Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Sept. 2009 - StB 44/09

bei uns veröffentlicht am04.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
___________
StB 44/09
vom
4. September 2009
in dem Strafverfahren
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a.
zu 2.: Unterstützung einer kriminellen Vereinigung u. a.
hier: Beschwerde des Zeugen Co. gegen die Anordnung von
Ordnungsmitteln zur Erzwingung des Zeugnisses
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2009 gemäß
§ 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Zeugen Co. wird der Beschluss des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. August 2009 aufgehoben, soweit gegen ihn Beugehaft bis zu einer Höchstdauer von zwei Monaten angeordnet worden ist. Der Beschwerdeführer ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Die weitergehende Beschwerde wird als unzulässig verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen, jedoch wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt. Von den notwendigen Auslagen des Zeugen im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse die Hälfte.

Gründe:

I.

1
Der Beschwerdeführer ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Koblenz vom 28. November 2008 wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, weil er als hauptamtlicher Kader der "Arbeiterpartei Kurdistans" (im Folgenden: PKK) in der Zeit von Juni 2005 bis Juni 2006 das Gebiet Darmstadt leitete und sich dadurch als Mitglied an der aus dem führenden Funktionärskör- per der Organisation in Deutschland bestehenden kriminellen Vereinigung beteiligte. Die Vollstreckung der Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden.
2
Gegenstand der derzeit vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main stattfindenden Hauptverhandlung gegen die Angeklagten M. und C. ist zum einen der Vorwurf, der Angeklagte M. habe sich als Leiter der PKK-Gebiete Nürnberg, Mainz, Darmstadt und Berlin von Juli 2004 bis zu seiner Festnahme am 26. März 2008 als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligt. Zum anderen sollen der Angeklagte C. und zwei weitere hochrangige Jugendkader der PKK im März 2007 in Darmstadt den als abtrünnig angesehenen Aktivisten A. in "Parteihaft" genommen haben, um gegen diesen unter Androhung körperlicher Gewalt eine unberechtigte Geldforderung für die Organisation durchzusetzen (§ 239 a Abs. 1, §§ 253, 255, 22, 23 StGB); dadurch soll C. zugleich die kriminelle Vereinigung unterstützt haben (§ 129 Abs. 1 StGB). Der Angeklagte M. soll zu dieser konkreten Tat Beihilfe geleistet haben.
3
Mit Beweisantrag vom 25. Juni 2009 hat der Generalbundesanwalt die Vernehmung des Beschwerdeführers als Zeugen beantragt. Mit Beschluss vom 26. August 2009 hat das Oberlandesgericht entschieden, der Beschwerdeführer sei nach § 55 StPO berechtigt, die Auskunft auf mehrere Fragen zu dem mutmaßlichen Tatopfer A. zu verweigern. Jedoch hat der Vorsitzende in der Hauptverhandlung dem Beschwerdeführer am 26. und erneut am 27. August 2009 die Frage gestellt, ob der Angeklagte M. als hauptamtlicher Kader unter dem Decknamen D. von Juli 2005 bis Juni 2006 das PKK-Gebiet Mainz leitete und anschließend als Nachfolger des Beschwerdeführers als Leiter des PKK-Gebiets Darmstadt tätig war. Der Beschwerdeführer hat auch die Beantwortung dieser Frage unter Berufung auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StGB verweigert. Mit Beschluss vom 27. August 2009 hat das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer die durch seine Zeugnisverweigerung entstandenen Kosten auferlegt, zur Erzwingung des Zeugnisses gegen ihn Ordnungsgeld in Höhe von 250 €, ersatzweise für je 50 € einen Tag Ordnungshaft , verhängt sowie zur Erzwingung des Zeugnisses Beugehaft bis zu einer Höchstdauer von zwei Monaten angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Zeugen stehe insoweit ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO nicht zu. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Zeugen, der das Oberlandesgericht nicht abgeholfen hat.

II.

