aushandeln müssen und jedenfalls einer der Patentinhaber – nämlich die Klägerin – eine reine Patentverwertungsgesellschaft darstellt, mag zwar die Lizenzverhandlungen am Markt für die Lizenznehmer etwas erschweren, zumal es jedenfalls in Bezug auf die Klägerin nicht möglich sein dürfte, Kreuzlizenzen zu vereinbaren, dies führt aber so lange nicht zu einem kartellrechtlich bedeutsamen Verhandlungsungleichgewicht, wie die insgesamt für die Nutzung des GSM-Standards geforderten Lizenzgebühren FRAND bleiben. Hierzu haben sich sowohl die Streithelferin als auch die Klägerin gegenüber der ETSI verpflichtet. Darüber hinaus steht den Beklagten weder das Recht auf einen bestimmten Patentinhaber und damit Verhandlungspartner, noch das Recht auf die Zusammenfassung für den GSM-Standard essentieller Patente in einem Portfolio oder die Beibehaltung einer bestimmten Lizensierungspraxis zu.
281bb)
282Das MSA enthält – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch keine unzulässige Preisbindung. Insbesondere verstößt Ziffer 3.4 des MSA nicht gegen Art. 101 AEUV.
283Ziffer 3.4 des MSA lautet:
284„Calculation Adjustment; Royalty Rate
285(a) If Q LLC enters into any license, release, covenant not to sue or assert or other agreement with a third party between Closing and … thereafter that gives or purports to give such third party and/or its Affiliates rights to W QQ (or any other Patents assigned to Q LLC by E Sub or any of its Affiliates) owned or controlled by Q LLC that, at the time that Q LLC enters into such agreement, is known by Q LLC to include at least one Defined Patent to design, manufacture, have made, sell, import or otherwise use Specified Products and if and only if such license, release, covenant or agreement provides for a Royalty Rate for the sales of such Specified Products that is less than the Applicable Royalty Rate for such sales (each such license, release, covenant or agreement, a „Specified Mobile License“), the amounts to be included in Gross Revenues for any fiscal quarter from any Specified Mobile Licenses for purposes of calculating Quarterly Payment under this Agreement for such fiscal quarter shall be the amounts Q LLC would have received had the Royalty Rate in such Specified Mobile Licenses been the Applicable Royalty Rate.”
286Die vorgenannte Regelung des MSA enthält zwar die Vereinbarung einer sog. „Applicable Royalty Rate“, hierin liegt aber keine unzulässige Preisbindung. Q LLC wird durch das MSA nicht verpflichtet, die „Applicable Royalty Rate“ von ihren Lizenznehmern zu verlangen. Vielmehr ist Q LLC in ihrer Preisgestaltung im Verhältnis zu ihren Lizenznehmern frei. Ziffer 3.4 stellt lediglich eine Kaufpreisregelung im Verhältnis zur Streithelferin bzw. deren Tochtergesellschaft, der Z , dar.
287Die Parteien des MSA haben für den Verkauf der „W QQ “ keinen festen Kaufpreis vereinbart. Vielmehr wird der Kaufpreis gemäß Ziffer 3.1 des MSA von Q LLC in vierteljährlichen Zahlungen an die D geleistet. Die Höhe der Zahlungen bemisst sich ausweislich Ziffer 3.2 des MSA anhand eines festgelegten Prozentsatzes der von Q LLC im vorhergehenden Quartal erzielten Einkünfte („Gross Revenue“). Mit anderen Worten erhält die D als Gegenwert für die Übertragung der Patente einen Anteil an den von Q LLC erzielten Lizenzeinnahmen. In diesem Zusammenhang ist auch Ziffer 6.1 (aa) des MSA zu sehen, wonach Q LLC mit ihren Lizenznehmern ohne die Zustimmung der Streithelferin keine Gebührenstruktur vereinbaren darf, die nicht an einen Prozentsatz der Gesamteinnahmen des Lizenznehmers aus Verkäufen der „Specified Products“ anknüpft. So soll sichergestellt werden, dass W bzw. die D ihren Anteil an den Lizenzeinnahmen erhält. Die Regelungen in den Ziffern 3.3 und 8.13 des MSA dienen dazu, den Kaufpreis für den Fall abzusichern, dass Q LLC ihre vertraglichen Pflichten aus dem MSA verletzt (sog. „trigger events“) oder ein Kontrollwechsel („change of control“) stattfindet.
288Um sicherzustellen, dass die „Kaufpreiszahlung“ an die D einen bestimmten Wert erreicht, sieht Ziffer 3.4 des MSA die Festlegung einer „Applicable Royalty Rate“ vor. Wird diese beim Abschluss eines Lizenzvertrages von Q LLC unterschritten, ist der an die D abzuführende Anteil an den Lizenzeinnahmen (hypothetisch) auf der Grundlage der Applicable Royalty Rate zu berechnen. Dabei stellt der abgeschlossene Lizenzvertrag – auch bei Unterschreiten der Applicable Royalty Rate für die Q LLC nicht notwendigerweise ein Verlustgeschäft dar. Denn an die D abzuführen ist nicht die gesamte Applicable Royalty Rate, sondern nur der jeweils nach Ziffer 3.2 des MSA geschuldete Prozentsatz. Liegt dieser bei 20 %, tritt ein rechnerischer Verlust bei der Q LLC erst dann ein, wenn der tatsächlich vereinbarte Lizenzsatz weniger als 1/5 der Applicable Royalty Rate beträgt. Insofern ist die Situation vergleichbar mit der eines Zwischenhändlers, der selbstverständlich bestrebt sein wird, seine Waren über dem Einkaufspreis weiter zu verkaufen und hierbei den höchstmöglichen Gewinn zu erwirtschaften. Das Ziel der Gewinnmaximierung ist dabei dem Wirtschafsleben immanent. Die Regelungen des MSA gehen über diese Zielsetzung nicht hinaus.
289Dabei sind sowohl Q LLC als auch die Klägerin gebunden durch ihre FRAND-Erklärungen gegenüber der ETSI. Die Q LLC bzw. die Klägerin kann weder die Lizensierung standardessentieller Patente als solches verweigern, noch steht ihr die Option offen, von ihren Lizenznehmern überhöhte, nämlich über FRAND-Lizenzsätze hinausgehende Lizenzgebühren zu verlangen. Auch dies hat sie im Rahmen ihrer kaufmännischen Überlegungen zu berücksichtigen, wenn es darum geht zu entscheiden, ob ein Lizenzvertrag auf der Basis eines bestimmten Lizenzsatzes abgeschlossen werden soll. Insofern liegt das Risiko, dass der im Einzelfall als FRAND zu bewertende Lizenzsatz unter der Applicable Royalty Rate liegt, allein bei der Q LLC bzw. der Klägerin. Wenn dies nämlich der Fall sein sollte, ist Q LLC bzw. die Klägerin aufgrund des MSA (vgl. etwa Ziffer 6.14) und der von ihr abgegebenen FRAND-Erklärung dennoch verpflichtet, zu FRAND-Bedingungen zu lizensieren und die damit verbundenen Gewinneinbußen hinzunehmen. Eine Verpflichtung, zu den Bedingungen der Applicable Royalty Rate abzuschließen, besteht demgegenüber gerade nicht.
290Selbst wenn man aber – entgegen den vorstehenden Ausführungen – eine unzulässige Preisbindung annehmen wollte, hätte diese jedenfalls nicht die Unwirksamkeit des gesamten MSA, schon gar nicht der hier allein in Rede stehenden Verträge über die Übertragung des Klagepatents zur Folge. Gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV sind nur die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verbotenen Vereinbarungen, nicht also ohne weiteres das komplette Vertragswerk, nichtig. Der Umfang der unmittelbar aus Art. 101 Abs. 2 AEUV folgenden Nichtigkeit ergibt sich aus dem Verbotszweck des Art. 101 Abs. 1 AEUV: Nichtig sind diejenigen Vertragsabreden, die entweder unmittelbar gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoßen oder von der verbotswidrigen Vereinbarung nicht zu trennen sind oder dem verbotswidrigen Vertragsinhalt dienen (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 21). Über die Frage, inwiefern sich einzelne, kartellrechtswidrige Klauseln vom übrigen Vertrag trennen lassen, entscheidet nicht die zivilrechtliche Ausgewogenheit des Vertrags in seiner Gesamtheit, sondern allein der Zweck des Kartellverbots (Immenga/Mestmäcker/Schmidt, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2012, Art. 101 AEUV Rn 22). Soweit also infolge einer unzulässigen Preisfestsetzung Ziffer 3.4 (a) des MSA, ggf. zusammen mit Ziffer 6.1, nichtig sein sollte, hätte dies – jedenfalls im Hinblick auf Art. 101 Abs. 2 AEUV – auf den übrigen Vertrag keine Auswirkungen, da sich die vorgenannten Regelungen ohne weiteres von dem Vertragsinhalt im Übrigen trennen lassen.
291Inwieweit die Teilnichtigkeit ggf. doch den gesamten Vertrag erfasst, ist in einem zweiten Schritt nach nationalem Recht zu prüfen, in diesem Fall nach dem Recht des Staates Delaware (vgl. Ziffer 8.4 des MSA). Die Klägerin hat substantiiert vorgetragen, dass nach dem Recht des Staates Delaware die Nichtigkeit einer oder mehrerer Vertragsklauseln nicht automatisch zu einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt (vgl. hierzu auch: Capital Bakers, Inc. / Leahy, 20. Del. Ch. 407, 411-12, 178 A. 648, 650 (1935)). Die Absicht der Parteien, eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages im Zweifel zu vermeiden, kann durch eine salvatorische Klausel ausgedrückt werden. Dies ist im MSA in Ziffer 8.9 geschehen. Hiernach soll die Nichtigkeit einer Bestimmung den Rest des Vertrages nicht berühren. Die Parteien verpflichten sich vielmehr, in einem solchen Fall eine Ersatzbestimmung zu suchen, die dem Zweck der unwirksamen Regelung entspricht. Die Kammer ist davon überzeugt, dass es dem Willen der Parteien des MSA entsprach, die hier in Rede stehenden Patentübertragungen wirksam vorzunehmen. Für den Fall, dass Ziffer 3.4 tatsächlich eine unzulässige Preisbindung darstellen sollte, hätten die Vertragsparteien eine andere Regelung gefunden, um den der Streithelferin zustehenden Kaufpreis abzusichern und das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der übertragenen Patente angemessen zwischen ihnen zu verteilen. Es sind vielfältige Kaufpreisregelungen denkbar, die der Q LLC bzw. der Klägerin den erforderlichen Handlungsspielraum in den Lizenzvertragsverhandlungen mit Dritten lassen, zugleich aber sicherstellen, dass die Streithelferin für die Veräußerung und Übertragung ihrer Patente einen angemessenen Gegenwert erhält. Insofern mag die Sicherung des Kaufpreises zwar ein wesentliches Interesse der Streithelferin gewesen sein, dies konnte aber nicht allein durch die in Ziffer 3.4 des MSA getroffene Regelung erreicht werden, sondern es ist durchaus vorstellbar, dass die Vertragsparteien eine dem Zweck der Regelung ebenfalls entsprechende Ersatzbestimmung gefunden hätten.
292c) Art. 102 AEUV, § 19 GWB i.V.m. § 134 BGB
293Die Regelungen des MSA und deren Umsetzung durch die nachfolgenden Übertragungen des Klagepatents einschließlich damit verbundener Rechte stellen keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV dar.
294Zwar vermittelt das Klagepatent der Klägerin auf dem Markt für die Vergabe von Lizenzen am Klagepatent eine marktbeherrschende Stellung, die infolge der technischen Bedeutung des Klagepatents auch auf den nachgelagerten Produktmarkt durchschlägt (s. ausführlicher unten zum Lizenzeinwand), die im MSA festgehaltene Vereinbarung zwischen der Streithelferin, ihrer Tochtergesellschaft und dem H Konzern stellt sich aber nicht als missbräuchlich dar. Insbesondere liegt weder ein Ausbeutungs- noch ein Behinderungsmissbrauch vor. Wie bereits im Rahmen des Art. 101 AEUV erläutert, ist das Ziel, die Lizenzeinnahmen aus den übertragenen Patenten zu steigern, jedenfalls so lange nicht wettbewerbsbeschränkend und damit im Rahmen des Art. 102 AEUV auch nicht missbräuchlich, wie die Klägerin sich an ihre Verpflichtung hält, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen. Auf die Argumentation im Rahmen des Art. 101 AEUV wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Weitere Aspekte, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sieht die Kammer nicht, inwiefern durch das MSA die technische Entwicklung beschränkt werden sollte, nachdem die Möglichkeit der Lizenznahme zu FRAND-Bedingungen gewährleistet ist.
295II.
296Die Beklage zu 2) ist hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform II passiv legitimiert, nicht jedoch die Beklagte zu 1). Die Passivlegitimation der Beklagten im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I kann mangels Verletzung des Klagepatents dahinstehen.
297Unstreitig bietet die Beklagte zu 2) die angegriffene Ausführungsform II auf ihren Internetseiten an. Ein Angebot der angegriffenen Ausführungsform II seitens der Beklagten zu 1) kann die Kammer hingegen nicht feststellen. Ein solches hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, sondern lediglich pauschal behauptet. Nachdem die Beklagten in der mündlichen Verhandlung ein Anbieten bestritten haben, wäre es an der Klägerin gewesen, substantiiert zu konkreten Angebotshandlungen der Beklagten zu 1) in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II vorzutragen. Dem ist sie nicht nachgekommen.
298III.
299Das Klagepatent betrifft die Selbstkonfiguration und Optimierung von Zellennachbarn in drahtlosen Telekommunikationsnetzen.
300Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereit gestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit einem entsprechenden mobilen Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer passenden Zelle automatisch erfolgen soll.
301In Abgrenzung zum Stand der Technik erläutert das Klagepatent eingangs ein drahtloses Telekommunikationsnetz, das mehrere Kommunikationszellen definiert, von denen jede von einer (Funk-)Basisstation versorgt wird. Jede Kommunikationszelle deckt ein geografisches Gebiet ab, das durch die Kombination mehrerer Zellen groß sein kann. Eine Basisstation ist mit mehreren Empfängern und Sendern ausgestattet, welche die Funkversorgung einer oder mehrerer Zellen bereitstellt. Wichtige Elemente in diesem Netz sind die Zellen und ihre Nachbarn. Während eines Gesprächs bewegt sich ein mobiles Endgerät normalerweise zwischen den Zellen umher und geht wiederholt von einer Zelle zu einer Nachbarzelle. Eine Liste bekannter Nachbarn, die sog. Nachbarzellenmenge, ist für das Netz und das mobile Endgerät wichtig, um ein zuverlässiges Handover zwischen den Zellen zu gewährleisten. Das Netz speichert die die Nachbarzellenmenge betreffenden Informationen für jedes mobile Endgerät. Die Nachbarzellenmenge wird zur Evaluierung und für das Handover eines mobilen Endgeräts von einer Zelle zur anderen beim Überschreiten der Zellgrenze verwendet.
302In den vorbekannten Systemen erkennt und misst das mobile Endgerät 4 Betriebsparameter für Nachbarzellen durch den Empfang von Signalen aus der Nachbarschaft. Die gemessenen Betriebsparameter sind normalerweise eine Bitübertragungsschicht-Kennung, wie z.B. ein Verwürfelungscode, die der Zelle, Signalstärke, Signalqualität und Zeitinformation nicht eindeutig zugeordnet ist. Das mobile Endgerät misst die Betriebsparameter jeder Nachbarzelle und meldet diese an das Netz. Wenn die Qualität einer Nachbarzelle als besser als diejenige der aktuellen Versorgungszelle eingestuft wird, führt das Netz ein Handover von der Versorgungszelle zur ausgewählten Nachbarzelle durch. Die Nachbarzelle wird dann die Versorgungszelle für das mobile Endgerät.
303Das Klagepatent erläutert weiter, dass in einem Breitband-Codevielfachzugriffssystem (WCDMA) das mobile Endgerät Übertragungen des gemeinsamen Pilotkanals (CPICH) von umgebenden Zellen erkennt, um die Kennung und Zeitinformation zu bestimmen. Bedeutsam sind diese jeweiligen Zellkennungen bei der Meldung der Signalqualitätsmessungen der Nachbarzelle vom mobilen Endgerät an das Netz. Im Stand der Technik werden mehrere Verwürfelungscodes für mehr als eine Zelle verwendet. Nach dem Klagepatent besteht daher die Gefahr von Verwechselungen, da die Versorgungszelle Nachbarzellen mit denselben Kennungsinformationen haben kann.
304Die Schrift RR zeigt nichteindeutige in den Zellen übertragene Zellenkennungscodes. Diese Schrift dient dazu, die Zelle zu identifizieren, z.B. bei der Durchführung von Messungen der Nachbarzellen durch ein mobiles Endgerät. Das Klagepatent führt aus, dass man davon ausgehen könne, dass die Zellenkennung entgegen der Angabe, dass die Kennung pro Zelle eindeutig sei, nicht eindeutig ist. Das in der RR offenbarte Netz stellt – so das Klagepatent – offenbar ein GSM-Netz dar. Der verwendete Name für die Zellenkennung ist der Kennungscode der Basisstation (BSIC). Dies ist ein für das GSM-Netz standardisierter Begriff. Das Klagepatent erläutert weiter, dass nach dem GSM-Standard der BSIC aus insgesamt 6 binären Bits generiert wird. Damit stehen nur 64 eindeutige Codes zur Verfügung. Das GSM-Netz umfasst jedoch weit mehr Zellen. Um die BSIC-Codes sinnvoll zu reduzieren, wird ein GSM-Endgerät angewiesen, auf bestimmten Kanälen der verschiedenen Frequenzkanalsätze dieses TDMA-Systems Messungen von Nachbarzellen durchzuführen. Damit wird das Risiko reduziert, dass eine mit ihrem BSIC gemeldete Messung irrtümlicherweise einer anderen Zelle zugeordnet wird und nicht der tatsächlichen Messung entspricht. Die korrekte Identifizierung der von dem mobilen Endgerät gemeldeten Zellen ist erforderlich, damit ein Handover zur bestgeeignetsten Zelle eingeleitet wird.
305Das Klagepatent kritisiert hieran, dass mangels eindeutiger Bitübertragungsschicht-Kennung der Zellen die Platzierung und Wartung/Pflege der Nachbarzellenmengen nie vollautomatisch ablaufen. Menschliche Bemühungen sind – so das Klagepatent – notwendig zur Lösung von Problemen in Situationen, in denen die Versorgungszelle mehrere Nachbarn mit derselben nicht eindeutigen Kennung hat. Die Planung eines Netzes, in dem eine von einem mobilen Endgerät gemessene und gemeldete Zelle nicht irrtümlicherweise für eine andere Zelle gehalten werden kann, wäre zu aufwändig.
306Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, die Kosten für Planung und Wartung/Pflege zu senken, indem es eine zusätzliche Maßnahme durchführt, wenn von mobilen Endgeräten zusätzlicher Aufwand zur eindeutigen Identifizierung von Nachbarzellen im Funknetz verlangt wird und die Kennungen von dem mobilen Endgerät an das Netz zu melden sind. Die Ausführungsformen der klagepatentgemäßen Erfindung sollen manuelle Eingriffe reduzieren.
307Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent im Anspruch 6 ein mobiles Endgerät mit folgenden Merkmalen vor:
3081.
309Mobiles Endgerät zur Verwendung in einem drahtlosen Telekommunikationssystem.
3102.
311Das drahtlose Telekommunikationssystem umfasst eine Mehrzahl von Kommunikationszellen.
3123.
313In den Kommunikationszellen werden
314a)
315eine nichteindeutige Zellenkennung und
316b)
317eine eindeutige Zellenkennung übertragen.
3184.
319Das Endgerät umfasst eine Steuerung.
3205.
321Die Steuerung dient zur Kommunikation mit einer Funkbasisstation.
3226.
323Die Funkbasisstation versorgt eine erste Kommunikationszelle.
3247.
325Die Steuerung ist als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle betreibbar zum:
326a)
327Erkennen eindeutiger Zellenkennungsinformationen für eine zweite Kommunikationszelle und
328b)
329Melden der eindeutigen Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an die Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle.
330Weiter schlägt das Klagepatent in Anspruch 17 ein drahtloses Telekommunikationsnetzwerk mit folgenden Merkmalen vor:
3311.
332Drahtloses Telekommunikationsnetz,
3332.
334Das drahtlose Telekommunikationsnetz definiert eine Mehrzahl von Kommunikationszellen, in denen
3352.1
336eine nichteindeutige Zellenkennung und
3372.2
338eine eindeutige Zellenkennung
339übertragen werden.
3403.
341Das Netz umfasst Netzressourcen, die betreibbar sind zum:
3423.1
343Kommunizieren mit einem in einer ersten Kommunikationszelle betriebenen mobilen Endgerät;
3443.2
345Stellen einer Anforderung an das mobile Endgerät zum Abrufen der eindeutigen Zellenkennung einer zweiten Kommunikationszelle;
3463.3
347Empfangen einer eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle von dem mobilen Endgerät;
3483.4
349Herstellen einer Transportverbindung durch
3503.4.1. Finden in einer Nachschlagetabelle
3513.4.2. einer Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle
3523.4.3. mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt.
353IV.
354Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf es näherer Ausführungen zur Auslegung der Merkmalsgruppe 3 (dazu 1.) und des Merkmals 7 des Anspruchs 6 (dazu 2.). Ferner bedarf die Merkmalsgruppe 3.4. des Anspruchs 17 der Auslegung (dazu 3.).
3551.
356Das Übertragen („transmit“) der Zellenkennungsinformationen erfordert lediglich, dass die Zellen die Kennungen weitergeben. Der Fachmann versteht unter einer übertragenen Zellenkennung Signale, die es dem mobilen Endgerät ermöglichen, die Zelle, von der die Signale stammen, eindeutig oder nichteindeutig zu identifizieren. Der Anspruch stellt keine gesteigerten Anforderungen an die Art der Weitergabe. Erfasst sind damit auch Übertragungsformen, bei denen die Information erst wieder aus tatsächlichen, physikalisch übertragenen Signalen ermittelt bzw. zusammengesetzt oder umgerechnet werden muss. Aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ist dem Fachmann bewusst, dass Informationen z.B. auf mehrere Datenpakete aufgeteilt werden können, um sie zu übertragen. Umgekehrt ergeben sich aus dem Begriff des Übertragens auch keine besonderen Anforderungen an eine eindeutige Zellenkennung.
3572.
358Indem das Klagepatent den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle (Merkmal 7) voraussetzt und das Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle an den Empfang der Anweisung (Merkmal 7: in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung) anschließt, geht die Initiative für die Durchführung dieser Verfahrensschritte von der Funkbasisstation aus. Dass jedenfalls die Schritte Anweisung und Erkennen eindeutiger Zellkennungsinformation in chronologischer Reihenfolge ablaufen müssen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut „auf einen Empfang der Anweisung“. Damit lässt der Wortlaut zu, dass die Reihenfolge nicht ausschließlich vom Endgerät gesteuert wird. Eine Steuerung des Ablaufs allein durch das Endgerät widerspräche vielmehr dem Anspruchswortlaut, der im Merkmal 7 Instruktionen der Funkbasisstation in Form einer Anweisung fordert. An die Anweisung selbst stellt der Klagepatentanspruch keine erhöhten Anforderungen. Auch die Reaktion hierauf ist außer dem Erkennen und Melden nicht näher spezifiziert. So macht der Klagepatentanspruch keinerlei Vorgaben, wie oft die eindeutige Zellenkennung nach Erhalt der Anweisung erkannt und gemeldet werden soll.
3593.
360Nach der Merkmalsgruppe 3.4 sind Netzressourcen betreibbar zum Herstellen einer Transportverbindung, indem eine Übereinstimmung der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle mit einer Netzadresse der Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt, in einer Nachschlagetabelle gefunden wird.
361Der Fachmann erkennt, dass die Netzressourcen, nachdem sie die eindeutige Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle empfangen haben, eine Netzadresse der die Zelle versorgenden Funkbasisstation finden sollen, die mit der eindeutigen Zellenkennung übereinstimmt. Dadurch kann die Transportverbindung hergestellt werden. Merkmalsgruppe 4.3 beschränkt sich darauf, einen einzelnen Schritt zur Herstellung der Transportverbindung zu beschreiben, nämlich wie die für die Transportverbindung erforderliche Netzadresse unter Verwendung der zuvor vom mobilen Endgerät gemeldeten eindeutigen Zellenkennung ermittelt werden soll. Der Fachmann sieht in dem Finden einer Übereinstimmung in einer Nachschlagetabelle daher keinen ursächlichen Automatismus sondern nur eine (von mehreren möglichen) Voraussetzungen, die für die Herstellung der Transportverbindung notwendig ist.
362Aus den Merkmalen 3.4.2 und 3.4.3 ergibt sich, dass die Nachschlagetabelle Informationen über Netzadressen der Funkbasisstationen, insbesondere auch die Funkbasisstation, die die zweite Kommunikationszelle versorgt, vorhält, mit denen die eindeutige Zellenkennung verglichen werden kann. Es soll in diesen Daten eine Übereinstimmung mit der eindeutigen Zellenkennung gefunden werden. „Finden der Übereinstimmung“ bedeutet danach, dass der eindeutigen Zellenkennung der zweiten Kommunikationszelle eine Netzadresse der versorgenden Funkbasisstation zugeordnet ist und über diese Zuordnung die Netzadresse ermittelt werden kann. An die Nachschlagetabelle stellt der Anspruch daher die Anforderung einer möglichen Zuordnung zwischen Zellenkennung und Netzadresse. Insofern setzt der Begriff der Nachschlagetabelle voraus, dass mehrere Einträge eindeutiger Zellenkennungen vorhanden sind oder jedenfalls vorhanden sein können, denen Netzadressen von Funkbasisstationen zugeordnet sind. Der Vergleich der empfangenen Zellenkennung mit den in der Nachschlagetabelle enthaltenen Zellenkennungen ermöglicht das Auffinden der korrekten Netzadresse. Funktional betrachtet genügt jegliche Form der Zuordnung, solange eine Einheit der Netzwerkressourcen die Netzadresse unter Rückgriff auf die Tabelle eigenständig ermitteln kann. Aus einem Ausführungsbeispiel erfährt der Fachmann, dass die eindeutige Zellenkennung auf eine IP-Adresse abgebildet sein kann, die wiederum auf die Funkbasisstation verweist, die die Zelle erkennt (vgl. Absatz [0029]). Dabei lässt das Klagepatent die konkrete (software- oder programm-)technische Umsetzung der Nachschlagetabelle ebenso offen wie den Ort, an dem die Tabelle niedergelegt sein soll. Sie muss nicht zwingend in der Funkbasisstation verortet sein, sondern kann auch innerhalb anderer Netzressourcen vorgehalten werden. Auch aus der Beschreibung lässt sich keine nähere Erläuterung des Begriffs der Nachschlagetabelle entnehmen.
363V.
364Zur Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der ANR-Funktion um eine zwingende Vorgabe des LTE-Standards (dazu 1.), so dass es für die Darlegung der Verletzung genügt, dass der Standard die klagepatentgemäße Lehre zeigt. Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 6 (dazu 2.). Hingegen scheidet sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Verletzung des Anspruchs 17 durch die angegriffene Ausführungsform I aus (dazu 3.).
3651.
366Die ANR-Funktion ist im LTE-Standard zwingend und nicht lediglich optional. Dies ergibt sich sowohl aus konkreten Aussagen als auch aus bestimmten gewählten Formulierungen im Standard.
367Der LTE-Standard führt allgemein zur ANR-Funktion aus, dass ihr Zweck darin besteht, den Bediener von der manuellen Verwaltung der Nachbarbeziehungen zu entlasten. Die ANR-Funktion befindet sich in der eNB und verwaltet die konzeptuelle Nachbarbeziehungstabelle (NRT) (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a). Darüber hinaus formuliert der LTE-Standard am Anfang der detaillierteren Beschreibung der Abläufe der ANR-Funktion: Die eNB Versorgungszelle (eNB serving cell) hat (has) eine ANR-Funktion (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.3). Bereits diese Formulierungen sind eindeutig und lassen keinen Interpretationsspielraum zu, dass es sich bei der Implementierung der ANR-Funktion nur um eine Möglichkeit handeln könnte.
368Außerdem hat die Klägerin über die sog. „feature group indicators“ substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform II von der ANR-Funktion Gebrauch macht. Diese Indikatoren listen für UEs zwingende LTE-Funktionen auf. Ausweislich der Anlagen Change Request 36.331 CR 0482 rev – current version 8.11.0, 3GPP TS36.331 V9.4.0 (2010-09) und Test Report no. 04032015_006 (UE Capability Information WCDMA and LTE) hat die Klägerin gezeigt, dass die angegriffene Ausführungsform II der Beklagten die ANR-Funktion und damit den Standard nutzt. Daraus ergibt sich, dass die Funktion positiv getestet wurde. Sofern die Beklagten die Durchführung der Tests und ihre Ergebnisse mit Nichtwissen bestreiten, dringen sie damit nicht durch. Die angegriffene Ausführungsform II wird von den Beklagten zu 2) angeboten. Die Beklagten sind gehalten, substantiiert zu den Funktionen ihrer eigenen Telefone vorzutragen, und können sich mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 ZPO nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen. Ebenfalls überzeugt der Vortrag der Beklagten nicht, dass sich aus dem vorgelegten TestbPP ht nicht ergebe, dass das I BB getestet worden sei. Die hier maßgebliche Seite 6 des BPP hts zeigt eindeutig, dass die angegriffene Ausführungsform II getestet wurde.
3692.
370Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht alle Merkmale des Anspruchs 6.
