Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2013 - 3 StR 531/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitstrafe von sieben Jahren verurteilt sowie bestimmt, dass hierauf die in Kroatien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis eins zu eins angerechnet wird. Mit seiner Revision erhebt der Angeklagte zwei Aufklärungsrügen und beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen bleibt es ohne Erfolg.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es am späten Abend des 5. Februar 2005 zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung in V. . In dessen Verlauf äußerte der Angeklagte, seine vier Jahre alte Tochter M. mit nach Bosnien nehmen zu wollen. Der Angeklagte verfügte über zwei Schusswaffen nebst Munition und zwei Handgranaten, von denen er eine in die Hand nahm und entsicherte. Nach dem Erscheinen mehrerer Polizeibeamter äußerte er, er müsse wahrscheinlich bereits aus diesem Grunde in Deutschland mindestens fünf Jahre ins Gefängnis. Sodann entschloss er sich, die gemeinsame Ausreise mit seiner Tochter nach Bosnien zu erzwingen. Er zog den Sicherungsstift einer Handgranate und erklärte, er werde diese den Beamten erst übergeben, wenn er in Holland sei; andernfalls werde er sich und seine Tochter umbringen und noch ein paar Polizeibeamte "mitnehmen". Daraufhin gestatteten die Polizeibeamten dem Angeklagten, mit seiner Tochter in seinem PKW wegzufahren. Aus Sorge um das Leben des Kindes versuchten die Polizeibeamten nicht, den Angeklagten aufzuhalten. Der Angeklagte fuhr nicht in Richtung Holland, sondern den Rastplatz F. an, gab dort zwei Schüsse in die Luft ab und parkte neben einer Zapfsäule. Er bedrohte einen Polizeibeamten mit der Schusswaffe sowie der Handgranate und forderte diesen auf, seine Waffe abzulegen und das Fahrzeug zu betanken. Der Polizeibeamte weigerte sich, diesen Forderungen nachzukommen. Als der Angeklagte dies erkannte, setzte er seine Fahrt auf der BAB 3 in Richtung Frankfurt fort. Einige Kilometer vor der Raststätte Fe. wendete er und erklärte den ihn verfolgenden Polizeibeamten, wenn er auf der nächsten Raststätte nicht tanken dürfe, werde er ohne Rücksicht auf Verluste auf irgendjemanden schießen. Er wolle mit dem Kind "raus aus Deutschland", man solle ihn fahren lassen. Sodann setzte er seine Fahrt bis zur Raststätte Fe. fort. Dort betankte er das Fahrzeug und erklärte, er wolle mit seiner Tochter nach Bosnien, falls nötig werde er sich selbst und das Kind töten. Sodann verlangte er von einer Polizeibeamtin, für das Kind Speisen und Getränke aus der Tankstelle zu besorgen, was diese unter dem Eindruck der Drohungen befolgte. Danach forderte er die Beamtin auf, ihm die Rechnung nach Bosnien zu schicken und setzte seine Fahrt fort. Auf einem Rastplatz in Bayern erklärte er unter Vorzeigen der entsicherten Handgranate gegenüber einem Polizeibeamten, man solle ihm nicht zu nahe kommen, dann geschehe nichts. Sodann fuhr der Angeklagte weiter durch Österreich und Slowenien bis nach Kroatien. Dort gab er die mitgeführten Waffen heraus und setzte die Fahrt bis nach Bosnien-Herzegowina fort.
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- Der Angeklagte wurde am 23. Februar 2007 von dem Amtsgericht in Hrvatska Kostajnica (Kroatien) durch im Strafbefehlsverfahren ergangenes Urteil wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Angeklagte am 6. Februar 2005 um 13.00 Uhr auf dem Gebiet der Gemeinde Majur, Stadt Hrvatska Kostajnica, unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 11 Abs. 1 Punkt 5, 6 und 8 des kroatischen Waffengesetzes im Besitz zweier "Handbomben" sowie eines Gewehrs und einer Patrone für dieses war und dadurch eine Straftat gegen die öffentliche Ordnung (unerlaubter Besitz der Waffen und Explosivsubstanzen, Art. 335 Abs. 1 des kroatischen Strafgesetzbuchs) beging. Der Verbleib der zweiten Schusswaffe, die der Angeklagte in Deutschland neben diesen Waffen führte, ergibt sich weder aus dem hiesigen Urteil noch aus der kroatischen Entscheidung.