4
1. Die Beschwerde ist nur zulässig, soweit sie sich gegen die Anordnung der Beugehaft richtet.
5
Soweit sich der Zeuge gegen die Auferlegung der Kosten sowie die Verhängung des Ordnungsgeldes, ersatzweise der Ordnungshaft, wendet, ist das Rechtsmittel unstatthaft. Ein in § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO geregelter Fall, in dem ausnahmsweise die Beschwerde gegen einen Beschluss des im ersten Rechtszug zuständigen Oberlandesgerichts zulässig ist, liegt insoweit nicht vor. Im Gegensatz zur Anordnung von Beugehaft ist die Verhängung von Ersatzordnungshaft keine Verhaftung im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO, weil diese lediglich für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, sofort festgesetzt wird (§ 70 Abs. 1 Satz 2 StPO). Sie hat daher keine Verhaftung zum Inhalt, sondern eine an die Bedingung der Nichtbeitreibbarkeit des Ordnungsgeldes anknüpfende Entscheidung (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 4. August 2009 - StB 32/09 m. w. N.).
6
2. Die gegen die Anordnung der Beugehaft gerichtete Beschwerde ist begründet; denn die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 und 2 StPO liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer hat das Zeugnis nicht ohne gesetzlichen Grund verweigert; ihm steht hinsichtlich der nicht beantworteten Frage ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zu.
7
a) Die Gefahr einer Strafverfolgung im Sinne des § 55 StPO setzt voraus , dass der Zeuge Tatsachen bekunden müsste, die - nach der Beurteilung durch das Gericht - geeignet sind, unmittelbar oder mittelbar den Anfangsverdacht einer von ihm selbst oder von einem Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) begangenen Straftat zu begründen oder einen bereits bestehenden Verdacht zu bestärken. Bloße Vermutungen ohne Tatsachengrundlage oder rein denktheoretische Möglichkeiten reichen für die Annahme einer Verfolgungsgefahr nicht aus (vgl. BGH NJW 1994, 2839; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 55 Rdn. 7). Eine das Recht zur Auskunftsverweigerung begründende Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 Abs. 1 StPO besteht grundsätzlich dann nicht mehr, wenn gegen den Zeugen hinsichtlich der Tat, deren Begehung er sich durch wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage verdächtig machen könnte, bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, die Strafklage daher verbraucht ist, oder die Straftat verjährt wäre und deswegen zweifelsfrei ausgeschlossen ist, dass er für diese noch verfolgt werden könnte (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 m. w. N.).
8
Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs gelten im Bereich der Organisationsdelikte allerdings grundlegende Besonderheiten: Danach werden im Vergleich zu §§ 129, 129 a, 129 b StGB schwerere Straftaten, die mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung in Tateinheit stehen, dann nicht von der Rechtskraft eines allein wegen dieser Beteiligung ergangenen Urteils erfasst , wenn sie in dem früheren Verfahren tatsächlich nicht - auch nicht als mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt - Gegenstand der Anklage und der Urteils- findung waren (BGHSt 29, 288). Daher ist ein wegen eines Organisationsdelikts Verurteilter durch die Rechtskraft des früheren Urteils nur vor weiterer Strafverfolgung wegen dieses Delikts und tateinheitlich mit diesem zusammentreffender weiterer, nicht schwerer wiegender Straftaten geschützt (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2002, 607, 608).
9
b) Danach erfasst die Rechtskraft des gegen den Beschwerdeführer ergangenen Urteils vom 28. November 2008 seine etwaige Beteiligung an der konkreten Straftat zum Nachteil des Zeugen A. nicht. Nach der Begründung des Beweisantrags des Generalbundesanwalts vom 25. Juni 2009 spricht das Ergebnis von bisher in der Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht erhobenen Beweisen dafür, dass der Zeuge A. den Beschwerdeführer am Tag vor der den Angeklagten M. und C. angelasteten Tat in Darmstadt getroffen und ihm von seinem Entschluss erzählt hat, aus der Jugendorganisation der PKK auszusteigen. Im Oktober 2007 sei es zu einem weiteren Zusammentreffen in Zwingenberg gekommen, bei dem der Beschwerdeführer den Sachverhalt bzw. die Probleme des Zeugen A. mit der Jugendorganisation thematisiert und ihm geraten habe, die Sache aus der Welt zu schaffen, da es sonst kein gutes Ende nehme. Zwischen dem Beschwerdeführer und dem Angeklagten M. habe ein enger Kontakt bestanden; dieser werde etwa durch die in der Anklageschrift bezeichneten Telefonate belegt. Unter Hinweis auf diese Umstände hat das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 26. August 2009 ausgeführt, es bestehe "die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass der Zeuge Co. die Disziplinierungsmaßnahme gegen den Zeugen A. angeregt oder die für diese Maßnahme unmittelbar verantwortlichen PKK-Kader zumindest in ihrem Tatentschluss bestärkt" habe. Diese Einschätzung der Beweislage durch das Oberlandesgericht und den Generalbundesanwalt hat der Senat , der an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat und deshalb die ak- tuelle Beweissituation nicht kennt, hinzunehmen (vgl. BGH, Beschl. vom 4. August 2009 - StB 32/09). Danach liegen konkrete Anhaltspunkte für eine Beteiligung des Beschwerdeführers an der den Angeklagten vorgeworfenen Tat vor.
10
Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass sich der Beschwerdeführer durch die wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage nach dem Decknamen und den Funktionen des Angeklagten M. innerhalb der PKK in Bezug auf die Straftat zum Nachteil des Zeugen A. selbst belasten würde ; denn dem Angeklagten M. wird gerade auch die Beteiligung an dieser Straftat vorgeworfen und die Offenbarung von Parteiinterna zu dessen Person könnte den Beschwerdeführer in dessen Nähe rücken. Seine Angaben können deshalb zumindest im Rahmen einer mosaikartigen Beweisführung (vgl. BGH NJW 1999, 1413) für die Begründung bzw. Erhärtung eines Verdachts hinsichtlich seiner Mitwirkung an dieser Tat Bedeutung gewinnen.
11
3. Mit dieser Entscheidung in der Hauptsache ist auch das Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts erledigt , die Vollziehung der angeordneten Beugehaft nicht gemäß § 307 Abs. 2 StPO auszusetzen.
Sost-Scheible RiBGH Pfister befindet sich Schäfer im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible

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Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafgesetzbuch - StGB | § 255 Räuberische Erpressung


Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 129 Bildung krimineller Vereinigungen


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstm

Strafprozeßordnung - StPO | § 70 Folgen unberechtigter Zeugnis- oder Eidesverweigerung


(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werde

Strafprozeßordnung - StPO | § 307 Keine Vollzugshemmung


(1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt. (2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht anordnen, daß

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten hinaus.

(3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

(4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 32/09
vom
4. August 2009
in dem Strafverfahren
gegen
1.
2.
wegen zu 1. Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u. a.
zu 2. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung u. a.
hier: Beschwerde des Zeugen A. , vertreten durch Rechtsanwalt
, gegen die Anordnung von Ordnungsmitteln
zur Erzwingung des Zeugnisses
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. August 2009 gemäß § 304
Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO, § 135 Abs. 2 GVG beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Zeugen A. wird der Beschluss des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Juni 2009 aufgehoben, soweit gegen ihn Beugehaft bis zu einer Höchstdauer von zwei Monaten angeordnet worden ist. Die weitergehende Beschwerde wird als unzulässig verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen , jedoch wird die Gebühr um die Hälfte ermäßigt. Von den notwendigen Auslagen des Zeugen im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse die Hälfte.

Gründe:

I.

1
In der Hauptverhandlung gegen die Angeklagten M. und C. vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat der Vertreter des Generalbundesanwalts dem als Zeugen vernommenen Beschwerdeführer am 10. Juni 2009 die Frage gestellt "Wurden Sie oder Ihre Familie seit Ihren Aussagen bei der Polizei bis heute in Deutschland oder der Türkei von irgendjemandem aufgefordert oder gebeten, nicht oder in einem bestimmten Sinn in dem vorliegenden Strafverfahren auszusagen?" Der Beschwerdeführer hat die Beantwortung mit der Begründung verweigert, eine wahrheitsgemäße Aussage würde ihn selbst und seine Ehefrau der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen.
2
Mit Beschluss vom 10. Juni 2009 hat das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer die durch seine Zeugnisverweigerung entstandenen Kosten auferlegt, zur Erzwingung des Zeugnisses gegen ihn Ordnungsgeld in Höhe von 250 €, ersatzweise für je 50 € einen Tag Ordnungshaft, verhängt sowie zur Erzwingung des Zeugnisses Beugehaft bis zu einer Höchstdauer von zwei Monaten angeordnet. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Zeugen.

II.