371a)
372In den Kommunikationszellen im LTE-Netz werden nichteindeutige und eindeutige Zellenkennungen übertragen (Merkmal 3). Es handelt sich dabei um die PCI und die ECGI. Angesichts obiger Ausführungen zur Auslegung ist es unerheblich, dass die PCI aus den Synchronisationssignalen PSS und SSS zusammengesetzt und anhand der Formel errechnet wird. An anderer Stelle des LTE-Standards (LTE-Standard I, Ziffer 22.3.2a) findet sich zudem, dass eine bestehende Nachbarbeziehung von einer Ausgangszelle zu einer Zielzelle bedeutet, dass die die Ausgangszelle steuernde eNB die PCI der Zielzelle kennt. Diese Kenntnis bedingt, dass eine Übertragung in den Zellen möglich ist. Gleiches gilt auch für die ECGI, die sich aus der plmn-Identity und der cellIdentity zusammensetzt. Bei der ECGI handelt es sich um eine eindeutige Kennung. Dies genügt, mag der LTE-Standard auch einen anderen Zweck damit verfolgen.
373b)
374Ferner verwirklicht die angegriffene Ausführungsform II nach dem LTE-Standard auch Merkmalsgruppe 7.
375Gemäß dem LTE-Standard empfängt das UE von der eNB der Versorgungzelle, die die erste Kommunikationszelle darstellt, über die Steuerung eine Anweisung (Merkmal 7), eindeutige Zellenkennungsinformationen für die zweite Kommunikationszelle zu erkennen (Merkmal 7a) und diese an die eNB zu melden (Merkmal 7b).
376Eine zweite RRCConnectionReconfiguration Nachricht enthält mit der measConfig die Aufforderung „reportCGI“ (LTE-Standard III, Ziffer 8.3.3.1.3.2, Schritt 5). Die Information „reportCGI“ stellt eine Anweisung im Sinne des Klagepatents 6 dar. Nach Ziffer 5.5.3.1 des LTE-Standards II soll das UE, wenn eine measID vorliegt, für welche der Zweck in der zugehörigen reportConfig auf ´reportCGI` gesetzt ist, versuchen, die E-Utran Cell Global Identity (ECGI) zu beschaffen (LTE Standard II, Ziffer 5.5.3.1). Der Zweck „reportCGI“ bezieht sich auf die ECGI. Bei der ECGI handelt es sich um den globalen eindeutigen Zellidentifizierer und damit um eindeutige Kennungsinformationen der Nachbarzelle. Ausweislich der Tabelle 8.3.3.1.3.2 des LTE-Standards III beschafft sich das UE die ECGI (relevant system information) von der zweiten Kommunikationszelle (Schritt 5, 6). In Schritt 7 der Tabelle sollte das UE innerhalb einer Sekunde die ECGI (cellGlobalID) der zweiten Zelle sprich Nachbarzelle an die Funkbasisstation gemeldet haben.
377Gleiches folgt auch aus Ziffer 22.3.3 des LTE-Standards I. Danach weist die eNB das UE unter Verwendung der neu entdeckten PCI als Parameter an, unter anderem die ECGI der dazugehörigen Nachbarzelle zu lesen. Dies erfolgt mittels „reportCGI“. Wenn das UE die ECGI der neuen Zelle herausgefunden hat, behauptet das UE die gefundene ECGI an die Serving Cell NB. Die hier zitierten Stellen im LTE-Standard zeigen, dass die ECGI nicht ohne eine Anforderung der eNB („instructs“) gelesen wird. Ob das Melden/BPP hten – wie die Beklagten ausführen und im Ergebnis von der Klägerin nicht bestritten wurde – periodisch erfolgt, ist unerheblich. Das Klagepatent macht hierzu keine einschränkenden Vorgaben. Abgesehen davon sind die Beklagten dem Vortrag der Klägerin, wonach selbst bei einer Implementierung über den periodischen BPP htstyp die Periode jedenfalls so konfiguriert sei, dass die ECGI dabei höchstens immer nur ein einziges Mal abgerufen und behauptet werde, nicht mehr substantiiert entgegengetreten.
3783.
379Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform I geeignet ist, eine Nachschlagetabelle im Sinne des Klagepatentanspruchs 17 zu verwenden, um eine Übereinstimmung von eindeutiger Zellenkennung und Netzadresse der Funkbasisstation zu finden (Merkmalsgruppe 3.4). Mangels klagepatentgemäßer Nachschlagetabelle ist es unerheblich, ob diese sich in der eNB (unmittelbare Verletzung) oder in der MME (mittelbare Verletzung) befindet. Insofern hat sowohl der HaQ tantrag als auch der Hilfsantrag gestützt auf die wortsinngemäße Verletzung des Klagepatentanspruchs 17 keinen Erfolg.
380Wird der eNB von einem UE eine eindeutige Zellenkennung einer benachbarten Zelle mitgeteilt, die ihr zuvor noch nicht bekannt war, bietet der LTE-Standard der eNB die Möglichkeit, diese neue Nachbarbeziehung einer Liste hinzuzufügen und eine Netzadresse zu ermitteln. Dazu heißt es in Ziffer 22.3.3 unter 4. (LTE-Standard I): Wenn die eNB entscheidet, diese Nachbarbeziehung hinzuzufügen, kann sie die PCI und ECGI verwenden, um (a) eine Transportschichtadresse für die neue eNB nachzuschauen und (c) wenn notwendig eine neue X2-Schnittstelle zu diesem eNB einzurichten. Bei der Transportschichtadresse handelt es sich um eine Netzadresse im Sinne des Klagepatentanspruchs 17. Die Ermittlung der Transportschichtadresse findet gemäß Abschnitt 22.3.6.1 des LTE-Standards I statt. Die eNB sendet eine eNB CONFIGURATION TRANSFER message zur MME, um die Transport Network Layer- (TNL-) Adresse der Ziel-eNB zu erfragen. Diese Nachricht enthält die Ziel-eNB-ID. Die MME gibt die Anfrage durch Senden einer MME CONFIGURATION TRANSFER message an die Ziel-eNB weiter, die durch die Ziel-eNB-ID identifiziert wird. Die Ziel-eNB antwortet der MME mit der eNB CONFIGURATION TRANSFER message, die unter anderem eine oder mehrere TNL-Adressen enthält. Die MME wiederum leitet die Antwort weiter an die ursprüngliche eNB.
381Dieser Abfragemechanismus stellt kein Finden einer Übereinstimmung in einer Nachschlagetabelle im Sinne des Klagepatents dar. Es lässt sich nicht feststellen, dass die TNL-Adresse aus (potentiell mehreren) Zellenkennungen aufgrund einer Zuordnung zu einer bestimmten Zellenkennung ermittelt wurde. Vielmehr wird die TNL-Adresse direkt bei der Ziel-eNB angefragt. Die eNB stellt ohnehin nur eine Anfrage an die MME. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass sich die MME einer Nachschlagetabelle bedient. Vielmehr wird die Anfrage der eNB von der MME an die Ziel-eNB weitergeleitet, die selbst mit ihrer TNL-Adresse antwortet. Denn wie die Beklagten dargelegt haben, verarbeitet oder bearbeitet das MME die Anfrage der eNB nicht, sondern reicht sie lediglich weiter an die Ziel-eNB (Abschnitt 8.15.2.1, TS 36.413; „transparently transfer“). Die Ziel-eNB kennt ihre eigene TNL-Adresse. Anders als der im Ausführungsbeispiel genannte DNS-Server wird hier keine Zellenkennung auf eine IP-Adresse abgebildet, sondern die TNL-Adresse wird vom Adressaten selbst konkret erfragt.
382In diesem Zusammenhang vermag sich die Kammer der Ansicht der Klägerin nicht anzuschließen, dass die Speicherung der TNL-Adresse in der Kandidaten-eNB zusammen mit der Anfrage der MME die Zuordnung im Sinne einer Nachschlagetabelle darstellen soll. Ein Nachschlagen bzw. das Finden einer Übereinstimmung in einer Tabelle ist nicht ersichtlich. Die Ziel-eNB antwortet mit der TNL-Adresse auf die Anfrage der MME, die die Ziel-eNB-ID enthält. Einer etwaigen Zuordnung durch das Finden einer Übereinstimmung bedarf es nicht – und wird so konkret von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner Ausführungen mehr dazu, ob die Ziel-eNB-ID komplett identisch mit der ECGI sei oder jedenfalls vollständig von dieser als Unterabschnitt erfasst werde.
3834.
384Mangels entsprechenden Antrags bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu einer äquivalenten Verletzung.
385VI.
386Geschwärzt und gelöscht
387VII.
388Aufgrund der unberechtigten Benutzung der patentgemäßen Lehre des Klagepatentanspruchs 6 durch die Beklagte zu 2) ergeben sich nachstehende Rechtsfolgen.
3891.
390Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 2) dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
391Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht (vgl. Schulte/Voß/Kühnen, Patentgesetz, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 231).
392Die Beklagte zu 2) hat die streitgegenständliche Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Der Umstand, dass die Klägerin für das Klagepatent gegenüber der ETSI eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar mag die FRAND-Erklärung bei den betroffenen Marktteilnehmern die berechtigte Erwartung hervorrufen, dass ihnen eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen erteilt werde, dennoch ist es fahrlässig, ohne den erfolgreichen Abschluss eines Lizenzvertrages mit der Nutzung des Patents zu beginnen. Denn erst die Lizenz vermittelt das Recht zur Benutzung. Der FRAND-Erklärung selbst kommt diese Wirkung hingegen nicht zu; sie stellt lediglich die ernstgemeinte Erklärung des Patentinhabers dar, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents potentiellen Benutzern Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen (s. hierzu ausführlicher unten im Rahmen des Zwangslizenzeinwandes).
393Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Dieser besteht bereits in der unberechtigten Benutzung des Schutzrechts durch die Beklagte zu 2).
3942.
395Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 2) auch ein Anspruch auf Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit den §§ 140b PatG, 242, 259 BGB zu, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte zu 2) wird durch die von ihr verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. Eine Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus kartellrechtlichen Gründen ist nicht gerechtfertigt (s. ausführlicher sogleich zum Zwangslizenzeinwand).
396VIII.
397Die Beklagte zu 2) hält dem Klagebegehren der Klägerin ohne Erfolg den Einwand ihrer (angeblichen) Lizenzwilligkeit entgegen. Weder die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin noch die Art. 101, 102 AEUV hindern die Durchsetzung der mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung ganz oder auch nur in Teilen. Hierzu im Einzelnen:
3981.
399Den Ansprüchen wegen unberechtigter Patentbenutzung kommt grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu; die Rechte des geistigen Eigentums werden in der Charta der Grundrechte der EU (Art. 17 Abs. 2) ausdrücklich unter Schutz gestellt. Um diesen Schutz in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, müssen die gesetzlichen Ansprüche wegen widerrechtlicher Patentbenutzung in der Regel zur Anwendung gebracht werden. Dies gilt umso mehr, als auch der Zugang zu den GPP hten seinerseits Grundrechtsschutz genießt, Art. 47 der EU-Charta (so auch: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 57). Beschränkt wird der Schutz des geistigen Eigentums durch den Vorbehalt der Allgemeinverträglichkeit, was insbesondere eine Ausübung der Patentrechte nach den Regeln des Kartellrechts verlangt. Insofern ist spätestens durch die Entscheidung „Orange-Book-Standard“ geklärt, dass einem Unterlassungsanspruch im Patentverletzungsprozess der Einwand eines kartellrechtlichen Lizenzvertragsanspruches entgegengehalten werden kann (BGH, GRUR 2009, 694 ff.; bestätigt zuletzt durch EuGH, GRUR 2015, 764 ff.).
4002.
401Die Klägerin ist Inhaberin eines standardessentiellen Patents, für das sie gegenüber der Standardisierungsorganisation ETSI eine FRAND-Selbstverpflichtungserklärung abgegeben hat. Bei einer solchen de iure-Standardisierung trifft ein Zusammenschluss von Marktteilnehmern – organisiert in einer Standardisierungsorganisation – unter den für die Lösung der Standardisierungsaufgabe infrage kommenden Technologien eine Auswahl und beschließt das Ergebnis dieser Auswahl als Standard. Die Vorteile der de iure-Standardisierung liegen in der Vermeidung eines Ressourcen zehrenden Verdrängungswettkampfes, der Durchsetzung von überlegenen Technologien trotz ggf. geringer Marktmacht des dahinter stehenden Unternehmens, der Erzielung einer weitgehenden Kompatibilität konkurrierender Produkte und der damit verbundenen erleichterten Vergleichbarkeit dieser Produkte für den Verbraucher. Auf der anderen Seite birgt die de iure-Standardisierung auch gewisse Gefahren. Wird etwa die Auswahl der in Frage kommenden Technologien unsachgemäß durchgeführt, so kann dies zu schlechten Ergebnissen führen, weil sich die gewählte Lösung nicht unter Wettbewerbsdruck am Markt durchsetzen muss. Zudem bewirkt die erfolgreiche Standardisierung einer bestimmten technischen Lehre häufig eine Abhängigkeit des betroffenen Produktmarktes. Vor diesem Hintergrund müssen die Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der standardbezogenen Patentnutzung kontrolliert werden, mit denen ein Marktteilnehmer die Machtstellung ausnutzt, die ihm aus dem Zusammenspiel eines erfolgreich implementierten Standards mit einem Patent erwächst (vgl. Picht, GRUR Int. 2014, 1 ff.). Zur Kontrolle dienen hier insbesondere die Regelungen in Art. 101 und 102 AEUV.
4023.
403Der de iure-Standardisierungsvorgang unterfällt dem Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 263 ff.). Am Standardisierungsvorgang beteiligt sind „Unternehmen“ im Sinne dieser Norm, nämlich Einheiten, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Der Begriff der „Vereinbarung“ in Art. 101 AEUV ist grundsätzlich weit zu verstehen. Er erfasst die de-iure-Standardisierung schon deswegen, weil sie zu einem nach Ziel und Vorgehen bewusst gleichgerichteten Vorgehen der Standardisierungsteilnehmer führt. Auswirkungen auf den Wettbewerb entstehen dadurch, dass die Standardisierungsteilnehmer zu Gunsten des Standards auf die Entwicklung oder Nutzung alternativer Technologien verzichten und ein gewisser faktischer Zwang entsteht, nach dem Standard herzustellen oder zu arbeiten.
404Eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV liegt bei der de-iure-Standardisierung dann nicht vor, wenn die Möglichkeit der uneingeschränkten Mitwirkung am Normungsprozess für alle potenziellen Anwender gegeben ist, das Verfahren für die Annahme der betreffenden Norm transparent ist, keine Verpflichtung zur Einhaltung der Norm besteht und Dritten der Zugang zu der Norm zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährt wird (Horizontale Leitlinien, 2011, Rn 280; vgl. auch: Grabitz/Hilf/Nettesheim/Schroeder, Das Recht der Europäischen Union, 54. Auflage 2014, Rn 639). Letzteres gewährleisten die Standardisierungsorganisationen in der Regel durch die Einholung sogenannter FRAND-Erklärungen, mit der die am Standardisierungsprozess beteiligten Inhaber standardessentieller Patente ihre ernstgemeinte Absicht erklären, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen („fair, reasonable and non-discriminatory“) zu erteilen.
405Die am LTE-Standard mitwirkenden Unternehmen haben für ihre standardessentiellen Patente gegenüber der ETSI FRAND-Selbstverpflichtungserklärungen abgegeben. Der Standardisierungsvorgang als solcher begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken.
4064.
407Für die Frage, ob der Patentinhaber berechtigt ist, sein (standardessentielles) Patent gerichtlich durchzusetzen, ist Art. 101 AEUV ohne Belang. Denn insofern steht nicht der Vorgang der Standardisierung als solcher, sondern ein (späteres) einseitiges Verhalten des Patentinhabers – die Nichtaufnahme von Lizenzvertragsverhandlungen entsprechend seiner FRAND-Erklärung – im Streit. Soweit in Rechtsprechung und Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird, auch ein solches Verhalten des Patentinhabers sei an Art. 101 AEUV zu messen (vgl. LG Mannheim, Beschluss vom 21.11.2014, Az.: 7 O 23/14; so wohl auch: LG Mannheim, Urteil vom 27.11.2015, Az.: 2 O 108/14; S. Barthelmeß/N. Gauß, WuV 2010, 626; wohl auch: Walz, GRUR Int. 2013, 718 ff.) überzeugt dies nicht. Art. 101 AEUV verfolgt den Zweck, kartellrechtswidrige Vereinbarungen, d.h. ein wechselseitiges Zusammenwirken von zumindest zwei Parteien, zu unterbinden. Als Rechtsfolge sieht die Norm die Nichtigkeit entsprechender kartellrechtswidriger Vereinbarungen vor. Art. 101 AEUV (i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 GWB) regelt hingegen nicht, dass der Patentinhaber die Durchsetzung eines Patents zu unterlassen hat, solange er nicht entsprechend der FRAND-Erklärung verhandelt.
4085.
409Die FRAND-Erklärung selbst stellt die ernstgemeinte Erklärung dar, für den im Voraus nicht sicher absehbaren Fall einer Wettbewerbsbeeinträchtigung allen Marktteilnehmern eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen (fair, zumutbar und nicht diskriminierend) zu erteilen (invitatio ad offerendum). Sie ist deklaratorischer Natur und gibt Dritten damit keinen Anspruch auf Einräumung einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen (so auch schon: LG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2012, Az.: 4b O 273/10). Die am Standardisierungsvorgang beteiligten Unternehmen geben die FRAND-Selbstverpflichtungserklärung ab, um die kartellrechtliche Unbedenklichkeit der Standardabsprache sicherzustellen. Entsprechend ist ihre Erklärung dahingehend auszulegen, dass sie sich soweit verpflichten wollen, wie dies aus kartellrechtlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Hierfür ist weder ein bindendes Lizenzvertragsangebot seitens des Patentinhabers noch ein Verzicht auf die Durchsetzung seiner Unterlassungsansprüche gegenüber jedem Lizenzinteressenten erforderlich. Ein solcher Bedeutungsgehalt kann den Erklärungen bei verständiger Würdigung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht beigemessen werden. Es entspricht nicht dem Willen der Standardisierungsteilnehmer bzw. etwaiger Rechtsnachfolger, gegenüber jedem Dritten eine rechtliche Verpflichtung dergestalt einzugehen, mit ihm einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, unabhängig davon, ob das jeweilige in Rede stehende Patent seinem Inhaber überhaupt eine marktbeherrschende Stellung vermittelt und damit in kartellrechtlicher Hinsicht Bedeutung auf dem Markt erlangt hat. Vielmehr gibt der Patentinhaber mit seiner FRAND-Erklärung lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Diese Erklärung stellt damit die deklaratorische Konkretisierung des kraft Kartellrechts ohnehin bestehenden gesetzlichen Abschlusszwangs dar. Eigenständige rechtliche Bedeutung hat sie insoweit, als sie das Pflichtenprogramm des Patentinhabers im Rahmen der Prüfung des Art. 102 AEUV (§§ 19, 20 GWB) mit beeinflusst.
4106.
411Art. 102 AEUV verlangt neben der marktbeherrschenden Stellung des anspruchstellenden Unternehmens das Eingreifen außergewöhnlicher Umstände, die zu einer Beeinträchtigung des Handels führen.
412a)
413Die für die Anwendung des Art. 102 AEUV erforderliche marktbeherrschende Position der Klägerin ergibt sich nicht schon allein aufgrund ihrer Rechtsposition am Klagepatent. Nicht jedes standardessentielle Patent vermittelt eine kartellrechtlich bedeutsame Marktmacht (vgl. das Urteil der Kammer vom 26.03.2015, Az.: 4b O 140/13; so auch Müller, GRUR 2012, 686). Die Berufung auf eine etwaige fehlende Marktmacht ist auch nicht etwa vor dem Hintergrund der abgegebenen FRAND-Erklärung treuwidrig. Denn mit dieser gibt der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu erkennen, für den Fall der marktbeherrschenden Wirkung seines Patents Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen einzuräumen. Im Rahmen des Art. 102 AEUV ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob der unter Schutz gestellten technischen Lehre tatsächlich eine kartellrechtlich relevante, marktbeherrschende Bedeutung zukommt.
414Der Begriff der Marktbeherrschung ist weder eine feststehende Eigenschaft eines Unternehmens noch ein absoluter rechtlicher Begriff. Die Marktbeherrschung besteht immer nur im Hinblick auf gewisse Funktionen, Märkte, Vorschriften, usw. So kann ein Unternehmen insbesondere nur im Hinblick auf einen bestimmten Teil seiner Aktivitäten marktbeherrschend sein (Langen/Bunte/Nothdurft/RQ pelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15).
415Speziell für den Bereich des geistigen Eigentums hat die Europäische Kommission in der Entscheidung „SS “ (C-457/10P, EU:C:2012:770, Rn 175) festgestellt, dass eine beherrschende Stellung eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens sei, „die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten“. Weiter heißt es in Rn 186, dass „zwar nicht angenommen werden könne, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums eine beherrschende Stellung begründe, sie aber geeignet sei, unter bestimmten Umständen eine solche Stellung zu schaffen, insbesondere dadurch, dass das Unternehmen die Möglichkeit erhalte, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern“.
416Dabei muss sich die Marktmacht nicht zwingend auf den beherrschten Markt selbst beschränken, sondern kann sich auch auf vor- oder nachgelagerte Märkte erstrecken (Langen/Bunte/Nothdurft/RQ pelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15). Im Hinblick auf Rechte am geistigen Eigentum ist kartellrechtlich relevant insofern nicht der Markt der Lizenzvergabe, sondern der nachgelagerte Produktmarkt (vgl.: EuGH, GRUR Int. 1995, 490, Rn 47 – Magill TVG Guide; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte).
417Dieser nachgelagerte Produktmarkt als sachlich relevanter Markt ist im Hinblick auf die vom Patent geschützte technische Lehre genauer zu qualifizieren. Bezogen auf ein standardessentielles Patent ist der relevante Markt im Grundsatz der Markt, auf dem diejenigen Produkte angeboten werden, die den Standard mit der SEP-geschützten Technik verwirklichen. Dabei erfolgt die Marktabgrenzung in ständiger Rechtsprechung nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Hiernach werden alle Leistungen einem Markt zugeordnet, die aus Sicht der Marktgegenseite funktionell austauschbar sind (BGHZ 160, 321-332 – Staubsaugerbeutelmarkt m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008, Az.: VI-U (Kart) 29/06, zitiert nach juris). Ziel der Marktabgrenzung ist es stets, die den Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite entsprechende Realität des Wettbewerbs zu erfassen (Langen/Bunte/Nothdurft/RQ pelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 20 m.w.N.).
418Bei dem in Rede stehenden Betrieb der automatischen Nachbarbeziehungen (sog. ANR-Funktion), handelt es sich um eine Technologie, die eine der Grundfunktionen eines Mobilfunkgerätes betrifft und die den LTE-Standards I bis III (3GPP TS 36.300 Version 8.9.0, 3GPP TS 36.331 Version 8.7.0 und 3GPP TS 36.523-1 Version 12.3.0) unterfällt. Nach den LTE-Standards kommunizieren die eNBs mit den LTE-Mobilgeräten über Funksignale. Die streitgegenständliche Technik gewährleistet eine automatisierte Verwaltung der Architektur eines drahtlosen Telekommunikationsnetzes. Dieses Netz besteht aus verschiedenen Kommunikationszellen, die von sog. Basisstationen bereitgestellt werden. Eine Mobilfunkverbindung wird durch die Übergabe der Verbindung (sog. Handover) von einer Kommunikationszelle zur nächsten aufrechterhalten. Anhand bestimmter Charakteristika ermittelt das Netz mit Hilfe des mobilen Endgeräts die optimale Zelle für ein Handover. Das Klagepatent stellt ein Verfahren und ein Netzwerk mit entsprechendem mobilem Endgerät zur Verfügung, bei denen die korrekte Identifizierung einer neuen Zelle automatisch erfolgen soll.
419Es kann dahinstehen, ob tatsächlich jedes mobile Endgerät am Markt mit der streitgegenständlichen Technologie ausgestattet ist und es keine konkurrenzfähige Alternative am Markt gibt. In seinen Entscheidungen „Standard-Spundfaß“ (BGH, GRUR 2004, 967) und „Orange-Book-Standard“ (BGH, GRUR 2009, 694) ist der BGH zwar davon ausgegangen, dass es für die kartellrechtlich relevante Marktmacht darauf ankommt, ob ein konkretes, dem Standard bzw. der Norm entsprechendes Produkt substituierbar ist, d.h. ein nicht norm- bzw- standardgerechtes Produkt auf dem nachgelagerten Nachfragemarkt überhaupt absetzbar und damit wettbewerbsfähig wäre, auf solche Fälle der Marktzutrittsvoraussetzung eines SEP ist die Annahme einer marktbeherrschenden Bedeutung hingegen nicht beschränkt. Vielmehr kann eine marktbeherrschende Stellung auch dann angenommen werden, wenn auf dem relevanten Markt auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des standardessentiellen Patents nicht aufweisen. Voraussetzung für die Annahme einer marktbeherrschenden Position ist in diesem Fall, dass ohne den Zugang zur Nutzung des streitgegenständlichen Patents ein wettbewerbsfähiges Angebot nicht möglich ist, d.h. allein mit Produkten ohne die patentierte Funktion kein wirksamer Wettbewerb zu den übrigen Anbietern stattfindet. Demgegenüber wäre eine marktbeherrschende Stellung jedenfalls dann zu verneinen, wenn die durch das SEP geschützte technische Funktion für den Nachfrager von SEP-Produkten gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Letzteres kommt im Streitfall nicht in Betracht. Die streitgegenständliche Technik ist sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Endkunden so wesentlich, dass ohne ihre Nutzung ein wirksamer Wettbewerb auf dem Markt für mobile Endgeräte nicht möglich ist. Dies wird auch von der Klägerin nicht ernsthaft bestritten.
420b)
421Bei der Frage, wann außergewöhnliche Umstände vorliegen, die einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begründen können, muss die Standardessentialität des geltend gemachten Patents Ausgangspunkt sämtlicher Überlegungen sein, weil eben jene das Patent für jeden Wettbewerber, der Produkte herzustellen beabsichtigt, die dem Standard entsprechen, unerlässlich macht. Der Inhaber eines standardessentiellen Patents ist damit in der Lage zu verhindern, dass standardkonforme Produkte seiner Wettbewerber auf den Markt gelangen oder auf dem Markt bleiben. Hinzu kommt, dass der Patentinhaber – wie vorstehend ausgeführt – sich durch seine FRAND-Erklärung bereit erklärt hat, Lizenzen zu gleichen und angemessenen Bedingungen zu erteilen. Hierin liegt der grundlegende Unterschied des Streitfalls zu dem Sachverhalt, über den der BGH in seiner Entscheidung „Orange-Book-Standard“ zu befinden hatte (NJW-RR 2009, 1047 ff.). Die dort aufgestellten hohen Anforderungen an das Verhalten des Patentverletzers lassen sich auf Konstellationen, in denen der Patentinhaber gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, nicht ohne weiteres übertragen. Vielmehr hat der EuGH für einen solchen Fall in seinem Urteil vom 16.07.2015 folgende Grundsätze aufgestellt (GRUR 2015, 764 ff.):
422aa)
423Der Inhaber eines standardessentiellen Patents, für das er gegenüber der Standardisierungsorganisation eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, muss, damit eine Klage auf Unterlassung, Rückruf oder Vernichtung nicht als missbräuchlich angesehen werden kann, Bedingungen erfüllen, durch die ein gerechter Ausgleich der betroffenen Interessen gewährleistet wird. Vor der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche muss er den angeblichen Verletzer zunächst einmal auf die Patentverletzung hinweisen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 61) und ihm, soweit der Verletzer zur Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des Patents zu FRAND-Bedingungen unterbreiten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 63). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 65). Nimmt der Verletzer das Angebot des Patentinhabers nicht an, muss er innerhalb kurzer Frist ein Gegenangebot machen (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 66). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot ab, muss der Patentverletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 67).
424Diese kartellrechtlichen Beschränkungen gelten nicht nur für den Unterlassungsanspruch, sondern auch für den Rückrufanspruch und den Anspruch auf Vernichtung patentverletzender Gegenstände. Denn diese Ansprüche beinhalten im Allgemeinen ein Verkaufsverbot des Produktes, mit dem das Patent verletzt wird, und können deshalb einen Marktausschluss bedeuten (vgl. hierzu etwa: Pressemitteilung der Kommission in Sachen X vom 29.04.2014). Dies kann zu einer Verzerrung von Lizenzverhandlungen und zu wettbewerbswidrigen Lizenzbedingungen führen, die der Lizenznehmer ohne die drohende Unterlassungsverfügung nicht akzeptiert hätte.
425bb)
426Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) sind diese Überlegungen nicht ohne weiteres auf den Schadensersatzanspruch zu übertragen. Ein Marktausschluss droht durch die Zuerkennung dieses Anspruchs nicht und auch sonst wird ein wirksamer Wettbewerb durch sie nicht verhindert. Eine Klage auf Schadensersatz für vergangene Benutzungshandlungen, die das standardessentielle Patent verletzen, ist lediglich darauf gerichtet, den SEP-Inhaber für bereits erfolgte Verletzungen seines Patents zu entschädigen. Sie führt weder zum Ausschluss standardkonformer Produkte vom Markt noch dazu, dass ein potentieller Lizenznehmer sich gezwungen sieht, ungünstigen Lizensierungsbedingungen für zukünftige Benutzungen eines SEP zuzustimmen.