- 4
- Am 2. Juni 2010 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Novi Grad (Bosnien-Herzegowina) wegen Kindesentziehung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.000 KM verurteilt.
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- Gegen den Angeklagten wurde unmittelbar nach der Tat wegen der in Deutschland begangenen Taten ein internationaler Haftbefehl erlassen. Die bosnisch-herzegowinischen Behörden verweigerten in der Folgezeit jedoch die Auslieferung ihres Staatsangehörigen. Am 17. Februar 2011 stellte sich der Angeklagte den kroatischen Behörden. Er befand sich vom 7. Juli 2011 bis zum 6. März 2012 in Kroatien in Auslieferungshaft und wurde am 7. März 2012 nach Deutschland ausgeliefert. Die Auslieferung wurde versagt, soweit der Angeklagte bereits wegen Kindesentziehung, unerlaubten Waffenbesitzes und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz in Bosnien-Herzegowina bzw. Kroatien bestraft worden war.
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- I. Die Tat ist hinsichtlich des tateinheitlich abgeurteilten Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung nicht mehr verfolgbar. Im Übrigen besteht kein Verfahrenshindernis.
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- 1. Soweit der Angeklagte wegen tateinheitlich begangenen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden ist, ist die Tat verjährt. Sie wurde am 6. Februar 2005 begangen. Die Verjährungsfrist für ein Vergehen nach § 113 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die Verjährung wurde zuletzt am 10. Februar 2005 durch den Erlass eines Haftbefehls gegen den Angeklagten unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StGB). Die Anklage wurde im April 2012 erhoben und das Hauptverfahren im August 2012 eröffnet (§ 78c Abs. 1 Nr. 6 und 7 StGB); zu diesen Zeitpunkten war die Verjährung bereits eingetreten. Ein förmliches Auslieferungsersuchen, das nach § 78b Abs. 5 StGB zum Ruhen der Verjährung geführt hätte, ist ebenfalls erst nach Ablauf der Verjährungsfrist gestellt worden. Da das Verfahrenshindernis nur eine von mehreren tateinheitlich (§ 52 StGB) begangenen Gesetzesverletzungen betrifft, scheiden eine Teilaufhebung des Urteils und Teileinstellung des Verfahrens aus; vielmehr hat es mit der Änderung des Schuldspruchs sein Bewenden (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 206a Rn. 5).
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- 2. Ein darüber hinausgehendes Verfahrenshindernis besteht nicht. Der Aburteilung des Angeklagten steht insbesondere nicht mit Blick auf die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Waffen und Explosivsubstanzen durch das Amtsgericht in Hrvatska Kostajnica (Kroatien) das Verbot der Doppelbestrafung ("ne bis in idem") nach Art. 54 SDÜ entgegen (zum Verhältnis von Art. 54 SDÜ zu Art. 50 GrCh vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 StR 57/10, BGHSt 56, 11, 14 f.). Diese Norm bestimmt, dass derjenige, der durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, nicht durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat verfolgt werden darf, wenn im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann. Sie statuiert somit das Verbot, einen Beschuldigten wegen einer bestimmten Tat im prozessualen Sinne mehrfach in verschiedenen Vertragsstaaten mit einem Strafverfahren zu überziehen (Radtke, NStZ 2008, 162, 163). Im vorliegenden Fall betrifft die kroatische Entscheidung allerdings nicht dieselbe Tat im Sinne des Art. 54 SDÜ, wie sie dem hiesigen Strafverfahren zugrunde liegt. Die vom Generalbundesanwalt aufgeworfenen weiteren Fragen, etwa ob das in Deutschland entscheidende Tatgericht bei der Bewertung der Einheitlichkeit der Tat an die Beurteilung, die der vorangegangenen kroatischen Auslieferungsbewilligung zugrunde liegt, vor allem mit Blick auf den europarechtlichen Grundsatz des "effet utile" zur Vermeidung unterschiedlicher Betrachtungsweisen gebunden ist, sind danach nicht entscheidungserheblich. Im Einzelnen:
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- a) Die Anwendbarkeit von Art. 54 SDÜ ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Schengener Durchführungsübereinkommen in Kroatien noch nicht galt, als das dortige Urteil erging, sondern erst anlässlich des am 1. Juli 2013 wirksam gewordenen Beitritts von Kroatien zur Europäischen Union in Kraft gesetzt wurde (s. Anhang II Nr. 2 zum Beitrittsvertrag). Die Frage der Anwendung des Grundsatzes "ne bis in idem" stellt sich erst zu dem Zeitpunkt, zu dem in einem anderen Vertragsstaat - hier: Deutschland - ein zweites Strafverfahren gegen dieselbe Person durchgeführt wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 9. März 2006 - C-436/04 - Van Esbroeck -, NJW 2006, 1781) ist es daher nicht entscheidend, ob das Schengener Durchführungsübereinkommen für den ersten Vertragsstaat zu dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene dort rechtskräftig abgeurteilt wurde, noch nicht verbindlich war. Vielmehr ist das in Art. 54 SDÜ niedergelegte Verbot der Doppelbestrafung auch auf ein Strafverfahren anzuwenden, das in einem Vertragsstaat wegen einer Tat eingeleitet worden ist, die in einem anderen Vertragsstaat bereits zur Verurteilung des Betroffenen geführt hat, selbst wenn das Schengener Durchführungsübereinkommen in diesem letztgenannten Staat zum Zeitpunkt der Verkündung dieser Verurteilung noch nicht in Kraft war, sofern es in den betreffenden Vertragsstaaten zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem das mit dem zweiten Verfahren befasste Gericht die Voraussetzungen für die Anwendung des Grundsatzes "ne bis in idem" zu prüfen hat.
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- b) Da es sich bei dem Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 54 SDÜ um ein Verfahrenshindernis handelt (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober2010 - 1 StR 57/10, BGHSt 56, 11; vom 9. Juni 2008 - 5 StR 342/04, NJW 2008, 2931, 2932; Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., Art. 54 SDÜ Rn. 18), dessen Vorliegen in jeder Lage des Verfahrens, mithin auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., Einl. Rn. 150; vgl. auch zu Art. 50 GrCh BGH, aaO, BGHSt 56, 11), kommt es weiter nicht darauf an, dass das tatgerichtliche Urteil im hiesigen Verfahren ebenfalls vor dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Gemeinschaft ergangen ist.
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- c) Bei der Entscheidung des Amtsgerichts in Hrvatska Kostajnica vom 23. Februar 2007 handelt es sich um eine rechtskräftige Aburteilung im Sinne des Art. 54 SDÜ, verstanden als eine Entscheidung, die nach kroatischem Recht als endgültig und bindend anzusehen ist mit der Folge, dass sie in Kroatien den sich aus dem Verbot der Doppelbestrafung ergebenden Schutz bewirkt (vgl. EuGH, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - C-491/07 - Turansky -, NStZRR 2009, 109, 110). Gemäß der sachverständigen Stellungnahme des MaxPlanck -Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, welcher der Senat folgt, erging das genannte Urteil in einem speziellen Verfahren für den Erlass eines Strafbefehls. Es entspricht in seiner Wirkung einer "normalen" Verurteilung im Anschluss an eine Hauptverhandlung und bewirkt nach kroatischem Recht mit dem Eintritt der Rechtskraft, an dem hier nach den konkreten Umständen des Falles keine Zweifel bestehen, den sich aus dem Verbot der Doppelbestrafung ergebenden Schutz.
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- d) Der durch das Amtsgericht Hrvatska Kostajnica abgeurteilte Sachverhalt und derjenige, der Grundlage der hier angefochtenen Entscheidung ist, betreffen indes nicht dieselbe Tat im Sinne des Art. 54 SDÜ. Hierzu gilt:
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- aa) Nach deutschem innerstaatlichen Recht ist das Verbot der Doppelbestrafung in Art. 103 Abs. 3 GG verankert. Der Begriff der Tat im Sinne dieser Vorschrift richtet sich nach der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 264 StPO und ist somit als der geschichtliche sowie damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte Vorgang zu verstehen, auf den Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Der materiellrechtliche und der prozessuale Tatbegriff stehen indes nicht völlig beziehungslos nebeneinander. Vielmehr stellt ein durch den Rechtsbegriff der Tateinheit nach § 52 StGB zusammengefasster Sachverhalt in der Regel auch verfahrensrechtlich eine einheitliche prozessuale Tat dar. Umgekehrt liegen im Falle sachlichrechtlicher Tatmehrheit nach § 53 StGB grundsätzlich auch mehrere Taten im prozessualen Sinne vor (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - 3 StR 566/08, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 47).