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1. Die Beschwerde ist nur zulässig, soweit sie sich gegen die Anordnung der Beugehaft richtet.
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Soweit sich der Zeuge gegen die Auferlegung der Kosten sowie die Verhängung des Ordnungsgeldes, ersatzweise der Ordnungshaft, wendet, ist das Rechtsmittel unstatthaft. Ein in § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO geregelter Fall, in dem ausnahmsweise die Beschwerde gegen einen Beschluss des im ersten Rechtszug zuständigen Oberlandesgerichts zulässig ist, liegt insoweit nicht vor. Im Gegensatz zur Anordnung von Beugehaft ist die Verhängung von Ersatzordnungshaft keine Verhaftung im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO, weil diese lediglich für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, sofort festgesetzt wird (§ 70 Abs. 1 Satz 2 StPO). Sie hat daher keine Verhaftung zum Inhalt, sondern eine an die Bedingung der Nichtbeitreibbarkeit des Ordnungsgeldes anknüpfende Entscheidung (vgl. BGHSt 36, 192, 197; BGH NStZ 1994, 198; BGH, Beschl. vom 12. August 2008, StB 16 - 17/08; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 304 Rdn. 13).
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2. Die gegen die Anordnung der Beugehaft gerichtete Beschwerde ist begründet. Dabei kann dahinstehen, ob der Zeuge die Beantwortung der gestellten Frage ohne gesetzlichen Grund verweigert hat, weil es an der Glaubhaftmachung fehlt, dass ihm ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zusteht. Die Anordnung von Beugehaft ist jedenfalls unverhältnismäßig.
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Das Oberlandesgericht hat bei der Anordnung der Beugehaft sein Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung des Freiheitsgrundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
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Da § 70 StPO keine speziellen materiellen Voraussetzungen zum Schutz des Freiheitsgrundrechts vorsieht, kommt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Bedeutung zu. Danach muss die Beugehaft nach den Umständen des Falles unerlässlich sein und darf zur Bedeutung der Strafsache und der Aussage für den Ausgang des Verfahrens nicht außer Verhältnis stehen (vgl. BVerfG NJW 2007, 1865, 1868; Meyer-Goßner aaO § 70 Rdn. 13).
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Den Angeklagten liegen zwar sehr schwere Straftaten zur Last. Die Beantwortung der gestellten Frage hat jedoch für den Ausgang des Verfahrens nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts in dem nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen Beschluss vom 18. Juni 2009, mit dem es den gegen den Angeklagten C. bestehenden Haftbefehl aufgehoben hat, keinerlei Bedeutung mehr. Denn im Beschluss vom 18. Juni 2008 hat das Oberlandesgericht u. a. ausgeführt: "… Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand besteht keine große Wahrscheinlichkeit mehr dafür, dass der Angeklagte C. die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat. … Die allein noch ausstehende Beantwortung der Frage nach dem Versuch einer Beeinflussung des Zeugen oder seiner Familie im Zusammenhang mit dem vorliegenden Strafverfahren ist jedoch für die Beurteilung des dringenden Tatverdachts ohne Bedeutung. Selbst wenn der Zeuge bestätigen sollte, dass irgendjemand einen solchen Versuch unternommen habe, ließe sich nicht darauf schließen, dass sich die angeklagte Tat so zugetragen hat, wie von dem Zeugen bei seinen polizeilichen Vernehmungen geschildert. … Dafür, dass der Zeuge A. die Angeklagten gegenüber der Polizei zu Unrecht der angeblichen Tat aus dem März 2007 bezichtigt hat, sprechen schwer wiegende Umstände. …"
9
Diese Einschätzung durch das Oberlandesgericht, das die vom Vertreter des Generalbundesanwalts gestellte Frage nicht wegen Bedeutungslosigkeit als ungeeignet im Sinne des § 241 Abs. 2 StPO zurückweisen kann (MeyerGoßner aaO § 241 Rdn. 13 m. w. N.), hat der Senat, der an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat und deshalb die Beweissituation nicht kennt, hinzunehmen. Die Beantwortung einer Frage, die nach der Beurteilung des erkennenden Gerichts den Ausgang des Strafverfahrens nicht mehr beeinflussen kann, darf nicht durch Beugehaft erzwungen werden. In einem solchen Fall ist das in § 70 Abs. 2 StPO eingeräumte Ermessen auf Null reduziert. Becker von Lienen Hubert

(1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt.

(2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist.