Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. März 2015 - 2 L 184/10

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2015:0324.2L184.10.0A
bei uns veröffentlicht am24.03.2015

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

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Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

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Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

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Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

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Die Beigeladene hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

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Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

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Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

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Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

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Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

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Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

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Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

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Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

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Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

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Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

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Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

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Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

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Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

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Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

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Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

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Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

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Die Klägerin beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

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Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

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Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

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Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

96

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

99

d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 10. Mai 2016 - 2 B 16.231

bei uns veröffentlicht am 10.05.2016

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2014 wird die Klage abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen K

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2016 - 15 CS 15.1576

bei uns veröffentlicht am 03.05.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert wird für das Beschwe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2018 - 15 CS 18.1285

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2018 - 15 NE 18.382

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Tenor I. Der am 11. Dezember 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H... wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfa

Referenzen

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Biostoffe werden entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko nach dem Stand der Wissenschaft in eine der folgenden Risikogruppen eingestuft:

1.
Risikogruppe 1: Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit hervorrufen,
2.
Risikogruppe 2: Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen könnten; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich,
3.
Risikogruppe 3: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich,
4.
Risikogruppe 4: Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.

(2) Für die Einstufung der Biostoffe in die Risikogruppen 2 bis 4 gilt Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. L 262 vom 17.10.2000, S. 21). Wird dieser Anhang im Verfahren nach Artikel 19 dieser Richtlinie an den technischen Fortschritt angepasst, so kann die geänderte Fassung bereits ab ihrem Inkrafttreten angewendet werden. Sie ist nach Ablauf der festgelegten Umsetzungsfrist anzuwenden.

(3) Ist ein Biostoff nicht nach Absatz 2 eingestuft, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Beratung durch den Ausschuss nach § 19 die Einstufung in eine Risikogruppe nach Absatz 1 vornehmen. Die Einstufungen werden im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben. Der Arbeitgeber hat diese Einstufungen zu beachten.

(4) Liegt für einen Biostoff weder eine Einstufung nach Absatz 2 noch eine nach Absatz 3 vor, hat der Arbeitgeber, der eine gezielte Tätigkeit mit diesem Biostoff beabsichtigt, diesen in eine der Risikogruppen nach Absatz 1 einzustufen. Dabei hat der Arbeitgeber Folgendes zu beachten:

1.
kommen für die Einstufung mehrere Risikogruppen in Betracht, ist der Biostoff in die höchste infrage kommende Risikogruppe einzustufen,
2.
Viren, die bereits beim Menschen isoliert wurden, sind mindestens in die Risikogruppe 2 einzustufen, es sei denn, es ist unwahrscheinlich, dass diese Viren beim Menschen eine Krankheit verursachen,
3.
Stämme, die abgeschwächt sind oder bekannte Virulenzgene verloren haben, können vorbehaltlich einer angemessenen Ermittlung und Bewertung in eine niedrigere Risikogruppe eingestuft werden als der Elternstamm (parentaler Stamm); ist der Elternstamm in die Risikogruppe 3 oder 4 eingestuft, kann eine Herabstufung nur auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung erfolgen, die insbesondere der Ausschuss nach § 19 vornehmen kann.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Juli 2009 - 6 K 2167/06 - geändert. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Rastatt vom 10.08.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 werden aufgehoben.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Sprengstofflagers.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ... Straße ... in ... ... Das Grundstück liegt nördlich der Kreisstraße K ... ... ... und grenzt im Westen an die B ... an, die im fraglichen Bereich erhöht auf einem Damm verläuft. Auf dem Grundstück betrieb die Firma ... GmbH jedenfalls bis Mitte des Jahres 2010 eine Fabrik zur Herstellung von Holzspanplatten gemäß Ziff. 6.3 Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV; seitdem ruht die Betriebstätigkeit. Bis zum 01.04.2001 wurde das Spanplattenwerk von der Firmengruppe ... ... ... betrieben. Das Grundstück der Klägerin liegt im Geltungsbereich des früheren rechtsverbindlichen Bebauungsplans „...“ der Gemeinde ... vom 21.03.1983, der für das Grundstück eine Nutzung als Industriegebiet und Gewerbegebiet ausweist. Mit Wirkung zum 20.05.2005 ersetzte die Gemeinde ... den vorhandenen Bebauungsplan durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk (Gebiete ..., ... ... ... ... ... ...“. Für das Grundstück der Klägerin wurde ein Sondergebiet (SO 1) festgesetzt. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurde zudem in dem der B 462 nächstgelegenen Teil A die Nutzung „Silos für Sägespäne“, im Teil B „Spanplattenwerk Lagerhaltung, Veredelung (einschließlich Schleifen), Vertrieb und Verwaltung“ und im Übrigen „Spanplattenwerk Lagerflächen, einschließlich Hacker- und Förderanlagen, Lkw-Parkplatz-Anlage, einschließlich Waage und Gebäude mit Sanitär- und Aufenthaltsräumen, Pförtnerloge“ festgesetzt. Der Bebauungsplan enthält in dem Teil C. den folgenden Hinweis:
„7. Schutzmaßnahmen gegen Explosivstoffe
Auf den Grundstücken Nr. ... und ... der Gemarkung ..., ... Weg, Gewann ..., befindet sich ein Lager für explosionsgefährliche Stoffe. Von diesem Sprengstofflager sind u.U. auch in Teilbereichen des Plangebiets nach der 2. Sprengstoffverordnung für die Aufbewahrung explosionsgefährlicher Stoffe Schutzabstände für gewerbliche Bebauung mit der Einrichtung von ständigen Arbeitsplätzen einzuhalten. Ein entsprechender Nachweis ist im jeweiligen Genehmigungsverfahren zu erbringen.“
Die Beigeladene betreibt seit dem 01.01.2005 auf den Grundstücken mit den Flst.Nrn. ... und ..., Gewann ..., ... Weg, ... ..., ein Sprengstofflager, das bis dahin von der Firma ... ... KG betrieben wurde. Das Grundstück liegt westlich der B ... und nordwestlich des Grundstücks der Klägerin. Die Entfernung zur B ... beträgt ca. 266,62 m. Der für An- und Ablieferungen genutzte ... Weg schließt sich südöstlich an das Grundstück an. Der Abstand zur nächstgelegenen Grenze des Grundstücks der Klägerin beträgt ca. 300 m.
Unter dem 10.08.1995 erteilte das Landratsamt ... auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, der Firma ... ... KG, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Sprengstoffbunkern zur Lagerung von je 25 Tonnen Explosivstoffen und Gegenständen mit Explosivstoffen der Lagergruppen 1.1, 1.3 sowie 1.4. Beide Bunker sind mit 137,3 qm bzw. 171 qm Grundfläche im Abstand von ca. 20 m parallel in Ostrichtung ausgerichtet. Decke, Nord-, Ost- und Südseite der Bunker sind mit Erdreich bedeckt, das an den Seiten zu einer bis zu 5 m starken Böschung aufgeschüttet ist. Die Erdüberschüttung der Betondecke ist ca. 0,6 m mächtig. Nicht mit Erdreich bedeckt sind lediglich die vom Grundstück der Klägerin abgewandten Westseiten der Bunker, wo diese durch Stahltore beschickt werden. Den vom Sprengstofflager in Richtung des Grundstücks der Klägerin einzuhaltenden Schutzabstand zu Wohneinheiten setzte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Punkt A Ziff. 2 bzw. Nebenbestimmung I.2) unter Bezug auf eine Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung - BAM - vom 24.04.1995 im Rahmen einer Ausnahme nach § 3 Abs. 2 der 2. SprengV mit 395 m fest. Die für die Einhaltung des Schutzabstands maßgebliche Stellungnahme der BAM berücksichtigte die im Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich vorhandene Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin, wobei von einem eingehaltenen Abstand von 500 m ausgegangen wird. Mit Anzeige gemäß § 15 BImSchG vom 10.10.2005 verpflichtete sich die Beigeladene, die Menge der eingelagerten Explosivstoffe auf insgesamt 49.850 kg für die Lagerklassen 1.1, 1.3 und 1.4 zu begrenzen.
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren erteilt und der Klägerin nicht zugestellt oder anderweitig bekannt gegeben.
Mit Schriftsatz vom 10.05.2004 (eingegangen am 11.05.2004) legte die Klägerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie habe erst durch ein Schreiben der Gemeinde ... vom 19.04.2004 im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ Kenntnis von der der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erlangt. Mangels Bekanntgabe der Genehmigung an die Klägerin sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Zudem sei die Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs nicht verwirkt, da es an besonderen Umständen fehle, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen. Die Klägerin habe weder erkannt noch erkennen müssen, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung der Sprengstoffbunker erteilt worden sei. Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten habe die Klägerin nicht erkennen können, dass Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen durchgeführt worden seien. Die Grundstücke befänden sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft, auch sei bereits zum Zeitpunkt des Baus das Grundstück der Firma ... KG durch die in Dammlage verlaufende B ... sowie durch zahlreiche Obstbäume verdeckt worden. Der Baustellenverkehr sei über den vom Grundstück der Klägerin abgewandten ... Weg abgewickelt worden. Die Genehmigung sei unter Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG erteilt worden, da der nach Ziff. 2.1 der Anlage zum Anhang und Ziff. 3.2.2 Abs. 3 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV zu ermittelnde Schutzabstand von ca. 643 m nicht eingehalten sei. Entgegen der Annahme der Genehmigungsbehörde lägen die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 3 Abs. 2 der 2. SprengV nicht vor. Der erforderliche Abstand zur Grenze des Bebauungsplanes bzw. zu der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze werde nicht eingehalten.
Die Beigeladene machte im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 31.08.2005 geltend, der eingelegte Widerspruch sei wegen Verfristung und Verwirkung unzulässig. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zumindest kennen müssen. Zum Zeitpunkt des Baubeginns für das Sprengstofflager im November 1995 habe eine Sichtverbindung zwischen dem Grundstück der Beigeladenen und dem Grundstück der Klägerin bestanden, da die Obstbäume unbelaubt gewesen seien. Auch habe der Bau massive Erdaushubarbeiten, das Setzen der Fundamentplatten, Einschalen der Wände und Decken, Schalgerüste erstellen, Kranarbeiten sowie Einbau der Tresortüren durch den Kran, Betonieren von Bodenplatten vor dem Lager, Erdüberdeckung der Bunker sowie massive Aufschüttungen erfordert. Die Baumaßnahmen hätten sich von November 1995 bis September 1996 hingezogen. Während der gesamten Zeit habe ein Baukran mit 25 m Höhe auf dem Grundstück der Beigeladenen gestanden und sei deshalb sowohl vom Grundstück der Klägerin als auch von der Bundesstraße B 462 aus weithin sichtbar gewesen. Es seien enorme Betonmassen erforderlich gewesen, so dass die Anlieferung des Betons durch dreiachsige Betonmischer für das erforderliche Volumen allein 130 Fahrten verursacht habe. Daher habe einem durchschnittlichen Betrachter nicht entgangen sein können, dass auf dem Feldweg massive An- und Abfahrten von Betonmischfahrzeugen über einen längeren Zeitraum stattgefunden hätten. Darüber hinaus sei die Errichtung des Sprengstofflagers am 16.06.1995 im gemeinsamen Amtsblatt der Gemeinden ... und ... als Tagesordnungspunkt der Sitzung des Technischen Ausschusses bekannt gemacht worden. Schließlich habe auch der Betrieb des Sprengstofflagers einem durchschnittlichen Betrachter nicht entgehen können, da ein erheblicher Lkw-Fahrbetrieb zu dem Lager auf den Feldwegen stattgefunden habe. Der Anlieferverkehr betrage jährlich ca. 200 An- und Abfahrten über Feldwege. Ferner hätten spätestens im Jahre 2001 und 2003 die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter eigene Kenntnis von der Genehmigung und Existenz des Sprengstofflagers erlangen müssen. Denn zu diesem Zeitpunkt hätten sie in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde ... an der Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015 bzw. der Bebauungsplanänderung mitgewirkt und Akteneinsicht in die Planungsakten gehabt bzw. beantragen können. In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 26.01.2004 sei ausweislich des Protokolls auf das Sprengstofflager hingewiesen worden. Mit Anwaltsschriftsatz vom 03.03.2004 an die Gemeinde ... habe die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nochmals Bedenken im Hinblick auf die Einhaltung der sprengstoffrechtlich erforderlichen Schutzabstände vorgebracht.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, dass hier die einjährige Widerspruchsfrist mangels Bekanntgabe an die Klägerin zu dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in dem sie von der erteilten Genehmigung Kenntnis erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Im konkreten Fall habe die Frist nach Auffassung des Regierungspräsidiums bereits mit Erkennbarkeit der Aufnahme von Baumaßnahmen Ende November 1995 zu laufen begonnen. Das Betriebsgrundstück der Klägerin und das Grundstück der Beigeladenen hätten zwar keine gemeinsame Grenze; die kürzeste Entfernung zwischen den beiden Grundstücken betrage ca. 300 m. Aus den von der Beigeladenen vorgelegten Fotos zur Bauphase im Jahre 1995 ergebe sich jedoch, dass der Rechtsvorgängerin der Klägerin trotz der topographischen Gegebenheiten die Bautätigkeit für das Sprengstofflager nicht entgangen sein könne. Der auf der Baustelle aufgestellte ca. 25 m hohe Kran sowie die Anlieferung von großen Mengen Beton hätten insbesondere in der Winterzeit mangels Belaubung der zwischen den Grundstücken stehenden Bäume auffallen müssen. Hinzu komme, dass der sich an die Baumaßnahme anschließende Betrieb einem durchschnittlichen Betrachter nicht habe entgehen können, weil sich ein erheblicher Lkw-Fahrbetrieb zu dem Lager auf Feldwegen abgespielt habe. Ob die Klägerin im Rahmen der Flächennutzungsplanfortschreibung 2015 oder der Bebauungsplanänderung vor April 2004 von der Genehmigung erfahren habe, lasse sich nicht ermitteln und sei für die Entscheidung über den Widerspruch letztlich nicht entscheidend.
11 
Die Klägerin hat am 01.09.2006 Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamtes ... vom 10.08.1995 für die Errichtung und den Betrieb des Sprengstofflagers auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 aufzuheben. Zur Begründung hat die Klägerin ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, das Regierungspräsidium überspanne die Anforderungen an die Erkundigungspflichten des Nachbarn im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis. Die bloße Erkennbarkeit von Baumaßnahmen reiche jedenfalls dann nicht aus, wenn diese in größerer Entfernung stattfänden und die aus der Nutzung des Grundstücks resultierenden Beeinträchtigungen nicht erkennbar seien. Die Widerspruchsbehörde verkenne, dass vom Grundstück der Klägerin aus die Baumaßnahmen zur Errichtung der Sprengstoffbunker nicht erkennbar gewesen seien. Dies werde bestätigt durch die von Mitarbeitern des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 20.07.2005 durchgeführte Ortsbesichtigung. Die Mitarbeiter des Regierungspräsidiums hätten in einem Aktenvermerk vom 04.08.2005 selbst festgehalten, dass das Lager von der Böschungsoberkante der Bundesstraße aus wegen des dichten Bewuchses nicht ausgemacht werden könne. Die Genehmigung sei rechtswidrig erteilt worden, da sie den Festsetzungen des Bebauungsplans aus dem Jahre 1983 widerspreche; ferner greife der Schutzabstand in die mit dem Bebauungsplan vom 20.05.2005 als Sondergebiet SO 1 „Spanplattenwerk“ festgesetzte Fläche ein. Die Errichtung ständiger Arbeitsplätze sei in diesem Bereich wegen des Schutzabstandes nicht mehr möglich. Die Beigeladene habe bereits im laufenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zur Änderung der von der Firma ... GmbH betriebenen Holzspanplattenfabrik unter Hinweis auf ihre eigene immissionsschutzrechtliche Genehmigung Einwendungen geltend gemacht.
12 
Mit Urteil vom 07.07.2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die streitgegenständliche Genehmigung sei in Bestandskraft erwachsen, da der Widerspruch der Klägerin verwirkt sei. Zwar sei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht zugestellt worden, so dass die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht zur Anwendung gelange. Nach den vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 25.01.1974 (IV C 2.72) und vom 28.08.1987 (4 N 3.86) aufgestellten Grundsätzen komme hier die Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts und eine Unzulässigkeit des Widerspruchs nach Treu und Glauben in Betracht. Nach Überzeugung der Kammer sei davon auszugehen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren Verhalten sich diese zurechnen lassen müsse, schon Ende November 1995 von den Bauarbeiten für das Sprengstofflager zuverlässige Kenntnis erlangen musste und deshalb für diese Anlass bestanden habe, sich nach dem Vorliegen einer Genehmigung zu erkundigen. Aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich, dass nicht nur ein als Einverständnis zu wertendes, sondern auch ein rein passives Verhalten des Nachbarn zur Verwirkung des Rechts zur Einlegung des Widerspruchs führen könne. Trotz der topographischen Gegebenheiten lasse sich aus den vorgelegten Fotos und der Erklärung des Mitarbeiters der Firma ... KG, Herrn ... ..., vom 17.08.2005 entnehmen, dass in der Winterzeit 1995/1996 massive Bauarbeiten stattgefunden hätten. Insbesondere der eingesetzte Baukran habe weithin sichtbar während der einjährigen Bauphase auf dem Grundstück gestanden, was der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht entgangen sein könne. Auch habe der Bau massive Erdaushubarbeiten und Erdbewegungen erfordert.
13 
Unerheblich sei, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin auch habe erkennen können, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen ein Sprengstofflager mit 395 m weit reichenden Abstandserfordernissen verwirklicht werde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere ein „Kennen müssen“ in diesem Zusammenhang lediglich, dass sich dem betroffenen Nachbarn das Vorliegen einer bau- bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung habe aufdrängen müssen und es ihm zumutbar gewesen sei, sich hierüber durch Anfrage bei dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde Gewissheit zu verschaffen. Dagegen erfordere ein „Kennenmüssen“ nicht, dass die nachteilige Betroffenheit vom Nachbarn tatsächlich subjektiv erkannt worden sei. Es bestehe die Obliegenheit für Nachbarn, nach Kenntnis von Baumaßnahmen die tatsächliche nachbarliche Betroffenheit zu ermitteln. Dies wäre ebenso bei Zustellung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erforderlich gewesen. Ansonsten würden an das Merkmal des „Kennenmüssens“ derart hohe Anforderungen gestellt, dass diese praktisch nie nachweislich erfüllt wären. Dies gelte erst recht, wenn wie hier ein Bauvorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB errichtet werde, da dieser grundsätzlich von Bebauung freizuhalten sei. Daher habe die Klägerin - insbesondere auch aufgrund des Baukrans - nicht von einem gewöhnlichen Bauvorhaben ausgehen dürfen. Im Übrigen seien Vorhaben, die aufgrund ihrer besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich errichtet werden dürfen, grundsätzlich geeignet, im nachbarschaftlichen Verhältnis gesteigerte Konflikte auszulösen. Ferner handle es sich bei dem Betrieb der Klägerin selbst um ein Unternehmen, das erhebliche Immissionen mit sich bringe und daher das Konfliktpotential im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis verstärke. Aufgrund dieser Umstände sei hier die Klägerin in besonderem Maße gehalten gewesen, sich nach dem Vorliegen einer Genehmigung für das Bauvorhaben auf dem Grundstück der Beigeladenen zu erkundigen. Nach alldem hätte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren Verhalten sich diese zurechnen lassen müsse, bei Anwendung der notwendigen Sorgfalt bis spätestens zum Abschluss der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen im September 1996 Kenntnis von der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und deren Anfechtbarkeit erlangen müssen. Der Widerspruch der Klägerin sei jedoch nicht innerhalb eines Jahres, d. h. spätestens bis Ende September 1997 eingelegt worden, so dass die Genehmigung in Bestandskraft erwachsen sei.
14 
Mit Beschluss vom 07.12.2009 - der Klägerin zugestellt am 17.12.2009 - hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Die Klägerin hat mit einem bei dem Verwaltungsgerichtshof am 05.03.2010 eingegangenen Schriftsatz die Berufung unter Stellung eines Antrages innerhalb der vom Senat bis zum 08.03.2010 verlängerten Frist begründet.
15 
Die Klägerin macht geltend, sie habe entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts weder bereits im Jahre 1995 Kenntnis von der Errichtung der Bunker erlangt noch die besonderen Auswirkungen dieses Vorhabens auf ihre eigene Rechtsstellung erkennen können. Vielmehr habe sie erst durch das Schreiben der Gemeinde ... vom 19.04.2004 im Rahmen des Änderungsverfahrens für den Bebauungsplan Kenntnis vom Vorhaben der Beigeladenen erhalten. Aufgrund der konkreten topographischen Gegebenheiten sei die Bauausführung im Jahre 1995/1996 vom Grundstück der Klägerin aus nicht wahrnehmbar gewesen. Beide Grundstücke seien mehr als 300 m entfernt; zwischen ihnen verlaufe die auf einem Damm geführte Bundesstraße B ... und lägen mit Obstbäumen bewachsene Flächen. Niedrige Bauwerke wie die einschließlich der Schornsteine weniger als 7 m hohen Sprengstoffbunker und die entsprechenden Baumaßnahmen würden durch die Obstbäume verdeckt; die Baufläche liege von dem Grundstück der Klägerin aus gesehen „im toten Winkel“ hinter dem Bundesstraßendamm.
16 
Das Verwaltungsgericht habe die konkreten topographischen Gegebenheiten verkannt und ohne Ortsbesichtigung oder sonstige Beweisaufnahme angenommen, dass der Baukran vom Grundstück der Klägerin aus sichtbar gewesen sei. Die vom Verwaltungsgericht entscheidungstragend herangezogene schriftliche Erklärung des Mitarbeiters der Beigeladenen, Herrn ... ..., stelle kein taugliches Beweismittel nach der Zivilprozessordnung dar. Dem Verwaltungsgericht habe sich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht die Einnahme eines Augenscheins oder die Vernehmung des Zeugen ... aufdrängen müssen. Ferner wiesen die Art der Bauarbeiten und das Aufstellen eines Krans auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht auf die Errichtung eines Sprengstofflagers mit besonderen Abstandserfordernissen hin. Auch ließen sich aus der Tatsache, dass das Bauvorhaben im Außenbereich gemäß § 35 BauGB errichtet worden sei, nicht weitreichende nachbarliche Beeinträchtigungen entnehmen. Denn es hätte sich ebenso um ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 3, 5 und 6 BauGB ohne besonderes Konfliktpotential und tatsächliche Beeinträchtigungen für die Klägerin handeln können.
17 
Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei es nach der in Bezug genommenen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, dass der Nachbar die mit der Genehmigung verbundene subjektive Beeinträchtigung erkennen könne. Voraussetzung für eine Verwirkung sei das Erkennen und damit auch die Erkennbarkeit einer Beeinträchtigung durch das Bauvorhaben. Nur in diesem Falle treffe den Nachbarn die Obliegenheit, durch Anfrage beim Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde sich Gewissheit über das Vorliegen einer Baugenehmigung zu verschaffen. Im Übrigen sei der Nachbar nicht kraft Treu und Glaubens verpflichtet, jede Bautätigkeit in seiner Umgebung zu beobachten und zu allen ihm erkennbaren Bautätigkeiten vorsorglich Erkundigungen einzuholen. Selbst wenn die Klägerin Bauarbeiten wahrgenommen hätte, habe für sie keine Veranlassung bestanden, Erkundigungen über das Vorliegen einer Genehmigung einzuholen, da die konkrete Beeinträchtigung durch den Sprengstoffbunker und die daraus resultierenden Abstandserfordernisse nicht erkennbar gewesen sei.
18 
Die Klägerin sei mit ihrem Betriebsgrundstück nur deshalb Nachbar der Beigeladenen im baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Sinne, weil das Vorhaben der Beigeladenen besonders weitreichende Abstandsanforderungen nach sich ziehe. Das Nachbarschaftsverhältnis sei für die Klägerin jedoch nicht erkennbar gewesen, sodass ihr auch nach Treu und Glauben keine besonderen Erkundigungspflichten auferlegt werden könnten. Fehl gehe der Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass der Nachbar auch nach Zustellung der Genehmigung prüfen müsse, ob er subjektiv beeinträchtigt werde. Bei Zustellung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hätte die Klägerin als Nachbarin erkennen können, dass ein Sprengstoffbunker mit besonders weitreichenden Abstandsanforderungen errichtet werde. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts laufe darauf hinaus, dass die Klägerin im gesamten Einwirkungsbereich entsprechend Nr. 4.6.2.5 der TA Luft - hier also im Umkreis von 4 km - zur Beobachtung der Nachbarschaft und zur Nachfrage bei Behörden über das Bestehen etwaiger Baugenehmigungen verpflichtet werde. Das Verwaltungsgericht habe zudem nicht festgestellt, dass der Bauherr infolge der Untätigkeit auf den Bestand der Genehmigung vertrauen durfte, hierauf auch tatsächlich vertraut habe und sich daher durch Maßnahmen und Vorkehrungen so eingerichtet habe, dass ihm durch die verspätete Rechtsdurchsetzung ein unzumutbarer Nachteil entstehe. Die Ausführung des Bauvorhabens stehe mit dem Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung in keinem Kausalzusammenhang. Denn die Firma ... ... KG habe die Bauarbeiten unabhängig von der Haltung der Klägerin ausgeführt und das Vorhaben noch vor Ablauf der Jahresfrist für den Widerspruch fertiggestellt. Bereits aus diesem Grunde scheide eine Verwirkung des Widerspruchsrechts der Klägerin aus.
19 
Die zulässige Klage sei auch begründet, da die angefochtene Genehmigung gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und § 17 SprengG verstoße. Zur Konkretisierung der nachbarschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG seien die Bestimmungen der 2. SprengV heranzuziehen, die auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Nr. 4 SprengG erlassen worden sei. Eine wesentliche Genehmigungsvoraussetzung sei nach der 2. SprengV die Einhaltung der erforderlichen Schutz- und Sicherheitsabstände. Gemäß Ziff. 3.2.2 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV müssten Lager von Wohnbereichen mindestens die in Anlage 3 der Verordnung genannten Schutzabstände einhalten. Die Bundesanstalt für Materialforschung habe auf dieser Grundlage in ihrer für die Genehmigung maßgeblichen Stellungnahme vom 24.04.1995 den Schutzabstand für das Sprengstofflager der Beigeladenen zu Wohnbereichen in östlicher Richtung zum Grundstück der Klägerin unter Annahme einer Ausnahme nach § 3 der 2. SprengV mit 395 m festgesetzt. Der in der Genehmigung festgesetzte Schutzabstand von 395 m reiche jedoch auf das Grundstück der Klägerin und schränke dort die maßgebliche durch den Bebauungsplan festgesetzte Nutzbarkeit ein. Unzumutbar und damit erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG seien die Immissionen und sonstigen Gefahren, die mit den für den Einwirkungsort geltenden Festsetzungen des Bebauungsplans im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung unvereinbar seien.
20 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums komme es deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin das Grundstück bei Erteilung der angefochtenen Genehmigung bzw. im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids tatsächlich entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaut und genutzt habe. Denn mit Inkrafttreten des Bebauungsplans habe die Klägerin das Recht erlangt, von den Festsetzungen des Bebauungsplans Gebrauch zu machen. Auf dieses durch den Bebauungsplan begründete Nutzungsrecht habe die immissionsschutzrechtliche Genehmigung Rücksicht zu nehmen. Der bei Erteilung der angefochtenen Genehmigung rechtsverbindliche maßgebliche Bebauungsplan „...“ vom 19.07.1983 habe für den westlichen Teil des Baugrundstücks der Klägerin, welcher innerhalb des festgelegten Schutzabstandes liege, ein Industriegebiet festgesetzt. Damit sei die Errichtung von Industriegebäuden mit ständigen Arbeitsplätzen zulässig; die Festsetzung begründe einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung von Vorhaben, welche die Verwirklichung der im Industriegebiet zulässigen Nutzungen gefährdeten bzw. unmöglich machten. Nichts anderes gelte im Ergebnis, wenn man auf den mit Wirkung zum 20.05.2005 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ abstelle, welcher für den maßgeblichen Bereich ein Sondergebiet „Spanplattenwerk“ festsetze. Auch die nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplans zulässigen Nutzungen könnten bei Einhaltung des Schutzabstands nur ohne Einrichtung ständiger Arbeitsplätze verwirklicht werden. Eine dem Bebauungsplan entsprechende bestimmungsgemäße Nutzung sei dadurch ausgeschlossen. Davon gehe im Übrigen auch die Beigeladene aus, welche im beantragten Änderungsgenehmigungsverfahren für die Spanplattenfabrik mit Schreiben vom 18.09.2006 Einwendungen unter Hinweis auf die Anforderungen der 2. SprengV geltend gemacht habe. Schließlich werde der Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 17 SprengG nicht durch den Hinweis im Bebauungsplan vom 20.05.2005 im Abschnitt C Ziff. 7 „Schutzmaßnahmen gegen Explosivstoffe“ ausgeräumt. Schon nach dem Wortlaut handle es sich lediglich um einen Hinweis des Plangebers, nicht um eine rechtsverbindliche Festsetzung des Bebauungsplans. Daher modifiziere der Hinweis weder die festgesetzten Baugrenzen noch die überbaubaren Grundstücksflächen sowie die dort zulässige Art der Nutzung. Rechtliche Bedeutung könne der Hinweis allenfalls bei Anwendung von § 15 BauNVO haben, was belege, dass die angefochtene Genehmigung die Ausnutzung der Festsetzungen des Bebauungsplans vom 20.05.2005 gefährde.
21 
Die Klägerin beantragt,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Juli 2009 - 6 K 2167/06 - zu ändern und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts ... vom 10.08.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 aufzuheben.
23 
Der Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend unter Würdigung der konkreten örtlichen Verhältnisse davon ausgegangen, dass die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgänger Kenntnis von den Baumaßnahmen hätten erlangen müssen. Die von dem Regierungspräsidium durchgeführte Ortsbesichtigung habe im Sommer stattgefunden und lasse entgegen der Auffassung der Klägerin keine Rückschlüsse auf die Sichtverhältnisse in der maßgeblichen Bauphase im Winter 1995/1996 zu. Ferner könne das fertig gestellte Bauwerk nicht mit der Erkennbarkeit eines 25 m hohen Krans gleichgestellt werden. Es sei einem Nachbarn zuzumuten, ein Vorhaben nach Kenntnisnahme der Baumaßnahme im Hinblick auf die nachbarliche Betroffenheit zu prüfen und sich über das Vorliegen von Beeinträchtigungen und ihre Qualität zu erkundigen. Gerade aufgrund einer möglichen Verschärfung der im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis angelegten Konfliktsituation zweier immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Betriebe hätten sich der Klägerin Erkundigungen aufdrängen müssen. Ansonsten könnten im Verfahren nach § 19 BImSchG erteilte Genehmigungen keine Bestandskraft erlangen, da für alle im Einwirkungsbereich Betroffenen eine eigene Widerspruchsfrist liefe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe nicht zu einer allgemeinen Belastung von Nachbarn im Umkreis von mehreren Kilometern, Nachforschungen über die bestehenden Genehmigungen anzustellen, denn das Verwaltungsgericht habe sich mit den konkreten Umständen des Einzelfalles auseinandergesetzt. Der Firma ... ... ... als Rechtsvorgängerin der Klägerin sei aus Anlass verschiedener Gespräche bei der Gemeinde ..., die sie im eigenen Interesse zum Erhalt einer direkten Betriebszufahrt geführt habe, bekannt gewesen, dass das Sprengstofflager der Beigeladenen zum Ausbau der Bundesstraße B ... verlegt werden müsse. Die Firma ... ... ... sei über die Vorgänge informiert gewesen, habe jedoch damals keine Notwendigkeit zum störungspräventiven Vorgehen gegen das Vorhaben der Beigeladenen gesehen; dieses Unterlassen müsse sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin zurechnen lassen. Unerheblich sei deshalb, dass die Klägerin ihre subjektive Betroffenheit durch die Genehmigung erst im Mai 2004 erkannt habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da die Genehmigung der Sprengstoffbunker nicht rechtswidrig erfolgt sei. In dem Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 sei in Abschnitt C auf den erforderlichen Schutzabstand hingewiesen worden. Eine Beeinträchtigung der Klägerin scheide ferner deswegen aus, weil ihr Grundstück seit jeher situationsvorbelastet durch die vormalige Sprengstofflageranlage im Gewann „... ...“ gewesen sei.
26 
Die Beigeladene beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren, wonach die Klägerin bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt Kenntnis von den Baumaßnahmen und der erteilten Genehmigung hätte haben müssen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Klägerin als Grundstückseigentümerin auch von einer etwa rechtswidrigen Genehmigung nicht subjektiv-rechtlich betroffen sei. In eigenen Rechten verletzt könne allenfalls die Firma ... GmbH als Rechtsnachfolgerin der Firma ... ... ... sein, da sie Inhaberin der entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zum Betrieb des Spanplattenwerkes sei. Im Übrigen müsse sich die Klägerin das Nichtstun ihrer Rechtsvorgängerin zurechnen lassen. Ferner habe die Gemeinde ... auf Initiative der Klägerin den bisher gültigen Bebauungsplan „...“ durch den neuen Bebauungsplan vom 20.05.2005 ersetzt, welcher unter Abschnitt C „Hinweise“ Schutzmaßnahmen gegen Explosivstoffe vorsehe. Durch diese Planänderung und Planaufhebung seien möglicherweise vorher bestehende schützenswerte Rechtspositionen der Klägerin unwirksam geworden, so dass der alte Bebauungsplan „...“ keine Auswirkungen auf das Ergebnis der gerichtlichen Prüfung entfalten könne. Im Übrigen scheide eine Beeinträchtigung der Klägerin als Grundstückseigentümerin durch die geltend gemachten Schutzabstände aus, da die Ausnutzbarkeit des Grundstücks nach Stellungnahme der sachkundigen Bundesanstalt für Materialforschung nicht eingeschränkt werde.
29 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten sowie eine Ausfertigung des Bebauungsplans „...“ und des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ der Gemeinde ... vor. Der Senat hat die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum ergänzenden Planfeststellungsverfahren über den vierspurigen Ausbau der B ... zwischen ... und dem Anschluss an die BAB 5 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
30 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 15.11.2011 einen Augenschein auf dem Grundstück der Klägerin und dem der Beigeladenen zur Klärung der Sichtbeziehungen eingenommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Anlage zur Niederschrift sowie ergänzend auf die gefertigten Lichtbilder verwiesen. Ferner hat der Senat in der weiteren mündlichen Verhandlung am 14.05.2012 den Bürgermeister der Gemeinde ..., Herrn ... ..., als Zeugen vernommen; wegen der dabei getätigten Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift über diese Sitzung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die von dem Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene Berufung der Klägerin ist innerhalb der bis zum 08.03.2010 verlängerten Frist begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 VwGO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat darüber hinaus in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.).
32 
1.1 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 nicht bereits deshalb in Bestandskraft erwachsen ist, weil erstmals am 11.05.2004 hiergegen Widerspruch eingelegt wurde und deshalb die Frist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt ist. Die streitgegenständliche Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG erteilt, so dass eine förmliche Zustellung gemäß § 10 Abs. 7 BImSchG an Dritte und eine anderweitige förmliche Bekanntgabe der Genehmigung durch die Behörde an die Klägerin unterblieben ist. Demzufolge wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht in Gang gesetzt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass im Jahre 1995 eine Bekanntgabe der Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erfolgte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Bekanntgabe einer Baugenehmigung - nichts anderes gilt für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung - an den Bauherrn als ihren Adressaten nicht zugleich die Rechtsbehelfsfristen auch für den Nachbarn als beteiligten Nichtadressaten in Lauf (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.02.1969 - IV C 82.66 - DVBl. 1969, 362; sowie Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294). Zu Recht weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 41 LVwVfG den Willen der Behörde voraussetzt, den Bescheid dem Bekanntgabeadressaten zur Kenntnis zu bringen; zufällige Kenntnisnahme, etwa der Nachbarn auf Grund Information seitens des Bauherrn, reicht regelmäßig nicht aus (vgl. hierzu Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., RdNr. 4 zu § 70 VwGO). Daher stellt auch das Schreiben der Gemeinde ... an die Klägerin vom 19.04.2004 keine Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dar.
33 
1.2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts führt auch der den Bestimmungen der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO zu entnehmende Rechtsgedanke hier nicht zur Bestandskraft der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
34 
1.2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich ein Nachbar, der sichere Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung erhalten hat oder diese Kenntnis hätte haben müssen, so behandeln lassen, als sei ihm die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung oder in dem Zeitpunkt, in dem er diese Kenntnis hätte erlangen müssen, amtlich bekannt gegeben worden. Von diesem Zeitpunkt an richtet sich die Widerspruchsfrist regelmäßig nach den Vorschriften der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie Urteil vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182). Die vom Bundesverwaltungsgericht ursprünglich für das Baurecht bei unmittelbar benachbarten Grundstücken entwickelten Grundsätze werden aus dem zwischen Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, hergeleitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.). Dieses verpflichtet den Nachbarn, durch zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen möglichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst gering zu halten; der Nachbar muss dieser Verpflichtung dadurch nachkommen, dass er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend macht, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er ohne zureichenden Grund mit seinen Einwendungen länger als notwendig zugewartet hat.
35 
Die Ableitung aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis bedingt, dass diese Grundsätze nicht nur für unmittelbar benachbarte Grundstücke anzuwenden sind (so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85). Entscheidend ist allein, dass die Grundstücke derart nahe beieinander liegen, dass von einem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis und aus Treu und Glauben ableitbaren Bindungen gesprochen werden kann. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Grundsätze für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gleichermaßen Geltung beanspruchen, da auch das Immissionsschutzrecht von einem Raumbezug geprägt ist und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 13 Satz 1 BImSchG im Rahmen der materiellen Konzentrationswirkung die Baugenehmigung ersetzt.
36 
Nach dem Rechtsgedanken der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO ist der Nachbar regelmäßig so zu behandeln, als ob ihm die Genehmigung ohne Rechtsbehelfsbelehrung amtlich bekannt gemacht worden wäre. Es läuft daher grundsätzlich eine Widerspruchsfrist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 87). Maßgeblich ist dabei nicht das Erkennen, sondern die Erkennbarkeit der Genehmigung bzw. der hierdurch verursachten Beeinträchtigung. Allein das Abstellen auf die Erkennbarkeit wird dem zwischen dem Bauherrn und dem Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis gerecht, das dem Nachbarn die Obliegenheit auferlegt, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten, und der er dadurch nachzukommen hat, dass er nach Kenntnisnahme ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend zu machen hat (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - juris).
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1.2.2 Zutreffend weist die Klägerin aber darauf hin, dass sich die Kenntnis bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beziehen muss, sondern es auf die Erkennbarkeit der spezifischen Risiken und Beeinträchtigungen für den Nachbarn ankommt. Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht in entscheidungstragender Weise unter Hinweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München (Urteil vom 06.10.2005 - M 11 K 04.2630 - juris) davon aus, dass allein auf die Kenntnisnahme bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Baugenehmigung abzustellen ist, unabhängig davon, ob der Nachbar seine nachteilige Beeinträchtigung bei Ausnutzung der Genehmigung erkannt hat oder diese hätte erkennen müssen. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut der herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, daneben aber auch aus den Ableitungszusammenhängen der oben dargestellten Rechtsprechung.
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So hebt das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 25.01.1974 (IV C 2.72 - a.a.O. - RdNr. 24 des Urteilsabdrucks bei juris) ausdrücklich auf ein Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen durch den Nachbarn ab. Gerade die Herleitung der Verpflichtung des Nachbarn aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis gebietet es, nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung, sondern auf für den Nachbarn erkennbare hierdurch ausgelöste negative Beeinträchtigungen abzustellen. Denn eine aus Treu und Glauben herzuleitende Verpflichtung des Nachbarn zu aktivem Tun kann lediglich dann bestehen, wenn ihm nicht nur die Tatsache der Erteilung der Genehmigung bekannt wird, sondern auch deren Umfang und Folgen für seine Rechte zumindest erkennbar sind. Dafür spricht auch das Leitbild des § 58 Abs. 2 VwGO, da dem Nachbarn im dort ausdrücklich geregelten Fall die Baugenehmigung wegen der erfolgten Bekanntgabe vorliegt, wenn auch ohne die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung. Fehl geht die vom Verwaltungsgericht angestellte Erwägung, dass der Nachbar bei Bekanntgabe der Genehmigung ebenfalls innerhalb der Jahresfrist Widerspruch einlegen muss, auch wenn er seine subjektive Beeinträchtigung daraus nicht erkennen kann. Das Verwaltungsgericht übersieht dabei, dass die Position des Nachbarn bei Bekanntgabe der Genehmigung deutlich besser als im hier in Rede stehenden Fall ist. Zum einen ist bereits die bloße förmliche Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mit einer gewissen Warnfunktion verbunden und gibt dem Mitteilungsempfänger Anlass, sich über eine hierdurch etwa ausgelöste nachteilige Betroffenheit zu informieren. Zum anderen kann - wie gerade auch der Inhalt der hier erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zeigt - der Nachbar aus der Begründung regelmäßig ohne großen Aufwand seine potentielle Beeinträchtigung unschwer erkennen.
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Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch nicht erforderlich, dass der Nachbar die negative Beeinträchtigung tatsächlich erkannt hat; es genügt ebenfalls das „Kennenmüssen“. Davon ist zum einen auszugehen, wenn sich das Vorliegen der Genehmigung (einschließlich der subjektiven Beeinträchtigung) aufdrängt. Ferner ist ausreichend, wenn es dem Nachbarn möglich und zumutbar war, sich über diese Umstände Gewissheit zu verschaffen, etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder der Behörde (vgl. näher Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Ergänzungslieferung April 2006, RdNr. 21 zu § 70 VwGO). Der Umfang der einem Nachbarn obliegenden Sorgfaltsanforderungen lässt sich dabei nicht abstrakt ermitteln. Insbesondere lässt sich ein Maßstab für die Ermittlungspflichten des Nachbarn nicht den Bestimmungen der §§ 58 Abs. 2, 70 VwGO entnehmen. Zwar läuft einerseits bei einer Bekanntgabe ohne Rechtsbehelfsbelehrung (d.h. bei Kenntnis von der Beeinträchtigung) eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr, während andererseits dem Nachbarn trotz fehlender Kenntnis von der subjektiven Beeinträchtigung ebenfalls eine Jahresfrist eingeräumt und zudem die Erkundigung und Ermittlung vorausgesetzt wird. Dies gebietet es jedoch nicht zwingend, die Anforderungen an die Ermittlungspflicht generell gering anzusetzen. Denn die Einjahresfrist markiert im Rechtsbehelfsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich - abgesehen von Unmöglichkeit der Rechtsbehelfseinlegung - eine absolute Grenze, vgl. §§ 58 Abs. 2, 60 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Somit kann dieser Zeitraum in jedem Fall sachgerecht auf Drittwidersprüche übertragen werden. Da die Verwaltungsgerichtsordnung den Fall des Nachbarwiderspruchs nicht regelt, muss es vielmehr maßgeblich auf die Herleitung der Rechtsgrundsätze aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ankommen. Daraus folgt, dass auf die Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen ist und sich der Umfang der Treuepflicht nach den jeweiligen rechtlichen und tatsächlichen Umständen richtet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - a.a.O.; sowie vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
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Wann ein Nachbar Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, hängt deshalb allein von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und ist aufgrund einer umfassenden Sachverhaltswürdigung zu beurteilen. Dabei ist maßgeblich auf die Sicht des Nachbarn abzuheben, lediglich untergeordnet kann auf die Interessen des Bauherrn abgestellt werden. Eine Ermittlungspflicht des Nachbarn besteht etwa, wenn sich eine Beeinträchtigung anhand des sichtbaren Baugeschehens aufdrängt. Ferner besteht eine Ermittlungspflicht, wenn eine Beeinträchtigung des Nachbarn aufgrund der Nutzung des eigenen Grundstücks wahrscheinlich ist. Je einfacher Informationen über das Bauvorhaben zugänglich sind, desto eher ist dem Nachbarn die Erkundigung zuzumuten. So hat die Rechtsprechung es teilweise ausreichen lassen, dass der Nachbar durch eine Mitteilung über die Erteilung der Baugenehmigung und den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten Kenntnis über einen möglichen Eingriff in die zu schützende Rechtspositionen erlangt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 - 4 C.89 - a.a.O.). Auch bei deutlich wahrnehmbaren Bauarbeiten solle es Anlass geben, der Frage nach der eigenen Beeinträchtigung nachzugehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - a.a.O; ebenso OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - LKV 2001, 466).
41 
1.2.3 Entgegen der Auffassung der Berufung ist für den Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, außer der Untätigkeit des Nachbarn kein weiteres besonderes Umstandsmoment auf der Seite des Bauherrn erforderlich; unerheblich ist mithin, ob der Bauherr ein entsprechendes Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung entwickelt hat und dieses schutzwürdig ist. Hierfür spricht bereits, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - anders als in der Kommentarliteratur häufig behauptet - streng zwischen dem Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, durch Fristablauf entsprechend den sich aus §§ 58, 70 VwGO ergebenden Grundsätzen auf der einen Seite und der Verwirkung des Widerspruchsrechts oder gar des materiellen Abwehranspruchs auf der andern Seite unterscheidet (so ausdrücklich bereits BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; ferner Beschluss vom 18.03.1988 - 4 B 50.88 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 77; Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
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Der Verlust des verfahrensmäßigen Rechts aufgrund von Zeitablauf und die Verwirkung des Widerspruchsrechts führen zwar zur gleichen Rechtsfolge (nämlich der Unzulässigkeit des Widerspruchs), auch wird sich ihr Anwendungsbereich häufig überschneiden. Die Rechtsinstitute stehen jedoch in unterschiedlichen Ableitungszusammenhängen und haben unterschiedliche Voraussetzungen. So kommt eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach den Umständen des Einzelfalles auch bereits vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Betracht; eine Verwirkung hat jedoch zusätzlich zur Voraussetzung, dass der Genehmigungsempfänger aus aktivem Tun des Nachbarn oder einer ihm gleichzusetzenden Duldung auf dessen Einverständnis schließen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Klägerin können diese vom Bundesverwaltungsgericht für die Verwirkung aufgestellten zusätzlichen Anforderungen an die Vertrauensbetätigung des Bauherrn nicht auf die hier in Rede stehende Problematik der entsprechenden Anwendung von §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO übertragen werden. Gegenteiliges kann insbesondere nicht dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.1991 (4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182) entnommen werden; die von der Klägerin herangezogenen Passagen des Urteils beziehen sich nach ihrer systematischen Stellung eindeutig auf die Verwirkung des materiellen nachbarlichen Abwehrrechts. Die Auffassung der Klägerin beruht auf einer Vermischung der Voraussetzungen für Verlust des Widerspruchsrechts allein aufgrund von Zeitablauf in entsprechender Anwendung von §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO und den Voraussetzungen für eine Verwirkung entweder des verfahrensmäßigen Widerspruchsrechts oder des nachbarlichen Abwehranspruchs. Sie hätte darüber hinaus zur Folge, dass es kaum jemals zum Verlust des Widerspruchsrechts des Nachbarn kommen könnte. Denn die Berufung will dem Nachbarn in entsprechender Anwendung von § 58 Abs. 2 VwGO eine Widerspruchsmöglichkeit binnen Jahresfrist ab Erkennbarkeit der Baumaßnahmen einräumen und fordert darüber hinaus, dass der Bauherr gerade aufgrund der Untätigkeit des Nachbarn ein entsprechendes Vertrauen in den Bestand der Baugenehmigung entwickelt und auch betätigt hat, mithin die Untätigkeit des Nachbarn kausal für den Baufortschritt sein muss. Wie jedoch der vorliegende Fall zeigt, kann binnen eines Jahres auch ein umfangreiches Bauvorhaben fertiggestellt sein.
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1.2.4 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Widerspruch der Klägerin nicht verfristet. Es steht aufgrund der durchgeführten Beweiserhebungen durch Einnahme eines Augenscheins sowie durch Zeugenvernehmung des Bürgermeisters der Gemeinde ... fest, dass die Klägerin erstmals im April 2004 Kenntnis von der Beeinträchtigung durch das genehmigte Sprengstofflager erlangt hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen musste die Klägerin auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im oben dargestellten Sinne nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der erteilten Genehmigung und der durch ihre Ausnutzung eintretenden Beeinträchtigungen erlangen.
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1.2.4.1 Fehl geht die Auffassung der Beigeladenen, dass die Klägerin bereits vor Beginn der Baumaßnahmen im Jahre 1995 Kenntnis von der geplanten Errichtung der Bunkeranlage erlangt habe bzw. hätte erlangen müssen. Wie oben näher dargestellt, setzt die zeitliche Beschränkung des Widerspruchsrechts nach § 70 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO ebenso wie die verfahrensrechtliche Verwirkung voraus, dass zuvor eine Genehmigung erteilt worden ist. Die maßgebliche Jahresfrist kann deshalb erst mit Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 10.08.1995 zu laufen beginnen. Die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage einer Kenntniserlangung der Klägerin bereits im Jahre 1993 unter Hinweis auf einen Aktenvermerk des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.09.1993 stellt sich deshalb nicht. Im Übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sich diesem Aktenvermerk (Anlage A 9 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 31.08.2005 im Widerspruchsverfahren) keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass Vertreter oder Mitarbeiter der Klägerin an der maßgeblichen Besprechung teilgenommen haben. Aus zeitlichen Gründen kann auch nicht auf die Veröffentlichung im gemeinsamen Mitteilungsblatt der Gemeinden ... und ... vom 16.06.1995 abgehoben werden, in der unter Ziff. 13 auf eine Sitzung des Technischen Ausschusses in ... zur Behandlung eines Antrags auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung eines Sprengstoffbunkers auf den maßgeblichen Flurstücken ... und ... im Gewann ... hingewiesen wurde. Auch diese Sitzung fand zu einem Zeitpunkt statt, als die Genehmigung noch nicht erteilt war und noch nicht über die Genehmigungsvoraussetzungen entschieden worden ist. Allenfalls bot diese amtliche Mitteilung im Zusammenhang mit weiteren tatsächlichen Gesichtspunkten Anlass, sich bei der veröffentlichenden Gemeinde oder der zuständigen Immissionsschutzbehörde über den weiteren Verlauf des Verfahrens und eine etwa in der Erteilung befindliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erkundigen (vgl. zur Relevanz von Pressemitteilungen auch OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - a.a.O.). Dies setzt jedoch voraus, dass die Klägerin aufgrund tatsächlicher Wahrnehmung von Baumaßnahmen Anlass gehabt hätte, weitergehende Erkundigungen zu einer etwa erteilten Genehmigung und deren Umfang anzustellen.
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1.2.4.2 Aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin auch nicht mit Baubeginn des Bunkers im November 1995 von der erteilten Genehmigung und deren Auswirkungen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Bei der nach dem oben Gesagten anzustellenden umfassenden Sachverhaltswürdigung ist aus der Sphäre des Bauherrn in erster Linie die Wahrnehmbarkeit des Baugeschehens zu berücksichtigen. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft; sie sind durch die B ... und eine Ansammlung von Laubbäumen voneinander getrennt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung am 15.11.2011 durchgeführten Augenscheins steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bereits zu Beginn der Baumaßnahmen in der 48. Kalenderwoche des Jahres 1995 nur eine sehr eingeschränkte Sichtverbindung zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Baugrundstück der Beigeladenen bestand, so dass die eigentlichen Baumaßnahmen und der Baufortschritt nicht zu erkennen waren. Wie im Termin am 15.11.2011 festgestellt und zwischen den Beteiligten im Einzelnen nicht mehr umstritten, bestand von der Geländeoberfläche des Grundstücks der Klägerin zum Zeitpunkt des Augenscheins keine Sichtbeziehung zum auf dem Grundstück der Beigeladenen errichteten Sprengstoffbunker. Selbst in direkter Blickrichtung vom Betriebsgelände der Klägerin in Richtung Westen war der Sprengstoffbunker nicht zu sehen, da die dazwischenliegenden Grundstücke jenseits der Bundesstraße mit hochstämmigen Streuobstbäumen sowie mit Büschen bepflanzt sind; die Streuobstbäume und Büsche waren zu diesem Zeitpunkt nur noch gering belaubt. Diese Sichtbeziehungen waren auch zum maßgeblichen Zeitpunkt im November 1995 nicht wesentlich anders. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Streuobstbäume zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihre heutige Höhe erreicht haben dürften. Angesichts des Alters dieser Bäume von mehreren Jahrzehnten kann jedoch von ähnlichen Sichtverhältnissen ausgegangen werden, zumal die Sichtbeeinträchtigung bereits durch die Vielzahl der Baumstämme und nicht durch die konkrete Höhe der Bäume bedingt war. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bundesstraße ... in ihrer heutigen Gestalt erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt im Jahre 1995 fertiggestellt wurde. Zum einen ist die erst später vierspurig ausgebaute Bundesstraße auch im Herbst 1995 bereits in Dammlage verlaufen. Dies lässt sich etwa den vom Regierungspräsidium im Widerspruchsverfahren eingeholten Querschnitten der Straßenbauverwaltung und den vom Senat beigezogenen Planfeststellungsakten entnehmen. Im Übrigen lässt sich die damalige Straßenführung auch anhand des von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 21.11.2005 vorgelegten Lichtbildes Nr. 4 nachvollziehen. Unabhängig hiervon ist die konkrete Trassenlage der B ... und die Frage einer Führung in Dammlage für die Sichtbeziehungen nicht erheblich, da der Sprengstoffbunker bei dem Augenschein selbst von dem Höhenniveau der Bundesstraße aus nicht zu erkennen war.
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Aufgrund des bei dem Augenschein gewonnenen Eindruckes und der von der Beigeladenen vorgelegten Lichtbilder steht deshalb fest, dass während der einjährigen Bauphase im wesentlichen lediglich der auf dem Grundstück der Beigeladenen aufstehende Kran zu sehen gewesen ist. Ferner spricht vieles dafür, dass vom Grundstück der Klägerin aus der Anfahrtsverkehr zur Baustelle, insbesondere die Anlieferung von Beton, wahrnehmbar war. Wie die Beigeladene unwidersprochen vorträgt, wurden auf dem dem Grundstück der Klägerin zugewandten ... Weg insgesamt 130 Fahrten mit Betonmischfahrzeugen abgewickelt; diese dürften vom Grundstück der Klägerin aus - wenn auch nur eingeschränkt - wahrnehmbar gewesen sein. Diese während der Bauphase bestehenden Beobachtungsmöglichkeiten führen entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde und der Beigeladenen nicht dazu, von einer fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin auszugehen. Zum einen ist die Anstoßwirkung dieser Maßnahmen hier aufgrund der konkreten topographischen Verhältnisse bereits deshalb erheblich reduziert, weil vom Grundstück der Klägerin aus gesehen nicht auszuschließen war, dass der Kran und der Baustellenverkehr von einer etwaigen Baustelle im südwestlich gelegenen Industriegebiet von ... herrührten. Zum anderen lassen sich aus den genannten Umständen nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung der Klägerin entnehmen. Die Masse des angelieferten Betons und die einjährige Benutzung eines üblichen Baukrans deuten allerdings auf ein ungewöhnlich großes Bauvorhaben hin. Da sich das Baugrundstück zudem im Außenbereich befindet, war es aus Sicht des Nachbarn naheliegend, dass ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 BauGB mit potenziell weitgehenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft errichtet wird. All diese Umstände geboten jedoch auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt für die Klägerin nicht den Schluss, dass ein immissionsschutzrechtlich genehmigter Sprengstoffbunker mit mehreren 100 Meter weit reichenden Abstandserfordernissen errichtet wurde. Je weniger ein Vorhaben dem üblichen Erwartungshorizont entspricht, d.h. je exotischer der verfolgte Nutzungszweck ist und je ungewöhnlicher das Ausmaß der Abstandsanforderungen an die Nachbarschaft sind, um so höher sind die Anforderungen an die Annahme anzusetzen, der von dem Vorhaben Betroffene müsste sich gleichwohl von sich aus die Kenntnis von der Natur des Vorhabens verschaffen. Von daher liegt es ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit der Genehmigungserteilung im vereinfachten Verfahren im wohlverstandenen eigenen Interesse der Genehmigungsbehörde und des Vorhabenträgers zur Vermeidung etwaiger - wie hier - erst viel später auftretender Konflikte um die Bestandskraft der Genehmigung jedenfalls die erkennbar unmittelbar betroffene Nachbarschaft über das Vorhaben zu informieren. Dem entspricht auf Seiten der Nachbarschaft eine gewisse berechtigte Erwartung einer wenigstens formlosen Unterrichtung über ein solches Vorhaben. Deshalb durfte die Klägerin gerade auch aufgrund des Umstandes, dass sie im Genehmigungsverfahren weder förmlich beteiligt noch angehört wurde, davon ausgehen, dass etwa wahrgenommene Baumaßnahmen sie nicht in eigenen Belangen tangieren können.
47 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Errichtung des Sprengstoffbunkers jedenfalls von den höher gelegenen Betriebseinrichtungen auf dem Grundstück der Klägerin zu erkennen gewesen sein dürfte. Zum Zeitpunkt der Augenscheinseinnahme im Jahre 2011 war der Bunker ab einem Höhenniveau von etwa 15 m zu erkennen; zur Zeit der Errichtung dürfte die Erkennbarkeit eher noch besser gewesen sein. Zwar bestand nach dem Vortrag der Klägerin eine vergleichbare Möglichkeit zur Begehung von Betriebseinrichtungen auch bereits im Jahre 1995. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin, der mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang steht, werden derartige hochgelegenen Betriebseinrichtungen jedoch lediglich in größeren Intervallen von untergeordnetem technischen Personal betreten, woraus keine Erkenntnismöglichkeit für die maßgeblichen Bediensteten und insbesondere die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin hergeleitet werden kann.
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1.2.4.3 Aus ähnlichen Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin auch nicht mit Beginn des Betriebs des Sprengstofflagers im Herbst 1996 Kenntnis von der Genehmigung erlangt hat bzw. diese hätte erlangen müssen. Zwar wurden die Aufschüttungen der Bunkerwände erst im November 1996 besät, so dass bei Aufnahme des Betriebs die später gewachsene Begrünung die Sicht auf den Bunker wohl noch nicht verdeckt haben dürfte und die hellen Bunkerwände deutlicher als zum Zeitpunkt des Augenscheins in Erscheinung getreten sind. Zudem liefern nach dem Vortrag der Beigeladenen rote bzw. orangefarbene Lastwagen die eingelagerten Sprengstoffe mit jährlich ca. 200 An- und Abfahrten an. Da aber die vorhandenen Bauten maximal eine Höhe von ca. 5 m erreichen, sind die Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung von Rechtsgütern Dritter aus Sicht der Klägerin geringer als während der Bauphase. Auch verläuft der für die An- und Abfahrten genutzte ... Weg vom Grundstück der Klägerin aus gesehen weitgehend verdeckt durch die Bäume der Streuobstwiese bzw. durch die in Dammlage geführte B ... Daraus folgt, dass für den Betrieb des Sprengstofflagers erst recht nicht von der Kenntnis der Klägerin ausgegangen werden kann, wenn das Kennenmüssen für die Bauphase wie oben verneint wird.
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1.2.4.4 Zu Unrecht geht die Beigeladene davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung im Planfeststellungsverfahren zur Erweiterung der B ... Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. dem Sprengstofflager erlangt hat. Den vom Senat beigezogenen Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum ergänzenden Planfeststellungsverfahren über den vierspurigen Ausbau der B ... zwischen ... und dem Anschluss an die BAB 5 lassen sich keinerlei Anhaltspunkte für die Behauptung der Beigeladenen entnehmen, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang Kenntnis von dem neuen Standort des Bunkers erlangt haben könnte. Ausweislich der Planfeststellungsakten kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin aktiv am Verfahren beteiligt oder Einsicht in die entsprechenden Unterlagen genommen hat. Im Übrigen lässt sich den Planfeststellungsakten lediglich entnehmen, dass die neu geplante Trassenführung Flächen des ursprünglichen Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ in Anspruch nimmt, ohne dass freilich in den Vorgängen der ins Auge gefasste neue Standort des Bunkers erwähnt wird. Weitergehende Anhaltspunkte für eine Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... ließen sich auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2012 durchgeführte Befragung des Bürgermeisters der Gemeinde ..., Herrn ... ..., als Zeugen gewinnen. Vielmehr ließ sich der Zeuge in jeder Hinsicht glaubhaft und nachvollziehbar dahingehend ein, dass er im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... zwar mehrfach Gespräche mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der Klägerin geführt habe. Im Mittelpunkt dieser Gespräche habe jedoch das von der Gemeinde verfolgte Anliegen gestanden, eine neue Nordzufahrt zu dem Grundstück der Klägerin zu schaffen, wogegen die Klägerin vor allem aus erschließungsbeitragsrechtlichen Gründen Einwände erhoben habe. Zwar habe er in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Verlegung des bestehenden Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ am Rande hingewiesen; er könne jedoch mit hoher Sicherheit ausschließen, dass er gegenüber Organen oder Mitarbeitern der Klägerin den Zielstandort erwähnt habe. Ebenso führte der Zeuge überzeugend aus, dass in der öffentlichen Diskussion in ... zum fraglichen Zeitpunkt die Verlegung des Sprengstoffbunkers keine bedeutende Rolle gespielt habe, nicht zuletzt in Anbetracht wesentlich öffentlichkeitswirksamerer raum- und umweltbezogener Vorhabenplanungen.
50 
1.2.4.5 Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Organe bzw. Mitarbeiter der Klägerin oder der Firma ... ... ... aufgrund der Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Gemeinde ... vom 04.11.1996 Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erlangt haben. Den vorliegenden Behördenakten lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass im Rahmen der Verhandlungen zum Abschluss dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags das in der Vergangenheit genehmigte Sprengstofflager eine Rolle gespielt hat. Dies wurde durch die Zeugenvernehmung des Bürgermeisters ... in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Zeuge hat sich auch in diesem Zusammenhang glaubhaft dahingehend eingelassen, dass er gegenüber Organen und Mitarbeitern der Firma ... ... ... lediglich auf die Notwendigkeit einer Verlegung des Sprengstofflagers hingewiesen, nicht aber dessen neuen Standort thematisiert habe. Im Übrigen hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der diese bereits damals bei den Vertragsverhandlungen vertreten hat, versichert, dass ihm gegenüber die Existenz der Genehmigungen nicht erwähnt worden sei. Diese Versicherung des Prozessbevollmächtigten steht dabei nicht im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen ..., da dieser glaubhaft angegeben hat, dass der Prozessbevollmächtigte an den ersten Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht beteiligt gewesen sei. Da der Senat von der Richtigkeit der Erklärungen des Prozessbevollmächtigten überzeugt ist, war dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Antrag auf Zeugenvernehmung nicht mehr nachzugehen.
51 
1.2.4.6 Auch kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin aufgrund ihrer Mitwirkung im Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ sowie über die parallele Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015 ... ... ... im Jahre 2001 von dem Sprengstofflager und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.08.1995 Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Insbesondere das von der Beigeladenen erwähnte Einwendungsschreiben und das Schreiben der IHK vom 12.11.2001 sind nicht an die Klägerin, sondern an die Stadt ... bzw. an die Firma ... ... ... gerichtet. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt von diesen Schreiben Kenntnis erlangt hat. Auch die Beigeladene legt nicht näher dar, dass der Klägerin diese Schreiben zugegangen sein könnten oder sie im Bebauungsplanverfahren anderweitige Kenntnis von der erteilten Genehmigung für den Sprengstoffbunker erlangt hat. Die von der Beigeladenen erwähnte abstrakt bestehende Möglichkeit, Einsicht in die Bebauungsplanakten zu nehmen und dadurch Kenntnis von der Baugenehmigung erhalten zu können, begründet noch keine entsprechende Nachforschungspflicht.
52 
Wie sich einem in der Widerspruchsakte befindlichen Schreiben der Firma ... GmbH vom 12.11.2001 entnehmen lässt, hat ein Mitarbeiter dieser Firma sich im Zuge des Flächennutzungsplanänderungsverfahrens beteiligt und auf ein am 06.11.2001 stattgefundenes Gespräch mit dem Bürgermeister der Gemeinde ... Bezug genommen. Die dabei von den Vertretern der Firma ... unterbreiteten konkreten Änderungsvorschläge bzw. Nachfragen zum Bebauungsplan deuten darauf hin, dass diese die Planunterlagen eingesehen und sich eingehend mit ihnen auseinandergesetzt haben. Dem Anschreiben lassen sich indes keinerlei Anhaltspunkte entnehmen, dass die Mitarbeiter der Firma ... dabei einen Hinweis auf die Existenz des bestehenden Bunkers und die erteilte Genehmigung erlangt haben. In Übereinstimmung hiermit hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, im Zuge des Bebauungsplanänderungsverfahrens in ständigem Kontakt mit Mitarbeitern der Firma ... bzw. der Klägerin gestanden zu haben; dabei seien die Belange der Klägerin auch anhand von Planauszügen erörtert worden. Auf entsprechende Nachfrage konnte der Zeuge ... jedoch bestätigen, dass Mitarbeiter der Klägerin bzw. der Firma ... oder deren Rechtsvorgängerin nicht Einsicht in die vollständigen Planunterlagen auf der Gemeindeverwaltung genommen haben.
53 
Nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweiserhebungen ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen - erstmals im April 2004 Kenntnis von der erteilten Genehmigung des Sprengstofflagers und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen erlangt hat. Der am 11.05.2004 gegen die Genehmigung eingelegte Widerspruch ist nach dem oben Gesagten rechtzeitig erfolgt, da er die Jahresfrist des §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO wahrt.
54 
1.3 Aus diesen Darlegungen folgt zugleich, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Klägerin ihr verfahrensmäßiges Recht zur Widerspruchseinlegung nicht verwirkt hat. Denn die Verwirkung dieses verfahrensmäßigen Rechts setzt jedenfalls die Erkennbarkeit der Baumaßnahmen voraus. Daneben muss nach dem oben Gesagten ein entsprechendes Umstandsmoment auf der Seite der Beigeladenen bestehen, das die verspätete Wahrnehmung des Rechts als Verstoß gegen Treue und Glauben erscheinen lässt. Letzteres bedarf hier keiner weiteren Klärung, da es bereits an der entsprechenden Erkennbarkeit der Baumaßnahmen und der dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen für die Klägerin fehlt.
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1.4 Entgegen der Annahme der Beigeladenen fehlt der Klägerin nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.
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Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist erforderlich, dass eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten geltend gemacht wird. Die erteilte Genehmigung muss gegen eine Norm verstoßen, die zumindest auch rechtliche Interessen der Klägerin zu schützen bestimmt ist. Ausreichend ist dabei, wenn die Verletzung der drittschützenden Norm durch den angefochtenen Verwaltungsakt möglich erscheint. Die Pflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist nach ständiger Rechtsprechung für Nachbarn drittschützend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.09.1988 - 4 N 1/87 - BVerwGE 80, 184; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 5 BImSchG RdNr. 87 f.). Deren Belange müssen in einer allgemeinen Güterabwägung bei Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist, wer sich im Einwirkungsbereich der Anlage, d.h. in einem Bereich, in dem die Immissionen nach Art und Umfang einzelne Personen hervorgehoben treffen können, ständig aufhält oder Rechte an dort befindlichen Sachen inne hat (BVerwG, Urteil vom 22.10.1982 - 7 C 50.78 - NJW 1983, 1507). Der wegen der Sprengstofflager einzuhaltende Schutzabstand zu Wohngebäuden bzw. zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden überschneidet sich zum Teil mit dem Grundstücksbereich der Klägerin, auf dem bauplanungsrechtlich eine Nutzung als Sondergebiet festgesetzt ist. Bei dieser Betrachtung ist es nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin danach grundsätzlich zur Überbauung des gesamten Grundstücks berechtigt wäre.
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Fehl geht der Einwand der Beigeladenen, wonach die Klägerin als Grundstückseigentümerin nicht klagebefugt sei, sondern allenfalls sich die Firma ... ... ... als Inhaberin der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in einer wehrfähigen Rechtsposition befinde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Bauplanungsrecht wie auch im Immissionsschutzrecht grundsätzlich der Eigentümer klagebefugt, soweit er sich auf drittschützende Normen berufen kann. Unerheblich ist deshalb in diesem Zusammenhang, ob darüber hinaus auch die Firma ... als Rechtsnachfolgerin der Firma ... ... ... als Inhaberin einer möglicherweise verletzten anderweitigen Genehmigung klagebefugt ist (vgl. zu diesem Problemkreis m.w.N. Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, a.a.O., RdNr. 121 zu § 42 VwGO). Nicht zu folgen vermag der Senat auch der von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren geäußerten Auffassung, dass die Klägerin aufgrund der Vorbelastung ihres Grundstücks durch die im Jahre 1953 bzw. 1958 erteilten Genehmigungen für den Vorgängersprengstoffbunker im Gewann „... ...“ in der Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke der Gestalt eingeschränkt sei, dass eine eigene Rechtsverletzung auszuschließen ist. An die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO sind nach ständiger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215; Happ in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 93 zu § 42 VwGO - m.w.N.). Davon kann angesichts der komplexen Problematik der Auswirkungen einer etwa bestehenden Vorbelastung aufgrund der in den 60iger Jahren genehmigten Altanlage keine Rede sein.
58 
1.5 Der Klägerin steht auch das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse für die erhobene Anfechtungsklage gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu, obwohl der Betrieb des Spanplattenwerkes im Jahre 2010 eingestellt wurde. Zum einen lässt die Einstellung des Betriebs den Bestand der für die Spanplattenfabrik erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unberührt. Denn diese erlischt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann, wenn die Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wurde. Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind die Klägerin bzw. die Firma ... GmbH deshalb noch in der Lage, von der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Gebrauch zu machen. Zum anderen ergibt sich das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin aus den Festsetzungen des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“, der für die von dem Sicherheitsabstand überdeckten Flächen eine bauplanungsgemäße Nutzung ermöglicht. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt indes nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1). Danach hat die Klägerin hier ein schutzwürdiges Interesse an der verfolgten Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Sprengstoffbunker unabhängig davon, ob das genehmigte Spanplattenwerk derzeit betrieben wird.
59 
Nach alldem ist die Klage entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig.
60 
2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts ... vom 10.08.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens der letzten Behördenentscheidung (dazu unter 2.1). Zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, nicht nach speziellerem Sprengstoffrecht (dazu unter 2.2). Die erteilte Genehmigung für das Sprengstofflager steht mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 4 BImSchG und den in diesem Zusammenhang zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang (dazu unter 2.3). Schließlich ist der materiell-rechtliche Abwehranspruch der Klägerin gegen das Vorhaben nicht verwirkt (dazu unter 2.4).
61 
2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Erlass der letzten Behördenentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006.
62 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Im Zweifel ist bei Anfechtungsklagen der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich (im Grundsatz ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 - 3 C 6.99 - DVBl. 2000, 1614). Diese Grundsätze sind insbesondere auch bei der hier in Rede stehenden Drittanfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung maßgeblich. Entgegen einer in der verwaltungsprozessualen Literatur weithin vertretenen Auffassung (vgl. so etwa Jörg Schmidt in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 58 zu § 113 VwGO) können die für nachteilige Veränderungen der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen entwickelten Grundsätze nicht auf immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklagen übertragen werden. Maßgeblich für die Beurteilung der Baunachbarklage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung unter Ausschluss der Berücksichtigung späterer Änderungen zu Gunsten des Nachbarn, selbst vor Ergehen des Widerspruchsbescheides (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 08.11.2010 - 4 B 43.10 - BauR 2011, 499 - m.w.N.). Angesichts der andersartigen Funktion des Immissionsschutzrechts gegenüber dem Baugenehmigungsverfahren sind diese baurechtlichen Grundsätze auf das Immissionsschutzrecht nicht übertragbar (vgl. etwa VG Gießen, Urteil vom 23.07.1999 - 8 E 1215.98 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2011 - OVG 10 N 39.08 - juris; ähnlich BVerwG, Beschluss vom 10.01.1991 - 7 B 102.90 - NVwZ-RR 1991, 236). Dem Immissionsschutzrecht ist die Abwehr qualitativ andersartiger und schwerer wiegender Gefahrenlagen als im Baurecht eigen. Zudem werden in § 5 BImSchG dynamische Grundpflichten statuiert, die dem Ziel dienen, den Anlagenbetreiber nicht auf die Pflichten zu beschränken, die er im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung hatte. Ferner gibt es im Immissionsschutzrecht - im Gegensatz zum Baurecht - keinen Grundsatz dahingehend, dass einem Antragsteller eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderung im Allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.05.1982 - 7 C 42.80 - BVerwGE 65, 313). Die baurechtlichen Grundsätze können daher auch dann nicht auf das Immissionsschutzrecht übertragen werden, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit einer Anlage - wie hier - vornehmlich an baurechtlichen Normen zu prüfen ist. Abzustellen ist deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006, ohne dass danach zu differenzieren ist, ob etwaige Rechtsänderungen zu Ungunsten der Beigeladenen eingetreten sind. Dies hat insbesondere zur Konsequenz, dass nachfolgend auch das Inkrafttreten des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 zu berücksichtigen ist.
63 
2.2 Zum nach dem oben Gesagten maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums am 02.08.2006 richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeineren Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. Ziff. 9.35 - Spalte 2 - des Anhangs zur 4. BImSchV, nicht nach der spezielleren Norm des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG (in der Fassung vom 15.06.2005, BGBl. I S. 1626). Das Verhältnis zwischen der immissionsschutzrechtlichen und der sprengstoffrechtlichen Genehmigung regelt § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG a.F. nur partiell. Danach ist die sprengstoffrechtliche Genehmigung für solche Sprengstofflager subsidiär, die Bestandteil einer Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind. Es handelt sich vorliegend indes um ein selbständiges Lager und nicht um Bestandteile einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist die ungeregelte Kollision der Genehmigungsverfahren nicht entsprechend der konkurrierende Planfeststellungserfordernisse regelnden Bestimmung des § 78 Abs. 2 LVwVfG zu lösen. Danach ist die Genehmigung mit dem weitesten Prüfungsumfang vorrangig (vgl. etwa Odendahl, NVwZ 2002, 686, 687; offengelassen etwa von OVG Berlin, Beschluss vom 20.10.2000 - 2 S 9.00 - juris). Richtigerweise muss § 17 Abs. 1 Satz 3 BImSchG erst recht gelten, wenn das Lager selbst immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist (so etwa auch Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 13 RdNr. 6 a). Der Zuständigkeitsabgrenzung in § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass die Prüfung sprengstoffrechtlicher Gefährdungen durch die umfassendere Prüfung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens besser erfasst wird. Dieser Auffassung entspricht auch die novellierte Fassung von § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG mit Wirkung zum 01.03.2010 (Gesetz vom 11.08.2009, BGBl. I, S. 2723). Die Änderung ist ausweislich der Gesetzesmaterialien als bloße Klarstellung zu verstehen (Gesetzentwurf zur Bereinigung des Bundesrechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt - RGU - BT-Drs. 16/12277, S. 11). Somit ist dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 4 BImSchG Priorität einzuräumen.
64 
2.3 Die Voraussetzungen für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 4 BImSchG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Zwar war das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG zulässig, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. c i.V.m. Nr. 9.35 Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV sowie § 3 b Abs. 1 UVPG, Ziff. 10.1 und 10.2 Anhang I). Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen lagen indes nicht vor. Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch in Folge der Konzentrationswirkung des § 13 Satz 1 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Sprengstoffgesetzes (dazu unter 2.3.1) und des Baugesetzbuchs (dazu unter 2.3.2).
65 
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss sichergestellt sein, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG müssen genehmigungsbedürftige Anlagen so errichtet und betrieben werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Aus dem Begriff der Erheblichkeit folgt, dass unzumutbare Beeinträchtigungen vermieden werden sollen. Es ist eine Abwägung von Rechtsgütern des Anlagenbetreibers einerseits und der Nachbarschaft andererseits vorzunehmen. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist, soweit er die „Nachbarschaft“ vor schädlichen Umwelteinwirkungen schützt, daher eine spezielle gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Folglich entspricht der Schutz des Nachbarn durch Bauplanungsrecht dem durch die immissionsschutzrechtlichen Normen vermittelten Schutz (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Soweit sich ein Nachbar auf sprengstoffrechtliche Vorschriften berufen kann, ist dies in gleicher Weise im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu beachten. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Regelungen des Baugesetzbuchs oder Sprengstoffgesetzes bedingt folglich zugleich einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
66 
2.3.1 Die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt bei isolierter Betrachtung nicht gegen die Anforderungen des Sprengstoffgesetzes.
67 
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 SprengG ist eine sprengstoffrechtliche Genehmigung zu versagen, wenn keine Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter Beschäftigter oder Dritter, insbesondere durch die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Maßnahmen, getroffen werden. Was in Bezug auf die Aufbewahrung von explosionsgefährdeten Stoffen Stand der Technik ist, wird nach § 6 Abs. 2 SprengG durch den Anhang zu § 2 der 2. SprengV (i.d.F. der Bekanntmachung vom 10.09.2002, BGBl. I, S. 3543) bestimmt, vgl. §§ 1, 2 Abs. 1 SprengV.
68 
Welche - für den Nachbarschutz relevanten - Schutzabstände einzuhalten sind, regelt Ziff. 2.2.2 Absatz 1 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV. Für Abstände zu Wohnbereichen und Verkehrswegen verweist die Vorschrift auf die Anlage 1 zum Anhang. Gemäß Ziff. 1.12 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV stehen Gebäude und Anlagen mit Räumen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt und geeignet sind, bewohnten Gebäuden gleich. Gemäß Ziff. 2.1 der Anlage 1 zum Anhang ist für die Lagergruppe 1.1 betreffend der Abstände zu Wohneinheiten die Formel E = 22 x M1/3 und zu Verkehrswegen die Formel E = 15 x M1/3 einzuhalten. E bezeichnet den kürzesten Abstand in Meter, M die Lagermenge in Kilogramm. Nach der ursprünglich erteilten Genehmigung dürfen in den Lagerbunkern jeweils 25 t Explosivstoffe und Gegenstände mit Explosivstoffen der Lagergruppen 1.1, 1.3 und 1.4 eingelagert werden. Da die Lagergruppe 1.1 von den genannten den größten Sicherheitsabstand erfordert, ist gemäß Ziff. 2.2.2 Abs. 4 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV die Formel für diese auf die Gesamtmasse anzuwenden. Somit ist ein Sicherheitsabstand von 643,28 m (Abstand zu Wohngebäuden) und von 438,6 m (Abstand zu Verkehrsflächen) einzuhalten.
69 
Jedoch hat die Immissionsschutzbehörde eine Ausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der 2. SprengV (a.F.) in der Genehmigung des Vorhabens zugelassen. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde auf schriftlichen Antrag Ausnahmen von den Vorschriften des Anhangs zu dieser Verordnung zulassen, wenn eine andere, ebenso wirksame Maßnahme getroffen wird. Aus der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 05.10.2005 sowie der ergänzenden Auskunft vom 24.01.2007 ergibt sich, dass Grundlage der oben genannten Formel die Annahme ist, die Druckwelle bei einer etwaigen Explosion werde sich gleichmäßig ausbreiten. Durch Seiten- und Rückwände aus Stahlbeton oder eine Erdüberschüttung der Bunker ließen sich jedoch die Auswirkungen einer Detonation vermindern. Da diese Ausführung aber nicht bei der Bemessung des gesetzlichen Schutzabstandes herangezogen wurde, könne die Formel K = 13,5 x M1/3 angewendet werden. Daraus ergibt sich ein Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden. Auf diese Formel stützt sich bereits das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.04.1995 (S. 5); zugleich wurde zu Verkehrswegen mit dem Faktor 9,2 ein Schutzabstand von 269 m errechnet. Dass die Genehmigungsbehörde sich zunächst auf § 3 Abs. 2 der 2. SprengV ( a.F.) berufen hatte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin unschädlich. Denn das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung wurde ausdrücklich zum Bestandteil der Genehmigung gemacht. Diesem Gutachten lag aber bereits die genannte Formel mit einem Faktor von 13,5 zugrunde, so dass der Genehmigung die notwendigen Erwägungen für die Gestattung einer Ausnahme zugrunde liegen. Dadurch sind die nach dem Stand der Technik erforderlichen Schutzabstände zu den tatsächlich auf dem Grundstück der Klägerin vorhandenen Gebäuden gewahrt. Die Genehmigung steht insoweit mit § 17 Abs. 1 SprengG in Einklang.
70 
2.3.2 Die Genehmigung verstößt jedoch gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
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2.3.2.1 Welche Immissionen für Nachbarn im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zumutbar sind, ergibt sich nicht primär aus den tatsächlichen Gegebenheiten des Gebiets, sondern vor allem aus infolge von planungsrechtlichen Vorgaben möglichen Nutzungen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1985 - 4 C 63.80 - BVerwGE 71, 150; Urteil vom 24.04.1991 - 7 C 12.90 - BVerwGE 88, 143; BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246). Unzumutbar und damit erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind die Immissionen und sonstigen Gefahren, die mit den für den Einwirkungsort geltenden nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans unvereinbar sind. Mit dem Inkrafttreten des maßgeblichen Bebauungsplans erlangen die Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet eine Position, aufgrund derer sie darauf vertrauen können, dass eine nachfolgende heranrückende bauliche Nutzung auf Nachbargrundstücken auf die nach dem Bebauungsplan einmal gegebene Nutzbarkeit ihrer Grundstücke Rücksicht nehmen muss. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Grundstücke später tatsächlich entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaut und genutzt werden, oder ob für die Bebauung und Nutzungen Ausnahmen und Befreiungen erteilt worden sind, denn der Eigentümer eines Grundstücks in einem festgesetzten Bebauungsplangebiet kann allgemein darauf vertrauen, dass spätere Planungen und Baugenehmigungserteilungen die erforderliche Rücksicht auf das - insgesamt schutzbedürftige und schutzwürdige - festgesetzte Baugebiet nehmen werden. Mit der Anerkennung des Bebauungsplans als normative Bestimmung der Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen gewährleistet das Immissionsschutzrecht, dass der Bebauungsplan die ihm in § 1 BauGB zugedachte Aufgabe erfüllen kann, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu erreichen und dauerhaft zu sichern. Würde das Immissionsschutzrecht die Schutzwürdigkeit im Regelfall nach der tatsächlichen baulichen Nutzung bestimmen, stünde dies im Widerspruch zu den Zielen des Baugesetzbuchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Entscheidend ist deshalb, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 Festsetzungen von Bebauungsplänen verletzt. Da nach dem oben Gesagten maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Drittanfechtungsklage der der letzten Verwaltungsentscheidung ist, kommt es - soweit dieser wirksam ist - auf den am 20.05.2005 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ an.
72 
2.3.2.2 Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück der Klägerin ein Sondergebiet (SO1) im Sinne von § 9 a BauGB, § 11 Abs. 2 BauNVO fest. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurden zudem in dem der B... nächstgelegenen Teil A die Nutzung „Silos für Sägespäne“, im Teil B „Spanplattenwerk Lagerhaltung, Veredelung (einschließlich Schleifen), Vertrieb und Verwaltung“ und im Übrigen „Spanplattenwerk Lagerflächen, einschließlich Hacker- und Förderanlagen, Lkw-Parkplatz-Anlage, einschließlich Waage und Gebäude mit Sanitär- und Aufenthaltsräumen, Pförtnerloge“ festgesetzt. Der sprengstoffrechtlich erforderliche Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden verhindert jedenfalls die nach dem Bebauungsplan zulässige Nutzung des Grundstücksteils B für Vertrieb und Verwaltung, soweit ständige Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen. Wie sich der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.01.2007 entnehmen lässt, ist nach der Auffassung der Fachbehörde auch eine bebauungsplangerechte Nutzung des als Teil A bezeichneten Geländes erheblich eingeschränkt.
73 
Der Umfang der zulässigen Bebauung wird durch den Hinweis unter C. Ziff. 7 im Bebauungsplan nicht eingeschränkt. Denn rechtsverbindliche Wirkung haben lediglich Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB, wohingegen der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 BauGB) kein Satzungscharakter zukommt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 97. Ergänzungslieferung 2010, § 9 RdNr. 6). Während die Festsetzungen die zulässigen Vorhaben rechtsverbindlich einschränken und konkretisieren, dient die Begründung lediglich der Erläuterung und der Überprüfbarkeit des Abwägungsprozesses. Der Hinweis enthält jedoch keine Regelung zur Umschreibung der zulässigen Bauvorhaben. Er verweist lediglich auf Beschränkungen, die sich aus Umständen ergeben, welche außerhalb des Bebauungsplans liegen. Der Hinweis steht daher der Erläuterung und Begründung näher. Die Begründung kann aber nicht die rechtsverbindlichen Bebauungsplanfestsetzungen aushebeln. Folglich schränkt die Genehmigung des Sprengstofflagers die grundsätzlich zulässige Nutzung des Grundstücks der Klägerin ein.
74 
2.3.2.3 Der maßgebliche Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 ist wirksam; er verstößt weder gegen das Gebot der Erforderlichkeit der Planung noch gegen das Abwägungsgebot.
75 
Der Bebauungsplan ist nicht wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 3 BauGB normierte Gebot der Erforderlichkeit nichtig. Die Gemeinde darf keinen Bebauungsplan aufstellen, der aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Davon ist auszugehen, wenn die Realisierung des Bebauungsplans zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen scheitern müsste. Demgegenüber ist der Bebauungsplan vollzugsfähig und wirksam, wenn die Konflikte durch angemessene Auflagen oder sonstige Beschränkungen überwunden werden können. Die Festsetzung des Gebiets scheitert nicht in ihrer Gesamtheit. Lediglich ein Teilabschnitt der Fläche, die als Sondergebiet ausgewiesen ist, kann nicht wie im Bebauungsplan vorgesehen ausgenutzt werden. Es handelt sich somit um eine Beschränkung und nicht um eine Aufhebung der Vollzugsfähigkeit. Daher bleibt die Festsetzung im Bebauungsplan erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.
76 
Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB. Dies wäre der Fall, wenn im Rahmen der planerischen Abwägung die Schutzwürdigkeit der auf dem Grundstück der Klägerin zulässigen Bebauung verkannt und damit falsch beurteilt worden ist. Die Schutzabstände des Sprengstofflagers waren auch dann zu berücksichtigen, wenn dessen Genehmigung rechtswidrig erfolgt sein sollte. Denn für die Bauleitplanung sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (vgl. Söfker, a.a.O., § 1 RdNr. 193). Die Unvereinbarkeit von zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden im Gebiet SO1 und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Beigeladenen wurde zwar im Bebauungsplanverfahren behandelt. Dieser Umstand hat jedoch in den rechtsverbindlichen Festsetzungen keinen Eingang gefunden. Die Konfliktlage spiegelt sich nicht im Abwägungsergebnis wieder.
77 
Es ist jedoch in Grenzen zulässig, die Lösung von Konflikten nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu überlassen (Konfliktverlagerung). Die planende Gemeinde darf auf eine abschließende Konfliktlösung im Bebauungsplan verzichten, wenn diese außerhalb des Planverfahrens im Rahmen der Verwirklichung der Planung sichergestellt und zu erwarten ist. Dafür muss jedoch eine sachgerechte Konfliktlösung durch die Behörde hinreichend sicher abschätzbar sein. Bleibt das Problem zu Lasten des Betroffenen ungelöst, ist das Gebot der umfassenden Konfliktlösung verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30; Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - BVerwGE 69, 30). Dem liegt zugrunde, dass eine Überfrachtung des Bebauungsplans vermieden werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - a.a.O.). Wie sich aus dem vorgenannten Hinweis C im Bebauungsplan ergibt, ging die Gemeinde ... aufgrund der Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamts ... per E-Mail vom 26.04.2004 davon aus, dass dem Schutzabstand uneingeschränkt Vorrang einzuräumen ist. Dieser sei sodann im Genehmigungsverfahren wegen § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu berücksichtigen. Folglich durfte die Gemeinde damit rechnen, dass der Konflikt sachgemäß im Genehmigungsverfahren zu lösen ist. Ferner hat die Gemeinde durch den Verzicht auf die Festsetzung eines Schutzabstands dem Vertrauensschutz der Klägerin Rechnung getragen. Zwar besteht kein Anspruch auf Aufstellung und Bewahrung eines Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB); jedoch hat die vorherige Überplanung der Grundstücke durch den Bebauungsplan von 1983 in den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB Eingang zu finden. Der Bebauungsplan ist somit nicht wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot unwirksam.
78 
2.3.2.4 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und des Beklagten werden die durch den Bebauungsplan eingeräumten Rechte zu Gunsten der Klägerin nicht infolge einer Vorbelastung ihres Grundstücks eingeschränkt. Der im Gesetz unerwähnte Begriff der Vorbelastung wurde zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unzumutbaren Beeinträchtigung entwickelt (BVerwG, Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 - BVerwGE 51, 15). Aufgrund bestehender Umwelteinflüsse kann sich das Maß des für Nachbarn Zumutbaren verändern. Vorliegend könnte daran gedacht werden, dass das Grundstück der Klägerin schon immer mit den Schutzabständen zu den Sprengstoffbunkern belastet war. Wie die Beigeladene im Widerspruchsverfahren darlegte, betrieb sie in der Vergangenheit auf der Grundlage von Gestattungen aus dem Jahre 1953 bzw. 1957 ein Sprengstofflager im Gewann „... ...“, welches ebenfalls mit erheblichen Abstandsanforderungen verbunden gewesen sein dürfte. Somit dürfte die Ausnutzbarkeit des Grundstücks der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vorgängerbebauungsplanes aus dem Jahre 1983 eingeschränkt gewesen sein.
79 
Selbst wenn der Bebauungsplan im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der zu dem ehemaligen Sprengstofflager einzuhaltenden Abstände an einem Abwägungsfehler litte, wäre dieser jedoch unbeachtlich. Nach § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB finden die derzeit geltenden Vorschriften zur Planerhaltung grundsätzlich rückwirkend auf Bebauungspläne Anwendung, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. BBauG in Kraft getreten sind. Darüber hinaus sind gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden. Daraus folgt, dass insbesondere bei Abwägungsmängeln nicht nur die §§ 214, 215 BauGB in ihrer derzeitigen Fassungen gelten, sondern dass frühere Regelungen fortgelten.
80 
Maßgeblich für die vor dem Inkrafttreten des Baugesetzbuches zum 01.07.1987 bekannt gemachten Bebauungspläne bleibt daher die Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 2 BauGB 1978 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50.98 - Buchholz 406.11 § 244 BauGB Nr. 3). Nach dieser Vorschrift sind Mängel der Abwägung von Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekannt gemacht worden sind, unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem 01.07.1987 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind, wobei der Sachverhalt, der die Mängel begründen soll, darzulegen ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 244 Abs. 2 BauGB 1987 durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG - gestrichen wurde. Die Aufhebung der Vorschrift erfolgte, da sie nach Auffassung des Gesetzgebers ihren Zweck erfüllt hatte. Der Geltungsanspruch der Vorschrift sollte nicht rückwirkend entfallen. Dies ergibt sich im Übrigen aus § 233 Abs. 3 BauGB, wonach auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. des BBauG wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen fortgelten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.1999 - 8 S 1625/99 - VBlBW 2000, 394). Für den vor dem 01.07.1987 bekanntgemachten Bebauungsplan „...-...“ sind danach nur Abwägungsmängel beachtlich, die vor dem 01.07.1994 geltend gemacht worden sind. Da die von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren behauptete Nichtberücksichtigung der Sicherheitsabstände zu dem ehemaligen Sprengstofflager bisher nicht gegenüber der planenden Gemeinde geltend gemacht worden ist, wäre ein entsprechender Abwägungsmangel gemäß § 244 Abs. 2 BauGB a.F. i.V.m. § 233 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BauGB unbeachtlich und würde nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen.
81 
Unabhängig hiervon war zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Vorbelastung durch etwa einzuhaltende Sicherheitsabstände zum ehemaligen Sprengstofflager im Gewann „... ...“ entfallen. Denn dessen Genehmigung erlosch gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil die Vorgängeranlage nach Verlegung an den heutigen Standort für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden war.
82 
2.4 Nach dem oben unter 1.2 Ausgeführten scheidet hier die materiell-rechtliche Verwirkung des nachbarschützenden Abwehranspruchs gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - a.a.O.). Dieses Rechtsinstitut setzt neben einem Zeitablauf seit der Entstehung des Rechts voraus, dass besondere Umstände die Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung). Eine materiell-rechtliche Verwirkung scheidet hier bereits deshalb aus, weil nach dem oben Gesagten die Klägerin auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt keine Kenntnis von dem Bauvorhaben und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen hat erlangen müssen.
83 
Nach alldem hat die Berufung der Klägerin auch in der Sache Erfolg.
84 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
85 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere ist in der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fallübergreifend abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen sich ein Nachbar in Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO so behandeln lassen muss, als ob ihm eine Genehmigung zugestellt worden wäre.

Gründe

 
31 
Die von dem Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene Berufung der Klägerin ist innerhalb der bis zum 08.03.2010 verlängerten Frist begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 VwGO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat darüber hinaus in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.).
32 
1.1 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 nicht bereits deshalb in Bestandskraft erwachsen ist, weil erstmals am 11.05.2004 hiergegen Widerspruch eingelegt wurde und deshalb die Frist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt ist. Die streitgegenständliche Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG erteilt, so dass eine förmliche Zustellung gemäß § 10 Abs. 7 BImSchG an Dritte und eine anderweitige förmliche Bekanntgabe der Genehmigung durch die Behörde an die Klägerin unterblieben ist. Demzufolge wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht in Gang gesetzt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass im Jahre 1995 eine Bekanntgabe der Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erfolgte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Bekanntgabe einer Baugenehmigung - nichts anderes gilt für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung - an den Bauherrn als ihren Adressaten nicht zugleich die Rechtsbehelfsfristen auch für den Nachbarn als beteiligten Nichtadressaten in Lauf (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.02.1969 - IV C 82.66 - DVBl. 1969, 362; sowie Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294). Zu Recht weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 41 LVwVfG den Willen der Behörde voraussetzt, den Bescheid dem Bekanntgabeadressaten zur Kenntnis zu bringen; zufällige Kenntnisnahme, etwa der Nachbarn auf Grund Information seitens des Bauherrn, reicht regelmäßig nicht aus (vgl. hierzu Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., RdNr. 4 zu § 70 VwGO). Daher stellt auch das Schreiben der Gemeinde ... an die Klägerin vom 19.04.2004 keine Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dar.
33 
1.2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts führt auch der den Bestimmungen der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO zu entnehmende Rechtsgedanke hier nicht zur Bestandskraft der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
34 
1.2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich ein Nachbar, der sichere Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung erhalten hat oder diese Kenntnis hätte haben müssen, so behandeln lassen, als sei ihm die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung oder in dem Zeitpunkt, in dem er diese Kenntnis hätte erlangen müssen, amtlich bekannt gegeben worden. Von diesem Zeitpunkt an richtet sich die Widerspruchsfrist regelmäßig nach den Vorschriften der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie Urteil vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182). Die vom Bundesverwaltungsgericht ursprünglich für das Baurecht bei unmittelbar benachbarten Grundstücken entwickelten Grundsätze werden aus dem zwischen Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, hergeleitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.). Dieses verpflichtet den Nachbarn, durch zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen möglichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst gering zu halten; der Nachbar muss dieser Verpflichtung dadurch nachkommen, dass er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend macht, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er ohne zureichenden Grund mit seinen Einwendungen länger als notwendig zugewartet hat.
35 
Die Ableitung aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis bedingt, dass diese Grundsätze nicht nur für unmittelbar benachbarte Grundstücke anzuwenden sind (so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85). Entscheidend ist allein, dass die Grundstücke derart nahe beieinander liegen, dass von einem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis und aus Treu und Glauben ableitbaren Bindungen gesprochen werden kann. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Grundsätze für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gleichermaßen Geltung beanspruchen, da auch das Immissionsschutzrecht von einem Raumbezug geprägt ist und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 13 Satz 1 BImSchG im Rahmen der materiellen Konzentrationswirkung die Baugenehmigung ersetzt.
36 
Nach dem Rechtsgedanken der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO ist der Nachbar regelmäßig so zu behandeln, als ob ihm die Genehmigung ohne Rechtsbehelfsbelehrung amtlich bekannt gemacht worden wäre. Es läuft daher grundsätzlich eine Widerspruchsfrist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 87). Maßgeblich ist dabei nicht das Erkennen, sondern die Erkennbarkeit der Genehmigung bzw. der hierdurch verursachten Beeinträchtigung. Allein das Abstellen auf die Erkennbarkeit wird dem zwischen dem Bauherrn und dem Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis gerecht, das dem Nachbarn die Obliegenheit auferlegt, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten, und der er dadurch nachzukommen hat, dass er nach Kenntnisnahme ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend zu machen hat (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - juris).
37 
1.2.2 Zutreffend weist die Klägerin aber darauf hin, dass sich die Kenntnis bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beziehen muss, sondern es auf die Erkennbarkeit der spezifischen Risiken und Beeinträchtigungen für den Nachbarn ankommt. Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht in entscheidungstragender Weise unter Hinweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München (Urteil vom 06.10.2005 - M 11 K 04.2630 - juris) davon aus, dass allein auf die Kenntnisnahme bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Baugenehmigung abzustellen ist, unabhängig davon, ob der Nachbar seine nachteilige Beeinträchtigung bei Ausnutzung der Genehmigung erkannt hat oder diese hätte erkennen müssen. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut der herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, daneben aber auch aus den Ableitungszusammenhängen der oben dargestellten Rechtsprechung.
38 
So hebt das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 25.01.1974 (IV C 2.72 - a.a.O. - RdNr. 24 des Urteilsabdrucks bei juris) ausdrücklich auf ein Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen durch den Nachbarn ab. Gerade die Herleitung der Verpflichtung des Nachbarn aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis gebietet es, nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung, sondern auf für den Nachbarn erkennbare hierdurch ausgelöste negative Beeinträchtigungen abzustellen. Denn eine aus Treu und Glauben herzuleitende Verpflichtung des Nachbarn zu aktivem Tun kann lediglich dann bestehen, wenn ihm nicht nur die Tatsache der Erteilung der Genehmigung bekannt wird, sondern auch deren Umfang und Folgen für seine Rechte zumindest erkennbar sind. Dafür spricht auch das Leitbild des § 58 Abs. 2 VwGO, da dem Nachbarn im dort ausdrücklich geregelten Fall die Baugenehmigung wegen der erfolgten Bekanntgabe vorliegt, wenn auch ohne die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung. Fehl geht die vom Verwaltungsgericht angestellte Erwägung, dass der Nachbar bei Bekanntgabe der Genehmigung ebenfalls innerhalb der Jahresfrist Widerspruch einlegen muss, auch wenn er seine subjektive Beeinträchtigung daraus nicht erkennen kann. Das Verwaltungsgericht übersieht dabei, dass die Position des Nachbarn bei Bekanntgabe der Genehmigung deutlich besser als im hier in Rede stehenden Fall ist. Zum einen ist bereits die bloße förmliche Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mit einer gewissen Warnfunktion verbunden und gibt dem Mitteilungsempfänger Anlass, sich über eine hierdurch etwa ausgelöste nachteilige Betroffenheit zu informieren. Zum anderen kann - wie gerade auch der Inhalt der hier erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zeigt - der Nachbar aus der Begründung regelmäßig ohne großen Aufwand seine potentielle Beeinträchtigung unschwer erkennen.
39 
Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch nicht erforderlich, dass der Nachbar die negative Beeinträchtigung tatsächlich erkannt hat; es genügt ebenfalls das „Kennenmüssen“. Davon ist zum einen auszugehen, wenn sich das Vorliegen der Genehmigung (einschließlich der subjektiven Beeinträchtigung) aufdrängt. Ferner ist ausreichend, wenn es dem Nachbarn möglich und zumutbar war, sich über diese Umstände Gewissheit zu verschaffen, etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder der Behörde (vgl. näher Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Ergänzungslieferung April 2006, RdNr. 21 zu § 70 VwGO). Der Umfang der einem Nachbarn obliegenden Sorgfaltsanforderungen lässt sich dabei nicht abstrakt ermitteln. Insbesondere lässt sich ein Maßstab für die Ermittlungspflichten des Nachbarn nicht den Bestimmungen der §§ 58 Abs. 2, 70 VwGO entnehmen. Zwar läuft einerseits bei einer Bekanntgabe ohne Rechtsbehelfsbelehrung (d.h. bei Kenntnis von der Beeinträchtigung) eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr, während andererseits dem Nachbarn trotz fehlender Kenntnis von der subjektiven Beeinträchtigung ebenfalls eine Jahresfrist eingeräumt und zudem die Erkundigung und Ermittlung vorausgesetzt wird. Dies gebietet es jedoch nicht zwingend, die Anforderungen an die Ermittlungspflicht generell gering anzusetzen. Denn die Einjahresfrist markiert im Rechtsbehelfsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich - abgesehen von Unmöglichkeit der Rechtsbehelfseinlegung - eine absolute Grenze, vgl. §§ 58 Abs. 2, 60 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Somit kann dieser Zeitraum in jedem Fall sachgerecht auf Drittwidersprüche übertragen werden. Da die Verwaltungsgerichtsordnung den Fall des Nachbarwiderspruchs nicht regelt, muss es vielmehr maßgeblich auf die Herleitung der Rechtsgrundsätze aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ankommen. Daraus folgt, dass auf die Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen ist und sich der Umfang der Treuepflicht nach den jeweiligen rechtlichen und tatsächlichen Umständen richtet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - a.a.O.; sowie vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
40 
Wann ein Nachbar Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, hängt deshalb allein von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und ist aufgrund einer umfassenden Sachverhaltswürdigung zu beurteilen. Dabei ist maßgeblich auf die Sicht des Nachbarn abzuheben, lediglich untergeordnet kann auf die Interessen des Bauherrn abgestellt werden. Eine Ermittlungspflicht des Nachbarn besteht etwa, wenn sich eine Beeinträchtigung anhand des sichtbaren Baugeschehens aufdrängt. Ferner besteht eine Ermittlungspflicht, wenn eine Beeinträchtigung des Nachbarn aufgrund der Nutzung des eigenen Grundstücks wahrscheinlich ist. Je einfacher Informationen über das Bauvorhaben zugänglich sind, desto eher ist dem Nachbarn die Erkundigung zuzumuten. So hat die Rechtsprechung es teilweise ausreichen lassen, dass der Nachbar durch eine Mitteilung über die Erteilung der Baugenehmigung und den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten Kenntnis über einen möglichen Eingriff in die zu schützende Rechtspositionen erlangt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 - 4 C.89 - a.a.O.). Auch bei deutlich wahrnehmbaren Bauarbeiten solle es Anlass geben, der Frage nach der eigenen Beeinträchtigung nachzugehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - a.a.O; ebenso OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - LKV 2001, 466).
41 
1.2.3 Entgegen der Auffassung der Berufung ist für den Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, außer der Untätigkeit des Nachbarn kein weiteres besonderes Umstandsmoment auf der Seite des Bauherrn erforderlich; unerheblich ist mithin, ob der Bauherr ein entsprechendes Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung entwickelt hat und dieses schutzwürdig ist. Hierfür spricht bereits, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - anders als in der Kommentarliteratur häufig behauptet - streng zwischen dem Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, durch Fristablauf entsprechend den sich aus §§ 58, 70 VwGO ergebenden Grundsätzen auf der einen Seite und der Verwirkung des Widerspruchsrechts oder gar des materiellen Abwehranspruchs auf der andern Seite unterscheidet (so ausdrücklich bereits BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; ferner Beschluss vom 18.03.1988 - 4 B 50.88 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 77; Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
42 
Der Verlust des verfahrensmäßigen Rechts aufgrund von Zeitablauf und die Verwirkung des Widerspruchsrechts führen zwar zur gleichen Rechtsfolge (nämlich der Unzulässigkeit des Widerspruchs), auch wird sich ihr Anwendungsbereich häufig überschneiden. Die Rechtsinstitute stehen jedoch in unterschiedlichen Ableitungszusammenhängen und haben unterschiedliche Voraussetzungen. So kommt eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach den Umständen des Einzelfalles auch bereits vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Betracht; eine Verwirkung hat jedoch zusätzlich zur Voraussetzung, dass der Genehmigungsempfänger aus aktivem Tun des Nachbarn oder einer ihm gleichzusetzenden Duldung auf dessen Einverständnis schließen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Klägerin können diese vom Bundesverwaltungsgericht für die Verwirkung aufgestellten zusätzlichen Anforderungen an die Vertrauensbetätigung des Bauherrn nicht auf die hier in Rede stehende Problematik der entsprechenden Anwendung von §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO übertragen werden. Gegenteiliges kann insbesondere nicht dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.1991 (4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182) entnommen werden; die von der Klägerin herangezogenen Passagen des Urteils beziehen sich nach ihrer systematischen Stellung eindeutig auf die Verwirkung des materiellen nachbarlichen Abwehrrechts. Die Auffassung der Klägerin beruht auf einer Vermischung der Voraussetzungen für Verlust des Widerspruchsrechts allein aufgrund von Zeitablauf in entsprechender Anwendung von §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO und den Voraussetzungen für eine Verwirkung entweder des verfahrensmäßigen Widerspruchsrechts oder des nachbarlichen Abwehranspruchs. Sie hätte darüber hinaus zur Folge, dass es kaum jemals zum Verlust des Widerspruchsrechts des Nachbarn kommen könnte. Denn die Berufung will dem Nachbarn in entsprechender Anwendung von § 58 Abs. 2 VwGO eine Widerspruchsmöglichkeit binnen Jahresfrist ab Erkennbarkeit der Baumaßnahmen einräumen und fordert darüber hinaus, dass der Bauherr gerade aufgrund der Untätigkeit des Nachbarn ein entsprechendes Vertrauen in den Bestand der Baugenehmigung entwickelt und auch betätigt hat, mithin die Untätigkeit des Nachbarn kausal für den Baufortschritt sein muss. Wie jedoch der vorliegende Fall zeigt, kann binnen eines Jahres auch ein umfangreiches Bauvorhaben fertiggestellt sein.
43 
1.2.4 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Widerspruch der Klägerin nicht verfristet. Es steht aufgrund der durchgeführten Beweiserhebungen durch Einnahme eines Augenscheins sowie durch Zeugenvernehmung des Bürgermeisters der Gemeinde ... fest, dass die Klägerin erstmals im April 2004 Kenntnis von der Beeinträchtigung durch das genehmigte Sprengstofflager erlangt hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen musste die Klägerin auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im oben dargestellten Sinne nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der erteilten Genehmigung und der durch ihre Ausnutzung eintretenden Beeinträchtigungen erlangen.
44 
1.2.4.1 Fehl geht die Auffassung der Beigeladenen, dass die Klägerin bereits vor Beginn der Baumaßnahmen im Jahre 1995 Kenntnis von der geplanten Errichtung der Bunkeranlage erlangt habe bzw. hätte erlangen müssen. Wie oben näher dargestellt, setzt die zeitliche Beschränkung des Widerspruchsrechts nach § 70 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO ebenso wie die verfahrensrechtliche Verwirkung voraus, dass zuvor eine Genehmigung erteilt worden ist. Die maßgebliche Jahresfrist kann deshalb erst mit Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 10.08.1995 zu laufen beginnen. Die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage einer Kenntniserlangung der Klägerin bereits im Jahre 1993 unter Hinweis auf einen Aktenvermerk des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.09.1993 stellt sich deshalb nicht. Im Übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sich diesem Aktenvermerk (Anlage A 9 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 31.08.2005 im Widerspruchsverfahren) keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass Vertreter oder Mitarbeiter der Klägerin an der maßgeblichen Besprechung teilgenommen haben. Aus zeitlichen Gründen kann auch nicht auf die Veröffentlichung im gemeinsamen Mitteilungsblatt der Gemeinden ... und ... vom 16.06.1995 abgehoben werden, in der unter Ziff. 13 auf eine Sitzung des Technischen Ausschusses in ... zur Behandlung eines Antrags auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung eines Sprengstoffbunkers auf den maßgeblichen Flurstücken ... und ... im Gewann ... hingewiesen wurde. Auch diese Sitzung fand zu einem Zeitpunkt statt, als die Genehmigung noch nicht erteilt war und noch nicht über die Genehmigungsvoraussetzungen entschieden worden ist. Allenfalls bot diese amtliche Mitteilung im Zusammenhang mit weiteren tatsächlichen Gesichtspunkten Anlass, sich bei der veröffentlichenden Gemeinde oder der zuständigen Immissionsschutzbehörde über den weiteren Verlauf des Verfahrens und eine etwa in der Erteilung befindliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erkundigen (vgl. zur Relevanz von Pressemitteilungen auch OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - a.a.O.). Dies setzt jedoch voraus, dass die Klägerin aufgrund tatsächlicher Wahrnehmung von Baumaßnahmen Anlass gehabt hätte, weitergehende Erkundigungen zu einer etwa erteilten Genehmigung und deren Umfang anzustellen.
45 
1.2.4.2 Aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin auch nicht mit Baubeginn des Bunkers im November 1995 von der erteilten Genehmigung und deren Auswirkungen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Bei der nach dem oben Gesagten anzustellenden umfassenden Sachverhaltswürdigung ist aus der Sphäre des Bauherrn in erster Linie die Wahrnehmbarkeit des Baugeschehens zu berücksichtigen. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft; sie sind durch die B ... und eine Ansammlung von Laubbäumen voneinander getrennt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung am 15.11.2011 durchgeführten Augenscheins steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bereits zu Beginn der Baumaßnahmen in der 48. Kalenderwoche des Jahres 1995 nur eine sehr eingeschränkte Sichtverbindung zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Baugrundstück der Beigeladenen bestand, so dass die eigentlichen Baumaßnahmen und der Baufortschritt nicht zu erkennen waren. Wie im Termin am 15.11.2011 festgestellt und zwischen den Beteiligten im Einzelnen nicht mehr umstritten, bestand von der Geländeoberfläche des Grundstücks der Klägerin zum Zeitpunkt des Augenscheins keine Sichtbeziehung zum auf dem Grundstück der Beigeladenen errichteten Sprengstoffbunker. Selbst in direkter Blickrichtung vom Betriebsgelände der Klägerin in Richtung Westen war der Sprengstoffbunker nicht zu sehen, da die dazwischenliegenden Grundstücke jenseits der Bundesstraße mit hochstämmigen Streuobstbäumen sowie mit Büschen bepflanzt sind; die Streuobstbäume und Büsche waren zu diesem Zeitpunkt nur noch gering belaubt. Diese Sichtbeziehungen waren auch zum maßgeblichen Zeitpunkt im November 1995 nicht wesentlich anders. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Streuobstbäume zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihre heutige Höhe erreicht haben dürften. Angesichts des Alters dieser Bäume von mehreren Jahrzehnten kann jedoch von ähnlichen Sichtverhältnissen ausgegangen werden, zumal die Sichtbeeinträchtigung bereits durch die Vielzahl der Baumstämme und nicht durch die konkrete Höhe der Bäume bedingt war. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bundesstraße ... in ihrer heutigen Gestalt erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt im Jahre 1995 fertiggestellt wurde. Zum einen ist die erst später vierspurig ausgebaute Bundesstraße auch im Herbst 1995 bereits in Dammlage verlaufen. Dies lässt sich etwa den vom Regierungspräsidium im Widerspruchsverfahren eingeholten Querschnitten der Straßenbauverwaltung und den vom Senat beigezogenen Planfeststellungsakten entnehmen. Im Übrigen lässt sich die damalige Straßenführung auch anhand des von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 21.11.2005 vorgelegten Lichtbildes Nr. 4 nachvollziehen. Unabhängig hiervon ist die konkrete Trassenlage der B ... und die Frage einer Führung in Dammlage für die Sichtbeziehungen nicht erheblich, da der Sprengstoffbunker bei dem Augenschein selbst von dem Höhenniveau der Bundesstraße aus nicht zu erkennen war.
46 
Aufgrund des bei dem Augenschein gewonnenen Eindruckes und der von der Beigeladenen vorgelegten Lichtbilder steht deshalb fest, dass während der einjährigen Bauphase im wesentlichen lediglich der auf dem Grundstück der Beigeladenen aufstehende Kran zu sehen gewesen ist. Ferner spricht vieles dafür, dass vom Grundstück der Klägerin aus der Anfahrtsverkehr zur Baustelle, insbesondere die Anlieferung von Beton, wahrnehmbar war. Wie die Beigeladene unwidersprochen vorträgt, wurden auf dem dem Grundstück der Klägerin zugewandten ... Weg insgesamt 130 Fahrten mit Betonmischfahrzeugen abgewickelt; diese dürften vom Grundstück der Klägerin aus - wenn auch nur eingeschränkt - wahrnehmbar gewesen sein. Diese während der Bauphase bestehenden Beobachtungsmöglichkeiten führen entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde und der Beigeladenen nicht dazu, von einer fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin auszugehen. Zum einen ist die Anstoßwirkung dieser Maßnahmen hier aufgrund der konkreten topographischen Verhältnisse bereits deshalb erheblich reduziert, weil vom Grundstück der Klägerin aus gesehen nicht auszuschließen war, dass der Kran und der Baustellenverkehr von einer etwaigen Baustelle im südwestlich gelegenen Industriegebiet von ... herrührten. Zum anderen lassen sich aus den genannten Umständen nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung der Klägerin entnehmen. Die Masse des angelieferten Betons und die einjährige Benutzung eines üblichen Baukrans deuten allerdings auf ein ungewöhnlich großes Bauvorhaben hin. Da sich das Baugrundstück zudem im Außenbereich befindet, war es aus Sicht des Nachbarn naheliegend, dass ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 BauGB mit potenziell weitgehenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft errichtet wird. All diese Umstände geboten jedoch auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt für die Klägerin nicht den Schluss, dass ein immissionsschutzrechtlich genehmigter Sprengstoffbunker mit mehreren 100 Meter weit reichenden Abstandserfordernissen errichtet wurde. Je weniger ein Vorhaben dem üblichen Erwartungshorizont entspricht, d.h. je exotischer der verfolgte Nutzungszweck ist und je ungewöhnlicher das Ausmaß der Abstandsanforderungen an die Nachbarschaft sind, um so höher sind die Anforderungen an die Annahme anzusetzen, der von dem Vorhaben Betroffene müsste sich gleichwohl von sich aus die Kenntnis von der Natur des Vorhabens verschaffen. Von daher liegt es ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit der Genehmigungserteilung im vereinfachten Verfahren im wohlverstandenen eigenen Interesse der Genehmigungsbehörde und des Vorhabenträgers zur Vermeidung etwaiger - wie hier - erst viel später auftretender Konflikte um die Bestandskraft der Genehmigung jedenfalls die erkennbar unmittelbar betroffene Nachbarschaft über das Vorhaben zu informieren. Dem entspricht auf Seiten der Nachbarschaft eine gewisse berechtigte Erwartung einer wenigstens formlosen Unterrichtung über ein solches Vorhaben. Deshalb durfte die Klägerin gerade auch aufgrund des Umstandes, dass sie im Genehmigungsverfahren weder förmlich beteiligt noch angehört wurde, davon ausgehen, dass etwa wahrgenommene Baumaßnahmen sie nicht in eigenen Belangen tangieren können.
47 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Errichtung des Sprengstoffbunkers jedenfalls von den höher gelegenen Betriebseinrichtungen auf dem Grundstück der Klägerin zu erkennen gewesen sein dürfte. Zum Zeitpunkt der Augenscheinseinnahme im Jahre 2011 war der Bunker ab einem Höhenniveau von etwa 15 m zu erkennen; zur Zeit der Errichtung dürfte die Erkennbarkeit eher noch besser gewesen sein. Zwar bestand nach dem Vortrag der Klägerin eine vergleichbare Möglichkeit zur Begehung von Betriebseinrichtungen auch bereits im Jahre 1995. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin, der mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang steht, werden derartige hochgelegenen Betriebseinrichtungen jedoch lediglich in größeren Intervallen von untergeordnetem technischen Personal betreten, woraus keine Erkenntnismöglichkeit für die maßgeblichen Bediensteten und insbesondere die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin hergeleitet werden kann.
48 
1.2.4.3 Aus ähnlichen Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin auch nicht mit Beginn des Betriebs des Sprengstofflagers im Herbst 1996 Kenntnis von der Genehmigung erlangt hat bzw. diese hätte erlangen müssen. Zwar wurden die Aufschüttungen der Bunkerwände erst im November 1996 besät, so dass bei Aufnahme des Betriebs die später gewachsene Begrünung die Sicht auf den Bunker wohl noch nicht verdeckt haben dürfte und die hellen Bunkerwände deutlicher als zum Zeitpunkt des Augenscheins in Erscheinung getreten sind. Zudem liefern nach dem Vortrag der Beigeladenen rote bzw. orangefarbene Lastwagen die eingelagerten Sprengstoffe mit jährlich ca. 200 An- und Abfahrten an. Da aber die vorhandenen Bauten maximal eine Höhe von ca. 5 m erreichen, sind die Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung von Rechtsgütern Dritter aus Sicht der Klägerin geringer als während der Bauphase. Auch verläuft der für die An- und Abfahrten genutzte ... Weg vom Grundstück der Klägerin aus gesehen weitgehend verdeckt durch die Bäume der Streuobstwiese bzw. durch die in Dammlage geführte B ... Daraus folgt, dass für den Betrieb des Sprengstofflagers erst recht nicht von der Kenntnis der Klägerin ausgegangen werden kann, wenn das Kennenmüssen für die Bauphase wie oben verneint wird.
49 
1.2.4.4 Zu Unrecht geht die Beigeladene davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung im Planfeststellungsverfahren zur Erweiterung der B ... Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. dem Sprengstofflager erlangt hat. Den vom Senat beigezogenen Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum ergänzenden Planfeststellungsverfahren über den vierspurigen Ausbau der B ... zwischen ... und dem Anschluss an die BAB 5 lassen sich keinerlei Anhaltspunkte für die Behauptung der Beigeladenen entnehmen, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang Kenntnis von dem neuen Standort des Bunkers erlangt haben könnte. Ausweislich der Planfeststellungsakten kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin aktiv am Verfahren beteiligt oder Einsicht in die entsprechenden Unterlagen genommen hat. Im Übrigen lässt sich den Planfeststellungsakten lediglich entnehmen, dass die neu geplante Trassenführung Flächen des ursprünglichen Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ in Anspruch nimmt, ohne dass freilich in den Vorgängen der ins Auge gefasste neue Standort des Bunkers erwähnt wird. Weitergehende Anhaltspunkte für eine Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... ließen sich auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2012 durchgeführte Befragung des Bürgermeisters der Gemeinde ..., Herrn ... ..., als Zeugen gewinnen. Vielmehr ließ sich der Zeuge in jeder Hinsicht glaubhaft und nachvollziehbar dahingehend ein, dass er im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... zwar mehrfach Gespräche mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der Klägerin geführt habe. Im Mittelpunkt dieser Gespräche habe jedoch das von der Gemeinde verfolgte Anliegen gestanden, eine neue Nordzufahrt zu dem Grundstück der Klägerin zu schaffen, wogegen die Klägerin vor allem aus erschließungsbeitragsrechtlichen Gründen Einwände erhoben habe. Zwar habe er in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Verlegung des bestehenden Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ am Rande hingewiesen; er könne jedoch mit hoher Sicherheit ausschließen, dass er gegenüber Organen oder Mitarbeitern der Klägerin den Zielstandort erwähnt habe. Ebenso führte der Zeuge überzeugend aus, dass in der öffentlichen Diskussion in ... zum fraglichen Zeitpunkt die Verlegung des Sprengstoffbunkers keine bedeutende Rolle gespielt habe, nicht zuletzt in Anbetracht wesentlich öffentlichkeitswirksamerer raum- und umweltbezogener Vorhabenplanungen.
50 
1.2.4.5 Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Organe bzw. Mitarbeiter der Klägerin oder der Firma ... ... ... aufgrund der Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Gemeinde ... vom 04.11.1996 Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erlangt haben. Den vorliegenden Behördenakten lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass im Rahmen der Verhandlungen zum Abschluss dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags das in der Vergangenheit genehmigte Sprengstofflager eine Rolle gespielt hat. Dies wurde durch die Zeugenvernehmung des Bürgermeisters ... in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Zeuge hat sich auch in diesem Zusammenhang glaubhaft dahingehend eingelassen, dass er gegenüber Organen und Mitarbeitern der Firma ... ... ... lediglich auf die Notwendigkeit einer Verlegung des Sprengstofflagers hingewiesen, nicht aber dessen neuen Standort thematisiert habe. Im Übrigen hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der diese bereits damals bei den Vertragsverhandlungen vertreten hat, versichert, dass ihm gegenüber die Existenz der Genehmigungen nicht erwähnt worden sei. Diese Versicherung des Prozessbevollmächtigten steht dabei nicht im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen ..., da dieser glaubhaft angegeben hat, dass der Prozessbevollmächtigte an den ersten Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht beteiligt gewesen sei. Da der Senat von der Richtigkeit der Erklärungen des Prozessbevollmächtigten überzeugt ist, war dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Antrag auf Zeugenvernehmung nicht mehr nachzugehen.
51 
1.2.4.6 Auch kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin aufgrund ihrer Mitwirkung im Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ sowie über die parallele Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015 ... ... ... im Jahre 2001 von dem Sprengstofflager und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.08.1995 Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Insbesondere das von der Beigeladenen erwähnte Einwendungsschreiben und das Schreiben der IHK vom 12.11.2001 sind nicht an die Klägerin, sondern an die Stadt ... bzw. an die Firma ... ... ... gerichtet. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt von diesen Schreiben Kenntnis erlangt hat. Auch die Beigeladene legt nicht näher dar, dass der Klägerin diese Schreiben zugegangen sein könnten oder sie im Bebauungsplanverfahren anderweitige Kenntnis von der erteilten Genehmigung für den Sprengstoffbunker erlangt hat. Die von der Beigeladenen erwähnte abstrakt bestehende Möglichkeit, Einsicht in die Bebauungsplanakten zu nehmen und dadurch Kenntnis von der Baugenehmigung erhalten zu können, begründet noch keine entsprechende Nachforschungspflicht.
52 
Wie sich einem in der Widerspruchsakte befindlichen Schreiben der Firma ... GmbH vom 12.11.2001 entnehmen lässt, hat ein Mitarbeiter dieser Firma sich im Zuge des Flächennutzungsplanänderungsverfahrens beteiligt und auf ein am 06.11.2001 stattgefundenes Gespräch mit dem Bürgermeister der Gemeinde ... Bezug genommen. Die dabei von den Vertretern der Firma ... unterbreiteten konkreten Änderungsvorschläge bzw. Nachfragen zum Bebauungsplan deuten darauf hin, dass diese die Planunterlagen eingesehen und sich eingehend mit ihnen auseinandergesetzt haben. Dem Anschreiben lassen sich indes keinerlei Anhaltspunkte entnehmen, dass die Mitarbeiter der Firma ... dabei einen Hinweis auf die Existenz des bestehenden Bunkers und die erteilte Genehmigung erlangt haben. In Übereinstimmung hiermit hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, im Zuge des Bebauungsplanänderungsverfahrens in ständigem Kontakt mit Mitarbeitern der Firma ... bzw. der Klägerin gestanden zu haben; dabei seien die Belange der Klägerin auch anhand von Planauszügen erörtert worden. Auf entsprechende Nachfrage konnte der Zeuge ... jedoch bestätigen, dass Mitarbeiter der Klägerin bzw. der Firma ... oder deren Rechtsvorgängerin nicht Einsicht in die vollständigen Planunterlagen auf der Gemeindeverwaltung genommen haben.
53 
Nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweiserhebungen ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen - erstmals im April 2004 Kenntnis von der erteilten Genehmigung des Sprengstofflagers und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen erlangt hat. Der am 11.05.2004 gegen die Genehmigung eingelegte Widerspruch ist nach dem oben Gesagten rechtzeitig erfolgt, da er die Jahresfrist des §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO wahrt.
54 
1.3 Aus diesen Darlegungen folgt zugleich, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Klägerin ihr verfahrensmäßiges Recht zur Widerspruchseinlegung nicht verwirkt hat. Denn die Verwirkung dieses verfahrensmäßigen Rechts setzt jedenfalls die Erkennbarkeit der Baumaßnahmen voraus. Daneben muss nach dem oben Gesagten ein entsprechendes Umstandsmoment auf der Seite der Beigeladenen bestehen, das die verspätete Wahrnehmung des Rechts als Verstoß gegen Treue und Glauben erscheinen lässt. Letzteres bedarf hier keiner weiteren Klärung, da es bereits an der entsprechenden Erkennbarkeit der Baumaßnahmen und der dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen für die Klägerin fehlt.
55 
1.4 Entgegen der Annahme der Beigeladenen fehlt der Klägerin nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.
56 
Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist erforderlich, dass eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten geltend gemacht wird. Die erteilte Genehmigung muss gegen eine Norm verstoßen, die zumindest auch rechtliche Interessen der Klägerin zu schützen bestimmt ist. Ausreichend ist dabei, wenn die Verletzung der drittschützenden Norm durch den angefochtenen Verwaltungsakt möglich erscheint. Die Pflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist nach ständiger Rechtsprechung für Nachbarn drittschützend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.09.1988 - 4 N 1/87 - BVerwGE 80, 184; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 5 BImSchG RdNr. 87 f.). Deren Belange müssen in einer allgemeinen Güterabwägung bei Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist, wer sich im Einwirkungsbereich der Anlage, d.h. in einem Bereich, in dem die Immissionen nach Art und Umfang einzelne Personen hervorgehoben treffen können, ständig aufhält oder Rechte an dort befindlichen Sachen inne hat (BVerwG, Urteil vom 22.10.1982 - 7 C 50.78 - NJW 1983, 1507). Der wegen der Sprengstofflager einzuhaltende Schutzabstand zu Wohngebäuden bzw. zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden überschneidet sich zum Teil mit dem Grundstücksbereich der Klägerin, auf dem bauplanungsrechtlich eine Nutzung als Sondergebiet festgesetzt ist. Bei dieser Betrachtung ist es nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin danach grundsätzlich zur Überbauung des gesamten Grundstücks berechtigt wäre.
57 
Fehl geht der Einwand der Beigeladenen, wonach die Klägerin als Grundstückseigentümerin nicht klagebefugt sei, sondern allenfalls sich die Firma ... ... ... als Inhaberin der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in einer wehrfähigen Rechtsposition befinde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Bauplanungsrecht wie auch im Immissionsschutzrecht grundsätzlich der Eigentümer klagebefugt, soweit er sich auf drittschützende Normen berufen kann. Unerheblich ist deshalb in diesem Zusammenhang, ob darüber hinaus auch die Firma ... als Rechtsnachfolgerin der Firma ... ... ... als Inhaberin einer möglicherweise verletzten anderweitigen Genehmigung klagebefugt ist (vgl. zu diesem Problemkreis m.w.N. Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, a.a.O., RdNr. 121 zu § 42 VwGO). Nicht zu folgen vermag der Senat auch der von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren geäußerten Auffassung, dass die Klägerin aufgrund der Vorbelastung ihres Grundstücks durch die im Jahre 1953 bzw. 1958 erteilten Genehmigungen für den Vorgängersprengstoffbunker im Gewann „... ...“ in der Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke der Gestalt eingeschränkt sei, dass eine eigene Rechtsverletzung auszuschließen ist. An die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO sind nach ständiger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215; Happ in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 93 zu § 42 VwGO - m.w.N.). Davon kann angesichts der komplexen Problematik der Auswirkungen einer etwa bestehenden Vorbelastung aufgrund der in den 60iger Jahren genehmigten Altanlage keine Rede sein.
58 
1.5 Der Klägerin steht auch das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse für die erhobene Anfechtungsklage gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu, obwohl der Betrieb des Spanplattenwerkes im Jahre 2010 eingestellt wurde. Zum einen lässt die Einstellung des Betriebs den Bestand der für die Spanplattenfabrik erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unberührt. Denn diese erlischt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann, wenn die Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wurde. Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind die Klägerin bzw. die Firma ... GmbH deshalb noch in der Lage, von der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Gebrauch zu machen. Zum anderen ergibt sich das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin aus den Festsetzungen des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“, der für die von dem Sicherheitsabstand überdeckten Flächen eine bauplanungsgemäße Nutzung ermöglicht. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt indes nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1). Danach hat die Klägerin hier ein schutzwürdiges Interesse an der verfolgten Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Sprengstoffbunker unabhängig davon, ob das genehmigte Spanplattenwerk derzeit betrieben wird.
59 
Nach alldem ist die Klage entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig.
60 
2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts ... vom 10.08.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens der letzten Behördenentscheidung (dazu unter 2.1). Zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, nicht nach speziellerem Sprengstoffrecht (dazu unter 2.2). Die erteilte Genehmigung für das Sprengstofflager steht mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 4 BImSchG und den in diesem Zusammenhang zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang (dazu unter 2.3). Schließlich ist der materiell-rechtliche Abwehranspruch der Klägerin gegen das Vorhaben nicht verwirkt (dazu unter 2.4).
61 
2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Erlass der letzten Behördenentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006.
62 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Im Zweifel ist bei Anfechtungsklagen der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich (im Grundsatz ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 - 3 C 6.99 - DVBl. 2000, 1614). Diese Grundsätze sind insbesondere auch bei der hier in Rede stehenden Drittanfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung maßgeblich. Entgegen einer in der verwaltungsprozessualen Literatur weithin vertretenen Auffassung (vgl. so etwa Jörg Schmidt in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 58 zu § 113 VwGO) können die für nachteilige Veränderungen der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen entwickelten Grundsätze nicht auf immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklagen übertragen werden. Maßgeblich für die Beurteilung der Baunachbarklage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung unter Ausschluss der Berücksichtigung späterer Änderungen zu Gunsten des Nachbarn, selbst vor Ergehen des Widerspruchsbescheides (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 08.11.2010 - 4 B 43.10 - BauR 2011, 499 - m.w.N.). Angesichts der andersartigen Funktion des Immissionsschutzrechts gegenüber dem Baugenehmigungsverfahren sind diese baurechtlichen Grundsätze auf das Immissionsschutzrecht nicht übertragbar (vgl. etwa VG Gießen, Urteil vom 23.07.1999 - 8 E 1215.98 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2011 - OVG 10 N 39.08 - juris; ähnlich BVerwG, Beschluss vom 10.01.1991 - 7 B 102.90 - NVwZ-RR 1991, 236). Dem Immissionsschutzrecht ist die Abwehr qualitativ andersartiger und schwerer wiegender Gefahrenlagen als im Baurecht eigen. Zudem werden in § 5 BImSchG dynamische Grundpflichten statuiert, die dem Ziel dienen, den Anlagenbetreiber nicht auf die Pflichten zu beschränken, die er im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung hatte. Ferner gibt es im Immissionsschutzrecht - im Gegensatz zum Baurecht - keinen Grundsatz dahingehend, dass einem Antragsteller eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderung im Allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.05.1982 - 7 C 42.80 - BVerwGE 65, 313). Die baurechtlichen Grundsätze können daher auch dann nicht auf das Immissionsschutzrecht übertragen werden, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit einer Anlage - wie hier - vornehmlich an baurechtlichen Normen zu prüfen ist. Abzustellen ist deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006, ohne dass danach zu differenzieren ist, ob etwaige Rechtsänderungen zu Ungunsten der Beigeladenen eingetreten sind. Dies hat insbesondere zur Konsequenz, dass nachfolgend auch das Inkrafttreten des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 zu berücksichtigen ist.
63 
2.2 Zum nach dem oben Gesagten maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums am 02.08.2006 richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeineren Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. Ziff. 9.35 - Spalte 2 - des Anhangs zur 4. BImSchV, nicht nach der spezielleren Norm des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG (in der Fassung vom 15.06.2005, BGBl. I S. 1626). Das Verhältnis zwischen der immissionsschutzrechtlichen und der sprengstoffrechtlichen Genehmigung regelt § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG a.F. nur partiell. Danach ist die sprengstoffrechtliche Genehmigung für solche Sprengstofflager subsidiär, die Bestandteil einer Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind. Es handelt sich vorliegend indes um ein selbständiges Lager und nicht um Bestandteile einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist die ungeregelte Kollision der Genehmigungsverfahren nicht entsprechend der konkurrierende Planfeststellungserfordernisse regelnden Bestimmung des § 78 Abs. 2 LVwVfG zu lösen. Danach ist die Genehmigung mit dem weitesten Prüfungsumfang vorrangig (vgl. etwa Odendahl, NVwZ 2002, 686, 687; offengelassen etwa von OVG Berlin, Beschluss vom 20.10.2000 - 2 S 9.00 - juris). Richtigerweise muss § 17 Abs. 1 Satz 3 BImSchG erst recht gelten, wenn das Lager selbst immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist (so etwa auch Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 13 RdNr. 6 a). Der Zuständigkeitsabgrenzung in § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass die Prüfung sprengstoffrechtlicher Gefährdungen durch die umfassendere Prüfung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens besser erfasst wird. Dieser Auffassung entspricht auch die novellierte Fassung von § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG mit Wirkung zum 01.03.2010 (Gesetz vom 11.08.2009, BGBl. I, S. 2723). Die Änderung ist ausweislich der Gesetzesmaterialien als bloße Klarstellung zu verstehen (Gesetzentwurf zur Bereinigung des Bundesrechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt - RGU - BT-Drs. 16/12277, S. 11). Somit ist dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 4 BImSchG Priorität einzuräumen.
64 
2.3 Die Voraussetzungen für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 4 BImSchG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Zwar war das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG zulässig, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. c i.V.m. Nr. 9.35 Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV sowie § 3 b Abs. 1 UVPG, Ziff. 10.1 und 10.2 Anhang I). Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen lagen indes nicht vor. Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch in Folge der Konzentrationswirkung des § 13 Satz 1 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Sprengstoffgesetzes (dazu unter 2.3.1) und des Baugesetzbuchs (dazu unter 2.3.2).
65 
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss sichergestellt sein, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG müssen genehmigungsbedürftige Anlagen so errichtet und betrieben werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Aus dem Begriff der Erheblichkeit folgt, dass unzumutbare Beeinträchtigungen vermieden werden sollen. Es ist eine Abwägung von Rechtsgütern des Anlagenbetreibers einerseits und der Nachbarschaft andererseits vorzunehmen. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist, soweit er die „Nachbarschaft“ vor schädlichen Umwelteinwirkungen schützt, daher eine spezielle gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Folglich entspricht der Schutz des Nachbarn durch Bauplanungsrecht dem durch die immissionsschutzrechtlichen Normen vermittelten Schutz (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Soweit sich ein Nachbar auf sprengstoffrechtliche Vorschriften berufen kann, ist dies in gleicher Weise im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu beachten. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Regelungen des Baugesetzbuchs oder Sprengstoffgesetzes bedingt folglich zugleich einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
66 
2.3.1 Die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt bei isolierter Betrachtung nicht gegen die Anforderungen des Sprengstoffgesetzes.
67 
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 SprengG ist eine sprengstoffrechtliche Genehmigung zu versagen, wenn keine Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter Beschäftigter oder Dritter, insbesondere durch die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Maßnahmen, getroffen werden. Was in Bezug auf die Aufbewahrung von explosionsgefährdeten Stoffen Stand der Technik ist, wird nach § 6 Abs. 2 SprengG durch den Anhang zu § 2 der 2. SprengV (i.d.F. der Bekanntmachung vom 10.09.2002, BGBl. I, S. 3543) bestimmt, vgl. §§ 1, 2 Abs. 1 SprengV.
68 
Welche - für den Nachbarschutz relevanten - Schutzabstände einzuhalten sind, regelt Ziff. 2.2.2 Absatz 1 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV. Für Abstände zu Wohnbereichen und Verkehrswegen verweist die Vorschrift auf die Anlage 1 zum Anhang. Gemäß Ziff. 1.12 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV stehen Gebäude und Anlagen mit Räumen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt und geeignet sind, bewohnten Gebäuden gleich. Gemäß Ziff. 2.1 der Anlage 1 zum Anhang ist für die Lagergruppe 1.1 betreffend der Abstände zu Wohneinheiten die Formel E = 22 x M1/3 und zu Verkehrswegen die Formel E = 15 x M1/3 einzuhalten. E bezeichnet den kürzesten Abstand in Meter, M die Lagermenge in Kilogramm. Nach der ursprünglich erteilten Genehmigung dürfen in den Lagerbunkern jeweils 25 t Explosivstoffe und Gegenstände mit Explosivstoffen der Lagergruppen 1.1, 1.3 und 1.4 eingelagert werden. Da die Lagergruppe 1.1 von den genannten den größten Sicherheitsabstand erfordert, ist gemäß Ziff. 2.2.2 Abs. 4 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV die Formel für diese auf die Gesamtmasse anzuwenden. Somit ist ein Sicherheitsabstand von 643,28 m (Abstand zu Wohngebäuden) und von 438,6 m (Abstand zu Verkehrsflächen) einzuhalten.
69 
Jedoch hat die Immissionsschutzbehörde eine Ausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der 2. SprengV (a.F.) in der Genehmigung des Vorhabens zugelassen. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde auf schriftlichen Antrag Ausnahmen von den Vorschriften des Anhangs zu dieser Verordnung zulassen, wenn eine andere, ebenso wirksame Maßnahme getroffen wird. Aus der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 05.10.2005 sowie der ergänzenden Auskunft vom 24.01.2007 ergibt sich, dass Grundlage der oben genannten Formel die Annahme ist, die Druckwelle bei einer etwaigen Explosion werde sich gleichmäßig ausbreiten. Durch Seiten- und Rückwände aus Stahlbeton oder eine Erdüberschüttung der Bunker ließen sich jedoch die Auswirkungen einer Detonation vermindern. Da diese Ausführung aber nicht bei der Bemessung des gesetzlichen Schutzabstandes herangezogen wurde, könne die Formel K = 13,5 x M1/3 angewendet werden. Daraus ergibt sich ein Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden. Auf diese Formel stützt sich bereits das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.04.1995 (S. 5); zugleich wurde zu Verkehrswegen mit dem Faktor 9,2 ein Schutzabstand von 269 m errechnet. Dass die Genehmigungsbehörde sich zunächst auf § 3 Abs. 2 der 2. SprengV ( a.F.) berufen hatte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin unschädlich. Denn das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung wurde ausdrücklich zum Bestandteil der Genehmigung gemacht. Diesem Gutachten lag aber bereits die genannte Formel mit einem Faktor von 13,5 zugrunde, so dass der Genehmigung die notwendigen Erwägungen für die Gestattung einer Ausnahme zugrunde liegen. Dadurch sind die nach dem Stand der Technik erforderlichen Schutzabstände zu den tatsächlich auf dem Grundstück der Klägerin vorhandenen Gebäuden gewahrt. Die Genehmigung steht insoweit mit § 17 Abs. 1 SprengG in Einklang.
70 
2.3.2 Die Genehmigung verstößt jedoch gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
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2.3.2.1 Welche Immissionen für Nachbarn im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zumutbar sind, ergibt sich nicht primär aus den tatsächlichen Gegebenheiten des Gebiets, sondern vor allem aus infolge von planungsrechtlichen Vorgaben möglichen Nutzungen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1985 - 4 C 63.80 - BVerwGE 71, 150; Urteil vom 24.04.1991 - 7 C 12.90 - BVerwGE 88, 143; BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246). Unzumutbar und damit erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind die Immissionen und sonstigen Gefahren, die mit den für den Einwirkungsort geltenden nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans unvereinbar sind. Mit dem Inkrafttreten des maßgeblichen Bebauungsplans erlangen die Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet eine Position, aufgrund derer sie darauf vertrauen können, dass eine nachfolgende heranrückende bauliche Nutzung auf Nachbargrundstücken auf die nach dem Bebauungsplan einmal gegebene Nutzbarkeit ihrer Grundstücke Rücksicht nehmen muss. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Grundstücke später tatsächlich entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaut und genutzt werden, oder ob für die Bebauung und Nutzungen Ausnahmen und Befreiungen erteilt worden sind, denn der Eigentümer eines Grundstücks in einem festgesetzten Bebauungsplangebiet kann allgemein darauf vertrauen, dass spätere Planungen und Baugenehmigungserteilungen die erforderliche Rücksicht auf das - insgesamt schutzbedürftige und schutzwürdige - festgesetzte Baugebiet nehmen werden. Mit der Anerkennung des Bebauungsplans als normative Bestimmung der Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen gewährleistet das Immissionsschutzrecht, dass der Bebauungsplan die ihm in § 1 BauGB zugedachte Aufgabe erfüllen kann, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu erreichen und dauerhaft zu sichern. Würde das Immissionsschutzrecht die Schutzwürdigkeit im Regelfall nach der tatsächlichen baulichen Nutzung bestimmen, stünde dies im Widerspruch zu den Zielen des Baugesetzbuchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Entscheidend ist deshalb, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 Festsetzungen von Bebauungsplänen verletzt. Da nach dem oben Gesagten maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Drittanfechtungsklage der der letzten Verwaltungsentscheidung ist, kommt es - soweit dieser wirksam ist - auf den am 20.05.2005 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ an.
72 
2.3.2.2 Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück der Klägerin ein Sondergebiet (SO1) im Sinne von § 9 a BauGB, § 11 Abs. 2 BauNVO fest. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurden zudem in dem der B... nächstgelegenen Teil A die Nutzung „Silos für Sägespäne“, im Teil B „Spanplattenwerk Lagerhaltung, Veredelung (einschließlich Schleifen), Vertrieb und Verwaltung“ und im Übrigen „Spanplattenwerk Lagerflächen, einschließlich Hacker- und Förderanlagen, Lkw-Parkplatz-Anlage, einschließlich Waage und Gebäude mit Sanitär- und Aufenthaltsräumen, Pförtnerloge“ festgesetzt. Der sprengstoffrechtlich erforderliche Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden verhindert jedenfalls die nach dem Bebauungsplan zulässige Nutzung des Grundstücksteils B für Vertrieb und Verwaltung, soweit ständige Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen. Wie sich der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.01.2007 entnehmen lässt, ist nach der Auffassung der Fachbehörde auch eine bebauungsplangerechte Nutzung des als Teil A bezeichneten Geländes erheblich eingeschränkt.
73 
Der Umfang der zulässigen Bebauung wird durch den Hinweis unter C. Ziff. 7 im Bebauungsplan nicht eingeschränkt. Denn rechtsverbindliche Wirkung haben lediglich Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB, wohingegen der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 BauGB) kein Satzungscharakter zukommt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 97. Ergänzungslieferung 2010, § 9 RdNr. 6). Während die Festsetzungen die zulässigen Vorhaben rechtsverbindlich einschränken und konkretisieren, dient die Begründung lediglich der Erläuterung und der Überprüfbarkeit des Abwägungsprozesses. Der Hinweis enthält jedoch keine Regelung zur Umschreibung der zulässigen Bauvorhaben. Er verweist lediglich auf Beschränkungen, die sich aus Umständen ergeben, welche außerhalb des Bebauungsplans liegen. Der Hinweis steht daher der Erläuterung und Begründung näher. Die Begründung kann aber nicht die rechtsverbindlichen Bebauungsplanfestsetzungen aushebeln. Folglich schränkt die Genehmigung des Sprengstofflagers die grundsätzlich zulässige Nutzung des Grundstücks der Klägerin ein.
74 
2.3.2.3 Der maßgebliche Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 ist wirksam; er verstößt weder gegen das Gebot der Erforderlichkeit der Planung noch gegen das Abwägungsgebot.
75 
Der Bebauungsplan ist nicht wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 3 BauGB normierte Gebot der Erforderlichkeit nichtig. Die Gemeinde darf keinen Bebauungsplan aufstellen, der aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Davon ist auszugehen, wenn die Realisierung des Bebauungsplans zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen scheitern müsste. Demgegenüber ist der Bebauungsplan vollzugsfähig und wirksam, wenn die Konflikte durch angemessene Auflagen oder sonstige Beschränkungen überwunden werden können. Die Festsetzung des Gebiets scheitert nicht in ihrer Gesamtheit. Lediglich ein Teilabschnitt der Fläche, die als Sondergebiet ausgewiesen ist, kann nicht wie im Bebauungsplan vorgesehen ausgenutzt werden. Es handelt sich somit um eine Beschränkung und nicht um eine Aufhebung der Vollzugsfähigkeit. Daher bleibt die Festsetzung im Bebauungsplan erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.
76 
Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB. Dies wäre der Fall, wenn im Rahmen der planerischen Abwägung die Schutzwürdigkeit der auf dem Grundstück der Klägerin zulässigen Bebauung verkannt und damit falsch beurteilt worden ist. Die Schutzabstände des Sprengstofflagers waren auch dann zu berücksichtigen, wenn dessen Genehmigung rechtswidrig erfolgt sein sollte. Denn für die Bauleitplanung sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (vgl. Söfker, a.a.O., § 1 RdNr. 193). Die Unvereinbarkeit von zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden im Gebiet SO1 und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Beigeladenen wurde zwar im Bebauungsplanverfahren behandelt. Dieser Umstand hat jedoch in den rechtsverbindlichen Festsetzungen keinen Eingang gefunden. Die Konfliktlage spiegelt sich nicht im Abwägungsergebnis wieder.
77 
Es ist jedoch in Grenzen zulässig, die Lösung von Konflikten nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu überlassen (Konfliktverlagerung). Die planende Gemeinde darf auf eine abschließende Konfliktlösung im Bebauungsplan verzichten, wenn diese außerhalb des Planverfahrens im Rahmen der Verwirklichung der Planung sichergestellt und zu erwarten ist. Dafür muss jedoch eine sachgerechte Konfliktlösung durch die Behörde hinreichend sicher abschätzbar sein. Bleibt das Problem zu Lasten des Betroffenen ungelöst, ist das Gebot der umfassenden Konfliktlösung verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30; Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - BVerwGE 69, 30). Dem liegt zugrunde, dass eine Überfrachtung des Bebauungsplans vermieden werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - a.a.O.). Wie sich aus dem vorgenannten Hinweis C im Bebauungsplan ergibt, ging die Gemeinde ... aufgrund der Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamts ... per E-Mail vom 26.04.2004 davon aus, dass dem Schutzabstand uneingeschränkt Vorrang einzuräumen ist. Dieser sei sodann im Genehmigungsverfahren wegen § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu berücksichtigen. Folglich durfte die Gemeinde damit rechnen, dass der Konflikt sachgemäß im Genehmigungsverfahren zu lösen ist. Ferner hat die Gemeinde durch den Verzicht auf die Festsetzung eines Schutzabstands dem Vertrauensschutz der Klägerin Rechnung getragen. Zwar besteht kein Anspruch auf Aufstellung und Bewahrung eines Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB); jedoch hat die vorherige Überplanung der Grundstücke durch den Bebauungsplan von 1983 in den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB Eingang zu finden. Der Bebauungsplan ist somit nicht wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot unwirksam.
78 
2.3.2.4 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und des Beklagten werden die durch den Bebauungsplan eingeräumten Rechte zu Gunsten der Klägerin nicht infolge einer Vorbelastung ihres Grundstücks eingeschränkt. Der im Gesetz unerwähnte Begriff der Vorbelastung wurde zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unzumutbaren Beeinträchtigung entwickelt (BVerwG, Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 - BVerwGE 51, 15). Aufgrund bestehender Umwelteinflüsse kann sich das Maß des für Nachbarn Zumutbaren verändern. Vorliegend könnte daran gedacht werden, dass das Grundstück der Klägerin schon immer mit den Schutzabständen zu den Sprengstoffbunkern belastet war. Wie die Beigeladene im Widerspruchsverfahren darlegte, betrieb sie in der Vergangenheit auf der Grundlage von Gestattungen aus dem Jahre 1953 bzw. 1957 ein Sprengstofflager im Gewann „... ...“, welches ebenfalls mit erheblichen Abstandsanforderungen verbunden gewesen sein dürfte. Somit dürfte die Ausnutzbarkeit des Grundstücks der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vorgängerbebauungsplanes aus dem Jahre 1983 eingeschränkt gewesen sein.
79 
Selbst wenn der Bebauungsplan im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der zu dem ehemaligen Sprengstofflager einzuhaltenden Abstände an einem Abwägungsfehler litte, wäre dieser jedoch unbeachtlich. Nach § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB finden die derzeit geltenden Vorschriften zur Planerhaltung grundsätzlich rückwirkend auf Bebauungspläne Anwendung, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. BBauG in Kraft getreten sind. Darüber hinaus sind gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden. Daraus folgt, dass insbesondere bei Abwägungsmängeln nicht nur die §§ 214, 215 BauGB in ihrer derzeitigen Fassungen gelten, sondern dass frühere Regelungen fortgelten.
80 
Maßgeblich für die vor dem Inkrafttreten des Baugesetzbuches zum 01.07.1987 bekannt gemachten Bebauungspläne bleibt daher die Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 2 BauGB 1978 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50.98 - Buchholz 406.11 § 244 BauGB Nr. 3). Nach dieser Vorschrift sind Mängel der Abwägung von Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekannt gemacht worden sind, unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem 01.07.1987 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind, wobei der Sachverhalt, der die Mängel begründen soll, darzulegen ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 244 Abs. 2 BauGB 1987 durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG - gestrichen wurde. Die Aufhebung der Vorschrift erfolgte, da sie nach Auffassung des Gesetzgebers ihren Zweck erfüllt hatte. Der Geltungsanspruch der Vorschrift sollte nicht rückwirkend entfallen. Dies ergibt sich im Übrigen aus § 233 Abs. 3 BauGB, wonach auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. des BBauG wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen fortgelten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.1999 - 8 S 1625/99 - VBlBW 2000, 394). Für den vor dem 01.07.1987 bekanntgemachten Bebauungsplan „...-...“ sind danach nur Abwägungsmängel beachtlich, die vor dem 01.07.1994 geltend gemacht worden sind. Da die von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren behauptete Nichtberücksichtigung der Sicherheitsabstände zu dem ehemaligen Sprengstofflager bisher nicht gegenüber der planenden Gemeinde geltend gemacht worden ist, wäre ein entsprechender Abwägungsmangel gemäß § 244 Abs. 2 BauGB a.F. i.V.m. § 233 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BauGB unbeachtlich und würde nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen.
81 
Unabhängig hiervon war zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Vorbelastung durch etwa einzuhaltende Sicherheitsabstände zum ehemaligen Sprengstofflager im Gewann „... ...“ entfallen. Denn dessen Genehmigung erlosch gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil die Vorgängeranlage nach Verlegung an den heutigen Standort für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden war.
82 
2.4 Nach dem oben unter 1.2 Ausgeführten scheidet hier die materiell-rechtliche Verwirkung des nachbarschützenden Abwehranspruchs gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - a.a.O.). Dieses Rechtsinstitut setzt neben einem Zeitablauf seit der Entstehung des Rechts voraus, dass besondere Umstände die Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung). Eine materiell-rechtliche Verwirkung scheidet hier bereits deshalb aus, weil nach dem oben Gesagten die Klägerin auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt keine Kenntnis von dem Bauvorhaben und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen hat erlangen müssen.
83 
Nach alldem hat die Berufung der Klägerin auch in der Sache Erfolg.
84 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
85 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere ist in der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fallübergreifend abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen sich ein Nachbar in Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO so behandeln lassen muss, als ob ihm eine Genehmigung zugestellt worden wäre.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

Tenor

Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer der im Außenbereich gelegenen Grundstücke Flst.-Nrn. ..., H... Weg ... in Sachsenheim, Gemarkung Kleinsachsenheim. Die Grundstücke sind mit einem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude bebaut und werden seit 1991 vom Antragsteller und seiner Familie bewohnt; die frühere gärtnerische Nutzung der Grundstücke wurde im Jahr 1972 aufgegeben. Der Antragsteller hat am 08.05.2009 eine Nutzungsänderungsgenehmigung beantragt. In dem diesbezüglich anhängigen Verwaltungsrechtsstreit (3 S 452/13) hat sich der Antragsgegner im Rahmen eines Vergleichs verpflichtet, die Wohnnutzung des Antragstellers vorbehaltlich einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung zu dulden.
Die Beigeladene betreibt auf der gegenüber liegenden Straßenseite auf den südöstlich des Anwesens des Antragstellers gelegenen Grundstücken FIst.- Nrn. ... bis ..., H... Weg ..., eine Biogasanlage. Die Entfernung zur Grundstücksgrenze des Antragstellers beträgt ca. 30 m, die Entfernung zum Wohnhaus ca. 50 m. Als Substrat werden im Wesentlichen nachwachsende Rohstoffe, Gülle sowie Puten- und Pferdemist eingesetzt. Für die Errichtung und den Betrieb der Anlage erteilte das Landratsamt Ludwigsburg am 22.12.2006 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhob der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Ein vom Verwaltungsgericht eingeholtes Sachverständigengutachten zu den Geruchsimmissionen kam zu dem Ergebnis, dass die Geruchswahrnehmungshäufigkeit für das Wohnhaus des Antragstellers rund 0,24 Jahresgeruchsstundenanteil betrage und damit der in der Genehmigung für landwirtschaftliche Anwesen im Außenbereich festgesetzte Immissionswert von 0,15 deutlich überschritten werde. Der Immissionswert von 0,15 könne aber durch ein gasdichtes Verschließen des Gärrestebehälters eingehalten werden; in diesem Fall werde eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 0,14 ermittelt. Mit Urteil vom 22.10.2012 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Ludwigsburg vom 22.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 01.07.2009 im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, der Antragsteller werde durch die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage im Hinblick auf die Geruchsbelastung schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Mit Beschluss vom 03.06.2013 hat der Senat die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zugelassen (10 S 1169/13); über die Berufungen ist noch nicht entschieden.
Mit bestandskräftiger immissionsschutzrechtlicher Anordnung vom 22.11.2012 hat das Landratsamt der Beigeladenen aufgegeben, den Endlagerbehälter zur Lagerung des vergorenen Substrats bis 30.09.2013 gasdicht zu verschließen Am 05.04.2013 wurde der Beigeladenen eine Änderungsgenehmigung für eine gasdichte Abdeckung des Gärrestebehälters mit einem Doppelmembran Gasspeicher erteilt. Hiergegen hat der Antragsteller unter dem 15.04.2013 Widerspruch eingelegt.
Bereits am 22.02.2013 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22.12.2006 gestellt, in den er am 24.04.2013 seinen Widerspruch gegen die Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 einbezogen hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen eine Beeinträchtigung durch Geruchsimmissionen und Gefährdungen im Brand- und Explosionsfall geltend gemacht.
Mit Beschluss vorn 03.06.2013 (10 S 393/13) hat der Senat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Maßgabe abgelehnt, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung um Nebenbestimmungen zur Umsetzung der Hinweise und Empfehlungen aus der Sicherheitstechnischen Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013 zu ergänzen ist, soweit diese noch nicht Bestandteil der Genehmigung sind. Die Maßgabe wurde mit einer nachträglichen Anordnung des Landratsamts vom 17.07.2013 umgesetzt. Ein Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 7 VwGO blieb erfolgslos (Senatsbeschluss vom 18.02.2014 10 S 1510/13 -).
Am 31.10.2013 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen eine weitere immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Änderung des Betriebs der Biogasanlage. Die Änderung besteht im Wesentlichen aus einer Erhöhung der Feuerungswärmeleistung des Blockheizkraftwerks von 1,281 MW auf 1,735 MW, die Erhöhung der eingesetzten Güllemenge von 1.716 t/a auf 3.700 t/a und der Änderung der Nutzung der Vorgruben (Vorgrube 1: Sicker- und Oberflächenwasser; Vorgrube 2: Gülleanlieferung). Der Antragsteller hat hiergegen unter dem 02.12.2013 Widerspruch eingelegt. Mit Entscheidung vom 10.12.2013 ordnete das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 an. Am 19.12.2013 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Mit Beschluss vom 06.03.2014 hat sich das Verwaltungsgericht für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichthof verwiesen.
II.
1.
Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Entscheidung vom 10.12.2013 entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Diese Vorschrift normiert lediglich eine - von der materiellen Prüfung des Bestehens eines Sofortvollzugsinteresses zu unterscheidende - formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Der Antragsgegner hat in den Gründen der Entscheidung vom 10.12.2013 eine Abwägung zwischen dem Aufschubinteresse des Antragstellers und den Interessen der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der Änderungsgenehmigung vorgenommen. Der Antragsgegner hat dabei maßgeblich auf die erheblichen wirtschaftlichen Einbußen abgestellt, die der Beigeladenen ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung drohen würden, und diesem Umstand gegenüber gestellt, dass der Antragsteller bei Ausnutzung der Änderungsgenehmigung nach Auffassung des Landratsamts keinen schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sei. Damit wird das formelle Begründungserfordernis erfüllt. Ob die genannten Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung des Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 - DVBI 2012, 1506; sowie vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBIBW 2011, 196). Denn das Gericht nimmt im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabwägung vor und ist nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 05.06.2001 - 1 SN 38/01 - NVwZ-RR 2001, 610).
2.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht hat der Antrag keinen Erfolg.
2.1
Gemäß §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in dem hier einschlägigen Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwG() wiederherstellen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit eines belastenden Verwaltungsakts gegenüber dem öffentlichen Interesse oder dem Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers ist indessen regelmäßig zu verneinen, wenn die im Eilrechtsschutzverfahren zu leistende Überprüfung der Sach-und Rechtslage ergibt, dass der eingelegte Rechtsbehelf aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird. In diesem Fall steht dem Antragsteller kein schutzwürdiges Interesse daran zu, die Vollziehung eines (voraussichtlich) rechtmäßigen Bescheids bis zur Hauptsacheentscheidung über seinen (wahrscheinlich unbegründeten) Rechtsbehelf zu verzögern. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die aufschiebende Wirkung nicht schon allein des halb wiederherzustellen, weil sie der gesetzliche Regelfall ist. Bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen, insbesondere - wie hier - bei begünstigenden Verwaltungsakten mit belastender Drittwirkung, stehen sich die Rechtspositionen der entsprechend reziprok betroffenen Privaten grundsätzlich gleichrangig gegenüber. Ein Rechtssatz des Inhalts, dass sich der einen Genehmigungsbescheid anfechtende Dritte gegenüber dem Genehmigungsempfänger von vornherein in einer bevorzugten verfahrensrechtlichen Position befinden müsse, wenn es um die Frage der sofortigen Verwirklichung des Genehmigungstatbestandes geht, ist weder aus dem geltenden Verwaltungsprozessrecht noch aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleiten. Die einseitige Bevorzugung des Dritten durch die einstweilige Festschreibung des status quo liefe vielmehr auf eine ungerechtfertigte, mit den Freiheitsgrundrechten des Begünstigten und dem Gleichheitssatz unvereinbare Privilegierung des Dritten hinaus. Kann mithin nicht von einem prinzipiellen prozessualen Vorrang des einen Genehmigungsbescheid anfechtenden Dritten ausgegangen werden, so ist die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, primär nach dem materiellen Recht zu beantworten, also nach der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.10.2008 - 1 BvR 2466/08 NVwZ 2009, 240 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 08.03.2011 - 10 S 161/09 -, juris; Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, Seite 1003 ff.). Ergibt die Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren hingegen, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen sind, ist die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung gleichwohl gerechtfertigt, wenn aus der Abwägung der widerstreitenden Interessen folgt, dass das öffentliche Interesse oder das Interesse eines Begünstigten an der sofortigen Ausnutzung des Verwaltungsaktes das Interesse des Antragstellers an dem vorläufigen Aufschub der Vollziehung überwiegt.
10 
Wie der Senat in den vorhergehenden Verfahren bereits ausgeführt hat, ist bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zu berücksichtigen, dass in einem von einem Dritten angestrengten Rechtsbehelfsverfahren eine objektive Rechtskontrolle nicht stattfindet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist vielmehr allein die Frage, ob der das Verfahren betreibende Dritte in eigenen subjektiven Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwG() verletzt wird. Ob der angefochtene Bescheid insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist insofern nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Genehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Dritten dienen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 - BVerwGE 82, 343).
11 
Ferner weist der Senat daraufhin, dass der Prüfungsrahmen im vorliegenden Verfahren beschränkt ist. Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines gegen die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 gerichteten Widerspruchs; die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes im Hinblick auf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22.12.2006 in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 05.04.2013 war Gegenstand der Verfahren 10 S 393/13 und 10 S 1510/13. Der Begriff der "genehmigungsbedürftigen Anlage" erfasst bei einer Änderungsgenehmigung vom Ansatz her zwar die gesamte Anlage, weil die Grundpflichten nach § 5 Abs. 1 BlmSchG an den Begriff der "Anlage" anknüpfen. Dementsprechend ist die behördliche Prüfung grundsätzlich nicht auf den Gegenstand des Genehmigungsantrags beschränkt, sondern muss die etwaigen Auswirkungen der Anlagenänderung auf die Gesamtanlage und auf die Umgebung untersuchen. Dieses Übergreifen der Prüfung auf die Gesamtanlage reicht aber nur so weit, wie sich die Anlagenänderung auswirken kann. Nach Sinn und Zweck des Änderungsgenehmigungsvorbehalts ist es nicht geboten, ohne sachliches Erfordernis den gesamten bei der erstmaligen Errichtung und Inbetriebnahme einer Anlage anfallenden Prüfungsaufwand erneut auszulösen. Es geht vielmehr darum sicherzustellen, dass die geänderte Anlage bzw. ihr geänderter Betrieb den Genehmigungsvoraussetzungen genügt. Bei einem Änderungsvorhaben bezieht sich die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen dementsprechend zunächst auf die zu ändernden Anlagenteile oder betrieblichen Verfahrensschritte. Dar-über hinaus erstreckt sie sich auch auf diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage, auf die sich die Genehmigung auswirkt. Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung kann sich ein Drittbetroffener gegen die Änderungsgenehmigung nicht wegen etwaiger Einwirkungen wenden, die auf der Erstgenehmigung beruhen, oder die Änderung zum Anlass nehmen, die Erstgenehmigung anzugreifen (vgl. zum Ganzen BVerwG; Urteil vom 24.10.2013 - 7 C 36.11 - juris; Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - juris m.w.N; OVG NRW, Urteile vom 9.12.2009 - 8 D 6108.AK - juris, und vom 3.12.2008 - 8 D 21/07.AK - juris). Die Einwendungen des Antragstellers müssen daher von vorneherein erfolglos bleiben, soweit sie sich auf Gegenstände beziehen, die in der immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22.12.2006 i.d.F. vom 05.04.2013 geregelt sind und durch die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht berührt werden.
2.2
12 
Die Erteilung der Änderungsgenehmigung nach § 16 BlmSchG i.V.m. § 6 Blm-SchG begegnet keinen durchgreifenden verfahrensrechtlichen Bedenken. Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, es hätte eine Neugenehmigung erfolgen müssen, weil sich der Gesamtcharakter der Anlage grundlegend verändere. Eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte des Antragstellers ist insoweit nicht ersichtlich. Eine Änderungsgenehmigung unterliegt grundsätzlich den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie eine Erstgenehmigung; insbesondere muss die geänderte Anlage den Anforderungen des § 6 Abs. 1 BlmSchG entsprechen (Jarass, BimSchG, Kommentar, 10. Auflage § 16 Rn. 35). Allerdings kann die Behörde im Änderungsgenehmigungsverfahren nach § 16 Abs. 2 BimSchG unter bestimmten Voraussetzungen von der Öffentlichkeitsbeteiligung absehen. Ist die Öffentlichkeitsbeteiligung zu Unrecht unterblieben, können Drittbetroffene hierdurch in ihren Rechten verletzt werden (vgl. Jarass a.a.O., § 16 Rn. 69; § 10 Rn. 136). Dieser Umstand kann aber nur zum Tragen kommen, wenn für eine Erstgenehmigung ein förmliches Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BlmSchG erforderlich wäre. Das (Erst)Genehmigungsverfahren für die hier umstrittene Biogasanlage wird aber ohne Öffentlichkeitsbeteiligung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BlmSchG i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 2, Anhang 1 Nr. 1.2.2.2 Spalte c, Nr. 8.6.3.2 Spalte c 4. BlmSchV i.d.F. vom 02.05.2013 - früher Nr. 1.4 Spalte 2 Buchst. b) aa); Nr. 8.6 Spalte 2 Buchst. b) - durchgeführt (zur fehlenden subjektiven Rechtsverletzung bei der Wahl des Verfahrens vgl. Senatsbeschluss vom 25.11.2014 - 10 S 1920/14 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Senatsbeschluss vom 08.03.2011 10 S 161/09 - NVwZ-RR 2011, 355). Der Antragsteller erleidet daher durch die Erteilung der Änderungsgenehmigung anstelle einer Neugenehmigung keinen Rechtsnachteil. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass durch die Änderungsgenehmigung der Gesamtcharakter der Anlage so grundlegend verändert würde, dass eine Neugenehmigung erforderlich wäre. Bauliche Veränderungen sind nicht beantragt und nicht genehmigt. Auch die Erhöhung der Anlagenkapazität erfolgt voraussichtlich nicht in einem Umfang, der den Anlagencharakter insgesamt verändert. Das Substrat nimmt um ca. 20 % zu; die Feuerungswärmeleistung erhöht sich um ca. 35 % und die Rohgasproduktion erhöht sich von 2,2 Mio m3/a auf maximal 2,3 Mio m3/a. Durch die Kapazitätserhöhung wird weder ein Störfallbetrieb geschaffen (dazu sogleich) noch erreicht die Gesamtkapazität die Schwellenwerte, bei denen für die Gesamtanlage ein förmliches Verfahren durchgeführt werden müsste. Denn die Feuerungswärmeleistung bleibt deutlich unter 10 MW (vgl. 4. BlmSchV, Anhang 1 Nr. 1.2.2.2 Spalte c) und der Durchsatz dürfte weniger als 100 Tonnen pro Tag betragen (vgl. 4. BlmSchV Anhang 1 Nr. 8.6.3.2 Spalte c).
2.3
13 
Die Änderungsgenehmigung verletzt den Antragsteller voraussichtlich auch nicht in seinen materiellen Rechten. Rechtsgrundlage für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 31.10.2014 ist § 6 Abs. 1 BlmSchG. Danach ist die erforderliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).
14 
Bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung liegt weder ein Verstoß gegen das in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG geregelte Schutzgebot vor (dazu 2.3.1) noch werden drittschützende sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften verletzt (dazu unter 2.3.2).
2.3.1
15 
Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für Nachbarn drittschützend (vgl. Senatsurteil vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom 09.12.2009 - 8 D 6/08.AK - juris). Zutreffend weist der Antragsteller darauf hin, dass auch die sonstigen Einwirkungen im Sinne der 2. Alternative grundsätzlich drittschützende Wirkung entfalten. Die Erfüllung der Grundpflichten des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BimSchG muss für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme sowie für die Dauer des Betriebs sichergestellt sein. Diese Bestimmung hat aber nicht die Bedeutung, dass jedes nur denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren ausgeschlossen sein muss. Vielmehr müssen Risiken, die als solche erkannt sind, nach den konkreten Umständen des Falles mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein (grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.02.1978 - I C 102/76 - BVerwGE 55, 250; vgl. auch Jarass a.a.O. § 3 BlmSchG Rn. 39). Nach überwiegender Auffassung muss eine konkrete Gefährlichkeit bestehen; eine abstrakte Störqualität genügt nicht (Jarass a.a.O. § 3 BimSchG Rn. 39). Je schwerwiegender die zu befürchtenden Schäden sind, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit zu stellen; umgekehrt muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts desto höher sein, je geringer die Schadensfolgen sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 43 m.w.N.). Nach Durchführung der erforderlichen Amtsaufklärung verbleibende Unsicherheiten lassen sich eventuell durch geeignete Nebenbestimmungen kompensieren (Jarass a.a.O. § 6 Rn. 11 f.; §12 Rn. 8).
16 
Nach diesem Maßstab werden durch die Ausnutzung der Änderungsgenehmigung voraussichtlich keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen hervorgerufen, die die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gebieten. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 BlmSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Welche Beeinträchtigungen dabei als erheblich einzustufen sind, bemisst sich danach, was die Betroffenen an Immissionen nicht mehr hinzunehmen brauchen, weil sie unzumutbar sind (Jarass a.a.O. § 3 Rn. 47). Es ist nicht abschließend geklärt, ob schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Alternative BlmSchG nur diejenigen Immissionen sind, die im Normalbetrieb der Anlage entstehen, oder auch diejenigen, die durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder durch extern ausgelöste Gefahren verursacht werden (so Jarass a.a.O. § 5 Rn. 12 f. Rn. 24; differenzierend Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 5 BlmSchG Rn. 96). Durch Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs oder externe Gefahren hervorgerufene negative Einwirkungen sind aber zumindest den sonstigen Gefahren im Sinne des 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BlmSchG zuzuordnen. Hierzu gehören insbesondere auch Explosions- und Brandgefahren sowie die Gefahr von Flüssigkeitsaustritt oder Überflutungen (Jarass a.a.O. § 5 Rn. 27 f.).
2.3.1.1
17 
Wie der Senat in den Beschlüssen vom 03.06.2013 und vom 18.02.2014 im Einzelnen dargelegt hat, unterliegt die umstrittene Biogasanlage nicht den Anforderungen der Störfall-Verordnung (12. BlmSchV). Auf das Vorhandsein eines Störfallbetriebs kann insbesondere nicht daraus geschlossen werden, dass die Beigeladene im Hinblick auf die benachbarte Wohnnutzung vorsorglich Berechnungen über die Auswirkungen von Dennoch-Störfällen vorgelegt hat, in denen hypothetisch ermittelt wird, ob die im Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit empfohlenen Abstände zwischen Betriebsbereichen im Sinne der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im vorliegenden Fall eingehalten würden (Sicherheitstechnische Vorprüfung des TÜV Nord vom 10.05.2013; Einzelfallbetrachtung vom 16.08.2013/10.10.2013). Bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist auch nach Erteilung der Änderungsgenehmigung kein Störfallbetrieb gegeben. Soweit ersichtlich führt die Erhöhung der Güllemenge nicht zu einer Erhöhung des in der Anlage im Sinne der Störfall-Verordnung vorhandenen Gasmenge. Nach den zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 gemachten Antragsunterlagen sind in der Anlage nach wie vor maximal 9.744 kg Biogas vorhanden; damit wird die Mengenschwelle der Störfall-Verordnung von 10.000 kg für hochentzündliches Gas immer noch unterschritten. Eine Überschreitung der Mengenschwelle wäre mithin nicht genehmigt. Die Mengenangabe in den Antragsunterlagen erscheint aber auch in der Sache schlüssig, weil bauliche Veränderungen, insbesondere eine Vergrößerung der Gasspeicher der Fermenter, des Nachgärers oder des Gärrestelagers nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung sind. Die Erhöhung der Substratzufuhr und der Produktionskapazität dürfte daher in erster Linie zu einem höheren Durchsatz der Biomasse führen. Zwar kann bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung nicht ausgeschlossen werden, dass hierdurch die vorhandenen Gasspeicherkapazitäten in höherem Umfang ausgenutzt werden, dass sich also im Durchschnitt mehr Gas als bisher in der Anlage befindet. Den vom Regierungspräsidium Stuttgart für plausibel gehaltenen Berechnungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. (pro- Terra GmbH, Gutachten vom 22.10.2012 S. 10 ff.) sowie den Berechnungen des TÜV Nord (Sicherheitstechnische Vorprüfung vom 10.05.2013 S. 19, Einzelfallbetrachtung vom 16.08./10.10.2013), nach denen die maßgeblichen Mengenschwellen sicher unterschritten werden, liegt jedoch das technisch größtmögliche Gasspeichervolumen bei ordnungsgemäßem Betrieb zugrunde, so dass sich insoweit keine Änderungen ergeben. Außerdem wurde konservativ mit einem hohen spezifischen Gasgewicht gerechnet. Danach gibt es keinen Anhaltspunkt für eine Erhöhung der in der Anlage maximal vorhandenen Gasmenge über die Mengenschwellen der Störfallverordnung hinaus. Auch den vom Antragsteller in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten von Dr. Ing. H. vom 01.12.2013 sowie von Dipl.-Phys. S. vom 19.06.2014 lässt sich nichts anderes entnehmen. Diese Störfallbetrachtungen unterstellen, dass es sich um einen Störfall-Betrieb handelt, ohne darzulegen, dass die maßgeblichen Mengenschwellen entgegen der Annahme des Antragsgegners und der oben genannten Gutachter überschritten werden. Danach kann der umstrittenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch in der Fassung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht entgegengehalten werden, dass die Anforderungen der Störfall-Verordnung nicht eingehalten würden.
18 
Auch aus § 50 BlmSchG und der hierzu vom Antragsteller in Bezug genommenen Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - C-53/10 - juris; BVerwG, Urteil vom 20.12.2012 - 4 C 12.11 - juris) lässt sich nichts zu Gunsten des Antragstellers herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist. Wie ausgeführt, handelt es sich bei der umstrittenen Anlage nicht um einen Betriebsbereich im Sinne der Legaldefinition des § 3 Abs. 5 Buchst. a BlmSchG. Im Übrigen geht es in § 50 BlmSchG um einen gebietsbezogenen bzw. planerischen Immissions- und Störfallschutz; vorliegend steht aber eine bereits verwirklichte singuläre Wohnnutzung im Außenbereich in Rede. Auch der Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit in der Fassung vom 06.11.2013 zur Umsetzung des § 50 BlmSchG ist mithin nicht unmittelbar einschlägig.
2.3.1.2
19 
Allerdings dürfte die Störfall-Verordnung keine abschließende Konkretisierung der störfallbezogenen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BimSchG darstellen(Jarass a.a.O. § 7 Rn. 31 m.w.N.). Vielmehr sind auch die nicht der Störfall-Verordnung unterfallenden Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass keine konkreten Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG durch betriebsbedingte oder externe Störungen entstehen. Solche Gefahren werden durch die streitgegenständliche Änderungsgenehmigung aber voraussichtlich nicht hervorgerufen oder erhöht.
20 
Eine konkrete toxische Gefährdung des Antragstellers durch entweichenden Schwefelwasserstoff (H2S) dürfte mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sein. Dem Antragsteller ist zuzugeben, dass bei der Erzeugung von Biogas Schwefelwasserstoff entsteht, der schon in sehr geringen Konzentrationen hochgiftig ist. Aus der Ausbreitungsberechnung des TÜV Nord vom 16.08./10.10.2013 ergibt sich aber, dass am Wohnhaus des Antragstellers weder im Auslegungsstörfall (größere Dachhautleckagen) noch im Dennoch-Störfall (spontane Freisetzung der größtmöglichen zusammenhängenden Gasmenge durch komplette Entfernung der Dachhaut des Gärrestelagers bei 100%iger Gasfüllung) eine toxische Gefährdung oberhalb des ERPG-2-Wertes für eine einstündige Exposition (30 ppm) oder des AEGL-2-Wertes für zehnminütige Exposition (41 ppm) zu erwarten ist; bei einer Entfernung von 50 m sinkt die Schwefelgaskonzentration unter 10 ppm (0,001 Vol %). Dies steht nicht im Widerspruch zu den vom Antragsteller in Bezug genommenen Quellen (Merkblatt KAS-12; Internetauftritt der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau); denn diese schildern die Gefahren von Schwefelwasserstoff durch direktes Einatmen des Schwefelwasserstoffs bei Arbeiten in unmittelbarer Nähe von mit Gülle gefüllten Gruben, Schächten und Behältern. Zu ähnlichen Ergebnissen wie der TÜV Nord gelangt im Übrigen auch das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten von Dr. Ing. H.. Danach werden selbst bei größeren Leckagen (Szenario 1) sowie beim vollständigen Versagen der gesamten Dachhaut (Szenario 2) die ERPG-2- und AEGL-2-Werte nur kurzfristig (< 2min) überschritten, die maßgeblichen Expositionszeiten von 60 bzw. 10 Minuten werden bei weitem nicht erreicht (vgl. S. 23 f.).
21 
Bei summarischer Prüfung besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Schwefelwasserstoffkonzentration durch die Erhöhung der Güllemenge in einer solchen Weise verändert, dass die o.g. Ausbreitungsberechnungen des TÜV Nord bzw. von Dring. H. nicht mehr aussagekräftig wären. Die Berechnungen der o.g. Gutachter basieren auf der Annahme, dass in dem in der Anlage erzeugten Biogas während des Fermentationsprozesses Schwefelwasserstoffkonzentrationen von maximal 100 ppm (0,01 Vol %) erreicht werden. Zwar können in Biogas - worauf der Antragsteller zutreffend hinweist - auch weit höhere Konzentrationen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und vom Anlagentyp auftreten. Nach der gutachtlichen Stellungnahme des TÜV Nord vom 28.08.2014 (Gerichtsakte S. 381) liegen aber hinreichende Detailkenntnisse vor, die auch nach der Erhöhung der Güllemenge die Annahme von 100 ppm H2S im Rohbiogas zulassen. Die Gutachter haben ausgeführt, in allen vier Gasspeichern finde eine biologische Entschwefelung durch Zugabe von Luftsauerstoff statt, der Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure und ele-mentaren Schwefel umsetze. Jeweils ein Aggregat fördere Luftsauerstoff in die Fermenter 1 und 2 und in den Nachgärer. Das gesamte Biogas werde durch den Gärrestebehälter geleitet. In der Regel würden bei Anlagen mit überwiegend pflanzlichen Inhaltsstoffen und biologischer Entschwefelung im Durchschnitt Schwefelwasserstoffgehalte unter 200 ppm gemessen. Verfahrenstechnische Ursachen für einen hohen H2S-Gehalt seien etwa fehlende Besiedlungsflächen oder das Aufrühren der Schwimmdecke. Der Gärrestebehälter der Anlage der Beigeladenen biete durch eine Mittelstütze und zahlreiche Spanngurte eine große Besiedlungsfläche; das Substrat werde nur im Falle des Abtransports aufgerührt. Die Anlage werde überwiegend mit Substraten mit einem mittleren Schwefelgehalt, zu denen auch Gülle gehöre, versorgt. Da bei Absinken der pH-Werte unter den neutralen Bereich die Biogasproduktion gestört werde, sei der Anlagenbetreiber gehalten, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Ein schneller Substratwechsel sei daher nicht zu erwarten. Die Einsatzstoffe böten nicht das Potential für eine schnelle Absenkung des pH-Wertes und der damit verbundenen verstärkten Freisetzung von Schwefelwasserstoff. Im Übrigen hätten Messungen der Gaswerte vor dem Aktivkohlefilter ergeben, dass der H2S-Wert im Mittel bei 5,4 ppm liege.
22 
Diese Ausführungen scheinen dem Senat schlüssig und überzeugend. Nach den Genehmigungsunterlagen verfügt die Biogasanlage eine biologische Entschwefelung durch Zuführung von Luft; nach Aktenlage ist die Luftzufuhr bei Bedarf regelbar. Da Schwefelwasserstoff zu Korrosionen an wichtigen Anlagenteilen führt, haben Anlagenbetreiber grundsätzlich auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Senkung des Schwefelwasserstoffgehalts (vgl. etwa Biogashandbuch Bayern, Materialienband Kap.1.5.4.2). Maßgebliches Gewicht kommt aber dem Umstand zu, dass ein Messprotokoll über kontinuierliche tägliche Messungen des Schwefelwasserstoffgehalts vor dem Aktivkohlefilter im Rohbiogas der Anlage über 48 Tage vorliegt, und zwar innerhalb eines Zeitraums, in dem die Güllemenge bereits erhöht war. Die Messungen haben einen Mittelwert von 5,4 ppm ergeben, der Maximalwert für Schwefelwasserstoff lag bei 9 ppm. Der Geschäftsführer der Beigeladenen hat zudem eidesstattlich versichert, dass die täglichen Kontrollen Werte von ca. 2 bis ca. 30 ppm ergäben. Lediglich in Einzelfällen würden kurzzeitig Werte bis 150 ppm gemessen, etwa wenn die Gülle aufgerührt worden sei. Dieser etwa im Frühjahr 2014 gemessene Wert sei aber binnen einer Stunde auf 50 ppm abgesunken. Die Werte seien nach der Abdeckung des Gärrestebehälters nochmals gesunken.
23 
Die Annahme, dass die Schwefelwasserstoffkonzentration auch nach der Erteilung der Änderungsgenehmigung im Mittel deutlich unter 100 ppm bleibt, wird durch das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten von Dipl.-Phys. S. nicht überzeugend widerlegt. Der Gutachter nimmt für die Beurteilung der konkreten toxischen Gefahren durch eine Gasleckage während des Normalbetriebs der umstrittenen Anlage einen H2S-Gehalt von 50 bis 2.000 ppm (0,005 bis 0,2 Vol%) an (S. 14). Allerdings könne zur Beurteilung der konkreten Gefahr durch einen gestörten Betriebs ein oberer H2S-Gehalt von 20.000 ppm (2 Vol%) nicht ausgeschlossen werden, auch wenn ein plötzlicher vollständiger Ausfall der biologischen Entschwefelung nicht zu erwarten sei (S. 15). Der Gutachter verfügt jedoch nach eigenen Angaben nicht über Detailkenntnisse bezüglich der streitgegenständlichen Anlage (5. 13) und entnimmt seine Einschätzung Messprogrammen anderer Anlagen, über deren Vergleichbarkeit mit der Anlage der Beigeladenen keine Aussage getroffen werden kann. Im Übrigen hält er einen vollständigen Ausfall der biologischen Entschwefelung selbst für unwahrscheinlich.
24 
Auch die auf den genannten Schwefelwasserstoffgehalten basierenden Ausbreitungsberechnungen des Gutachters Dipl.-Phys. S. begegnen bei summarischer Prüfung Bedenken. Fraglich sind zunächst die dem Gutachten zugrunde gelegten meteorologischen Daten. Dem Gutachter standen keine Zeitreihen für den konkreten Standort zur Verfügung (S. 19). Es wird daher die ungünstigste Ausbreitungssituation zugrunde gelegt (Windstille und Inversionswetterlage) und ohne nähere Begründung mit Schwachwind-Werten der Messstation Stuttgart-Echterdingen belegt. Demgegenüber hat die Beigeladene mit den Antragsunterlagen eine eingehendes meteorologischen Gutachten von Dipl.-Met. F. vom 14.12.2013 vorgelegt; danach sind am ehesten die Daten der Station Mühlacker mit dem Standort der Anlage vergleichbar. Die Windrose der Station Mühlacker weist als Richtungsmaximum eine West-Ost-Richtung und eine schwächere Südost-Nordwestrichtung auf, somit liegt das Grundstück des Antragstellers entgegen der Hauptwindrichtung. Diese Windrose entspricht damit - mit Ausnahme eines dritten Windmaximums aus nördlicher Richtung - im Wesentlichen der synthetischen Windverteilungsstatistik der LUBW für diesen Standort, wie sie vom Gutachter Dipl.-Ing. B. zugrunde gelegt wurde. Da es hier nicht um eine bauleitplanerische Vorsorge, sondern um die Feststellung einer konkreten Gefahr geht, spricht zudem vieles dafür, der Ausbreitungsberechnung nicht die meteorologisch denkbar ungünstigsten, sondern mit dem TÜV Nord mittlere Ausbreitungsverhältnisse zugrunde zu legen.
25 
Darüber hinaus ist bei der Bewertung der gutachtlichen Ausbreitungsberechnungen zu berücksichtigen, dass die Annahme der Eignung einer Anlage zur Hervorrufung konkreter Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG - wie ausgeführt - auch von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abhängt. Auch nach den Ausbreitungsberechnungen des vom Antragsteller vorgelegten Gutachtens Dipl.-Phys. S. treten toxische Gefahren am Wohnhaus aber nur bei einer Kombination extrem unwahrscheinlicher Bedingungen auf (vgl. Tabelle 9 S. 22). So wird eine Überschreitung der maßgeblichen ERPG-2- und AEGL-2-Werte für den Leckagefall 4 (Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters) angenommen. Der Gutachter der Beigeladenen und der Gutachter des Antragstellers stufen das Spontanversagen der kompletten Abdeckung des Gärrestebehälters mit der Folge der Komplettfreisetzung der gesamten Gasmenge aber übereinstimmend als unrealistisch ein und ordnen es dem Katastrophenschutz zu (vgl. TÜV Nord vom 27.08.2014 S. 13; Gutachten Dipl.-Phys. S. vom 19.06.2014 S. 17 unten). Leckagen verschiedener Größenordnungen werden zwar von beiden Gutachtern übereinstimmend als realistisch eingestuft. Zu einer Gefährdung des Wohngrundstücks des Antragstellers gelangt aber auch der Gutachter Dipl.-Phys. S. erst bei der Gas-/Leck-Kombination „G3 1L3", d.h. ab einer Schwefelwasserstoffkonzentration von 0,2 Vol % (2000 ppm). Wie dargelegt, gibt es bei summarischer Prüfung jedoch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert in der Anlage der Beigeladenen erreicht wird. Im Übrigen zeigen die vom Antragsteller zum Beleg für toxische Gefahren herangezogenen Ausbreitungsradien nach dem Gutachten Dip.-Phys. S. die Gas-/Leckage-Kombination G 2/ L 4 ; d.h. eine Gaskonzentration von 0,05 Vol % (= 500 ppm) mit einem Komplettversagen der gesamten Dachhaut, also einem nach der Auffassung beider Gutachter vernünftiger Weise auszuschließende Leckage-Szenario. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein einer Schwefelgaskonzentration von 500 ppm zumindest vom TÜV Nord unter Berücksichtigung der Detailkenntnis und der Messungen ebenfalls ausgeschossen wird. Auch die weiteren Gas-/Leckage-Kombinationen, bei denen das Wohnhaus des Antragstellers toxischen Gefahren ausgesetzt würde, nämlich G 5 IL 1, d.h. eine Schwefelwasserstoffkonzentration von 2 Vol % (= 20.000 ppm), sowie G 4 (0,5 Vol % = 5000 ppm)/L 2, sind nach dem oben Gesagten äußerst unwahrscheinlich, was der Gutachter auch einräumt (S. 25 unten). Zusammenschauend setzen die genannten Gas-/Leckage-Kombinationen den gleichzeitigen Eintritt mehrerer betrieblicher Störungen, nämlich das Auftreten erheblicher Leckagen in beiden Dachmembranen (Wettermembran und Gasmembran) bei gleichzeitigem Versagen der biologischen Entschwefelung in Verbindung mit dem Ausfall der betrieblichen Kontroll- und Warnsysteme voraus.
26 
Damit wird bei Berücksichtigung der konkreten Störfallszenarien auch durch das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine toxische Gefährdung der Bewohner des Grundstücks H. Weg Nr. 51 dargetan. Nicht zuletzt geht auch das Gutachten von Dipl.-Phys. S. davon aus, dass eine konkrete Gefahr für das nächstgelegene Wohnhaus durch bestimmte technische Maßnahmen sicher verhindert werden könne (S. 27). Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung kann aber unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht versagt werden, wenn ein Genehmigungshindernis durch Nebenbestimmungen ausgeräumt werden kann. Die Beantwortung der Frage, ob weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Anlagensicherheit erforderlich sein könnten, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Nach der Stellungnahme des TÜV Nord sind die vorgeschlagenen Maßnahmen überwiegend bereits durchgeführt oder aufgrund des ohnehin schon hohen Sicherheitsstandards nicht erforderlich. Es ist jedenfalls nicht hinreichend dargetan, dass Sicherheitsmängel die sofortige Einstellung des erweiterten Betriebsumfangs gebieten.
27 
Die vom Antragsteller geltend gemachten Bedenken im Hinblick auf den Explosions- und Brandschutz, den Blitzschutz und die Dichtheitsprüfung der Abdeckung des Gärrestebehälters waren bereits Gegenstand der vorangegangen Verfahren 10 S 393/13 und 10 S 1510/13. Es ist nicht erkennbar, dass die Änderungsgenehmigung insoweit Auswirkungen auf die Bestandsanlage hat, da das maximale Gasspeichervolumen nicht erhöht wird und keine baulichen Veränderungen erfolgen. Allerdings wurden bei der sicherheitstechnischen Schlussabnahme des TÜV Nord vom 29.11.2013 bei der Dichtheitsprüfung geringfügige Mängel festgestellt, die allerdings nach Einschätzung des Sachverständigen Beschäftigte und Dritte nicht unmittelbar gefährden und daher dem Weiterbetrieb der Anlage nicht entgegenstehen (S. 14, S. 29). Die Frage, ob diese Mängel behoben worden sind, wird in dem die Gesamtanlage betreffenden Verfahren der Hauptsache zu klären sein.
2.3.1.3
28 
Auch schädliche Umwelteinwirkungen durch Staub, Lärm und Gerüche werden durch die Änderungsgenehmigung voraussichtlich nicht hervorgerufen. Allerdings geht der Senat davon aus, dass sich die Erhöhung der Güllemenge auf die Emissionen der Gesamtanlage auswirken kann. Bei summarischer Prüfung liegt die Belastung durch Lärm-, Staub- oder Geruchsimmissionen aber noch im Bereich des Zumutbaren. Den normkonkretisierenden technischen Regelwerken der TA Lärm und TA Luft kommt dabei, soweit sie den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisieren, im Rahmen ihres Anwendungsbereichs eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 - 4 C 2/07 - juris m.w.N.).
29 
Nach Nr. 4.3.1 TA Luft ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 ermittelte Gesamtbelastung den Immissionswert von 0,35 g/(m 2 . d) im Jahresmittel nicht übersteigt. Nach Nr. 4.3.2 Buchst. b) TA Luft darf die Genehmigung auch bei einer Überschreitung nicht versagt werden, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an diesem Beurteilungspunkt einen Wert von 10,5 mg/ (m2.d) im Jahresmittel nicht überschreitet. Die Beigeladene hat mit den Antragsunterlagen ein Gutachten der SFI - Sachverständige für Immissionsschutz - (Dipl.Phys L.) vom 02.05.2013 zu „Staubimmissionen im Umfeld der Biogasanlage am Standort K." vorgelegt. Danach liegt die Kenngröße für die Zusatzbelastung unter 10,5 mg/ (m2.d). Einwendungen gegen die Richtigkeit des Gutachtens sind vom Antragsteller nicht geltend gemacht worden. Allerdings fällt auf, dass im Gutachten zu Unrecht angenommen wird, dass das Wohnhaus des Antragstellers von der umstrittenen Anlage ca. 70 m entfernt ist (vgl. S. 7, S. 16); nach Aktenlage beträgt der Abstand zum Mittelpunkt der Gärrestebehälters lediglich ca. 50 m. Dieser Fehler dürfte aber das Ergebnis des Gutachtens nicht durchgreifend in Frage stellen. Denn in den Ausbreitungsradien wird die Lage des Wohnhauses des Antragstellers zutreffend wiedergegeben (Abbildungen S. 21, S. 22). Nach den Ausbreitungsradien liegt der Immissionsort Wohnhaus H. Weg Nr. 51 nur zu einem geringen Teil im untersten Bereich einer Zusatzbelastung durch Staubdeposition (0,0050 bis 0,0105 g/(m 2.d), überwiegend aber außerhalb des Einflussbereichs der Anlage.
30 
Der genannte Fehler dürfte sich auch auf die Berechnung der Schwebstaubbelastung nicht auswirken. Denn das Gutachten geht nicht davon aus, dass der Irrelevanzwert nach Nr. 4.2.2 Buchst. a TA Luft für die Zusatzbelastung durch Immissionen der Anlage an dem Beurteilungspunkt „Wohnhaus H. Weg Nr. 51" in Höhe von 3,0 % des lmmissions-Jahreswerts von 40 pg/m3 (= 1,2 g/m3) unterschritten wird, wie es bei einem Abstand von 70 m aber der Fall wäre. Vielmehr legt das Gutachten der Ausbreitungsberechnung auch insoweit einen zutreffenden Lageplan zugrunde und nimmt eine Überschreitung des Irrelevanzwertes an. Darauf basierend berechnet das Gutachten die Gesamtbelastung unter Berücksichtigung der Hintergrundbelastung nach den Messwerten der LUBW und gelangt zu dem Ergebnis, dass sowohl der Jahresimmissionswert von 40 pg/m2 als auch der Tagesmittelwert von 50 pg/m2 mit 35 zulässigen Überschreitungen (vgl. Nr. 4.2.1 TA Luft Tabelle 1) eingehalten werden.
31 
Bei summarischer Prüfung werden auch keine unzumutbaren Lärmimmissionen hervorgerufen werden. Wie der Senat bereits im Verfahren 10 S 393/13 ausgeführt hat, genießt eine Wohnnutzung im Außenbereich nicht den Schutz der Wohnbebauung in dafür ausgewiesenen Baugebieten nach §§ 3 und 4 BauNVO. Angesichts dessen, dass die Eigentümer von Wohngebäuden im Außenbereich stets damit rechnen müssen, dass sich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft privilegierte Nutzungen, sowohl land- oder forstwirtschaftlicher als auch gewerblicher Art, ansiedeln, die z.B. in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig wären, können für eine Wohnnutzung im Außenbereich allenfalls die Schutzmaßstäbe in Anspruch genommen werden, die auch für andere gemischt nutzbare Bereiche einschlägig sind, mithin die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten (st. Rspr., vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31.08.1995 - 8 S 1819/95 - BRS 57 Nr. 105, juris; OVG Lüneburg, Beschluss v. 16.05.2006 - 7 ME 6/06 - juris; OVG NRW, Urteil vorn 25.03.2009 - 7 D 129/07.NE - juris). Nach Nr. 6.1 TA Lärm betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten tags 60 dB(A) und nachts 45 dB(A). Nach der Schallimmissionsprognose der SFI (Dipl.Phys. L.) vom 20.03.2013 werden diese Immissionsrichtwerte am Wohnhaus des Antragstellers als nächstgelegenen Immissionsort tagsüber um 6 dB(A) und nachts um 8 dB(A) unterschritten. Auch insoweit wirkt sich die fehlerhafte Beschreibung der Umgebungssituation mit einem Abstand von 70 m zwischen Wohnhaus und Anlage voraussichtlich nicht aus, weil das Ergebnis der Ausbreitungsberechnung den - allerdings schlecht lesbaren - Rasterlärmkarten entnommen sein dürfte, denen ein zutreffender Lageplan zugrunde liegt (vgl. S. 26 ff. Abbildung 3 bis 5).
32 
Auch unzumutbare Geruchsimmissionen sind voraussichtlich nicht zu erwarten. Wie ausgeführt, kann der Antragsteller rechtlich jedenfalls keinen höheren Schutz beanspruchen, als der Wohnnutzung in einem Dorfgebiet zukommt. Nach Tabelle 1 der Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - beträgt der Immissionswert für Dorfgebiete 0,15 Jahresgeruchsstunden (zur Bedeutung der GIRL vgl. den Beschluss des Senat vom 03.06.2013 im Verfahren 10 S 393/13). Nach dem Gutachten „Geruchsstoffimmissionen im Umfeld der Biogasanlage K." der SEI (Dipl.-Phys. L.) wurde am Wohnhaus des Antragstellers eine Gesamtbelastung von 0,14 ermittelt. Auch diesem Gutachten liegt der grafischen Darstellung des Berechnungsergebnisses ein korrekter Lageplan zugrunde, so dass die fälschliche Annahme eines Abstands von 70 m auf das Ergebnis des Gutachtens keinen Einfluss gehabt haben dürfte. Im Übrigen stimmt das Ergebnis mit der Prognose für den Fall einer gasdichten Abdeckung des Gärrestebehälters in dem vom Verwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Geruchsgutachten überein.
33 
Durchgreifende Bedenken gegen die Plausibilität und Verwertbarkeit der genannten Gutachten sind bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich und werden auch vom Antragsteller nicht geltend gemacht. Gegen ihre Verwertbarkeit im vorliegenden Verfahren spricht insbesondere nicht, dass die Gutachten im Zusammenhang mit einem Antrag der Beigeladenen vom 15.03.2013 auf Erteilung einer Neugenehmigung der Anlage erstellt worden sind, der vorsorglich für den Fall der Aufhebung der Erstgenehmigung gestellt und mittlerweile zurückgezogen wurde. Denn der Neuantrag entsprach im Wesentlichen dem Zustand, den die Anlage nach Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 hat, insbesondere ist die Substratmenge einschließlich des erhöhten Gülleumsatzes identisch.
2.3.2
34 
Die Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 verstößt voraussichtlich auch nicht gegen andere öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, die dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Dies folgt insbesondere nicht aus dem vom Antragsteller vorgelegten Gutachten von Dipl.-Ing. P. vom 13.06.2014. Dieses Gutachten prüft die Vereinbarkeit der Anlage anhand von wasserwirtschaftlichen Anforderungen, insbesondere anhand der Verordnung des Umweltministeriums über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 11.02.1994 (GBI. 1994, 182) - VAwS - sowie des Merkblatts des Umweltministeriums Baden-Württemberg über „Wasserwirtschaftliche Anforderungen an landwirtschaftliche Biogasanlagen" vom Juni 2006. Diese Regelwerke dienen der Konkretisierung von § 62 WHG i.d.F. vom 31.07.2009 - WHG 2009 - (früher § 19g WHG) über den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (vgl. § 1 VAwS sowie das Vorwort des Merkblatts). Danach müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen, Behandeln oder Verwenden wassergefährdender Stoffe so beschaffen sein und so errichtet und betrieben werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Die in dem Gutachten herangezogenen Vorschriften und Hinweise stellen mithin anlagenbezogene Anforderungen im Hinblick auf den Gewässerschutz. Dieser Normenkomplex ist grundsätzlich nicht nachbarschützend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz für den Bereich des Wasserrechts nicht anders als für andere Gebiete des öffentlichen Rechts - grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten, die das individuell geschützte private Interesse Dritter und die Art der Verletzung dieser Interessen hinreichend deutlich erkennen lassen (BVerwG, Urteil vom 15.07.1987 4 C 56/83 - BVerwGE 78, 40, m.w.N.). Der Schutz des Grundwassers erfolgt im Allgemeinen im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung. Damit dienen entsprechende Bestimmungen dem Schutz der Allgemeinheit und nicht dem Schutz der Rechte Einzelner (vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23.06.2014 - 2 A 104/12 - juris; BayVGH, Beschluss vom 24.03.2009 - 22 ZB 07.224 - juris; anders nur für Trinkwasserversorgungsunternehmen als Träger wasserwirtschaftlicher Gemeinwohlbelange: OVG Lüneburg, Urteil vom 05.09.1996 - 3 I 7866/94 - juris, m.w.N.). Soweit der Antragsteller der Sache nach die Verletzung von Vorschriften des Wasserrechts rügt, kann daraus mithin keine subjektive Rechtsverletzung folgen. Im Übrigen dürften die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. P. gerügten Mängel im Hinblick auf die Ausführung und Dichtheit der Rohrleitungen und Behälter und die Abdeckung des Umschlagsplatzes die Genehmigungsfähigkeit der Biogasanlage nicht entgegengehalten werden können. Es trifft zwar zu, dass der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG i.V.m. §§ 3, 12 VAwS hier grundsätzlich eine nicht nur einwandige, sondern doppelwandige Ausführung von unterirdischen Rohrleitungen und Behältern gebietet. Das Landratsamt hat aber aufgrund einer fachtechnischen Prüfung mit Bescheid vom 12.08.2014 mittlerweile eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 VAwS im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 62 WHG 2009/ § 19 g Abs. 1 bis 3 WHG a.F. zugelassen.
35 
Entsprechendes gilt für die vom Antragsteller nach wie vor geforderte Umwallung der Anlage. Wie der Senat im Verfahren 10 S 1510/13 ausgeführt hat, dürfte der Antragsteller keinen Anspruch auf Anordnung einer Umwallung haben. Das Erfordernis einer Umwallung ist im Entwurf der Verordnung des Bundes über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) in § 37 Abs. 3 enthalten. Nach § 68 Abs. 10 des Entwurfs sind bestehende Biogasanlagen grundsätzlich innerhalb vom fünf Jahren nachzurüsten. Im Vorgriff auf den Entwurf haben einige Bundesländer die Umwallung von Biogasanlagen bereits vorgeschrieben. In Baden-Württemberg ist dies zwar noch nicht geltendes Recht; nach Inkrafttreten der Nachrüstungspflicht wird die Behörde eine entsprechende Anordnung zu prüfen haben. Selbst wenn aber eine Umwallung im Hinblick auf den genannten Entwurf bzw. die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern bereits Stand der Technik sein sollte - wie der Antragsteller geltend macht -, dürfte er keinen Rechtsanspruch auf den Erlass einer entsprechende Nebenbestimmung oder Anordnung haben, weil auch die einschlägigen Regelungen der geplanten Bundesverordnung grundsätzlich dem objektivrechtlichen Schutz des Wassers dienen dürften (vgl. § 1 Abs. 1 AwSV Entwurf). Es ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass § 37 AwSV über seinen objektiv-rechtlichen Geltungsanspruchs hinaus Drittschutz vermittelt.
36 
Subjektive Rechte des Antragstellers könnten allenfalls insoweit betroffen sein, als eine Umwallung auch die Gefahr einer Überflutung von Nachbargrundstücken im Falle einer Havarie eindämmt. Entgegen dem Vortrag des Antragstellers kann insoweit aber nicht der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz des § 62 WHG zum Tragen kommen, wonach der bestmögliche Grundwasserschutz geboten ist. Vielmehr bedarf es in Bezug auf den subjektiven Rechtsschutz einer konkreten Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative BImSchG, d.h. eine Überflutung des Grundstücks des Antragstellers durch auslaufende Gülle muss bei Erteilung der Genehmigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hinreichend wahrscheinlich sein. Im vorliegenden Zusammenhang ist dies schon deshalb nicht erkennbar, weil sich die Gefahr eines Auslaufens von Gülle infolge der Erteilung der Änderungsgenehmigung vom 31.10.2013 nicht erhöhen dürfte. Wie ausgeführt, dürfte die Erhöhung der Güllemenge daher in erster Linie zu einem höheren Durchsatz und einer geringeren Verweilzeit des Substrats in der Anlage führen. Bauliche Veränderungen und eine Änderung der maximalen Füllstände der Behälter sind soweit ersichtlich nicht genehmigt. Die Standsicherheit und Dichtheit der Behälter und sonst betroffenen Anlagenteile sind auf die maximalen Füllstände und Speicherkapazitäten ausgelegt. Es gibt deshalb keine hinreichenden An-haltspunkte, dass sich die Gefahr einer Havarie infolge der Erweiterung des Betriebsumfangs nennenswert erhöht. Zwar ist ein solches Schadensereignis im Jahr 2008 unstreitig bereits einmal eingetreten. Die Beigeladene hat aber glaubhaft gemacht, dass die Gülle infolge eines Sabotageaktes ausgelaufen ist und mittlerweile Vorkehrungen gegen unbefugte Eingriffe Dritter getroffen worden sind. Die vom Antragsteller vorgelegte Untersuchung von Dr. K. vom 10.09.2014 zum Risiko eines Substrataustritts mag zwar veranschaulichen, dass es in Biogasanlagen immer wieder zu Störungen und Unfällen kommt, die zum Auslaufen von Gülle führen. Die konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Schadensereignisses in der Anlage der Beigeladenen wird durch das Gutachten aber nicht plausibel belegt; der Autor weist selbst darauf hin, dass einige Unsicherheiten bestehen und weitere quantitative Untersuchungen erforderlich seien (S. 17, S. 18 unten). Nicht plausibel erscheint auch die Risikomatrix in Abbildung 4 des Gutachtens, wonach eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit (W 3) dafür bestehe, dass es im Falle einer Havarie Leichtverletzte geben werde. Das Gutachten verhält sich aber nicht zur Eintrittswahrscheinlichkeit einer Havarie; konkrete Störfallszenarien im Hinblick auf die Ursachen von Störungen und den Umfang der hierbei zu erwartenden Schäden durch auslaufende Gülle werden in die Schadensprognose nicht einbezogen. Im Übrigen ist das Dachprofil des H.-Wegs nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Landratsamts mittlerweile erhöht und entlang der Grundstücksseite des Antragstellers aufgekantet worden; dies dürfte auslaufende Gülle jedenfalls in einem bestimmten Umfang vom Grundstück des Antragstellers fernhalten.
37 
Nach alldem ist die umstrittene Änderungsgenehmigung bei summarischer Prüfung nicht unter Verletzung drittschützender Rechte des Antragstellers ergangen. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Hauptsache war der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung daher abzulehnen.
3.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
39 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.5, 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (veröffentlicht als Sonderbeilage zur VBIBW vom Januar 2014).
40 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

Gründe

I.

1

Der Beigeladene beantragte auf dem Grundstück Gemarkung O., Flur A, Flurstück 328 beim Antragsgegner am 16.09.2009 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Legehennenanlage. Er beabsichtigte u.a. die Umnutzung eines vorhandenen Stallgebäudes in einen Stall mit 39.900 Legehennen in Volierenhaltung sowie den Anbau eines Kaltscharrraumes. Mit Bescheid vom 06.09.2010 erteilte der Antragsgegner unter Beifügung verschiedener Nebenbestimmungen die begehrte Genehmigung. Mit Bescheid vom 20.09.2010 ordnete der Antragsgegner den Sofortvollzug der Genehmigung an. Am 05.10.2010 hat der Antragsteller gegen die Genehmigung Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass er unmittelbarer Grundstücknachbar der Anlage des Beigeladenen sei. Auf seinem Grundeigentum – etwa 100 m von der Anlage entfernt – befinde sich eine von ihm kostenintensiv sanierte historische Hofanlage (Gut mit Park). Durch die genehmigte Legehennenanlage werde er in seinen Nachbarrechten verletzt. Am 13.10.2010 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Magdeburg vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 14.04.2011 abgelehnt. Auf eine dagegen eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 12.09.2011 die Anordnung des Sofortvollzugs aufgehoben.

2

Mit Schreiben vom 18.10.2011 beantragte der Beigeladene erneut die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung vom 06.09.2010 für die zwischenzeitlich fertig gestellte Anlage. Mit Bescheid vom 19.12.2011 ordnete der Antragsgegner den Sofortvollzug an.

3

Am 06.02.2012 hat der Antragsteller erneut einen Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz gestellt. Mit Beschluss vom 13.03.2012 hat das das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wieder hergestellt: Derzeit überwiege das Suspensivinteresse des Antragstellers. Ausgehend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden können, sei es derzeit nicht auszuschließen, dass bei Betrieb der Legehennenanlage des Beigeladenen für den Antragsteller schädliche Umwelteinwirkungen durch Staub- Ammoniak- oder Geruchsimmissionen hervorgerufen werden könnten. Mit Schreiben vom 29.03.2012 verzichtete der Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner auf die Nutzung des Kaltscharrraums und auf die Belegungsgenehmigung für 11.000 Hühner. Am 30.03.2012 hat er gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg Beschwerde beim erkennenden Gericht eingelegt.

II.

4

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

5

Die vom Beigeladenen dargelegten Gründe gebieten die begehrte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6

Die Anordnung des Sofortvollzugs mit Bescheid vom 19.12.2011 begegnet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Bedenken.

7

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessenabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen. Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 [7 C 21.7 C 21.09] –, nach Juris, RdNr. 13). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, bestimmt sich die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs; Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsse (BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466/08 –, NvwZ 2009, 240 [242], RdNr. 21 nach Juris). Ist der Ausgang der Hauptsache offen, stehen sich divergierende Interessen von der Ausgangsbasis her gleichberechtigt gegenüber, wobei gleichwohl die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unterhalb der Offensichtlichkeit in die Interessenabwägung mit einfließen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119, RdNr. 13 nach Juris).

8

Danach führt die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers gegen das private Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides hinsichtlich der Errichtung und des Betriebes des Stalles unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführer (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt. Die vom Antragsteller erhobene Klage wird voraussichtlich insoweit keinen Erfolg haben. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletzt nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich keine dem Schutz des Antragstellers dienenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

9

Zutreffend weist der Beigeladene darauf hin, dass das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Verfahren rechtsirrig den tatsächlichen Betrieb der Anlage seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat sowie seine rechtlichen Bedenken ausschließlich aus einem nicht genehmigungskonformen Bau bzw. Betrieb der Anlage herleitet und nicht auf den Inhalt des Genehmigungsbescheid vom 06.09.2010 abgestellt hat. Im Fall der Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte kommt es grundsätzlich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Genehmigungsbescheides an (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – 4 B 40.98 –, nach Juris). Dabei verletzt eine Genehmigung einen Nachbarn nur dann in seinen Rechten, wenn der Genehmigungsinhalt mit öffentlichrechtlichen Vorschriften, die zumindest auch seinem Schutz dienen, unvereinbar ist.

10

Die tatsächliche Bauausführung ist nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens, wird nicht in diesem geprüft und kann deshalb auch nicht mit der Anfechtung der Genehmigung angegriffen werden. Weicht die tatsächliche Bauausführung von der erteilten Genehmigung ab, kann ein Drittbetroffener mögliche Rechtsbeeinträchtigungen daher nur als Verpflichtungsbegehren auf aufsichtliche Anlagenüberwachung geltend machen. Dies gilt im Bau- ebenso wie im Immissionsschutzrecht.

11

Die Anlagegenehmigung vom 06.09.2010 gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlass.

12

Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung aus dem schriftlichen Teil Genehmigung sowie dem Bauantrag und den dazu vorgelegten Bauvorlagen. Aus der Bauvorlage zum Brandschutz vom Ingenieurbüro vom 14.06.2010 (Beiakte A, S. 44) ergibt sich zwar, dass der Beigeladene ausweislich seiner Bauvorlagen, einen überdachten Kaltscharrraum mit einer umseitigen Maschendrahteinhausung beantragt hat. Dort heißt es nämlich im Bezug auf den Brandschutz: „An die Legehennenstallanlage, insbesondere an die Wintergärten werden keine Mindestanforderungen gestellt. Von der Funktion dienen sie dem zeitweisen Aufenthalt der Tiere im Freien. Das Dach dient dem Schutz der Tiere vor Sonne, Regen und Greifvögeln. Die umseitige Maschendrahteinhausung der Überdachung dient dem Schutz vor Greifvögeln und anderen Raubtieren“.

13

Trotz dieser beantragten offenen Umhausung des Kaltscharrraumes hat der Antragsgegner dem Beigeladenen mit der Auflage 4.1. der Genehmigung vom 06.09.2010 aufgegeben, dass „die gesamte Stallabluft am Südgiebel des Stallgebäudes senkrecht und ungestört in die Atmosphäre abzuleiten ist und die Freisetzung in einer Höhe von = 10 m über Grund zu erfolgen hat (4.1.1). Die Abluftführung muss so erfolgen, dass die Geruchskonzentration schnell bis unter die Geruchsschwelle verdünnt wird. Die Abluft ist mindestens 1,5 m über First senkrecht nach oben und ohne Behinderung ins Freie abzuleiten (4.1.2). Die in den Ställen eingebauten Unterdruck-Lüftungsanlagen müssen den Anforderungen der DIN 18910 [Ausgabe 1992] entsprechen (4.1.3)“. Demnach hat der Beigeladene nach dem Inhalt der erteilten Genehmigung durch bauliche Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass keine Stallluft durch den maschendrahtumhausten Wintergarten ins Freie gelangen kann, sondern ausschließlich am Südgiebel des Stallgebäudes senkrecht und ungestört in die Atmosphäre abgeleitet sowie in einer Höhe von = 10 m über Grund freigesetzt wird.

14

Diesen immissionsschutzrechtlichen Vorgaben der Genehmigung ist der Beigeladene bei der Bauausführung nach den Angaben des Antragsgegners im Schriftsatz vom 07.02.2012 (S. 3/7) tatsächlich nicht nachgekommen, da es ihm aufgrund der baulichen Ausgestaltung nicht gelungen sei, durch einen ausreichenden Unterdruck eine Freisetzung der Stallluft über den Wintergarten zu verhindern. Um einem aufsichtlichen Einschreiten durch den Antragsgegner zuvor zu kommen, hat der Beigeladene mit Erklärung vom 29.03.2012 gegenüber dem Antragsgegner und an Eides statt mit Erklärung vom 16.04.2012 auf den ihm in der Genehmigung vom 06.09.2010 erlaubten Tierbestand von 39.900 bis auf einen Tierbestand von 28.900 Hennen und auf die Nutzung des Kaltscharrraums verzichtet sowie versichert, die Öffnungen zwischen dem Stallgebäude und dem Kaltscharrraum geschlossen zu haben.

15

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 15.12.1989 – 4 C 36/86 –, nach Juris) erlischt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, wenn der Inhaber auf sie verzichtet. Eine ausdrückliche Aufhebung der Genehmigung ist rechtlich nicht erforderlich. Durch den Verzicht auf die Nutzung des Wintergartens entfallen die möglichen Emissionsquellen an den Seiten bzw. Giebelwänden des Kaltscharrraums. Maßgeblich für die Genehmigungserteilung war, dass die gesamte Abluft der Anlage entsprechend der Genehmigung über den Abluftturm an der Südseite des Stallgebäudes abgeleitet wird. Der Bezugspunkt für die Abstandsbetrachtung nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft ist allein der Abluftturm. Nach dem vom Beigeladenen vorgelegten Gutachten zum Betrieb einer Legehennenanlage (Geruchs-, Ammoniak-, und Keimimmissionen) – GA 2 M 60/12 S. 125 – des Ingenieurbüros Prof. Dr. O. vom 25.01.2012, an dessen Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, liegen unter Anwendung der TA Luft 2002/VDI 3471 – GA 2 M 60/12 S. 133 – die prognostizierten Immissionshäufigkeiten (Gerüche) für den relevanten Bereich der Ortschaften O. an allen Immissionsorten unterhalb des Grenzwerts für Wohngebiete in Höhe von 10 % der Jahresstunden Wahrnehmungshäufigkeit und damit erst recht unterhalb des Grenzwertes für Dorfgebiete in Höhe von 15 % der Jahresstunden Wahrnehmungshäufigkeit – GA 2 M 60/12 S. 12143 –. Unter den Immissionsorten befinden sich unter den Nummern 4 (4,3%), 5 (5,2 %) und 6 (5,9 %) die dem Antragsteller gehörenden Gebäude – GA 2 M 60/12 S. 142 –. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Gutachten sogar von 39.900 und nicht von den nur noch streitgegenständlichen 28.900 Tierplätzen ausgegangen ist. Angesichts dieser Ergebnisse bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob die Grundstücke des Antragstellers in einem Wohngebiet oder – wie vom Antragsgegner angenommen – in einem Dorfgebiet liegen.

16

Soweit das Verwaltungsgericht nunmehr in seinem Urteil vom 24.05.2012 davon ausgeht, dass die Genehmigung vom 06.09.2010 deshalb rechtswidrig sei, weil die Erschließung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht gesichert sei, trifft dies ebenfalls nicht zu.

17

Sehr zweifelhaft ist bereits, ob der Antragsteller sich insoweit auf eine nachbarschützende Rechtsposition berufen kann. In jedem Fall ist das Verwaltungsgericht irrtümlich davon ausgegangen, dass die Erschließung für das Vorhaben des Beigeladenen nicht gesichert war.

18

Bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Genehmigung am 06.09.2010 war die Erschließung des genehmigten Vorhabens hinreichend gesichert.

19

Das Grundstück des Beigeladenen wurde zu diesem Zeitpunkt über einen Weg, der über das klägerische Grundstück verläuft, an das öffentliche Straßennetz angeschlossen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist das Erschließungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB damit gewahrt; denn der fragliche Weg ist als öffentliche Straße gewidmet.

20

Die Widmung des Weges folgt aus dem Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung. Hiernach besteht eine Vermutung dafür, das ein Weg vor unbestimmter Zeit – ausdrücklich oder stillschweigend – gewidmet wurde, wenn er seit alters her von jedermann wie ein öffentlicher Weg benutzt wurde und der Verkehr im Ganzen genommen frei und unter Umständen stattgefunden hat, die auf die allgemeine Rechtsüberzeugung schließen lassen, dass der Weg kraft öffentlichen Rechts dem allgemeinen Verkehr offen stehe (vgl. Thür.OLG, Urt. v.21.11.2002, – 1 U 24/00 –, nach Juris).

21

Erforderlich für das Eingreifen dieser Vermutung ist – wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zutreffend feststellt – grundsätzlich eine widerspruchslose Rechtsausübung während 80 Jahren. Allerdings verkennt die Kammer, dass diese Voraussetzung nicht zwingend ist. Kann nicht nachgewiesen werden, dass in der 80-Jahre-Frist der gegenwärtige Zustand entstanden ist, so genügt vielmehr die glaubhafte Bezeugung von Personen, das Recht sei innerhalb der letzten 40 Jahre ausgeübt worden und ihnen sei weder aus eigener Wahrnehmung noch durch andere bekannt, dass während der vorangegangenen 40 Jahre ein anderer Zustand bestanden habe (Thür.OLG Urt. v. 21.12.2002, a.a.O., m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen, die das Verwaltungsgericht offensichtlich verkennt, ist die Widmung des über das klägerische Grundstück verlaufenden Weges zu vermuten. Denn es ist zum einen dargelegt worden, dass der Weg seit mindestens 40 Jahren existiert und gewohnheitsmäßig als öffentlicher Weg genutzt wird. Zum anderen fehlen Anhaltspunkte dafür, dass in den vorangegangenen 40 Jahren ein anderer Zustand bestanden hat. Sowohl die Stadt T. selbst als auch alle übrigen Beteiligten gingen stets davon aus, dass sich der gesamte Weg auf dem dafür vorgesehenen gemeindeeigenen Wegegrundstück befinde. Diese Auffassung bestand nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch noch zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Erst im Zuge des Klageverfahrens stellte der klägerische Prozessbevollmächtigte durch Einsichtnahme in das Grundbuch fest, dass der Weg teilweise über das Grundstück des Antragstellers verlief. Hierbei handelte es sich ohnehin nur um einen äußerst kurzen Abschnitt innerhalb der Wegbiegung. Dementsprechend reichte bereits eine marginale Verschwenkung des Weges aus, um eine Inanspruchnahme des Grundstücks des Antragstellers zu verhindern. Schon daraus ergibt sich, dass eine klare Rechtsüberzeugung bestand, dass es sich bei dem Weg um eine öffentliche Straße handelt.

22

Das Erschließungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre zum Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Genehmigung indes selbst dann gewahrt gewesen, wenn der über das Grundstück des Antragsstellers verlaufende Weg nicht gewidmet wäre. Zu beachten ist insofern, dass § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB lediglich verlangt, dass die Erschließung „gesichert“ ist. Dies bedeutet nicht, dass die Erschließung bereits beim Bauantrag vorhanden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass damit gerechnet werden kann, dass die Erschließung bis zur Herstellung des Bauwerks (spätestens bis zur Gebrauchsabnahme) funktionsfähig angelegt und damit zu rechnen ist, dass sie auf Dauer zur Verfügung stehen wird (vgl. BVerwG, Urt. v.30. 08.1985, – 4 C 48.81 –, nach Juris). Daraus folgt, dass auch die Erschließungsmöglichkeiten, die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung noch nicht vorhanden, jedoch realisierbar waren, in die Beurteilung mit einbezogen werden müssen. Ausreichend ist es damit, dass das Vorhaben des Beigeladenen über den nachträglich hergestellten Weg, der über das Grundstück der Stadt T. verläuft, erschlossen werden konnte. Zwar war dieser Weg bei Erteilung der Genehmigung im Jahr 2010 noch nicht vorhanden. Da die Stadt T. ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben erklärt und einer Nutzung ihres Grundstücks zu Erschließungszwecken zu keinem Zeitpunkt widersprochen hatte, konnte jedoch damit gerechnet werden, dass die Erschließung auf Dauer zur Verfügung stehen werde. Daraus folgt zugleich, dass auch im Zeitpunkt, der für das verwaltungsgerichtliche Urteil maßgeblich ist, eine hinreichende Erschließung des genehmigten Vorhabens zu bejahen ist. Spätestens mit der Herstellung des über das gemeindeeigene Grundstück verlaufenden Weges ist die Anbindung des genehmigten Vorhabens an das öffentliche Straßennetz gesichert.

23

Soweit das Verwaltungsgericht hingegen meint, gegen eine Erschließung spreche der Umstand, dass der neu hergestellte Weg nicht als öffentliche Straße gewidmet sei, trifft dies ebenfalls nicht zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Erschließungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB vielmehr bereits dann gewahrt, wenn ein Baugrundstück über ein im Eigentum einer Gemeinde stehendes Weggrundstück erreichbar ist, das dem allgemeinen Verkehr tatsächlich zur Verfügung steht, und die Gemeinde – trotz Fehlens einer förmlichen Widmung – auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem Baugrundstück zu untersagen. In Betracht kommt insoweit insbesondere eine Hinderung durch den Grundsatz von Treu und Glauben wegen des vorangegangenen Verhaltens der Gemeinde, etwa wenn sie der Bebauung vorbehaltlos zugestimmt oder den Ausbau des Weges auf Kosten des Bauherrn geduldet oder gar gefordert hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1990 – 4 C 45/88 –, nach Juris). Die Stadt T. hat sowohl vorbehaltlos ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben des Beigeladenen erteilt als auch den Ausbau des Weges auf Kosten des Beigeladenen geduldet. Damit ist es ihr zweifelsohne verwehrt, der Nutzung des Weges durch den Beigeladenen zu einem späteren Zeitpunkt zu widersprechen. darüber hinaus hat die Stadt T. dem Beigeladenen auch noch eine Baulast eingeräumt.

24

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes folgt der Senat der Festsetzung des Verwaltungsgerichts.


Die Genehmigung schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Einwendungen, die eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 erstmals im Rechtsbehelfsverfahren erhebt, bleiben unberücksichtigt, wenn die erstmalige Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren missbräuchlich oder unredlich ist.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so besteht für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein die UVP-Pflicht besteht, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
das hinzutretende Vorhaben allein die Größen- und Leistungswerte für die UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch das hinzutretende Vorhaben zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.
Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend.

(2) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren bereits vollständig eingereicht sind, für das hinzutretende kumulierende Vorhaben

1.
die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
die allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
die standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für die standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Für das frühere Vorhaben besteht keine UVP-Pflicht und keine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung.

(3) Wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben noch keine Zulassungsentscheidung getroffen worden ist, so ist für den Fall, dass für das frühere Vorhaben allein keine UVP-Pflicht besteht und die Antragsunterlagen für dieses Zulassungsverfahren noch nicht vollständig eingereicht sind, für die kumulierenden Vorhaben jeweils

1.
eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6 erreichen oder überschreiten,
2.
eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine allgemeine Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten, oder
3.
eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen, wenn die kumulierenden Vorhaben zusammen die Prüfwerte für eine standortbezogene Vorprüfung erstmals oder erneut erreichen oder überschreiten.
Für die Vorprüfung gilt § 7 entsprechend. Bei einem Vorhaben, das einer Betriebsplanpflicht nach § 51 des Bundesberggesetzes unterliegt, besteht für das frühere Vorhaben keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer Vorprüfung nach den Sätzen 1 und 2, wenn für das frühere Vorhaben zum Zeitpunkt der Antragstellung für das hinzutretende kumulierende Vorhaben ein zugelassener Betriebsplan besteht.

(4) Erreichen oder überschreiten in den Fällen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 die kumulierenden Vorhaben zwar zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte nach § 6, werden jedoch für das hinzutretende kumulierende Vorhaben weder der Prüfwert für die standortbezogene Vorprüfung noch der Prüfwert für die allgemeine Vorprüfung erreicht oder überschritten, so besteht für das hinzutretende kumulierende Vorhaben die UVP-Pflicht nur, wenn die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass durch sein Hinzutreten zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können. Für die allgemeine Vorprüfung gilt § 7 Absatz 1 und 3 bis 7 entsprechend. Im Fall des Absatzes 3 sind die Sätze 1 und 2 für das frühere Vorhaben entsprechend anzuwenden.

(5) Das frühere Vorhaben und das hinzutretende kumulierende Vorhaben sind in der Vorprüfung für das jeweils andere Vorhaben als Vorbelastung zu berücksichtigen.

(6) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

(2) Soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, dient dieses Gesetz auch

der integrierten Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen, sowie
dem Schutz und der Vorsorge gegen Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

(2) Soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, dient dieses Gesetz auch

der integrierten Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen, sowie
dem Schutz und der Vorsorge gegen Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

(2) Soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, dient dieses Gesetz auch

der integrierten Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirtschaft, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen, sowie
dem Schutz und der Vorsorge gegen Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden.

(1) Die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage bedarf der Genehmigung, wenn durch die Änderung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erheblich sein können (wesentliche Änderung); eine Genehmigung ist stets erforderlich, wenn die Änderung oder Erweiterung des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage für sich genommen die Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erreichen. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn durch die Änderung hervorgerufene nachteilige Auswirkungen offensichtlich gering sind und die Erfüllung der sich aus § 6 Absatz 1 Nummer 1 ergebenden Anforderungen sichergestellt ist.

(2) Die zuständige Behörde soll von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Antrags und der Unterlagen absehen, wenn der Träger des Vorhabens dies beantragt und erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 genannte Schutzgüter nicht zu besorgen sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn erkennbar ist, dass die Auswirkungen durch die getroffenen oder vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen ausgeschlossen werden oder die Nachteile im Verhältnis zu den jeweils vergleichbaren Vorteilen gering sind. Betrifft die wesentliche Änderung eine in einem vereinfachten Verfahren zu genehmigende Anlage, ist auch die wesentliche Änderung im vereinfachten Verfahren zu genehmigen. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

(3) Über den Genehmigungsantrag ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten, im Falle des Absatzes 2 in drei Monaten zu entscheiden. Im Übrigen gilt § 10 Absatz 6a Satz 2 und 3 entsprechend.

(4) Für nach § 15 Absatz 1 anzeigebedürftige Änderungen kann der Träger des Vorhabens eine Genehmigung beantragen. Diese ist im vereinfachten Verfahren zu erteilen; Absatz 3 und § 19 Absatz 3 gelten entsprechend.

(5) Einer Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine genehmigte Anlage oder Teile einer genehmigten Anlage im Rahmen der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht werden sollen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, dass die Errichtung, die Beschaffenheit, der Betrieb, der Zustand nach Betriebseinstellung und die betreibereigene Überwachung genehmigungsbedürftiger Anlagen zur Erfüllung der sich aus § 5 ergebenden Pflichten bestimmten Anforderungen genügen müssen, insbesondere, dass

1.
die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen entsprechen müssen,
2.
die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen oder Anlagen äquivalenten Parametern oder äquivalenten technischen Maßnahmen entsprechen müssen,
2a.
der Einsatz von Energie bestimmten Anforderungen entsprechen muss,
3.
die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und Immissionen nach in der Rechtsverordnung näher zu bestimmenden Verfahren vorzunehmen haben oder vornehmen lassen müssen,
4.
die Betreiber von Anlagen bestimmte sicherheitstechnische Prüfungen sowie bestimmte Prüfungen von sicherheitstechnischen Unterlagen nach in der Rechtsverordnung näher zu bestimmenden Verfahren
a)
während der Errichtung oder sonst vor der Inbetriebnahme der Anlage,
b)
nach deren Inbetriebnahme oder einer Änderung im Sinne des § 15 oder des § 16,
c)
in regelmäßigen Abständen oder
d)
bei oder nach einer Betriebseinstellung,
durch einen Sachverständigen nach § 29a vornehmen lassen müssen, soweit solche Prüfungen nicht gemäß § 7 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung gemäß § 31 Satz 2 Nummer 4 des Gesetzes über überwachungsbedürftige Anlagen vorgeschrieben sind, und
5.
die Rückführung in den Ausgangszustand nach § 5 Absatz 4 bestimmten Anforderungen entsprechen muss, insbesondere in Bezug auf den Ausgangszustandsbericht und die Feststellung der Erheblichkeit von Boden- und Grundwasserverschmutzungen.
Bei der Festlegung der Anforderungen nach Satz 1 sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionsgrenzwerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist

1.
innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Rechtsverordnung vorzunehmen und
2.
innerhalb von vier Jahren nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit sicherzustellen, dass die betreffenden Anlagen die Emissionsgrenzwerte der Rechtsverordnung einhalten.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Rechtsverordnung weniger strenge Emissionsgrenzwerte und Fristen festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Rechtsverordnung bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen und Fristen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionsgrenzwerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen.

(2) In der Rechtsverordnung kann bestimmt werden, inwieweit die nach Absatz 1 zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen festgelegten Anforderungen nach Ablauf bestimmter Übergangsfristen erfüllt werden müssen, soweit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rechtsverordnung in einem Vorbescheid oder einer Genehmigung geringere Anforderungen gestellt worden sind. Bei der Bestimmung der Dauer der Übergangsfristen und der einzuhaltenden Anforderungen sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von den Anlagen ausgehenden Emissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlagen zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 oder § 67a Absatz 1 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

(3) Soweit die Rechtsverordnung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt hat, kann in ihr bestimmt werden, dass bei in Absatz 2 genannten Anlagen von den auf Grund der Absätze 1 und 2 festgelegten Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen abgewichen werden darf. Dies gilt nur, wenn durch technische Maßnahmen an Anlagen des Betreibers oder Dritter insgesamt eine weitergehende Minderung von Emissionen derselben oder in ihrer Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen erreicht wird als bei Beachtung der auf Grund der Absätze 1 und 2 festgelegten Anforderungen und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. In der Rechtsverordnung kann weiterhin bestimmt werden, inwieweit zur Erfüllung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen mit Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland Satz 2 auch für die Durchführung technischer Maßnahmen an Anlagen gilt, die in den Nachbarstaaten gelegen sind.

(4) Zur Erfüllung von bindenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union kann die Bundesregierung zu dem in § 1 genannten Zweck mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Anforderungen an die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb, die Betriebseinstellung und betreibereigene Überwachung genehmigungsbedürftiger Anlagen vorschreiben. Für genehmigungsbedürftige Anlagen, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. EG Nr. L 182 S. 1) erfasst werden, kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates dieselben Anforderungen festlegen wie für Deponien im Sinne des § 3 Absatz 27 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, insbesondere Anforderungen an die Erbringung einer Sicherheitsleistung, an die Stilllegung und die Sach- und Fachkunde des Betreibers.

(5) Wegen der Anforderungen nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4, auch in Verbindung mit Absatz 4, kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei ist

1.
in der Rechtsverordnung das Datum der Bekanntmachung anzugeben und die Bezugsquelle genau zu bezeichnen,
2.
die Bekanntmachung bei dem Deutschen Patentamt archivmäßig gesichert niederzulegen und in der Rechtsverordnung darauf hinzuweisen.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.


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Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. November 2013 wird der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 26. Februar 2013 abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten beider Rechtszüge einschließlich der im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg.

2

1. Gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels bestehen im Hinblick auf die Einhaltung der Beschwerdebegründungsfrist keine Bedenken.

3

Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Die Begründung ist, sofern sie – wie hier – nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen und muss unter anderem einen bestimmten Antrag enthalten (§ 146 Abs. 4 Sätze 2 und 3 VwGO).

4

Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. November 2013 wurde dem Beigeladenen am 3. Dezember 2013 zugestellt, so dass die Beschwerdebegründungsfrist am 3. Januar 2014 ablief. Bereits am 19. Dezember 2013 lag dem Oberverwaltungsgericht indes laut hier geführter Dokumentenliste ein fehlerhaft an das Verwaltungsgericht adressiertes Schreiben des Beigeladenen vom gleichen Tag vor, das trotz seiner teilweise missverständlichen Ausführungen zu § 80 Abs. 7 VwGO die Voraussetzungen erfüllt, die an eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung zu stellen sind. So wird auf Seite 1 des vorgenannten Schriftsatzes ausdrücklich Bezug auf das von dem Beigeladenen „eingelegte Rechtsmittel der Beschwerde“ genommen, sodann darauf verwiesen, dass diese nunmehr wie folgt begründet werde (Seite 2) und schließlich auf das laufende „Beschwerdeverfahren“ verwiesen (Seite 3). Ferner zeigt der Beigeladene im Einzelnen auf, in welchen Punkten die erstinstanzlichen Feststellungen aus seiner Sicht nicht tragfähig sind.

5

2. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe (vgl. zum Prüfungsumfang § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen es, den angefochtenen Beschluss zu ändern und den von der Antragstellerin begehrten vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen.

6

Allerdings steht dem Begehren der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht entgegen, dass die Biogasanlage mittlerweile offenbar bereits errichtet bzw. zumindest weitgehend fertiggestellt worden ist. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass für einen einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht, sofern das beanstandete Bauwerk im Wesentlichen erstellt worden ist, gilt dies in vollem Umfang jedoch nur, wenn die geltend gemachte Beeinträchtigung gerade vom Bauwerk selbst ausgeht. Da sich der Regelungsgehalt einer Baugenehmigung aber nicht auf die Errichtung des Bauwerks selbst beschränkt, sondern darüber hinaus deren bestimmungsgemäße Nutzung umfasst, ist vorläufiger Rechtsschutz grundsätzlich auch dann zu gewähren, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung gerade und vorrangig durch die Nutzung eintritt bzw. eintreten kann. Dies ist hier der Fall. Nicht die Biogasanlage als Baukörper, sondern ihre Nutzung lässt eine Beeinträchtigung von Rechten der Antragstellerin nicht als ausgeschlossen erscheinen.

7

Der Senat kommt jedoch aufgrund der von ihm zu treffenden Interessenabwägung nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO zu dem Ergebnis, dass das in § 212a BauGB und § 71 Abs. 4 Satz 2 Landesbauordnung – LBauO – zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Baugenehmigung und der darin gleichzeitig enthaltenen Ersatzvornahme des gemeindlichen Einvernehmens (vgl. § 71 Abs. 2 Satz 1 LBauO) das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt. Denn es spricht nach dem bisherigen Sach- und Streitstand alles dafür, dass der Widerspruch (bzw. eine anschließende Anfechtungsklage) der Antragstellerin gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 26. Februar 2013 keinen Erfolg haben wird.

8

Anders als das Verwaltungsgericht meint, verletzt die auf § 70 LBauO beruhende Baugenehmigung die Antragstellerin nicht in ihren rechtlich geschützten Interessen aus § 36 BaugesetzbuchBauGB –.

9

Die in § 36 BauGB verankerte Mitwirkungsbefugnis der Gemeinde ist Ausdruck ihrer in § 2 BauGB einfachgesetzlich und über Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Planungshoheit. Dort wo sie selbst noch nicht geplant hat, ist sie im Genehmigungsverfahren an der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens mitentscheidend beteiligt (BVerwG, Urteil vom 19. August 2004 – 4 C 16/03 –, NVwZ 2005, 83). Daraus folgt, dass sie einen Anspruch auf Einhaltung der für ein Vorhaben maßgebenden planungsrechtlichen Vorschriften der §§ 31, 33 bis 35 BauGB hat und deren Voraussetzungen bei versagtem Einvernehmen auf ihren Rechtsbehelf in vollem Umfang nachzuprüfen sind (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. März 2006 – 1 A 10884/05.OVG –, juris). Die Gemeinde kann insbesondere einwenden, dass ein Vorhaben beispielsweise nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist oder öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen oder beeinträchtigt werden.

10

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist derzeit davon auszugehen, dass die genehmigte Biogasanlage nicht gegen § 35 BauGB verstößt, der vorliegend zur Anwendung kommt.

11

Planungsrechtlich ist die Biogasanlage, deren Standort ca. 150 m östlich der Hofstelle des Beigeladenen im Außenbereich liegt, nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert. Danach ist ein Vorhaben zulässig, wenn es der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nr. 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nr. 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient. Weiterhin ist unter anderem erforderlich, dass das Vorhaben in einem räumlich-funktionalem Zusammenhang mit dem Betrieb steht (Buchst. a), die Biomasse überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahegelegenen Betrieben nach den Nrn. 1, 2 oder 4 stammt (Buchst. b) und je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben wird (Buchst. c). Diese Voraussetzungen hat der Antragsgegner nach derzeitigem Sachstand zu Recht bejaht.

12

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unerheblich, dass die Hofstelle des Beigeladenen nach dem zu den Verwaltungsunterlagen gereichten Kartenmaterial planungsrechtlich im Innenbereich liegen dürfte. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass weder der Gesetzeswortlaut des § 35 Abs. 1 BauGB noch die Gesetzgebungsmaterialien (BT–Drucks. 15/2250) eindeutig in dem Sinn zu verstehen sind, dass auch die Hofstelle bzw. der Betriebsstandort im Außenbereich liegen muss. Die Formulierung „im Rahmen eines Betriebs nach Nr. 1“ in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB lässt sich ohne Weiteres dahingehend auslegen, dass damit lediglich an das in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB enthaltene Tatbestandsmerkmal „land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb“ unabhängig von einer planungsrechtlichen Zuordnung angeknüpft werden sollte. Würde man der Auffassung der Antragstellerin folgen, dass auch die Hofstelle oder der Betriebsstandort, dem die Biogasanlage zugeordnet ist, regelmäßig im Außenbereich gelegen sein müsste, liefe dies dem Zweck der Neuregelung in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB entgegen. Biogasanlagen sind nämlich nicht mehr – wie nach den bis 2004 geltenden Planungsrecht – nur als unselbständige Nebenanlage eines landwirtschaftlichen Betriebs, sondern – erweitert – auch dann zulässig, wenn sie mit diesem in einem funktionalen Zusammenhang stehen oder eine Kooperation mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe unterstützen. Entscheidend ist deshalb wohl lediglich, dass das Vorhaben selbst – hier also die Biogasanlage – im Außenbereich liegt (so auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 8. August 2006 – 1 MB 18/06 –, juris; a.A. offenbar Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 110. Ergänzungslieferung 2013, § 35 Rn. 59e).

13

Der Beigeladene hat auch einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 6, 201 BauGB. Nach der in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz vom 31. Oktober 2012 werden 297 ha landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet, davon 183 ha Acker- und 114 ha Grünland. Hinzu kommen 1,17 ha Hof- und Gebäudeflächen. Die Viehhaltung besteht aus 1.100 Stück Geflügel (Gänsen, Enten und Puten) sowie aus 171 Stück Rindern. Die Betriebseigenschaft der landwirtschaftlichen Betätigung des Beigeladenen scheitert ferner nicht daran, dass die Betriebsflächen nicht oder nicht vollständig in seinem Eigentum stehen. Entscheidend ist zwar, ob das Merkmal der Dauerhaftigkeit auch in Bezug auf die zivilrechtlichen Nutzungsmöglichkeiten der land- oder forstwirtschaftlichen Flächen gegeben ist, das ist hier jedoch der Fall. Eine ausreichende Sicherheit kann z. B. bei dem Eigentum eines Familienmitglieds des Betriebsinhabers angenommen werden (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 Rn. 30 m.w.N.), wovon vorliegend im Hinblick auf das Eigentum des Vaters des Beigeladenen an den bewirtschafteten Grundstücken auszugehen ist. Hinzu kommt, dass der Betrieb oder jedenfalls ein wesentlicher Teil davon in Form einer GmbH betrieben wird, deren Geschäftsanteile zu 90 Prozent vom Beigeladenen und nur zu 10 Prozent von dessen Vater gehalten werden.

14

Die Biogasanlage steht darüber hinaus in dem erforderlichen räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb. Das Gesetz verwendet hier den „Betrieb“ als Oberbegriff für Hofstelle bzw. Standort (vgl. OVG RP, Urteil vom 8. Dezember 2005 – 1 A 11016/05.OVG –, juris). Der räumliche Zusammenhang erfordert eine objektiv erkennbare Zuordnung der Biogasanlage zur Hofstelle; dieser Zusammenhang muss nicht „äußerlich“ sichtbar sein. Er kann sich auch aus der Lage der Anlage auf den Betriebsflächen des Vorhabenträgers ergeben. Der räumliche Zusammenhang ist im Hinblick auf die Entfernung zwischen der Anlage und der Hofstelle des Vorhabenträgers von ca. 150 m in jedem Fall gewahrt. Weiterhin ist ein funktioneller Zusammenhang zwischen der Biogasanlage und dem landwirtschaftlichen Betrieb gegeben. Dieser ergibt sich bereits daraus, dass die Anlage Biomasse (auch) aus dem Betrieb des Beigeladenen verarbeitet.

15

Die zu verarbeitende Biomasse stammt nach der vorläufigen Einschätzung des Senats überwiegend aus dem Betrieb des Vorhabenträgers bzw. aus diesem und aus nahegelegenen Betrieben. Die Einbeziehung von Biomasse aus nahegelegenen Betrieben dient dem – vom Gesetzgeber ausdrücklich unterstützten – Ziel einer Kooperation mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe. Die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 b BauGB ist nur dann nicht erfüllt, wenn die Biomasse überwiegend weder aus dem Betrieb des Vorhabenträgers noch aus nahegelegenen Betrieben stammt. Davon ist indes nach dem Vorbringen des Beigeladenen nicht auszugehen. Soweit er Hühnertrockenkot aus einem weit entfernt liegenden Betrieb aus Gosch bezieht, stellt dies voraussichtlich nur einen geringen Teil des sogenannten Inputs der Anlage dar.

16

Des Weiteren stehen dem Vorhaben des Beigeladenen keine öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen. Vor allem ist nicht anzunehmen, dass von dem Betrieb der Biogasanlage schädliche Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft hervorgerufen werden (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

17

Zunächst gehen von dem streitgegenständlichen Vorhaben keine unzumutbaren Geräuschimmissionen für die Nachbarschaft aus. Aus dem vom Beigeladenen vorgelegten immissionsschutzrechtlichen Gutachten der Sachverständigen U… und Partner vom 21. Januar 2014, das die vorangegangene Prognose vom 12. Dezember 2013 ersetzt und als lediglich ergänzender Sachvortrag auch nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ohne Weiteres berücksichtigt werden kann, ergibt sich, dass die hier maßgebenden, für ein Dorfgebiet geltenden Immissionsrichtwerte von tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) an allen Immissionspunkten deutlich unterschritten werden. So betragen die Beurteilungspegel an den Immissionspunkten 1 bis 4 tagsüber zwischen 44 und 47 dB(A) und nachts zwischen 36 und 39 dB(A).

18

Mit der Neuerstellung der Immissionsprognose hat der Sachverständige den gegen die ursprüngliche Prognose vom 12. Dezember 2013 erhobenen Einwendungen der Antragstellerin (unter anderem durch Korrektur der Erntemenge, der Einbeziehung von gelegentlichen nächtlichen Ernte- und Einlagerungsvorgängen und von Verkehrsgeräuschen) im Wesentlichen Rechnung getragen, die damit zum überwiegenden Teil gegenstandslos geworden sind. Im Übrigen ist der Gutachter in seiner Stellungnahme vom 21. Januar 2014 den Darlegungen der Antragstellerin überzeugend entgegengetreten. Hinsichtlich der von ihr gerügten Wahl der Immissionspunkte ist auch für den Senat nicht erkennbar, aus welchem Grund ein Fehler vorliegen sollte. Den maßgebenden Immissionsort stellt wohl die Südostfassade des Immissionspunktes 1 (L…weg ..) dar, wohingegen an allen weiteren Immissionspunkten laut Äußerung des Sachverständigen geringere Beurteilungspegel zu erwarten sind. Dafür, dass die Abluftschornsteine der Anlage im Widerspruch zur Forderung des Gutachters keine 10 m hoch sein sollen und die Feststellungen aus diesem Grund auf einer unrichtigen Tatsachengrundlage beruhen könnten, existieren ebenfalls keine Anhaltspunkte. Gleiches gilt für den angenommenen Abstand zwischen der Wohnbebauung und der Biogasanlage. Auch durfte wegen der Unterschreitung der Immissionsrichtwerte zur Tages- und Nachtzeit um mindestens 6 dB auf eine Untersuchung der Vorbelastung gemäß Ziffer 3.2.1 der TA-Lärm verzichtet werden. Die Annahme, dass sich aufgrund einer Prognoseunsicherheit von Randbedingungen, die der Gutachter mit „+1 dB(A) / –3 dB(A)“ abschätzt, ein anderes Resultat herleiten ließe, wie die Antragstellerin meint, ist demgegenüber rein spekulativ. Schließlich teilt der Senat nicht die Ansicht des Sachverständigen P… vom 16. Januar 2014, wonach das von ihm so bezeichnete Irrelevanzkriterium von 6 dB bei der Beurteilung von Vorbelastungen kritisch zu bewerten sei, weil dieses Kriterium in der Verwaltungspraxis nur bei der Neuansiedlung eines Gewerbebetriebs zur Anwendung komme. Ungeachtet dessen, ob diese Auffassung zutrifft, dürfte es sich bei der Anlage um einen neuen Betrieb handeln.

19

Dabei verkennt der Senat nicht, dass an prognostische Einschätzungen im Einzelfall hohe Anforderungen zu stellen sind. Das darf in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aber nicht zu einer Verschiebung des Maßstabs führen, demzufolge Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs nur stattzugeben ist, wenn Überwiegendes für die Annahme spricht, dass die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Rechte verletzt. Insoweit kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass es häufig ausreichen kann, im Rahmen des Hauptsacheverfahrens die Inhalts- und Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung nachträglich präziser zu fassen oder zusätzliche Schutzmaßnahmen anzuordnen.

20

Ferner ist nicht zu befürchten, dass von der Anlage für die Nachbarschaft unzumutbare Geruchsimmissionen ausgehen. Zur Beurteilung dieser Frage kann hier die Geruchsimmissions-Richtlinie – GIRL – als Hilfsmittel herangezogen werden, die zwar in erster Linie auf immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen zugeschnitten ist, jedoch auch für sonstige Vorhaben sinngemäß Berücksichtigung findet. Die GIRL enthält ein Berechnungsmodell zur Ermittlung von Geruchsimmissionen, das einen Immissionswert als Quotienten der Geruchswahrnehmungsstunden bezogen auf die Jahresgesamtstunden ergibt. Dem so ermittelten Immissionswert stellt die GIRL in Nr. 3.1 bestimmte Immissionsrichtwerte für verschiedene Gebietstypen gegenüber. Danach sind in Wohn- und Mischgebieten Geruchsimmissionen an 10 Prozent der Jahresstunden und in Dorf-, Gewerbe- und Industriegebieten an 15 Prozent der Jahresstunden zulässig. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar (vgl. dazu auch bei BayVGH, Beschluss vom 15. November 2010 – 15 CS 10.2131 –: „jedenfalls keine strengeren Anforderungen“, juris).

21

Aus der Geruchsimmissionsprognose der Sachverständigen U. und Partner vom 12. Dezember 2013 in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme vom 21. Januar 2014 folgt, dass innerhalb der gesamten Ortslage von L. die maximale Zusatzbelastung weitestgehend zwischen 0 und 1 Prozent der Jahresstunden liegt. Lediglich im unmittelbaren Bereich des Vorhabens selbst ist ein Wert von 2 Prozent zu verzeichnen, so dass nach allem der für ein Dorfgebiet geltende Beurteilungswert signifikant unterschritten wird. Insgesamt ist deshalb die von der Anlage ausgehende Geruchszusatzbelastung als vernachlässigbar gering zu betrachten.

22

Die von der Antragstellerin hiergegen vorgetragenen Bedenken sind wiederum nicht geeignet, die Sachverständigenfeststellungen in Frage zu stellen. Auch nach Korrektur der Gesamtinputmenge durch den Gutachter verbleibt es nämlich bei der vorgenannten Gesamtbewertung. Insbesondere wurde das Volumen des anzubringenden Gärrests entgegen der Vermutung der Antragstellerin mit 70 Prozent der Inputstoffe berücksichtigt. Dass nur Handbuchwerte berücksichtigt worden sein sollen, trifft angesichts der auf die konkreten Betriebsverhältnisse abstellenden Ausgangswerte ebenfalls nicht zu. Ferner bestehen keine zureichenden Hinweise dafür, dass die für die Berechnung verwendeten Daten der Wetterstation Büchel nicht repräsentativ gewesen sind.

23

Schließlich kann eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht daraus hergeleitet werden, dass – so ihr Vorbringen – die Baugenehmigung in Bezug auf den öffentlichen Belang der Wasserwirtschaft (§ 35 Abs. 3 Nr. 6 BauGB) unbestimmt erscheine. Das Verwaltungsgericht beanstandet insoweit die zum Gegenstand der Genehmigungsurkunde gewordene Stellungnahme der Unteren Wasserbehörde vom 22. Februar 2013, wonach der Abstand der Anlage zu einem Gewässer mindestens 50 m betragen soll und im Fall einer Unterschreitung ein Auffangdamm zu errichten ist, der auslaufende Silage/Gärsubstrat zurückhält. Diese Regelung stelle lediglich allgemeine Anforderungen mit keinem ausreichend konkreten Inhalt auf. Dies erhelle sich aus einem Schreiben der Unteren Wasserbehörde vom 25. September 2012, worin gegenüber der Baubehörde eine Unvollständigkeit und fehlende Prüffähigkeit der Antragsunterlagen konstatiert und eine Umplanung gefordert worden sei. Sei aber eine Umplanung erforderlich, müsse diese auch erfolgen und nach positiver Prüfung genehmigt werden. Ein bloßer allgemeiner Hinweis, wie in dem Schreiben vom 22. Februar 2013, genüge dem Bestimmtheitserfordernis nicht.

24

Diese Feststellungen übersehen, dass die in Rede stehende „Auflage“ in einem ausreichenden Umfang inhaltlich bestimmt ist und vom Beigeladenen allem Anschein nach darüber hinaus auch ohne Beanstandungen bereits umgesetzt wurde (vgl. Schreiben des Antragsgegners vom 27. Dezember 2013). Insbesondere wurde entgegen der Annahme der Vorinstanz eine Umplanung hier tatsächlich vorgenommen, die der Antragsgegner anschließend genehmigt hat. Denn beim Bauamt des Antragsgegners ging am 24. Januar 2013 ein neuer Lageplan des Vorhabens ein, der den Stempel „bauaufsichtlich geprüft“ sowie das Datum der Baugenehmigung „26.02.2013“ trägt und auf dem an der westlichen Grenze des Baugrundstücks ein Damm gerade dargestellt ist.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin auch die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser sich insoweit durch eine eigene Antragstellung dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

26

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Tenor

Die Anträge des Beklagten und der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012 werden abgelehnt.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte; hiervon ausgenommen sind ihre eigenen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.

Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,00 € festgesetzt


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Die zuständige Behörde kann anordnen, dass der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage oder, soweit § 22 Anwendung findet, einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage Art und Ausmaß der von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie die Immissionen im Einwirkungsbereich der Anlage durch eine der von der zuständigen Behörde eines Landes bekannt gegebenen Stellen ermitteln lässt, wenn zu befürchten ist, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Die zuständige Behörde ist befugt, Einzelheiten über Art und Umfang der Ermittlungen sowie über die Vorlage des Ermittlungsergebnisses vorzuschreiben.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens; ausgenommen hiervon sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen am 22.03.2012 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Umnutzung einer bestehenden Legehennenanlage mit 76.000 Tierplätzen in Käfighaltung in eine Anlage mit 98.740 Hähnchenmastplätzen sowie alternativ die Umstellung von Hähnchenmast auf Legehennenhaltung in Volieren mit 73.440 Tieren. Sie ist Eigentümerin des unmittelbar östlich an das Grundstück der Beigeladenen angrenzenden Grundstücks. Die darauf errichteten Lagerhallen nutzt die Antragstellerin zur Unterbringung von Ernteerzeugnissen und Getreide (Futter- und Nahrungsmittelgetreide). Die Futtermittel verwendet sie für ihren eigenen, nicht auf diesem Grundstück gelegenen Hähnchenmastbetrieb.

2

Gegen die für sofort vollziehbar erklärte immissionsschutzrechtliche Genehmigung hat die Antragstellerin am 16.05.2012 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Auf ihren am 31.07.2012 gestellten Antrag hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt und zur Begründung ausgeführt:

3

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, und die danach vorzunehmende Abwägung der wechselseitigen Interessen falle zugunsten der Antragstellerin aus. Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletze möglicherweise die drittschützende Grundpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG. Zwar existierten derzeit keine medizinisch begründbaren Grenzwerte für Emissionen oder Immissionen von Bioaerosolen bzw. luftgetragenen Krankheitserregern, und ein wissenschaftlicher Konsens über einzuhaltende Mindestabstände bestehe nicht. Dies gelte nicht nur für eine etwaige Einwirkung von Bioaerosolen auf die menschliche Gesundheit bzw. auf andere Tiere, sondern auch für die hier in Rede stehende und von der Antragstellerin befürchtete Einwirkung dieser Mikroorganismen auf die von ihr produzierten und gelagerten Lebens- und Futtermittel. Jedoch könnten die konkreten Verhältnisse im Einzelfall Anlass geben, ausnahmsweise – etwa wegen eines besonders hohen Infektionsrisikos – eine vom genehmigten Vorhaben ausgehende Gefahr im Sinn des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG für den benachbarten Grundstückseigentümer anzunehmen. In den Blick zu nehmen seien dabei u. a. die Lage des Vorhabens in Bezug auf die vorherrschende Windrichtung, etwaige ungünstige topographische Bedingungen und die Ableitbedingungen für die Stallabluft beim genehmigten Vorhaben. Gemessen daran erscheine es hier jedenfalls möglich, dass von dem streitigen Vorhaben eine Gefährdung des Betriebs der Antragstellerin im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BlmSchG ausgehe. Von Bedeutung sei, dass die genehmigte Anlage in der Hauptwindrichtung liege und der Abstand zwischen der nächstgelegenen Lagerhalle auf dem Grundstück der Antragstellerin und dem nächstgelegenen Stall auf dem Grundstück des Beigeladenen nur etwa 6 m betrage. Zu berücksichtigen in Bezug auf das zu beurteilende Übertragungsrisiko seien ferner die Ableitbedingungen für die Stallabluft auf dem Grundstück des Beigeladenen zum einen sowie die Art der Belüftung der Lagerhallen auf dem Grundstück der Antragstellerin zum anderen. Letztere erfolgt durch eine Unterflurbelüftung, bei der ungefilterte Außenluft von Gebläsen angesaugt, in die Hallen geleitet und durch das Lagergut gedrückt werde. Entsprechend dem Betriebskonzept des Beigeladenen solle die in den vier Ställen der Mehrzweckgeflügelanlage anfallende Stallabluft jeweils gefasst über im First sowie in den südlichen Giebelwänden befindliche Ventilatoren abgeführt werden. Technische Maßnahmen, die vor allem die Abgabe von Staub und Ammoniak aus der geplanten Anlage reduzieren (z. B. Luftwäscher, Abluftreinigung), seien bislang nicht vorgesehen.

4

Ferner erweise sich die im Genehmigungsbescheid getroffene Vollziehungsanordnung als rechtswidrig, weil die Begründung des öffentlichen Interesses durch den Antragsgegner die Vollziehungsanordnung offensichtlich nicht trage. Soweit der Antragsgegner auf das überwiegende Vollziehungsinteresse der begünstigten Beigeladenen abstelle, treffe er in der Sache eine Anordnung nach § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO und keine nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Fall 1 VwGO. Die Voraussetzungen des § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO lägen nicht vor, weil diese Vorschrift ausschließlich die nachträgliche Anordnung der sofortigen Vollziehung betreffe.

II.

5

A. Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet.

6

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die ihr erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederhergestellt.

7

1. Die Anordnung des Sofortvollzugs begegnet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Bedenken. Insbesondere ist sie nicht schon deshalb rechtswidrig, weil sie bereits mit Erteilung der Immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und damit vor Einlegung eines Rechtsbehelfs durch die Antragstellerin ausgesprochen wurde. Zwar hat der Senat entschieden, § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO betreffe nur die Anordnung nach Erlass des Verwaltungsakts undnach Einlegung eines Rechtsbehelfs; die ursprüngliche mit dem Verwaltungsakt verbundene Anordnung der sofortigen Vollziehung werde von § 80a Abs.1 Nr. 1 VwGO hingegen nicht erfasst (Beschl. d. Senats v. 12.09.2011 – 2 M 85/11 –; a.A. etwa: Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., RdNr. 8). Er hat aber auch klargestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits vor Einlegung des Rechtsbehelfs auf der Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO möglich sei. Der Antragsgegner hat hier den Sofortvollzug ausdrücklich auf diese Vorschrift gestützt (vgl. S. 29 des Genehmigungsbescheides).

8

2. Allerdings bedarf es in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei Anordnung des Sofortvollzugs zugunsten eines Beteiligten eines besonderen Interesses des Beteiligten, das über das regelmäßige Interesse am Gebrauchmachen des ihm günstigen Verwaltungsakts hinausgeht. So kann es unbillig sein, wenn ein Baubewerber möglicherweise jahrelang auf die Verwirklichung seines genehmigten Bauvorhabens und damit auf die Nutzung seines Eigentums warten muss (vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 80 RdNr. 92). Dabei kommt – im Verhältnis zur Anordnung der sofortigen Vollziehung im öffentlichen Interesse – den Erfolgsaussichten von (möglichen) Rechtsbehelfen gesteigerte Bedeutung zu. Wenn durch ein und dieselbe behördliche Maßnahme nicht nur ein Bürger belastet oder begünstigt wird, sondern zwei oder mehrere in unterschiedlicher Weise berührt werden, nämlich einer (oder mehrere) belastet und ein anderer begünstigt wird, so ist, wenn nicht schon ein öffentliches Interesse den Ausschlag gibt, mit der Anordnung einer sofortigen Vollziehung in erster Linie zwischen widerstreitenden Bürgerinteressen zu entscheiden; der vom Rechtsstaatsgedanken gebotene Schutz des Einzelnen gegenüber der Übermacht des Staates, der, um die Wirksamkeit des in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Grundrechts zu gewährleisten, eine sofortige Vollziehung von staatlichen Maßnahmen gegenüber dem Bürger nur in den engen und strengen Grenzen des § 80 Abs. 2 Satz Nr. 1 bis 4 1. Alt. VwGO zulässt, tritt daher zurück; die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat in solchen Fällen mehr schiedsrichterlichen Charakter (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.11.1965 – IV CB 224.65 –, BayVBl 1966, 279). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es bei im Ergebnis nicht erfolgreichen Einwendungen von Nachbarn zu finanziellen Mehrbelastungen eines Vorhabenträgers oder Bauherrn kommen kann, die allein aus prozessualen Gründen „das Aus“ für ein Vorhaben bedeuten können, ohne dass sich im Hauptsacheverfahren die dagegen gerichteten Vorbehalte als rechtlich erheblich herausstellen (OVG RP, Beschl. v. 03.04.2012 – 1 B 10136/12 –, BauR 2012, 1362, RdNr. 9 in Juris). Ordnet – wie hier – die Behörde mit Erlass des Genehmigungsbescheids und damit noch vor Einlegung eines Rechtsbehelfs die sofortige Vollziehung an, kommt es wesentlich darauf an, inwieweit mögliche Rechtsbehelfe Aussicht auf Erfolg haben werden.

9

Gemessen daran begegnet die Anordnung des Sofortvollzuges im Interesse der Beigeladenen hier keinen durchgreifenden Bedenken. Der Antragsgegner hat hierzu im Genehmigungsbescheid ausgeführt, die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebrachten Einwendungen hätten sich im Ergebnis der durchgeführten Prüfungen und Abwägungen als unbegründet erwiesen. Das überwiegende Interesse der Beigeladenen sei begründet. Im Falle der Verzögerung des Vorhabens durch Bau- oder Betriebsstillstand werde dem Unternehmen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden zugefügt. Mögliche Drittklagen bewirkten eine Situation der Unsicherheit und des finanziellen Risikos für den Genehmigungsinhaber, die es unmöglich machten, wirtschaftliche Entscheidungen mit längerfristigen Perspektiven zu treffen.

10

3. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine eigene Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Aufschubinteressen der Beteiligten vor. Dem Charakter des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechend kann das Gericht seine vorläufige Entscheidung im Regelfall nur auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wesentliches Element der Interessensabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angeordneten Sofortvollzugs treffen. Kann – wegen der besonderen Dringlichkeit oder der Komplexität der Rechtsfragen – keine Abschätzung über die Erfolgsaussichten im Sinne einer Evidenzkontrolle getroffen werden, sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen zu gewichten (vgl. zum Ganzen: BverwG, Beschl. v. 22.03.2010 – 7 VR 1.10 [7 C 21.7 C 21.09] –, Juris, RdNr. 13). Wird – wie hier – von einem Dritten die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Genehmigung angegriffen, bestimmt sich die Frage, wer bis zur Hauptsacheentscheidung das Risiko der Herbeiführung vollendeter Tatsachen tragen muss, nach dem materiellen Recht, also der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs; Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich nicht entnehmen, dass eine der beiden Rechtspositionen bevorzugt wäre oder dass für ihre sofortige Ausnutzung zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse vorliegen müsse (BVerfG, Beschl. v. 01.10.2008 – 1 BvR 2466/08 –, NvwZ 2009, 240 [242], RdNr. 21 in Juris). Ist der Ausgang der Hauptsache offen, stehen sich divergierende Interessen von der Ausgangsbasis her gleichberechtigt gegenüber, wobei gleichwohl die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unterhalb der Offensichtlichkeit in die Interessensabwägung mit einfließen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119, RdNr. 13 in Juris).

11

Danach führt die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des Suspensivinteresses der Antragstellerin gegen das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Beigeladenen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zu dem Ergebnis, dass das Vollzugsinteresse überwiegt. Die von der Antragstellerin erhobene Klage wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletzt nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich keine dem Schutz der Antragstellerin dienenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesondere nicht § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG (nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG).

12

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BImSchG in der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung geltenden Fassung sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können (Nr. 1) und Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung (Nr. 2). Der im Einwirkungsbereich der Anlage wohnende Dritte kann eine dem Betreiber erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung mittels des ihm in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG eingeräumten Schutz- und Abwehrrechts anfechten; eine derart drittschützende Wirkung der Vorsorgepflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2) besteht hingegen nicht, weil diese Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potentiell schädlichen Umwelteinwirkungen generell und auch dort vorzubeugen, wo sie keinem bestimmten Emittenten zuzuordnen sind (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 – 7 C 19.02 –, BVerwGE 119, 329 [332], RdNr. 11 in Juris, m.w.N.).

13

Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Sie dient der Abwehr erkannter Gefahren und der Vorbeugung gegenüber künftigen Schäden, die durch solche Gefahren hervorgerufen werden können. Eine Gefahr liegt nach der klassischen Begriffsdefinition dort vor, wo „aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden". Daran fehlt es bei Ungewissheit über einen Schadenseintritt. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein, sofern diese nach Art und Umfang verhältnismäßig sind. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht. Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren. Ob bei ungewissem Kausalzusammenhang zwischen Umwelteinwirkungen und Schäden eine Gefahr oder ein Besorgnispotential anzunehmen ist, hängt vom Erkenntnisstand über den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts ab. Die Grenze zwischen drittschützender Schutzpflicht und gefahrenunabhängiger Risikovorsorge bei Ungewissheit über die Schädlichkeit von Umweltauswirkungen für die menschliche Gesundheit ist bisher nicht für alle Schadstoffe in einem Verfahren nach § 48 BImSchG festgelegt worden, das das hinzunehmende Risiko für den Einzelnen und für die Allgemeinheit aufgrund fachlichen Sachverstands, politischer Legitimation und verantwortbarer Bewertung konkretisiert. Bei potentiell gesundheitsgefährdenden Stoffen, für die nach naturwissenschaftlichen Erkenntnissen keine Wirkungsschwelle bestimmt werden kann, jenseits derer Gesundheitsrisiken nicht bestehen, begnügt sich die TA Luft damit, den erforderlichen Schutz der menschlichen Gesundheit durch die Verpflichtung des Anlagenbetreibers sicherzustellen, Emissionen solcher Stoffe unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit so weit wie möglich zu begrenzen (vgl. zum Gazen: BVerwG, Urt. v. 11.12.2003, a.a.O., RdNr. 12 f. in Juris, m.w.N.).

14

Zwar spricht Vieles dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 14.01.2010 – 8 B 1015/09 –, UPR 2011, 33 [35]; RdNr. 58 in Juris). Es entspricht aber auch allgemeiner Auffassung, dass bei Bioaerosolen bzw. luftgetragenen Krankheitserregern derzeit Risiken nicht abschließend quantifizierbar und kausale Verursachungszusammenhänge nicht hinreichend bekannt sind und dass wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse darüber fehlen, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgehen. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst in jüngster Zeit durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem. Die Absterberate während der Transmission durch Einflüsse wie zum Beispiel durch UV-Licht, Temperatur und Wirkungen von Luftradikalen ist unbekannt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, Beschl. v. 22.03.2012 – 22 ZB 12.149, 22 ZB 122 ZB 12.151 –, Juris, RdNr. 16; NdsOVG, Beschl. v. 09.08.2011 – 12 LA 55/10 –, NvwZ-RR 2012, 18, RdNr. 10 in Juris; OVG NW, Beschl. v. 14.01.2010, a.a.O., RdNr. 60). Auch der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber gibt, welche Gefährdung von Keimen aus Massentierhaltungsanlagen auf die Wohnbevölkerung ausgehen, insbesondere wie weit der Staub und Endotoxine der Stallluft getragen werden (vgl. Urt. d. Senats v. 06.02.2004 – 2 L 5/00 –, Juris, RdNr. 54).

15

Ebenso ist die Prognose mit Unsicherheiten behaftet, dass es ggf. von einem Mastbetrieb ausgehend zu Krankheiten in einer benachbarten Tierhaltung kommen werde. Messbare Größen für Keime in Tierhaltungsbetrieben oder überhaupt Erkenntnisse darüber, ab welcher Keimzahl generell oder für bestimmte Erreger von einer Schädlichkeit ausgegangen werden muss, also einen Immissionsgrenzwert, gibt es auch insoweit nicht. Zuverlässige wie auch den Bedürfnissen der Praxis entsprechende Mindestabstände zur Minimierung des Risikos einer Übertragung von Tierkrankheiten zwischen benachbarten Tierhaltungen können daher ebenfalls nicht angegeben werden; solche wurden daher bislang auch nicht in Rechtsvorschriften oder Regelwerken festgelegt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, Urt. v. 24.03.2011 – 22 B 10.2316 –, DVBl 2011, 773 [774 f.], RdNr. 23 f.).

16

Nichts anderes gilt für Fälle, in denen die Möglichkeit besteht, dass Keime nicht unmittelbar von einer Tierhaltungsanlage zu einer anderen benachbarten Tierhaltungsanlage übertragen werden, sondern lediglich mittelbar über Futtermittel, die in benachbarten Gebäuden gelagert werden. Hier dürfte sich noch viel weniger abschätzen lassen, in welchem Umfang und wie lange dort Keime überleben und inwieweit die von diesen Futtermitteln versorgten Tiere dadurch einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

17

Nach der bisher vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung sind – worauf die Vorinstanz hingewiesen hat – zwar Ausnahmefälle denkbar, in denen gleichwohl eine Verletzung der Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger in Betracht kommt, etwa bei einem besonders hohen Infektionsrisiko (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22.03.2012, a.a.O.). Dies mag in Betracht kommen, wenn das Vorhaben in unmittelbarer Nähe zu anderen von Menschen bewohnten Anlagen oder auch anderen Tierhaltungsanlagen errichtet werden soll, die betroffenen Anlagen in der Hauptwindrichtung liegen und zudem ungünstige Ableitbedingungen der Stallluft gegeben sind. Dies mag sich damit rechtfertigen lassen, dass als nachteilige Wirkungen von Bioaerosolen hauptsächlich gesundheitliche Beeinträchtigungen in Gestalt von Atemwegs- und Allergieerkrankungen bekannt geworden sind.

18

Hinreichende wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko für Mensch oder Tier durch Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger auch dann besteht, wenn in der (unmittelbaren) Nachbarschaft Nahrungs- oder Futtermittel gelagert werden, liegen jedoch bislang – soweit ersichtlich – nicht vor. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass in der Fachliteratur die luftgetragene Kontamination von Futter- oder Nahrungsmitteln mit Bioaerosolen praktisch nicht diskutiert werde. Die Ungewissheit eines Schadenseintritts ist auch im vorliegenden Verfahren daran deutlich geworden, dass die mit dem Vorhaben befassten Fachleute das Infektionsrisiko durch Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger unterschiedlich eingeschätzt haben. Die Mitarbeiterin im Referat 203 des Antragsgegners, Frau Dr. P., vertrat in ihren Stellungnahmen vom 04.11.2010 und 13.05.2011 (Bl. 306 und 328 der Beiakte C) die Auffassung, es bestehe aufgrund der Nähe der beiden Betriebe zueinander die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung des Nahrungs- und Futtermittelgetreides. Die Diplomveterinärmedizinerin W. hat in ihrer Stellungnahme vom 04.07.2012 (Anlage K 4 zur Antragsschrift vom 31.07.2012) ausgeführt, dass über die Abluft Keime in das Getreidelager getragen würden, so dass mit dem Futter als Vektor auch pathogene Keine in die Ställe der Antragstellerin gelangen könnten. Hingegen hat die Leiterin des Fachbereichs „Immissionsprognostische Gutachten“ des Ingenieurbüros E. in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 31.01.2013 (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 04.02.2013) die Ansicht vertreten, dass in der Fachliteratur die luftgetragene Kontamination des Futters keine Rolle spiele. Stets werde eine schädigende Wirkung allein über die Atemwege genannt, und zwar auch deshalb, weil die Konzentration an Keimen durch direkte Kontamination/Keimübertragung weitaus höher sei als durch luftgetragene. Dies werde schon daran deutlich, dass die Staubkonzentration innerhalb eines Stalles im mg/m³-Bereich um Potenzen höher liege als außerhalb an den Immissionsorten im µg/m³-Bereich. Futter könne nur durch direkte Berührung, beispielsweise durch keimtragende Vögel oder Nagetiere während der Hallenlagerung so kontaminiert werden, dass tatsächlich eine Gefahr für die das Futter aufnehmenden Tiere bestehe.

19

B. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 19.2, 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids, mit dem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von zwei Einfamilienhäusern auf jeweils 650 m² großen Teilflächen der Grundstücke der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 1321 und 1329 im Gemeindegebiet der Beigeladenen festgestellt werden soll.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Das Vorhaben der Klägerin sei planungsrechtlich unzulässig. Der für die Bebauung vorgesehene Bereich sei nicht als Ortsteil im baurechtlichen Sinne anzusehen; denn nach der Inaugenscheinnahme, der Liegenschaftskarte und der Luftaufnahme bestehe kein Bebauungszusammenhang zu den Wohnhäusern in den Gebieten der Bebauungspläne „Am H-Busche“ in Norden und „S-Breite“ im Osten. Die vorgesehene Bebauung stelle auch keinen Lückenschluss zwischen der südlichen Bebauung im Wohngebiet „Am H-Busche“ und der Bebauung an der A-Straße (u. a. mit dem Wohnhaus der Klägerin) dar. Bei der zuletzt genannten Bebauung handele es sich um eine Splittersiedlung. Die dort nur vereinzelt gebliebenen Gebäude bildeten keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil; auch ein Bebauungszusammenhang zu der weiter im Westen gelegenen Bebauung mit großen Mehrparteienhäusern bestehe nicht. Selbst wenn die Bebauung an der A-Straße mit dem Wohnhaus der Klägerin als Innenbereich zu qualifizieren wäre, läge der übrige Teil der Gartenanlage im Außenbereich; der Bebauungszusammenhang würde nördlich des Wohnhauses der Klägerin enden. Das – nicht gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte – Vorhaben der Klägerin sei im Außenbereich unzulässig, weil die geplante Wohnbebauung aufgrund seiner Vorbildwirkung die Entstehung, Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lasse. Der Gefahr einer negativen Vorbildwirkung stehe nicht entgegen, dass die Straße „Am Hollerbusch“ als Erschließungsstraße für weitere Grundstücke nicht mehr zur Verfügung stehe. Diese Gefahr beschränke sich nicht auf den Bereich, der unmittelbar durch eine Verlängerung der Straße „Am Hollerbusch“ erschlossen werden könnte. Die Verwirklichung der von der Klägerin beabsichtigten Wohnbebauung könnte bei den Grundstückseigentümern im gesamten Bereich der von den Straßen „A-Straße“ und „E-Straße“ und dem Wohngebiet „S-Breite“ umschlossenen Fläche Interesse an der Errichtung von Wohnhäusern erwecken. Dabei sei nicht ausgeschlossen, dass die Grundstücke über die A-Straße oder die E-Straße – auch durch Schaffung neuer Wege – erschlossen werden könnten.

II.

3

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

4

Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

5

1.1. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die von ihr vorgesehene Bebauung stelle sich als zwanglose Fortsetzung der Bebauung im jeweiligen Geltungsbereich der Bebauungspläne der Beigeladenen „Am H-Busche“ und „S-Breite“ dar.

6

Der Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB endet in aller Regel am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 12.10.1973 – 4 C 3.72 –, BRS 27 Nr. 56; Beschl. v. 12.03.1999 – 4 B 112.98 –, NVwZ 1999, 763 [765]). Zwar können örtliche Besonderheiten es rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o. ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (BVerwG, Beschl. v. 17.01.2005 – 4 B 3.05 –, Juris, m.w.N.). Eine solche Besonderheit ist entgegen der Annahme der Klägerin aber nicht darin zu erkennen, dass auch die Fläche südlich des Wendehammers – faktisch – noch bebaut werden könnte. Vorhandene Verkehrs- und Versorgungsverbindungen sind noch kein Verknüpfungselement, die eine „organische Beziehung" zu einer bebauten Ortslage im Sinne siedlungsstruktureller Unbedenklichkeit herstellen (BVerwG, Urt. v. 25.01.1985 – 4 C 29.81 – BauR 1985, 427 [428]). Im Falle der Beplanung einer Fläche am Ortsrand fällt die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich grundsätzlich mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen, es sei denn, die Grenzziehung ist durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 26.06.1987 – 2 R 234/85 –, Juris). Letzteres ist hier nicht der Fall.

7

1.2. Die Klägerin macht weiter geltend, der Standort ihres Vorhabens liege innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Wohnbebauung der Bebauungsplangebiete „Am H-Busche“ und „S-Breite“. Die Entfernung zwischen den nächst gelegenen Wohnhäusern in den beiden Plangebieten betrage nur 75 m, so dass von einer Baulücke gesprochen werden müsse. Auch dieser Einwand stellt die Zuordnung der Bauflächen zum Außenbereich nicht in Frage. Selbst wenn ein Bebauungszusammenhang zwischen den beiden beplanten Gebieten bestehen sollte, ist nicht ersichtlich, dass die beiden Teilflächen, auf denen die Klägerin die beiden Wohngebäude errichten will, an diesem Bebauungszusammenhang teilnehmen. Die Klägerin zeigt schon nicht auf, wo in diesem Fall die Trennlinie zwischen Innen- und Außenbereich konkret verlaufen soll. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass auch bei Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs zwischen beiden Plangebieten der Bebauungszusammenhang südlich des Wohngebiets „Am H-Busche“ mit den beiden letzten dort errichteten Wohngebäuden endet.

8

1.3. Die Klägerin wendet ferner ein, es bestehe ein Bebauungszusammenhang zwischen der Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am H-Busche“ und der weiter südlich liegenden Bebauung an der A-Straße. Innerhalb dieses Bebauungszusammenhangs lägen die zur Bebauung vorgesehenen Flächen teilnähmen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stelle die Bebauung an der A-Straße keine Splittersiedlung dar. Die insgesamt sieben Wohngebäude einschließlich der Nebengebäude auf ihrem Grundstück hätten das für einen Ortsteil erforderliche „gewisse Gewicht“. Im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen auch im unmittelbaren Umfeld stellten sie einen verdichteten und über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Es handele sich um eine durch verschiedenartige Nutzungen geprägte Keimzelle, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt sei, wozu auch die B-Plangebiete „Am H-Busche“ und „S-Breite“ beitrügen. Auch damit vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

9

Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. kleine Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (BVerwG, Beschl. v. 02.08.2001 – 4 B 26.01 –, ZfBR 2002, 69 [70]). Ob eine Bebauung eine Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und damit Teil des Außenbereichs oder Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und damit bebauungsrechtlicher Innenbereich ist, beurteilt sich nach der Siedlungsstruktur im Gebiet der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Beschl. v. 19.09.2000 – 4 B 49.00 –, ZfBR 2001, 64, m.w.N.). Die Annahme, dass es sich bei einem Bebauungskomplex um einen Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB handelt, kann sich schon wegen der geringen Anzahl der vorhandenen Bauten und ebenso auch deshalb verbieten, weil der Bebauungskomplex bereits quantitativ in einem Missverhältnis zu den in der Gemeinde sonst vorhandenen Ortsteilen steht (BVerwG, Beschl. v. 12.06.1973 – IV B 79.72 –, BRS 27 Nr. 41). Wenn deutliche Siedlungsschwerpunkte in näherer Umgebung vorhanden sind, bleibt eine Streubebauung mit nur wenigen Gebäuden eine Splittersiedlung und damit insgesamt dem Außenbereich zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.1994 – 4 B 77.94 –, BauR 1994, 494).

10

Mithin ist zur Beantwortung der Frage, ob die sieben Wohngebäude an der A-Straße südlich der Grundstücke der Klägerin das für einen Ortsteil erforderliche „gewisse Gewicht“ besitzen, nicht allein ihre Zahl aussagekräftig; vielmehr ist wesentlich auch darauf abzustellen, wie sich diese Ansammlung von Wohngebäuden in ihrer Größe zu den sonstigen Bebauungskomplexen auf dem Gebiet der Beigeladenen verhält.

11

Die Klägerin trägt zur Größe der übrigen Bebauungskomplexe im Gemeindegebiet der Beigeladenen nichts vor. Ihr Vorbringen, im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen auch im unmittelbaren Umfeld stellten die Wohngebäude an der A-Straße im hier maßgeblichen Abschnitt einen verdichteten und über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar, ist insoweit unergiebig. Es liegt auch nicht auf der Hand, dass in einer Kleinstadt mit etwa 22.000 Einwohnern, eine Ansammlung von sieben Gebäuden ein solches Gewicht besitzt, dass sie alleine einen Ortsteil bilden können. Die Siedlungsstruktur, wie sie sich aus den vorliegenden Plänen ergibt, legt eher das Gegenteil nahe. Auch ein Vergleich mit den benachbarten Bebauungsplangebieten „Am H-Busche“ und „S-Breite“ genügt nicht, da zwischen ihnen und größeren Bebauungskomplexen auf dem Gebiet der Beigeladenen nach den Luftbildaufnahmen von google-earth ein Bebauungszusammenhang besteht.

12

1.4. Damit bedarf keiner Vertiefung, ob die von der Klägerin zur Bebauung vorgesehenen Flächen auch dann dem Außenbereich zuzuordnen wären, wenn die Bebauung an der A-Straße als im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGb zu qualifizieren wäre.

13

1.5. Die Klägerin ist schließlich der Auffassung, selbst im Außenbereich seien die von ihr geplanten Wohngebäude zulässig, weil sie nicht die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung der vom Verwaltungsgericht angenommenen Splittersiedlung befürchten ließen. Allein die Gefahr, dass sich dem zur Genehmigung gestellten Bauvorhaben später auf benachbarten Grundstücken Vorhaben anschließen könnten, genüge nicht. Vielmehr müsse hinzutreten, dass mit der Begründung dieser Gefahr zugleich ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet werde oder schon vollzogen sei. Dies sei bei Wohngebäuden im Außenbereich ausnahmsweise dann nicht der Fall, wenn ein Vorhaben an dem geplanten Standort in eine organische Beziehung zu der bereits vorhandenen Bebauung trete, sofern diese selbst keine zu missbilligende Splittersiedlung darstelle. Eine solche Ausnahmesituation sei hier anzunehmen, da sich die von ihr vorgesehene Bebauung als eine organisch geringfügige Weiterentwicklung des Wohngebiets „Am H-Busche“ darstelle und eine Verlängerung der Erschließungsstraße dann nicht mehr in Betracht komme. Eine negative Vorbildwirkung sei nicht zu erkennen. Die nördlich und westlich von ihrem Grundstück liegende Schrebergartensiedlung sei kein Teil einer Splittersiedlung, so dass eine Bebauung dieses Bereichs keine Verfestigung der Splittersiedlung, sondern eine Erweiterung bewirken würde. Die östlich gelegenen unbebauten Flächen der Flurstücke 1285 und 1284 trennten die Wohnbebauung „S-Breite“ sowie die in einem Bauquartier liegenden Wohnhäuser „Hollerbusch“ und ihr Wohngebäude optisch und räumlich ab. Auch die unbebauten ca. 38 m breiten Flächen (des Flurstücks 1285) seien nicht Teil der Splittersiedlung. Bezüglich sich weiter östlich anschließender Grünflächen, die in den Geltungsbereich des Bebauungsplans „S-Breite“ einbezogen seien, könne die Beigeladene ihre Planungshoheit ausüben, so dass auch hier eventuelle Anfragen zwecks Bebauung dementsprechend begründet werden könnten. Die Häuser A-Straße 25, 26 und 26a wären Teil der Splittersiedlung und ebenfalls von einer großen Schrebergartenanlage eingerahmt, die außerstande sei, einen Bebauungszusammenhang mit Einzelhäusern herzustellen. Auch mit diesem Vortrag vermag die Klägerin nicht durchzudringen.

14

Eine – durch verbindliche Bauleitplanung nicht geordnete – Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB ist. Die Anschlussbebauung von der bebauten Ortslage aus in den Außenbereich hinein ist in der Regel ein Vorgang der – siedlungsstrukturell unerwünschten – Zersiedlung, wenn das Vorhaben konkret geeignet ist, Nachfolgebebauung nach sich zu ziehen. In einem solchen Fall erfordern es die öffentlichen Belange, den ersten Ansätzen entgegenzutreten (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 25.01.1985, m.w.N.). Ein Vorhaben, durch das unter Auffüllung von Freiflächen zwischen Splittersiedlungen erst ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil entstehen oder ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil durch Bebauung eines Zwischenraums zu einer vorhandenen Splittersiedlung erweitert würde, beeinträchtigt als Vorgang einer siedlungsstrukturell zu missbilligenden Entwicklung öffentliche Belange (BVerwG, Beschl. v. 11.10.1999 – 4 B 77.99 –, ZfBR 2000, 425). Entsprechendes gilt, wenn durch ein Vorhaben der Ortsteil weiter in den Außenbereich hinein erweitert und durch eine deshalb zu befürchtende Nachfolgebebauung der Freiraum bis zu einer bislang einen Siedlungssplitter darstellenden Bebauung aufgefüllt würde (vgl. OVG NW, Beschl. v. 17.10.2007 – 7 A 1930/07 –, Juris).

15

Die vom Verwaltungsgerichts in der Sache getroffene Einschätzung, die Gefahr einer solchen Nachfolgebebauung bestehe für den gesamten Bereich der von den Straßen „A-Straße“ und „E-Straße“ und dem Wohngebiet „S-Breite“ umschlossenen Fläche, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Würde das Vorhaben der Klägerin verwirklicht, könnte einer Nachfolgebebauung auf diesen (Teil-)Flächen in der Tat nur noch schwerlich etwas entgegengesetzt werden. Diese befinden sich in einer vergleichbaren planungsrechtlichen Situation wie die zur Bebauung vorgesehenen Teilflächen der Grundstücke der Klägerin. Sie liegen zwar nicht zwischen dem Gebiet des Bebauungsplans „Am H-Busche“ und der Splittersiedlung an der A-Straße. Eine planungsrechtlich vergleichbare Konstellation ergibt sich aber aus ihrer Lage zwischen zwei beplanten Gebieten (Flurstücke 1284 und 1285) bzw. zwischen dem B-Plangebiet „Am H-Busche“ und dem Ortsteil westlich der Kleingartenanlage (Flurstück 1321/708). Den Eigentümern dieser Flächen könnte nicht mehr mit Überzeugungskraft entgegen gehalten werden, eine Bebauung über die Grenzen des Bebauungsplans „Am H-Busche“ hinaus in Richtung Wohngebiet „S-Breite“ oder in Richtung Stadtkern und damit eine Auffüllung der vorhandenen Freiflächen sei planungsrechtlich unzulässig, weil damit eine siedlungsstrukturell unerwünschte Ausweitung der Bebauung in den Außenbereich verbunden sei. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Flächen Teil einer Splittersiedlung sind oder nicht.

16

Unabhängig davon könnte auch einer Nachfolgebebauung auf den beiden Grundstücken der Klägerin selbst und eine damit einhergehende Auffüllung des Freiraums zwischen dem Baugebiet „Am H-Busche“ und der Splittersiedlung an der A-Straße nur noch schwerlich etwas entgegengesetzt werden, wenn das Vorhaben der Klägerin verwirklicht würde. Die Größe der Grundstücke der Klägerin ließe es jedenfalls zu, dass auf ihnen weitere Wohngebäude errichtet werden. Dem dürfte nicht entgegen stehen, dass die vorhandene (öffentliche) Erschließungsstraße des Baugebiets, die Straße „Am Hollerbusch“, (derzeit) an dem Wendehammer endet. Eine wegemäßige Erschließung weiterer Vorhaben auf den weiter südlich gelegenen Grundstücksteilen könnte durch eine von dieser Straße oder ggf. von der A-Straße aus über das Grundstück der Klägerin führende Zuwegung gesichert werden.

17

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 9.1.1 und 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1328]).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. Juni 2008 - 4 K 1071/07 - geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 3. Mai 2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 3. Juli 2007 verpflichtet, dem Kläger den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Anwesen ... ... (Flst.Nr. ...) im gleichnamigen Weiler der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Die Beigeladene ist eine Gemeinde im Landkreis ... mit 40 Weilern auf 1.716 ha Fläche und 3.100 Einwohnern, von denen knapp 60% im Hauptort leben. Der Weiler ... mit 57 Einwohnern umfasst siebzehn bebaute Anwesen auf ca. 20 ha Fläche. Neun Anwesen mit 26 Einwohnern liegen an einer Gemeindeverbindungsstraße. Von diesen sind sieben (... ..., ..., ..., ..., ..., ... und ...) mit je einem Wohnhaus oder Wohn-/Wirtschaftsgebäude, zum Teil mit Garage oder Carport, und mit insgesamt dreizehn weiteren Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen bebaut, die anderen zwei (... ... und ...) mit insgesamt drei Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen. Die Wirtschaftsgebäude und Schuppen dienen bis auf ein Gebäude auf dem Anwesen ... ..., das von einem Getränkegroßhandel als Lager mit Sozialraum und Büro genutzt wird, landwirtschaftlichen Betrieben. Die Abstände der Wohngebäude seitlich der Gemeindeverbindungsstraße reichen von etwa 20 m (zwischen ... ... und ... sowie ... und ...), über 80 m (zwischen ... ... und ...) und 100 m (zwischen ... ... und ...) bis zu 120 m (zwischen ... ... und ...). Die übrigen acht Anwesen liegen nordöstlich und östlich abgesetzt an zwei von der Gemeindeverbindungsstraße abzweigenden Gemeindeverbindungswegen. Die umgebenden Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außer einem Flächennutzungsplan existiert keine Bauleitplanung.
Das ca. 2 ha große Anwesen ... ... (Baugrundstück) ist im Norden mit einem Wohnhaus bebaut, das vom Kläger mit seiner Ehefrau sowie von seinen Eltern bewohnt wird. Südlich davon befindet sich an der Grenze zur Gemeindeverbindungsstraße ein in die Erde versenkter Güllesilo mit rundem Betondeckel von 10 m Durchmesser und Öffnung zum Abpumpen, der dem Milchviehbetrieb des Bruders R. des Klägers auf dem Anwesen ... ... gegenüber als Umfüllstation zur Gülleausbringung dient und der aus einer Vorgrube der Rinderställe über eine nur zeitweise geöffnete Fallleitung gefüllt wird. Der Betrieb hat derzeit genehmigte Tierplätze für 177 Kühe, Rinder, Jungvieh und Kälber sowie für 3 Pferde. Die Eltern haben beide Anwesen im April 2002 an den Bruder R. übergeben, der den landwirtschaftlichen Betrieb mit seiner Ehefrau fortführt und noch Pensionspferde hält. Als Gegenleistung verpflichtete er sich u.a., dem Kläger eine ca. 1.000 bis 1.200 qm große Fläche des Baugrundstücks unentgeltlich zu übereignen, falls eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes erlangt werden kann; einer entsprechenden Bauvoranfrage stimmte er zu.
Am 12.12.2006 beantragte der Kläger die Erteilung eines Bauvorbescheids mit der Feststellung, dass die Errichtung eines Wohnhauses mit Doppelgarage im Süden des Baugrundstücks zulässig sei. Nach dem Lageplan des Baugesuchs beträgt der kürzeste Abstand des Wohnhauses zum Güllesilo 10 m. Das Wohnhaus liege in einer Baulücke des Innenbereichs. Immissionskonflikte seien nicht zu befürchten; zur Duldung der Immissionen vom Güllesilo könne eine Baulast bestellt werden. Die Baurechtsbehörde und das Landwirtschaftsamt beim Landratsamt Ravensburg erhoben rechtliche Bedenken. Die Beigeladene versagte ihr Einvernehmen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.05.2007 ab. Ein Erteilungsanspruch bestehe schon mangels Einvernehmens der Beigeladenen nicht. Das Vorhaben sei auch sonst bauplanungsrechtlich unzulässig. Sein Standort liege im Außenbereich, da der Weiler ... eine zusammenhanglose unorganische Splittersiedlung sei. Dort sei das nicht privilegierte Vorhaben unzulässig, da es der Darstellung des Flächennutzungsplans widerspreche, Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege beeinträchtige, die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse sowie wegen seiner Nähe zum Betrieb des Bruders schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde und die Entwicklung dieses Betriebs einschränke.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.2007 zurück.
Am 25.07.2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Der Weiler ... besitze nach der Zahl seiner Gebäude ein gewisses Gewicht und diese Bebauung sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur, die sich um die landwirtschaftlichen Betriebe herum entwickelt habe. Der Standort des Vorhabens werde durch den Zusammenhang der Bebauung an der Abzweigung des Gemeindeverbindungswegs von der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus ... ... und dem südlich nächsten Gebäude ... ... betrage nur ca. 70 m. Die nähere Umgebung entspreche einem Dorfgebiet. Darin füge sich das Vorhaben ein. Es wäre aber auch im Außenbereich zulässig. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zu verpflichten, einen Bauvorbescheid darüber zu erteilen, dass das nach dem Antrag vom 12.12.2006 geplante Wohnhaus mit Garage auf dem Baugrundstück bauplanungsrechtlich zulässig ist, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Weiler ... sei durch zusammenhanglose und unstrukturierte Bebauung entlang der Gemeindeverbindungsstraße geprägt. Die Anordnung der Gebäudegruppen wirke verinselt. Ein Bebauungszusammenhang bestehe nur für die ursprünglichen Hofstellen. Die nordöstlich abgesetzten Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... wirkten wie ein größerer Aussiedlerhof und stellten einen Siedlungssplitter dar. Auch die Bebauung nördlich des Baugrundstücks gehöre nicht mehr zum Bebauungszusammenhang. Allein aus der Zahl der Gebäude sei kein Rückschluss auf einen Bebauungszusammenhang möglich. Im Außenbereich sei das Vorhaben aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen unzulässig. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Das Verwaltungsgericht hat den Weiler ... in Augenschein genommen und digitale Lichtbilder gefertigt.
Mit Urteil vom 19.06.2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sein Standort im Außenbereich liege und es dort öffentliche Belange beeinträchtige. Der Weiler ... sei auch unter Berücksichtigung der örtlichen Siedlungsstruktur kein Bebauungskomplex, der nach der Zahl vorhandener Bauten ein gewisses Gewicht besitze und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Zur Bebauung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB gehörten nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet seien, ein Gebiet als einen Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen. Dazu zählten grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten. Die landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude in ... erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Deshalb sei grundsätzlich nur auf die dortigen Wohnhäuser abzustellen; das Gartenhaus ... ... sei wegen offensichtlicher Außenbereichslage nicht mitzuzählen sei. Danach verblieben zwölf Wohnhäuser und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude ... .... Zwar wäre damit die erforderliche quantitative Schwelle erreicht. Gleichwohl besitze diese Bebauung nicht das für einen Ortsteil nötige Gewicht, da die Gebäudezahl in deutlichem Missverhältnis zur Siedlungsfläche stehe. Der dadurch vermittelte, vereinzelnde Eindruck schließe eine Bebauung von Gewicht aus. Das gelte auch, wenn nur auf einzelne Gebäudegruppen abgestellt werde. Denn der dann maßgebende Siedlungssplitter bestünde nur aus den drei Wohngebäuden ... ..., ... und ... und bliebe unter der quantitativen Schwelle. Diese Schwelle wäre selbst dann nicht überschritten, wenn zusätzlich der Siedlungssplitter mit den Wohnhäusern ... ... und ... und dem Getränkelager berücksichtigt würde. Unabhängig davon sei die vorhandene Bebauung nicht Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Vereinzelte Aussiedlerhöfe, wie sie im Allgäu häufig anzutreffen seien, seien nicht schon ein Ortsteil, wenn Ställe und Ausgedinghäuser hinzukämen und die Abstände zwischen den Anwesen schrumpfen. Eine organische Siedlungsstruktur erfordere mehr, insbesondere einen geschlossenen, homogenen Eindruck der Bebauung. Diesen vermittle ... nicht. Der Weiler sei eine zusammenhanglose, aus vereinzelten Siedlungssplittern bestehende Streubebauung. Die Anordnung der Gebäude wirke zufällig und lasse außer der Zuordnung zu ursprünglichen Hofstellen keine Regel erkennen. Die Siedlungsinseln seien durch große landwirtschaftliche Flächen getrennt. Nirgendwo entstehe der Eindruck einer geschlossenen Ortslage. Ungeachtet dessen nehme der in der unbebauten Lücke zwischen den Gebäuden ... ... und ... gelegene Standort des Vorhabens nicht am Bebauungszusammenhang teil. Diese Lücke betrage ca. 80 m und sei Bestandteil eines zwischen den Anwesen ... ... und ... einerseits und ... ... und ... andererseits verlaufenden, etwa 50 bis 80 m breiten Flächenstreifens, der die Außenbereichsflächen östlich und westlich der Gemeindeverbindungsstraße verbinde. Infolge dieser Zäsur wirkten die Gebäude ... ... und ... ohne baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden ... ... und .... Demnach sei auch der Standort des Vorhabens Teil dieser Außenbereichsflächen. Im Außenbereich sei das Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig. Es widerspreche der Darstellung des Flächennutzungsplans und lasse die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten. Dahinstehen könne, ob das Wohnhaus schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige.
Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein Vorbringen. Der Bauplatz sei von umfangreicher und massiv verfestigter Bebauung umgeben. ... sei an der Gemeindeverbindungsstraße vollständig und organisch bebaut. Ob dies einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspreche, sei unerheblich. Gerade die Ansammlung baulicher Anlagen auf dem Anwesen ... ... habe Gewicht. Zwischen den Gebäuden nördlich und südlich des Bauplatzes gebe es keine Zäsur. Das Vorhaben sei unter Berücksichtigung der in einem Dorfgebiet gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben gesteigerten Duldungspflicht keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Die bei der Entleerung des Güllesilos entstehenden Gerüche seien als geringfügige Ereignisse unerheblich. Der Bruder sei insoweit mit Einwendungen ausgeschlossen, da er der Bauvoranfrage zugestimmt habe. Als Eigentümer des Baugrundstücks sei er auch nicht Dritter i. S. des Baurechts. Zudem sei er nach dem Hofübergabevertrag zur Mitwirkung bei Schutzmaßnahmen an der Öffnung des Güllesilos verpflichtet. Gegebenenfalls könnten das Wohnhaus nach Süden und die Grenzgarage als Abschirmung zum Erdgüllesilo hin verschoben oder dort eine abschirmende Mauer errichtet werden. Ein vom Kläger eingeholtes Gutachten des Dr. Ing. K. vom 21.11.2010 habe keine unzumutbaren Geruchimmissionen ergeben. Unter Nr. 1.5 bis 2.2 trifft der Gutachter anhand einer Ausbreitungsberechnung und Bewertung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) des Länderausschusses Immissionsschutz, die Episodenabschnitte mit Wahrnehmungshäufigkeiten über 0,1 als Geruchsstunde bewertet, Aussagen zur Gesamtgeruchsbelastung für sieben Immissionsorte in 1,5 m Höhe über Boden, darunter zwei nördlich und westlich vor dem geplanten Wohnhaus. Dabei berücksichtigt er sieben Emissionsquellen des landwirtschaftlichen Betriebs, umgebende Gebäude und eine synthetische Windstatistik für ..., nach der Südwest- und Nordostwinde dominieren. Für das Güllesilo nimmt er an, dass wenigstens zwei Mal/Woche für 60 Minuten Gülle hineinläuft, woraus sich ein mittlerer Emissionsmassenstrom von 1,2 Geruchseinheiten/Sekunde (GE/s) ergebe. Ausgehend davon berechnet er für drei Szenarien unterschiedlich starker Emissionsmassenströme des Güllesilos von 2 GE/s, 300 GE/s und 610 GE/s die jährliche Gesamtgeruchsbelastung unter Einschluss einer tierartspezifischen Bewertung nach den Vorgaben der GIRL. Für die beiden Immissionsorte vor dem Wohnhaus gelangt er danach zu Gesamtgeruchsbelastungen von 0,4 bis 1,5 Prozent der Jahresstunden; größere Belastungen bis zu 25,6 Prozent ergäben sich an weiter nördlich gelegenen Immissionsorten. In der Berufungsverhandlung hat Dr. Ing. K. auf Nachfrage erklärt, der von ihm selbst mit erarbeitete Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 sei vom VDI bislang nicht zurückgezogen worden, und bestätigt, eine Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands erfordere eine Sonderbeurteilung etwa in einer Ausbreitungsrechnung.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19.06.2008 - 4 K 1071/07 - zu ändern, und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.05.2007 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 03.07.2007 zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
12 
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Ein Luftbild vom April 2010 verdeutliche die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Ein wesentlicher Teil der Gebäude sei nicht zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt, insbesondere die Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und .... Das von der Getränkehandlung genutzte Wirtschaftsgebäude sei nicht einzubeziehen, da das Büro primär zur Lagerverwaltung gedacht und seine Fläche untergeordnet sei. Aber auch aufgrund der Lage der Gebäude und der Abstände zwischen ihnen sei von Streubebauung auszugehen. Schließlich nehme der Bauplatz nicht am Bebauungszusammenhang teil. Das Vorhaben werde selbst dann, wenn es nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre und die Eigenart der näheren Umgebung einem Dorfgebiet i. S. des § 5 BauNVO entspräche, schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Dies habe eine Abstandsbewertung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 27.08.2010 ergeben, die im Mehrquellenverfahren nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3474 “Emissionsminderung Tierhaltung Geruchsstoffe“ vom März 2001 (VDI 3474 E) erstellt worden sei. Denn danach liege das geplante Wohnhaus im Normabstand des Güllesilos. Das Regierungspräsidium habe sich auch mit dem Gutachten von Dr. Ing. K. in einer Ausarbeitung vom 10.12.2010 auseinandergesetzt. In dieser Ausarbeitung heißt es u.a.: Im Nahbereich unter 50 m sehe die VDI 3474 E eine Sonderbeurteilung vor; den Punkten 1.5 bis 2.2. im Gutachten sei nichts hinzuzufügen; das Regierungspräsidium habe den Abstand ergänzend im Isoplethenverfahren nach VDI 3474 E mit der synthetischen Windstatistik ermittelt. Auch danach sei der Normabstand für ein faktisches Dorfgebiet unterschritten.
15 
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
16 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
17 
Der Senat hat die Bauakten des Beklagten, die Widerspruchsakten, die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und einen Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18. Juni 2007 - 4-8828.02/87 - zur immissionsschutzrechtlichen Beurteilung der Gerüche aus Tierhaltungsanlagen beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
18 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil weist die Klage - nach der für den Senat maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.06.2007 - 4 B 13.07 - BauR 2007, 1709 m.w.N.) - zu Unrecht ab. Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die Versagung des begehrten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt dadurch den Kläger in seinen Rechten. Denn er hat nach § 57 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Sein Vorhaben ist, soweit dies mit dem Bauvorbescheid-antrag “abgefragt“ wird (I.), bauplanungsrechtlich zulässig (II.), so dass auch die Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene wegen Verstoßes gegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig ist und einer gerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des Bauvorbescheids nicht entgegensteht (BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 m.w.N.).
I.
19 
Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben, soweit es “abgefragt“ wird, keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBO). Die mit dem Bauvorbescheidantrag des Klägers gestellte Frage zielt nur auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (§§ 29 ff. BauGB), allerdings beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung, die überbaubare Grundstücksfläche und die Sicherung der Erschließung i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Denn das Baugesuch enthält darüber hinaus keine Angaben, insbesondere nicht zum Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise. Eine solche Beschränkung der Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 6 m.w.N.).
II.
20 
Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) oder eines Aufstellungsbeschlusses (§ 33 BauGB) zu verwirklichende Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig. Sein Standort liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (1.). Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind dort nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig; insbesondere liegt im Hinblick auf Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders R. kein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor (2.). Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügen sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert (3.).
21 
1. Die unbebaute Fläche, auf der das Vorhaben verwirklicht werden soll, liegt entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen im Bebauungszusammenhang (a)) eines Ortsteils (b)) i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
22 
a) aa) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21 f.>). Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare bereits vorhandene Gegebenheiten an (BVerwG, Urteil vom 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879 m.w.N.), so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung (BVerwG, Beschluss vom 08.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171; Beschluss vom 17.01.2005 - 4 B 3.05 - juris).
23 
Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen (BVerwG, Urteile vom 14.09.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985), und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22) oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1972 - IV C 121.68 - BauR 1972, 222). Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000 - 4 B 15.00 - BauR 2000, 1310 m.w.N.), wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.11.2006 - 5 S 330/06 - VBlBW 2007, 305, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen (BVerwG, Beschluss vom 02.03.2000, a.a.O.).
24 
Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 01.10.2010 - 4 B 21.10 - juris m.w.N.). Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen (BVerwG, Urteile vom 06.11.1968, a.a.O.). Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - IV C 15.84 - BVerwGE 75, 34). Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991 . 4 C 1.91 - NVwZ-RR 1992, 227 m.w.N.). Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht (Senatsurteil vom 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59) und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.), sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden (vgl. die Nachweise im Urteil des 5. Senats des erkennenden Gerichtshofs vom 10.10.2003 - 5 S 747/02 - BWGZ 2004, 88). Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 Rn. 12), in aufgelockerter Bebauung aber auch größer (BVerwG, Urteil vom 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 <251>). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urteil vom 14.11.1991, a.a.O.). Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1992 - 4 B 35.92 - BauR 1993, 303) oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 - BVerwGE 31, 20).
25 
Ein derart gebildeter Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Eine anschließende Fläche, die unbebaut ist oder trotz Vorhandenseins von Baulichkeiten nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beiträgt, kann ihm aber noch bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sein, wenn das Landschaftsbild Besonderheiten aufweist (BVerwG, Urteil vom 13.02.1976 - IV C 72.74 - NJW 1976, 1855 m.w.N.). Fehlt es daran, endet der Bebauungszusammenhang aber mit dem letzten Haus (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 B 249.87 - juris m.w.N.), so dass die Grenze zum Außenbereich auch vor- und zurückspringen kann (BVerwG, Urteil vom 06.12.1967 - IV C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272>; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.11.1993 - 5 S 1991/93 - ZfBR 1995, 58).
26 
bb) Gemessen daran liegt der bislang unbebaute Standort des Vorhabens nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken innerhalb eines Zusammenhangs maßstabsbildender Bebauung an der Gemeindeverbindungsstraße, die trotz Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck von Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Maßstabsbildend sind - jedenfalls - die Wohnhäuser bzw. kombinierten Wohn-/Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... und das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude auf dem Anwesen ... ... (vgl. insoweit auch das vom Beklagten als “Anlage B 7“ im Maßstab 1:1.000 vorgelegte Luftbild dieser Gebäudegruppe). Letzteres dient ebenso wie die bezeichneten Wohngebäude dem ständigen Aufenthalt von Menschen. Denn es wird, wovon sich der Senat beim Augenschein überzeugt hat, als Betriebsgebäude dieser Firma genutzt, und zwar in erster Linie zur Lagerung von Getränken und Festzeltgarnituren (siehe auch die in erster Instanz beim Augenschein gefertigten Lichtbilder “100_2231.jpg“, “100_2232.jpg“ und “100_2233.jpg“) sowie daneben für Verwaltungs- und sonstige Zwecke (Büro, Sozialraum). Trotz ihrer seitlich der Gemeindeverbindungstraße teilweise bis zu 100 m reichenden Abstände (Wohn-/Wirtschaftsgebäude ... ... und ...) vermitteln diese Gebäude aufgrund der den Weiler jedenfalls an der Gemeindeverbindungsstraße prägenden Siedlungsweise den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Die vom Beklagten vorgelegten Luftbilder und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Zwar mögen sie in der zweidimensionalen Draufsicht die Annahme von zwei isoliert voneinander an der Gemeindeverbindungsstraße liegenden Hausgruppen nahelegen. Auch mag das eine oder andere der vom Verwaltungsgericht gefertigten Lichtbilder diesen Anschein erwecken. Vor Ort entsteht entlang der Straße jedoch der Eindruck eines trotz vorhandener Freiflächen eher kleinräumigen und gleichsam bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, der sich möglicherweise sogar nördlich des Anwesens ... ... noch fortsetzt, was für den vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung bedarf. Davon hat sich der Senat beim Abschreiten der Gemeindeverbindungsstraße von Süd nach Nord überzeugt. Eine den Bebauungszusammenhang unterbrechende Zäsur zwischen den Gebäuden auf den Anwesen ... ... und ... einerseits und auf den Anwesen ... ... und ... andererseits im Sinne eines den Weiler durchtrennenden Flächenstreifens, der Außenbereichsflächen westlich und östlich von ... verbindet, hat der Senat nicht festgestellt. Die betreffenden Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße werden als Nutzgärten zum Anbau von Obst und Gemüse (... ... und ...), als Hausgärten (... ... und nördlicher Teil von ... ...) und landwirtschaftlich (südlicher Teil des Anwesens ... ..., Standort des Vorhabens) genutzt. Der Eindruck einer durch außenbereichstypische Nutzung geprägten Zäsur mitten durch den Weiler stellt sich schon dadurch nicht ein. Das lassen aber vor allem die optisch markanten neuen Wohnhäuser ... ... und ... mit ihren der Wohnnutzung zugeordneten Hausgärten und die auf der gegenüber liegenden Straßenseite - gleichsam als verbindendes bauliches Element - liegenden Wirtschaftsgebäude des Anwesens ... ... mit ihrem bis zur Höhe des Anwesens ... ... reichenden Nutzgarten nicht zu. Nicht etwa außenbereichstypische Bodennutzung, sondern Wohn- und Wirtschaftsgebäude landwirtschaftlicher Betriebe, reine Wohnhäuser und die Lagerhaltung eines Getränkegroßhandels prägen hier die bauliche Nutzung der Flächen zu beiden Seiten der Gemeindeverbindungsstraße jedenfalls bis zu einer Tiefe von etwa 30 bis 40 m. Der Standort des Bauvorhabens befindet sich damit in einer für die aufgelockerte ländliche Siedlungsstruktur des Weilers typischen Baulücke zwischen den Wohnhäusern ... ... und ... von ca. 80 m Ausdehnung. Denn ... ist entlang der Gemeindeverbindungsstraße durch uneinheitliche Streubebauung mit größeren und kleineren Abständen zwischen den Häusern bebaut, bei der auch eine zwischen Gebäuden liegende größere Freifläche von 80 m noch als Baulücke zu werten ist. An dieser Siedlungsstruktur nimmt das geplante Wohnhaus als frei stehendes Gebäude teil.
27 
b) Der beschriebene Bebauungszusammenhang bildet auch einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
28 
aa) Ortsteil im Sinne dieser Vorschrift ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen (BVerwG, Urteil vom 17.11.1972 - IV C 13.71 - BRS 25 Nr. 41 <112>). Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 03.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527 und Beschluss vom 19.09.2000 - 4 B 49.00 - NVwZ-RR 2001, 83, jeweils m.w.N.). Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969 - IV C 38.67 - BRS 22 Nr. 76 <123>). Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht (BVerwG, Beschluss vom 19.04.1994 - 4 B 77.94 - NVwZ-RR 1994, 555). Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30.04.1969, a.a.O.; Senatsurteil vom 26.03.1984 - 8 S 1895/83 - BauR 1984, 496; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.09.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Die Anforderung der organischen Siedlungsstruktur schließt nur das ein, was in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung dem inneren Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB entspricht, nämlich „die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung innerhalb des gegebenen Bereiches“ (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27). Daran fehlt es beispielsweise bei einer Anhäufung behelfsmäßiger Bauten. Auch eine völlig regellose und in dieser Anordnung geradezu funktionslose Bebauung mag ebenso wie - unter entsprechenden Voraussetzungen - eine bandartige oder einzeilige Bebauung die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ausschließen können. Eine bandartige und zudem einzeilige Bebauung widerspricht den Anforderungen an eine organische Siedlungsstruktur aber nicht, wenn sie auf die Funktion und den Nutzungszweck der Bebauung zurückgeht und darin ihre Rechtfertigung findet (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27 f.). Ob die vorhandene Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist, ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entspricht, eine bestimmte städtebauliche Ordnung verkörpert, als städtebauliche Einheit in Erscheinung tritt, sich als Schwerpunkt der baulichen Entwicklung eines Gemeinwesens darstellt oder ein gewisses eigenständiges Leben gestattet, ist ebenso unerheblich wie Entstehungsgeschichte und Gründe für die Genehmigung der Bebauung. Daher können etwa auch Gebäude, die i. S. des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Urteil vom 06.11.1968 - IV C 2.66 -, a.a.O. 27; Beschluss vom 02.04.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383). Unerheblich ist demzufolge auch, ob die Bebauung - wie das Verwaltungsgericht geprüft hat - einen homogenen Eindruck vermittelt oder ob die Anordnung der Gebäude eine Regel erkennen lässt.
29 
bb) Ausgehend davon bildet - zumindest - die entlang der Gemeindeverbindungsstraße i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zusammenhängende (s.o. a)) Bebauung auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... einen Ortsteil. Ob auch die weiteren Gebäude nördlich des Anwesens ... ... oder die Gebäude auf den nordöstlich und östlich abgesetzten Anwesen des Weilers ... zu diesem Ortsteil gehören, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Entscheidung.
30 
Die fünf Wohngebäude, das vom Getränkegroßhandel genutzte Wirtschaftsgebäude sowie die weiteren neun landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden oder Schuppen auf den Anwesen ... ..., ..., ..., ... und ... mit derzeit insgesamt 19 Einwohnern haben nach der durch eine Vielzahl verstreuter Weiler geprägten Siedlungsstruktur der Beigeladenen im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf ihrem Gebiet und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung schon das für einen Ortsteil erforderliche “gewisse Gewicht“. Zwar liegt die Zahl maßstabsbildender - dem ständigen Aufenthalt von Personen dienender (s.o. a)) - Gebäude mit sechs im Grenzbereich zwischen einem Ortsteil und einer Splittersiedlung. Zusammen mit den sie umgebenden Wirtschaftsgebäuden und Schuppen stellen sie aber im Vergleich mit anderen Ansiedlungen auf dem Gebiet der Beigeladenen schon einen verdichteten, über einen unerwünschten Siedlungssplitter hinausgehenden Bebauungskomplex dar. Dieser Bebauungskomplex ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Er stellt sich nach den beim Augenschein getroffenen Feststellungen und Eindrücken als eine durch verschiedenartige bauliche Nutzungen geprägte dörfliche Keimzelle dar, die nach der Siedlungsstruktur der Beigeladenen auf angemessene städtebauliche Fortentwicklung angelegt ist. Dazu tragen vor allem die ohne äußerlich erkennbare Zuordnung zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle neu errichteten Wohnhäuser auf den Anwesen ... ... und ... sowie die den südlichen Ortseingang dominierende gewerbliche Nutzung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... bei, die noch durch eine befestigte größere Stellplatzfläche für Lkw’s unterstrichen wird. Infolge der auf den beiden Anwesen ... ... und ... in zweiter Reihe vorhandenen Wirtschaftsgebäude verwischt sich zudem der weiter nördlich entlang der Gemeindeverbindungsstraße auf den Anwesen ... ..., ..., ... und ... noch vorhandene bandartige und einzeilige Charakter der Bebauung.
31 
2. Das Wohnhaus und die Doppelgarage sind nach der Art ihrer baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 1 BauNVO zulässig, ohne dass ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO vorliegt.
32 
a) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).
33 
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Eigenart der durch Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit zugehörigen Wohngebäuden auf den Anwesen ... ... und ..., sonstige Wohngebäude und ehemalige landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude auf den Anwesen ... ..., ... und ... sowie die nicht wesentlich störende gewerbliche Lagerhaltung des Getränkegroßhandels auf dem Anwesen ... ... geprägten näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet i. S. des § 5 Abs. 1 BauNVO. Anders als im Mischgebiet (§ 6 BauNVO) hängt der Charakter des Dorfgebiets nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten ab (BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 - 4 B 7.96 - BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (Senatsbeschluss vom 25.05.1998 - 8 S 1320/98 - VBlBW 1998, 464).
34 
In einem Dorfgebiet wären das Wohnhaus als sonstiges Wohngebäude i. S. des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO und die Garage nach § 12 Abs. 1 BauNVO allgemein zulässig. Für eine irgendwie geartete Trennung von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung gibt § 5 Abs. 2 BauNVO nichts her. Insbesondere lässt sich dieser Vorschrift nicht entnehmen, dass bestimmte Standorte von vornherein der Landwirtschaft vorbehalten und damit einer Wohnbebauung entzogen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184).
35 
b) Ein Ausschlussgrund nach § 15 Abs. 1 BauNVO liegt nicht vor. Danach sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (Satz 1). Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden (Satz 2). Die Vorschrift ergänzt die §§ 2 bis 14 BauNVO und gilt auch für unbeplante Gebiete, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 - ZfBR 2009, 376 m.w.N.).
36 
Anhaltspunkte dafür, dass Wohnhaus oder Garage wegen ihrer besonderen Verhältnisse der Eigenart des Baugebiets widersprechen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) oder dass von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sind nicht ersichtlich. Das Wohnhaus ist nach den vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen aber auch keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind:
37 
aa) § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, der nicht nur auf die Eigenart des konkreten Baugebiets, sondern auch auf die Verhältnisse in seiner Umgebung abhebt, ist eine besondere Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das gewährleisten soll, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Welche Anforderungen sich daraus für die Zumutbarkeit im Einzelfall ergeben, beurteilt sich nach der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der konkret aufeinander treffenden Nutzungen. Ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, führt dies nicht nur zu Pflichten desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen solcher Immissionen aussetzt (st. Rspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.10.2002 - 4 B 60.02 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 165 m.w.N.). So ist etwa in Dorfgebieten auf die Belange landwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) mit der Folge, dass das Wohnen vor landwirtschaftstypischen Störungen und Belästigungen wie Tiergeräuschen und -gerüchen oder Maschinenlärm weniger geschützt wird als in anderen Baugebieten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/09 - ESVGH 59, 199). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit können zwar auch technische Regelwerke herangezogen werden. Deren Regelungen markieren aber nicht notwendig abschließend die Zumutbarkeitsschwelle i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Denn sie beruhen auf einer abstrakt-generellen Abwägung konkurrierender Nutzungsinteressen, während § 15 Abs. 1 BauNVO eine auf das konkrete Baugebiet und seine Umgebung bezogene Betrachtung verlangt, die auch örtliche Gegebenheiten wie z.B. Vorbelastungen berücksichtigen muss, so dass Störungen und Belästigungen in einem weitergehenden Maße zumutbar sein können (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.02.1984 - 4 C 17.82 - BVerwGE 68, 369 und vom 18.05. 1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Eine äußerste Grenze ist die Schwelle der Gesundheitsgefährdung. Gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Die Wohnunverträglichkeit markiert allerdings nur eine äußerste Grenze dessen, was im Nachbarschaftsverhältnis als zumutbar hinzunehmen ist. Auch darunter gibt es Zumutbarkeitsschwellen, die sich an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit betroffener Rechtsgüter ausrichten (BVerwG, Urteil vom 14.01.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184 <1185>; Urteil vom 18.05.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235; Beschluss vom 28.07.2010, a.a.O.).
38 
Für Belästigungen und Störungen durch Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 <60>; Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 m.w.N.). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO (BVerwG, Urteil vom 24.09.1992 - 7 C 7.92 - DVBl 1993, 111). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
39 
Für Luftverunreinigungen durch Geruchsstoffe gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die nach § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - vom 24.07.2002 (GMBl. S. 511) regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden (BVerwG, Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 m.w.N.). Insoweit kommen etwa VDI-Richtlinien oder die Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL, abgedruckt bei Ule/Laubinger, BImSchG, LAI 52) in Frage. Der erkennende Senat hat in der Vergangenheit darüber hinaus auch das Empirische Modell zur Abschätzung der Immissionshäufigkeiten im Umfeld von Tierhaltungen nach Abshoff und Krause - EMIAK - (vgl. z.B. Senatsurteil vom 07.02.2003 - 8 S 2422/02 -VBlBW 2004, 144) oder die - u.a. auch die GIRL berücksichtigenden- Ergebnisse der Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München-Weihenstephan (Senatsbeschluss vom 05.01.2009 - 8 S 2673/08 - ESVGH 59, 162) als taugliche Grundlagen zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung angesehen.
40 
Kriterien für die Beurteilung des Belästigungsgrades sind nach allen einschlägigen Regelwerken vor allem Häufigkeit, Intensität und Qualität von Gerüchen sowie ihre Hedonik. Insoweit hat der erkennende Senat etwa hinsichtlich der von einem Schweinestall in einem Dorfgebiet ausgehenden Geruchsbelästigungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot verneint, wenn sich die Geruchsereignisse quantitativ auf unter 3 Prozent der Jahresstunden beschränken und qualitativ mit weniger als 5 GE/m 3 nicht in besonderer Weise intensiv oder unangenehm sind (Urteil vom 12.10.1992 - 8 S 1408/89 - (NVwZ 1993, 1217). Der 5. Senat hat Geruchsimmissionen aus der Schweinehaltung an bis zu ca. 3 Prozent aller Jahresstunden mit einer Intensität von mehr als 3 GE/m 3 in einem Dorfgebiet noch für zumutbar gehalten (Beschluss vom 12.10.1994 - 5 S 2609/94 - (UPR 1995, 117). Der 3. Senat hinsichtlich der Intensität von Gerüchen aus der Schweinehaltung die Schwelle der erheblichen Belästigung bei einem Wert von 5 bis 10 GE/m 3 angesetzt (Urteil vom 09.10.1991 - 3 S 1344/91 - VBlBW 1992, 177) und Geruchsbeeinträchtigungen aus Rinder- und Schweinehaltung in einer Intensität von 60 GE/cbm und mehr, mit denen in 10% der Jahresstunden gerechnet werden muss, für die Bewohner eines in einem faktischen Dorfgebiet in der Nähe landwirtschaftlicher Stallungen geplanten Wohnhauses als unzumutbar angesehen (Urteil vom 25.07.1995 - 3 S 2123/93 - NVwZ-RR 1996, 310). In einem weiteren Urteil vom 04.03.2009 - 3 S 1467/07 - (ESVGH 59, 199) hat der 3. Senat unter Heranziehung der GIRL entschieden, dass Wohnhäuser in einem faktischen Dorfgebiet mit intensiver landwirtschaftlicher Prägung im Einzelfall auch Geruchsimmissionen aus der landwirtschaftlichen Schweinehaltung in mehr als 15% der Jahresstunden als noch zumutbar hinnehmen müssten. In Untersuchungen eines länderübergreifenden Projekts „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ in den Jahren 2002 bis 2006 hat sich schließlich die - auch den Immissionwerten der GIRL zugrunde liegende - Annahme bestätigt, dass vor allem die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden grundsätzlich ein sachgerechtes und hinreichendes Kriterium zur Beurteilung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen darstellt und eine nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität im Gegensatz zur Hedonik immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist, während es auf die Geruchsintensität kaum ankommt (vgl. den Erlass des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 - mit dem Hinweis auf die im Internet veröffentlichten Ergebnisse des Projekts http://www.lanuv.nrw.de/ veroeffentlichungen/materialien/mat73/mat73.pdf).
41 
bb) Gemessen daran wird das Wohnbauvorhaben nach den dem Senat vorliegenden sachkundigen Feststellungen und Bewertungen keinen Belästigungen oder Störungen durch Geruchsimmissionen aus der Rinderhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Anwesen ... ... ausgesetzt, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sin. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen, ob sein Bruder R. als Inhaber dieses Betriebs mit Einwendungen ausgeschlossen oder aufgrund des Hofübergabevertrags zur Mitwirkung bei der Minderung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung verpflichtet ist oder ob eine Baulasterklärung des Klägers als künftiger Eigentümer des Baugrundstücks unzumutbare Belästigungen oder Störungen i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ausschließen könnte - was rechtlich zweifelhaft erscheint (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.1978 - 4 C 53.76 - DVBl. 1979, 622 und das Urteil des 3. Senats vom 25.07.1995, a.a.O.) – bedürfen daher keiner Entscheidung.
42 
Das Vorhaben ist bereits durch seine Lage in einem faktischen Dorfgebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und dessen Erdgüllegrube mit Geruchsimmissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung deutlich vorbelastet. Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Wohnnutzung sind damit schon nach der Eigenart des konkreten Baugebiets gemindert. Anhaltspunkte für gesundheitsgefährdende Gerüche und dadurch bedingte ungesunde Wohnverhältnisse gibt es nach den vorliegenden sachkundigen Äußerungen sowohl des Regierungspräsidiums Tübingen als auch des Gutachters des Klägers nicht. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist nicht mit i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblichen Belästigungen durch Geruchsstoffe aus der Rinderhaltung im landwirtschaftlichen Betrieb des Bruders zu rechnen, insbesondere nicht durch die Nutzung des Güllesilos. Das folgt zur Überzeugung des Senats aus den Ergebnissen der Ausbreitungsrechnung und -bewertung im Gutachten von Dr. Ing. K., ohne dass insoweit noch Anlass zu weiterer Aufklärung des Sachverhalts insbesondere durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens besteht. Denn danach liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten an den beiden Immissionsorten vor dem Wohnhaus unter Berücksichtigung der für ... erstellten synthetischen Windrose und vorhandener Gebäude bei einem Emissionsmassenstrom des Güllesilos von 2 GE/s mit nur bis zu 0,7 Prozent der Jahresstunden ganz erheblich unter dem für Dorfgebiete geltenden Immissionswert der GIRL von 15 Prozent und auch deutlich unter den in der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs sonst beschriebenen Schwellenwerten. Selbst bei den drastischeren Szenarien von 300 GE/s und 610 GE/s des Güllesilos liegen sie noch deutlich unter diesem Immissionswert und unter Berücksichtigung tierartspezifischer Gewichtungsfaktoren (vgl. Tabelle 4 der GIRL, wonach Gerüche aus Rinderhaltung nur mit 0,5 angesetzt werden) sogar noch niedriger. Die auf der Grundlage der GIRL getroffenen Feststellungen und Bewertungen des Gutachters zur Ausbreitungsrechnung in Nr. 1.5 bis 2.2 des Gutachtens sind fachlich fundiert, schlüssig und überzeugend. Zwar gilt die GIRL unmittelbar nur für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 4 BImSchG). Sie kann für nicht-genehmigungsbedürftige Anlagen (§ 22 BImSchG) aber sinngemäß angewendet werden (vgl. auch Nr. II.1 des Erlasses des Umweltministeriums vom 18.06.2007 - 4-8828.02/87 -). Die GIRL legt Immissionswerte in einem Prozentwert relativer Häufigkeit von Geruchsstunden/Jahr als Bewertungsgröße fest, wobei als Geruchsstunde gilt, wenn an einem Messpunkt in mindestens 10 v.H. eines zehnminütigen Messintervalls Geruchsimmissionen erkannt werden. In einem Dorfgebiet wertet sie eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung, wenn die nach den technischen und zeitlichen Vorgaben der GIRL vor Ort gemessene Gesamtgeruchsbelastung 15 Prozent der Jahresstunden überschreitet. Gegen die Tauglichkeit der GIRL als Maßstab zur Beurteilung von Geruchsimmissionen wurde zwar u.a. eingewandt, dass ihr Regelungskonzept auf einen Dauerbetrieb von Anlagen zugeschnitten sei und sie wesentliche Parameter wie Hedonik und Intensität des Geruchs nicht hinreichend berücksichtige (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.10.2001 - 10 S 141/01 - ESVGH 52, 95 m.w.N.). Unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse im länderübergreifenden Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (s.o.) in den Jahren 2002 bis 2006 erscheinen diese Vorbehalte aber jedenfalls für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung nicht begründet. Auch das vom Beklagten als sachkundige Behörde herangezogene Regierungspräsidium Tübingen stellt die Richtigkeit der an der GIRL orientierten Ausbreitungsrechnung und -bewertung durch den Gutachter des Klägers in keiner Weise in Frage.
43 
Die Abstandsermittlungen des Regierungspräsidiums Tübingen im Mehrquellenverfahren und im Isoplethenverfahren nach der nur im Entwurf vorliegenden und - wie der Gutachter des Klägers in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - als solche bis heute nicht zurückgezogenen VDI-Richtlinie 3474 vom März 2001 geben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Denn aus der vom Regierungspräsidium lediglich festgestellten Unterschreitung des nach dieser Richtlinie ermittelten Normabstands folgt allein noch nicht, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG zu erwarten sind. Die VDI-Richtlinie 3474 befasst sich mit Emissionen und der immissionsseitigen Bewertung geruchsintensiver Stoffe aus der Stallhaltung von Schweinen, Rindern, Geflügel und Pferden sowie aus geruchsrelevanten Nebeneinrichtungen. Sie beschreibt nach dem Erkenntnisstand des Jahres 2000 den Stand der Technik für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen in Tierhaltungsanlagen und gibt - im Sinne der Vorsorge - Hinweise, wie Geruchsstoffemissionen vermieden oder derart vermindert werden können, dass schädliche Umwelteinwirkungen i. S. des § 1 BImSchG „in der Regel nicht zu erwarten sind.“ (vgl. “Zielsetzung und Geltungsbereich“, S. 4 f.). Ausgehend davon werden Geruchsstoffimmissionen im Umfeld von Anlagen mit einem Tierbestand über einer definierten Bagatellgrenze auf der Grundlage von Praxiserhebungen über “Geruchsschwellenabstände“ in einer Abstandsregelung beurteilt, welche die geruchsrelevante Gesamttiermasse sowie hedonische, lüftungstechnische, meteorologische, orographische und gebietscharakteristische Faktoren berücksichtigt (vgl. “Einleitung“, S. 6 ff. und Nr. 3, S. 50 ff.). Dabei werden die Normabstände in drei verschiedenartigen Verfahren (Emissionsschwerpunkt-, Mehrquellen- und Isoplethenverfahren) ermittelt (vgl. Nr. 3.2.1 bis 3.2.3, S. 65 ff.). Wird der ermittelte Normabstand eingehalten, sind in der Regel keine erheblichen Geruchsbelästigungen zu erwarten (Nr. 3.2 letzter Absatz, S. 64 f.). Bei Unterschreitung des Normabstands, Nicht-Anwendbarkeit der Abstandsregelung im Einzelfall oder bei Abständen unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnbebauung ist eine ergänzende oder abweichende Vorgehensweise zur Beurteilung der Immissionssituation im Nebeneinander konkurrierender Nutzungen erforderlich (Sonderbeurteilung), wofür z.B. Ausbreitungsrechnungen in Frage kommen (Nr. 4, S. 68 f.; siehe auch Senatsurteil vom 12.10.1992, a.a.O. zur Sonderbeurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 ). Gegen die Heranziehung der VDI-Richtlinie 3474 zur Bewertung von Geruchsimmissionen wird teilweise eingewandt, sie stelle keine brauchbare Orientierungshilfe dar, da sie infolge kritischer Anmerkungen nicht zum Weißdruck verabschiedet worden sei (vgl. HessVGH, Urteil vom 12.11.2007 - 4 N 3204/05 - ESVGH 58, 139 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Regelwerk lediglich im Entwurf vorliegt, schließt es allerdings nicht aus, es als fachlich abgestützte Aussage im Sinne einer Entscheidungshilfe zugrunde zu legen. Auch insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Aussagen des Regelwerks auf gesicherter Grundlage beruhen und verwendbar bleiben (HessVGH, Urteil vom 12.11.2007, a.a.O.). Das bedarf im vorliegenden Fall aber ebenso wenig der Vertiefung wie die vom Gutachter des Klägers in Frage gestellte Richtigkeit der Abstandsermittlung, soweit diese für die Erdgüllegrube den in Tabelle 8 VDI 3474 E enthaltenen lüftungstechnischen Faktor für windinduzierte Flächenquellen in voller Höhe (1,2) einsetzt. Mit der vom Regierungspräsidium allein ermittelten Unterschreitung des in zwei Verfahren nach der Richtlinie ermittelten Normabstandes steht nämlich lediglich fest, dass die Wohnnutzung Geruchsimmissionen ausgesetzt ist, die möglicherweise i. S. des § 3 Abs. 1 BImSchG erheblich sein könnten. Denn für diesen Fall schreibt die Richtlinie - ebenso wie für die hier auch vorliegende Situation eines Abstands unter 50 m zwischen Tierhaltung und Wohnnutzung - weitere Ermittlungen in Gestalt einer Sonderbeurteilung (Nr. 4) vor. Eine solche Sonderbeurteilung hat das Regierungspräsidium aber nicht erstellt. Diese liegt vielmehr gerade in der vom Gutachter des Klägers erstellten Ausbreitungsrechnung unter Berücksichtigung konkreter örtlicher Gegebenheiten vor, die insbesondere fundierte Aussagen zur örtlichen Geruchswahrnehmungshäufigkeit liefert.
44 
3. Das Wohnhaus und die Doppelgarage fügen sich auch i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und ihre Erschließung ist gesichert. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
B.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, können ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO). Demzufolge entspricht es auch der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt und eine Entscheidung nach §162 Abs. 3 VwGO unterbleibt.
46 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
47 
Beschluss vom 18. Januar 2011
48 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,-- EUR festgesetzt (entsprechend der Streitwertfestsetzung in erster Instanz sowie in Anlehnung an Nr. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327; § 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
49 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Gründe

