Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2018 - 15 CS 18.1285

bei uns veröffentlicht am09.08.2018

Tenor

I. Nr. I und Nr. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Juni 2018 - Au 5 S 18.808 - werden geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. April 2018 (Az. 1-3113-2017-BA) wird angeordnet.

II. Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als Nachbar gegen die Genehmigung eines Pferdestalles mit Nebenanlagen. Er ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ... der Gemarkung G... Nördlich und westlich an das Grundstück des Antragstellers grenzt das Areal einer Tierklinik. Für diesen Bereich erließ die Gemeinde G... den Bebauungsplan Nr. ... „Tierklinik G...“, der am 8. April 2016 bekannt gemacht wurde und gegen den der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof einen Normenkontrollantrag gem. § 47 VwGO (Az. 15 N 17.708) gestellt hat, über den der Senat noch nicht entschieden hat.

Voreigentümer des Wohngrundstücks des Antragstellers war der Beigeladene. Auf dessen Antrag wurde das Gebäude mit Bescheid des Landratsamts Augsburg vom 30. Mai 1995 als „Einfamilienhaus mit int. Garage (4 Stellplätze)“ genehmigt. In den Gründen des Bescheids aus dem Jahr 1995 ist ausgeführt, dass das Gebäude einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und daher gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sei. Unter dem 10. April 2002 erteilte das Landratsamt auf Antrag des Beigeladenen eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau des bestehenden Einfamilienhauses zu Zweifamilienhaus mit integrierter Garage“. Auf Antrag des Antragstellers genehmigte das Landratsamt mit Bescheid vom 17. Oktober 2017 unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens den „Rückbau Zweifamilienhaus in Einfam ilienhaus“. In den Gründen des Bescheids vom 17. Oktober 2017 ist ausgeführt, das Wohnhaus sei im Genehmigungsverfahren 2002 als sonstiges Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 2 i.V. mit § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB beurteilt worden. Durch die Umsetzung des Genehmigungsbescheids vom 10. April 2002 sei eine nichtprivilegierte Wohnnutzung des bestehenden Gebäudes aufgenommen worden; hierdurch sei eine „Entprivilegierung“ des Gebäudes eingetreten. Unabhängig hiervon beeinträchtige die beantragte Änderung von zwei Wohneinheiten auf eine Wohneinheit keine öffentlichen Belange. Das Bauvorhaben könne daher als „sonstiges“, nichtprivilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden. Gegen die Baugenehmigung vom 17. Oktober 2017 hat die Gemeinde G... Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Augsburg erhoben (Az. 5 K 17.1860). Die Gemeinde trägt in diesem Rechtsstreit vor, der im Jahr 2002 genehmigte Umbau zu einem Zweifamilienhaus habe niemals stattgefunden, sodass die Baugenehmigung vom 10. April 2002 nunmehr erloschen sei. Das Gebäude sei daher tatsächlich nicht „entprivilegiert“. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Teilprivilegierung gem. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB lägen aktuell nicht vor. Zudem sei die Erschließung über den schmalen Feldweg FlNr. ... nicht gesichert. Auch Herr Dr. M..., der neben dem Beigeladenen Miteigentümer der westlich angrenzenden FlNr. ... ist, hat gegen die Baugenehmigung vom 17. Oktober 2017 Anfechtungsklage erhoben (Az. 5 K 17.1713). Er sieht sich aufgrund der wegemäßigen Erschließungssituation in seinen Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, weil er bei Umsetzung der Baugenehmigung ein Notwegerecht sowie ein Leitungsnotwegerecht des Antragstellers gem. § 917 Abs. 1 BGB dulden müsse. Über die Anfechtungsklagen gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2017 hat das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden.

Mit Bescheid vom 30. November 2017 erteilte das Landratsamt Augsburg auf Antrag der „Tierklinik G... - Dr. R... und Dr. M...“ eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau eines Großtierstalles mit Behandlungsraum“ auf den FlNrn. ..., ... (laut BayernAtlas einheitliche FlNr. ...), gegen die - soweit nach den dem Senat vorliegenden Akten ersichtlich - keine Rechtsmittel eingelegt wurden.

Bereits unter dem 8. September 2017 hatte der Beigeladene eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau eines Pferdestalles, einer Longier- und Führhalle sowie einer Futterlagerhalle“ auf dem östlich an das Grundstück des Antragstellers angrenzende Baugrundstück beantragt (laut Antrag auf FlNrn. ... und ..., im BayernAtlas als einheitliche FlNr. ... dargestellt). Eine im Baugenehmigungsverfahren vorgelegte Geruchsimmissionsprognose eines Sachverständigenbüros [„Verträglichkeitsuntersuchung zur Beurteilung eines weiteren geplanten Pferdestalles (Ermittlung der Geruchsbelastung)“] vom 11. Januar 2018, deren errechnete Ergebnisse als solche von den Beteiligten nicht in Frage gestellt werden, prognostiziert unter Einbezug diverser Geruchsvorbelastungen im Fall der Umsetzung des Vorhabens des Beigeladenen auf Basis der sog. Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) Geruchsimmissionswerte im Bereich des Wohnhauses auf dem westlich angrenzenden Grundstück des Antragstellers von bis zu 25% (Geruchsstundenhäufigkeit), und zwar in dieser Höhe an der Nordseite des Hauses. Die Geruchsvorbelastung an dieser Stelle gibt das Gutachten mit 21% an. Die Ergebnisse zeigten - so das Gutachten -, dass der nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL zulässige Immissionswert für ein Wohnhaus im Außenbereich von 25% gerade eingehalten werden könne (Gutachten Seite 9, vgl. auch die in den Akten enthaltene ergänzende Stellungnahme des Gutachters vom 30. Mai 2018).

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 18. April 2018 erteilte das Landratsamt Augsburg - unter Einordnung des Vorhabens als privilegiertes Außenbereichsvorhaben (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) - die beantragte Baugenehmigung unter Zulassung diverser (nicht nachbarrelevanter) Abweichungen von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO. Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 14. Mai 2018 Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Augsburg erheben, über die bislang nicht entschieden wurde.

Sein ebenfalls am 14. Mai 2018 gestellter und auf § 80 Abs. 5 i.V. mit § 80a Abs. 3 VwGO gestützter Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg nach vorheriger Inaugenscheinnahme des Areals (durch die Berichterstatterin der Kammer) mit Beschluss vom 13. Juni 2018 ab. Zur Begründung wird ausgeführt, der Antragsteller werde durch die streitgegenständliche Baugenehmigung voraussichtlich nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt. Das genehmigte Bauvorhaben verstoße nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Bei Heranziehung der GIRL als Orientierungshilfe sei nicht anzunehmen, dass das Grundstück des Antragstellers durch das Bauvorhaben des Beigeladenen von unzumutbaren Geruchsbelästigungen betroffen werde. Das ursprünglich als privilegiertes Betriebsleiterwohnhaus genehmigte Anwesen des Antragstellers befinde sich nach wie vor im Außenbereich (§ 35 BauGB), sodass nach der GIRL ein Richtwert von 0,25 für die Häufigkeit der Geruchsstunden heranzuziehen sei. Das Grundstück des Antragstellers grenze zwar an das Plangebiet des Bebauungsplan Nr. ... „Tierklinik G...“ an. Es sei aber nicht von drei Seiten von Bebauung umgeben. Nach den vorliegenden Plänen und Luftbildern sowie aufgrund der im Augenscheintermin gewonnen Erkenntnisse habe sich für die Kammer ergeben, dass das Grundstück keine sich für eine Bebauung anbietende „Baulücke“ darstelle. Vegetation und Topografie sprächen deutlich gegen einen Bebauungszusammenhang mit der westlich gelegenen Wohnbebauung. Sowohl in östlicher als auch in südlicher Richtung grenzten Außenbereichsflächen an das Grundstück des Antragstellers an. Eine organische Siedlungsstruktur sei in dem Bereich zwischen dem Grasweg (im Norden), dem Feldweg auf FlNr. ... (im Süden) und dem Weg auf FlNr. ... (im Westen) nicht zu erkennen. Es sei davon auszugehen, dass die Bebauung im Sondergebiet „Tierklinik“ keinen baulichen Bezug zu der westlich der FlNr. ... gelegenen Wohnbebauung aufweise. Die Tierklinik liege in einem von der Wohnbebauung abgegrenzten Bereich; der Feldweg auf FlNr. ... und der Zufahrtsweg auf dem westlichen Teil des Grundstücks FlNr. ... bewirkten eine bauliche Zäsur. Das Anwesen des Antragstellers sei weder Teil dieser Wohnbebauung noch liege es im Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. ... Auch bei Annahme einer Unwirksamkeit dieses Bebauungsplans sei von einer Außenbereichslage des Antragstellergrundstücks auszugehen. Unter Annahme eines Bebauungszusammenhanges der Bebauung östlich des Feldweges auf FlNr. ... mit der westlichen Wohnbebauung ende dieser Bebauungszusammenhang vor dem Grundstück des Antragstellers, da sich dieses am Rande einer etwaigen Bebauung befinde und an zwei Seiten direkt an die Außenbereichsflächen angrenze. Folgerichtig sei das Wohngebäude des Antragsverfahrens im (Änderungs-)Genehmigungsverfahren für eine nichtprivilegierte Wohnnutzung als Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB bewertet worden. Mit der Einordnung als Außenbereichsgrundstück sei nach der GIRL für die Frage der Zumutbarkeit ein Richtwert von 0,25 heranzuziehen, der nach den Berechnungen des Gutachters, die nicht substantiiert angegriffen worden seien, eingehalten werde. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der zugrunde gelegten Werte oder der Berechnungen des Gutachters lägen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Aufgrund der im Genehmigungsverfahren eingeholten fachlichen Stellungnahmen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten handele es sich beim Vorhaben des Beigeladenen um eine landwirtschaftliche Nutzung i.S. von § 201 BauGB, sodass es sich bei den zu erwartenden Gerüchen tatsächlich um „landwirtschaftliche Gerüche“ im Sinne der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL handele. Da das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück des Antragstellers im Außenbereich liege, sei dessen Schutzanspruch gemindert. Die von landwirtschaftlichen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen (Tiergeräusche, Maschinenlärm, Geruchsentwicklung) seien gebietstypisch und daher in der Regel nicht als unzulässige Störung der in der Nachbarschaft vorhandenen oder geplanten Wohnnutzung anzusehen. Auch seien nach Maßgabe gutachterlicher Berechnungen schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen am Wohngebäude des Antragstellers ausgeschlossen.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er trägt u.a. vor, sein Wohnanwesen werde bei Umsetzung des genehmigten Vorhabens unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt. Infolge des bereits westlich seines Wohnhauses errichteten Stallgebäudes mit Behandlungsraum liege sein Wohnanwesen nunmehr in einem Ortsteil i.S. von § 34 BauGB. Auf der Grundlage der GIRL dürfe dieses maximal mit einer Geruchsstundenhäufigkeit von 15% belastet werden. Sein Grundstück sei bebaut, sodass die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung zu Baulücken nicht einschlägig sei. Sein Wohnhaus stelle die letzte Bebauung dar, an dem nunmehr der im Zusammenhang bebaute Ortsteil ende. Sein Wohnhaus bilde mit den Gebäuden der Tierklinik einen Bebauungszusammenhang. So wie für Dorfgebiete und Industriegebiete entsprechend der Zweckbestimmung auch solche bauliche Anlagen prägend sein könnten, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen bestimmt seien, so müssten auch die Gebäude der Tierklinik auf FlNr. ... und ... - die nicht einer Neben-, sondern der Hauptnutzung (Behandlung, Unterbringung und Versorgung von Tieren) dienten -zur Begründung eines Bebauungszusammenhangs herangezogen werden. Diese besäßen ferner eine Größe und damit ein städtebauliches Gewicht, die es nicht zuließen, sie bei der Bestimmung eines Bebauungszusammenhangs auszublenden. Ein Bebauungszusammenhang bestehe auch mit der westlich angrenzenden Wohnbebauung, sodass sein Wohnhaus insgesamt in einem Ortsteil i.S. von § 34 BauGB liege. Der Weg FlNr. ... habe keine trennende Wirkung, weil er beidseits bebaut sei und eine zu geringe Tiefe habe. Auch die dortigen Bäume und Büsche bewirkten keine städtebaulich trennende Zäsur. Die vom Verwaltungsgericht angenommene trennende Wirkung der Topografie sei weder im angefochtenen Beschluss näher erläutert noch tatsächlich erkennbar. Das Gelände falle nach Westen leicht ab, was jedoch keine Zäsur zwischen den bebauten Bereichen bewirken könne. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass im Bereich der Tierklinik keine organische Siedlungsstruktur bestünde, sei fehlerhaft. Es komme unabhängig von bestehenden Bebauungsplänen allein auf die tatsächlichen Gegebenheiten nach der Verkehrsauffassung an. Das Merkmal der organischen Siedlungsstruktur erfordere zudem nicht, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich sei. Der Bereich der Tierklinik mit dem Wohnhaus des Antragstellers sei keine städtebaulich unerwünschte Splittersiedlung, die dem Außenbereich zuzuordnen sei, sondern setze i.S. von § 34 BauGB die vorhandene Siedlungsstruktur in angemessener Weise sowie organisch fort. Die Gebäude unterlägen in ihrer Position und Anordnung einem erkennbaren Ordnungssystem, zumal nach Osten und Süden gerade verlaufende Baugrenzen zum Außenbereich hin verliefen.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Juni 2018 die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2018 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen

und trägt hierzu vor, Bauwerke, die nur vorübergehend genutzt würden und - wie z.B. Scheunen und Ställe - nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienten, schlügen für sich genommen nicht als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche. Deshalb sei das nördlich des Antragstellergrundstücks gelegene Wirtschaftsgebäude für Tierhaltung auf FlNr. ... nicht geeignet, einen Bebauungszusammenhang zu vermitteln. Gleiches gälte für das auf Grundlage der angefochtenen Baugenehmigung noch zu errichtende Gebäude auf dem Baugrundstück. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht eine trennende Funktion des Wegs FlNr. ... angenommen, auch wenn zwischenzeitlich die Bebauung auf dem Baugebiet „Am Mitterfeld“ westlich angrenzend an diesen Weg herangeführt worden sei. Dieser von einem Bebauungsplan für Wohnbebauung umfasste Bereich weise keinen baulichen Bezug zu den Anlagen der Tierklinik und zum Grundstück des Antragstellers auf. Auch könne von einer organischen Siedlungsstruktur nicht die Rede sein. Neben der durch Eingrünung erfolgten Abgrenzung der FlNr. ... zu den baulichen Anlagen im Bereich der Tierklinik komme als ein die Wahrnehmung wesentlich bestimmendes Element das in östlicher Richtung deutlich ansteigende Terrain hinzu, wodurch das Wohngebäude des Antragstellers zu einer solitären Stellung herausgehoben werde. Das Grundstück des Antragstellers mit dem Wohnhaus sei nicht in den Bebauungsplan Nr. ... „Tierklinik Geinbezogen worden; nach dem Planungswillen der Gemeinde habe dies im bisherigen Status als Außenbereichsgrundstück belassen bleiben sollen. Diese Situation betreffe auch das verfahrensgegenständliche Außenbereichsvorhaben.

Der Beigeladene beantragt ebenso,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe aus Sicht des Beigeladenen bei seiner Eilentscheidung eine ordnungsgemäße Interessenabwägung vorgenommen. Die vom Antragsteller vor einiger Zeit erwirkte Änderungsgenehmigung für das Wohnhaus, die beim Verwaltungsgericht angefochten worden sei, gehe weiter von einer Außenbereichslage aus. Aufgrund der besonderen Geländesituation, die im Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts fotografisch festgehalten worden sei, grenze das Antragstellergebäude nicht unmittelbar an den Umgriff des benachbarten Tierklinikgeländes, sondern liege im Vergleich hierzu deutlich erhöht. Zudem sei es von dem Tierklinikgebäude durch eine ca. 4 - 5 m hohe und steile Böschung abgesetzt und abgegrenzt. Das Gebäude des Antragstellers sei als ehemaliges landwirtschaftliches Betriebsleitergebäude von der Klinikbebauung deutlich und absichtsvoll abgesetzt und abgegrenzt. Nur im Norden grenze es an eine für einen Bebauungszusammenhang beachtliche Bebauung. Das Verwaltungsgericht habe abstrakt die Voraussetzungen der Abgrenzung von Innen- und Außenbereich beschrieben, in der Sache aber richtig erkannt, dass das Grundstück des Antragstellers selbst keine Baulücke darstelle. Der Antragsteller habe in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend ausgeführt, weswegen - entgegen der Feststellung des Verwaltungsgerichts auf Grund eines fotografisch dokumentierten Augenscheins - die Bebauung im betroffenen Bereich dennoch den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittle. Insbesondere befasse sich die Beschwerdebegründung nicht hinreichend mit den entscheidungstragenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach das Grundstück des Antragstellers ebenso wie das Baugrundstück im Verhältnis zum benachbarten Sondergebiet Tierklinik im Außenbereich liege.

Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2018 replizierte der Antragsteller, es sei irrelevant, auf welcher bauplanungsrechtlichen Basis die mit Baugenehmigungsbescheid vom 17. Oktober 2017 erteilte Genehmigung zum Rückbau seines Zweifamilienhauses in ein Einfamilienhaus erteilt worden sei. Wegen § 212a BauGB sei auch der Umstand der gerichtlichen Anfechtung dieser Baugenehmigung irrelevant. Der vom Antragsgegner und vom Beigeladenen angesprochene Höhenunterschied zwischen seinem Wohnhaus und den östlich gelegenen Klinikgebäuden, der vom Verwaltungsgericht so nicht thematisiert worden sei, sei in der Natur nicht als Zäsur des Bebauungszusammenhangs erkennbar. Ein relevanter Höhenversatz ergebe sich auch nicht aus den beim gerichtlichen Augenschein gefertigten Fotografien. Sämtliche auf FlNr. ... westlich des Antragstellergrundstücks und im südlichen Bereich des Klinikgeländes errichteten Gebäude würden als Behandlungsräume der Tierklinik genutzt und seien auch als solche genehmigt worden. Das gelte auch für das neu errichtete runde Gebäude (Großtierstall mit Behandlungsraum). Es handele sich nicht nur um bloße Stallgebäude zur Tierunterbringung, diese dienten vielmehr dem regelmäßigen Aufenthalt des Pflegepersonals und der Tierärzte, die dort ihrer beruflichen Tätigkeit nachgingen. Die Frage, ob die Gebäude der Tierklinik im Plangebiet eines wirksamen oder unwirksamen Bebauungsplans liegen, sei für die Beurteilung, ob ein Bebauungszusammenhang vorliege, irrelevant. Der Feldweg FlNr. ... vermittle den jeweils angeschlossenen Grundstücken eine wegemäßige Zweiterschließung, begründe aber keine bauplanungsrechtlich relevante Zäsur.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des beim Senat anhängigen Normenkontrollverfahrens 15 N 17.708 sowie der beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts zu den Verfahren 5 K 17.1713 und 5 K 17.1860), der hierzu jeweils vorgelegten Behördenakten und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die aufschiebende Wirkung der gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2018 erhobenen Anfechtungsklage anzuordnen.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung des für die Beschwerdeentscheidung maßgebenden Beschwerdevorbringens (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers derzeit als offen einzuschätzen (1.). Die demnach vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt zu Gunsten des Antragstellers und zu Lasten des Beigeladenen und des Antragsgegners aus (2.).

1. In der vorliegenden Situation einer Nachbaranfechtung kommt es für Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache darauf an, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 18. April 2018 gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (zur sog. Schutznormtheorie vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Da im vorliegenden Fall die vom Antragsteller angegriffene Baugenehmigung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) erteilt wurde, ist für den Erfolg in der Hauptsache zudem entscheidend, ob diese gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt, die in diesem Verfahren überhaupt zum sog. Prüfprogramm zählen.

a) Hinsichtlich der vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nur noch geltend gemachten Geruchsbelastung ist insofern als bauplanungsrechtlicher Maßstab (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO) auf das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme abzustellen, das für die Beurteilung von - wie hier - Außenbereichsvorhaben in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankert ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 10.5.2016 - 2 B 16.231 -juris Rn. 26). Diesem kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Es wird zulasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 - 4 B 48.12 - BauR 2013, 934 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 4 m.w.N.). Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen - hier der Geruchsbelastung - ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiellrechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 UPR 2017, 32 = juris Rn. 11; VGH BW, U.v. 12.10.2017 - 3 S 1457/17 - ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 29). Insofern kommt es maßgeblich auch auf die Schutzwürdigkeit des Immissionsorts - hier des Grundstücks des Antragstellers (FlNr. ...) - an, die maßgeblich von der bauplanungsrechtlich zulässigen Nutzungsmöglichkeit abhängt.

b) Der Senat vermag nach der im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 i.V. mit § 146 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht hinreichend sicher zu prognostizieren, dass eine Rücksichtslosigkeit - und damit eine subjektive Rechtsverletzung i.S. von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - aufgrund der Geruchsbelastung deshalb ausgeschlossen ist, weil das Grundstück des Antragstellers im Außenbereich liegt. Die richtige Einordnung der bauplanungsrechtlichen Lage dieses Grundstücks kann im vorliegenden Fall grundsätzlich relevant sein, weil - auch nach Maßgabe der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 als Orientierungshilfe für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze - die Zumutbarkeitsgrenze für eine Geruchsbelastung bei einem Außenbereichsgrundstück höher liegt als bei einem Innenbereichsgrundstück.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine Geruchsbelastung unzumutbar ist, die GIRL zwar nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 15; B.v. 9.4.2018 - 4 BN 10.18 - juris Rn. 7, 14; B.v. 9.4.2018 - 4 BN 11.18 - juris Rn. 7, 14; BayVGH, B.v. 7.10.2015 - 15 ZB 14.2115 - juris Rn. 16; OVG NRW, B.v. 8.2.2017 - 10 B 1176/16.NE - juris Rn. 19), im Einzelfall aber als Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (BayVGH, U.v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040 u.a. - BayVBl 2016, 155 = juris Rn. 536; B.v. 3.2.2014 - 1 NE 13.2508 - juris Rn. 10; B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 9 ff.; B.v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 17 ff.; B.v. 12.10.2015 - 2 CS 15.1601 - juris Rn. 5; B.v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - UPR 2017, 32 = juris Rn. 13; U.v. 10.5.2016 - 2 B 16.231 - juris Rn. 27; B.v. 26.7.2016 - 2 B 15.2392 -juris Rn. 45; B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 47; ebenso für andere Bundesländer: OVG NRW, U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 80 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 95; U.v. 21.9.2016 - 2 L 98/13 -BauR 2017, 229 = juris Rn. 99; VGH BW, U.v. 12.10.2017 - 3 S 1457/17 - ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 29; OVG Schlesw.-Holst., B.v. 4.8.2016 - 1 MB 21/15 - juris Rn. 20). Die GIRL sieht zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchseinwirkung - differenziert nach Nutzungsgebieten und nach Gewichtungsfaktoren für verschiedene Tierarten - unterschiedliche Immissionswerte in relativen Häufigkeiten der Jahresgeruchsstunden (Nr. 3.1, Tabelle 1) für die höchstzulässige Geruchsimmission vor (zur orientierenden Heranziehung der GIRL auf dort nicht ausdrücklich erfasste Pferdehaltung mit einem angepassten Gewichtungsfaktor von 0,4 vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 24). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worstcase-Szenario“ dar (VGH BW, U.v. 12.10.2017 - 3 S 1457/17 - ZfBR 2018, 171 = juris Rn. 31; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 - 2 L 98/13 - BauR 2017, 229 = juris Rn. 99 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet mithin eine grundsätzlich hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen; sie wird allgemein als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind (BayVGH, B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 47 m.w.N.).

Ein Immissionswert für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) ist in Nr. 3.1 GIRL (Tabelle 1) nicht ausdrücklich geregelt. Nach der allgemeinen Regelung in Nr. 3.1 Abs. 2 GIRL, wonach sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen sind, ist auch im Außenbereich grundsätzlich von dem in Tabelle 1 für Dorfgebiete vorgesehenen Immissionswert von 0,15 (= 15%) auszugehen (OVG NRW, B.v.16.9.2015 - 8 A 2384/13 - UPR 2016, 305 = juris Rn. 12; U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 84, 95). Gemäß dem 4. Tiret der Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL ist aber zu berücksichtigen, dass im Außenbereich einerseits bestimmte Nutzungen - wie insbesondere landwirtschaftliche Betriebe - privilegiert zulässig sind und andererseits das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden ist. „Vor diesem Hintergrund“ soll es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL „möglich“ sein, „unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen“. Unabhängig von der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalls zugunsten des Beigeladenen als Bauherrn und zulasten des Antragstellers als geruchsbelastetem Nachbarn eine Ausschöpfung des für Außenbereichslagen vorgesehenen Werts von 0,25 (= 25%) zuließen [vgl. hierzu unten 2.c) ], kann jedenfalls in Anwendung der GIRL eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit in dieser, hier für das Grundstück des Antragstellers als Immissionsort gutachterlich prognostizierten Höhe grundsätzlich nur als zumutbar angesehen werden, wenn die FlNr. ... tatsächlich - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegt.

Sollte sich im Hauptsacheverfahren hingegen ergeben, dass das Grundstück des Antragstellers - entgegen der vorläufigen Einordnung des Verwaltungsgerichts im Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO - tatsächlich dem Innenbereich (§ 34 BauGB) zuzuordnen ist, wäre in Anwendung der Geruchsimmissions-Richtlinie von den Immissionswerten gem. Nr. 3.1 der GIRL auszugehen. Nach dessen Tabelle 1 ist - wie auch sonst im Immissionsschutz- bzw. Bauplanungsrecht - die Zumutbarkeit von der Schutzwürdigkeit des Immissionsorts abhängig. Für Immissionsorte in Wohn- und Mischgebieten sind hiernach Geruchsstundenhäufigkeiten jedenfalls bis zu 0,10 (= 10%) sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten bis zu 0,15 (= 15%) als zumutbar anzusehen. Im Fall des Antragstellergrundstücks dürfte - bei unterstellter Innerortslage i.S. von § 34 BauGB - aufgrund der benachbarten Tierklinik entweder von einem Dorfgebiet oder von einer Gemengelage auszugehen sein, die hinsichtlich der Schutzwürdigkeit einem Dorf- oder Gewerbegebiet gleichzusetzen wäre (vgl. Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL). Bei dem dann heranzuziehenden Wert von 0,15 der Jahresstunden (= 15%) handelt es sich aber nicht um einen feststehenden, schematisch anzuwendenden Wert. Soll - wie hier - eine nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungspflichtige landwirtschaftliche Anlage errichtet werden, ist in Randlagen zum Außenbereich eine Einzelfallprüfung erforderlich, die auch eine Zwischenwertbildung zulässt (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ - Abschnitt „Immissionswerte“ sowie zu Nr. 3.1 „Zuordnung der Immissionswerte“). Insofern kommt zum Tragen, dass die Geruchsimmissionswerte (vgl. Nr. 3.1) nicht als zwingende Grenzwerte anzusehen sind (s.o.). Für die Höhe des anzusetzenden „Zwischenwerts“ (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 10.4.2018 - 9 NE 18.278 - juris Rn. 21; B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 47) ist die konkrete Schutzbedürftigkeit der von den Gerüchen betroffenen Flächen maßgeblich. Die Orientierungswerte der GIRL können m.a.W. insbesondere im Übergangsbereich zum Außenbereich - maßgeblich aufgrund der Überlegung, dass dort die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt ist -nach Maßgabe einer einzelfallbezogenen Betrachtung und Bewertung überschritten werden. Befindet sich ein den Geruchsbelastungen ausgesetztes Wohngebäude - wie hier das Wohnhaus auf dem Grundstück des Antragstellers - im Randgebiet zum Außenbereich, ist ein „Zuschlag“ möglich, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 (= 20%) führen kann (vgl. 1. Tiret der Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, sodass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 -UPR 2017, 32 = juris Rn. 14; B.v. 4.5.2018 - 15 NE 18.382 - juris Rn. 47; U.v. 10.5.2016 - 2 B 16.231 - juris Rn. 29; NdsOVG, B.v. 6.9.2016 - 12 LA 153/15 - juris Rn. 14; OVG Schlesw.-Holst., B.v. 4.8.2016 - 1 MB 21/15 - juris Rn. 22 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 96; U.v. 21.9.2016 - 2 L 98/13 -BauR 2017, 229 = juris Rn. 101; HessVGH, U.v. 1.4.2014 - 9 A 2030/12 - juris Rn. 64). Vor diesem Hintergrund ergäbe sich auf Basis der Anwendung der GIRL, dass das Antragstellergrundstück - wäre es dem Innenbereich i.S. von § 34 BauGB zuzuordnen - aufgrund der Vorbelastung der landwirtschaftlich geprägten Umgebung wohl zumutbar mit einem Immissionswert von 0,2, also mit einer Geruchsstundenhäufigkeit von 20% belastbar wäre (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 -juris Rn. 20; U.v. 10.5.2016 - 2 B 16.231 - juris Rn. 29). Im vorliegenden Fall ist hingegen gutachterlich eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,25 (= 25%) an der Nordseite des Wohnhauses errechnet worden, sodass jedenfalls keine Geruchsbelastung prognostiziert ist, die für die Frage der Zumutbarkeit der Geruchsbelastung am Rand einer Innenbereichslage auf der sicheren Seite wäre (zur grundsätzlich begrenzten Anwendbarkeit der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL vorgesehenen Maximalbelastung von 0,25 bzw. 25% auf Immissionsorte im Außenbereich vgl. OVG NRW, B.v. 18.5.2016 - 2 B 1443/15 - BauR 2016, 1882 = juris Rn. 79 m.w.N.).

Der Antragsteller hat zu Recht mit der Beschwerdebegründung eingewandt, dass die Erwägung des Verwaltungsgerichts, die FlNr. ... sei nicht von drei Seiten von Bebauung umgeben und stelle keine zur Bebauung anbietende „Baulücke“ dar, nicht ausschlaggebend für die Zuordnung zum Innen- oder Außenbereich sein könne. Eine Baulückenbetrachtung dieser Art erfolgt in Abgrenzung der Anwendung von § 34 und § 35 BauGB maßgeblich bei der Frage, ob ein noch unbebautes Grundstück einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil zugeordnet werden kann (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 16.2.2009 - 1 B 08.340 - juris Rn. 15, 16; B.v. 12.5.2017 - 15 ZB 16.1567 - juris Rn. 8). Bei einem - wie hier - bebauten Grundstück darf aber gerade der Bestand eines Wohnhauses auf dem Grundstück, für das die Außen- oder Innenbereichslage zu bestimmen ist, nicht hinweggedacht werden.

Für die Zuordnung der FlNr. ... zum Innen- oder Außenbereich kommt es im vorliegenden Fall vielmehr darauf an, ob das Antragstellergrundstück zusammen mit den bestehenden Gebäuden im überplanten Bereich der Tierklinik sowie ggf. unter Einbezug der sich verdichtenden Wohnbebauung westlich des Tierklinikbereichs einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden. Hierfür gelten folgende Grundsätze: Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Ein solcher Bebauungszusammenhang reicht so weit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographischmathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu befinden. Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang - unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen - grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude. Für die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich können aber auch topografische Verhältnisse, wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse usw.) eine Rolle spielen. Solche Hindernisse können je nach den Umständen des Einzelfalls einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2017 - 15 ZB 16.1567 -juris Rn. 8 m.w.N.). Bei der Beurteilung, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB vorliegt, ist auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen. Dabei kommt es auf die Verkehrsauffassung und somit entscheidend auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. Ist ein Ortsteil teilweise mit Bebauungsplänen i.S. des § 30 Abs. 1 BauGB beplant, sind auch diese Bereiche in die Beurteilung der Ortsteileigenschaft einzubeziehen, sofern der städtebaulich maßgebliche Zusammenhang nicht tatsächlich unterbrochen ist (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Zinkahn, BauGB, Stand: Februar 2018, § 34 Rn. 14).

Im vorliegenden Fall wird es ggf. auch darauf ankommen, ob die Funktionsgebäude der Tierklinik eine organische Siedlungsstruktur i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB mitbegründen können. Das erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen. Einen Bebauungszusammenhang i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu gehören grundsätzlich nur Bauwerke im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, B.v. 5.4.2017 - 4 B 46.16 - ZfBR 2017, 471 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 5.9.2011 - 1 ZB 10.977 - juris Rn. 11). Das sind insbesondere Wohngebäude und gewerblich genutzte Anlagen. (vgl. SächsOVG, U.v. 4.7.2018 - 1 A 150/18 - juris Rn. 27 m.w.N.). Letztmaßgeblich bleibt, ob die Bebauung geeignet ist, dem Gebiet im Sinne einer nach der Siedlungsstruktur angemessenen Fortentwicklung ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen (BVerwG, B.v. 5.4.2017 a.a.O.; vgl. auch BVerwG, B.v. 11.7.2002 - 4 B 30.02 - ZfBR 2002, 808 = juris Rn. 3: prägende Wirkung eines nicht dem ständigen Aufenthalt dienenden Gebäudes aufgrund Größe und Gestalt). Ebenso wie diese Frage können die womöglich für die bauplanungsrechtliche Zuordnung der FlNr. ... weiteren erheblichen Fragen, ob dieses Grundstück auch unter Berücksichtigung der topografischen Verhältnisse an einem baulichen Zusammenhang mit den Gebäuden der Tierklinik ggf. einschließlich der westlichen Wohnbebauung teilhat sowie ob dem Weg FlNr. ... abtrennende Wirkung zwischen der Tierklinik auf der östlichen und der Wohnbebauung auf der westlichen Seite zukommt, allein nach Aktenlage (d.h. allein anhand des erstinstanzlichen Augenscheinprotokolls, den vorliegenden Fotographien, Luftbildern, Flurkarten und der Planzeichnung zum Bebauungsplan Nr. ... „Tierklinik g...“) nicht beantwortet werden.

Eine sichere Beurteilung unter Einbeziehung der voranstehenden Fragen könnte daher letztlich nur über eine eigene gerichtliche Inaugenscheinnahme des Senats erfolgen. Dies muss dem Verfahren in der Hauptsache überlassen bleiben, soweit es hierauf im Ergebnis noch ankommen sollte [zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze für den Fall, dass die FlNr. ... tatsächlich im Außenbereich liegen sollte, vgl. unten 2. c) ] und falls der Verwaltungsgerichtshof mit der Hauptsache in zweiter Instanz befasst werden sollte. Unter dem Gesichtspunkt der planungsrechtlichen Einordnung des Antragstellergrundstücks in Bezug auf § 34 oder § 35 BauGB vermag der Senat unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) die Prognose des Verwaltungsgerichts, die Klage des Antragstellers gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2018 erweise sich als erfolglos, weil die angefochtene Baugenehmigung aufgrund der Außenbereichslage seines Grundstücks voraussichtlich keine nachbarschützende Rechte verletze, schon aufgrund des sich nach Aktanlage darstellenden Sachverhalts so nicht zu teilen. Aus derzeitiger Sicht erscheint es nach Aktenlage vielmehr offen, ob das Grundstück des Antragstellers im Außen- oder im Innenbereich liegt. Diese Frage ist ohne eine umfangreiche, aus Sicht des Senats im Eilverfahren nicht gebotene Sachverhaltsaufklärung nicht sicher zu beantworten. Bereits deshalb ist die Frage, ob der vom Verwaltungsgericht und vom Antragsgegner unter Heranziehung der Auslegungshinweise zur GIRL angewendete „Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche“ im vorliegenden Einzelfall tatsächlich die richtige Grenze des Rücksichtnahmegebots konkretisiert, ebenso offen.

2. Ergibt - wie hier - die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes so nicht rechtfertigt, ist im Beschwerdeverfahren umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (vgl. VGH BW, B.v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - ZfBR 2013, 583 = juris Rn. 11 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 8.5.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50 = juris Rn. 4). Sind - wie hier -aufgrund der vorgebrachten Einwände die Erfolgsaussichten der Klage als offen anzusehen, ist über den Antrag aufgrund einer allgemeinen Interessenabwägung zu entscheiden. Diese fällt vorliegend zugunsten des Antragstellers und zu Lasten des Antragsgegners sowie des Beigeladenen aus.

a) Bei der Interessenabwägung geht der Senat davon aus, dass dem Grundstück des Antragstellers (FlNr. ...) die Schutzwürdigkeit einer nicht landwirtschaftsbezogenen allgemeinen Wohnnutzung zukommt, wie sie jedenfalls im Bescheid des Landratsamts vom 17. Oktober 2017, mit dem dem Antragsteller als Nicht-Landwirt der „Rückbau Zweifamilienhaus in Einfamilienhaus“ baurechtlich genehmigt wurde, in der Sache zum Ausdruck kommt. Es ist nicht Aufgabe des Senats, im Rahmen der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde die Erfolgsaussichten der beim Verwaltungsgericht anhängigen Anfechtungsklagen gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2017 (Verfahren 5 K 17.1713 und 5 K 17.1860) zu antizipieren und hierbei zu eruieren, welche Folgen eine eventuelle gerichtliche Aufhebung dieser Baugenehmigung für den immissionsbezogenen Schutzstatus der FlNr. ...haben könnte. Denn gemäß Art. 43 Abs. 2 VwVfG bleibt eine Baugenehmigung als Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Baugenehmigung vom 17. Oktober 2017 (vgl. Art. 43 Abs. 3, Art. 44 BayVwVfG) sind nicht ersichtlich. Allein die Erhebung einer Anfechtungsklage führt nicht dazu, einem angegriffenen Verwaltungsakt seine Wirksamkeit abzusprechen. Selbst im Anwendungsbereich des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO führt der sog. Suspensiveffekt einer Anfechtungsklage nach vorzugswürdiger Ansicht (sog. „Vollziehbarkeitstheorie“) nicht zur vorübergehenden Unwirksamkeit, sondern lediglich zur Hemmung der Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Das bedeutet, dass der Eintritt der aufschiebenden Wirkung keine rechtsgestaltende Wirkung dahin hat, dass der Verwaltungsakt als vorläufig nicht existent zu behandeln wäre. Infolgedessen bleiben die Rechtswirkungen der Baugenehmigung vom 17. Oktober 2017, die vor ihrer Anfechtung bereits eingetreten waren, auflösend bedingt wirksam. Die Behörde darf nur keine Maßnahmen treffen, die rechtlich als Vollziehung des nach wie vor wirksamen Verwaltungsakts zu qualifizieren sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.6.1961 - VIII C 398.59 -BVerwGE 13, 1 = juris Rn. 27 ff.; U.v. 27.10.1982 - 3 C 6/82 - BVerwGE 66, 218/22). Im Übrigen entfällt gem. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V. mit § 212a Abs. 1 BauGB die aufschiebende Wirkung einer Drittanfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung, sodass selbst bei Zugrundelegung der Mindermeinung (sog. „Wirksamkeitstheorie“, zum Streitstand vgl. z.B. BayVGH U.v. 15.3.2010 - 1 BV 08.3157 -BayVBl 2011, 439 = juris Rn. 25; B.v. 17.01.2018 - 15 ZB 16.1706 - juris Rn. 13) aufgrund der gesetzlichen Aufhebung des Suspensiveffekts des Rechtsmittels von der fortbestehenden Wirksamkeit der Baugenehmigung auszugehen ist.

b) Bei der Interessenabwägung muss zu Gunsten des Bauherrn - hier des Beigeladenen - grundsätzlich berücksichtigt werden, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. auch OVG NRW, B.v. 22.3.2016 - 7 B 1083/15 - juris Rn. 12). Hierdurch werden in einem gewissen Ausmaß die Gewichte bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn verschoben, was aber nicht bedeutet, dass sich in den von § 212a Abs. 1 BauGB erfassten Fällen das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aufschubinteresse automatisch durchsetzt (vgl. auch Kalb/ Külpmann, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2018, § 212a Rn. 47). Die Vorschrift soll Investitionen und das Entstehen von Arbeitsplätzen fördern. Ein gesetzgeberischer Wille, dass dem Vollzugsinteresse gegenüber den Interessen Dritter (insbesondere von Nachbarn) regelmäßig der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich der Regelung des § 212a BauGB hingegen nicht entnehmen. Die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Abwägung wird deshalb von § 212a Abs. 1 BauGB zwar in der Weise vorstrukturiert, dass dem Vollzugsinteresse ein erhebliches Gewicht beizumessen ist; die Abwägung wird aber nicht präjudiziert (unter Rekurs auf die Gesetzesmaterialien vgl. z.B. BayVGH, B.v. 23.11.2016 - 15 CS 16.1688 - juris Rn. 77 m.w.N.).

c) Im vorliegenden Fall fällt die Interessenabwägung trotz der gesetzgeberischen Wertung aus § 212a BauGB aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls zugunsten des Antragstellers und zu Lasten des Beigeladenen bzw. des Antragsgegners aus. Hierfür spricht zum einen, dass der Antragsteller mit einer baldigen Nutzungsaufnahme zu rechnen hat. Nach den in den Akten befindlichen Lichtbildern ist die Baugenehmigung vom 30. November 2017 für ein der Bauart ähnliches Stallgebäude auf dem westlichen Nachbargrundstück FlNr. ... weitgehend umgesetzt. Es ist folglich davon auszugehen, dass auch die streitgegenständlichen Nutzgebäude unter Aufwendung nicht unerheblichen Kapitals in absehbarer Zeit errichtet und - mit entsprechenden Geruchsbelastungen für die Nachbarschaft - in Betrieb genommen werden könnten. Ferner spricht für die Anordnung des Suspensiveffekts, dass auch für den Fall, dass das Grundstück des Antragstellers dem Außenbereich zuzuordnen sein sollte, eine rücksichtslose Geruchsbelastung nach Maßgabe der sachverständig ermittelten Immissionswerte nicht fernliegt. M.a.W. ist selbst im Fall einer Außenbereichslage des Antragstellergrundstücks nicht unwahrscheinlich, dass die Annahme des Beigeladenen, des von ihm eingeschalteten Gutachters, des Antragsgegners sowie des Verwaltungsgerichts, die Grenze des Zumutbaren liege bei 25% Geruchsstundenhäufigkeit, zu hoch gegriffen ist. Auch insofern bestehen aus Sicht des Senats diverse offene Fragen, denen im Hauptsacheverfahren sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht weiter nachgegangen werden muss.

Die Baugenehmigungsbehörde sowie das Verwaltungsgericht (vgl. Rn. 57 des angegriffenen Beschlusses: „Damit“) scheinen nach den Formulierungen ihrer Entscheidungen davon ausgegangen zu sein, dass Wohnnutzungen im Außenbereich grundsätzlich bzw. automatisch landwirtschaftliche Geruchsbelastungen mit einer Wahrnehmungshäufigkeit von 25% als zumutbar hinzunehmen hätten. Diese Auffassung ist so nicht zutreffend. Nach dem Regelungskonzept der GIRL, wonach Immissionswerte für den Außenbereich nicht ausdrücklich vorgesehen sind und wonach sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Grundsätzen des Planungsrechts entsprechend den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen sind (Nr. 3.1 der GIRL mit Tabelle 1 i.V. mit der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1, vgl. oben 1.), ist auch im Außenbereich grundsätzlich der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 (= 15%) für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich bis zur „olfaktorischen Schallmauer“ von 0,25 (= 25%) bzw. in ganz besonderen Ausnahmefällen auch darüber (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 9 ff. NdsOVG, U.v. 26.11.2014 - 1 LB 164/13 -BauR 2015, 464 - juris Rn. 37 ff.; B.v. 28.8.2015 - 12 LA 120/14 - NuR 2016, 421 = juris Rn. 14; B.v. 26.4.2018 - 12 LA 83/17 - ZfBR 2018, 485 = juris Rn. 48 ff.; OVG NRW, U.v. 1.6.2015 - 8 A 1760/13 - ZUR 2015, 613 = juris Rn. 82; B.v.16.9.2015 - 8 A 2384/13 - UPR 2016, 305 = juris Rn. 14; U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 100, 101) setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist m.a.W. hierfür stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen. Ein Bauherr, dessen Vorhaben relevante landwirtschaftliche Geruchsimmission verursacht, kann mithin nicht generell beanspruchen, auf wohnlich genutzten Immissionsorten im Außenbereich eine Geruchsbelastung von 25% der Jahresstunden (mit-)verursachen zu dürfen (ebenso OVG NRW, U.v. 18.5.2016 - 2 B 1443/15 - BauR 2016, 1882 = juris Rn. 24). Bei der Prüfung, ob eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 (15%) bis hin zu 0,25 (25%) im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr schon einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat (zum Ganzen: OVG NRW, U.v. 1.6.2015 - 8 A 1760/13 - ZUR 2015, 613 = juris Rn. 77 ff.; B.v. 18.5.2016 - 2 B 1443/15 - BauR 2016, 1882 = juris Rn. 4; B.v.16.9.2015 - 8 A 2384/13 - UPR 2016, 305 = juris Rn. 12; U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 95 ff.; NdsOVG, B.v. 26.4.2018 - 12 LA 83/17 - ZfBR 2018, 485 = juris Rn. 50; NdsOVG, B.v. 6.9.2016 - 12 LA 153/15 - juris Rn. 14). Hierbei können etwa die Ortsüblichkeit und die Siedlungsstruktur, die Nutzung des betreffenden Gebäudes, die historische Entwicklung und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen eine wesentliche Rolle spielen. Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen (OVG NRW, U.v. 1.6.2015 - 8 A 1760/13 - ZUR 2015, 613 = juris Rn. 81, 88; U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 100).

Die erforderliche konkrete Einzelfallbeurteilung unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten ist - soweit anhand der Aktenlage ersichtlich - im Genehmigungsverfahren nicht vorgenommen worden. Vielmehr haben der Beigeladene (als Bauherr), der von der Beigeladenenseite beauftragte Gutachter sowie das Landratsamt als Genehmigungsbehörde ohne nähere, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und auf eine hieraus ggf. resultierende besondere Rechtfertigungslage bezogene Begründung eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,25 (= 25%) als Zumutbarkeitsschwelle für ein wohngenutztes Grundstück im Außenbereich zugrunde gelegt. Ob hier besondere „Randbedingungen des Einzelfalls“ vorliegen, die im Sinne der Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL eine Anhebung der Zumutbarkeitsschwelle auf diesen Wert decken, wird in den Gründen des angefochtenen Baugenehmigungsbescheids vom 18. April 2018 nicht ausgeführt. Der Senat kann aus den vorliegenden Unterlagen auch nicht erkennen, dass diese Frage im Genehmigungsverfahren überhaupt eine Rolle gespielt hat. Es ist auch unter Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 86 Abs. 1 VwGO jedenfalls im Eilverfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO (hier i.V. mit § 146 VwGO) nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit, anstelle der zunächst zuständigen Genehmigungsbehörde die erforderliche Einzelfallprüfung unter Nachholung der hierfür notwendigen tatsächlichen Ermittlungen sowie unter hierauf aufbauender eigener Gesamtwürdigung erstmals vorzunehmen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 18.5.2016 - 2 B 1443/15 -BauR 2016, 1882 = juris Rn. 10). Schon weil weder die Baugenehmigungsbehörde noch der Beigeladene als Bauherr im Genehmigungsverfahren und im Laufe des gerichtlichen Eilverfahrens unter Aufarbeitung der diesbezüglichen tatsächlichen Umstände dargelegt haben, warum aufgrund aller relevanter einzelfallbezogenen Umstände in Orientierung an der GIRL die Zumutbarkeitsschwelle auf 0,25 bzw. 25% „heraufgesetzt“ werden kann, ist auf Basis einer allgemeinen Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Baugenehmigung vom 18. April 2018 anzuordnen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass im Rahmen einer erforderlichen Gesamtwürdigung zur Bestimmung der Zumutbarkeitsschwelle - für den Fall, dass die FlNr. ... im planungsrechtlichen Außenbereich liegen sollte - die folgenden einzubeziehenden Überlegungen womöglich gegen eine „Ausschöpfung“ der in den Auslegungsrichtlinien zu Nr. 3.1 der GIRL vorgesehenen (grundsätzlichen) Maximalbelastung sprechen könnten:

aa) Bei der Beurteilung, ob und wieweit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 angehoben werden kann, muss sich der Antragsteller zwar grundsätzlich entgegenhalten lassen, dass das von ihm erworbene Grundstück in einer durch landwirtschaftliche Gerüche vorbelasteten Umgebung liegt, zumal auch das dortige Wohnhaus jedenfalls ursprünglich als Betriebsleiterhaus eines landwirtschaftlichen Betriebs genehmigt war und folglich von seiner historischen Entwicklung landwirtschaftlich geprägt ist. Andererseits dürfte bislang - ohne Berücksichtigung der streitgegenständlichen Vorhaben und dem im Jahr 2017 genehmigten Stallgebäude im südlichen Bereich der FlNr. ... - eine deutlich geringere Geruchsgesamtbelastung bestanden haben. Mangels anderweitiger Daten geht der Senat davon aus, dass die Geruchsbelastung im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs durch den Antragsteller jedenfalls nicht höher war, als die Vorbelastung laut dem Geruchsbelastungsgutachten vom 7. September 2017, das dem Baugenehmigungsbescheid vom 30. November 2017 für den „Neubau eines Großtierstalles mit Behandlungsraum“ auf dem Tierklinikgelände zugrunde lag. Diese Vorbelastung wurde dort mit „ca. 14%“ angegeben. Unter dem Gesichtspunkt der Ortsüblichkeit und der historischen Entwicklung vermag sich mithin der Beigeladene zwar auf eine gewisse Vorbelastung zu berufen, es erscheint aber fraglich, ob dem diesbezüglichen Rechtsfertigungspotenzial für eine „Heraufsetzung“ der Zumutbarkeitsschwelle nach Maßgabe des 4. Tirets der Begründung und der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL ein besonders hohes Gewicht zukommt.

bb) Unter dem Gesichtspunkt der Siedlungsstruktur kommt einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich grundsätzlich ein geringeres Gewicht zu als etwa einem Siedlungsansatz unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen (OVG NRW, U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 105). Vor diesem Hintergrund wäre im Hauptsacheverfahren für den Fall der weiteren Zugrundelegung einer Außenbereichslage der FlNr. ... näher zu hinterfragen, ob dieses Grundstück mit dem Areal im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „Tierklinik g...“ sowie der sich westlich des Wegs FlNr. ... anschließenden Wohnbebauung rein tatsächlich bereits in einer Weise zusammengewachsen ist, dass von einer isolierten Wohnnutzung im (unterstellten) Außenbereich nicht (mehr) gesprochen werden kann. Hinzu kommt, dass die entstandene Situation aufgrund Bauleitplanung der Standortgemeinde auf ein städtebauliches Zusammenwachsen angelegt gewesen sein dürfte und hinsichtlich einer weiteren Verdichtung der Wohnbebauung westlich des Wegs FlNr. ... weiterhin angelegt ist. In diesem Zusammenhang könnte ferner auch der Umstand eine Rolle spielen, dass die streitgegenständlichen Vorhaben östlich des Wohnhauses des Antragstellers - unabhängig von der Frage, ob die von der Baugenehmigungsbehörde erfolgte Einordnung als Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu Recht erfolgt ist - jedenfalls auch (und womöglich primär?) dem Tierklinikbetrieb und damit einer gewerblichen Nutzung außerhalb der Landwirtschaft dienen (Unterbringung von Pferden, die in der Klinik behandelt werden).

cc) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auch dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme im Ausgleich konfligierender Nachbarinteressen die Idee einer w e c h s e l s e i t i g e n Rücksichtnahme zugrunde liegt (BayVGH, U.v. 10.5.2016 - 2 B 16.231 - juris Rn. 32 ff.; OVG NRW, U.v. 1.6.2015 - 8 A 1760/13 - ZUR 2015, 613 = juris Rn. 93; U.v. 21.3.2017 - 8 A 1105/15 - juris Rn. 106). Auch vor diesem Hintergrund hätte die Bauaufsichtsbehörde nicht ohne weiteres einseitig eine zumutbare Geruchsbelastung von 25% der Jahresstunden ansetzen dürfen, sondern hätte nach Lage der Dinge prüfen müssen, ob die neuen Betriebsgebäude womöglich an einer anderen Stelle (ggf. verschoben nach Norden) oder in einer anderen Situierung zueinander (ggf. Standortaustausch Pferdestall - Longierhalle) ebenso gut hätten errichtet werden können mit der eventuellen Folge, dass die Belastung des benachbarten Antragstellers dann geringer ausfiele (vgl. OVG NRW, U.v. 18.5.2016 - 2 B 1443/15 - BauR 2016, 1882 = juris Rn. 24). Ebenfalls hätte ggf. geprüft werden können, ob die von dem Stallgebäude und der Longierhalle ausgehenden Geruchsbelastungen mit zumutbarem Aufwand durch weitere bauliche und/oder technische Maßnahmen reduziert werden können (z.B. Möglichkeit der Ausführung als strikt geschlossene Gebäude mit besonderer Klimatisierung sowie verbesserter Filter- und Ablufttechnik?). Der Beigeladene hat bei einer bereits nicht unerheblichen Geruchsvorbelastung von 0,21 bzw. 21% (unter Einbezug des unter dem 30. November 2017 genehmigten „Neubaus eines Großtierstalles mit Behandlungsraum“ auf dem Tierklinikgelände) im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren Sorge dafür zu tragen, dass die Geruchsbelastung seiner Nachbarn möglichst gering bleibt. Zwar verkennt der Senat nicht, dass laut der sachverständigen Geruchsbelastungsuntersuchung vom 11. Januar 2018 (vgl. dort Seite 2) das wohl ursprünglich geplante Vorhaben vom Beigeladenen aufgrund der festgestellten Geruchsbelastung modifiziert wurde (Verzicht auf Pferdeauslauf; Installierung einer Zwangsentlüftung mit Abluftkamin für den Pferdestall). Es ist aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen aber nicht ersichtlich, dass sich der Beigeladene darüber hinaus ernsthaft bemüht hat, das Vorhaben durch weitere geeignete bauliche und/oder technische Maßnahmen mit einer geringeren Geruchsbelastung für den Antragsteller zu realisieren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts stützt sich auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie orientiert sich an Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die insofern keine Einwände erhoben worden sind.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Tenor Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31.8.2015 wird geändert. Der Antrag zu 1. der Antragstellerin wird abgelehnt. Die Beschwerde der Beigeladenen wird verworfen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des erstins

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Sept. 2015 - 8 A 2384/13

bei uns veröffentlicht am 16.09.2015

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 9. September 2013 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigelad

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 01. Juni 2015 - 8 A 1760/13

bei uns veröffentlicht am 01.06.2015

Tenor Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. März 2015 - 2 L 184/10

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen. 2 Der Standort der Anlage (Gemarkung A

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 14. März 2013 - 8 S 2504/12

bei uns veröffentlicht am 14.03.2013

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Aug. 2018 - 15 CS 18.1285.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2018 - 15 ZB 17.1890

bei uns veröffentlicht am 21.08.2018

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Zulassungsv

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat der Antragsteller zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines Pferdestalls, einer Longier- und Führhalle sowie Futterlagerhalle.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstückes mit der Fl.Nr. ... der Gemarkung .... Dieses ist mit einem Wohnhaus bebaut.

Der Beigeladene ist Gesellschafter der, welche sich auf den angrenzenden Grundstücken mit den Fl.Nrn. ... und ... befindet. Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... befinden sich im Eigentum des Antragstellers und sind an die Tierklinik verpachtet.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... (Landratsamt) vom 30. November 2017 wurde dem Beigeladenen und einem Mitgesellschafter der Tierklinik die Errichtung eines Großtierstalles mit Behandlungsraum auf den Grundstücken mit den Fl.Nrn. ... und ... genehmigt.

Streitgegenständliche Baugrundstücke sind die Grundstücke mit den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ....

Das Grundstück des Antragstellers sowie die Baugrundstücke befinden sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Die Grundstücke mit den Fl.Nrn., ... und ... befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. ... „...“ der Gemeinde ....

Mit Formblatt vom 8. September 2017 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau eines Pferdestalles, einer Longier- und Führhalle sowie einer Futterlagerhalle auf den Grundstücken mit den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ....

Mit Beschluss vom 26. September 2017 erteilte die Gemeinde ... ihr gemeindliches Einvernehmen zum beantragten Bauvorhaben.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 18. April 2018 wurde dem Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung zum Neubau eines Pferdestalles, einer Longier- und Führhalle sowie einer Futterlagerhalle auf den Grundstücken mit den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... entsprechend den mit dem Genehmigungsvermerk vom 18. April 2018 versehenen Bauvorlagen erteilt. Es wurden zudem Abweichungen hinsichtlich der Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen erteilt.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Bauvorhaben gemäß Art. 55 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) genehmigungspflichtig sei. Es sei nach § 29 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) zulässig. Es widerspreche auch nicht den sonstigen, im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfenden, öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Das Vorhaben liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Es sei dort zulässig, weil öffentliche Belange nicht entgegenstünden, die ausreichende Erschließung gesichert sei, es einem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehme. Das nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche Einvernehmen der Gemeinde sei gegeben. Bezüglich der Privilegierung des Vorhabens sei das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) als Fachstelle um Stellungnahme gebeten worden. Hierzu lägen drei Stellungnahmen vom 20. November 2017, 6. Februar 2018 und 27. März 2018 vor. Es handle sich beim Bauvorhaben um Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB. Das Vorhaben diene einem auf Dauer angelegten landwirtschaftlichen Betrieb. Der Bauherr führe einen Betrieb mit Pensionspferdehaltung. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche betrage für das Jahr 2017 insgesamt 7,12 ha. Die landwirtschaftliche Nutzfläche des Betriebes vergrößere sich ab dem Jahr 2018 um weitere 8,07 ha auf etwa 15 ha. Ein entsprechender Pachtvertrag liege dem Landratsamt vor. Die Pachtdauer des Pachtvertrages betrage neun Jahre. Diese Pachtdauer werde als ausreichend langfristig angesehen. Ein weiteres, hofnahes landwirtschaftliches Grundstück mit einer Größe von 1,34 ha stehe als Pachtgrundstück dem landwirtschaftlichen Betrieb ab April 2018 langfristig zur Verfügung. Einen entsprechenden Nachweis habe der Bauherr vorgelegt. Die Futterlagerhalle sei betrieblich zur Einlagerung von Heu und Stroh notwendig, da sich der Heu- und Strohbedarf durch die Anzahl der künftig gehaltenen Pensionstiere erhöhe. Mit Erweiterung der bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen seien die vorhandenen Lagergebäude zur Einlagerung von Futtervorräten nicht mehr ausreichend. Der Neubau der Futterlagerhalle sei durch die Vergrößerung der bewirtschafteten Flächen und der Erweiterung der Pensionspferdehaltung notwendig. Da sich auf dem Betrieb künftig dauernd mindestens 34 Pensionspferde befänden, sei die Errichtung einer entsprechenden Longiermöglichkeit für Pferde fachlich begründet und betrieblich nachvollziehbar. Damit der Longierplatz witterungsunabhängig genutzt werden könne, sei der Bau der geplanten Longier- und Führhalle sinnvoll und zweckmäßig. Die Pensionspferdehaltung sei bereits vor mehr als 20 Jahren gegründet worden. An der Hofstelle seien Stallgebäude für Pferde, Lagergebäude für Futter und eine Reithalle errichtet worden. Der landwirtschaftliche Betrieb werde eigenständig mit eigener Mechanisierung bewirtschaftet. Der Betrieb liege in Nachbarschaft zur .... Der Bauherr sei an der Tierklinik beteiligt und arbeite dort als Tierarzt. Ein gewisser Anteil der eingestellten Pensionspferde im landwirtschaftlichen Betrieb seien Pensionspferde, die von Pferdebesitzern während notwendiger, längerer stationärer Behandlungsmaßnahmen bei der Tierklinik im benachbarten landwirtschaftlichen Betrieb mit Pensionspferdehaltung eingestellt würden. Der landwirtschaftliche Betrieb trage wesentlich zum Gesamteinkommen des Bauherrn bei. Der Betrieb werde in seiner Bewirtschaftung und steuerlich eigenständig geführt. Die bewirtschafteten Flächen des Betriebes seien ausreichend, um das Futter für den Tierbestand überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugen zu können. Die Futterbergung erfolge aus betriebswirtschaftlichen Gründen teilweise überbetrieblich. Die Futterbergung überbetrieblich zu organisieren sei sinnvoll und in vielen landwirtschaftlichen Betrieben üblich. Die Größe des geplanten Wirtschaftsgebäudes zur Lagerung von Heu und Stroh sei mit der Anzahl der mitzuversorgenden Tiere betrieblich begründet und nachvollziehbar. Der Bauherr habe während seiner Ausbildung zum Tierarzt vier Semester Landwirtschaft studiert. Zusammen mit seiner langjährigen Erfahrung in der Haltung von Pensionspferden seien die Voraussetzungen zur Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens mit Pensionspferdehaltung gewährleistet. Die Nachhaltigkeit des Betriebes sei familiär geregelt. Von der Einhaltung der erforderlichen Tiefe der Abstandsfläche vor der südlichen Außenwand der Futterlagerhalle habe nach Art. 63 Abs. 1 BayBO eine Abweichung zugelassen werden können, da sie unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei. Es handle sich hier um eine Überdeckung der Abstandsflächen der Futterhalle und des Pferdestalles auf dem Baugrundstück.

Der streitgegenständliche Bescheid wurde dem Antragsteller am 23. April 2018 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 14. Mai 2018, eingegangen bei Gericht am 14. Mai 2018, hat der Antragsteller unter dem Az.: Au 5 K 18.826 Klage erhoben und beantragt, die Baugenehmigung des Landratsamtes ... vom 18. April 2018 aufzuheben. Über die Klage hat das Gericht noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 14. Mai 2018, eingegangen bei Gericht am 14. Mai 2018, hat der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamtes ... vom 18.4.2018 anzuordnen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich im vorliegenden Fall ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers ergebe, hinter welchem das Vollzugsinteresse des Beigeladenen bzw. des Antragsgegners zurückzutreten habe. Bei der gebotenen Interessenabwägung sei insofern maßgebend, dass die angefochtene Baugenehmigung nach der im vorliegenden Verfahren anzustellenden, summarischen Prüfung subjektiv-öffentliche Nachbarrechte des Antragstellers verletze. Aufgrund der Geruchsvorbelastung aus dem Betrieb der angrenzenden Tierklinik würden die für das im Innenbereich gelegene Wohnanwesen des Antragstellers geltenden Immissionswerte nach der GIRL von 0,15 bereits jetzt deutlich überschritten. Mit Errichtung und Betrieb des nunmehr genehmigten Bauvorhabens würden diese nochmals deutlich erhöht. Das Anwesen des Antragstellers werde zudem mit erheblichen Lärmimmissionen während der Nachtzeit, insbesondere aus den dem Bauvorhaben zuzurechnenden Pferde-Entladevorgängen beaufschlagt.

In der Klageschrift vom 14. Mai 2018 ist ausgeführt, dass der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamtes ... rechtswidrig sei und damit eine Rechtsverletzung des Klägers indiziere. Das klägerische Wohnanwesen werde mit deutlich zu großen Häufigkeiten und damit unzumutbaren Geruchsimmissionen beauflagt. Ausweislich der vom Bauherrn vorgelegten Verträglichkeitsuntersuchung des beauftragten Ingenieurbüros ... vom 11. Januar 2018 werde das Wohnhaus des Antragstellers unter Berücksichtigung der Vorbelastung aus den Nutzungen der Tierklinik mit einer Geruchsstundenhäufigkeit zu 25% beaufschlagt. Vom Gutachter sowie vom technischen Immissionsschutz des Antragsgegners werde das Vorhaben mit Blick auf eine Geruchsimmissionshäufigkeit von 25% für das vermeintlich im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gelegene Wohnanwesen des Antragstellers für gerade zulässig erachtet. Dieser Immissionswert sei jedoch auf dieses Wohngrundstück nicht anwendbar, da der Antragsteller aufgrund der zwischenzeitlich erreichten bauplanungsrechtlichen Innenbereichslage seines Grundstückes allenfalls den für Dorfgebiete durch die GIRL bezeichneten Immissionswert zu 0,15 zu dulden habe. Die Innenbereichsbelegenheit des Anwesens ergebe sich insbesondere aus dem zwischenzeitlich eingetretenen Bebauungszusammenhang zwischen den bereits seit längerem vorhandenen Gebäuden der Tierklinik sowie insbesondere dem nunmehr neu hinzukommenden Stallgebäude mit Behandlungsraum auf den südlich zu den Bestandsgebäuden der Tierklinik belegenen Flächen der Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung .... Die ursprünglich als privilegiertes Bauvorhaben auf der Grundlage des § 35 BauGB genehmigten Anlagen der Tierklinik auf den Grundstücken mit den Fl.Nrn., ... und ... sowie das vormals ebenfalls als privilegiertes Betriebsleiterwohnhaus genehmigte Gebäude auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. ... bildeten zwischenzeitlich mit der an die Tierklinikflächen angrenzenden Wohnbebauung, die sich westlich an den ... auf Fl.Nr. ... auf der Grundlage eines entsprechenden Bebauungsplans der Gemeinde ... anschließe, einen Bebauungszusammenhang. Die Tierklinikflächen seien zwischenzeitlich mit dem Bebauungsplan Nr. ... der Gemeinde ... im Jahr 2016 als „SO mit der Zweckbestimmung Tierklinik“ überplant worden. Die mit gemeindlicher Bauleitplanung gewollte, zwischenzeitlich realisierte Fortentwicklung der Wohnbebauung aus der bestehenden Ortslage bis zum ebenfalls mit Bebauungsplan einbezogenen Tierklinikgelände habe einen in sich zusammenhängenden Bebauungskomplex als Ausdruck organischer Siedlungsstruktur mit beachtlichem Gewicht entstehen lassen. Die Grenzen des auf Grundlage dieser Bauleitplanung und der darauf entstandenen Bebauung ergebenden Bebauungszusammenhangs würden im Osten der Ortslage mit den Gebäuden auf den Fl.Nrn.,,, im Süden mit der Südseite des Wohnhauses des Antragstellers und dem auf Fl.Nrn. ... und ... errichteten Großtierstall mit Behandlungsraum und im weiteren mit dem von dort mit der vorhandenen Wohnbebauung „...“ entlang des dort auf Fl.Nr. ... verlaufenden Feldweges gebildet. Insbesondere das neu errichtete Stallgebäude mit Behandlungsraum auf den Fl.Nrn. ... und ... unmittelbar westlich des Anwesens des Klägers sei nicht nur als reines Stallgebäude, sondern als Funktionselement der Tierklinik vorgesehen und genehmigt. Dieses neue Stallgebäude bilde nunmehr den Lückenschluss der aufeinander folgenden Bebauung am südlichen Ortsrand in Fortsetzung der bereits bezeichneten vorhandenen Wohnbebauung. Das Wohnhaus des Antragstellers sei somit zu 0,15, allenfalls zu 0,20 mit Geruchshäufigkeiten zu beaufschlagen, selbst wenn man von dem Vorliegen eines Dorfgebietes und der Ortsrandgelegenheit des Anwesens mit der GIRL ausgehen wolle. Nachdem nach Errichtung des Großtierstalles bereits eine Geruchsimmissionsbelastung des Anwesens des Antragstellers zu 0,21 zugrunde zu legen sei, stelle sich jegliche weitere Zusatzbelastung an Gerüchen als erhebliche Belästigung des Antragstellers und damit als eine unzulässige schädliche Umwelteinwirkung dar. Der Antragsgegner gehe zudem zu Unrecht von einer Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus und bewerte deshalb die Geruchsimmissionen aus dem Vorhaben fehlerhaft anhand der zur GIRL unter Ziffer 3.1 gegebenen „Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL“ als Gerüche aus der Landwirtschaft. Zunächst sei festzustellen, dass die Geruchsvorbelastung aus der Tierklinik zu 0,21 nicht aus landwirtschaftlicher, sondern gewerblicher Nutzung der Tierklinik stamme. Die vormals bei der Erstgenehmigung der Tierklinik unterstellte planungsrechtliche Privilegierung liege nicht vor. Dies sei zwischenzeitlich mit Aufstellung des Bebauungsplans „...“ zu korrigieren versucht worden. Auch das streitgegenständliche Bauvorhaben könne nicht als privilegiert qualifiziert werden. Zwar betreibe der Beigeladene bereits seit längerem eine steuerlich anerkannte Landwirtschaft neben seiner Tätigkeit als Tierarzt und Gesellschafter der Tierklinik. Der Betrieb des neuen Stallgebäudes werde jedoch dazu genutzt, ausschließlich die „Patienten“, d.h. Pferde der Tierklinik einzustellen und zu behandeln. Es handle sich dabei nicht um eine von dem Begriff der Landwirtschaft erfasste Pensionspferdehaltung. Die Erleichterungen bei der Zuordnung von Geruchsimmissionswerten entsprechend der Begründungen und Auslegungshinweise zu Ziffer 3.1 GIRL setzten voraus, dass die Geruchsimmissionen nur dann mit höheren Häufigkeiten hinzunehmen seien, wenn die Geruchsimmissionen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb stammten. Das Anwesen des Antragstellers sei somit nur mit Immissionswerten von maximal 0,15 gemäß Ziffer 3.1 Tabelle 1 der GIRL zu beaufschlagen. Das Anwesen des Antragstellers werde zudem zur Nachtzeit mit richtwertüberschreitenden Lärmimmissionen aus den durch das Bauvorhaben ausgelösten Betriebsvorgängen aus dem Tierklinikgelände beaufschlagt. Überschreitungen des sogenannten Spitzenpegelkriteriums der TA Lärm am Anwesen des Antragstellers aus nächtlichen Pferdeanlieferungen mittels Kraftfahrzeugen und der anschließenden Entladung der Pferde würden lediglich dadurch vermieden, dass diese Entladung während der Nachtzeit nur innerhalb des Gebäudes 1 bei geschlossenen Toren erfolge. Im Ergebnis sei im Genehmigungsverfahren zum „Großtierstall mit Behandlungsraum“ wie auch im nunmehr gegenständlichen Genehmigungsverfahren zum Bescheid vom 18. April 2018 von der beschriebenen Entladetechnik während der Nachtzeit ausgegangen worden, um die Überschreitung des Spitzenpegels nach TA Lärm an den relevanten Immissionsorten wie insbesondere am Anwesen des Antragstellers zu vermeiden. Diese Entladung sei jedoch ausweislich der zwischen den beiden Toren im Gebäude 1 der Tierklinik vorhandenen Abstände nicht möglich. Der Abstand betrage ca. 12 Meter. Hier sei es nicht vorstellbar, wie ein Kraftfahrzeug mit Pferdeanhänger, abgesenkter Rampe und nach hinten aus dem Anhänger über die Rampe aussteigenden Pferden Platz finden solle. Dieses Betriebsszenario könne nicht realistisch umgesetzt werden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Entladung nächtlich angelieferter Pferde entweder bei geöffnetem Tor 2 oder gänzlich im Hofbereich der Tierklinik auf Fl.Nr. ... erfolgen werde und sich daraus entsprechende Überschreitungen des Spitzenwertkriteriums, d.h. eine Überschreitung des am Anwesen des Antragstellers geltenden Richtwertes zur Nachtzeit von 45 dB(A) um mehr als 20 dB eintreten werde. Zudem sei das Vorhaben hinsichtlich Wasser und Strom nicht erschlossen. Zu Lasten der an den Beigeladenen derzeit verpachteten und im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... bestehe zwar ein dienstbarkeitsrechtlich gesichertes Kanalleitungsrecht zugunsten des Baugrundstückes Fl.Nr. .... Eine solche dingliche Sicherung sei jedoch für die Wasser- und Stromversorgung nicht vorhanden. Der Antragsteller verwehre sich gegen ein über ein Notleitungsrecht zu argumentierendes Leitungsrecht für die Wasser- und Stromversorgung über seine Grundstücke.

Mit Schreiben vom 28. Mai 2018 hat der Antragsgegner beantragt,

den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als privilegiertes Vorhaben einzustufen sei. Die immissionsschutzrechtlichen Vorgaben und Abstände würden mit dem Bauvorhaben insbesondere zu dem ebenfalls im Außenbereich nach § 35 BauGB liegenden benachbarten Wohngebäude auf der Fl.Nr. ... eingehalten. Von Seiten des technischen Umweltschutzes seien die vorgelegten Nachweise (Verträglichkeitsuntersuchung zur Beurteilung der Auswirkungen eines weiteren geplanten Pferdestalles – Ermittlung der Geruchsbelastung vom 11. Januar 2018 und Verträglichkeitsuntersuchung zur Beurteilung der Auswirkungen eines weiteren geplanten Pferdestalles – Ermittlung der Lärmbelästigung vom 19. Januar 2018), welche Bestandteile der genehmigten Bauvorlagen seien, als in Ordnung beurteilt worden. Öffentlichrechtlich geschützte Nachbarrechte würden mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben nicht verletzt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 15. Mai 2018 wurde der Bauherr zum Verfahren notwendig beigeladen.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2018 hat der Beigeladene beantragt,

den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 14.5.2018 abzulehnen.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen seit vielen Jahren bestehe und alle für eine bauplanungsrechtliche Privilegierung erforderlichen Voraussetzungen erfülle. Insoweit sei auf die Stellungnahmen des AELF ... vom 30. November 2017 und 18. April 2018 zu verweisen. Auf den Fl.Nrn. ... und ... befänden sich Bauwerke, welche ausschließlich durch den landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen genutzt würden. Dorf befänden sich keine Behandlungsräume. Die Behandlungsräume, OP-Räume usw. befänden sich auf der Fl.Nr. .... Der Beigeladene betreibe für kranke Pferde einen landwirtschaftlichen Pensionsbetrieb. Die ursprünglich für den landwirtschaftlichen Betrieb genehmigte und mittlerweile vom Antragsteller gepachtete Reithalle werde für die Bewegung der Pensionspferde betrieben. In dem neu gebauten Stall auf Fl.Nr. ... seien keine kranken Pferde eingestallt. Das Bauvorhaben des Beigeladenen befinde sich ebenso wie das Wohngebäude des Antragstellers im planungsrechtlichen Außenbereich. Das Bauvorhaben grenze jedenfalls im Osten und im Süden an die freie Landschaft an und stelle ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude ohne jegliche Aufenthaltsfunktion dar. Auch im Norden grenze das Bauvorhaben an keine Bebauung. Es liege nur im Westen an Bebauung, an das ehemalige Betriebsleiterwohnhaus des Antragstellers an. Dieses Wohnhaus des Antragstellers sei als Außenbereichsbauvorhaben für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen genehmigt worden. Auch die jüngst erwirkte Änderungsgenehmigung für dieses Wohnhaus gehe von einer Außenbereichslage aus. Dieses Gebäude grenze nur im Westen unmittelbar an Bebauung in Gestalt eines Pferdestalles an. Im Süden grenze das Grundstück des Antragstellers an einen Feldweg an, jenseits desselben sei außenbereichstypische Feldbewirtschaftung vorzufinden. Im Osten, wo der streitgegenständliche Stall errichtet werden solle, liege das Grundstück ebenso an Außenbereichsflächen an. Im Norden grenze das Wohnhaus nicht unmittelbar an den Umgriff des benachbarten Tierklinikgeländes an. Es sei von dem Tierklinikgelände durch eine vier bis fünf Meter hohe, weder fußläufig noch motorisiert überwindbare Böschung abgesetzt. Das Wohnhaus sei auch nicht über die westlich befindlichen Tierklinikbereiche erschlossen. Im vorliegenden Nachbarrechtsstreit könne es dahinstehen, ob der Antragsgegner – wofür vorliegend klare und überwiegende Gründe sprechen würden – zu Recht eine Privilegierung des Bauvorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB angenommen habe. Die im Rahmen der Privilegierung landwirtschaftlicher Vorhaben prüfungsgegenständlichen öffentlichen Belange seien nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt. Maßgeblich sei insoweit allein, ob das Vorhaben des Beigeladenen hinsichtlich der ihm zuzurechnenden Auswirkungen auf schutzwürdige Interessen des Antragstellers die gebotene Rücksicht nehme. Nachbarschützend sei bei Außenbereichsvorhaben lediglich die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Sowohl das Bauvorhaben des Beigeladenen als auch das Wohngebäude des Antragstellers befänden sich im Außenbereich. Sowohl die im Westen als auch die im Norden nahe dem ehemaligen Betriebsleiterwohnhaus befindlichen Baulichkeiten besäßen keine zu berücksichtigende Daueraufenthaltsfunktion. Derartige Baulichkeiten könnten nach ständiger Rechtsprechung keinen Bebauungszusammenhang vermitteln. Es handle sich hierbei um Wirtschaftsgebäude zum Zwecke der Tierhaltung. Dabei seien die nördlich angrenzenden Bereiche überdies deutlich tieferliegend als das Wohngebäude und auch von der einen zur anderen Ebene nicht verbunden, also erschließungstechnisch nicht erreichbar. Östlich und südlich grenze das Wohngebäude des Antragstellers ausschließlich an Außenbereichsflächen an. Das Anwesen des Antragstellers werde keinen rücksichtslosen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche gebe es keine allgemeingültige Regelung ähnlich der TA-Luft. Im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung könne das Gericht jedoch auf Regelwerke als Orientierungshilfe zurückgreifen, die in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt worden seien. Bereits bei im Dorfgebiet liegenden Wohngebäuden, die sich am Rand zum Außenbereich befänden, sei dabei nach den Regelungen der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) die Schutzwürdigkeit herabgesetzt und ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zu bilden, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen könne. Im Außenbereich könne dies bis zu 0,25 reichen. Denn der Außenbereich diene dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, sodass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssten und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert sei. Dieser Zumutbarkeit landwirtschaftlicher Geruchsemmissionen seien gerade auch ehemalige Betriebsleiterwohngebäude des landwirtschaftlichen Betriebs wie vorliegend dasjenige des Antragstellers dauerhaft im besonderen Maße unterworfen. Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stelle dabei keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gingen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssten. Der ermittelte Wert für die belästigungsrelevante Kenngröße für Geruch an dem Wohnhaus des Antragstellers sei mit 0,25 ermittelt worden. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gingen insoweit keine erheblichen Belästigungen aus. Maßgebend sei im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der Bedingungen des Einzelfalls, wie der landwirtschaftlichen Prägung, der bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle und der besonderen Ortsgebundenheit des Bauvorhabens des Beigeladenen sei ein Immissionswert von 0,25 möglich. Die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort lägen, weise ausschließlich eine Prägung durch Tierhaltungsbzw. landwirtschaftliche Nutzungen auf engem Raum auf, was dazu führe, dass ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierhaltung auch in höherem Umfang hinzunehmen habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem ehemaligen Betriebsleitergebäude des Antragstellers aufgrund der historischen Entwicklung siedlungsstrukturell um ein der Betriebsleitung im Außenbereich zu dienen bestimmtes und hierfür genehmigtes Einzelwohngebäude gehandelt habe, dem allein schon deswegen ein deutlich geringeres Gewicht zuzuweisen sei als etwa einer Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in der Form von sogenannten Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen. Die Entstehungsgeschichte des Gebäudes führe zu einem geringeren Schutzanspruch. Derartige Gebäude würden regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch nehmen, sodass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableite. Die ehemalige Zugehörigkeit zur Hofstelle wirke insoweit nach. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbestehe, wie es vorliegend der Fall sei, sei ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen. Zudem sei das Vorhaben des Beigeladenen Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 201 BauGB. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es mit der Hofstelle und den zu ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden sei. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermögliche, setze eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude müsse sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehöre auch eine räumliche Nähe zwischen den landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbstproduzierten Futter maßgeblich erleichtere. Die Behauptung des Antragstellers, dass durch die Pferdeentladevorgänge die geltenden Immissionsrichtwerte nach TA Lärm überschritten würden bzw. dass die Vorgänge nicht wie beabsichtigt umsetzbar seien, blieben vage und völlig unsubstantiiert. Insoweit könne ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen der Verträglichkeitsuntersuchung zum Lärmschutz verwiesen werden. Entgegen der Andeutungen des Antragstellers stehe auch kein Notleitungsrecht im Raum. Das Baugrundstück des Beigeladenen grenze sowohl im Norden (Fl.Nr. ...) als auch im Süden (Fl.Nr. ...) an im Eigentum der Gemeinde ... stehende Flächen an und sei über diese im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB ausreichend erschlossen.

Das Gericht hat am 8. Juni 2018 einen nicht öffentlichen Augenscheinstermin durchgeführt. Auf die Niederschrift und die hierbei gefertigten Lichtbilder wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten, die Gerichtsakte und die beigezogene Akte in dem Verfahren Au 5 K 18.826 Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. April 2018 anzuordnen, ist zwar zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

1. Der Antrag ist zulässig.

Der Antrag ist statthaft. Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens hat gemäß § 212 a Baugesetzbuch (BauGB) keine aufschiebende Wirkung.

Der Antragsteller ist auch antragsbefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Der Antragsteller kann sich als Nachbar im baurechtlichen Sinn auf die Möglichkeit der Verletzung in drittschützenden Normen stützen. Der Nachbarbegriff hat eine rechtliche und eine räumliche Komponente. Nachbarn sind zum einen die Grundstückseigentümer, sowie die Inhaber eigentumsähnlicher Rechtspositionen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 42 Rn. 97). Räumlich sind die unmittelbar angrenzenden Nachbarn solche im baurechtlichen Sinn, sowie Betroffene im weiteren Umkreis, die von der jeweiligen nachbarschützenden Norm in den Kreis der Berechtigten gezogen werden (Kopp/Schenke a.a.O. § 42 Rn. 97). Als Eigentümer des direkt angrenzenden Grundstücks ist der Antragsteller Nachbar im baurechtlichen Sinn.

2. Der Antrag ist in der Sache nicht begründet.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung über den Antrag nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn an der aufschiebenden Wirkung der Klage und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung trotz eingelegten Rechtsmittels sofort Gebrauch machen zu können, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Das gilt ungeachtet des durch die in § 212 a BauGB gesetzlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit veränderten Ansatzes der gerichtlichen Prüfung (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2001 – 15 ZS 01.2570 – BayVBl 2003, 48). Aus diesem Grund ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose danach zu Gunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.1991 – 1 CS 91.439 – BayVBl 1991, 720). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen als voraussichtlich aussichtslos, ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 80 Rn. 152 ff.).

Der Antragsteller ist durch die gegenständliche Baugenehmigung voraussichtlich nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung hat der anfechtende Nachbar nur, wenn das Bauvorhaben den im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO i.V.m. Art. 55 ff. BayBO) und die verletzte Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, ihr also drittschützende Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14/87– BVerwGE 82, 343). Die Baugenehmigung muss dabei gegen eine im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Vorschrift verstoßen. Auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte können durch eine Baugenehmigung nur dann verletzt werden, wenn diese bauordnungsrechtlichen Vorschriften im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Weiterhin muss der Nachbar durch den Verstoß gegen diese Norm in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen sein. Eine objektive Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung reicht dabei nicht aus, denn der Nachbar muss in eigenen subjektiven Rechten verletzt sein.

Da es sich um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt, prüft die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 BayBO im vereinfachten Verfahren die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 ff. Baugesetzbuch (BauGB) und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO), beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO).

a) Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften gemäß §§ 29 ff. BauGB liegt nicht vor.

Es handelt sich um die Errichtung einer baulichen Anlage im Sinne des § 29 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB). Die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens erfolgt anhand von § 35 BauGB, da sich das gegenständliche Grundstück im Außenbereich befindet.

Im Außenbereich ist die Geltendmachung eines Gebietserhaltungsanspruch wie in durch Bebauungsplänen festgesetzten Baugebieten oder faktischen Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB nicht möglich (VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 3 S 20/11 – DVBl 2012, 511).

Der Nachbar hat des Weiteren keinen allgemeinen Abwehranspruch gegen eine objektiv rechtswidrige Zulassung eines Bauvorhabens im Außenbereich (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Februar 2018, § 35 Rn. 185). Die objektiv-rechtlichen Vorgaben zur planungsrechtlichen Zulässigkeit im Außenbereich dienen nach ihrem Normzweck der Bewahrung des Außenbereichs für die Allgemeinheit und gerade nicht dem individuellen Schutz der Nachbarn. Gegen Vorhaben im Außenbereich kann daher Nachbarschutz nur über das Gebot der Rücksichtnahme gewährt werden (Reidt in Battis/Krautzberger/ Löhr, Baugesetzbuch, 13. Aufl. 2016, Vorb. §§ 29 – 38 Rn. 72).

b) Das genehmigte Bauvorhaben verstößt auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme.

Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt im Einzelfall nachbarschützende Wirkung insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Insoweit müssen die Umstände des Einzelfalles eindeutig ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen und inwieweit eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist (BVerwG, U.v. 5.8.1983 – 4 C 96/79 – BVerwGE 67, 334).

Bei einem Bauvorhaben, dessen Zulässigkeit nach § 35 BauGB zu beurteilen ist, ist das Gebot der Rücksichtnahme in der Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB i.V.m. § 3 BImSchG enthalten (st.Rspr. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122).

Das Gebot der Rücksichtnahme kann zu einer Unzulässigkeit des Bauvorhabens im Einzelfall führen, wenn von dem konkreten Vorhaben Beeinträchtigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart der Umgebung unzulässig sind. Dabei müssen die Interessen im Einzelfall abgewogen werden. Der Umfang der dem Nachbarn des Bauvorhabens aufgrund der Eigenart der näheren Umgebung zuzumutenden Beeinträchtigungen und Störungen bestimmt sich unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Umgebung und ihrer bebauungsrechtlichen Prägung sowie den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen (vgl. BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19/90 – DVBl 1993, 652).

Für die Beurteilung der für den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkung maßgeblichen Erheblichkeitsschwelle von Nachteilen und Belästigungen kommt es auf Art, Ausmaß und Dauer der Immissionen an, wobei ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Weiterhin sind die Art des Gebiets und zum Teil auch eventuelle Vorbelastungen zu berücksichtigen. Die Erheblichkeit von Nachteilen und Belästigungen setzt hierbei voraus, dass das übliche und zumutbare Maß überschritten wird (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 35 Rn. 88).

Vom streitgegenständlichen Bauvorhaben gehen keine für die unmittelbare Nachbarschaft unzumutbaren Beeinträchtigungen oder Störungen aus. Das Grundstück des Antragstellers ist durch das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen keinen unzumutbaren Geruchs- oder Lärmbelästigungen ausgesetzt.

aa) In Bezug auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen gibt das Immissionsschutzrecht keinen rechtlich verbindlichen Maßstab vor. Die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft – vom 24. Juli 2002 regelt lediglich die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsemissionen (Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Zur Bestimmung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG, der auch im Baurecht entsprechend herangezogen werden kann, können aber einschlägige technische Regelwerke als Orientierungshilfen herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, B.v. 28.7.2010 – 4 B 29.10 – BauR 2010, 2083 ff.).

Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet dabei die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 Rn. 13). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen. Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. Hessischer VGH, U.v. 1.4.2014 – 9 A 2030/12 – juris Rn. 53). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt auf der „sicheren Seite“ (BayVGH, B.v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 – BauR 2013, 1816 ff.; OVG RhPf, B.v. 7.2.2014 – 1 B 11320/13 – juris Rn. 20).

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist (vgl. OVG LSA, U.v. 24.3.2015 – 2 L 184/10 – juris Rn. 96).

Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nr. 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionsrichtwerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt im Wohn- und Mischgebiet 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden.

In der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (in der Fassung vom 29. Februar 2008) ist zu Nr. 3.1 GIRL festgelegt, dass in speziellen Fällen auch andere Zuordnungen als die oben genannten in Tabelle 1 der GIRL aufgeführten Werte möglich sind:

– Gemäß BauNVO § 5 Abs. 1 dienen Dorfgebiete der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe – einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten – ist vorrangig Rücksicht zu nehmen. Dem wird durch die Festlegung eines Immissionswertes von 0,15 Rechnung getragen. In begründeten Einzelfällen sind Zwischenwerte zwischen Dorfgebieten und Außenbereich möglich, was zu Werten von bis zu 0,20 am Rand des Dorfgebietes führen kann. Analog kann beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung verfahren werden. In Abhängigkeit vom Einzelfall können Zwischenwerte bis maximal 0,15 zur Beurteilung herangezogen werden.

– Im Außenbereich sind (Bau-) Vorhaben entsprechend § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) nur ausnahmsweise zulässig. Ausdrücklich aufgeführt werden landwirtschaftliche Betriebe. Gleichzeitig ist das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlichen geringeren Schutzanspruch verbunden. Vor diesem Hintergrund ist es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.

Anhand dieser Vorgaben der GIRL ist nicht anzunehmen, dass der Antragsteller durch das Bauvorhaben des Beigeladenen von unzumutbaren Geruchsbelästigungen betroffen wird. Das Anwesen des Antragstellers ist nach Auffassung der Kammer ein im Außenbereich gelegenes Wohngebäude. Damit ist ein Richtwert von 0,25 für die Häufigkeit der Geruchsstunden nach der GIRL heranzuziehen. Das ursprünglich als privilegiertes Betriebsleiterwohnhaus genehmigte Wohngebäude wurde nunmehr nach § 35 Abs. 2 BauGB bauaufsichtlich genehmigt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers befindet sich das Grundstück auch tatsächlich (weiterhin) im Außenbereich.

Für den streitgegenständlichen Bereich ist nach Auffassung der Kammer nicht von einer Innenbereichslage nach § 34 BauGB auszugehen. Ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungsteil im Gebiet einer Gemeinde, der den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit erweckt, nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31/66 – BVerwGE 31, 22). Ausschlaggebend ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche noch diesem Zusammenhang angehört (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2005 – 4 BN 37/05, ZfBR 2006, 54; BVerwG, B.v. 18.6.1997 – 4 B 238.96 – ZfBR 1997, 324). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um noch als zusammenhängende Bebauung zu erscheinen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Urt.v. 15.9.2005 – 4 BN 37/05 – ZfBR 2006, 54). Auf den Verlauf der Grundstücksgrenzen kommt es dabei nicht an (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Februar 2018, § 34 Rn. 25 f.). Grundlage und Ausgangspunkt dieser bewertenden Beurteilung sind dabei die tatsächlichen und örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen, sowie darüber hinaus auch andere topografische Verhältnisse wie z.B. Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) sowie Straßenzüge. Zu berücksichtigen sind dabei nur äußerlich erkennbare Umstände, d.h. mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse (BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 BN 28/15 – ZfBR 2016, 67 Rn. 5 u. 6; BVerwG, U.v. 12.12.1990 – 4 C 40/87 – NVwZ 1991, 879).

Ein Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB reicht nur so weit, wie die vorhandene Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Der im Zusammenhang bebaute Ortsteil endet grundsätzlich mit dem letzten Baukörper, die sich hieran anschließenden Freiflächen gehören bereits zum Außenbereich (vgl. BVerwG, U.v. 17.1.2005 – 4 B 3/05 – juris). Dadurch können sich im Einzelfall bei der Beurteilung des Grenzverlaufs zwischen Innen- und Außenbereich auch Vor- und Rücksprünge ergeben (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg a.a.O., § 34 Rn. 25; OVG Saarl, B.v. 11. 1. 2007 – 2 Q 35/06). Es muss sich folglich um ein unbebautes Grundstück handeln, das den Bebauungszusammenhang jedoch nicht unterbricht. Die Merkmale Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit sollen dabei eine gewisse bestehende räumliche Verklammerung kennzeichnen. Das unbebaute Grundstück muss gedanklich übersprungen werden können. Dies ist der Fall, wenn das unbebaute Grundstück nach der Verkehrsauffassung als eine sich zur Bebauung anbietende „Lücke“ erscheint (BVerwG, U.v. 19.9.1986 – 4 C 15/84 – juris). Die unbebaute Fläche ist nur dann als Baulücke Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzend zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche am vorgesehenen Standort als zwanglose Fortsetzung der bereits vorhandenen Bebauung erscheint. Diese Voraussetzung muss auch bei einer auf mehreren oder allen Seiten von zusammenhängender Bebauung umgebenden unbebauten Fläche erfüllt sein. Soweit eine Prägung durch die benachbarte Bebauung fehlt, handelt es sich bauplanungsrechtlich um Außenbereich. Ein Grundstück oder ein Grundstücksteil sind daher regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn sie mindestens an drei Seiten von Bebauung umgeben sind (BayVGH U.v. 16.2.2009 – 1 B 08.340 – juris Rn. 15).

Diese Voraussetzungen liegen für das Grundstück des Antragstellers nicht vor. Das Grundstück liegt im Außenbereich und stellt gerade keine Baulücke innerhalb einer zusammenhängenden Bebauung dar. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer aufgrund der Pläne und Luftbilder, aber im Wesentlichen auch aufgrund des durchgeführten Augenscheins. Das Grundstück Fl.Nr. ... grenzt zwar an das Bebauungsplangebiet „SO mit der Zweckbestimmung Tierklinik“ an. Es ist jedoch nicht von drei Seiten von Bebauung umgeben. Bereits anhand der Pläne und Luftbilder wird deutlich, dass es gerade keine „Baulücke“, die sich nach der Verkehrsauffassung zur Bebauung anbietet, darstellt. Diese Einschätzung wurde durch die im Augenscheinstermin gewonnen Erkenntnisse bestätigt. Vegetation und Topografie sprechen deutlich gegen einen Bebauungszusammenhang mit der westlich gelegenen Wohnbebauung. Sowohl in östlicher als auch in südlicher Richtung grenzen zudem Außenbereichsflächen an das Grundstück des Antragstellers an. Die östlich gelegenen Baugrundstücke Fl.Nrn. ... und ... befinden sich nach übereinstimmender Ansicht aller Beteiligten im Außenbereich. Die südlich gelegenen Grundstücke mit den Fl.Nrn.,,, ... und ... sind unbebaute Flächen. Eine organische Siedlungsstruktur ist in dem streitgegenständlichen Bereich, der sich zwischen dem, dem Feldweg auf Fl.Nr. ... und dem Weg auf Fl.Nr. ... befindet, nicht zu erkennen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Bebauung im Sondergebiet „Tierklinik“ keinen solchen baulichen Bezug zu der südlich der Fl.Nr. ... gelegenen Wohnbebauung aufweist. Die Tierklinik liegt in einem von der Wohnbebauung abgegrenzten Bereich, der Feldweg auf Fl.Nr. ... und der Zufahrtsweg auf dem westlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. ... bewirken hierbei eine bauliche Zäsur. Das Anwesen des Antragstellers ist weder Teil dieser Wohnbebauung noch liegt es im Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. ... „...“. Es befindet sich damit im Außenbereich, der an dieses Plangebiet angrenzt. Selbst bei Annahme einer Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. ... ist keine andere rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen. Auch bei einer abweichenden rechtlichen Beurteilung der Gebäude der Tierklinik ist davon auszugehen, dass in einem solchen Fall unter Annahme eines Bebauungszusammenhanges der Bebauung östlich des Feldweges auf Fl.Nr. ... mit der westlichen Wohnbebauung dieser Bebauungszusammenhang vor dem Grundstück des Antragstellers endet, da sich dieses am Rande einer etwaigen Bebauung befindet und an zwei Seiten direkt an die Außenbereichsflächen angrenzt. Folgerichtig wurde das Wohngebäude im (Änderungs-)Genehmigungsverfahren für eine nichtprivilegierte Wohnnutzung als Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB bewertet.

Damit ist vorliegend für die Frage der Zumutbarkeit ein Richtwert von 0,25 heranzuziehen, den das genehmigte Bauvorhaben gemäß den fachlichen Aussagen des Ingenieurbüros ... in der „Verträglichkeitsuntersuchung zur Beurteilung der Auswirkungen eines weiteren geplanten Pferdestalles – Ermittlung der Geruchsbelastung“ vom 11. Januar 2018, die mit dem Genehmigungsvermerk versehen wurde, einhält. Die Berechnungen des Gutachters im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose hat der Antragsteller nicht substantiiert angegriffen. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der zugrunde gelegten Werte oder der Berechnungen des Gutachters liegen nach Auffassung der Kammer auch nicht vor.

Zudem ist entgegen der Ansicht des Antragstellers davon auszugehen, dass es sich bei den zu erwartenden Gerüchen tatsächlich um „landwirtschaftliche Gerüche“ im Sinne der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL zu Nr. 3.1 GIRL handelt. Anhand der fachlichen Stellungnahmen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) vom 20. November 2017, 6. Februar 2018 und 27. März 2018 kommt die Kammer zu der rechtlichen Einschätzung, dass das genehmigte Bauvorhaben einer Pensionspferdehaltung mit eigener Futtergrundlage dient. Der Betrieb verfügt über 15,19 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, die zum Teil im Eigentum des Bauherrn steht und zum anderen Teil über langfristige Pachtverhältnisse dauerhaft zur Verfügung steht. Eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 201 BauGB ist daher gegeben. Allein die Tatsache, dass es sich bei den Pensionspferden zum Teil um Pferde handelt, die auch in der Klinik behandelt werden, ändert am Vorliegen der Voraussetzungen des § 201 BauGB nichts. Maßgeblich ist insoweit die Versorgung der Tiere auf überwiegend eigener Futtergrundlage und die Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit des Betriebs. An diesen Voraussetzungen bestehen keine Zweifel. Insbesondere besteht der Pensionspferdebetrieb des Beigeladenen bereits seit 20 Jahren.

Da sich das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück des Antragstellers im Außenbereich befindet, ist der Schutzanspruch des Antragstellers gemindert. Wohngrundstücke im bzw. am Rand des Außenbereichs müssen jedenfalls mit den im Außenbereich typischerweise vorkommenden Auswirkungen landwirtschaftlicher Tätigkeit ebenso rechnen wie mit einer Neuansiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Der Antragsteller muss daher allein aufgrund der Lage seines Grundstücks im bzw. am Rand zum Außenbereich stets damit rechnen, dass im Außenbereich privilegiert zulässige, landwirtschaftliche Betriebe an das Gebiet heranrücken, was die Toleranzgrenze gegenüber Geruch und Lärm beim Antragsteller erhöht. Die von landwirtschaftlichen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen (Tiergeräusche, Maschinenlärm, Geruchsentwicklung) sind gebietstypisch und daher in der Regel nicht als unzulässige Störung der in der Nachbarschaft vorhandenen oder geplanten Wohnnutzung anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 Rn. 23)

bb) Auch das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen durch vom genehmigten Betrieb des Beigeladenen ausgehende Lärmemissionen vermag das Gericht nicht zu erkennen.

Die Kammer ist bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage der Auffassung, dass bei Beachtung der Betriebsabläufe, wie sie im Genehmigungsverfahren vorgelegt und in dem von der Baugenehmigung umfassten Gutachten zugrunde gelegt wurden, das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen am Wohngebäude des Antragstellers ausgeschlossen werden kann. Die für ein im Außenbereich gelegenes Wohngebäude einschlägigen Richtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts sowie die Spitzenpegel können am Anwesen des Antragstellers eingehalten werden. Für Wohngebäude im Außenbereich können hierbei nach ständiger Rechtsprechung die Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gemäß Nr. 6.1 der TA Lärm herangezogen werden (vgl. OVG NRW, B.v. 11.10.2005 – 8 B 110/05 – juris; BVerwG, B.v. 14.9.2017 – 4 B 26/17 – ZfBR 2018, 73). Zwar ist bei landwirtschaftlichen Betrieben die auf Gewerbelärm zugeschnittene TA Lärm nicht zwingend anzuwenden. Das schließt es aber nicht aus, die TA Lärm im Einzelfall auch auf von landwirtschaftlichen Betrieben herrührenden Lärm entsprechend anzuwenden, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 Rn. 24).

Die Berechnungen des Gutachters und die im Rahmen der Lärmimmissionsprognose zugrunde gelegten Richtwerte hat der Antragsteller nicht substantiiert angegriffen. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens bei der Beurteilung der Lärmimmissionen liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor.

Das Gericht ist aufgrund der im Rahmen des richterlichen Augenscheins gewonnen Erkenntnisse zudem der Auffassung, dass die im Lärmgutachten „Verträglichkeitsuntersuchung zur Beurteilung der Auswirkungen eines weiteren geplanten Pferdestalles – Ermittlung der Lärmbelästigung“ vom 19. Januar 2018 zugrunde gelegten Betriebsabläufe insbesondere zur im Rahmen der Lärmrichtwerte problematischen Nachtzeit realistisch sind und eingehalten werden können. Die Anlieferung der Pferde zur Nachtzeit (in Notfällen) kann im Gebäude 1 erfolgen. Die Schließung beider Tore ist bei einem Abkuppeln des jeweiligen Pferdeanhängers auch bei einem – wie beim Ortstermin in Augenschein genommenen – großen Anhänger problemlos möglich. Der Abstand zwischen den Toren beträgt 10,45 m. Der im Augenscheinstermin vermessene Anhänger weist eine Länge von 5,70 m auf. Damit ist ein Entladen des Pferdes bei geschlossenen Toren zur Nachtzeit möglich. Da eine Entladung zur Nachtzeit nur im Rahmen von Notfällen und nicht im täglichen Betrieb erfolgt, ist davon auszugehen, dass die Einhaltung der im Gutachten festgelegten Entladung der Pferde bei geschlossenen Toren auch im Einzelfall gewährleistet werden kann, auch wenn es sich hierbei um einen aufwändigeren Betriebsablauf als bei einer Entladung zur Tagzeit handelt.

Die genehmigte Betriebsweise ist auch nicht betriebsfremd oder derart betriebseinschränkend gefasst, dass eine Einhaltung der maßgeblichen Richtwerte von vornherein ausgeschlossen wäre. Von daher kann auch nicht davon gesprochen werden, dass es sich um eine „maßgeschneiderte“ Baugenehmigung handelt, die ohne Überschreitung von den Antragsteller schützenden Immissionsgrenzwerten vom Beigeladenen nicht umgesetzt werden kann (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 14.8.2008 – 14 B 06.1181 – juris Rn. 35).

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Wohnnutzung des Antragstellers bei der in Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen unzumutbaren Geruchsbzw. Lärmimmissionen aus den mit Bescheid vom 18. April 2018 genehmigten baulichen Anlagen ausgesetzt ist. Jedenfalls gilt dies für einen genehmigungskonformen Betrieb der Anlagen entsprechend des genehmigten Umfangs. Sollte es tatsächlich beim Betrieb des Beigeladenen aufgrund veränderter Betriebsabläufe zu Richtwertüberschreitungen kommen, wäre diesen im Wege des baurechtlichen Vollzuges zu begegnen. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Frage der Bauaufsicht und nicht der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung.

c) Die vom Antragsteller vorgetragenen Bedenken im Hinblick auf die Erschließung des Anwesens teilt die Kammer nicht. Das Bauvorhaben ist über den Feldweg auf Fl.Nr. ... wegemäßig erschlossen. Eine zwingende Entstehung eines Notleitungsrechts hinsichtlich der Wasser- und Stromversorgung auf dem Grundstück des Antragstellers mit einer damit einhergehenden Beeinträchtigung des Eigentumsrechts des Antragstellers (vgl. hierzu Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2017, Art. 66 Rn. 255) ist vorliegend nicht zu befürchten, da das Bauvorhaben auch auf anderen Wegen leitungstechnisch erschlossen werden kann. Insbesondere ist eine Leitungsverlegung auf dem Fahrweg Fl.Nr. ... möglich. Damit ist die (automatische) Entstehung eines Notleitungsrechtes auf dem Grundstück des Antragstellers mit Erteilung der Baugenehmigung ausgeschlossen.

3. Nach alledem verletzt die mit der Klage angefochtene Baugenehmigung vom 18. April 2018 den Antragsteller voraussichtlich nicht in nachbarschützenden Rechten. Die Klage erweist sich voraussichtlich als erfolglos. Damit überwiegt auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände das Interesse des Bauherrn an der sofortigen Vollziehbarkeit der ihm erteilten Baugenehmigung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Der Antrag ist demzufolge abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich somit dem prozessualen Risiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass seine außergerichtlichen Kosten dem Antragsteller auferlegt werden (§ 162 Abs. 3 VwGO).

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013, mit welcher diesem die Errichtung einer Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 der Gemarkung P. genehmigt wurde.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich und nördlich vom Baugrundstück gelegenen Grundstücks FlNr. 99 der Gemarkung P. Auf dem östlichen Teil des Grundstücks befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Klägers mit Wohnhaus, kleinem Wirtschaftsgebäude sowie einem großen, in mehrere Nutzungseinheiten aufgeteiltem Stall- und Betriebsgebäude samt geschlossener Güllegrube. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung (Milchvieh und Kälberaufzucht). Der westliche Teil des klägerischen Grundstücks ist unbebaut und landwirtschaftlich genutzt. Östlich und nördlich der klägerischen Hofstelle befindet sich Wohnbebauung. Das klägerische Grundstück wird auf seiner Westseite durch den Lohfeldweg erschlossen, der sich auf Höhe der Hofeinfahrt nach Norden hin verengt und als nicht asphaltierter Feldweg entlang des Baugrundstücks weiterführt. Entlang der Ostseite des Lohfeldwegs befindet sich ebenfalls Wohnbebauung. Die Westseite des Lohfeldwegs ist mit vier Wohnhäusern bebaut. Das genehmigte Doppelhaus erweitert die Wohnbebauung auf der Westseite nach Norden hin um zwei weitere Wohnhäuser. Das Stallgebäude liegt ca. 15 m an der engsten Stelle von dem Doppelhaus entfernt.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 erteilte der Beklagte einen Vorbescheid zur Errichtung zweier Doppelhaushälften mit Garagen und Carports auf dem damaligen Grundstück FlNr. 159/4 (nach Teilung nun FlNr. 159/7 und 159/4). Der Vorbescheid enthielt u. a. folgende Nebenbestimmungen:

„1. Der Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Carports ist unter der Voraussetzung planungsrechtlich zulässig, dass wegen des auf Flurnr. 99 der Gemarkung P. befindlichen Stalles wie beantragt (Ihr Telefax vom 11.04.06) der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorgesehen wird, die die Frischluft von der Immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne das Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.

5. Der Grundriss des Doppelhauses ist so zu gestalten, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind.“

Der Vorbescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 26. August 2009 wurde erneut ein nahezu wortgleicher Vorbescheid erteilt, da der frühere Vorbescheid bereits abgelaufen war. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 wurde die Geltungsdauer des Vorbescheids vom 26. August 2009 bis zum 29. August 2014 verlängert. Eine Zustellung dieses Verlängerungsbescheids an den Kläger unterblieb.

Unter dem 22. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1. den Erlass einer Baugenehmigung für eine Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 (nördliche Teilfläche, nach Teilung FlNr. 159/4). Mit Bescheid vom 21. März 2013 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung. Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 ergänzte der Beklagte die Baugenehmigung u. a. um folgende Nebenbestimmung:

„4. Es ist der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorzusehen, die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.“

Beide Bescheide wurden dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013 erhob der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids. Das Verwaltungsgericht hob daraufhin die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids mit Urteil vom 23. Juli 2014 auf. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Bauvorhaben befinde sich im Außenbereich und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Von der zulässigerweise betriebenen Landwirtschaft des Klägers gingen Geruchsimmissionen aus, welche den Grad der Zumutbarkeit überschreiten würden. Der östliche Bereich des Doppelhauses liege mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstüre in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen zu vermuten seien. Der restliche Teil des Doppelhauses befinde sich in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen erst anhand einer Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden könnten. Die mit dem Änderungsbescheid verfügte architektonische Selbsthilfe sei nicht geeignet, die Rücksichtslosigkeit des Wohnbauvorhabens gegenüber dem Kläger auszuschließen. Diese hätten ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren, wonach nach Auffassung des Erstgerichts gerade im ländlichen Raum das Öffnen von Fenstern zählen würde, egal ob es sich um schutzwürdige Räume oder wie vorliegend um Bäder, WCs oder Wirtschaftsräume handle. Auch die Eingangstür liege noch im Bereich unzumutbarer Geruchsbeeinträchtigungen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2016 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zugelassen.

Der Beklagte macht geltend, dass die Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Haushälfte 15,7 m betrage. Der Beigeladene zu 1. habe im Wege der architektonischen Selbsthilfe eine Be- und Entlüftungsanlage eingebaut und die schutzwürdigen Wohnräume (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) auf der dem Stallgebäude abgewandten Westseite seiner Doppelhaushälfte angeordnet. Diese Maßnahmen führten dazu, dass das Bauvorhaben gerade keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sei und damit das Rücksichtnahmegebot gegenüber dem Kläger nicht verletzt werde. Es gebe im Bereich der Rinderhaltung keine gesetzlichen Regelungen zu Geruchsbelastungen. Vielmehr werde von der Rechtsprechung eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls verlangt. Vorhandene technische Regelwerte dienten nur als Orientierungshilfe. Vorliegend war zudem der Beklagte durch den zuletzt verlängerten Vorbescheid gebunden. Zum Zeitpunkt der Verlängerung mit Bescheid vom 23. Juli 2012 konnte noch nicht auf die VDI 3894 Blatt 2 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Methode zur Abstandsbestimmung“ mit Stand November 2012 abgestellt werden. Das Landratsamt habe sich richtigerweise auf die Abstandsregelung für Rinderhaltung des Bayer. Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 in der Fassung vom März 2009 gestützt. Danach liegt die Ostseite des Gebäudes mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstür in dem Bereich, wo schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Daher habe der beigeladene Bauherr eine Be- und Entlüftungsanlage geplant sowie die schutzwürdigen Räume nach Westen hin angeordnet. Die Ansauganlage für die Be- und Entlüftungsanlage befinde sich ca. 33 m vom nächstgelegenen Stallfenster entfernt. Bei dieser Entfernung sei eine Einzelfallprüfung erforderlich. Nach dem vorgelegten Gutachten sei hier mit einer Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 14 bis 15% der Jahresstunden zu rechnen. Zudem treffe den Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Lage benachbart zu einer bestehenden Landwirtschaft eine höhere Duldungspflicht. Das Baugrundstück liege in einer dörflichen Umgebung und sei bereits durch den klägerischen Betrieb vorbelastet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wohnkomfort betreffe die TA Lärm und sei nicht unmittelbar auf Geruchsbelästigungen anwendbar. Im Ergebnis könne im Rahmen der Einzelfallbetrachtung nicht von unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgegangen werden.

Der Beigeladene zu 1. führt aus, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Geruchsbelastung der östlich gelegenen Wohnbebauung sei deutlich höher als am Baugrundstück. Am Baugrundstück sei bei einer Einzelfallbeurteilung davon auszugehen, dass die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur architektonischen Selbsthilfe bei Lärm sei in Ermangelung eines der TA Lärm vergleichbaren technischen Regelwerks nicht unmittelbar anwendbar. Konkrete Erweiterungsabsichten des klägerischen Betriebs lägen nicht vor. Nur theoretische Erweiterungsmöglichkeiten seien jedoch nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht sei zudem von einem falschen Schutzniveau ausgegangen, da sich das Bauvorhaben in einem Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich befinde. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei der Immissionskonflikt durch die Anordnung der Räume und die eingebaute Be- und Entlüftungsanlage gerade gelöst worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen zu 1. sei unzumutbaren Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ausgesetzt, was auch der Beklagte bestätige. Das Erstgericht habe die zur Verfügung stehenden Orientierungshilfen richtig angewandt. Architektonische Selbsthilfe sei vorliegend nicht möglich, denn anders als beim Lärm könne Geruch gerade nicht ausgesperrt werden. Geruch komme über jede Öffnung der Fassade in ein Gebäude und verteile sich dort. Der Geruch könne im Gebäude auch nicht verdünnt werden. Auch die Frischluftansaugstelle liege in einem geruchsbelasteten Bereich. Entsprechend sei die angeordnete architektonische Selbsthilfe untauglich. Ein Mindestmaß an Wohnkomfort könne nicht gewährleistet werden. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, ein Wohngebäude zumindest teilweise durch das Öffnen von Fenstern und Türen zu lüften. Eine ausreichende Belüftung im Sinn von Art. 45 Abs. 2 BayBO liege nicht mehr vor, wenn ein gesamtes Haus ausschließlich über eine Belüftungsanlage mit Frischluft versorgt werde. Selbst bei Passivhäusern gehöre das Öffnen von Fenstern bei bestimmten Temperaturen zum Wohnstandard. Auch habe das Erstgericht die Entwicklungsmöglichkeiten des Klägers zutreffend in die Abwägung eingestellt. Der Kläger habe nur noch eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten. Diese nicht zu berücksichtigen, wäre ein Fehler gewesen, auch wenn derzeit keine konkreten Erweiterungspläne vorlägen. Das Doppelhaus, das als ein Gebäude zu betrachten sei, verletze zudem das Abstandsflächenrecht, da es das 16 m-Privileg vor drei Fassaden, im Norden, im Osten und im Süden in Anspruch nehme.

Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Erstgerichts und die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Akten im Parallelverfahren Az. 2 B 16.236 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind begründet. Die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Mit dem Erstgericht geht der Senat davon aus, dass das Baugrundstück sich nicht mehr innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB befindet sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Dort ist das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nicht zulässig, da es öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. widerspricht bereits den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher das Baugrundstück als „Fläche für die Landwirtschaft“ darstellt. Damit ist die Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsgenehmigung objektiv rechtswidrig.

2. Der Kläger als Nachbar kann jedoch eine Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier nicht der Fall.

In Betracht käme lediglich die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger, welches sich für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme läge hier nur dann vor, wenn das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre, wie sie § 3 Abs. 1 BImSchG beschreibt. Der Kläger betreibt in zulässiger Weise eine geruchsintensive Landwirtschaft, welche vorliegend jedoch keine Auswirkungen auf das Baugrundstück hat, die den Grad der Unzumutbarkeit erreichen.

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche gibt es keine allgemein gültigen Regelungen ähnlich der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft). Im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung kann das Gericht jedoch auf Regelwerke als Orientierungshilfe zurückgreifen, die in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt wurden. So bilden nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 11.3.2013 - 14 ZB 12.2073 - juris; B. v. 24.4.2012 - 2 ZB 10.2894 - juris; B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl 2007,758) die Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München/Weihenstephan „Geruchsimmissionen aus Rinderställen“ vom März 1994 („Gelbes Heft 52“) und „Geruchsfahnenbegehung an Rinderställen“ vom Juni 1999 („Gelbes Heft 63“) brauchbare Orientierungshilfen, um die Schädlichkeit von Geruchsimmissionen auf Wohnbebauung ermitteln zu können. Gleiches gilt für die „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ des bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 - fortgeschrieben März 2009 und Oktober 2013 - (vgl. BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 15 ZB 09.1763 - juris; B. v. 3.2.2011 - 1 ZB 10.718 - juris). Als drittes Regelwerk zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche sind die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 in der Rechtsprechung als zulässige Orientierungshilfe für den Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung anerkannt (vgl. BVerwG, B. v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - juris; BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris).

Vorliegend hat das Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 12. April 2006 im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens (Vorbescheidsakte Bl. 25-27) festgestellt, dass das Bauvorhaben bei einem Abstand von ca. 15 m zum Rinderstall mit ca. 5 m (Ostseite des Gebäudes) im „roten Bereich“ (schädliche Umwelteinwirkungen sind zu erwarten) nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltungen“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ zu liegen kommt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts beim Augenschein (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 23. Juli 2014, Bl. 147 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) beträgt die kürzeste Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Doppelhaushälfte 15,70 m bzw. dem nächstgelegenen Fenster der südlichen Doppelhaushälfte 16,20 m. Die Doppelhäuser weisen eine Tiefe von 12,99 m auf, so dass der überwiegende Teil des Gebäudes im „grauen Bereich“ (Detailbeurteilung erforderlich) zu liegen kommt. Das Fenster im Koch-/Essbereich der nördlichen Doppelhaushälfte befindet sich in einer Haustiefe von ca. 4,60 m (gemessen im Eingabeplan). Es dürfte sich daher ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts bereits im „grauen Bereich“ befinden. Zudem verfügt der Koch-/Essbereich noch über ein weiteres, westlicher gelegenes Fenster in der Nordfassade sowie die Terrassentür in der Westfassade, so dass das östlichere Fenster nicht zwingend zur Belüftung erforderlich ist. Das Sachgebiet Immissionsschutz hat als Auflagen eine Be- und Entlüftungsanlage, welche die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite ansaugt, sowie eine Gestaltung des Grundrisses in der Form, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind, vorgeschlagen. Der Einbau eine Be- und Entlüftungsanlage wurde im Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 beauflagt.

Der Beigeladene zu 1. hat zwei Gutachten der Fa. ... zur Beurteilung der Geruchsbelastung vorgelegt. Das Gutachten vom 4. Februar 2014 unter Anwendung der GIRL kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Luftzufuhreinrichtung der Belüftungsanlage eine Wahrnehmungshäufigkeit von maximal 0,15 (15% der Jahresstunden) auftreten wird, womit von der Einhaltung der Immissionswerte für ein Dorfgebiet auszugehen sei. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass sich das Bauvorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich befindet und damit eine geringere Schutzwürdigkeit besitzt. Bereits bei im Dorfgebiet liegenden Wohngebäuden, die sich jedoch am Rand zum Außenbereich befinden, ist die Schutzwürdigkeit herabgesetzt und ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zu bilden, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann. Im Außenbereich kann es sogar bis zu 0,25 sein (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris). Auch dieses Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass an der Ostfassade eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,19 bis 0,25 (19% bis 25% der Jahresstunden) auftritt.

Im zweiten Gutachten vom 13. Oktober 2014 wurde eine Betrachtung nach dem „Gelben Heft 63“ durchgeführt. Danach ist in 13% bis 15% der Jahresstunden (vgl. Gutachten S. 18) mit erkennbaren Gerüchen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich der streitgegenständlichen Wohnbebauung zu rechnen.

Festzuhalten ist, dass nach allen drei als Orientierungshilfen heranziehbaren Regelwerken auf der Ostseite des Doppelhauses die Grenze zur unzumutbaren Geruchsbelästigung erreicht ist, wohingegen alle drei Beurteilungen davon ausgehen, dass an der Westseite und insbesondere im Bereich der Luftzufuhreinrichtung für die Be- und Entlüftungsanlage die Immissionswerte sogar für ein Dorfgebiet eingehalten werden können.

Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist jedoch als gegenseitiges Rücksichtnahmegebot ausgestaltet, wie es auch der Verordnungsgeber in der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BauNVO zum Ausdruck bringt. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt das nicht nur zu Beschränkungen desjenigen, welcher Immissionen verursacht, sondern auch zu gewissen Duldungspflichten desjenigen, welcher sich solchen Immissionen aussetzt. Daraus folgen Obliegenheiten des Emittenten wie beispielsweise zu baulichen Vorkehrungen zur Minderung der Emission. Umgekehrt kann einem Bauherrn, der mit seinem Wohnbauvorhaben an eine Emissionsquelle heranrückt, seinerseits die Obliegenheit treffen, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare bauliche Vorkehrungen zu treffen, welche die Störung der Wohnnutzung spürbar mindern. So hat der Bauherr grundsätzlich auch eine Obliegenheit, durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen, z. B. durch eine entsprechende Ausrichtung des Gebäudes auf dem Grundstück, durch den äußeren Zuschnitt des Hauses, durch eine immissionsabgewandte Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, gegebenenfalls auch durch die immissionsmindernde Gestaltung der Außenwohnbereiche auf Geruchsimmissionen eines benachbarten Rinderstalls Rücksicht zu nehmen (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers nicht vor. Der Beigeladene zu 1. hat alle baulichen Möglichkeiten zur Minderung der Geruchsbelästigung auf seinem Grundstück umgesetzt. Zur Ostseite hin liegen lediglich nicht schutzwürdige Räumlichkeiten, wohingegen die Wohn- und Schlafräume sich auf der weniger belasteten Westseite befinden. Zudem ist eine Be- und Entlüftungsanlage vorhanden, welche die Frischluftzufuhr ebenfalls auf der weniger belasteten Westseite des Grundstücks hat. Diese Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe sind nach Auffassung des Senats vorliegend nicht nur ausreichend, um eine dauerhafte Konfliktlösung zu erreichen, sie sind auch zulässig und geeignet.

Zwar haben Maßnahmen architektonischer Selbsthilfe grundsätzlich ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren. Unabhängig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur TA Lärm (vgl. U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris) insoweit auf Geruchsbelästigungen anzuwenden ist, ging es in der damaligen Entscheidung um die Wahrung des Mindestmaßes an Wohnkomfort in schutzwürdigen Räumlichkeiten. Dazu zählen jedoch lediglich Wohnräume, Schlafräume oder Kinderzimmer, nicht aber sonstige Räume wie hier ein Wirtschaftsraum, Bad oder WC sowie Flure. Ausschlaggebend waren die Wahrung der Kommunikationssituation im Innern sowie das Ruhebedürfnis und der Schlaf, was ausschließlich schutzwürdige Räumlichkeiten betrifft. „Nebenräume“, die nicht zum längeren Aufenthalt dienen, unterliegen generell einer geringeren Schutzwürdigkeit, unabhängig davon, ob eine Störung durch Lärm oder Gerüche inmitten steht. Eine Übertragung der Rechtsprechung auf nicht schutzwürdige Räume ist aus Sicht des Senats weder geboten noch sinnvoll. Der Senat ist der Auffassung, dass gerade im ländlichen Raum öffenbare Fenster jedenfalls dann nicht zum Mindestmaß an Wohnkomfort zählen, wenn sie sich in nicht schutzwürdigen Räumen befinden. Gerade im ländlichen Raum ist von höheren Geruchsbelastungen auszugehen als im städtischen Raum, insbesondere bei einer Randlage zum Außenbereich oder im Außenbereich. Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO verlangt eine ausreichende Belüftung und Belichtung lediglich von Aufenthaltsräumen. Zu letzteren zählen jedoch weder Bäder und WCs noch Flure und Treppenhäuser. Diese können auch gänzlich ohne Fenster errichtet werden. Eine Unterscheidung, ob sich ein Gebäude im ländlichen oder städtischen Raum befindet, trifft die Bayerische Bauordnung nicht. Insoweit können auch keine Unterschiede hinsichtlich des Wohnkomforts angenommen werden. Im Übrigen verfügen Passivenergiehäuser über ähnliche Belüftungsanlagen, ohne dass diese dort eine Geruchsbelästigung verhindern bzw. ausgleichen sollen oder dies als Einschränkung des Wohnkomforts gesehen wird. Weiterhin steht die Tatsache, dass die Fenster auf der Ostseite grundsätzlich öffenbar sind, sowie die notwendigerweise öffenbare Wohnungstür auf der Ostseite einer dauerhaften Konfliktlösung nicht entgegen. Der Bauherr kann sich im Einzelfall im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme nachträglich gerade nicht darauf berufen, dass er seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, weil er die Fenster öffnet oder die Be- und Entlüftungsanlage nicht betreibt. Dies würde eine Pflichtverletzung seinerseits darstellen. Im Hinblick auf die Wohnungstür ist davon auszugehen, dass ein dauerhaftes Offenstehen nicht erfolgen wird. In diesem Fall wäre die Be- und Entlüftungsanlage nicht mehr funktionsfähig. Ein kurzzeitiges Öffnen zum Betreten oder Verlassen des Hauses ist hingegen unschädlich, da durch den von der Be- und Entlüftungsanlage erzeugten dauerhaften Überdruck ein Eindringen von Luft von außen für einen gewissen Zeitraum verhindert wird (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.5.2016 S. 3). Im Übrigen wird durch die Be- und Entlüftungsanlage die Geruchsbelästigung, die beim Öffnen der Tür entsteht, in kurzer Zeit wieder neutralisiert.

Hinsichtlich der Luftzufuhreinrichtung ist festzuhalten, dass sie bei der Beurteilung nach der GIRL sowie dem „Gelben Heft 63“ in einem Bereich liegt, der zwar Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, in dem aber die Immissionswerte für ein Dorfgebiet eingehalten werden. Bei der Beurteilung nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltung“ liegt die Luftzufuhreinrichtung noch im „grauen Bereich“. Hier ist jedoch eine Detailbeurteilung im Einzelfall erforderlich, die gerade im Hinblick auf die unproblematische Lage nach den beiden anderen als Orientierungshilfe heranziehbaren Regelwerken und die vorgenommene, zulässige architektonische Selbsthilfe zugunsten des Bauherrn ausfällt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

Die Kläger wenden sich als Nachbarn und Eigentümer des Grundstücks FlNr. .../15 gegen die dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21. Januar 2013 erteilte Baugenehmigung für den Neubau einer Tagesstätte für Menschen mit Behinderung und zur Nutzungsänderung bestehender Gebäude auf dem östlich angrenzenden, aus den Grundstücken FlNr. .../16 (alt), .../17 (alt) und .../18 (alt) hervorgegangenen Grundstück FlNr. .../18 Gemarkung K. Der Beigeladene ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung von Maßnahmen und Einrichtungen der Lebenshilfe für behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen. Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich südlich der I. Straße. Nach den genehmigten Bauunterlagen sollen im nördlichen, zu dieser Straße gerichteten Teil des Baugrundstücks neun Stellplätze errichtet werden. Der Neubau im Westen des Baugrundstücks soll nach der dem Bauantrag beigefügten Nutzungsbeschreibung der Unterbringung einer Tagesstätte für ca. 27 bis 36 Kinder und Jugendliche dienen. Die Bestandsgebäude im Osten sollen als Frühförderstelle genutzt werden. Südlich des Baugrundstücks und des Grundstücks der Kläger befinden sich auf dem Grundstück FlNr. .../22 bereits eine Tagesstätte und ein Kindergarten des Beigeladenen. An dieses schließt sich im Westen ein Kirchengrundstück (FlNr. .../2) und im Süden - durch eine Stichstraße (FlNr. .../23) getrennt - das mit Schulgebäuden bebaute Grundstück FlNr. .../25 an.

Die Klage der Kläger gegen die Baugenehmigung hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 17. Juli 2013 abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie die Abweichung von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

A. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger durch die angegriffene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt werden, weil das Vorhaben keinen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die auch ihrem (Nachbar-)Schutz dienen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 60 Abs. 1 Satz 1 BayBO i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist nicht ernstlich zweifelhaft.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger sind ihre Nachbarrechte nicht deswegen verletzt, weil aus der Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt zu entnehmen wäre, wie viele Gruppenförderungen pro Tag in der Frühförderung stattfinden.

Ein Baugenehmigungsbescheid muss als Verwaltungsakt (Art. 35 BayVwVfG) inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn die mit dem Bescheid getroffenen Regelungen für die Verfahrensbeteiligten (Art. 13 BayVwVfG) - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sind (vgl. BVerwG, B. v. 27.7.1982 - 7 B 122.81 - Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 1; U. v. 22.1.1993 - 8 C 57.91 - NJW 1993, 1667 = juris Rn. 15). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft und infolge des Mangels nicht beurteilt werden kann, ob das Vorhaben den geprüften nachbarschützenden Vorschriften entspricht (vgl. BayVGH‚ U. v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris Rn. 13 m. w. N.; B. v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Gemessen daran liegt keine Rechtsverletzung vor. Denn zum einen kann der bei der Beklagten am 27. September 2012 eingegangenen Nutzungsbeschreibung zur Frühförderstelle (vgl. Blatt 71 der Behördenakte) sowie der schalltechnischen Untersuchung der I.-GmbH vom 23. Oktober 2012 (vgl. Blatt 99 ff., 104 der Behördenakte), die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 17. Juli 2013 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurden (vgl. Blatt 306 f. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts), mit noch hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, dass Gruppenförderungen mit einer Dauer von jeweils 1,5 Stunden und unter Beteiligung von zwei Mitarbeitern und sechs bis acht Kindern zweimal wöchentlich stattfinden. Gleiches gilt hinsichtlich der Betriebszeiten der Förderstelle, die nach der (ergänzenden) Beschreibung in der schalltechnischen Untersuchung der I.-GmbH vom 23. Oktober 2012 auf die Zeit von 8 Uhr bis ca. 17 Uhr beschränkt ist (vgl. Blatt 103 der Behördenakte). Zum anderen ist nicht ersichtlich, inwieweit durch eine fehlende Festlegung der Gruppenangebote Nachbarrechte der Kläger verletzt sein könnten, zumal die Frühförderung in den vom Grundstück der Kläger abgewandten östlichen Gebäudeteilen stattfinden soll. Auch ist angesichts der prognostizierten und von den Klägern nicht infrage gestellten deutlichen Unterschreitung der Lärmrichtwerte beim ihrem Anwesen um 11 dB(A) nicht erkennbar, dass sich auch bei einer Erhöhung der Anzahl der Gruppensitzungen nachbarliche Abwehransprüche ergeben könnten.

2. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Kläger verletzt, der durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst wird, durch das das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (vgl. zum Gebietserhaltungsanspruch BVerwG, B. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 - NVwZ 2008, 427 = juris Rn. 5; B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011 = juris Rn. 4).

Die Ausführungen der Kläger im Zulassungsantrag stellen weder die Wertung des Verwaltungsgerichts infrage, dass die nähere Umgebung des Bauvorhabens als (faktisches) allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren ist (vgl. dazu unten a), noch, dass das Vorhaben im allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich ist (vgl. dazu unten b).

a) Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Qualifizierung der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB als (faktisches) allgemeines und nicht - wie die Kläger meinen - als reines Wohngebiet begegnet nicht deswegen Bedenken, weil das Gericht bei der Bestimmung der nach der Art der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung auch die Bebauung auf dem Baugrundstück FlNr. .../18 sowie auf dem Grundstück FlNr. .../22 einbezogen hat, obwohl die Gebäude auf diesen Grundstücken offenbar teilweise ohne die erforderliche Baugenehmigung und damit formell illegal genutzt wurden oder noch werden.

Nähere Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der Teil der zusammenhängenden Bebauung in der Nachbarschaft des Baugrundstücks, auf die sich das geplante Vorhaben in städtebaulicher Hinsicht auswirken kann und die ihrerseits das Baugrundstück prägt (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380 = juris Rn. 33). Wieweit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2). Zu berücksichtigen ist die im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt vorhandene Bebauung einschließlich einer solchen auf dem Baugrundstück selbst (vgl. BVerwG, B. v. 21.6.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007, 1691 = juris Rn. 4). Da bereits nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 1 BauGB die tatsächlich vorhandene Bebauung entscheidend ist, kommt es auf die Genehmigung der Bebauung und ihre Nutzung grundsätzlich nicht an. Dies gilt nicht nur für die Frage, ob ein Grundstück zum Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 BauGB gehört, sondern auch für die Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung (vgl. BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29.98 - BRS 60 Nr. 82 = juris Rn. 6). Tatsächlich vorhandene Baulichkeiten und Nutzungen haben nur dann außer Betracht zu bleiben, wenn - wie namentlich durch den Erlass einer Beseitigungsverfügung - das Verhalten der zuständigen Behörde hinreichend klar ergibt, dass ihre Beseitigung im Hinblick auf die formelle und materielle Baurechtswidrigkeit absehbar ist, also kein Zweifel daran besteht, dass sich die zuständige Behörde mit dem Vorhandensein der Baulichkeit bzw. Nutzung nicht abgefunden hat (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22/26 = juris Rn. 22; BVerwG, U. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985 = juris Rn. 15; U. v. 17.5.2002 - 4 C 6.01 - NVwZ 2003, 211 = juris Rn. 35; OVG Saarl, B. v. 19.10.2008 - 2 B 347/08 - BauR 2009, 854 = juris Rn. 17; OVG Berlin-Bbg, B. v. 25.4.2013 - 10 N 21.10 - juris Leitsatz und Rn. 8).

Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, haben die Kläger nicht aufgezeigt. Selbst wenn es zutrifft, dass sich in den Gebäuden auf den Grundstücken FlNr. .../18 (I. Straße Nr. 1 und 3) und .../22 in den letzten Jahren ohne entsprechende Nutzungsänderungsgenehmigung Büroräume und Therapiepraxen bzw. ein Kindergarten befunden haben und die Beklagte hiervon keine Kenntnis hatte, so kann daraus noch nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass sich die zuständige Behörde bei Kenntnis mit dem Vorhandensein der tatsächlichen Nutzungen nicht abgefunden hätte und in absehbarer Zeit entsprechende Beseitigungsanordnungen erlassen hätte. Im Übrigen hat sich das Verwaltungsgericht für seine Beurteilung, dass die nähere Umgebung des Baugrundstücks einem allgemeinen Wohngebiet entspricht, nicht nur auf die Bebauung auf den Grundstücken FlNr. .../18 und .../22 berufen, sondern auch auf die Nutzungen auf den Grundstücken FlNr. .../2 (Kirchengrundstück) und FlNr. .../2 (Reinigungsannahme mit Heißmangel) abgestellt, die in einem reinen Wohngebiet nach § 3 BauNVO nicht oder nur ausnahmsweise zulässig wären. Die tatsächlichen Nutzungen in den Gebäuden dieser Grundstücke haben die Kläger nicht infrage gestellt.

Auf die von den Klägern aufgeworfene Frage, wie lange die Nutzung auf dem Grundstück FlNr. .../18 (I. Straße Nr. 5) ihre prägende Wirkung behalten hätte, wenn dort seit 2009 tatsächlich ein Leerstand vorhanden gewesen ist, kommt es nicht mehr an.

Mit dem weiteren Einwand der Kläger, die maßgebliche Umgebungsbebauung sei als (faktisches) reines und nicht als allgemeines Wohngebiet zu qualifizieren, „wenn und soweit man die Bebauung auf dem Grundstück FlNr. .../22 wegen ihres anderweitigen Charakters sowie der deutlich größeren Kubatur der Gebäude als eigenen städtebaulichen Bereich qualifiziert, der in klarer Zäsur zur nördlich angrenzenden (überwiegenden) Bebauung steht“, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ebenfalls nicht aufgezeigt. Zwar kann eine Bebauung aufgrund ihrer andersartigen Bau- und Nutzungsstruktur ein Kriterium für die räumliche Abgrenzung der näheren Umgebung darstellen (vgl. BVerwG, B. v. 29.4.1997 - 4 B 67.97 - BRS 59 Nr. 80; B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich jedoch nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts im Einzelfall zu bestimmen. Allein der Hinweis auf die Andersartigkeit des Charakters sowie die größere Kubatur der Gebäude reicht daher für die Annahme einer Begrenzung der prägenden Wirkung der Bebauung südlich des Baugrundstücks nicht aus, zumal es hier um die Bestimmung der maßgeblichen näheren Umgebung des Bauvorhabens hinsichtlich des Merkmals der Art der baulichen Nutzung geht und diese unabhängig von den übrigen in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien, insbesondere auch der überbaubaren Grundstücksfläche, zu bewerten ist (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - ZfBR 2014, 574 = juris Leitsatz und Rn. 7).

b) Keinen ernstlichen Zweifeln begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben im faktischen allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich ist.

Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „Gebietsverträglichkeit“ eines Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Ein Vorhaben in einem Baugebiet nach §§ 2 bis 9 BauNVO ist, auch wenn es nach dem Nutzungskatalog des jeweiligen Baugebiets an sich allgemein oder ausnahmsweise zulässig wäre, mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vereinbar und damit unzulässig, wenn es - bezogen auf den jeweiligen Charakter des Gebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt. Gegenstand der Betrachtung sind die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines betrieblichen Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten, ausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155/158 = juris Rn. 11 ff. [Unzulässigkeit eines Zustellstützpunkts der Deutschen Post im allgemeinen Wohngebiet]; B. v. 28.2.2008 - 4 B 60.07 - ZfBR 2008, 379 = juris Rn. 6 [Unzulässigkeit eines Dialysezentrums mit 33 Behandlungsplätzen im allgemeinen Wohngebiet]); U. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 11 ff. [Unzulässigkeit einer Krypta im Industriegebiet]; B. v. 31.7.2013 - 4 B 8.13 - BauR 2013, 1996 = juris Rn. 7 f. [Unzulässigkeit eines Stundenhotels im allgemeinen Wohngebiet]). Bei der Prüfung sind - anders als bei § 15 BauNVO - nicht die konkreten Verhältnisse an Ort und Stelle maßgebend, sondern alle mit dem Vorhaben typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung.

Nach diesem Maßstab bestehen an der Gebietsverträglichkeit keine ernstlichen Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat unter Zugrundelegung der angeführten Rechtsprechung angenommen, dass die geplante Einrichtung mit einem Betreuungsumfang von 27 bis 36 Kindern und Jugendlichen in der Tagesstätte sowie von weiteren vier Kindern in Einzeltherapien und sechs bis acht Kindern in Gruppentherapien in der Frühförderung den Gebietscharakter eines allgemeinen Wohngebiets nicht gefährde. Es hat die Gebietsunverträglichkeit im Hinblick auf den Einzugsbereich, die Art und Weise der Betriebsvorgänge, den vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie die zeitliche Dauer dieser Auswirkungen und ihre Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten maßgeblich deswegen verneint, weil die Frühförderung zu ca. 65 v. H. in mobiler Weise außerhalb des Gebäudes erfolgt und der Nutzungsumfang zeitlich und zahlenmäßig beschränkt sei (vgl. Urteilsabdruck Rn. 81). Hiergegen haben die Kläger Einwendungen nicht erhoben (§124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Soweit sie geltend machen, das Vorhaben sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts schon wegen seines überörtlichen Einzugsbereichs gebietsunverträglich, und meinen, Gebietsverträglichkeit bedeute, dass Anlagen im allgemeinen Wohngebiet „unter dem Vorbehalt der Gebietsversorgung“ stehen müssen, allen Nutzungen im allgemeinen Wohngebiet eine „dem Wohnen zu- und untergeordnete, dienende (Versorgungs-)Funktion für das konkrete Wohngebiet“ zukommen müsse und „Vorhaben mit einem überregionalen Einzugsbereich demnach im allgemeinen Wohngebiet unzulässig seien“, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Ein Zulässigkeitskriterium der „Unterordnung“, wie es etwa in § 14 Abs. 1 und 3 BauNVO normiert ist, ist von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit nicht entwickelt worden. Dass für die Frage, ob sich ein Vorhaben nach seinen Auswirkungen, die typischerweise von ihm ausgehen, mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets verträgt oder zu einer das Wohngebiet prägenden Beeinträchtigung der Wohnruhe führt, auch die Größe des betrieblichen Einzugsbereichs zu berücksichtigen ist, besagt noch nicht, dass jedes Vorhaben, welches einen über das betreffende Baugebiet hinausgehenden Einzugsbereich erwarten lässt, gebietsunverträglich ist. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtschau aller mit dem Vorhaben typischerweise verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht hier dem von dem Vorhaben betroffenen Einzugsbereich im Hinblick auf den Umstand, dass die Betreuung der Kinder in der Frühförderung zum überwiegenden Teil nicht auf dem Baugrundstück stattfindet und im Übrigen der Nutzungsumfang der Betreuung zeitlich und zahlenmäßig begrenzt ist, geringe Bedeutung beigemessen hat.

3. Es ist auch nicht fraglich, dass das Bauvorhaben nicht zulasten der Kläger gegen das im Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879/880; B. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - juris Rn. 21) Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

Das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme wird verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B. v. 20.9.1984 - 4 B 181.84 - NVwZ 1985, 37/38; U. v. 19.9.1986 - 4 C 8.84 - NVwZ 1987, 409/410; B. v. 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516; B. v. 8.7.1998 - 4 B 64.98 - NVwZ-RR 1999, 8), also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss, überschritten wird (vgl. BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - BayVBl 2009, 751 = juris Rn. 21 m. w. N.). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, wird im Zulassungsantrag nicht aufgezeigt.

a) Das Vorbringen der Kläger lässt nicht den Schluss zu, dass die vom An- und Abfahrtsverkehr auf dem mit dem Vorhaben genehmigten Parkplatz mit neun Stellplätzen ausgehende Immissionsbelastung so erheblich ist, dass für die Kläger die Grenze des Zumutbaren überschritten wird.

Nach § 12 Abs. 2 BauNVO sind in Wohngebieten Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig. Die Vorschrift begründet für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Bauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, B. v. 20.3.2003 - 4 B 59.02 - NVwZ 2003, 1516 = juris Rn. 6 ff.; BayVGH, B. v. 18.9.2008 - 1 ZB 06.2294 - juris Rn. 34 ff. m. w. N.). Davon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen (vgl. Urteilsabdruck Rn. 88). Besondere Umstände, die die Anordnung der Stellplätze hier ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen, wie etwa eine unmittelbare Nähe von schutzwürdigen Aufenthaltsräumen in ihrem Wohngebäude, werden von den Klägern nicht geltend gemacht.

Ihr Einwand, das Verwaltungsgericht habe seine Argumentation fehlerhaft darauf gestützt, dass „nach den unwiderlegten Angaben der Beigeladenen insgesamt keine Intensivierung der Nutzung des Vorhabensgrundstücks und der südlichen Flächen erfolgen (werde)“, obwohl dies von den Klägern in der mündlichen Verhandlung bestritten worden sei, begründet schon deswegen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, weil für die Frage, ob der von dem Vorhaben ausgehende An- und Abfahrtsverkehr gegenüber den Klägern rücksichtslos ist, allein das streitgegenständliche Vorhaben, nicht aber auch die Vornutzung auf dem Baugrundstück zu beurteilen ist. Ob diese formell genehmigt wurde und mit dem genehmigten Vorhaben eine „Intensivierung der Nutzung des Vorhabensgrundstücks“ verbunden ist, kann allenfalls für die - hier nicht zu entscheidende - Frage von Bedeutung sein, inwieweit die Schutzwürdigkeit der Kläger infolge bestehender Lärmvorbelastungen gemindert ist.

Soweit die Kläger befürchten, dass die der Baugenehmigung zugrunde gelegten „mindestens 120 Fahrbewegungen täglich sich in der Zeit zwischen 12.30 Uhr und 16.00 Uhr bzw. freitags 15.00 Uhr ballen“ würden, so dass sie „in den Nachmittagsstunden, in welche gerade der Aufenthalt im Garten bzw. die Konzentration der Kinder im Viertel auf die Hausaufgaben falle, massiven Lärmimmissionen ausgesetzt (wären)“, verkennen sie, dass sie bereits durch die immissionsschutzrechtlichen Auflagen in Ziff. II. Nr. 7. des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids gegen eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) tags ausreichend geschützt sind. Dass die Einhaltung dieser Richtwerte auf dem Grundstück der Kläger in den Nachmittagsstunden nicht möglich wäre, machen die Kläger nicht geltend (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Soweit ihre Rüge dahin gehend zu verstehen sein sollte, dass sie meinen, der Beigeladene werde sich an die Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz nicht halten, hätte dies auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung keinen Einfluss (vgl. BayVGH, B. v. 27.11.2008 - 1 ZB 06.594 - juris Rn. 24; VGH BW, U. v. 21.4.1995 - 3 S 2514/94 - VBlBW 1995, 481).

Schließlich führt auch der Einwand, das der Baugenehmigung zugrunde gelegte Gutachten habe die Geräuschvorbelastung des Grundstücks der Kläger durch den An- und Abfahrtsverkehr benachbarter Einrichtungen (Sonderschule etc.) nicht berücksichtigt, nicht zur Zulassung der Berufung. Denn bei der Beurteilung von Ge- räuschimmissionen aus Anlagen, die wie hier nach der von den Klägern nicht angegriffenen Annahme des Verwaltungsgerichts in den Anwendungsbereich der 18. BImSchV fallen, sind Vorbelastungen aus anderen Anlagen nicht zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U. v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - NVwZ 2001, 1167 = juris Rn. 17). Die von den Klägern angeführte Bestimmung der Nr. 4.2 TA Lärm ist nicht einschlägig, weil dieses Regelungswerk nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. a) und h) TA Lärm auf Anlagen, die der 18. BImSchV unterliegen, sowie auf Anlagen für soziale Zwecke nicht anwendbar ist. Im Übrigen ist der von Schulen ausgehende Lärm im Rahmen des Üblichen auch in Wohngebieten grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, U. v. 24.4.1991 - 7 C 12.90 - BVerwGE 88, 143 = juris Rn. 6).

b) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen der geltend gemachten „deutlichen Verdichtung“ des Baugebiets und des „Einmauerungseffekts“ durch das Bauvorhaben und das Bestandsgebäude auf dem Grundstück FlNr. .../22 kann ebenfalls nicht angenommen werden.

Zwar ist den Klägern darin zu folgen, dass das Rücksichtnahmegebot auch dann verletzt sein kann, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 = juris Leitsatz und Rn. 3). Da das Abstandsflächenrecht im Hinblick auf die Belichtung, Belüftung und Besonnung von Nachbargrundstücken aber zumindest indizielle Bedeutung auch für die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots hat, kommen für seine Verletzung nur seltene Ausnahmefälle in Betracht. Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme unter dem Aspekt der „Einmauerung“ setzt nach allgemeiner Rechtsprechung voraus, dass die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft (vgl. BayVGH, U. v. 11.4.2011 - 9 N 10.1373 - juris Rn. 56; B. v. 22.8.2012 - 14 CS 12.1031 - juris Rn. 13; OVG RhPf, B. v. 27.4.2015 - 8 B 10304/15 - juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B. v. 27.2.2012 - OVG 10 S 39.11 - juris Rn. 4).

Davon kann hier, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, angesichts eines Abstands des Wohngebäudes der Kläger von über 8 m zu dem (einschließlich Dachfirst) 9,84 m hohen Gebäude auf dem Baugrundstück und von mindestens 20 m zu dem Gebäude auf dem südlich angrenzenden Grundstück FlNr. .../22 nicht gesprochen werden. Dass aufgrund besonderer Umstände, wie etwa speziellen Geländeverhältnissen, eine andere Beurteilung geboten sein könnte, ergibt sich weder aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag noch aus den beim Augenschein des Verwaltungsgerichts erstellten Fotografien (Bl. 86 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts). Allein die nachteilige Veränderung der Situation für die Kläger und der Umstand einer deutlichen Verdichtung des Baugebiets reichen für die Annahme einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht aus.

4. Ebenso wenig ist nach dem Vorbringen der Kläger zweifelhaft, dass das Bauvorhaben zu ihren Lasten keine Abstandsflächenvorschriften verletzt.

Die Rüge, die 3,7 m hohe Fluchttreppe auf der Westseite des Gebäudes auf dem Baugrundstück halte entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts angesichts des tatsächlichen Abstands zur Grundstücksgrenze die volle Abstandsfläche von 1 H nicht ein, greift schon deswegen nicht durch, weil das Verwaltungsgericht seine Annahme, dass durch diese Treppe (selbst wenn sie einer gesonderten abstandsflächenrechtlichen Beurteilung unterliegen sollte) Rechte der Kläger nicht verletzt werden, nicht allein auf die Annahme gestützt hat, dass diese die volle Abstandsfläche einhalte. Vielmehr hat es maßgeblich auch darauf abgestellt, dass für sie das sog. 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO gelte und die danach erforderliche Abstandsfläche von H/2 eingehalten sei. Hiergegen haben die Kläger Einwendungen nicht vorgebracht. Ist aber das angefochtene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt (Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (BVerwG, B. v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011 = juris Rn. 2; BayVGH, U. v. 22.10.2015 - 22 ZB 15.1584 - juris Rn. 11 m. w. N.).

B. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2002 - 4 C 1.02 - (BVerwGE 116, 155/158 = juris Rn. 11 ff.) und vom 28. Februar 2008 - 4 B 60.07 - (ZfBR 2008, 379 = juris Rn. 6) zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwal-tungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52.14 - juris Rn. 5 ff.; B. v. 12.9.2014 - 5 PB 8.14 - juris). Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden. Diese Anforderungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht.

Die Kläger behaupten, das Verwaltungsgericht sei „mit seiner Einschätzung, dass die Gebietsverträglichkeit nach dem jeweiligen konkreten Baugebiet zu bestimmen sei und es auf den räumlichen Einzugsbereich und damit einen Gebietsbezug nicht ankomme, weil der Lärm der Anlage gering sei und zudem sozialverträglich“ von den vom Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen aufgestellten Rechtssätzen abgewichen, dass „nicht auf das konkrete Baugebiet abzustellen ist, sondern eine typisierende Betrachtung zu erfolgen hat“, „dass die sonstigen Vorhaben im WA eine dienende Funktion zum Wohnen haben müssen, welche sich auch bei Anlagen für gesundheitliche Zwecke auf eine Versorgung der,kurzen Wege‘ beschränke“ und „dass auf die konkreten Lärmauswirkungen des Vorhabens in keinem Fall abzustellen ist, hier (vielmehr) eine typisierende Betrachtungsweise gelte“.

Unabhängig von der Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht derartige Rechtssätze überhaupt formuliert hat, zeigen die Kläger damit schon deswegen keine Divergenz auf, weil das Verwaltungsgericht weder den Rechtssatz aufgestellt hat, dass „die Gebietsverträglichkeit nach dem jeweiligen konkreten Baugebiet zu bestimmen sei“, noch den, dass es bei der Beurteilung der Gebietsverträglichkeit einer Anlage „auf den räumlichen Einzugsbereich und damit einen Gebietsbezug nicht ankomme“. Vielmehr hat es - wie oben ausgeführt (vgl. oben 2. b) - unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Gebietsunverträglichkeit des streitgegenständlichen Vorhabens im Hinblick darauf verneint, dass die Frühförderung zu ca. 65 v. H. in mobiler Weise außerhalb des Gebäudes erfolgt und der Nutzungsumfang zeitlich und zahlenmäßig beschränkt ist. Soweit die Kläger rügen wollten, das Verwaltungsgericht habe damit einen der angeführten abstrakten Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts fehlerhaft angewendet, genügt dies den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge ebenfalls nicht (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52.14 - juris Rn. 5; B. v. 22.10.2014 - 8 B 2.14 - juris Rn. 23).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, erscheint billig, weil er keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.

III.

Unter Änderung von Nummer III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die von den Antragstellern innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage der Antragsteller im Hauptsacheverfahren gegen die der Beigeladenen für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses erteilte Baugenehmigung aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird.

1. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben, das die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen einhalte, entfalte auch keine „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung, sind nicht zu beanstanden. Der Einwand der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass § 34 BauGB eine eigenständige bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmeregelung enthalte und sich im vorliegenden Fall die unzumutbare Beeinträchtigung durch das Vorhaben aufgrund einer massiven Verschattung des Gebäudes der Antragsteller in den Wintermonaten aus der Zusammenschau der Gebäudeausdehnung‚ der Gebäudehöhe‚ der Lage des Mehrfamilienhauses und der Überschreitung einer faktischen Baugrenze ergebe‚ überzeugt nicht.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 1986 (4 C 34.85 - NVwZ 1987, 128) bezieht sich das in dem Begriff des „Einfügens“ enthaltene Gebot der Rücksichtnahme auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll (Leitsatz 1). Für einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme reicht es nicht aus, dass ein Vorhaben sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, der durch die Bebauung der Umgebung gebildet wird. Hinzu kommen muss objektivrechtlich, dass es im Verhältnis zu seiner Umgebung bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugt, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich ziehen, und subjektivrechtlich, dass es die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung vermissen lässt (vgl. BVerwG, B. v. 13.11.1997 - 4 B 195.97 - NVwZ-RR 1998, 540). Aber auch ein den Rahmen wahrendes Vorhaben ist ausnahmsweise unzulässig, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Dabei ist darauf abzustellen, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328). Gemessen daran erweist sich das Vorhaben der Beigeladenen weder hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der Situierung des Gebäudes noch hinsichtlich einer damit verbundenen Verschattungswirkung auf das Gebäude der Antragsteller als rücksichtslos.

1.1 Dabei kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob das Vorhaben sich nach dem Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Im Hinblick auf die vorgelegten Lagepläne hat der Senat zwar bereits erhebliche Zweifel, ob im vorliegenden Fall eine faktische Baugrenze vorliegt oder ob nicht vielmehr auf das weiter zur M...straße hin errichtete denkmalgeschützte Gebäude abzustellen ist. Jedenfalls ist die Grenze der Zumutbarkeit für die Antragsteller nicht überschritten. Eine Unzumutbarkeit kommt nur dann in Betracht‚ wenn das Vorhaben die gebotene Rücksichtnahme speziell auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung vermissen lässt, beispielsweise wenn „übergroße“ Baukörper in geringem Abstand zu Wohngebäuden errichtet werden (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - BauR 1981, 354). Davon ist hier nicht auszugehen. Das Vorhaben weicht in seiner äußeren Gestalt ausweislich der vorgelegten Lagepläne nach überbauter Grundfläche und Höhenentwicklung nicht derart gravierend von der Umgebungsbebauung ab‚ dass das Einfügensgebot in rücksichtsloser Weise verletzt wäre. Zwischen dem Wohnhaus der Antragsteller und dem maximal dreigeschossigen Neubau mit einer Höhe von maximal 12‚38 m bei zurückversetztem Penthouse liegt nach zutreffender Feststellung des Verwaltungsgerichts eine unbebaute Fläche von 12 m Tiefe.

Nicht zu beanstanden sind ferner die Ausführungen des Verwaltungsgerichts‚ auch nach Errichtung des Neubaus bestehe der Eindruck lockerer Bebauung‚ nachdem die Fläche südwestlich des Wohnhauses der Antragsteller zur M...straße hin frei sei. Auch insoweit kann in der konkreten Grundstückssituation nicht von einer „erdrückenden Wirkung“ gesprochen werden, bei der das Gebäude der Antragsteller nur noch als Annex des Baugrundstücks wahrgenommen wird (vgl. BVerwG, U. v. 23.5.1986, a. a. O.).

1.2 Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht‚ von jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen‚ wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats scheidet eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung in aller Regel aus, wenn - wie hier - die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden (vgl. BayVGH, B. v. 9.2.2015 - 1 CS 14.2763 - juris Rn. 3; B. v. 16.8.2012 - 1 CS 12.1498 - juris Rn. 13; B. v. 25.3.2013 - 1 CE 13.332 - juris Rn. 5; B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17; BVerwG, B. v. 22.11.1984 - 4 B 244.84 - ZfBR 1985, 95; B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879). Das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme ist insoweit vom Landesgesetzgeber mit diesen Belangen in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften konkretisiert worden. Das Verwaltungsgericht ist hiervon ausgegangen und hat unter Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls zutreffend dargelegt, dass keine Ausnahmesituation vorliegt, die trotz der in Art. 6 BayBO zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung zu einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme führen würde.

Allein die mögliche Verschlechterung des Lichteinfalls und eine weiter zunehmende Verschattung des Erdgeschosses und ersten Obergeschosses an der Südostseite des Gebäudes der Antragsteller reichen für die Bejahung einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht aus. Derartige Folgen der Bebauung eines Nachbargrundstücks sind in aller Regel im Rahmen einer Veränderung der baulichen Situation hinzunehmen (BayVGH‚ B. v. 16.10.2012 - 1 CS 12.2036 - juris Rn. 5). Im Hinblick auf den deutlichen Abstand zwischen den Gebäuden ist ungeachtet des vorgelegten Verschattungsgutachtens eine ausreichende Belichtung des Wohnhauses der Antragsteller gewährleistet. Denn auch nach der Verschattungsuntersuchung wird die von Nummer 4 Satz 3 und 4 der DIN 5034-1 empfohlene „ausreichende Besonnungsdauer“ eingehalten. Dies gilt sowohl für die mögliche Besonnungsdauer in mindestens einem Aufenthaltsraum einer Wohnung zur Tag- und Nachtgleiche von vier Stunden (Satz 3), als auch für die mögliche Besonnungsdauer von zumindest einer Stunde am 17. Januar (Satz 4). Ausweislich des vorgelegten Gutachtens ist die Verminderung der Besonnungsdauer zur Tag- und Nachtgleiche geringfügig. Am 17. Januar weist das Erdgeschoss noch eine Besonnungsdauer von einer Stunde und achtzehn Minuten aus, das Obergeschoss von drei Stunden und zweiunddreißig Minuten. Den Antragstellern mag zugestanden werden, dass dies im Gegensatz zu der bisherigen Besonnung eine nicht unerhebliche Verminderung darstellt und die Besonnungsdauer sich bei den vorhandenen Fenstern unterschiedlich auswirkt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sie einen Anspruch darauf haben‚ dass die bisherige Bebauungssituation mit einem weit nach hinten zurückgesetzten Gebäude bestehen bleibt. Darüber hinaus ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Antragsteller selbst zu einer zusätzlichen Verschärfung der Situation beigetragen haben indem sie für ihr eigenes Gebäude an der südöstlichen Seite das sog. 16m-Privileg in Anspruch nehmen. Da es auf die bisherige Verschattung nicht entscheidungserheblich ankommt, kann somit dahingestellt bleiben, zu welcher Uhrzeit die von der Beigeladenen vorgelegten Fotos vom 10. Dezember 2014 aufgenommen wurden.

2. Der ergänzende Einwand der Antragsteller‚ die Baugenehmigung verstoße (auch) gegen Ziffer 5.1 der Örtlichen Bauvorschrift der Stadt B... vom 15. September 1992, da eine insoweit erforderliche Abweichung nicht erteilt worden sei, lässt bereits eine mögliche Verletzung ihrer nachbarlichen Rechte nicht erkennen. Er ist jedenfalls nach Ablauf der einmonatigen Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erhoben worden und damit für das Gericht nicht mehr berücksichtigungsfähig (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2‚ § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit‚ der Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten‚ weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3‚ § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Von den Kosten des Zulassungsverfahrens haben die Kläger zu 1 und 2 (Au 4 K 14.83) als Gesamtschuldner, der Kläger zu 3 (Au 4 K 14.84), die Klägerin zu 4 (Au 4 K 14.86), die Klägerin zu 5 (Au 4 K 14.87) und der Kläger zu 6 ( Au 4 K 14.88) jeweils ein Fünftel einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 18.750 Euro (Gesamtstreitwert) festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich gegen den dem Beigeladenen vom Beklagten erteilten Vorbescheid vom 18. Dezember 2013 für den „Neubau eines Stalles für 140 Milchkühe und Neubau einer Güllegrube“ (Vorhaben) auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung H. (Baugrundstück). Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 6. August 2014 in der Sache ab. Hiergegen richten sich die Rechtsmittel der Kläger. Das Vorhaben des Beigeladenen wurde inzwischen bauaufsichtlich genehmigt; die Baugenehmigung wurde ebenfalls angefochten.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, vom Umfang des mit Bauvorbescheid genehmigten Bauvorhabens des Beigeladenen seien keine schädlichen, den Klägern unzumutbaren Umwelteinwirkungen zu erwarten. Das Verwaltungsgericht stützt sich bei seiner tatrichterlichen Bewertung auf die Stellungnahme des Fachbereichs Immissionsschutz am Landratsamt vom 22. April 2014, der die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 zugrunde lag (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen - Methode zur Abstandsbestimmung Geruch, November 2012) und die durch die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht vom 6. August 2014 ergänzt wurde. Danach sei an den Grundstücken der Kläger bzw. deren Wohnhäusern eine belästigungsrelevante Kenngröße (richtig: belästigungsrelevante Geruchsstundenhäufigkeit) von 6% bis 10% (richtig: von 6% bis 15%) zu erwarten. Da sowohl der in der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) für Dorfgebiete genannte Immissionswert von 15% als auch der für den Außenbereich genannte Immissionswert von 25% an sämtlichen Immissionsorten der Kläger eingehalten werde, könne dahingestellt bleiben, ob die Grundstücke der Kläger im Außenbereich bzw. im Dorfgebiet liegen. Überdies gelte es zu beachten, dass in einem Dorfgebiet, das durch landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung geprägt sei, auch Gerüche zumutbar sein könnten, die 15% der Jahresstunden überschreiten würden. Diese Ausführungen sind nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Der Einwand, die Bewertung der zu erwartenden Geruchs- und Lärmimmissionen durch den Beklagten klammere fälschlicherweise den vorhandenen Stall des Beigeladenen und die bestehende Milchkammer aus, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Der Beigeladene hat seine Bau- und Nutzungsabsichten im Vorbescheidsverfahren umfassend dargestellt. Nach der zum Vorbescheidsantrag eingereichten Bauvorlage vom 28. November 2013 (eingegangen am 2.12.2013; Bauvoranfrage zum Neubau eines Stalles - offene Fragen zu den Immissionen) werden nach dem Neubau im neuen Stall 140 Milchkühe gehalten; an der Westseite werden 15 Kälber bis zu einem Alter von 1 Monat in Iglus untergebracht (aufgerundet insg. 171 GV). Im vorhandenen Stallgebäude sollen noch 20 Kalbinnen über 2 Jahre, 70 weibliche Rinder von 1 bis 2 Jahren, 35 weibliche Rinder von 0,5 bis 1 Jahr und 30 weibliche Kälber bis 0,5 Jahr gehalten werden (aufgerundet insg. 86 GV); die Kälberiglus um das vorhandene Stallgebäude werden entfernt. Der Vorbescheid nimmt auf diese am 2. Dezember 2013 beim Landratsamt eingegangenen „konkretisierenden Angaben“ ausdrücklich Bezug. Von diesen, das Vorhaben „konkretisierenden Angaben“ ist der fachliche Immissionsschutz beim Landratsamt deshalb zu Recht ausgegangen. Denn mit der Bezeichnung seines Vorhabens in den dem Vorbescheidsantrag beigefügten Bauvorlagen hat der Beigeladene den Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens festgelegt. Inhalt, Reichweite und Umfang des angefochtenen Vorbescheids sind danach eindeutig erkennbar; Zweifel an der inhaltlichen Bestimmtheit der Vorbescheids (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) bestehen nicht. Hiervon ausgehend bestand keine Veranlassung, den durch den Vorbescheidsantrag konkret bezeichneten Umfang der künftigen Tierhaltung durch Nebenbestimmungen (Art. 71 Satz 4 i. V. m. Art. 68 Abs. 3 BayBO, Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG) zum Vorbescheid festzulegen (vgl. BayVGH, B. v. 25.3.2014 - 15 ZB 12.2014 - juris Rn. 5 m. w. N.).

bb) Was eine Nutzung der bestehenden Milchkammer zu etwaigen Immissionsbelastungen der Kläger beitragen soll, wird nicht hinreichend dargelegt.

b) Der Vortrag, es sei keine Lärmprognose in Bezug auf den Transportverkehr für Kühe und Milch erfolgt, welcher auf der E.-straße und damit unmittelbar entlang der Wohngrundstücke der Kläger stattfinde, ist nicht berechtigt. Nach der Lärmbeurteilung durch den fachlichen Immissionsschutz vom 22. April 2014 sind die hinzukommenden landwirtschaftlichen Fahrten, die überwiegend auf öffentlicher Straße stattfänden, nach der TA Lärm nicht relevant, weil insgesamt die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht überschritten werden. Diese Bewertung unterliegt keinem Zweifel. Insoweit ist zu beachten, dass die TA Lärm für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen - wie hier - unmittelbar ohnehin keine Anwendung findet (Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm). Davon abgesehen sind Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm u. a. nur insoweit beachtlich, als sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen (was eine Verdoppelung des gesamten Verkehrsaufkommens auf der öffentlichen Verkehrsfläche erfordert) und die Immissionsrichtwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Dass diese Voraussetzungen hier gegeben sein könnten, ist weder dargelegt noch ernstlich in Betracht zu ziehen.

c) Die weitere Kritik an der Berechnung und Nachvollziehbarkeit der vom Beklagten angestellten Prognose geht ins Leere. Denn die Kläger haben im Zulassungsverfahren eine von ihnen eingeholte Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros a. vom 22. Oktober 2014 vorgelegt, auf die sie sich beziehen und die die Einhaltung der Immissionswerte nach GIRL an den Wohnhäusern der Kläger bestätigt.

aa) Soweit vorgetragen wird, auch die selbst in Auftrag gegebene Untersuchung von a. sei defizitär, weil der Gutachterin nicht alle für die Berechnung erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt worden seien, betrifft dies nach Darlegung der Kläger die aus datenschutzrechtlichen Gründen vom Amt für Landwirtschaft und Ernährung nicht herausgegebenen Betriebsdaten weiterer landwirtschaftlicher Betriebe und Daten des Beklagten zur Windrichtungsverteilung (synthetische Winddaten des Bayerischen Landesamts für Umwelt, die nach den Ausführungen des Beklagten jedermann käuflich erwerben könne).

Hinsichtlich der aktuellen Tierzahlen der weiteren landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetriebe hat a. Angaben der Einwohner und Landwirte aus dem Ortsteil H. herangezogen. Die Plausibilität der Angaben wurde von a. im Rahmen einer Ortseinsicht sowie auf Grundlage der Stallgrößen aus dem Orthophoto von H. überprüft (vgl. Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 S. 10). Weshalb und inwiefern die von a. ermittelten und in der Geruchsimmissionsprognose detailliert aufgeführten Daten über die Tierplatzzahlen sowie der Silage- und Festmistlager der im Einzelnen genannten Tierhaltungsbetriebe nicht valide sein sollten, wird von den Klägern nicht ansatzweise ausgeführt.

Hinsichtlich der Windrichtungsverteilung hat a. auf die Stationsdaten der DWD-Station L. abgestellt, deren Repräsentativität mit einer detaillierten Prüfung der Übertragbarkeit nachgewiesen wurde (vgl. Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 S. 12). Auch hier wird nicht substantiiert in Frage gestellt, dass die von a. herangezogenen Daten zur Windrichtungs- und Windgeschwindigkeitsverteilung unzutreffend wären.

bb) Der Vortrag, die Geruchsimmissionsprognose von a. vom 22. Oktober 2014 komme zu dem Ergebnis, „dass die vom Beklagten in seinen Schriftsätzen eingenommene Auffassung unzutreffend ist und bei einer Gesamtschau und Berücksichtigung der Vorbelastung, der topographischen Verhältnisse und der Windverhältnisse unzumutbare erhebliche Geruchsbelästigungen an den Grundstücken der Kläger entstehen“, trifft nicht zu.

(1) Soweit es die Wohnhäuser der Kläger betrifft (IP_4 bis IP_8), werden die Immissionswerte der GIRL nach der Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 eingehalten (vgl. S. 19 Tabelle 3 und Seite 22 Nr. 9 der Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014: IP_4/Kläger zu 3 = 15%, IP_5/Klägerin zu 4 = 9%, IP_6/Klägerin zu 5 = 8%, IP_7/Kläger zu 6 = 9%, IP_8/Kläger zu 1 und 2 = 12%). Die in der Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 ermittelte Überschreitung der Immissionswerte für Dorfgebiete betrifft andere Grundstücke.

(2) Anders als der Beklagte und das Verwaltungsgericht bezieht die Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 auch das unbebaute Grundstück der Kläger zu 1 und 2 FlNr. ... („Einordnung/Gebietsart: Außenbereich“) in seine Bewertung mit ein, ermittelt insoweit beurteilungsrelevante Immissionswerte von zwischen 19% und 39% und stellt diesen einen Beurteilungswert von 20% gegenüber. Dieser Ansatz ist verfehlt. Der Immissionswert von 20% ist nach der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL zwar als Zwischenwert zwischen Dorfgebieten und Außenbereich genannt (vgl. zu Nr. 3.1. GIRL). Die in der GIRL und der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 genannten Immissionswerte beziehen sich aber auf Nutzungsbereiche, „in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten“, also „gegenüber schutzbedürftigen Nutzungen wie Wohnhäusern“ (vgl. z. B. Nr. 3.1 GIRL; VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 Nr. 1 Anwendungsbereich sowie Anhang F). Dieser Bezug auf schutzwürdige Nutzungen entspricht in etwa dem der Vorsorgeregelung in Nr. 5.4.7.1 TA Luft, wonach bestimmte „Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung“ nicht unterschritten werden sollen. In der Rechtsprechung wird hierfür eine zusammenhängende Wohnbebauung gefordert (vgl. BVerwG, U. v. 23.7.2015 - 7 C 10/13 - juris Rn. 33 m. w. N.). Hiervon ausgehend ist das unbebaute Grundstück FlNr. ... der Kläger zu 1 und 2 gegenüber Geruchsbelästigungen nicht schutzbedürftig, weil auf ihm keine auf Dauer für den Aufenthalt von Personen angelegte und schutzbedürftige bauliche Nutzung ausgeübt wird. Ob und inwieweit die Kläger zu 1 und 2 eine bauliche Nutzung ihres Grundstücks FlNr. ... anstreben und eine konkretisierte privilegierte oder sonstige Nutzung auch in Betracht kommt, die einen Schutz vor Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Anspruch nehmen kann, wird nicht dargelegt.

d) Nicht zutreffend ist im Übrigen der Vortrag im Schriftsatz der Kläger vom 16. Juni 2015, der nach Ablauf der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO eingereicht wurde, wonach es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entspreche, dass zur Klärung, ob die umliegende Wohnbebauung durch das Vorhaben schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist, die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 als Auslegungshilfe heranzuziehen sei. Die GIRL oder die auf der GIRL aufbauende VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 kann zwar im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, eine irgendwie geartete Bindungswirkung oder ein Vorrang vor anderen Bewertungsmethoden besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 25 m. w. N.); dies gilt jedenfalls für Vorhaben, die - wie hier - keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen.

Der weitere im Schreiben vom 16. Juni 2015 erhobene Einwand, die südlich der E.-straße gelegene Wohnbebauung sei als „faktisches reines Wohngebiet einzustufen“, ist angesichts der vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzungen der näheren Umgebung nicht nachvollziehbar und davon abgesehen wegen § 124 a Abs. 4 Satz 3 VwGO auch nicht berücksichtigungsfähig.

Gleiches gilt für die nicht näher substantiierte Behauptung, das Vorhaben des Beigeladenen halte die zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Bioaerosole erforderlichen Mindestabstände nicht ein.

e) Soweit schließlich geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt unzureichend ermittelt, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aus einem Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts hergeleitet. In diesen Fällen wird ein Zulassungsgrund nur dann ausreichend dargelegt, wenn dem Darlegungserfordernis der Verfahrensrüge genügt wird. Entspricht das Vorbringen diesen Anforderungen, kommt eine Zulassung nur in Betracht, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge zu einer Zulassung führen würde (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2014 - 15 ZB 12.163 - juris Rn. 4 m. w. N.). Insoweit kann auf die nachstehenden Ausführungen unter Nr. 3 verwiesen werden.

2. Die Rechtssache wirft keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Entgegen der Annahme der Kläger bestehen, wie vorstehend ausgeführt wurde, weder im Rahmen der Klärung der Vorbelastung noch im Hinblick auf deren Bewertung besondere Schwierigkeiten. Insbesondere ist nicht ersichtlich und wird nicht dargelegt, was an den Datengrundlagen zu den auch von a. empirisch ermittelten Vorbelastungen fehlerhaft sein soll. Welche rechtlichen Schwierigkeiten bei der Bewertung der Vorbelastung auftreten, wird nicht dargelegt und ist auch nicht nachzuvollziehen.

3. Den Darlegungen im Zulassungsantrag lässt sich schließlich kein Verfahrensmangel entnehmen, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht richtig aufgeklärt, weil die Bewertung der Geruchsbelastung durch den behördlichen Immissionsschutz, auf die sich das Verwaltungsgericht stütze, auf Daten und Berechnungen beruhe, die nicht transparent, nachprüfbar und offen dargelegt worden seien, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Das Verwaltungsgericht hat zur Stellungnahme des Fachbereichs Immissionsschutz am Landratsamt vom 22. April 2014 ausgeführt, es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass in diese Stellungnahme falsche oder unsachgemäße Daten eingeflossen seien. Insbesondere habe der Umweltingenieur bei seinen Berechnungen sachgerecht die neueste VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 zugrunde gelegt. Diese tatrichterliche Bewertung ist nicht zu beanstanden.

Der Umweltingenieur des Landratsamts hat nachvollziehbar dargestellt, auf welcher Grundlage und nach welchem Verfahren er seine Berechnungen angestellt hat. Inwieweit die Ausgangsdaten und Verarbeitungsschritte einer gutachterlichen Stellungnahme offen gelegt werden müssen, um deren Verwertbarkeit zu überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung und der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 VwGO; vgl. BVerwG, B. v. 28.3.2013 - 4 B 15/12 - BauR 2013, 1248 = juris Rn. 20 m. w. N.). Seine Beweiswürdigung und richterliche Überzeugungsbildung hat das Verwaltungsgericht nicht nur auf die schriftlich abgefasste Stellungnahme des Umweltingenieurs vom 22. April 2014 gestützt, sondern gleichermaßen auf die Ausführungen des Umweltingenieurs in der mündlichen Verhandlung. Aus der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 6. August 2014 ergibt sich, dass der Umweltingenieur des Landratsamts zur Verhandlung erschienen war, seine Stellungnahme erläutert und die ihm gestellten Fragen nachvollziehbar beantwortet hat. Dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung weitere Fragen an den Umweltingenieur gerichtet, insbesondere die Offenlegung bestimmter Datengrundlagen gefordert hätten, wird zwar eingewandt, ergibt sich aber nicht aus der Niederschrift (vgl. § 98 VwGO, § 415 ZPO). Vor diesem Hintergrund erweist sich die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags, ein (Anm.: weiteres) „Sachverständigengutachten einzuholen zu der Behauptung, dass die Grundstücke der Kläger nach deren Lage bei Verwirklichung des mit dem Bauvorbescheid beschriebenen Vorhabens einer unzumutbaren Geruchshäufigkeit ausgesetzt sind“ mit der vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründung, „Es wurde nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die beantragte Beweiserhebung andere bzw. bessere Erkenntnisse erbringen würde als die in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterte Stellungnahme des Umweltingenieurs des Landratsamts vom 22. April 2014“, als gerechtfertigt. Aus denselben Gründen liegt in der Ablehnung des Beweisantrags auch kein Gehörsverstoß (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.2013, a. a. O., juris Rn. 13 m. w. N.).

b) Der weitere Vortrag, das Verwaltungsgericht habe nicht aufgeklärt, wie weit der Stall nach den einschlägigen Richtlinien von der Bebauung entfernt sein solle, obwohl das Verwaltungsgericht dies beim Ortstermin (Anm.: Augenscheinstermin vom 7.7.2014) ausdrücklich verlangt habe, lässt keinen Verfahrensmangel erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die Berichterstatterin hatte zwar ausweislich der Niederschrift zum Augenscheinstermin vom 7. April 2014 darum gebeten, baldmöglichst eine Stellungnahme des Umweltingenieurs zu der Frage einzuholen, wie weit der streitgegenständliche Stall nach den einschlägigen Richtlinien von der Bebauung entfernt sein solle. Dem ist das Landratsamt mit Schriftsatz vom 2. Mai 2014 aber nachgekommen, der auch die Stellungnahme des Umweltingenieurs vom 22. April 2014 enthielt. Dass es dem Verwaltungsgericht angesichts der gegenständlichen Nachbarklagen nicht darauf ankam, welchen Abstand ein Stall wie der des Beigeladenen von jeglicher Bebauung einhalten müsste, sondern darauf, ob der tatsächliche Abstand zwischen dem Standort des Stalls und der schutzwürdigen Wohnbebauung der Kläger ausreicht, um insoweit schädliche Umwelteinwirkungen auszuschließen, liegt auf der Hand.

c) Von Vorstehendem abgesehen führt der von den Klägern behauptete Verfahrensmangel auch deshalb nicht zur Zulassung der Berufung, weil er für den Ausgang des Berufungsverfahrens nicht oder nicht mehr von Bedeutung wäre (vgl. BayVGH, B. v. 12.2.2015 - 15 ZB 13.1578 - juris Rn. 44 m. w. N.).

Ausweislich der Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros a. vom 22. Oktober 2014, die die Kläger im Zulassungsverfahren vorgelegt haben und auf die sich das Zulassungsvorbringen stützt, werden die Immissionswerte der GIRL/VDI-Richtlinie DIN 3894 Blatt 2 an den allein maßgeblichen Wohngebäuden der Kläger eingehalten. Dass die selbst in Auftrag gegebene Untersuchung von a. nicht deshalb defizitär ist, weil der Gutachterin nicht alle für die Berechnung erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt worden seien, wurde bereits ausgeführt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden. Der Gesamtstreitwert setzt sich aus fünf Einzelstreitwerten von jeweils 3.750 Euro zusammen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der am 27. November 2013 bekannt gemachte Bebauungsplan „Wohn- und Dorfgebiet westlich der G. Straße“ der Antragsgegnerin wird außer Vollzug gesetzt.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung A. mit Rinderhaltung und im Besitz einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mastschweinestalls für 252 Schweine, begehrt die Außervollzugsetzung des von der Antragsgegnerin beschlossenen und am 27. November 2013 beschlossenen Bebauungsplans „Wohn- und Dorfgebiet westlich der G. Straße“, mit dem für den unmittelbar östlich angrenzenden Teil des Plangebiets ein zweigeteiltes Dorfgebiet (MD 1 und MD 2) festgesetzt wurde. Während im MD 2 ausschließlich Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe mit den dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäuden zulässig sind, jedoch keine Tierhaltung, sollen in dem sich weiter östlich bis zur G. Straße erstreckenden MD 1 Wohngebäude und Einzelhandelsbetriebe sowie sonstige Gewerbebetriebe zulässig sein, jedoch keine Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe. In dem sich an das MD 1 nördlich anschließenden Bereich entlang der G. Straße bis zur nördlich bestehenden Bebauung sieht der Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet mit 14 Baufenstern vor. Das Normenkontrollverfahren des Antragstellers gegen den Bebauungsplan „Wohn- und Dorfgebiet westlich der G. Straße“ ist beim Senat anhängig (Az. 1 N 13.2507).

Der landwirtschaftliche Betrieb des Antragstellers liegt im Bereich des am 28. Februar 2013 bekannt gemachten Bebauungsplans „Natur- und Erholungsraum A. Moos“, gegen den die Eltern des Antragstellers beim Senat ebenfalls Normenkontrollklage (Az. 1 N 13.1138) erhoben haben. Mit diesem Bebauungsplan wird der Bereich der landwirtschaftlichen Hofstelle des Antragstellers als Sondergebiet 1 (SO 1) festgesetzt, in dem eine landwirtschaftliche Tierhaltung nur im Rahmen bestimmter Geruchsemissionsmengen möglich ist; der unmittelbar östlich angrenzende, im Eigentum des Beigeladenen stehende Betrieb (Pensionspferdehaltung mit etwa 40 Pferden) wurde als Sondergebiet 2 (SO 2) festgesetzt und ähnlichen Beschränkungen im Hinblick auf tierische Geruchsimmissionen unterworfen. Das SO 2 wird durch den hier streitgegenständlichen Bebauungsplan aus dem Geltungsbereich des Bebauungsplans „Natur- und Erholungsraum A. Moos“ herausgenommen und stattdessen als MD 2 (wie dargestellt) festgesetzt.

Der Antragsteller verweist zur Begründung insbesondere auf seine mit Schreiben vom 7. Juni und 9. September 2013 im Planaufstellungsverfahren erhobenen Einwendungen, die insbesondere darauf abzielen, dass die Festsetzung eines zweigeteilten Dorfgebiets lediglich als Vorwand („Etikettenschwindel“) diene, um eine Wohnbebauung zu ermöglichen, weil die Festsetzung eines eigentlich gewollten allgemeinen Wohngebiets im Süden des Plangebiets wegen der vom Betrieb des Antragstellers ausgehenden landwirtschaftliche Gerüche scheitern würde; außerdem müsse, um überhaupt eine Wohnnutzung im MD 1 planerisch zu ermöglichen, die Tierhaltung im MD 2 komplett aufgegeben werden. Diese Planung nehme nicht die gebotene Rücksicht auf die Belange des Antragstellers. Die Antragsgegnerin weist darauf hin, dass die Schaffung eines Dorfgebiets mit zwei unterschiedlichen Teilbereichen das planerische Ziel gewesen sei und im Ergebnis alle nach § 5 Abs. 2 BauNVO zulässigen Nutzungen möglich seien. Die nach § 1 Abs. 4 BauNVO zulässige Gliederung des Dorfgebiets in zwei Teilbereiche wahre die Gebietstypik des Dorfgebiets. Nach dem Ausschluss landwirtschaftlicher Tierhaltung im MD 2 sei nach wie vor landwirtschaftlicher Ackerbau und sonstige Feld- und Wiesenbewirtschaftung möglich.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig und begründet.

1. Der Antragsteller ist antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Er hat dargelegt, dass er durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan, insbesondere durch die Festsetzung eines unmittelbar östlich an seine Hofstelle angrenzenden Dorfgebiets mit zwei Teilbereichen, möglicherweise in seinem Recht auf gerechte Abwägung seiner privaten Belange (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB) verletzt wird. Durch die Festsetzung eines Dorfgebiets erhöht sich die (abstrakte) Schutzwürdigkeit des benachbarten Gebiets gegenüber den von seinem Betrieb ausgehenden Geruchsemissionen, ohne dass in diesem Zusammenhang die Frage eine Rolle spielt, in welchem Umfang tierische Gerüche auf der Basis der Festsetzungen für das SO 1 emittiert werden dürfen. Allein der Umstand, dass der benachbarte Pferdepensionsbetrieb infolge der angegriffenen Planung nicht mehr im ursprünglich festgesetzten SO 2 mit entsprechenden Emissionsbeschränkungen liegt, sondern in einem Dorfgebiet, in dem landwirtschaftliche Tierhaltung ausgeschlossen sein soll, ist geeignet, das Interesse des Antragstellers an einer Erweiterung seiner Tierhaltung in abwägungserheblicher Weise zu beeinträchtigen. Darüber hinaus sieht er sich einer näher heranrückenden Wohnbebauung im MD 1 und damit möglicherweise erhöhten Schutzansprüchen ausgesetzt; die Wohnbebauung, die bisher auf den Bereich östlich der G. Straße beschränkt war, „springt“ auf die westliche Straßenseite in den dort bisher bestehenden Außenbereich. Zu den hierbei abwägungsbeachtlichen Belangen gehört sein Interesse als Inhaber eines rechtmäßig emittierenden landwirtschaftlichen Betriebs an der Vermeidung von Betriebsbeschränkungen, die zum Schutz einer heranrückenden Wohnbebauung erforderlich werden können (st.Rspr. z. B. BVerwG, B.v. 14.2.1991 - 4 NB 25.89 - NVwZ 1991, 980; OVG RhPf, U.v. 23.1.2013 - 8 C 10782/12 - NVwZ-RR 2013, 586).

2. Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO aus wichtigen Gründen dringend geboten.

Da die begehrte Anordnung im Vorgriff auf die nachfolgende Normenkontrollentscheidung (1 N 13.2507) ergeht, kommt es in erster Linie darauf an, ob nach summarischer Prüfung im Eilverfahren ein Erfolg des Normenkontrollantrags absehbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.1.2013 - 1 NE 12.2151 - BayVBl 2013, 406; B.v. 23.7.2007 - 15 NE 07.1226 - juris; NdsOVG, B.v. 1.2.2006 - 9 MN 40/05 - juris). Darüber hinaus bedarf der Erlass einer einstweiligen Anordnung der für den vorläufigen Rechtsschutz typischen Dringlichkeit. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn der Vollzug der Norm vor einer Entscheidung in der Hauptsache Auswirkungen befürch-ten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung geboten ist (Gerhardt/Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2005, § 47 Rn. 164 ff.). Insbesondere das Interesse, nicht wieder rückgängig zu machende Fakten mit erheblichen Folgen für öffentliche und private Belange zu verhindern, die auf der Grundlage einer voraussichtlich unwirksamen Rechtsvorschrift geschaffen würden, stellt einen wichtigen Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung dar, ohne dass es angesichts des objektiven Charakters des Normenkontrollverfahrens darauf ankommt, ob durch die angegriffene Norm Belange des Antragstellers beeinträchtigt werden (vgl. Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 393).

2.1 Nach vorläufiger Einschätzung des Senats verstößt der streitgegenständliche Bebauungsplan, soweit er in seinem südlichen Bereich ein in zwei Teilgebiete gegliedertes Dorfgebiet festsetzt, gegen das in § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verankerte Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit, an dem sich jegliche planerische Festsetzung messen lassen muss. Mit diesem Gebot wird der Bauleitplanung unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Erheblichkeit einer planerischen Konzeption der Gemeinde eine strikt bindende Schranke gesetzt, die grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (zuletzt: BVerwG, U.v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Januar 2010, § 1 Rn. 33 ff. m. w. N.). Eine Bebauungsplanung, die nicht dem wirklichen planerischen Willen der Gemeinde entspricht, sondern nur vorgeschoben ist, um eine andernfalls nicht erreichbare Nutzung zu ermöglichen, ist nach diesen Maßstäben nicht erforderlich.

So dürfte der Fall hier liegen. Die Ausweisung eines zweigeteilten Dorfgebiets unter Ausschluss landwirtschaftlicher Hofstellen im MD 1 einerseits und „sonstiger Wohngebäude“ (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) sowie von landwirtschaftlicher Tierhaltung im MD 2 andererseits ist offenbar nur deswegen erfolgt, um trotz der vom Betrieb des Antragstellers ausgehenden landwirtschaftlichen Geruchsemissionen eine Wohnbe-bauung zu erreichen, deren Schutzbedürftigkeit im Vergleich zu der des nördlich ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiets allerdings herabgesetzt werden muss. Schon der planerische Ausschluss jeglicher landwirtschaftlicher Tierhaltung im eigentlich für die Landwirtschaft vorgesehenen Teilgebiet MD 2 zeigt, dass die Antragsgegnerin der für das Baugebiet kennzeichnenden Vorrangklausel des § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO keine ausreichende Beachtung geschenkt hat und nur das Interesse der Wohnbevölkerung an einem möglichst geruchsfreien Wohnen im Auge hatte. Sie hat den derzeit existierenden Pensionspferdebetrieb nicht einmal in seinem aktuellen Bestand festgeschrieben, sondern will darüber hinaus die Aufgabe dieses Betriebes erzwingen und jegliche künftige Tierhaltung ausschließen, wobei der Umstand, dass der Beigeladene als Betriebsinhaber einverstanden ist, unter städtebaulichen Gesichtspunkten keine entscheidende Rolle spielen kann. Mit ihrem planerischen Vorgehen hat die Antragsgegnerin zu erkennen gegeben, dass sie in Wirklichkeit die für ein Dorfgebiet kennzeichnende besondere Rücksichtnahme auf die Belange der Landwirtschaft nicht im Blick hat, sondern im Gegenteil zulasten der Landwirtschaft ein Wohngebiet an die landwirtschaftlichen Betriebe heranrücken lässt. Das entscheidende Gewicht der Planungsvorstellungen der Antragsgegnerin kommt den im MD 1 gelegenen neun Wohn- und Gewerbeflächen zu, denn dort sollen neue Bauflächen geschaffen werden, während die bereits bebauten, im MD 2 liegenden Flächen des Beigeladenen nur deshalb in das Plangebiet einbezogen werden, weil die Antragsgegnerin mit Hilfe der Festsetzung eines Dorfgebiets den Nutzungskonflikt zwischen der geplanten Wohnbebauung (MD 1) und den vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben des Antragstellers und der Beigeladenen lösen zu können glaubte (ähnlich: VGH BW, B.v. 19.12.1991 - 8 S 649/91 - BRS 52 Nr. 17).