427Entsprechend hält auch der EuGH die Geltendmachung eines Anspruches auf Schadensersatz grundsätzlich für nicht missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 73-76). Der Verletzer eines standardessentiellen Patents ist – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.
428cc)
429Im Rahmen der Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach ist eine irgendwie geartete Beschränkung aus Gründen des Kartellrechts nicht geboten. Grundsätzlich stehen dem Patentinhaber für die konkrete Angabe der Höhe des Schadensersatzes gemäß § 139 Abs. 2 PatG drei Berechnungsarten zur Verfügung (vgl. hierzu auch: Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Auflage 2015, § 139 Rn 61). Gemäß § 139 Abs. 2 S. 1 PatG i.V.m. § 249 BGB i.V.m. § 252 BGB ist die Berechnung des konkreten Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns nach der Differenzlehre vorgesehen. Seit der Neufassung von § 139 Abs. 2 PatG durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7.7.2008 (Durchsetzungsgesetz), das am 1.9.2008 in Kraft getreten ist und mit dem die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umgesetzt worden ist, werden der Verletzergewinn (§ 139 Abs. 2 S. 2 PatG) und die angemessene Lizenzgebühr (§ 139 Abs. 2 S. 3 PatG) als Berechnungsgrundlage ausdrücklich im Patentgesetz erwähnt. Die drei Berechnungsarten – entgangener Gewinn, Lizenzanalogie oder Verletzergewinn – stehen nebeneinander. Der Verletzte hat ein Wahlrecht und muss sich für eine der drei Berechnungsarten entscheiden (Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage 2009, 5. Abschnitt § 35 IV. a); Pitz, Patentverletzungsverfahren, 2. Auflage 2010, Teil 4 I. 4. a)). Alle drei Berechnungsmethoden dienen der Berechnung desselben Schadens und stellen damit lediglich Rechenoptionen, nicht aber unterschiedliche Ansprüche dar (Melullis, GRUR Int. 2008, 679 ff.). Die Feststellung, dass ein bestimmter Verletzer dem Patentinhaber nach § 139 PatG Schadensersatz schuldet, die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruches also grundsätzlich gegeben sind, geht der Bestimmung der Höhe dieses Schadens vor. Die Zuerkennung nur einer bestimmten Berechnungsmethode – insbesondere der Lizenzanalogie – kommt nicht in Betracht. Soweit – wie im vorliegenden Fall – lediglich die Feststellung der Schadensersatzpflicht beantragt ist, entscheidet das GPP ht ausschließlich über den Grund des Anspruchs.
430Die Höhe des konkreten Schadens hat auf die Frage der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach lediglich dann Einfluss, wenn die Möglichkeit besteht, dass der dem Patentinhaber entstandene Schaden mit Null zu bemessen ist (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff – Standard-Spundfass). Eine solche Freilizenz kommt vorliegend ersichtlich nicht in Betracht. Dass eine solche von der Klägerin geschuldet würde, wird auch von der Beklagten zu 2) nicht geltend gemacht.
431dd)
432Andernfalls kommt lediglich eine Begrenzung der Schadensersatzverpflichtung auf einen bestimmten Höchstbetrag in Betracht, die allerdings erst im Rahmen des ggf. sich anschließenden Höheverfahrens zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu auch: Obergericht für Geistiges Eigentum, Japan, GRUR Int. 2015, 144 ff. – Apple v. I II, mit etwas anderem Ansatz).
433Insofern ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von §§ 19, 20 GWB bzw. Art. 102 AEUV einen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages begründen kann (vgl. hierzu: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2007, 181 – Orange Book). Dieser kartellrechtliche Anspruch auf Lizenzierung dient der Durchsetzung des gegenüber jedem Marktteilnehmer geltenden Verbots, eine marktbeherrschende Stellung nicht zu missbrauchen. Die Weigerung des Patentinhabers, dem berechtigten Verlangen des Patentverletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages nachzukommen, kann kartellrechtswidrig sein und einen eigenen Schadensersatzanspruch des Patentverletzers gegen den Patentinhaber begründen (§ 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB). Der Patentinhaber kann in einem solchen Fall für die Zeit nach seiner rechtswidrigen Weigerung keinen vollen Schadensersatz verlangen, sondern ist der Höhe nach beschränkt auf den Betrag einer angemessenen Lizenzgebühr (vgl.: BGH, NJW-RR 2005, 269 ff. – Standard-Spundfass).
434Nichts anderes gilt auch dann, wenn der Patentinhaber für das in Rede stehende standardessentielle Patent eine FRAND-Erklärung abgegeben hat. Insbesondere hat die FRAND-Erklärung nicht die Wirkung, dass der Schadensersatzanspruch von vornherein auf die Höhe der FRAND-Lizenzgebühr beschränkt ist. Dies könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn man der FRAND-Erklärung konstitutive Wirkung in dem Sinne beimessen wollte, dass sie jedem Marktteilnehmer einen eigenen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen vermittelt. Dieser Auffassung folgt die Kammer hingegen nicht (s.o.). Vielmehr kann der dem Grunde nach zunächst in voller Höhe bestehende Schadensersatzanspruch des Patentinhabers wegen Patentverletzung nur durch einen Gegenanspruch des Verletzers eingeschränkt werden, § 33 GWB i.V.m. Art. 102 AEUV bzw. §§ 19, 20 GWB. Die Voraussetzungen eines solchen Gegenanspruchs sind vom Verletzer darzulegen und zu beweisen.
435Nachdem Art. 102 AEUV ein missbräuchliches Verhalten des Patentinhabers voraussetzt, ist vorrangig auf dessen Verhalten abzustellen, wobei dieses üblicherweise im Wechselspiel mit dem Verhalten des Patentbenutzers zu bewerten ist. Unter welchen Voraussetzungen dem Patentinhaber im Einzelnen bei der Geltendmachung eines Schadensersatz-, Auskunfts- und/oder Rechnungslegungsanspruchs ein Missbrauchsvorwurf zu machen ist, ist vom EuGH in seinem Urteil vom 16.07.2015 (GRUR 2015, 764 ff.) nicht entschieden worden. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich ausdrücklich nur auf die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs sowie der in ihren Wirkungen auf den betroffenen Markt vergleichbaren Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung (vgl. EuGH, GRUR 2015, 764 ff.). Im Gegensatz hierzu sind die Auswirkungen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung auf den Markt weitaus geringer. Allein der Umstand, dass die zu leistende Auskunft und Rechnungslegung für den Verletzer ggf. mit hohem Aufwand verbunden ist und/oder seine Geheimhaltungsinteressen berührt, rechtfertigt es nicht, für die Geltendmachung dieser Ansprüche die Anforderungen an die Pflichten des Patentinhabers im Rahmen des Art. 102 AEUV genauso hoch anzusetzen wie bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.
436Vielmehr ist mit dem EuGH im Grundsatz davon auszugehen, dass der Verletzer eines standardessentiellen Patents – wie jeder andere Patentverletzer auch – verpflichtet ist, sich vor jeder Benutzung über die bestehende Patentsituation zu informieren und ggf. eine Lizenz einzuholen (vgl.: EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 58). Tut er dies nicht, muss er damit rechnen, auf (vollen) Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Erst wenn der Patentinhaber sich weigert, eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, verhält er sich missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV (EuGH, GRUR 2015, 764 ff. Rn 53) und der Verletzer schuldet in der Folge nur noch Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr.
437Soweit der EuGH vom Patentinhaber für den Fall einer Klage auf Unterlassung, Rückruf und/oder Vernichtung verlangt, dass er den Verletzer vor der Klageerhebung auf die Verletzung hinweist und ihm, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 61-63), beruht dies unter unterem auf der Erwägung, dass mit der Zuerkennung der vorgenannten Ansprüche des Patentinhabers der Marktausschluss des Verletzers mit seinem standardkonformen Produkt mit den damit verbundenen einschneidenden Folgen für den Produktmarkt droht (vgl. EuGH, GRUR 2015, S. 764 ff. Rn 52). Diese Erwägung ist auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung nicht übertragbar. Erhebt der Patentinhaber eine Klage zur Geltendmachung dieser Ansprüche, ohne den Verletzer zuvor auf die Verletzung hingewiesen und, nachdem der Verletzer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, ein Angebot zu FRAND-Bedingungen unterbreitet zu haben, begründet allein dies noch keinen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV. Hinzukommen muss vielmehr ein erkennbar nach außen zutage getretener Wille des Verletzers auf Abschluss eines Lizenzvertrages, dem der Patentinhaber sich treuwidrig verweigert.
438ee)
439Liegen nach den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auf die Höhe einer FRAND-Gebühr vor, führt dies in der Folge zu einer inhaltlichen Beschränkung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruches. Denn letzterer hat seinem Zweck nach dem Umfang des Schadensersatzanspruches zu folgen (vgl. hierzu: Schulte/Voß/Kühnen, PatG, 9. Auflage, § 139 Rn 148).
440Die der Vorbereitung des Schadensersatzanspruches dienende Auskunft und Rechnungslegung muss zwar grundsätzlich alle Angaben enthalten, die der Verletzte benötigt, um eine der ihm offen stehenden drei Berechnungsmethoden (Lizenzanalogie, Verletzergewinn oder entgangener Gewinn) auszuwählen und auf dieser Grundlage die Schadenshöhe zu beziffern (BGH, GRUR 1962, 354, 356 - Furniergitter; BGH, GRUR 1974, 53 – Nebelscheinwerfer; Fitzner/Lutz/Bodewig/Pitz, Patentrechtskommentar, 4. Auflage 2012, § 139 Rn 236), jedoch unterstehen Inhalt und Umfang der Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dies erfordert eine Abwägung der Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls (BGH, GRUR 1974, 53, 54 – Nebelscheinwerfer). In diesem Sinne mag auch die Äußerung des Generalanwalts Wathelet zu verstehen sein, der in seinen Schlussanträgen darauf hingewiesen hat, dass das Gericht über die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu wachen habe (Schlussanträge des Generalanwaltes Melchior Wathelet vom 20.11.2014 in der Rechtssache C-170/13, dort Ziffer 101).
441Dabei ist auf Seiten des Patentinhabers die Bedeutung der verlangten Auskunft für die Darlegung der für Grund und Höhe des Schadensersatzanspruchs wesentlichen Umstände in die Abwägung einzustellen; auf Seiten des Verletzers kann insbesondere ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse Bedeutung erlangen (BGH, GRUR 2007, 532 ff. – Meistbegünstigungsvereinbarung). Demgegenüber rechtfertigen Unterschiede bezüglich des Arbeitsaufwandes bei verschiedenen Schadensberechnungsarten es in aller Regel nicht, den Patentinhaber auf eine für den Verletzer weniger aufwändige Berechnungsart zu verweisen (BGH, GRUR 1982, 723 ff. – Dampffrisierstab).
442Liegen die Umstände des Einzelfalls so, dass der Patentinhaber für die Nutzung der patentgemäßen Lehre lediglich eine angemessene, FRAND-Bedingungen entsprechende Lizenzgebühr verlangen kann, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, auch die Verpflichtung zur Auskunft und Rechnungslegung auf die zur Berechnung dieser FRAND-Lizenzgebühr erforderlichen Angaben zu beschränken. Insbesondere ist in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse des Patentinhabers an Angaben zum Verletzergewinn (Kosten- und Gewinnangaben) ersichtlich, das die berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Patentverletzers überwiegen könnte.
443Allerdings ist von der Beklagten zu 2) nicht hinreichend substantiiert dargetan, dass die Voraussetzungen für einen kartellrechtlichen Anspruch auf Lizensierung zu FRAND-Bedingungen gegeben sind und der Schadensersatzanspruch der Klägerin damit von vornherein auf die Höhe einer FRAND-Lizenzgebühr beschränkt wäre. Soweit die Beklagte zu 2) vorträgt, es habe mehrfach Treffen mit der Klägerin gegeben, im Rahmen derer ernsthafte Lizenzvertragsverhandlungen geführt worden seien, bleiben Zeitpunkte, Orte und Inhalte entsprechender Gespräche im Dunkeln. Die Klägerin bietet öffentlich die Lizensierung der übertragenen Patente zu einheitlichen Bedingungen an. Soweit die Beklagte zu 2) diesbezüglich bemängelt, dass ihre Sonderposition als frühere Lizenznehmerin an den W -Patenten nicht hinreichend berücksichtigt werde, ist dieser Einwand ohne Belang. Denn aus dem Umstand, dass die Beklagten in der Vergangenheit eine Lizenz am Klagepatent (als Teil eines Portfolios) hatten, ergibt sich keine Sonderposition, die es rechtfertigen würde, die Beklagten gegenüber anderen Lizenznehmern besser zu stellen. Ebenso wenig ist die Klägerin verpflichtet, die bisherige Lizensierungspraxis von W fortzuführen (s.o.). Warum das Angebot der Klägerin im Übrigen nicht FRAND sein sollte, erläutern die Beklagten nicht. Ebenso fehlt es an Ausführungen zum Inhalt und Zeitpunkt des von ihnen angeblich abgegebenen Gegenangebotes. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin den Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen treuwidrig verweigert und damit ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV missbraucht hat.
444IX.
445Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren gem. § 148 ZPO auszusetzen. Für die Kammer lässt sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sach- und Streitstands nicht die für eine Aussetzung erforderliche hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage feststellen (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten).
4461.
447Das Klagepatent ist gegenüber dem Stand der Technik neu.
448a)
449Der Standard 3GPP TS 23.331 V3.4.0 (nachfolgend: V3.4.0) steht dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich entgegen.
450Angesichts des genannten Aussetzungsmaßstabs vermag die Kammer in der hiesigen Situation keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Widerruf des Klagepatents zu erkennen. So präsentieren die Parteien in sich schlüssige Argumentationen und vermögen andererseits nicht, ein stichhaltiges Gegenargument anzuführen, das dem Vortrag der Gegenseite die Grundlage entziehen bzw. einen grundlegenden Widerspruch aufzeigen könnte. Die Klägerin hat ein mögliches fachmännisches Verständnis der Entgegenhaltung dargelegt, dass von den Beklagten nicht eine Aussetzungsentscheidung tragend in Zweifel gezogen werden konnte. Da es den Beklagten obliegt, die erforderlichen Erfolgsaussichten des anhängigen Einspruchsverfahrens darzulegen und glaubhaft zu machen, geht dies zu ihren Lasten. Hinzu tritt, dass die Annahme einer (hinreichend) sicheren Vernichtungswahrscheinlichkeit sich verbietet, wenn der im Rechtsbestandsverfahren zur Diskussion stehende technische Sachverhalt derart kompliziert und/oder komplex ist, dass sich das VerletzungsgPP ht keinen wirklichen Einblick in die Gegebenheiten verschaffen kann (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Rn. 531). Das ist hier der Fall.
451Nach Ansicht der Kammer werden die Anweisung, die Mitteilung und das Erkennen der eindeutigen Zellkennung (Merkmale 7 bis 7.2 des Anspruchs 6) nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt.
452Aus Ziffer 8.6.7.5 erkennt der Fachmann, dass das UE in dem Zustand CELL_FACH die Cell Identity melden soll, wenn das Information Element „cell identity“ auf „TRUE“ gesetzt ist. Der Zustand CELL_DCH spielt keine Rolle, weil hier die Cell Identity nicht gemeldet werden soll. Die Cell Identity wird von der Nachbarzelle im System Information Block Typ 3 oder 4 ausgegeben. Aus Ziffer 10.3.2.2 folgt, dass die Cell Identity eindeutig eine Zelle innerhalb eines PLMN (Public Land Mobile Network) identifiziert. Insofern handelt es sich um eine eindeutige Zellenkennung.
453Die Klägerin wendet ein, dass im UMTS-System das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity nach Empfang der Measurement-Control Nachricht im CELL_FACH Zustand zu erkennen und zu melden.
454Die RRC-Schicht (Radio-Resource-Control-Schicht) sei für den Empfang und die Verarbeitung von Signalisierungsnachrichten verantwortlich, die zwischen einem RNC (radio network controller) und einem Endgerät übertragen werden. Das RRC bediene sich einer Zustandsmaschine, um den Verbindungstyp zwischen dem mobilen Endgerät und dem RNC zu definieren.
455Es gibt 5 RRC-Zustände, unter anderem die Zustände CELL_FACH und CELL_DCH. Von Interesse seien nur drei Messungen, mit denen die Cell Identity übertragen werden kann: Messungen an im selben Frequenzbereich wie die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (intra-frequency measurements); Messungen an in einem anderen Frequenzbereich als die serving cell übertragenden UMTS-Nachbarzellen (inter-frequency measurements) und Messungen an Nicht-UMTS Nachbarzellen (inter-system measurements).
456Mittels der „measurement control message“ kann eine Messung im UE initiiert werden (V3.4.0; Ziffer 8.4). Die entsprechenden Messergebnisse würden mittels des Informationselements „measured results“ übertragen, das Bestandteil der „measurement report message“ ist. Mit der measurement report message werde bPP htet (V3.4.0, Ziffer 10.3.7.69, 10.2.17). Wenn hingegen die Nachbarzellmessung mittels des Systeminformationsblöcke 11 und 12 konfiguriert wurde (V3.4.0, Ziffer 8.4), werden in dem RCC-Zustand CELL_FACH die Messergebnisse der Nachbarzelle nicht in den measured results in einem MessbPP ht, sondern über den Transportkanal RACH übertragen (V3.4.0, Ziffer 8.4 – measurement report message sent to report Q link traffic volume; nur Informationen von netzgPP hteten Datenverkehrsaufkommen). Nur die ersten vier Nachrichten (RRC Connection Request bis Cell Q date) enthielten Informationen über die Nachbarzellen und zwar ausschließlich mittels des Informationselements Measured Results on RACH (V3.4.0; Ziffer 10.3.7.70). Hierbei handele es sich um ein inhaltlich verkürztes Informationselement angehängt an einer ohnehin an das Netz gesendeten Nachricht.
457Es würden daher zwei Arten von Messinformationen im CELL_FACH Zustand gesendet. Nach dem Übergang vom Zustand CELL_DCH in den Zustand CELL_FACH könnten Datenverkehrsvolumenmessungen fortgesetzt und initiiert werden. Bei diesen Messungen werde die Cell Identity weder verlangt noch gesendet. Diese Datenverkehrsvolumenmessungen wurden in einem Measurement Report gesendet. Ferner würden Intrafrequenzmessungen vorgenommen, die angehängt an andere Nachrichten mittels des IE measured results on RACH gesendet wurden. Die gemeldeten Messinformationen enthielten in keinem der beiden Fälle eine Cell Identity (vgl. V3.4.0, Privatgutachten Martin, S. 4 und 5 mit den dortigen Hinweisen auf V 3.4.0).
458An dieser Argumentation bestehen keine derart durchgreifenden Zweifel, die die Kammer zu dem Ergebnis kommen ließen, der Standard zeige ein Endgerät, dass eine eindeutige Zellenkennung erkenne, melde und anweise.
459Dies folgt zunächst nicht aus der Übertragung der „Reporting information for state CELL_DCH“ mittels der Systeminformationsblöcke 11 und 12, die nach dem Übergang zurück von CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird (vgl. Abschnitte 10.3.7.41, 10.3.7.5; Privatgutachten Martin, S.6). Denn die hierin enthaltene Cell Identity wird nicht ohne weiteres als Inhalt der Cell reporting quantities übertragen. Um in dem BPP ht enthalten zu sein, muss der Boolean Type auf TRUE gesetzt sein (vgl. Abschnitt 10.3.7.5). Der Fachmann erkennt anhand des Abschnitts 8.6.7.5 indes, dass ein TRUE im CELL_DCH Zustand wie ein FALSE behandelt wird („[…] - in CELL_DCH state:- treat the IE as if the IE „Cell Identity“ is set to FALSE.“). Daher wird die Cell Identity nicht gemeldet.
460Auch das Informationselement Measurement Validity (Abschnitt 10.3.7.36), das dem Mobilgerät anzeigt, für welche RRC-Zustände die Messkonfiguration maßgeblich sein soll, hat hier keine Auswirkung, weil die Messkonfiguration „alle Zustände“, „alle Zustände außer CELL_DCH“ nur einen Geltungsbereich für Verkehrsdatenaufkommensmessungen hat (Abschnitt 8.6.7.1). Somit enthält sie ebenfalls nicht die Cell Identity.
461Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Abschnitt 9.3.2.7 des V3.4.0. Die Vorrangsaussage bezieht sich nur auf die Measurement Control message, die vor dem Wechsel in den Zustand CELL_FACH bereits im Zustand CELL_DCH empfangen wurde, bei der das Informationselement Measurement Validity auf all states oder all states except CELL_DCH gesetzt ist und die Konfiguration der Datenverkehrsvolumenmessung betrifft. Ihr gebührt danach Vorrang vor den Messungen in CELL_FACH, die durch die Systeminformationsblöcke 11 und 12 initiiert werden. Der Abschnitt regelt den für diesen Fall auftretenden Konflikt (Privatgutachten Martin, S. 4).
462Für die andere Lesart, nach der Abschnitt 9.3.2.7 zwingend zeige, dass die Ausführungen unter Abschnitt 8.4.1.7 nicht abschließend seien, lässt sich insbesondere dem Privatgutachten Carle (vgl. S. 6) kein konkretes Argument entnehmen. Sofern dort ausgeführt wird, die Abschnitte 8.4.1.7 bis 8.4.1.10 beschrieben nicht das Verhalten des Mobilgeräts für den Fall, dass im CELL_FACH Zustand Messaufträge mittels Nachrichten vom Typ „Measurement Control“ übertragen würden, sondern das Verhalten des Mobilgeräts, wenn nach Eingang eines Messauftrages ein Zustandsübergang stattfindet (Privatgutachten Carle, S. 6), wird ein entsprechendes Zitat für die erste Aussage (Übertragung von Messaufträgen vom Typ „Measurement Control“ im CELL_FACH Zustand) gerade nicht genannt. Dem steht indes der Vortrag gegenüber, dass im Sparzustand CELL_FACH weniger Messparameter und inhaltlich gekürzte MessbPP hte verwendet werden und die Nachbarzellmessungen so effizient wie möglich durchgeführt werden.
463Dass der Fachmann den Abschnitt 8.6.7.5 als eine Offenbarungsstelle für den BPP ht einer eindeutigen Zellkennung versteht, vermag die Kammer nicht mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Es kann insoweit dahinstehen, ob die nachträgliche Änderung dieses Abschnitts durch den Change Request CR-702 Tdoc R2-101593 von X gerade zeige, dass der Fachmann diesen Passus von vorneherein für missverständlich gehalten habe. Die klagepatentgemäße Lehre muss unmittelbar und eindeutig offenbart sein. Daran bestehen hingegen durchgreifende Zweifel, wenn der Fachmann die Funktion eines Merkmals im Gesamtkontext der Offenbarung für nachteilig erachtet und deswegen ein solches Verständnis von vorneherein nicht zugrundelegt. Denn erkennbare Fehler wird der Fachmann in der Regel korrigieren (vgl. Benkard/Mellulis, 11. Aufl., § 3 PatG Rn. 182). Die Beklagten vermochten die Argumentation der Klägerin nicht derart zu erschüttern, dass die Kammer von einer Offenbarung des Merkmals 3.7 ausgeht.
464b)
465Die vorherigen Ausführungen gelten auch für die Version 3GPP TS 23.331 V3.4.1 (nachfolgend: V3.4.1).
466c)
467Auch die Version 3GPP TS 23.331 V3.3.0 (nachfolgend: V3.3.0.) offenbart die Merkmale 7. bis 7.2 des Anspruchs 6 nicht.
468aa)
469So ist nicht unmittelbar und eindeutig gezeigt, dass in CELL_DCH die Cell Identity vom UE erkannt wird. Zwar lassen sich die Verweisungen der Abschnitte 10.2.17, 10.3.7.69, 10.3.7.35 und 10.3.7.3 zunächst so verstehen, dass die Cell Identity als Bestandteil der Cell measured results Bestandteil des measurement reports ist (Merkmal 3.7). Indes hat die Klägerin vorgetragen, dass im CELL_DCH Zustand das UE nicht in der Lage sei, die Cell Identity zu erkennen. Diese werden nur in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und SIB 4 übertragen (V3.3.0, S. 198/199), die jedoch im CELL_DCH Zustand nicht ausgelesen werden können (V3.3.0, Tabelle 8.1.1, S. 29-30).
470V3.3.0 zeigt also nicht, dass die eindeutige Zellkennungsinformation im CELL_DCH Zustand erkannt werden kann (Merkmal 3.6). Vor diesem Hintergrund erscheint die Meldung der Cell Identity als Bestandteil des Measurement Reports jedenfalls widersprüchlich. Auch wenn das Klagepatent sich nicht zu den einzelnen Zuständen verhält, soll die Zellenkennung, die erkannt wurde, im (direkten) Anschluss gemeldet werden.
471Dieses Verständnis wird durch den Änderungsvorschlag von NTT DoCoMo R2-001416 bestätigt, aus dem sich ebenfalls ergibt, dass die Zellidentität nur im Systeminformationsblock Typ 3 und 4 vorhanden ist, welche nicht gelesen werden können, falls das UE sich im CELL_DCH Zustand befindet und das UE eine potentiell ungültige Zellidentität nach dem Wechsel in den CELL_DCH Zustand meldet. Selbst wenn man den Änderungsvorschlag zusammen mit der V 3.3.0 als ein Dokument ansähe – was zweifelhaft ist –, geht hieraus nur hervor, dass es gerade eines zusätzlichen Informationselementes mit der Cell Identity vor dem Hintergrund des V 3.3.0 bedurft hätte. Eine unmittelbare und offenkundige Gesamtoffenbarung der klagepatentgemäßen Lehre erkennt der Fachmann hierin nicht, sondern wiederum nur das Aufzeigen eines Fehlers, der gegebenenfalls zu einer Anpassung führen kann.
472Schließlich folgt auch nichts anderes aus der Spezifikation TS 134 123-1 V3.3.0 für die UMTS-Konformitätstests für mobile Endgeräte. Zum einen spricht bereits der Umstand, dass es sich um ein anderes Dokument handelt, gegen eine unmittelbare und eindeutige Gesamtoffenbarung. Zum anderen ergibt sich aus der Spezifikation ebenfalls nicht, dass die Cell Identity – auch wenn sie Bestandteil des Measurement Reports ist – im CELL_DCH Zustand vom UE erkannt werden kann, obwohl sie sich in den Systeminformationsblöcken SIB 3 und 4 befindet, die in diesem Zustand nicht gelesen werden können.
473bb)
474Ferner offenbart die Version V3.3.0 auch nicht, dass die Cell Identity nach dem Übergang vom Zustand CELL_FACH in den Zustand CELL_DCH übertragen wird. Im Unterschied zur Version V3.4.0 findet sich hier der Abschnitt 8.6.7.5 nicht. Gleichwohl offenbart Abschnitt 10.3.7.5 dem Fachmann nicht eindeutig und unmittelbar, dass nach dem Zustandswechsel in CELL_DCH die Anweisung besteht, die Cell Identity zu berichten. Dem Hinweis, dass der Boolean Typ auf TRUE gesetzt werden muss, um in dem Messbericht enthalten zu sein, mag der Fachmann allenfalls die Möglichkeit entnehmen. Diese wird der Fachmann indes nicht wählen, weil er weiß, dass die Cell Identity im CELL_FACH nicht benötigt wird. Permanent antizipierte Messungen, in einem Zustand, der energiesparend sein soll, sind nicht notwendig. Es bedarf dort ihrer nicht im gleichen Umfang für ein Handover wie im CELL_DCH Zustand, in dem wie ausgeführt die Cell Identity auch nicht der Basisstation gemeldet wird. Daher würde der BPP ht veraltete und gegebenenfalls ungültige Messergebnisse beinhalten. Insofern sieht der Fachmann keine Notwendigkeit für die Anweisung und wird den Boolean Type auf FALSE setzen.
475d)
476Das Klagepatent ist gegenüber der Entgegenhaltung „Wang“ (Masterarbeit vom 16.06.2003) nicht neu.
477Wang befasst sich mit einem Handover Mechanismus in einem heterogenen Netz, das z.B. aus einer Kombination von Weitverkehrsfunknetzen (GPRS oder 3G) und lokalen Drahtlosnetzwerken (WLAN) besteht. Der Entgegenhaltung mangelt es an der Offenbarung einer nichteindeutigen Zellenkennung. Im Rahmen der Erstellung einer externen Ressourcenkarte wird ein Präfixcode/BS-ID Nummer einer benachbarten BS übertragen und analysiert, ob es sich um ein bekanntes IP-Präfix handelt (S. 18, Schritte 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung haben die Beklagten insoweit ausgeführt, dass es sich bei dem Präfixcode, den ersten beiden gelben Spalten der Tabelle 1 in der Anlage ROKH-ES 16a, um die nichteindeutige Zellenkennung handele, das Netzwerk IP-Präfix in der orangen Spalte demgegenüber die eindeutige Zellenkennung darstelle. Ferner sei in der Tabelle 12 auf S. 58 ein geschlossenes System definiert, das nur 28 Zellen zeige, die wiederum alle ein anderes Network-IP-Präfix aufwiesen. Dem kann die Kammer nicht beitreten, denn neben dem eindeutigen Network-IP-Präfix zeigt diese Tabelle auch jeweils einen eindeutigen Präfixcode/BS-ID-Nummer: Diese die Network ID und Cell serial number enthaltenden Präfixcodes/BS-ID Nummern haben die Aufteilung WWAN BS 1-8 und WLAN 1 AP 1-20. Keine der Präfixcodes/ID-Nummern wiederholt sich. Dieser gezeigte Beacon-Code offenbart daher keine nichteindeutige Zellenkennung.
478e)
479Die Entgegenhaltung TT (nachfolgend: UU ) nimmt die klagepatentgemäße Lehre des Anspruchs 6 ebenfalls nicht neuheitsschädlich vorweg.
480Eine eindeutige Zellenkennung ist in Form der zweiten BSIC Zellenkennung nicht offenbart. Die zweite BSIC stellt keine eindeutige Kennung im Sinne des Klagepatents dar. Sie erscheint in Anbetracht der überschaubaren Auswahl an möglichen BSIC (Basisstationsidentifikationscodes) – 64 an der Zahl – nur lokal als eindeutig, wobei die Lehre des Klagepatents eine im gesamten Netz eindeutige Kennung fordert. Sofern die Beklagten hier auf den zweiten Broadcast-Kontrollkanal und der dort gesendeten zweiten BSIC verweisen, bleibt diese Art der Eindeutigkeit hinter der Lehre des Klagepatents zurück. Wird im Messbericht lediglich die zweite BSIC übertragen, ist diese Kennung als 6-Bit-Wert nach dem Klagepatent gerade nicht eindeutig. Nach UU ist es nicht ausgeschlossen, dass die zweite BSIC in anderen lokalen Bereichen des Netzes wiederverwendet wird. Verwirrende Messberichte durch eine Doppelnutzung scheinen nur deswegen ausgeschlossen zu sein, weil durch den BSC und MSC vor der Vergabe der BSIC geklärt wurde, dass er in keiner weiteren Nachbarzelle bereits Verwendung findet. Nach der Lehre des Klagepatents ist die eindeutige Zellenkennung aber so ausgestaltet, dass Verwechselungen mit jeglichen Zellen im Netz vermieden werden. Die globale Eindeutigkeit bezieht sich auf das Netz. Unerheblich ist, aus wie vielen Werten die eindeutige Zellenkennung besteht, solange diese Werte im Netz eine unverwechselbare Zuordnung ermöglichen.
481f)
482Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung VV (nachfolgend WW ) neu.
483Es fehlt an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung, dass sowohl die eindeutige als auch die nichteindeutige Zellenkennung übertragen werden (Merkmalsgruppe 3 des Anspruchs 6). WW präsentiert in Abgrenzung zum Stand der Technik, bei dem eine nichteindeutige Kennung eingesetzt wird, den Einsatz einer eindeutigen Kennung. Die Darstellung der nichteindeutigen Kennung wie des aus BCC und NCC zusammengesetzten BSIC bezieht sich auf den Stand der Technik („conventional measurements“ (Z.5); „The principal way in which base station identification has been attempted in the past is […]“; „Thus, for system wide algorithm development, neither of these techniques for identifying a base station are sufficiently reliable to ensure unique identifications […]“. Demgegenüber zeigt Figur 4 in WW eine Lösung, in der nur eine eindeutige Kennung offenbart ist. Ein kombiniertes Übertragen von eindeutiger und nichteindeutiger Zellkennung wird nicht gezeigt. Die Kombination wird vom Fachmann auch nicht mitgelesen. Weitere Überlegungen, wie z.B. ein erhöhter Ressourcenverbrauch, der eine kombinierte Übertragung fordern könnte, die der Fachmann zusätzlich anstellen müsste, sprechen dagegen.
484g)
485Das Klagepatent ist ebenfalls gegenüber der Entgegenhaltung XX (nachfolgend: YY ) neu.
486Das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf eine Anweisung ist nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Auch wenn der Messprozess als solcher vom durch den netzwerkbasierten Server angestoßen werden kann, gilt dies nur allgemein für die Messung. Damit ist jedoch nicht eindeutig und unmittelbar gezeigt, dass das Mobilendgerät „in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung“ auch die eindeutige Zellenkennung erkennt. Nicht ausgeschlossen ist hier der von der Klägerin angeführte Beispielsfall, dass die Messung autonom vom Mobilendgerät vorgenommen und gespeichert und erst auf eine spätere Anweisung der Basisstation hin gemeldet wird. Dies könnte aus S. 34, Z. 21f. folgen, wonach die Profilerzeugung vollständig von dem mobilen Endgerät 20 fertiggestellt werden kann, ohne Unterstützung durch einen netzwerkbasierten Server.
487h)
488Schließlich ist ein Widerruf des Klagepatents aufgrund der Entgegenhaltung ZZ /R3-062303 (nachfolgend: ZZ ) nicht hinreichend wahrscheinlich.
489Die Neuheitsschädlichkeit von ZZ ist zweifelhaft, da das Erkennen einer eindeutigen Zellenkennung in Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Jedenfalls die Anweisung ist weder aus Figur 1 noch aus Abschnitt 2.1 ohne weiteres ersichtlich. Es bestehen darüber hinaus starke Zweifel, dass ZZ zusammen mit dem Dokument AAA /KPN R2-061545 mangels klarer und zweifelsfreier Inbezugnahme der dortigen maßgeblichen Textstelle als ein Dokument angesehen werden kann. Hinzu tritt, dass auch die dort rekurrierte Passage nicht unmittelbar und eindeutig eine Anweisung offenbart. Es wird lediglich allgemein ausgeführt, dass es weiterhin möglich sein sollte, UEs in einer Weise zu konfigurieren, um bestimmte Messungen für die Netzplanung und -optimierung zu melden. Eine etwaige implizite Offenbarung ist angesichts des geltenden Aussetzungsmaßstabs nicht ausreichend.
4902.
491Die klagepatentgemäße Lehre ist zudem im Stand der Technik nicht nahe gelegt.
492Der Standard 36.300 V 0.5.0. (2207-02) in Kombination mit den Entgegenhaltungen BBB /R3-061758, Finalreport R3-070322, AAA /R3-061488 und X Management /S5-070207 sowie den weiteren Entgegenhaltungen legt die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 6 nicht nahe. Es fehlt bereits an einem Anlass, die weiteren Entgegenhaltungen heranzuziehen. Der Standard 36.300 zeigt keine Anhaltspunkte, wie Nachbarlisten zu optimieren sein könnten. Die Idee, auf Anweisung des Netzes an das UE eindeutige Zellenkennungen zu erkennen und zu melden, entnehme der Fachmann einer der weiteren Entgegenhaltungen, beruht auf einer rückschauenden Betrachtung. In BBB /R3-061758 ist fraglich, ob die Übertragung einer eindeutigen Zellenkennung überhaupt vorgesehen ist und ob dies auf Anweisung der Funkbasisstation erfolgt. Die weiteren Entgegenhaltungen sind nach Ansicht der Kammer noch weiter entfernt von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 6.
4933.
494Die Kammer hält es nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Klagepatent mangels Ausführbarkeit widerrufen wird. Die Einwände werfen Auslegungsfragen bezüglich des Begriffs der eindeutigen Zellkennung auf. Der Fachmann wird den Begriff jedoch mit Hilfe seiner Fachkenntnis auslegen und seinen technischen Sinngehalt umsetzen können.
4954.
496Der Gegenstand des Klagepatents beruht auch nicht auf einer unzulässigen Erweiterung.
497Indem das mobile Endgerät in Gänze in der Figur 2 und der Beschreibung in den Anmeldeunterlagen offenbart ist, wird der Fachmann das Steuerungselement als notwendiges Bauteil für die Kommunikation mit der Funkbasisstation mitlesen. Erwähnt ist es auch explizit in der Beschreibung (CCC , nachfolgend: DDD , S. 3, Z. 24 ff („The mobile terminal 4 comprises a controller 42 […]“).
498Es ist nicht ersichtlich, dass der Zusatz des Übertragens der nichteindeutigen Zellenkennung den Gegenstand des Klagepatents gegenüber der Patentanmeldung unzulässig erweitert. Aus den Anmeldeunterlagen ergibt sich, dass die nichteindeutige Zellenkennung mit den Messinformationen der Betriebsparameter verknüpft ist (DDD , S. 2 Z. 10 ff.). Ferner ist auch die eindeutige Zellenkennung an mehreren Stellen der Beschreibung der Anmeldung und im Anspruch offenbart (z.B. S. 4, Z. 15 ff., S. 6 Z. 13). Auch offenbart die Anmeldung, dass die Steuerung als Reaktion auf einen Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation der ersten Kommunikationszelle die eindeutige Zellenkennung erkennt. So heißt es in Anspruch 6 (S. 6, Z. 21-24), dass das Erkennen (detecting) und Melden (reporting) der eindeutigen Zellenkennung in vorbestimmten Intervallen als Antwort auf den Empfang einer Anweisung von der Funkbasisstation erfolgt („[…] is performed at predetermined intervals in response to recC t of an instruction from the radio base station of the first communications cell.“). Dass die Steuerung für diesen Betrieb geeignet sein muss liest der Fachmann mit.
499Ferner wird der Fachmann erkennen, dass bei dem Übertragen der nichteindeutigen Zellenkennung immer Betriebsparameter mit bestimmt und gemeldet werden, weil die nichteindeutige Zellenkennung an jede measurement information gebunden ist (vgl. S.4, Z. 10 ff.). Insofern ist durch die Streichung der Merkmale Bestimmen und Melden von Parameterinformationen der Anspruch 6 ebenfalls nicht unzulässig erweitert. Schließlich wird der Fachmann auch eine Zellkennungsinformation in der offenbarten Zellidentifiziererinformation der Anmeldung erkennen. Anstatt „für die zweite Kommunikationszelle“ „für eine zweite Kommunikationszelle“ zu verwenden, stellt ebenfalls keine unzulässige Erweiterung über den Offenbarungsgehalt der Anmeldung hinaus dar.
5005.
501Die weiteren Angriffe sind mangels schriftsätzlicher Behandlung im Verletzungsverfahren von den Parteien zu Recht selbst nicht als eine Aussetzungsentscheidung tragend angesehen worden.
502X.
503Dem Antrag der Beklagten auf Vorlage des MSA war nicht zu entsprechen.
5041.
505Soweit die Beklagten die Vorlage des MSA gemäß § 142 ZPO beantragen, haben sie hiermit keinen Erfolg.
506Nach § 142 Absatz 1 ZPO kann das GPP ht anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Dabei muss sich die Bedeutung einer konkret zu bezeichnenden Urkunde für die begehrte Entscheidung aus schlüssigem Parteivortrag ergeben. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn sie dazu dient, für die vom GPP ht begehrte Entscheidung relevante Umstände zu erhellen (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 142 Rn. 7; BGH, NJW 2014, 3312). Dabei sind im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung insbesondere auch berechtigte Belange des Geheimnis- oder Persönlichkeitsschutzes zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl. 2016, § 142 Rn. 8; BGH, NJW 2007, 2989).
507Vor diesem Hintergrund kommt die Anordnung der Vorlage des gesamten MSA nicht in Betracht. Die Kammer vermag anhand des Vortrags der Beklagten nicht zu erkennen, dass die Vorlage des gesamten MSA – über die bereits zur Akte gereichten Auszüge hinaus – für die Entscheidung von Relevanz ist. Demgegenüber würde die Anordnung der Vorlage des gesamten MSA dazu führen, dass Inhalte, die bisher nicht über einen eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und die auch nicht öffentlich verbreitet werden sollen, Dritten bekannt werden würden. Die Vorlage des gesamten MSA würde damit schutzwürdige Interessen der Klägerin und/oder der Streithelferin verletzen. Unter Abwägung der berechtigten Interessen der Parteien hat die Kammer von einer Anordnung der Vorlage des gesamten MSA abgesehen.
508Sofern der Antrag der Beklagten dahingehend zu verstehen sein sollte, dass er sich auf die Vorlage des gesamten Closing binders bezieht, gilt das zuvor Gesagte erst recht.
5092.
510Auch eine Vorlagepflicht nach § 423 ZPO besteht nicht.
511Nach § 423 ZPO ist der Gegner zur Vorlage der in seinen Händen befindlichen Unterlagen verpflichtet, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat. Ausreichend ist jede Bezugnahme zu Aufklärungszwecken (vgl. Zöller, a.a.O., § 423 Rn. 1). Es genügt aber nicht, wenn der Gegner auf den Urkundeninhalt lediglich zur Ergänzung oder Erläuterung seines Tatsachenvortrags hingewiesen hat (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 423 Rn. 1).
512Im vorliegenden Fall hat die Klägerin auf den Closing Binder lediglich Bezug genommen, um die Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen darzulegen. Eine inhaltliche Bezugnahme dergestalt, dass der Closing Binder zur Aufklärung strittiger Punkte beitragen würde, erfolgte nicht.
513XI.
514Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 Nr. 2, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
515Streitwert:
516ursprünglich: 2.000.000,00 EUR
517ab dem 23.05.2014 (Teilklagerücknahme): 1.600.000,00 EUR
518Die Streitwertfestsetzung auf 2.000.000,00 EUR beruht darauf, dass mit der Klage neben den mobilen Endgeräten auch Basisstationen angegriffen werden.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
(1) Die Unternehmen dürfen einen Zusammenschluss, der vom Bundeskartellamt nicht freigegeben ist, nicht vor Ablauf der Fristen nach § 40 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 vollziehen oder am Vollzug dieses Zusammenschlusses mitwirken. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind unwirksam. Dies gilt nicht
- 1.
für Verträge über Grundstücksgeschäfte, sobald sie durch Eintragung in das Grundbuch rechtswirksam geworden sind, - 2.
für Verträge über die Umwandlung, Eingliederung oder Gründung eines Unternehmens und für Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291 und 292 des Aktiengesetzes, sobald sie durch Eintragung in das zuständige Register rechtswirksam geworden sind, sowie - 3.
für andere Rechtsgeschäfte, wenn der nicht angemeldete Zusammenschluss nach Vollzug angezeigt und das Entflechtungsverfahren nach Absatz 3 eingestellt wurde, weil die Untersagungsvoraussetzungen nicht vorlagen, oder die Wettbewerbsbeschränkung infolge einer Auflösungsanordnung nach Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 beseitigt wurde oder eine Ministererlaubnis nach § 42 erteilt worden ist.
(1a) Absatz 1 steht der Verwirklichung von Erwerbsvorgängen nicht entgegen, bei denen die Kontrolle, Anteile oder wettbewerblich erheblicher Einfluss im Sinne von § 37 Absatz 1 oder 2 von mehreren Veräußerern entweder im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots oder im Wege einer Reihe von Rechtsgeschäften mit Wertpapieren, einschließlich solchen, die in andere zum Handel an einer Börse oder an einem ähnlichen Markt zugelassene Wertpapiere konvertierbar sind, über eine Börse erworben werden, sofern der Zusammenschluss gemäß § 39 unverzüglich beim Bundeskartellamt angemeldet wird und der Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte nicht oder nur zur Erhaltung des vollen Wertes seiner Investition auf Grund einer vom Bundeskartellamt nach Absatz 2 erteilten Befreiung ausübt.
(2) Das Bundeskartellamt kann auf Antrag Befreiungen vom Vollzugsverbot erteilen, wenn die beteiligten Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen, insbesondere um schweren Schaden von einem beteiligten Unternehmen oder von Dritten abzuwenden. Die Befreiung kann jederzeit, auch vor der Anmeldung, erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. § 40 Absatz 3a gilt entsprechend.
(3) Ein vollzogener Zusammenschluss, der die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Absatz 1 erfüllt, ist aufzulösen, wenn nicht die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wirtschaft und Energie nach § 42 die Erlaubnis zu dem Zusammenschluss erteilt. Das Bundeskartellamt ordnet die zur Auflösung des Zusammenschlusses erforderlichen Maßnahmen an. Die Wettbewerbsbeschränkung kann auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des früheren Zustands beseitigt werden.
(4) Zur Durchsetzung seiner Anordnung kann das Bundeskartellamt insbesondere
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Das Recht auf das Patent, der Anspruch auf Erteilung des Patents und das Recht aus dem Patent gehen auf die Erben über. Sie können beschränkt oder unbeschränkt auf andere übertragen werden.
(2) Die Rechte nach Absatz 1 können ganz oder teilweise Gegenstand von ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenzen für den Geltungsbereich dieses Gesetzes oder einen Teil desselben sein. Soweit ein Lizenznehmer gegen eine Beschränkung seiner Lizenz nach Satz 1 verstößt, kann das Recht aus dem Patent gegen ihn geltend gemacht werden.
(3) Ein Rechtsübergang oder die Erteilung einer Lizenz berührt nicht Lizenzen, die Dritten vorher erteilt worden sind.
Das Recht auf das Patent hat der Erfinder oder sein Rechtsnachfolger. Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht, so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu. Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht, so steht das Recht dem zu, der die Erfindung zuerst beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet hat.
(1) Das Recht auf das Patent, der Anspruch auf Erteilung des Patents und das Recht aus dem Patent gehen auf die Erben über. Sie können beschränkt oder unbeschränkt auf andere übertragen werden.
(2) Die Rechte nach Absatz 1 können ganz oder teilweise Gegenstand von ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenzen für den Geltungsbereich dieses Gesetzes oder einen Teil desselben sein. Soweit ein Lizenznehmer gegen eine Beschränkung seiner Lizenz nach Satz 1 verstößt, kann das Recht aus dem Patent gegen ihn geltend gemacht werden.
(3) Ein Rechtsübergang oder die Erteilung einer Lizenz berührt nicht Lizenzen, die Dritten vorher erteilt worden sind.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 verbotenen Weise zu handeln.
(3) Personen, die die in § 11 Nr. 1 bis 3 genannten Handlungen vornehmen, gelten im Sinne des Absatzes 1 nicht als Personen, die zur Benutzung der Erfindung berechtigt sind.
(1) Damit die sachliche Prüfung der Patentanmeldung durch die Feststellung des Erfinders nicht verzögert wird, gilt im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt der Anmelder als berechtigt, die Erteilung des Patents zu verlangen.
(2) Wird ein Patent auf Grund eines auf widerrechtliche Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3) gestützten Einspruchs widerrufen oder führt der Einspruch zum Verzicht auf das Patent, so kann der Einsprechende innerhalb eines Monats nach der amtlichen Mitteilung hierüber die Erfindung selbst anmelden und die Priorität des früheren Patents in Anspruch nehmen.
Der Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, oder der durch widerrechtliche Entnahme Verletzte kann vom Patentsucher verlangen, daß ihm der Anspruch auf Erteilung des Patents abgetreten wird. Hat die Anmeldung bereits zum Patent geführt, so kann er vom Patentinhaber die Übertragung des Patents verlangen. Der Anspruch kann vorbehaltlich der Sätze 4 und 5 nur innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der Veröffentlichung der Erteilung des Patents (§ 58 Abs. 1) durch Klage geltend gemacht werden. Hat der Verletzte Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3) erhoben, so kann er die Klage noch innerhalb eines Jahres nach rechtskräftigem Abschluß des Einspruchsverfahrens erheben. Die Sätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Patentinhaber beim Erwerb des Patents nicht in gutem Glauben war.
(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt führt ein Register, das die Bezeichnung der Patentanmeldungen, in deren Akten jedermann Einsicht gewährt wird, und der erteilten Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie Namen und Wohnort der Anmelder oder Patentinhaber und ihrer etwa nach § 25 bestellten Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten angibt, wobei die Eintragung eines Vertreters oder Zustellungsbevollmächtigten genügt. Auch sind darin Anfang, Ablauf, Erlöschen, Anordnung der Beschränkung, Widerruf, Erklärung der Nichtigkeit der Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie die Erhebung eines Einspruchs und einer Nichtigkeitsklage zu vermerken. In dem Register sind ferner der vom Europäischen Patentamt mitgeteilte Tag der Eintragung der einheitlichen Wirkung des europäischen Patents sowie der mitgeteilte Tag des Eintritts der Wirkung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1; L 307 vom 28.10.2014, S. 83) zu vermerken.
(2) Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts kann bestimmen, daß weitere Angaben in das Register eingetragen werden.
(3) Das Deutsche Patent- und Markenamt vermerkt im Register eine Änderung in der Person, im Namen oder im Wohnort des Anmelders oder Patentinhabers und seines Vertreters sowie Zustellungsbevollmächtigten, wenn sie ihm nachgewiesen wird. Solange die Änderung nicht eingetragen ist, bleibt der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet. Übernimmt der neu im Register als Anmelder oder als Patentinhaber Eingetragene ein Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, ein Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht oder ein Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof, so ist dafür die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten nicht erforderlich.
(4) Das Deutsche Patent- und Markenamt trägt auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz in das Register ein, wenn ihm die Zustimmung des anderen Teils nachgewiesen wird. Der Antrag nach Satz 1 ist unzulässig, solange eine Lizenzbereitschaft (§ 23 Abs. 1) erklärt ist. Die Eintragung wird auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers gelöscht. Der Löschungsantrag des Patentinhabers bedarf des Nachweises der Zustimmung des bei der Eintragung benannten Lizenznehmers oder seines Rechtsnachfolgers.
(5) (weggefallen)
(1) Der Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs nach § 30 Abs. 3 des Patentgesetzes, § 8 Abs. 4 des Gebrauchsmustergesetzes, § 4 Abs. 2 des Halbleiterschutzgesetzes in Verbindung mit § 8 Abs. 4 des Gebrauchsmustergesetzes, § 27 Abs. 3 des Markengesetzes und § 29 Abs. 3 des Designgesetzes soll unter Verwendung des vom Deutschen Patent- und Markenamt herausgegebenen Formblatts gestellt werden.
(2) In dem Antrag sind anzugeben:
- 1.
das Aktenzeichen des Schutzrechts, - 2.
der Name, der Sitz und die Anschrift des Inhabers des Schutzrechts in der im Register eingetragenen Form, - 3.
Angaben über die Rechtsnachfolger entsprechend § 4 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 der Patentverordnung, § 3 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 der Gebrauchsmusterverordnung, § 5 Abs. 1 bis 4 der Markenverordnung, § 6 Absatz 1 bis 4 der Designverordnung und § 3 Absatz 1 Nummer 5, Absatz 2, 6 Nummer 1 und 2 der Halbleiterschutzverordnung, - 4.
falls die Rechtsnachfolger einen Vertreter bestellt haben, der Name und die Anschrift des Vertreters nach Maßgabe des § 13.
(3) Für den Nachweis des Rechtsübergangs reicht es aus,
- 1.
dass der Antrag von den eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern und von den Rechtsnachfolgern oder ihren Vertretern unterschrieben ist oder - 2.
dass dem Antrag, wenn er von den Rechtsnachfolgern gestellt wird, - a)
eine von den eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern unterschriebene Erklärung beigefügt ist, dass sie der Eintragung der Rechtsnachfolge zustimmen, oder - b)
Unterlagen beigefügt sind, aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie zum Beispiel ein Übertragungsvertrag oder eine Erklärung über die Übertragung, wenn die entsprechenden Unterlagen von den eingetragenen Inhabern oder ihren Vertretern und von den Rechtsnachfolgern oder ihren Vertretern unterschrieben sind.
(4) Für die in Absatz 3 genannten Anträge und Erklärungen sollen die vom Deutschen Patent- und Markenamt herausgegebenen Formulare verwendet werden. Wird ein Antrag auf Eintragung eines Rechtsübergangs allein von den Rechtsnachfolgern gestellt und liegt dem Deutschen Patent- und Markenamt keine Erklärung nach Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe a vor, so räumt das Deutsche Patent- und Markenamt dem eingetragenen Inhaber vor der Eintragung des Rechtsübergangs eine angemessene Frist zur Stellungnahme ein.
(5) In den Fällen des Absatzes 3 ist eine Beglaubigung der Erklärung oder der Unterschriften nicht erforderlich.
(6) Das Deutsche Patent- und Markenamt kann in den Fällen des Absatzes 3 weitere Nachweise verlangen, wenn sich begründete Zweifel an dem Rechtsübergang ergeben.
(7) Der Nachweis des Rechtsübergangs auf andere Weise als nach Absatz 3 bleibt unberührt.
(8) Der Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs kann für mehrere Schutzrechte gemeinsam gestellt werden.
(1) Zusammenschlüsse sind vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt gemäß den Absätzen 2 und 3 anzumelden. Elektronische Anmeldungen sind zulässig über:
- 1.
die vom Bundeskartellamt eingerichtete zentrale De-Mail-Adresse im Sinne des De-Mail-Gesetzes, - 2.
die vom Bundeskartellamt eingerichtete zentrale E-Mail-Adresse für Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur, - 3.
das besondere elektronische Behördenpostfach sowie - 4.
eine hierfür bestimmte Internetplattform.
(2) Zur Anmeldung sind verpflichtet:
- 1.
die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen, - 2.
in den Fällen des § 37 Absatz 1 Nummer 1 und 3 auch der Veräußerer.
(3) In der Anmeldung ist die Form des Zusammenschlusses anzugeben. Die Anmeldung muss ferner über jedes beteiligte Unternehmen folgende Angaben enthalten:
- 1.
die Firma oder sonstige Bezeichnung und den Ort der Niederlassung oder den Sitz; - 2.
die Art des Geschäftsbetriebes; - 3.
die Umsatzerlöse im Inland, in der Europäischen Union und weltweit; anstelle der Umsatzerlöse sind bei Kreditinstituten, Finanzinstituten, Bausparkassen sowie bei externen Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 Absatz 2 Nummer 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs der Gesamtbetrag der Erträge gemäß § 38 Absatz 4, bei Versicherungsunternehmen die Prämieneinnahmen anzugeben; im Fall des § 35 Absatz 1a ist zusätzlich auch der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss nach § 38 Absatz 4a, einschließlich der Grundlagen für seine Berechnung, anzugeben; - 3a.
im Fall des § 35 Absatz 1a Angaben zu Art und Umfang der Tätigkeit im Inland; - 4.
die Marktanteile einschließlich der Grundlagen für ihre Berechnung oder Schätzung, wenn diese im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder in einem wesentlichen Teil desselben für die beteiligten Unternehmen zusammen mindestens 20 vom Hundert erreichen; - 5.
beim Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen die Höhe der erworbenen und der insgesamt gehaltenen Beteiligung; - 6.
eine zustellungsbevollmächtigte Person im Inland, sofern sich der Sitz des Unternehmens nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes befindet.
(4) Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, wenn die Europäische Kommission einen Zusammenschluss an das Bundeskartellamt verwiesen hat und dem Bundeskartellamt die nach Absatz 3 erforderlichen Angaben in deutscher Sprache vorliegen. Das Bundeskartellamt teilt den beteiligten Unternehmen unverzüglich den Zeitpunkt des Eingangs der Verweisungsentscheidung mit und unterrichtet sie zugleich darüber, inwieweit die nach Absatz 3 erforderlichen Angaben in deutscher Sprache vorliegen.
(5) Das Bundeskartellamt kann von jedem beteiligten Unternehmen Auskunft über Marktanteile einschließlich der Grundlagen für die Berechnung oder Schätzung sowie über den Umsatzerlös bei einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen, den das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss erzielt hat, sowie über die Tätigkeit eines Unternehmens im Inland einschließlich von Angaben zu Zahlen und Standorten seiner Kunden sowie der Orte, an denen seine Angebote erbracht und bestimmungsgemäß genutzt werden, verlangen.
(6) Anmeldepflichtige Zusammenschlüsse, die entgegen Absatz 1 Satz 1 nicht vor dem Vollzug angemeldet wurden, sind von den beteiligten Unternehmen unverzüglich beim Bundeskartellamt anzuzeigen. § 41 bleibt unberührt.
(1) Die Unternehmen dürfen einen Zusammenschluss, der vom Bundeskartellamt nicht freigegeben ist, nicht vor Ablauf der Fristen nach § 40 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 vollziehen oder am Vollzug dieses Zusammenschlusses mitwirken. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind unwirksam. Dies gilt nicht
- 1.
für Verträge über Grundstücksgeschäfte, sobald sie durch Eintragung in das Grundbuch rechtswirksam geworden sind, - 2.
für Verträge über die Umwandlung, Eingliederung oder Gründung eines Unternehmens und für Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291 und 292 des Aktiengesetzes, sobald sie durch Eintragung in das zuständige Register rechtswirksam geworden sind, sowie - 3.
für andere Rechtsgeschäfte, wenn der nicht angemeldete Zusammenschluss nach Vollzug angezeigt und das Entflechtungsverfahren nach Absatz 3 eingestellt wurde, weil die Untersagungsvoraussetzungen nicht vorlagen, oder die Wettbewerbsbeschränkung infolge einer Auflösungsanordnung nach Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 beseitigt wurde oder eine Ministererlaubnis nach § 42 erteilt worden ist.
(1a) Absatz 1 steht der Verwirklichung von Erwerbsvorgängen nicht entgegen, bei denen die Kontrolle, Anteile oder wettbewerblich erheblicher Einfluss im Sinne von § 37 Absatz 1 oder 2 von mehreren Veräußerern entweder im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots oder im Wege einer Reihe von Rechtsgeschäften mit Wertpapieren, einschließlich solchen, die in andere zum Handel an einer Börse oder an einem ähnlichen Markt zugelassene Wertpapiere konvertierbar sind, über eine Börse erworben werden, sofern der Zusammenschluss gemäß § 39 unverzüglich beim Bundeskartellamt angemeldet wird und der Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte nicht oder nur zur Erhaltung des vollen Wertes seiner Investition auf Grund einer vom Bundeskartellamt nach Absatz 2 erteilten Befreiung ausübt.
(2) Das Bundeskartellamt kann auf Antrag Befreiungen vom Vollzugsverbot erteilen, wenn die beteiligten Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen, insbesondere um schweren Schaden von einem beteiligten Unternehmen oder von Dritten abzuwenden. Die Befreiung kann jederzeit, auch vor der Anmeldung, erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. § 40 Absatz 3a gilt entsprechend.
(3) Ein vollzogener Zusammenschluss, der die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Absatz 1 erfüllt, ist aufzulösen, wenn nicht die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wirtschaft und Energie nach § 42 die Erlaubnis zu dem Zusammenschluss erteilt. Das Bundeskartellamt ordnet die zur Auflösung des Zusammenschlusses erforderlichen Maßnahmen an. Die Wettbewerbsbeschränkung kann auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des früheren Zustands beseitigt werden.
(4) Zur Durchsetzung seiner Anordnung kann das Bundeskartellamt insbesondere
(1) Ein Zusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor:
- 1.
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil; das gilt auch, wenn ein im Inland tätiges Unternehmen, dessen Vermögen erworben wird, noch keine Umsatzerlöse erzielt hat; - 2.
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen. Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch - a)
Eigentums- oder Nutzungsrechte an einer Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens, - b)
Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren;
- 3.
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen - a)
50 vom Hundert oder - b)
25 vom Hundert
- 4.
jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.
(2) Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher zusammengeschlossen waren, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung.
(3) Erwerben Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen zum Zwecke der Veräußerung, gilt dies nicht als Zusammenschluss, solange sie das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. Diese Frist kann vom Bundeskartellamt auf Antrag verlängert werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Veräußerung innerhalb der Frist unzumutbar war.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
(1) Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU stehen öffentlichen Auftraggebern das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, der wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft nach ihrer Wahl zur Verfügung. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb steht nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.
(2) Abweichend von § 132 Absatz 3 ist die Änderung eines öffentlichen Auftrags über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn der Wert der Änderung nicht mehr als 20 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
(1) Ein Zusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor:
- 1.
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil; das gilt auch, wenn ein im Inland tätiges Unternehmen, dessen Vermögen erworben wird, noch keine Umsatzerlöse erzielt hat; - 2.
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen. Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch - a)
Eigentums- oder Nutzungsrechte an einer Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens, - b)
Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren;
- 3.
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen - a)
50 vom Hundert oder - b)
25 vom Hundert
- 4.
jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.
(2) Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher zusammengeschlossen waren, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung.
(3) Erwerben Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen zum Zwecke der Veräußerung, gilt dies nicht als Zusammenschluss, solange sie das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. Diese Frist kann vom Bundeskartellamt auf Antrag verlängert werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Veräußerung innerhalb der Frist unzumutbar war.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
(1) Ein Zusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor:
- 1.
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil; das gilt auch, wenn ein im Inland tätiges Unternehmen, dessen Vermögen erworben wird, noch keine Umsatzerlöse erzielt hat; - 2.
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen. Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch - a)
Eigentums- oder Nutzungsrechte an einer Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens, - b)
Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren;
- 3.
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen - a)
50 vom Hundert oder - b)
25 vom Hundert
- 4.
jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.
(2) Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher zusammengeschlossen waren, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung.
(3) Erwerben Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen zum Zwecke der Veräußerung, gilt dies nicht als Zusammenschluss, solange sie das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. Diese Frist kann vom Bundeskartellamt auf Antrag verlängert werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Veräußerung innerhalb der Frist unzumutbar war.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
(1) Ein Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die beteiligten Unternehmen nachweisen, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und diese Verbesserungen die Behinderung des Wettbewerbs überwiegen, oder - 2.
die Untersagungsvoraussetzungen ausschließlich auf Märkten vorliegen, auf denen seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf denen im letzten Kalenderjahr im Inland insgesamt weniger als 20 Millionen Euro umgesetzt wurden, es sei denn, es handelt sich um Märkte im Sinne des § 18 Absatz 2a oder einen Fall des § 35 Absatz 1a, oder - 3.
die marktbeherrschende Stellung eines Zeitungs- oder Zeitschriftenverlags verstärkt wird, der einen kleinen oder mittleren Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag übernimmt, falls nachgewiesen wird, dass der übernommene Verlag in den letzten drei Jahren jeweils in der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 275 des Handelsgesetzbuchs einen erheblichen Jahresfehlbetrag auszuweisen hatte und er ohne den Zusammenschluss in seiner Existenz gefährdet wäre. Ferner muss nachgewiesen werden, dass vor dem Zusammenschluss kein anderer Erwerber gefunden wurde, der eine wettbewerbskonformere Lösung sichergestellt hätte.
(2) Ist ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 des Aktiengesetzes oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, sind die so verbundenen Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen. Wirken mehrere Unternehmen derart zusammen, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können, gilt jedes von ihnen als herrschendes.
(3) Steht einer Person oder Personenvereinigung, die nicht Unternehmen ist, die Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen zu, gilt sie als Unternehmen.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
(1) Ein Zusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor:
- 1.
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil; das gilt auch, wenn ein im Inland tätiges Unternehmen, dessen Vermögen erworben wird, noch keine Umsatzerlöse erzielt hat; - 2.
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen. Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch - a)
Eigentums- oder Nutzungsrechte an einer Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens, - b)
Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren;
- 3.
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen - a)
50 vom Hundert oder - b)
25 vom Hundert
- 4.
jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.
(2) Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher zusammengeschlossen waren, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung.
(3) Erwerben Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen zum Zwecke der Veräußerung, gilt dies nicht als Zusammenschluss, solange sie das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. Diese Frist kann vom Bundeskartellamt auf Antrag verlängert werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Veräußerung innerhalb der Frist unzumutbar war.
(1) Für die Ermittlung der Umsatzerlöse gilt § 277 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs. Verwendet ein Unternehmen für seine regelmäßige Rechnungslegung ausschließlich einen anderen international anerkannten Rechnungslegungsstandard, so ist für die Ermittlung der Umsatzerlöse dieser Standard maßgeblich. Umsatzerlöse aus Lieferungen und Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen (Innenumsatzerlöse) sowie Verbrauchsteuern bleiben außer Betracht.
(2) Für den Handel mit Waren sind nur drei Viertel der Umsatzerlöse in Ansatz zu bringen.
(3) Für den Verlag, die Herstellung und den Vertrieb von Zeitungen, Zeitschriften und deren Bestandteilen ist das Vierfache der Umsatzerlöse und für die Herstellung, den Vertrieb und die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen und den Absatz von Rundfunkwerbezeiten ist das Achtfache der Umsatzerlöse in Ansatz zu bringen.
(4) An die Stelle der Umsatzerlöse tritt bei Kreditinstituten, Finanzinstituten, Bausparkassen sowie bei externen Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 Absatz 2 Nummer 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs der Gesamtbetrag der in § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis e der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung genannten Erträge abzüglich der Umsatzsteuer und sonstiger direkt auf diese Erträge erhobener Steuern. Bei Versicherungsunternehmen sind die Prämieneinnahmen des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres maßgebend. Prämieneinnahmen sind die Einnahmen aus dem Erst- und Rückversicherungsgeschäft einschließlich der in Rückdeckung gegebenen Anteile.
(4a) Die Gegenleistung nach § 35 Absatz 1a umfasst
- 1.
alle Vermögensgegenstände und sonstigen geldwerten Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss nach § 37 Absatz 1 erhält, (Kaufpreis) und - 2.
den Wert etwaiger vom Erwerber übernommener Verbindlichkeiten.
(5) Wird ein Zusammenschluss durch den Erwerb von Teilen eines oder mehrerer Unternehmen bewirkt, so ist unabhängig davon, ob diese Teile eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, auf Seiten des Veräußerers nur der Umsatz oder der Marktanteil zu berücksichtigen, der auf die veräußerten Teile entfällt. Dies gilt nicht, sofern beim Veräußerer die Kontrolle im Sinne des § 37 Absatz 1 Nummer 2 oder 25 Prozent oder mehr der Anteile verbleiben. Zwei oder mehr Erwerbsvorgänge im Sinne von Satz 1, die innerhalb von zwei Jahren zwischen denselben Personen oder Unternehmen getätigt werden, werden als ein einziger Zusammenschluss behandelt, wenn dadurch die Umsatzschwellen des § 35 Absatz 1 erreicht oder die Voraussetzungen des § 35 Absatz 1a erfüllt werden; als Zeitpunkt des Zusammenschlusses gilt der letzte Erwerbsvorgang.
(1) Ein Zusammenschluss liegt in folgenden Fällen vor:
- 1.
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil; das gilt auch, wenn ein im Inland tätiges Unternehmen, dessen Vermögen erworben wird, noch keine Umsatzerlöse erzielt hat; - 2.
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen. Die Kontrolle wird durch Rechte, Verträge oder andere Mittel begründet, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben, insbesondere durch - a)
Eigentums- oder Nutzungsrechte an einer Gesamtheit oder an Teilen des Vermögens des Unternehmens, - b)
Rechte oder Verträge, die einen bestimmenden Einfluss auf die Zusammensetzung, die Beratungen oder Beschlüsse der Organe des Unternehmens gewähren;
- 3.
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen - a)
50 vom Hundert oder - b)
25 vom Hundert
- 4.
jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können.
(2) Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn die beteiligten Unternehmen bereits vorher zusammengeschlossen waren, es sei denn, der Zusammenschluss führt nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bestehenden Unternehmensverbindung.
(3) Erwerben Kreditinstitute, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen Anteile an einem anderen Unternehmen zum Zwecke der Veräußerung, gilt dies nicht als Zusammenschluss, solange sie das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben und sofern die Veräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. Diese Frist kann vom Bundeskartellamt auf Antrag verlängert werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Veräußerung innerhalb der Frist unzumutbar war.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.
(1) Die Unternehmen dürfen einen Zusammenschluss, der vom Bundeskartellamt nicht freigegeben ist, nicht vor Ablauf der Fristen nach § 40 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 vollziehen oder am Vollzug dieses Zusammenschlusses mitwirken. Rechtsgeschäfte, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind unwirksam. Dies gilt nicht
- 1.
für Verträge über Grundstücksgeschäfte, sobald sie durch Eintragung in das Grundbuch rechtswirksam geworden sind, - 2.
für Verträge über die Umwandlung, Eingliederung oder Gründung eines Unternehmens und für Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291 und 292 des Aktiengesetzes, sobald sie durch Eintragung in das zuständige Register rechtswirksam geworden sind, sowie - 3.
für andere Rechtsgeschäfte, wenn der nicht angemeldete Zusammenschluss nach Vollzug angezeigt und das Entflechtungsverfahren nach Absatz 3 eingestellt wurde, weil die Untersagungsvoraussetzungen nicht vorlagen, oder die Wettbewerbsbeschränkung infolge einer Auflösungsanordnung nach Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit Satz 3 beseitigt wurde oder eine Ministererlaubnis nach § 42 erteilt worden ist.
(1a) Absatz 1 steht der Verwirklichung von Erwerbsvorgängen nicht entgegen, bei denen die Kontrolle, Anteile oder wettbewerblich erheblicher Einfluss im Sinne von § 37 Absatz 1 oder 2 von mehreren Veräußerern entweder im Wege eines öffentlichen Übernahmeangebots oder im Wege einer Reihe von Rechtsgeschäften mit Wertpapieren, einschließlich solchen, die in andere zum Handel an einer Börse oder an einem ähnlichen Markt zugelassene Wertpapiere konvertierbar sind, über eine Börse erworben werden, sofern der Zusammenschluss gemäß § 39 unverzüglich beim Bundeskartellamt angemeldet wird und der Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte nicht oder nur zur Erhaltung des vollen Wertes seiner Investition auf Grund einer vom Bundeskartellamt nach Absatz 2 erteilten Befreiung ausübt.
(2) Das Bundeskartellamt kann auf Antrag Befreiungen vom Vollzugsverbot erteilen, wenn die beteiligten Unternehmen hierfür wichtige Gründe geltend machen, insbesondere um schweren Schaden von einem beteiligten Unternehmen oder von Dritten abzuwenden. Die Befreiung kann jederzeit, auch vor der Anmeldung, erteilt und mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. § 40 Absatz 3a gilt entsprechend.
(3) Ein vollzogener Zusammenschluss, der die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Absatz 1 erfüllt, ist aufzulösen, wenn nicht die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wirtschaft und Energie nach § 42 die Erlaubnis zu dem Zusammenschluss erteilt. Das Bundeskartellamt ordnet die zur Auflösung des Zusammenschlusses erforderlichen Maßnahmen an. Die Wettbewerbsbeschränkung kann auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des früheren Zustands beseitigt werden.
(4) Zur Durchsetzung seiner Anordnung kann das Bundeskartellamt insbesondere
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.
(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.
(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.
(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen
- 1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder - 2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder - 3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.
(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
a) Mobiltelefone anzubieten und/oder zu liefern, die zur Ausübung eines Datenroutingverfahrens in einem Chipsatz geeignet sind, umfassend wenigstens einen Hostprozessor, eine Steuereinheit und eine kontaktlose Datensende-/ Empfangsschnittstelle vom RFID-Typ, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst, die darin bestehen:
- einen Datenwegeröffnungsbefehl (CMD), der einen in der kontaktlosen Datensende-/ Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisierten Bestimmungspunkt (P3) benennt, mittels eines im Hostprozessor lokalisierten Ausgangspunktes (P1, P2) an die Steuereinheit zu senden,
- als Antwort auf den Dateneröffnungsbefehl (CMD) mittels der Steuereinheit (NFCC) einen Datenweg zu eröffnen, der den Ausgangspunkt mit dem Bestimmungspunkt verbindet, wobei dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen wird und wobei die Routingkanalnummer sowie wenigstens einen Identifizierer (iDsp) des Ausgangspunktes und einen Identifizierer (iDsp) des Bestimmungspunktes umfassende Routingparameter in eine Routing-Tabelle (RT) eingetragen werden,
- für den Bestimmungspunkt bestimmte, in einem Datenübertragungsblock (DF), der ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist, verkapselte Daten mittels des Ausgangspunktes an die Steuereinheit (NFCC) zu senden und
- beim Empfang der in einem Datenübertragungsblock (DF), der ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist, verkapselten Daten mittels der Steuereinheit (NFCC), unter Verwendung der Routingkanalnummer als Index für die Auswahl des Bestimmungspunktes, einen Bestimmungspunkt der Daten in der Routing-Tabelle zu suchen und die Daten dann an den Bestimmungspunkt zu senden,
und/oder
b) Datensende-/ Empfangsvorrichtungen (NFCR2) umfassend eine kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) vom RFID-Typ, eine Steuereinheit (NFCC) und wenigstens einen Eingangs/Ausgangsport (INT1, INT2), um die kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) mit einem Hostprozessor (HP1, HP2) zu verbinden,
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, wobei die Steuereinheit (NFCC) konfiguriert ist, um
- als Antwort auf einen Dateneröffnungsbefehl (CMD), der von einem in einem Hostprozessor (HP1, HP2) lokalisierten Ausgangspunkt gesandt wurde und der einen in der kontaklosen Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisierten Bestimmungspunkt (P3) benennt, einen Datenweg zwischen dem Ausgangspunkt und einem Bestimmungspunkt zu eröffnen, wobei dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen wird und wobei die Routingkanalnummer sowie wenigstens einen Identifizierer (iDsp) des Ausgangspunktes und einen Identifizierer (iDsp) des Bestimmungspunktes umfassende Routingparameter in eine Routing-Tabelle (RT) eingetragen werden, und
- beim Empfang von in einem Datenübertragungsblock (DF), der ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist, verkapselten Daten, unter Verwendung der Routingkanalnummer als Index für die Auswahl des Bestimmungspunktes einen Bestimmungspunkt der Daten in der Routing-Tabelle zu suchen;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 11. September 2010 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) Rechnungen vorzulegen hat,
und wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen,
- der der T . durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen in dem Zeitraum vom 11. September 2010 bis zum 18.12.2014 entstanden ist und
- der der Klägerin in ihrer Eigenschaft als ausschließliche Lizenznehmerin durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19.12.2014 entstanden ist.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10 Mio EUR vorläufig vollstreckbar, wobei die einzelnen titulierten Ansprüche gegen Teilsicherheiten wie folgt vollstreckt werden können:
Unterlassung (I.1.): 8 Mio €
Rechnungslegung (I.2.): 1,5 Mio €
Kosten: 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
1
Tatbestand
3Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents A (Klagepatent, Anlage K4, in deutscher Übersetzung Anlage K4a) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 23.03.2007 von der T ., damals firmierend unter Inside Technologies S.A., später unter Contactless S.A., unter Inanspruchnahme zweier französischer Prioritäten jeweils vom 10.05.2006 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 14.11.2007. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 11.08.2010 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft.
4Die B hat unter dem 02.06.2014 Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht eingereicht mit dem Antrag, das Klagepatent im Umfang der Ansprüche 1 und 12 für nichtig zu erklären. Wegen des Inhalts der Nichtigkeitsklage wird auf die Anlage HL2 nebst Anlagen Bezug genommen. Über die Nichtigkeitsklage wurde bislang noch nicht entschieden.
5Das Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren zur Weiterleitung von aus- und eingehenden Daten in ein NFC-Chipset. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche 1 und 12 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache französisch ist, lauten in ihrer eingetragenen deutschen Übersetzung wie folgt:
61.
7Datenrouting-Verfahren in einem Chipsatz, umfassend wenigstens einen Hostprozessor (HP1, HP2), eine Steuereinheit (NFCC) und eine kontaktlose Datensende-/ Empfangsschnittstelle (CLINT) vom RFID-Typ,
8dadurch gekennzeichnet, dass es die folgenden Schritte umfasst, die darin bestehen:
9- einen Datenwegeröffnungsbefehl (CMD), der einen in der kontaktlosen Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisierten Bestimmungspunkt (P3) benennt, mittels eines im Hostprozessor lokalisierten Ausgangspunktes (P1, P2) an die Steuereinheit zu senden,
10- als Antwort auf den Dateneröffnungsbefehl (CMD) mittels der Steuereinheit (NFCC) einen Datenweg zu eröffnen, der den Ausgangspunkt mit dem Bestimmungspunkt verbindet, wobei dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen wird und wobei die Routingkanalnummer sowie wenigstens einen Identifizierer (iDsp) des Ausgangspunktes und einen Identifizierer (iDsp) des Bestimmungspunktes umfassende Routingparameter in eine Routing-Tabelle (RT) eingetragen werden,
11- für den Bestimmungspunkt bestimmte, in einem Datenübertragungsblock (DF), der ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist, verkapselte Daten mittels des Ausgangspunktes an die Steuereinheit (NFCC) zu senden und
12- beim Empfang der in einem Datenübertragungsblock (DF), der ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist, verkapselten Daten mittels der Steuereinheit (NFCC), unter Verwendung der Routingkanalnummer als Index für die Auswahl des Bestimmungspunktes, einen Bestimmungspunkt der Daten in der Routing-Tabelle zu suchen und die Daten dann an den Bestimmungspunkt zu senden.
1312.
14Datensende-/Empfangsvorrichtung (NFCR2), umfassend eine kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) vom RFID-Typ, eine Steuereinheit (NFCC) und wenigstens einen Eingangs/Ausgangsport (INT1, INT2), um die kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) mit einem Hostprozessor (HP1, HP2) zu verbinden,
15dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (NFCC) konfiguriert ist, um:
16- als Antwort auf einen Dateneröffnungsbefehl (CMD), der von einem in einem Hostprozessor (HP1, HP2) lokalisierten Ausgangspunkt gesandt wurde und der einen in der kontaklosen Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisierten Bestimmungspunkt (P3) benennt, einen Datenweg zwischen dem Ausgangspunkt und einem Bestimmungspunkt zu eröffnen, wobei dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen wird und wobei die Routingkanalnummer sowie wenigstens einen Identifizierer (iDsp) des Ausgangspunktes und einen Identifizierer (iDsp) des Bestimmungspunktes umfassende Routingparameter in eine Routing-Tabelle (RT) eingetragen werden, und
17- beim Empfang von in einem Datenübertragungsblock (DF), der ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist, verkapselten Daten, unter Verwendung der Routingkanalnummer als Index für die Auswahl des Bestimmungspunktes einen Bestimmungspunkt der Daten in der Routing-Tabelle zu suchen.
18Bei der Klägerin handelt es sich um eine Patentverwertungsgesellschaft, die 2011 auf Betreiben des französischen Staates zur Förderung des Patentwesens und der Verwertung insbesondere französischer Patente gegründet wurde.
19Am 20.06.2012 unterzeichneten die Herren C als Directeur général der Klägerin einen Patentlizenzvertrag (Lizenzvertrag I) betreffend D (NFC). Gemäß Art. 2 Ziff. 2.1.1 räumte die T . der Klägerin eine Lizenz an verschiedenen Schutzrechten, darunter auch dem Klagepatent, ein. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Anlage K 5c Bezug genommen.
20Am 19.12.2014 unterzeichneten die Herren E als Directeur général der Klägerin einen weiteren Patentlizenzvertrag (Lizenzvertrag II) für die NFC-Technologie, mit dem sie in der Zwischenzeit vereinbarte Vertragsergänzungen und -änderungen in einer konsolidierten Vertragsfassung zusammenfassten. Wiederum räumte die T . mit Art. 2 Ziff. 2.1.1 der Klägerin eine Lizenz an verschiedenen Schutzrechten, darunter auch dem Klagepatent, ein. Gemäß Ziffer 10 des Vertrages wurde der ursprüngliche Lizenzvertrag beendet und durch den neuen Vertrag ersetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Lizenzvertrages II wird auf die Anlage K 5d Bezug genommen.
21Am 27. und 28.01.2015 unterzeichneten die Herren F weiterhin eine Erklärung, mit der die Patentinhaberin gegenüber der Klägerin die Abtretung aller Schadensersatzansprüche erklärte, die der Patentinhaberin in Verbindung mit dem Klagepatent entstanden sind. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf die Anlage K 22 verwiesen.
22Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft des G . Dieser hat in seiner Produktpalette unter anderem Smartphones, die mit dem NFC-Controller „PN544“ ausgestattet sind (angegriffene Ausführungsform), wie etwa das „H “. Eine Produktbeschreibung des NFC-Controllers „PNC544“ findet sich in Anlage K8. Der angegriffene NFC-Controller befolgt den Standard LL V11.0.0 (2011-09) (Anlage K9, in deutscher Übersetzung als Anlage K9a). Die Patentinhaberin, die T ., hat gegenüber der ETSI eine FRAND-Erklärung abgegeben.
23Mobilfunkgeräte, die mit dem NFC-Controller „PNC544“ ausgestattet sind, werden etwa auf den als Anlagen K3 und K7 auszugsweise wiedergegebenen Internetseiten präsentiert und dort zum Verkauf, auch in der Bundesrepublik Deutschland, angeboten. Urheberrechtlich gestaltet sind diese Seiten von der I . Auch die Domain-Adresse gehört der J . Im Impressum der Seiten wird die Beklagte, allerdings unter fehlerhafter Nennung des Geschäftsführers, aufgeführt (vgl. Anlage K7a). Dieses Impressum wird dem deutschen Nutzer bei einer Suche nach „K “ von der Suchmaschine „Google“ unmittelbar angezeigt. Wenn er auf den Internetseiten der J „Deutschland“ anklickt und sodann „Kontaktaufnahme“ oder „Support Center“ aufruft, erfolgt die Kontaktaufnahme unter der Frankfurter Telefonnummer der Beklagten (vgl. Anlage K25). Ausweislich des als Anlage K11 vorgelegten Handelsregisterauszugs HRB 88937 ist Gegenstand des Unternehmens der Beklagten der Vertrieb, Verkaufs- und Marketingunterstützung sowie der Kundendienst. Sie beschäftigt Mitarbeiter für die Bereiche „Sales“ und „Distribution“ sowie „Regional Key Account Manager“ für deutsche Mobilfunknetzanbieter.
24Im Hinblick auf ihre Aktivlegitimation behauptet die Klägerin, ihr sei durch den Lizenzvertrag I vom 20.12.2012 (Anlage K5c, dort Art. 2.1.1.) eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent erteilt worden. Diese Lizenz sei durch den Abschluss des zweiten Lizenzvertrages vom 19.12.2014 (Anlage K5d) bestätigt und erneuert worden.
25Im Rahmen der Passivlegitimation behauptet die Klägerin, die Beklagte selbst biete die angegriffene Ausführungsform in Deutschland an und vertreibe sie. Jedenfalls aber fördere sie durch ihr Handeln die Vertriebstätigkeit der J in Deutschland. Für die als Anlagen K3 und K8 vorgelegten Internetseiten L werde als Verantwortliche ausweislich der Anlage K3 die Beklagte genannt. Dies stimme überein mit den Angaben im Handelsregister, wonach die Beklagte verantwortlich sei für den Vertrieb, den Kundendienst sowie die Verkaufs- und Marketingunterstützung. Die Beklagte zeige auf ihrer Internetseite Smartphones, die über die streitgegenständliche NFC-Technologie verfügten. Dies sei ausreichend, um die Beklagte in der geltend gemachten Weise in Anspruch nehmen zu können.
26Im Angebot und Vertrieb der mit dem NFC-Controller PN544 ausgestatteten Mobilfunkgeräte sieht die Klägerin eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents, wobei sie im Hinblick auf Patentanspruch 1 eine mittelbare und im Hinblick auf Patentanspruch 12 eine unmittelbare Patentverletzung geltend macht. Insofern behauptet sie, eine Verwirklichung des LL V11.0.0 (2011-09) Standards begründe zwingend die Verletzung des Klagepatents, da dieses standardessentiell sei.
27Die „Eröffnung“ eines Datenweges nach der erfindungsgemäßen Lehre bedeute nichts anderes als die Erzeugung eines solchen. Das Öffnen und Schließen des Datenweges sei demgegenüber nicht Gegenstand der Erfindung. Dass nach dem Standard nach der Erzeugung des Datenweges dieser erst noch durch einen gesonderten Befehl geöffnet werden müsse, stehe der Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lehre daher nicht entgegen.
28Weiterhin sei unerheblich, dass das Gate, von dem der Datenwegeröffnungsbefehl abgesandt werde, nach dem Standard nicht zugleich das Gate sei, das für den noch zu erzeugenden Datenweg genutzt werde. Dies erfordere die erfindungsgemäße Lehre nämlich nicht. Entscheidend sei vielmehr, dass der Ausgangspunkt des zu erzeugenden Datenweges in dem Hostprozessor lokalisiert sei, der den Datenwegeröffnungsbefehl absende.
29Schließlich sei offensichtlich, dass der Standard eine Routing-Tabelle entsprechend der erfindungsgemäßen Lehre verwende. Der Host-Controller quittiere dem anfragenden Host-Prozessor die Schaffung des Datenweges unter Mitteilung der in Tabelle 10 der Anlage K9 dargestellten Parameter. Dies könne nur geschehen, weil der Host-Controller diese Parameter zuvor abgespeichert habe. Der Host-Controller behalte auch den Zugriff auf diese Parameter, die er dazu benötige, eingehende Daten an den richtigen Bestimmungspunkt weiterzuleiten (Anlage 9 Kapitel 4.4 und 5.1).
30Nachdem die Klägerin ursprünglich noch die Feststellung beantragt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr seit dem 11.09.2010 entstanden ist, beantragt sie nunmehr,
31zu erkennen wie geschehen,
32hilfsweise
33- im Falle des Anbietens im Angebot ausdrücklich und unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Mobiltelefone nicht ohne Zustimmung der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin des EP M für den NFC-Modus verwendet werden dürfen;
34- im Falle der Lieferung den Abnehmern unter Auferlegung einer an die Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin zu zahlenden Vertragsstrafe von 10.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung die schriftliche Verpflichtung aufzuerlegen, die Mobiltelefone nicht ohne Zustimmung der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin des EP M für den NFC-Modus zu verwenden.
35Die Beklagte beantragt,
36die Klage abzuweisen,
37hilfsweise den Rechtsstreit bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung des Bundespatentgerichts in dem Nichtigkeitsverfahren über den Rechtsbestand des deutschen Teils DE N des europäischen Patents EP A auszusetzen,
38weiter hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des EuGH in Sachen C-170/13 (Vorabentscheidungsverfahren LG Düsseldorf, 4b O 104/12 – O ) auszusetzen,
39weiter hilfsweise für den Fall einer Verurteilung eine Vollstreckungssicherheitsleistung in Höhe von mindestens 400 Mio EUR anzuordnen.
40Hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die Klägerin und die T . beim Abschluss der Lizenzverträge wirksam vertreten gewesen seien. Zudem ist sie der Auffassung, beide Verträge würden der Klägerin keine ausschließliche, sondern lediglich eine einfache Lizenz einräumen. Dies ergebe sich aus dem Verbot der Unterlizenzerteilung. Zudem sei das klägerische Vorgehen nicht von dem in der Lizenzvereinbarung genannten NFC Licensing Program gedeckt. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass der Klägerin vor der Lizenzerteilung entstandene Ansprüche auf Schadensersatz wirksam abgetreten worden seien.
41Im Hinblick auf ihre Passivlegitimation behauptet die Beklagte, sie sei für die angegriffene Ausführungsform nicht in die Vertriebstätigkeit ihres Mutterkonzerns eingebunden. Allein aus ihrer Nennung im Impressum der Webseite L ergebe sich nicht, dass sie die angegriffene Ausführungsform in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitgestellt habe. Dies sei aber zur Verwirklichung eines patentrechtlich relevanten Anbietens erforderlich. Im Übrigen sei das Impressum auch nicht zutreffend, da die genannte Webseite nicht von ihr, sondern von der J betrieben werde. Die tatsächliche und rechtliche Herrschaftsmacht über die Gestaltung der Webseite – einschließlich der deutschsprachigen Fassung – liege allein bei der J . Die Unrichtigkeit des auf der Webseite aufgeführten Impressums ergebe sich schon daraus, dass dort als Geschäftsführer Herr P genannt werde. Dieser sei hingegen nicht der Geschäftsführer der Beklagten, sondern der CEO der J . Sie – die Beklagte – nehme in Deutschland lediglich Repräsentationspflichten für die J wahr. Eine konkrete Unterstützung im Rahmen der Vertriebstätigkeit erfolge nicht.