A.

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

I.

3

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass das Gericht auf die Klage oder den Widerspruch des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung nicht deren objektive Rechtmäßigkeit, sondern nur zu prüfen hat, ob der Nachbar durch die Baugenehmigung in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Dies setzt voraus, dass die Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Eine solche Verletzung nachbarschützender Vorschriften hat das Verwaltungsgericht verneint.

4

Es hat angenommen, das Vorhaben der Beigeladenen, der Umbau einer ehemaligen Fabrikanlage zu einem Wohngebäude, füge sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die durch eine Gemengelage geprägt sei. Zu Gunsten der Kläger greife auch kein Gebietserhaltungsanspruch ein, da ein einheitlich gewerblicher Gebietscharakter schon durch die westlich gelegene Hinterliegerbebauung mit Mehrfamilienhäusern ausgeschlossen sei.

5

Die Kläger könnten sich auch nicht auf bauordnungsrechtliche Belange, insbesondere die Unterschreitung von Abstandsflächen berufen. Letzteres sei schon deshalb fraglich, weil die Änderung eines Gebäude, das den Mindestabstand nicht oder nur knapp einhalte, möglicherweise kein neues Abwehrrecht des Nachbarn begründe.

6

Selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte, sei das Vorhaben jedenfalls aufgrund der erteilten Abweichungen von den Abstandsflächenvorschriften zulässig. Die für eine solche Abweichung erforderliche atypische Situation ergebe sich hier aus der Entstehungsgeschichte der Grundstücke, ihrer Lage zueinander in einem bebauten Gebiet, aus dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung der Immobilie und dem Interesse des Denkmalschutzes am Erhalt derselben.

7

Zu berücksichtigen sei, dass die Abstandsflächenproblematik im Kern bereits bei Teilung des ursprünglichen, die Flurstücke der Kläger und der Beigeladenen umfassenden unvermessenen Geländes entstanden sei. Dabei hätten die Kläger bzw. ihre Rechtsvorgänger zu ihren Gunsten im Hinblick auf die Bebauung mit vergleichsweise flachen Lagerhallen recht großzügige Grundstücke und mithin Abstandsflächen erworben. Für das verbleibende Restgrundstück, das mit einer mehrgeschossigen, insgesamt gut 17 m hohen Fabrikanlage bebaut gewesen sei, sei nur noch ein Grundstücksstreifen rund um die Fabrik in einer Breite von 3 m belassen worden. Dies habe zwar unter der – schon damals zweifelhaften – Annahme eines Gewerbegebiets dem notwendigen Mindestmaß einer Abstandsfläche entsprochen. Gleichzeitig sei damals aber schon der Kern gelegt worden für Probleme bei jeder denkbaren Änderung des Gebäudes oder seiner Nutzung.

8

Auch wenn die Einhaltung der Abstandsflächen des umgenutzten Gebäudes im Rahmen des Genehmigungsverfahrens neu zu prüfen seien, sei zu beachten, dass es sich gleichwohl der Kubatur nach um ein Bestandsgebäude handele und keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Insbesondere die Balkonanlagen fielen unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 BauO LSA. Die nachbarschützenden Aspekte hätten sich hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung durch die bloße Umnutzung nicht verändert. Lediglich ein Abriss hätte eine Verbesserung des Zustands für die Kläger bewirkt. Dies hätten sie aber nicht erwarten können, weil es sich bei dem ehemaligen Fabrikgebäude um ein Baudenkmal handele, dessen Erhalt auch im öffentlichen Interesse liege, das sich nicht notwendig auf dessen Funktion erstrecke.

9

Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine mögliche spätere Nutzung ihrer derzeit noch mit Lagerhallen bebauten Grundstücke unzulässig verkürzt werde, weil nunmehr die Abstandsflächen des Gebäudes der Beigeladenen auf ihrem Grundstück zu liegen kämen. Die von der Beklagten zugelassenen Abweichungen hinderten die Kläger nicht an einer baurechtskonformen Ausnutzung ihrer eigenen Grundstücke unter Ausnutzung auch der Flächen, die mit den Abstandsflächen des Vorhabens der Beigeladenen „belastet“ seien.

10

Auch die Befreiung von der Vorschrift des § 29 BauO LSA hinsichtlich des Brandschutzes sei nicht zu beanstanden. Eine Brandwand sei schon deshalb nicht zu fordern, weil der Abstand zwischen der Gebäudeabschlusswand des Gebäudes der Beigeladenen und dem Bestandsgebäude des Klägers zu 1 mehr als die nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA erforderlichen 5 m betrage und eine zukünftige bauliche Veränderung auf dem Flurstück der Kläger zu 1 nicht konkret absehbar sei, jedenfalls aber ein Wegerecht zu beachten hätte, so dass ein Abstand zum Gebäude von 6,50 m gesichert sei.

II.

11

Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, diese tragenden Erwägungen in Frage zu stellen.

12

1. Dies gilt insbesondere für den Vortrag der Kläger, die nachbarschaftliche Vereinbarung vom 21.12.2006 über die wohnbauliche Nutzung des alten Fabrikgebäudes sei bis zum 30.06.2007 befristet gewesen. Sie legen nicht dar, inwieweit diese Vereinbarung für die Frage, ob die angefochtene Baugenehmigung oder die Abweichungsbescheide dem Schutz der Kläger dienende öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzen, von rechtlicher Bedeutung sein könnte. Dies erhellt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen der Kläger, die Beigeladene habe nach Ablauf der Geltungsdauer „wider besseres Wissen“ den Bauantrag mit der Vereinbarung eingereicht und sich nicht um eine einvernehmliche Lösung bemüht, sondern Druck ausgeübt, u. a durch Erhebung einer Klage mit dem Ziel, die Errichtung eines Zauns zwischen beiden Grundstücken zu verhindern. Der Vortrag der Kläger, sie hätten in einem Gespräch im Bauordnungsamt der Beklagten Bedenken hinsichtlich der aus ihrer Sicht oberflächlichen Sanierung des ehemaligen Fabrikgebäudes geäußert, lässt ebenfalls nicht erkennen, inwieweit dies für eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die Baugenehmigung von Belang sein könnte.

13

2. Die von den Klägern beanstandeten Baumängel (Nässeschäden, fehlende Rauchabzugsanlagen in den Treppenhäusern, Aufbringen von Kies und Erdreich, keine vertikale Sperrung der Wände) betreffen die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung. Zudem ist nicht dargelegt, inwieweit dadurch Nachbarrechte der Kläger verletzt werden. Auch der Einwand der Kläger, beim Bau der Stellplatzanlage sei die Oberkante des Geländes um bis zu 30 cm angehoben worden, so dass es zu nachteiligen Veränderungen beim Abfließen des Regenwassers komme, betrifft die tatsächliche Bauausführung. Die Anordnung der Stellplätze war im Übrigen bereits Gegenstand der Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007, die die Kläger nicht angefochten haben.

14

3. Die Kläger machen geltend, die Balkonanlagen an der westlichen Gebäudeseite verstießen gegen § 6 BauO LSA, insbesondere fielen sie nicht unter das Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA. Die dafür gegebene Begründung, die Balkonanlagen hielten den Mindestabstand zur Grenze zum Grundstück des Klägers zu 2 von 2 m nicht ein und träten bis zu ca. 1,70 m vor die Gebäudewand, trifft indes nicht zu.

15

Gemäß § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA bleiben bei der Berechnung der Abstandsflächen Vorbauten außer Betracht, wenn sie insgesamt nicht mehr als ein Drittel der Breite der jeweiligen Außenwand in Anspruch nehmen, nicht mehr als 1,50 m vor diese Außenwand vortreten und mindestens 2 m von der gegenüberliegenden Nachbargrenze entfernt bleiben. Diesen Vorgaben entsprechen die Balkone an der westlichen Außenwand im betroffenen südlichen Gebäudeteil gegenüber dem Grundstück des Klägers zu 2 (Flurstück 10364). Nach den genehmigten Bauvorlagen, insbesondere den Grundrisszeichnungen (Bl. 107 ff des Verwaltungsvorgangs) und den Ansichtszeichnungen (Bl. 111 des Verwaltungsvorgangs), die nach den darauf befindlichen Zugehörigkeitsvermerken Bestandteile der Baugenehmigung sind, sollen an dieser Außenwand im Erdgeschoss und in den beiden Obergeschossen jeweils zwei Balkone angebracht werden, die eine Breite von 3,10 m haben. Ihre Gesamtbreite von 6,20 m macht weniger als ein Drittel der Gesamtlänge dieser Außenwand von 18,75 m aus. Im Dachgeschoss sollen ein Balkon dieser Breite sowie ein 2,72 m breiter Rettungsbalkon angebracht werden. Entgegen der Annahme der Kläger treten diese Balkone nicht bis zu 1,70 m, sondern jeweils nur 1 m vor die Außenwand und halten, da der Abstand der Außenwand zur westlichen Grundstücksgrenze 3 m beträgt, einen Abstand von 2 m zu dieser Grenze ein.

16

Auch der Vortag, die Kubatur des Bauwerks sei u. a. durch die Balkone verändert worden, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ansicht, dass es sich um einen Bestandsbau ohne abstandsflächenrelevante bauliche Veränderungen handele, die Annahme zugrunde gelegt, dass die Balkone dem Abstandsflächenprivileg des § 6 Abs. 6 Nr. 2 BauO LSA unterfielen. Diese Annahme haben die Kläger allein mit der Begründung angegriffen, die in dieser Vorschrift vorgegebenen Maße seien nicht eingehalten. Dies trifft aber, wie oben bereits ausgeführt, nicht zu.

17

4. Die Kläger wenden weiter ein, am Gebäude der Beigeladenen seien – neben der Errichtung von Balkonen – weitere Veränderungen vorgenommen worden. So sei die Klinkerfassade an der westlichen Gebäudeseite mit einem ca. 4 cm dicken Putz versehen worden. Zudem seien Fensteröffnungen zugemauert, verändert oder – wie im Dachgeschoss des südlichen Treppenhauses – neu geschaffen worden. Dies verstoße gegen § 6 BauO LSA. Sie tragen weiter vor, im Dachgeschoss seien die Stahlkonstruktion, vorhandene Rundbögen und Gewölbedecken (teilweise) entfernt bzw. zugebaut worden. Auch sei der Treppenlauf im südlichen Treppenhaus verändert worden. Schließlich sei die Kubatur des Bauwerks auch durch den Abriss der Hallen im Hofbereich sowie der Laderampe erheblich verändert worden. Auch damit ist nicht dargetan, weshalb das Vorhaben unter Berücksichtigung des entsprechenden Abweichungsbescheides vom 06.02.2008 die Kläger in ihren Rechten verletzt.

18

Die westliche und die südliche Außenwand des südlichen Gebäudeteils halten die nach § 6 BauO LSA erforderlichen Abstandsflächen unstreitig nicht ein, und zwar unabhängig davon, ob auf diese Wand Putz aufgebracht wurde und die Fensteröffnungen in der dargestellten Form verändert wurden. Deshalb ließ die Beklagte mit den Bescheiden vom 06.02.2008 auf der Grundlage des § 66 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA Abweichungen von diesen Vorschriften zu. Die für eine Abweichung erforderliche atypische Situation hat das Verwaltungsgericht u. a. aus der Lage des Baugrundstücks zu den Grundstücken der Kläger, dem Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des früheren Fabrikgebäudes sowie dem öffentlichen Interesse an dessen Erhalt abgeleitet. Dass in einer solchen Konstellation Abweichungen zulässig sein können, haben die Kläger nicht in Frage gestellt. Die Vorinstanz hat ferner wesentlich darauf abgestellt, dass es sich um ein Bestandsgebäude handele, an dem keine erheblichen abstandsflächenrelevanten baulichen Veränderungen an der Außenhülle vorgenommen worden seien. Der Umstand, dass eine Putzschicht aufgebracht wurde und Fensteröffnungen verändert wurden, stellt dies nicht in Frage. Bei der Zulassung der Abweichungen hat sich die Beklagte von der Erwägung leiten lassen, dass sich bezüglich der Funktionen der Abstandsflächen, eine ausreichende Belichtung und Besonnung der sich gegenüberliegenden Gebäude zu gewährleisten, keine nachteiligen Auswirkungen ergeben und auch keine negativen Auswirkungen hinsichtlich des präventiven Brandschutzes zu befürchten seien, weil die Abstände zwischen den vorhandenen Gebäuden mit mehr als 5 m bzw. 11,60 m groß genug seien. Diese Einschätzung greifen die Kläger nicht substantiiert an. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Aufbringen einer ca. 4 cm dicken Putzschicht und die geänderte Anordnung der Fensteröffnungen bauliche Änderungen solcher Art darstellen, dass dadurch spürbare Beeinträchtigungen der nachbarlichen Interessen der Kläger entstehen, die über die vom vorhandenen Fabrikgebäude ausgehenden Beeinträchtigungen hinausgehen. Insbesondere ist damit eine Einbuße an Belichtung, Besonnung und Belüftung ihrer Grundstücke nicht verbunden. Noch weniger ist ersichtlich, dass die Kläger durch Veränderungen im Inneren des Gebäudes oder den Abriss von Gebäuden oder Gebäudeteilen im nördlichen Grundstücksteil und der Laderampe zusätzlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob diese Änderungen denkmalschutzrechtlich notwendig sind oder nicht.

19

5. Die Kläger dringen auch nicht mit dem Einwand durch, das Vorhaben der Beigeladenen stehe in Widerspruch zu § 5 BauO LSA

20

5.1. Sie rügen zunächst einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA, weil am Südteil des Gebäudes keine den Anforderungen des § 5 Abs. 2 BauO LSA genügende Zu- oder Durchfahrt für die Feuerwehr vorhanden sei.

21

Zweifelhaft ist bereits, ob dieser Vorschrift nachbarschützende Funktion zukommt. Hierzu tragen die Kläger nichts vor. Gegen eine nachbarschützende Wirkung des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA spricht, dass die darin vorgeschriebene Schaffung einer Zu- oder Durchfahrt für Feuerwehrfahrzeuge zu Gebäuden, bei denen die Oberkante der Brüstung der zur Rettung über Geräte der Feuerwehr bestimmten Fenster oder Stellen mehr als 8 m über Gelände liegt, möglicherweise nur dem Schutz der im Gebäude sich aufhaltenden Menschen dient und nicht – wie bei einer Reihe anderer Vorschriften des vorbeugenden Brandschutzes – auch dazu, die Gefahr der Ausbreitung eines Feuers auf Nachbargrundstücke zu vermindern. Ein nachbarschützender Charakter scheidet bei solchen Vorschriften – insbesondere auch des Brandschutzes – aus, die ersichtlich nur die Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes schützen sollen; nachbarschützender Charakter kommt vielmehr nur den brandschutzbezogenen Regelungen zu, die auch das Übergreifen von Bränden über das Baugrundstück hinaus auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002 – 7 B 583/02 –, Juris). Andererseits könnte sich ein nachbarschützender Charakter der Vorschrift daraus ergeben, dass bei einer den Brandschutzanforderungen nicht genügenden Zugänglichkeit des Vorhabengrundstücks im Brandfall das Grundstück des Nachbarn in Anspruch genommen werden kann (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 26.01.2006 – 2 R 9/05 –, AS RP-SL 33, 227). So sind nach § 26 Abs. 3 des Brandschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (BrSchG LSA) Eigentümer, sonstige Nutzungsberechtigte und Besitzer von Grundstücken verpflichtet, bei Bränden, Unglücksfällen und Notsituationen den Feuerwehren das Betreten und die Benutzung ihrer Grundstücke und Gebäude zur Brandbekämpfung oder Hilfeleistung zu gestatten und die vom Einsatzleiter der Feuerwehr im Zusammenhang mit diesen Arbeiten oder zur Verhütung einer Gefahrenausbreitung angeordneten Maßnahmen zu dulden, soweit dies zur wirkungsvollen Gefahrenabwehr erforderlich ist. Die Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.

22

Jedenfalls lässt sich ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 2 BauO LSA nicht mit dem Vortrag der Kläger begründen, den darin genannten Anforderungen könne das Vorhaben der Beigeladenen schon deshalb nicht entsprechen, weil die Kläger über ein im Grundbuch eingetragenes unbeschränktes Wegerecht über das Grundstück der Beigeladenen in einer Breite von 3,50 m verfügten. Dieses Wegerecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit Kaufvertrag vom 16.10.2003 erworbenen Grundstücks wurde als Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB im Grundbuch eingetragen. Bei Bestellung einer Grunddienstbarkeit bleibt der Eigentümer neben dem Dienstbarkeitsberechtigten grundsätzlich nutzungsberechtigt; er darf nur das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten nicht beeinträchtigen. Nur soweit dem Dienstbarkeitsberechtigten im zulässigen Umfang ein ausschließliches Nutzungsrecht ausdrücklich eingeräumt wurde, ist der Eigentümer von der Mitbenutzung ausgeschlossen (vgl. hierzu Grziwotz, in: Erman, BGB, 13. Aufl. § 1018 RdNr. 15). Letzteres ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist in § 6 Nr. 3 des Grundstückskaufvertrags vom 16.10.2003 bestimmt, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks berechtigt ist, die Wegefläche mitzunutzen. Besteht aber ein solches Mitbenutzungsrecht, kann die Zufahrt im Brandfall durch Feuerwehrfahrzeuge ohne zusätzliche Beeinträchtigung der Rechte der Kläger genutzt werden.

23

5.2. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, „direkt vor dem Tor“ zum Grundstück des Klägers zu 2 sei eine Aufstellfläche für Feuerwehrfahrzeuge vorgesehen, so dass im Brandfall ein Verlassen des Grundstücks unmöglich sei.

24

Die Kläger legen auch insoweit nicht dar, welche nachbarschützende Vorschrift durch die genehmigte Anordnung von Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge verletzt sein soll. Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA bestimmt lediglich, dass Aufstell- und Bewegungsflächen für Hubrettungsfahrzeuge vorzusehen sind, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist. Vorgaben, wo auf dem Baugrundstück oder gar in welchem Abstand zum Nachbargrundstück diese Flächen anzuordnen sind, enthält § 5 BauO LSA nicht. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, weshalb ein Verlassen des Grundstücks des Klägers zu 2 (Flurstück 10364) über das Flurstück 10367 nicht möglich sein soll.

25

5.3. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Kläger, bei einer Feuerwehrübung habe sich gezeigt, dass sich die „Bewegungsflächen“ der Drehleiter in unzulässiger Weise auf dem Luftraum über seinem Grundstück befinden. Ungeachtet der Frage, ob § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA nachbarschützende Wirkung hat, ist nicht erkennbar, dass diese Vorschrift dadurch verletzt sein kann, dass bei der nach den genehmigten Bauvorlagen vorgesehenen Anordnung der Aufstell- und Bewegungsflächen im Brandfall oder bei Feuerwehrübungen die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA vorgeschriebene Bewegungsfläche § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA im Luftraum überschreitet. Mit „Bewegungsfläche“ in § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA ist nicht die (kreisförmige) Fläche gemeint, über der sich die ausgefahrene Drehleiter eines Hubrettungsfahrzeugs bewegen kann. Vielmehr ist dies die Fläche, die benötigt wird, damit das Fahrzeug im Brandfall zum Einsatz gebracht werden kann. Mit der Verpflichtung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA, für Hubrettungsfahrzeuge Aufstell- und Bewegungsflächen vorzusehen, wenn deren Einsatz für die Personenrettung erforderlich ist, soll gesichert werden, dass an dem Gebäude ausreichend Platz vorhanden ist, damit das Hubrettungsfahrzeug zum Einsatz gebracht werden kann (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 5 RdNr. 24). Dies ergibt sich auch aus der lfd. Nr. 7.4 der Liste der technischen Baubestimmungen (Fassung März 2006), Anhang C (MBl LSA 2010 S. 213 [256]), wonach Bewegungsflächen für jedes Fahrzeug mindestens 7 m x 12 m groß sein müssen.

26

6. Die Kläger bemängeln weiter, der Umstand, dass auf die an der Grundstücksgrenze liegende Gebäudewand des Treppenhauses am südlichen Gebäudeteil neuer Putz aufgebracht worden sei, habe eine unzulässige Überbauung auf das Grundstück des Klägers zu 1 zur Folge. Dies könne auch nicht durch die Gewährung einer Abweichung genehmigt werden. Auch damit können die Kläger nicht durchdringen. Nach den genehmigten Bauvorlagen liegt schon kein Überbau vor; vielmehr befindet sich die südliche Außenwand des Treppenhauses auf der Grenze zum Grundstück des Klägers zu 1 (Flurstück 10367). Soweit mit der Aufbringung eines Putzes die Grenze um wenige Zentimeter überbaut werden sollte, betrifft dies nur die tatsächliche Bauausführung und nicht die Rechtsmäßigkeit der Baugenehmigung. Im Übrigen wäre zweifelhaft, ob mit einem Überbau die Verletzung eigener Rechte durch die Baugenehmigung schlüssig begründet werden kann. Die Zulässigkeit eines Überbaus richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 912 BGB). Gemäß § 71 Abs. 1 BauO LSA wird in einem Baugenehmigungsverfahren aber nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft, und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA wird die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Dies bedeutet, dass die Baugenehmigung Privatrechtliches überhaupt nicht im Sinne von § 35 Satz 1 VwVfG „regelt" mit der Folge, dass selbst eine Baugenehmigung, deren Bauzeichnungen einen Überbau auf fremdes Privateigentum aufweisen, über die Zulässigkeit dieses Überbaus überhaupt keine Regelung im Rechtssinn treffen dürfte (VGH BW, Urt. v. 04.03.1996 – 5 S 1798/95 –, NJW 1996, 3429; BayVGH, Beschl. v. 16.08.2010 – 2 ZB 10.134 – Juris; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, Juris, RdNr. 5).

27

7. Zu Unrecht rügen die Kläger, die Änderung der Nutzungsart führe zu einer verminderten Bebaubarkeit ihrer Grundstücke, weil sich mit ihr die für Industriegebiete geltende Tiefe der Abstandsfläche von 0,2 H auf 0,4 H erhöht habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich. Anderes folgt auch nicht aus § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA, der bestimmt, dass in Gewerbe- und Industriegebieten – abweichend von der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA – eine Tiefe der Abstandsflächen von 0,2 H, mindestens, 3 m genügt. Bei Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 2 BauO LSA kommt es allein auf den jeweiligen Charakter des Baugebiets und nicht auf die Nutzung einzelner Gebäude an (Beschl. d. Senats v. 19.10.2011 – 2 M 129/11 –, NVwZ-RR 2012, 137, m.w.N.). Ergibt die planungsrechtliche Analyse für den unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, dass der betrachtete Bereich keinem der in der BauNVO beschriebenen Baugebiete entspricht, also § 34 Abs. 1 BauGB zugrunde zu legen ist, bleibt es bei der Grundregel des § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA; die konkrete Nutzung der Gebäude kann auch in sog. Gemengelagen nicht herangezogen werden (vgl. Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 6 RdNr. 146, m.w.N.). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die die Kläger nicht angegriffen haben, ist die Umgebung des Baugrundstücks als sog. Gemengelage zu charakterisieren (vgl. hierzu Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, Juris), die im nördlichen Teil des Gebiets einen eindeutigen Schwerpunkt in der Wohnbebauung aufweise.

28

8. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass entgegen § 8 BauO LSA kein ausreichend großer Spielplatz angelegt werde oder in der näheren Umgebung vorhanden sei; denn diese Regelung ist nicht nachbarschützend. Wird einem Bauherrn abweichend von dieser Vorschrift die Errichtung eines Kinderspielplatzes nicht abverlangt, werden die Nachbarn nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt. Dies folgt bereits daraus, dass ein Kinderspielplatz nur den Kindern zugute kommen soll, die auf dem Baugrundstück wohnen (Dirnberger, in Jäde/Dirnberger, a.a.O., § 8 RdNr. 10).

29

9. Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, das Treppenhaus an der Südseite des Gebäudes sei ein eigenständiger Gebäudeteil, der nachträglich an das Hauptgebäude angebaut worden sei, so dass dessen Erhaltung denkmalrechtlich nicht geboten sei. Unabhängig davon, dass die Kläger keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachträgliche Errichtung des Treppenhauses dargelegt haben, hat das Verwaltungsgericht das Interesse am Erhalt des Denkmals lediglich als einen von mehreren Gesichtspunkten angeführt, die die Gewährung einer Abweichung rechtfertigen. Es hat insbesondere auch das Interesse der Beigeladenen an einer sinnvollen Nutzung des Gesamtgebäudes als weiteren Grund angeführt. Der Umstand, dass das Treppenhaus nach den genehmigten Bauvorlagen Teil des ersten Rettungsweges für einen Teil der Nutzungseinheiten im 1. und 2. Obergeschoss ist, spricht dafür, dass es für eine sinnvolle Nutzung des bestehenden Gebäudes erforderlich ist.

30

10. Der Vortrag der Kläger, das Vorhaben der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 12 Abs. 1 BauO LSA an die Standsicherheit baulicher Anlagen, weil es zwischen dem Hauptgebäude und dem Treppenhaus bereits Risse gegeben habe und die beiden Gebäude(-teile) nur mit Zugankern verbunden seien, bleibt unsubstantiiert. Insbesondere ist nicht dargelegt, weshalb eine ausreichende Standsicherheit zulässigerweise nur ohne Zuganker hergestellt werden darf.

31

11. Die Kläger bemängeln auch ohne Erfolg eine Verletzung der brandschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 14, 29 BauO LSA.

32

11.1. Soweit sie vortragen, eine effektive Rettung von Menschen und Tieren im südlichen Gebäudeteil sei nicht möglich, ist nicht ersichtlich, inwieweit sie dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt sein können.

33

11.2. Der Vortrag der Kläger, durch die Fenster im Treppenhaus an der Südseite werde der vorbeugende Brandschutz verletzt, weil der Kläger zu 1 in diesem Bereich zukünftig Gebäude errichten könne, die sich auch auf der Grundstücksgrenze befinden könnten, ist unsubstantiiert. Gleiches gilt für den Einwand, es dürfte zu erheblichen nachbarlichen Spannungen kommen, weil den Klägern das Recht zustehen dürfte, ebenfalls ohne Einhaltung der Abstandsflächen zu bauen. Die Kläger legen schon nicht dar, woraus sich ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung neuer Gebäude oder den Anbau an bestehende Gebäude ohne Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen ergeben soll. Allein der Umstand, dass die Beigeladene das vorhandene Gebäude gemäß der erteilten Baugenehmigung verändern darf, dürfte hierfür nicht genügen. Richtig ist zwar, dass ein Grundstücksnachbar Abwehrrechte gegen die Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durch ein Bauvorhaben grundsätzlich insoweit nicht geltend machen kann, als die Bebauung auf seinem Grundstück gegenüber dem Nachbargrundstück in vergleichbarem Umfang die nach dem geltenden Recht erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris, m.w.N). Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn der Bau des Nachbarn früherem (Abstandsflächen-)Recht entsprach und genehmigt wurde; in einem solchen Fall kann er sich u. U. auch dann auf die Einhaltung des nach neuem Recht gültigen Grenzabstands berufen, wenn er diesen jetzt im Verhältnis zum Nachbargrundstück nicht (mehr) einhält (vgl. Beschl. d. Senats v. 30.11.2000 – 2 M 319/00 –, Juris; Urt. v. 16.03.2000 – A 2 S 62/98 –, Juris). Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes jedenfalls dafür, dass die vorhandenen Gebäude auf den Grundstücken der Beigeladenen im Zeitpunkt ihrer Genehmigung und Errichtung früherem Abstandsflächenrecht entsprachen. Dies sehen offenbar auch die Kläger so (vgl. Nr. 22 der Zulassungsbegründung). Die im Hinblick auf die Abstandsflächen problematische Situation entstand hier erst durch die insoweit „verunglückte“ Grundstücksteilung, die ohne Rücksicht auf die Abstandsflächen durchgeführt wurde, die von den vorhandenen Gebäuden erzeugt werden. Im Übrigen hat der Umstand, dass ein Nachbar eine Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften nach Treu und Glauben gegenüber dem Bauherrn nicht mehr geltend machen kann, nicht ohne weiteres zur Folge, dass die Baugenehmigungsbehörde ein Vorhaben, das dem geltenden Abstandsflächenrecht widerspricht, genehmigen muss. Nach alldem kann auch offen bleiben, ob – wie die Kläger weiter vortragen – das ihnen eingeräumte Wegerecht einer zukünftigen Bebauung ihrer Grundstücke nicht entgegensteht.

34

11.3. Zu Unrecht monieren die Kläger, die Luftbilder von „google“ ließen erkennen, dass die Brandwände entgegen § 29 Abs. 5 BauO LSA nicht 0,3 m über die Bedachung geführt oder in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,5 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nicht brennbaren Stoffen abgeschlossen würden. Nach Nr. 8 des Brandschutzkonzepts vom 28.05.2007, das nach dem entsprechenden Zugehörigkeitsvermerk Bestandteil der Baugenehmigung ist, werden Gebäudeabschluss- oder Trennwände, die als Brandwände einzustufen sind, mindesten 30 cm über die Bedachung geführt oder nach den weiteren Festsetzungen des § 29 Abs. 5 BauO LSA ausgeführt. Nach den ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung bildenden Ansichtszeichnungen (Bl. 66 und 119 des Verwaltungsvorgangs) werden die Gebäudeabschlusswände des Hauptgebäudes, die gemäß § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA als Brandwände auszuführen sind, ca. 0,4 m über die Dachhaut geführt. Zudem enthalten sowohl die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 als auch die angefochtene Baugenehmigung vom 11.02.2008 jeweils die Auflage (Nr. 2.1.4 bzw. Nr. 1.1), dass das Brandschutzkonzept vom 28.05.2007 einschließlich der Maßnahmen zur brandschutztechnischen Ertüchtigung einzuhalten und umzusetzen ist. Hinsichtlich des an die südliche Grundstücksgrenze gebauten Treppenturms erteilte die Beklagte mit dem Bescheid vom 06.02.2008 (Az: …) auch eine Abweichung von der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Nr. 1 BauO LSA mit der Begründung, hinsichtlich des präventiven Brandschutzes seien wegen der fehlenden Ausbildung der Außenwand des Turms keine negativen Auswirkungen zu befürchten, weil der Abstand zwischen dem Turm und dem Lagerhaus auf dem Grundstück des Klägers zu 1 mindestens 11,60 m betrage, so dass kein Brandüberschlag möglich sei. Die Vorschriften über die Ausbildung einer inneren Brandwand bei ausgedehnten Gebäuden (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 BauO LSA) dienen nicht dem Nachbarschutz; denn sie bezwecken die Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Gebäudes und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen, nicht aber auch den Schutz der Nachbarn (vgl. VGH BW, Urt. v. 26.02.1992 – 3 S 2947/91 –, Juris). Im Übrigen enthält die Teilbaugenehmigung vom 23.10.2007 die Auflage Nr. 2.1.5, nach der (auch) die Brandwand zwischen Gebäudeteil 1 und 2 entsprechend § 29 BauO LSA auszubilden ist. Unerheblich ist ob, die vorgeschriebene Bauausführung in – möglicherweise nicht mehr aktuellen – Luftbildern von „google-earth“ zu erkennen ist.

35

12. Die Kläger können eine mögliche Verletzung der Bestimmungen über den zweiten Rettungsweg (§ 32 Abs. 3 BauO LSA), notwendige Treppenhäuser (§ 34 Abs. 8 BauO LSA), Umwehrungen (§ 37 BauO LSA), Aufzüge (§ 38 BauO LSA) sowie barrierefreies Bauen (§ 49 BauO LSA) nicht mit Erfolg rügen. Diese Vorschriften dienen ersichtlich nur dem Schutz der Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes und nicht auch des Nachbarn (vgl. zu den Anforderungen an die Rettungswege: OVG NW, Beschl. v. 29.07.2002, a.a.O.). Im Übrigen ist nicht dargelegt, dass eine diesen Vorschriften möglicherweise widersprechende Bauausführung in der angefochtenen Baugenehmigung zugelassen wurde.

36

13. Auch der Einwand der Kläger, bei der Grundstücksteilung sei man entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts von einer weiteren gewerblichen Nutzung ausgegangen, so dass die Abstandsflächenproblematik nicht zur Diskussion gestanden habe, erweist sich als nicht stichhaltig. Soweit ersichtlich, wollen die Kläger mit diesem Einwand die Annahme des Verwaltungsgerichts in Zweifel ziehen, die für eine Abweichung erforderliche atypische Grundstückssituation ergebe sich hier u. a. aus der im Jahr 2003 vorgenommenen Grundstücksteilung, die in der zweifelhaften Annahme erfolgt sei, dass das Restgrundstück in einem Gewerbegebiet liege, die aber wegen des geringen Abstands der ehemaligen Fabrikgebäude zur neu gebildeten Grundstücksgrenze § 7 BauO LSA nicht entsprochen habe. Die Frage, ob das Gebäude der Beigeladenen gewerblich oder nicht gewerblich genutzt wird, war und ist jedoch für die Tiefe der Abstandsflächen unerheblich (siehe oben 7.). Die möglicherweise irrige Annahme des Rechtsvorgängers der Beigeladenen in Bezug auf die Einschätzung des Gebietscharakters und die daraus folgende Tiefe der Abstandsfläche vermag an der vom Verwaltungsgericht beschriebenen atypischen Situation nichts zu ändern.

37

14. Schließlich können die Kläger auch nicht mit dem Einwand durchdringen, durch die Änderung der Nutzung komme es zu einer wesentlichen Erhöhung des Fahrzeugverkehrs auf dem Grundstück der Beigeladenen und somit zu einer Beeinträchtigung des ihnen eingeräumten Wegerechts. Unabhängig davon, dass in einem Baugenehmigungsverfahren nur die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geprüft und gemäß § 71 Abs. 4 BauO LSA die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird, ist nichts Konkretes für eine solche Beeinträchtigung vorgetragen. Insbesondere ist nicht dargetan, dass den Klägern durch die Nutzung der Zufahrt zu den Stellplätzen im Hofbereich die Nutzung der Zufahrt zu ihrem Grundstück erschwert wird.

B.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat stellt bei der von ihm nach § 162 Abs. 3 VwGO zu treffenden Billigkeitsentscheidung in ständiger Rechtsprechung in erster Linie auf die Stellung des Beigeladenen in dem zur Entscheidung anstehenden Interessenskonflikt ab (vgl. Beschl. v. 07.10.1996 – A 2 S 397/96; auch BVerwG, Urt. v. 23.05.1962 – BVerwG V C 62.61 –, BVerwGE 14, 171). Er hält daher die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig, weil er ohne sein Zutun mit einem solchen Verfahren überzogen wird (vgl. Beschl. v. 07.10.1996, a. a. O.).

C.

39

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.