Die Überlegungen zum Maß der zumutbaren Geruchsbelästigungen werden vor dem Hintergrund der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008, ergänzt am 10. September 2008, verständlich. Aus der dortigen Ziffer 3.1 (Tabelle 1: Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete) ergibt sich, dass die Geruchsimmissionshäufigkeit in einem allgemeinen Wohngebiet den Wert von 0,10 der Jahresgeruchsstunden grundsätzlich nicht überschreiten soll, während der entsprechende Wert im Dorfgebiet um 50% höher ist und 0,15 beträgt. Der für ein allgemeines Wohngebiet maßgebliche Wert (0,10) kann jedoch - auch nach Aufgabe des Pensionspferdebetriebs des Beigeladenen - zumindest im östlichen Bereich des nunmehr als MD 1 ausgewiesenen Plangebiets nicht eingehalten werden. Der Antragsgegnerin war klar, dass aus diesem Grund hier die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets - wie weiter nördlich und in größerer Entfernung zu den beiden bestehenden landwirtschaftlichen Betrieben - ausscheidet. In dem Bestreben, in erster Linie Wohnbebauung zuzulassen, hat sich die Antragsgegnerin in eine (zweigeteilte) Dorfgebietsausweisung „geflüchtet“, um die Schutzwürdigkeit der geplanten Wohnbebauung gegenüber der immissionsträchtigen Landwirtschaft im Plangebiet und in seiner unmittelbaren Nachbarschaft herabzustufen (vgl. Fälle städtebaulich nicht erforderlicher Mischgebietsausweisungen als „Etikettenschwindel“: VGH BW, U.v. 15.5.2013 - 8 S 313/11 - ZfBR 2013, 692 f.; OVG RhPf, U.v. 21.10.2009 - 1 C 10150/09 - juris Rn.27; BayVGH, U.v.3.4.2007 - 25 N 03.1282 - juris Rn. 17; Erforderlichkeit eines Dorfgebiets bejaht: BayVGH, U.v. 29.11.2007 - 26 N 05.3254 - juris Rn. 19f.).

Unabhängig von den vorstehenden Überlegungen erscheint das festgesetzte Dorf-gebiet auch bei natürlicher Betrachtung nicht diesen Charakter zu besitzen. So führt die im MD 1 zulässige Wohnbebauung mit sechs Baufenstern (GR 140/GR 160) lediglich die nördlich liegende WA-Bebauung zeilenförmig fort, ohne dass für die mit Planzeichen Nr. 15.14. PlanzV („Perlenschnur“) vorgenommene Abgrenzung der beiden Baugebietstypen aus dem Bebauungsplan und seiner Begründung erkennbar wird, warum erst und gerade an dieser Linie die in einiger Entfernung in südöstliche Richtung abgesetzten landwirtschaftlichen Gebäude (MD 2) des Beigeladenen ihre prägende Wirkung auf das MD 1 verlieren sollten. Des Weiteren ist aus den Planaufstellungsakten nicht erkennbar, weshalb nicht auch der sich unmittelbar östlich anschließende landwirtschaftliche Betrieb des Antragstellers wegen seiner prägenden Wirkung in das neu geschaffene Dorfgebiet mit einbezogen wurde. Die Schaffung des „maßgeschneiderten“ Dorfgebiets bestätigt den Verdacht, es gehe der Antragsgegnerin nicht um ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Wohnen und Landwirtschaft, sondern ausschließlich um die Einhaltung der nach der GIRL erforderlichen Richtwerte, um in möglichst großem Umfang Wohnbebauung zu ermöglichen.

Zu Unrecht rügt der Antragsteller zwar die von der Antragsgegnerin vorgenommene horizontale Gliederung des Baugebiets in zwei Teilbereiche MD 1 und MD 2. Eine derartige Gliederung ermöglicht § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO, der grundsätzlich zu einer von der Art der zulässigen Nutzung abhängigen Unterteilung eines Dorfgebiets ermächtigt. Zulässig ist darüber hinaus auch der Ausschluss bestimmter Arten von Betrieben und Anlagen (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO), wie er hier im Bereich des MD 2 bezogen auf landwirtschaftliche Tierhaltung erfolgt ist. Gleichwohl bestehen erhebliche Zweifel, ob angesichts der festgesetzten Untergliederung die allgemeine Zweckbestimmung des Dorfgebiets gewahrt bleibt (BVerwG, B.v. 22.12.1989 - 4 NB 32.89 - NVwZ-RR 1990, 171).

Die „Zweckbestimmung“ eines Dorfgebiets besteht in der Unterbringung von Wirtschaftstellen landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung den Bewohnern des Gebiets dienender Handwerksbetriebe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO); zugleich verlangt § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dass auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeit vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. Der Gebietscharakter eines Dorfgebiets wird damit von einem Nebeneinander von Landwirtschaft und Wohnnutzung sowie den weiteren gewerblichen Einrichtungen geprägt und weist daher den typischen Charakter eines gemischten Baugebiets auf (BVerwG, B.v. 4.12.1995 - 4 B 258.95 -NVwZ-RR 1996, 428). Die Vorrangklausel, die auf das Gebot der Rücksichtnahme abzielt, will den landwirtschaftlichen Betrieben gerade im Hinblick auf die von ihnen ausgehenden Emissionen ein erhöhtes Maß an Standortsicherheit gegenüber heranrückender Wohnbebauung gewähren, deren Schutzwürdigkeit gegenüber aus der Landwirtschaft herrührenden Immissionen damit eingeschränkt wird (Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 5 Rn. 4). Allerdings fehlt es an der städtebaulichen Rechtfertigung der Festsetzung eines Dorfgebiets, sofern das fragliche Gebiet nicht mehr von intakten Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe geprägt wird und auch nicht mehr in absehbarer Zeit geprägt werden kann.

Im vorliegenden Fall erscheint das Vorliegen der letztgenannten Voraussetzung äußerst zweifelhaft. Dabei ist zu bedenken, dass an der einzigen im Dorfgebiet (MD 2) existierenden und nach den Festsetzungen dort allein zulässigen landwirtschaftlichen Hofstelle bislang ausschließlich Tierhaltung betrieben wird, die nach dem Bebauungsplan nicht mehr zulässig sein soll. Da die vorhandenen Baulichkeiten, die erst vor etwa zehn Jahren neu errichtet wurden, speziell auf eine Pensionspferdehaltung ausgerichtet sind, wäre die bisher von der Antragsgegnerin nicht auf-geworfene Frage zu klären gewesen, ob in Zukunft nach dem notwendigen Umbau der vorhandenen Gebäude eine lebensfähige Landwirtschaft ohne Tierhaltung - etwa in Form von Ackerbau - wirtschaftlich betrieben werden kann. Hierzu ist auch zu ermitteln, wie groß die für landwirtschaftliche Produktion zur Verfügung stehenden und zum Betrieb des Beigeladenen gehörenden Flächen sind und ob sie überhaupt als Grundlage für eine neue zukunftsfähige Landwirtschaft ausreichen, die für eine Prägung des Dorfgebiets im oben dargestellten Sinn geeignet ist. Allein die theoretische Möglichkeit, dass sich im MD 2 ein neuer Betrieb ansiedeln könnte, dürfte noch nicht ausreichen, um die für den Gebietstypus erforderliche prägende Wirkung zu entfalten. Im Übrigen lässt der - insoweit im Sinn von § 30 Abs. 3 BauGB - einfache Bebauungsplan offen, ob und ggf. welche Flächen im MD 2 überbaut werden dürfen, denn er beschränkt sich darauf, die Bestandsbebauung nachrichtlich mitzuteilen (vgl. 2.2.3).

2.2 Die Festsetzung eines zweigeteilten Dorfgebiets ist voraussichtlich auch des-wegen und unabhängig von ihrer fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit unwirksam, weil sie gegen das Gebot der gerechten Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange (§ 1 Abs. 7 BauGB) in verschiedener Hinsicht verstoßen dürfte.

2.2.1 Die Antragsgegnerin ist im Rahmen ihrer Abwägung davon ausgegangen, dass ein von unzumutbaren Gerüchen unbeeinträchtigtes Wohnen im MD 2 nur möglich ist, wenn der derzeit im MD 1 bestehende Pensionspferdebetrieb des Beigeladenen aufgegeben wird und keinerlei Tierhaltung mehr stattfindet. Diese durch den planerischen Willen der Antragsgegnerin bestätigte Abhängigkeit dürfte allerdings mit dem angefochtenen Bebauungsplan und der vom Beigeladenen mit notariellem Vertrag vom 9. September 2013 eingeräumten Grundddienstbarkeit nur unzulänglich umgesetzt worden sein. Obwohl das Landratsamt in seinem Schreiben vom 18. Mai 2013 darauf hingewiesen hat, es werde eine „vertraglich abgesicherte Aufgabe des Pferdehaltungsbetriebs“ für notwendig erachtet und der Baubeginn dürfe erst nach der Einstellung des Betriebs erfolgen, liegt ausweislich der Planaufstellungsakten kein entsprechender Vertrag zwischen dem Beigeladenen und der Gemeinde vor. Die Antragsgegnerin dürfte auch nicht aus anderen Anspruchsgrundlagen heraus die Einstellung des Pferdehaltungsbetriebs vom Beigeladenen verlangen können; allein die textliche Festsetzung (2.2), wonach „eine landwirtschaftliche Nutzung durch Tierhaltung“ im MD 2 nicht zulässig ist, führt nicht dazu, dass der Beigeladene von der bestandskräftigen Baugenehmigung, die den Umfang der von ihm betriebenen Pensionspferdehaltung und die ihr dienenden Baulichkeiten festlegt, ab dem Zeitpunkt der Realisierung der bauplanerischen Festsetzungen keinen Gebrauch mehr machen dürfte. Erforderlich wäre wohl der vertraglich auf einen bestimmten Zeitpunkt fixierte Verzicht des Beigeladenen auf die Rechte aus der maßgeblichen Baugenehmigung gewesen. Die in brieflicher Form am 7. März 2013 vom Beigeladenen abgegebene Erklärung gegenüber der Gemeinde, er werde die Pferdehaltung „dauerhaft aufgeben“ und sei auch bereit „den Verzicht auf Tierhaltung grundbuchmäßig abzusichern“, dürfte hierfür nicht ausreichen. Auch die inzwischen erfolgte Eintragung einer Dienstbarkeit zugunsten der Antrags-gegnerin, mit der sich der jeweilige Grundeigentümer verpflichtet, „eine immissionsschutzfachlich relevante Tierhaltung auf den dienenden Grundstücken zu unterlassen“, dürfte - ungeachtet der Frage ihrer ausreichenden Bestimmtheit - eine bestandskräftige öffentlich-rechtliche Genehmigung unberührt lassen. Im Übrigen bliebe nach der Grunddienstbarkeit zumindest noch eine nach § 906 Abs. 1 BGB die Nachbarschaft nur unwesentlich beeinträchtigende Tierhaltung möglich, während nach dem Bebauungsplan jegliche landwirtschaftliche, nicht hingegen gewerbliche oder hobbymäßige Tierhaltung ausgeschlossen sein soll. Der angegriffene Bebauungsplan sieht nach derzeitigem Erkenntnisstand die Aufgabe einer rechtmäßigen aktuellen Tierhaltung nicht zwingend vor, weshalb davon auszugehen ist, dass die Lösung der Frage, wie von der geplanten Wohnbebauung im MD 1 unzumutbare Geruchsimmissionen ferngehalten werden können, nicht gelungen sein dürfte.

2.2.2 Des Weiteren dürfte die Antragsgegnerin den Umstand übersehen haben, dass auch die im MD 2 liegenden betrieblichen Wohnungen des Beigeladenen einen bestimmten Schutz vor vom Betrieb des Antragstellers ausgehenden Geruchsemissionen beanspruchen können. Bisher befand sich der Pferdehaltungsbetrieb des Beigeladenen im SO 1 des Bebauungsplans „Natur- und Erholungsraum A. Moos“, unmittelbar benachbart zu dem als SO 2 ausgewiesenen landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers. Dem Betrieb des Beigeladenen hat der Senat (B.v. 9.10.2012 - 1 ZB 12.1023 - juris Rn. 18 bis 21, im Klageverfahren des Beigeladenen gegen den dem Antragsteller erteilten Vorbescheid für eine Schweinehaltung) wegen seiner Lage im Außenbereich nicht das Schutzniveau eines Dorfgebiets zuerkannt, vielmehr nur das nach der GIRL für den Außenbereich gebotene niedrigste Schutzniveau, obwohl sich an der Hofstelle des Beigeladenen außer seiner eigenen Wohnung noch weitere betrieblich genutzte Wohnungen befinden und dort ein besonderer „Kundenkreis“ (Eigentümer der eingestellten Pferde) verkehrt. Mit dem hier streitgegenständlichen insoweit einfachen Bebauungsplan wird nun das SO 1 zu einem Dorfgebiet „aufgewertet“, in dem Wohnnutzungen einen höheren Schutzanspruch geltend machen können als im Außenbereich. Aus dem im Plan-aufstellungsverfahren eingeholten immissionsschutztechnischen Gutachten der H. F. Ingenieure vom 11. April 2013 ergibt sich, dass in dem Teil des MD 2, der an das Grundstück des Antragstellers grenzt, die für ein Dorfgebiet als Richtwert geltende Geruchshäufigkeit von 15% der Jahresstunden bei weitem überschritten wird und lediglich im östlich gelegenen Drittel des MD 2 eingehalten werden kann; bei seiner Berechnung ging der Gutachter bereits von der Aufgabe der bestehenden Pferdehaltung aus. Aus der Änderung des Gebietstyps ergibt sich möglicherweise zulasten des Antragstellers eine weitere Einschränkung seiner landwirtschaftlichen Betätigungen, da die bestehende Bebauung auf dem benachbarten Grundstück des Beigeladenen nunmehr einen höheren Schutzanspruch geltend machen kann. Den hieraus resultierenden Konflikt hat die Antragsgegnerin mit ihrer Planung wohl unbemerkt verursacht und ihn daher nicht abgewogen.

2.2.3 Einen weiteren Abwägungsfehler könnte die Festsetzung eines (nur) einfachen Bebauungsplans für das MD 2 insoweit darstellen, als dort zwar die Art der Nutzung (vgl. A Festsetzungen 2.2.) bestimmt worden ist, jedoch keine Regelungen zum Maß der Nutzung und zur überbaubaren Fläche erfolgt sind. Diese Frage ließe sich mit Hilfe von § 30 Abs. 3 BauGB („im Übrigen“) nur dann beantworten, wenn die im MD 2 vorhandene Bebauung Teil des Innenbereichs nach § 34 BauGB wäre, denn dann würde sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach dieser Bestimmung richten. Jedenfalls solange das MD 1 nicht realisiert worden ist, befindet sich der Pferdehaltungsbetrieb aber wohl im Außenbereich, womit § 30 Abs. 3 i. V. m. § 35 BauGB zur Anwendung kommt; da jedoch § 35 BauGB keinerlei Angaben zum Maß der baulichen Nutzung im Außenbereich gibt, bleibt letztlich offen, in welchem Umfang überhaupt eine bauliche Nutzung im MD 2 in Betracht kommt.

2.2.4 In diesem Zusammenhang stellt sich dem Senat schließlich die Frage, ob die Antragsgegnerin bei ihrer Planung die Konsequenzen in den Blick genommen hat, die sich für den Bebauungsplan „Natur- und Erholungsraum A. Moos“ daraus ergeben, dass nunmehr der Betrieb des Beigeladenen aus seinem Geltungsbereich (SO 1) herausgenommen wird und damit als einziger emittierender Betrieb noch derjenige des Antragstellers (SO 2) zurückbleibt. Wird ein bestehender Bebauungsplan - wie hier - in einem räumlichen Teilbereich durch einen neuen Bebauungsplan ersetzt, muss dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der ursprüngliche Plan fortbesteht; daher muss gewährleistet sein, dass der verbleibende Teil als Regelung einer bestimmten städtebaulichen Ordnung des von der Neuplanung nicht erfassten Teils auch sinnvoll fortbestehen kann (vgl. OVG Saarl, B.v. 18.3.1997 - 2 N 4/96 - BRS 59 Nr. 5, 1997). Im vorliegenden Fall könnte der angefochtene Bebauungsplan deshalb unwirksam sein, weil die zurückbleibenden Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplans mit den Festsetzungen des Änderungsplans nicht abgestimmt worden sein dürften. Jedenfalls kann die Frage, ob der verbleibende Bebauungsplan noch die ihm ursprünglich zugedachten städtebaulichen Funktionen in ausreichendem Umfang zu gewährleisten vermag, derzeit nicht beantwortet werden. Aus den Umständen der Planaufstellung ist nicht ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin hiermit beschäftigt hat.

2.3 Die fehlende Erforderlichkeit der Festsetzung des Dorfgebiets sowie die unabhängig hiervon festgestellten Abwägungsmängel führen zur Gesamtunwirk-samkeit des Bebauungsplans. Die Festsetzung des allgemeinen Wohngebiets würde ohne den unwirksamen Teilbereich keine städtebaulich sinnvolle Ordnung mehr darstellen und es ist nicht mit hinreichender Sicherheit anzunehmen, dass die Antragsgegnerin das allgemeine Wohngebiet in dieser Form auch ohne das Dorfgebiet festgesetzt hätte (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - DVBl 2009, 1178/1181).

2.4 Mit dem Vollzug des angegriffenen, voraussichtlich unwirksamen Bebauungsplans - insbesondere mit dem Bau der Haupterschließungsstraße, die in Nord/

Südrichtung durch das Baugebiet (WA und MD 1) führen soll - würde eine zumindest nur schwer wieder rückgängig zu machende Tatsache geschaffen. Es liegt auch nicht im öffentlichen Interesse, mit der Umsetzung des angefochtenen Bebauungsplans zu beginnen, obwohl er voraussichtlich für unwirksam erklärt werden wird.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es erscheint billig, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil er sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Analog § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Nummer I der Entscheidungsformel in derselben Weise zu veröffentlichen wie die streitgegenständliche Satzung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Sie orientiert sich an der Nr. 1.5 und Nr. 9.8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (in der Fassung der am 31.5./1.6.2012 und am 18.6.2013 beschlossenen Änderungen).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutz-rechtliche Genehmigung für eine Hähnchenmastanlage, bestehend u. a. aus einem Stall mit 39.500 Tierplätzen und vier Futtersilos. Der Stall soll im Außenbereich auf den Grundstücken FINrn. 1019/2 und 1020 der Gemarkung B. entstehen; auf dem südlich daran angrenzenden Grundstück FINr. 1005 betreibt der Beigeladene schon eine Biogasanlage. Seine Hofstelle mit Wohnhaus, Maschinenhalle und Rinderstall auf dem südwestlich des Vorhabens liegenden Grundstück FINr. 1011 soll aufgegeben werden. Der Kläger unterhält auf den weiter südlich liegenden Grundstücken FINrn. 1008 und 1014 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Mastschweine- und einem Zuchtsauenstall. Sein Wohnhaus ist etwa 150 m vom geplanten Hähnchenmaststall entfernt. Zudem ist er Eigentümer der Grundstücke FINr. 1021 (genutzt zum Getreideanbau), FINrn. 1002 und 1030 (mit drei als Immissionsorte BUP 2, 4 und 5 untersuchten Biotopen) und FINr. 1015.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 erteilte das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen dem Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Nr. 1) unter Nebenbestimmungen zum Lärmschutz (Nr. 3.7.1); eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Niederschlagswasserbeseitigung wurde einem separaten Verfahren vorbehalten (Nr. 2). Die genannte Nebenbestimmung wurde im Lauf des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens durch Bescheid des Landratsamts vom 15. Januar 2013 ergänzt. Die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete sowie die getrennt hiervon gegen den Ergänzungsbescheid vom 15. Januar 2013 erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 19. Februar 2013 abgewiesen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) geltend.

Der Beklagte und der Beigeladene haben jeweils beantragt, die Berufung nicht zuzulassen; sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, das verfahrensfehlerfrei zustandegekommen und auch materiellrechtlich zutreffend sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht darzulegen.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 ff.). Dies ist vorliegend dem Kläger mit seinem Vortrag nicht gelungen.

1.1. Der Kläger stützt ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf, dass das Verwaltungsgericht im Bezug auf Geruchsimmissionen den Wert von 0,25 (25% der Jahresgeruchsstunden), der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - in der Fassung vom 29.2.2008 und einer Ergänzung vom 10.9.2008 mit Begründung und Auslegungshinweisen in der Fassung vom 29.2.2008) genannt ist, nur als Anhaltspunkt, nicht aber als starre Obergrenze angesehen und demzufolge die beim Kläger gegebene Überschreitung (Geruchshäufigkeit von 37%) als rechtens angesehen hat (nachfolgend beziehen sich Seitenangaben „bei Feldhaus S. xy“ auf die Veröffentlichung der GIRL in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, C 4.11 (LAI)). Der Kläger macht geltend, jegliche Überschreitung des Wertes 0,25 führe grundsätzlich zu einer Rechtsverletzung des Betroffenen (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 3 unten, S. 4 oben). Dem ist nicht zu folgen. Denn zum einen entfalten die GIRL sowie die hierzu ergangenen Auslegungshinweise mangels entsprechender Rechtsqualität keine die Verwaltungsgerichte bindende Wirkung (1.1.1). Zum andern lässt sich der GIRL und den Auslegungsweisen nicht entnehmen, dass der vorliegende Sachverhalt unter Nr. 3.1 GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen abschließend und ausnahmslos mit dem vom Kläger angenommenen Ergebnis geregelt wäre (1.1.2).

1.1.1. Zur Rechtsqualität der GIRL und vergleichbarer Regelwerke hat das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 28.7.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083, Rn. 3) ausgeführt: „Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden (U.v. 19.1.1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197; B.v. 24.1.1992 - BVerwG 4 B 228.91 - Buchholz 406.12 § 4a BauNVO Nr. 2 juris Rn. 6; BGH, U.v. 21.6.2001 - III ZR 313/99 - BRS 64 Nr. 171 S. 665 f.), und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind“. Die GIRL enthält technische Normen, die auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (OVG NRW, B.v. 14.1.2010 - 8 B 1015/09 - RdL 2010, 124, Rn. 31 und 32 unter Hinweis u. a. auf BVerwG, B.v. 7.5.2007 - 4 B 5.07 - BauR 2007, 1454). Vorliegend war deshalb das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers von Rechts wegen nicht gehindert, den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) genannten Wert von 0,25 nicht als absolute Obergrenze anzusehen. Die Annahme einer derartigen Bindungswirkung wäre demgegenüber rechtlich nicht haltbar.

1.1.2. Auch inhaltlich rechtfertigen Regelungen und Systematik der GIRL sowie der Auslegungshinweise hierzu nicht die Annahme, der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL genannte Wert von 0,25 (bei Feldhaus S. 32) sei eine Obergrenze, die in keinem Fall überschritten werden dürfe. In Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1 (bei Feldhaus S. 4), ist für drei verschiedene Gebietsarten ein Immissionswert (IW) angegeben, der diejenige Grenze der Gesamtbelastung durch Geruchsimmissionen beschreibt, bei deren Überschreitung i.d.R. eine erhebliche Belästigung vorliegt. Allerdings berücksichtigt Nr. 3.1 i. V. m. Nr. 5 GIRL (vgl. bei Feldhaus S. 5 oben, S. 13), dass zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ein Vergleich mit den Immissionswerten der Tabelle 1 mitunter nicht ausreichen kann, so dass im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat, die nach der Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls einer Vielzahl von Kriterien zu einem Ergebnis führen kann, das von den Werten in Tabelle 1 (Nr. 3.1 GIRL) nach oben oder nach unten abweicht. Hieraus ergibt sich, dass bereits den in der GIRL genannten Immissionswerten keine abschließend geregelte Verbindlichkeit zukommen soll. Die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) besagen nichts Gegenteiliges, sondern bestätigen diesen Befund. Denn dort werden die „speziellen Fälle“, zu denen auch die vom Kläger angesprochene Möglichkeit der Erhöhung des Immissionswerts auf bis zu 0,25 bei Geruchsimmissionen und schutzbedürftigen Objekten im Außenbereich gehört, ausdrücklich als „Beispiele“ bezeichnet; die Auslegungshinweise schließen die Erhöhung der unter Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, genannten Immissionswerte auch in andern geeigneten Ausnahmefällen somit nicht aus. Zudem sieht Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 13/14) in begründeten Einzelfällen die Zulässigkeit weiterer Abweichungen von den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten vor. Die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 40 ff.) nennen als einen der möglichen, beispielhaft genannten Ausnahmefälle das Nebeneinander von geruchsemittierenden landwirtschaftlichen Betrieben und verweisen insoweit auf die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ (vgl. bei Feldhaus S. 42, S. 22 ff., S. 26 ff.). Wie der im Unterabschnitt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ enthaltene Hinweis auf einen ungewöhnlichen, vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall des „landwirtschaftsbezogenen Wohnens“ zeigt (B.v. 18.3.2002 - 7 B 315/02 - NVwZ 2002, 1390), kann unter besonderen Umständen sogar eine Geruchshäufigkeit von 50% noch zumutbar sein.

Zutreffend ist zwar, dass bei der Annahme, eine Geruchshäufigkeit von mehr als 25% sei noch zumutbar, auch im Außenbereich große Zurückhaltung geboten ist und der soeben genannte Wert einer Geruchshäufigkeit von 50% nicht zur regelmäßigen Beurteilung solcher Fälle herangezogen werden soll (GIRL, bei Feldhaus S. 29). Dies bedeutet aber umgekehrt, dass bei einem Nebeneinander mehrerer emittierender landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe in besonderen Einzelfällen auch derartige Geruchshäufigkeiten zumutbar sein können. Auch nach dem Regelungsgehalt und der Systematik der GIRL ist der Immissionswert von 0,25 danach keine absolute Obergrenze. Der vom Kläger (im Schriftsatz vom 11.6.2013, S. 2 und 3) auch für seinen Fall für zutreffend gehaltenen Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (U.v. 24.4.2012 - 3 K 6274/09 - juris, Rn. 85 bis 87, und B.v. 6.12.2012 - 3 L 1208/12 - juris, aufrechterhalten im B.v. 18.6.2013 - 3 K 5158/12 - juris), wonach der Wert von 0,25 die „absolut zulässige Obergrenze“ sei, ist somit nicht zu folgen. Soweit sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Urteil vom 24. April 2012 (a. a. O., Rn. 86) seinerseits auf ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, U.v. 25.3.2009 - 7 D 129/07.NE - ZfBR 2009, 482) beruft, ist dies nicht gerechtfertigt; dort findet sich eine derartige wörtliche oder sinngemäße Aussage („absolute Obergrenze“) gerade nicht; vielmehr spricht das Gericht - relativierend - stets nur von einer „regelmäßigen“ Unzumutbarkeit von Geruchshäufigkeiten oberhalb von 25%. Zur rechtlichen Bedeutung des Wertes 0,25 in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL hat sich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 25. März 2009 nicht geäußert, sondern auf die - oben genannte - frühere Entscheidung vom 18. März 2002, a. a. O. („landwirtschaftsbezogenes Wohnen“), hingewiesen, die einen solchen „Nachbarstreit“ betraf. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erwähnt zwar den vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (U.v. 25.3.2009, a. a. O., Rn. 127 und 128) betonten Unterschied zwischen einer planerischen Abwägung im Hinblick auf Geruchsbelastungen einerseits (nur diese war Gegenstand des Urteils vom 25.3.2009) und Nachbarstreitigkeiten andererseits; es meint aber zu erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eine absolute Obergrenze bei 0,25 auch zum Schutz betroffener Nachbarn anzuerkennen bereit sei (VG Düsseldorf, U.v. 24.4.2012, a. a. O., Rn. 87). Im Nachgang zum Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012, a. a. O., hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Frage, ob der genannte Wert von 0,25 eine absolute Obergrenze darstelle, ausdrücklich offen gelassen (OVG NRW, B.v. 9.12.2013 - 8 A 1451/12 - juris, Leitsatz 5 und Rn. 67 ff.), wenngleich es mit weiteren Ausführungen keinen Zweifel daran gelassen hat, dass nach den Intentionen der GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen verschiedene Umstände, die bei landwirtschaftlichen Anwesen mit Wohnungen im Außenbereich typischerweise vorliegen, schon durch die zugelassene Anhebung des nach Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, für Dorfgebiete geltenden Immissionswerts (0,15) auf 0,25 berücksichtigt werden und eine Überschreitung auch dieses Werts ganz besonderer Ausnahmegründe bedarf.

1.2. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht besondere Ausnahmegründe angenommen und dabei wesentlich darauf abgestellt, dass die am Wohnhaus des Klägers zu erwartende Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen (37% Geruchshäufigkeit) überwiegend vom Kläger selbst verursacht wird, zumal das Wohnhaus direkt neben den eigenen Stallanlagen steht (S. 14 Mitte des Urteils). Dass gleichwohl besondere Ausnahmegründe nicht vorliegen, ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger greift insofern das Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung an, ohne aber aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht den insoweit gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmen überschritten hätte (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11). Der Kläger macht geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden auch dann, wenn die zumutbare Geruchshäufigkeit - entgegen seiner Rechtsansicht - nicht bei maximal 25% liege; in diesem Fall wäre nämlich eine konkrete Einzelfallprüfung geboten, die vorliegend unterlassen oder jedenfalls fehlerhaft durchgeführt worden sei (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 4 unten, S. 5). Der Kläger bemängelt insoweit, das Verwaltungsgericht habe sich damit beschränkt, auf verschiedene Gerichtsentscheidungen zu verweisen, in denen - bei den dort zu beurteilenden Einzelfällen - höhere Geruchshäufigkeiten von bis zu 50% der Jahresstunden als zumutbar angesehen worden seien. Außerdem sei nach den Auslegungshinweisen zu Nrn. 1 und 5 GIRL (bei Feldhaus S. 29 und S 40 ff.) bei der Ermittlung der Geruchsbelastung durch den benachbarten Betrieb die im eigenen Betrieb erzeugte Belastung nicht hinzuzurechnen. Bei der anzustellenden Einzelfallbetrachtung seien daher die Geruchsimmissionen am Wohnhaus des Klägers aus seinem eigenen Betrieb nicht einzurechnen. Deshalb habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die vom angegriffenen Vorhaben verursachten Gerüche als nachrangig angesehen. Damit kann der Kläger nicht durchdringen.

Mit seinem Hinweis auf die nach seiner Ansicht vom Verwaltungsgericht missachteten Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL (Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der vom eigenen Betrieb erzeugten Geruchsbelastung) meint der Kläger wohl, bei der Einzelfallbetrachtung müsse (zugunsten des Klägers) die von seinem Betrieb verursachte Geruchsbelastung in die Gesamtbelastung einfließen, sie dürfe aber - ungeachtet ihres beträchtlichen Beitrags zur Gesamtbelastung - nicht (zu seinen Lasten) schutzmindernd bewertet werden. Derartiges ergibt sich aus den Auslegungsweisen aber nicht. Wenn vielmehr in den Auslegungsweisen zu Nr. 1 GIRL (bei Feldhaus S. 30, Abschn. 2) davon die Rede ist, dass Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen nicht in die Beurteilung der Geruchsimmissionssituation einzubeziehen sind, was auch Eingang in die Rechtsprechung (z. B. des NdsOVG, U.v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01) zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ der emittierenden landwirtschaftlichen Betriebe gefunden habe, so meint dies vielmehr das Gegenteil: Wohnhäuser, die zu benachbarten Tierhaltungsbetrieben gehören, sind in dieser „Schicksalsgemeinschaft“ von Wohnnutzungen und geruchsemittierenden Tierhaltungen, die jeweils gegenseitig sowohl Geruchsbelastungen verursachen als auch unter solchen Belastungen leiden, zwar nicht schutzlos gestellt, aber ihr Schutz ist stark gemindert. Das Verwaltungsgericht hat demzufolge die Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL zutreffend angewandt und überdies die in einer solchen „Schicksalsgemeinschaft“ berechtigte Erwägung angeführt, wonach ein Landwirt dann, wenn man seiner Wohnung innerhalb des landwirtschaftlichen Anwesens uneingeschränkte Schutzbedürftigkeit zugestände, durch Weiterführung seiner eigenen Tierhaltung einem Nachbarn jede Möglichkeit der betrieblichen Entwicklung nehmen könnte.

Demzufolge geht auch der Einwand des Klägers ins Leere, das Verwaltungsgericht habe - aufgrund der (vermeintlich) fehlerhaften Anwendung der Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL - zu Unrecht die vom streitigen Vorhaben verursachte Zusatzbelastung als nachrangig bezeichnet (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 5 oben). Vielmehr ergibt sich aus den unter Nr. 1.3 der Entscheidungsgründe (S. 12 unten des Urteils) wiedergegebenen Aussagen im immissionsschutztechnischen Gutachten des Büros h... vom 10. April 2012, dass der geplante Hähnchenmaststall mit Geflügelmistlagerung am Wohnhaus des Klägers (BUP 1) eine Zusatzbelastung von 2% verursacht, dass die derzeit vom Beigeladenen durch eine Biogasanlage und einen Rinderstall verursachte Belastung 7% beträgt, sich bei Errichtung des Hähnchenmaststalls und damit einhergehendem Wegfall des Rinderstalls aber auf 6% verringert, und dass die Gesamtbelastung bei Verwirklichung des Vorhabens (Vorbelastung durch Schweinemastbetrieb des Klägers, Biogasanlage und geplantem Hähnchenmaststall des Beigeladenen, Wegfall des Rinderstalls) 37% beträgt. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter ermittelten Anteile an der Geruchsimmissionsbelastung insgesamt sowie auch deren Höhe (37%) hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Einen Anteil von 6% bei insgesamt 37%, somit etwa ein Sechstel, als „nachrangig“ zu betrachten, stellt ein Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung dar, das die Grenzen des insoweit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmens nicht überschreitet.

1.3. Soweit der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf stützt, dass das immissionsschutztechnische Gutachten einen falschen tierartspezifischen Faktor angesetzt und veraltete meteorologische Daten aus dem Jahr 2002 eines etwa 30 km entfernt gelegenen Messstandorts zugrundegelegt habe, kann ihm nicht gefolgt werden.

Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass in Nr. 4.6 GIRL, Tabelle 4 (bei Feldhaus S. 13), ein Gewichtungsfaktor von 1,5 (das ist der vorliegend vom Gutachter verwendete Faktor) für die tierartspezifische Geruchshäufigkeit von Mastgeflügel (Puten, Masthähnchen) vorgesehen ist. Der Kläger hat weder in seinem in der (ersten) mündlichen Verhandlung vom 20. November 2012 - nur bedingt - gestellten Beweisantrag noch in der Begründung seines Zulassungsantrags dargelegt, weshalb die Anwendung des in Nr. 4.6 GIRL vorgesehenen tierartspezifischen Faktors methodisch oder aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse fehlerhaft sein soll. Seiner Antragsbegründung mangelt es deshalb an der gebotenen, von schlüssigen Gegenargumenten gestützten konkreten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts.

Gleiches gilt für den Einwand, dem Gutachten hätten ungeeignete meteorologische Daten zugrunde gelegen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unter Nr. 1.8 der Entscheidungsgründe über nahezu eine ganze Seite dargelegt und detailliert begründet, weshalb weder im Hinblick auf die Vergleichbarkeit des Messstandortes mit dem Vorhabensstandort noch in Bezug auf die Eignung älterer Wetterdaten Bedenken bestünden und dass zudem der auf diesem Gebiet hochkompetente Deutsche Wetterdienst keine Zweifel an der Verwendbarkeit der Daten geäußert habe. Hiermit hat sich der Kläger in keiner Weise auseinander gesetzt.

1.4. Erfolglos macht der Kläger geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden im Hinblick auf die - vom Verwaltungsgericht verneinten - erheblichen nachteiligen Einwirkungen von Ammoniakimmissionen auf den landwirtschaftlichen Grundstücken des Klägers (BUP 2, 4 und 5). Das Verwaltungsgericht hat auf S. 17 des angegriffenen Urteils unter Nr. 3.1 die Kriterien referiert, nach denen zu prüfen ist, ob erheblich nachteilige Ammoniakbelastungen vorliegen; unter Nr. 3.2 (S. 17/18) hat es sodann die im immissionsschutztechnischen Gutachten vorgenommenen Schritte - einschließlich einer Sonderfallbeurteilung mittels Ausbreitungsrechnung - dargelegt und nachvollzogen bis zu dem Ergebnis, dass angesichts einer in Bayern angenommenen maximalen ländlichen Hintergrundbelastung von 3 µg/m³ im vorliegenden Fall davon ausgegangen werde, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, womit schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten (S. 46 des Gutachtens). Das Gericht hat zwar nicht ausdrücklich, aber mit dieser Wiedergabe schlüssig zu erkennen gegeben, dass es das Gutachten insoweit für nachvollziehbar hält und keinen Grund zur Beanstandung sieht. Demgegenüber beschränkt sich der Kläger in der Antragsbegründung auf die Rüge, „eine konkrete weitergehende Überprüfung, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liegt“, sei im Gutachten unterlassen worden, eine konkrete Einzelfallprüfung sei nicht erfolgt. Er meint, das „pauschale Abstellen“ darauf, dass bei Annahme einer maximalen ländlichen Hintergrundbelastung in Bayern von 3 µg/m³ davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, wodurch schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten, genüge nicht, das Verwaltungsgericht hätte auch insoweit dem gestellten Beweisantrag nachkommen müssen.

Auch dieser Vortrag genügt jedoch nicht den Anforderungen an die gebotene Auseinandersetzung in der Begründung des Zulassungsantrags mit den entscheidungstragenden Gründen des Urteils. Der Kläger behauptet zwar die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens, legt aber nicht dar, inwiefern entweder dem immissionsschutztechnischen Gutachten unzutreffende Tatsachen als Anknüpfungspunkte zugrunde lägen, das Gutachten rechtliche Vorgaben fehlerhaft angewandt oder missachtet habe, wissenschaftlich methodisch fehlerhaft wäre oder unter welchen anderen rechtserheblichen Mängeln es litte mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht dem Gutachten nicht hätte folgen dürfen.

1.5. Erfolglos stützt der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch darauf, dass das streitige Vorhaben seine Rechte verletze, weil es schädliche Umwelteinwirkungen durch luftgetragene Schadstoffe (Bioaerosole) emittiere. Die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts stehen in der Begründung und im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung insbesondere des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat sich im Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149 und 22 ZB 122 ZB 12.151 - juris, Rn. 16 bis 18, ausführlich mit der vom Kläger angesprochenen Problematik befasst. Er hat dargelegt, dass in Fällen von Geflügelmastanlagen, von denen Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger ausgehen können, das Immissionsschutzrecht derzeit keinen Gesundheitsschutz für Menschen gegen solche Schadstoffe vermitteln kann, weil der Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, und dass es verbindliche Grenzwerte für Keimemissionen oder Keimimmissionen nicht gibt. Die Risiken derartiger Immissionen sind nach den fachlichen Einschätzungen u. a. des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und des Bayerischen Landesamts für Umwelt, denen der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist, nicht abschließend quantifizierbar. Kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt; es fehlen wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgehen. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher im dort entschiedenen Fall (B.v. 22.3.2012, a. a. O.) angenommen, dass - entgegen der vorliegenden Antragsbegründung - die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung nicht den Grad eines generellen Besorgnispotenzials überschreitet und somit zwar über das - nicht drittschützende - Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen ist, aber nicht den Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auslösen kann mit der Folge, dass auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ausgeschlossen ist. An dieser Ansicht hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst im Beschluss vom 12. März 2014 - 22 ZB 13.2382 - juris, Rn. 17, festgehalten und ausgeführt, solange der Ursachenzusammenhang zwischen potentiellen Emissionen einerseits und den Beeinträchtigungen andererseits, die bis zu ernsten Gesundheitsschäden bei manchen Menschen reichen können, derart ungewiss und wenig erforscht ist wie im Fall von Bioaerosolen, komme allein die Anwendung des Vorsorgegrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG) in Betracht.

Die wenig substantiierten Ausführungen des Klägers in der Klagebegründung vom 31. August 2012 (S. 10) und die noch knappere Darlegung in der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. unten, S. 7 oben) sind nicht geeignet, diese Bewertung in Frage zu stellen. Der Kläger hat allgemein die starke Belastung der Luft in Tierställen mit Bioaerosolen und den Umstand angeführt, dass in Hähnchenmastställen diese Konzentration am höchsten sei und regelmäßig die MAK-Werte für einatembaren und alveolengängigen Staub übersteige. Mit diesem Vortrag übersieht der Kläger indes, dass gerade der Wert für die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) zwar Aussagen hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung von Arbeiten innerhalb des Tierstalls ermöglicht, aber keine zuverlässigen Folgerungen bezüglich der Immissionen außerhalb des Stalls, an benachbarten Grundstücken erlaubt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 12. März 2014 darauf hingewiesen, dass - nach einer im dortigen Verfahren abgegebenen fachlichen Stellungnahme des LGL vom 7. Juni 2010 - die Gefährlichkeit von Krankheitserregern in der Stallinnenluft wesentlich größer ist als in der Außenluft, was u. a. auf die schwach ausgeprägte Überlebensfähigkeit vieler Keime unter normalen Wetterbedingungen zurückzuführen ist (BayVGH, B.v. 12.3.2014, a. a. O., Rn. 19).

1.6. Soweit der Kläger erstmals mit dem Schriftsatz vom 11. Juni 2013 ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Bezug auf die vom streitigen Vorhaben zu befürchtende Vernässung seines landwirtschaftlichen Grundstücks FlNr. 1021 der Gemarkung B. geltend macht, liegt sein Vortrag außerhalb der zweimonatigen Antragsbegründungsfrist und ist daher unbeachtlich (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Abgesehen davon hat sich das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger geltend gemachten Gefahr, dass infolge der großflächigen Versiegelung des Stallgrundstücks Niederschlagswasser von dort aus sein Ackergrundstück FlNr. 1021 überfluten könne, im Urteil befasst; es hat diesbezügliche Befürchtungen des Klägers als unsubstantiiert und ohne ausreichende Tatsachengrundlage angesehen (Nr. 4.3 der Entscheidungsgründe auf S. 19 des Urteils). Überschwemmungsereignisse, die nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten sind, sind nicht zu berücksichtigen. Abgesehen davon haben sie für sich genommen keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie auch unabhängig von der bescheidsgemäßen Verwirklichung des strittigen Vorhabens eintreten könnten.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat der Kläger nicht dargelegt (Nr. 2 auf S. 7/8 der Antragsbegründung vom 24.4.2013). Der insoweit einzige, vom Kläger substantiiert angesprochene Gesichtspunkt des Immissionswertes von 0,25 (Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL) lässt sich - wie oben unter 1.2 geschehen - anhand der einschlägigen Regelungen in der GIRL, der Auslegungshinweise zur GIRL und unter Rückgriff auf die bisher ergangene Rechtsprechung zur Rechtsnatur der GIRL (vgl. oben 1.1.1) abarbeiten. Ferner weichen die tatsächlichen Details des vorliegenden Falls von anderen entschiedenen Fällen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht wesentlich ab.

3. Auch Verfahrensmängel in Gestalt der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht erfolgreich darzulegen. Der Kläger beanstandet insoweit die Behandlung derjenigen - bedingt gestellten - Beweisanträge durch das Verwaltungsgericht, die eine Immissionsbelastung durch Gerüche, Ammoniak und Bioaerosole betreffen (Beweisanträge Nrn. 1 bis 3 und 5). Dem ist nicht zu folgen.

Der „zum Beweis der Tatsache, dass ... schädliche Umwelteinwirkungen in Form von unzumutbaren Geruchsimmissionen verursacht werden“ gestellte Beweisantrag Nr. 1 war - wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe (S. 20 des Urteils) ausgeführt hat - nicht auf eine konkrete und individualisierte Tatsache, sondern auf die Ermittlung des durch richterliche Subsumtion zu klärenden Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 BlmSchG gerichtet und schon deshalb abzulehnen.

Entsprechendes gilt für den abgelehnten Beweisantrag Nr. 3 „zum Beweis der Tatsache, dass die geplante Anlage die auf dem Grundstück des Klägers ... liegenden Biotope des Klägers unzumutbar beeinträchtigt“. Die Unzumutbarkeit einer Beeinträchtigung ist keine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff. Versteht man als eigentlichen Gegenstand des Beweisantrags die als Begründung hierzu vom Kläger genannten Umstände (Höhe der Ammoniakeinträge, Überschreitung der Irrelevanzschwelle von 3 µg/m³ sowie der Gesamtbelastung von 10 µg/m³), so ist der selbstständig tragende Ablehnungsgrund des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach die behaupteten Tatsache durch das vom Beigeladenen vorgelegte Gutachten ausreichend widerlegt und der Kläger dem Gutachten nicht substantiiert entgegen getreten ist (Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe, S. 20 des Urteils). Für diesen Fall erkennt die Rechtsprechung die Zulässigkeit der Ablehnung eines Beweisantrags an, ohne dass damit gegen die Grundsätze der Überzeugungsbildung oder den Untersuchungsgrundsatz verstoßen würde (Happ, a. a. O., § 86 Rn. 39, 44 m. w. N.).

Die mit dem Beweisantrag Nr. 2 unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Zusatzbelastung an Geruchsimmissionen durch den geplanten Hähnchenmaststall mit Mistlagerung am Wohnhaus des Klägers die Irrelevanzgrenze überschreite, zu einer Erhöhung der Geruchsbelastung führe und im Rahmen der Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen die Immissionsbelastung von 15% der Jahresstunden überschritten werde, hat das Verwaltungsgericht als wahr unterstellt und deshalb - verfahrensfehlerfrei - den Beweisantrag abgelehnt (Nr. 5.2 der Entscheidungsgründe).

Den Beweisantrag Nr. 5 „zum Beweis der Tatsache, dass durch die geplante Anlage am Wohnhaus und Grundstück des Klägers eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Bioaerosolimmissionen verursacht wird“ hat das Verwaltungsgericht - verfahrensfehlerfrei - mit der Begründung abgelehnt, dass eine Zumutbarkeitsgrenze für Bioaerosolimmissionen nicht existiert (Nr. 5.5 der Entscheidungsgründe, S. 21 des Urteils). Hinzu kommt, dass eine Beweisaufnahme zur Schließung fachwissenschaftlicher Wissenslücken in Bezug auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen von Bioaerosolen verfehlt wäre, weil ihre Ergebnisse die zur Herbeiführung eines neuen Erkenntnisstands nötigen weiteren wissenschaftlichen Studien und deren fachliche Diskussion nicht ersetzen könnten; eine eigenständige Risikobewertung durch Behörden und Gerichte wäre erst dann möglich und erfolgversprechend, wenn die Forschung so weit fortgeschritten wäre, dass die Fragen anhand gesicherter Befunde von anerkannter wissenschaftlicher Seite geklärt werden könnten (BayVGH, B.v. 22.3.2012, a. a. O., Rn. 18, unter Hinweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.2.2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 ff.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz: Streitwert für die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 2.7.2012 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 15.1.2013).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die den Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen des Beklagten vom 12. Juni 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 5. Juli 2013 für die Errichtung eines Mastschweinestalls, eines Mutterkuhstalls mit Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube sowie eines Getreidelagers auf den Grundstücken FlNr. ... und ... Gemarkung F.

Die Antragsteller waren bis zur Eintragung der Rechtsnachfolger im Grundbuch am 8. August 2013 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../... Gemarkung F. (Nachbargrundstück), das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zwischen 475 m und 560 m von den Bauvorhaben entfernt ist. Sie haben am 27. Juni und am 31. Juli 2013 beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen, die sie am 5. August 2013 erhoben haben. Mit Beschluss vom 23. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

In der Sache legen die Antragsteller auf Grundlage des von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachtens des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014 dar, dass die angefochtenen Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen erwarten ließen. Die bewertete Geruchshäufigkeit für Gerüche aus Tierhaltungsanlagen betrage bei Errichtung der geplanten Hofstelle und unter Berücksichtigung vorhandener Emittenten 18,6% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller (auf Grundlage der Geruchs-Immissionsrichtlinie i. d. F. vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008 - GIRL - i. V. m. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2, November 2012 - VDI 3894 Blatt 2). Der Schutzbedürftigkeit der vorhandenen Wohnbebauung sei gegenüber den nicht privilegierten Vorhaben der Beigeladenen Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus wenden die Antragsteller Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts ein.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Baugenehmigungen für den Neubau eines Mastschweinestalls, den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube und den Neubau eines Getreidelagers unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. August 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die von den Antragstellern aufgeworfenen immissionsfachlichen Thematiken seien vom Verwaltungsgericht in einer für ein Eilverfahren äußerst ausführlichen Weise erörtert worden und könnten abschließend nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Die Beigeladenen beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Dem Anwesen der Antragsteller sei allenfalls die Schutzwürdigkeit eines Wohnanwesens in einem faktischen Dorfgebiet zuzubilligen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg.

1. Die Beschwerden sind zulässig. Insbesondere sind die Antragsteller nach Maßgabe der § 173 VwGO i. V. m. §§ 265, 266 ZPO antragsbefugt; weder die übrigen Verfahrensbeteiligten noch die neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks, die vom laufenden Verfahren in Kenntnis gesetzt wurden, haben beantragt, dass der Rechtsstreit von den neuen Eigentümern des Nachbargrundstücks zu übernehmen ist. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt zudem aus ihrem Nießbrauchsrecht an dem Nachbargrundstück.

2. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen im Ergebnis keine Abänderung oder Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Insbesondere rufen die zugelassenen Vorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache wohl keine schädlichen Umwelteinwirkungen am Anwesen der Antragsteller durch Gerüche hervor, die zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigungen wegen einer hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgenden Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen könnten.

a) Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung für den Neubau eines Getreidelagers (Bauantrag-Nr. F-2013/009) anfechten, werden ihre Rechte offensichtlich nicht verletzt. Es ist nicht erkennbar, dass der Betrieb des Getreidelagers zu einer Belästigung am Anwesen der Antragsteller führen kann.

b) Die Baugenehmigung für den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube (Bauantrag-Nr. F-2013/006) ist - jedenfalls für sich betrachtet - voraussichtlich ebenso wenig geeignet, Rechte der Antragsteller zu verletzen. Aus dem Gutachten des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014, das die Antragsteller eingereicht haben und auf das sie sich berufen, ergibt sich, dass die Zusatzbelastung ohne Berücksichtigung des Gewichtungsfaktors fgesamt für die Gerüche aus dem Mutterkuhstall am Anwesen der Antragsteller (Immissionspunkt 1) bei 1% der Jahresstunden (vgl. Auswertung für die Beurteilungspunkte: Zusatzbelastung, Anhang 4 des D.-Gutachtens, ODOR_050 J00) und damit deutlich unter dem Irrelevanzkriterium von 2% der Jahresstunden liegt (Nr. 3.3 Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - i. d. F. 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008; vgl. auch GIRL v. 5.11.2009, Mbl. NRW Nr. 31 v. 27.11.2009, S. 529). Angesichts der im Verhältnis zur untersuchten Rinderhaltung (1.368 GE/s) vergleichsweise geringen Geruchsstoffströme aus der Mistlege (540 GE/s) und dem Fahrsilo (108 GE/s), ist mit dem Erreichen einer Geruchshäufigkeit von 2% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller wohl nicht zu rechnen.

Der Vortrag der Antragsteller, dass sich das Irrelevanzkriterium auf die von der gesamten (zu genehmigenden) Anlage ausgehende Zusatzbelastung bezieht (vgl. Nr. 3.3 GIRL mit Auslegungshinweisen), trifft zwar zu. Es erscheint aber eher fraglich, ob der vom Beigeladenen zu 2) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, (eines) Fahrsilos, (einer) Güllevorgrube und (einer) Güllegrube“ (Bauantrag-Nr. F-2013/006) und der vom Beigeladenen zu 1) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mastschweinestalls“ (Bauantrag-Nr. F 2013/005) als gemeinsame Anlage entsprechend § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV zu bewerten sind. Auch wenn die Betriebseinrichtungen Güllegrube, Fahrsilo und Mistlege von den Beigeladenen gemeinschaftlich genutzt werden und die Betriebe der Beigeladenen als Bewirtschaftungseinheit gesehen werden können, sind ihre Unternehmen jeweils eigenständige landwirtschaftliche Betriebe (siehe Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 22.4.2013; vgl. Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 1 Rn. 26; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 4 Rn. 25, 30 jeweils m. w. N.; ebs. wohl Auslegungshinweise zu Nr. 3.3 GIRL Abs. 4).

c) Die Zusatzbelastung durch den Mastschweinestall (Bauantrag-Nr. F-2013/005) lässt sich der Auswertung im Gutachten von D. nicht entnehmen, weil die Zusatzbelastung der aus den im gewählten Beurteilungsgebiet vorhandenen Schweinehaltungen gesamt ausgewiesen wird (ODOR_075 J00 = 4,8%). Im Hinblick auf einen Geruchsstoffstrom von 3.600 GE/s (Mutterkuhstall 1.368 GE/s) ist aber voraussichtlich von einer Überschreitung des Irrelevanzkriteriums am Anwesen der Antragsteller auszugehen. Gleichwohl spricht derzeit Überwiegendes für die Erfolglosigkeit der Klage der Antragsteller gegen den Mastschweinestall. Das gilt auch dann, wenn die Zusatzbelastung aus dem Mutterkuhstall (einschließlich Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube) nicht als irrelevant i. S. d. Nr. 3.3 GIRL bewertet und eine einheitliche Betrachtung der Geruchswirkungen der angefochtenen Vorhaben angestellt würde.

aa) Entgegen der Darlegung der Antragsteller können sie zugunsten ihres Anwesen wohl nicht den Schutzanspruch eines Wohngebiets gegenüber Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung geltend machen. Die sich entlang der S-straße in Nord-Süd-Richtung entlangziehende, weitgehend einzeilige Bebauung wird - ihre Ortsteileigenschaft unterstellt (vgl. BVerwG, B.v. 25.5.1976 - 4 B 185/75 - juris) - wohl auch durch die nördlich des Anwesens der Antragsteller befindliche Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. ... geprägt, in der trotz der Neubauten auf den Grundstücken FlNr. ... und ... nach wie vor eine Pferdehaltung betrieben wird. Deren Vorhandensein spricht jedenfalls im nördlichen Bereich der Bebauung entlang der S.-straße, dem auch das Anwesen der Antragsteller angehört, tendenziell für das Vorliegen eines faktischen Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO) oder einer von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung geprägten Gemengelage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Bei der Bewertung des Gebietscharakters kommt es - anders als die Antragsteller einwenden - nicht darauf an, was nach Darlegung des Gutachters unter Bezugnahme auf die Begründung und die Auslegungshinweise der GIRL unter einem Dorfgebiet zu verstehen sei. Insbesondere ist für die nach § 34 Abs. 2 BauGB vorzunehmende Prüfung, ob die nähere Umgebung einem Dorfgebiet entspricht, nicht vorauszusetzen, dass sich eine über Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte historisch gewachsene Struktur entwickelt hat (die Ausführungen des Gutachters beziehen sich auf die Erläuterung in den Auslegungshinweisen zur „Ortsüblichkeit“ landwirtschaftlicher Gerüche; in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL wird lediglich der Wortlaut des § 5 Abs. 1 BauNVO wiedergegeben). Aus den von den Antragstellern vorgelegten Kopien eines „Baulinienplans von 1964“ folgt nichts anderes, weil dieser ggf. übergeleitete Baulinienplan als einfacher Bebauungsplan i. S. d. § 30 Abs. 3 BauGB weder Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält noch eine Abgrenzung des Außen- vom Innenbereich vornimmt (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2013 - 2 ZB 12.2318 - juris Rn. 12 f. m. w. N.; BayVGH, U.v. 15.7.2005 - 1 B 04.1080 - juris). Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Randlage des wohngenutzten Grundstücks der Antragsteller zum Außenbereich hingewiesen. Insoweit ist die Geruchs-Schutzwürdigkeit gemindert (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 1 ZB 12.1021 - juris Rn. 20; vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - NVwZ 2011, 433 = juris Rn. 32; vgl. auch Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL i. d. F. vom 29.2.2008, zu Nr. 3.1). Die Auffassung der Antragsteller, die gegenständlichen Nutzungen seien nicht privilegiert, teilt der Senat angesichts der nachvollziehbaren Stellungnahmen des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 3. April 2013, vom 22. April 2013 und vom 29. Mai 2013 nicht. Von Vorstehendem ausgehend erscheint angesichts des weitgehend von Außenbereichsgrundstücken umgebenen Wohngrundstücks der Antragsteller und der auch landwirtschaftlich geprägten Umgebungsbebauung selbst im Rahmen der Beurteilungskriterien der GIRL eine Gesamtbelastung von bis zu 20% der tierartspezifischen Geruchshäufigkeit vertretbar. Die im Gutachten von D. ermittelte Gesamtbelastung von 18,6% der Jahresstunden wäre damit wohl auch nach den Maßstäben der GIRL noch zumutbar.

bb) Gegen einen Erfolg der Klagen sprechen auch die ausnehmend konservativen und zum Teil unzutreffenden Annahmen des Gutachtens von D., die eine uneingeschränkte Verwertbarkeit der sachverständigen Untersuchung eher fraglich erscheinen lassen, soweit darin eine Überschreitung des Immissionswerts von 15% (verursacht durch Tierhaltungsanlagen) für Dorfgebiete bzw. für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich (vgl. Nr. 3.1 Punkt 2 der Auslegungshinweise zur GIRL) ermittelt wird.

Aus der Auswertung für den „Beurteilungspunkt 01: Zusatzbelastung“ folgt, dass die mit einem Gewichtungsfaktor f von 1 angeführte Geruchsbelastung (ODOR 100 J00) eine Geruchsstundenhäufigkeit von 14,5% umfasst. Darin ist neben dem Fahrsilo und den Mistlegen insbesondere die nahe zum Grundstück der Antragsteller gelegene Pferdehaltung enthalten. Insoweit wird im Gutachten von D. „konservativ von 65 Pferden“ ausgegangen, obwohl auf dem Pferdehof nicht nur Pferde, sondern Pferde und Ponys gehalten werden, was im Hinblick auf die mittlere Tierlebendmasse (GV/Tier) von Bedeutung ist (vgl. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A wonach für Pferde über 3 Jahre eine mittlere Tierlebendmasse von 1,1 GV/Tier und bei Ponys und Kleinpferden nur von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist). Dass auf dem Pferdehof auch Ponys bzw. Kleinpferde gehalten werden, ergibt sich nicht nur aus den rein tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch aus den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauvorlagen. Mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1998 (Az. F97/296) für die Nutzungsänderung der landwirtschaftlichen Gebäude auf dem Grundstück FlNr. ... in Pferdehaltung und Errichtung von Pferdekoppeln hat die Antragsgegnerin auch die dem Bauantrag zugrundeliegende Betriebsbeschreibung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt. Danach werden sowohl in der Zucht als auch in Ausbildung, Pension, Schulbetrieb etc. ausschließlich Islandpferde eingesetzt. Hierbei dürfte es sich wohl um Kleinpferde i. S. d. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A handeln, für die eine mittlere Tierlebendmasse von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist.

(2) Ferner wurde nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Pferde auf der Koppel gehalten wird (vgl. VDI 3894 Blatt 2 Anhang B Fußnote e). Der Vortrag, ausweislich der Augenscheinfeststellungen habe sich eine Reihe von Pferden tagsüber in den Stallungen bzw. auf dem Hof befunden, weshalb in der Prognose kein genereller täglicher Wechsel zwischen Koppel- und Stallhaltung angenommen werden könne, greift zu kurz, weil auch ein relativer Ansatz der sich regelmäßig auf der Koppel aufhaltenden Zahl von Pferden angesetzt werden kann (der behördliche Immissionsschutz beim Landratsamt ist insoweit von 10 bis 15 Tieren ausgegangen).

(3) Schließlich ist es wohl nicht vertretbar, dass für die Pferdehaltung ein Gewichtungsfaktor von 1 angesetzt wurde. Dies entspricht zwar einer konformen Anwendung der GIRL (vgl. Nr. 4.6 GIRL; ebs. VDI 3894 Blatt 2 Anhang F), führt aber zu einer kaum zu rechtfertigenden negativen Bewertung des Belästigungsgrads von Gerüchen aus der Pferdehaltung im Verhältnis zur Schweine- (Gewichtungsfaktor 0,75) oder zur Milchkuhhaltung (Gewichtungsfaktor 0,5). Aus der fehlenden Bewertung des Ausmaßes der Geruchsbelastung für die Tierart „Pferd“ in der Untersuchung „Geruchsbeurteilung aus der Landwirtschaft“ (vgl. Sucker/Müller/Both, Bericht zu Expositions- Wirkungsbeziehungen, Geruchshäufigkeit, Intensität, Hedonik und Polaritätenprofile, Materialienband 73, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, S. 31, 41), aus der die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren für die Tierarten Mastgeflügel, Mastschweine und Milchkühe in der GIRL 2008 abgeleitet wurden, darf nicht der Schluss gezogen werden, Gerüche aus der Pferdehaltung lösten eine stärkere Belästigungsreaktion aus als Gerüche aus der Schweine- oder Milchkuhhaltung. Genau dies unterstellt die GIRL im Ergebnis aber, wenn gefordert wird, dass für Tierarten, die nicht in der Tabelle 4 enthalten sind (also z. B. Pferde), kein Gewichtungsfaktor (also Faktor 1) einzusetzen ist. Sofern von Seiten des Gutachters dargelegt wird, nach Aussage von maßgeblich am Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (a. a. O.) Beteiligten gebe es derzeit keine wissenschaftlich fundierten Daten, die u. a. Abschläge für Pferde rechtfertigten, wirft dies die Frage auf, ob die GIRL damit überhaupt auf Tiergerüche aus der Pferdehaltung anwendbar ist. Denn neben der relativen Geruchshäufigkeit wird in der GIRL 2008 beim Geruch aus Tierhaltungsanlagen durch Einführung eines belästigungsrelevanten Kennfaktors eben auch berücksichtigt, welche tierartspezifische Geruchsqualität auftritt. Dem liegt der genannte Forschungsbericht „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ zugrunde, wonach die nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist (vgl. dort z. B. Nr. 5 Punkt 3,). Weshalb dies bei der Tierart Pferd anders sein soll, erschließt sich nicht. Insbesondere ist wohl nicht zu erwarten, dass die Geruchsqualität für die Tierart Pferd im Vergleich zur Tierart Rind eine stärkere Belästigungsreaktion auslöst. So erscheint es nach den „Abstandsregelungen für Rinder- und Pferdehaltung“ (Arbeitspapiere des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“, Stand 10/2013, Kap. 3.3.2) nicht sachgerecht, für Pferde als in der Tabelle 4 der GIRL nicht genannten Tierart einen Faktor f von 1 anzusetzen, weil die Techniken der Pferdehaltung in Bezug auf Aufstallung, Lüftung, Entmistung und Mistlagerung aus der Rinderhaltung bekannt und vergleichbar sind und die Geruchsintensitäten in der gleichen Größenordnung (wie bei der Rinderhaltung) liegen. Der charakteristische Geruch dieser Tierarten (Rind und Pferd) sei zwar unterschiedlich, die hedonische Geruchswirkung (Anm.: i. S. v. „Lästigkeit“ und damit vergleichbar mit der Belästigungswirkung anhand der tierartspezifischen Geruchsqualität nach GIRL) sei jedoch ähnlich. Für Pferde sei daher derselbe tierartspezifische Faktor wie für Rinder anzusetzen (vom Bayerischen Arbeitskreises wird ein Gewichtungsfaktor 0,4 für Milchkühe mit Jungtieren, Mastkälberhaltung und Pferdehaltung empfohlen). Diesen nachvollziehbaren Erwägungen trägt die Begutachtung durch D. keine Rechnung.

cc) Schließlich kann die GIRL zwar im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, eine irgendwie geartete Bindungswirkung oder ein Vorrang vor anderen Bewertungsmethoden besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 10 m. w. N.; OVG NW, U.v. 30.1.2014 - 7 A 2555/11 - juris Rn. 69 ff. m. w. N.; BVerwG, B.v. 28.7.2010 - 4 B 29/10 - BauR 2010, 2083 = juris Rn. 3 m. w. N.). Die immissionsschutzfachliche Bewertung durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013 auf Grundlage der VDI 3894 Blatt 2 tritt deshalb gleichrangig neben die Begutachtung durch D. Daraus ergibt sich, „dass die Geruchsgrenzwerte nicht für die einzelnen Anlagen und nicht für die summierten Geruchsemissionen der Tierställe weder für allgemeine Wohngebiete (10% der Jahresstunden) noch für Dorfgebiete (15%) am Haus der Antragsteller oder sonstigen Wohnhäusern erreicht werden“. Zur nördlich gelegenen Pferdestallung bestehe aus immissionsfachlicher Sicht ein ausreichender Abstand zum Wohnanwesen der Antragsteller selbst dann, wenn ein Geruchsfaktor von 1 angesetzt würde. Der gegen die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes gerichtete Einwand, die vereinfachte Methode zur Beurteilung von Geruchsstoffimmissionen aus Tierhaltungsanlagen mit Hilfe der Abstandsregelung der VDI 3894 Blatt 2 berücksichtige kumulierende Wirkungen von umliegenden Anlagen nur bedingt, folgt dem Ansatz der von den Antragstellern präferierten GIRL für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen. Für Tierhaltungsanlagen, die - wie hier - keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, kann die GIRL zwar „sinngemäß angewendet werden“, insoweit wird aber auch auf die Anwendbarkeit der Abstandsregelungen der VDI 3471 und VDI 3472 hingewiesen, die durch die VDI 3894 Blatt 1 und 2 ersetzt wurden.

d) Soweit die Antragsteller Verfahrensmängel des angefochtenen Beschlusses geltend machen, kommt eine allein mögliche Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 130 Rn. 4 m. w. N.) nicht in Betracht.

aa) Es bedarf weder des Einverständnisses eines Verfahrensbeteiligten dafür, dass die Kammer in Urlaubsabwesenheit des Berichterstatters, „der sich die Örtlichkeiten angeschaut und den Tatsachenvortrag und die Rechtsansicht der Parteien in diesem Termin auch gehört hatte“, entschieden hat, noch liegt darin ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Welche Richter über den Fall entscheiden, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 4 VwGO, § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG); das gilt auch für den Vertretungsfall. Das Verwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 zur Besetzung der Kammer Stellung genommen. Danach waren am 23. August 2013 die Vorsitzende und der Berichterstatter in Urlaub, weshalb die nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2013 zuständigen Vertretungsrichter an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal der Bevollmächtigte der Antragsteller den Erlass einer Zwischenverfügung beantragt hatte, „sofern sich das Gericht außer Stande sieht, kurzfristig über den Antrag nach §§ 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu entscheiden“, also auf die Dringlichkeit einer Entscheidung hingewiesen hatte. Dass der Berichterstatter wegen Urlaubsabwesenheit nicht an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, obwohl er am 5. August 2013 den Augenschein eingenommen hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere bleibt eine durchgeführte Augenscheinnahme als Beweisaufnahme auch dann eine zulässige Sachverhaltsermittlung, wenn der den Beweis aufnehmende Richter an der späteren Entscheidung nicht mitwirkt (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1992 - 4 B 251/92 - juris RdNr. 6). Der Berichterstatter hat im Augenscheintermin aussagekräftige Lichtbilder gefertigt und die Erklärungen der Beteiligten zu Protokoll genommen. Es ist nicht ersichtlich, dass die anlässlich des Ortstermins gewonnenen Erkenntnisse nicht uneingeschränkt verwertbar wären oder dass sich dem Verwaltungsgericht ein nochmaliger Ortstermin durch den Spruchkörper hätte aufdrängen müssen.

bb) Entgegen dem Vortrag der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht nicht dadurch gegen seine Ermittlungspflichten verstoßen, dass es davon abgesehen hat, die nach Auffassung der Antragsteller erforderliche umfassende Immissionsbeurteilung vornehmen zu lassen, obwohl der Gutachter der Antragsteller erklärt hatte, er erachte die 15%-Jahresstundengrenze aufgrund seiner Prognoseüberlegungen für überschritten.

Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der fachkundigen Bewertung der zu erwartenden Geruchsimmissionen durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... nach Maßgabe der VDI 3894 Blatt 2 davon ausgegangen, dass am Anwesen der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsimmissionen auftreten werden. Weitergehende Ermittlungen, insbesondere eine förmliche Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens, waren auch angesichts des besonderen Charakters des Eilverfahrens nicht veranlasst (vgl. Geiger in Eyermann, a. a. O., § 86 Rn. 1a m. w. N.).

Letztlich beanstanden die Antragsteller, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Bewertung der Geruchsimmissionen auf Grundlage der Abstandsregelungen der VDI 3894 Blatt 2 begnügt hat und keine Bewertung der Geruchsbelastung in sinngemäßer Anwendung der GIRL vornehmen hat lassen. Eine Verletzung der Ermittlungspflicht vermag diese Kritik an der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht nicht zu begründen.

cc) Die eingewandte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Die Antragsteller tragen vor, das Verwaltungsgericht habe ihnen keine Gelegenheit gegeben, auf die Aussagen der Bearbeiterin der fachlichen Stellungnahme des behördlichen Immissionsschutzes beim Landratsamt ... zu erwidern. Das trifft nicht zu. Die vom behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... gefertigte Stellungnahme vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013, auf die das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich abstellt, wurde den Antragstellern zugestellt und die Antragsteller haben sich damit u. a. im Schriftsatz vom 12. August 2013 auch auseinander gesetzt. Soweit auf eine Telefonnotiz in den Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts vom 6. August 2013 Bezug genommen wird, aus der sich ergibt, dass das Landratsamt keine technischen Möglichkeiten für eine Ausbreitungsberechnung nach TA Luft hat und die Voraussetzungen für die Einholung eines externen Gutachtens aufgrund der tatsächlichen Abstände nicht für gegeben erachtet, ist darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sehen. Auch der Vortrag, das Verwaltungsgericht setze sich nicht mit den Aussagen des Sachverständigen der Antragsteller auseinander, wonach eine Geruchsstundenhäufigkeit von mehr als 15% der Jahresstunden zu erwarten sei, lässt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs erkennen. Das Verwaltungsgericht hat entscheidungserheblich auf die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes auf Grundlage der Abstandsregelung nach VDI 3894 Blatt 2 abgestellt. Dies ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden. Dass die Antragsteller eine Beurteilung unter Einbeziehung der Vorbelastung für erforderlich gehalten haben, hat das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen (vgl. Rn. 16 des Beschlusses vom 23. August 2013). Darüber hinaus ist das Gericht weder dazu verpflichtet, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines der Beteiligten zu folgen, noch muss es jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich bescheiden. Deshalb kann allein aus der bloßen Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Beschwerdevorbringens auch nicht geschlossen werden, das Gericht habe es nicht zur Kenntnis genommen und sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst. Insoweit hindert Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht insbesondere auch nicht daran, das Beteiligtenvorbringen aus Gründen des materiellen Rechts nicht weiter aufzunehmen (BVerwG, B.v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 - juris Rn. 2).

dd) Schließlich haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren das ihrer Ansicht nach erforderliche Gutachten auf Grundlage einer Bewertung nach GIRL vorgelegt, das ihrem Antrag nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zum Erfolg verhilft, so dass die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg, weil die dargelegten Gründe keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO rechtfertigen (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO).

Der Senat sieht nach einer einem Eilverfahren wie diesem angemessenen summarischen Prüfung (vgl. BVerfG, B. v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009,581) im Rahmen der von ihm eigenständig zu treffenden Ermessensentscheidung keine Notwendigkeit für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Antragsteller als Nachbarn können die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch ihrem Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage der Antragsteller wird aller Voraussicht nach jedoch erfolglos bleiben, weil der angefochtene Bescheid nicht an einem derartigen Mangel leidet.

Das Bauvorhaben des Beigeladenen wurde mit Baugenehmigung vom 9. März 2015 als Neubau eines Milchviehstalls genehmigt. Mit Ergänzungsbescheid vom 17. Juni 2015 fügte die Beklagte in die Baugenehmigung unter anderem eine Ziffer 1.8.2 ein, nach welcher im neuen Stallgebäude maximal 140 Milchkühe (entsprechen 168 GV) untergebracht werden können, wenn im bestehenden Stallgebäude eine Belegung mit 89 GV (Milchvieh/Jungvieh) nicht überschritten wird. Der Grundstücksteil, auf welchem der neue Milchviehstall errichtet werden soll, befindet sich im planungsrechtlichen Außenbereich. Das Bauvorhaben ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig. Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. 17 - einer Streuobstwiese -, welches ebenfalls dem planungsrechtlichen Außenbereich zuzurechnen ist und unmittelbar an das Baugrundstück angrenzt. Die ebenfalls den Antragstellern gehörenden Grundstücke Fl. Nrn. 182/3 und 182/2 liegen weiter südlich und sind im südlichen Bereich mit einem Wohnhaus bebaut. Das Gebiet wurde vom Erstgericht planungsrechtlich als faktisches Dorfgebiet eingestuft.

1. Die Antragsteller sind durch das Vorhaben keinen unzumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ausgesetzt.

a) Das Erstgericht stützte sich bei seiner tatrichterlichen Beurteilung auf die Stellungnahme des Fachbereichs Immissionsschutz des Landratsamts vom 22. April 2014, der die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 zugrunde lag (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen - Methode zur Abstandsbestimmung Geruch, November 2012), die zudem durch Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 6. August 2014 im Vorbescheidsverfahren (Az. Au 4 K 14.83 u. a.) ergänzt wurde. Danach ist an den Wohngrundstücken ein beurteilungsrelevanter Immissionswert von 10% zu erwarten. Der in Nr. 3.1 der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL), die hier als Orientierungshilfe herangezogen werden kann, für Dorfgebiete genannte Immissionswert von 15% ist damit nicht überschritten. Hinsichtlich der Streuobstwiese mag zwar eine Überschreitung des Immissionswerts von 25% nach Nr. 3.1 der GIRL für den Außenbereich vorliegen, jedoch befindet sich hier keine schützenswerte Bebauung. Auch der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass in die Stellungnahmen des Landratsamts falsche oder unsachgemäße Daten eingeflossen wären oder eine falsche Berechnungsmethode angewandt worden wäre. Die Berechnungen des Landratsamts werden durch das von den Antragstellern selbst eingeholte Gutachten der Fa. A. vom 22. Oktober 2014 bestätigt. Auch nach dieser Geruchsimmissionsprognose wird an dem Wohnhaus der Antragsteller (vgl. S. 19 Tabelle 3, Spalte 2 und Seite 22 Nr. 9: IP_8) der Immissionswert der GIRL von 15% mit 12% eingehalten. Die Antragsteller berufen sich auf Werte von 31% hinsichtlich ihres Wohnhauses, verkennen dabei jedoch, dass es sich hierbei um die tatsächliche Geruchsstundenhäufigkeit (vgl. Gutachten der Fa. A. vom 22. Oktober 2014, S. 19 Tabelle 3, Spalte 3) handelt. Diese tatsächliche Geruchsstundenhäufigkeit ist jedoch zur Ermittlung des beurteilungsrelevanten Immissionswerts mit dem tierspezifischen Faktor (hier 0,4 für Rinder) zu multiplizieren. Diese Berechnung hat auch der Gutachter der Antragsteller richtigerweise angestellt und so die beurteilungsrelevanten Immissionswerte (vgl. S. 19 Tabelle 3, Spalte 2) ermittelt. Dies entspricht den Ergebnissen der nun im Verfahren vorgelegten weiteren Stellungnahme des Landratsamts vom 19. August 2015.

b) Anders als der Antragsgegner und das Erstgericht bezieht die Geruchsimmissionsprognose vom 22. Oktober 2014 auch das unbebaute Grundstück der Antragsteller, Fl. Nr. 17 („Einordnung/Gebietsart: Außenbereich“), in seine Bewertung mit ein, ermittelt insoweit beurteilungsrelevante Immissionswerte von zwischen 19% und 39% und stellt diesen einen Beurteilungswert von 20% gegenüber. Dieser Ansatz trifft nicht zu. Der Immissionswert von 20% ist nach der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL zwar als Zwischenwert zwischen Dorfgebieten und Außenbereich genannt (vgl. zu Nr. 3.1. GIRL). Die in der GIRL und der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 genannten Immissionswerte beziehen sich aber auf Nutzungsbereiche, „in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten“, also „gegenüber schutzbedürftigen Nutzungen wie Wohnhäusern“ (vgl. z. B. Nr. 3.1 GIRL; VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 Nr. 1 Anwendungsbereich sowie Anhang F). Dieser Bezug auf schutzwürdige Nutzungen entspricht in etwa dem der Vorsorgeregelung in Nr. 5.4.7.1 TA Luft, wonach bestimmte „Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung“ nicht unterschritten werden sollen. In der Rechtsprechung wird hierfür eine zusammenhängende Wohnbebauung gefordert (vgl. BVerwG, U.v. 23.7.2015 - 7 C 10/13 - juris). Hiervon ausgehend ist das unbebaute Grundstück Fl. Nr. 17 der Antragsteller gegenüber Geruchsbelästigungen nicht schutzbedürftig, weil auf ihm keine auf Dauer für den Aufenthalt von Personen angelegte und schutzbedürftige bauliche Nutzung ausgeübt wird. Ob und inwieweit die Antragsteller eine bauliche Nutzung ihres Grundstücks Fl. Nr. 17 anstreben und eine konkretisierte privilegierte oder sonstige Nutzung auch in Betracht kommt, die einen Schutz vor Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Anspruch nehmen kann, wird nicht dargelegt.

c) Die Antragsteller tragen ferner vor, dass die Einordnung des südlich der E.-straße liegenden Baugebiets als Dorfgebiet nicht richtig sei. Vielmehr handle es sich um ein reines Wohngebiet. Wie das Erstgericht kann der Senat keine trennende Wirkung der E.-straße erkennen. Damit setzen sich die Antragsteller in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert auseinander. Angesichts der vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzung in der näheren Umgebung ist eine Einordnung als reines Wohngebiet zudem nicht nachvollziehbar (vgl. BayVGH, B. v. 7.10.2015 - 15 ZB 14.2115 - n. v.).

d) Zudem tragen die Antragsteller vor, sie seien unzumutbaren Staubimmissionen ausgesetzt, weil die E.-straße nicht befestigt sei. Dieser Vortrag ist falsch, da die E.-straße im fraglichen Bereich entgegen dem Vortrag der Antragsteller asphaltiert ist. Dies lässt sich allgemein zugänglichen Luftbildaufnahmen entnehmen (z. B. Bayern Atlas Plus oder Google Maps).

e) Die Antragssteller befürchten weiter unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen durch Kälberbrüllen, was bislang nicht berücksichtigt worden sei. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die bislang aufgestellten Kälberboxen überflüssig werden, da das Jungvieh im alten Stall untergebracht werden soll. Im Übrigen hat die Fachstelle beim Landratsamt berücksichtigt, dass der Beigeladene einen Offenstall errichten will (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6.8.2014 - Au 4 K 14.83 u. a.).

Auch durch den Transportverkehr ergibt sich keine unzumutbare Lärmbelästigung für die Antragsteller. Nach der Lärmbeurteilung durch den fachlichen Immissionsschutz vom 22. April 2014 sind die hinzukommenden landwirtschaftlichen Fahrten, die überwiegend auf öffentlicher Straße stattfänden, nach der TA Lärm nicht relevant, weil insgesamt die Grenzwerte der 16. BImSchV nicht überschritten werden. Diese Bewertung begegnet keinen Bedenken. Insoweit ist zu beachten, dass die TA Lärm für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen - wie hier - unmittelbar ohnehin keine Anwendung findet (Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm). Davon abgesehen sind Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm u. a. nur insoweit beachtlich, als sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen (was eine Verdoppelung des gesamten Verkehrsaufkommens auf der öffentlichen Verkehrsfläche erfordert) und die Immissionsrichtwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Dass diese Voraussetzungen hier gegeben sein könnten, ist weder dargelegt noch ernstlich in Betracht zu ziehen.

Die privaten Lärmmessungen sind insoweit nicht hinreichend wissenschaftlich fundiert, da es sich nur um stichpunktartige Messungen handelt. Im Übrigen wird auf die Stellungnahme des Landratsamts vom 19. August 2015 verwiesen.

f) Hinsichtlich einer Belästigung durch Bioaerosole liegen dem Landratsamt keine anerkannten Erkenntnisse vor. Zudem ist die Behauptung der Antragsteller nicht näher substantiiert.

g) Weiterhin führen die Antragsteller an, dass das Bauvorhaben nicht ausreichend erschlossen sei, da die E.-straße lediglich mit Fahrzeugen bis 7,5 t befahren werden dürfe. Der Beigeladene entgegnet insoweit, dass die E.-straße für Anlieger und landwirtschaftliche Fahrzeuge uneingeschränkt befahrbar sei. Die gerügte fehlende Erschließung kann aber dahinstehen, weil diese jedenfalls vorliegend nicht nachbarschützend ist.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit nicht in ein Kostenrisiko begeben hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung eines landwirtschaftlichen Betriebs.

Der Antragsteller ist Eigentümer des am nordwestlichen Rand eines Ortsteils des Markts D. gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 41 Gemarkung B. Mit Bescheid vom 9. Februar 2015 erteilte das Landratsamt Augsburg dem Beigeladenen die Baugenehmigung für den Umbau der bestehenden Maschinenhalle zu einem Rinder- und Kälberstall mit Heu- und Strohlager, für den Umbau und die Erweiterung des bestehenden Milchviehstalls sowie für die Errichtung einer mobilen Überdachung für Kälberiglus auf den unmittelbar südöstlich angrenzenden, landwirtschaftlich genutzten Grundstücken FlNr. 40 und 44.

Hiergegen hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. Juni 2015 mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Unabhängig davon, ob das Bauvorhaben im Außenbereich oder im unbeplanten Innenbereich liege, verletze die Baugenehmigung nach summarischer Prüfung nicht das Rücksichtnahmegebot. Es sei nicht zu befürchten, dass von dem Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen für den Antragsteller ausgingen. Nach einer geruchstechnischen Untersuchung führe die genehmigte Betriebserweiterung zu einer Erhöhung der bisherigen Geruchsbelastung am Anwesen des Antragstellers von 1% auf nunmehr insgesamt 16% der Jahresstunden. Das erscheine nach den Auslegungshinweisen der GIRL vertretbar, wonach in begründeten Einzelfällen Zwischenwerte zwischen Dorfgebiet und Außenbereich bis zu 20% Geruchsstundenhäufigkeiten möglich seien. Da das Grundstück des Antragstellers an den Außenbereich grenze, sei sein Schutzanspruch gemindert. Der Eigentümer eines am Rand des Außenbereichs gelegenen Grundstücks müsse mit den Auswirkungen landwirtschaftlicher Tätigkeit und der Neuansiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebs jederzeit rechnen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Geruchsbelastung sei zudem zu berücksichtigen, dass im bestehenden Jungviehstall die Zahl der Großvieheinheiten künftig deutlich reduziert werde. Von dem Bauvorhaben würde auch keine unzumutbare Lärmbelastungen für den Antragsteller ausgehen. Durch entsprechende Auflagen im Baugenehmigungsbescheid sei hinreichend sichergestellt, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen am Anwesen des Antragstellers ausgeschlossen seien. Ein vom Antragsteller vorgelegtes schalltechnisches Gutachten könne nicht herangezogen werden, weil die dort zugrunde gelegt TA Lärm auf immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen keine Anwendung finde. Zudem habe der Gutachter eine Überschreitung der nächtlichen Immissionswerte nur für den Fall von in der Realität nicht bestehenden Umständen angenommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Augsburg vom 9. Februar 2015 anzuordnen.

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich beschränkt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt.

Die im vereinfachten Verfahren erteilte Baugenehmigung verstößt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegen Vorschriften, die im Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO zu prüfen sind und (auch) dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das gilt auch für die von der Beschwerde allein geltend gemachte Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, und zwar unabhängig davon, ob das Erweiterungsvorhaben im Außenbereich oder im faktischen Dorfgebiet gelegen ist. Das drittschützende Rücksichtnahmegebot, das für nach § 35 BauGB zu beurteilende Vorhaben im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen als öffentlicher Belang in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (vgl. BVerwG, B. v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 - BauR 2001, 83 = juris Rn. 5) und für nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 18) enthalten ist, ist in beiden Fällen gleichermaßen zu beachten. Es wird zulasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss (vgl. BVerwG, B. v. 10.1.2013 - 4 B 48/12 - BauR 2013, 934 = juris Rn. 7; BayVGH, B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 21 m. w. N.). Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 22). Nach diesen Maßstäben wird das Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Antragstellers voraussichtlich weder durch die von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen hervorgerufenen Geruchsbelastungen (vgl. dazu unten 1.) noch durch unzumutbare Lärmbelastungen (vgl. dazu unten 2.) verletzt.

1. Durch das Erweiterungsvorhaben wird die Grenze des für den Antragsteller an Geruchsbelastungen Zumutbaren voraussichtlich nicht überschritten.

a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung zu Recht auf die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 gestützt. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass diese Richtlinie im Einzelfall als Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 17 ff.; B. v. 7.10.2015 - 15 ZB 14.2115 - juris Rn. 16; B. v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 9 ff.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris Rn. 7 ff.; U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040 u. a. - BayVBl 2016, 155 ff. = juris Rn. 536; B. v. 3.2.2014 - 1 NE 13.2508 - juris Rn. 10 ff.; ebenso für OVG LSA, U. v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 95 für Sachsen-Anhalt; VGH BW, U. v. 12.3.2015 - 10 S 1169/13 - juris Rn. 54).

In Anwendung dieser Richtlinie ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die nach der geruchstechnischen Untersuchung der Sachverständigen M. ... ... ... ... vom 17. März 2014 als Gesamtbelastung ermittelte Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 0,16 der Jahresstunden (= 16%) am Grundstück des Antragstellers zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn man annimmt, dass die Fläche, auf dem sich das Erweiterungsvorhaben des Beigeladenen befindet, nicht dem Außenbereich angehört, sondern dem faktischen Dorfgebiet, in dem auch das Grundstück des Antragstellers liegt. Zwar sind nach Nr. 3.1 Satz 2 (Tabelle 1) der GIRL die von einem Tierhaltungsbetrieb hervorgerufenen Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung den Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 (=15%) überschreitet. Dieser Wert entspricht im Grundsatz dem sich aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebot gegenüber land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL). Damit wäre hier die Zumutbarkeitsgrenze um 1% der Jahresstunden überschritten. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen feststehenden, schematisch anzuwendenden Wert. Soll - wie hier - eine nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungspflichtige landwirtschaftliche Anlage errichtet werden, ist vielmehr eine Einzelfallprüfung erforderlich, die auch eine Zwischenwertbildung zulässt (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ Abschnitt „Immissionswerte“, sowie zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Für die Höhe des Zwischenwerts ist die konkrete Schutzbedürftigkeit der von den Gerüchen betroffenen Flächen maßgeblich. Befindet sich ein den Geruchsbelastungen ausgesetztes Wohngebäude im Randgebiet zum Außenbereich, ist ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 96; Hess VGH, U. v. 1.4.2014 - 9 A 2030/12 - ESVGH 64, 191 = juris Rn. 64; vgl. auch BVerwG, U. v. 10.12.1982 - 4 C 28/81 - BRS 39, Nr. 57 = juris Rn. 19). Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei den vorliegenden Umständen der ermittelte Wert von 16% der Jahresgeruchsstundenhäufigkeit vom Antragsteller hinzunehmen ist, rechtlich nicht bedenklich. Nichts Anderes würde gelten, wenn die Fläche, auf der das Bauvorhaben verwirklicht werden soll, dem Außenbereich zuzuordnen wäre.

b) Die Ausführungen der Beschwerde geben keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

Der Einwand, die Wohnbebauung auf seinem Grundstück liege nicht am Rand des Dorfgebiets, sondern innerhalb des als Dorfgebiet einzustufenden Bereichs, greift nicht durch. Zwar ist es richtig, dass sich das Grundstück des Antragstellers nach den in den Behördenakten befindlichen Luftbildern und Lageplänen in dem mit dem Wohnhaus des Antragstellers bebauten, nordöstlichen Teilbereich noch innerhalb des Dorfgebiets befindet. Dennoch grenzt diese Fläche aber unmittelbar an den Außenbereich und liegt damit im Grenzbereich am südwestlichen (Orts-)Rand des Dorfgebiets. Den an der Grenze zwischen dem Innen- und Außenbereich gelegenen „Ortsrand“ bilden naturgemäß nicht diejenigen Grundstücke, die bereits im Außenbereich liegen, sondern alle Flächen im Übergang vom Innen- zum Außenbereich. Das sind alle Flächen, die noch im Innenbereich gelegen sind, jedoch unmittelbar an den Außenbereich grenzen. So verhält es sich mit dem Wohngrundstück des Antragstellers. Der Umstand, dass sich im Norden und Westen ebenfalls Wohngrundstücke anschließen, ändert an dieser Randlage ebenso wenig wie die Darstellungen im Flächennutzungsplan.

Auch die Tatsache, dass in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks des Beigeladenen in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Umfang Wohnbebauung entstanden und die landwirtschaftlichen Nutzung im Ortsteil B. auf dem Rückzug ist, wie der Antragsteller angibt, vermag die Zumutbarkeitsschwelle für Gerüche nicht zu vermindern. Denn dadurch ändert sich weder der Charakter des Dorfgebiets, das im Unterschied zum Mischgebiet (§ 6 BauNVO) nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der Hauptfunktionen abhängt (BVerwG, Urt. v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - BVerwGE 133, 377 = juris Rn. 10; VGH BW, B. v. 23.2.2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 59 m. w. N.), noch die Lage des Wohnanwesens des Antragstellers am Rand dieses Dorfgebiets.

Gleiches gilt für den Umstand, dass das Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers seit jeher als Wohngebäude genutzt wird. Auch dies ändert nichts daran, dass das Anwesen des Antragstellers am Rande des Dorfgebiets gelegen und sein Schutzanspruch deswegen geringer zu bewerten ist als bei Wohngrundstücken, die ebenfalls im Dorfgebiet liegen, aber nicht unmittelbar an den Außenbereich grenzen. Die vom Antragsteller hierzu angeführte Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts besagt nichts Anderes; auch in dieser Entscheidung wird in Anwendung der GIRL die Auffassung vertreten, dass für Dorfgebiete ein Regel-Orientierungswert von 15% der Jahresstunden gilt, am Rand des Dorfgebiets zum Außenbereich aber Werte von bis zu 20% zulässig sein können (vgl. NdsOVG, U. v. 9.4.2014 - 1 LA 60/13 - RdL2014, 208 = juris Rn. 14 und 24).

Der im Urteil der Verwaltungsgerichtshofs vom 8. September 1998 (Az. 27 B 96.1407 - BayVBl 1999, 215) aufgestellte Rechtssatz, dass Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs darauf vertrauen dürfen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht und dies allgemein nicht der Fall ist, wenn die Lärmbelästigung nicht über das in einem Misch- oder Dorfgebiet zulässige Maß hinausgeht, lässt ebenfalls keine andere Bewertung zu. Denn abgesehen davon, dass sich diese Entscheidung nicht zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsbelastungen verhält, die von einem im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässigen Vorhaben hervorgerufen werden, sondern zu Lärmbelastungen, die von einem im Außenbereich geplanten KFZ-Werkstatt herrühren, besagt die Entscheidung nicht, dass am Ortsrand keine abweichenden Maßstäbe gelten könnten.

Der Hinweis auf die Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, wonach beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung lediglich Zwischenwerte bis maximal 15% der Jahresstunden zulässig seien, vermag der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn das Wohngebäude des Antragstellers befindet sich nicht innerhalb geschlossener Wohnbebauung, sondern in einem Dorfgebiet, das nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO durch die Unterbringung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, von Wohnen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie von der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben gekennzeichnet ist.

Schließlich verfängt auch Rüge des Antragstellers nicht, das der Baugenehmigung zugrunde gelegte Immissionsschutz-Gutachten zur Ermittlung der Geruchsbelastung des Ingenieurbüros K. vom 22. Dezember 2014 könne nach der vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahme des Diplom-Physikers Dr. Z. vom 3. August 2015 deswegen keine tragfähige Grundlage für die Berechnung der Geruchsstundenhäufigkeit am Grundstück des Antragsteller bieten, weil die Wahl der Qualitätsstufe („rate=2“) im Modellsystem austal2000 als Eingabeparameter eine Unterschätzung der berechneten Geruchsstundenhäufigkeit zur Folge haben könne und weil die Verwendung des Grenzschichtmodells („Version 2.1“) für die Berechnungen nicht den Anforderungen der GIRL entspreche. Wie eine Neuberechnung durch den Gutachter K. anhand der von Dr. Z. als richtig angegebenen Eingabeparameter („rate=8“; Grenzschichtmodell „Version 2.6“) ergeben hat, wirkt sich dies am Wohngebäude des Antragstellers (Immissionsort IO 3) nicht entscheidungserheblich aus (vgl. Stellungnahme vom 7.9.2015, Blatt 24 ff. der Gerichtsakte). Soweit in dem Gutachten Dr. Z. vom 3. August 2015 beanstandet wird, dass bei der Berechnung durch das Gutachten K. eine „der guten fachlichen Praxis entsprechende Sensitivitätsanalyse unterblieben“ sei, legt der Antragsteller schon nicht dar (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), inwiefern dieser Mangel auf das Ergebnis der vom Gutachter K. errechneten Immissionswerte Einfluss haben könnte.