42Weiter ist die Beklagte der Auffassung, Anspruch 1 und 12 des Klagepatents würden schon deshalb nicht verletzt, weil die angegriffene Ausführungsform zwar den in Rede stehenden Standard verwirkliche, das Klagepatent aber nicht standardessentiell sei und daher die Verwirklichung des Standards noch nicht die Verletzung des Klagepatents begründe.
43So meine das Klagepatent mit der „Eröffnung“ des Datenweges dessen Erzeugung und Öffnung, so dass hiernach unmittelbar Daten gesendet werden könnten. Demgegenüber müsse im Standard – insoweit unstreitig – nach der Erzeugung des Datenweges dieser erst noch mittels eines gesonderten Befehls geöffnet werden, um Daten übermitteln zu können. Insofern stelle die Erzeugung des Datenweges nach dem Standard eben keine erfindungsgemäße „Eröffnung“ des Datenweges dar.
44Zudem werde – insoweit unstreitig - im Standard der Datenwegeröffnungsbefehl nicht von dem Gate aus abgesandt, das später Ausgangspunkt für den zu erzeugenden Datenweg sei. Gerade dies sei aber zwingende Voraussetzung für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre. Diese gehe von einem einheitlichen Ausgangspunkt für die Absendung des Datenwegeröffnungsbefehls und den zu erzeugenden Datenweg aus.
45Schließlich werde im Standard keine erfindungsgemäße Routing-Tabelle verwendet. Ein konkreter Hinweis hierauf finde sich an keiner Stelle. Aus dem Umstand, dass einem Datenweg zwischen zwei Punkten innerhalb eines Chipsatzes eine Routingkanalnummer zugewiesen werde und nachfolgend Daten unter Angabe dieser Routingkanalnummer in einem Header eines Datenpakets versandt würden, könne noch nicht der Rückschluss auf das Vorliegen einer erfindungsgemäßen Routingtabelle gezogen werden. Insbesondere sei hierdurch nicht gezeigt, dass die Routingkanalnummer und die Identifizierer des Ausgangs- und Bestimmungspunktes des Datenweges zusammen in einer Tabelle gespeichert würden.
46Hilfsweise erhebt die Beklagte gegen die Klageansprüche den kartellrechtlichen Lizenzeinwand. Die Klägerin missbrauche durch die unbeschränkte Geltendmachung des Klagepatents ihre marktbeherrschende Stellung. Sie sei verpflichtet, der Beklagten eine Lizenz am Klagepatent zu FRAND-Bedingungen einzuräumen. Aus der Inhaberschaft an einem SEP resultiere stets die Vermutung für eine marktbeherrschende Stellung. Diese Vermutung könne die Klägerin nicht widerlegen. Die NFC-Technologie sei zwar keine Marktzutrittsvoraussetzung, habe sich am Markt aber so weit durchgesetzt, dass ein nicht NFC-fähiges Smartphone nicht markt- bzw. wettbewerbsfähig wäre. Dies werde durch Marktanalysen und -studien (Anlagen HL19-27) belegt. Im Januar 2015 seien hiernach bereits 74 % der am Markt angebotenen Smartphones NFC-fähig gewesen. Den Käufer eines Smartphones interessiere dabei vor allem der Anwendungsbereich des mobilen Bezahlens. Die stetig sinkende Lebensdauer eines Mobilfunkgerätes, die derzeit bei 18 bis 24 Monaten liege, belege, dass der Käufer eines Smartphones ein Gerät erwerben wolle, das sich technisch auf dem neuesten Stand befinde. Ein Ausweichen auf andere technische Möglichkeiten, die nicht vom Z -Standard Gebrauch machen, sei zwar technisch möglich, aus wirtschaftlichen Gründen aber ausgeschlossen. Die deutschen Netzbetreiber würden in ihren Konformitätsanforderungen zwingend die Verwirklichung des Z -Standards verlangen. Smartphones, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, würden von den Netzbetreibern nicht in den Vertrieb genommen.
47Weiter hilfsweise beruft sich die Beklagte auf eine angeblich fehlende Schutzfähigkeit der in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche 1 und 12 des Klagepatents. Der Gegenstand der Patentansprüche sei nicht patentfähig, da er durch die D1 (Q ) und die D2 (R ) neuheitsschädlich vorweggenommen werde. Zudem mangele es der mit den Ansprüchen 1 und 12 beanspruchten technischen Lösung angesichts der D3 (Auszüge aus „Specification of the Bluetooth System“) an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.
48Die Klägerin tritt den Aussetzungsanträgen entgegen.
49Im Hinblick auf den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand ist sie der Auffassung, dass es bereits an einer marktbeherrschenden Stellung fehle. Die NFC-Technologie sei eine „Nischentechnologie“, die für den relevanten Markt lediglich von untergeordneter Bedeutung sei. Allein der Umstand, dass die erfindungsgemäße Lehre Eingang in einen von den Standardisierungsorganisationen festgelegten Standard gefunden habe, treffe noch keine Aussage über ihre Bedeutung für den relevanten Markt. Es sei vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob ein SEP für den relevanten Markt von solcher Bedeutung sei, dass es dem Inhaber eine marktbeherrschende Position vermitteln könne. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Kaum ein Verbraucher kenne überhaupt die NFC-Technologie, geschweige denn nutze sie und richte nach deren Vorhandensein seine Kaufentscheidung aus. Im Übrigen sei nicht die Verwendung der NFC-Technologie als solche Gegenstand des Klagepatents, sondern nur der Teilbereich der S , wie er im geltend gemachten Standard beschrieben werde. Dies setze die Implementierung der NFC-Technologie in einer SIM-Karte (auch UICC-Karte genannt) voraus. Alternativ könne die NFC-Technologie aber auch in andere Bauteile, etwa sog. „embedded security elements“ oder Smartcards, eingebettet werden. Lediglich 27 % der am Markt erhältlichen, NFC-fähigen Smartphones würden den Z -Standard befolgen. Bei 43 % werde die NFC-Fähigkeit über ein sog. „embedded Secure Element“ erreicht.
50Die Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen die Klagepatentansprüche 1 und 12 werde keinen Erfolg haben. Die Schutzfähigkeit sei gegeben, die erfindungsgemäße Lehre sei sowohl neu als auch erfinderisch. Sowohl die D1 als auch die D2 würden jedenfalls keine Routingtabelle im Sinne der klagepatentgemäßen Lehre offenbaren. Die D3 werde vom Fachmann schon deshalb nicht herangezogen, weil das darin beschriebene Bluetooth-Verfahren die Datenübertragung innerhalb eines Netzwerks betreffe. Hier sei ein Datenrouting schon dem Grunde nach nicht erforderlich, weil keine Daten von einem Netzwerk in das andere übersetzt werden müssten.
51Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2015 verwiesen. Die Akten der Parallelverfahren 4b O 10/14 und 4b O 09/14 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
52Entscheidungsgründe
53Die Klage ist zulässig und begründet.
54A.
55Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin prozessführungsbefugt. Sie macht zum einen aufgrund der von ihr behaupteten Eigenschaft als ausschließliche Lizenznehmerin im eigenen Namen eigene Ansprüche wegen Patentverletzung geltend. Zum anderen macht sie aufgrund der von ihr behaupteten Abtretung im eigenen Namen Ansprüche aus übergegangenem Recht geltend. Dies genügt zur Begründung der Prozessführungsbefugnis.
56B.
57Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß Art. 64 EPÜ i.V.m. den §§ 9 S. 2 Nr. 1, 10, 139 Abs. 1 und 2, 140 b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB zu.
58I.
59Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
601.
61Soweit die Klägerin Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche aus eigenem Recht geltend macht, ist sie dazu als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent sachlich berechtigt. Der ausschließliche Lizenznehmer hat eigene Unterlassungs-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche aus dem Klagepatent ab dem Zeitpunkt der Einräumung der ausschließlichen Lizenz, im vorliegenden Fall seit dem 19.12.2014.
62a)
63Zwischen der T . als Inhaberin am Klagepatent und der Klägerin ist ein Lizenzvertrag wirksam zustande gekommen. Die T . ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Nach Vorlage des entsprechenden Handelsregisterauszuges (Anlage K 5d, dort S. 3 f.) steht fest und wird auch von der Beklagten zu Recht nicht mehr bestritten, dass es sich bei der Inside Technologies S.A. beziehungsweise der Contactless S.A. lediglich um frühere Firmenbezeichnungen der T . handelte. Bei dem Vertrag, mit dem die T . der Klägerin wirksam eine Lizenz erteilte, handelt es sich um den am 19.12.2014 abgeschlossenen Lizenzvertrag II.
64aa)
65Auf den Vertrag vom 20.06.2012 (Lizenzvertrag I) kann für die wirksame Einräumung einer Lizenz nicht abgestellt werden, weil die Beklagte die Vertretungsbefugnis jedenfalls des Herrn U für die T . erheblich bestritten hat. Nach französischem Recht ist grundsätzlich nur der Directeur général zur Vertretung der S.A. nach außen berechtigt, sofern sich aus den Statuten der Gesellschaft oder Einzelvereinbarungen mit der Gesellschaft nichts anderes ergibt. Herr V war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 19.06.2014 nicht Directeur général der T . Dass er als Vorstandsvorsitzender aufgrund anderer Vereinbarungen zum Abschluss des Lizenzvertrages im Namen der T . berechtigt war, hat die Klägerin nicht dargelegt.
66bb)
67Anders verhält es sich hingegen mit dem Lizenzvertrag II vom 19.12.2014. Zwar ist auch Herr W nicht Directeur général der T . Aber die Klägerin hat mit der Anlage K20 die Kopie einer Vollmacht („Power of attorney“) vorgelegt, mit der der Directeur général der T ., Herr X , Herrn W Vollmacht zur Unterzeichnung des Lizenzvertrages II („Restated Patent License Agreement“) erteilt. Da für die Klägerin Herr Y in seiner Funktion als Directeur général handelte, ist ein Lizenzvertrag wirksam zustande gekommen.
68b)
69Mit dem Lizenzvertrag II hat die Patentinhaberin der Klägerin eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent erteilt. Dass es sich bei der erteilten Lizenz um eine ausschließliche handeln soll, wird bereits in der Präambel des Lizenzvertrages klargestellt. Auch der die Gewährung der Rechte regelnde Art. 2 des Lizenzvertrages spricht in Abschnitt 2.1.1 ausdrücklich von der Gewährung einer ausschließlichen Lizenz. Dem steht das in Art. 2 Ziffer 2.1.1 enthaltene Verbot der „Sublizenzierung“ nicht entgegen. Der Vertrag ist an dieser Stelle dahingehend auszulegen, dass nur die Lizenznehmerin selbst und die mit ihr verbundenen Unternehmen („affiliates“) berechtigt sein sollen, einfache Lizenzen am Klagepatent zu erteilen. Es soll hingegen ausgeschlossen werden, dass die Klägerin dieses Recht zur Unterlizenzierung auf Dritte überträgt. In Abgrenzung zu dem ebenfalls in Art. 2 Ziff. 2.1.1 genannten Recht zur Einräumung einfacher Lizenzen („limited right to grant non-exclusive licenses“) ist mit der „Sublizenzierung“ die Weitergabe der exklusiven Lizenz und damit des Rechts zur Vergabe einfacher Lizenzen gemeint. Nach dem Wortlaut der Klausel ist die Klägerin lediglich berechtigt, ihr verbundenen Unternehmen eine solche „Sublizenz“ zu erteilen („except to its Affiliates“). Der weitere Halbsatz („limited right to grant non-exclusive licenses […]“) beschreibt dann im Einzelnen die ausschließliche Lizenz, die der Klägerin mit dem Vertrag gewährt wird („Licensor hereby grants to Licensing Entity and its Affiliates the […] limitited right […]“). Dieser Wille der Vertragsparteien ergibt sich im Übrigen aus einem Vergleich mit dem Art. 2 Ziff. 2.1.1 des Lizenzvertrages I, aus dem aufgrund seines etwas anderen Wortlauts unmittelbar ersichtlich ist, dass die Klägerin das Recht erhalten sollte, einfache Lizenzen an den „Licensed Patents“ für die jeweilige Jurisdiktion im Rahmen des NFC Patent Licensing Program zu gewähren. Der Ausschluss der „Sublizenzierung“ kann daher nur bedeuten, dass damit ausgeschlossen werden sollte, das Recht zur Einräumung einfacher Lizenzen an Dritte weiterzugeben. Mit dem Lizenzvertrag II wollten die Vertragsparteien nichts substanziell anderes regeln. Er enthält keinerlei Anhaltspunkte für die von der Beklagten vertretene Vertragsauslegung, nach der die Klägerin lediglich berechtigt sein sollte, im Namen der Patentinhaberin für diese Lizenzverträge zu schließen, ohne selbst eine Lizenz am Patent innezuhaben.
70c)
71Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gehen in räumlicher, zeitlicher und sachlicher Hinsicht nicht über die mit der ausschließlichen Lizenz der Klägerin eingeräumten Befugnisse hinaus. Die Patentverletzung, die die Klägerin der Beklagten vorwirft, stellt in jeder Hinsicht eine Verletzung der Rechte der Klägerin aus der ausschließlichen Lizenz dar. Nach der Vorlage des ungekürzten Lizenzvertrages (Anlage K 5d) behauptet auch die Beklagte nicht mehr, dass die mit dem Lizenzvertrag II eingeräumte ausschließliche Lizenz Beschränkungen unterliege, aufgrund derer die Handlungen der Beklagten keine Beeinträchtigung der ausschließlichen Lizenz der Klägerin darstellen würden. Insbesondere umfasst das in Art. 2 Ziffer 2.1.1 erwähnte und in Exhibit 2 des Lizenzvertrages erläuterte NFC Patent Licensing Program, auf das die ausschließliche Lizenz beschränkt ist, den Vertrieb NFC-fähiger Smartphones, den die Klägerin in diesem Verfahren der Beklagten vorwirft.
722.
73Soweit die Klägerin Auskunfts- und Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht geltend macht, hat die T . der Klägerin die entsprechenden Ansprüche wirksam abgetreten.
74Mit Erklärung vom 27./28.01.2014 trat die T . alle ihr entstandenen Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit den lizensierten Patenten, darunter dem Klagepatent, an die Klägerin ab. Dass dabei die Auskunftsansprüche nicht ausdrücklich benannt sind, begegnet keinen Bedenken. Die Erklärung ist dahingehend auszulegen, dass neben den Schadensersatzansprüchen auch solche Ansprüche übertragen werden sollten, die der Durchsetzung der Schadensersatzansprüche dienen, insbesondere also so genannte Annexansprüche.
75Die vorgenannte Abtretungserklärung wurde für die T von Herrn W in deren Namen abgegeben. Für die Klägerin erklärte Herr Y die Annahme der Abtretung. Beide hatten auch die für das Rechtsgeschäft erforderliche Vertretungsmacht. Für Herrn Y ergibt sie sich aus seiner Eigenschaft als Directeur général der Klägerin. Herrn W wurde ausweislich Anlage K 20a mit Erklärung von Herrn X , als Directeur général vertretungsbefugt für die Klägerin, am 27.01.2015 Vollmacht zum Abschluss des „Amendment no 1“ zum Lizenzvertrag II erteilt. Bei dem „Amendment no 1“ handelt es sich um die als Anlage K 22 vorgelegte Abtretungserklärung vom 27.01.2015.
76II.
77Die dem Klagepatent zugrunde liegende Erfindung betrifft ein Datenrouting-Verfahren in einem Chipsatz (Anlage K4a Abs. [0001]) sowie einen Datensende-/ Empfangsschaltkreis (Anlage K4a Abs. [0002]), jeweils umfassend eine kontaktlose Sende-/Empfangsschnittstelle vom RFID Typ (Radio Frequency Identification). Das Klagepatent betrifft dabei insbesondere die Umsetzung eines NFC (Near Field Communication) -Chipsatzes (Anlage K4a Abs. [0003]).
78Bei RFID-Systemen („radio-frequency identification“) werden Daten auf einem elektronischen Datenträger – einem Transponder – gespeichert. Diese Daten können dann von einem Lesegerät unter Verwendung magnetischer oder elektromagnetischer Felder ausgelesen werden. Der Transponder besitzt dabei in der Regel keine eigene Spannungsversorgung. Er wird vielmehr erst aktiviert, wenn er sich in einem Lesebereich des Lesegeräts befindet. Die zum Betrieb des Transponders benötigte Energie wird über das magnetische oder elektromagnetische Feld des Lesegeräts an den Transponder übertragen. RFID-Systeme gestatten somit das automatisierte und berührungslose Identifizieren und Lokalisieren von mit einem Transponder versehenen Objekten bzw. das Erfassen von in einem Transponder enthaltenen Daten.
79NFC betrifft eine drahtlose Datenschnittstelle zwischen elektronischen Geräten. Die Besonderheit der NFC-Technologie besteht darin, dass der Datenaustausch nur über kurze Strecken von einigen Zentimetern funktioniert, die am Datenaustausch beteiligten Geräte dementsprechend nah aneinander gehalten werden müssen. Die über ihre jeweilige NFC-Schnittstelle miteinander verbundenen Geräte verhalten sich dabei entsprechend einem RFID-Leser bzw. -Transponder, wobei im Unterschied zu der RFID-Technologie, bei der die passive Einheit (der Transponder) stets passiv ist, bei der NFC-Technologie Einheiten eingesetzt werden können, die sowohl aktiv als auch passiv, auch in wechselnden Rollen, operieren. Die NFC-Technologie ist durch verschiedene technische Standards der ISO, ECMA und ETSI spezifiziert.
80Die Klagepatentschrift beschreibt NFC-Leser mit mehreren Betriebsmodi, nämlich einem „Leser“-Modus, einem „Kartenemulations“-Modus und einem „Device“-Modus. Im Leser-Modus funktioniert der NFC-Leser in aktiver Form durch Aussendung eines Magnetfeldes wie ein herkömmlicher RFID-Leser, um Lese- und Schreibzugriff auf einen RFID-Chip zu erhalten. Im Emulations-Modus funktioniert der NFC-Leser in passiver Form in der Art eines Transponders, um mit einem anderen, ein Magnetfeld aussendenden Leser zu kommunizieren und durch den anderen Leser wie ein RFID-Chip wahrgenommen zu werden. Im Device-Modus – der die NFC-Technologie auszeichnet – bringt sich der Leser alternierend in einen aktiven und in einen passiven Zustand der vorbeschriebenen Art (Leser- bzw. Kartenemulationsmodus), um mit einem anderen Leser Daten auszutauschen. (Anlage K4a Abs. [0004])
81Aufgrund seiner weitreichenden Kommunikationskapazitäten wird der NFC-Leser in tragbare Vorrichtungen wie Mobiltelefone oder PDAs integriert. Hierzu wird ein NFC-Chipsatz benötigt, der einen NFC-Leser und mindestens einen Hostprozessor umfasst. (Anlage K4a Abs. [0006])
82Die nachfolgend abgebildete Figur 1 der Klagepatentschrift zeigt den typischen Aufbau eines solchen NFC-Chipsatzes in Blockform und kontaktlose Schaltkreise, mit denen der Chipsatz kommunizieren kann:
83 84Der NFC-Chipsatz ist durch das gestrichelte Rechteck auf der linken Seite der Abbildung umgrenzt. Er umfasst einen NFC-Leser (NFCR1), dem eine kontaktlose Schnittstelle zugeordnet ist (angedeutet durch die zu erkennende Spule), sowie zwei Hostprozessoren (HP1 und HP2). Den Begriff des Hostprozessors definiert die Klagepatentschrift dahingehend, dass hierunter ein integrierter Schaltkreis zu verstehen ist, der einen Mikroprozessor oder eine Mikrosteuereinheit umfasst und der mit dem Port eines NFC-Lesers verbunden ist (Anlage K4a Abs. 0006]). In Figur 1 teilen sich die beiden Hostprozessoren (HP1 und HP2) die Ressourcen des NFC-Lesers (NFCR1). Sie sind mit ihm über Ports verbunden und können mit ihm jeweils bidirektional kommunizieren (angedeutet durch die Pfeile).
85Die Hostprozessoren verwalten über den NFC-Leser ihre jeweiligen kontaktlosen Anwendungen bzw. Dienste (sog. Apps). Über den NFC-Leser müssen deshalb ein- und ausgehende Datenflüsse von den in den Hostprozessoren ausgeführten Anwendungen oder Diensten abgewickelt werden. Das heißt, der NFC-Leser muss mit unterschiedlichen externen Schaltkreisen kommunizieren können. (Anlage K4a Abs. [0006]). Die Umsetzung eines geeigneten NFC-Chipsatzes erfordert daher jedenfalls das Vorsehen eines Routings von Datenflüssen, die über einen bidirektionalen, kontaktlosen Datenübertragungskanal übertragen werden, zwischen den jeweiligen Hostprozessoren (HP1, HP2) und dem NFC-Leser (NFCR1) innerhalb des Chipsatzes (Anlage K4a Abs. [0007]).
86Dieses Routing von Datenflüssen zwischen den jeweiligen Hostprozessoren und dem NFC-Leser beschreibt die Klagepatentschrift exemplarisch anhand der nachfolgend abgebildeten Figuren 3a und 3b:
87 88Der NFC-Chipsatz der Figur 3a besteht aus zwei Hostprozessoren (HP1, HP2) sowie dem NFC-Leser (NFCR1; kleineres gestricheltes Rechteck). Letzterer wiederum umfasst eine kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT), ausgestattet mit einem Antennenschaltkreis (ACT), zwei drahtgebundenen Kommunikationsschnittstellen (INT1, INT2) und einer Steuereinheit (NFCC). Die Kommunikationsschnittstellen sind einerseits mit der Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT), andererseits mit den zwei außerhalb des NFC-Lesers befindlichen Hostprozessoren (HP1, HP2) verbunden.
89Figur 3b stellt die den NFC-Chipsatz passierenden Datenflüsse von und zu von einem Hostprozessor (HP1, HP2) ausgeführten Anwendungen oder Diensten exemplarisch dar. Auf diese Weise können die Ressourcen der kontaktlosen Datensende-/ Empfangsschnittstelle (CLINT) durch die einzelnen Hostprozessoren verwendet werden. Dabei weisen die Datenflüsse jeweils einen Ausgangs- und einen Bestimmungspunkt auf. Je nachdem, in welche Richtung der Datenfluss erfolgt, ist der Ausgangs- oder Bestimmungspunkt entweder in einem Hostprozessor (HP1, HP2) oder in der kontaktlosen Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisiert (Anlage K4a Abs. [0009]).
90Um das Routing der ausgehenden Daten und die Konfiguration der Schnittstelle CLINT zu ermöglichen, werden Datenübertragungsblöcke gebildet, die jeweils Header-Felder und Datenfelder umfassen. Die Header-Felder enthalten die zur Steuerung der Schnittstelle CLINT erforderlichen Informationen, insbesondere Felder mit Angaben über Datenausgangs- und Bestimmungspunkte. (Anlage K4a Abs. [0011])
91Das aus dem Stand der Technik bekannte Z -Protokoll sah ausweislich der Klagepatentschrift (Anlage K4a Abs. [0012]) Datenübertragungsblöcke mit langen und komplexen Header-Feldern vor. Dies hatte den Nachteil, dass ein erheblicher Verarbeitungsaufwand erforderlich war, bevor die eigentliche Datenverarbeitung stattfinden konnte. Dieses Problem wird auch als „overheading“ bezeichnet. Ein weiteres Problem im Stand der Technik bestand darin, dass die kontaktlose Datensende-/ Empfangsschnittstelle CLINT und die Steuereinheit NFCC nicht unbedingt wussten, an welchen Hostprozessor die Daten gesendet werden sollen. Infolgedessen wurden die Daten an zwei Prozessoren übermittelt, wobei der Prozessor, den diese Daten nicht betrafen, nicht darauf antwortete (Anlage K4a Abs. [0014]).
92Vor diesem Hintergrund formuliert die Klagepatentschrift die Aufgabe (das technische Problem), zum einen ein Datenrouting-Verfahren in einem NFC-Chipsatz bereitzustellen, das einfach umzusetzen ist und keine überlangen Header-Felder erfordert (Anlage K4a Abs. [0013]), und zum anderen ein Verfahren bereitzustellen, mit dem in einem NFC-Chipsatz der Hostprozessor festgestellt werden kann, der der Empfänger der über einen kontaktlosen Datenübertragungskanal empfangenen Daten ist, ohne dabei notwendigerweise den Inhalt dieser Daten analysieren zu müssen (Anlage K4a Abs. [0017]).
93Dies sucht die Erfindung mit einem Datenroutingverfahren und einer Datensende-/ Empfangsvorrichtung nach den Ansprüchen 1 und 12 zu erreichen, die die folgenden Merkmale aufweisen:
94Anspruch 1:
95- 96
1. Datenrouting-Verfahren in einem Chipsatz
- 97
2. Der Chipsatz umfasst
a) eine Steuereinheit (NFCC),
99b) eine kontaktlose Datensende-/ Empfangsschnittstelle (CLINT) vom RFID-Typ und
100c) wenigstens einen Hostprozessor (HP1, HP2).
101- 102
3. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
a) Senden eines Datenwegeröffnungsbefehls (CMD) mittels eines im Hostprozessor lokalisierten Ausgangspunktes (P1, P2) an die Steuereinheit,
104a1) wobei der Datenwegeröffnungsbefehl einen in der kontaktlosen Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisierten Bestimmungspunkt (P3) benennt,
105b) Eröffnen eines Datenweges mittels der Steuereinheit (NFCC) als Antwort auf den Datenwegeröffnungsbefehl (CMD),
106b1) wobei der Datenweg den Ausgangspunkt mit dem Bestimmungspunkt verbindet,
107b2) wobei dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen wird und
108b3) wobei die Routingkanalnummer sowie wenigstens einen Identifizierer (iDsp) des Ausgangspunktes und einen Identifizierer (iDsp) des Bestimmungspunktes umfassende Routingparameter in eine Routing-Tabelle (RT) eingetragen werden,
109c) Senden von in einem Datenübertragungsblock (DF) verkapselten und für den Bestimmungspunkt bestimmten Daten an die Steuereinheit (NFCC) mittels des Ausgangspunktes,
110c1) wobei der Datenübertragungsblock ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist,
111d) Suchen eines Bestimmungspunktes der Daten in der Routing-Tabelle beim Empfang der in dem Datenübertragungsblock (DF) verkapselten Daten mittels der Steuereinheit (NFCC),
112d1) wobei der Datenübertragungsblock ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist und
113d2) wobei bei der Suche die Routingkanalnummer als Index für die Auswahl des Bestimmungspunktes verwendet wird,
114e) Senden der Daten an den Bestimmungspunkt.
115Anspruch 12
116- 117
1. Datensende-/Empfangsvorrichtung (NFCR2)
- 118
2. Die Datensende-/Empfangsvorrichtung (NFCR2) umfasst:
a) eine Steuereinheit (NFCC),
120b) eine kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) vom RFID-Typ und
121c) wenigstens einen Eingangs/Ausgangsport (INT1, INT2), um die kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) mit einem Hostprozessor (HP1, HP2) zu verbinden.
122- 123
3. Die Steuereinheit (NFCC) ist konfiguriert, um
a) als Antwort auf einen Datenwegeröffnungsbefehl (CMD) einen Datenweg zwischen dem Ausgangspunkt und einem Bestimmungspunkt zu eröffnen,
125a1) wobei der Datenwegeröffnungsbefehl von einem in einem Hostprozessor (HP1, HP2) lokalisierten Ausgangspunkt gesandt wurde,
126a2) wobei der Datenwegeröffnungsbefehl einen in der kontaklosen Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) lokalisierten Bestimmungspunkt (P3) benennt,
127a3) wobei dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen ist und
128a4) wobei die Routingkanalnummer sowie wenigstens einen Identifizierer (iDsp) des Ausgangspunktes und einen Identifizierer (iDsp) des Bestimmungspunktes umfassende Routingparameter in eine Routing-Tabelle (RT) eingetragen werden,
129b) beim Empfang von in einem Datenübertragungsblock (DF) verkapselten Daten einen Bestimmungspunkt der Daten in der Routing-Tabelle zu suchen,
130b1) wobei der Datenübertragungsblock ein die Routingkanalnummer umfassendes Header-Feld aufweist und
131b2) wobei bei der Suche die Routingkanalnummer als Index für die Auswahl des Bestimmungspunktes verwendet wird.
132III.
133Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf die Merkmalsgruppe 3 der Ansprüche 1 und 12 näherer Erläuterung. Aus Gründen der Vereinfachung wird dabei auf die Merkmale des Anspruchs 1 abgestellt, die sich in Anspruch 12 in (weitgehend) gleicher Weise – jedoch teilweise mit etwas unterschiedlicher Bezifferung – wiederfinden.
134Die Merkmalsgruppe 3 beschreibt die Umsetzung des Routing-Verfahrens gemäß der Erfindung. Anschaulich wird dies anhand der nachstehend eingeblendeten Figur 4 der Klagepatentschrift:
135 136Gezeigt ist ein erfindungsgemäßer NFC-Chipsatz mit zwei Hostprozessoren (HP1, HP2) und einem NFC-Leser (NFCR2). Der NFC-Leser umfasst die Steuereinheit NFCC und eine kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle CLINT. Die Ausgangs- oder Bestimmungspunkte eines Datenflusses im Chipsatz werden als P1 (im Hostprozessor 1 lokalisierter Punkt), P2 (im Hostprozessor 2 lokalisierter Punkt) und P3 (in der Schnittstelle CLINT lokalisierter Punkt) bezeichnet.