- 14
- Von diesen Grundsätzen sind allerdings jeweils unter Berücksichtigung der Besonderheiten der abgeurteilten Delikte Ausnahmen zu machen. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass bei einem weiten Verständnis des prozessualen Tatbegriffs die Kognitionspflicht des zuerst entscheidenden Tatgerichts ausgedehnt und damit dessen Leistungsfähigkeit möglicherweise überschritten wird. So werden etwa von einer Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a StGB) trotz materiellrechtlicher Tateinheit diejenigen vom Täter begangenen konkreten Straftaten nicht erfasst, die in dem früheren Verfahren tatsächlich nicht - auch nicht als mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt - Gegenstand der Anklage und Urteilsfindung waren und mit Blick auf ihre Strafdrohung schwerer wiegen als die abgeurteilten Delikte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 292 ff.; Beschluss vom 4. September 2009 - StB 44/09, NStZ 2010, 287, 288). Im Übrigen sprechen gute Gründe dafür, dass bei sich unter Umständen lange hinziehenden Delikten wie Organisations- oder Dauerstraftaten sowie Bewertungseinheiten auch dann mehrere prozessuale Taten anzunehmen sind, wenn nur einzelne Betätigungen Gegenstand der früheren Anklage und gerichtlichen Untersuchung waren und der Angeklagte nicht darauf vertrauen durfte, dass durch das frühere Verfahren alle strafbaren Handlungen erfasst wurden (BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4 und 5/01, BGHR StGB § 129a Strafklageverbrauch 1).
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- bb) Nach der für die nationalen Gerichte verbindlichen Auslegung des Art. 54 SDÜ in mehreren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteile vom 11. Februar 2003 - C-187/01 - Gözütok und Brügge -; vom 9. März 2006 - C-436/04 - Van Esbroeck -, NJW 2006, 1781; vom 28. September 2006 - C-467/04 - Gasparini -; vom 28. September 2006 - C-150/05 - Van Straaten -; vom 18. Juli 2007 - C-288/05 - Kretzinger -, NJW 2007, 3412; vom 18. Juli 2007 - C-367/05 - Kraaijenbrink -, NStZ 2008, 164; vom 22. Dezember 2008 - C-491/07 - Turansky -, NStZ-RR 2009, 109; vom 16. November2010 - C-261/09 Mantello -, NJW 2011, 983) gilt im Rahmen dieser Vorschrift indes ein im Verhältnis zu den nationalen Rechtsordnungen eigenständiger, autonom nach unionsrechtlichen Maßstäben auszulegender Tatbegriff. Danach ist maßgebendes Kriterium für die Anwendung des Art. 54 SDÜ allein die Identität der materiellen Tat, verstanden als das Vorhandensein eines Komplexes konkreter, in zeitlicher und räumlicher Hinsicht sowie nach ihrem Zweck unlösbar miteinander verbundener Tatsachen. Das Verbot der Doppelbestrafung greift ein, wenn ein solcher Komplex unlösbar miteinander verbundener Tatsachen besteht und die verschiedenen Verfahren jeweils Tatsachen aus dem einheitlichen Komplex zum Gegenstand haben (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 5 StR 342/04, NJW 2008, 2931, 2932 f.). Auf materiellrechtliche Bewertungen , insbesondere dahin, ob die verschiedenen begangenen Delikte nach deutschem Recht sachlichrechtlich im Verhältnis von Tateinheit oder Tatmehrheit stehen, kommt es demnach nicht an.
- 16
- Die nähere Auslegung dieses Tatbegriffs im Sinne des Art. 54 SDÜ hat sich in erster Linie am Zweck dieser Norm auszurichten, der darin besteht, die ungehinderte Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit der Unionsbürger zu sichern. Wer wegen eines Tatsachenkomplexes bereits in einem Vertragsstaat abgeurteilt ist, soll sich ungeachtet unterschiedlicher rechtlicher Maßstäbe in den einzelnen Staaten darauf verlassen können, dass er nicht - auch nicht unter einem anderen rechtlichen Aspekt - ein zweites Mal wegen derselben Tatsachen strafrechtlich verfolgt wird. Demgegenüber ist die Einordnung der Tat- sachen nach den Strafrechtsordnungen der Vertragsstaaten unbeachtlich. Die Qualifizierung eines Tatsachenkomplexes als eine Tat im Sinne des Art. 54 SDÜ ist darüber hinaus von dem jeweils rechtlich geschützten Interesse unabhängig; denn dieses kann wegen der fehlenden Harmonisierung der nationalen Strafvorschriften von einem Vertragsstaat zum anderen unterschiedlich sein. Allein aus dem Umstand, dass die Taten durch einen einheitlichen Vorsatz auf subjektiver Ebene verbunden sind, lässt sich die Identität der Sachverhalte nicht herleiten; erforderlich ist vielmehr eine objektive Verbindung der zu beurteilenden Handlungen (vgl. EuGH, jeweils aaO).
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- Ob im konkreten Fall nach diesen Kriterien eine einheitliche Tat anzunehmen ist, obliegt der Beurteilung durch die nationalen Gerichte (EuGH, Urteile vom 9. März 2006 - C-436/04 - Van Esbroeck -, NJW 2006, 1781; vom 28. September 2006 - C-467/04 - Gasparini -).
- 18
- cc) Bei Anwendung dieser Maßstäbe liegt hier eine einheitliche Tat im Sinne des Art. 54 SDÜ nicht vor. Der Sachverhalt, der die Grundlage der hiesigen Verurteilung bildet, und derjenige, den das Amtsgericht in Hrvatska Kostajnica abgeurteilt hat, bilden weder in zeitlicher noch in örtlicher Hinsicht noch unter Zweckgesichtspunkten einen Komplex unlösbar miteinander verbundener Tatsachen. Zwar plante der Angeklagte von Beginn an, mit seinem Kind bis nach Bosnien-Herzegowina zu fahren. Auch verwendete er diejenigen Waffen, deren Besitz in Kroatien abgeurteilt wurde, bereits bei seinen strafbaren Handlungen in Deutschland und übte durchgängig die tatsächliche Gewalt über sie aus. Es kann dahinstehen, ob diese Umstände nach innerdeutschem Strafrecht sachlichrechtlich zur Annahme von Tateinheit führen würden (zum nach deutschem Recht allerdings eingeschränkten Strafklageverbrauch bei einer Verurteilung wegen Besitzes und/oder Führens von Waffen vgl. BGH, Urteile vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151; vom 15. April 1998 - 2 StR 670/97, NStZ-RR 1999, 8). Sie verknüpfen jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht das jeweils abgeurteilte Geschehen nicht so stark, dass ein insgesamt einheitlicher, untrennbarer Tatsachenkomplex anzunehmen ist.
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- (1) Für die an den zwei Raststätten in Deutschland begangene vollendete und die versuchte besonders schwere räuberische Erpressung folgt dies bereits daraus, dass diese Delikte lediglich das jeweilige, in sich insoweit abgeschlossene Geschehen in Deutschland betreffen. Dieses steht weder zeitlich noch örtlich noch inhaltlich in einem engen, unlösbaren Zusammenhang mit dem Besitz der Waffen am Mittag des nächsten Tages in Kroatien.
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- (2) Entsprechendes gilt im Verhältnis der Geiselnahme in Deutschland zu dem Waffenbesitz in Kroatien.
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- Bezüglich dieses Delikts erhält das von § 239b StGB erfasste Geschehen in Deutschland sein wesentliches Gepräge dadurch, dass der Angeklagte sich seiner Tochter bemächtigte bzw. diese entführte und die Waffen nicht nur besaß, sondern sie darüber hinaus als Mittel zu einer qualifizierten Drohung mit dem Tod von sich selbst, seiner Tochter und Polizeibeamten aktiv und bewusst einsetzte. Weder dem in dem hiesigen Verfahren ergangenen Urteil noch demjenigen des Amtsgerichts Hrvatska Kostajnica lässt sich entnehmen, dass der Angeklagte die in Deutschland zuletzt auf einem Rastplatz in Bayern ausgesprochenen Drohungen nach Verlassen des Landes weiterhin aufrecht erhielt. Die Feststellungen des in Kroatien ergangenen Urteils stellen im Gegenteil eindeutig lediglich darauf ab, dass der Angeklagte am Mittag des 6. Februar 2012 in Hrvatska Kostajnica im Besitz des größten Teils der Waffen war; davon, dass der Angeklagte dort oder sonst wo in Kroatien noch auf irgendjemanden nötigend einwirkte, ist nicht die Rede.
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- Diese jeweiligen Urteilsfeststellungen stehen im Einklang mit dem vom Senat darüber hinaus bei der Prüfung des Bestehens eines Verfahrenshindernisses im Freibeweisverfahren zu verwertenden Beweisstoff. Danach ist davon auszugehen, dass der Angeklagte das in Deutschland aufgebaute Bedrohungsszenario nach Verlassen des Landes nicht aufrecht erhielt und allenfalls noch einmal kurzzeitig erneuerte. Zunächst ist für die anschließende Fahrt durch Österreich eine irgendwie geartete konkrete Bedrohungs- oder sonstige Nötigungshandlung nicht belegt (Bericht KOK Fö. vom 9. Februar 2005, Sonderband I, Bl. 150). Während der Fahrt durch Slowenien erklärte er lediglich bei der Einreise, man habe in Deutschland auf ihn geschossen; er sei bereit , seine Tochter und sich selbst zu töten (Bericht Interpol Ljubljana vom 10. Februar 2005, Sonderband I Bl. 153). Während seines Aufenthalts am Grenzübergang zwischen Slowenien und Kroatien drohte der Angeklagte demgegenüber nicht erneut damit, seine Handgranaten zur Explosion zu bringen. In der Folgezeit übergab er sogar freiwillig die zwei Handgrananten und eine weitere Waffe an die ihn observierenden kroatischen Polizeibeamten (Bericht Interpol Zagreb vom 2. März 2005, Sonderband I Bl. 158). Sein Verhalten in Kroatien unterschied sich somit ganz wesentlich von demjenigen in Deutschland.
- 23
- Demnach fehlt es auch mit Blick auf die sonstigen Umstände an einer ausreichenden objektiven Verbindung der zu bewertenden Sachverhaltskomplexe. Der Angeklagte durfte nicht berechtigterweise darauf vertrauen, die Aburteilung in Kroatien wegen bloßen Waffenbesitzes umfasse auch das schwere Straftaten verwirklichende Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland. Ihm musste vielmehr ohne Weiteres klar sein, dass die strafrechtliche Ahndung in Kroatien nicht das Gesamtgeschehen umfasste, sondern sich allein auf das konkrete Geschehen in Kroatien bezog, wie es in der Verurteilung dargestellt ist. In diesem Zusammenhang ist schließlich auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs von Bedeutung, dass die Kognitions- pflicht des ersten Tatgerichts - eingedenk der Unterschiedlichkeit der nationalen Strafrechtsordnungen - nicht überdehnt werden darf. Nach alldem ist der Angeklagte durch die Durchführung des Strafverfahrens in Deutschland in seinem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union nicht in rechtsstaatswidriger Weise beeinträchtigt.
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- dd) Die Annahme unterschiedlicher Taten steht auch im Einklang mit den Ergebnissen in den bisher von der Rechtsprechung zu Art. 54 SDÜ entschiedenen Fällen. Ein den dortigen Feststellungen vergleichbar einheitliches, durchgängiges Gesamtgeschehen ist hier nicht gegeben; das im vorliegenden Fall zu beurteilende tatsächliche Geschehen unterscheidet sich vielmehr wesentlich von den Sachverhalten, in denen bislang eine einheitliche Tat im Sinne des Art. 54 SDÜ angenommen wurde. Dies war der Fall etwa bei einer Ausfuhr von Betäubungsmitteln aus einem Vertragsstaat (Belgien) und anschließender Einfuhr in einen anderen Vertragsstaat (Norwegen) (EuGH, Urteil vom 9. März 2006 - C-436/04 - Van Esbroeck -, NJW 2006, 1781) sowie bei der Übernahme geschmuggelten ausländischen Tabaks in Griechenland und dessen Einfuhr nach und Besitz in Italien, wobei von Anfang an der Plan bestand, den Tabak nach Verbringung in den ersten Vertragsstaat zu seinem endgültigen Bestimmungsort zu transportieren (EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - C-288/05 - Kretzinger -, NJW 2007, 3412; BGH, aaO, NJW 2008, 2931). Eine einheitliche Tat kommt auch in Betracht bei der Vermarktung einer Ware (Olivenöl) in einem Vertragsstaat nach deren ursprünglicher Einfuhr in einen anderen Vertragsstaat (EuGH, Urteil vom 28. September 2006 - C-467/04 - Gasparini -).
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- Soweit es in diesen Entscheidungen um den Transport von Rauschgift durch mehrere Vertragsstaaten ging, war dieser insgesamt und durchgängig Teil eines einheitlichen, auf die Verwertung des Rauschgifts und damit einen einheitlichen übergeordneten objektiven Zweck gerichteten Gesamtvorgangs, dessen Aufspaltung in voneinander zu trennende Phasen dem engen Zusammenhang des Gesamtgeschehens nicht entsprochen hätte. Entsprechendes gilt in den Fällen des geschmuggelten Tabaks sowie der Einfuhr und anschließenden Verwertung des Olivenöls. Bei dem Verbringen der Betäubungsmittel nach Norwegen waren zudem maßgebend die konkreten Einzelfallumstände und dabei insbesondere, dass keine wesentliche Unterbrechung des Transports oder ein längeres Zwischenlagern der Ware vorlag und der genaue Ablauf des Transports bereits vor dessen Beginn geplant war (BGH, aaO, NJW 2008, 2931, 2933). Im Gegensatz hierzu ist im vorliegenden Fall das Geschehen in Deutschland wesentlich durch die Begründung und Aufrechterhaltung der Bemächtigungslage sowie die massiven Drohungen des Angeklagten geprägt, während bei dem in Kroatien abgeurteilten Geschehen allein der Besitz der Waffen maßgebend ist. Deshalb ist, obwohl der Angeklagte den Großteil der Waffen bis nach Kroatien mit sich führte, ein den "Transportfällen" entsprechender übergeordneter, die einzelnen Komplexe gleichermaßen prägender objektiver und durchgängig einheitlicher Zweck nicht gegeben. Dies zeigt sich schließlich auch darin, dass der Angeklagte seine Fahrt auch nach Abgabe der Schusswaffe und Handgranaten in Kroatien unbewaffnet bis zu seinem Ziel in Bosnien-Herzegowina fortsetzte.
- 26
- II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, so dass es bei der durch die Verjährung des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bedingten Änderung des Schuldspruchs sein Bewenden hat. Die beiden erhobenen Aufklärungsrügen (§ 244 Abs. 2 StPO) haben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Dasselbe gilt, soweit der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts beanstandet. Diesbezüglich bedarf lediglich der folgende Gesichtspunkt der ergänzenden Erörterung:
- 27
- Die auf den Handlungen des Angeklagten an den Rastplätzen F. und Fe. beruhende Verurteilung wegen tateinheitlich begangener vollendeter und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar waren bei dem Geschehen an der Raststätte F. nach der Vorstellung des Angeklagten der genötigte Polizeibeamte und der geschädigte Tankstelleninhaber nicht personenidentisch. Auch lassen es die Feststellungen offen, ob der Vermögensnachteil bei dem Geschehen an der Raststätte Fe. bei der genötigten Polizeibeamtin oder dem dortigen Tankstelleninhaber eintrat. Diese Umstände begründen jedoch keinen Rechtsfehler. Nach dem Wortlaut des § 253 StGB kann der Nachteil bei dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen eintreten. Nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen der vorliegende Fall keinen Anlass bietet , ist die Norm insoweit dahin einschränkend auszulegen, dass nicht jedes einem Dritten abgenötigte vermögensschädigende Verhalten eine Strafbarkeit wegen Erpressung begründen kann. Vielmehr ist zwischen dem Genötigten und dem in seinem Vermögen Geschädigten ein Näheverhältnis dergestalt erforderlich , dass das Nötigungsopfer spätestens im Zeitpunkt der Tatbegehung auf der Seite des Vermögensinhabers steht und ihm dessen Vermögensinteressen nicht gleichgültig sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. April 1995 - 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 125 f.; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 253 Rn. 6).
- 28
- Ein solches Näheverhältnis liegt hier vor. Der Schutz von Individualrechtsgütern Dritter vor Straftaten ist wesentlicher Bestandteil der Berufspflicht eines jeden Polizeibeamten (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1992 - 4 StR 358/92, BGHSt 38, 388, 390). Eine Erpressung ist deshalb auch anzunehmen, wenn Polizeibeamte in Erfüllung ihrer Aufgaben anstelle des Geschädigten handeln, indem sie etwa dem Genötigten vom Täter geforderte Gelder zur Verfügung stellen und deren Übergabe übernehmen (BGH, Urteil vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368, 371). Dasselbe gilt, wenn Polizeibeamte wie hier in Ausübung ihres Amtes zunächst an Stelle des Vermögensinhabers Adressat der Nötigung werden (vgl. hierzu schon RG, Urteil vom 8. Mai 1929 - II 240/29, RGSt 63, 164, 165).
- 29
- III. Die Änderung des Schuldspruchs berührt nicht die Höhe der Strafe, auf die das Landgericht erkannt hat. Nach der Wertung der Strafkammer fiel der tateinheitlich abgeurteilte Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei der Bemessung der Strafe nicht wesentlich ins Gewicht (UA S. 14). Im Übrigen können auch im Urteil festgestellte strafbare Sachverhalte, deren Verfolgung wegen Verjährungseintritt nicht mehr möglich ist, in angemessenem Umfang bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden. Es ist deshalb auszuschließen, dass das Landgericht auf eine geringere Strafe erkannt hätte, wenn es bedacht hätte, dass das tateinheitlich begangene Vergehen nach § 113 Abs. 1 StGB nicht mehr verfolgt werden durfte.
- 30
- IV. Der geringe Teilerfolg der Revision macht es nicht unbillig, den Angeklagten in vollem Umfang mit den entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol
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Annotations
(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.
(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.
(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.
(1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) aus. § 76a Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Verbrechen nach § 211 (Mord) verjähren nicht.
(3) Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist
- 1.
dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, - 2.
zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren bedroht sind, - 3.
zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, - 4.
fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, - 5.
drei Jahre bei den übrigen Taten.
(4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind.
(1) Die Verjährung wird unterbrochen durch
- 1.
die erste Vernehmung des Beschuldigten, die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe, - 2.
jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, - 3.
jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, - 4.
jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 5.
den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, - 6.
die Erhebung der öffentlichen Klage, - 7.
die Eröffnung des Hauptverfahrens, - 8.
jede Anberaumung einer Hauptverhandlung, - 9.
den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, - 10.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens oder im Verfahren gegen Abwesende zur Ermittlung des Aufenthalts des Angeschuldigten oder zur Sicherung von Beweisen ergeht, - 11.
die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeschuldigten sowie jede Anordnung des Richters oder Staatsanwalts, die nach einer solchen Einstellung des Verfahrens zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeschuldigten ergeht, oder - 12.
jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen.
(2) Die Verjährung ist bei einer schriftlichen Anordnung oder Entscheidung in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung oder Entscheidung abgefasst wird. Ist das Dokument nicht alsbald nach der Abfassung in den Geschäftsgang gelangt, so ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem es tatsächlich in den Geschäftsgang gegeben worden ist.
(3) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78b bleibt unberührt.
(4) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht.
(5) Wird ein Gesetz, das bei der Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert und verkürzt sich hierdurch die Frist der Verjährung, so bleiben Unterbrechungshandlungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts vorgenommen worden sind, wirksam, auch wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung die Verfolgung nach dem neuen Recht bereits verjährt gewesen wäre.
(1) Die Verjährung ruht
- 1.
bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers bei Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 182, 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, auch in Verbindung mit Absatz 2, §§ 225, 226a und 237, - 2.
solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann; dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.
(2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem
- 1.
die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder - 2.
eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung).
(3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
(4) Droht das Gesetz strafschärfend für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren an und ist das Hauptverfahren vor dem Landgericht eröffnet worden, so ruht die Verjährung in den Fällen des § 78 Abs. 3 Nr. 4 ab Eröffnung des Hauptverfahrens, höchstens jedoch für einen Zeitraum von fünf Jahren; Absatz 3 bleibt unberührt.
(5) Hält sich der Täter in einem ausländischen Staat auf und stellt die zuständige Behörde ein förmliches Auslieferungsersuchen an diesen Staat, ruht die Verjährung ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Ersuchens beim ausländischen Staat
- 1.
bis zur Übergabe des Täters an die deutschen Behörden, - 2.
bis der Täter das Hoheitsgebiet des ersuchten Staates auf andere Weise verlassen hat, - 3.
bis zum Eingang der Ablehnung dieses Ersuchens durch den ausländischen Staat bei den deutschen Behörden oder - 4.
bis zur Rücknahme dieses Ersuchens.
(6) In den Fällen des § 78 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 ruht die Verjährung ab der Übergabe der Person an den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat bis zu ihrer Rückgabe an die deutschen Behörden oder bis zu ihrer Freilassung durch den Internationalen Strafgerichtshof oder den Vollstreckungsstaat.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.
(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.
(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,
- 1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat, - 2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder - 3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.
(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.
(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.
(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) § 239a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.
(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.
(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.
(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.