137Gemäß Merkmal 3.a) wird zunächst mittels eines im Hostprozessor lokalisierten Ausgangspunktes (P1, P2) ein Datenwegeröffnungsbefehl an die Steuereinheit gesandt. Merkmal 3.a) führt dabei den Begriff des „Ausgangspunktes“ ein, der sodann in den Merkmalen 3.b1), 3.b3) und 3.c) wieder aufgegriffen wird. In der Klagepatentschrift findet sich keine allgemeine Definition des „Ausgangspunktes“. Allerdings ist in Unteranspruch 9 eine Ausführungsform der Erfindung geschützt, bei der die in der Routing-Tabelle eingetragenen Ausgangspunkte oder Bestimmungspunkte Dienste sind, die die Form von Programmen annehmen, die von einem Hostprozessor ausgeführt werden und denen die Steuereinheit Datenwege zuweist. Entsprechende Ausführungsformen der Erfindung sind auch in den Absätzen [0026], [0037] und [0065] der Klagepatentschrift beschrieben. Hieraus kann der Rückschluss gezogen werden, dass es sich bei den in Anspruch 1 und Anspruch 12 genannten Ausgangspunkten um Dienste handelt, die in dem jeweiligen Hostprozessor ausgeführt werden. Dies lässt auch Figur 1 erahnen, die aufzeigt, dass in den Hostprozessoren HP1 und HP2 verschiedene Anwendungen AP1, AP2 und AP3 lokalisiert sind. Der Datenaustausch erfolgt funktional zur Ausführung dieser Anwendungen, also zwischen den beteiligten Diensten. Der Datenwegeröffnungsbefehl erfolgt nach Merkmal 3.a) mittels des für den späteren Datenaustausch vorgesehenen Ausgangspunktes, d.h. bezogen auf einen speziellen, in dem jeweiligen Hostprozessor lokalisierten Dienst.
138Der Datenwegeröffnungsbefehl soll sodann nach Merkmal 3.a1) den Bestimmungspunkt des Datenweges benennen, der in der kontaktlosen Datensende-/Empfangsschnittstelle lokalisiert ist. Auf diese Weise erhält die Steuereinheit die für die Identifizierung des Datenweges erforderlichen Routingparameter.
139Als Antwort auf den Datenwegeröffnungsbefehl wird mittels der Steuereinheit der angefragte Datenweg eröffnet (Merkmal 3.b). Dabei meint der Begriff des „Eröffnens“ nicht etwas grundsätzlich anderes als die Erzeugung des Datenweges. Diese beiden Begriffe verwendet die Klagepatentschrift vielmehr nebeneinander, ohne sie explizit voneinander abzugrenzen. Soweit in den Absätzen [0047] und [0048] der Klagepatentschrift die Rede davon ist, dass der Befehl zur Eröffnung des Datenweges von einem der Hostprozessoren oder der Schnittstelle CLINT ausgesendet wird, während die eigentliche Erzeugung des Datenweges durch die Steuereinheit NFCC gewährleistet wird, liegt hierin schon deshalb keine klare Abgrenzung der Begrifflichkeiten, weil nach Merkmal 3.b) das Eröffnen des Datenweges mittels der Steuereinheit erfolgen soll. Das „Eröffnen“ und das „Erzeugen“ des Datenweges können sich daher jedenfalls überschneiden.
140Entsprechend stellt der in Unteranspruch 4 genannte Datenwegerzeugungsbefehl nicht etwa einen weiteren Befehl neben dem in den Patentansprüchen 1 und 2 genannten Datenwegeröffnungsbefehl dar. Dies wäre mit der Systematik der Ansprüche 1 bis 6 und 12 bis 17 nicht vereinbar. Vielmehr geht der Datenwegerzeugungsbefehl über den Datenwegeröffnungsbefehl hinaus, indem er neben dem Routingparameter „Bestimmungspunkt“ weitere Konfigurationsparameter wie Betriebsmodus oder Protokollparameter enthält. Bei diesem Verständnis umfasst der in Unteranspruch 4 genannte „Datenwegerzeugungsbefehl“ stets auch den in den Patentansprüchen 1 und 2 genannten „Datenwegeröffnungsbefehl“.
141Die Klagepatentansprüche 1 und 12 enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass über die von der Steuereinheit vorzunehmenden Maßnahmen hinaus weitere Anforderungen an das erfindungsgemäße Eröffnen eines Datenweges gestellt werden. Die Steuereinheit muss dem Datenweg eine Routingkanalnummer zuweisen und diese zusammen mit verschiedenen Identifizierern des Datenweges in eine Routingtabelle eintragen. Sodann muss die Steuereinheit eingehende Datenübertragungsblöcke mit Hilfe der Routingkanalnummer und der in der Routingtabelle enthaltenen Parameter an den richtigen Bestimmungspunkt weiterleiten. Dies schließt weder aus, dass mit dem Datenwegeröffnungsbefehl weitere Konfigurationsparameter übersandt werden, noch dass weitere Befehle erforderlich sind, um Daten über den eröffneten Datenweg zu senden.
142Der solchermaßen „eröffnete“ Datenweg verbindet den Ausgangspunkt mit dem Bestimmungspunkt (Merkmal 3.b1). Wesentlich ist sodann, dass dem Datenweg eine Routingkanalnummer (CHANi) zugewiesen wird (Merkmal 3.b2), die in eine Routing-Tabelle eingetragen wird (Merkmal 3.b3). Der Routingkanalnummer werden in der Routing-Tabelle Routingparameter zugewiesen, die wenigstens den Ausgangspunkt und den Bestimmungspunkt des jeweiligen Datenweges (IDsp, IDdp) identifizieren (Merkmal 3.b3). Auf diese Weise kann allein mit Hilfe der Routingkanalnummer durch einen Rückgriff auf die Routing-Tabelle der jeweilige Datenweg identifiziert werden.
143Dies ermöglicht es, bei der Übermittlung von in einem Datenübertragungsblock verkapselten Daten ein Header-Feld zu verwenden, das lediglich die Routingkanalnummer ausweist und dementsprechend einfach und schnell verarbeitet werden kann (Merkmal 3.c). Die Steuereinheit muss zu diesem Zweck lediglich die zu der entsprechenden Routingkanalnummer in der Routing-Tabelle abgespeicherten Routingparameter abrufen und auswerten (Merkmal 3.d). Auf diese Weise kann der Bestimmungspunkt der Daten festgestellt werden (vgl. Merkmal 3.d2), an den die Steuereinheit die Daten sodann weiterleitet (Merkmal 3.e).
144In funktionaler Hinsicht muss die Routing-Tabelle solchermaßen ausgestaltet sein, dass die Steuereinheit auf sie zugreifen und durch Angabe der Routingkanalnummer die Parameter des zugehörigen Datenweges abfragen kann. Dabei lässt das Klagepatent offen, auf welche Weise dies gewährleistet wird, insbesondere, wie die Routing-Tabelle aufgebaut ist und wo sie gespeichert wird. Es genügt vielmehr jede Zuordnung von Identifizierern zu einer Routingkanalnummer, die so gespeichert ist, dass der Host-Controller für die Suche nach dem Bestimmungspunkt auf sie zugreifen kann.
145Entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung muss die Routingtabelle über die im Klagepatentanspruch genannten Eigenschaften hinaus keine weiteren Anforderungen erfüllen. Insbesondere muss die Routingtabelle nicht sämtliche Parametrisierungsdaten zur Konfiguration der kontaktlosen Datensende- und Empfangsschnittstelle (CLINT) enthalten. Ebenso wenig muss sie von vornherein so formatiert sein, dass sie zumindest zur Aufnahme solcher Daten geeignet ist. Durch die Lehre des Klagepatentanspruchs wird das technische Problem des Overheading gelöst, indem zuvor im Header enthaltenen Routingdaten in einer Routingtabelle gespeichert werden und mittels einer Routingkanalnummer aufgefunden werden können. Wie im Einzelnen die Schnittstelle CLINT konfiguriert wird und woher die dafür erforderlichen Parametrisierungsdaten stammen, lassen die Klagepatentansprüche 1 und 12 offen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Unteranspruch 2 des Klagepatents, der nicht lediglich Daten für die gemäß Klagepatentanspruch 1 einzurichtende Routingtabelle spezifiziert, sondern weitere, über den Klagepatentanspruch 1 hinausgehende Anforderungen an die Routingtabelle aufstellt. Die weiteren Verweise auf Absatz [0053] und Figur 4 der Klagepatentschrift beziehen sich lediglich auf Ausführungsbeispiele, die eine einschränkende Auslegung des Klagepatentanspruchs nicht zu begründen vermögen.
146IV.
147Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform begründen eine mittelbare Verletzung von Anspruch 1 des Klagepatents im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG.
1481.
149Für die Passivlegitimation im Falle einer mittelbaren Patentverletzung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG gelten die gleichen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze wie im Fall von § 9 PatG. Demnach ist nicht nur derjenige passivlegitimiert, der die patentierte Erfindung in eigener Person i.S.d. § 9 PatG unmittelbar benutzt, sondern auch derjenige, der als Teilnehmer i.S.d. § 830 Abs.2 BGB eine fremde unmittelbare Benutzung i.S.d. § 9 PatG ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt. Schuldner der Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft kann schließlich auch sein, wer lediglich eine weitere Ursache für die Rechtsverletzung setzt, indem er eine von ihm ermöglichte Rechtsverletzung durch einen Dritten nicht unterbindet, obwohl dies von ihm zu erwarten wäre. Zu diesem objektiven Verursachungsbeitrag muss allerdings hinzukommen, dass eine Rechtspflicht verletzt wird, die zumindest auch dem Schutz des verletzten absoluten Rechts dient und deren Beachtung den Verursachungsbeitrag entfallen ließe. Das Bestehen und der Umfang einer Rechtspflicht richten sich im Einzelfall nach der Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Entscheidend ist, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Einzelfalls ein Tätigwerden zuzumuten ist (vgl. zum Ganzen: BGH, GRUR 2009, 1142 – MP3-Player-Import).
150Legt man diese Grundsätze zu Grunde, ist die Beklagte Verletzer i.S.d. §§ 9 und 10 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ und damit hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche passiv legitimiert.
151Die Beklagte fördert das Anbieten der streitgegenständlichen Mobiltelefone im Internet. Sie wird als Verantwortliche im Impressum der Internetseite L genannt, auf die unter der Eingabe der ULR AA automatisch weitergeleitet wird. Selbst unterstellt, der Vortrag der Beklagten träfe zu, es handele sich hierbei um ein – bislang immer noch nicht behobenes – Versehen, würde dies den Verantwortlichkeitsbeitrag nicht beseitigen. Unerheblich, da nicht entscheidungsrelevant, sind in diesem Zusammenhang etwaige Überlegungen zu § 5 TMG. Denn neben der Nennung im Impressum führen auch alle anderen Wege zur Beklagten, wenn der Nutzer mit „BB “ über die Internetseite in Kontakt treten möchte. Über die Rubriken „Anrufen“ und „Support Center“ wird der Nutzer der Internetseite zur Telefonnummer der Beklagten in Frankfurt geführt. Auch wenn das Internetangebot als solches von der J herrührt, liegt in der Tätigkeit der Beklagten, als Ansprechpartnerin zur Verfügung zu stehen, jedenfalls ein Fördern dieser Angebotshandlung. Denn ein am Erwerb eines Smartphones interessierter Anrufer wendet sich mit seinem Anruf automatisch an die Beklagte. Darin liegt eine Organisations- und Unterstützungsleistung. Lediglich indizielle Bedeutung kommt daneben dem Umstand zu, dass in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verwendung der Internetseite die Tochtergesellschaften (und damit auch die Beklagte) neben der Muttergesellschaft J als Vertragspartner genannt werden.
152Darüber hinaus fördert die Beklagte auch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen. Nach dem bislang unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sind bei der Beklagten mehrere Arbeitnehmer angestellt, deren Tätigkeitsbereich auch oder ausschließlich den Vertrieb und Verkauf in Deutschland betreffen (CC , DD Deutschland/Österreich/Schweiz; EE , Germany). Ferner sind Mitarbeiter als Regional Key Account Manager für in Deutschland ansässige Mobilfunkanbieter eingestellt (z.B. FF , Regional Key Account Manager GG ; HH , Key Account Manager Telefónica Germany (II )). Auch wenn dem Unternehmensgegenstand der Beklagten im Handelsregisterauszug für sich alleine keine Bedeutung zukommt, bestätigt der Einsatz der vorgenannten Mitarbeiter der Beklagten, dass die Beklagte im Bereich des Vertriebs und der Verkaufs-und Marketingunterstützung tätig ist. Hinzu tritt, dass der Geschäftsführer der Beklagten JJ im Konzern unter anderem für Europa zuständig ist. Letzteres ist ebenfalls ein – wenn auch schwächeres – Indiz, dass die Handlungen der Beklagten sich in Deutschland nicht nur in Repräsentation und Zubehörverkäufen für Smartphones erschöpfen.
153Vor diesem Hintergrund trifft die Beklagte eine Rechtspflicht zur Überprüfung von Patentverletzungen durch das Angebot und den Vertrieb der streitgegenständlichen Smartphones. Denn indem sie die Angebots- und Vertriebshandlungen der J in Deutschland aktiv unterstützt, trägt sie zu einer Gefährdungssituation bei, mit der eine Rechtspflicht zur Vermeidung etwaiger Rechtsverstöße, insbesondere der Verletzung fremder Patente, korrespondiert (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.03.2014, Az. I-15 U 19/14; Leitsätze in GRUR 2015, 61).
154Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Beklagten eine Überprüfung der Patentsituation nicht möglich oder unzumutbar war. Im Rahmen ihrer Stellung als Tochtergesellschaft hätte sie ihre Muttergesellschaft kontaktieren und sicherstellen müssen, dass die angegriffenen Smartphones Rechte Dritter, insbesondere das Klagepatent, nicht verletzen. Durch die Konzernverflechtung fällt dies der Beklagten leichter als beispielsweise einem außenstehenden Dritten.
1552.
156Bei den Angebotsempfängern handelt es sich um Personen, die zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigt sind. Das ist gemäß § 10 Abs. 3 PatG auch dann der Fall, wenn es sich bei den Angebotsempfängern um Verbraucher handelt, die die angegriffene Ausführungsform gemäß § 11 Nr. 1 PatG lediglich im privaten Bereich zu nicht-gewerblichen Zwecken verwenden.
1573.
158Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht. Denn die angegriffene Ausführungsform enthält einen NFC-Chip des Typs „PN544“, der unstreitig einen Hostprozessor (HP1, HP2), eine Steuereinheit (NFCC) und eine Datensende-/Empfangsschnittstelle (CLINT) vom RFID-Typ umfasst (Merkmalsgruppe 2). Da insofern jedenfalls Teile des Mittels im Klagepatentanspruch 1 selbst genannt sind, bezieht es sich auch auf eine wesentliches Element der Erfindung.
1594.
160Die angegriffene Ausführungsform ist objektiv geeignet, für die Durchführung des mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten Verfahrens verwendet zu werden.
161Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der angegriffene NFC-Controller des Typs „PN544“ nach den Vorgaben des Standards LL V11.0.0 (2011-09) arbeitet. Der vorgenannte Standard betrifft eine logische Schnittstelle, die kontaktlose Anwendungen, gehostet auf der Universal Integrated Circuit Card (UICC), ermöglicht. Im speziellen wird eine Konfiguration beschrieben, bei der ein Host in der UICC eingebettet ist, wobei die UICC mit dem Host-Controller verbunden ist, der wiederum im kontaktlosen Frontend (CLF) eingebettet ist. Unter Host wird dabei eine logische Entität verstanden, die mindestens einen Dienst betreibt. Der Host-Controller ist ein Host, der auch für die Verwaltung des Hostnetzwerks zuständig ist. Jeder in einem Host betriebene Dienst verfügt über einen Eingangspunkt, der als Gate bezeichnet wird. Zwischen den Gates unterschiedlicher Hosts werden Kommunikationskanäle gebildet, die als Pipe bezeichnet werden.
162Das im Standard beschriebene Datenrouting-Verfahren ist in Abbildung 2 der Anlage K9 schematisch dargestellt:
163164
Gezeigt ist das Datenrouting zwischen Host A und Host B mittels des als Steuereinheit fungierenden Host-Controllers. Sowohl der Host-Controller als auch die einzelnen Hosts weisen Administrations-Gates und Verwaltungsverknüpfungs-Gates auf. Bei beiden Gates handelt es sich um sogenannte statische Gates, die immer verfügbar sind und nicht gelöscht werden können. Sie stellen die Verbindung zwischen dem Host-Controller und dem einzelnen Host her. Daneben sieht der Standard dynamische Gates vor, die erstellt und gelöscht werden können. Durch sie kann eine Verbindung zwischen den einzelnen Hosts hergestellt werden. Hierzu verfügen die Hosts neben den Administrations-Gates und den Verwaltungsverknüpfungs-Gates über weitere Gates (vgl. hierzu Anlage K9 Kapitel 4.4). Soll nun ein Datenaustausch zwischen Host A und Host B erfolgen, muss eine dynamische Pipe zwischen den Gates dieser Hosts erstellt werden. Zu diesem Zweck sendet das Administrations-Gate von Host A über die bestehende statische Pipe einen Datenwegeröffnungsbefehl (ADM_CREATE_PIPE) an das Administrations-Gate des Host-Controllers. Dieser Datenwegeröffnungsbefehl identifiziert das Gate von Host B, an das die Daten gesendet werden sollen. Der Host-Controller verwendet die vom Zielhost definierte „Weisse Liste“, um zu überprüfen, ob der Quellhost zum Erstellen einer Pipe autorisiert ist. Ist dies der Fall, wird eine dynamische Pipe zwischen dem Quellhost (Host A) und dem Zielhost (Host B) erstellt (vgl. hierzu Anlage K9 Kapitel 6.1.3.1). Der Host-Controller meldet dem Zielhost anschließend die Erzeugung der Pipe, wobei er Identifizierer des Quellhosts, des Quellgates, des Zielhosts und des Zielgates übermittelt und der Pipe eine PID zuweist (vgl. Anlage K9 Kapitel 6.1.3.2). Unter Verwendung der PID im Header-Feld eines Datenpaketes können in diesem Datenpaket enthaltene Daten vom Quellhost an das Ziel-Gate des Ziel-Hosts übermittelt werden (Anlage K9 Kapitel 5.1).
165Die Umsetzung des vorbeschriebenen Standards durch die angegriffene Ausführungsform begründet – entgegen der Auffassung der Beklagten – zugleich die Verwirklichung der Merkmalsgruppe 3. Im Einzelnen:
166Der Befehl „ADM_CREATE_PIPE“ wird gemäß Merkmal 3.a) mittels eines im Hostprozessor (Host A) lokalisierten Ausgangspunktes an die Steuereinheit gesendet. Der im Host A lokalisierte Ausgangspunkt ist dabei durch die Anwendung charakterisiert, für deren Ausführung eine neue dynamische Pipe erzeugt werden soll. Dass diese Anwendung nach dem Standard ein Administrations-Gate nutzt, um den Datenwegeröffnungsbefehl an die Steuereinheit abzusenden, während die Daten später von einem Gate A einer dynamischen Pipe versendet werden, ist nach der klagepatentgemäßen Lehre unerheblich. Denn diese unterscheidet gerade nicht nach verschiedenen Gates, sondern stellt den funktionalen Aspekt einer bestimmten Anwendung in den Vordergrund. Der hierfür verantwortliche Dienst soll zugleich den Datenwegeröffnungsbefehl absenden und Ausgangspunkt für den späteren Datenweg sein. Dies ist nach dem Standard der Fall. Er spezifiziert eine logische Schnittstelle, die kontaktlose Anwendungen gehostet auf der UICC ermöglicht (Anlage K9 Abschnitt 1). Nach dem Standard ist ein Gate dementsprechend der Eingangspunkt zu einem Dienst, der in einem Host betrieben wird (vgl. Anlage K9 Abschnitt 3.1). Die Nutzung verschiedener Gates als Eingangspunkte zu einem Dienst stellt dabei lediglich eine besondere technische Umsetzung der im Klagepatentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre dar.
167Die Ausführung des Befehls „ADM_CREATE_PIPE“ durch den Host-Controller ist als Eröffnen eines Datenweges im Sinne von Merkmal 3.b) zu qualifizieren. Der Host-Controller identifiziert einen Datenweg zwischen einem Ausgangspunkt und einem Bestimmungspunkt, indem er dem Datenweg eine Routingkanalnummer (PID) zuweist und unter anderem diese Pipe-ID und Gate-IDs von Quell- und Zielhost in eine Tabelle einträgt (Tabelle 10 des Z -Standards). Mehr verlangt das Klagepatent für das erfindungsgemäße Eröffnen des Datenweges nicht.
168Soweit nach dem Standard dynamische Pipes grundsätzlich zunächst geschlossen sind und erst durch einen weiteren Befehl geöffnet werden, führt dies nicht aus der Lehre des Klagepatents heraus. Diese schließt nicht aus, dass ein weiterer Steuerbefehl erfolgen muss, bevor die zu übertragenden Daten im Sinne von Merkmal 3.c) gesendet werden können. Der im Standard verwendete Begriff der „geöffneten pipe“ ist nicht gleichzusetzen mit dem „Eröffnen eines Datenweges“ nach dem Klagepatent.
169Die in Tabelle 10 des Z -Standards wiedergegebenen Daten bilden eine Routingtabelle im Sinne von Merkmal 3.b3). Die Tabelle weist die Routingkanalnummer, einen Identifizierer des Ausgangspunktes sowie einen Identifizierer des Bestimmungspunktes aus:
170 171Die vorgenannten Daten werden vom Host-Controller der angegriffenen Ausführungsform solchermaßen gespeichert, dass er sie bei Bedarf zur Weiterleitung eines Datenpaketes an den Ziel-Host verwenden kann (Abschnitt 5.1 des Standards). Ob eine Speicherung Voraussetzung dafür ist, dass der Host-Controller mit der im ersten Schritt erfolgenden Antwort „ANY-OK“ den Tabelleninhalt dem anfragenden Host mitteilen kann, kann dahinstehen. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, wie der Host-Controller ohne Speicherung dieser Daten in einem weiteren Schritt die Pipe-ID zur Weiterleitung des Datenpakets an den Ziel-Host verwenden kann. Ebenso wenig lässt sich erklären, wie der Host-Controller allein mit Hilfe der Pipe-ID einen Datenübertragungsblock an den Bestimmungspunkt senden kann, wenn er nicht über die Pipe-ID die für den Datenweg maßgeblichen Routinginformationen – nämlich Host- und Gate-ID suchen und zuordnen kann.
172Dass – wie die Beklagte vorgetragen hat – für jedes Card-RF-Gate genau ein Datenweg erzeugt und geöffnet sei, so dass es einer Suche nach dem Bestimmungspunkt in einer Routingtabelle mit Hilfe einer Routingkanalnummer nicht mehr bedürfe, hat die Klägerin dadurch widerlegt, dass in der angegriffenen Ausführungsform den dynamischen Pipes keine festen Pipe-IDs zugewiesen werden (vgl. Z -Standard Abschnitt 9.1 und 4.4), umgekehrt die Pipe-ID einzigartig („unique“) sein muss. Kann sich aber die Zuordnung zwischen Pipe-ID und spezifischer Pipe ändern und wird laut Z -Standard die Pipe-ID verwendet, um die Datenpakete an den richtigen Bestimmungspunkt (Destination Gate) zu senden, müssen die jeweiligen Gate-IDs für die Pipe unter einer bestimmten Pipe-ID gespeichert sein, die sich auch ändern kann. Die Pipe-ID kann daher nur als Index im Sinne des Klagepatents dienen, um den entsprechenden Bestimmungspunkt identifizieren zu können.
173Aus Abschnitt 5 des Z -Standards ergibt sich zugleich die Verwirklichung der Merkmalsgruppe 3.c). Nach dem Standard werden die zu übermittelnden Daten in einem Datenübertragungsblock verkapselt und mit einem Header Feld versehen. Dieses Header-Feld enthält die Routingkanalnummer, mittels der die Steuereinheit unter Rückgriff auf die Routing-Tabelle den Bestimmungspunkt ermitteln kann (Merkmalsgruppe 3.d).
174Die Verwirklichung von Merkmal 3.e) wird von der Beklagten zu Recht nicht bestritten. Selbstverständlich gelangen die Daten nach dem Standard an ihren Bestimmungspunkt.
1755.
176Für die Beklagte ist es jedenfalls offensichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform dazu geeignet und seitens der Abnehmer dazu bestimmt ist, für die Durchführung des patentgemäßen Verfahrens verwendet zu werden.
177Für die Offensichtlichkeit ist maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung nach den gesamten Umständen des Falls die drohende Patentverletzung aus der Sicht des Anbieters oder Lieferanten so deutlich erkennbar war, dass ein Angebot oder eine Lieferung der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist (BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Es genügt, wenn aus der Sicht des Dritten mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass der Abnehmer die gelieferten Mittel in patentgemäßer Weise verwenden wird (BGH GRUR 2006, 839 – Deckenheizung). Regelmäßig liegt der notwendig hohe Grad der Erwartung einer Patentverletzung dann vor, wenn der Anbieter oder Lieferant selbst eine solche Benutzung vorgeschlagen hat (BGH GRUR 2007, 679 – Haubenstretchautomat). Das ist hier der Fall.
178In den Produktbeschreibungen der angegriffenen Ausführungsform wird ausdrücklich auf die NFC-Fähigkeit hingewiesen. Beim Start eines angegriffenen Smartphones erscheint im Menu-Programm der NFC-Modus. Die Benutzung der angegriffenen Ausführungsform ist damit darauf angelegt, die NFC-Funktion zu verwenden. Es mag zwar sein, dass einzelne Nutzer NFC nicht anwenden. Ist aber eine solche Anwendung auf einem Smartphone vorhanden, ist sicher zu erwarten, dass jedenfalls ein Teil der Nutzer die NFC-Anwendung auch benutzen wird. Da in einem solchen Fall das patentgemäße Verfahren zwangsläufig angewendet wird, nämlich ein Datenrouting im Sinne der Lehre des Klagepatents erfolgt, ist die Anwendung des patentgemäßen Verfahrens auch aus Sicht der Beklagten offensichtlich.
179V.
180Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht weiterhin sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 12. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen zur objektiven Eignung der angegriffenen Ausführungsform zur Anwendung des mit dem Klagepatentanspruch 1 geschützten Verfahrens verwiesen (s. Abschnitt III.3.). Die Merkmale der Klagepatentansprüche sind weitgehend deckungsgleich. Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass der NFC-Controller „PN544“ eine Datensende-/Empfangsvorrichtung aufweist, die neben der Steuereinheit und einer kontaktlosen Datensende-/Empfangsschnittstelle vom RFID-Typ auch wenigstens einen Eingangs/Ausgangsport umfasst, um die kontaktlose Datensende-/Empfangsschnittstelle mit einem Hostprozessor zu verbinden (Merkmalsgruppe 2).
181VI.
182Da die Beklagte die durch die Klagepatentansprüche 1 und 12 geschützte Erfindung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG und § 10 Abs. 1 PatG benutzt, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.
1831.
184Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung der patentgemäßen Erfindung ohne Berechtigung erfolgt.
185Die Verhängung eines Schlechthinverbots ist dabei auch gerechtfertigt, soweit der Unterlassungsanspruch auf Benutzungshandlungen im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG gestützt ist. Zwar kommt ein Schlechthinverbot im Rahmen einer nur mittelbaren Patentverletzung regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn die angegriffene Ausführungsform auch patentfrei benutzt werden kann (vgl. Schulte/Rinken/Kühnen, PatG 9. Aufl.: § 10 Rn 34 ff). Etwas anderes gilt aber dann, wenn weder ein Warnhinweis, noch eine Vertragsstrafenvereinbarung Gewähr dafür bieten können, dass es unter Verwendung des Mittels nicht zu einer Patentverletzung kommt, eine etwaige Patentverletzung für den Schutzrechtsinhaber praktisch nicht feststellbar ist und dem Lieferant ohne weiteres zumutbar ist, das Mittel so umzugestalten, dass es nicht mehr patentgemäß verwendet werden kann (Schulte/Rinken/Kühnen, PatG 9. Aufl.: § 10 Rn 39). Das ist hier der Fall. Denn die Nutzung der patentverletzenden NFC-Anwendung erfolgt erst beim Endabnehmer der angegriffenen Smartphones, regelmäßig einem privaten Endverbraucher. Diesem gegenüber verbieten sich Vertragsstrafenvereinbarungen. Aber auch ein Warnhinweis kommt nicht in Betracht, weil dieser regelmäßig ins Leere liefe: Ein Hinweis, die NFC-Anwendung nicht nutzen zu dürfen, ist gegenüber einem Endverbraucher nicht nur unzutreffend, sondern dürfte auch ein ernsthaftes Kaufhindernis darstellen. Gleiches gilt für den Hinweis, dass die angegriffene Ausführungsform nicht NFC-fähig sei, zumal der NFC-Modus im Menu-Programm selbst angeboten wird. Darüber hinaus lässt sich seitens der Klägerin nicht feststellen, ob die Abnehmer der angegriffenen Ausführungsform entgegen einem Warnhinweis nicht doch die NFC-Anwendung benutzen. Der Beklagten ist es hingegen ohne weiteres zumutbar, die angegriffene Ausführungsform dergestalt abzuwandeln, dass der Z -Standard nicht benutzt wird. Die NFC-Funktionalität basiert in der angegriffenen Ausführungsform im Wesentlichen auf dem NFC-Chip „PN544“. Insofern kann es der Beklagten zugemutet werden, unmittelbar die Hardware der angegriffenen Ausführungsform dergestalt zu ändern, dass die NFC-Funktionalität tatsächlich nicht mehr ausgeübt werden kann, oder jedenfalls durch entsprechende Software-Änderungen dafür zu sorgen, dass dem Nutzer die NFC-Funktionalität nicht mehr zur Verfügung steht (auch wenn die Hardware-technischen Voraussetzungen noch gegeben sind). Alternativ könnte die NFC-Funktionalität außerhalb der UICC untergebracht werden; auch dies würde aus der Verletzung des Klagepatents herausführen.
186Vor diesem Hintergrund ist seitens der Klägerin der weitere Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform jedenfalls nicht hinzunehmen, da er regelmäßig dazu führen wird, dass die Abnehmer der angegriffenen Smartphones von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Auch wenn die angegriffene Ausführungsform patentfrei genutzt werden kann und eine Änderung der angegriffenen Ausführungsform mit einem gewissen Aufwand verbunden ist, ist dies der Beklagten im Hinblick darauf zumutbar, dass andernfalls der Patentschutz der Klägerin ins Leere liefe.
1872.
188Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG.
189Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
190Die Beklagte ist zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als ausschließlicher Lizenznehmerin beziehungsweise der Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.
191Das gilt auch, soweit der Schadensersatzanspruch auf Verletzungshandlungen im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG gestützt wird. Zwar kann das bloße Anbieten von Mitteln, wie es der Beklagten vorliegend vorgeworfen wird, regelmäßig nicht zu einer unmittelbaren Patentverletzung unter Einsatz dieser Mittel führen, sofern dem Angebot keine Lieferung nachfolgt. Schon das Anbieten begründet jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass es auch zur Lieferung gekommen ist. Diese Wahrscheinlichkeit reicht zwar zum Nachweis einer solchen Lieferung und damit für die Begründetheit einer bezifferten Schadensersatzklage in aller Regel nicht aus. Sie lässt aber nach der Erfahrung des täglichen Lebens mit einiger Sicherheit erwarten, dass ein Schaden entstanden ist, und führt deshalb zur Begründetheit eines unbezifferten Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (BGH GRUR 2013, 713, 715 – Fräsverfahren).
192Für die Zeit seit dem 19.12.2014 stehen der Klägerin Schadensersatzansprüche aus eigenem Recht zu, weil zu diesem Zeitpunkt der Lizenzvertrag zwischen ihr und der T . als Inhaberin des Klagepatents in Kraft trat und sie seit diesem Zeitpunkt ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent ist. Für den Zeitraum vor dem 19.12.2014 kann die Klägerin Ersatz für den der T . entstandenen Schaden verlangen.
1933.
194Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
195VII.
196Art. 102 AEUV steht den vorgenannten Ansprüchen der Klägerin nicht entgegen. Es ist nicht hinreichend dargetan, dass das Klagepatent der Klägerin eine marktbeherrschende Stellung vermittelt.
197Dabei ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass den Ansprüchen wegen unberechtigter Patentbenutzung ein hoher Stellenwert zukommt. Die Rechte des geistigen Eigentums werden in der Charta der Grundrechte der EU (Art. 17 Abs. 2) ausdrücklich unter Schutz gestellt. Um diesen Schutz in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, müssen die gesetzlichen Ansprüche wegen widerrechtlicher Patentbenutzung in der Regel zur Anwendung gebracht werden. Dies gilt umso mehr, als auch der Zugang zu den Gerichten seinerseits Grundrechtsschutz genießt (Art. 47 der EU-Charta). Beschränkt wird der Schutz des geistigen Eigentums allerdings durch den Vorbehalt der Allgemeinverträglichkeit, was insbesondere eine Ausübung der Patentrechte nach den Regeln des Kartellrechts verlangt.
198Insoweit bestimmt Art. 102 AEUV: „Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt … durch ein … Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.“ Voraussetzung für das Eingreifen von Art. 102 AEUV ist folglich zum einen eine marktbeherrschende Stellung des anspruchstellenden Unternehmens und zum anderen das Eingreifen außergewöhnlicher Umstände, die zu einer Beeinträchtigung des Handels führen.
199Die Klägerin ist Normadressatin von Art. 102 AEUV, weil sie durch ihre ausschließliche Rechtsposition am Klagepatent den Zugang zu der standardgerechten Anwendung der NFC-Technologie kontrollieren kann (s.o. die Ausführungen zur Standardessentialität des Klagepatents). Die für die Anwendung des Art. 102 AEUV erforderliche marktbeherrschende Position der Klägerin ergibt sich hingegen nicht schon allein aufgrund dieser Rechtsposition am Klagepatent. Denn nicht jedes standardessentielle Patent (SEP) vermittelt eine kartellrechtlich bedeutsame Marktmacht. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob der unter Schutz gestellten technischen Lehre tatsächlich eine solche kartellrechtlich relevante, marktbeherrschende Bedeutung zukommt.
200Insoweit folgt die Kammer der Rechtsauffassung des Generalanwalts KK , der in seinen Schlussanträgen in dem EUGH-Vorlageverfahren C-170/13 (Anlage HL9 Ziffer 57) wie folgt ausführt: „Ebenso wie die niederländische Regierung bin ich der Ansicht, dass der Umstand, dass ein Unternehmen ein SEP besitzt, nicht zwingend bedeutet, dass eine beherrschende Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV vorliegt und dass vom nationalen Gericht im Einzelfall geprüft werden muss, ob dies tatsächlich der Fall ist.“
201Im weiteren (Ziffer 58) heißt es: „Der Umstand, dass jeder, der einen von einer Standardisierungsorganisation normierten Standard benutzt, zwangsläufig die Lehre eines SEP verwirklicht und damit eine Lizenz des Inhabers dieses Patents benötigt, kann zwar die einfache Vermutung begründen, dass der Inhaber dieses Patents über eine beherrschende Stellung verfügt. Meines Erachtens muss es jedoch möglich sein, diese Vermutung durch konkrete und substantiierte Angaben zu widerlegen.“ Die Kammer hat bereits Zweifel, ob diese Passage dahingehend zu verstehen ist, dass die Inhaberschaft an einem SEP zwingend die Vermutung für eine marktbeherrschende Stellung begründet. Die Ausführungen des Generalanwalts könnten ebenso dahingehend verstanden werden, dass in dieser Frage keine Festlegung erfolgen soll, zumal dieser Aspekt nicht Gegenstand des Vorlagebeschlusses an den EuGH ist. Ungeachtet dessen ist die Kammer aber auch der Auffassung, dass eine solche Vermutung für jedes standardessentielle Patent fehlgeht. Die von den Standardisierungsorganisationen normierten Standards betreffen – jedenfalls im Bereich der Telekommunikation – keineswegs ausschließlich technische Funktionen, die für den relevanten Markt von grundlegender Bedeutung sind. Vielmehr gibt es durchaus Funktionen, die zwar in einen Standard aufgenommen wurden, für den Markt aber von nur untergeordneter Bedeutung sind. In Bezug auf diese letztgenannten Funktionen ist kein Grund ersichtlich, warum eine Vermutung für die marktbeherrschende Stellung des Patentinhabers bestehen sollte. Da es somit entscheidend auf den Inhalt des jeweiligen Patents und dessen tatsächliche Bedeutung am Markt ankommt, hat nach den allgemeinen Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten zunächst einmal derjenige die die angebliche Marktbeherrschung begründenden Umstände vorzutragen, der sich auf den Umstand der Marktbeherrschung beruft.
202Der Begriff der Marktbeherrschung ist weder eine feststehende Eigenschaft eines Unternehmens noch ein absoluter rechtlicher Begriff. Die Marktbeherrschung besteht immer nur im Hinblick auf gewisse Funktionen, Märkte, Vorschriften, usw. So kann ein Unternehmen insbesondere nur im Hinblick auf einen bestimmten Teil seiner Aktivitäten marktbeherrschend sein (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruppelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15).
203Speziell für den Bereich des geistigen Eigentums hat die Europäische Kommission in der Entscheidung „AstraZeneca“ (C-457/10P, EU:C:2012:770, Rn 175) festgestellt, dass eine beherrschende Stellung eine wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens sei, „die es in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Konkurrenten, seinen Kunden und letztlich den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten“. Weiter heißt es in Rn 186, dass „zwar nicht angenommen werden könne, dass die bloße Inhaberschaft von Rechten des geistigen Eigentums eine beherrschende Stellung begründe, sie aber geeignet sei, unter bestimmten Umständen eine solche Stellung zu schaffen, insbesondere dadurch, dass das Unternehmen die Möglichkeit erhalte, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt zu verhindern“.
204Dabei muss sich die Marktmacht nicht zwingend auf den beherrschten Markt selbst beschränken, sondern kann sich auch auf vor- oder nachgelagerte Märkte erstrecken (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruppelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 15). Im Hinblick auf Rechte am geistigen Eigentum ist kartellrechtlich relevant insofern nicht der Markt der Lizenzvergabe, sondern der nachgelagerte Produktmarkt (vgl.: EuGH, GRUR Int. 1995, 490, Rn 47 – Magill TVG Guide; BGH, NJW-RR 2010, 392 ff. – Reisestellenkarte).
205Dieser nachgelagerte Produktmarkt als sachlich relevanter Markt ist im Hinblick auf die vom Patent geschützte technische Lehre genauer zu qualifizieren. Bezogen auf ein standardessentielles Patent ist der relevante Markt im Grundsatz der Markt, auf dem diejenigen Produkte angeboten werden, die den Standard mit der SEP-geschützten Technik verwirklichen. Dabei erfolgt die Marktabgrenzung in ständiger Rechtsprechung nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Hiernach werden alle Leistungen einem Markt zugeordnet, die aus Sicht der Marktgegenseite funktionell austauschbar sind (BGH, WuW/E DE-R 1355-1360 – Staubsaugerbeutelmarkt m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2008, Az.: VI-U (Kart) 29/06, zitiert nach juris). Ziel der Marktabgrenzung ist es stets, die den Wahlmöglichkeiten der Marktgegenseite entsprechende Realität des Wettbewerbs zu erfassen (Langen/Bunte/Nothdurft/Ruppelt, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 11. Auflage 2011, § 19 Rn 20 m.w.N.).
206Für den relevanten Markt im vorliegenden Fall den gesamten Handyvertriebsmarkt heranzuziehen, ist sicher zu weit gegriffen. Die Nahfeldkommunikation ist praktisch auf den Einsatz in Smartphones beschränkt. Nur deren Absatzmarkt ist daher zu berücksichtigen. Nachfrager auf diesem Absatzmarkt sind neben den Endkunden vor allem auch die Mobilfunknetzbetreiber, die die Mobilfunkgeräte in Verbindung mit entsprechenden Mobilfunknetzverträgen dem Endkunden anbieten.
207Bei der in Rede stehenden Nahfeldkommunikation (NFC) handelt es sich nicht um eine Technologie, die eine der Grundfunktionen eines Smartphones betrifft. Unstreitig werden auf dem Markt für Smartphones diverse Geräte angeboten, die nicht mit NFC ausgestattet sind. Die Nutzung des Klagepatents bzw. des hier relevanten Standards ist dementsprechend keine Marktzutrittsvoraussetzung. Dies ist aber auch nicht zwingend für die Annahme einer marktbeherrschenden Position.
208Vielmehr kann eine marktbeherrschende Stellung auch dann angenommen werden, wenn auf dem relevanten Markt, hier dem Vertrieb von Smartphones, auch Produkte angeboten werden, die die Produktkonfiguration des standardessentiellen Patents nicht aufweisen. Voraussetzung für die Annahme einer marktbeherrschenden Position ist in diesem Fall, dass ohne den Zugang zur Nutzung des streitgegenständlichen Patents ein wettbewerbsfähiges Angebot nicht möglich ist, d.h. allein mit Produkten ohne die patentierte Funktion kein wirksamer Wettbewerb zu den übrigen Anbietern stattfindet. Demgegenüber wäre eine marktbeherrschende Stellung jedenfalls dann zu verneinen, wenn die durch das SEP geschützte technische Funktion für den Nachfrager von SEP-Produkten – hier Smartphones – gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt.
209Ein Indiz kann in diesem Zusammenhang der Umstand sein, inwiefern sich die betreffende Technologie bereits am Markt durchgesetzt hat. Dabei verbietet sich allerdings ein Rückgriff auf starre Prozentgrenzen. Denn eine solche schematische Rechtsanwendung würde die Besonderheiten des jeweiligen Marktes außer Acht lassen. So ist der Smartphonemarkt in besonderem Maße durch einen rasanten technischen Fortschritt sowie eine ständig zunehmende Zahl neuer Anwendungen geprägt. Der Endkunde, der auf der Suche nach einem neuen Smartphone ist, hat dies vor Augen, wenn er sich für den Kauf eines neuen Gerätes entscheidet. Dies gilt neben dem Endverbraucher in noch stärkerem Maße für die Mobilfunknetzbetreiber. Geräte, die sich technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand befinden, verlieren im Wettbewerb schnell ihre Bedeutung und ihren Marktwert. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Mobilfunkgerätes stetig abnimmt und derzeit nur noch bei 18 bis 24 Monaten liegt (vgl. Anlagenkonvolut HL 31). Der relevante Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern von Smartphones findet vor allem zwischen den neuesten Produkten der Anbieter statt.
210Vor diesem Hintergrund ist der Kammer durchaus bewusst, dass die NFC-Technologie als solche geeignet ist, auf dem relevanten Markt eine marktbeherrschende Position zu vermitteln. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, der Anteil der NFC-fähigen Smartphones habe im Jahr 2014 bei 59,5 % und im Januar 2015 sogar bei 74 % gelegen (vgl. hierzu die Anlagen HL28 und HL29), wobei der Anteil unter den neuesten Modellen sogar noch höher sei (vgl. die Anlagen HL19-HL25).
211Der von der Klägerin angeführte Auszug aus dem Internetdienst „www.heise.de“ zu Bedeutung und Verbreitung der NFC-Technologie (vgl. Anlage K16) ergibt – entgegen der Auffassung der Klägerin – kein anderes Bild. Es wird zwar darauf hingewiesen, dass die Nahfunktechnik einen zunächst schwierigen Start hinter sich hat, weiter heißt es dann aber: „Mit der Entscheidung von Apple im vergangenen Jahr, NFC in seinem iPhone-Bezahlsystem einzusetzen, ist das Verfahren jedoch wieder auf der Gewinnerstraße, zeigte die CES. Nachdem Apple als Betreiber der zweiten großen Smartphone-Plattform in die Nahbereichsfunktechnik NFC bei seinen iPhones eingestiegen ist, breiten sich die Anwendungen mit dem Verfahren aus.“ Soweit sich dieser Passus – wie die Klägerin vorträgt – nur auf den us-amerikanischen Markt beziehen sollte, ist er auf den deutschen Markt übertragbar, nachdem das aktuell auf dem deutschen Markt angebotene iPhone 6 nunmehr ebenfalls NFC-fähig ist.
212Allerdings ist zu beachten, dass die NFC-Technologie als solche weder Gegenstand des Klagepatents noch des streitgegenständlichen Standards LL ist. Der vorgenannte Standard betrifft vielmehr ausschließlich die Fälle, in denen NFC-Anwendungen über eine Schnittstelle (Interface) zwischen dem NFC Host Controller und der SIM-Karte („UICC“) ausgeführt werden. Entsprechend steht die Verletzung des Klagepatents nur für Smartphones in Rede, die NFC-Implementierungen auf der SIM-Karte (UICC) zulassen.
213Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es daneben andere technische Alternativen zur Ausführung von NFC-Anwendungen gibt, beispielsweise die Implementierung entsprechender Anwendungen auf einer Smartcard (SD-Karte) oder einem sog. „embedded Secure Element (eSE)“.
214Insbesondere die Implementierung von NFC-Anwendungen auf einem eSE sieht die Kammer als eine gleichwertige technische Lösung neben der klagepatentgemäßen Lehre an. Insoweit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2015 vorgetragen, dass nur 27 % der NFC-fähigen Smartphones den Z -Standard nutzen würden, während demgegenüber 43 % die NFC-Fähigkeit über eSE gewährleisten würden. Die Beklagte ist dem weder durch Nennung abweichender Prozentzahlen substantiiert entgegengetreten, noch konnte sie nachvollziehbar erläutern, warum vor diesem Hintergrund im Bereich der NFC-Technologie die eSE keine konkurrenzfähige Alternative zur UICC darstellen sollte.
215Soweit die Beklagte ihre Argumentation vor allem darauf gestützt hat, die deutschen Mobilfunknetzbetreiber würden in ihren Anforderungskatalogen für NFC-fähige Smartphones zwingend die Implementierung der NFC-Anwendungen auf der UICC verlangen, genügt ihr diesbezüglicher Vortrag nicht, um eine marktbeherrschende Position der Klägerin zu begründen. Es mag zutreffen, dass die deutschen Mobilfunknetzbetreiber daran interessiert sind, die Einbettung gesicherter kontaktloser Anwendungen auf der UICC sicherzustellen, um als Herausgeber der UICC an ihre Vertragskunden den Zugang zu gesicherten Diensten kontrollieren und mit Benutzungsentgelten belegen zu können. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber keineswegs, dass Smartphones, die solche gesicherten Anwendungen auf einem eSE einbetten, am Markt nicht wettbewerbsfähig wären. Um eine solche Feststellung treffen zu können, wären ergänzende Ausführungen der Beklagten zur Marktmacht der Mobilfunknetzbetreiber auf dem hier relevanten Vertriebsmarkt für Smartphones erforderlich gewesen. Der pauschale Verweis, die Mobilfunknetzbetreiber würden den Hauptvertriebskanal für Smartphones bilden, genügt insofern nicht. Vielmehr wären Ausführungen dazu erforderlich gewesen, wie viel Prozent der Smartphones über die Netzbetreiber veräußert werden und wie viel Prozent unmittelbar oder über den Einzelhandel (mit Ausnahme der Mobilfunkbetreiber) an den Endkunden. Hierzu hat sich die Beklagte trotz entsprechender Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht geäußert. Der Verweis der Beklagten auf die Anlagen HL30-30b genügt hingegen nicht. Zum einen treffen sie keine Aussage darüber, inwieweit die deutschen Mobilfunknetzbetreiber tatsächlich in der Lage sind, am Markt zwingende technische Vorgaben durchzusetzen, zum anderen sind die vorgelegten Anforderungskataloge der Netzbetreiber so weitgehend geschwärzt, das sie nicht geeignet sind, ein ganzheitliches Bild von den technischen Anforderungen der Netzbetreiber zu vermitteln. So ist weder der Verfasser noch der Adressat erkennbar. Die Kammer kann auch nicht beurteilen, ob in den Schwärzungen technische Alternativen zur Verwirklichung des Z -Standards zugelassen werden. Jedenfalls vermochte die Beklagte nicht nachvollziehbar zu erläutern, warum am Markt offenbar eine beträchtliche Anzahl von Smartphones vertrieben werden kann, die NFC-Anwendungen eben nicht auf der UICC, sondern auf einem eSE implementieren.
216Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 19.02.2015 erstmals behauptet, die Z -Protokollspezifikation habe sich nunmehr auch für die Nutzung solcher Secure Elements geöffnet, die nicht in der UICC eingebettet sind, vermag die Kammer dies der vorgelegten Anlage HL35 (Z -Standard 102 622 in der Version 12.1.0) nicht zu entnehmen. Vielmehr heißt es dort unter Ziffer 1 weiterhin, der Standard betreffe „a logical interface that enables contactless applications hosted on the UICC“ (vgl. auch Anlage K38). Damit befasst sich der Standard weiterhin nur mit der Schnittstelle zwischen dem NFC Host Controller und der UICC. Mit dem Interface zwischen dem Host Controller und sonstigen eSE befasst er sich nicht. Soweit die Beklagte auf die Tabelle 20 in Abschnitt 7.1.1.1 der Anlage HL35 verweist, ist dort lediglich vorgesehen, dass die verschiedenen „Host types“ mit einer eigenen Identität versehen werden, damit der Host Controller zwischen ihnen unterscheiden kann. Dies bedeutet hingegen nicht, dass das eSE an die Stelle der UICC tritt. Vielmehr greift der Standard (weiterhin) nur dann ein, wenn eine SIM-Karte mit NFC-Anwendung vorhanden ist.
217Die Kammer verkennt – wie bereits ausgeführt – nicht, dass der Smartphonemarkt in besonderem Maße durch einen rasanten technischen Fortschritt sowie eine ständig zunehmende Zahl neuer Anwendungen geprägt ist. Auf der Grundlage des Sach- und Streitstands am Schluss der mündlichen Verhandlung lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Verwendung des Z -Standards für auf der UICC implementierte Anwendungen zu diesem Zeitpunkt bereits eine Marktdurchdringung erlangt hat, die eine marktbeherrschende Stellung begründet. Aufgrund der vorgelegten Marktanalysen und Experteneinschätzungen zu den zukünftigen technischen Entwicklungen entsteht vielmehr der Eindruck, dass sich der Markt derzeit in Bewegung befindet und gerade noch nicht entschieden ist, welche Anwendungen sich letztlich am Markt durchsetzen werden und wie sie technisch umgesetzt werden. Dass der Endabnehmer an der neuesten technischen Entwicklung partizipieren möchte, ändert an diesem Befund und seiner rechtlichen Einordnung nichts. Denn für den potentiellen Käufer eines Smartphones mag sicherlich entscheidend sein, ob das Smartphone NFC-fähig ist. Dass die Kaufentscheidung darüber hinaus davon abhängig ist, dass es NFC-Anwendungen auf der UICC ermöglicht und insofern dem Z -Standard folgt, ist nicht ersichtlich und auch von den Parteien nicht vorgetragen.
218VIII.
219Vor diesem Hintergrund kommt eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung des EuGH in Sachen C-170/13 (Vorabentscheidungsverfahren LG Düsseldorf, 4b O 104/12 – O ) nicht in Betracht. Die Frage der Marktbeherrschung ist gerade nicht Gegenstand des Vorlageverfahrens, sondern vorab zu entscheiden. Nur wenn diese bejaht wird, kommt es auf die rechtlichen Fragestellungen an, die Gegenstand des vorgenannten Vorlageverfahrens sind.
220XI.
221Für eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO besteht keine Veranlassung. Es kann nicht mit der für eine Aussetzung erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass die gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage erfolgreich sein wird.
222Der Gegenstand der Patentansprüche ist patentfähig, insbesondere nehmen weder die D1 (Q ) noch die D2 (R ) die erfindungsgemäße Lehre neuheitsschädlich vorweg. Auch mangelt es der mit den Ansprüchen 1 und 12 beanspruchten technischen Lösung angesichts der D3 (Auszüge aus „Specification of the Bluetooth System“) nicht an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.
2231.
224Die durch die Patentansprüche 1 und 12 geschützte technische Lehre wird in den Entgegenhaltungen D1 (Q ) und D2 (R ) nicht neuheitsschädlich offenbart.
225Die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patents durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen ist, erfordert die Ermittlung des Gesamtinhalts der Vorveröffentlichung. Maßgeblich ist, welche technische Information dem Fachmann offenbart wird. Zu ermitteln ist deshalb nicht, in welcher Form der Fachmann etwa mit Hilfe seines Fachwissens eine gegebene allgemeine Lehre ausführen kann oder wie er diese Lehre gegebenenfalls abwandeln kann, sondern ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung als den Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre entnimmt. Maßgeblich ist, was aus fachmännischer Sicht einer Schrift „unmittelbar und eindeutig” zu entnehmen ist (BGH GRUR 2009, 382, 384 – Olanzapin m.w.N.).
226a) D1 (Q )
227Bei der D1 handelt es sich um geprüften Stand der Technik. Sie wird in Absatz [0015] der Klagepatentschrift ausdrücklich genannt. Sie offenbart jedenfalls keine Routingtabelle wie in Merkmal 3.b3) des Klagepatentanspruchs 1 bzw. Merkmal 3.a4) des Klagepatentanspruchs 12 beschrieben. Die D1 sieht zwar die Verwendung einer Routingkanalnummer („logical channel identifier“) vor, verhält sich aber nicht zu der Speicherung eines Identifizierers des Ausgangspunktes und eines Identifizierers des Bestimmungspunktes. Vielmehr wird bei dem in der D1 beschriebenen Verfahren der Datenübertragungsblock seinem Bestimmungspunkt zugeführt, indem der APDU Header die Anwendung identifiziert. Damit ist das Datenrouting nach der D1 nicht anwendungsunabhängig wie das Datenrouting nach der klagepatentgemäßen Erfindung (und im Übrigen auch das Datenrouting nach dem streitgegenständlichen Standard).
228b) D2 (R )
229Auch die D2 offenbart keine erfindungsgemäße Routingtabelle. Das dort beschriebene Datenroutingverfahren basiert nicht auf der Identifikation eines Datenweges mit Hilfe einer Routingkanalnummer, sondern arbeitet vielmehr mit der Übermittlung von Knotenadressen, zwischen denen Daten übertragen werden sollen. Dass hierzu im Header-Feld eines Datenübertragungsblocks eine Routingkanalnummer verwendet wird, mit deren Hilfe man unter Rückgriff auf eine einen Identifizierer des Ausgangspunktes und einen Identifizierer des Bestimmungspunktes enthaltende Routingtabelle die Daten ihrem Bestimmungspunkt zuleiten kann, wird in der D2 in keiner Weise beschrieben.
2302.
231Weiter mangelt es der durch die Patentansprüche 1 und 12 geschützten technischen Lehre, insbesondere im Hinblick auf die D3 (Auszüge aus „Specification oft the Bluetooth System“), nicht an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.
232Die D3 ist weiter von der erfindungsgemäßen Lehre entfernt als die vorgenannten Druckschriften D1 und D2. Die Datenübertragung mittels Bluetooth setzt ein einheitliches Netzwerk voraus. Ein Datenrouting im Sinne der erfindungsgemäßen Lehre ist hier nicht erforderlich. Dieses wird vielmehr erst dann benötigt, wenn – wie bei der NFC-Technologie – mehrere Netzwerke miteinander kommunizieren und mittels eines Routers die Informationen von dem einen in das andere Netzwerk übersetzt werden müssen. Es ist daher für den Fachmann kein Anlass ersichtlich, ausgehend von der D3 ein verbessertes Verfahren zum Datenrouting zu entwickeln. Ebenso besteht für den Fachmann kein Anlass, ausgehend von der Problemstellung des Klagepatents auf die D3 zurückzugreifen.
233V.
234Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
235Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Auf den entsprechenden Antrag der Klägerin waren Teilsicherheiten festzusetzen. Die Höhe der Sicherheitsleistung orientiert sich an der Streitwertangabe der Klägerin von 10.000.000,- EUR. Die Kammer ist der Auffassung, dass dieser Betrag angemessen ist, um etwaige Schäden der Beklagten, die durch eine Vollstreckung des Urteils eintreten, abzusichern. Hierbei ist die Kammer von einem Zeitraum von ca. einem Jahr ausgegangen, der bis zu einer Berufungsentscheidung durch das OLG Düsseldorf vergehen dürfte. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, dass ihr potentieller Schaden im Falle der Aufhebung des Urteils über den Betrag von 10.000.000,- EUR hinausgehen würde. Ein solcher Schaden könnte – neben Gerichts- und Anwaltskosten – in Gewinneinbußen oder erhöhten Herstellungskosten (etwa bei der Verwendung eines eSE) liegen, wobei zu berücksichtigen ist, dass es vorliegend allein um etwaige Schäden der Beklagten, nicht aber der J geht. Hierzu fehlt es an Vortrag der Beklagten. Der Verweis auf die Umsatzzahlen mit dem H führt an dieser Stelle nicht weiter. Diese betreffen allein die Umsätze der J . Inwieweit die Beklagte hieran partizipiert, trägt sie nicht vor. Darüber hinaus lassen die reinen Umsatzzahlen keinen Rückschluss auf die mit dem H erzielten Gewinne zu.
236Der Streitwert wird auf 10.000.000,- EUR festgesetzt.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.
(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.
(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.
(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen
- 1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder - 2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder - 3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.
(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.
(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.
(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.
(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen
- 1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder - 2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder - 3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.
(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.
(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Teils oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt (Rechtsverletzer) oder wer gegen eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist gegenüber dem Betroffenen zur Beseitigung der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet.
(2) Der Unterlassungsanspruch besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.
(3) Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.
(4) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von
- 1.
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn - a)
ihnen eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen im Sinne des Absatzes 3 angehört und - b)
sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen;
- 2.
Einrichtungen, die nachweisen, dass sie eingetragen sind in - a)
die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder - b)
das Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
- 1.
ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen; - 2.
Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen; - 3.
ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; - 4.
sich weigert, ein anderes Unternehmen gegen angemessenes Entgelt mit einer solchen Ware oder gewerblichen Leistung zu beliefern, insbesondere ihm Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, und die Belieferung oder die Gewährung des Zugangs objektiv notwendig ist, um auf einem vor- oder nachgelagerten Markt tätig zu sein und die Weigerung den wirksamen Wettbewerb auf diesem Markt auszuschalten droht, es sei denn, die Weigerung ist sachlich gerechtfertigt; - 5.
andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.
(3) Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 5 gilt auch für Vereinigungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen im Sinne der §§ 2, 3 und 28 Absatz 1, § 30 Absatz 2a, 2b und § 31 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4. Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen, die Preise nach § 28 Absatz 2 oder § 30 Absatz 1 Satz 1 oder § 31 Absatz 1 Nummer 3 binden.
(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.
(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.
(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.
(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen
- 1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder - 2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder - 3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.
(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.
(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.
(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.
Der Gegner ist auch zur Vorlegung der in seinen Händen befindlichen Urkunden verpflichtet, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat, selbst wenn es nur in einem vorbereitenden Schriftsatz geschehen ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.