2. Der Antragsteller wird durch das genehmigte Vorhaben aller Voraussicht nach auch nicht mit unzumutbaren Geräuschimmissionen belastet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Zumutbarkeit der von dem Bauvorhaben hervorgerufenen Lärmimmissionen nicht notwendig anhand der Immissionsrichtwerte der TA Lärm zu beurteilen ist. Nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm sind nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wegen der besonderen Privilegierung der Landwirtschaft (vgl. BayVGH, B. v. 4.3.2015 - 22 CS 15.33 u. a. - juris Rn. 17; B. v. 10.2.2016 - 22 ZB 15.2329 - juris Rn. 22) ausdrücklich vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen. Landwirtschaftlichen Anlagen im Sinn dieser Bestimmung sind Anlagen, die, wie Lüftungsanlagen für Ställe, Melkmaschinen, Mähdrescher oder Traktoren im Rahmen der Urproduktion (vgl. § 201 BauGB), der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder der Zubereitung, Verarbeitung und Verwertung selbst gewonnener derartiger Erzeugnisse dienen (vgl. OVG NRW, B. v. 23.1.2008 - 8 B 237/07 - juris Rn. 44 ff. m. w. N.; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, TA Lärm Nr. 1 Rn. 16). Da Betriebe der Landwirtschaft im Hinblick auf ihren Standort beschränkt sind und lediglich im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) errichtet werden dürfen, sind dort die mit ihnen einhergehenden Immissionen gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots von benachbarten Nutzungen grundsätzlich hinzunehmen. Dies kommt etwa in der Formulierung der „vorrangigen Rücksichtnahme“ in § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Ausdruck, die sich gerade auch auf den Immissionsschutz bezieht und in erhöhtem Maß die Standortsicherheit der landwirtschaftlichen Betriebe gewährleisten soll (vgl. BR-Drs. 354/89 S. 49 f. zu § 5 BauNVO 1990). Die von landwirtschaftlichen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen (Tiergeräusche, Maschinenlärm, Geruchsentwicklung) sind gebietstypisch und daher in der Regel nicht als unzulässige Störung der in der Nachbarschaft vorhandenen oder geplanten Wohnnutzung anzusehen (vgl. BayVGH, U. v. 12.7.2004 - 25 B 98.3351 - juris Rn. 30; 30.9.2004 - 26 B 98.3323 - juris Rn. 20 f.; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn. 7).

Das schließt zwar nicht aus, die auf Gewerbelärm zugeschnittene TA Lärm (vgl. BVerwG, B. v. 3.5.1996 - 4 B 50/96 - NVwZ 1996, 1001 = juris Rn. 8) im Einzelfall auch auf von landwirtschaftlichen Betrieben herrührenden Lärm entsprechend anzuwenden, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen (vgl. VGH BW, U. v. 4.11.2014 - 10 S 1663/11 - NuR 2015, 123 = juris Rn. 55; OVG Saarl, B. v. 8.12.2014 - 2 B 363/14 - juris Rn. 7; Feldhaus/Tegeder, Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, 2014, Teil B Rn. 25 m. w. N.). Zwingend ist dies jedoch nicht. Auf die Einhaltung der nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm für Dorfgebiete festgelegten Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts kommt es daher nicht maßgeblich an. Eine Festlegung dieser Werte durch entsprechende Auflagen im Baugenehmigungsbescheid war entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht geboten.

Der Einwand des Antragstellers, der Betrieb des Beigeladenen sei bereits nach seinem derzeitigen Bestand, insbesondere durch die täglichen, in der Regel ab 5:30 Uhr und bis weit nach 22:00 Uhr durchgeführten Reinigungs-, Fütterungs-, Melk- und Pumpvorgänge bei geöffneten Stalltüren geeignet, den Nachrichtwert von 45 dB(A) am Wohnhaus des Antragstellers erheblich zu überschreiten, ist für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung damit ebenfalls ohne Bedeutung. Gleiches gilt für den mit Bezugnahme auf die gutachterliche Stellungnahme des Diplom-Physikers S. vom 30. Juli 2015 erhobenen Vorwurf, die aktuellen Vorgänge auf dem Hof des Betriebs oder die Emissionen des Maschinenraums, insbesondere im Fall der Inbetriebnahme von Kühlgerät, Melkmaschine und Hochdruckreiniger, aber auch die Futtermischung und Reinigung der Maschinen führten schon für sich genommen zu einer deutlichen Überschreitung des nächtlichen Richtwerts am Anwesen des Antragstellers. Unabhängig davon wird die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung nicht dadurch berührt, dass sich der Bauherr nicht an die Nebenbestimmungen einer (früheren) Baugenehmigung zum Immissionsschutz hält oder das Bauvorhaben sonst abweichend hiervon ausführt (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 25 m. w. N.; OVG SH, B. v. 30.9.2014 - 1 MB 33/14 - BauR 2015, 543 = juris Rn. 21; OVG Berlin-Bbg, B. v. 24.6.2014 - OVG 10 S 29.13 - juris Rn. 53). Entscheidend ist vielmehr allein, ob nach dem Inhalt der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Auflagen so festgelegt wurden, dass sie den Antragsteller ausreichend schützen und bei ordnungsgemäßem Betrieb erfüllt werden können (vgl. BayVGH, B. v. 27.11.2008 - 1 ZB 06.594 - juris Rn. 24; B. v. 29.6.2009 - 15 CS 09.860 - Rn. 24).

Dass dies hier nicht der Fall wäre, wird von der Beschwerde nicht substanziiert dargelegt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Insbesondere setzt sich diese nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, dass im Baugenehmigungsbescheid ausreichende Vorkehrungen getroffen worden seien, dass vom Betrieb des Beigeladenen keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, und dass bei Beachtung der Nebenbestimmungen Nr. 5.23 (Betrieb der Anlage entsprechend den Anforderungen an die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft, vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG) das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Lärmemissionen am Anwesen des Antragstellers mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne (vgl. Urteilsabdruck Rn. 74, 75). Der Vortrag, die Richtwerte der TA Lärm würden aktuell nicht eingehalten, reicht hierzu nicht aus.

3. Die Rüge des Antragstellers im Schriftsatz vom 22. Oktober 2015, die Baugenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), weil sich aus ihr mangels Betriebsbeschreibung der Tierbestand des Betriebs des Beigeladenen nicht entnehmen lasse, ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO verspätet, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist erhoben wurde. Im Übrigen setzt sich der Antragsteller nicht mit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auseinander (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), die künftige Tierhaltungszahl ergebe sich zweifelsfrei aus den genehmigten Bauplänen (vgl. Urteilsabdruck Rn. 78).

4. Der Hinweis auf die Wertminderung seines Grundstücks, die durch die Erweiterung des Betriebs des Beigeladenen eintreten soll, vermag die Beschwerde ebenfalls nicht zu begründen. Wertminderungen, die als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück entstehen, bilden für sich genommen oder am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 GG bzw. über das Gebot der Rücksichtnahme hinaus keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens (vgl. BVerwG, B. v. 17.2.1981 - 4 B 13/81 - BRS 38 Nr. 84 = juris Rn. 3; BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl 2013, 51 = juris Rn. 40; B. v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 24 m. w. N.). Eine Wertminderung hätte allenfalls indizielle Bedeutung für die Intensität eines (mittelbaren) Eingriffs in die Grundstückssituation des Nachbarn. Da der Eingriff aus den angeführten Gründen hier aber hinzunehmen ist, kommt darauf nicht an.

5. Entgegen der Annahme des Antragsteller ist die Baugenehmigung schließlich nicht deswegen rechtswidrig, weil das Bauvorhaben gegen das grundsätzlich auch im öffentlichen Recht geltende Schikaneverbot (vgl. § 226 BGB) verstößt. Ob dieses Rechtsinstitut neben dem Gebot der Rücksichtnahme ein eigenständiges Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung vermittelt, muss nicht entschieden werden (vgl. dazu BayVGH, B. v. 22.8.2012 - 14 CS 12.1031 - juris Rn. 13 f. m. w. N.; OVG MV, B. v. 16.4.2014 - 3 M 29/14 - juris Rn. 28; NdsOVG, B. v. 13.1.2010 - 1 ME 237/09 - RdL 2010, 98 = juris Rn. 11). Eine Schikane läge vor, wenn der Standort oder die Nutzung der genehmigten Anlagen keinem anderen Zweck als der Schädigung des Antragstellers dienten und der Beigeladene als Bauherr kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgen würde (vgl. BayVGH, B. v. 22.8.2012 - 14 CS 12.1031 - juris Rn. 13; OVG MV, B. v. 16.4.2014 - 3 M 29/14 - juris Rn. 28). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht substanziiert dargelegt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Soweit er hierzu pauschal „die Wahl des Standorts, in dem sämtliche lärmintensive Arbeiten durchgeführt werden“ anführt, wendet er sich offensichtlich gegen die aktuelle Situation auf dem Grundstück des Beigeladenen. Diese ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Dass mit der Baugenehmigung selbst - auch unter Berücksichtigung der Auflagen nach Nr. 5.17 bis 5.23 des Bescheids - ein Vorhaben zugelassen wird, das einen solchen Schädigungszweck verfolgt, macht der Antragsteller nicht geltend.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil dieser einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013, mit welcher diesem die Errichtung einer Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 der Gemarkung P. genehmigt wurde.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich und nördlich vom Baugrundstück gelegenen Grundstücks FlNr. 99 der Gemarkung P. Auf dem östlichen Teil des Grundstücks befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Klägers mit Wohnhaus, kleinem Wirtschaftsgebäude sowie einem großen, in mehrere Nutzungseinheiten aufgeteiltem Stall- und Betriebsgebäude samt geschlossener Güllegrube. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung (Milchvieh und Kälberaufzucht). Der westliche Teil des klägerischen Grundstücks ist unbebaut und landwirtschaftlich genutzt. Östlich und nördlich der klägerischen Hofstelle befindet sich Wohnbebauung. Das klägerische Grundstück wird auf seiner Westseite durch den Lohfeldweg erschlossen, der sich auf Höhe der Hofeinfahrt nach Norden hin verengt und als nicht asphaltierter Feldweg entlang des Baugrundstücks weiterführt. Entlang der Ostseite des Lohfeldwegs befindet sich ebenfalls Wohnbebauung. Die Westseite des Lohfeldwegs ist mit vier Wohnhäusern bebaut. Das genehmigte Doppelhaus erweitert die Wohnbebauung auf der Westseite nach Norden hin um zwei weitere Wohnhäuser. Das Stallgebäude liegt ca. 15 m an der engsten Stelle von dem Doppelhaus entfernt.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 erteilte der Beklagte einen Vorbescheid zur Errichtung zweier Doppelhaushälften mit Garagen und Carports auf dem damaligen Grundstück FlNr. 159/4 (nach Teilung nun FlNr. 159/7 und 159/4). Der Vorbescheid enthielt u. a. folgende Nebenbestimmungen:

„1. Der Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Carports ist unter der Voraussetzung planungsrechtlich zulässig, dass wegen des auf Flurnr. 99 der Gemarkung P. befindlichen Stalles wie beantragt (Ihr Telefax vom 11.04.06) der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorgesehen wird, die die Frischluft von der Immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne das Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.

5. Der Grundriss des Doppelhauses ist so zu gestalten, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind.“

Der Vorbescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 26. August 2009 wurde erneut ein nahezu wortgleicher Vorbescheid erteilt, da der frühere Vorbescheid bereits abgelaufen war. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 wurde die Geltungsdauer des Vorbescheids vom 26. August 2009 bis zum 29. August 2014 verlängert. Eine Zustellung dieses Verlängerungsbescheids an den Kläger unterblieb.

Unter dem 22. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1. den Erlass einer Baugenehmigung für eine Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 (nördliche Teilfläche, nach Teilung FlNr. 159/4). Mit Bescheid vom 21. März 2013 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung. Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 ergänzte der Beklagte die Baugenehmigung u. a. um folgende Nebenbestimmung:

„4. Es ist der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorzusehen, die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.“

Beide Bescheide wurden dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013 erhob der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids. Das Verwaltungsgericht hob daraufhin die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids mit Urteil vom 23. Juli 2014 auf. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Bauvorhaben befinde sich im Außenbereich und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Von der zulässigerweise betriebenen Landwirtschaft des Klägers gingen Geruchsimmissionen aus, welche den Grad der Zumutbarkeit überschreiten würden. Der östliche Bereich des Doppelhauses liege mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstüre in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen zu vermuten seien. Der restliche Teil des Doppelhauses befinde sich in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen erst anhand einer Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden könnten. Die mit dem Änderungsbescheid verfügte architektonische Selbsthilfe sei nicht geeignet, die Rücksichtslosigkeit des Wohnbauvorhabens gegenüber dem Kläger auszuschließen. Diese hätten ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren, wonach nach Auffassung des Erstgerichts gerade im ländlichen Raum das Öffnen von Fenstern zählen würde, egal ob es sich um schutzwürdige Räume oder wie vorliegend um Bäder, WCs oder Wirtschaftsräume handle. Auch die Eingangstür liege noch im Bereich unzumutbarer Geruchsbeeinträchtigungen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2016 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zugelassen.

Der Beklagte macht geltend, dass die Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Haushälfte 15,7 m betrage. Der Beigeladene zu 1. habe im Wege der architektonischen Selbsthilfe eine Be- und Entlüftungsanlage eingebaut und die schutzwürdigen Wohnräume (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) auf der dem Stallgebäude abgewandten Westseite seiner Doppelhaushälfte angeordnet. Diese Maßnahmen führten dazu, dass das Bauvorhaben gerade keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sei und damit das Rücksichtnahmegebot gegenüber dem Kläger nicht verletzt werde. Es gebe im Bereich der Rinderhaltung keine gesetzlichen Regelungen zu Geruchsbelastungen. Vielmehr werde von der Rechtsprechung eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls verlangt. Vorhandene technische Regelwerte dienten nur als Orientierungshilfe. Vorliegend war zudem der Beklagte durch den zuletzt verlängerten Vorbescheid gebunden. Zum Zeitpunkt der Verlängerung mit Bescheid vom 23. Juli 2012 konnte noch nicht auf die VDI 3894 Blatt 2 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Methode zur Abstandsbestimmung“ mit Stand November 2012 abgestellt werden. Das Landratsamt habe sich richtigerweise auf die Abstandsregelung für Rinderhaltung des Bayer. Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 in der Fassung vom März 2009 gestützt. Danach liegt die Ostseite des Gebäudes mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstür in dem Bereich, wo schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Daher habe der beigeladene Bauherr eine Be- und Entlüftungsanlage geplant sowie die schutzwürdigen Räume nach Westen hin angeordnet. Die Ansauganlage für die Be- und Entlüftungsanlage befinde sich ca. 33 m vom nächstgelegenen Stallfenster entfernt. Bei dieser Entfernung sei eine Einzelfallprüfung erforderlich. Nach dem vorgelegten Gutachten sei hier mit einer Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 14 bis 15% der Jahresstunden zu rechnen. Zudem treffe den Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Lage benachbart zu einer bestehenden Landwirtschaft eine höhere Duldungspflicht. Das Baugrundstück liege in einer dörflichen Umgebung und sei bereits durch den klägerischen Betrieb vorbelastet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wohnkomfort betreffe die TA Lärm und sei nicht unmittelbar auf Geruchsbelästigungen anwendbar. Im Ergebnis könne im Rahmen der Einzelfallbetrachtung nicht von unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgegangen werden.

Der Beigeladene zu 1. führt aus, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Geruchsbelastung der östlich gelegenen Wohnbebauung sei deutlich höher als am Baugrundstück. Am Baugrundstück sei bei einer Einzelfallbeurteilung davon auszugehen, dass die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur architektonischen Selbsthilfe bei Lärm sei in Ermangelung eines der TA Lärm vergleichbaren technischen Regelwerks nicht unmittelbar anwendbar. Konkrete Erweiterungsabsichten des klägerischen Betriebs lägen nicht vor. Nur theoretische Erweiterungsmöglichkeiten seien jedoch nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht sei zudem von einem falschen Schutzniveau ausgegangen, da sich das Bauvorhaben in einem Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich befinde. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei der Immissionskonflikt durch die Anordnung der Räume und die eingebaute Be- und Entlüftungsanlage gerade gelöst worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen zu 1. sei unzumutbaren Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ausgesetzt, was auch der Beklagte bestätige. Das Erstgericht habe die zur Verfügung stehenden Orientierungshilfen richtig angewandt. Architektonische Selbsthilfe sei vorliegend nicht möglich, denn anders als beim Lärm könne Geruch gerade nicht ausgesperrt werden. Geruch komme über jede Öffnung der Fassade in ein Gebäude und verteile sich dort. Der Geruch könne im Gebäude auch nicht verdünnt werden. Auch die Frischluftansaugstelle liege in einem geruchsbelasteten Bereich. Entsprechend sei die angeordnete architektonische Selbsthilfe untauglich. Ein Mindestmaß an Wohnkomfort könne nicht gewährleistet werden. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, ein Wohngebäude zumindest teilweise durch das Öffnen von Fenstern und Türen zu lüften. Eine ausreichende Belüftung im Sinn von Art. 45 Abs. 2 BayBO liege nicht mehr vor, wenn ein gesamtes Haus ausschließlich über eine Belüftungsanlage mit Frischluft versorgt werde. Selbst bei Passivhäusern gehöre das Öffnen von Fenstern bei bestimmten Temperaturen zum Wohnstandard. Auch habe das Erstgericht die Entwicklungsmöglichkeiten des Klägers zutreffend in die Abwägung eingestellt. Der Kläger habe nur noch eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten. Diese nicht zu berücksichtigen, wäre ein Fehler gewesen, auch wenn derzeit keine konkreten Erweiterungspläne vorlägen. Das Doppelhaus, das als ein Gebäude zu betrachten sei, verletze zudem das Abstandsflächenrecht, da es das 16 m-Privileg vor drei Fassaden, im Norden, im Osten und im Süden in Anspruch nehme.

Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Erstgerichts und die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Akten im Parallelverfahren Az. 2 B 16.236 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind begründet. Die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Mit dem Erstgericht geht der Senat davon aus, dass das Baugrundstück sich nicht mehr innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB befindet sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Dort ist das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nicht zulässig, da es öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. widerspricht bereits den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher das Baugrundstück als „Fläche für die Landwirtschaft“ darstellt. Damit ist die Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsgenehmigung objektiv rechtswidrig.

2. Der Kläger als Nachbar kann jedoch eine Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier nicht der Fall.

In Betracht käme lediglich die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger, welches sich für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme läge hier nur dann vor, wenn das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre, wie sie § 3 Abs. 1 BImSchG beschreibt. Der Kläger betreibt in zulässiger Weise eine geruchsintensive Landwirtschaft, welche vorliegend jedoch keine Auswirkungen auf das Baugrundstück hat, die den Grad der Unzumutbarkeit erreichen.

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche gibt es keine allgemein gültigen Regelungen ähnlich der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft). Im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung kann das Gericht jedoch auf Regelwerke als Orientierungshilfe zurückgreifen, die in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt wurden. So bilden nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 11.3.2013 - 14 ZB 12.2073 - juris; B. v. 24.4.2012 - 2 ZB 10.2894 - juris; B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl 2007,758) die Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München/Weihenstephan „Geruchsimmissionen aus Rinderställen“ vom März 1994 („Gelbes Heft 52“) und „Geruchsfahnenbegehung an Rinderställen“ vom Juni 1999 („Gelbes Heft 63“) brauchbare Orientierungshilfen, um die Schädlichkeit von Geruchsimmissionen auf Wohnbebauung ermitteln zu können. Gleiches gilt für die „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ des bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 - fortgeschrieben März 2009 und Oktober 2013 - (vgl. BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 15 ZB 09.1763 - juris; B. v. 3.2.2011 - 1 ZB 10.718 - juris). Als drittes Regelwerk zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche sind die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 in der Rechtsprechung als zulässige Orientierungshilfe für den Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung anerkannt (vgl. BVerwG, B. v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - juris; BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris).

Vorliegend hat das Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 12. April 2006 im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens (Vorbescheidsakte Bl. 25-27) festgestellt, dass das Bauvorhaben bei einem Abstand von ca. 15 m zum Rinderstall mit ca. 5 m (Ostseite des Gebäudes) im „roten Bereich“ (schädliche Umwelteinwirkungen sind zu erwarten) nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltungen“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ zu liegen kommt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts beim Augenschein (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 23. Juli 2014, Bl. 147 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) beträgt die kürzeste Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Doppelhaushälfte 15,70 m bzw. dem nächstgelegenen Fenster der südlichen Doppelhaushälfte 16,20 m. Die Doppelhäuser weisen eine Tiefe von 12,99 m auf, so dass der überwiegende Teil des Gebäudes im „grauen Bereich“ (Detailbeurteilung erforderlich) zu liegen kommt. Das Fenster im Koch-/Essbereich der nördlichen Doppelhaushälfte befindet sich in einer Haustiefe von ca. 4,60 m (gemessen im Eingabeplan). Es dürfte sich daher ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts bereits im „grauen Bereich“ befinden. Zudem verfügt der Koch-/Essbereich noch über ein weiteres, westlicher gelegenes Fenster in der Nordfassade sowie die Terrassentür in der Westfassade, so dass das östlichere Fenster nicht zwingend zur Belüftung erforderlich ist. Das Sachgebiet Immissionsschutz hat als Auflagen eine Be- und Entlüftungsanlage, welche die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite ansaugt, sowie eine Gestaltung des Grundrisses in der Form, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind, vorgeschlagen. Der Einbau eine Be- und Entlüftungsanlage wurde im Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 beauflagt.

Der Beigeladene zu 1. hat zwei Gutachten der Fa. ... zur Beurteilung der Geruchsbelastung vorgelegt. Das Gutachten vom 4. Februar 2014 unter Anwendung der GIRL kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Luftzufuhreinrichtung der Belüftungsanlage eine Wahrnehmungshäufigkeit von maximal 0,15 (15% der Jahresstunden) auftreten wird, womit von der Einhaltung der Immissionswerte für ein Dorfgebiet auszugehen sei. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass sich das Bauvorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich befindet und damit eine geringere Schutzwürdigkeit besitzt. Bereits bei im Dorfgebiet liegenden Wohngebäuden, die sich jedoch am Rand zum Außenbereich befinden, ist die Schutzwürdigkeit herabgesetzt und ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zu bilden, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann. Im Außenbereich kann es sogar bis zu 0,25 sein (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris). Auch dieses Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass an der Ostfassade eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,19 bis 0,25 (19% bis 25% der Jahresstunden) auftritt.

Im zweiten Gutachten vom 13. Oktober 2014 wurde eine Betrachtung nach dem „Gelben Heft 63“ durchgeführt. Danach ist in 13% bis 15% der Jahresstunden (vgl. Gutachten S. 18) mit erkennbaren Gerüchen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich der streitgegenständlichen Wohnbebauung zu rechnen.

Festzuhalten ist, dass nach allen drei als Orientierungshilfen heranziehbaren Regelwerken auf der Ostseite des Doppelhauses die Grenze zur unzumutbaren Geruchsbelästigung erreicht ist, wohingegen alle drei Beurteilungen davon ausgehen, dass an der Westseite und insbesondere im Bereich der Luftzufuhreinrichtung für die Be- und Entlüftungsanlage die Immissionswerte sogar für ein Dorfgebiet eingehalten werden können.

Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist jedoch als gegenseitiges Rücksichtnahmegebot ausgestaltet, wie es auch der Verordnungsgeber in der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BauNVO zum Ausdruck bringt. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt das nicht nur zu Beschränkungen desjenigen, welcher Immissionen verursacht, sondern auch zu gewissen Duldungspflichten desjenigen, welcher sich solchen Immissionen aussetzt. Daraus folgen Obliegenheiten des Emittenten wie beispielsweise zu baulichen Vorkehrungen zur Minderung der Emission. Umgekehrt kann einem Bauherrn, der mit seinem Wohnbauvorhaben an eine Emissionsquelle heranrückt, seinerseits die Obliegenheit treffen, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare bauliche Vorkehrungen zu treffen, welche die Störung der Wohnnutzung spürbar mindern. So hat der Bauherr grundsätzlich auch eine Obliegenheit, durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen, z. B. durch eine entsprechende Ausrichtung des Gebäudes auf dem Grundstück, durch den äußeren Zuschnitt des Hauses, durch eine immissionsabgewandte Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, gegebenenfalls auch durch die immissionsmindernde Gestaltung der Außenwohnbereiche auf Geruchsimmissionen eines benachbarten Rinderstalls Rücksicht zu nehmen (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers nicht vor. Der Beigeladene zu 1. hat alle baulichen Möglichkeiten zur Minderung der Geruchsbelästigung auf seinem Grundstück umgesetzt. Zur Ostseite hin liegen lediglich nicht schutzwürdige Räumlichkeiten, wohingegen die Wohn- und Schlafräume sich auf der weniger belasteten Westseite befinden. Zudem ist eine Be- und Entlüftungsanlage vorhanden, welche die Frischluftzufuhr ebenfalls auf der weniger belasteten Westseite des Grundstücks hat. Diese Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe sind nach Auffassung des Senats vorliegend nicht nur ausreichend, um eine dauerhafte Konfliktlösung zu erreichen, sie sind auch zulässig und geeignet.

Zwar haben Maßnahmen architektonischer Selbsthilfe grundsätzlich ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren. Unabhängig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur TA Lärm (vgl. U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris) insoweit auf Geruchsbelästigungen anzuwenden ist, ging es in der damaligen Entscheidung um die Wahrung des Mindestmaßes an Wohnkomfort in schutzwürdigen Räumlichkeiten. Dazu zählen jedoch lediglich Wohnräume, Schlafräume oder Kinderzimmer, nicht aber sonstige Räume wie hier ein Wirtschaftsraum, Bad oder WC sowie Flure. Ausschlaggebend waren die Wahrung der Kommunikationssituation im Innern sowie das Ruhebedürfnis und der Schlaf, was ausschließlich schutzwürdige Räumlichkeiten betrifft. „Nebenräume“, die nicht zum längeren Aufenthalt dienen, unterliegen generell einer geringeren Schutzwürdigkeit, unabhängig davon, ob eine Störung durch Lärm oder Gerüche inmitten steht. Eine Übertragung der Rechtsprechung auf nicht schutzwürdige Räume ist aus Sicht des Senats weder geboten noch sinnvoll. Der Senat ist der Auffassung, dass gerade im ländlichen Raum öffenbare Fenster jedenfalls dann nicht zum Mindestmaß an Wohnkomfort zählen, wenn sie sich in nicht schutzwürdigen Räumen befinden. Gerade im ländlichen Raum ist von höheren Geruchsbelastungen auszugehen als im städtischen Raum, insbesondere bei einer Randlage zum Außenbereich oder im Außenbereich. Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO verlangt eine ausreichende Belüftung und Belichtung lediglich von Aufenthaltsräumen. Zu letzteren zählen jedoch weder Bäder und WCs noch Flure und Treppenhäuser. Diese können auch gänzlich ohne Fenster errichtet werden. Eine Unterscheidung, ob sich ein Gebäude im ländlichen oder städtischen Raum befindet, trifft die Bayerische Bauordnung nicht. Insoweit können auch keine Unterschiede hinsichtlich des Wohnkomforts angenommen werden. Im Übrigen verfügen Passivenergiehäuser über ähnliche Belüftungsanlagen, ohne dass diese dort eine Geruchsbelästigung verhindern bzw. ausgleichen sollen oder dies als Einschränkung des Wohnkomforts gesehen wird. Weiterhin steht die Tatsache, dass die Fenster auf der Ostseite grundsätzlich öffenbar sind, sowie die notwendigerweise öffenbare Wohnungstür auf der Ostseite einer dauerhaften Konfliktlösung nicht entgegen. Der Bauherr kann sich im Einzelfall im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme nachträglich gerade nicht darauf berufen, dass er seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, weil er die Fenster öffnet oder die Be- und Entlüftungsanlage nicht betreibt. Dies würde eine Pflichtverletzung seinerseits darstellen. Im Hinblick auf die Wohnungstür ist davon auszugehen, dass ein dauerhaftes Offenstehen nicht erfolgen wird. In diesem Fall wäre die Be- und Entlüftungsanlage nicht mehr funktionsfähig. Ein kurzzeitiges Öffnen zum Betreten oder Verlassen des Hauses ist hingegen unschädlich, da durch den von der Be- und Entlüftungsanlage erzeugten dauerhaften Überdruck ein Eindringen von Luft von außen für einen gewissen Zeitraum verhindert wird (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.5.2016 S. 3). Im Übrigen wird durch die Be- und Entlüftungsanlage die Geruchsbelästigung, die beim Öffnen der Tür entsteht, in kurzer Zeit wieder neutralisiert.

Hinsichtlich der Luftzufuhreinrichtung ist festzuhalten, dass sie bei der Beurteilung nach der GIRL sowie dem „Gelben Heft 63“ in einem Bereich liegt, der zwar Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, in dem aber die Immissionswerte für ein Dorfgebiet eingehalten werden. Bei der Beurteilung nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltung“ liegt die Luftzufuhreinrichtung noch im „grauen Bereich“. Hier ist jedoch eine Detailbeurteilung im Einzelfall erforderlich, die gerade im Hinblick auf die unproblematische Lage nach den beiden anderen als Orientierungshilfe heranziehbaren Regelwerken und die vorgenommene, zulässige architektonische Selbsthilfe zugunsten des Bauherrn ausfällt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine, dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Biogasanlage. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 120 der Gemarkung L..., das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am Breiten R...“, der für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet (WA) festsetzt.

Der beigeladene Bauherr ist Vollerwerbslandwirt. Seine Hofstelle befindet sich auf den Grundstücken FlNr. 135, 134 und 133 der Gemarkung L.... Er ist zudem Eigentümer der im Außenbereich gelegenen Grundstücke FlNr. 160 und 161 der Gemarkung L.... Der geplante Standort der Biogasanlage auf dem Grundstück FlNr. 161 liegt ca. 180 m südlich des Wohnhauses der Klägerin der Gemarkung L... und in einer Entfernung von ca. 150 m zur Hofstelle des Beigeladenen. Auf dem Baugrundstück befindet sich bereits eine Maschinenhalle. Zudem wurde mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 der Neubau eines Rinderstalls mit geschlossener Güllegrube genehmigt. Der Standort der Biogasanlage befindet sich in der Südostecke des Grundstücks FlNr. 161 hinter der bestehenden Maschinenhalle. In der Südostecke des Grundstücks FlNr. 160, das zwischen dem gegenständlichen Grundstück und der nördlichen Wohnbebauung liegt, errichtete der Kläger im April 2006 ein Fahrsilo.

1. Mit Bescheid vom 5. Oktober 2005 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Biogasanlage zur Verwertung von Gülle, Festmist, nachwachsenden Rohstoffen und Pflanzenresten auf dem Grundstück FlNr. 161. Auf die Baugenehmigung mit ihren Auflagen und Hinweisen wird im Einzelnen Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 14. November 2005 wurde die Auflage Nr. 23 des Baugenehmigungsbescheids vom 5. Oktober 2005 geändert.

Der gegen die Baugenehmigung eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 19. April 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Bauvorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften, auf die sich die Klägerin als Nachbarin berufen könne, nicht widerspreche. Das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Die immissionsschutzfachliche Überprüfung habe ergeben, dass das Wohnanwesen der Klägerin weder durch Lärm- noch durch Geruchsimmissionen unzumutbar beeinträchtigt werde. Im Baugenehmigungsbescheid seien ausreichend Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbaren Beeinträchtigungen aufgenommen worden.

Am 8. Mai 2006 hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung wurde dargelegt, dass der Klägerin ein nachbarliches Abwehrrecht gegen das Vorhaben des Beigeladenen zustehe. Die Baugenehmigung verstoße gegen Normen, die die Interessen der Klägerin schützten. Das geplante Vorhaben rufe schädliche Umwelteinwirkungen hervor, so dass eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliege. Der Betrieb einer Biogasanlage und eines Fahrsilos in einem Abstand von lediglich ca. 80 m zu einem allgemeinen Wohngebiet bzw. in einer Entfernung von ca. 100 m zum Anwesen der Klägerin überschreite bei weitem die Grenze der Zumutbarkeit. Die Klägerin könne sich darauf berufen, unzumutbaren Geruchs- und Keimbelästigungen durch das streitgegenständliche Vorhaben ausgesetzt zu sein. Der Abstand der Biogasanlage zum Wohnhaus der Klägerin liege unterhalb des nach Nr. 5.4.8.6.1 der TA-Luft einzuhaltenden Mindestabstandes von 300 m bei geschlossenen Anlagen. Die Mindestabstandsregelung spiele auch bei nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen eine Rolle. Die im Einzelfall mögliche Verringerung des Mindestabstands sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eingang der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Ein solcher Nachweis liege bislang nicht vor. Es lägen auch keine ausreichenden primärseitigen Maßnahmen vor, die eine Unterschreitung des Mindestabstandes rechtfertigen könnten. Des Weiteren beinhalteten die in Nr. 26 der Auflagen festgelegten maximalen CO- und NO2-Konzentrationen keine ausreichende Immissionsbegrenzung, da die dazugehörige Menge des gesamten Abgases nicht bekannt sei. Darüber hinaus treffe die Baugenehmigung keine ausreichenden Maßnahmen bezüglich der Reinigung und Desinfektion von Fahrzeugen und Behältern. Immissionsbelastungen entstünden auch durch den Abtransport der vorhandenen Emissionen und durch die Beschickungsvorgänge. Der Beklagte habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass das Fahrsilomanagement bei einem Betrieb von Biogasanlagen eine große Rolle spiele. Insbesondere müsse im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung des Gesamtvorhabens berücksichtigt werden, dass im Zusammenhang mit der Biogasanlage auf dem angrenzenden Grundstück ein Fahrsilo errichtet worden sei, von welchem erhebliche Geruchsimmissionen ausgingen. Das im Zusammenhang mit der Biogasanlage errichtete Fahrsilo stelle keinen selbstständigen Teil des Gesamtvorhabens Biogasanlage bzw. Rinderstall dar und sei daher genehmigungspflichtig. Eine ordnungsgemäße immissionsschutzfachliche Beurteilung unter Berücksichtigung des Fahrsilos sei nicht erfolgt. Unberücksichtigt gelassen sei bislang ebenfalls, dass Immissionen während der gesamten Lagerung aufträten. Schließlich sei durch die bereits in der Umgebung vorhandenen landwirtschaftlichen Emissionsquellen, insbesondere auf dem Grundstück des Beigeladenen FlNr. 135 der Gemarkung L..., das Limit des Hinnehmbaren überschritten. Dies ergebe sich auch aus dem Emissionsgutachten des Dipl.-Ing. agr. Glenn Mahlstedt vom 25. Mai 2006.

Die Klägerin beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom 5. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 19. April 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf das Schreiben vom 11. November 2005 zum Eilantrag der Klägerin sowie auf den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 19. April 2006 verwiesen.

Der Beigeladene beantragte ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin erfahre keine Rechtsbeeinträchtigung, nachdem das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufe. Dies gelte unabhängig davon, ob das Fahrsilo als unselbstständiger Teil der Anlage zu werten sei oder nicht. Die TA-Luft sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Selbst wenn man Anhaltspunkte hieraus entnehmen wolle, könne der Mindestabstand unterschritten werden, wenn die von der Anlage ausgehenden Immissionen durch primärseitige Maßnahmen gemindert würden. Dies sei mit dem betriebenen geschlossenen System gasdichter Rohrleitungen direkt von der Güllegrube in den Fermenter der Fall. In gleicher Weise werde die in dem neuen Stallgebäude anfallende Gülle behandelt. Entgegen der Behauptung der Klägerin gebe es zwischen dem Fahrsilo und der Biogasanlage keinen Zusammenhang. Das Fahrsilo diene als Futterlager für die Tiere und nicht zur Beschickung der Biogasanlage. Der landwirtschaftliche Betrieb des Beigeladenen bestehe deutlich länger als das Wohngebäude der Klägerin. Die Klägerin habe sich in Kenntnis der von der Landwirtschaft bestimmten Umgebung für diesen Standort entschieden.

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage mit Urteil vom 6. August 2007 abgewiesen. Unzumutbare Geruchsbelästigungen lägen nicht vor.

2. Zur Begründung ihrer mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Oktober 2008 zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, für das strittige Vorhaben sei eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen. Für die in einem allgemeinen Wohngebiet lebende Klägerin sei die durch die Biogasanlage bedingte Zunahme von deutlich wahrnehmbaren Gerüchen nicht mehr zumutbar. Die Klägerin sei auch unzumutbaren Lärmimmissionen, insbesondere durch Anlieferung der Biomasse (Lkw-, Traktorengeräusche) sowie das Abholen bzw. Ausbringen des ausgefaulten Endsubstrats belastet.

Die Klägerin beantragt,

der Klage im vollen Umfang stattzugeben, also den Bescheid des Landratsamts Donauries vom 5. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 19. April 2006 aufzuheben und die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen den Beklagten und Berufungsbeklagten aufzulegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. b des Anhangs zu § 1 der 4. BIMSchV durch das Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23. Oktober 2007 (BGBl I S. 70) mit Wirkung vom 24. Oktober 2007 aufgehoben und die Nr. 7.1 Spalte 2 des Anhangs zu § 1 der 4. BIMSchV neu gefasst worden sei. Damit sei die TA-Luft nicht unmittelbar anwendbar. Im vorliegenden Fall seien aber unter Berücksichtigung der TA-Luft sowie des Biogashandbuches Auflagen festgesetzt worden, die zu einer zumutbaren Geruchsbelastung führten. Dagegen beruhe das von der Klägerin angeführte Immissionsgutachten vom 24. Mai 2006 auf der Anwendung der in Bayern nicht verbindlich eingeführten Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL). Die in der Auflage Nr. 5 des angefochtenen Bescheids vorgenommene Lärmbegrenzung sei ausreichend bestimmt und geeignet, den Schutz der Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen sicherzustellen.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren habe nicht durchgeführt werden müssen. Zudem regle die TA-Luft nicht den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen. Im Übrigen könne auf die Anwendung der GIRL verzichtet werden, wenn es um Gerüche aus einer Tierhaltung gehe. Es sei vielmehr auf die Erkenntnisse im Gelben Heft 52 des Bayerischen Ministeriums für Landwirtschaft und Forsten abzustellen. Die Störungen durch Lärm auf der Grundlage der klägerseits behaupteten 16 Fahrten erschienen angesichts der vorbeiführenden Staatsstraße wenig überzeugend, zumal die Beschickung auch nur tags stattfinde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 31. Mai 2011 ein Sachverständigengutachten zu der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Grundstück der Klägerin durch Gerüche belastet wird, eingeholt. Das Sachverständigengutachten des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 17. November 2011 wurde in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 14. Juli 2016 erläutert.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen und den Erörterungstermin Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin (§ 124 Abs. 1 VwGO) hat keinen Erfolg.

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist bereits unzulässig. Sie verfügt nicht über die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.

Für die Klagebefugnis ist es erforderlich, dass die konkrete Möglichkeit der klägerseits behaupteten Rechtsverletzung besteht. Ist ein Kläger - wie hier - nicht Adressat eines angegriffenen Verwaltungsakts, muss geprüft werden, ob subjektive eigene Rechte oder zumindest anderweitig rechtlich geschützte Interessen verletzt sein könnten. Dies ist dann nicht der Fall, wenn ein Rechtsverstoß aus Rechtsgründen oder aus tatsächlichen Gründen offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. BVerwG, B.v. 21.1.1993 - 4 B 206.92 - BayVBl 1994, 90; U.v. 10.10.2012 - 6 C 36.11 - BVerwGE 144, 284).

Anfechtungsgegenstand ist vorliegend die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer Biogasanlage vom 5. Oktober 2005 und 14. November 2015 i. d. F. des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 19. April 2016 (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Allein daraus, dass die Klägerin Adressatin des Widerspruchsbescheids ist, ergibt sich noch keine Klagebefugnis. Denn der Widerspruchsbescheid enthält gegenüber der Klägerin keine erstmalige oder zusätzliche selbstständige Beschwer im Sinn von § 79 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er gebietet der Klägerin selbstständig kein Handeln, Unterlassen oder Dulden. In dieser Hinsicht wurde klägerseits auch nichts vorgetragen.

Mit der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 und 14. November 2005 wird dem Beigeladenen die Errichtung einer Biogasanlage zur Verwertung von Güllefestmist, nachwachsenden Rohstoffen und Pflanzenresten mit einer elektrischen Leistung des Motors von 100 kW auf dem Grundstück FlNr. 161 der Gemarkung L... gestattet. Der Standort der Biogasanlage liegt ca. 180 m südlich des Wohnhauses der Klägerin. Der Abgaskamin am Blockheizkraftwerk-Gebäude der Biogasanlage befindet sich in ca. 220 m Entfernung zum Wohnhaus der Klägerin. Angesichts dieser Entfernungen zwischen emittierender Anlage und einer zu schützenden Wohnbebauung ist nach Auffassung des Senats eine Rechtsverletzung gegenüber der Klägerin offensichtlich ausgeschlossen.

Der in Nr. 5.4.8.6.1 der TA Luft vom 24. Juli 2002 (GMBl S. 511) und im hierauf Bezug nehmenden Biogashandbuch Bayern genannte Mindestabstand von 300 m bei geschlossenen Anlagen führt hier nicht weiter, denn es handelt sich vorliegend nicht um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage. Zudem ist der genannte Mindestabstand selbst für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen nicht verbindlich, denn es handelt sich lediglich um eine Vorsorge-Regelung. Er kann unterschritten werden, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt wird. Primärseitige Maßnahmen zur Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen sind in der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 unter Nrn. 12 bis 31 umfangreich beauflagt. Klägerseits wurde deren Wirksamkeit nicht detailliert und umfassend bestritten.

Die Auffassung des Senats wird zudem dadurch bestätigt, dass das Bayerische Landesamt für Umwelt in seinem Gutachten vom 17. November 2011 festgestellt hat, dass die Geruchsstundenhäufigkeit hervorgerufen durch die angesetzten Geruchsemissionen allein aus der Biogasanlage lediglich ca. 0,4% beträgt. Damit ist das Irrelevanzkriterium von 2% nach Nr. 3.3 der GIRL 2008 - deren Anwendbarkeit die Klägerin bejaht - derart weit unterschritten, dass eine unzumutbare Geruchsbelästigung für die Klägerin offensichtlich nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden kann.

Soweit klägerseits in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 erklärt wurde, die Gerüche seien aber wahrnehmbar, ändert dies nichts an der Beurteilung des Senats. Der Ehemann der Kläger will letzthin im Keller des Wohnhauses Gerüche wahrgenommen haben. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es vorliegend auf Gerüche im Keller nicht ankommt, sondern auf solche in Aufenthaltsräumen abzustellen ist. Zudem ist nicht auszuschließen, dass die Gerüche aus den deutlich näher als die Biogasanlage gelegenen Siloanlagen auf dem Grundstück FlNr. 135 herrühren. Schließlich wird die Biogasanlage seit den Jahren 2009/2010 mit zwei Motoren und somit einer wesentlich höheren elektrischen Leistung betrieben. Vorliegend steht jedoch nur die streitgegenständliche Baugenehmigung für eine Biogasanlage mit 100 kW elektrische Leistung inmitten und nicht für eine solche mit einer elektrischen Leistung von insgesamt 290 kW. Es ist damit nicht zu erkennen, dass die klägerseits behaupteten Gerüche aus der Biogasanlage mit dem hier strittigen Betriebsumfang herrühren.

Soweit aufgrund neuer Erkenntnisse hinsichtlich der Windrichtung (vgl. Niederschrift vom 14.7.2016 S. 4) sich ergeben würde, dass die Differenz zwischen der Ausgangsbelastung und der Neubelastung durch die Silos an der Hofstelle gegenüber der klägerischen Anwesen geringer würde, während sich die Belastung durch die Biogasanlage gegenüber dem klägerischen Anwesen über den Anstieg von 0,4% erhöhen würde, würde im Fall einer Neuberechnung selbst eine Verdoppelung des Anstiegswerts auf 0,8% noch deutlich hinter dem Irrelevanzkriterium zurückbleiben. Anhaltspunkte für eine Verdoppelung des Werts sind jedoch nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 ebenfalls nichts in dieser Hinsicht dargetan. Eine Neuberechnung anhand der GIRL 2008 war von daher nicht angezeigt.

Die behauptete Geruchsbelastung aus den Siloanlagen auf dem Grundstück FlNr. 135, auf die klägerseits insbesondere abgestellt wird, ist ebenso wenig geeignet, eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zu begründen. Denn diese Silos sind nicht Gegenstand der Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 und 14. November 2005. Die Baugenehmigung bezieht sich lediglich auf die neu zu errichtende Biogasanlage auf dem Grundstück FlNr. 161. Das Hofgrundstück FlNr. 135 mit den dort bestehenden Fahrsilos findet in den Bescheiden keine Erwähnung. Auch in der Betriebsbeschreibung werden die Silos des Beigeladenen auf dem Grundstück FlNr. 135 nur als Bestand erwähnt. Selbst im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerseite vom 15. Juli 2016 wird diese Sichtweise nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird aus dem Urteil des Erstgerichts vom 6. August 2007 die Passage zur Zulässigkeit der Klage zitiert, wonach das Grundstück der Klägerin etwa 180 m nördlich vom Baugrundstück liegt und nicht unmittelbar an das Baugrundstück angrenzt. Danach ist auch das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass das Bauvorhaben nur auf dem Grundstück FlNr. 161 errichtet werden soll. Soweit dort von einer Klagebefugnis der Klägerin ausgegangen wird, ist das Erstgericht zu wenig auf die konkreten Umstände des Einzelfalls eingegangen.

Ebenso wenig ergibt sich eine Klagebefugnis aus der klägerseits behaupteten Lärmbelastung durch die Biogasanlage. Die Auffassung, dass es durch Tätigkeiten an der Biogasanlage selbst zu unzumutbaren Lärmbelästigungen am Anwesen der Klägerin kommen könne, ist abwegig. Der Standort der Biogasanlage befindet sich ca. 180 m südlich des Wohnhauses der Klägerin, der Abgaskamin steht ca. 220 m entfernt. Angesichts dessen bestehen offensichtlich keine Zweifel, dass die im Bescheid vom 5. Oktober 2005 festgesetzten Auflagen zum Lärmschutz, insbesondere die in der Nr. 5 zugunsten näher liegender Wohnanwesen, jedenfalls am Anwesen der Klägerin, eingehalten werden können. Zudem liegt das Grundstück der Klägerin nicht in einem reinen Wohngebiet sondern in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Auch die acht Fahrten pro Tag des Beigeladenen zum Betrieb der Biogasanlage auf einer Kreisstraße führen offensichtlich nicht zu einer unzumutbaren Lärmbelastung am klägerischen Anwesen. Zur Nachtzeit scheidet ein Fahrbetrieb zur Biogasanlage ohnehin aus.

2. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist auch unbegründet. Sie wird durch die Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 und 14. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 19. April 2006 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1. Entgegen der Auffassung der Klägerin war keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG erforderlich. Zu Recht weist der Beklagte darauf hin, dass die Vorschrift, auf die die Klägerin die Genehmigungspflicht stützen will, aufgehoben ist. Nr. 7.1 Spalte 2 Buchst. b des Anhangs zu § 1 der 4. BImSchV wurde durch das Gesetz zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23. Oktober 2007 (BGBl I S. 2470) mit Wirkung vom 24. Oktober 2007 aufgehoben. Diese Rechtsänderung ist vorliegend zugunsten des beigeladenen Bauherrn zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1996 - 4 B 54.96 - juris; B.v. 23.4.1998 - 4 B 40.98 - juris).

Unabhängig davon hat die Klägerin keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verfahrens. Der Einzelne kann zwar verlangen, dass seine materiellen Rechte gewahrt werden, er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass dies in einem bestimmten Verfahren geschieht. Er soll die Beachtung der Verfahrensvorschrift nicht um ihrer selbst willen erzwingen können (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 - 4 A 7.98, 4 VR 3.98 - NVwZ-RR 1999, 556; B.v. 10.1.2006 - 4 B 48.05 - BauR 2006, 815). Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Verfahrensvorschrift einem Betroffenen unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbstständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren will. Aus ihrem Regelungsgehalt müsste sich ergeben, dass diese Regelung des Verwaltungsverfahrens mit einer eigenen Schutzfunktion zugunsten Einzelner ausgestattet ist, und zwar in der Weise, dass der Begünstigte unter Berufung allein auf einen ihn betreffenden Verfahrensmangel, d. h. ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis in der Sache, die Aufhebung der behördlichen Entscheidung gerichtlich soll durchsetzen können (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325/331 f.). Hierfür hat die Klägerin jedoch nichts vorgetragen und sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargelegt, dass sie durch die Verfahrensgestaltung gehindert gewesen sei, ihre Einwendungen in das Verfahren einzubringen. Aus § 1 der 4. BImSchV in Verbindung mit Anhang 1 ergibt sich keine verfahrensrechtliche Schutzposition zugunsten Dritter. Auch die Vorschriften unter Nr. 5 der TA Luft beziehen sich lediglich auf Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und beruhen demgemäß nicht auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Die Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG hat jedoch grundsätzlich keinen drittschützenden Charakter (vgl. Jarass, BImSchG, 11. Auflage 2015, § 5 Rn. 134 ff.). Dies gilt insbesondere für die klägerseits herangezogene Regelung der Nr. 5.4.8.6 der TA Luft. Es handelt sich hierbei unter Nr. 5.4.8.6.1 lediglich um eine Soll-Vorschrift zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Dagegen handelt es sich nicht um eine im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zu prüfende nachbarschützende Vorschrift, die in einem baurechtlichen Verfahren im Rahmen des Rücksichtnahmegebots keine Berücksichtigung finden würde. Ein Anspruch der Klägerin auf die Gewährleistung eines bestimmten Verfahrens ist damit nicht gegeben.

2.2. Die angefochtene Baugenehmigung vom 4. Oktober 2005 und 14. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Schwaben vom 19. April 2006 verstößt nicht gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebot. Das nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte Vorhaben des Beigeladenen in der hier genehmigten Form ruft keine schädlichen Umwelteinwirkungen in diesem Sinn hervor. Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß, Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG). Hinsichtlich der von der Anlage des Beigeladenen ausgehenden Gerüche findet Nr. 5.4.8.6.1 TA-Luft vom 24. Juli 2002 (GMBl S. 511) entgegen der Auffassung der Klägerin keine Anwendung. Denn es handelt sich vorliegend nicht um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Anlage im Sinn von Nr. 1 TA-Luft. Zudem handelt es sich bei der Nr. 5.4.8.6.1 TA-Luft um eine Soll-Vorschrift, die dem Vorsorgegedanken verpflichtet ist. Die Vorschrift legt jedoch keine Grenze fest, bei deren Unterschreitung schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind.

Die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) von 1998, die auch das klägerseits vorgelegte Privatgutachten vom 24. Mai 2006 anwendet, ist vorliegend keine geeignete Entscheidungsgrundlage (vgl. ausführlich BayVGH, U.v. 17.9.2007 - 15 BV 07.142 - juris). Zudem betrachtet das genannte „Emissionsgutachten“ vom 24. Mai 2006 im Auftrag der Bürgerinitiative „Am Breiten R...“ unter anderem das gesamte Wohngebiet „Am Breiten R...“. Es äußert sich aber nicht konkret zur Immissionssituation beim klägerischen Grundstück, das durch seine Randlage direkt gegenüber der Hofstelle des Beigeladenen und seine Entfernung zur Biogasanlage geprägt ist.

Demgegenüber ist die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) von 2008 eine Orientierungshilfe unter anderen, um Geruchsbelastungen aus landwirtschaftlichen Betrieben und Biogasanlagen beurteilen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris; B.v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris). Soweit der Beigeladene der Auffassung ist, die GIRL 2008 könne für die Beurteilung seiner Baugenehmigung aus dem Jahr 2005 nicht herangezogen werden, überzeugt dies letztlich nicht. Das Gutachten des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 17. November 2011, das der Verwaltungsgerichtshof in Auftrag gegeben hat, führt im Übrigen zu einem für ihn günstigen Ergebnis. Der Senat ist mit der Klägerin der Auffassung, dass die GIRL 2008 jedenfalls als Orientierungshilfe geeignet ist, um die strittige Anlage hier technisch beurteilen zu können. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 das schriftliche Gutachten mündlich erläutert und ist auch auf neue Erkenntnisse hinsichtlich der Windrichtung eingegangen.

Hinsichtlich der hier gegenständlichen Biogasanlage des Beigeladenen mit einer elektrischen Leistung des Motors von 100 kW stellt das Bayerische Landesamt für Umwelt in seinem Gutachten vom 17. November 2011 fest, dass die Geruchsstundenhäufigkeit hervorgerufen durch die angesetzten Geruchsemissionen allein aus der Biogasanlage des Beigeladenen ca. 0,4% bezogen auf das Wohnhaus der Klägerin beträgt. Damit ist das Irrelevanzkriterium von 2% nach Nr. 3.3 der GIRL 2008 beim Anwesen der Klägerin derart weit unterschritten, dass eine unzumutbare Geruchsbelästigung für die Klägerin offensichtlich ausgeschlossen werden kann. Wie bereits oben unter Ziffer 1. ausgeführt, sind die Fahrsilos des Beigeladenen auf dem Grundstück FlNr. 135 nicht Gegenstand der hier strittigen Baugenehmigung. Soweit aufgrund neuer Erkenntnisse hinsichtlich der Windrichtung (vgl. Niederschrift vom 14.7.2016 S. 4) sich die Belastung durch die Biogasanlage gegenüber dem klägerischen Anwesen über einen Anstieg von 0,4% erhöhen würde, würde bei einer Neuberechnung selbst eine Verdoppelung des Werts auf 0,8% noch deutlich hinter dem Irrelevanzkriterium zurückbleiben. Anhaltspunkte für eine Verdoppelung des Werts sind jedoch nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ebenfalls nichts in dieser Hinsicht dargetan. Eine Neuberechnung war von daher nicht angezeigt.

Selbst wenn die Fahrsilos des Beigeladenen auf dem Grundstück FlNr. 135 zu berücksichtigen wären, ergäbe sich nichts anderes. Das gerichtliche Gutachten des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 17. November 2011 gelangt auch insoweit zu dem Ergebnis, dass das Irrelevanzkriterium nach Nr. 3.3. der GIRL 2008 eingehalten ist. Die Ausbreitungsrechnungen zeigen, dass die Zunahme der Geruchsbelastungen am Wohnhaus der Klägerin, die nur durch die Emissionen, die aus dem Bereich der Fahrsiloanlagen mit Gerüchen aus den Anschnittflächen, den Siloplatten und dem Transportweg freigesetzt werden, bei etwa 1,2% bis 1,4% liegt. Damit ergibt sich auch unter Berücksichtigung verschiedener Nutzungsszenarien für die Fahrsilos eigentlich eine Zusatzbelastung durch den Betrieb der Biogasanlage selbst und der Fahrsilos von rund 1,8%. Dass der gerichtliche Sachverständige insgesamt zu einer Zusatzbelastung von 2% gelangt ist, beruht darauf, dass sich die aus den überlagerten Konzentrationen an den Monitorpunkten berechnete Geruchshäufigkeit von der Summe der aus den Einzelberechnungen ermittelten Häufigkeiten unterscheidet. Dies ist auf die zum Gesichtspunkt Rauigkeitslänge und Besonderheiten der Ausbreitungsrechnung beschriebene Vorgehensweise zurückzuführen.

Die Einwände klägerseits gegen das gerichtliche Sachverständigengutachten überzeugen nicht. Die vom Sachverständigen angenommenen Rauigkeitslängen sind nicht zu beanstanden. Soweit er für die Biogasanlage von einer Rauigkeitslänge von 0,2 m ausgegangen ist, ist dies zutreffend geschehen, weil es sich in Richtung des klägerischen Anwesens um landwirtschaftliche Flächen handelt. Für die Berechnung der Siloanlagen ist er von einer Rauigkeitslänge von 1 m ausgegangen, weil es sich nicht durchgängig um städtische Prägung handle. Auch dies ist zutreffend, da die Umgebung eher ländlichen Charakter hat.

Den Angaben des Gutachters der Klägerin zum Siloraumbedarf für die bestehende Rinderhaltung, wonach 20,4 m³ pro Tier größer zwei Jahre anzunehmen seien, kann nicht gefolgt werden. Eine Stellungnahme der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom 26. August 2013 nennt 17 m³/GV (Kuh mit Nachzucht). Das Landwirtschaftliche Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden Württemberg geht von einer notwendigen Lagerkapazität bei ganzjähriger Silagefütterung von 14 bis 15 m³/GV (mindestens ein Silo wird zweimal im Jahr genutzt) und von einer notwendigen Lagerkapazität bei Grünfütterung im Sommer oder nicht silagebetont von 9 bis 10 m³/GV aus (Stand: 19.4.2011). Angesichts dessen geht der Gutachter des Beigeladenen in seiner fachlichen Stellungnahme vom 26. März 2012 unter genauer Darlegung der Fütterungssituation beim Beigeladenen davon aus, dass eher 9 bis 10 m³/GV als 20,4 m³/Tier an Lagerkapazität benötigt würden. Dem ist die Klägerin nicht unter konkreter Bezugnahme auf die Futtersituation auf der Hofstelle des Beigeladenen substantiiert entgegengetreten. Unabhängig davon spricht viel dafür, dass die vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden Württemberg genannten Daten die Bedingungen landwirtschaftlicher Rinderhaltung im süddeutschen Raum zutreffender wiedergeben, als die vom Gutachter der Klägerin genannten Zahlen, die eher auf Verhältnisse im norddeutschen Raum weisen. Die Annahmen des gerichtlichen Sachverständigen zum Siloraumbedarf für die bestehende Rinderhaltung sind von daher nicht zu beanstanden.

Demnach ergeben sich nicht die klägerseits gerügten Ungenauigkeiten im gerichtlichen Sachverständigengutachten vom 17. November 2011. Sowohl die Lagerkapazität für die Rinderhaltung als auch für die Biogasanlage werden zutreffend berücksichtigt. Hierbei ist zu beachten, dass die angestrebte durchschnittliche Füllhöhe von 2,75 m bei den Fahrsilos eine Füllhöhe in der Spitze von ca. 3,5 m erlaubt, wie auch der Gutachter der Klägerin in seiner Stellungnahme vom 21. März 2012 ausführt. Dass die Biogasanlage am Lagerraumbedarf scheitern könnte, ist damit ebenso wenig ersichtlich. Zudem weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Rinderhaltung des Beigeladenen nicht Genehmigungsgegenstand ist. Sollte es demnach aufgrund des Betriebs der Biogasanlage zu einer Einengung beim Lagerraumbedarf für Viehfutter kommen, so kann der Beigeladene für seinen privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb ein zusätzliches Fahrsilo für die Rinderhaltung auf einer seiner landwirtschaftlichen Flächen planen. Außerdem könnte er durch eine teilweise Änderung der Futtergrundlagen für seine Rinder reagieren. Zudem hat das Landwirtschaftsamt Nördlingen bereits in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 2005 auf unterschiedliche Silierzeiträume hingewiesen, wodurch ein Fehlbedarf an Silolagerraum ausgeglichen werden kann. Auf das Schreiben des früheren Berichterstatters vom 10. Juli 2013 kommt es damit nicht an. Entsprechend ist der in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 14. Juli 2016 gestellte Beweisantrag der Klägerin unbehelflich.

Vielmehr ist der gerichtliche Sachverständige im Gutachten vom 17. November 2011 von einer zutreffenden Betriebsweise der Siloanlagen vor Inbetriebnahme der Biogasanlage ausgegangen, wie auch unter Ziffer 7. des Schreibens des früheren Berichterstatters ausgeführt wird. Dagegen musste der gerichtliche Sachverständige nicht von einer Überfüllung auf 3,1 m durchschnittliche Füllhöhe bei vier Fahrsilos nach Inbetriebnahme der Biogasanlage ausgehen. Denn der Beigeladene verfügt über die oben genannten Alternativen für den Lagerraumbedarf an Viehfutter, so dass eine unerwünschte Überfüllung nicht unterstellt werden kann. Das gerichtliche Sachverständigengutachten ist demnach sowohl hinsichtlich des Ist-Zustands als auch hinsichtlich des zukünftigen Betriebs der Siloanlagen des Beigeladenen von den richtigen Daten ausgegangen.

Eine Neuberechnung zur Immissionsprognose hinsichtlich möglicher Geruchsbelastungen für das Anwesen der Klägerin durch die hier strittige Biogasanlage war auch nicht aufgrund neuer Erkenntnisse zur Windrichtung veranlasst. Wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 erläutert hat, würde eine Neuberechnung zwar eine Erhöhung der Belastung durch die Biogasanlage selbst über den Anstieg von 0,4% hinaus ergeben. Dagegen würde aber die Differenz zwischen der Ausgangsbelastung und der neuen Belastung durch die Siloanlagen an der Hofstelle gegenüber dem klägerischen Anwesen geringer werden. Dies liege daran, dass der Ostwind gegenüber dem klägerischen Anwesen keine so bedeutende Rolle mehr spielen werde, weil die Hauptwindrichtung aus südlicher Richtung komme. Nachdem laut dem Sachverständigengutachten vom 17. November 2011 die überwiegende Zusatzbelastung mit etwa 1,2 bis 1,4% aus den Siloanlagen herrührt und der Beitrag der Biogasanlage selbst nur bei etwa 0,4% liegt, ist nicht davon auszugehen, dass die Zunahme bei der Biogasanlage die Reduzierung der Zusatzbelastung bei den Siloanlagen übertreffen wird. Hierfür sprechen auch die große Entfernung der Biogasanlage und die geringere Entfernung der Siloanlagen zum Anwesen der Klägerin. Soweit der Gutachter der Klägerin hinsichtlich der Ostwinde auf einen Downwash-Effekt hinter den Gebäuden auf der Hofstelle des Beigeladenen hinweist, wäre dieser immer anteilig zu berücksichtigen. Zudem hat dieser Gutachter in seiner Stellungnahme vom 21. März 2012 selbst ausgeführt, dass hohen Einfluss auf die Ergebnisse der Geruchsbetrachtung insbesondere Luftströme aus südwestlichen Richtungen, also aus offener Feldmark hätten. Damit spielten die Ostwinde bereits zuvor keine so bedeutende Rolle, wie sich auch den Ausführungen zur Meteorologie im Gerichtsgutachten vom 7. November 2011 entnehmen lässt. Mithin kann aufgrund der im Gerichtsgutachten ermittelten Ausgangswerte bezüglich der Zusatzbelastung ausgeschlossen werden, dass die prozentuale Zunahme bei der Zusatzbelastung durch die Biogasanlage selbst die prozentuale Abnahme bei der Zusatzbelastung durch die Solaranlagen übersteigen würde.

2.3. Ebenso wenig verletzt die Baugenehmigung vom 5. Oktober 2005 und 14. November 2005 hinsichtlich der durch die Anlage verursachten Geräusche das Rücksichtnahmegebot aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Die Auffassung, dass es durch Tätigkeiten an der Biogasanlage selbst zu unzumutbaren Lärmbelästigungen am Anwesen der Klägerin kommen könne, ist abwegig. Der Standort der Biogasanlage befindet sich ca. 180 m südlich des Wohnhauses der Klägerin, der Abgaskamin steht ca. 220 m entfernt. Angesichts dessen hat der Senat keine Zweifel, dass die im Bescheid vom 5. Oktober 2005 festgesetzten Auflagen zum Lärmschutz, insbesondere in der Nr. 5, eingehalten werden können. Die angegebenen Immissionsrichtwerte sind aufgrund der Randlage der dort genannten Grundstücke sowie des klägerischen Grundstücks zum Außenbereich bzw. zu einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zu beanstanden, zumal das Grundstück der Klägerin nicht in einem reinen Wohngebiet sondern in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet liegt. Nachdem sich das Anwesen der Klägerin noch weiter von der Biogasanlage entfernt befindet als die Grundstücke FlNr. 117, 118 und 119, bestehen keine Bedenken, dass der Beigeladene mit allen Emittenten auf dem Betriebsgelände einschließlich des betriebsbezogenen Kraftfahrzeugverkehrs die Richtwerte gegenüber der Klägerin einhalten kann.

Soweit die Klägerin Lärmbelästigungen aus der Anlieferung der Biomasse mittels Lastkraftwagen oder Traktor herleiten will, überzeugt dies nicht. Es ist bereits nicht ersichtlich, woraus sie die behaupteten täglich 16 Fahrten zwischen Hofstelle und Biogasanlage ableiten will. Nach den Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2016 fährt dieser zum Betrieb der strittigen Biogasanlage morgens und abends je zwei Mal mit dem Schaufellader zwischen Hofstelle und Biogasanlage hin und her. Dies ergibt insgesamt acht Fahrten pro Tag. Diese Angaben wurden seitens der Klägerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Das Anwesen der Klägerin liegt am Rand eines allgemeinen Wohngebiets und der Hofstelle eines Landwirts gegenüber an der Kreisstraße D... .... Damit ist sie bereits vor Errichtung der strittigen Biogasanlage der Verkehrsbelastung einer Kreisstraße ausgesetzt, die hier unter anderem eine Verknüpfung mit verschiedenen Staatsstraßen herstellt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG). Neben der Verkehrsbelastung durch Lastkraftwagen und Personenkraftwagen auf der Kreisstraße war die Klägerin aber auch schon zuvor landwirtschaftlichem Verkehr durch den Beigeladenen sowie andere Landwirte aus L... und der näheren ländlichen Umgebung ausgesetzt. Angesichts dessen ist es auszuschließen, dass hinsichtlich der Lärmbelastung durch Straßenverkehr die zusätzlichen acht Fahrten täglich zwischen Hofstelle und Biogasanlage des Beigeladenen ins Gewicht fallen. Zudem scheidet ein Fahrbetrieb während der Nacht wegen der Auflage Nr. 11 des Bescheids vom 5. Oktober 2015 aus, wonach ein Beschicken der Biogasanlage zur Nachtzeit untersagt ist. Selbst die klägerseits unsubstantiiert behaupteten 16-täglichen Fahrten würden unter diesen Voraussetzungen im Verhältnis zum normalen Verkehr auf einer Kreisstraße nicht entscheidend ins Gewicht fallen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Nachdem der Beigeladene selbst einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Tenor

I. Der am 11. Dezember 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H... wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt als Inhaber eines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs auf dem (Außenbereichs-) Grundstück FlNr. ... der Gemarkung I... vorläufigen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den von der Antragsgegnerin am 11. Dezember 2017 bekannt gemachten Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H...“.

Der angegriffene Bebauungsplan, der ein allgemeines Wohngebiet für etwa 37 Bauparzellen festgesetzt (die beispielhaft / deskriptiv in der Planzeichnung dargestellt werden), überplant eine die FlNrn. ..., ... sowie Teilflächen der FlNrn. ..., ... umfassende, bislang unbebaute Fläche mit einer von der Antragsgegnerin angegebenen Größe von ca. 3,31 ha westlich des bestehenden Ortsrands und nördlich des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers. Der östliche Teil des Plangebiets mit einer Fläche von etwa 6.000 m², der für eine Bebauung mit etwa 9 Wohnhäusern vorgesehen ist (Parzellen 1, 2, 19, 20, 21, 22, 23a, 23b, 24) ist nach Osten durch den von Nordost nach Südwest verlaufenden G...weg begrenzt, an den sich östlich und südöstlich die innerörtliche Bebauung des Gemeindegebiets anschließt. Nördlich dieses östlichen Teils des Plangebiets schließt sich auf einer Ausdehnung von ca. 60 – 65 m in Nord-Süd-Richtung der Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ mit einem ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet („WA“) an, der nach den auf den Internetseiten der Verwaltungsgemeinschaft S... abrufbaren Informationen ursprünglich im Dezember 1999 aufgestellt und im Jahr 2008 geändert wurde. In dem ca. 1 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans sind nach den Bestandsdarstellungen in der Planzeichnung des streitgegenständlichen Bebauungsplans von den dortigen 15 Grundstücksflurnummern derzeit nur sieben Grundstücke mit einem Wohnhaus bebaut. Weiter nördlich folgt auf einer Ausdehnung von ca. 70 – 110 m (in Nord-Süd-Richtung) der Geltungsbereich des ebenfalls im Jahr 1999 aufgestellten, ein allgemeines Wohngebiet („WA“) festsetzenden Bebauungsplans „H...“. Laut den im Internet im BayernAtlas abrufbaren Flurkarten und Luftbildern ist in dem ca. 1,5 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans von den dortigen potenziell bebaubaren 21 Grundstücksflurnummern derzeit kein Grundstück bebaut. Zwischen der Nordgrenze des Bebauungsplans „H...“ und der sich weiter nördlich anschließenden Ortsrandbebauung liegt eine unbebaute Fläche mit einer Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung zwischen ca. 25 m und 85 m. Der östliche Teilbereich des angegriffenen Bebauungsplans ist durch eine von Nordnordwest nach Südsüdost verlaufende „Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen“ (ca. 45 m breite Schneise ohne Baufenster), in deren Mitte eine Hochspannungsfreileitung verläuft, vom – deutlich größeren – westlichen Teil des Plangebiets, der auf einer Fläche von ca. 20.000 m² mit den dort ausgewiesenen Baufenstern Platz für ca. 28 Bauparzellen (Parzellen 3 - 7, 8a, 8b, 9 - 18, 25 - 35) bietet, getrennt. Nördlich dieses Teilbereichs schließt sich nach über 100 m freier Fläche die Ortsrandbebauung an. Der Abstand zwischen dem bestehenden Stallgebäude des Antragstellers auf FlNr. ... zur südlichen Grenze des streitgegenständlichen Bebauungsplans beträgt etwa 100 m, zur nächstgelegenen Baugrenze innerhalb des Geltungsbereichs etwa 113 m. Westlich des Plangebiets besteht weithin keine Bebauung.

Der Antragsteller stellte unter dem 12. Mai 2017 einen Antrag auf Erlass eines Bauvorbescheids für bauliche Erweiterungen des landwirtschaftlichen Betriebs auf der FlNr. ... (Eingang bei der Antragsgegnerin am 18. Mai 2017, beim Landratsamt Neustadt a.d. Waldnaab am 11. August 2017), der später dahingehend konkretisiert wurde, dass darüber entschieden werde solle, ob das Vorhaben an der im beigefügten Lageplan dargestellten Position, Größe und Form planungsrechtlich zulässig ist. Über diesen Antrag hat das Landratsamt, soweit dies aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist, bislang nicht entschieden. Nach der eingereichten Planzeichnung zum Vorbescheidantrag soll das bestehende Stallgebäude (45 m x 26 m bzw. mit Vordach 45 m x 32 m) durch einen unmittelbar an den Bestand angrenzenden Anbau nach Norden hin erweitert und dabei in der Fläche verdoppelt werden. Zudem ist im Antrag ca. 12,5 m westlich des Großstalles ein neues kleineres Stallgebäude („Erweiterung Kälberstall“) mit den Flächenmaßen 12 m x 30 m sowie einer Wandhöhe von 3 m und einer Firsthöhe von 5,18 m vorgesehen.

Am 8. August 2017 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen Aufstellungsbeschluss, wonach beabsichtigt sei, den streitgegenständlichen Bebauungsplan „im Sinne des § 13b BauGB aufzustellen“. Auf Basis eines weiteren Gemeinderatsbeschlusses vom 8. August 2017 versagte die Antragsgegnerin unter dem 9. August 2017 das gemeindliche Einvernehmen zum Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017.

Der Antragsteller ließ über ein Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. August 2017 gegenüber der Antragsgegnerin mitteilen, der Anwendungsbereich und die Voraussetzungen des § 13b BauGB würden verkannt.

Mit Schreiben vom 13. September 2017 teilte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Weiden i.d.Opf. im Vorbescheidverfahren mit, der Antragsteller bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb mit 76,53 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und einer Milchviehherde von 73 Kühen einschließlich der weiblichen Nachzucht. Mit der geplanten Erweiterung werde die Milchvieherde auf 182 Rinder (älter als 1 Jahr) sowie 47 Kälber/Jungvieh aufgestockt. Das entspreche 210,9 Großvieheinheiten (GV) nach Maßgabe der TA Luft. Für den geplanten Tierbestand errechne sich nach der derzeit gültigen Düngeverordnung (DÜV) ein Gülleraum von 1.786 m³. Als Neubau für den Güllelagerraum seien 1.250 m³ geplant. Nach Angaben des Antragstellers könne der Betrieb nach Abschluss der Baumaßnahme 2.375 m³ Lagerkapazität vorweisen. Damit stehe ausreichend Lagerraum zur Verfügung. Die erforderliche Lagerkapazität für den Silolagerraum sei mit zusätzlichen 1.955 m³ zu veranschlagen. Damit werde sich der erforderliche Silolagerraum im Vergleich zum Ist-Betrieb mit 2.275 m³ Lagerraum fast verdoppeln. Nach Abschluss der Baumaßnahme werde der Betrieb über 4.230 m³ Lagerraum verfügen. Das AELF bestätigte, dass der Antragsteller Landwirtschaft i.S. von § 201 BauGB betreibe, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorliege und dass die geplante Erweiterung diesem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Aus Sicht des AELF bestünden keine Einwände gegen das geplante Vorhaben.

In einem im Verfahren der Bauleitplanung von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen immissionsschutztechnischen Gutachten vom 11. Oktober 2017 gaben die „h... – Sachverständige für I...“ eine fachliche Prognose und Beurteilung anlagenbezogener Geruchsimmissionen für das Plangebiet auf Basis der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) ab. Als relevante Geruchsemittenten wurden südlich bzw. südwestlich des Plangebiets neben den landwirtschaftlichen Anlagen des Antragstellers auf FlNr. ... ein Pferdehaltungsbetrieb und eine Kläranlage sowie nördlich des Plangebiets (am Ortsrand bzw. innerorts) ein weiterer Rinderhaltungsstandort des Antragstellers und ein weiterer Pferdehaltungsbetrieb berücksichtigt. Hinsichtlich der angedachten Erweiterung des Betriebs des Antragstellers wird auf Seite 10 des Gutachtens unter bildlicher Darstellung und textlicher Beschreibung eine etwas andere Planung als im Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017 zugrunde gelegt: Hiernach ist ca. 14 – 15 m nördlich des bestehenden Rinderstalls ein in der Grundfläche mit 45 m x 26 m gleich großer zweiter Rinderstall sowie zwischen beiden Stallgebäuden eine Laufhoffläche vorgesehen. Zudem wurde in die gutachterliche Betrachtung eine weitere Güllegrube sowie eine Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage einbezogen. U.a. unter Berücksichtigung des in Großvieheinheiten (GV) umgerechneten künftigen Tierbestands auf FlNr. ... sowie des Tierbestands der übrigen emissionsrelevanten Standorte, ferner unter Beachtung der meteorologischen Daten und des Geländereliefs in der Umgebung prognostizierte das Gutachten Geruchsstundenhäufigkeiten im Geltungsbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans, die auf Seite 29 über eine Abbildung (vgl. auch Seiten 35, 36) sowie eine textliche Beschreibung zusammengefasst dargestellt werden. Hiernach ergaben sich in weiten Bereichen des Bebauungsplans (Parzellen 1 bis 6 und 12 bis 35) Geruchsimmissionswerte von 3% bis 10% (Geruchsstundenhäufigkeit), innerhalb der Baufensterbereiche am südwestlichen Rand des Plangebiets (Parzellen 7, 8a, 8b, 9, 10, 11) darüber hinausgehend Maximalwerte von bis 12%. Das Gutachten kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis (Seite 30), dass über die Ausbreitungsberechnung nachgewiesen werde, dass an den geplanten Bauparzellen 1 bis 6 und 12 bis 35 des Bebauungsplanes „H...“ durch Einhaltung des GIRLkonformen Immissionswertes von 10% Geruchshäufigkeit der Jahresstunden für allgemeine Wohngebiete keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form erheblicher Belästigungen durch Geruchsimmissionen zu erwarten seien. In den Bauparzellen 7 bis 11 werde der zulässige Immissionswert von 10% für allgemeine Wohngebiete mit berechneten Maximalwerten von 12% leicht überschritten. Im hier vorliegenden Übergang vom Außenbereich in ein Wohngebiet sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. Die endgültige Entscheidung zum Heranziehen dieser Immissionszwischenwerte obliege der Antragsgegnerin. Eine Einschränkung der berücksichtigten landwirtschaftlichen Betriebe sei nicht zu befürchten, wobei auch die geäußerten Erweiterungsabsichten bei der Berechnung der Geruchssituation mitberücksichtigt worden seien.

Mit Beschluss des Gemeinderats vom 11. Oktober 2017, dem das Geruchsgutachten desselben Tags bereits zugrunde lag, wurde der Planentwurf in der Fassung desselben Tages gebilligt und beschlossen, die Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 sowie § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen. Zum Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 29. August 2017 heißt es im beglaubigten Auszug aus der Niederschrift zur öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 11. Oktober 2017, der neue § 13b BauGB schaffe ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren zur Überplanung von Außenbereichsflächen am Ortsrand für den Wohnungsbau. Der Bereich „H...“ schließe sich an die vorhandene Bebauung am Ostrand an. Der Antragsgegnerin seien die Erweiterungsabsichten des Antragstellers bekannt. Laut dem eingeholten Gutachten bestehe kein Immissionskonflikt. Auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten bzw. -absichten des Antragstellers werde dort eingegangen. Die gutachterliche Prognose bewerte die Geruchsbelastung im Übergangsbereich zum geplanten allgemeinen Wohngebiet als tolerierbar.

Am 14. November 2017 fand im Landratsamt eine Besprechung zum Bauvorbescheidverfahren statt, an der der Antragsteller, sein Bevollmächtigter sowie Mitarbeiter verschiedener Sachgebiete des Landratsamts teilnahmen. Das Sachgebiet Technischer Umweltschutz des Landratsamts wies im Folgenden in einer Stellungnahme vom 17. November 2017 die Bauabteilung des Landratsamts darauf hin, dass der Bauvorbescheidantrag von der Darstellung der Erweiterungsplanung des Antragstellers im Geruchsgutachten vom 11. Oktober 2017 abweiche. Bis eine aktualisierte Planung des Antragstellers und eine zusätzliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft eingereicht seien, sei eine abschließende Stellungnahme im Bauvorbescheidverfahren nicht möglich. Zu dieser Besprechung vom 14. November 2017 existiert in den Vorbescheidakten ein handschriftlicher Vermerk der Sachgebietsleiterin des Bauamts (Recht) / Bauleitplanung im Landratsamt vom 14. November 2017 (Bl. 22). Hieraus ergibt sich sinngemäß, dass die Differenz zwischen dem Vorbescheidantrag und der im Geruchsgutachten dargestellten Planung bei der Besprechung thematisiert wurde und dabei auch die Frage aufgeworfen worden sei, ob eine sinnvolle Erweiterung des Betriebs des Antragstellers in eine andere Richtung möglich sei. Ergebnis der Besprechung sei gewesen, dass Pläne nachgereicht würden oder ggf. der Vorbescheidantrag zurückgezogen werde. Es solle noch eine Sitzung der Gemeinde abgewartet werden. Bis dahin solle der Antrag ruhen.

Das AELF Weiden i.d. OPf. äußerte sich im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit Schreiben vom 23. November 2017 gegenüber der Antragsgegnerin kritisch zur ermittelten Geruchsbelastung.

Unter dem 27. November 2017 wies das Landratsamt die Antragsgegnerin auf den laufenden Vorbescheidantrag des Antragstellers hin. Die Bauleitplanung dürfe nicht dazu führen, dass sich der bereits bestehende Betrieb nicht mehr angemessen erweitern könne. Hierbei sei der Stellungnahme des AELF besonderes Gewicht beizumessen. Die Antragsgegnerin könne das Einvernehmen über die Erweiterung des Milchviehstalls nicht mit der Begründung versagen, der Stall rücke zu nahe an die Wohnbebauung heran, aber im Bebauungsplanverfahren argumentieren, dass sich der Betrieb erweitern könne, da man im Bebauungsplan höhere Immissionswerte akzeptiere. Es werde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Sachgebiets 51 „Technischer Umweltschutz“ vom 17. November 2017 empfohlen, auf die aus immissionsschutzrechtlicher Sicht kritischen Bauparzellen (gemeint: mit Überschreitungen des Werts gem. Nr. 3.1 der GIRL) zu verzichten, zumal auch nach dem Regionalplan der Landwirtschaft ein höheres Gewicht zukomme als der Wohnbebauung. In der Stellungnahme des Landratsamts wurde ferner inhaltlich auf eine (als Anlage beigefügte) E-Mail des Kreisbaumeisters vom 20. November 2017 Bezug genommen. Hierin wird zu § 13b BauGB ausgeführt, ein beschleunigtes Verfahren dürfe nach dieser Norm nicht durchgeführt werden, da kein Anschluss an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil gegeben sei. Das geplante Baugebiet grenze zwar an der Nord- und Ostseite an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil bzw. an ein lückenhaft bebautes Gebiet nach § 30 BauGB an. Dies gelte allerdings nur für einen kleinen Teil des gesamten Gebiets. Die Teilfläche an der Ostseite mit Anbindung an den im Zusammenhang bebauten Bereich habe lediglich eine Fläche von rd. 6.300 m². Der wesentlich größere Teil der Gesamtfläche (rd. 81%) rage demgegenüber fingerartig, ohne erkennbaren unmittelbaren Zusammenhang, wie von § 13b BauGB gefordert, in den Außenbereich. Erschwerend komme hinzu, dass der Bereich des Planungsgebiets „H...“, an den das geplante Gebiet zum Großteil angrenze, selbst ohne ausreichende Anbindung an den bebauten Ortsteil in den Außenbereich hinausrage. Im Übrigen sei der Schutzbereich der Hochspannungsfreileitung eine Zäsur, die einer Anbindung des westlichen Planbereichs an den bestehenden Ortsteil entgegenstehe.

Mit am 27. November 2017 gefaxtem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27. November 2017 erhob der Antragsteller im Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB diverse Einwendungen gegen die Planung.

Über eine E-Mail vom 4. Dezember 2017 teilte das Gutachterbüro auf Nachfrage der der Antragsgegnerin mit, dass die im Gutachten zugrunde gelegten Ausbauabsichten – unter Verzicht auf einen weiteren Kälberstall – auf den konkreten Angaben des Antragstellers beruht hätten. Zudem würde sich auch bei Berücksichtigung des Kälberstalls praktisch keine Änderung der Immissionswerte ergeben. Dem Erweiterungswillen sei in der Sache über den Vorbescheidantrag hinausgehend Rechnung getragen worden, da insbesondere die in der Bauvoranfrage nicht aufgeführten Nebeneinrichtungen berücksichtigt worden seien.

Am 6. Dezember 2017 beschloss der Gemeinderat den streitgegenständlichen Bebauungsplan – nach abwägender Befassung mit den Stellungnahmen und Einwendungen aus den Beteiligungsverfahren – als Satzung. Der Bebauungsplan wurde am 8. Dezember 2017 ausgefertigt. Öffentliche Bekanntmachung durch Amtstafelaushang erfolgte am 11. Dezember 2017.

Am 4. Januar 2018 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan Normenkontrollantrag, über den noch nicht entschieden ist (Az. 15 N 18.41). Mit am 15. Februar 2018 eingegangenen Schriftsatz begehrt er im vorliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz gem. § 47 Abs. 6 VwGO. Er trägt u.a. vor, die Anwendungsvoraussetzungen des § 13b BauGB hätten nicht vorgelegen, weil das Plangebiet nicht an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließe. Das gelte insbesondere für den großen Bereich westlich der Stromleitung. Vom eigentlichen Baubestand in der Ortslage werde das Gebiet durch den G...weg abgetrennt. Die geringfügige bestehende Bebauung im Osten stelle keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar, zumal die dort angrenzenden Bauparzellen größtenteils unbebaut seien. Deshalb liege auch ein Verstoß gegen das Gebot vor, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Hinsichtlich der Geruchsbelastung liege weder eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung noch eine hinreichende Konfliktlösung vor. In dem für den Satzungsbeschluss und die Abwägung zugrunde gelegten immissionsschutztechnischen Gutachten sei ein Kälberstall für 40 Kälber, der Gegenstand des Vorbescheidantrags gewesen sei, nicht berücksichtigt worden, obwohl der Antragsteller im Gespräch mit dem Gutachter am 27. September 2017 seine fortbestehenden Erweiterungsabsichten unter Einbeziehung dieses Kälberstalls weiter vertreten habe. Aufgrund der Stellungnahme des AELF seien ergänzend die geforderte zusätzliche Güllegrube und die zusätzlichen drei Fahrsilos genannt worden. Da schon ohne Berücksichtigung des Kälberstalles an der südlichen Grenze des Plangebiets Geruchsimmissionswerte oberhalb von Nr. 3.1 der GIRL prognostiziert würden, sei die südliche Bebauungsreihe ohnehin einer zu hohen Immissionsbelastung ausgesetzt. Es sei zu erwarten, dass bei korrekter Einbeziehung aller relevanter Immissionsquellen unter Einschluss des Kälberstalls auch bei der weiter nördlich geplanten Bebauung die Richtwerte überschritten würden bzw. die bereits bestätigten Überschreitungen noch höher ausfielen. Es sei ferner widersprüchlich, dass die Antragsgegnerin einerseits in der Planbegründung die „Überdehnung“ der GIRL als unproblematisch bewerte, andererseits aber das Einvernehmen für die Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs aus Immissionsschutzgründen verweigere. Weil die Antragsgegnerin, die die Vermessung des Baugebiets vorantreibe und Erschließungsarbeiten kurzfristig vergeben wolle bzw. sogar bereits die Erschließungsanlagen errichte, die Bebauung des Plangebiets zeitnah umsetzen wolle, sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringlich. Selbst wenn die geplante Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs zugelassen werden sollte, sei ein künftiger nachbarschaftlicher Konflikt aufgrund der Überschreitung der Immissionswerte der GIRL vorprogrammiert.

Der Antragsteller beantragt,

durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO den Bebauungsplan „H...“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt u.a. vor, es drohten aktuell weder Baugenehmigungen noch Genehmigungsfreistellungsverfahren. Die Behauptung des Antragstellers, die Erschließungsanlagen würden bereits errichtet, sei falsch. Eine Erschließungsplanung liege noch nicht vor; entsprechende Maßnahmen seien auch noch nicht ausgeschrieben worden. Es habe bislang lediglich eine vorbereitende Beprobung des Bodens stattgefunden. Die Voraussetzungen des § 13b BauGB lägen vor. Der Anschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans erfolge an eine beidseitig bebaute Erschließungs Straße. Diese bestehende Bebauung liege im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, dem die Qualität eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils bzw. eines Teils hiervon zukomme. Eine Flächennutzungsplanänderung sei zwischenzeitlich erledigt. Mit Blick auf die Immissionsbelastung hätten die Beteiligten schon seit 1999 über eine Bebauung auf dem Grundstück FlNr. ... diskutiert. Die Gemeinde habe einerseits die betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten des Antragstellers nicht einschränken wollen, andererseits aber immer ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass eine nach Norden ausgerichtete Bebauung u.a. aufgrund einer künftigen städtebaulichen Entwicklung nach Möglichkeit vermieden werden sollte. In einer Bauvoranfrage aus dem Jahr 1999 sei deswegen auch das Stallgebäude noch in Ost-West-Ausrichtung geplant gewesen. Den im Jahr 2008 eingereichten Änderungsantrag mit einem Stall in Nord-Süd-Ausrichtung habe die Gemeinde als noch vertretbar angesehen, nachdem das Gebäude im südlichen Bereich der FlNr. ... situiert worden sei. Hinsichtlich der aktuellen Erweiterungsabsicht des Antragstellers habe der Gemeinderat in erster Linie die Auffassung vertreten, der Bauherr habe selbst ein Immissionsgutachten einzuholen, wenn er nicht – wie angeboten – gemeinsam mit der Gemeinde planen wolle. Weiterer Grund für die Einvernehmensverweigerung sei gewesen, dass die Güllebzw. Siloerweiterung nicht in dem Plan zur Bauvoranfrage dargestellt gewesen sei. Unabhängig hiervon sei nicht nachvollziehbar, warum das eingeholte immissionsschutztechnische Gutachten vom 11. Oktober 2017 unzutreffend sei sollte. Unabhängig von dem Streit, wer verantwortlich für die Nichtberücksichtigung des Kälberstalles sei, sei nach der ausdrücklichen Auskunft des Gutachters das Gutachtensergebnis richtig geblieben. Es stehe mithin fest, dass die betrieblichen Erweiterungsmöglichkeiten nicht hätten eingeschränkt werden sollen und auch nicht eingeschränkt würden. Die Parzellen 7 bis 11 befänden sich im Übergang zum Außenbereich. Dauerhafte Streitigkeiten zwischen dem Antragsteller und den Bewohnern des Wohngebiets seien nicht zu befürchten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und auf die in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bebauungsplanakten und Behördenakten des Landratsamts Neustadt a.d. Waldnaab Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gem. § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 VwGO kann einen Normenkontroll(eil) antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Hierzu muss der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keinen höheren Anforderungen zu stellen, wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) der Interessen eines Eigentümers geht, dessen Grundstück außerhalb des Bebauungsplangebiets liegt (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154 = juris Rn. 10). Zu den abwägungserheblichen Belangen zählt auch das Interesse eines Landwirts, mögliche Einschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebs durch eine heranrückende Wohnbebauung zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 8; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), wobei auch ein hinreichend konkretisiertes Interesse an einer Betriebsentwicklung in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Aufgrund der mit (derzeit) ca. 100 m relativ geringen Entfernung seines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs, aufgrund seiner u.a. mit dem gestellten Vorbescheidantrag konkretisierten, auch in Richtung des Plangebiets orientierten Erweiterungsabsichten sowie nach den Ergebnissen des eingeholten immissionsschutztechnischen Gutachtens vom 11. Oktober 2017 (unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten über dessen Aussagekraft) ist der Antragsteller in abwägungsrelevanten Belangen betroffen. Er hat schriftsätzlich hinreichend substanziiert dargelegt, dass diese Belange von der Antragsgegnerin möglicherweise falsch behandelt worden sind.

2. Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und / oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 = juris Rn. 12; B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; B.v. 30.11.2016 – 4 BN 16.16 – BauR 2017, 674 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 26; B.v. 8.9.2017 – 9 NE 17.1392 – juris Rn. 23).

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan an Mängeln leidet, die zu seiner Unwirksamkeit führen. Angesichts dessen sprechen gewichtige Gründe für die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans.

a) Nach Ansicht des Senats hätte der Bebauungsplan nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen.

Nach § 13b Satz 1 BauGB gilt bis zum 31. Dezember 2019 § 13a BauGB entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Geht man von einer in der Planbegründung mit 25.000 m² angegebenen Fläche für Nettowohnbauland aus, dürfte der Bebauungsplan bei einer festgesetzten Grundflächenzahl von 0,35 zwar eine Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m² aufweisen (zusammenfassend und jeweils m.w.N.: Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/553 f.; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/739). Es liegt aber kein Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile vor [im Folgenden aa) ]; zudem gehen die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung über „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB hinaus [unten bb) ].

aa) Die Flächen, auf denen durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan eine „WA-Nutzung“ festgesetzt wird, schließen nicht im Sinne von § 13b Satz 1 BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an.

Das Tatbestandsmerkmal „anschließen“ ist in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) nicht näher thematisiert worden. Auch wenn dem insofern recht weit gefassten Wortlaut des § 13b BauGB nicht entnommen werden kann, dass für dessen Anwendbarkeit (wie bei § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) eine besondere städtebauliche Prägung der einbezogenen Außenbereichsflächen durch die bestehende bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs bestehen muss oder (wie bei § 246 Abs. 9 BauGB) die überplanten Flächen „innerhalb des Siedlungsbereichs“ liegen müssen (Krautzberger, ZfBR 2017, 644/645; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551), bedeutet „anschließen“ aus städtebaulicher Sicht mehr als das bloße Bestehen einer irgendwie gearteten gemeinsamen Grenze (in diese Richtung aber Arndt/Mitschang a.a.O.). Eine schlichte „Berührung“ zwischen einem untergeordneten Teil des neuen Plangebiets und dem bestehenden im Zusammenhang bebauten Ortsteil vermag daher nach Ansicht des Senats noch kein „Anschließen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB zu begründen. Mit dem durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) eingeführten und am 13. Mai 2017 in Kraft getretenen § 13b BauGB reagierte der Gesetzgeber auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 25), wonach im Falle der Anwendung des vereinfachten Verfahrens auf der Grundlage von § 13a BauGB die Inanspruchnahme von Außenbereichsgrundstücken im Grundsatz selbst dann versagt ist, wenn die Außenbereichsfläche so stark von der angrenzenden Bebauung geprägt ist, dass sie sich als deren organische Fortsetzung darstellt (vgl. Petersen, KommunalPraxis BY, 86; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; Krautzberger, ZfBR 2017, 644; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738). Auch wenn der Gesetzgeber mit § 13b BauGB primär Erleichterungen für die Wohnbaulandmobilisierung schaffen wollte (vgl. Petersen a.a.O.), folgt schon aus der Gesetzessystematik, wonach § 13b BauGB auf der im Gesetz unmittelbar voranstehenden Regelung des § 13a BauGB aufbaut und diese für entsprechend anwendbar erklärt, dass mit § 13b BauGB nicht grundsätzlich von der Regelungsidee des § 13a BauGB abgewichen werden sollte. Weil die von § 13a BauGB als Grundnorm eröffneten Verfahrenserleichterungen (u.a. Verzicht auf die Durchführung einer Umweltprüfung) Anreize für planende Gemeinden schaffen sollten, von einer weitgehenden Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedelung des Außenbereichs abzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 a.a.O.), ist für die Rechtsanwendung des § 13b BauGB zu folgern, dass aufgrund der Anforderung des „Anschlusses“ als raumbezogenes Tatbestandsmerkmal von einer „Innenentwicklung nach außen“ nur maßvoll Gebrauch zu machen ist. Dies ist auch im Wortlaut des § 13b BauGB angelegt, der für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens nicht lediglich ein bloßes Angrenzen des neuen Plangebiets als solchem an den bestehenden Siedlungsbereich ausreichen lässt, sondern fordert, dass – letztlich alle – Flächen, durch die im Wege der Bauleitplanung die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet werden sollen, an im Zusammenhang bebaut Ortsteile anschließen. Damit wird gefordert, dass auch die vom bisherigen Ortsrand am weitesten entfernte ausgewiesene Bauparzelle noch in einem städtebaulich-räumlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Siedlungsbereich, an den anzuschließen ist, stehen muss (zum Erfordernis eines engen räumlichen Zusammenhangs bzw. einer unmittelbar räumlichen Nachbarschaft zu den anschlussfähigen Bestandsflächen vgl. auch Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; ähnlich Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86, nach dem „das nach § 13b BauGB geplante Baugebiet den bisherigen Ortsteil nahtlos fortsetzen muss“). Soweit über § 13b BauGB nunmehr gestattet wird, das vereinfachte Verfahren für maßvolle Flächenüberplanungen im Außenbereich zu instrumentalisieren, gilt dies jedenfalls nicht, sofern hierüber entgegen der gesetzgeberischen Zielrichtung der Zersiedelung des Außenbereichs Vorschub geleistet wird, also nicht integrierte Standorte „auf der grünen Wiese“ einer Bebauung zugänglich gemacht werden (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741). Hiervon ist aber gerade dann auszugehen, wenn – trotz Angrenzung einzelner Bauparzellen des neuen Plangebiets an den Ortsrand und trotz der Einhaltung der Größenbegrenzung von 10.000 Quadratmetern – der vorhandene Siedlungsbereich nicht lediglich „abrundend“ in den Außenbereich erweitert wird, sondern bei städtebaulich wertender Betrachtung tatsächlich ein neuer Siedlungsbereich im bisherigen Außenbereich entsteht, der sich vom bestehenden Ortsrand ersichtlich „absetzt“ und deshalb einen qualitativ neuen Ansatz für künftige Siedlungserweiterungen vorgibt. Flächen, auf denen die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet wird, schließen sich daher dann nicht mehr i.S. von § 13b BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an, wenn eine Anbindung an den bestehenden Siedlungsbereich nur über eine im Verhältnis zur Gesamtgröße des neuen Baugebiets völlig untergeordnete gemeinsame Grenze erfolgt, der weitaus größte Teil des neuen Baugebiets sich aber derart vom bestehenden Ortsrand in den Außenbereich hinein absetzt, dass im Ergebnis ein neuer, selbständiger Siedlungsansatz entsteht (zum ähnlich formulierten § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WHG vgl. Rossi in Sieder/Zeitler/Dah-me, Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz, Stand: Februar 2017, zu § 78 WHG Rn. 46).

Im vorliegenden Fall ist aber genau dies das Ergebnis der streitgegenständlichen Bauleitplanung. Es spricht schon Vieles dafür, dass lediglich ganz im Osten des Planungsgebiets, d.h. entlang der ca. 110 m langen gemeinsamen Grenze zum G...weg, eine Angrenzung an gem. § 13b BauGB grundsätzlich anschlussfähige Bestandsflächen in Betracht kommt. Auch wenn der Gesetzgeber neben unbeplanten Innenbereichsflächen i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch „bebaute Flächen, die nach § 30 Absatz 1 oder 2 BauGB zu beurteilen sind“ als im Zusammenhang bebaute Ortsteile ansieht (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47), ist mehr als fraglich, ob die gemeinsame Grenze zum Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ als anschlussfähiger Ortsteil in diesem Sinne angesehen werden kann. Denn dieser Bebauungsplan ist nur zum Teil verwirklicht; die – dort tatsächlich vorhandene – bandartige, von Baulücken durchsetzte und auf beiden Seiten der Straße „H...“ auf einer Gesamtlänge von etwa 130 m umgesetzte einzeilige Bebauung (mit insgesamt nur 7 Wohnhäusern) dürfte wohl noch nicht die Qualität einer „organischen Siedlungsstruktur“ aufweisen, die für einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31.66 – BVerwGE 31, 22 = juris Rn. 23; B.v. 19.2.2014 – 4 B 40.13 – BayVBl. 2014, 477 = juris Rn. 3 ff.; BayVGH, U.v. 23.4.2013 – 9 B 11.2375 – BayVBl. 2014, 475 = juris Rn. 20). Hinzu kommt, dass nach Norden hin im Plangebiet des Bebauungsplans „H...“ noch kein einziges Haus errichtet wurde (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741, wonach ein überplantes, aber noch unbebautes Gebiet keinen hinreichenden Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB bieten kann). Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Selbst wenn die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ bestehende Bebauung als im Zusammenhang bebauter Ortsteil anzusehen wäre und selbst wenn die von Bebauung freizuhaltenden Bereiche der (2 x 22,50 m breiten) Schutzzone für die Hochspannungsfreileitung grundsätzlich die Möglichkeit eines Anschlusses für weiter westlich gelegene Baubereiche offenhalten sollten (zur vergleichbaren Problematik einer Unterbrechung des Ortsbereichszusammenhangs im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vgl. Gänslmayer/Hauth in Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Aufl. 2018, zu § 34 BauGB Rn. 27 m.w.N.), kann vorliegend nicht von einem Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB ausgegangen werden. Entscheidend ist, dass – wie die Planzeichnung des Bebauungsplans sowie die weiteren in den vorgelegten Planungsunterlagen enthaltenen zeichnerischen Darstellungen (insbes. Seiten 6 bis 9 der Originalheftung des Bebauungsplans) belegen – der Bebauungsplan nur in seinem deutlich kleineren östlichen Teil mit ca. 6.000 m² auf ca. 110 m im Bereich des G...weg bzw. auf ca. 130 m an bebaute Bereiche des Plangebiets „H...“ angrenzt, allerdings hinsichtlich seines weitaus größeren westlichen Teils (jenseits der Hochspannungsfreileitung nach Westen hin) von der letzten Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ (FlNr. ... bzw. ......) ca. 240 m mit einer Gesamtfläche von ca. 20.000 m² nach Westen in den Außenbereich schlauchartig, d.h. wie ein Riegel, der die von Bebauung bislang freie Landschaft zerschneidet, hineinragt. Bei Umsetzung des streitgegenständlichen Bebauungsplans würde so, auch unter Berücksichtigung der Umstände,

– dass der Hauptort eine gewachsene Längsausausrichtung von Nord nach Süd (bei verhältnismäßig geringer Breite in West-Ost-Ausrichtung) aufweist,

– dass sich nördlich, westlich und südlich der sieben Wohnhäuser im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ keine Bebauung befindet und

– dass es sich bei der Antragsgegnerin insgesamt um eine eher kleinere Gemeinde handelt (vgl. die in der Planbegründung angegebene Einwohneranzahl von 1.435, Stand Oktober 2017),

ein städtebaulich völlig neuer, selbständiger Siedlungsansatz „in die Breite“, d.h. nach Westen entstehen. Ein Anschluss insbesondere der ausgewiesenen „WA-Flächen“ im Bereich des Plangebiets westlich der Hochspannungsfreileitung in im Zusammenhang bebaute Ortsteile ist mithin i.S. von § 13b Satz 1 BauGB nicht gegeben.

bb) Der Senat geht überdies davon aus, dass die Festsetzungen des streitgegenständlichen Bebauungsplans über die in § 13b Satz 1 BauGB vorgesehenen Möglichkeiten der Regelung der „Zulässigkeit von Wohnnutzungen“ hinausgehen, sodass auch deswegen ein vereinfachtes Verfahren nicht auf § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB gestützt werden konnte.

Der Gesetzgeber hat in § 13b BauGB eine Legaldefinition des Begriffs der „Wohnnutzungen“ unterlassen, sodass dieser durch Auslegung zu klären ist. Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) gibt auch diesbezüglich keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Hinweise über die Regelungsvorstellungen des Gesetzgebers. Der Wortlaut spricht für ein eher restriktives Verständnis des Tatbestandsmerkmals (Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552); hiernach dürften von § 13b BauGB jedenfalls Gebietsartfestsetzungen umfasst sein, nach denen Wohngebäude, wohnähnliche Betreuungseinrichtungen (insbes. für Kinder, Jugendliche, Senioren und behinderte Menschen) und eine damit unmittelbar zusammenhängende technische Infrastruktur (z.B. Verkehrsflächen, Stellplätze, Garagen, Anlagen der Wasser- und Energieversorgung) zulässig sind. Der Senat kann vorliegend dahinstehen lassen, ob auch Einrichtungen mit Versorgungsfunktion in Bezug auf die Wohnnutzung (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (ggf. differenziert danach, ob sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen oder nicht, § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) sowie Räume oder Gebäude für die Ausübung freier Berufe (vgl. § 13 BauNVO) vom Wohnnutzungsbegriff des § 13b BauGB umfasst sind (restriktiv Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552 f.; großzügiger Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/740; vermittelnd Krautzberger, ZfBR 2017, 644/646). Ebenso bedarf es vorliegend keiner abschließenden Bewertung, ob mit Blick auf die Nutzungsmöglichkeiten gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO allgemeine Wohngebiete gem. § 4 BauNVO im vereinfachten Verfahren nach § 13b BauGB grundsätzlich festgesetzt werden können (bejahend: Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817/819; Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87; Seite 3 des Rundschreibens des Bayer. Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.12.2017 – IIB5-4082.30-002/17; zurückhaltend/verneinend: Hofmeister/Mayer a.a.O.; Krautzberger a.a.O.). Soweit § 13b BauGB überhaupt die Möglichkeit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im vereinfachten Verfahren eröffnen sollte, ist die Gemeinde in diesem Fall zumindest gehalten, über § 1 Abs. 5 BauNVO diejenigen Nutzungen auszuschließen, die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 – Nr. 5 BauNVO i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zugelassen werden können (vgl. insofern auch – mit etwas anderem Hintergrund – die Empfehlung bei Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87 unter Rekurs auf das o.g. ministerielle Rundschreiben vom 13.12.2017). Denn Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe sowie Tankstellen können auch im weitesten Wortsinnverständnis nicht vom Tatbestandsmerkmal „Wohnnutzungen“ als gedeckt angesehen werden. Da in § 13b BauGB eine Bezugnahme auf § 9a BauGB bzw. auf die Baunutzungsverordnung (BauNVO) fehlt, kann insbesondere nicht darauf geschlossen werden, dass Festsetzungen von als Wohngebieten gem. § 1 Abs. 2, § 4, § 4a BauNVO bezeichneten Baugebieten mit (grundsätzlich oder ausnahmsweise zulässigen) Nutzungen, die keinen unmittelbaren Bezug zur Wohnnutzung haben, generell vom sachlichen Anwendungsbereich des § 13b BauGB umfasst sind. Eine solche Regelung gem. § 1 Abs. 5 BauNVO ist vorliegend für den angegriffenen Bebauungsplan unterblieben. Nach Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen wurde ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO ohne jegliche Einschränkungen und Ausschlüsse festgesetzt. Jedenfalls deshalb handelt es sich nicht um einen Bebauungsplan, der sich hinsichtlich der Festsetzung der zulässigen Art der baulichen Nutzung auf „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b BauGB beschränkt.

cc) Da mit der Planung unstreitig jedenfalls in weiten Bereichen Flächen überplant werden, die bislang als Außenbereich gem. § 35 BauGB zu qualifizieren sind, scheidet auch ein unmittelbarer Rückgriff der Gemeinde auf § 13a BauGB zur Rechtfertigung der Verfahrensvereinfachungen aus (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 ff. = juris Rn. 20 ff.).

dd) Die Wahl des beschleunigten Verfahrens anstelle des Regelverfahrens unter Verstoß gegen § 13b i.V. mit § 13a BauGB zählt an sich zwar nicht zu den beachtlichen Fehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB, führt aber zu – hier gem. § 214, § 215 BauGB beachtlichen – Folgefehlern.

Die Antragsgegnerin hat infolge der Anwendung des § 13b BauGB (i.V. mit § 13a Abs. 2 Nr. 1, § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB) eine Umweltprüfung im Sinn des § 2 Abs. 4 BauGB unterlassen und entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BauGB keinen Umweltbericht erstellt, der als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf öffentlich auszulegen und nach § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen gewesen wäre. Diese Fehler sind nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beachtlich (zu § 13a BauGB vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 8.3.2017 – 10 D 12/16.NE – BauR 2017, 1307 = juris Rn. 36 ff.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560). Ob infolge der Anwendung des § 13b BauGB zudem gegen das Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (vgl. § 8 Abs. 2, Abs. 3 BauGB), verstoßen wurde und ob ein solcher Verstoß gem. § 214 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 4 BauGB erheblich wäre, kann dahingestellt bleiben.

Der Antragsteller hat die fehlerhafte Anwendung des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB – und damit implizit die fehlerhafte Anwendung der vorgenannten Verfahrensvereinfachungen und die damit einhergehenden Mängel des Bebauungsplans – rechtzeitig in noch offener Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB über den Normenkontrollantrag sowie den vorliegenden Eilantrag gerügt, sodass die Mängel auch nicht nachträglich unbeachtlich geworden sein können (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 37 m.w.N.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560).

b) Nach der im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte der angegriffene Bebauungsplan zudem an einem Ermittlungsbzw. Bewertungsdefizit gem. § 2 Abs. 3 BauGB leiden.

aa) Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – KommJur 2017, 112 = juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 22; U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 39). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Hiernach hatte die Antragsgegnerin auch das Interesse des Antragstellers an der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks FlNr. ... einschließlich des hier hinreichend konkretisierten Interesses an einer Betriebsentwicklung sowie des Interesses, vor den Nachteilen eines Heranrückens einer schutzbedürftigen, geruchsempfindlichen Wohnbebauung verschont zu bleiben, gem. § 1 Abs. 7 BauGB fehlerfrei in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), und hierfür die diesbezüglichen Belange (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) resp. die zu prognostizierende Geruchsbelastung gemäß § 2 Abs. 3 BauGB vollständig und richtig zu ermitteln und zu bewerten.

bb) Der Senat stuft allerdings die Erwägung, dass eine Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 12% im Bereich der Baufenstern im südwestlichen Bereich des Plangebiets zumutbar sei, als solche nicht als abwägungsfehlerhaft ein.

Ausweislich der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung der Antragsgegnerin vom 6. Dezember 2017 stellte der Gemeinderat in Rechnung, dass im Übergangsbereich von Wohngebiet und Außenbereich laut Gutachteraussage bis zu 15% Geruchsstundenhäufigkeiten möglich seien. In der Begründung zum Bebauungsplan wird – hierzu korrespondierend – unter „9. Immissionsschutz“ diesbezüglich ausgeführt, dass im Bereich der Bauparzellen 1 bis 6 sowie 12 bis 35 der nach Nr. 3.1 der GIRL zulässige Immissionswert von 10% Jahresstundenhäufigkeit eingehalten bzw. unterschritten werde. Soweit im Bereich der Parzellen 7 bis 11 Maximalwerte von 11% bis 12% Geruchshäufigkeit prognostiziert würden, handele es sich um einen Übergangsbereich zweier unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete, die direkt aneinandergrenzten bzw. ineinander übergingen. Hier sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. In diesem Übergangsbereich vom Außenbereich in einen Wohnbereich am südlichen Rand des Geltungsbereiches des Bebauungsplans liege man mithin innerhalb einer tolerierbaren Geruchsbelastung. Die landwirtschaftlichen Betriebe würden durch die Ausweisung des allgemeinen Wohngebiets keine zusätzliche Einschränkung in ihren Entwicklungsmöglichkeiten erfahren. Für den bestehenden Rinderhaltungsbetrieb des Antragstellers sei die geplante Erweiterung auf der FlNr. ... gemäß den Angaben des Betreibers in der Geruchsprognose berücksichtigt worden. Die restlichen Betriebe hätten keine konkreten Erweiterungswünsche geäußert.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 als sachgerechte Entscheidungshilfe bzw. Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 13 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen; sie wird allgemein als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 99 m.w.N.). Damit kann die GIRL zwar auch zur Bewertung von Geruchsbelästigungen in der Bauleitplanung herangezogen werden. Ihre Geruchsimmissionswerte – hier Nr. 3.1 (Geruchsimmissionswert von 0,10 für Wohngebiete) – sind aber weder im Baugenehmigungsverfahren noch im Bauleitplanverfahren als absolut zwingende Grenzwerte anzusehen (vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 19). Wie bei der Lärmbelastung ist es auch bei Geruchsimmissionen eine Frage des jeweiligen Einzelfalles, was der Plangeber in der jeweiligen konkreten planungsrechtlichen Situation in seine Abwägungsentscheidung einzustellen hat. Die Orientierungswerte der GIRL können daher als Ergebnis der Abwägung im Verfahren der Bauleitplanung insbesondere im Übergangsbereich zum Außenbereich – maßgeblich aufgrund der Überlegung, dass dort die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt ist (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 101 m.w.N.) – überschritten werden. Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, sodass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 14; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.3.2015 – 2 L 184/10 – juris Rn. 96; HessVGH, U.v. 1.4.2014 – 9 A 2030/12 – ESVGH 64, 191 = juris Rn. 64). Die GIRL versteht ihre eigenen Immissionswerte selbst nicht als absolut zwingende Beurteilungsvorgabe, weil sie laut ihrer Begründung und ihren Auslegungshinweisen (vgl. dort „Zu Nr. 3.1 GIRL“) insbesondere für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich Zwischenwerte bis zum Immissionswert für Dorfgebiete in Höhe von 15% für vertretbar erachtet (BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats, die einen vom eingeschalteten Gutachterbüro prognostizierten Geruchsimmissionswert von 0,12 für Bauflächen im südwestlichen Teil des Plangebiets für zumutbar erachtet, ist mithin grundsätzlich nicht zu beanstanden. Hiermit ist nicht etwa das Interesse künftiger Bewohner des Plangebiets am Schutz vor unzumutbaren Geruchsimmissionen unangemessen niedrig bewertet, sondern lediglich das situationsbedingte Schutzniveau des festgesetzten Baugebiets zutreffend beschrieben und vertretbar bewertet worden (zum Ganzen vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 25 f.). Von ungesunden Wohnverhältnissen kann jedenfalls bei einem Geruchsimmissionswert von unter 0,15, der nach der GIRL in einem Dorfgebiet, in dem auch gewohnt wird, zumutbar ist, nicht die Rede sein (zur Zumutbarkeit noch höherer Immissionswerte bei einer Wohnnutzung im Außenbereich vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3 f.; OVG NRW, U.v. 5.5.2015 – 10 D 44/12.NE – BauR 2015, 1446 = juris Rn. 46 f.).

cc) Nach Aktenlage und nach dem Vortrag des Antragstellers dürfte die Antragsgegnerin allerdings gegen das Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB zur hinreichenden Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials verstoßen haben, weil sie den Umfang der konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers auf FlNr. ... und damit die tatsächlichen Grundlagen für die Geruchsprognose nicht vollumfänglich und korrekt aufgeklärt haben dürfte. Damit dürften auch die Belange seines landwirtschaftlichen Betriebs (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) nicht fehlerfrei ermittelt und bewertet worden sein.

Soweit Erweiterungsabsichten eines Landwirts – wie hier die im Vorbescheidantrag manifestierten Planungen des Antragstellers – einen hinreichenden Konkretisierungsgrad erreicht haben, sodass sie in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist Voraussetzung für eine tragfähige, belastbare Geruchsbelastungsprognose, dass von der planenden Gemeinde auch die „richtigen“ Erweiterungsabsichten des betroffenen Landwirts zugrunde gelegt werden. Insofern hatte die Antragsgegnerin die Obliegenheit der sorgfältigen Ermittlung, welche konkreten Erweiterungsabsichten der Antragsteller im Zusammenhang mit dem laufenden Vorbescheidverfahren (noch) verfolgt und welche genauen Emissionsquellen für die Geruchsprognose zugrunde zu legen waren. Das gilt maßgeblich hinsichtlich der Frage der Einbeziehung des Kälberstalles im östlichen Bereich der FlNr. ..., der ausdrücklich Gegenstand des Vorbescheidantrags war, der vor dem Aufstellungsbeschluss im Verfahren der Bauleitplanung gestellt worden war. Die Notwendigkeit der Einbeziehung dieses Kälberstalles in die Prognose und die Abwägung wäre zwar zu verneinen, wenn der Antragsteller während des laufenden Vorbescheidverfahrens bzw. während des Verfahrens der Bauleitplanung bis zum Satzungsbeschluss auf diesen verzichtet hätte. Nach der dem Senat vorliegenden Vorbescheidakte spricht hierfür allerdings nichts. Die Ermittlung des zugrunde zu legenden Erweiterungsbedarfs – mit dem Ergebnis, dass der Kälberstall nicht zu berücksichtigen sei – hat die Antragsgegnerin vorliegend vielmehr aus der eigenen Regie gegeben und dem Gutachterbüro überlassen. Sie hat sich vor dem Satzungsbeschluss auf eine kurze Nachfrage beim Gutachterbüro beschränkt und sich auf dessen knappe E-Mail-Antwort gestützt, ohne die Möglichkeit eines Kommunikationsfehlers zwischen dem Antragsteller und dem Gutachterbüro in Erwägung zu ziehen und die Richtigkeit der angenommenen Aufgabe des Kälberstalles durch Rückfrage beim Antragsteller oder beim Landratsamt bzw. durch Einsichtnahme in die Akten des laufenden Vorbescheidverfahrens zu verifizieren. Weil sich der Antragsteller im Planungsverfahren ausdrücklich darauf berufen hat, am Kälberstall festzuhalten und die Richtigkeit der gutachterlichen Geruchsprognose deswegen substanziiert angegriffen hat, wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, dem zunächst sorgfältig ermittelnd nachzugehen, um die zu prognostizierende Geruchsbelastung des Plangebiets überhaupt richtig bewerten, d.h. mit den richtigen Prognosewerten und damit mit dem gebotenen Gewicht der Abwägung zu Grunde legen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 23).

Wird im vorliegenden Eilverfahren aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht auf den Kälberstall verzichtet hat, und geht man deshalb aufgrund mangelnder sorgfältiger Ermittlung der tatsächlichen Erweiterungsabsichten von einem Ermittlungsdefizit aus, vermag der Senat derzeit nicht abzuschätzen, ob dieser Mangel im Hauptsacheverfahren am Maßstab von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als beachtlich oder unbeachtlich anzusehen wäre. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Kommune bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Vorliegend dürfte sich die Offensichtlichkeit des Ermittlungsdefizits unmittelbar aus den Vorbescheid- und den Normaufstellungsakten ergeben (Einwendung im Verfahren der Bauleitplanung gegen die immissionsschutztechnische Begutachtung, dass am Kälberstall festgehalten wird; kein Verzicht auf den Kälberstall laut den vorliegenden Vorbescheidakten; keine Nachforschungen der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller sowie dem Landratsamt hinsichtlich der Frage der fortbestehenden Einbeziehung des Kälberstalls in die Erweiterungsplanung). Fraglich ist aber, ob die Mängel auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen sind. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne diese die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 29 m.w.N.). Die Aussage des Gutachters in der E-Mail an die Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2017, wonach sich bei Einbeziehung des Kälberstalls „praktisch keine Änderung der Immissionswerte“ ergäbe, kann ohne nähere Erläuterung zu der Frage, ob und inwiefern sich bei Einbeziehung des Kälberstalls der Gesamtviehbestand sowie damit der für die Geruchsprognose zugrunde zu legende GV-Wert relevant ändern, sowie ohne nähere Darlegung eines Berechnungsergebnisses vom Senat nicht nachvollzogen werden. Es kann mithin im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass das immissionsschutztechnische Gutachten im Falle der Berücksichtigung des Kälberstalles zu denselben Geruchsprognosewerten gelangt wäre und dass deshalb der Gemeinderat der Antragsgegnerin in jedem Falle den Satzungsbeschluss mit demselben Inhalt erlassen hätte. Es ist – zumal im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO – auch nicht Sache des Normenkontrollgerichts, etwa über ein Sachverständigengutachten selbst zu ermitteln, ob sich eine potenzielle zusätzliche Belastungswirkung in einem Marginalbereich bewegt, der die Unbeachtlichkeit des Ermittlungsdefizits der Kommune gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zur Folge haben könnte (BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 28). Insofern muss jedenfalls derzeit, d.h. im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag gem. § 47 Abs. 6 VwGO, die Möglichkeit der Ergebnisrelevanz eines entsprechenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizits in Rechnung gestellt werden.

dd) Ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch ein materieller Abwägungsfehler in Form eines Abwägungsdefizits und / oder einer Abwägungsfehleinschätzung vorliegen könnte, falls wegen nicht vollständiger Berücksichtigung aller erheblicher (künftiger) Emissionsquellen des Milchviehbetriebs auf FlNr. ... von einer tatsächlich zu geringen Geruchsbelastung im betroffenen Plangebiet ausgegangen worden sein sollte.

Dem weiteren Einwand des Antragstellers, es sei widersprüchlich und abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin einerseits eine Überschreitung der Immissionswerte der Nr. 3.1 der GIRL als zumutbar ansehe, andererseits aber eine Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs auf FlNr. ... nur nach Westen hin als rechtlich möglich erachte und einer Erweiterung nach Norden hin grundsätzlich die Zustimmung verweigere, muss im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden.

Da die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b und § 13a BauGB nicht vorliegen [s.o. a) ], findet vorliegend ferner § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB keine Anwendung, wonach in den Fällen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB Eingriffe, die aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als i.S.d. § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig gelten (zur grundsätzlich entsprechenden Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB über § 13b Satz 1 BauGB vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/746). Auch insofern könnten wegen unterbliebener Erwägungen zu einem naturschutzrechtlichen Ausgleichsbedarf gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB erhebliche Fehler sowohl in Form eines Ermittlungs- und Bewertungsdefizits (Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB) als auch in Form eines Abwägungsdefizits (§ 1 Abs. 7 BauGB) vorliegen. Auch dies kann vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen und bedarf keiner tieferen Betrachtung.

c) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers ist aufgrund des festgestellten Rechtsverstoßes gegen § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB sowie aufgrund des nach summarischer Prüfung womöglich vorliegenden Ermittlungsdefizits (s.o.: Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB in Bezug auf die konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers) dringend geboten. Die Einwendung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 27. April 2018, wonach Erschließungsanlagen noch nicht errichtet würden und derzeit weder eine Erschließungsplanung noch eine Ausschreibung hierfür existierten, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Nachdem der Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach zulässig und begründet ist, spricht bereits indiziell Überwiegendes dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss (s.o.; BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; für den Fall eines Verstoßes gegen § 13a BauGB vgl. BayVGHG, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 15 ff.). Im Übrigen hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Senat keine verbindliche Erklärung abgegeben, bis zur Entscheidung des Senats in der Hauptsache (also über den Normenkontrollantrag im Verfahren 15 N 18.41) auf die Schaffung von Erschließungsmöglichkeiten im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verzichten. Da nach den eigenen Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren aktuell eine erhebliche Nachfrage nach Wohnbauland im Gemeindegebiet bestehe, bereits sämtliche Parzellen des streitgegenständlichen Bebauungsplans reserviert seien und sich 18 weitere Erwerbswillige auf einer Warteliste hätten eintragen lassen, muss angesichts des hieraus folgenden Baudrucks – ungeachtet der Frage, ob nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Grundstücke im östlichen Plangebiet entlang des G...wegs hinreichend erschlossen sind – jederzeit damit gerechnet werden, dass die Antragsgegnerin die Erschließung vorantreibt und damit die formalen Voraussetzungen für (parallele) Genehmigungsverfahren und / oder Genehmigungsfreistellungsverfahren schafft. Durch die dann zu erwartende Verwirklichung der geplanten Wohnbauvorhaben könnten Vorbindungen entstehen, die mit Blick auf noch erforderliche Nachermittlungen und Bewertungen zur Betriebserweiterung des Antragstellers und damit zur Geruchsbelastung (s.o.) einer womöglich notwendigen (nachträglichen) Umplanung des Baugebiets entgegenstehen könnten (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 13). Auch wenn die Wahl des falschen Verfahrens nicht unmittelbar die Interessens- und Rechtssphäre des Antragstellers betrifft, ist sie im Eilverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO nicht irrelevant. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, sind bei der Beurteilung wichtiger Gründe und deren Dringlichkeit i.S. von § 47 Abs. 6 VwGO Einwendungen außerhalb der subjektiven Betroffenheit der Antragsteller in der allgemeinen Interessenabwägung zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 3.3.2017 a.a.O. juris Rn. 29 m.w.N.). Im Falle einer nicht auszuschließenden zeitnahen Umsetzung des Bebauungsplans droht daher aufgrund erheblicher Investitionen für Erschließungsmaßnahmen und für die Errichtung der Wohngebäude die Schaffung vollendeter Tatsachen, sodass unter Einbeziehung aller vorgenannter Umstände der Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung unaufschiebbar erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 a.a.O.).

d) Die weiteren Einwände des Antragstellers,

– der Bebauungsplan sei wegen unzumutbarer Hürden bei der Einsichtnahme im Rahmen des Beteiligungsverfahrens gem. § 3 Abs. 2 BauGB formell fehlerhaft (vgl. hierzu jeweils m.w.N.: Spieß in Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, zu § 3 BauGB Rn. 21; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 3 Rn. 39, 39a),

– der Planung fehle die Erforderlichkeit i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil ein Bedarf nach der Anzahl der Wohnbaugrundstücke nicht nachgewiesen worden sei und noch viele unbebaute Bauparzellen in anderen Baugebieten bzw. im gemeindlichen Innenbereich existierten (hierzu vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 42 m.w.N. sowie BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht, wonach es im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob es in anderen Ortsteilen noch freie Bauplätze gibt, auf denen sich eine Wohnbebauung möglicherweise ebenfalls realisieren ließe),

– es sei aufgrund der Ausdehnung der Bebauung in den Außenbereich von einem Verstoß gegen ein landesbzw. regionalplanerisches Gebot der Nachverdichtung auszugehen (vgl. hierzu BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 57; BayVGH, U.v. 24.8.2015 – 2 N 14.48 – juris Rn. 49; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht; zu vergleichbaren rechtlichen Hürden aus § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB und dem Abwägungsgebot vgl. BayVerfGH, E.v. 29.3.2012 – Vf. 5-VII-11 – BayVBl. 2013, 14 = juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 20.4.2011 – 15 N 10.1320 – BayVBl 2012, 110 = juris Rn. 115 m.w.N.; U.v. 24.8.2015 a.a.O. Rn. 66),

– die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung / Oberflächenwasserableitung gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen, weil das hierfür erforderliche Regenrückhaltebecken im Bebauungsplan selbst keiner Regelung zugeführt worden sei (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 33 ff., zur Möglichkeit „planerischer Zurückhaltung“ unter Konfliktverlagerung auf ein der Bauleitplanung nachfolgendes wasserrechtliches Verfahren vgl. BayVGH, U.v. 23.4.2012 – 1 N 11.986 – juris Rn. 17 ff.; U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 57 ff.),

– die Umsetzung des Bebauungsplans führe im Bereich der Zufahrtsstraßen außerhalb des Plangebiets zu einer abwägungserheblichen Zunahme des Verkehrslärms, die gem. § 2 Abs. 3 BauGB hätte ermittelt und in die Abwägung einbezogen werden müssen (im Falle einer entsprechenden Einwendung im Planungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 17 f., 22 ff.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 19, 21 ff.; zu Fallgestaltungen mangelnder Abwägungsrelevanz vgl. BayVGH, B.v.19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 15; U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – juris Rn. 22 ff. sowie im Anschluss BVerwG, B.v. 24.8.2017 – 4 BN 35.1 – juris Rn. 6),

– es sei fehlerhaft nicht erwogen worden, dass er – der Antragsteller – das Grundstück FlNr. ... gepachtet habe und dass die Bauleitplanung mithin in sein Besitzrecht eingreife,

sind aufgrund der Erwägungen zu a) – c) nicht mehr entscheidungserheblich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 und Abs. 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

4. Entsprechend § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ist die Nr. I der Entscheidungsformel allgemein verbindlich und muss von der Antragsgegnerin in derselben Weise veröffentlicht werden, wie der angegriffenen Bebauungsplan.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

3

Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

4

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

5

Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

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Die Beigeladene hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

14

Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

15

Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

16

Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

17

Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

18

Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

19

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

21

Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

22

Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

23

Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

24

Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

25

Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

26

Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

27

Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

30

Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

31

Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

37

Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

38

Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

39

Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

96

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

99

d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage.

2

Die Klägerin ist Miteigentümerin des in der Gemeinde T./Ortsteil (H.) gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße (Flurstück 59/214{59/214}, Flur A{}, Gemarkung T.), das nördlich an die Weinbergstraße angrenzt. Östlich des Grundstücks bis zur Straße "Weinbergholz" befindet sich nördlich der Weinbergstraße weitere Wohnbebauung. Westlich des klägerischen Grundstücks liegt ein durch den Bebauungsplans Nr. 4 "Weinbergstraße" der Gemeinde T. festgesetztes allgemeines Wohngebiet. Südlich der Weinbergstraße befinden sich auf einer Fläche, die sich von einer Bahntrasse im Westen bis ca. 160 m nach Osten und ca. 270 m nach Süden erstreckt, Kleingärten. Weiter westlich bis zu einem nach Süden abzweigenden Nebenzug der Weinbergstraße befinden sich unbebaute, landwirtschaftlich genutzte Flächen, die ca. 130 m nach Süden reichen. Weiter südlich, in einem Abstand von ca. 180 bis 450 m zum Grundstück der Klägerin befinden sich die Betriebsstätten einer ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Südlich davon, bis zur Mühlenstraße reichend, liegen das Betriebsgelände der Fa. (M.), die dort den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, eine KfZ-Werkstatt sowie einen Abschlepp- und Bergungsdienst betreibt, und das Betriebsgelände eines Tiefbauunternehmens.

3

Für die Anlagen der ehemaligen LPG beantragte deren Rechtsnachfolgerin im Jahr 1993 eine Änderungsgenehmigung zur Rinderhaltung und Güllelagerung. Die Kapazität für den Neubau eines Boxenlaufstalls wurde mit 306 neuen Kuhplätzen und der "Weiterbetrieb" der schon bestehenden Anlage mit 342 Bullenmastplätzen angegeben. Die Anlage wurde am 01.09.1993 in Betrieb genommen. Im Jahr 2003 zeigte der derzeitige Betreiber der Anlage, die MVA (H.) GmbH & Co. KG (MVA), beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt nach § 67 Abs. 2 BImSchG an, dass die Tierplatzzahl auf 782 Stück erweitert werde.

4

Die Beigeladene, die Gesellschafterin der Agrar GmbH und Kommanditistin der MVA ist, beantragte am 28.07.2010 beim Beklagten die Errichtung einer Biogasanlage auf dem im Eigentum der Agrar {GmbH stehenden Flurstück 64/140 der Flur A {der Gemarkung (H.). Das für die Biogasanlage vorgesehene Gelände liegt etwa 240 bis 340 m südlich des Grundstücks der Klägerin. Die Biogasanlage und die Rinderanlage werden durch den von Norden nach Süden verlaufenden, vom Hauptzug abzweigenden Nebenzug der Weinberg{}straße getrennt. Mit Bewilligung vom 16.06.2011 wurde für dieses Grundstück zu Gunsten der MVA{am 05.07.2011 eine Dienstbarkeit für das Unterhalten und Betreiben einer Biogas- und Siloanlage inklusive eines Blockheizkraftwerks (BHKW) eingetragen.

5

Die Biogasanlage umfasst nach der Baubeschreibung nebst Anlagen einen Fermenter mit einer gasdichten Abdeckung mit einem Nettovolumen von 3.385 m³, ein nicht abgedecktes, mit einer Schwimmschicht als Abschluss versehenes Gärrest-Endlager mit einem Nettovolumen von 4.731 m³, einen Annahmebehälter (Rindergülle) mit einer geruchsdichten Abdeckung mit einem Nettovolumen von 768 m³, einen BHKW-Container mit 370 kW elektrischer Leistung, ein Pumpen- und Technikgebäude, drei Fahrsiloanlagen mit jeweils zwei Kammern, einen Triolet-Bunker mit einem Fassungsvermögen von 60 m³, eine Futterhalle sowie ein Trafogebäude. Ferner sollen eine befestigte Zuwegung, eine Regenwasserentwässerung durch Versickerung sowie ein Silosickersaftschacht mit Überlauf in das Gärrestendlager hergestellt werden.

6

Nach der Betriebs- und Verfahrensbeschreibung sollen in der Biogasanlage 15.000 t Rindergülle, 3.000 t Maissilage, 2.000 t Grassilage, 1.000 t Ganzpflanzsilage, 500 t Hühnermist und 500 t Rindermist vergoren werden. Weiter heißt es, die Energiepflanzen, vor allem Mais, Roggen oder Hirse, würden auf den Feldern der näheren Umgebung der Biogasanlage angebaut. Von der benachbarten Tierzuchtanlage der MVA (H.) GmbH werde noch zusätzlich Frischgülle über unterirdische Rohrleitungssysteme in den Fermenter eingeleitet. In dem neu zu errichtenden ersten Gärrest-Endlagerbehälter (G 1) mit einem Freibord von 0,2 m bilde sich als Abschluss der Gärreste auf der Oberfläche eine Schwimmschicht durch die eingebrachten Pflanzenfasern. Der zweite und der dritte Gärrestebehälter (G 2 und G 3) mit einem Volumen von insgesamt 5.200 m³ seien auf dem Grundstück der MVA vorhanden. Das entstandene und gereinigte Biogas werde in einem zur Biogasanlage gehörenden Blockheizkraftwerk in einem Gas-Otto-Motor verbrannt.

7

Die Beigeladene legte eine Immissionsprognose der (I.) GmbH zur geplanten Errichtung der Biogasanlage vom 07.10.2010 vor, nach der erhebliche Geruchsbelästigungen durch die geplante Anlage auszuschließen seien. Die prognostizierte Zusatzbelastung an Geruchsstoffimmissionen sei an allen maßgeblichen Immissionsorten irrelevant, so dass eine Ermittlung der Vorbelastung und Gesamtbelastung entfallen könne.

8

Die Beigeladene legte ferner eine Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros für Lärmschutz (F.) vom 07.09.2010 vor. Darin geht der Gutachter im Ergebnis davon aus, dass von der Anlage der Beigeladenen unter folgenden Bedingungen keine Gefährdungen, erhebliche Benachteiligungen oder erhebliche Belästigungen durch Geräusche der Anlage in der Nachbarschaft verursacht werden:

9

1. In 10 m Abstand vom BHKW-Container dürfe ein Schalldruckpegel von LAeq = 65 dB (A) nicht überschritten werden (einschl. Schallaustrag aus den Zu- und Abluftöffnungen sowie einschl. Notkühler und Gemischkühler).

10

2. Der Schalldruckpegel der Abgasmündung des BHKW dürfe einen Wert von LWA = 60 dB (A) nicht überschreiten, d.h. in einem seitlichen Abstand von der Mitte der Mündung dürfe ein Schalldruckpegel von LAeq = 72 dB (A) nicht überschritten werden. Es müsse eine zusätzliche selektive Dämpfung der 80-Hz-Spektralkomponente mit einem (zusätzlichen) Resonanz-Schalldämpfer in der Abgasanlage erfolgen. Der zusätzliche Dämpfer müsse so ausgelegt sein, dass ein linearer Schalleistungspegel an der Abgasmündung von LW,Terz,80Hz,lin = 80 dB (A) für die Terz f = 80 Hz mit den maßgeblichen tieffrequenten Energieanteilen nicht überschritten werde.

11

3. Der Schalleistungspegel des Feststoffdosierers dürfe einen Wert von LWA = 95 dB (A) nicht überschreiten.

12

4. Fahrverkehr durch LKW, Traktoren und Radlader im Zusammenhang mit dem Betrieb der Biogasanlage sei im Nachtzeitraum (22 bis 6 Uhr) auszuschließen.

13

Mit Bescheid vom 15.04.2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung zur Errichtung der Biogasanlage. In den beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 8.2 bis 8.5 übernahm der Beklagte die vom Lärmgutachter in seiner Schallimmissionsprognose aufgestellten Forderungen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 8.6 ist für die im Einwirkungsbereich der Biogasanlage liegende Wohnbebauung unter Berücksichtigung der Vorbelastung der Immissionswert (Gesamtbelastung) für die Wahrnehmungshäufigkeit der Gerüche an der Erkennungsschwelle (1 GE/m³) von 0,10 (entspricht 10 % der Jahresstunden) entsprechend der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) einzuhalten. Die Nebenbestimmung Nr. 8.10 bestimmte ferner, dass das Gärrestlager nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, der den gegenwärtigen Stand der Technik repräsentiere, mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen ist.

14

Mit Änderungsbescheid vom 15.09.2011 nahm der Beklagte die Nebenbestimmung Nr. 8.10 zurück und gab zur Begründung an, die Biogasanlage sei ohne Abdeckung beantragt worden. Der Antrag enthalte als geruchsmindernde Maßnahme eine sich an der Oberfläche des Endlagers bildende Schwimmschicht, die antragsgemäß zu realisieren sei. Von der Anwendung der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 werde in diesem speziellen Einzelfall abgewichen, da in der geplanten Anlage weitaus überwiegend Gülle vergoren werde. Bei diesen Verfahren würden weniger Restmethanmengen emittiert als in landwirtschaftlichen Betrieben, die Gülle in nicht gasdichten Behältern lagern und die Gülle unvergoren ausbringen. Der Weißdruck der VDI-Richtlinie 3475 sei nicht zwingend anzuwenden.

15

Am 24.11.2011 nahm die Beigeladene die Biogasanlage erstmalig in Betrieb. Den von der Klägerin am 12.05.2011 erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2012 zurück.

16

Die Klägerin hat am 09.02.2012 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Biogasanlage, die die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB für eine Privilegierung im Außenbereich nicht erfülle, sei immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig. Sie sei eine Nebeneinrichtung zur bestehenden Milchviehanlage, die als Tierhaltungsanlage nach Nr. 7.1 Anlage 1 der 4. BImSchV der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG unterfalle. Die Anlage sei zudem als Anlage zur Lagerung von brennbaren Gasen (ab 3 t) nach der 4. BImSchV, Anhang, Nr. 9.1 b, Spalte 2, genehmigungspflichtig. Der Beklagte habe das Rechtsproblem zunächst übersehen, sei dann aber im Widerspruchsverfahren darauf aufmerksam gemacht worden. Daraufhin habe er verfügt, dass das Gärrestendlager nicht der gasdichten Abdeckung bedürfe, so dass es für die Berechnung der Gasmenge außer Betracht bleibe. Damit entspreche die Anlage aber nicht (mehr) dem Stand der Technik nach § 22 BImSchG, obwohl die Ergebnisse aller Stellungnahmen und Prognosen gerade dies voraussetzten. Wegen der Vergrößerung des Wirkungsspektrums der Basisanlage (MVA) und der Erweiterung des zu betrachtenden Wirkraumes sei auch eine standortbezogene Vorprüfung im Sinne des UVPG nach Anlage 1 Nr. 7.5.2 und 8.4.2 UVPG erforderlich, deren Ergebnis öffentlich bekannt zu geben sei. Zudem finde die Störfallverordnung (12. BImSchV) Anwendung, weil die Biogasmenge der Anlage 16,9 t erreiche und damit die Mengenschwelle von 10 t klar überschreite. Die Anlage unterfalle damit bei der erforderlichen gasdichten Abdeckung des Gärrestbehälters zumindest den Grundpflichten der Störfallverordnung hinsichtlich des zu berücksichtigenden Standes der Technik.

17

Mit Blick auf das offene Gärresteendlager werde der bei Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen erforderliche Sicherheitsabstand nach Nr. 5.4.8.6. der TA Luft von 500 m nicht eingehalten. Selbst bei einer geschlossenen Anlage werde der einzuhaltende Abstand von 300 m noch deutlich unterschritten. Hinzu komme, dass das Geländeprofil ein Gefälle hin zur Wohnsiedlung Weinberg{WW}straße aufweise, so dass die geplante Bebauung am Hügelkamm im Störfall verstärkte Auswirkungen zeitige. Es sei in diesem Zusammenhang in keinem Fall bei dem einzuhaltenden Abstand berücksichtigt worden, dass Biogas als hochentzündlicher Stoff einzustufen und damit als Stoff nach Nr. 8 des Anhangs I der Störfallverordnung anzunehmen sei. Der Beklagte habe bei der Genehmigung zudem das Auftreten von Schwefelwasserstoff vernachlässigt. Bei einer Konzentration von mehr als 200 ppm sei Biogas gesundheitsschädlich. Da nach den Bauvorlagen eine Mengenschwelle von 5.000 kg überschritten werde, sei nach dem Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit ein Abstand von 800 m einzuhalten.

18

Angesichts der geringen Entfernung zur Wohnbebauung werde sie in ihrer Lebensqualität deutlich durch Geruchsbelästigung, Verbreitung von Ungeziefer, Ausbreitung toxischer Stoffe sowie Lärm und Zulieferverkehr erheblich beeinträchtigt. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsprognose vom 07.10.2010 gehe von falschen Ansätzen aus. Die Schallimmissionsprognose vom 07.09.2010 unterstelle zu Unrecht, dass sich ihr Wohngrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet befinde; es liege vielmehr in einem reinen Wohngebiet mit der Folge, dass unter Berücksichtigung der Lärmvorbelastung nachts ein Wert von 29 dB (A) einzuhalten sei. Dieser Wert werde indessen deutlich überschritten. Das Gutachten berücksichtige zudem verschiedene Emissionsquellen wie Pumpen, Rührwerke, Tauchmotoren und Gasverdichter nicht. Die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 geforderten und angegebenen Werte für den Schallleistungspegel der Abgasmündung des Blockheizkraftwerks würden laut Datenblatt für den angegebenen BHKW-Typ trotz vorhandener Schalldämpfung nicht erreicht. Da der als Referenz angegebene BHKW-Container mit dem Gas-Otto-Motor vom Typ MB 3042 L4 sich nicht mehr im Angebot der Lieferfirma befinde, so dass ein anderes Modell angeliefert worden sei, besitze die vorgelegte Prognose keine Aussagekraft mehr. Schließlich solle der Anlieferverkehr nach der Baubeschreibung über die Pappelallee (heute "An den Pappeln") erfolgen. Es handele sich hierbei aber um einen landwirtschaftlichen Weg, der zu DDR-Zeiten von der damaligen LPG errichtet worden und für den Begegnungsverkehr nicht ausgelegt sei. Es sei deshalb zu erwarten, dass eine Umfahrung über die Weinbergstraße auch nach den Bauvorlagen durchaus als Option in Betracht gezogen werde. In der Immissionsprognose werde diese Variante in ihren Auswirkungen jedoch nicht geprüft.

19

Die Klägerin hat beantragt,

20

die Baugenehmigung des Beklagten vom 15.04.2011 sowie deren Änderungs- und Ergänzungsbescheide vom 24.05., 29.07. und 15.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 10.01.2012 aufzuheben.

21

Der Beklagte hat beantragt,

22

die Klage abzuweisen

23

und vorgetragen: Das nach Baurecht zu beurteilende Vorhaben verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Das BHKW habe eine elektrische Leistung von 370 kW und eine Feuerungswärmeleistung von 995 kW. Die Gaslagerkapazität sei kleiner als 3 t. Die Mengenschwellen der Nr. 9.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV würden nicht überschritten. Die streitige Biogasanlage sei keine Nebenanlage zur benachbarten Rinderanlage. Diese würden von unterschiedlichen Betreibern geführt. Feste Abstandsregeln für die Verträglichkeit von Biogasanlagen zur benachbarten Wohnbebauung existierten derzeit in Sachsen-Anhalt nicht. Auch die Abstandsregelungen der Störfallverordnung seien für die Bemessung des notwendigen Abstandes nicht anwendbar. Der Verkehr zu der Anlage erfolge nicht über die Weinbergstraße sondern über die Pappelallee. Beschwerden wegen Geruchs- und Lärmbelästigungen seien seit der Inbetriebnahme der Biogasanlage bei ihm nicht eingelegt worden. Eine gasdichte Abdichtung sei erst verbindlich seit der ergangenen Rundverfügung des Landesverwaltungsamts vom 29.02.2012. Zuvor sei die Forderung nach einer gasdichten Abdeckung eine unverhältnismäßige Härte für die Beigeladene gewesen, weil die gesamte Anlage ohne gasdichte Abdeckung statisch geplant gewesen sei. Die Biogasanlage unterliege auch nicht der Störfallverordnung.

24

Die Beigeladene hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen

26

und u.a. Folgendes erwidert: Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides habe das Vorhaben nicht der Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung unterlegen. Insbesondere liege das Fassungsvermögen der Gaslageranlage unter 3 t, und die Biogasanlage stelle kein Vorhaben der Tierhaltung im Sinne von Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG dar. Es handele sich bei dem Vorhaben auch nicht um eine Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, denn das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), das Gülle nunmehr als Abfall betrachte, sei im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung und des Widerspruchsbescheides noch nicht in Kraft gewesen. Es könne an sich auch offen bleiben, ob das Vorhaben nach dem Immissionsschutzrecht genehmigungspflichtig gewesen wäre. Aus einem solchen Verfahrensverstoß könne die Klägerin keine Rechte für sich herleiten. Im Übrigen sei das Vorhaben nicht nach Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftig. Es sei insbesondere keine Nebenanlage zu der benachbarten Milchviehanlage. Das Vorhaben verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Den befürchteten Lärm- und Geruchsbelästigungen habe der Beklagte durch entsprechende Auflagen zur Begrenzung der Lärmrichtwerte und der Geruchsschwellenüberschreitung Rechnung getragen. Die Klägerin könne in diesem Zusammenhang lediglich die Richtwerte für ein Wohn-/Mischgebiet beanspruchen. Die Störfallverordnung sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht anwendbar und enthalte auch keine spezifische Abstandsregelung. Auf die Abstandsregelung nach Nr. 5.4.8.6 TA Luft könne sich die Klägerin nicht berufen, weil es sich im Zeitpunkt der Genehmigung und der Widerspruchsentscheidung nicht um eine Anlage zur Vergärung von Bioabfällen gehandelt habe.

27

Mit dem angefochtenen Urteil vom 29.04.2013 hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 15.04.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.05.2011, 29.07.2011 und 15.09.2011 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:

28

Die Baugenehmigung sei - objektiv-rechtlich - schon deshalb rechtswidrig, weil die unzuständige untere Bauordnungsbehörde anstelle der sachlich für das Immissionsschutzrecht zuständigen Behörde gehandelt habe. Dabei könne offen bleiben, ob die Anlage nach Anhang Nr. 8.6 und 9.1 Buchstabe b) Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV wegen Überschreitung der Mengenschwellen oder nach Nr. 9.36 Spalte 2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig sei, weil es unter Berücksichtigung der über Rohrleitungen genutzten Güllebehälter der MVA ein Fassungsvermögen von insgesamt 6.500 m³ überschreite. Jedenfalls sei nicht nur die nach Immissionsschutzrecht beantragte und genehmigte Erweiterung der Milchviehanlage nach Nr. 7.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig; vielmehr sei auch die begehrte Genehmigung der Errichtung der Biogasanlage als deren Nebeneinrichtung nach Immissionsschutzrecht zu beurteilen. Die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 BImSchG seien erfüllt. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der benachbarten Milchviehanlage folge aus § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV. Zum genehmigungsbedürftigen Anlagenbereich gehörten außer dem Kernbestand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV auch bestimmte Nebeneinrichtungen. Darunter falle die streitige Biogasanlage.

29

Zwar könne allein die Wahl des falschen Genehmigungsverfahrens der Klage noch nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Klägerin als Nachbarin lediglich Eingriffe in ihre Rechtsposition abwehren könne und Drittschutz nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts oder des Immissionsschutzrechts vermitteln könnten, die nach ihrem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt auch der Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Dritten dienen. Die Klägerin könne sich aber auf § 10 Abs. 2 bis 4, 6, 8 und 9 BImSchG berufen, der Drittbetroffenen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einen „vorgezogenen Rechtsschutz“ einräume, indem er eine Beteiligung von Dritten am Verwaltungsverfahren vorsehe. Diesen Verfahrensvorschriften werde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Drittschutz zuerkannt, soweit das Vorbringen des Drittbetroffenen ergebe, dass sich der von ihm gerügte Verfahrensfehler auf seine materiell-rechtliche Position ausgewirkt haben könnte. Dies wiederum lasse sich nur dann ausschließen, wenn die vom Dritten behauptete Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsgüter „offensichtlich und eindeutig unmöglich sei“. Diese Feststellung könne hier jedoch nicht getroffen werden.

30

Das Vorhaben dürfte zwar für die Klägerin keinen unzumutbaren Lärm hervorrufen. In der Baugenehmigung sei in der Nebenbestimmung Nr. 8.1 sinngemäß festgelegt, dass die Biogasanlage am Wohnhaus der Klägerin die Lärmrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tagsüber und 40 dB (A) nachts nicht überschreiten dürfe. Auch sei es grundsätzlich zulässig, den Lärmschutz in dieser Weise durch zielorientierte Festlegungen zu regeln, wobei allerdings gewährleistet sein müsse, dass die Richtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können. Daran bestünden nach Aktenlage keine durchgreifenden Zweifel. Die Rüge der Klägerin, sie befürchte, dass der Zu- und Abgangsverkehr entgegen der Baugenehmigung nicht über die ihrem Grundstück abgewandte, jedoch zur Erschließung untaugliche Straße "An den Pappeln", sondern über die angrenzende Weinberg{}straße abgewickelt werde, greife nicht durch, weil Streitgegenstand lediglich die Baugenehmigung, nicht aber eine möglicherweise abweichende Nutzung sei.

31

Die materiell-rechtliche Betroffenheit der Klägerin könne aber jedenfalls nach dem von ihr vorgelegten Immissionsprotokoll und den dort dokumentierten, von weiteren Anliegern bestätigten Geruchsbelästigungen nicht schlechthin ausgeschlossen werden. Die Beigeladene könne sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass die Klägerin durch die Nebenstimmung Nr. 8.6 ausreichend geschützt werde, wonach die Wahrnehmungshäufigkeit 10 % der Jahresstunden nicht überschreiten dürfe. Es sei nicht gewährleistet, dass dieser Richtwert im allgemeinen Betrieb auch eingehalten werden könne. Dem stehe die von der Beigeladenen eingeholte Immissionsprognose vom 07.10.2010 nicht entgegen. Zum einen handele es sich lediglich um eine bloße Prognose der Zusatzbelastung durch die streitige Anlage ohne Ermittlung der bestehenden Vorbelastung durch die Milchviehanlage. Zum anderen erschienen die rechnerischen Prognosen des Privatgutachtens jedenfalls zum Teil nicht belastbar.

32

Schließlich sei entgegen der Auffassung des Beklagten nach dem Weißdruck der VDI-Richtlinie 3475 Bl. 4 vom August 2010 beim Neubau von Biogasanlagen das Gärrestendlager zwingend mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen. Der Gärrest müsse dabei mindestens 150 Tage abgedeckt bleiben, um unter anderem eine Restmethanbildung von unter 1 % zu gewährleisten. Von dieser Auflage könne nach dem Weißdruck nur dann abgesehen werden, wenn die Biogasanlage ausschließlich mit Gülle beschickt werde, da sich dann nachhaltig schützende Schwimmschichten bilden könnten. Das sei aber unstreitig nicht der Fall, da der Gülleanteil an der Inputmenge gerade nicht 100 % betrage. Damit werde die streitige Anlage entgegen § 5 Abs. 1 BImSchG nicht entsprechend dem Stand der Technik betrieben, obwohl dies von der im Verwaltungsverfahren eingeholten Immissionsprognose unterstellt werde, wie der Sachverständige (W.) in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt habe. Nach Nr. 2 der Geruchsimmissionsrichtlinie sei aber vor einer Immissionsbeurteilung grundsätzlich zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Verminderung der Emissionen ausgeschöpft seien.

33

Die vom Senat zugelassene Berufung hat der Beklagte wie folgt begründet: Selbst wenn die Biogasanlage als Nebeneinrichtung der Milchviehanlage zu beurteilen sei, unterfalle sie den verfahrensrechtlichen Bestimmungen über das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, da auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen sei. Zum Genehmigungszeitpunkt seien Biogasanlagen noch nicht in das UVPG aufgenommen worden. Die Biogasanlage sei auch nicht als Nebeneinrichtung der Milchviehanlage nach dem UVPG genehmigungspflichtig. Maßgeblich sei die tatsächliche Einbeziehung in den auf die Hauptanlage bezogenen Funktionszusammenhang. Die Biogasanlage diene ausschließlich der Stromerzeugung, die Milchviehanlage der Tierhaltung. Zwar werde die Gülle der Milchviehanlage in die Biogasanlage eingebracht; energetisch betrachtet sei dies jedoch ein geringer Anteil, weil 86 % des Biogases von Maissilage, Grassilage und Graspflanzsilage erzeugt werde. Außer der Gülleverwertung bestehe kein gemeinsamer Funktionszusammenhang. Selbst die Betreiber seien unterschiedliche. Im Übrigen habe keine standortbezogene Vorprüfungspflicht für die Biogasanlage nach Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG bestanden. Diese Regelung betreffe eine Tierhaltungsanlage. Das UVPG enthalte keine Regelung, wonach zwei verschiedene Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam eingestuft werden müssten. Vielmehr sei jede Anlage für sich zu betrachten.

34

Der Beklagte beantragt,

35

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

36

Die Beigeladene beruft sich zur Begründung ihrer Berufung ebenfalls darauf, dass eine Betroffenheit drittschützender Normen nicht aus einer möglicherweise falschen Wahl des Genehmigungsverfahrens folge, insbesondere weil in einem unterstellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht § 10 BImSchG, sondern § 19 BImSchG anzuwenden sei, diese Vorschrift aber keinen Drittschutz vermittle. Das Vorhaben habe auch keiner standortbezogenen Vorprüfung nach dem UVPG unterzogen werden müssen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.

37

Die Beigeladene beantragt,

38

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

39

Die Klägerin beantragt,

40

die Berufungen zurückzuweisen.

41

Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und führt ergänzend aus: Biogasanlagen seien nur unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert. Das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen eines Betriebes" hätte erfordert, dass die Biogasanlage einem Basisbetrieb rechtlich-organisatorisch zugeordnet ist. Sofern der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes nicht zugleich Eigentümer der zu genehmigenden Anlage sei, sei die organisatorische Zuordnung nur dann noch hinreichend gewährleistet, wenn der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes, an den die Biogasanlage anknüpfe, maßgeblichen Einfluss auf die Betreibergesellschaft der Biogasanlage habe. Diese notwendigen Voraussetzungen hätten hier nicht vorgelegen. Die fehlende Privilegierung der Biogasanlage müsse zumindest bei der Zumutbarkeit der von ihr hervorgerufenen Immissionen Berücksichtigung finden.

42

Soweit die von der Beigeladenen eingeholte Immissionsprognose vom 07.10.2010 die Ermittlung der Vorbelastung durch den Tierhaltungsbetrieb und der Berechnung der sich kumulativ ergebenden Gesamtbelastung für Ammoniakemissionen für entbehrlich halte, weil eine "intern durchgeführte Ausbreitungsrechnung" ergeben habe, dass der Irrelevanzwert der TA Luft von 3 µg/m³ für keinen maßgeblichen Immissionsort überschritten werde, beruhten die Berechnungen auf fehlerhaften Annahmen.

43

Die gesundheitsschädigende und giftige bzw. sehr giftige Wirkung von im Biogas enthaltenem Schwefelwasserstoff werde unterschätzt. Rechnerisch würde sich bei der Mengenschwelle (nach der Störfall-Verordnung) von 5.000 kg ein Volumen von 54,6 kg Schwefelwasserstoff ergeben, was - bezogen auf das gesamte Volumen der Anlage - einem Anteil von 3.227 ppm (parts per million) entspräche. Der Arbeitsplatzgrenzwert von Schwefelwasserstoff in Biogas betrage 5 ppm. Sie, die Klägerin, habe zahlreiche Untersuchungen zu diesem Problemkreis ausgewertet. Trotz Luftentschwefelung weise Biogas häufig Konzentrationen über 500 ppm auf. Insbesondere bei einstufigen Anlagen bzw. Gesamtverweilzeiten unter 100 Tagen träten besonders hohe Konzentrationen auf, so dass eine gasdichte Abdeckung des Gärrestbehälters unbedingt notwendig sei, um Ausgasungen, Geruchsbelästigungen und die Emission von klimaschädlichem Methan zu verhindern. Bei Mengen an Biogas, wie sie z.B. bei der Entleerung von gasdicht abgedeckten Gärrestebehältern und Fermentern anzutreffen sei, könne die gleiche absolute Menge an Schwefelwasserstoff entstehen wie im Falle eines Gehalts von 10.000 ppm und einer Mengenschwelle von 5.000 kg Biogas nach der Störfall-Verordnung. Dies gelte insbesondere bei einer Beschickung mit erheblichen Mengen Gülle, wie sie hier erfolge.

44

Die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens sei erforderlich gewesen. Als Nebeneinrichtung der gewerblichen Tierhaltungsanlage unterfalle die Biogasanlage der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG. Es hätte ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt werden müssen, weil die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend erforderlich gewesen sei. Die erforderliche standortbezogene Vorprüfung habe indes nicht stattgefunden. Es handele sich um eine Anlage zur Lagerung von brennbaren Gasen ab 3 t nach Nr. 9.1 Buchstabe b) Spalte 2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV. Die Beklagte und die Beigeladene gingen zu Unrecht davon aus, dass die Mengenschwelle von 3 t nicht erreicht werde, weil die Gärrestebehälter offen und nicht gasdicht abgedeckt seien. Dies entspreche nicht dem Stand der Technik nach der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, der für die Berechnung der Lagerkapazität zugrunde gelegt werden müsse. Eine Umgehung des gebotenen Einbezugs habe der Beklagte nicht dadurch zulassen dürfen, dass er unter ausdrücklichem Verstoß gegen das Abdeckungsgebot die bereits zutreffend erteilte Auflage in der Baugenehmigung wieder zurückgenommen habe. Nur so werde dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ausreichend Rechnung getragen. Mit der Rücknahme habe ihr eine Berufung auf die Verletzung drittschützender Vorschriften unmöglich gemacht werden sollen. Zudem benötigten Anlagen zur Lagerung von Gülle ab einer Kapazität von 6.500 m³ einer standortbezogenen Vorprüfung. Auch diese Mengenschwelle sei überschritten.

45

Das Vorhaben der Beigeladenen führe auch zu unzumutbaren Lärmbelastungen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallimmissionsprognose unterstelle zu Unrecht, dass ihr Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liege. Tatsächlich handele es sich bei der näheren Umgebung ihres Grundstücks um ein reines Wohngebiet, für das niedrigere Immissionsrichtwerte gelten, die deutlich überschritten seien. Zudem habe der Gutachter nicht sämtliche Emissionsquellen der Biogasanlage berücksichtigt. Auch könne die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 der Baugenehmigung geforderte Schalldämpfung nicht erreicht werden.

46

Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße gegen die Störfall-Verordnung, der die Anlage unterfalle. Die für hochentzündliches Gas maßgebliche Mengenschwelle von 10.000 kg werde überschritten. Im Fermenter und dem Gärrestlager 1 einschließlich des Speichervolumens über den Behältern könnten maximal 13.000 m³ Biogas vorhanden sein, was bei der anzunehmenden Dichte des Biogases von 1,3 kg/m³ einer Menge von 16.900 kg entspreche. Auch insoweit sei von der nach dem Stand der Technik geforderten Abdeckung des Gärrestbehälters auszugehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH entfalteten selbst die Vorsorgegrundsätze in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82 zur Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen nicht nur drittschützende Wirkung, sondern seien unmittelbar zu beachten.

47

Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße auch deshalb gegen das Rücksichtnahmegebot, weil bei bestimmten Betriebszuständen bis zu 13.000 m³ hochentzündliches Gas und ca. 8.000 m³ Gülle in unmittelbarer Nähe zu Wohnbebauung lagerten. Zudem träten Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff aus der Anlage aus. Die Anwohner des Ortsteils (H.) seien ohnehin schon durch die Tierhaltungsanlage beeinträchtigt. Die Anlage habe zudem durch ihre exponierte Lage an der Hangkante eine optisch bedrängende Wirkung. Bekannt sei, dass auch Ungeziefer, Mücken und Insekten durch Biogasanlagen angelockt würden, aber eben auch in der näheren Umgebung zu Belästigungen führten. Vor allem aber handele es sich letztlich um die Erweiterung eines im Außenbereich nicht privilegierten gewerblich-industriellen Komplexes hin zu einem Baugebiet, das in seiner Anlage mit hoher Wohnqualität und besonderem Erholungswert ausgestattet worden sei. Dieses Ziel der Dorfentwicklung werde durch das Vorhaben der Beigeladenen empfindlich zum Nachteil der Anwohner gestört.

48

Der Senat hat zu der Frage, welchen Geruchsimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Biogasanlage unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch die Milchviehanlage ausgesetzt ist, ein Sachverständigengutachten eingeholt.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

I. Die zulässigen Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung zu Unrecht aufgehoben.

51

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene Baugenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 - BVerwG 4 B 206.92 -, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Klägerin verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1986 - BVerwG 1 C 10.95 -, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Miteigentümerin eines von der streitigen Anlage ca. 240 m entfernten Grundstücks durch die angegriffene Baugenehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme und ggf. die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, verletzt werden.

52

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht gegen ihre Aufhebung rechtfertigende Verfahrensvorschriften und auch nicht gegen materielle öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind. Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend; nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 - BVerwG 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris, m.w.N.).

53

2.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung nicht wegen eines Verfahrensmangels im Genehmigungsverfahren beanspruchen.

54

Einen Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine baurechtliche Genehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Vielmehr setzt die Gewährung von Rechtsschutz voraus, dass die Nachbarn durch den Verwaltungsakt zugleich in ihren Rechten verletzt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat.

55

2.1.1. Eine Ausnahme hiervon ergibt sich im Rahmen von Nachbarklagen aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten (UmwRG). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 verlangt werden, wenn

56

1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften

57

a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder

58

b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,

59

2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 9 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder

60

3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der

61

a) nicht geheilt worden ist,

62

b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und

63

c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.

64

Es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, die die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - BVerwG 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171 [174], RdNr. 17). Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit die in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Fehler unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führen. Die Norm lässt den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - BVerwG 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 [575], RdNr. 22). Ein zur Aufhebung führender Verfahrensfehler liegt hiernach nicht vor.

65

2.1.1.1. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung war nicht erforderlich.

66

a) Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie die Klägerin geltend macht - die Biogasanlage als Nebeneinrichtung der benachbarten Milchviehanlage anzusehen sein sollte.

67

Gemäß § 3e Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 11.08.2010 (BGBl I S. 105) - UVPG a.F. - besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (1.) in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (2.) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen handelt es sich indes um keine Änderung eines Vorhabens im Sinne von § 3e Abs. 1 UVPG a.F., für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht. Ein Änderungsvorhaben unterfällt nicht der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a.F., wenn für das Grundvorhaben lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, es sei denn, für das vorprüfungsbedürftige Grundvorhaben ist eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis tatsächlich schon durchgeführt worden (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013 - 2 K 98/12 -, juris, RdNr. 310; Beschl. d. Senats v. 22.10.2015 - 2 M 13/15 -, juris, RdNr. 34; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e RdNr. 8; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3e UVPG, RdNr. 12). Nach diesen Grundsätzen unterfällt die Errichtung und der Betrieb der Biogasanlage nicht der Vorprüfungspflicht des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a.F. Denn für die Rinderhaltungsanlage der MVA (H.) GmbH mit 782 genehmigten Kuhplätzen hätte nach Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. lediglich eine standortbezogene Vorprüfungspflicht im Einzelfall gemäß § 3c Satz 2 UVPG a.F. bestanden. Für sie wurde auch keine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt.

68

Eine UVP-Vorprüfungspflicht des Vorhabens der Beigeladenen ergibt sich auch nicht aus § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 und 2 UVPG a.F. Danach ist, wenn der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten wird, für die Änderung oder Erweiterung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens durchzuführen. Bestehende Vorhaben sind auch kumulierende Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 Satz 1. Die Vorschriften betreffen die Fälle des "Hineinwachsens in Schwellenwerte" (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3b RdNr. 42 ff.) durch ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben. § 3b Abs. 3 UVPG a.F. gilt zwar auch für die Fälle der nachträglichen Kumulation, wenn also ein neues Vorhaben im engen räumlichen Zusammenhang mit einem anderen Vorhaben durchgeführt werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015 - BVerwG 4 C 4.14 -, BVerwGE 152, 219 [224 f.], RdNr. 16 ff.) Es muss sich aber - wie bei § 3b Abs. 2 UVPG a.F. - um ein Vorhaben derselben Art handeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015, a.a.O., RdNr. 21). Nur dann ist ein Erreichen oder Überschreiten von Schwellenwerten durch ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben überhaupt möglich. Dies scheidet hier schon deshalb aus, weil sich die standortbezogene Vorprüfungspflicht einer Rinderhaltungsanlage nach der Zahl der Rinderplätze richtet, die durch das Vorhaben der Beigeladenen unberührt bleibt. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, die Tierhaltungsanlage habe eine Anlage zur Lagerung von Gülle umfasst, deren Fassungsvermögen durch das Vorhaben der Beigeladenen erweitert werde. Anlagen zur Lagerung von Gülle sind im Katalog der UVP-pflichtigen bzw.- vorprüfungspflichtigen Vorhaben des Anhangs zum UVPG a.F. nicht enthalten.

69

b) Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand auch als eigenständige Anlage keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung nach § 3b Abs. 1 bzw. § 3c Satz 1 oder 2 UVPG a.F. i.V.m. der Anlage 1 zum UVPG a.F.

70

aa) Eine Biogasanlage der hier streitigen Art lässt sich keinem der Nr. 1.1 der Anlage 1 zum UVPG a.F. aufgeführten Vorhaben zuordnen. Diese Nummer betraf die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbine, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich des jeweils zugehörigen Dampfkessels, je nach Feuerungswärmeleistung. Da nach der Baubeschreibung (Bl. 128 Beiakte A) das BHKW nur 426 kW thermische Leistung hat, könnte nach der Feuerungswärmeleistung nur die Nr. 1.1.7 (100 kW bis weniger als 1 MW) Anwendung finden, die eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Satz 2 UVPG a.F. vorsieht. Diese gilt aber nur beim Einsatz anderer als in den Nummern 1.1.3 bis 1.1.5 genannter fester oder flüssiger Brennstoffe, für gasförmige Brennstoffe gilt sie hingegen nicht.

71

bb) Die streitige Anlage war auch nicht von Nr. 8.4 der Anlage 1 zum UVPG a.F. erfasst. Diese Nummer betraf die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung finden, mit einer Durchsatzleistung von 50 t Einsatzstoffen oder mehr je Tag (Spalte 1) bzw. 10 t bis weniger als 50 t Einsatzstoffen je Tag (Spalte 2). Bei den in der Anlage der Beigeladenen zum Einsatz kommenden Stoffen (Rindergülle, Rinder- und Hühnermist, Gras-, Mais- und Ganzpflanzsilage) handelt es sich nicht um (nicht gefährliche) Abfälle, auf die die Vorschriften des - bis zum 31.05.2012 geltenden - KrW-/AbfG Anwendung fanden.

72

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a KrW-/AbfG galten die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für die nach der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.10.2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG Nr. L 273 S. 1) - im Folgenden: EG-TierNebVO - in der jeweils geltenden Fassung, nach den zu ihrer Durchführung ergangenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen abzuholenden, zu sammelnden, zu befördernden, zu lagernden, zu behandelnden, zu verarbeitenden, zu verwendenden, zu beseitigenden oder in den Verkehr zu bringenden tierischen Nebenprodukte. Gülle und Mist wurden damit dem Rechtsregime des KrW-/AbfG entzogen (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.04.2010 - 3 S 2786/09 -, juris, RdNr. 4, m.w.N.). Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a EG-TierNebVO wird Gülle als Material der Kategorie 2 eingestuft. Es kann als unverarbeiteter Rohstoff direkt in einer technischen Anlage, Biogas- oder Kompostieranlage verwendet oder auf Böden ausgebracht werden (Art. 5 Abs. 2 Buchst. e EG-TierNebVO).

73

Gras- und Maissilage stellen keinen Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 bis 4 KrW-/AbfG dar (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.04.2010, a.a.O., RdNr. 4). Es handelt sich um landwirtschaftliche Produkte, die aus nachwachsenden (Primär-)Rohstoffen haltbar gemacht werden und auch als (hochwertige) Futtermittel verwendet werden können. Silage, Gärfutter oder Silo ist ein durch Milchsäuregärung konserviertes hochwertiges Futtermittel für Nutztiere, vor allem für Wiederkäuer (insbesondere das Hausrind). Es werden aber auch nachwachsende Rohstoffe, die als Energiequelle in Biogasanlagen dienen, durch Silierung haltbar gemacht (vgl. wikipedia zu Silage). Primärrohstoffe sind kein Abfall (vgl. Fluck, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 126; Breuer, in: Jarras/Petersen, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 81), auch wenn sie neben Sekundärrohstoffen in einem Verfahren eingesetzt werden. Gleiches gilt für landwirtschaftliche Produkte, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, wie etwa Mais- oder Grassilage. Im nunmehr geltenden § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG (vgl. zur neuen Ausnahmeregelung: BT-Drs. 17/6052, S. 69) werden nur solche anderen nicht gefährlichen landwirtschaftlichen Materialien genannt, die keine (nachwachsenden) Primärrohstoffe bzw. landwirtschaftlichen Produkte darstellen, wie etwa Stroh, Heu oder sonstige Pflanzenreste, wie Rübenblätter oder Gemüsestrünke.

74

cc) Die Biogasanlage fiel auch nicht in den Anwendungsbereich der Nr. 9.1.4 der Anlage 1 zum UVPG a.F. über die Errichtung und den Betrieb einer Anlage, die der Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern oder von Erzeugnissen, die brennbare Gase z.B. als Treibmittel oder Brenngas in Behältern enthalten, dient, mit einem Fassungsvermögen von 3 t bis weniger als 30 t, soweit es sich um Behältnisse mit einem Volumen von jeweils mehr als 1.000 cm3 handelt.

75

Den Schwellenwert von 3 t erreicht der im Dach des Fermenters befindliche Gasspeicher nicht. Er hat nach der Baubeschreibung (Bl. 106 der Beiakte A) ein Volumen von 1.851 m³. Legt man das gesamte Volumen des Speichers zugrunde, ergibt sich bei der von der Beigeladenen angegebenen Dichte von 1,2 kg/m³ eine Menge von 2.221,2 kg Biogas. Geht man von einer höheren Dichte von 1,3 kg/m³ aus, wie sie für den Regelfall angenommen wird (vgl. die Erläuterungen zur Berechnung der vorhandenen Masse von hochentzündlichem Biogas in Biogasanlagen zur Prüfung der Anwendung der StörfallV, Internet. http://www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf), ergibt sich eine Menge von 2.406,3 kg. Auch dieser Wert liegt noch deutlich unter dem Schwellenwert von 3 t, so dass auch bei Hinzurechnung von Gasmengen in den Rohrleitungen eine Überschreitung des Schwellenwerts ausgeschlossen werden kann. Deshalb bedarf keiner Vertiefung, ob entsprechend der in der Anlage 5.2 zum Bauantrag (Ermittlung der Lagerkapazität für Biogas, Beiakte A, B. 106) erfolgten Berechnung von einem deutlich geringeren anrechenbaren Gasvolumen (von nur 723 m³) und dem entsprechend von einem deutlich geringeren Gasgewicht (von nur 0,87 t) auszugehen ist (vgl. dazu die Ausführungen im Biogas-Handbuch von Monika Agatz vom Oktober 2014 im Abschnitt "Gaslagerung" / Ziffer 9.1", S. 13 f.; Internet: http://www.windenergie-handbuch.de/wp/wp-content/uploads/).

76

Für die Berechnung der Lagerkapazität der Biogasanlage muss das Volumen des Gasraums über dem Gärrestlager 1 schon deshalb außer Betracht bleiben, weil die Abdeckung dieses Lagers nicht Inhalt der Genehmigung ist, sondern nur ein nicht abgedecktes Gärrestlager genehmigt wurde. Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass nach dem Stand der Technik (VDI-Richtlinie 3475, Blatt 4) Gärrestbehälter gasdicht abzudecken sind, so dass die Kapazität eines gasdicht abgedeckten Gärrestlagers zugrunde zu legen sei. Abzustellen ist allein auf die Genehmigungslage. Der Umstand, dass eine Anlage, so wie sie genehmigt ist, nicht dem Stand der Technik entspricht, hat allenfalls die objektive Rechtswidrigkeit der Genehmigung zur Folge. Allein deshalb kann die Klägerin aber nicht die Aufhebung der Baugenehmigung beanspruchen. Das Merkmal des Stands der Technik, wie es etwa in dem dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot verwandten § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstanden wird, berührt aus sich heraus keine Nachbarrechte (OVG NW, Beschl. v. 29.08.2012 - 2 B 940/12 -, NuR 2014, 659, RdNr. 11 in juris). Die drittschützende Wirkung des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG - und des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots - erschöpft sich darin, die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu bewahren, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Das heißt nicht, dass jede Beeinträchtigung, die sich nach dem Stand der Technik vermeiden lässt, unabhängig von ihrem Grad als schädlich zu qualifizieren ist und vom Betroffenen abgewehrt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 25.08.1999 - BVerwG 4 B 55.99 -, BRS 62 Nr. 186, RdNr. 6; OVG NW, Beschl. v. 29.08.2012, a.a.O.). Die Klägerin vermag in diesem Zusammenhang nicht mit dem Einwand durchzudringen, mit der Rücknahme der Nebenbestimmung Nr. 8.10 zur Baugenehmigung nach Erhebung ihres Widerspruchs habe ihr eine Berufung auf die Verletzung drittschützender Vorschriften unmöglich gemacht werden sollen. Auch wenn der Beklagte diese Nebenbestimmung zurückgenommen haben sollte, um die Baugenehmigung verfahrensrechtlich zu "retten", ergibt sich allein hieraus kein Aufhebungsanspruch der Klägerin.

77

Im Übrigen dient die tatsächlich hergestellte Abdeckung über dem Gärrestlager 1 nicht der Lagerung von dort noch entstehendem weiterem Gas. Unter "Lagerung" wird allgemein die Aufbewahrung von Stoffen zwecks späterer Verwendung (oder Beseitigung) verstanden (vgl. OVG NW, Beschl. v. 26.10.2000 - 21 B 1468/00 -, NVwZ-RR 2001, 231; Jarass, BImSchG, 11. Aufl., § 3 RdNr. 76; Thiel, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II § 3 BImSchG RdNr. 93; Feldhaus, Immissionsschutzrecht, Bd. 2, Anhang Nr. 9 zur 4. BImSchV, RdNr. 27). Auch nach § 2 Abs. 6 Satz 1 GefahrstoffV (bzw. § 2 Abs. 5 Satz 1 GefahrstoffV a.F.) ist Lagern das "Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere". Die Abdeckung auf dem Gärrestlager 1 ist aber nur als emissionsmindernde Maßnahme konzipiert. Nach den Feststellungen des Sachverständigen beim Ortstermin ist der Gasraum über dem Gärrestlager 1 nicht in die Gasfassung eingebunden. Vielmehr wird das in diesem Lager noch entstehende Gas über eine Druckausgleichsöffnung nach außen abgeleitet.

78

2.1.1.2. Es war auch kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitbeteiligung nach § 10 BImSchG durchzuführen.

79

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 01.07.2005 - 4. BImSchV a.F. - wird das Genehmigungsverfahren durchgeführt nach § 10 BImSchG für a) Anlagen, die in Spalte 1 des Anhangs genannt sind, b) Anlagen, die sich aus in Spalte 1 und in Spalte 2 des Anhangs genannten Anlagen zusammensetzen, und c) Anlagen, die in Spalte 2 des Anhangs genannt sind und zu deren Genehmigung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

80

a) Die Erforderlichkeit eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung ergab sich nicht daraus, dass die Biogasanlage möglicherweise als Nebeneinrichtung zur Rinderhaltungsanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV a.F. einzustufen war mit der Folge, dass nur eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG hätte erteilt werden dürfen.

81

Die Frage, ob eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG oder im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG zu erteilen ist, bestimmt sich grundsätzlich danach, nach welchem Verfahren die zu ändernde Anlage zu genehmigen ist; dies richtete sich bis zum Inkrafttreten der Neufassung der 4. BImSchV vom 02.05.2013 (BGBl I S. 973) grundsätzlich danach, ob sie in Spalte 1 oder 2 des Anhangs zur 4. BImSchV in der bis zum 01.05.2013 geltenden Fassung aufgeführt war (vgl. Czajka, in Feldhaus, BImSchG, § 16 RdNr. 52; Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 16 BImSchG, RdNr. 142).

82

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470 [2473]) am 30.10.2007 und damit sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung am 28.07.2010 als auch im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 15.04.2011 waren Anlagen zur Haltung von Rindern in Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. nur noch in der Spalte 2 unter dem Buchstaben e) mit der Mengenschwelle „600 oder mehr Rinderplätze (ausgenommen Plätze für Mutterkuhhaltung mit mehr als sechs Monaten Weidehaltung im Kalenderjahr)“ aufgeführt. Gemäß Art. 3 Nr. 2 Buchstaben r) aa) ccc) dieses Änderungsgesetzes wurde Nr. 7.1 Spalte 1 im Buchstaben e) dergestalt geändert, dass die Angabe „350“ durch die Angabe „-“ ersetzt wurde (vgl. auch Ludwig, in: Feldhaus, 4. BImSchV, Anhang Nr. 7.1). Dies hatte zur Folge, dass solche Anlagen - auch schon vor Inkrafttreten der 4. BImSchV in der Fassung vom 02.05.2013 - den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des BImSchG über das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG unterfielen, sofern nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Buchstabe c) der 4. BImSchV a.F. eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen war. Letzteres war aber, wie bereits oben unter 2.1.1.1. dargestellt, nicht der Fall.

83

Da Rinderhaltungsanlagen nur in der Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. aufgeführt waren und sich die Biogasanlage - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - auch für sich genommen keinen der in der Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. genannten Vorhaben zuordnen ließ, ergab sich eine Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) der 4. BImSchV a.F.

84

b) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfiel auch nicht als selbständige Anlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG.

85

aa) Sie erreicht nicht die Leistungsgrenze, ab der Anlagen zur Wärme- und Energieerzeugung nach Nr. 1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - erst recht nicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung - bedurften.

86

Da das BHKW nach der Baubeschreibung (Bl. 128 Beiakte A) nur 426 kW thermische Leistung hat, ist eine Genehmigungspflicht nur nach Nr. 1.3 der Spalte 2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV a.F. in Betracht zu ziehen. Diese Regelung betrifft Anlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz anderer als in Nummer 1.2 genannter fester oder flüssiger Brennstoffe in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbinenanlage, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich zugehöriger Dampfkessel, mit einer Feuerungswärmeleistung von 100 Kilowatt bis weniger als 50 Megawatt. In der streitigen Anlage kommen jedoch keine festen oder flüssigen, sondern nur gasförmige Brennstoffe zum Einsatz. Da der Anlagentyp der Spalte 2 zugeordnet ist, ergäbe sich das Erfordernis eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG zudem gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c) des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. nur, wenn eine UVP-Prüfung erforderlich gewesen wäre. Die war aber - wie oben bereits dargelegt - nicht der Fall.

87

bb) Die Biogasanlage unterfiel auch keinem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungstatbestand als Anlage zur Verwertung von Abfällen und sonstige Stoffen unter der Nr. 8 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F..

88

Einschlägig war insbesondere nicht Nr. 8.6 Buchstabe b) des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. Diese Vorschrift betraf Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Anwendung fanden, mit einer Durchsatzleistung von 50 Tonnen Abfällen oder mehr je Tag (Spalte 1) bzw. mit einer Durchsatzleistung von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen Abfällen je Tag (Spalte 2). Wie oben bereits dargestellt handelt es sich bei den in der Biogasanlage zum Einsatz kommenden Stoffen nicht um (nicht gefährliche) Abfälle, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung fanden.

89

cc) Das Vorhaben der Beigeladenen war auch nicht nach Nr. 9.1 Spalte 2 b) des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. genehmigungspflichtig. Die Regelung betraf sonstige Anlagen zur Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 3 Tonnen bis weniger als 30 Tonnen. Diese Grenze erreicht die Anlage - wie oben bereits dargestellt - nicht. Da dieser Anlagetyp in Spalte 2 aufgeführt ist, hätte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG im Übrigen nur dann bestanden, wenn eine UVP-Pflicht bestanden hätte. Dies war aber aus den schon dargelegten Gründen nicht der Fall.

90

dd) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfiel schließlich nicht der Nr. 9.36 Spalte 2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. Die Vorschrift betraf Anlagen zur Lagerung von Gülle mit einem Fassungsvermögen von 6.500 Kubikmetern oder mehr. Zu Unrecht wendet die Klägerin ein, die Güllelager der Milchviehanlage hielten alleine eine Kapazität von 5.200 m³ vor und träten ergänzend neben dem Bruttovolumen des neuen Gärrestbehälters mit 4.487 m³ hinzu. In den Behältern soll künftig keine Gülle, sondern Gärrest gelagert werden. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht von Anlagen zur Lagerung von Gärresten wurde erst in Nr. 9.36 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV in der Fassung vom 02.05.2013 aufgenommen. Da dieser Anlagetyp in Spalte 2 aufgeführt ist, hätte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG im Übrigen nur dann bestanden, wenn eine UVP-Pflicht bestanden hätte. Dies war aber - wie oben bereits dargelegt - nicht der Fall.

91

2.1.2. Die Klägerin kann die Aufhebung der Baugenehmigung nicht allein deshalb beanspruchen, weil statt der Baugenehmigung möglicherweise eine immissionsschutzrechtliche (Änderungs-)Genehmigung zu erteilen gewesen wäre. Eine fehlerhafte Auswahl des durchzuführenden Genehmigungsverfahrens - hier eines Baugenehmigungsverfahren anstatt eines von der Klägerin für erforderlich gehaltenen immissionsschutzrechtlichen (Ände- rungs-)Genehmigungsverfahrens - bewirkt aus sich heraus keinen Abwehranspruch der Klägerin. Der Vorbehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, in dem die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden muss, ist nicht drittschützend (BVerwG, Urt. v. 05.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56/89 -, BVerwGE 85, 368 [372]; Urt. v. 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 [368 f.], RdNr. 41).

92

2.2. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt auch keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

93

2.2.1. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die streitige Biogasanlage im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert sei, weil sie dem Basisbetrieb rechtlich-organisatorisch nicht zugeordnet sei und sich damit nicht "im Rahmen eines Betriebs" nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 BauGB bewege. Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 - BVerwG 4 B 47.95 -, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Die Frage, ob eine Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert ist, hat allein objektiv-rechtliche Bedeutung; bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Privilegierung scheidet eine subjektiv-rechtliche Verletzung von Nachbarrechten aus (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 07.04.2016 - OVG 10 N 45.14 -, juris, RdNr. 8, m.w.N.).

94

2.2.2. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme. Sofern es sich bei der Biogasanlage - wie die Klägerin geltend macht - um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage handeln sollte, verstößt das Vorhaben auch nicht gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.

95

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Für den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne dieser Regelung ist auf § 3 Abs. 1 BImSchG zurückzugreifen (Beschl. d. Senats v. 22.10.2015, a.a.O., RdNr. 7, m.w.N.). Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 - BVerwG 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

96

Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 - BVerwG 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 - 9 A 2030/12 -, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.).

97

2.2.2.1. Das Grundstück der Klägerin ist keinen schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen ausgesetzt.

98

In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene TA Luft sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 - BVerwG 7 B 164.95 -, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Auch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen hat die TA Luft Bedeutung. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Nach Nr. 1 der TA Luft sollen, soweit im Hinblick auf die Pflichten der Betreiber von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG zu beurteilen ist, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen vorliegen, die in Nummer 4 festgelegten Grundsätze zur Ermittlung und Maßstäbe zur Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen herangezogen werden.

99

Nach Abschnitt 1 der TA Luft wird allerdings der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen in dieser Verwaltungsvorschrift nicht geregelt, sondern nur die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen. Dementsprechend bedeutet der Umstand, dass in Abschnitt 5 der TA Luft vorgesehene Mindestabstände (etwa zu Tierhaltungsanlagen) nicht eingehalten werden, noch nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt; nur - umgekehrt - ist die Einhaltung des Mindestabstandes ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB auftreten (vgl. Urt. d. Senats v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris, RdNr. 93, m.w.N.). Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 - BVerwG 4 B 29.10 -, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine - hinreichend verlässliche - Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O. RdNr. 95; Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 - 2 M 84/11 -, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O, RdNr. 95; OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 - 1 B 11320/13 -, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 - 15 CS 10.2131 -, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris). Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist.

100

2.2.2.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch den Betrieb der genehmigten Biogasanlage - gemessen an den Vorgaben der GIRL - insbesondere keiner erheblichen Belästigung durch Geruchsimmissionen ausgesetzt.

101

a) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt nach der Tabelle 1 in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen.Da der Außenbereich nach § 35 BauGB dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen allerdings Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O., RdNr. 96; vgl. auch OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 - 1 A 10972/07 -, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 21.12.2010 - BVerwG 7 B 4.10 -, NVwZ 2011, 433 [435], RdNr. 32 in juris), wonach bei städtebaulichen Konflikten in sog. Gemengelagen, also mit aufeinanderprallenden, unterschiedlichen Nutzungen, im Rahmen (und zur Umsetzung) des Rücksichtnahmegebots auch bei Geruchsimmissionen eine Art Mittelwert (der Richtwerte der benachbarten Baugebiete) zu bilden ist, der der Sache nach nicht das arithmetische Mittel zweier Richtwerte ist, sondern ein "Zwischenwert" für die Bestimmung der Zumutbarkeit. Dem entsprechend sehen auch die Begründung und die Anwendungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL vor, dass beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung in Abhängigkeit vom Einzelfall Zwischenwerte bis maximal 0,15 (der Jahresstunden) zur Beurteilung herangezogen werden können. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich - Ortsüblichkeit“ zudem davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinausgegangen werden.

102

Vor diesem Hintergrund hält es der Senat hier für gerechtfertigt, für das Grundstück der Klägerin den Immissionsrichtwert von 0,15 der Jahresstunden zugrunde zu legen. Denn das Grundstück befindet sich am Rand zum Außenbereich und ist zudem durch die Geruchsimmissionen der benachbarten, bereits zu DDR-Zeiten errichteten und über Jahrzehnte betriebenen Rinderhaltungsanlage erheblich vorbelastet.

103

Die Gesamtbelastung durch die Biogasanlage und die Rinderhaltungsanlage liegt indes nach dem Gutachten des vom Gericht beauftragten Sachverständigen vom 21.04.2016 in der Fassung der Ergänzung vom 13.09.2016 zwischen 10,4 % der Jahresstunden (Wetterdaten der Wetterstation Halle-Kröllwitz) und 14,7 % der Jahresstunden (Wetterdaten der Wetterstation Flughafen Leipzig/Halle) und unterschreitet damit den Wert von 15 % der Jahresstunden.

104

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Vorbelastung könne nur dazu führen, dass sie nur landwirtschaftliche Gerüche über dem Wert von 10 % der Jahresstunden hinnehmen müsse, die Biogasanlage aber andersartige Gerüche verursache. Zum einen sind die Gerüche, die von der streitigen Biogasanlage ausgehen, mit Gerüchen aus der Landwirtschaft vergleichbar. Auch in der Landwirtschaft sind Gerüche durch die in der Biogasanlage der Beigeladenen zum Einsatz kommenden Inputstoffe Gülle, Mist und Silage typisch. Auch Gärreste werden in der Landwirtschaft auf den Feldern ausgebracht. Die Gerüche durch das BHKW haben dagegen - wie das eingeholte Gutachten belegt - nur einen verhältnismäßig geringen Anteil an der Gesamtbelastung. Zum anderen beträgt die Geruchsbelastung durch die streitige Biogasanlage für sich betrachtet nach dem Gutachten in der ergänzten Fassung vom 13.09.2016 zwischen 5,8 und 7,5 % der Jahresstunden und liegt damit für sich betrachtet unter dem Immissionsrichtwert der GIRL für Wohngebiete von 10 % der Jahresstunden.

105

b) Das eingeholte Sachverständigengutachten in seiner ergänzten Fassung vom 13.09.2016 lässt auch keine Fehler erkennen, die zu seiner Unverwertbarkeit führen.

106

aa) Dies gilt insbesondere für die Ermittlung der vom Gärrestlager 1 ausgehenden Geruchsemissionen.

107

Der Sachverständige hat bei seiner ursprünglichen Berechnung zwar zunächst die tatsächliche Bauausführung dieses Gärrestlagers zugrunde gelegt und ist dem entsprechend davon ausgegangen, dass aufgrund der Abdeckung mit Druckausgleichsöffnung von einer 90%-igen Minderung der Geruchsemissionen auszugehen sei. Für die Frage, ob die Baugenehmigung rechtswidrig ist und nachbarschützende Rechte verletzt, ist aber nicht die tatsächliche Bauausführung maßgeblich. Abzustellen ist vielmehr darauf, welchen Inhalt die Baugenehmigung hat. Nach den genehmigten Bauvorlagen, die den Inhalt der Baugenehmigung bestimmen, sollte das Gärrestlager ohne Abdeckung errichtet werden. Die der Baugenehmigung beigefügte Auflage Nr. 8.10, dass das Gärrestlager mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen ist, nahm der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.09.2011 zurück.

108

Der Sachverständige hat jedoch auf Anforderung eine neue Ausbreitungsrechnung vorgenommen, die nunmehr davon ausgeht, dass das Gärrestlager 1 ohne Abdeckung betrieben wird (vgl. die ergänzende Stellungnahme/Berechnung vom 13.09.2016). Er hat dabei, um auf der "sicheren Seite" zu sein, den Konventionswert von 1,5 GE/(m²/s) zugrunde gelegt, der in der vom Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg erstellten Geruchsemissionsfaktorenliste mit Stand vom März 2015 (Internet: http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/emissionsfaktoren.pdf) - nachfolgend: GE-Faktorenliste - aufgeführt ist, obwohl er diesen Wert nach seiner Einschätzung und seinen Erfahrungen für zu hoch hält.

109

Unbegründet ist der Einwand der Klägerin, es könne nicht auf diesen Konventionswert zurückgegriffen werden, weil er nur für Gärrestlager mit einer 10 cm starken Schwimmdecke auf Gärresten gelte. Nach der in den Bauvorlagen enthaltenen Verfahrensbeschreibung (Bl. 123 der Beiakte A) soll sich als Abschluss der Gärreste auf der Oberfläche des Endlagers eine Schwimmschicht bilden, die dadurch entsteht, dass in den Gärresten die durch die Inputstoffe in den Prozess eingebrachten Pflanzenfasern noch vorhanden sind. Die Befürchtung der Klägerin, dass die Bildung einer 10 cm starken Schwimmschicht aufgrund der täglichen Beschickung mit 60 t Input, des ständigen Aufrührens und der kurzen Verweildauer nicht gewährleistet sei, hat der Gutachter entkräftet. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 hat er angegeben, aus Erfahrungen mit anderen Anlagen sei zu erwarten, dass sich bei der genehmigten Einsatzstoffzusammensetzung eine stabile Schwimmdecke mit deutlich mehr als 10 cm Stärke ausbilde, sofern das Gärrestlager nicht aufgerührt werde. Soweit sich die Schwimmdecke nicht mehr im Nahbereich des Zulaufs befinde, der bei offenen Behältern nahe dem Behälterboden liegen sollte, werde sie durch die quasikontinuierliche Zuführung von Gärsubstrat aus dem Fermenter nicht beschädigt, sondern angehoben. Erfahrungsgemäß rieche ausgefaulter Gärrest, der eine Schwimmdecke aus abgetrockneten Maisresten aufweise, fast gar nicht. In der weiteren Betrachtung werde kein zusätzlicher Ansatz für die Ausbringphasen gemacht, weil der Konventionswert bereits deutlich auf der sicheren Seite liege. Die Emissionen seien nicht aus theoretischen Betrachtungen zum Restgaspotenzial ableitbar. Dieses Potenzial könne nur genutzt werden, wenn die für die Lebensbedingungen für die am Biogasprozess beteiligten Mikroorganismen optimal sind. Da in offenen unisolierten Behältern die Temperatur näher an der Umgebungstemperatur (ca. 10° C) als an der optimalen Temperatur für die Mikroorganismen (ca. 40° C) liege, breche die eigentliche Biogasproduktion beim Übertritt in das offene Lager zusammen. Ferner würden gebildete Produkte nicht abgeführt, da die Behälter nicht gerührt würden; dies wirke sich ebenfalls hemmend aus. Im Übrigen sei die hier gegebene mittlere hydraulische Verweilzeit von rund 58 Tagen nicht als kurze Verweilzeit zu betrachten.

110

Auch der im Schriftsatz vom 20.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung geäußerte Einwand der Klägerin, es seien nach der Verfahrensbeschreibung Rührvorgänge erforderlich, die die Bildung einer (ausreichenden) Schwimmschicht hindere, verfängt nicht. Nach der dem Bauantrag beigefügten Verfahrensbeschreibung (Bl. 124 der Beiakte A) sollen zwar mehrere Tauchmotorrührwerke im Endlager dafür sorgen, dass sich aus den Sink- und Schwebstoffen keine Ablagerungen im Endlager im Boden- und Wandbereich bilden, welche ein Abpumpen der Gärreste verhindern würden. Auch heißt es in den von der Klägerin zitierten "Empfehlungen für die Auswahl von Rührwerken für Gärbehälter und Gärrestlager" (Nr. IV - 10/2014 [2. Auflage]) des Biogasforums Bayern (Internet: http://www.biogas-forum-bayern.de/.../Empfehlungen) im Abschnitt "Basisinformation zur Rührtechnik für Gärbehälter und Gärrestlager", dass in den Gärbehältern und Gärrestlagern einer Biogasanlage das Rühren der Suspension zum Ausgleich von Temperatur- und Konzentrationsunterschieden im Gärgemisch, zur Vermischung von Feststoffen und Flüssigkeiten, zur Vermeidung der Bildung von Schwimm- und Sinkschichten, zur Verbesserung des Wärmeaustauschs an den Heizflächen und zur Erleichterung des Gasaustritts aus dem Gärgemisch erfolge. Dies bedeutet aber nicht, dass mit Rührvorgängen während der Lagerung der Gärreste die darüber befindliche Schwimmschicht regelmäßig beseitigt wird. In diesen Empfehlungen ist in Abschnitt 3.1 auch die Funktionsweise von Tauchmotorrührwerken u.a. wie folgt beschrieben:

111

"Der Rührflügel (Propeller) bildet mit dem Elektromotor eine Einheit, die komplett in das zu durchmischende Medium eintaucht. Daher muss das gesamte Rührwerksgehäuse druckwasserdicht und korrosionsfest ausgeführt (…) sein. Das Rühraggregat ist an einer vertikal angeordneten Führungsstange befestigt und kann an dieser mit Hilfe einer Seilwinde in der Höhe verstellt werden. Optional kann die Führungsstange mithilfe einer Kurbel nach rechts oder links geschwenkt und damit die Wirkrichtung des Rührwerks verändert werden. Manche Hersteller bieten auch die Möglichkeit an, das Rührwerk mithilfe eines Steckbolzens um 30 ° nach oben und unten zu schwenken…"

112

Dies bedeutet, dass der Einsatz eines Tauchmotorrührwerks nicht zwingend die Beseitigung der Schwimmschicht zur Folge hat, sondern auch unter der Schwimmschicht zum Einsatz kommen kann. Von einer Beseitigung der Schwimmschicht ist in der Verfahrensbeschreibung der Beigeladenen, die Inhalt der Baugenehmigung ist, nicht die Rede. In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter zudem überzeugend dargelegt, dass die Schwimmschicht in Gärrestlagern nach seinen Erfahrungen und sinnvollerweise erst dann durch ein Aufrühren beseitigt wird, wenn die Gärreste nach der erforderlichen Verweilzeit ausgebracht werden sollen. Dann erst entstünden auch stärkere Gerüche. Die Gerüche in der Ausbringphase sind aber nach der Einschätzung des Gutachters durch den auf der "sicheren Seite" liegenden Konventionswert abgedeckt.

113

bb) Auch die Bewertung der Geruchsemissionen, die von den bereits vorhandenen, zuvor als Güllebehälter genutzten Gärrestlagern 2 und 3 ausgehen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Auch bei diesen Lagern ist der Gutachter davon ausgegangen, dass eine ausreichende Schwimmschicht vorhanden ist. Dies entspricht den Feststellungen, die er im Rahmen der Ortsbesichtigung getroffen hat. Danach sei der Gärrestebehälter 2 zum Zeitpunkt des Ortstermins voll gewesen und habe eine dicke braune Schwimmdecke aufgewiesen. Der Gärrestebehälter 3 sei beim Ortstermin etwa zu einem Drittel bis zur Hälfte voll gewesen; die Schwimmdecke sei oberflächlich trocken und teilweise bewachsen gewesen. Im Bereich oberhalb der Substratzuführung sei die Schwimmdecke schwarz gewesen, was darauf hindeute, dass die Schwimmdecke in diesem Bereich zeitweilig beschädigt werde. Spezifische Gerüche seien im Umfeld der Lagerbehälter nicht feststellbar gewesen. Dies decke sich mit einer Messung an der Biogasanlage (S.), bei der unter anderem die offenen Gärrestlager untersucht worden seien. Dort habe sich bei geschlossener abgetrockneter Schwimmdecke kein anlagenspezifischer Geruch feststellen lassen. Da nicht auszuschließen sei, dass derartige Materialien nach Niederschlagsereignissen etwas riechen oder wie erkennbar sich gelegentlich ein begrenztes Leck in der Schwimmdecke bilde, werde im Jahresmittel von einer schwachen Emission ausgegangen, die durch einen Wert von 500 GE/(m² · h) abgeschätzt werde. Um die Bedingungen beim Aufrühren zu untersuchen, sei ein Behälter in (S.) gezielt aufgerührt worden. Bei der Messung durch eine Fahnenbegehung sei eine Geruchsschwellenentfernung von 75 bis 100 m ermittelt worden. Die Quellstärke des untersuchten 23-m-Behälters habe ca. 1 * 106 GE/h betragen. Dies entspreche einer spezifischen Quellstärke von 2.500 GE/(m² . h). Für die rechnerische Abschätzung habe er den Schätzwert für ruhendes Substrat für 9 Monate angesetzt und für die Ausbringmonate März, April und August den Messwert für den aufgerührten Behälter.

114

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, der vom Sachverständigen angesetzte Wert von 500 GE/(m² · h) betrage nur ein Zehntel des in der GE-Faktorenliste angenommenen Werts von 1,5 GE/(m² · s) = 5.400 GE/(m² · h), der bereits vom Vorhandensein einer Schwimmschicht ausgehe. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 sowie in der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter nochmals ausgeführt, dass beim Ortstermin im Umfeld der Gärrestlager 2 und 3 vor der Hintergrundbelastung durch die Tierhaltung keine spezifischen Gerüche wahrgenommen worden seien, was auch Erfahrungen mit anderen Biogasanlagen entspreche. Da in die nachgelagerten Behälter 2 und 3 kälteres Substrat aus dem Gärrestlager 1 gepumpt werde, seien dort auch theoretisch geringere Emissionen zu erwarten. Eventuell zeitweise höhere Emissionen aus der kleinen Teilfläche von ca. 1 bis 2 m² wirkten sich im Rahmen der Schätzgenauigkeit nicht aus. Aufgrund dieser speziellen, vom Gutachter vor Ort ermittelten Bedingungen an den Gärrestlagern 2 und 3 erscheint es plausibel, vom Konventionswert von 1,5 GE/(m . s) abzuweichen.

115

cc) Auch die Bewertung der Emissionen im Bereich der Rohstofflagerung in den Fahrsilos ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat der Sachverständige für die Maissilage den in der Praxis allgemein üblichen Wert von 3 GE/(m² . s) zugrunde gelegt, obwohl die Mehrzahl der Messwerte eher bei 2,5 GE/(m² . s) liege. Er hat weiter ausgeführt, der von ihm gewählte Ansatz mit einem dreifach höheren Wert für zwei Stunden berücksichtige das Emissionsverhalten für die eigentliche Entnahme und die Anfangsphase der Abklingkurve tendenziell leicht überschätzend. Für die Grassilage hat er den allgemein gebräuchlichen Rechenwert der VDI-Richtlinie 3894 von 6 GE/(m² . s) und den dreifachen Wert von 18 GE/(m² . s) für zwei Stunden am Tag zugrunde gelegt. Nach den Feststellungen, die der Gutachter in dem von ihm durchgeführten Ortstermin getroffen hat (vgl. S. 16 des Gutachtens), waren zum Zeitpunkt des Ortstermins im hinteren Bereich der jeweiligen Kammer mit einer Höhe von jeweils 2,5 m drei Anschnitte vorhanden. Zur Berechnung der Geruchsemissionen für die Silagelagerung hat er eine Maissilage-Anschnittsfläche und eine Grassilage-Anschnittsfläche von jeweils 14 m Breite und 4 m Höhe (56 m²) zugrunde gelegt, die die mittleren Jahresbedingungen abdeckten.

116

Der Zugrundelegung von nur zwei Anschnittsflächen für Maissilage und Grassilage kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, im Zeitpunkt des Ortstermins seien nicht nur zwei, sondern drei Kammern belegt gewesen. Würde man die tatsächlich vorgefundenen drei Anschnittsflächen von jeweils 14 m x 2,5 m zugrunde legen, ergäbe sich eine Fläche von insgesamt 105 m². Die vom Gutachter unter "mittleren Jahresbedingungen" angenommene Gesamtfläche beträgt 112 m² und liegt damit geringfügig über der der Berechnung zugrunde gelegten Fläche.

117

Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, bei der Bewertung der Geruchsemissionen durch die Mais- und Grassilage habe der Gutachter fehlerhaft den "Vorschub" nicht berücksichtigt, obwohl bei der Entnahme nicht glatt abgeschnitten werde, sondern die Folie über die Silage hinweg einige Meter zurückgeschlagen werde. Die Nebenbestimmung Nr. 8.8 der Baugenehmigung, die hier maßgeblich ist, schreibt vor, dass die Inputstoffe, die im Fahrsilo gelagert werden, abzudecken sind und die Anschnittsfläche möglichst klein zu halten ist. Dies erlaubt es der Beigeladenen nicht, außerhalb der Entnahmevorgänge die Abdeckfolie auf der in den Fahrsilos gelagerten Silage um mehrere Meter zurückschlagen. Nicht stichhaltig ist insoweit der im Schriftsatz vom 20.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand der Klägerin, nach einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Abschlussbericht "Repowering von Biogasanlagen - Maßnahmen zur Effizienzsteigerung für den vorhandenen Anlagenbestand" des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik vom 05.12.2015 (Internet: http://www.energetische-biomassenutzung.de/fileadmin/user_upload/) sei ein gewisser "Vorschub" erforderlich und entspreche daher auch gängiger Praxis. In diesem Bericht wird zunächst (S. 67 f.) darauf hingewiesen, dass eine sorgfältige Siloabdeckung unverzichtbar sei, um Lagerverluste zu minimieren. Mangelhafte/fehlende Abdeckung führe zu Lufteintritt, insbesondere an Rändern und Oberflächen. Folge seien Energieverluste durch Atmungsstoffwechsel aerober Mikroorganismen (Nacherwärmung), Nährstoffauswaschung, Verpilzung und Schimmelbildung. Auch der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es wichtig sei, durch eine Abdeckung der Silage das Eindringen von Luft so weit wie möglich zu verhindern. Im Bericht des Fraunhofer-Instituts heißt es im Abschnitt "Sinnvolle Entnahme" (S. 69) weiter, bei der Entnahme dringe Luft, d.h. Sauerstoff, in den Silostock ein und ermögliche die Vermehrung aerob lebender Hefen und Schimmelpilze, die während der Lagerung überdauert haben. Je tiefer der Lufteintritt, desto stärker seien Nacherwärmung und Schimmelbildung. Sie führten zu Energieverlusten und riefen biologische Prozessstörungen in der Biogasanlage hervor. Aus diesen Gründen sollte die Anschnittsfläche dem Silageverbrauch unbedingt so angepasst werden, dass ausreichend Vorschub (ca. 1 - 1,5 m/Tag im Winter, ca. 2 - 2,5 m/Tag im Sommer) bei möglichst kleiner Anschnittsfläche gegeben ist. Auch die richtige Entnahmetechnik (Blockschneider, Schneidschild) helfe den Lufteintritt ins Silo zu minimieren. Die Forderung nach einem "Vorschub" bedeutet damit gerade nicht, dass der an der Anschnittsfläche liegende (vordere) Teil der Silage außerhalb der Entnahmevorgänge oder gar längere Zeit unabgedeckt bleiben soll. Mit ausreichendem "Vorschub" ist in diesem Zusammenhang nur gemeint, dass von der Silage eine bestimmte Strecke pro Tag abgeschnitten werden sollte, um die Verluste durch Lufteintritt in die Silage zu minimieren.

118

Es begegnet auch keinen Bedenken, dass der Sachverständige einen allgemein üblichen 10%-igen Zuschlag deshalb nicht angesetzt hat, weil sich die Anlage im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung in einem "vorbildlich sauberen Zustand" befunden hat, dieser Zustand aber möglicherweise nicht immer oder nur zeitweilig anzutreffen ist. Nach den Anmerkungen zur GE-Faktorenliste ist bei Biogasanlagen ein pauschaler Zuschlag in Höhe von 10 % der diffusen Emissionen (kontinuierlich und zeitlich gewichtet) für Verschmutzungen, Transport- und Umschlagvorgänge zu erheben (Sicherheitszuschlag). Nach den Feststellungen des Gutachters entstehen Emissionen dieser Art in der Anlage der Beigeladenen durch verhältnismäßig viel Silagesickersaft, den Umsatz von Hühnermist und Rinderfestmist und die Zwischenlagerung von Silage aus anderen Lagern. Dafür hat er stattdessen eine Ersatzquelle mit einem Geruchsstoffstrom von 0,40 . 106 GE/h angesetzt.

119

dd) Nicht durchschlagend ist die Rüge der Klägerin, die dem Feststoffdosierer zuzurechnenden Emissionen habe der Gutachter fehlerhaft berechnet, weil er von einer Oberfläche der Behälteröffnung von 25 m² ausgegangen sei, obwohl diese nach den Bauvorlagen 28 m² und nach der Immissionsprognose vom 07.10.2010 sogar 28,5 m² betrage. Nach der Anlage zur Baubeschreibung (Beiakte A, Bl. 110) hat der Trioletbunker eine Breite von 9,50 m und eine Breite von 2,98 m, so dass sich bei einem Rechteck eine Fläche von 28,31 m² ergäbe. Diese Angaben beziehen sich auf den Trioletbunker des Typs Solomix 3 - 6000 mit einem Inhalt von 60 m³ (vgl. Beiakte A, Bl. 188), der in der Anlage zur Baubeschreibung angegeben wurde. Da jedoch die Öffnung des Trioletbunkers eine ovale Form hat, ist deren Oberfläche geringer als die eines Rechtecks. Im Übrigen würde sich eine in diesem Rahmen zu klein angesetzte Oberfläche der Behälteröffnung nur marginal auf die Gesamtemissionen der Biogasanlage auswirken.

120

Die Klägerin macht ferner geltend, es sei - wie in der GE-Faktorenliste vorgesehen - eine Expositionsdauer von vier Stunden anzusetzen, weil allein zum Befüllen zwei Stunden angesetzt werden müssten und die Beförderung aus dem Dosierer in den Fermenter auch eine bestimmte Zeit in Anspruch nehme, während die Inputmenge bewegt werde. Dem Gutachten ist indes nicht zu entnehmen, dass der Sachverständige insoweit denselben zeitlichen Ansatz wie für die Entnahme der Silage aus den Kammern der Fahrsilos gewählt hat. Vielmehr ist er pauschal von einem konstanten Ansatz von 6 GE/(m² . s) ausgegangen.

121

ee) Die Klägerin rügt auch zu Unrecht, der Gutachter habe für das BHKW einen spezifischen Emissionsfaktor von 2.000 GE/m³ gewählt, obwohl die ursprüngliche Immissionsprognose vom 07.10.2010 - wie in der GE-Faktorenliste vorgesehen - einen Wert vom 3.000 GE/m³ zugrunde gelegt habe. Der Gutachter hat seinen Ansatz von 2.000 GE/m³ in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 plausibel damit begründet, dass dieser den Randbedingungen möglichst nahe kommen solle. Der Ansatz von 3.000 GE/m³ im Prognosegutachten entspreche einer Empfehlung, die aus einer Messung an Motoren unterschiedlicher Baugröße hervorgegangen sei und wiederum eine konservative Abschätzung zur sicheren Seite von Prognosegutachten darstelle. Da der TÜV Nord hausintern Emissionen von 800 bis 1.500 GE/m³ an Motoren von 500 bis 800 kW bestimmt habe, liege der Ansatz von 2.000 GE/m³ noch auf der sicheren Seite. Zudem seien trotz der nicht den Anforderungen der TA Luft entsprechenden Ableitung auch von der Klägerin keine Wahrnehmungen von verbrennungs- bzw. schwimmbadähnlichen Gerüchen (NOx) angegeben worden, so dass davon auszugehen sei, dass der Motor - wie bei anderen dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen - nicht zur Geruchsbelastung im Umfeld beitrage.

122

Im Übrigen würde sich bei einem Ansatz von 3.000 GE/m³ der Geruchsstoffstrom von 3,44 . 106 GE/h auf 5,16 . 106 GE/h, also um lediglich 1,72 . 106 GE/h und damit im Verhältnis zu der vom Gutachter ermittelten Gesamtbelastung von 15,04 . 106 GE/h durch die Biogasanlage und 44,9 . 106 GE/h durch die Milchviehanlage (zusammen 59,94 . 106 GE/h) nicht entscheidend erhöhen.

123

ff) Die Klägerin beanstandet auch ohne Erfolg, dass im Gutachten die Disposition von Schwefelwasserstoff nicht explizit angesprochen werde. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass sich die Geruchsemissionen erfahrungsgemäß nicht von Konzentrationen von Einzelkomponenten ableiten lassen, sondern bei der Messung von Gerüchen die erforderliche Verdünnung des Stoffgemischs olfaktometrisch ermittelt werde. Bei der Messung von purem Biogas werde in der Regel Schwefelwasserstoff als eine wesentliche Geruchskomponente wahrgenommen.

124

gg) Der Berechnung der Geruchsimmissionen liegen auch geeignete Wetterdaten zugrunde. Da es für den Standort der Anlage keine konkreten Wetterdaten gibt, hat der Gutachter die meteorologischen Daten der geografisch nächstgelegenen Wetterstation Halle-Kröllwitz und der vom DWD im südlichen Sachsen-Anhalt in der Regel empfohlenen Wetterstation Leipzig-Schkeuditz (Flughafen) herangezogen, die gewisse Unterschiede aufweisen, und alternative Ausbreitungsrechnungen durchgeführt. So weise die Windrichtungsverteilung bei der Wetterstation Leipzig deutlich mehr Südwinde auf, die gerade in vorliegenden Fall von Bedeutung sind. Andererseits weise diese Station weniger Schwachwinde auf als die Station Halle-Kröllwitz. Die mittlere Windgeschwindigkeit der meteorologischen Zeitreihe der Station Halle-Kröllwitz für das Jahr 2002 betrage nur 2,25 m/s und sei somit erheblich geringer als am Standort der Anlage zu erwarten. Die mittlere Windgeschwindigkeit der meteorologischen Zeitreihe der Station Leipzig-Schkeuditz für das Jahr 2006 betrage hingegen 4,3 m/s und sei deutlich höher als am Standort der Anlage zu erwarten. Es sei daher davon auszugehen, dass beide Datensätze die tatsächlich am Standort herrschenden Bedingungen nur in einer Näherung beschreiben. Dennoch ergäben sich bei den Berechnungen mit beiden Datensätzen keine gravierend abweichenden Ergebnisse. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Geruchsimmissionen zwischen 10,4 und 14,7 % der Jahresstunden liegen. Beide Werte liegen, wie oben bereits ausgeführt, noch unterhalb des hier maßgeblichen Immissionswerts von 15 % der Jahresstunden.

125

2.2.2.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniakimmissionen.

126

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft).

127

Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich. Damit kann sich ein Nachbar allenfalls dann auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen, wenn er Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) ist (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O., RdNr. 130, m.w.N.). Dies trifft auf die Klägerin nicht zu. Nicht stichhaltig ist ihr Einwand, bereits im September/Oktober 2012 hätten sich die Nadeln des in ihrem Vorgarten vorhandenen 1 m hohen Juniperus (Wacholder), der aufgrund seiner Empfindlichkeit ein Schadstoffanzeiger sei, stellenweise gelb gefärbt. Die eventuelle Schädigung einer möglicherweise ammoniak- bzw. stickstoffempfindlichen Pflanze in einem Vorgarten begründet noch keine erheblichen Nachteile für die Nachbarschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG. Hier ist auch in Rechnung zu stellen, dass bereits vor Inbetriebnahme der Biogasanlage eine erhebliche Vorbelastung mit Ammoniak durch die bereits vorhandene Milchviehanlage bestanden hat.

128

2.2.2.1.3. Das Grundstück der Klägerin wird auch keinen schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Schwefelwasserstoff-Immissionen sowie mögliche Brände und Explosionen in der Biogasanlage ausgesetzt.

129

Die Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat im November 2014 eine Arbeitshilfe "Szenarienspezifische Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18" (KAS-32) erstellt und im November 2015 überarbeitet. Darin wird festgehalten, dass das Biogas neben den Hauptbestandteilen Methan und Kohlendioxid weitere Gase enthalte, von denen Schwefelwasserstoff aufgrund seiner Toxizität und den geringen Beurteilungswerten für störungsbedingte Immissionen relevant sei. Die Konzentration von Schwefelwasserstoff sei insbesondere vom eingesetzten Substrat abhängig, und dem entsprechend variierten die Literaturangaben im Bereich von 0,02 bis 2 Vol.-% Schwefelwasserstoff. Nach dem Leitfaden KAS 18 sei für die Bewertung von toxischen Gefährdungen der ERPG-2-Wert heranzuziehen. Für Schwefelwasserstoff betrage er 30 ppm. Darauf aufbauend wurde in der KAS-32 für die Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse ein "Achtungsabstand" formuliert. Seine Bemessung erfolgte auf der Basis einer angenommenen Freisetzung von Biogas durch das Versagen eines Foliensystems auf einem Fermenter oder Gärrestlagerbehälter. Aus dem Vorsorgegedanken heraus wurde eine nicht auszuschließende Biogaszusammensetzung von 75 Vol.-% Methan, 2 Vol.-% Schwefelwasserstoff und 23 Vol.-% Kohlendioxid angenommen. Das für die Bauleitplanung verwendete Szenario sollte ein Dennoch-Szenario sein, in dem ein größerer Massenstrom freigesetzt wird, als dies bei einem vernünftigerweise nicht auszuschließenden Szenario wie z.B. einer Flanschleckage oder dem Ansprechen einer Druckentlastungseinrichtung der Fall ist. Weiterhin sollte das Szenario nicht die Freisetzung der gesamten zusammenhängenden Masse innerhalb kurzer Zeit unterstellen, da solche Szenarien für die externe Notfallplanung verwendet werden. Bei heute üblichen größeren Behälterdurchmessern der Fermenter und Gärrestlager erschienen Risse in Foliensystemen in Längen von mehreren Metern plausibel. In einer Tabelle wurden für einige Leckflächen die berechneten Massenströme zusammengestellt. Hierbei wurden ein Betriebsüberdruck von 5 mbar und eine Temperatur von 20 °C vorausgesetzt. Im Leitfaden KAS 18 sei für die Ausflussziffer ein scharfkantiges Leck mit einem Wert von 0,62 angesetzt worden. Da keine Angaben über die Ausflussziffer bei einem Leck in einer Folie vorlagen, wurde konservativ ein Wert von 1 für die Berechnungen verwendet. Im Leitfaden KAS 18 wurde eine Freisetzungsdauer von 10 Minuten vorausgesetzt. Die Gasmengen im Fermenter und im Gärrückstandslager lägen typischerweise im Bereich von 3.000 kg bis 8.000 kg. Unter der Annahme, dass die Gesamtmenge eines Behälters innerhalb von 10 Minuten freigesetzt werde, ergäben sich damit Massenströme zwischen 5 kg/s bis 13 kg/s. Aus Schadensereignissen sei aber auch bekannt, dass sich die Folienabdeckung auch über größere Bereiche von den Behältern lösen könne, z.B. durch Versagen des Klemmschlauchs. Sofern bekannt sei, dass die Befestigung der Folie mit Hilfe der Klemmschlauchtechnik erfolge oder nicht ausgeschlossen werden solle, werde abweichend von der nachfolgenden Konvention eine Leckgröße von 1 m² und daraus resultierend ein Achtungsabstand von 250 m empfohlen. Es werde als Leckfläche für Biogasanlagen 0,6 m² (Risslänge: 3 m; mittlere Breite: 0,2 m) festgelegt. Die daraus resultierende Freisetzungsrate liege auch in der Größenordnung, wie sie für Stoffe, für die die Standardleckfläche von 490 mm² festgelegt worden sei (Ausnahme gasförmiges Fluor), ermittelt worden sei (4,3 kg/s und 25 kg/s). Der ERPG-2-Wert für Schwefelwasserstoff von 30 ppm werde in einer Entfernung von ca. 200 m unterschritten, so dass der Achtungsabstand 200 m (Abstandsklasse I) betrage. Mit diesem Abstand seien auch mögliche Einwirkungen durch Brände und Explosionen abgedeckt.

130

Die Arbeitshilfe KAS-32 der Kommission für Anlagensicherheit, einem nach § 51a Abs. 1 BImSchG beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gebildeten Gremium, kann als Orientierungshilfe für Gefahren beim Betrieb von Biogasanlagen durch Freisetzung von Schwefelwasserstoff, Brände und Explosionen sowie den unter Vorsorgegesichtspunkten gebotenen Abstand insbesondere zu Wohngebieten herangezogen werden. Sie baut auf dem von einer Arbeitsgruppe der Kommission für Anlagensicherheit erarbeiteten Leitfaden "Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung von § 50 BImSchG" - KAS-18 auf. Wesentliche Grundlage dieses Leitfadens bildete nach der Vorbemerkung ein vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenes Gutachten, bei dem Behördenvertreter, Betreiber und Gutachter über ihre Erfahrungen in der Anwendung des Leitfadens befragt wurden. Zwar wird in der KAS-18 in Anhang 2 für den Stoff Schwefelwasserstoff ein Abstand von 797 m empfohlen. Jedoch befasst sich die Arbeitshilfe KAS 32 in Abschnitt 1 speziell mit Gefährdungen durch Biogasanlagen. Im Abschnitt 1.1 (Problemstellung) wird ausgeführt, wesentliche Unterschiede zu üblichen Prozessanlagen seien bei Biogasanlagen die Verwendung von Folien und Membranen als Umschließung für das Biogas sowie der geringe Innendruck in den Anlagen zur Biogasherstellung. Aufgrund von Konstruktion, Auslegung, Materialeigenschaften, insbesondere der wesentlich geringeren Festigkeit gegenüber Anlagenauslegungen in Chemieanlagen, resultierten größere Austrittsflächen und in Folge dessen andere Gasausbreitungen. Daher sei eine separate Bewertung dieses Anlagentyps analog der Vorgehensweise im Leitfaden KAS-18 erforderlich. Wird der - unter Vorsorgegesichtspunkten ermittelte - "Achtungsabstand" eingehalten, ist auch davon auszugehen, dass die Anlage weder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG noch sonstige Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorruft.

131

In Anwendung dieser Grundsätze wird das Grundstück der Klägerin durch den Betrieb der streitigen Biogasanlage weder schädlichen (toxischen oder gesundheitsgefährdenden) Einwirkungen durch Schwefelwasserstoff noch Gefahren durch Brände oder Explosionen ausgesetzt. Denn der geringste Abstand zwischen der Biogasanlage und dem Grundstück der Klägerin beträgt ca. 240 m. Sind selbst bei Störfällen Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Schwefelwasserstoff bei Einhaltung des empfohlenen Abstandes nicht anzunehmen, gilt dies erst recht für den Normalbetrieb, bei dem deutlich geringere Mengen dieses Stoffes freigesetzt werden (können). Nicht durchschlagend ist der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand der Klägerin, in der zweiten überarbeiteten Fassung sehe die KAS-32 einen größeren Abstand als 200 m vor. Auch nach der zweiten Fassung vom November 2015 beträgt der in Abschnitt 1.3.3. empfohlene "Achtungsabstand" grundsätzlich 200 m. Nur bei Befestigung der Folie mit Hilfe der sog. Klemmschlauchtechnik beträgt er 250 m. Die Klemmschlauchtechnik wird aber bei der hier zum Einsatz kommenden Tragluftabdeckung des Fermenters nach den genehmigten Bauvorlagen (vgl. die Unterlage "Gasdichte Behälterabdeckungen" - Beiakte A, Bl. 182) nicht angewandt. Zudem würde dieser - wiederum unter Vorsorgegesichtspunkten empfohlene - höhere "Achtungsabstand" hier nur ganz geringfügig unterschritten. Im Anhang 1 heißt es zwar unter "ergänzende Informationen" weiter, dass die spontane Freisetzung eines üblichen Inventars von ca. 8.000 kg Biogas zu einer Unterschreitung des ERPG-2-Wertes in einer Entfernung von 365 m führen würde (Wegdenken der Folie, angenommene Freisetzung der Gesamtmenge innerhalb einer Sekunde). Zugleich wird aber darauf verwiesen, dass dieser Fall den theoretisch maximal möglichen darstelle, der im Rahmen einer KAS-18 Betrachtung jedoch nicht unterstellt werde. Theoretisch maximal mögliche Störfälle genügen indessen nicht, um eine konkrete Gefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Denn bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist insbesondere auch die Wahrscheinlichkeit der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015 - 10 S 1169/13 -, juris, RdNr. 80), Erforderlich ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eines der in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter gefährdet ist (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 5 BImSchG, RdNr. 126).

132

2.2.2.2. Schädliche Umwelteinwirkungen sind auch nicht im Hinblick auf der Anlage zuzurechnende Geräuschimmissionen zu erwarten.

133

Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm, die ihren Geltungsbereich nach ihrer Nr. 1 Abs. 2 ausdrücklich auch auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen erstreckt, mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind gemäß Nr. 1 Abs. 3 Buchstabe b) aa) der TA Lärm die Vorschriften der TA Lärm zu beachten bei der Prüfung der Einhaltung des § 22 BImSchG im Rahmen der Prüfung von Anträgen in Baugenehmigungsverfahren (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 - BVerwG 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 11 ff.).

134

Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten. Nach Nr. 4.2 Buchstabe a) der TA Lärm ist bei der immissionsschutzrechtlichen Prüfung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Zulassung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage vorbehaltlich der Regelungen in Nr. 4.3 sicherzustellen, dass die Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 nicht überschreiten; gegebenenfalls sind entsprechende Auflagen zu erteilen.

135

Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für reine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe e) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 50 dB (A) und nachts bei 35 dB (A). Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innen-bereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 - BVerwG 7 B 71.00 -, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Im Fall einer sog. Gemengelage oder „diffusen Bebauung" kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, a.a.O.).

136

Die Eigenart der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks dürfte zwar einem faktischen reinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO entsprechen, da sich dort - soweit ersichtlich - nur Wohngebäude befinden. Grenzt ein Wohngrundstück unmittelbar an den planungsrechtlichen Außenbereich, ist jedoch in entsprechender Anwendung von Nr. 6.7 der TA Lärm für den am Wohnhaus maßgeblichen Immissionsrichtwert und unter Berücksichtigung der gegenseitig bestehenden Pflicht zur Rücksichtnahme regelmäßig ein geeigneter Zwischenwert zu bilden, welcher der Eigenart des an die Wohnbebauung angrenzenden Außenbereichs und der dort vorgesehenen privilegierten Zulässigkeit von Anlagen Rechnung trägt. Dem Schutzbedürfnis des Eigentümers eines in einem (faktischen oder festgesetzten) reinen Wohngebiet gelegenen, aber an den Außenbereich angrenzenden Grundstücks ist gegenüber den Außenbereichsvorhaben regelmäßig dann genügt, wenn der entsprechende Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete nach Nr. 6.1 d) TA Lärm von 40 dB(A) nachts gewahrt ist (OVG NW, Beschl. v. 06.05.2016 - 8 B 866/15 -, juris, RdNr. 9 ff.; VGH BW, Urt. v. 23.04.2002 - 10 S 1502/01 - NVwZ 2003, 365 [366], RdNr. 29 in juris; HessVGH, Urt. v. 30.10.2009 - 6 B 2668/09 -, juris, RdNr. 12; ThürOVG, Beschl. v. 22.02.2006 - 1 EO 708/05 -, juris, RdNr. 66; SaarlOVG, Beschl. v. 24.09.2014 - 2 A 471/13 -, juris, RdNr. 12).

137

Dies hat hier zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Denn das Grundstück der Klägerin grenzt in südlicher Richtung, also in Richtung der Milchviehanlage und der Biogasanlage, an den Außenbereich. Südlich der Weinbergstraße befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie Kleingärten.

138

Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung überschreitet nach der von der Beigeladenen eingereichten Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros für Lärmschutz (F.) am Grundstück der Klägerin die nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 und 6 der TA Lärm um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) am Tag und 34 dB(A) in der Nacht nicht. Auch soweit man einen Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit gemäß Nr. 6.5 der TA Lärm ansetzt, wird der maßgebliche Immissionsrichtwert für den Tag nicht überschritten. Dabei wird dem Mittelungspegel für die empfindlichen Tageszeiten ein Zuschlag von 6 dB (A) hinzugerechnet; dadurch erhöht sich der Pegel für den gesamten Tag an Werktagen um 1,9 dB und an Sonn- und Feiertagen um 3,6 dB (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.1 TA Lärm RdNr. 32, m.w.N.).

139

Als "seltenes Ereignis" nach Nr. 7.2 der TA Lärm hat der Gutachter die Einlagerung von Maissilage eingestuft und insoweit einen Beurteilungspegel für den Tag von 49,3 dB (A) ermittelt. Der Richtwert der Nr. 6.3 der TA Lärm liegt insoweit bei 70 dB (A). Ist wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage zu erwarten, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nummern 6.1 und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können, kann gemäß Nr. 7.2 Satz 1 der TA Lärm eine Überschreitung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden.

140

Der BHKW-Container erreicht nach der Schallimmissionsprognose keinen so hohen Schallleistungspegel, dass an den nächstgelegenen Wohngebäuden nachts die höchst zulässigen Spitzenpegel erreicht werden. Auch beim Betrieb des Radladers im Tageszeitraum, der sich beim Transport der zu vergärenden Feststoffe von der Fahrsiloanlage bis zum Feststoffdosierer bewegt, sei eine Überschreitung der für die Tageszeit geltenden höchst zulässigen Spitzenpegel auszuschließen.

141

Der der Anlage nicht zurechenbare Verkehrslärm auf den öffentlichen Straßen war nicht zu berücksichtigen, da er gemäß Nr. 2.4 der TA Lärm nicht als Vorbelastung gilt. Nur wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die nach Nr. 2.4 der TA Lärm ausgeklammerten Geräusche wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben, ob eine Anlage im Zusammenwirken mit diesen Geräuschen zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, kommt in entsprechender Anwendung von Nr. 3.2.2 der TA Lärm eine Sonderfallprüfung im Genehmigungsverfahren in Betracht (vgl. dazu: Feldhaus, BImSchG, Bd. 3, B 3.6 Nr. 2 RdNr. 40; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.1 TA Lärm RdNr. 28, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass an der Weinbergstraße Verkehrsgeräusche entstehen, die wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können.

142

Auch die Berücksichtigung von Geräuschen des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Straßen nach Nr. 7.4 der TA Lärm ist entbehrlich. Nach dieser Bestimmung sollen Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c) bis f) durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. In der schalltechnischen Untersuchung (S. 40) ist der Gutachter davon ausgegangen, dass mit dem Betrieb der geplanten Biogasanlage kein wesentlicher anlagenbezogener Fahrverkehr verbunden sei. In Anbetracht der nur geringen Verkehrsmengen auf der öffentlichen Weinbergstraße und der ebenfalls nur geringen Verkehrsmengen, die mit dem Vorhaben im Jahresmittel verbunden seien, sei eine Überschreitung der Verkehrslärmschutzverordnung von vornherein auszuschließen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der der Biogasanlage zuzurechnende An- und Abfahrtsverkehr nach den genehmigten Bauvorlagen (vgl. Beiakte A, Bl. 196) nicht über den Weinbergweg, sondern über die Pappelallee bewegt.

143

Die vom Gutachter für die Einhaltung der Immissionsrichtwerte geforderten Bedingungen hat der Beklagte in die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 8.2 bis 8.5 aufgenommen.

144

Ohne Erfolg bemängelt die Klägerin, dass die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 zur Baugenehmigung geforderten und angegebenen Werte für den Schallleistungspegel der Abgasmündung des BHKW laut Datenblatt für den angegebenen BHKW-Typ trotz vorhandener Schalldämpfung nicht erreicht werden könne. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der vom Gutachter geforderte zusätzliche und speziell auf das Terzfrequenzspektrum der Abgasgeräusche zugeschnittene Resonanzschalldämpfer nicht verfügbar ist. Der Gutachter hat in der Anlage 5 zum Gutachten verschiedene aus seiner Sicht in Frage kommende Modelle vorgeschlagen. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt, dass der in der Baugenehmigung geforderte Schalldämpfer auch eingebaut worden sei. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass damit die im Gutachten festgelegten maximalen Emissionswerte nicht eingehalten werden können.

145

Zu Unrecht rügt die Klägerin, der Gutachter habe diverse weitere Emissionsquellen wie Pumpen, Rührwerke, Tauchmotoren und Gasverdichter nicht in seine Berechnungen einbezogen. Im Gutachten ist auf Seite 9 plausibel dargestellt, dass auf die Ermittlung der in vergleichbaren Schallimmissionsprognosen für andere Anlagenstandorte mit untersuchten Geräuschemissionen von z.B. Steuerungs- und Pumptechnik verzichtet werde, weil für solche Anlagenteile Schalleistungspegel bekannt seien, die im Regelfall zwischen 65 und 80 dB (A) lägen, die Betriebszeiten eher gering seien und somit aus schalltechnischer Sicht gegenüber den bereits genannten Geräuschquellen vernachlässigt werden könnten. Diese Anlagenteile würden zudem in einem massiven Gebäude zwischen den beiden geplanten Rundbehältern betrieben. Sämtliche Rührwerke sowohl im Fermenter als auch im Endlager seien als Tauchmotorrührwerke geplant. Da diese völlig im Substrat eingetaucht seien, gingen von ihnen keine relevanten im Freibereich wahrnehmbaren Geräusche aus. Sie blieben demzufolge unberücksichtigt.

146

2.2.2.3. Auch sonstige erhebliche nachteilige Wirkungen auf schutzwürdige Individualinteressen der Klägerin liegen nicht vor. Insbesondere hat das Vorhaben nicht die von ihr geltend gemachte "optisch bedrängende Wirkung".

147

Nach seinem objektiv-rechtlichen Gehalt schützt das Gebot der Rücksichtnahme die Nachbarschaft vor unzumutbaren Einwirkungen, die von einem Vorhaben ausgehen. Es betrifft jedoch auch Fälle, in denen sonstige nachteilige Wirkungen in Rede stehen. Dazu zählt die Rechtsprechung "optisch bedrängende" Wirkungen, die von einem Bauvorhaben auf bewohnte Nachbargrundstücke ausgehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.12.2006 - BVerwG 4 B 72.06 -, NVwZ 2007, 336, RdNr. 4, m.w.N.). Eine solche Wirkung kann etwa von Windkraftanlagen ausgehen. Bei der streitigen Biogasanlage mit einer größten Höhe (des Fermenterdaches) von 14,58 m in einem Abstand von ca. 240 m zum Grundstück der Klägerin kommen solche Wirkungen indes nicht in Betracht.

148

Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Biogasanlage, in der Gülle, Mist und Silage zum Einsatz kommen, Ungeziefer, Mücken und sonstige Insekten - gegenüber der Tierhaltungsanlage verstärkt - in einem solchen Maß angezogen werden, dass der Abstand von ca. 240 m keinen ausreichenden Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen bietet.

149

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kann die Klägerin auch nicht darauf stützen, dass das Baugebiet, in dem ihr Grundstück liegt, eine hohe Wohnqualität mit besonderem Erholungswert besitze, die durch die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (weiter) verschlechtert werde. Allein eine Herabsetzung des Erholungswerts eines Grundstücks genügt nicht, um von einer unzumutbaren Beeinträchtigung sprechen zu können (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.12.2011 - 2 M 162/11 -, BRS 78 Nr. 98, RdNr. 14 in juris). Im Übrigen ist das Grundstück der Klägerin durch die Nachbarschaft zur bereits vorhandenen Tierhaltungsanlage vorbelastet.

150

2.2.3. Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge der Klägerin, die Biogasanlage verstoße gegen Vorschriften der Störfallverordnung (12. BImSchV).

151

2.2.3.1. Zwar kann sich ein Nachbar auf etwaige Verstöße gegen Regelungen der 12. BImSchV berufen, weil sie jedenfalls den Schutz der Nachbarschaft vor sonstigen schädlichen Einwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG 1. Alt. BImSchG konkretisiert (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58/88.AK -, BRS 78 Nr. 211, RdNr. 353 ff. in juris, m.w.N; VGH BW, Urt. v. 20.07.2011 - 10 S 2102/09 -, juris, RdNr. 300, m.w.N). Zu den sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die nicht durch Immissionen hervorgerufen werden und nicht im eigentlichen Sinne betriebsbedingt sind, zählen physische Einwirkungen wie Explosionen, Brandereignisse, Stoffeintrag in Boden oder Gewässer oder Überflutungen (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011, a.a.O.). Ungeachtet der umstrittenen Frage, ob es sich um Immissionsschutz im engeren Sinne handelt, verfolgt die 12. BImSchV auch das Ziel zu verhindern, dass die menschliche Gesundheit dadurch geschädigt wird, dass Luftschadstoffe kurzfristig oder über längere Zeit aus einer Anlage freigesetzt werden. Sie dient somit auch dem Schutz der Umwelt einschließlich der menschlichen Gesundheit (VGH BW, Urt. v. 20.07.2011, a.a.O.).

152

2.2.3.2. Die Biogasanlage der Beigeladenen verstößt indes, so wie sie genehmigt ist, nicht gegen Vorschriften der 12. BImSchV, da die Anlage nicht in deren Anwendungsbereich fällt.

153

Nach § 1 Abs. 1 der 12. BImSchV gelten die Vorschriften des Zweiten und Vierten Teils mit Ausnahme der §§ 9 bis 12 für Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 4 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten. Für Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 5 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten, gelten außerdem die Vorschriften der §§ 9 bis 12.

154

a) Von den im Anhang I zur 12. BImSchV genannten Stoffen fallen in Biogasanlagen in der Regel hochentzündliche Stoffe nach Nr. 8 der Spalte 1 an. Die insoweit relevante Mengenschwelle für die Anwendung der Verordnung in Spalte 4 für solche Stoffe liegt bei 10.000 kg. Wie oben bereits ausgeführt, ist insoweit allein das Volumen des über dem Fermenter befindlichen Gasspeichers von 1.851 m³ von Belang, in dem - je nach Dichte des Gases von 1,2 bis 1,3 kg/m³ - eine Gasmenge zwischen 2.221,2 kg und 2.406,3 kg aufgefangen werden kann. Die Mengenschwelle von 10.000 kg wird damit weit unterschritten.

155

b) Bei Schwefelwasserstoff hängt die Einstufung in die Nummern 1 bis 3 in der Spalte 1 des Anhangs I zur 12. BImSchV (gesundheitsschädigend, giftig oder sehr giftig) von der Menge des Gases ab. Für sehr giftige Stoffe nach Nr. 1 der Spalte 1 liegt die Mengenschwelle nach Spalte 4 bei 5.000 kg, die ebenfalls (deutlich) unterschritten wird. Nach der Arbeitshilfe KAS-32 beträgt die Konzentration von Schwefelwasserstoff in Biogas maximal 2 Vol.-%, so dass sich im Gasspeicher über dem Fermenter mit einem Volumen von 1.851 m² höchstens 37 m³ Schwefelwasserstoff befinden. Bei einer Dichte dieses Stoffes von ca. 1,54 kg/m³ (bei 0° C) ergäbe sich eine maximale Menge von ca. 57 kg. Nach einer DVGW-Studie aus dem Jahre 2006 beträgt bei Biogasanlagen die durchschnittliche Menge des bei der Fermentierung entstehenden Schwefelwasserstoffs 500 mg/m³; die Schwankungsbreite liegt zwischen 50 und 30.000 mg/m³ (Internet: http://www.schwefelwasserstoff.de/Biogasanlagen.html). Ausgehend von der Kapazität des Gasspeichers von 1.851 m³ beträgt die maximale Menge Schwefelwasserstoff danach 55,53 kg.

156

2.2.4. Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann die Klägerin auch aus § 50 BlmSchG nichts zu ihren Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015, a.a.O., RdNr. 77).

157

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie im erstinstanzlichen Verfahren einen Sachantrag gestellt, neben dem Beklagten das Rechtsmittel eingelegt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

158

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

159

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 17.07.2015 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (VG 8 A 90/15) gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird gemäß den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragssteller ist Eigentümer des Grundstücks … in …, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Er wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines neuen Rinderboxenlaufstalls, zum Umbau eines vorhandene Boxenlaufstalls und zur Errichtung sog. Kälberiglus auf dessen Grundstück … (Flurstück …).

2

Der Beigeladene ist Landwirt. Auf seinem Grundstück befinden sich neben einem Wohnhaus Stallgebäude, Silagelager, Güllebehälter sowie eine Maschinenhalle. In den vorhandenen, zwischen 1959 und 2008 genehmigten Stallungen werden 410 Rinder (Kühe, Färsen, Kälber [ca. 350 GV]) gehalten. Er beabsichtigt auf dem westlichen (hinteren) Teil seines Grundstücks, südlich des vorhandenen Rinderboxenlaufstalls, die Errichtung eines neuen Rinderboxenlaufstalls für 86 Kühe und 100 Jungtiere; zugleich sollen der vorhandene Boxenlaufstall umgebaut (Innenausbau) und sog. Kälberiglus errichtet werden. Der Tierbestand wird dadurch auf ca. 590 GV erweitert.

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3

Am 25.04.2014 erteilte der Antragsgegner antragsgemäß die Baugenehmigung, wobei eine „Immissionsschutz-Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vom 08.07.2013 als „Bestandteil“ der Baugenehmigung bezeichnet wurde, die „bei der Errichtung und dem Betrieb des Vorhabens zu beachten“ sei.

4

Nach dieser Stellungnahme wurden als Immissionsquellen die vorhandenen Stallungen, Güllebehälter, eine Dungplatte und zwei von drei Silagelagerstätten (eine Lagerstätte soll nicht mehr genutzt werden) sowie der neue Stall (126,0 GV) berücksichtigt, ferner „emissionsrelevante“ Betriebe in der „nahen“ Umgebung (Betriebe …, …, …, …). Für den am Haus des Antragstellers bestimmten Beurteilungspunkt (BUP 4) ergab sich für die „vorhandene Situation“ eine Häufigkeit der bewerteten Geruchsstunden von 24,7 % und für die „geplante Situation“ von 22,8 % pro Jahr. Dadurch werde die nach dem gemeinsamen Erlass des Umwelt- und Innenministeriums vom 04.09.2009 belästigungsrelevante Kenngröße von 15 % für Dorfgebiete überschritten; in der Stellungnahme heißt es dazu:

5

„Im Laufe der Jahre hat sich in … … quasi als Schicksalsgemeinschaft ein räumlich enges Miteinander von landwirtschaftlichen Betrieben und Wohnhäusern ergeben. Dieses … ist historisch gewachsen, hat bisher gut funktioniert und ist daher als ortsüblich zu bezeichnen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich … die belästigungsrelevante Kenngröße … deutlich verbessert, so dass hier keine Verschlechterung der Immissionssituation zu erwarten ist. Berücksichtigt man ferner, dass im Außenbereich und auch in von Tierhaltung geprägten Ortsbereichen oft höhere Geruchsimmissionen (häufig 15 bis 25 % der Jahresstunden) vorhanden … sind, dann können die in dem vorliegenden Fall ermittelten belästigungsrelevanten Kenngrößen als ortsüblich betrachtet werden.“

6

Der Antragsteller erhob, nachdem ihm – auf Anforderung – die Baugenehmigung übersandt worden war, dagegen am 21.01.2015 Widerspruch, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 zurückwies.

7

Am 22.05.2015 hat der Antragsteller dagegen Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung derselben beantragt.

8

Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.07.2015 entsprochen und zur Begründung i. w. ausgeführt, das Grundstück des Antragstellers werde unzumutbaren Immissionen ausgesetzt. Bei einer Geruchsstundenhäufigkeit von 22,8 % werde die Zumutbarkeitsschwelle, die sich aus der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) ergebe, überschritten. Auch wenn für eine Außenbereichs(-rand-)lage, eine Häufigkeit von bis zu 20 % diskutabel sei, werde auch diese mit dem Wert von 22,8 % noch erheblich überschritten. Es sei fraglich, ob überhaupt eine Verbesserung der Geruchssituation zu erwarten sei, da keine Veränderungen im Baubestand oder in der Futter- oder Entmistungstechnik vorlägen. Zwar werde die Geruchsbelastung durch die Aufgabe der Bullenmast und des Silagelagers 3 gemindert, doch werde diese Minderung durch die hinzukommenden Tierzahlen weit überwogen. Eine Verbesserung der Geruchsbelastung führe nicht automatisch zur Nachbarverträglichkeit, wenn die Zumutbarkeitsgrenzen – wie hier - überschritten würden. Ein Wert von mehr als 20 % sei ausnahmsweise nur hinnehmbar, wenn die nach dem Stand der Technik möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Geruchsbelastung durchgeführt würden. Für das Grundstück des Antragstellers komme eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze nicht in Betracht. Der Neubau des Stalls und die Erhöhung der Tierzahlen „verfestige und vertiefe“ die schon im Bestand nicht zumutbare Geruchsbelastung.

9

Gegen diesen Beschluss haben der Beigeladene am 29.07.2015 und der Antragsgegner am 03.08.2015 Beschwerde erhoben.

10

Der Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren eine „Immissionsprognose“ der Frau Dr. … (…) vom 17.08.2015 vorgelegt, der zufolge die belästigungsrelevante Kenngröße am Wohnhaus des Antragstellers, die durch den Betrieb des Beigeladenen „im Planzustand“ verursacht wird, 17 % (0,17) beträgt. Diese Prognose sei für die Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen. Als Maßstab sei hier der Immissionsrichtwert von 0,20 anzusetzen. Das genehmigte Vorhaben liege im Außenbereich, für das Dorfgebiet … sei als unterer Bezugswert 0,15 anzusetzen. Für das “einreihig bebaute Straßendorf“ mit jahrzehntealten landwirtschaftlichen Betrieben sei 0,20 angemessen, was hier eingehalten werde. Auch bei einer nur geringen Richtwert-Überschreitung dürfe in Anwendung des Rechtsgedankens des § 6 Abs. 3 BImSchG die Baugenehmigung nicht versagt werden. Der Antragsteller habe früher als Nebenerwerbslandwirt Hochlandrinder gehalten, mit Misthaufen auf dem Grundstück, er sei deshalb Teil der Schicksalsgemeinschaft der Landwirte. Ein Immissionswert von „über 0,20 und somit auch von 0,228“ sei damit nicht rücksichtslos. Auch nach der GIRL könnten mehr als 20 % maßgeblich sein, insbesondere in stark landwirtschaftlich geprägten Regionen. Auch wenn der Antragsteller seine Viehhaltung aufgegeben habe, sei er mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet.

11

Der Antragsgegner hält eine obergerichtliche Entscheidung für geboten, da es in Schleswig-Holstein bislang noch keine Entscheidung zur Zulässigkeit einer Überschreitung der Geruchsimmissionsrichtwerte gebe.

12

Der Antragsteller erwidert, auch nach dem neuen Gutachten, das in Zweifel zu ziehen und methodisch fehlerhaft sei, werde der maßgebliche Immissionsrichtwert von 0,15 für Dorfgebiete deutlich überschritten. Eine Erhöhung der zulässigen Geruchsbelastung lasse sich weder daraus ableiten, dass … ein „einreihiges Straßendorf“ sei noch daraus, dass der Ort seit Jahrzehnten durch Landwirtschaft geprägt sei. Das Vorhandensein landwirtschaftlicher Betriebe im Dorf werde bereits durch den höheren Richtwert von 0,15 berücksichtigt. Beim Erwerb seines Grundstücks 1972 sei die Entwicklung zur Massentierhaltung noch nicht absehbar gewesen. Er selbst habe Rinderhaltung als Hobby ohne Gewinn betrieben. Einen Misthaufen habe es nicht gegeben. Eine erhöhte Hinnahme von Gerüchen komme nur bei ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieben in Betracht; das treffe hier nicht zu. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 6 Abs. 3 BImSchG seien nicht gegeben. Durch Traktoren und Maschinen auf dem Hof entstehe Lärm, außerdem Staub.

13

Der Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren einen „Nachtrag zur Immissionsprognose“ vom 16.11.2015 von Frau Dr. … vorgelegt, der die Auswirkungen von Maßnahmen untersucht, die „emissions- bzw. immissionsmindernd“ wirken. Danach ergibt sich – nach Umsetzung von sieben i. e. bezeichneten Maßnahmen – eine „belästigungsrelevante“ Zusatzbelastung am Wohnhaus des Antragstellers von 0,13 bzw. eine Gesamtbelastung durch die Betriebe ... und … von 0,15.

14

Der Berichterstatter des Senats hat am 29.02.2016 einen Orts- und Erörterungstermin durchgeführt; auf das Protokoll – nebst acht Fotos – sowie auf die Berichtigungshinweise des Antragstellers (Schriftsatz vom 24.03.2016) wird Bezug genommen. Zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen sind in der Folgezeit Einigungsgespräche geführt worden, die ergebnislos geblieben sind.

II.

15

Die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts sind begründet. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25.04.2014 ist abzulehnen. Ausgehend von den - im erstinstanzlichen Beschluss (S. 4 des Beschl.-Abdr.) zutreffend wieder gegebenen - rechtlichen Maßstäben für eine Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 2 Satz 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht festzustellen. Die infolge des genehmigten Vorhabens des Beigeladenen zu erwartenden Immissionen bleiben im Rahmen des Zumutbaren. Das gilt sowohl für die (erst) im Erörterungstermin geltend gemachten Lärmwirkungen (1.) als auch für die Geruchsimmissionen (2.).

16

1. Im Erörterungstermin hat der Antragsteller Lärmwirkungen in Bezug auf Fahrzeuggeräusche (u. a. Traktoren) angesprochen, die entweder auf dem Betriebsgrundstück des Beigeladenen oder auf dem Weg dorthin - auf der „…“ - entstehen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Lärmwirkungen - soweit vorhanden - durch die in der angefochtenen Baugenehmigung genannten Vorhaben bedingt sind. Zwar sind Verkehrsgeräusche auf dem Betriebsgrundstück sowie bei der Ein- und Ausfahrt einem Vorhaben zuzurechnen (Nr. 7.4 TA Lärm), doch folgt daraus nicht, dass insoweit ein konkreter Regelungsbedarf für eine Baugenehmigung zur Neuerrichtung eines Stalls bzw. zum Umbau eines vorhandenen Stalls entsteht. Anders wäre es nur, wenn gerade die (Nutzung der) genehmigten Bauvorhaben zu unzumutbaren Lärmbelastungen führten. Dafür bestehen keine Ansatzpunkte. Eine Verpflichtung, Immissionsquellen, die dem Bestand der zwischen 1976 und 2012 genehmigten Bauten des Beigeladenen zuzurechnen sind, bei Gelegenheit der vorliegend erteilten Genehmigung zu „sanieren“, besteht nicht. Verkehrslärm, der auf der „…“ entsteht, ist dem Vorhaben des Beigeladenen nicht generell zurechenbar. Diesbezügliche Lärmminderungswünsche sind der Prüfung durch die zuständigen Baulastträger bzw. Straßenverkehrsbehörden überantwortet.

17

2. Die den genehmigten Vorhaben zuzurechnenden Geruchsimmissionen überschreiten nicht die Grenze dessen, was dem Antragsteller zumutbar ist.

18

Die genehmigten Vorhaben des Beigeladenen liegen im Außenbereich. Ihre planungsrechtliche Zulässigkeit erfordert - insbesondere - im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen die Beachtung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Das Rücksichtnahmegebot wird zu Lasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss; maßgeblich sind insoweit § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (vgl. Urt. des Senats v. 09.12.2010, 1 LB 6/10, NordÖR 2011, 284; BVerwG, Beschl. v. 10.1.2013, 4 B 48.12, BauR 2013, 934).

19

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme - zu Lasten des Antragstellers - ist nicht festzustellen, weil die neu genehmigte Nutzung auf dem Grundstück des Antragstellers voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsbelastungen im Sinne der § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB, § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG verursacht.

20

2.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Immissionswerte der Geruchsimmissionsrichtlinie - GIRL - i. d. F. vom 04.09.2009 (Amtsbl. SH S. 1006) bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden können; das entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt des Senats v. 09.12.2010, a.a.O., Beschl. des Senats v. 27.11.2015, 1 LA 52/14, NordÖR 2015, 169). Dem entsprechend ist von den Zumutbarkeitsgrenzen nach Nr. 3.1 (Tabelle 1) auszugehen; für Dorfgebiete kann danach eine erhebliche Belästigung i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG vorliegen, wenn die Gesamtbelastung (Nr. 4.6 GIRL) eine relative Häufigkeit der Geruchsstunden pro Jahr von 0,15 (15 %) überschreitet. Mit diesem Wert wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass - innerhalb von Dorfgebieten - auf die Belange land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen ist (§ 5 Abs. 1 S. 2 BauNVO; vgl. „Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL“ i. d. F. vom 29.02.2008, zu Nr. 3.1).

21

2.2 Die Richtwerte der GIRL sind nicht allerdings nicht „starr“ konzipiert, sie lassen vielmehr Abweichungen im Einzelfall zu.

22

Das belegen die „Auslegungshinweise“ (a.a.O.) etwa für den „Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung“, für den Fall einer „Vorbelastung durch gewachsene Strukturen“ oder beim „Aufeinandertreffen immissionsträchtiger Nutzungen“. In begründeten Einzelfällen sind (dann) auch Überschreitungen des Immissionswerts von 0,15 möglich (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.04.2014, 1 LA 60/13, AUR 2014, 316). Eine - ähnlich begründete - „Zwischenwertbildung“ ist auch in der Rechtsprechung anerkannt, so in Fällen einer Gemengelage zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und angrenzender Wohnnutzung (VGH Kassel, Urt. v. 08.12.2005, 4 UE 1207/05, BauR 2006, 807, vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 30.11.2012, 2 D 95/11.NE, Juris sowie OVG Lüneburg, Beschl. v. 13.01.2016, 12 LA 217/14, Juris). Das Gleiche gilt auch für Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich, die - dort - mit der Ansiedlung privilegierter landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich und entsprechenden Immissionen rechnen müssen und deren Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, (deshalb) deutlich herabgesetzt ist (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 07.10.2009, 1 A 10872/07, BauR 2010, 581 ff. [bei Juris Rn. 84 m. w. N.]; OVG Magdeburg, Urt. v. 24.03.2015, 2 L 184/10, UPR 2016, 39 Ls.; VGH Kassel, Urt. v. 01.04.2014, 9 A 2030/12, BauR 2014, 1826 Ls. [bei Juris Rn. 64]; VGH München, Beschl. v. 03.05.2016, 15 CS 15.1576, [bei Juris Rn. 14]).

23

In begründeten Einzelfällen kann in Fällen der genannten Art eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze für Wohngebiete bis hin zu den Werten für Dorfgebiete und für Dorfgebiete eine Überschreitung des Immissionswerts für Dorfgebiete in Betracht kommen (OVG Magdeburg, a.a.O., Rn. 97 a. E.).

24

2.3 Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Überschreitung des Immissionswerts von 0,15 im Einzelfall - bei einer bestehenden - prägenden - und erheblichen Geruchs-Vorbelastung - gerechtfertigt ist und (dann) - jedenfalls - ein Immissionswert von 0,18 nicht zu beanstanden ist (Urt. v. 09.12.2010, a.a.O.); ob auch höhere Überschreitungen zulässig sein können, hat der Senat bislang offen gelassen.

25

Im vorliegenden Verfahren bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung, denn es spricht ganz Überwiegendes dafür, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt sein wird. Sein Grundstück ist bereits einer erheblichen Vorbelastung ausgesetzt, wie die vorliegenden Immissionsbeurteilungen der Landwirtschaftskammer bzw. von Frau Dr. … - insoweit übereinstimmend - ergeben. Es kommt hinzu, dass das Grundstück des Antragstellers im Hinblick auf seine Lage in einem ausgeprägt ländlich strukturierten Dorfgebiet sowie auf die Randlage zum Außenbereich eine deutlich herabgesetzte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, hinzunehmen hat. Der Senat geht deshalb - auch im Hinblick auf seine Entscheidung vom 09.12.2010 (a.a.O.) - davon aus, dass vorliegend zumindest ein Immissionswert von 0,18 zumutbar ist (vgl. – im gleichen Sinne - : VGH Kassel, Beschl. v. 10.04.2014, 9 B 2156/13, NuR 2014, 864 sowie OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.04.2014, 1 LA 60/13, Juris [Rn. 14]).

26

Dieser Wert wird durch die genehmigten Vorhaben des Beigeladenen eingehalten.

27

2.3.1 Die zum „Bestandteil“ der angefochtenen Genehmigung erhobene „Immissionsschutz-Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vom 08.07.2013 geht allerdings von einer Überschreitung (auch) des Immissionswertes von 0,18 aus, indem sie eine Gesamtbelastung (Häufigkeit der bewerteten Geruchsstunden) von 24,7 % (vorhandene Situation) bzw. 22,8 % (geplante Situation) annimmt. Die genannten Werte sind indes nicht überzeugend.

28

Sie beruhen auf nicht gerechtfertigten Ansätzen für die vorhandene Geruchs-Vorbelastung (Nr. 4.4 GIRL) durch andere Betriebe, für die keine Untersuchung der (Geruchs-)Ausbreitungsbedingungen erfolgt ist. Die Betriebsweise und der Viehbestand dieser Betriebe ist - zudem - nur „überschlägig“ (s. z. B. Tabelle S. 7, Fn. 3) ermittelt worden; zweifelhaft sind - schließlich - die Ansätze „tierartspezifischer“ Faktoren für Pferdehaltung (die der GIRL [Nr. 4.6, Tabelle 4] nicht zu entnehmen sind) und für „Grassilagelagerung“.

29

In der „Stellungnahme“ vom 08.07.2013 (S. 5) werden Geruchs-Vorbelastungen durch die Betriebe …, …, …, … und … erfasst und in der Ausbreitungsrechnung berücksichtigt (S. 7-8); weiter entfernte Tierhaltungen sind im Hinblick auf die sog. Irrelevanzgrenze (Nr. 3.3 GIRL) außer Betracht geblieben. Die Frage, ob die genannten Betriebe im Hinblick auf dieses Kriterium nicht ebenfalls unberücksichtigt bleiben konnten, wird in der „Stellungnahme“ ebenso wenig geprüft, wie die (weitere) Frage, inwieweit sich Gerüche aus den genannten Betrieben bis zum Grundstück des Antragstellers („Beurteilungspunkt 4“) ausbreiten. Ungeprüft bleibt auch, ob der von den genehmigten Vorhaben des Beigeladenen erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) überschreitet. In diesem Fall erhöht das „neue“ Vorhaben die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nur „bagatellartig“ und damit nicht relevant (BVerwG, Urt. v. 19.04.2012, 4 CN 3.11, BVerwGE 143, 24 ff. = NVwZ 2012, 1338 [bei Juris Rn. 16]). Von der Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung kann dann abgesehen werden und die Genehmigung der Vorhaben des Beigeladenen dürfte nach Nr. 3.3 GIRL nicht versagt werden.

30

Zu einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose ist es - zwar - erforderlich, die voraussichtliche Gesamtbelastung aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung zu ermitteln, wobei in diesem Fall keine Addition erfolgen darf, sondern die Vor- und die Zusatzbelastung in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden muss (s. „Auslegungshinweise“ [a.a.O.], zu Nr. 4.6 GIRL). In dieser Rechnung wirken sich Vorbelastungen nicht genehmigungsschädlich aus, die die dem Vorhaben des Beigeladenen zuzuordnenden Zusatzbelastungen als irrelevant erscheinen lassen. Die „Stellungnahme“ vom 08.07.2013 geht darauf nicht ein.

31

Die „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer erfasst - überdies - Betriebe, die aufgrund ihrer Art, Größe oder Entfernung zum Grundstück des Antragstellers dort keine „vorbelastenden“ Geruchsimmissionen (mehr) bewirken. Darauf weisen schon die Entfernungen der Betriebe … (ca. 400 m) und … (ca. 500 m) zum Grundstück des Antragstellers hin, aber auch die bekannten Tierbestände (…: Pferde [23,5 GV], …: Rinder [24 GV]) und der Umstand, dass für größere Tierkapazitäten keine Gebäudekapazitäten vorhanden sind (vgl. „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015, S. 56, zu 14). Im Ergebnis gilt Gleiches für den in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 weiter berücksichtigten Betrieb …, der zwar näher zum Grundstück des Antragstellers (200 m) liegt, aber aufgrund des Tier- und Gebäudebestandes (Pferde [55 GV]) keine relevante (Vorbelastungs-)Wirkung verursachen kann. Der Betrieb … (Rinder [96 GV]) liegt aufgrund seiner Entfernung zum Grundstück des Antragstellers (ca. 300-400 m) ebenfalls außerhalb des relevanten Einwirkungsbereichs. Die genannten, auch im Ortstermin deutlich gewordenen örtlichen Verhältnisse, sind in der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015 (S. 56-63) zutreffend aufgearbeitet worden; wenn in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 die „belästigungsrelevanten Kenngrößen“ gleichwohl unter Berücksichtigung der genannten Betriebe ermittelt werden, vermag dies nicht zu überzeugen.

32

In der „Immissionsprognose“ Dr. … wird darauf hingewiesen, dass in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer der ca. 300 m vom Grundstück des Antragstellers entfernte Hof … nicht berücksichtigt worden ist. Dies ist allerdings auch nicht erforderlich, weil die dort betriebene Schweinehaltung 2007 aufgegeben worden ist (Dr. …, S. 169). Nach Angaben des Antragsgegners im Ortstermin vom 29.02.2016 sind die Ländereien verkauft worden. Das spricht dafür, dass auf eine künftige Nutzung des Hofs zur Schweinehaltung dauerhaft verzichtet worden ist; eine (künftig) evtl. erfolgende Nutzung des Hofes zur Tierhaltung wäre von dem - unterstellten - Bestandsschutz der bis 2007 betriebenen Schweinehaltung nicht mehr umfasst. Ansatzpunkte dafür, dass auf dem Hof … wieder eine Schweinehaltung betrieben werden wird, sind im Übrigen nicht hervorgetreten.

33

In der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015 (S. 25) heißt es zur „Geruchsvorbelastung“ zusammenfassend:

34

„Von insgesamt 5 untersuchten Betrieben, die als Verursacher einer Vorbelastung in Frage kamen, waren 4 Betriebe mit hinreichender Sicherheit irrelevant. Bei dem als relevant identifizierten Betrieb handelt es sich um den o. g. Schweinehaltungsbetrieb […], dessen Tierhaltung im Moment nicht ausgeübt wird.“

35

Dieser Beurteilung ist zuzustimmen; die in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 in Ansatz gebrachten Immissionswerte zur „vorhandenen“ bzw. zur „geplanten“ Situation vermögen damit nicht zu überzeugen.

36

2.3.2 Der Senat folgt demgegenüber der Beurteilung und den Ergebnissen der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015, die auf der Grundlage einer sorgfältigen Erfassung der örtlichen Verhältnisse, der Einflussgrößen für die Geruchsausbreitung (u. a. Bodenrauhigkeit, Meteorologie, Bebauung) und der relevanten „Vorbelastungsbetriebe“ (s.o.) zu dem Ergebnis gelangt, dass „die belastungsrelevante Kenngröße der Zusatzbelastung, die durch den Betrieb …. im Planzustand verursacht wird“, 0,17 beträgt; unter Berücksichtigung des – nicht mehr „aktiven“ Betriebs … liegt der Prognosewert bei 0,18 (S. 25).

37

Der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Ansicht des Antragstellers, die Prognose vom 17.08.2015 sei „in Zweifel zu ziehen und methodisch fehlerhaft“ (Schriftsatz vom 24.09.2015, S. 13 f.), ist nicht zu folgen; im Gegenteil: Die Prognose ist methodisch korrekt aus den Vorgaben der GIRL abgeleitet und berücksichtigt alle für eine realistische Beurteilung des Einzelfalls relevanten Faktoren. Die prognostizierte Gesamtbelastung liegt auch auf der „sicheren Seite“, indem sie aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt (OVG Münster, Urt. v. 01.06.2015, 8 A 1487/14, Juris). Sie unterstellt für alle im Rahmen der Vorbelastung berücksichtigten Fälle einen legalen Betrieb (vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 02.12.2013, 2 A 2652/11, BauR 2014, 959) und bezieht für den höheren Wert (0,18) auch den Hof … mit ein, der nicht mehr existiert und zudem mit Schweinehaltungsgerüchen einen tierartspezifisch ungünstigen Bewertungsfaktor (vgl. Nr. 4.6, Tabelle 4 GIRL) beisteuert.

38

Allein der (pauschale) Einwand, die „Immissionsprognose“ Dr. … vom 17.08.2015 sei „kurz nach dem erwirkten Baustopp“ vom Beigeladenen beauftragt und mit „deutlich unterhalb“ der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 liegenden Werten erstellt worden, vermag inhaltliche oder methodische Fehler der Prognose nicht zu begründen. In methodischer Hinsicht ist es nicht zu beanstanden, dass die Prognose aus einer Ausbreitungsrechnung abgeleitet wird, da - jedenfalls für das vorliegende Verfahren - eine Rasterbegehung mit einem unverhältnismäßigen (Personal-, Kosten- und Zeit-) Aufwand verbunden wäre (vgl. Nr. 4.1 [2. Abs.] GIRL). Der Vorgabe in Nr. 4.6 GIRL entsprechend ist die Gesamtbelastung - aus vorhandener Belastung und Zusatzbelastung - auch in einem Rechengang bestimmt worden (vgl. auch die „Auslegungshinweise“ zur GIRL [a.a.O.], zu Nr. 4.6). Entgegen der Kritik des Antragstellers ist in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 auch die Vorbelastung - sowohl bzgl. umliegender Betriebe (s. dazu S. 58-63 der Prognose) als auch bzgl. des Betriebs des Beigeladenen (s. S. 21-24 der Prognose) - sachgerecht erfasst worden. Soweit die Datengrundlage zu den Tierbestandszahlen (insbesondere) der umliegenden Betriebe angezweifelt wird, ist - zunächst - festzustellen, dass diese in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 jedenfalls nicht schlechter ist, als es bei der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 der Fall war. Im Unterschied dazu sind in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 die Angaben zu Tierbeständen anhand der örtlichen Verhältnisse bzw. „anhand von Karten und Luftbildern auf Plausibilität“ geprüft worden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insoweit - ergebnisrelevante - Fehler vorliegen, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass sich die vom Antragsteller angesprochenen Abweichungen zwischen Baugenehmigung und Immissionsprognose (Schriftsatz vom 24.09.2015, S. 17 f.: Anzahl der Kälber, Fahrsiloplatte, Kälberhütten) auf die Validität der Prognosewerte auswirken, liegen ebenfalls nicht vor.

39

2.3.3 Die in dem von Frau Dr. … vorgelegten „Nachtrag zur Immissionsprognose“ vom 16.11.2015 (S. 11) ermittelte belästigungsrelevante Kenngröße von 0,13 bzw. (bei Berücksichtigung des [nicht mehr existenten] Betriebes …) 0,15 ist auf der Grundlage von immissions- und emissionsmindernden Maßnahmen ermittelt worden.

40

Maßnahmen dieser Art sind in der angefochtenen Genehmigung nicht gefordert worden. Dazu bestand auch kein Anlass, denn die dem Vorhaben des Beigeladenen zuzurechnende Immissionsbelastung von 0,17 (0,18) bleibt im Rahmen dessen, was dem Antragsteller zumutbar ist (s. o. 2.3). Die im Erörterungstermin angebotene Möglichkeit, unter Berücksichtigung der in dem „Nachtrag“ (S. 3) aufgeführten emissions- bzw. immissionsmindernden Maßnahmen einen geänderten Bauantrag zu stellen, mag im Sinne der Regelung in Nr. 2 GIRL liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1990, 7 B 57.90, UPR 1990, 438). Der Antragsteller kann als Nachbar solche – dem umweltrechtlichen Vorsorgegebot dienenden - Maßnahmen allerdings nicht beanspruchen, zumal diese nicht aus dem "Stand der Technik" im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG abgeleitet sind, sondern Fragen der Betriebsorganisation betreffen. Der Beigeladene hat seine Bereitschaft zu derartigen Modifikationen im Interesse einer gütlichen Streitbeilegung erklärt; wenn diese – wohlmöglich wegen weitergehender oder anderer „Forderungen“ des Antragstellers – nicht erreicht werden konnte, ist daraus für die vorliegende Entscheidung nichts abzuleiten.

41

2.4 Die - im Anschluss an den erstinstanzlichen Beschluss (S. 6-8 d. Abdr.) - vom Beigeladenen und vom Antragsgegner angesprochene Frage, ob auch eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der GIRL (gemeint ist wohl der Richtwert für Dorfgebiete [0,15]) zulässig ist, ist - soweit im vorliegenden Fall relevant - durch die Ausführungen zu 2.3 beantwortet.

42

Die weitergehende Frage, ob die in § 6 Abs. 3 BImSchG enthaltene Regelung zu einer sog. „Verbesserungsgenehmigung“ analog oder ihrem Rechtsgedanken nach auch auf nicht-immissionsschutzrechtliche Genehmigungen - hier: eine Baugenehmigung - übertragbar ist, bedarf keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die dazu vorliegende - divergierende - Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschl. v. 06.03.2013, 1 ME 205/12, BauR 2014, 1263) bzw. des OVG Münster (Beschl. v. 23.04.2013, 2 B 141/13, BauR 2013, 1251) hat der Senat dazu in einem anderen Rechtsstreit die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ob das Bundesverwaltungsgericht dazu - im Anschluss an den Beschluss vom 07.04.2016 - 4 B 37.15 - in dem dort anhängigen Revisionsverfahren eine Entscheidung treffen wird, bleibt abzuwarten.

43

3. Entgegen der Ansicht des Antragstellers bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen zu „Belastungen durch Ammoniak, Lachgas und Methan“ oder durch Staub.

44

Lachgas (N2O) und Methan (CH4) sind nicht geruchsrelevant; evtl. klimaschädliche Wirkungen dieser Substanzen sind vorliegend unerheblich, da sie nicht nachbarrechtsrelevant sind. Ammoniak (NH3) ist zwar ein Geruchsträgerstoff, für den in der TA Luft (Tabelle 11) Ammoniakemissionsfaktoren je kg/Tierplatz und Jahr u. a. auch für Milchvieh, Mastbullen und Jungvieh ausgewiesen sind. Die Geruchswirkungen von Ammoniak werden aber durch das Beurteilungsverfahren nach der GIRL (mit) umfasst; einer eigenen Untersuchung dazu bedarf es nicht.

45

Staubemissionen (im Zusammenhang mit dem Futtermischen) sind in Bezug auf die angefochtene Baugenehmigung irrelevant. Sollten solche Emissionen außerhalb der genehmigten Vorhaben auftreten, sind ggf. die Betreiberpflichten durchzusetzen (§ 22 Abs. 1, § 24 BImSchG).

46

4. Der Beschwerde war nach alledem - wie aus dem Tenor ersichtlich - stattzugeben.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

48

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die den Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen des Beklagten vom 12. Juni 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 5. Juli 2013 für die Errichtung eines Mastschweinestalls, eines Mutterkuhstalls mit Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube sowie eines Getreidelagers auf den Grundstücken FlNr. ... und ... Gemarkung F.

Die Antragsteller waren bis zur Eintragung der Rechtsnachfolger im Grundbuch am 8. August 2013 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../... Gemarkung F. (Nachbargrundstück), das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zwischen 475 m und 560 m von den Bauvorhaben entfernt ist. Sie haben am 27. Juni und am 31. Juli 2013 beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen, die sie am 5. August 2013 erhoben haben. Mit Beschluss vom 23. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

In der Sache legen die Antragsteller auf Grundlage des von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachtens des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014 dar, dass die angefochtenen Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen erwarten ließen. Die bewertete Geruchshäufigkeit für Gerüche aus Tierhaltungsanlagen betrage bei Errichtung der geplanten Hofstelle und unter Berücksichtigung vorhandener Emittenten 18,6% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller (auf Grundlage der Geruchs-Immissionsrichtlinie i. d. F. vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008 - GIRL - i. V. m. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2, November 2012 - VDI 3894 Blatt 2). Der Schutzbedürftigkeit der vorhandenen Wohnbebauung sei gegenüber den nicht privilegierten Vorhaben der Beigeladenen Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus wenden die Antragsteller Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts ein.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Baugenehmigungen für den Neubau eines Mastschweinestalls, den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube und den Neubau eines Getreidelagers unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. August 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die von den Antragstellern aufgeworfenen immissionsfachlichen Thematiken seien vom Verwaltungsgericht in einer für ein Eilverfahren äußerst ausführlichen Weise erörtert worden und könnten abschließend nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Die Beigeladenen beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Dem Anwesen der Antragsteller sei allenfalls die Schutzwürdigkeit eines Wohnanwesens in einem faktischen Dorfgebiet zuzubilligen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg.

1. Die Beschwerden sind zulässig. Insbesondere sind die Antragsteller nach Maßgabe der § 173 VwGO i. V. m. §§ 265, 266 ZPO antragsbefugt; weder die übrigen Verfahrensbeteiligten noch die neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks, die vom laufenden Verfahren in Kenntnis gesetzt wurden, haben beantragt, dass der Rechtsstreit von den neuen Eigentümern des Nachbargrundstücks zu übernehmen ist. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt zudem aus ihrem Nießbrauchsrecht an dem Nachbargrundstück.

2. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen im Ergebnis keine Abänderung oder Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Insbesondere rufen die zugelassenen Vorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache wohl keine schädlichen Umwelteinwirkungen am Anwesen der Antragsteller durch Gerüche hervor, die zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigungen wegen einer hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgenden Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen könnten.

a) Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung für den Neubau eines Getreidelagers (Bauantrag-Nr. F-2013/009) anfechten, werden ihre Rechte offensichtlich nicht verletzt. Es ist nicht erkennbar, dass der Betrieb des Getreidelagers zu einer Belästigung am Anwesen der Antragsteller führen kann.

b) Die Baugenehmigung für den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube (Bauantrag-Nr. F-2013/006) ist - jedenfalls für sich betrachtet - voraussichtlich ebenso wenig geeignet, Rechte der Antragsteller zu verletzen. Aus dem Gutachten des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014, das die Antragsteller eingereicht haben und auf das sie sich berufen, ergibt sich, dass die Zusatzbelastung ohne Berücksichtigung des Gewichtungsfaktors fgesamt für die Gerüche aus dem Mutterkuhstall am Anwesen der Antragsteller (Immissionspunkt 1) bei 1% der Jahresstunden (vgl. Auswertung für die Beurteilungspunkte: Zusatzbelastung, Anhang 4 des D.-Gutachtens, ODOR_050 J00) und damit deutlich unter dem Irrelevanzkriterium von 2% der Jahresstunden liegt (Nr. 3.3 Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - i. d. F. 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008; vgl. auch GIRL v. 5.11.2009, Mbl. NRW Nr. 31 v. 27.11.2009, S. 529). Angesichts der im Verhältnis zur untersuchten Rinderhaltung (1.368 GE/s) vergleichsweise geringen Geruchsstoffströme aus der Mistlege (540 GE/s) und dem Fahrsilo (108 GE/s), ist mit dem Erreichen einer Geruchshäufigkeit von 2% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller wohl nicht zu rechnen.

Der Vortrag der Antragsteller, dass sich das Irrelevanzkriterium auf die von der gesamten (zu genehmigenden) Anlage ausgehende Zusatzbelastung bezieht (vgl. Nr. 3.3 GIRL mit Auslegungshinweisen), trifft zwar zu. Es erscheint aber eher fraglich, ob der vom Beigeladenen zu 2) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, (eines) Fahrsilos, (einer) Güllevorgrube und (einer) Güllegrube“ (Bauantrag-Nr. F-2013/006) und der vom Beigeladenen zu 1) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mastschweinestalls“ (Bauantrag-Nr. F 2013/005) als gemeinsame Anlage entsprechend § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV zu bewerten sind. Auch wenn die Betriebseinrichtungen Güllegrube, Fahrsilo und Mistlege von den Beigeladenen gemeinschaftlich genutzt werden und die Betriebe der Beigeladenen als Bewirtschaftungseinheit gesehen werden können, sind ihre Unternehmen jeweils eigenständige landwirtschaftliche Betriebe (siehe Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 22.4.2013; vgl. Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 1 Rn. 26; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 4 Rn. 25, 30 jeweils m. w. N.; ebs. wohl Auslegungshinweise zu Nr. 3.3 GIRL Abs. 4).

c) Die Zusatzbelastung durch den Mastschweinestall (Bauantrag-Nr. F-2013/005) lässt sich der Auswertung im Gutachten von D. nicht entnehmen, weil die Zusatzbelastung der aus den im gewählten Beurteilungsgebiet vorhandenen Schweinehaltungen gesamt ausgewiesen wird (ODOR_075 J00 = 4,8%). Im Hinblick auf einen Geruchsstoffstrom von 3.600 GE/s (Mutterkuhstall 1.368 GE/s) ist aber voraussichtlich von einer Überschreitung des Irrelevanzkriteriums am Anwesen der Antragsteller auszugehen. Gleichwohl spricht derzeit Überwiegendes für die Erfolglosigkeit der Klage der Antragsteller gegen den Mastschweinestall. Das gilt auch dann, wenn die Zusatzbelastung aus dem Mutterkuhstall (einschließlich Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube) nicht als irrelevant i. S. d. Nr. 3.3 GIRL bewertet und eine einheitliche Betrachtung der Geruchswirkungen der angefochtenen Vorhaben angestellt würde.

aa) Entgegen der Darlegung der Antragsteller können sie zugunsten ihres Anwesen wohl nicht den Schutzanspruch eines Wohngebiets gegenüber Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung geltend machen. Die sich entlang der S-straße in Nord-Süd-Richtung entlangziehende, weitgehend einzeilige Bebauung wird - ihre Ortsteileigenschaft unterstellt (vgl. BVerwG, B.v. 25.5.1976 - 4 B 185/75 - juris) - wohl auch durch die nördlich des Anwesens der Antragsteller befindliche Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. ... geprägt, in der trotz der Neubauten auf den Grundstücken FlNr. ... und ... nach wie vor eine Pferdehaltung betrieben wird. Deren Vorhandensein spricht jedenfalls im nördlichen Bereich der Bebauung entlang der S.-straße, dem auch das Anwesen der Antragsteller angehört, tendenziell für das Vorliegen eines faktischen Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO) oder einer von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung geprägten Gemengelage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Bei der Bewertung des Gebietscharakters kommt es - anders als die Antragsteller einwenden - nicht darauf an, was nach Darlegung des Gutachters unter Bezugnahme auf die Begründung und die Auslegungshinweise der GIRL unter einem Dorfgebiet zu verstehen sei. Insbesondere ist für die nach § 34 Abs. 2 BauGB vorzunehmende Prüfung, ob die nähere Umgebung einem Dorfgebiet entspricht, nicht vorauszusetzen, dass sich eine über Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte historisch gewachsene Struktur entwickelt hat (die Ausführungen des Gutachters beziehen sich auf die Erläuterung in den Auslegungshinweisen zur „Ortsüblichkeit“ landwirtschaftlicher Gerüche; in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL wird lediglich der Wortlaut des § 5 Abs. 1 BauNVO wiedergegeben). Aus den von den Antragstellern vorgelegten Kopien eines „Baulinienplans von 1964“ folgt nichts anderes, weil dieser ggf. übergeleitete Baulinienplan als einfacher Bebauungsplan i. S. d. § 30 Abs. 3 BauGB weder Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält noch eine Abgrenzung des Außen- vom Innenbereich vornimmt (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2013 - 2 ZB 12.2318 - juris Rn. 12 f. m. w. N.; BayVGH, U.v. 15.7.2005 - 1 B 04.1080 - juris). Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Randlage des wohngenutzten Grundstücks der Antragsteller zum Außenbereich hingewiesen. Insoweit ist die Geruchs-Schutzwürdigkeit gemindert (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 1 ZB 12.1021 - juris Rn. 20; vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - NVwZ 2011, 433 = juris Rn. 32; vgl. auch Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL i. d. F. vom 29.2.2008, zu Nr. 3.1). Die Auffassung der Antragsteller, die gegenständlichen Nutzungen seien nicht privilegiert, teilt der Senat angesichts der nachvollziehbaren Stellungnahmen des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 3. April 2013, vom 22. April 2013 und vom 29. Mai 2013 nicht. Von Vorstehendem ausgehend erscheint angesichts des weitgehend von Außenbereichsgrundstücken umgebenen Wohngrundstücks der Antragsteller und der auch landwirtschaftlich geprägten Umgebungsbebauung selbst im Rahmen der Beurteilungskriterien der GIRL eine Gesamtbelastung von bis zu 20% der tierartspezifischen Geruchshäufigkeit vertretbar. Die im Gutachten von D. ermittelte Gesamtbelastung von 18,6% der Jahresstunden wäre damit wohl auch nach den Maßstäben der GIRL noch zumutbar.

bb) Gegen einen Erfolg der Klagen sprechen auch die ausnehmend konservativen und zum Teil unzutreffenden Annahmen des Gutachtens von D., die eine uneingeschränkte Verwertbarkeit der sachverständigen Untersuchung eher fraglich erscheinen lassen, soweit darin eine Überschreitung des Immissionswerts von 15% (verursacht durch Tierhaltungsanlagen) für Dorfgebiete bzw. für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich (vgl. Nr. 3.1 Punkt 2 der Auslegungshinweise zur GIRL) ermittelt wird.

Aus der Auswertung für den „Beurteilungspunkt 01: Zusatzbelastung“ folgt, dass die mit einem Gewichtungsfaktor f von 1 angeführte Geruchsbelastung (ODOR 100 J00) eine Geruchsstundenhäufigkeit von 14,5% umfasst. Darin ist neben dem Fahrsilo und den Mistlegen insbesondere die nahe zum Grundstück der Antragsteller gelegene Pferdehaltung enthalten. Insoweit wird im Gutachten von D. „konservativ von 65 Pferden“ ausgegangen, obwohl auf dem Pferdehof nicht nur Pferde, sondern Pferde und Ponys gehalten werden, was im Hinblick auf die mittlere Tierlebendmasse (GV/Tier) von Bedeutung ist (vgl. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A wonach für Pferde über 3 Jahre eine mittlere Tierlebendmasse von 1,1 GV/Tier und bei Ponys und Kleinpferden nur von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist). Dass auf dem Pferdehof auch Ponys bzw. Kleinpferde gehalten werden, ergibt sich nicht nur aus den rein tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch aus den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauvorlagen. Mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1998 (Az. F97/296) für die Nutzungsänderung der landwirtschaftlichen Gebäude auf dem Grundstück FlNr. ... in Pferdehaltung und Errichtung von Pferdekoppeln hat die Antragsgegnerin auch die dem Bauantrag zugrundeliegende Betriebsbeschreibung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt. Danach werden sowohl in der Zucht als auch in Ausbildung, Pension, Schulbetrieb etc. ausschließlich Islandpferde eingesetzt. Hierbei dürfte es sich wohl um Kleinpferde i. S. d. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A handeln, für die eine mittlere Tierlebendmasse von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist.

(2) Ferner wurde nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Pferde auf der Koppel gehalten wird (vgl. VDI 3894 Blatt 2 Anhang B Fußnote e). Der Vortrag, ausweislich der Augenscheinfeststellungen habe sich eine Reihe von Pferden tagsüber in den Stallungen bzw. auf dem Hof befunden, weshalb in der Prognose kein genereller täglicher Wechsel zwischen Koppel- und Stallhaltung angenommen werden könne, greift zu kurz, weil auch ein relativer Ansatz der sich regelmäßig auf der Koppel aufhaltenden Zahl von Pferden angesetzt werden kann (der behördliche Immissionsschutz beim Landratsamt ist insoweit von 10 bis 15 Tieren ausgegangen).

(3) Schließlich ist es wohl nicht vertretbar, dass für die Pferdehaltung ein Gewichtungsfaktor von 1 angesetzt wurde. Dies entspricht zwar einer konformen Anwendung der GIRL (vgl. Nr. 4.6 GIRL; ebs. VDI 3894 Blatt 2 Anhang F), führt aber zu einer kaum zu rechtfertigenden negativen Bewertung des Belästigungsgrads von Gerüchen aus der Pferdehaltung im Verhältnis zur Schweine- (Gewichtungsfaktor 0,75) oder zur Milchkuhhaltung (Gewichtungsfaktor 0,5). Aus der fehlenden Bewertung des Ausmaßes der Geruchsbelastung für die Tierart „Pferd“ in der Untersuchung „Geruchsbeurteilung aus der Landwirtschaft“ (vgl. Sucker/Müller/Both, Bericht zu Expositions- Wirkungsbeziehungen, Geruchshäufigkeit, Intensität, Hedonik und Polaritätenprofile, Materialienband 73, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, S. 31, 41), aus der die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren für die Tierarten Mastgeflügel, Mastschweine und Milchkühe in der GIRL 2008 abgeleitet wurden, darf nicht der Schluss gezogen werden, Gerüche aus der Pferdehaltung lösten eine stärkere Belästigungsreaktion aus als Gerüche aus der Schweine- oder Milchkuhhaltung. Genau dies unterstellt die GIRL im Ergebnis aber, wenn gefordert wird, dass für Tierarten, die nicht in der Tabelle 4 enthalten sind (also z. B. Pferde), kein Gewichtungsfaktor (also Faktor 1) einzusetzen ist. Sofern von Seiten des Gutachters dargelegt wird, nach Aussage von maßgeblich am Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (a. a. O.) Beteiligten gebe es derzeit keine wissenschaftlich fundierten Daten, die u. a. Abschläge für Pferde rechtfertigten, wirft dies die Frage auf, ob die GIRL damit überhaupt auf Tiergerüche aus der Pferdehaltung anwendbar ist. Denn neben der relativen Geruchshäufigkeit wird in der GIRL 2008 beim Geruch aus Tierhaltungsanlagen durch Einführung eines belästigungsrelevanten Kennfaktors eben auch berücksichtigt, welche tierartspezifische Geruchsqualität auftritt. Dem liegt der genannte Forschungsbericht „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ zugrunde, wonach die nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist (vgl. dort z. B. Nr. 5 Punkt 3,). Weshalb dies bei der Tierart Pferd anders sein soll, erschließt sich nicht. Insbesondere ist wohl nicht zu erwarten, dass die Geruchsqualität für die Tierart Pferd im Vergleich zur Tierart Rind eine stärkere Belästigungsreaktion auslöst. So erscheint es nach den „Abstandsregelungen für Rinder- und Pferdehaltung“ (Arbeitspapiere des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“, Stand 10/2013, Kap. 3.3.2) nicht sachgerecht, für Pferde als in der Tabelle 4 der GIRL nicht genannten Tierart einen Faktor f von 1 anzusetzen, weil die Techniken der Pferdehaltung in Bezug auf Aufstallung, Lüftung, Entmistung und Mistlagerung aus der Rinderhaltung bekannt und vergleichbar sind und die Geruchsintensitäten in der gleichen Größenordnung (wie bei der Rinderhaltung) liegen. Der charakteristische Geruch dieser Tierarten (Rind und Pferd) sei zwar unterschiedlich, die hedonische Geruchswirkung (Anm.: i. S. v. „Lästigkeit“ und damit vergleichbar mit der Belästigungswirkung anhand der tierartspezifischen Geruchsqualität nach GIRL) sei jedoch ähnlich. Für Pferde sei daher derselbe tierartspezifische Faktor wie für Rinder anzusetzen (vom Bayerischen Arbeitskreises wird ein Gewichtungsfaktor 0,4 für Milchkühe mit Jungtieren, Mastkälberhaltung und Pferdehaltung empfohlen). Diesen nachvollziehbaren Erwägungen trägt die Begutachtung durch D. keine Rechnung.

cc) Schließlich kann die GIRL zwar im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, eine irgendwie geartete Bindungswirkung oder ein Vorrang vor anderen Bewertungsmethoden besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 10 m. w. N.; OVG NW, U.v. 30.1.2014 - 7 A 2555/11 - juris Rn. 69 ff. m. w. N.; BVerwG, B.v. 28.7.2010 - 4 B 29/10 - BauR 2010, 2083 = juris Rn. 3 m. w. N.). Die immissionsschutzfachliche Bewertung durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013 auf Grundlage der VDI 3894 Blatt 2 tritt deshalb gleichrangig neben die Begutachtung durch D. Daraus ergibt sich, „dass die Geruchsgrenzwerte nicht für die einzelnen Anlagen und nicht für die summierten Geruchsemissionen der Tierställe weder für allgemeine Wohngebiete (10% der Jahresstunden) noch für Dorfgebiete (15%) am Haus der Antragsteller oder sonstigen Wohnhäusern erreicht werden“. Zur nördlich gelegenen Pferdestallung bestehe aus immissionsfachlicher Sicht ein ausreichender Abstand zum Wohnanwesen der Antragsteller selbst dann, wenn ein Geruchsfaktor von 1 angesetzt würde. Der gegen die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes gerichtete Einwand, die vereinfachte Methode zur Beurteilung von Geruchsstoffimmissionen aus Tierhaltungsanlagen mit Hilfe der Abstandsregelung der VDI 3894 Blatt 2 berücksichtige kumulierende Wirkungen von umliegenden Anlagen nur bedingt, folgt dem Ansatz der von den Antragstellern präferierten GIRL für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen. Für Tierhaltungsanlagen, die - wie hier - keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, kann die GIRL zwar „sinngemäß angewendet werden“, insoweit wird aber auch auf die Anwendbarkeit der Abstandsregelungen der VDI 3471 und VDI 3472 hingewiesen, die durch die VDI 3894 Blatt 1 und 2 ersetzt wurden.

d) Soweit die Antragsteller Verfahrensmängel des angefochtenen Beschlusses geltend machen, kommt eine allein mögliche Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 130 Rn. 4 m. w. N.) nicht in Betracht.

aa) Es bedarf weder des Einverständnisses eines Verfahrensbeteiligten dafür, dass die Kammer in Urlaubsabwesenheit des Berichterstatters, „der sich die Örtlichkeiten angeschaut und den Tatsachenvortrag und die Rechtsansicht der Parteien in diesem Termin auch gehört hatte“, entschieden hat, noch liegt darin ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Welche Richter über den Fall entscheiden, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 4 VwGO, § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG); das gilt auch für den Vertretungsfall. Das Verwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 zur Besetzung der Kammer Stellung genommen. Danach waren am 23. August 2013 die Vorsitzende und der Berichterstatter in Urlaub, weshalb die nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2013 zuständigen Vertretungsrichter an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal der Bevollmächtigte der Antragsteller den Erlass einer Zwischenverfügung beantragt hatte, „sofern sich das Gericht außer Stande sieht, kurzfristig über den Antrag nach §§ 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu entscheiden“, also auf die Dringlichkeit einer Entscheidung hingewiesen hatte. Dass der Berichterstatter wegen Urlaubsabwesenheit nicht an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, obwohl er am 5. August 2013 den Augenschein eingenommen hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere bleibt eine durchgeführte Augenscheinnahme als Beweisaufnahme auch dann eine zulässige Sachverhaltsermittlung, wenn der den Beweis aufnehmende Richter an der späteren Entscheidung nicht mitwirkt (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1992 - 4 B 251/92 - juris RdNr. 6). Der Berichterstatter hat im Augenscheintermin aussagekräftige Lichtbilder gefertigt und die Erklärungen der Beteiligten zu Protokoll genommen. Es ist nicht ersichtlich, dass die anlässlich des Ortstermins gewonnenen Erkenntnisse nicht uneingeschränkt verwertbar wären oder dass sich dem Verwaltungsgericht ein nochmaliger Ortstermin durch den Spruchkörper hätte aufdrängen müssen.

bb) Entgegen dem Vortrag der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht nicht dadurch gegen seine Ermittlungspflichten verstoßen, dass es davon abgesehen hat, die nach Auffassung der Antragsteller erforderliche umfassende Immissionsbeurteilung vornehmen zu lassen, obwohl der Gutachter der Antragsteller erklärt hatte, er erachte die 15%-Jahresstundengrenze aufgrund seiner Prognoseüberlegungen für überschritten.

Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der fachkundigen Bewertung der zu erwartenden Geruchsimmissionen durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... nach Maßgabe der VDI 3894 Blatt 2 davon ausgegangen, dass am Anwesen der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsimmissionen auftreten werden. Weitergehende Ermittlungen, insbesondere eine förmliche Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens, waren auch angesichts des besonderen Charakters des Eilverfahrens nicht veranlasst (vgl. Geiger in Eyermann, a. a. O., § 86 Rn. 1a m. w. N.).

Letztlich beanstanden die Antragsteller, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Bewertung der Geruchsimmissionen auf Grundlage der Abstandsregelungen der VDI 3894 Blatt 2 begnügt hat und keine Bewertung der Geruchsbelastung in sinngemäßer Anwendung der GIRL vornehmen hat lassen. Eine Verletzung der Ermittlungspflicht vermag diese Kritik an der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht nicht zu begründen.

cc) Die eingewandte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Die Antragsteller tragen vor, das Verwaltungsgericht habe ihnen keine Gelegenheit gegeben, auf die Aussagen der Bearbeiterin der fachlichen Stellungnahme des behördlichen Immissionsschutzes beim Landratsamt ... zu erwidern. Das trifft nicht zu. Die vom behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... gefertigte Stellungnahme vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013, auf die das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich abstellt, wurde den Antragstellern zugestellt und die Antragsteller haben sich damit u. a. im Schriftsatz vom 12. August 2013 auch auseinander gesetzt. Soweit auf eine Telefonnotiz in den Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts vom 6. August 2013 Bezug genommen wird, aus der sich ergibt, dass das Landratsamt keine technischen Möglichkeiten für eine Ausbreitungsberechnung nach TA Luft hat und die Voraussetzungen für die Einholung eines externen Gutachtens aufgrund der tatsächlichen Abstände nicht für gegeben erachtet, ist darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sehen. Auch der Vortrag, das Verwaltungsgericht setze sich nicht mit den Aussagen des Sachverständigen der Antragsteller auseinander, wonach eine Geruchsstundenhäufigkeit von mehr als 15% der Jahresstunden zu erwarten sei, lässt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs erkennen. Das Verwaltungsgericht hat entscheidungserheblich auf die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes auf Grundlage der Abstandsregelung nach VDI 3894 Blatt 2 abgestellt. Dies ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden. Dass die Antragsteller eine Beurteilung unter Einbeziehung der Vorbelastung für erforderlich gehalten haben, hat das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen (vgl. Rn. 16 des Beschlusses vom 23. August 2013). Darüber hinaus ist das Gericht weder dazu verpflichtet, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines der Beteiligten zu folgen, noch muss es jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich bescheiden. Deshalb kann allein aus der bloßen Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Beschwerdevorbringens auch nicht geschlossen werden, das Gericht habe es nicht zur Kenntnis genommen und sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst. Insoweit hindert Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht insbesondere auch nicht daran, das Beteiligtenvorbringen aus Gründen des materiellen Rechts nicht weiter aufzunehmen (BVerwG, B.v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 - juris Rn. 2).

dd) Schließlich haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren das ihrer Ansicht nach erforderliche Gutachten auf Grundlage einer Bewertung nach GIRL vorgelegt, das ihrem Antrag nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zum Erfolg verhilft, so dass die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage.

2

Die Klägerin ist Miteigentümerin des in der Gemeinde T./Ortsteil (H.) gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße (Flurstück 59/214{59/214}, Flur A{}, Gemarkung T.), das nördlich an die Weinbergstraße angrenzt. Östlich des Grundstücks bis zur Straße "Weinbergholz" befindet sich nördlich der Weinbergstraße weitere Wohnbebauung. Westlich des klägerischen Grundstücks liegt ein durch den Bebauungsplans Nr. 4 "Weinbergstraße" der Gemeinde T. festgesetztes allgemeines Wohngebiet. Südlich der Weinbergstraße befinden sich auf einer Fläche, die sich von einer Bahntrasse im Westen bis ca. 160 m nach Osten und ca. 270 m nach Süden erstreckt, Kleingärten. Weiter westlich bis zu einem nach Süden abzweigenden Nebenzug der Weinbergstraße befinden sich unbebaute, landwirtschaftlich genutzte Flächen, die ca. 130 m nach Süden reichen. Weiter südlich, in einem Abstand von ca. 180 bis 450 m zum Grundstück der Klägerin befinden sich die Betriebsstätten einer ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Südlich davon, bis zur Mühlenstraße reichend, liegen das Betriebsgelände der Fa. (M.), die dort den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, eine KfZ-Werkstatt sowie einen Abschlepp- und Bergungsdienst betreibt, und das Betriebsgelände eines Tiefbauunternehmens.

3

Für die Anlagen der ehemaligen LPG beantragte deren Rechtsnachfolgerin im Jahr 1993 eine Änderungsgenehmigung zur Rinderhaltung und Güllelagerung. Die Kapazität für den Neubau eines Boxenlaufstalls wurde mit 306 neuen Kuhplätzen und der "Weiterbetrieb" der schon bestehenden Anlage mit 342 Bullenmastplätzen angegeben. Die Anlage wurde am 01.09.1993 in Betrieb genommen. Im Jahr 2003 zeigte der derzeitige Betreiber der Anlage, die MVA (H.) GmbH & Co. KG (MVA), beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt nach § 67 Abs. 2 BImSchG an, dass die Tierplatzzahl auf 782 Stück erweitert werde.

4

Die Beigeladene, die Gesellschafterin der Agrar GmbH und Kommanditistin der MVA ist, beantragte am 28.07.2010 beim Beklagten die Errichtung einer Biogasanlage auf dem im Eigentum der Agrar {GmbH stehenden Flurstück 64/140 der Flur A {der Gemarkung (H.). Das für die Biogasanlage vorgesehene Gelände liegt etwa 240 bis 340 m südlich des Grundstücks der Klägerin. Die Biogasanlage und die Rinderanlage werden durch den von Norden nach Süden verlaufenden, vom Hauptzug abzweigenden Nebenzug der Weinberg{}straße getrennt. Mit Bewilligung vom 16.06.2011 wurde für dieses Grundstück zu Gunsten der MVA{am 05.07.2011 eine Dienstbarkeit für das Unterhalten und Betreiben einer Biogas- und Siloanlage inklusive eines Blockheizkraftwerks (BHKW) eingetragen.

5

Die Biogasanlage umfasst nach der Baubeschreibung nebst Anlagen einen Fermenter mit einer gasdichten Abdeckung mit einem Nettovolumen von 3.385 m³, ein nicht abgedecktes, mit einer Schwimmschicht als Abschluss versehenes Gärrest-Endlager mit einem Nettovolumen von 4.731 m³, einen Annahmebehälter (Rindergülle) mit einer geruchsdichten Abdeckung mit einem Nettovolumen von 768 m³, einen BHKW-Container mit 370 kW elektrischer Leistung, ein Pumpen- und Technikgebäude, drei Fahrsiloanlagen mit jeweils zwei Kammern, einen Triolet-Bunker mit einem Fassungsvermögen von 60 m³, eine Futterhalle sowie ein Trafogebäude. Ferner sollen eine befestigte Zuwegung, eine Regenwasserentwässerung durch Versickerung sowie ein Silosickersaftschacht mit Überlauf in das Gärrestendlager hergestellt werden.

6

Nach der Betriebs- und Verfahrensbeschreibung sollen in der Biogasanlage 15.000 t Rindergülle, 3.000 t Maissilage, 2.000 t Grassilage, 1.000 t Ganzpflanzsilage, 500 t Hühnermist und 500 t Rindermist vergoren werden. Weiter heißt es, die Energiepflanzen, vor allem Mais, Roggen oder Hirse, würden auf den Feldern der näheren Umgebung der Biogasanlage angebaut. Von der benachbarten Tierzuchtanlage der MVA (H.) GmbH werde noch zusätzlich Frischgülle über unterirdische Rohrleitungssysteme in den Fermenter eingeleitet. In dem neu zu errichtenden ersten Gärrest-Endlagerbehälter (G 1) mit einem Freibord von 0,2 m bilde sich als Abschluss der Gärreste auf der Oberfläche eine Schwimmschicht durch die eingebrachten Pflanzenfasern. Der zweite und der dritte Gärrestebehälter (G 2 und G 3) mit einem Volumen von insgesamt 5.200 m³ seien auf dem Grundstück der MVA vorhanden. Das entstandene und gereinigte Biogas werde in einem zur Biogasanlage gehörenden Blockheizkraftwerk in einem Gas-Otto-Motor verbrannt.

7

Die Beigeladene legte eine Immissionsprognose der (I.) GmbH zur geplanten Errichtung der Biogasanlage vom 07.10.2010 vor, nach der erhebliche Geruchsbelästigungen durch die geplante Anlage auszuschließen seien. Die prognostizierte Zusatzbelastung an Geruchsstoffimmissionen sei an allen maßgeblichen Immissionsorten irrelevant, so dass eine Ermittlung der Vorbelastung und Gesamtbelastung entfallen könne.

8

Die Beigeladene legte ferner eine Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros für Lärmschutz (F.) vom 07.09.2010 vor. Darin geht der Gutachter im Ergebnis davon aus, dass von der Anlage der Beigeladenen unter folgenden Bedingungen keine Gefährdungen, erhebliche Benachteiligungen oder erhebliche Belästigungen durch Geräusche der Anlage in der Nachbarschaft verursacht werden:

9

1. In 10 m Abstand vom BHKW-Container dürfe ein Schalldruckpegel von LAeq = 65 dB (A) nicht überschritten werden (einschl. Schallaustrag aus den Zu- und Abluftöffnungen sowie einschl. Notkühler und Gemischkühler).

10

2. Der Schalldruckpegel der Abgasmündung des BHKW dürfe einen Wert von LWA = 60 dB (A) nicht überschreiten, d.h. in einem seitlichen Abstand von der Mitte der Mündung dürfe ein Schalldruckpegel von LAeq = 72 dB (A) nicht überschritten werden. Es müsse eine zusätzliche selektive Dämpfung der 80-Hz-Spektralkomponente mit einem (zusätzlichen) Resonanz-Schalldämpfer in der Abgasanlage erfolgen. Der zusätzliche Dämpfer müsse so ausgelegt sein, dass ein linearer Schalleistungspegel an der Abgasmündung von LW,Terz,80Hz,lin = 80 dB (A) für die Terz f = 80 Hz mit den maßgeblichen tieffrequenten Energieanteilen nicht überschritten werde.

11

3. Der Schalleistungspegel des Feststoffdosierers dürfe einen Wert von LWA = 95 dB (A) nicht überschreiten.

12

4. Fahrverkehr durch LKW, Traktoren und Radlader im Zusammenhang mit dem Betrieb der Biogasanlage sei im Nachtzeitraum (22 bis 6 Uhr) auszuschließen.

13

Mit Bescheid vom 15.04.2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung zur Errichtung der Biogasanlage. In den beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 8.2 bis 8.5 übernahm der Beklagte die vom Lärmgutachter in seiner Schallimmissionsprognose aufgestellten Forderungen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 8.6 ist für die im Einwirkungsbereich der Biogasanlage liegende Wohnbebauung unter Berücksichtigung der Vorbelastung der Immissionswert (Gesamtbelastung) für die Wahrnehmungshäufigkeit der Gerüche an der Erkennungsschwelle (1 GE/m³) von 0,10 (entspricht 10 % der Jahresstunden) entsprechend der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) einzuhalten. Die Nebenbestimmung Nr. 8.10 bestimmte ferner, dass das Gärrestlager nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, der den gegenwärtigen Stand der Technik repräsentiere, mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen ist.

14

Mit Änderungsbescheid vom 15.09.2011 nahm der Beklagte die Nebenbestimmung Nr. 8.10 zurück und gab zur Begründung an, die Biogasanlage sei ohne Abdeckung beantragt worden. Der Antrag enthalte als geruchsmindernde Maßnahme eine sich an der Oberfläche des Endlagers bildende Schwimmschicht, die antragsgemäß zu realisieren sei. Von der Anwendung der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 werde in diesem speziellen Einzelfall abgewichen, da in der geplanten Anlage weitaus überwiegend Gülle vergoren werde. Bei diesen Verfahren würden weniger Restmethanmengen emittiert als in landwirtschaftlichen Betrieben, die Gülle in nicht gasdichten Behältern lagern und die Gülle unvergoren ausbringen. Der Weißdruck der VDI-Richtlinie 3475 sei nicht zwingend anzuwenden.

15

Am 24.11.2011 nahm die Beigeladene die Biogasanlage erstmalig in Betrieb. Den von der Klägerin am 12.05.2011 erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2012 zurück.

16

Die Klägerin hat am 09.02.2012 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Biogasanlage, die die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB für eine Privilegierung im Außenbereich nicht erfülle, sei immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig. Sie sei eine Nebeneinrichtung zur bestehenden Milchviehanlage, die als Tierhaltungsanlage nach Nr. 7.1 Anlage 1 der 4. BImSchV der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG unterfalle. Die Anlage sei zudem als Anlage zur Lagerung von brennbaren Gasen (ab 3 t) nach der 4. BImSchV, Anhang, Nr. 9.1 b, Spalte 2, genehmigungspflichtig. Der Beklagte habe das Rechtsproblem zunächst übersehen, sei dann aber im Widerspruchsverfahren darauf aufmerksam gemacht worden. Daraufhin habe er verfügt, dass das Gärrestendlager nicht der gasdichten Abdeckung bedürfe, so dass es für die Berechnung der Gasmenge außer Betracht bleibe. Damit entspreche die Anlage aber nicht (mehr) dem Stand der Technik nach § 22 BImSchG, obwohl die Ergebnisse aller Stellungnahmen und Prognosen gerade dies voraussetzten. Wegen der Vergrößerung des Wirkungsspektrums der Basisanlage (MVA) und der Erweiterung des zu betrachtenden Wirkraumes sei auch eine standortbezogene Vorprüfung im Sinne des UVPG nach Anlage 1 Nr. 7.5.2 und 8.4.2 UVPG erforderlich, deren Ergebnis öffentlich bekannt zu geben sei. Zudem finde die Störfallverordnung (12. BImSchV) Anwendung, weil die Biogasmenge der Anlage 16,9 t erreiche und damit die Mengenschwelle von 10 t klar überschreite. Die Anlage unterfalle damit bei der erforderlichen gasdichten Abdeckung des Gärrestbehälters zumindest den Grundpflichten der Störfallverordnung hinsichtlich des zu berücksichtigenden Standes der Technik.

17

Mit Blick auf das offene Gärresteendlager werde der bei Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen erforderliche Sicherheitsabstand nach Nr. 5.4.8.6. der TA Luft von 500 m nicht eingehalten. Selbst bei einer geschlossenen Anlage werde der einzuhaltende Abstand von 300 m noch deutlich unterschritten. Hinzu komme, dass das Geländeprofil ein Gefälle hin zur Wohnsiedlung Weinberg{WW}straße aufweise, so dass die geplante Bebauung am Hügelkamm im Störfall verstärkte Auswirkungen zeitige. Es sei in diesem Zusammenhang in keinem Fall bei dem einzuhaltenden Abstand berücksichtigt worden, dass Biogas als hochentzündlicher Stoff einzustufen und damit als Stoff nach Nr. 8 des Anhangs I der Störfallverordnung anzunehmen sei. Der Beklagte habe bei der Genehmigung zudem das Auftreten von Schwefelwasserstoff vernachlässigt. Bei einer Konzentration von mehr als 200 ppm sei Biogas gesundheitsschädlich. Da nach den Bauvorlagen eine Mengenschwelle von 5.000 kg überschritten werde, sei nach dem Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit ein Abstand von 800 m einzuhalten.

18

Angesichts der geringen Entfernung zur Wohnbebauung werde sie in ihrer Lebensqualität deutlich durch Geruchsbelästigung, Verbreitung von Ungeziefer, Ausbreitung toxischer Stoffe sowie Lärm und Zulieferverkehr erheblich beeinträchtigt. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsprognose vom 07.10.2010 gehe von falschen Ansätzen aus. Die Schallimmissionsprognose vom 07.09.2010 unterstelle zu Unrecht, dass sich ihr Wohngrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet befinde; es liege vielmehr in einem reinen Wohngebiet mit der Folge, dass unter Berücksichtigung der Lärmvorbelastung nachts ein Wert von 29 dB (A) einzuhalten sei. Dieser Wert werde indessen deutlich überschritten. Das Gutachten berücksichtige zudem verschiedene Emissionsquellen wie Pumpen, Rührwerke, Tauchmotoren und Gasverdichter nicht. Die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 geforderten und angegebenen Werte für den Schallleistungspegel der Abgasmündung des Blockheizkraftwerks würden laut Datenblatt für den angegebenen BHKW-Typ trotz vorhandener Schalldämpfung nicht erreicht. Da der als Referenz angegebene BHKW-Container mit dem Gas-Otto-Motor vom Typ MB 3042 L4 sich nicht mehr im Angebot der Lieferfirma befinde, so dass ein anderes Modell angeliefert worden sei, besitze die vorgelegte Prognose keine Aussagekraft mehr. Schließlich solle der Anlieferverkehr nach der Baubeschreibung über die Pappelallee (heute "An den Pappeln") erfolgen. Es handele sich hierbei aber um einen landwirtschaftlichen Weg, der zu DDR-Zeiten von der damaligen LPG errichtet worden und für den Begegnungsverkehr nicht ausgelegt sei. Es sei deshalb zu erwarten, dass eine Umfahrung über die Weinbergstraße auch nach den Bauvorlagen durchaus als Option in Betracht gezogen werde. In der Immissionsprognose werde diese Variante in ihren Auswirkungen jedoch nicht geprüft.

19

Die Klägerin hat beantragt,

20

die Baugenehmigung des Beklagten vom 15.04.2011 sowie deren Änderungs- und Ergänzungsbescheide vom 24.05., 29.07. und 15.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 10.01.2012 aufzuheben.

21

Der Beklagte hat beantragt,

22

die Klage abzuweisen

23

und vorgetragen: Das nach Baurecht zu beurteilende Vorhaben verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Das BHKW habe eine elektrische Leistung von 370 kW und eine Feuerungswärmeleistung von 995 kW. Die Gaslagerkapazität sei kleiner als 3 t. Die Mengenschwellen der Nr. 9.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV würden nicht überschritten. Die streitige Biogasanlage sei keine Nebenanlage zur benachbarten Rinderanlage. Diese würden von unterschiedlichen Betreibern geführt. Feste Abstandsregeln für die Verträglichkeit von Biogasanlagen zur benachbarten Wohnbebauung existierten derzeit in Sachsen-Anhalt nicht. Auch die Abstandsregelungen der Störfallverordnung seien für die Bemessung des notwendigen Abstandes nicht anwendbar. Der Verkehr zu der Anlage erfolge nicht über die Weinbergstraße sondern über die Pappelallee. Beschwerden wegen Geruchs- und Lärmbelästigungen seien seit der Inbetriebnahme der Biogasanlage bei ihm nicht eingelegt worden. Eine gasdichte Abdichtung sei erst verbindlich seit der ergangenen Rundverfügung des Landesverwaltungsamts vom 29.02.2012. Zuvor sei die Forderung nach einer gasdichten Abdeckung eine unverhältnismäßige Härte für die Beigeladene gewesen, weil die gesamte Anlage ohne gasdichte Abdeckung statisch geplant gewesen sei. Die Biogasanlage unterliege auch nicht der Störfallverordnung.

24

Die Beigeladene hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen

26

und u.a. Folgendes erwidert: Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides habe das Vorhaben nicht der Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung unterlegen. Insbesondere liege das Fassungsvermögen der Gaslageranlage unter 3 t, und die Biogasanlage stelle kein Vorhaben der Tierhaltung im Sinne von Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG dar. Es handele sich bei dem Vorhaben auch nicht um eine Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, denn das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), das Gülle nunmehr als Abfall betrachte, sei im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung und des Widerspruchsbescheides noch nicht in Kraft gewesen. Es könne an sich auch offen bleiben, ob das Vorhaben nach dem Immissionsschutzrecht genehmigungspflichtig gewesen wäre. Aus einem solchen Verfahrensverstoß könne die Klägerin keine Rechte für sich herleiten. Im Übrigen sei das Vorhaben nicht nach Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftig. Es sei insbesondere keine Nebenanlage zu der benachbarten Milchviehanlage. Das Vorhaben verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Den befürchteten Lärm- und Geruchsbelästigungen habe der Beklagte durch entsprechende Auflagen zur Begrenzung der Lärmrichtwerte und der Geruchsschwellenüberschreitung Rechnung getragen. Die Klägerin könne in diesem Zusammenhang lediglich die Richtwerte für ein Wohn-/Mischgebiet beanspruchen. Die Störfallverordnung sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht anwendbar und enthalte auch keine spezifische Abstandsregelung. Auf die Abstandsregelung nach Nr. 5.4.8.6 TA Luft könne sich die Klägerin nicht berufen, weil es sich im Zeitpunkt der Genehmigung und der Widerspruchsentscheidung nicht um eine Anlage zur Vergärung von Bioabfällen gehandelt habe.

27

Mit dem angefochtenen Urteil vom 29.04.2013 hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 15.04.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.05.2011, 29.07.2011 und 15.09.2011 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:

28

Die Baugenehmigung sei - objektiv-rechtlich - schon deshalb rechtswidrig, weil die unzuständige untere Bauordnungsbehörde anstelle der sachlich für das Immissionsschutzrecht zuständigen Behörde gehandelt habe. Dabei könne offen bleiben, ob die Anlage nach Anhang Nr. 8.6 und 9.1 Buchstabe b) Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV wegen Überschreitung der Mengenschwellen oder nach Nr. 9.36 Spalte 2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig sei, weil es unter Berücksichtigung der über Rohrleitungen genutzten Güllebehälter der MVA ein Fassungsvermögen von insgesamt 6.500 m³ überschreite. Jedenfalls sei nicht nur die nach Immissionsschutzrecht beantragte und genehmigte Erweiterung der Milchviehanlage nach Nr. 7.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig; vielmehr sei auch die begehrte Genehmigung der Errichtung der Biogasanlage als deren Nebeneinrichtung nach Immissionsschutzrecht zu beurteilen. Die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 BImSchG seien erfüllt. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der benachbarten Milchviehanlage folge aus § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV. Zum genehmigungsbedürftigen Anlagenbereich gehörten außer dem Kernbestand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV auch bestimmte Nebeneinrichtungen. Darunter falle die streitige Biogasanlage.

29

Zwar könne allein die Wahl des falschen Genehmigungsverfahrens der Klage noch nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Klägerin als Nachbarin lediglich Eingriffe in ihre Rechtsposition abwehren könne und Drittschutz nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts oder des Immissionsschutzrechts vermitteln könnten, die nach ihrem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt auch der Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Dritten dienen. Die Klägerin könne sich aber auf § 10 Abs. 2 bis 4, 6, 8 und 9 BImSchG berufen, der Drittbetroffenen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einen „vorgezogenen Rechtsschutz“ einräume, indem er eine Beteiligung von Dritten am Verwaltungsverfahren vorsehe. Diesen Verfahrensvorschriften werde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Drittschutz zuerkannt, soweit das Vorbringen des Drittbetroffenen ergebe, dass sich der von ihm gerügte Verfahrensfehler auf seine materiell-rechtliche Position ausgewirkt haben könnte. Dies wiederum lasse sich nur dann ausschließen, wenn die vom Dritten behauptete Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsgüter „offensichtlich und eindeutig unmöglich sei“. Diese Feststellung könne hier jedoch nicht getroffen werden.

30

Das Vorhaben dürfte zwar für die Klägerin keinen unzumutbaren Lärm hervorrufen. In der Baugenehmigung sei in der Nebenbestimmung Nr. 8.1 sinngemäß festgelegt, dass die Biogasanlage am Wohnhaus der Klägerin die Lärmrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tagsüber und 40 dB (A) nachts nicht überschreiten dürfe. Auch sei es grundsätzlich zulässig, den Lärmschutz in dieser Weise durch zielorientierte Festlegungen zu regeln, wobei allerdings gewährleistet sein müsse, dass die Richtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können. Daran bestünden nach Aktenlage keine durchgreifenden Zweifel. Die Rüge der Klägerin, sie befürchte, dass der Zu- und Abgangsverkehr entgegen der Baugenehmigung nicht über die ihrem Grundstück abgewandte, jedoch zur Erschließung untaugliche Straße "An den Pappeln", sondern über die angrenzende Weinberg{}straße abgewickelt werde, greife nicht durch, weil Streitgegenstand lediglich die Baugenehmigung, nicht aber eine möglicherweise abweichende Nutzung sei.

31

Die materiell-rechtliche Betroffenheit der Klägerin könne aber jedenfalls nach dem von ihr vorgelegten Immissionsprotokoll und den dort dokumentierten, von weiteren Anliegern bestätigten Geruchsbelästigungen nicht schlechthin ausgeschlossen werden. Die Beigeladene könne sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass die Klägerin durch die Nebenstimmung Nr. 8.6 ausreichend geschützt werde, wonach die Wahrnehmungshäufigkeit 10 % der Jahresstunden nicht überschreiten dürfe. Es sei nicht gewährleistet, dass dieser Richtwert im allgemeinen Betrieb auch eingehalten werden könne. Dem stehe die von der Beigeladenen eingeholte Immissionsprognose vom 07.10.2010 nicht entgegen. Zum einen handele es sich lediglich um eine bloße Prognose der Zusatzbelastung durch die streitige Anlage ohne Ermittlung der bestehenden Vorbelastung durch die Milchviehanlage. Zum anderen erschienen die rechnerischen Prognosen des Privatgutachtens jedenfalls zum Teil nicht belastbar.

32

Schließlich sei entgegen der Auffassung des Beklagten nach dem Weißdruck der VDI-Richtlinie 3475 Bl. 4 vom August 2010 beim Neubau von Biogasanlagen das Gärrestendlager zwingend mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen. Der Gärrest müsse dabei mindestens 150 Tage abgedeckt bleiben, um unter anderem eine Restmethanbildung von unter 1 % zu gewährleisten. Von dieser Auflage könne nach dem Weißdruck nur dann abgesehen werden, wenn die Biogasanlage ausschließlich mit Gülle beschickt werde, da sich dann nachhaltig schützende Schwimmschichten bilden könnten. Das sei aber unstreitig nicht der Fall, da der Gülleanteil an der Inputmenge gerade nicht 100 % betrage. Damit werde die streitige Anlage entgegen § 5 Abs. 1 BImSchG nicht entsprechend dem Stand der Technik betrieben, obwohl dies von der im Verwaltungsverfahren eingeholten Immissionsprognose unterstellt werde, wie der Sachverständige (W.) in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt habe. Nach Nr. 2 der Geruchsimmissionsrichtlinie sei aber vor einer Immissionsbeurteilung grundsätzlich zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Verminderung der Emissionen ausgeschöpft seien.

33

Die vom Senat zugelassene Berufung hat der Beklagte wie folgt begründet: Selbst wenn die Biogasanlage als Nebeneinrichtung der Milchviehanlage zu beurteilen sei, unterfalle sie den verfahrensrechtlichen Bestimmungen über das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, da auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen sei. Zum Genehmigungszeitpunkt seien Biogasanlagen noch nicht in das UVPG aufgenommen worden. Die Biogasanlage sei auch nicht als Nebeneinrichtung der Milchviehanlage nach dem UVPG genehmigungspflichtig. Maßgeblich sei die tatsächliche Einbeziehung in den auf die Hauptanlage bezogenen Funktionszusammenhang. Die Biogasanlage diene ausschließlich der Stromerzeugung, die Milchviehanlage der Tierhaltung. Zwar werde die Gülle der Milchviehanlage in die Biogasanlage eingebracht; energetisch betrachtet sei dies jedoch ein geringer Anteil, weil 86 % des Biogases von Maissilage, Grassilage und Graspflanzsilage erzeugt werde. Außer der Gülleverwertung bestehe kein gemeinsamer Funktionszusammenhang. Selbst die Betreiber seien unterschiedliche. Im Übrigen habe keine standortbezogene Vorprüfungspflicht für die Biogasanlage nach Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG bestanden. Diese Regelung betreffe eine Tierhaltungsanlage. Das UVPG enthalte keine Regelung, wonach zwei verschiedene Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam eingestuft werden müssten. Vielmehr sei jede Anlage für sich zu betrachten.

34

Der Beklagte beantragt,

35

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

36

Die Beigeladene beruft sich zur Begründung ihrer Berufung ebenfalls darauf, dass eine Betroffenheit drittschützender Normen nicht aus einer möglicherweise falschen Wahl des Genehmigungsverfahrens folge, insbesondere weil in einem unterstellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht § 10 BImSchG, sondern § 19 BImSchG anzuwenden sei, diese Vorschrift aber keinen Drittschutz vermittle. Das Vorhaben habe auch keiner standortbezogenen Vorprüfung nach dem UVPG unterzogen werden müssen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.

37

Die Beigeladene beantragt,

38

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

39

Die Klägerin beantragt,

40

die Berufungen zurückzuweisen.

41

Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und führt ergänzend aus: Biogasanlagen seien nur unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert. Das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen eines Betriebes" hätte erfordert, dass die Biogasanlage einem Basisbetrieb rechtlich-organisatorisch zugeordnet ist. Sofern der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes nicht zugleich Eigentümer der zu genehmigenden Anlage sei, sei die organisatorische Zuordnung nur dann noch hinreichend gewährleistet, wenn der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes, an den die Biogasanlage anknüpfe, maßgeblichen Einfluss auf die Betreibergesellschaft der Biogasanlage habe. Diese notwendigen Voraussetzungen hätten hier nicht vorgelegen. Die fehlende Privilegierung der Biogasanlage müsse zumindest bei der Zumutbarkeit der von ihr hervorgerufenen Immissionen Berücksichtigung finden.

42

Soweit die von der Beigeladenen eingeholte Immissionsprognose vom 07.10.2010 die Ermittlung der Vorbelastung durch den Tierhaltungsbetrieb und der Berechnung der sich kumulativ ergebenden Gesamtbelastung für Ammoniakemissionen für entbehrlich halte, weil eine "intern durchgeführte Ausbreitungsrechnung" ergeben habe, dass der Irrelevanzwert der TA Luft von 3 µg/m³ für keinen maßgeblichen Immissionsort überschritten werde, beruhten die Berechnungen auf fehlerhaften Annahmen.

43

Die gesundheitsschädigende und giftige bzw. sehr giftige Wirkung von im Biogas enthaltenem Schwefelwasserstoff werde unterschätzt. Rechnerisch würde sich bei der Mengenschwelle (nach der Störfall-Verordnung) von 5.000 kg ein Volumen von 54,6 kg Schwefelwasserstoff ergeben, was - bezogen auf das gesamte Volumen der Anlage - einem Anteil von 3.227 ppm (parts per million) entspräche. Der Arbeitsplatzgrenzwert von Schwefelwasserstoff in Biogas betrage 5 ppm. Sie, die Klägerin, habe zahlreiche Untersuchungen zu diesem Problemkreis ausgewertet. Trotz Luftentschwefelung weise Biogas häufig Konzentrationen über 500 ppm auf. Insbesondere bei einstufigen Anlagen bzw. Gesamtverweilzeiten unter 100 Tagen träten besonders hohe Konzentrationen auf, so dass eine gasdichte Abdeckung des Gärrestbehälters unbedingt notwendig sei, um Ausgasungen, Geruchsbelästigungen und die Emission von klimaschädlichem Methan zu verhindern. Bei Mengen an Biogas, wie sie z.B. bei der Entleerung von gasdicht abgedeckten Gärrestebehältern und Fermentern anzutreffen sei, könne die gleiche absolute Menge an Schwefelwasserstoff entstehen wie im Falle eines Gehalts von 10.000 ppm und einer Mengenschwelle von 5.000 kg Biogas nach der Störfall-Verordnung. Dies gelte insbesondere bei einer Beschickung mit erheblichen Mengen Gülle, wie sie hier erfolge.

44

Die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens sei erforderlich gewesen. Als Nebeneinrichtung der gewerblichen Tierhaltungsanlage unterfalle die Biogasanlage der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG. Es hätte ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt werden müssen, weil die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend erforderlich gewesen sei. Die erforderliche standortbezogene Vorprüfung habe indes nicht stattgefunden. Es handele sich um eine Anlage zur Lagerung von brennbaren Gasen ab 3 t nach Nr. 9.1 Buchstabe b) Spalte 2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV. Die Beklagte und die Beigeladene gingen zu Unrecht davon aus, dass die Mengenschwelle von 3 t nicht erreicht werde, weil die Gärrestebehälter offen und nicht gasdicht abgedeckt seien. Dies entspreche nicht dem Stand der Technik nach der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, der für die Berechnung der Lagerkapazität zugrunde gelegt werden müsse. Eine Umgehung des gebotenen Einbezugs habe der Beklagte nicht dadurch zulassen dürfen, dass er unter ausdrücklichem Verstoß gegen das Abdeckungsgebot die bereits zutreffend erteilte Auflage in der Baugenehmigung wieder zurückgenommen habe. Nur so werde dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ausreichend Rechnung getragen. Mit der Rücknahme habe ihr eine Berufung auf die Verletzung drittschützender Vorschriften unmöglich gemacht werden sollen. Zudem benötigten Anlagen zur Lagerung von Gülle ab einer Kapazität von 6.500 m³ einer standortbezogenen Vorprüfung. Auch diese Mengenschwelle sei überschritten.

45

Das Vorhaben der Beigeladenen führe auch zu unzumutbaren Lärmbelastungen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallimmissionsprognose unterstelle zu Unrecht, dass ihr Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liege. Tatsächlich handele es sich bei der näheren Umgebung ihres Grundstücks um ein reines Wohngebiet, für das niedrigere Immissionsrichtwerte gelten, die deutlich überschritten seien. Zudem habe der Gutachter nicht sämtliche Emissionsquellen der Biogasanlage berücksichtigt. Auch könne die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 der Baugenehmigung geforderte Schalldämpfung nicht erreicht werden.

46

Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße gegen die Störfall-Verordnung, der die Anlage unterfalle. Die für hochentzündliches Gas maßgebliche Mengenschwelle von 10.000 kg werde überschritten. Im Fermenter und dem Gärrestlager 1 einschließlich des Speichervolumens über den Behältern könnten maximal 13.000 m³ Biogas vorhanden sein, was bei der anzunehmenden Dichte des Biogases von 1,3 kg/m³ einer Menge von 16.900 kg entspreche. Auch insoweit sei von der nach dem Stand der Technik geforderten Abdeckung des Gärrestbehälters auszugehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH entfalteten selbst die Vorsorgegrundsätze in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82 zur Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen nicht nur drittschützende Wirkung, sondern seien unmittelbar zu beachten.

47

Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße auch deshalb gegen das Rücksichtnahmegebot, weil bei bestimmten Betriebszuständen bis zu 13.000 m³ hochentzündliches Gas und ca. 8.000 m³ Gülle in unmittelbarer Nähe zu Wohnbebauung lagerten. Zudem träten Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff aus der Anlage aus. Die Anwohner des Ortsteils (H.) seien ohnehin schon durch die Tierhaltungsanlage beeinträchtigt. Die Anlage habe zudem durch ihre exponierte Lage an der Hangkante eine optisch bedrängende Wirkung. Bekannt sei, dass auch Ungeziefer, Mücken und Insekten durch Biogasanlagen angelockt würden, aber eben auch in der näheren Umgebung zu Belästigungen führten. Vor allem aber handele es sich letztlich um die Erweiterung eines im Außenbereich nicht privilegierten gewerblich-industriellen Komplexes hin zu einem Baugebiet, das in seiner Anlage mit hoher Wohnqualität und besonderem Erholungswert ausgestattet worden sei. Dieses Ziel der Dorfentwicklung werde durch das Vorhaben der Beigeladenen empfindlich zum Nachteil der Anwohner gestört.

48

Der Senat hat zu der Frage, welchen Geruchsimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Biogasanlage unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch die Milchviehanlage ausgesetzt ist, ein Sachverständigengutachten eingeholt.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

50

I. Die zulässigen Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung zu Unrecht aufgehoben.

51

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene Baugenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 - BVerwG 4 B 206.92 -, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Klägerin verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1986 - BVerwG 1 C 10.95 -, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Miteigentümerin eines von der streitigen Anlage ca. 240 m entfernten Grundstücks durch die angegriffene Baugenehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme und ggf. die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, verletzt werden.

52

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht gegen ihre Aufhebung rechtfertigende Verfahrensvorschriften und auch nicht gegen materielle öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind. Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend; nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 - BVerwG 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris, m.w.N.).

53

2.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung nicht wegen eines Verfahrensmangels im Genehmigungsverfahren beanspruchen.

54

Einen Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine baurechtliche Genehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Vielmehr setzt die Gewährung von Rechtsschutz voraus, dass die Nachbarn durch den Verwaltungsakt zugleich in ihren Rechten verletzt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat.

55

2.1.1. Eine Ausnahme hiervon ergibt sich im Rahmen von Nachbarklagen aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten (UmwRG). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 verlangt werden, wenn

56

1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften

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a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder

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b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,

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2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 9 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder

60

3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der

61

a) nicht geheilt worden ist,

62

b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und

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c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.

64

Es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, die die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - BVerwG 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171 [174], RdNr. 17). Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit die in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Fehler unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führen. Die Norm lässt den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - BVerwG 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 [575], RdNr. 22). Ein zur Aufhebung führender Verfahrensfehler liegt hiernach nicht vor.

65

2.1.1.1. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung war nicht erforderlich.

66

a) Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie die Klägerin geltend macht - die Biogasanlage als Nebeneinrichtung der benachbarten Milchviehanlage anzusehen sein sollte.

67

Gemäß § 3e Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 11.08.2010 (BGBl I S. 105) - UVPG a.F. - besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (1.) in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (2.) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen handelt es sich indes um keine Änderung eines Vorhabens im Sinne von § 3e Abs. 1 UVPG a.F., für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht. Ein Änderungsvorhaben unterfällt nicht der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a.F., wenn für das Grundvorhaben lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, es sei denn, für das vorprüfungsbedürftige Grundvorhaben ist eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis tatsächlich schon durchgeführt worden (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013 - 2 K 98/12 -, juris, RdNr. 310; Beschl. d. Senats v. 22.10.2015 - 2 M 13/15 -, juris, RdNr. 34; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e RdNr. 8; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3e UVPG, RdNr. 12). Nach diesen Grundsätzen unterfällt die Errichtung und der Betrieb der Biogasanlage nicht der Vorprüfungspflicht des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a.F. Denn für die Rinderhaltungsanlage der MVA (H.) GmbH mit 782 genehmigten Kuhplätzen hätte nach Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. lediglich eine standortbezogene Vorprüfungspflicht im Einzelfall gemäß § 3c Satz 2 UVPG a.F. bestanden. Für sie wurde auch keine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt.

68

Eine UVP-Vorprüfungspflicht des Vorhabens der Beigeladenen ergibt sich auch nicht aus § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 und 2 UVPG a.F. Danach ist, wenn der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten wird, für die Änderung oder Erweiterung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens durchzuführen. Bestehende Vorhaben sind auch kumulierende Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 Satz 1. Die Vorschriften betreffen die Fälle des "Hineinwachsens in Schwellenwerte" (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3b RdNr. 42 ff.) durch ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben. § 3b Abs. 3 UVPG a.F. gilt zwar auch für die Fälle der nachträglichen Kumulation, wenn also ein neues Vorhaben im engen räumlichen Zusammenhang mit einem anderen Vorhaben durchgeführt werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015 - BVerwG 4 C 4.14 -, BVerwGE 152, 219 [224 f.], RdNr. 16 ff.) Es muss sich aber - wie bei § 3b Abs. 2 UVPG a.F. - um ein Vorhaben derselben Art handeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015, a.a.O., RdNr. 21). Nur dann ist ein Erreichen oder Überschreiten von Schwellenwerten durch ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben überhaupt möglich. Dies scheidet hier schon deshalb aus, weil sich die standortbezogene Vorprüfungspflicht einer Rinderhaltungsanlage nach der Zahl der Rinderplätze richtet, die durch das Vorhaben der Beigeladenen unberührt bleibt. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, die Tierhaltungsanlage habe eine Anlage zur Lagerung von Gülle umfasst, deren Fassungsvermögen durch das Vorhaben der Beigeladenen erweitert werde. Anlagen zur Lagerung von Gülle sind im Katalog der UVP-pflichtigen bzw.- vorprüfungspflichtigen Vorhaben des Anhangs zum UVPG a.F. nicht enthalten.

69

b) Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand auch als eigenständige Anlage keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung nach § 3b Abs. 1 bzw. § 3c Satz 1 oder 2 UVPG a.F. i.V.m. der Anlage 1 zum UVPG a.F.

70

aa) Eine Biogasanlage der hier streitigen Art lässt sich keinem der Nr. 1.1 der Anlage 1 zum UVPG a.F. aufgeführten Vorhaben zuordnen. Diese Nummer betraf die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbine, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich des jeweils zugehörigen Dampfkessels, je nach Feuerungswärmeleistung. Da nach der Baubeschreibung (Bl. 128 Beiakte A) das BHKW nur 426 kW thermische Leistung hat, könnte nach der Feuerungswärmeleistung nur die Nr. 1.1.7 (100 kW bis weniger als 1 MW) Anwendung finden, die eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Satz 2 UVPG a.F. vorsieht. Diese gilt aber nur beim Einsatz anderer als in den Nummern 1.1.3 bis 1.1.5 genannter fester oder flüssiger Brennstoffe, für gasförmige Brennstoffe gilt sie hingegen nicht.

71

bb) Die streitige Anlage war auch nicht von Nr. 8.4 der Anlage 1 zum UVPG a.F. erfasst. Diese Nummer betraf die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung finden, mit einer Durchsatzleistung von 50 t Einsatzstoffen oder mehr je Tag (Spalte 1) bzw. 10 t bis weniger als 50 t Einsatzstoffen je Tag (Spalte 2). Bei den in der Anlage der Beigeladenen zum Einsatz kommenden Stoffen (Rindergülle, Rinder- und Hühnermist, Gras-, Mais- und Ganzpflanzsilage) handelt es sich nicht um (nicht gefährliche) Abfälle, auf die die Vorschriften des - bis zum 31.05.2012 geltenden - KrW-/AbfG Anwendung fanden.

72

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a KrW-/AbfG galten die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für die nach der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.10.2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG Nr. L 273 S. 1) - im Folgenden: EG-TierNebVO - in der jeweils geltenden Fassung, nach den zu ihrer Durchführung ergangenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen abzuholenden, zu sammelnden, zu befördernden, zu lagernden, zu behandelnden, zu verarbeitenden, zu verwendenden, zu beseitigenden oder in den Verkehr zu bringenden tierischen Nebenprodukte. Gülle und Mist wurden damit dem Rechtsregime des KrW-/AbfG entzogen (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.04.2010 - 3 S 2786/09 -, juris, RdNr. 4, m.w.N.). Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a EG-TierNebVO wird Gülle als Material der Kategorie 2 eingestuft. Es kann als unverarbeiteter Rohstoff direkt in einer technischen Anlage, Biogas- oder Kompostieranlage verwendet oder auf Böden ausgebracht werden (Art. 5 Abs. 2 Buchst. e EG-TierNebVO).

73

Gras- und Maissilage stellen keinen Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 bis 4 KrW-/AbfG dar (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.04.2010, a.a.O., RdNr. 4). Es handelt sich um landwirtschaftliche Produkte, die aus nachwachsenden (Primär-)Rohstoffen haltbar gemacht werden und auch als (hochwertige) Futtermittel verwendet werden können. Silage, Gärfutter oder Silo ist ein durch Milchsäuregärung konserviertes hochwertiges Futtermittel für Nutztiere, vor allem für Wiederkäuer (insbesondere das Hausrind). Es werden aber auch nachwachsende Rohstoffe, die als Energiequelle in Biogasanlagen dienen, durch Silierung haltbar gemacht (vgl. wikipedia zu Silage). Primärrohstoffe sind kein Abfall (vgl. Fluck, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 126; Breuer, in: Jarras/Petersen, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 81), auch wenn sie neben Sekundärrohstoffen in einem Verfahren eingesetzt werden. Gleiches gilt für landwirtschaftliche Produkte, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, wie etwa Mais- oder Grassilage. Im nunmehr geltenden § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG (vgl. zur neuen Ausnahmeregelung: BT-Drs. 17/6052, S. 69) werden nur solche anderen nicht gefährlichen landwirtschaftlichen Materialien genannt, die keine (nachwachsenden) Primärrohstoffe bzw. landwirtschaftlichen Produkte darstellen, wie etwa Stroh, Heu oder sonstige Pflanzenreste, wie Rübenblätter oder Gemüsestrünke.

74

cc) Die Biogasanlage fiel auch nicht in den Anwendungsbereich der Nr. 9.1.4 der Anlage 1 zum UVPG a.F. über die Errichtung und den Betrieb einer Anlage, die der Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern oder von Erzeugnissen, die brennbare Gase z.B. als Treibmittel oder Brenngas in Behältern enthalten, dient, mit einem Fassungsvermögen von 3 t bis weniger als 30 t, soweit es sich um Behältnisse mit einem Volumen von jeweils mehr als 1.000 cm3 handelt.

75

Den Schwellenwert von 3 t erreicht der im Dach des Fermenters befindliche Gasspeicher nicht. Er hat nach der Baubeschreibung (Bl. 106 der Beiakte A) ein Volumen von 1.851 m³. Legt man das gesamte Volumen des Speichers zugrunde, ergibt sich bei der von der Beigeladenen angegebenen Dichte von 1,2 kg/m³ eine Menge von 2.221,2 kg Biogas. Geht man von einer höheren Dichte von 1,3 kg/m³ aus, wie sie für den Regelfall angenommen wird (vgl. die Erläuterungen zur Berechnung der vorhandenen Masse von hochentzündlichem Biogas in Biogasanlagen zur Prüfung der Anwendung der StörfallV, Internet. http://www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf), ergibt sich eine Menge von 2.406,3 kg. Auch dieser Wert liegt noch deutlich unter dem Schwellenwert von 3 t, so dass auch bei Hinzurechnung von Gasmengen in den Rohrleitungen eine Überschreitung des Schwellenwerts ausgeschlossen werden kann. Deshalb bedarf keiner Vertiefung, ob entsprechend der in der Anlage 5.2 zum Bauantrag (Ermittlung der Lagerkapazität für Biogas, Beiakte A, B. 106) erfolgten Berechnung von einem deutlich geringeren anrechenbaren Gasvolumen (von nur 723 m³) und dem entsprechend von einem deutlich geringeren Gasgewicht (von nur 0,87 t) auszugehen ist (vgl. dazu die Ausführungen im Biogas-Handbuch von Monika Agatz vom Oktober 2014 im Abschnitt "Gaslagerung" / Ziffer 9.1", S. 13 f.; Internet: http://www.windenergie-handbuch.de/wp/wp-content/uploads/).

76

Für die Berechnung der Lagerkapazität der Biogasanlage muss das Volumen des Gasraums über dem Gärrestlager 1 schon deshalb außer Betracht bleiben, weil die Abdeckung dieses Lagers nicht Inhalt der Genehmigung ist, sondern nur ein nicht abgedecktes Gärrestlager genehmigt wurde. Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass nach dem Stand der Technik (VDI-Richtlinie 3475, Blatt 4) Gärrestbehälter gasdicht abzudecken sind, so dass die Kapazität eines gasdicht abgedeckten Gärrestlagers zugrunde zu legen sei. Abzustellen ist allein auf die Genehmigungslage. Der Umstand, dass eine Anlage, so wie sie genehmigt ist, nicht dem Stand der Technik entspricht, hat allenfalls die objektive Rechtswidrigkeit der Genehmigung zur Folge. Allein deshalb kann die Klägerin aber nicht die Aufhebung der Baugenehmigung beanspruchen. Das Merkmal des Stands der Technik, wie es etwa in dem dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot verwandten § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstanden wird, berührt aus sich heraus keine Nachbarrechte (OVG NW, Beschl. v. 29.08.2012 - 2 B 940/12 -, NuR 2014, 659, RdNr. 11 in juris). Die drittschützende Wirkung des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG - und des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots - erschöpft sich darin, die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu bewahren, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Das heißt nicht, dass jede Beeinträchtigung, die sich nach dem Stand der Technik vermeiden lässt, unabhängig von ihrem Grad als schädlich zu qualifizieren ist und vom Betroffenen abgewehrt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 25.08.1999 - BVerwG 4 B 55.99 -, BRS 62 Nr. 186, RdNr. 6; OVG NW, Beschl. v. 29.08.2012, a.a.O.). Die Klägerin vermag in diesem Zusammenhang nicht mit dem Einwand durchzudringen, mit der Rücknahme der Nebenbestimmung Nr. 8.10 zur Baugenehmigung nach Erhebung ihres Widerspruchs habe ihr eine Berufung auf die Verletzung drittschützender Vorschriften unmöglich gemacht werden sollen. Auch wenn der Beklagte diese Nebenbestimmung zurückgenommen haben sollte, um die Baugenehmigung verfahrensrechtlich zu "retten", ergibt sich allein hieraus kein Aufhebungsanspruch der Klägerin.

77

Im Übrigen dient die tatsächlich hergestellte Abdeckung über dem Gärrestlager 1 nicht der Lagerung von dort noch entstehendem weiterem Gas. Unter "Lagerung" wird allgemein die Aufbewahrung von Stoffen zwecks späterer Verwendung (oder Beseitigung) verstanden (vgl. OVG NW, Beschl. v. 26.10.2000 - 21 B 1468/00 -, NVwZ-RR 2001, 231; Jarass, BImSchG, 11. Aufl., § 3 RdNr. 76; Thiel, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II § 3 BImSchG RdNr. 93; Feldhaus, Immissionsschutzrecht, Bd. 2, Anhang Nr. 9 zur 4. BImSchV, RdNr. 27). Auch nach § 2 Abs. 6 Satz 1 GefahrstoffV (bzw. § 2 Abs. 5 Satz 1 GefahrstoffV a.F.) ist Lagern das "Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere". Die Abdeckung auf dem Gärrestlager 1 ist aber nur als emissionsmindernde Maßnahme konzipiert. Nach den Feststellungen des Sachverständigen beim Ortstermin ist der Gasraum über dem Gärrestlager 1 nicht in die Gasfassung eingebunden. Vielmehr wird das in diesem Lager noch entstehende Gas über eine Druckausgleichsöffnung nach außen abgeleitet.

78

2.1.1.2. Es war auch kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitbeteiligung nach § 10 BImSchG durchzuführen.

79

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 01.07.2005 - 4. BImSchV a.F. - wird das Genehmigungsverfahren durchgeführt nach § 10 BImSchG für a) Anlagen, die in Spalte 1 des Anhangs genannt sind, b) Anlagen, die sich aus in Spalte 1 und in Spalte 2 des Anhangs genannten Anlagen zusammensetzen, und c) Anlagen, die in Spalte 2 des Anhangs genannt sind und zu deren Genehmigung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

80

a) Die Erforderlichkeit eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung ergab sich nicht daraus, dass die Biogasanlage möglicherweise als Nebeneinrichtung zur Rinderhaltungsanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV a.F. einzustufen war mit der Folge, dass nur eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG hätte erteilt werden dürfen.

81

Die Frage, ob eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG oder im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG zu erteilen ist, bestimmt sich grundsätzlich danach, nach welchem Verfahren die zu ändernde Anlage zu genehmigen ist; dies richtete sich bis zum Inkrafttreten der Neufassung der 4. BImSchV vom 02.05.2013 (BGBl I S. 973) grundsätzlich danach, ob sie in Spalte 1 oder 2 des Anhangs zur 4. BImSchV in der bis zum 01.05.2013 geltenden Fassung aufgeführt war (vgl. Czajka, in Feldhaus, BImSchG, § 16 RdNr. 52; Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 16 BImSchG, RdNr. 142).

82

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470 [2473]) am 30.10.2007 und damit sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung am 28.07.2010 als auch im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 15.04.2011 waren Anlagen zur Haltung von Rindern in Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. nur noch in der Spalte 2 unter dem Buchstaben e) mit der Mengenschwelle „600 oder mehr Rinderplätze (ausgenommen Plätze für Mutterkuhhaltung mit mehr als sechs Monaten Weidehaltung im Kalenderjahr)“ aufgeführt. Gemäß Art. 3 Nr. 2 Buchstaben r) aa) ccc) dieses Änderungsgesetzes wurde Nr. 7.1 Spalte 1 im Buchstaben e) dergestalt geändert, dass die Angabe „350“ durch die Angabe „-“ ersetzt wurde (vgl. auch Ludwig, in: Feldhaus, 4. BImSchV, Anhang Nr. 7.1). Dies hatte zur Folge, dass solche Anlagen - auch schon vor Inkrafttreten der 4. BImSchV in der Fassung vom 02.05.2013 - den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des BImSchG über das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG unterfielen, sofern nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Buchstabe c) der 4. BImSchV a.F. eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen war. Letzteres war aber, wie bereits oben unter 2.1.1.1. dargestellt, nicht der Fall.

83

Da Rinderhaltungsanlagen nur in der Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. aufgeführt waren und sich die Biogasanlage - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - auch für sich genommen keinen der in der Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. genannten Vorhaben zuordnen ließ, ergab sich eine Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) der 4. BImSchV a.F.

84

b) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfiel auch nicht als selbständige Anlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG.

85

aa) Sie erreicht nicht die Leistungsgrenze, ab der Anlagen zur Wärme- und Energieerzeugung nach Nr. 1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - erst recht nicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung - bedurften.

86

Da das BHKW nach der Baubeschreibung (Bl. 128 Beiakte A) nur 426 kW thermische Leistung hat, ist eine Genehmigungspflicht nur nach Nr. 1.3 der Spalte 2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV a.F. in Betracht zu ziehen. Diese Regelung betrifft Anlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz anderer als in Nummer 1.2 genannter fester oder flüssiger Brennstoffe in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbinenanlage, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich zugehöriger Dampfkessel, mit einer Feuerungswärmeleistung von 100 Kilowatt bis weniger als 50 Megawatt. In der streitigen Anlage kommen jedoch keine festen oder flüssigen, sondern nur gasförmige Brennstoffe zum Einsatz. Da der Anlagentyp der Spalte 2 zugeordnet ist, ergäbe sich das Erfordernis eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG zudem gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c) des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. nur, wenn eine UVP-Prüfung erforderlich gewesen wäre. Die war aber - wie oben bereits dargelegt - nicht der Fall.

87

bb) Die Biogasanlage unterfiel auch keinem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungstatbestand als Anlage zur Verwertung von Abfällen und sonstige Stoffen unter der Nr. 8 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F..

88

Einschlägig war insbesondere nicht Nr. 8.6 Buchstabe b) des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. Diese Vorschrift betraf Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Anwendung fanden, mit einer Durchsatzleistung von 50 Tonnen Abfällen oder mehr je Tag (Spalte 1) bzw. mit einer Durchsatzleistung von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen Abfällen je Tag (Spalte 2). Wie oben bereits dargestellt handelt es sich bei den in der Biogasanlage zum Einsatz kommenden Stoffen nicht um (nicht gefährliche) Abfälle, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung fanden.

89

cc) Das Vorhaben der Beigeladenen war auch nicht nach Nr. 9.1 Spalte 2 b) des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. genehmigungspflichtig. Die Regelung betraf sonstige Anlagen zur Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 3 Tonnen bis weniger als 30 Tonnen. Diese Grenze erreicht die Anlage - wie oben bereits dargestellt - nicht. Da dieser Anlagetyp in Spalte 2 aufgeführt ist, hätte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG im Übrigen nur dann bestanden, wenn eine UVP-Pflicht bestanden hätte. Dies war aber aus den schon dargelegten Gründen nicht der Fall.

90

dd) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfiel schließlich nicht der Nr. 9.36 Spalte 2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. Die Vorschrift betraf Anlagen zur Lagerung von Gülle mit einem Fassungsvermögen von 6.500 Kubikmetern oder mehr. Zu Unrecht wendet die Klägerin ein, die Güllelager der Milchviehanlage hielten alleine eine Kapazität von 5.200 m³ vor und träten ergänzend neben dem Bruttovolumen des neuen Gärrestbehälters mit 4.487 m³ hinzu. In den Behältern soll künftig keine Gülle, sondern Gärrest gelagert werden. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht von Anlagen zur Lagerung von Gärresten wurde erst in Nr. 9.36 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV in der Fassung vom 02.05.2013 aufgenommen. Da dieser Anlagetyp in Spalte 2 aufgeführt ist, hätte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG im Übrigen nur dann bestanden, wenn eine UVP-Pflicht bestanden hätte. Dies war aber - wie oben bereits dargelegt - nicht der Fall.

91

2.1.2. Die Klägerin kann die Aufhebung der Baugenehmigung nicht allein deshalb beanspruchen, weil statt der Baugenehmigung möglicherweise eine immissionsschutzrechtliche (Änderungs-)Genehmigung zu erteilen gewesen wäre. Eine fehlerhafte Auswahl des durchzuführenden Genehmigungsverfahrens - hier eines Baugenehmigungsverfahren anstatt eines von der Klägerin für erforderlich gehaltenen immissionsschutzrechtlichen (Ände- rungs-)Genehmigungsverfahrens - bewirkt aus sich heraus keinen Abwehranspruch der Klägerin. Der Vorbehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, in dem die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden muss, ist nicht drittschützend (BVerwG, Urt. v. 05.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56/89 -, BVerwGE 85, 368 [372]; Urt. v. 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 [368 f.], RdNr. 41).

92

2.2. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt auch keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

93

2.2.1. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die streitige Biogasanlage im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert sei, weil sie dem Basisbetrieb rechtlich-organisatorisch nicht zugeordnet sei und sich damit nicht "im Rahmen eines Betriebs" nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 BauGB bewege. Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 - BVerwG 4 B 47.95 -, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Die Frage, ob eine Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert ist, hat allein objektiv-rechtliche Bedeutung; bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Privilegierung scheidet eine subjektiv-rechtliche Verletzung von Nachbarrechten aus (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 07.04.2016 - OVG 10 N 45.14 -, juris, RdNr. 8, m.w.N.).

94

2.2.2. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme. Sofern es sich bei der Biogasanlage - wie die Klägerin geltend macht - um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage handeln sollte, verstößt das Vorhaben auch nicht gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.

95

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Für den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne dieser Regelung ist auf § 3 Abs. 1 BImSchG zurückzugreifen (Beschl. d. Senats v. 22.10.2015, a.a.O., RdNr. 7, m.w.N.). Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 - BVerwG 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

96

Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 - BVerwG 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 - 9 A 2030/12 -, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.).

97

2.2.2.1. Das Grundstück der Klägerin ist keinen schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen ausgesetzt.

98

In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene TA Luft sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 - BVerwG 7 B 164.95 -, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Auch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen hat die TA Luft Bedeutung. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Nach Nr. 1 der TA Luft sollen, soweit im Hinblick auf die Pflichten der Betreiber von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG zu beurteilen ist, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen vorliegen, die in Nummer 4 festgelegten Grundsätze zur Ermittlung und Maßstäbe zur Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen herangezogen werden.

99

Nach Abschnitt 1 der TA Luft wird allerdings der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen in dieser Verwaltungsvorschrift nicht geregelt, sondern nur die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen. Dementsprechend bedeutet der Umstand, dass in Abschnitt 5 der TA Luft vorgesehene Mindestabstände (etwa zu Tierhaltungsanlagen) nicht eingehalten werden, noch nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt; nur - umgekehrt - ist die Einhaltung des Mindestabstandes ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB auftreten (vgl. Urt. d. Senats v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris, RdNr. 93, m.w.N.). Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 - BVerwG 4 B 29.10 -, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine - hinreichend verlässliche - Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O. RdNr. 95; Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 - 2 M 84/11 -, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O, RdNr. 95; OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 - 1 B 11320/13 -, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 - 15 CS 10.2131 -, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris). Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist.

100

2.2.2.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch den Betrieb der genehmigten Biogasanlage - gemessen an den Vorgaben der GIRL - insbesondere keiner erheblichen Belästigung durch Geruchsimmissionen ausgesetzt.

101

a) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt nach der Tabelle 1 in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen.Da der Außenbereich nach § 35 BauGB dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen allerdings Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O., RdNr. 96; vgl. auch OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 - 1 A 10972/07 -, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 21.12.2010 - BVerwG 7 B 4.10 -, NVwZ 2011, 433 [435], RdNr. 32 in juris), wonach bei städtebaulichen Konflikten in sog. Gemengelagen, also mit aufeinanderprallenden, unterschiedlichen Nutzungen, im Rahmen (und zur Umsetzung) des Rücksichtnahmegebots auch bei Geruchsimmissionen eine Art Mittelwert (der Richtwerte der benachbarten Baugebiete) zu bilden ist, der der Sache nach nicht das arithmetische Mittel zweier Richtwerte ist, sondern ein "Zwischenwert" für die Bestimmung der Zumutbarkeit. Dem entsprechend sehen auch die Begründung und die Anwendungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL vor, dass beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung in Abhängigkeit vom Einzelfall Zwischenwerte bis maximal 0,15 (der Jahresstunden) zur Beurteilung herangezogen werden können. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich - Ortsüblichkeit“ zudem davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinausgegangen werden.

102

Vor diesem Hintergrund hält es der Senat hier für gerechtfertigt, für das Grundstück der Klägerin den Immissionsrichtwert von 0,15 der Jahresstunden zugrunde zu legen. Denn das Grundstück befindet sich am Rand zum Außenbereich und ist zudem durch die Geruchsimmissionen der benachbarten, bereits zu DDR-Zeiten errichteten und über Jahrzehnte betriebenen Rinderhaltungsanlage erheblich vorbelastet.

103

Die Gesamtbelastung durch die Biogasanlage und die Rinderhaltungsanlage liegt indes nach dem Gutachten des vom Gericht beauftragten Sachverständigen vom 21.04.2016 in der Fassung der Ergänzung vom 13.09.2016 zwischen 10,4 % der Jahresstunden (Wetterdaten der Wetterstation Halle-Kröllwitz) und 14,7 % der Jahresstunden (Wetterdaten der Wetterstation Flughafen Leipzig/Halle) und unterschreitet damit den Wert von 15 % der Jahresstunden.

104

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Vorbelastung könne nur dazu führen, dass sie nur landwirtschaftliche Gerüche über dem Wert von 10 % der Jahresstunden hinnehmen müsse, die Biogasanlage aber andersartige Gerüche verursache. Zum einen sind die Gerüche, die von der streitigen Biogasanlage ausgehen, mit Gerüchen aus der Landwirtschaft vergleichbar. Auch in der Landwirtschaft sind Gerüche durch die in der Biogasanlage der Beigeladenen zum Einsatz kommenden Inputstoffe Gülle, Mist und Silage typisch. Auch Gärreste werden in der Landwirtschaft auf den Feldern ausgebracht. Die Gerüche durch das BHKW haben dagegen - wie das eingeholte Gutachten belegt - nur einen verhältnismäßig geringen Anteil an der Gesamtbelastung. Zum anderen beträgt die Geruchsbelastung durch die streitige Biogasanlage für sich betrachtet nach dem Gutachten in der ergänzten Fassung vom 13.09.2016 zwischen 5,8 und 7,5 % der Jahresstunden und liegt damit für sich betrachtet unter dem Immissionsrichtwert der GIRL für Wohngebiete von 10 % der Jahresstunden.

105

b) Das eingeholte Sachverständigengutachten in seiner ergänzten Fassung vom 13.09.2016 lässt auch keine Fehler erkennen, die zu seiner Unverwertbarkeit führen.

106

aa) Dies gilt insbesondere für die Ermittlung der vom Gärrestlager 1 ausgehenden Geruchsemissionen.

107

Der Sachverständige hat bei seiner ursprünglichen Berechnung zwar zunächst die tatsächliche Bauausführung dieses Gärrestlagers zugrunde gelegt und ist dem entsprechend davon ausgegangen, dass aufgrund der Abdeckung mit Druckausgleichsöffnung von einer 90%-igen Minderung der Geruchsemissionen auszugehen sei. Für die Frage, ob die Baugenehmigung rechtswidrig ist und nachbarschützende Rechte verletzt, ist aber nicht die tatsächliche Bauausführung maßgeblich. Abzustellen ist vielmehr darauf, welchen Inhalt die Baugenehmigung hat. Nach den genehmigten Bauvorlagen, die den Inhalt der Baugenehmigung bestimmen, sollte das Gärrestlager ohne Abdeckung errichtet werden. Die der Baugenehmigung beigefügte Auflage Nr. 8.10, dass das Gärrestlager mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen ist, nahm der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.09.2011 zurück.

108

Der Sachverständige hat jedoch auf Anforderung eine neue Ausbreitungsrechnung vorgenommen, die nunmehr davon ausgeht, dass das Gärrestlager 1 ohne Abdeckung betrieben wird (vgl. die ergänzende Stellungnahme/Berechnung vom 13.09.2016). Er hat dabei, um auf der "sicheren Seite" zu sein, den Konventionswert von 1,5 GE/(m²/s) zugrunde gelegt, der in der vom Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg erstellten Geruchsemissionsfaktorenliste mit Stand vom März 2015 (Internet: http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/emissionsfaktoren.pdf) - nachfolgend: GE-Faktorenliste - aufgeführt ist, obwohl er diesen Wert nach seiner Einschätzung und seinen Erfahrungen für zu hoch hält.

109

Unbegründet ist der Einwand der Klägerin, es könne nicht auf diesen Konventionswert zurückgegriffen werden, weil er nur für Gärrestlager mit einer 10 cm starken Schwimmdecke auf Gärresten gelte. Nach der in den Bauvorlagen enthaltenen Verfahrensbeschreibung (Bl. 123 der Beiakte A) soll sich als Abschluss der Gärreste auf der Oberfläche des Endlagers eine Schwimmschicht bilden, die dadurch entsteht, dass in den Gärresten die durch die Inputstoffe in den Prozess eingebrachten Pflanzenfasern noch vorhanden sind. Die Befürchtung der Klägerin, dass die Bildung einer 10 cm starken Schwimmschicht aufgrund der täglichen Beschickung mit 60 t Input, des ständigen Aufrührens und der kurzen Verweildauer nicht gewährleistet sei, hat der Gutachter entkräftet. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 hat er angegeben, aus Erfahrungen mit anderen Anlagen sei zu erwarten, dass sich bei der genehmigten Einsatzstoffzusammensetzung eine stabile Schwimmdecke mit deutlich mehr als 10 cm Stärke ausbilde, sofern das Gärrestlager nicht aufgerührt werde. Soweit sich die Schwimmdecke nicht mehr im Nahbereich des Zulaufs befinde, der bei offenen Behältern nahe dem Behälterboden liegen sollte, werde sie durch die quasikontinuierliche Zuführung von Gärsubstrat aus dem Fermenter nicht beschädigt, sondern angehoben. Erfahrungsgemäß rieche ausgefaulter Gärrest, der eine Schwimmdecke aus abgetrockneten Maisresten aufweise, fast gar nicht. In der weiteren Betrachtung werde kein zusätzlicher Ansatz für die Ausbringphasen gemacht, weil der Konventionswert bereits deutlich auf der sicheren Seite liege. Die Emissionen seien nicht aus theoretischen Betrachtungen zum Restgaspotenzial ableitbar. Dieses Potenzial könne nur genutzt werden, wenn die für die Lebensbedingungen für die am Biogasprozess beteiligten Mikroorganismen optimal sind. Da in offenen unisolierten Behältern die Temperatur näher an der Umgebungstemperatur (ca. 10° C) als an der optimalen Temperatur für die Mikroorganismen (ca. 40° C) liege, breche die eigentliche Biogasproduktion beim Übertritt in das offene Lager zusammen. Ferner würden gebildete Produkte nicht abgeführt, da die Behälter nicht gerührt würden; dies wirke sich ebenfalls hemmend aus. Im Übrigen sei die hier gegebene mittlere hydraulische Verweilzeit von rund 58 Tagen nicht als kurze Verweilzeit zu betrachten.

110

Auch der im Schriftsatz vom 20.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung geäußerte Einwand der Klägerin, es seien nach der Verfahrensbeschreibung Rührvorgänge erforderlich, die die Bildung einer (ausreichenden) Schwimmschicht hindere, verfängt nicht. Nach der dem Bauantrag beigefügten Verfahrensbeschreibung (Bl. 124 der Beiakte A) sollen zwar mehrere Tauchmotorrührwerke im Endlager dafür sorgen, dass sich aus den Sink- und Schwebstoffen keine Ablagerungen im Endlager im Boden- und Wandbereich bilden, welche ein Abpumpen der Gärreste verhindern würden. Auch heißt es in den von der Klägerin zitierten "Empfehlungen für die Auswahl von Rührwerken für Gärbehälter und Gärrestlager" (Nr. IV - 10/2014 [2. Auflage]) des Biogasforums Bayern (Internet: http://www.biogas-forum-bayern.de/.../Empfehlungen) im Abschnitt "Basisinformation zur Rührtechnik für Gärbehälter und Gärrestlager", dass in den Gärbehältern und Gärrestlagern einer Biogasanlage das Rühren der Suspension zum Ausgleich von Temperatur- und Konzentrationsunterschieden im Gärgemisch, zur Vermischung von Feststoffen und Flüssigkeiten, zur Vermeidung der Bildung von Schwimm- und Sinkschichten, zur Verbesserung des Wärmeaustauschs an den Heizflächen und zur Erleichterung des Gasaustritts aus dem Gärgemisch erfolge. Dies bedeutet aber nicht, dass mit Rührvorgängen während der Lagerung der Gärreste die darüber befindliche Schwimmschicht regelmäßig beseitigt wird. In diesen Empfehlungen ist in Abschnitt 3.1 auch die Funktionsweise von Tauchmotorrührwerken u.a. wie folgt beschrieben:

111

"Der Rührflügel (Propeller) bildet mit dem Elektromotor eine Einheit, die komplett in das zu durchmischende Medium eintaucht. Daher muss das gesamte Rührwerksgehäuse druckwasserdicht und korrosionsfest ausgeführt (…) sein. Das Rühraggregat ist an einer vertikal angeordneten Führungsstange befestigt und kann an dieser mit Hilfe einer Seilwinde in der Höhe verstellt werden. Optional kann die Führungsstange mithilfe einer Kurbel nach rechts oder links geschwenkt und damit die Wirkrichtung des Rührwerks verändert werden. Manche Hersteller bieten auch die Möglichkeit an, das Rührwerk mithilfe eines Steckbolzens um 30 ° nach oben und unten zu schwenken…"

112

Dies bedeutet, dass der Einsatz eines Tauchmotorrührwerks nicht zwingend die Beseitigung der Schwimmschicht zur Folge hat, sondern auch unter der Schwimmschicht zum Einsatz kommen kann. Von einer Beseitigung der Schwimmschicht ist in der Verfahrensbeschreibung der Beigeladenen, die Inhalt der Baugenehmigung ist, nicht die Rede. In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter zudem überzeugend dargelegt, dass die Schwimmschicht in Gärrestlagern nach seinen Erfahrungen und sinnvollerweise erst dann durch ein Aufrühren beseitigt wird, wenn die Gärreste nach der erforderlichen Verweilzeit ausgebracht werden sollen. Dann erst entstünden auch stärkere Gerüche. Die Gerüche in der Ausbringphase sind aber nach der Einschätzung des Gutachters durch den auf der "sicheren Seite" liegenden Konventionswert abgedeckt.

113

bb) Auch die Bewertung der Geruchsemissionen, die von den bereits vorhandenen, zuvor als Güllebehälter genutzten Gärrestlagern 2 und 3 ausgehen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Auch bei diesen Lagern ist der Gutachter davon ausgegangen, dass eine ausreichende Schwimmschicht vorhanden ist. Dies entspricht den Feststellungen, die er im Rahmen der Ortsbesichtigung getroffen hat. Danach sei der Gärrestebehälter 2 zum Zeitpunkt des Ortstermins voll gewesen und habe eine dicke braune Schwimmdecke aufgewiesen. Der Gärrestebehälter 3 sei beim Ortstermin etwa zu einem Drittel bis zur Hälfte voll gewesen; die Schwimmdecke sei oberflächlich trocken und teilweise bewachsen gewesen. Im Bereich oberhalb der Substratzuführung sei die Schwimmdecke schwarz gewesen, was darauf hindeute, dass die Schwimmdecke in diesem Bereich zeitweilig beschädigt werde. Spezifische Gerüche seien im Umfeld der Lagerbehälter nicht feststellbar gewesen. Dies decke sich mit einer Messung an der Biogasanlage (S.), bei der unter anderem die offenen Gärrestlager untersucht worden seien. Dort habe sich bei geschlossener abgetrockneter Schwimmdecke kein anlagenspezifischer Geruch feststellen lassen. Da nicht auszuschließen sei, dass derartige Materialien nach Niederschlagsereignissen etwas riechen oder wie erkennbar sich gelegentlich ein begrenztes Leck in der Schwimmdecke bilde, werde im Jahresmittel von einer schwachen Emission ausgegangen, die durch einen Wert von 500 GE/(m² · h) abgeschätzt werde. Um die Bedingungen beim Aufrühren zu untersuchen, sei ein Behälter in (S.) gezielt aufgerührt worden. Bei der Messung durch eine Fahnenbegehung sei eine Geruchsschwellenentfernung von 75 bis 100 m ermittelt worden. Die Quellstärke des untersuchten 23-m-Behälters habe ca. 1 * 106 GE/h betragen. Dies entspreche einer spezifischen Quellstärke von 2.500 GE/(m² . h). Für die rechnerische Abschätzung habe er den Schätzwert für ruhendes Substrat für 9 Monate angesetzt und für die Ausbringmonate März, April und August den Messwert für den aufgerührten Behälter.

114

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, der vom Sachverständigen angesetzte Wert von 500 GE/(m² · h) betrage nur ein Zehntel des in der GE-Faktorenliste angenommenen Werts von 1,5 GE/(m² · s) = 5.400 GE/(m² · h), der bereits vom Vorhandensein einer Schwimmschicht ausgehe. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 sowie in der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter nochmals ausgeführt, dass beim Ortstermin im Umfeld der Gärrestlager 2 und 3 vor der Hintergrundbelastung durch die Tierhaltung keine spezifischen Gerüche wahrgenommen worden seien, was auch Erfahrungen mit anderen Biogasanlagen entspreche. Da in die nachgelagerten Behälter 2 und 3 kälteres Substrat aus dem Gärrestlager 1 gepumpt werde, seien dort auch theoretisch geringere Emissionen zu erwarten. Eventuell zeitweise höhere Emissionen aus der kleinen Teilfläche von ca. 1 bis 2 m² wirkten sich im Rahmen der Schätzgenauigkeit nicht aus. Aufgrund dieser speziellen, vom Gutachter vor Ort ermittelten Bedingungen an den Gärrestlagern 2 und 3 erscheint es plausibel, vom Konventionswert von 1,5 GE/(m . s) abzuweichen.

115

cc) Auch die Bewertung der Emissionen im Bereich der Rohstofflagerung in den Fahrsilos ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat der Sachverständige für die Maissilage den in der Praxis allgemein üblichen Wert von 3 GE/(m² . s) zugrunde gelegt, obwohl die Mehrzahl der Messwerte eher bei 2,5 GE/(m² . s) liege. Er hat weiter ausgeführt, der von ihm gewählte Ansatz mit einem dreifach höheren Wert für zwei Stunden berücksichtige das Emissionsverhalten für die eigentliche Entnahme und die Anfangsphase der Abklingkurve tendenziell leicht überschätzend. Für die Grassilage hat er den allgemein gebräuchlichen Rechenwert der VDI-Richtlinie 3894 von 6 GE/(m² . s) und den dreifachen Wert von 18 GE/(m² . s) für zwei Stunden am Tag zugrunde gelegt. Nach den Feststellungen, die der Gutachter in dem von ihm durchgeführten Ortstermin getroffen hat (vgl. S. 16 des Gutachtens), waren zum Zeitpunkt des Ortstermins im hinteren Bereich der jeweiligen Kammer mit einer Höhe von jeweils 2,5 m drei Anschnitte vorhanden. Zur Berechnung der Geruchsemissionen für die Silagelagerung hat er eine Maissilage-Anschnittsfläche und eine Grassilage-Anschnittsfläche von jeweils 14 m Breite und 4 m Höhe (56 m²) zugrunde gelegt, die die mittleren Jahresbedingungen abdeckten.

116

Der Zugrundelegung von nur zwei Anschnittsflächen für Maissilage und Grassilage kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, im Zeitpunkt des Ortstermins seien nicht nur zwei, sondern drei Kammern belegt gewesen. Würde man die tatsächlich vorgefundenen drei Anschnittsflächen von jeweils 14 m x 2,5 m zugrunde legen, ergäbe sich eine Fläche von insgesamt 105 m². Die vom Gutachter unter "mittleren Jahresbedingungen" angenommene Gesamtfläche beträgt 112 m² und liegt damit geringfügig über der der Berechnung zugrunde gelegten Fläche.

117

Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, bei der Bewertung der Geruchsemissionen durch die Mais- und Grassilage habe der Gutachter fehlerhaft den "Vorschub" nicht berücksichtigt, obwohl bei der Entnahme nicht glatt abgeschnitten werde, sondern die Folie über die Silage hinweg einige Meter zurückgeschlagen werde. Die Nebenbestimmung Nr. 8.8 der Baugenehmigung, die hier maßgeblich ist, schreibt vor, dass die Inputstoffe, die im Fahrsilo gelagert werden, abzudecken sind und die Anschnittsfläche möglichst klein zu halten ist. Dies erlaubt es der Beigeladenen nicht, außerhalb der Entnahmevorgänge die Abdeckfolie auf der in den Fahrsilos gelagerten Silage um mehrere Meter zurückschlagen. Nicht stichhaltig ist insoweit der im Schriftsatz vom 20.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand der Klägerin, nach einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Abschlussbericht "Repowering von Biogasanlagen - Maßnahmen zur Effizienzsteigerung für den vorhandenen Anlagenbestand" des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik vom 05.12.2015 (Internet: http://www.energetische-biomassenutzung.de/fileadmin/user_upload/) sei ein gewisser "Vorschub" erforderlich und entspreche daher auch gängiger Praxis. In diesem Bericht wird zunächst (S. 67 f.) darauf hingewiesen, dass eine sorgfältige Siloabdeckung unverzichtbar sei, um Lagerverluste zu minimieren. Mangelhafte/fehlende Abdeckung führe zu Lufteintritt, insbesondere an Rändern und Oberflächen. Folge seien Energieverluste durch Atmungsstoffwechsel aerober Mikroorganismen (Nacherwärmung), Nährstoffauswaschung, Verpilzung und Schimmelbildung. Auch der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es wichtig sei, durch eine Abdeckung der Silage das Eindringen von Luft so weit wie möglich zu verhindern. Im Bericht des Fraunhofer-Instituts heißt es im Abschnitt "Sinnvolle Entnahme" (S. 69) weiter, bei der Entnahme dringe Luft, d.h. Sauerstoff, in den Silostock ein und ermögliche die Vermehrung aerob lebender Hefen und Schimmelpilze, die während der Lagerung überdauert haben. Je tiefer der Lufteintritt, desto stärker seien Nacherwärmung und Schimmelbildung. Sie führten zu Energieverlusten und riefen biologische Prozessstörungen in der Biogasanlage hervor. Aus diesen Gründen sollte die Anschnittsfläche dem Silageverbrauch unbedingt so angepasst werden, dass ausreichend Vorschub (ca. 1 - 1,5 m/Tag im Winter, ca. 2 - 2,5 m/Tag im Sommer) bei möglichst kleiner Anschnittsfläche gegeben ist. Auch die richtige Entnahmetechnik (Blockschneider, Schneidschild) helfe den Lufteintritt ins Silo zu minimieren. Die Forderung nach einem "Vorschub" bedeutet damit gerade nicht, dass der an der Anschnittsfläche liegende (vordere) Teil der Silage außerhalb der Entnahmevorgänge oder gar längere Zeit unabgedeckt bleiben soll. Mit ausreichendem "Vorschub" ist in diesem Zusammenhang nur gemeint, dass von der Silage eine bestimmte Strecke pro Tag abgeschnitten werden sollte, um die Verluste durch Lufteintritt in die Silage zu minimieren.

118

Es begegnet auch keinen Bedenken, dass der Sachverständige einen allgemein üblichen 10%-igen Zuschlag deshalb nicht angesetzt hat, weil sich die Anlage im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung in einem "vorbildlich sauberen Zustand" befunden hat, dieser Zustand aber möglicherweise nicht immer oder nur zeitweilig anzutreffen ist. Nach den Anmerkungen zur GE-Faktorenliste ist bei Biogasanlagen ein pauschaler Zuschlag in Höhe von 10 % der diffusen Emissionen (kontinuierlich und zeitlich gewichtet) für Verschmutzungen, Transport- und Umschlagvorgänge zu erheben (Sicherheitszuschlag). Nach den Feststellungen des Gutachters entstehen Emissionen dieser Art in der Anlage der Beigeladenen durch verhältnismäßig viel Silagesickersaft, den Umsatz von Hühnermist und Rinderfestmist und die Zwischenlagerung von Silage aus anderen Lagern. Dafür hat er stattdessen eine Ersatzquelle mit einem Geruchsstoffstrom von 0,40 . 106 GE/h angesetzt.

119

dd) Nicht durchschlagend ist die Rüge der Klägerin, die dem Feststoffdosierer zuzurechnenden Emissionen habe der Gutachter fehlerhaft berechnet, weil er von einer Oberfläche der Behälteröffnung von 25 m² ausgegangen sei, obwohl diese nach den Bauvorlagen 28 m² und nach der Immissionsprognose vom 07.10.2010 sogar 28,5 m² betrage. Nach der Anlage zur Baubeschreibung (Beiakte A, Bl. 110) hat der Trioletbunker eine Breite von 9,50 m und eine Breite von 2,98 m, so dass sich bei einem Rechteck eine Fläche von 28,31 m² ergäbe. Diese Angaben beziehen sich auf den Trioletbunker des Typs Solomix 3 - 6000 mit einem Inhalt von 60 m³ (vgl. Beiakte A, Bl. 188), der in der Anlage zur Baubeschreibung angegeben wurde. Da jedoch die Öffnung des Trioletbunkers eine ovale Form hat, ist deren Oberfläche geringer als die eines Rechtecks. Im Übrigen würde sich eine in diesem Rahmen zu klein angesetzte Oberfläche der Behälteröffnung nur marginal auf die Gesamtemissionen der Biogasanlage auswirken.

120

Die Klägerin macht ferner geltend, es sei - wie in der GE-Faktorenliste vorgesehen - eine Expositionsdauer von vier Stunden anzusetzen, weil allein zum Befüllen zwei Stunden angesetzt werden müssten und die Beförderung aus dem Dosierer in den Fermenter auch eine bestimmte Zeit in Anspruch nehme, während die Inputmenge bewegt werde. Dem Gutachten ist indes nicht zu entnehmen, dass der Sachverständige insoweit denselben zeitlichen Ansatz wie für die Entnahme der Silage aus den Kammern der Fahrsilos gewählt hat. Vielmehr ist er pauschal von einem konstanten Ansatz von 6 GE/(m² . s) ausgegangen.

121

ee) Die Klägerin rügt auch zu Unrecht, der Gutachter habe für das BHKW einen spezifischen Emissionsfaktor von 2.000 GE/m³ gewählt, obwohl die ursprüngliche Immissionsprognose vom 07.10.2010 - wie in der GE-Faktorenliste vorgesehen - einen Wert vom 3.000 GE/m³ zugrunde gelegt habe. Der Gutachter hat seinen Ansatz von 2.000 GE/m³ in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 plausibel damit begründet, dass dieser den Randbedingungen möglichst nahe kommen solle. Der Ansatz von 3.000 GE/m³ im Prognosegutachten entspreche einer Empfehlung, die aus einer Messung an Motoren unterschiedlicher Baugröße hervorgegangen sei und wiederum eine konservative Abschätzung zur sicheren Seite von Prognosegutachten darstelle. Da der TÜV Nord hausintern Emissionen von 800 bis 1.500 GE/m³ an Motoren von 500 bis 800 kW bestimmt habe, liege der Ansatz von 2.000 GE/m³ noch auf der sicheren Seite. Zudem seien trotz der nicht den Anforderungen der TA Luft entsprechenden Ableitung auch von der Klägerin keine Wahrnehmungen von verbrennungs- bzw. schwimmbadähnlichen Gerüchen (NOx) angegeben worden, so dass davon auszugehen sei, dass der Motor - wie bei anderen dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen - nicht zur Geruchsbelastung im Umfeld beitrage.

122

Im Übrigen würde sich bei einem Ansatz von 3.000 GE/m³ der Geruchsstoffstrom von 3,44 . 106 GE/h auf 5,16 . 106 GE/h, also um lediglich 1,72 . 106 GE/h und damit im Verhältnis zu der vom Gutachter ermittelten Gesamtbelastung von 15,04 . 106 GE/h durch die Biogasanlage und 44,9 . 106 GE/h durch die Milchviehanlage (zusammen 59,94 . 106 GE/h) nicht entscheidend erhöhen.

123

ff) Die Klägerin beanstandet auch ohne Erfolg, dass im Gutachten die Disposition von Schwefelwasserstoff nicht explizit angesprochen werde. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass sich die Geruchsemissionen erfahrungsgemäß nicht von Konzentrationen von Einzelkomponenten ableiten lassen, sondern bei der Messung von Gerüchen die erforderliche Verdünnung des Stoffgemischs olfaktometrisch ermittelt werde. Bei der Messung von purem Biogas werde in der Regel Schwefelwasserstoff als eine wesentliche Geruchskomponente wahrgenommen.

124

gg) Der Berechnung der Geruchsimmissionen liegen auch geeignete Wetterdaten zugrunde. Da es für den Standort der Anlage keine konkreten Wetterdaten gibt, hat der Gutachter die meteorologischen Daten der geografisch nächstgelegenen Wetterstation Halle-Kröllwitz und der vom DWD im südlichen Sachsen-Anhalt in der Regel empfohlenen Wetterstation Leipzig-Schkeuditz (Flughafen) herangezogen, die gewisse Unterschiede aufweisen, und alternative Ausbreitungsrechnungen durchgeführt. So weise die Windrichtungsverteilung bei der Wetterstation Leipzig deutlich mehr Südwinde auf, die gerade in vorliegenden Fall von Bedeutung sind. Andererseits weise diese Station weniger Schwachwinde auf als die Station Halle-Kröllwitz. Die mittlere Windgeschwindigkeit der meteorologischen Zeitreihe der Station Halle-Kröllwitz für das Jahr 2002 betrage nur 2,25 m/s und sei somit erheblich geringer als am Standort der Anlage zu erwarten. Die mittlere Windgeschwindigkeit der meteorologischen Zeitreihe der Station Leipzig-Schkeuditz für das Jahr 2006 betrage hingegen 4,3 m/s und sei deutlich höher als am Standort der Anlage zu erwarten. Es sei daher davon auszugehen, dass beide Datensätze die tatsächlich am Standort herrschenden Bedingungen nur in einer Näherung beschreiben. Dennoch ergäben sich bei den Berechnungen mit beiden Datensätzen keine gravierend abweichenden Ergebnisse. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Geruchsimmissionen zwischen 10,4 und 14,7 % der Jahresstunden liegen. Beide Werte liegen, wie oben bereits ausgeführt, noch unterhalb des hier maßgeblichen Immissionswerts von 15 % der Jahresstunden.

125

2.2.2.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniakimmissionen.

126

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft).

127

Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich. Damit kann sich ein Nachbar allenfalls dann auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen, wenn er Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) ist (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O., RdNr. 130, m.w.N.). Dies trifft auf die Klägerin nicht zu. Nicht stichhaltig ist ihr Einwand, bereits im September/Oktober 2012 hätten sich die Nadeln des in ihrem Vorgarten vorhandenen 1 m hohen Juniperus (Wacholder), der aufgrund seiner Empfindlichkeit ein Schadstoffanzeiger sei, stellenweise gelb gefärbt. Die eventuelle Schädigung einer möglicherweise ammoniak- bzw. stickstoffempfindlichen Pflanze in einem Vorgarten begründet noch keine erheblichen Nachteile für die Nachbarschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG. Hier ist auch in Rechnung zu stellen, dass bereits vor Inbetriebnahme der Biogasanlage eine erhebliche Vorbelastung mit Ammoniak durch die bereits vorhandene Milchviehanlage bestanden hat.

128

2.2.2.1.3. Das Grundstück der Klägerin wird auch keinen schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Schwefelwasserstoff-Immissionen sowie mögliche Brände und Explosionen in der Biogasanlage ausgesetzt.

129

Die Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat im November 2014 eine Arbeitshilfe "Szenarienspezifische Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18" (KAS-32) erstellt und im November 2015 überarbeitet. Darin wird festgehalten, dass das Biogas neben den Hauptbestandteilen Methan und Kohlendioxid weitere Gase enthalte, von denen Schwefelwasserstoff aufgrund seiner Toxizität und den geringen Beurteilungswerten für störungsbedingte Immissionen relevant sei. Die Konzentration von Schwefelwasserstoff sei insbesondere vom eingesetzten Substrat abhängig, und dem entsprechend variierten die Literaturangaben im Bereich von 0,02 bis 2 Vol.-% Schwefelwasserstoff. Nach dem Leitfaden KAS 18 sei für die Bewertung von toxischen Gefährdungen der ERPG-2-Wert heranzuziehen. Für Schwefelwasserstoff betrage er 30 ppm. Darauf aufbauend wurde in der KAS-32 für die Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse ein "Achtungsabstand" formuliert. Seine Bemessung erfolgte auf der Basis einer angenommenen Freisetzung von Biogas durch das Versagen eines Foliensystems auf einem Fermenter oder Gärrestlagerbehälter. Aus dem Vorsorgegedanken heraus wurde eine nicht auszuschließende Biogaszusammensetzung von 75 Vol.-% Methan, 2 Vol.-% Schwefelwasserstoff und 23 Vol.-% Kohlendioxid angenommen. Das für die Bauleitplanung verwendete Szenario sollte ein Dennoch-Szenario sein, in dem ein größerer Massenstrom freigesetzt wird, als dies bei einem vernünftigerweise nicht auszuschließenden Szenario wie z.B. einer Flanschleckage oder dem Ansprechen einer Druckentlastungseinrichtung der Fall ist. Weiterhin sollte das Szenario nicht die Freisetzung der gesamten zusammenhängenden Masse innerhalb kurzer Zeit unterstellen, da solche Szenarien für die externe Notfallplanung verwendet werden. Bei heute üblichen größeren Behälterdurchmessern der Fermenter und Gärrestlager erschienen Risse in Foliensystemen in Längen von mehreren Metern plausibel. In einer Tabelle wurden für einige Leckflächen die berechneten Massenströme zusammengestellt. Hierbei wurden ein Betriebsüberdruck von 5 mbar und eine Temperatur von 20 °C vorausgesetzt. Im Leitfaden KAS 18 sei für die Ausflussziffer ein scharfkantiges Leck mit einem Wert von 0,62 angesetzt worden. Da keine Angaben über die Ausflussziffer bei einem Leck in einer Folie vorlagen, wurde konservativ ein Wert von 1 für die Berechnungen verwendet. Im Leitfaden KAS 18 wurde eine Freisetzungsdauer von 10 Minuten vorausgesetzt. Die Gasmengen im Fermenter und im Gärrückstandslager lägen typischerweise im Bereich von 3.000 kg bis 8.000 kg. Unter der Annahme, dass die Gesamtmenge eines Behälters innerhalb von 10 Minuten freigesetzt werde, ergäben sich damit Massenströme zwischen 5 kg/s bis 13 kg/s. Aus Schadensereignissen sei aber auch bekannt, dass sich die Folienabdeckung auch über größere Bereiche von den Behältern lösen könne, z.B. durch Versagen des Klemmschlauchs. Sofern bekannt sei, dass die Befestigung der Folie mit Hilfe der Klemmschlauchtechnik erfolge oder nicht ausgeschlossen werden solle, werde abweichend von der nachfolgenden Konvention eine Leckgröße von 1 m² und daraus resultierend ein Achtungsabstand von 250 m empfohlen. Es werde als Leckfläche für Biogasanlagen 0,6 m² (Risslänge: 3 m; mittlere Breite: 0,2 m) festgelegt. Die daraus resultierende Freisetzungsrate liege auch in der Größenordnung, wie sie für Stoffe, für die die Standardleckfläche von 490 mm² festgelegt worden sei (Ausnahme gasförmiges Fluor), ermittelt worden sei (4,3 kg/s und 25 kg/s). Der ERPG-2-Wert für Schwefelwasserstoff von 30 ppm werde in einer Entfernung von ca. 200 m unterschritten, so dass der Achtungsabstand 200 m (Abstandsklasse I) betrage. Mit diesem Abstand seien auch mögliche Einwirkungen durch Brände und Explosionen abgedeckt.

130

Die Arbeitshilfe KAS-32 der Kommission für Anlagensicherheit, einem nach § 51a Abs. 1 BImSchG beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gebildeten Gremium, kann als Orientierungshilfe für Gefahren beim Betrieb von Biogasanlagen durch Freisetzung von Schwefelwasserstoff, Brände und Explosionen sowie den unter Vorsorgegesichtspunkten gebotenen Abstand insbesondere zu Wohngebieten herangezogen werden. Sie baut auf dem von einer Arbeitsgruppe der Kommission für Anlagensicherheit erarbeiteten Leitfaden "Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung von § 50 BImSchG" - KAS-18 auf. Wesentliche Grundlage dieses Leitfadens bildete nach der Vorbemerkung ein vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenes Gutachten, bei dem Behördenvertreter, Betreiber und Gutachter über ihre Erfahrungen in der Anwendung des Leitfadens befragt wurden. Zwar wird in der KAS-18 in Anhang 2 für den Stoff Schwefelwasserstoff ein Abstand von 797 m empfohlen. Jedoch befasst sich die Arbeitshilfe KAS 32 in Abschnitt 1 speziell mit Gefährdungen durch Biogasanlagen. Im Abschnitt 1.1 (Problemstellung) wird ausgeführt, wesentliche Unterschiede zu üblichen Prozessanlagen seien bei Biogasanlagen die Verwendung von Folien und Membranen als Umschließung für das Biogas sowie der geringe Innendruck in den Anlagen zur Biogasherstellung. Aufgrund von Konstruktion, Auslegung, Materialeigenschaften, insbesondere der wesentlich geringeren Festigkeit gegenüber Anlagenauslegungen in Chemieanlagen, resultierten größere Austrittsflächen und in Folge dessen andere Gasausbreitungen. Daher sei eine separate Bewertung dieses Anlagentyps analog der Vorgehensweise im Leitfaden KAS-18 erforderlich. Wird der - unter Vorsorgegesichtspunkten ermittelte - "Achtungsabstand" eingehalten, ist auch davon auszugehen, dass die Anlage weder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG noch sonstige Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorruft.

131

In Anwendung dieser Grundsätze wird das Grundstück der Klägerin durch den Betrieb der streitigen Biogasanlage weder schädlichen (toxischen oder gesundheitsgefährdenden) Einwirkungen durch Schwefelwasserstoff noch Gefahren durch Brände oder Explosionen ausgesetzt. Denn der geringste Abstand zwischen der Biogasanlage und dem Grundstück der Klägerin beträgt ca. 240 m. Sind selbst bei Störfällen Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Schwefelwasserstoff bei Einhaltung des empfohlenen Abstandes nicht anzunehmen, gilt dies erst recht für den Normalbetrieb, bei dem deutlich geringere Mengen dieses Stoffes freigesetzt werden (können). Nicht durchschlagend ist der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand der Klägerin, in der zweiten überarbeiteten Fassung sehe die KAS-32 einen größeren Abstand als 200 m vor. Auch nach der zweiten Fassung vom November 2015 beträgt der in Abschnitt 1.3.3. empfohlene "Achtungsabstand" grundsätzlich 200 m. Nur bei Befestigung der Folie mit Hilfe der sog. Klemmschlauchtechnik beträgt er 250 m. Die Klemmschlauchtechnik wird aber bei der hier zum Einsatz kommenden Tragluftabdeckung des Fermenters nach den genehmigten Bauvorlagen (vgl. die Unterlage "Gasdichte Behälterabdeckungen" - Beiakte A, Bl. 182) nicht angewandt. Zudem würde dieser - wiederum unter Vorsorgegesichtspunkten empfohlene - höhere "Achtungsabstand" hier nur ganz geringfügig unterschritten. Im Anhang 1 heißt es zwar unter "ergänzende Informationen" weiter, dass die spontane Freisetzung eines üblichen Inventars von ca. 8.000 kg Biogas zu einer Unterschreitung des ERPG-2-Wertes in einer Entfernung von 365 m führen würde (Wegdenken der Folie, angenommene Freisetzung der Gesamtmenge innerhalb einer Sekunde). Zugleich wird aber darauf verwiesen, dass dieser Fall den theoretisch maximal möglichen darstelle, der im Rahmen einer KAS-18 Betrachtung jedoch nicht unterstellt werde. Theoretisch maximal mögliche Störfälle genügen indessen nicht, um eine konkrete Gefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Denn bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist insbesondere auch die Wahrscheinlichkeit der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015 - 10 S 1169/13 -, juris, RdNr. 80), Erforderlich ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eines der in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter gefährdet ist (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 5 BImSchG, RdNr. 126).

132

2.2.2.2. Schädliche Umwelteinwirkungen sind auch nicht im Hinblick auf der Anlage zuzurechnende Geräuschimmissionen zu erwarten.

133

Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm, die ihren Geltungsbereich nach ihrer Nr. 1 Abs. 2 ausdrücklich auch auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen erstreckt, mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind gemäß Nr. 1 Abs. 3 Buchstabe b) aa) der TA Lärm die Vorschriften der TA Lärm zu beachten bei der Prüfung der Einhaltung des § 22 BImSchG im Rahmen der Prüfung von Anträgen in Baugenehmigungsverfahren (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 - BVerwG 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 11 ff.).

134

Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten. Nach Nr. 4.2 Buchstabe a) der TA Lärm ist bei der immissionsschutzrechtlichen Prüfung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Zulassung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage vorbehaltlich der Regelungen in Nr. 4.3 sicherzustellen, dass die Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 nicht überschreiten; gegebenenfalls sind entsprechende Auflagen zu erteilen.

135

Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für reine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe e) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 50 dB (A) und nachts bei 35 dB (A). Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innen-bereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 - BVerwG 7 B 71.00 -, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Im Fall einer sog. Gemengelage oder „diffusen Bebauung" kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, a.a.O.).

136

Die Eigenart der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks dürfte zwar einem faktischen reinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO entsprechen, da sich dort - soweit ersichtlich - nur Wohngebäude befinden. Grenzt ein Wohngrundstück unmittelbar an den planungsrechtlichen Außenbereich, ist jedoch in entsprechender Anwendung von Nr. 6.7 der TA Lärm für den am Wohnhaus maßgeblichen Immissionsrichtwert und unter Berücksichtigung der gegenseitig bestehenden Pflicht zur Rücksichtnahme regelmäßig ein geeigneter Zwischenwert zu bilden, welcher der Eigenart des an die Wohnbebauung angrenzenden Außenbereichs und der dort vorgesehenen privilegierten Zulässigkeit von Anlagen Rechnung trägt. Dem Schutzbedürfnis des Eigentümers eines in einem (faktischen oder festgesetzten) reinen Wohngebiet gelegenen, aber an den Außenbereich angrenzenden Grundstücks ist gegenüber den Außenbereichsvorhaben regelmäßig dann genügt, wenn der entsprechende Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete nach Nr. 6.1 d) TA Lärm von 40 dB(A) nachts gewahrt ist (OVG NW, Beschl. v. 06.05.2016 - 8 B 866/15 -, juris, RdNr. 9 ff.; VGH BW, Urt. v. 23.04.2002 - 10 S 1502/01 - NVwZ 2003, 365 [366], RdNr. 29 in juris; HessVGH, Urt. v. 30.10.2009 - 6 B 2668/09 -, juris, RdNr. 12; ThürOVG, Beschl. v. 22.02.2006 - 1 EO 708/05 -, juris, RdNr. 66; SaarlOVG, Beschl. v. 24.09.2014 - 2 A 471/13 -, juris, RdNr. 12).

137

Dies hat hier zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Denn das Grundstück der Klägerin grenzt in südlicher Richtung, also in Richtung der Milchviehanlage und der Biogasanlage, an den Außenbereich. Südlich der Weinbergstraße befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie Kleingärten.

138

Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung überschreitet nach der von der Beigeladenen eingereichten Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros für Lärmschutz (F.) am Grundstück der Klägerin die nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 und 6 der TA Lärm um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) am Tag und 34 dB(A) in der Nacht nicht. Auch soweit man einen Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit gemäß Nr. 6.5 der TA Lärm ansetzt, wird der maßgebliche Immissionsrichtwert für den Tag nicht überschritten. Dabei wird dem Mittelungspegel für die empfindlichen Tageszeiten ein Zuschlag von 6 dB (A) hinzugerechnet; dadurch erhöht sich der Pegel für den gesamten Tag an Werktagen um 1,9 dB und an Sonn- und Feiertagen um 3,6 dB (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.1 TA Lärm RdNr. 32, m.w.N.).

139

Als "seltenes Ereignis" nach Nr. 7.2 der TA Lärm hat der Gutachter die Einlagerung von Maissilage eingestuft und insoweit einen Beurteilungspegel für den Tag von 49,3 dB (A) ermittelt. Der Richtwert der Nr. 6.3 der TA Lärm liegt insoweit bei 70 dB (A). Ist wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage zu erwarten, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nummern 6.1 und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können, kann gemäß Nr. 7.2 Satz 1 der TA Lärm eine Überschreitung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden.

140

Der BHKW-Container erreicht nach der Schallimmissionsprognose keinen so hohen Schallleistungspegel, dass an den nächstgelegenen Wohngebäuden nachts die höchst zulässigen Spitzenpegel erreicht werden. Auch beim Betrieb des Radladers im Tageszeitraum, der sich beim Transport der zu vergärenden Feststoffe von der Fahrsiloanlage bis zum Feststoffdosierer bewegt, sei eine Überschreitung der für die Tageszeit geltenden höchst zulässigen Spitzenpegel auszuschließen.

141

Der der Anlage nicht zurechenbare Verkehrslärm auf den öffentlichen Straßen war nicht zu berücksichtigen, da er gemäß Nr. 2.4 der TA Lärm nicht als Vorbelastung gilt. Nur wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die nach Nr. 2.4 der TA Lärm ausgeklammerten Geräusche wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben, ob eine Anlage im Zusammenwirken mit diesen Geräuschen zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, kommt in entsprechender Anwendung von Nr. 3.2.2 der TA Lärm eine Sonderfallprüfung im Genehmigungsverfahren in Betracht (vgl. dazu: Feldhaus, BImSchG, Bd. 3, B 3.6 Nr. 2 RdNr. 40; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.1 TA Lärm RdNr. 28, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass an der Weinbergstraße Verkehrsgeräusche entstehen, die wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können.

142

Auch die Berücksichtigung von Geräuschen des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Straßen nach Nr. 7.4 der TA Lärm ist entbehrlich. Nach dieser Bestimmung sollen Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c) bis f) durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. In der schalltechnischen Untersuchung (S. 40) ist der Gutachter davon ausgegangen, dass mit dem Betrieb der geplanten Biogasanlage kein wesentlicher anlagenbezogener Fahrverkehr verbunden sei. In Anbetracht der nur geringen Verkehrsmengen auf der öffentlichen Weinbergstraße und der ebenfalls nur geringen Verkehrsmengen, die mit dem Vorhaben im Jahresmittel verbunden seien, sei eine Überschreitung der Verkehrslärmschutzverordnung von vornherein auszuschließen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der der Biogasanlage zuzurechnende An- und Abfahrtsverkehr nach den genehmigten Bauvorlagen (vgl. Beiakte A, Bl. 196) nicht über den Weinbergweg, sondern über die Pappelallee bewegt.

143

Die vom Gutachter für die Einhaltung der Immissionsrichtwerte geforderten Bedingungen hat der Beklagte in die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 8.2 bis 8.5 aufgenommen.

144

Ohne Erfolg bemängelt die Klägerin, dass die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 zur Baugenehmigung geforderten und angegebenen Werte für den Schallleistungspegel der Abgasmündung des BHKW laut Datenblatt für den angegebenen BHKW-Typ trotz vorhandener Schalldämpfung nicht erreicht werden könne. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der vom Gutachter geforderte zusätzliche und speziell auf das Terzfrequenzspektrum der Abgasgeräusche zugeschnittene Resonanzschalldämpfer nicht verfügbar ist. Der Gutachter hat in der Anlage 5 zum Gutachten verschiedene aus seiner Sicht in Frage kommende Modelle vorgeschlagen. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt, dass der in der Baugenehmigung geforderte Schalldämpfer auch eingebaut worden sei. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass damit die im Gutachten festgelegten maximalen Emissionswerte nicht eingehalten werden können.

145

Zu Unrecht rügt die Klägerin, der Gutachter habe diverse weitere Emissionsquellen wie Pumpen, Rührwerke, Tauchmotoren und Gasverdichter nicht in seine Berechnungen einbezogen. Im Gutachten ist auf Seite 9 plausibel dargestellt, dass auf die Ermittlung der in vergleichbaren Schallimmissionsprognosen für andere Anlagenstandorte mit untersuchten Geräuschemissionen von z.B. Steuerungs- und Pumptechnik verzichtet werde, weil für solche Anlagenteile Schalleistungspegel bekannt seien, die im Regelfall zwischen 65 und 80 dB (A) lägen, die Betriebszeiten eher gering seien und somit aus schalltechnischer Sicht gegenüber den bereits genannten Geräuschquellen vernachlässigt werden könnten. Diese Anlagenteile würden zudem in einem massiven Gebäude zwischen den beiden geplanten Rundbehältern betrieben. Sämtliche Rührwerke sowohl im Fermenter als auch im Endlager seien als Tauchmotorrührwerke geplant. Da diese völlig im Substrat eingetaucht seien, gingen von ihnen keine relevanten im Freibereich wahrnehmbaren Geräusche aus. Sie blieben demzufolge unberücksichtigt.

146

2.2.2.3. Auch sonstige erhebliche nachteilige Wirkungen auf schutzwürdige Individualinteressen der Klägerin liegen nicht vor. Insbesondere hat das Vorhaben nicht die von ihr geltend gemachte "optisch bedrängende Wirkung".

147

Nach seinem objektiv-rechtlichen Gehalt schützt das Gebot der Rücksichtnahme die Nachbarschaft vor unzumutbaren Einwirkungen, die von einem Vorhaben ausgehen. Es betrifft jedoch auch Fälle, in denen sonstige nachteilige Wirkungen in Rede stehen. Dazu zählt die Rechtsprechung "optisch bedrängende" Wirkungen, die von einem Bauvorhaben auf bewohnte Nachbargrundstücke ausgehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.12.2006 - BVerwG 4 B 72.06 -, NVwZ 2007, 336, RdNr. 4, m.w.N.). Eine solche Wirkung kann etwa von Windkraftanlagen ausgehen. Bei der streitigen Biogasanlage mit einer größten Höhe (des Fermenterdaches) von 14,58 m in einem Abstand von ca. 240 m zum Grundstück der Klägerin kommen solche Wirkungen indes nicht in Betracht.

148

Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Biogasanlage, in der Gülle, Mist und Silage zum Einsatz kommen, Ungeziefer, Mücken und sonstige Insekten - gegenüber der Tierhaltungsanlage verstärkt - in einem solchen Maß angezogen werden, dass der Abstand von ca. 240 m keinen ausreichenden Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen bietet.

149

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kann die Klägerin auch nicht darauf stützen, dass das Baugebiet, in dem ihr Grundstück liegt, eine hohe Wohnqualität mit besonderem Erholungswert besitze, die durch die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (weiter) verschlechtert werde. Allein eine Herabsetzung des Erholungswerts eines Grundstücks genügt nicht, um von einer unzumutbaren Beeinträchtigung sprechen zu können (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.12.2011 - 2 M 162/11 -, BRS 78 Nr. 98, RdNr. 14 in juris). Im Übrigen ist das Grundstück der Klägerin durch die Nachbarschaft zur bereits vorhandenen Tierhaltungsanlage vorbelastet.

150

2.2.3. Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge der Klägerin, die Biogasanlage verstoße gegen Vorschriften der Störfallverordnung (12. BImSchV).

151

2.2.3.1. Zwar kann sich ein Nachbar auf etwaige Verstöße gegen Regelungen der 12. BImSchV berufen, weil sie jedenfalls den Schutz der Nachbarschaft vor sonstigen schädlichen Einwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG 1. Alt. BImSchG konkretisiert (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58/88.AK -, BRS 78 Nr. 211, RdNr. 353 ff. in juris, m.w.N; VGH BW, Urt. v. 20.07.2011 - 10 S 2102/09 -, juris, RdNr. 300, m.w.N). Zu den sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die nicht durch Immissionen hervorgerufen werden und nicht im eigentlichen Sinne betriebsbedingt sind, zählen physische Einwirkungen wie Explosionen, Brandereignisse, Stoffeintrag in Boden oder Gewässer oder Überflutungen (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011, a.a.O.). Ungeachtet der umstrittenen Frage, ob es sich um Immissionsschutz im engeren Sinne handelt, verfolgt die 12. BImSchV auch das Ziel zu verhindern, dass die menschliche Gesundheit dadurch geschädigt wird, dass Luftschadstoffe kurzfristig oder über längere Zeit aus einer Anlage freigesetzt werden. Sie dient somit auch dem Schutz der Umwelt einschließlich der menschlichen Gesundheit (VGH BW, Urt. v. 20.07.2011, a.a.O.).

152

2.2.3.2. Die Biogasanlage der Beigeladenen verstößt indes, so wie sie genehmigt ist, nicht gegen Vorschriften der 12. BImSchV, da die Anlage nicht in deren Anwendungsbereich fällt.

153

Nach § 1 Abs. 1 der 12. BImSchV gelten die Vorschriften des Zweiten und Vierten Teils mit Ausnahme der §§ 9 bis 12 für Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 4 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten. Für Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 5 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten, gelten außerdem die Vorschriften der §§ 9 bis 12.

154

a) Von den im Anhang I zur 12. BImSchV genannten Stoffen fallen in Biogasanlagen in der Regel hochentzündliche Stoffe nach Nr. 8 der Spalte 1 an. Die insoweit relevante Mengenschwelle für die Anwendung der Verordnung in Spalte 4 für solche Stoffe liegt bei 10.000 kg. Wie oben bereits ausgeführt, ist insoweit allein das Volumen des über dem Fermenter befindlichen Gasspeichers von 1.851 m³ von Belang, in dem - je nach Dichte des Gases von 1,2 bis 1,3 kg/m³ - eine Gasmenge zwischen 2.221,2 kg und 2.406,3 kg aufgefangen werden kann. Die Mengenschwelle von 10.000 kg wird damit weit unterschritten.

155

b) Bei Schwefelwasserstoff hängt die Einstufung in die Nummern 1 bis 3 in der Spalte 1 des Anhangs I zur 12. BImSchV (gesundheitsschädigend, giftig oder sehr giftig) von der Menge des Gases ab. Für sehr giftige Stoffe nach Nr. 1 der Spalte 1 liegt die Mengenschwelle nach Spalte 4 bei 5.000 kg, die ebenfalls (deutlich) unterschritten wird. Nach der Arbeitshilfe KAS-32 beträgt die Konzentration von Schwefelwasserstoff in Biogas maximal 2 Vol.-%, so dass sich im Gasspeicher über dem Fermenter mit einem Volumen von 1.851 m² höchstens 37 m³ Schwefelwasserstoff befinden. Bei einer Dichte dieses Stoffes von ca. 1,54 kg/m³ (bei 0° C) ergäbe sich eine maximale Menge von ca. 57 kg. Nach einer DVGW-Studie aus dem Jahre 2006 beträgt bei Biogasanlagen die durchschnittliche Menge des bei der Fermentierung entstehenden Schwefelwasserstoffs 500 mg/m³; die Schwankungsbreite liegt zwischen 50 und 30.000 mg/m³ (Internet: http://www.schwefelwasserstoff.de/Biogasanlagen.html). Ausgehend von der Kapazität des Gasspeichers von 1.851 m³ beträgt die maximale Menge Schwefelwasserstoff danach 55,53 kg.

156

2.2.4. Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann die Klägerin auch aus § 50 BlmSchG nichts zu ihren Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015, a.a.O., RdNr. 77).

157

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie im erstinstanzlichen Verfahren einen Sachantrag gestellt, neben dem Beklagten das Rechtsmittel eingelegt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

158

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

159

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tenor

I. Der am 11. Dezember 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H... wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt als Inhaber eines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs auf dem (Außenbereichs-) Grundstück FlNr. ... der Gemarkung I... vorläufigen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den von der Antragsgegnerin am 11. Dezember 2017 bekannt gemachten Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H...“.

Der angegriffene Bebauungsplan, der ein allgemeines Wohngebiet für etwa 37 Bauparzellen festgesetzt (die beispielhaft / deskriptiv in der Planzeichnung dargestellt werden), überplant eine die FlNrn. ..., ... sowie Teilflächen der FlNrn. ..., ... umfassende, bislang unbebaute Fläche mit einer von der Antragsgegnerin angegebenen Größe von ca. 3,31 ha westlich des bestehenden Ortsrands und nördlich des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers. Der östliche Teil des Plangebiets mit einer Fläche von etwa 6.000 m², der für eine Bebauung mit etwa 9 Wohnhäusern vorgesehen ist (Parzellen 1, 2, 19, 20, 21, 22, 23a, 23b, 24) ist nach Osten durch den von Nordost nach Südwest verlaufenden G...weg begrenzt, an den sich östlich und südöstlich die innerörtliche Bebauung des Gemeindegebiets anschließt. Nördlich dieses östlichen Teils des Plangebiets schließt sich auf einer Ausdehnung von ca. 60 – 65 m in Nord-Süd-Richtung der Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ mit einem ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet („WA“) an, der nach den auf den Internetseiten der Verwaltungsgemeinschaft S... abrufbaren Informationen ursprünglich im Dezember 1999 aufgestellt und im Jahr 2008 geändert wurde. In dem ca. 1 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans sind nach den Bestandsdarstellungen in der Planzeichnung des streitgegenständlichen Bebauungsplans von den dortigen 15 Grundstücksflurnummern derzeit nur sieben Grundstücke mit einem Wohnhaus bebaut. Weiter nördlich folgt auf einer Ausdehnung von ca. 70 – 110 m (in Nord-Süd-Richtung) der Geltungsbereich des ebenfalls im Jahr 1999 aufgestellten, ein allgemeines Wohngebiet („WA“) festsetzenden Bebauungsplans „H...“. Laut den im Internet im BayernAtlas abrufbaren Flurkarten und Luftbildern ist in dem ca. 1,5 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans von den dortigen potenziell bebaubaren 21 Grundstücksflurnummern derzeit kein Grundstück bebaut. Zwischen der Nordgrenze des Bebauungsplans „H...“ und der sich weiter nördlich anschließenden Ortsrandbebauung liegt eine unbebaute Fläche mit einer Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung zwischen ca. 25 m und 85 m. Der östliche Teilbereich des angegriffenen Bebauungsplans ist durch eine von Nordnordwest nach Südsüdost verlaufende „Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen“ (ca. 45 m breite Schneise ohne Baufenster), in deren Mitte eine Hochspannungsfreileitung verläuft, vom – deutlich größeren – westlichen Teil des Plangebiets, der auf einer Fläche von ca. 20.000 m² mit den dort ausgewiesenen Baufenstern Platz für ca. 28 Bauparzellen (Parzellen 3 - 7, 8a, 8b, 9 - 18, 25 - 35) bietet, getrennt. Nördlich dieses Teilbereichs schließt sich nach über 100 m freier Fläche die Ortsrandbebauung an. Der Abstand zwischen dem bestehenden Stallgebäude des Antragstellers auf FlNr. ... zur südlichen Grenze des streitgegenständlichen Bebauungsplans beträgt etwa 100 m, zur nächstgelegenen Baugrenze innerhalb des Geltungsbereichs etwa 113 m. Westlich des Plangebiets besteht weithin keine Bebauung.

Der Antragsteller stellte unter dem 12. Mai 2017 einen Antrag auf Erlass eines Bauvorbescheids für bauliche Erweiterungen des landwirtschaftlichen Betriebs auf der FlNr. ... (Eingang bei der Antragsgegnerin am 18. Mai 2017, beim Landratsamt Neustadt a.d. Waldnaab am 11. August 2017), der später dahingehend konkretisiert wurde, dass darüber entschieden werde solle, ob das Vorhaben an der im beigefügten Lageplan dargestellten Position, Größe und Form planungsrechtlich zulässig ist. Über diesen Antrag hat das Landratsamt, soweit dies aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist, bislang nicht entschieden. Nach der eingereichten Planzeichnung zum Vorbescheidantrag soll das bestehende Stallgebäude (45 m x 26 m bzw. mit Vordach 45 m x 32 m) durch einen unmittelbar an den Bestand angrenzenden Anbau nach Norden hin erweitert und dabei in der Fläche verdoppelt werden. Zudem ist im Antrag ca. 12,5 m westlich des Großstalles ein neues kleineres Stallgebäude („Erweiterung Kälberstall“) mit den Flächenmaßen 12 m x 30 m sowie einer Wandhöhe von 3 m und einer Firsthöhe von 5,18 m vorgesehen.

Am 8. August 2017 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen Aufstellungsbeschluss, wonach beabsichtigt sei, den streitgegenständlichen Bebauungsplan „im Sinne des § 13b BauGB aufzustellen“. Auf Basis eines weiteren Gemeinderatsbeschlusses vom 8. August 2017 versagte die Antragsgegnerin unter dem 9. August 2017 das gemeindliche Einvernehmen zum Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017.

Der Antragsteller ließ über ein Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. August 2017 gegenüber der Antragsgegnerin mitteilen, der Anwendungsbereich und die Voraussetzungen des § 13b BauGB würden verkannt.

Mit Schreiben vom 13. September 2017 teilte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Weiden i.d.Opf. im Vorbescheidverfahren mit, der Antragsteller bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb mit 76,53 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und einer Milchviehherde von 73 Kühen einschließlich der weiblichen Nachzucht. Mit der geplanten Erweiterung werde die Milchvieherde auf 182 Rinder (älter als 1 Jahr) sowie 47 Kälber/Jungvieh aufgestockt. Das entspreche 210,9 Großvieheinheiten (GV) nach Maßgabe der TA Luft. Für den geplanten Tierbestand errechne sich nach der derzeit gültigen Düngeverordnung (DÜV) ein Gülleraum von 1.786 m³. Als Neubau für den Güllelagerraum seien 1.250 m³ geplant. Nach Angaben des Antragstellers könne der Betrieb nach Abschluss der Baumaßnahme 2.375 m³ Lagerkapazität vorweisen. Damit stehe ausreichend Lagerraum zur Verfügung. Die erforderliche Lagerkapazität für den Silolagerraum sei mit zusätzlichen 1.955 m³ zu veranschlagen. Damit werde sich der erforderliche Silolagerraum im Vergleich zum Ist-Betrieb mit 2.275 m³ Lagerraum fast verdoppeln. Nach Abschluss der Baumaßnahme werde der Betrieb über 4.230 m³ Lagerraum verfügen. Das AELF bestätigte, dass der Antragsteller Landwirtschaft i.S. von § 201 BauGB betreibe, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorliege und dass die geplante Erweiterung diesem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Aus Sicht des AELF bestünden keine Einwände gegen das geplante Vorhaben.

In einem im Verfahren der Bauleitplanung von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen immissionsschutztechnischen Gutachten vom 11. Oktober 2017 gaben die „h... – Sachverständige für I...“ eine fachliche Prognose und Beurteilung anlagenbezogener Geruchsimmissionen für das Plangebiet auf Basis der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) ab. Als relevante Geruchsemittenten wurden südlich bzw. südwestlich des Plangebiets neben den landwirtschaftlichen Anlagen des Antragstellers auf FlNr. ... ein Pferdehaltungsbetrieb und eine Kläranlage sowie nördlich des Plangebiets (am Ortsrand bzw. innerorts) ein weiterer Rinderhaltungsstandort des Antragstellers und ein weiterer Pferdehaltungsbetrieb berücksichtigt. Hinsichtlich der angedachten Erweiterung des Betriebs des Antragstellers wird auf Seite 10 des Gutachtens unter bildlicher Darstellung und textlicher Beschreibung eine etwas andere Planung als im Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017 zugrunde gelegt: Hiernach ist ca. 14 – 15 m nördlich des bestehenden Rinderstalls ein in der Grundfläche mit 45 m x 26 m gleich großer zweiter Rinderstall sowie zwischen beiden Stallgebäuden eine Laufhoffläche vorgesehen. Zudem wurde in die gutachterliche Betrachtung eine weitere Güllegrube sowie eine Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage einbezogen. U.a. unter Berücksichtigung des in Großvieheinheiten (GV) umgerechneten künftigen Tierbestands auf FlNr. ... sowie des Tierbestands der übrigen emissionsrelevanten Standorte, ferner unter Beachtung der meteorologischen Daten und des Geländereliefs in der Umgebung prognostizierte das Gutachten Geruchsstundenhäufigkeiten im Geltungsbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans, die auf Seite 29 über eine Abbildung (vgl. auch Seiten 35, 36) sowie eine textliche Beschreibung zusammengefasst dargestellt werden. Hiernach ergaben sich in weiten Bereichen des Bebauungsplans (Parzellen 1 bis 6 und 12 bis 35) Geruchsimmissionswerte von 3% bis 10% (Geruchsstundenhäufigkeit), innerhalb der Baufensterbereiche am südwestlichen Rand des Plangebiets (Parzellen 7, 8a, 8b, 9, 10, 11) darüber hinausgehend Maximalwerte von bis 12%. Das Gutachten kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis (Seite 30), dass über die Ausbreitungsberechnung nachgewiesen werde, dass an den geplanten Bauparzellen 1 bis 6 und 12 bis 35 des Bebauungsplanes „H...“ durch Einhaltung des GIRLkonformen Immissionswertes von 10% Geruchshäufigkeit der Jahresstunden für allgemeine Wohngebiete keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form erheblicher Belästigungen durch Geruchsimmissionen zu erwarten seien. In den Bauparzellen 7 bis 11 werde der zulässige Immissionswert von 10% für allgemeine Wohngebiete mit berechneten Maximalwerten von 12% leicht überschritten. Im hier vorliegenden Übergang vom Außenbereich in ein Wohngebiet sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. Die endgültige Entscheidung zum Heranziehen dieser Immissionszwischenwerte obliege der Antragsgegnerin. Eine Einschränkung der berücksichtigten landwirtschaftlichen Betriebe sei nicht zu befürchten, wobei auch die geäußerten Erweiterungsabsichten bei der Berechnung der Geruchssituation mitberücksichtigt worden seien.

Mit Beschluss des Gemeinderats vom 11. Oktober 2017, dem das Geruchsgutachten desselben Tags bereits zugrunde lag, wurde der Planentwurf in der Fassung desselben Tages gebilligt und beschlossen, die Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 sowie § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen. Zum Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 29. August 2017 heißt es im beglaubigten Auszug aus der Niederschrift zur öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 11. Oktober 2017, der neue § 13b BauGB schaffe ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren zur Überplanung von Außenbereichsflächen am Ortsrand für den Wohnungsbau. Der Bereich „H...“ schließe sich an die vorhandene Bebauung am Ostrand an. Der Antragsgegnerin seien die Erweiterungsabsichten des Antragstellers bekannt. Laut dem eingeholten Gutachten bestehe kein Immissionskonflikt. Auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten bzw. -absichten des Antragstellers werde dort eingegangen. Die gutachterliche Prognose bewerte die Geruchsbelastung im Übergangsbereich zum geplanten allgemeinen Wohngebiet als tolerierbar.

Am 14. November 2017 fand im Landratsamt eine Besprechung zum Bauvorbescheidverfahren statt, an der der Antragsteller, sein Bevollmächtigter sowie Mitarbeiter verschiedener Sachgebiete des Landratsamts teilnahmen. Das Sachgebiet Technischer Umweltschutz des Landratsamts wies im Folgenden in einer Stellungnahme vom 17. November 2017 die Bauabteilung des Landratsamts darauf hin, dass der Bauvorbescheidantrag von der Darstellung der Erweiterungsplanung des Antragstellers im Geruchsgutachten vom 11. Oktober 2017 abweiche. Bis eine aktualisierte Planung des Antragstellers und eine zusätzliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft eingereicht seien, sei eine abschließende Stellungnahme im Bauvorbescheidverfahren nicht möglich. Zu dieser Besprechung vom 14. November 2017 existiert in den Vorbescheidakten ein handschriftlicher Vermerk der Sachgebietsleiterin des Bauamts (Recht) / Bauleitplanung im Landratsamt vom 14. November 2017 (Bl. 22). Hieraus ergibt sich sinngemäß, dass die Differenz zwischen dem Vorbescheidantrag und der im Geruchsgutachten dargestellten Planung bei der Besprechung thematisiert wurde und dabei auch die Frage aufgeworfen worden sei, ob eine sinnvolle Erweiterung des Betriebs des Antragstellers in eine andere Richtung möglich sei. Ergebnis der Besprechung sei gewesen, dass Pläne nachgereicht würden oder ggf. der Vorbescheidantrag zurückgezogen werde. Es solle noch eine Sitzung der Gemeinde abgewartet werden. Bis dahin solle der Antrag ruhen.

Das AELF Weiden i.d. OPf. äußerte sich im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit Schreiben vom 23. November 2017 gegenüber der Antragsgegnerin kritisch zur ermittelten Geruchsbelastung.

Unter dem 27. November 2017 wies das Landratsamt die Antragsgegnerin auf den laufenden Vorbescheidantrag des Antragstellers hin. Die Bauleitplanung dürfe nicht dazu führen, dass sich der bereits bestehende Betrieb nicht mehr angemessen erweitern könne. Hierbei sei der Stellungnahme des AELF besonderes Gewicht beizumessen. Die Antragsgegnerin könne das Einvernehmen über die Erweiterung des Milchviehstalls nicht mit der Begründung versagen, der Stall rücke zu nahe an die Wohnbebauung heran, aber im Bebauungsplanverfahren argumentieren, dass sich der Betrieb erweitern könne, da man im Bebauungsplan höhere Immissionswerte akzeptiere. Es werde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Sachgebiets 51 „Technischer Umweltschutz“ vom 17. November 2017 empfohlen, auf die aus immissionsschutzrechtlicher Sicht kritischen Bauparzellen (gemeint: mit Überschreitungen des Werts gem. Nr. 3.1 der GIRL) zu verzichten, zumal auch nach dem Regionalplan der Landwirtschaft ein höheres Gewicht zukomme als der Wohnbebauung. In der Stellungnahme des Landratsamts wurde ferner inhaltlich auf eine (als Anlage beigefügte) E-Mail des Kreisbaumeisters vom 20. November 2017 Bezug genommen. Hierin wird zu § 13b BauGB ausgeführt, ein beschleunigtes Verfahren dürfe nach dieser Norm nicht durchgeführt werden, da kein Anschluss an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil gegeben sei. Das geplante Baugebiet grenze zwar an der Nord- und Ostseite an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil bzw. an ein lückenhaft bebautes Gebiet nach § 30 BauGB an. Dies gelte allerdings nur für einen kleinen Teil des gesamten Gebiets. Die Teilfläche an der Ostseite mit Anbindung an den im Zusammenhang bebauten Bereich habe lediglich eine Fläche von rd. 6.300 m². Der wesentlich größere Teil der Gesamtfläche (rd. 81%) rage demgegenüber fingerartig, ohne erkennbaren unmittelbaren Zusammenhang, wie von § 13b BauGB gefordert, in den Außenbereich. Erschwerend komme hinzu, dass der Bereich des Planungsgebiets „H...“, an den das geplante Gebiet zum Großteil angrenze, selbst ohne ausreichende Anbindung an den bebauten Ortsteil in den Außenbereich hinausrage. Im Übrigen sei der Schutzbereich der Hochspannungsfreileitung eine Zäsur, die einer Anbindung des westlichen Planbereichs an den bestehenden Ortsteil entgegenstehe.

Mit am 27. November 2017 gefaxtem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27. November 2017 erhob der Antragsteller im Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB diverse Einwendungen gegen die Planung.

Über eine E-Mail vom 4. Dezember 2017 teilte das Gutachterbüro auf Nachfrage der der Antragsgegnerin mit, dass die im Gutachten zugrunde gelegten Ausbauabsichten – unter Verzicht auf einen weiteren Kälberstall – auf den konkreten Angaben des Antragstellers beruht hätten. Zudem würde sich auch bei Berücksichtigung des Kälberstalls praktisch keine Änderung der Immissionswerte ergeben. Dem Erweiterungswillen sei in der Sache über den Vorbescheidantrag hinausgehend Rechnung getragen worden, da insbesondere die in der Bauvoranfrage nicht aufgeführten Nebeneinrichtungen berücksichtigt worden seien.

Am 6. Dezember 2017 beschloss der Gemeinderat den streitgegenständlichen Bebauungsplan – nach abwägender Befassung mit den Stellungnahmen und Einwendungen aus den Beteiligungsverfahren – als Satzung. Der Bebauungsplan wurde am 8. Dezember 2017 ausgefertigt. Öffentliche Bekanntmachung durch Amtstafelaushang erfolgte am 11. Dezember 2017.

Am 4. Januar 2018 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan Normenkontrollantrag, über den noch nicht entschieden ist (Az. 15 N 18.41). Mit am 15. Februar 2018 eingegangenen Schriftsatz begehrt er im vorliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz gem. § 47 Abs. 6 VwGO. Er trägt u.a. vor, die Anwendungsvoraussetzungen des § 13b BauGB hätten nicht vorgelegen, weil das Plangebiet nicht an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließe. Das gelte insbesondere für den großen Bereich westlich der Stromleitung. Vom eigentlichen Baubestand in der Ortslage werde das Gebiet durch den G...weg abgetrennt. Die geringfügige bestehende Bebauung im Osten stelle keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar, zumal die dort angrenzenden Bauparzellen größtenteils unbebaut seien. Deshalb liege auch ein Verstoß gegen das Gebot vor, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Hinsichtlich der Geruchsbelastung liege weder eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung noch eine hinreichende Konfliktlösung vor. In dem für den Satzungsbeschluss und die Abwägung zugrunde gelegten immissionsschutztechnischen Gutachten sei ein Kälberstall für 40 Kälber, der Gegenstand des Vorbescheidantrags gewesen sei, nicht berücksichtigt worden, obwohl der Antragsteller im Gespräch mit dem Gutachter am 27. September 2017 seine fortbestehenden Erweiterungsabsichten unter Einbeziehung dieses Kälberstalls weiter vertreten habe. Aufgrund der Stellungnahme des AELF seien ergänzend die geforderte zusätzliche Güllegrube und die zusätzlichen drei Fahrsilos genannt worden. Da schon ohne Berücksichtigung des Kälberstalles an der südlichen Grenze des Plangebiets Geruchsimmissionswerte oberhalb von Nr. 3.1 der GIRL prognostiziert würden, sei die südliche Bebauungsreihe ohnehin einer zu hohen Immissionsbelastung ausgesetzt. Es sei zu erwarten, dass bei korrekter Einbeziehung aller relevanter Immissionsquellen unter Einschluss des Kälberstalls auch bei der weiter nördlich geplanten Bebauung die Richtwerte überschritten würden bzw. die bereits bestätigten Überschreitungen noch höher ausfielen. Es sei ferner widersprüchlich, dass die Antragsgegnerin einerseits in der Planbegründung die „Überdehnung“ der GIRL als unproblematisch bewerte, andererseits aber das Einvernehmen für die Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs aus Immissionsschutzgründen verweigere. Weil die Antragsgegnerin, die die Vermessung des Baugebiets vorantreibe und Erschließungsarbeiten kurzfristig vergeben wolle bzw. sogar bereits die Erschließungsanlagen errichte, die Bebauung des Plangebiets zeitnah umsetzen wolle, sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringlich. Selbst wenn die geplante Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs zugelassen werden sollte, sei ein künftiger nachbarschaftlicher Konflikt aufgrund der Überschreitung der Immissionswerte der GIRL vorprogrammiert.

Der Antragsteller beantragt,

durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO den Bebauungsplan „H...“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt u.a. vor, es drohten aktuell weder Baugenehmigungen noch Genehmigungsfreistellungsverfahren. Die Behauptung des Antragstellers, die Erschließungsanlagen würden bereits errichtet, sei falsch. Eine Erschließungsplanung liege noch nicht vor; entsprechende Maßnahmen seien auch noch nicht ausgeschrieben worden. Es habe bislang lediglich eine vorbereitende Beprobung des Bodens stattgefunden. Die Voraussetzungen des § 13b BauGB lägen vor. Der Anschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans erfolge an eine beidseitig bebaute Erschließungs Straße. Diese bestehende Bebauung liege im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, dem die Qualität eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils bzw. eines Teils hiervon zukomme. Eine Flächennutzungsplanänderung sei zwischenzeitlich erledigt. Mit Blick auf die Immissionsbelastung hätten die Beteiligten schon seit 1999 über eine Bebauung auf dem Grundstück FlNr. ... diskutiert. Die Gemeinde habe einerseits die betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten des Antragstellers nicht einschränken wollen, andererseits aber immer ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass eine nach Norden ausgerichtete Bebauung u.a. aufgrund einer künftigen städtebaulichen Entwicklung nach Möglichkeit vermieden werden sollte. In einer Bauvoranfrage aus dem Jahr 1999 sei deswegen auch das Stallgebäude noch in Ost-West-Ausrichtung geplant gewesen. Den im Jahr 2008 eingereichten Änderungsantrag mit einem Stall in Nord-Süd-Ausrichtung habe die Gemeinde als noch vertretbar angesehen, nachdem das Gebäude im südlichen Bereich der FlNr. ... situiert worden sei. Hinsichtlich der aktuellen Erweiterungsabsicht des Antragstellers habe der Gemeinderat in erster Linie die Auffassung vertreten, der Bauherr habe selbst ein Immissionsgutachten einzuholen, wenn er nicht – wie angeboten – gemeinsam mit der Gemeinde planen wolle. Weiterer Grund für die Einvernehmensverweigerung sei gewesen, dass die Güllebzw. Siloerweiterung nicht in dem Plan zur Bauvoranfrage dargestellt gewesen sei. Unabhängig hiervon sei nicht nachvollziehbar, warum das eingeholte immissionsschutztechnische Gutachten vom 11. Oktober 2017 unzutreffend sei sollte. Unabhängig von dem Streit, wer verantwortlich für die Nichtberücksichtigung des Kälberstalles sei, sei nach der ausdrücklichen Auskunft des Gutachters das Gutachtensergebnis richtig geblieben. Es stehe mithin fest, dass die betrieblichen Erweiterungsmöglichkeiten nicht hätten eingeschränkt werden sollen und auch nicht eingeschränkt würden. Die Parzellen 7 bis 11 befänden sich im Übergang zum Außenbereich. Dauerhafte Streitigkeiten zwischen dem Antragsteller und den Bewohnern des Wohngebiets seien nicht zu befürchten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und auf die in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bebauungsplanakten und Behördenakten des Landratsamts Neustadt a.d. Waldnaab Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gem. § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 VwGO kann einen Normenkontroll(eil) antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Hierzu muss der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keinen höheren Anforderungen zu stellen, wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) der Interessen eines Eigentümers geht, dessen Grundstück außerhalb des Bebauungsplangebiets liegt (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154 = juris Rn. 10). Zu den abwägungserheblichen Belangen zählt auch das Interesse eines Landwirts, mögliche Einschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebs durch eine heranrückende Wohnbebauung zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 8; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), wobei auch ein hinreichend konkretisiertes Interesse an einer Betriebsentwicklung in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Aufgrund der mit (derzeit) ca. 100 m relativ geringen Entfernung seines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs, aufgrund seiner u.a. mit dem gestellten Vorbescheidantrag konkretisierten, auch in Richtung des Plangebiets orientierten Erweiterungsabsichten sowie nach den Ergebnissen des eingeholten immissionsschutztechnischen Gutachtens vom 11. Oktober 2017 (unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten über dessen Aussagekraft) ist der Antragsteller in abwägungsrelevanten Belangen betroffen. Er hat schriftsätzlich hinreichend substanziiert dargelegt, dass diese Belange von der Antragsgegnerin möglicherweise falsch behandelt worden sind.

2. Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und / oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 = juris Rn. 12; B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; B.v. 30.11.2016 – 4 BN 16.16 – BauR 2017, 674 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 26; B.v. 8.9.2017 – 9 NE 17.1392 – juris Rn. 23).

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan an Mängeln leidet, die zu seiner Unwirksamkeit führen. Angesichts dessen sprechen gewichtige Gründe für die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans.

a) Nach Ansicht des Senats hätte der Bebauungsplan nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen.

Nach § 13b Satz 1 BauGB gilt bis zum 31. Dezember 2019 § 13a BauGB entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Geht man von einer in der Planbegründung mit 25.000 m² angegebenen Fläche für Nettowohnbauland aus, dürfte der Bebauungsplan bei einer festgesetzten Grundflächenzahl von 0,35 zwar eine Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m² aufweisen (zusammenfassend und jeweils m.w.N.: Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/553 f.; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/739). Es liegt aber kein Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile vor [im Folgenden aa) ]; zudem gehen die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung über „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB hinaus [unten bb) ].

aa) Die Flächen, auf denen durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan eine „WA-Nutzung“ festgesetzt wird, schließen nicht im Sinne von § 13b Satz 1 BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an.

Das Tatbestandsmerkmal „anschließen“ ist in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) nicht näher thematisiert worden. Auch wenn dem insofern recht weit gefassten Wortlaut des § 13b BauGB nicht entnommen werden kann, dass für dessen Anwendbarkeit (wie bei § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) eine besondere städtebauliche Prägung der einbezogenen Außenbereichsflächen durch die bestehende bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs bestehen muss oder (wie bei § 246 Abs. 9 BauGB) die überplanten Flächen „innerhalb des Siedlungsbereichs“ liegen müssen (Krautzberger, ZfBR 2017, 644/645; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551), bedeutet „anschließen“ aus städtebaulicher Sicht mehr als das bloße Bestehen einer irgendwie gearteten gemeinsamen Grenze (in diese Richtung aber Arndt/Mitschang a.a.O.). Eine schlichte „Berührung“ zwischen einem untergeordneten Teil des neuen Plangebiets und dem bestehenden im Zusammenhang bebauten Ortsteil vermag daher nach Ansicht des Senats noch kein „Anschließen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB zu begründen. Mit dem durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) eingeführten und am 13. Mai 2017 in Kraft getretenen § 13b BauGB reagierte der Gesetzgeber auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 25), wonach im Falle der Anwendung des vereinfachten Verfahrens auf der Grundlage von § 13a BauGB die Inanspruchnahme von Außenbereichsgrundstücken im Grundsatz selbst dann versagt ist, wenn die Außenbereichsfläche so stark von der angrenzenden Bebauung geprägt ist, dass sie sich als deren organische Fortsetzung darstellt (vgl. Petersen, KommunalPraxis BY, 86; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; Krautzberger, ZfBR 2017, 644; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738). Auch wenn der Gesetzgeber mit § 13b BauGB primär Erleichterungen für die Wohnbaulandmobilisierung schaffen wollte (vgl. Petersen a.a.O.), folgt schon aus der Gesetzessystematik, wonach § 13b BauGB auf der im Gesetz unmittelbar voranstehenden Regelung des § 13a BauGB aufbaut und diese für entsprechend anwendbar erklärt, dass mit § 13b BauGB nicht grundsätzlich von der Regelungsidee des § 13a BauGB abgewichen werden sollte. Weil die von § 13a BauGB als Grundnorm eröffneten Verfahrenserleichterungen (u.a. Verzicht auf die Durchführung einer Umweltprüfung) Anreize für planende Gemeinden schaffen sollten, von einer weitgehenden Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedelung des Außenbereichs abzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 a.a.O.), ist für die Rechtsanwendung des § 13b BauGB zu folgern, dass aufgrund der Anforderung des „Anschlusses“ als raumbezogenes Tatbestandsmerkmal von einer „Innenentwicklung nach außen“ nur maßvoll Gebrauch zu machen ist. Dies ist auch im Wortlaut des § 13b BauGB angelegt, der für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens nicht lediglich ein bloßes Angrenzen des neuen Plangebiets als solchem an den bestehenden Siedlungsbereich ausreichen lässt, sondern fordert, dass – letztlich alle – Flächen, durch die im Wege der Bauleitplanung die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet werden sollen, an im Zusammenhang bebaut Ortsteile anschließen. Damit wird gefordert, dass auch die vom bisherigen Ortsrand am weitesten entfernte ausgewiesene Bauparzelle noch in einem städtebaulich-räumlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Siedlungsbereich, an den anzuschließen ist, stehen muss (zum Erfordernis eines engen räumlichen Zusammenhangs bzw. einer unmittelbar räumlichen Nachbarschaft zu den anschlussfähigen Bestandsflächen vgl. auch Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; ähnlich Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86, nach dem „das nach § 13b BauGB geplante Baugebiet den bisherigen Ortsteil nahtlos fortsetzen muss“). Soweit über § 13b BauGB nunmehr gestattet wird, das vereinfachte Verfahren für maßvolle Flächenüberplanungen im Außenbereich zu instrumentalisieren, gilt dies jedenfalls nicht, sofern hierüber entgegen der gesetzgeberischen Zielrichtung der Zersiedelung des Außenbereichs Vorschub geleistet wird, also nicht integrierte Standorte „auf der grünen Wiese“ einer Bebauung zugänglich gemacht werden (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741). Hiervon ist aber gerade dann auszugehen, wenn – trotz Angrenzung einzelner Bauparzellen des neuen Plangebiets an den Ortsrand und trotz der Einhaltung der Größenbegrenzung von 10.000 Quadratmetern – der vorhandene Siedlungsbereich nicht lediglich „abrundend“ in den Außenbereich erweitert wird, sondern bei städtebaulich wertender Betrachtung tatsächlich ein neuer Siedlungsbereich im bisherigen Außenbereich entsteht, der sich vom bestehenden Ortsrand ersichtlich „absetzt“ und deshalb einen qualitativ neuen Ansatz für künftige Siedlungserweiterungen vorgibt. Flächen, auf denen die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet wird, schließen sich daher dann nicht mehr i.S. von § 13b BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an, wenn eine Anbindung an den bestehenden Siedlungsbereich nur über eine im Verhältnis zur Gesamtgröße des neuen Baugebiets völlig untergeordnete gemeinsame Grenze erfolgt, der weitaus größte Teil des neuen Baugebiets sich aber derart vom bestehenden Ortsrand in den Außenbereich hinein absetzt, dass im Ergebnis ein neuer, selbständiger Siedlungsansatz entsteht (zum ähnlich formulierten § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WHG vgl. Rossi in Sieder/Zeitler/Dah-me, Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz, Stand: Februar 2017, zu § 78 WHG Rn. 46).

Im vorliegenden Fall ist aber genau dies das Ergebnis der streitgegenständlichen Bauleitplanung. Es spricht schon Vieles dafür, dass lediglich ganz im Osten des Planungsgebiets, d.h. entlang der ca. 110 m langen gemeinsamen Grenze zum G...weg, eine Angrenzung an gem. § 13b BauGB grundsätzlich anschlussfähige Bestandsflächen in Betracht kommt. Auch wenn der Gesetzgeber neben unbeplanten Innenbereichsflächen i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch „bebaute Flächen, die nach § 30 Absatz 1 oder 2 BauGB zu beurteilen sind“ als im Zusammenhang bebaute Ortsteile ansieht (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47), ist mehr als fraglich, ob die gemeinsame Grenze zum Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ als anschlussfähiger Ortsteil in diesem Sinne angesehen werden kann. Denn dieser Bebauungsplan ist nur zum Teil verwirklicht; die – dort tatsächlich vorhandene – bandartige, von Baulücken durchsetzte und auf beiden Seiten der Straße „H...“ auf einer Gesamtlänge von etwa 130 m umgesetzte einzeilige Bebauung (mit insgesamt nur 7 Wohnhäusern) dürfte wohl noch nicht die Qualität einer „organischen Siedlungsstruktur“ aufweisen, die für einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31.66 – BVerwGE 31, 22 = juris Rn. 23; B.v. 19.2.2014 – 4 B 40.13 – BayVBl. 2014, 477 = juris Rn. 3 ff.; BayVGH, U.v. 23.4.2013 – 9 B 11.2375 – BayVBl. 2014, 475 = juris Rn. 20). Hinzu kommt, dass nach Norden hin im Plangebiet des Bebauungsplans „H...“ noch kein einziges Haus errichtet wurde (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741, wonach ein überplantes, aber noch unbebautes Gebiet keinen hinreichenden Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB bieten kann). Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Selbst wenn die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ bestehende Bebauung als im Zusammenhang bebauter Ortsteil anzusehen wäre und selbst wenn die von Bebauung freizuhaltenden Bereiche der (2 x 22,50 m breiten) Schutzzone für die Hochspannungsfreileitung grundsätzlich die Möglichkeit eines Anschlusses für weiter westlich gelegene Baubereiche offenhalten sollten (zur vergleichbaren Problematik einer Unterbrechung des Ortsbereichszusammenhangs im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vgl. Gänslmayer/Hauth in Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Aufl. 2018, zu § 34 BauGB Rn. 27 m.w.N.), kann vorliegend nicht von einem Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB ausgegangen werden. Entscheidend ist, dass – wie die Planzeichnung des Bebauungsplans sowie die weiteren in den vorgelegten Planungsunterlagen enthaltenen zeichnerischen Darstellungen (insbes. Seiten 6 bis 9 der Originalheftung des Bebauungsplans) belegen – der Bebauungsplan nur in seinem deutlich kleineren östlichen Teil mit ca. 6.000 m² auf ca. 110 m im Bereich des G...weg bzw. auf ca. 130 m an bebaute Bereiche des Plangebiets „H...“ angrenzt, allerdings hinsichtlich seines weitaus größeren westlichen Teils (jenseits der Hochspannungsfreileitung nach Westen hin) von der letzten Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ (FlNr. ... bzw. ......) ca. 240 m mit einer Gesamtfläche von ca. 20.000 m² nach Westen in den Außenbereich schlauchartig, d.h. wie ein Riegel, der die von Bebauung bislang freie Landschaft zerschneidet, hineinragt. Bei Umsetzung des streitgegenständlichen Bebauungsplans würde so, auch unter Berücksichtigung der Umstände,

– dass der Hauptort eine gewachsene Längsausausrichtung von Nord nach Süd (bei verhältnismäßig geringer Breite in West-Ost-Ausrichtung) aufweist,

– dass sich nördlich, westlich und südlich der sieben Wohnhäuser im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ keine Bebauung befindet und

– dass es sich bei der Antragsgegnerin insgesamt um eine eher kleinere Gemeinde handelt (vgl. die in der Planbegründung angegebene Einwohneranzahl von 1.435, Stand Oktober 2017),

ein städtebaulich völlig neuer, selbständiger Siedlungsansatz „in die Breite“, d.h. nach Westen entstehen. Ein Anschluss insbesondere der ausgewiesenen „WA-Flächen“ im Bereich des Plangebiets westlich der Hochspannungsfreileitung in im Zusammenhang bebaute Ortsteile ist mithin i.S. von § 13b Satz 1 BauGB nicht gegeben.

bb) Der Senat geht überdies davon aus, dass die Festsetzungen des streitgegenständlichen Bebauungsplans über die in § 13b Satz 1 BauGB vorgesehenen Möglichkeiten der Regelung der „Zulässigkeit von Wohnnutzungen“ hinausgehen, sodass auch deswegen ein vereinfachtes Verfahren nicht auf § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB gestützt werden konnte.

Der Gesetzgeber hat in § 13b BauGB eine Legaldefinition des Begriffs der „Wohnnutzungen“ unterlassen, sodass dieser durch Auslegung zu klären ist. Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) gibt auch diesbezüglich keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Hinweise über die Regelungsvorstellungen des Gesetzgebers. Der Wortlaut spricht für ein eher restriktives Verständnis des Tatbestandsmerkmals (Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552); hiernach dürften von § 13b BauGB jedenfalls Gebietsartfestsetzungen umfasst sein, nach denen Wohngebäude, wohnähnliche Betreuungseinrichtungen (insbes. für Kinder, Jugendliche, Senioren und behinderte Menschen) und eine damit unmittelbar zusammenhängende technische Infrastruktur (z.B. Verkehrsflächen, Stellplätze, Garagen, Anlagen der Wasser- und Energieversorgung) zulässig sind. Der Senat kann vorliegend dahinstehen lassen, ob auch Einrichtungen mit Versorgungsfunktion in Bezug auf die Wohnnutzung (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (ggf. differenziert danach, ob sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen oder nicht, § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) sowie Räume oder Gebäude für die Ausübung freier Berufe (vgl. § 13 BauNVO) vom Wohnnutzungsbegriff des § 13b BauGB umfasst sind (restriktiv Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552 f.; großzügiger Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/740; vermittelnd Krautzberger, ZfBR 2017, 644/646). Ebenso bedarf es vorliegend keiner abschließenden Bewertung, ob mit Blick auf die Nutzungsmöglichkeiten gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO allgemeine Wohngebiete gem. § 4 BauNVO im vereinfachten Verfahren nach § 13b BauGB grundsätzlich festgesetzt werden können (bejahend: Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817/819; Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87; Seite 3 des Rundschreibens des Bayer. Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.12.2017 – IIB5-4082.30-002/17; zurückhaltend/verneinend: Hofmeister/Mayer a.a.O.; Krautzberger a.a.O.). Soweit § 13b BauGB überhaupt die Möglichkeit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im vereinfachten Verfahren eröffnen sollte, ist die Gemeinde in diesem Fall zumindest gehalten, über § 1 Abs. 5 BauNVO diejenigen Nutzungen auszuschließen, die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 – Nr. 5 BauNVO i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zugelassen werden können (vgl. insofern auch – mit etwas anderem Hintergrund – die Empfehlung bei Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87 unter Rekurs auf das o.g. ministerielle Rundschreiben vom 13.12.2017). Denn Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe sowie Tankstellen können auch im weitesten Wortsinnverständnis nicht vom Tatbestandsmerkmal „Wohnnutzungen“ als gedeckt angesehen werden. Da in § 13b BauGB eine Bezugnahme auf § 9a BauGB bzw. auf die Baunutzungsverordnung (BauNVO) fehlt, kann insbesondere nicht darauf geschlossen werden, dass Festsetzungen von als Wohngebieten gem. § 1 Abs. 2, § 4, § 4a BauNVO bezeichneten Baugebieten mit (grundsätzlich oder ausnahmsweise zulässigen) Nutzungen, die keinen unmittelbaren Bezug zur Wohnnutzung haben, generell vom sachlichen Anwendungsbereich des § 13b BauGB umfasst sind. Eine solche Regelung gem. § 1 Abs. 5 BauNVO ist vorliegend für den angegriffenen Bebauungsplan unterblieben. Nach Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen wurde ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO ohne jegliche Einschränkungen und Ausschlüsse festgesetzt. Jedenfalls deshalb handelt es sich nicht um einen Bebauungsplan, der sich hinsichtlich der Festsetzung der zulässigen Art der baulichen Nutzung auf „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b BauGB beschränkt.

cc) Da mit der Planung unstreitig jedenfalls in weiten Bereichen Flächen überplant werden, die bislang als Außenbereich gem. § 35 BauGB zu qualifizieren sind, scheidet auch ein unmittelbarer Rückgriff der Gemeinde auf § 13a BauGB zur Rechtfertigung der Verfahrensvereinfachungen aus (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 ff. = juris Rn. 20 ff.).

dd) Die Wahl des beschleunigten Verfahrens anstelle des Regelverfahrens unter Verstoß gegen § 13b i.V. mit § 13a BauGB zählt an sich zwar nicht zu den beachtlichen Fehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB, führt aber zu – hier gem. § 214, § 215 BauGB beachtlichen – Folgefehlern.

Die Antragsgegnerin hat infolge der Anwendung des § 13b BauGB (i.V. mit § 13a Abs. 2 Nr. 1, § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB) eine Umweltprüfung im Sinn des § 2 Abs. 4 BauGB unterlassen und entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BauGB keinen Umweltbericht erstellt, der als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf öffentlich auszulegen und nach § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen gewesen wäre. Diese Fehler sind nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beachtlich (zu § 13a BauGB vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 8.3.2017 – 10 D 12/16.NE – BauR 2017, 1307 = juris Rn. 36 ff.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560). Ob infolge der Anwendung des § 13b BauGB zudem gegen das Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (vgl. § 8 Abs. 2, Abs. 3 BauGB), verstoßen wurde und ob ein solcher Verstoß gem. § 214 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 4 BauGB erheblich wäre, kann dahingestellt bleiben.

Der Antragsteller hat die fehlerhafte Anwendung des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB – und damit implizit die fehlerhafte Anwendung der vorgenannten Verfahrensvereinfachungen und die damit einhergehenden Mängel des Bebauungsplans – rechtzeitig in noch offener Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB über den Normenkontrollantrag sowie den vorliegenden Eilantrag gerügt, sodass die Mängel auch nicht nachträglich unbeachtlich geworden sein können (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 37 m.w.N.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560).

b) Nach der im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte der angegriffene Bebauungsplan zudem an einem Ermittlungsbzw. Bewertungsdefizit gem. § 2 Abs. 3 BauGB leiden.

aa) Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – KommJur 2017, 112 = juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 22; U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 39). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Hiernach hatte die Antragsgegnerin auch das Interesse des Antragstellers an der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks FlNr. ... einschließlich des hier hinreichend konkretisierten Interesses an einer Betriebsentwicklung sowie des Interesses, vor den Nachteilen eines Heranrückens einer schutzbedürftigen, geruchsempfindlichen Wohnbebauung verschont zu bleiben, gem. § 1 Abs. 7 BauGB fehlerfrei in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), und hierfür die diesbezüglichen Belange (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) resp. die zu prognostizierende Geruchsbelastung gemäß § 2 Abs. 3 BauGB vollständig und richtig zu ermitteln und zu bewerten.

bb) Der Senat stuft allerdings die Erwägung, dass eine Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 12% im Bereich der Baufenstern im südwestlichen Bereich des Plangebiets zumutbar sei, als solche nicht als abwägungsfehlerhaft ein.

Ausweislich der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung der Antragsgegnerin vom 6. Dezember 2017 stellte der Gemeinderat in Rechnung, dass im Übergangsbereich von Wohngebiet und Außenbereich laut Gutachteraussage bis zu 15% Geruchsstundenhäufigkeiten möglich seien. In der Begründung zum Bebauungsplan wird – hierzu korrespondierend – unter „9. Immissionsschutz“ diesbezüglich ausgeführt, dass im Bereich der Bauparzellen 1 bis 6 sowie 12 bis 35 der nach Nr. 3.1 der GIRL zulässige Immissionswert von 10% Jahresstundenhäufigkeit eingehalten bzw. unterschritten werde. Soweit im Bereich der Parzellen 7 bis 11 Maximalwerte von 11% bis 12% Geruchshäufigkeit prognostiziert würden, handele es sich um einen Übergangsbereich zweier unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete, die direkt aneinandergrenzten bzw. ineinander übergingen. Hier sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. In diesem Übergangsbereich vom Außenbereich in einen Wohnbereich am südlichen Rand des Geltungsbereiches des Bebauungsplans liege man mithin innerhalb einer tolerierbaren Geruchsbelastung. Die landwirtschaftlichen Betriebe würden durch die Ausweisung des allgemeinen Wohngebiets keine zusätzliche Einschränkung in ihren Entwicklungsmöglichkeiten erfahren. Für den bestehenden Rinderhaltungsbetrieb des Antragstellers sei die geplante Erweiterung auf der FlNr. ... gemäß den Angaben des Betreibers in der Geruchsprognose berücksichtigt worden. Die restlichen Betriebe hätten keine konkreten Erweiterungswünsche geäußert.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 als sachgerechte Entscheidungshilfe bzw. Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 13 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen; sie wird allgemein als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 99 m.w.N.). Damit kann die GIRL zwar auch zur Bewertung von Geruchsbelästigungen in der Bauleitplanung herangezogen werden. Ihre Geruchsimmissionswerte – hier Nr. 3.1 (Geruchsimmissionswert von 0,10 für Wohngebiete) – sind aber weder im Baugenehmigungsverfahren noch im Bauleitplanverfahren als absolut zwingende Grenzwerte anzusehen (vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 19). Wie bei der Lärmbelastung ist es auch bei Geruchsimmissionen eine Frage des jeweiligen Einzelfalles, was der Plangeber in der jeweiligen konkreten planungsrechtlichen Situation in seine Abwägungsentscheidung einzustellen hat. Die Orientierungswerte der GIRL können daher als Ergebnis der Abwägung im Verfahren der Bauleitplanung insbesondere im Übergangsbereich zum Außenbereich – maßgeblich aufgrund der Überlegung, dass dort die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt ist (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 101 m.w.N.) – überschritten werden. Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, sodass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 14; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.3.2015 – 2 L 184/10 – juris Rn. 96; HessVGH, U.v. 1.4.2014 – 9 A 2030/12 – ESVGH 64, 191 = juris Rn. 64). Die GIRL versteht ihre eigenen Immissionswerte selbst nicht als absolut zwingende Beurteilungsvorgabe, weil sie laut ihrer Begründung und ihren Auslegungshinweisen (vgl. dort „Zu Nr. 3.1 GIRL“) insbesondere für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich Zwischenwerte bis zum Immissionswert für Dorfgebiete in Höhe von 15% für vertretbar erachtet (BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats, die einen vom eingeschalteten Gutachterbüro prognostizierten Geruchsimmissionswert von 0,12 für Bauflächen im südwestlichen Teil des Plangebiets für zumutbar erachtet, ist mithin grundsätzlich nicht zu beanstanden. Hiermit ist nicht etwa das Interesse künftiger Bewohner des Plangebiets am Schutz vor unzumutbaren Geruchsimmissionen unangemessen niedrig bewertet, sondern lediglich das situationsbedingte Schutzniveau des festgesetzten Baugebiets zutreffend beschrieben und vertretbar bewertet worden (zum Ganzen vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 25 f.). Von ungesunden Wohnverhältnissen kann jedenfalls bei einem Geruchsimmissionswert von unter 0,15, der nach der GIRL in einem Dorfgebiet, in dem auch gewohnt wird, zumutbar ist, nicht die Rede sein (zur Zumutbarkeit noch höherer Immissionswerte bei einer Wohnnutzung im Außenbereich vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3 f.; OVG NRW, U.v. 5.5.2015 – 10 D 44/12.NE – BauR 2015, 1446 = juris Rn. 46 f.).

cc) Nach Aktenlage und nach dem Vortrag des Antragstellers dürfte die Antragsgegnerin allerdings gegen das Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB zur hinreichenden Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials verstoßen haben, weil sie den Umfang der konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers auf FlNr. ... und damit die tatsächlichen Grundlagen für die Geruchsprognose nicht vollumfänglich und korrekt aufgeklärt haben dürfte. Damit dürften auch die Belange seines landwirtschaftlichen Betriebs (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) nicht fehlerfrei ermittelt und bewertet worden sein.

Soweit Erweiterungsabsichten eines Landwirts – wie hier die im Vorbescheidantrag manifestierten Planungen des Antragstellers – einen hinreichenden Konkretisierungsgrad erreicht haben, sodass sie in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist Voraussetzung für eine tragfähige, belastbare Geruchsbelastungsprognose, dass von der planenden Gemeinde auch die „richtigen“ Erweiterungsabsichten des betroffenen Landwirts zugrunde gelegt werden. Insofern hatte die Antragsgegnerin die Obliegenheit der sorgfältigen Ermittlung, welche konkreten Erweiterungsabsichten der Antragsteller im Zusammenhang mit dem laufenden Vorbescheidverfahren (noch) verfolgt und welche genauen Emissionsquellen für die Geruchsprognose zugrunde zu legen waren. Das gilt maßgeblich hinsichtlich der Frage der Einbeziehung des Kälberstalles im östlichen Bereich der FlNr. ..., der ausdrücklich Gegenstand des Vorbescheidantrags war, der vor dem Aufstellungsbeschluss im Verfahren der Bauleitplanung gestellt worden war. Die Notwendigkeit der Einbeziehung dieses Kälberstalles in die Prognose und die Abwägung wäre zwar zu verneinen, wenn der Antragsteller während des laufenden Vorbescheidverfahrens bzw. während des Verfahrens der Bauleitplanung bis zum Satzungsbeschluss auf diesen verzichtet hätte. Nach der dem Senat vorliegenden Vorbescheidakte spricht hierfür allerdings nichts. Die Ermittlung des zugrunde zu legenden Erweiterungsbedarfs – mit dem Ergebnis, dass der Kälberstall nicht zu berücksichtigen sei – hat die Antragsgegnerin vorliegend vielmehr aus der eigenen Regie gegeben und dem Gutachterbüro überlassen. Sie hat sich vor dem Satzungsbeschluss auf eine kurze Nachfrage beim Gutachterbüro beschränkt und sich auf dessen knappe E-Mail-Antwort gestützt, ohne die Möglichkeit eines Kommunikationsfehlers zwischen dem Antragsteller und dem Gutachterbüro in Erwägung zu ziehen und die Richtigkeit der angenommenen Aufgabe des Kälberstalles durch Rückfrage beim Antragsteller oder beim Landratsamt bzw. durch Einsichtnahme in die Akten des laufenden Vorbescheidverfahrens zu verifizieren. Weil sich der Antragsteller im Planungsverfahren ausdrücklich darauf berufen hat, am Kälberstall festzuhalten und die Richtigkeit der gutachterlichen Geruchsprognose deswegen substanziiert angegriffen hat, wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, dem zunächst sorgfältig ermittelnd nachzugehen, um die zu prognostizierende Geruchsbelastung des Plangebiets überhaupt richtig bewerten, d.h. mit den richtigen Prognosewerten und damit mit dem gebotenen Gewicht der Abwägung zu Grunde legen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 23).

Wird im vorliegenden Eilverfahren aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht auf den Kälberstall verzichtet hat, und geht man deshalb aufgrund mangelnder sorgfältiger Ermittlung der tatsächlichen Erweiterungsabsichten von einem Ermittlungsdefizit aus, vermag der Senat derzeit nicht abzuschätzen, ob dieser Mangel im Hauptsacheverfahren am Maßstab von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als beachtlich oder unbeachtlich anzusehen wäre. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Kommune bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Vorliegend dürfte sich die Offensichtlichkeit des Ermittlungsdefizits unmittelbar aus den Vorbescheid- und den Normaufstellungsakten ergeben (Einwendung im Verfahren der Bauleitplanung gegen die immissionsschutztechnische Begutachtung, dass am Kälberstall festgehalten wird; kein Verzicht auf den Kälberstall laut den vorliegenden Vorbescheidakten; keine Nachforschungen der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller sowie dem Landratsamt hinsichtlich der Frage der fortbestehenden Einbeziehung des Kälberstalls in die Erweiterungsplanung). Fraglich ist aber, ob die Mängel auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen sind. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne diese die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 29 m.w.N.). Die Aussage des Gutachters in der E-Mail an die Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2017, wonach sich bei Einbeziehung des Kälberstalls „praktisch keine Änderung der Immissionswerte“ ergäbe, kann ohne nähere Erläuterung zu der Frage, ob und inwiefern sich bei Einbeziehung des Kälberstalls der Gesamtviehbestand sowie damit der für die Geruchsprognose zugrunde zu legende GV-Wert relevant ändern, sowie ohne nähere Darlegung eines Berechnungsergebnisses vom Senat nicht nachvollzogen werden. Es kann mithin im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass das immissionsschutztechnische Gutachten im Falle der Berücksichtigung des Kälberstalles zu denselben Geruchsprognosewerten gelangt wäre und dass deshalb der Gemeinderat der Antragsgegnerin in jedem Falle den Satzungsbeschluss mit demselben Inhalt erlassen hätte. Es ist – zumal im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO – auch nicht Sache des Normenkontrollgerichts, etwa über ein Sachverständigengutachten selbst zu ermitteln, ob sich eine potenzielle zusätzliche Belastungswirkung in einem Marginalbereich bewegt, der die Unbeachtlichkeit des Ermittlungsdefizits der Kommune gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zur Folge haben könnte (BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 28). Insofern muss jedenfalls derzeit, d.h. im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag gem. § 47 Abs. 6 VwGO, die Möglichkeit der Ergebnisrelevanz eines entsprechenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizits in Rechnung gestellt werden.

dd) Ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch ein materieller Abwägungsfehler in Form eines Abwägungsdefizits und / oder einer Abwägungsfehleinschätzung vorliegen könnte, falls wegen nicht vollständiger Berücksichtigung aller erheblicher (künftiger) Emissionsquellen des Milchviehbetriebs auf FlNr. ... von einer tatsächlich zu geringen Geruchsbelastung im betroffenen Plangebiet ausgegangen worden sein sollte.

Dem weiteren Einwand des Antragstellers, es sei widersprüchlich und abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin einerseits eine Überschreitung der Immissionswerte der Nr. 3.1 der GIRL als zumutbar ansehe, andererseits aber eine Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs auf FlNr. ... nur nach Westen hin als rechtlich möglich erachte und einer Erweiterung nach Norden hin grundsätzlich die Zustimmung verweigere, muss im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden.

Da die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b und § 13a BauGB nicht vorliegen [s.o. a) ], findet vorliegend ferner § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB keine Anwendung, wonach in den Fällen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB Eingriffe, die aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als i.S.d. § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig gelten (zur grundsätzlich entsprechenden Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB über § 13b Satz 1 BauGB vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/746). Auch insofern könnten wegen unterbliebener Erwägungen zu einem naturschutzrechtlichen Ausgleichsbedarf gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB erhebliche Fehler sowohl in Form eines Ermittlungs- und Bewertungsdefizits (Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB) als auch in Form eines Abwägungsdefizits (§ 1 Abs. 7 BauGB) vorliegen. Auch dies kann vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen und bedarf keiner tieferen Betrachtung.

c) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers ist aufgrund des festgestellten Rechtsverstoßes gegen § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB sowie aufgrund des nach summarischer Prüfung womöglich vorliegenden Ermittlungsdefizits (s.o.: Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB in Bezug auf die konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers) dringend geboten. Die Einwendung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 27. April 2018, wonach Erschließungsanlagen noch nicht errichtet würden und derzeit weder eine Erschließungsplanung noch eine Ausschreibung hierfür existierten, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Nachdem der Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach zulässig und begründet ist, spricht bereits indiziell Überwiegendes dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss (s.o.; BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; für den Fall eines Verstoßes gegen § 13a BauGB vgl. BayVGHG, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 15 ff.). Im Übrigen hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Senat keine verbindliche Erklärung abgegeben, bis zur Entscheidung des Senats in der Hauptsache (also über den Normenkontrollantrag im Verfahren 15 N 18.41) auf die Schaffung von Erschließungsmöglichkeiten im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verzichten. Da nach den eigenen Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren aktuell eine erhebliche Nachfrage nach Wohnbauland im Gemeindegebiet bestehe, bereits sämtliche Parzellen des streitgegenständlichen Bebauungsplans reserviert seien und sich 18 weitere Erwerbswillige auf einer Warteliste hätten eintragen lassen, muss angesichts des hieraus folgenden Baudrucks – ungeachtet der Frage, ob nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Grundstücke im östlichen Plangebiet entlang des G...wegs hinreichend erschlossen sind – jederzeit damit gerechnet werden, dass die Antragsgegnerin die Erschließung vorantreibt und damit die formalen Voraussetzungen für (parallele) Genehmigungsverfahren und / oder Genehmigungsfreistellungsverfahren schafft. Durch die dann zu erwartende Verwirklichung der geplanten Wohnbauvorhaben könnten Vorbindungen entstehen, die mit Blick auf noch erforderliche Nachermittlungen und Bewertungen zur Betriebserweiterung des Antragstellers und damit zur Geruchsbelastung (s.o.) einer womöglich notwendigen (nachträglichen) Umplanung des Baugebiets entgegenstehen könnten (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 13). Auch wenn die Wahl des falschen Verfahrens nicht unmittelbar die Interessens- und Rechtssphäre des Antragstellers betrifft, ist sie im Eilverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO nicht irrelevant. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, sind bei der Beurteilung wichtiger Gründe und deren Dringlichkeit i.S. von § 47 Abs. 6 VwGO Einwendungen außerhalb der subjektiven Betroffenheit der Antragsteller in der allgemeinen Interessenabwägung zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 3.3.2017 a.a.O. juris Rn. 29 m.w.N.). Im Falle einer nicht auszuschließenden zeitnahen Umsetzung des Bebauungsplans droht daher aufgrund erheblicher Investitionen für Erschließungsmaßnahmen und für die Errichtung der Wohngebäude die Schaffung vollendeter Tatsachen, sodass unter Einbeziehung aller vorgenannter Umstände der Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung unaufschiebbar erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 a.a.O.).

d) Die weiteren Einwände des Antragstellers,

– der Bebauungsplan sei wegen unzumutbarer Hürden bei der Einsichtnahme im Rahmen des Beteiligungsverfahrens gem. § 3 Abs. 2 BauGB formell fehlerhaft (vgl. hierzu jeweils m.w.N.: Spieß in Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, zu § 3 BauGB Rn. 21; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 3 Rn. 39, 39a),

– der Planung fehle die Erforderlichkeit i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil ein Bedarf nach der Anzahl der Wohnbaugrundstücke nicht nachgewiesen worden sei und noch viele unbebaute Bauparzellen in anderen Baugebieten bzw. im gemeindlichen Innenbereich existierten (hierzu vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 42 m.w.N. sowie BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht, wonach es im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob es in anderen Ortsteilen noch freie Bauplätze gibt, auf denen sich eine Wohnbebauung möglicherweise ebenfalls realisieren ließe),

– es sei aufgrund der Ausdehnung der Bebauung in den Außenbereich von einem Verstoß gegen ein landesbzw. regionalplanerisches Gebot der Nachverdichtung auszugehen (vgl. hierzu BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 57; BayVGH, U.v. 24.8.2015 – 2 N 14.48 – juris Rn. 49; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht; zu vergleichbaren rechtlichen Hürden aus § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB und dem Abwägungsgebot vgl. BayVerfGH, E.v. 29.3.2012 – Vf. 5-VII-11 – BayVBl. 2013, 14 = juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 20.4.2011 – 15 N 10.1320 – BayVBl 2012, 110 = juris Rn. 115 m.w.N.; U.v. 24.8.2015 a.a.O. Rn. 66),

– die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung / Oberflächenwasserableitung gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen, weil das hierfür erforderliche Regenrückhaltebecken im Bebauungsplan selbst keiner Regelung zugeführt worden sei (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 33 ff., zur Möglichkeit „planerischer Zurückhaltung“ unter Konfliktverlagerung auf ein der Bauleitplanung nachfolgendes wasserrechtliches Verfahren vgl. BayVGH, U.v. 23.4.2012 – 1 N 11.986 – juris Rn. 17 ff.; U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 57 ff.),

– die Umsetzung des Bebauungsplans führe im Bereich der Zufahrtsstraßen außerhalb des Plangebiets zu einer abwägungserheblichen Zunahme des Verkehrslärms, die gem. § 2 Abs. 3 BauGB hätte ermittelt und in die Abwägung einbezogen werden müssen (im Falle einer entsprechenden Einwendung im Planungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 17 f., 22 ff.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 19, 21 ff.; zu Fallgestaltungen mangelnder Abwägungsrelevanz vgl. BayVGH, B.v.19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 15; U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – juris Rn. 22 ff. sowie im Anschluss BVerwG, B.v. 24.8.2017 – 4 BN 35.1 – juris Rn. 6),

– es sei fehlerhaft nicht erwogen worden, dass er – der Antragsteller – das Grundstück FlNr. ... gepachtet habe und dass die Bauleitplanung mithin in sein Besitzrecht eingreife,

sind aufgrund der Erwägungen zu a) – c) nicht mehr entscheidungserheblich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 und Abs. 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

4. Entsprechend § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ist die Nr. I der Entscheidungsformel allgemein verbindlich und muss von der Antragsgegnerin in derselben Weise veröffentlicht werden, wie der angegriffenen Bebauungsplan.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 9. September 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,- € festgesetzt.


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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag vom 31. Januar 2018 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, den Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan der Antragsgegnerin „...“ mit 1. Änderung „...“ in der Fassung vom 22. Mai 2017 (im Folgenden: Bebauungsplan) bis zur Entscheidung über seinen Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen. Der Antragsteller hat am 5. Januar 2018 einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan gestellt (Az. 9 N 18.49).

Nach Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wurde der Bebauungsplan am 22. Mai 2017 vom Gemeinderat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossen. Am 25. Oktober 2017 wurde der Satzungsbeschluss bekanntgemacht. Ausweislich der Begründung zur Grünordnung/Umweltbericht vom 22. Mai 2017 umfasst der Geltungsbereich des Bebauungsplans einschließlich Ausgleichsflächen und Grünflächen eine Fläche von 20.669 m². Auf einer Teilfläche von ca. 12.000 m² im südlichen Teil des Plangebiets ist ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Im nördlichen Bereich des Plangebiets wurde ein bestehendes Regenrückhaltebecken in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen und als Fläche für die Abwasserbeseitigung „Regenrückhaltebecken“ festgesetzt.

Der Antragsteller ist Eigentümer des in nordwestlicher Richtung außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstücks FlNr. ... Gemarkung T..., auf dem sich seine landwirtschaftliche Hofstelle befindet. Der kürzeste Abstand zwischen dem Hofgrundstück des Antragstellers und dem Plangebiet beträgt ca. 65 m; und zum festgesetzten allgemeinen Wohngebiet beträgt der Abstand ca. 130 m. Mit zwei Vorbescheiden vom 26. Mai 2017 wurden dem Antragsteller bauaufsichtliche Genehmigungen für die Errichtung von Stallgebäuden „für Milchkühe mit 139 Liegeboxen, Futtersilo und Güllebehälter“ auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung T... und alternativ „für Kühe mit 70 Liegeboxen“ auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung T... in Aussicht gestellt. Der geringste Abstand zwischen dem Grundstück des Antragstellers FlNr. ... Gemarkung T... und der östlichen Grenze des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans beträgt ca. 105 m.

Der Antragsteller beruft sich auf seine Eigentümerstellung an einem „unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Grundstück“. Da in der vorgegebenen Situation die Möglichkeit bestehe, dass eine entsprechende planerische Ausgestaltung rechtswidrig sei, komme eine Verletzung aus Art. 14 GG in Betracht. Der Antragsteller habe auch einen Anspruch auf Abwehr der heranrückenden Wohnbebauung. Das gelte vor allem, weil ihm der alternative Bau zweier neuer Kuhställe in einer Entfernung von 120 m zum geplanten Baugebiet genehmigt worden sei. Durch die Planung werde die Möglichkeit des Antragstellers beschnitten, seinen landwirtschaftlichen Betrieb wie bisher weiterzuführen, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Die Silage seines Betriebs werde über den Schotter Weg abtransportiert, der im Osten an das Plangebiet angrenzt. Dies führe zu einer erheblichen Lärm- und Geruchsbelästigung auch nach 22:00 Uhr. Auf diesen Transportweg sei der Antragsteller angewiesen. Würden die an diesem Weg vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt, sei er nicht mehr mit landwirtschaftlichen Maschinen befahrbar. Im Übrigen sei die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans aus anderen wichtigen Gründen geboten, die im Hauptsacheverfahren vorgebracht worden seien.

Der Antragsteller beantragt,

den am 25. Oktober 2017 bekannt gemachten Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan für das Baugebiet „...“ mit 1. Änderung des Bebauungsplans „...“ der Antragsgegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag des Antragstellers außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO abzulehnen.

Der Antrag sei nicht zur Abwendung schwerer Nachteile oder aus anderen Gründen zwingend geboten. Im Hauptsacheverfahren werde der Antrag mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben; an einem schweren Nachteil des Antragstellers fehle es.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (auch im Hauptsacheverfahren Az. 9 N 18.49), insbesondere den Vortrag der Verfahrensbeteiligten und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Planaufstellungsakten verwiesen.

II.

Der Antrag ist unzulässig.

1. Der Antragsteller hat keine Umstände geltend gemacht, die seine Antragsbefugnis begründen könnten.

Die Antragsbefugnis im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO entspricht der des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für das Normenkontrollverfahren (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 47 Rn. 108; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 47 Rn. 148, jeweils m.w.N.). Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 6 VwGO ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154 = juris Rn. 10 m.w.N.). Dem genügt das Vorbringen des Antragstellers nicht.

Als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs kann der Antragsteller zwar grundsätzlich die Belange der Landwirtschaft (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) geltend machen, zu denen auch die spezifischen Belange eines landwirtschaftlichen Betriebs gehören, namentlich zu befürchtende Einschränkungen des Bestandes und seiner Entwicklungsmöglichkeiten durch eine heranrückende Wohnbebauung. Ob sie in der konkreten Planungssituation Berücksichtigung finden müssen oder nicht abwägungsbeachtlich sind, insbesondere weil sie geringwertig, nicht schutzwürdig oder für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar sind, beurteilt sich aber nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2015 – 4 BN 39.15 – ZfBR 2016, 156 = juris Rn. 3 m.w.N.). Hiervon ausgehend ist nicht ersichtlich, dass die geltend gemachten Interessen des Antragstellers in der konkreten Planungssituation abwägungsbeachtlich sind.

a) Der Antragsteller ist weder Eigentümer von im Plangebiet liegenden Grundstücken noch grenzen seine Grundstücke FlNr. ... und FlNr. ... Gemarkung T... an das Plangebiet an. Das nördlich des Plangebiets liegende Grundstück FlNr. ... Gemarkung T..., auf dem der Antragsteller seine Hofstelle betreibt, beginnt in einer Entfernung von ca. 65 zur Nordgrenze des Plangebiets (Regerückhaltebecken) und in einer Entfernung von ca. 130 m zum festgesetzten allgemeinen Wohngebiet bzw. ca. 145 m zum nördlichsten Bauraum des allgemeinen Wohngebiets. Das östlich des Plangebiets liegende Grundstück FlNr. ... Gemarkung T..., auf dem der Antragsteller einen Stallneubau plant, beginnt in einer Entfernung von ca. 105 m zum Plangebiet (ca. 110 m zum allgemeinen Wohngebiet, ca. 115 m zum Bauraum des allgemeinen Wohngebiets).

Angesichts dieser tatsächlichen Umstände bestehen keine Anhaltspunkte für die geltend gemachte Konfliktsituation zwischen der festgesetzten Wohnbebauung und dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller seinen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb nach Umsetzung des Bebauungsplans nicht im bisherigen Umfang weiter führen könnte.

Der Abstand der in den Bauräumen möglichen Wohngebäude zum Hofstellengrundstück des Antragstellers FlNr. ... Gemarkung T... beträgt wenigstens 145 m. Dem Betrieb auf der Hofstelle des Antragstellers zuzurechnende, auf die geplante Wohnbebauung einwirkende Geräusch- und/oder Geruchsimmissionen, die geeignet sein könnten, nach Art, Ausmaß oder Dauer erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), sind schon deshalb nicht ernstlich zu besorgen, weil die bestehende Wohnnutzung südlich der Hofstelle in der...straße mit einem Abstand von ca. 80 m (vgl. z.B. FlNr. ... Gemarkung T......) deutlich näher an der Hofstelle des Antragstellers liegt als die ebenfalls im Süden der Hofstelle geplante Wohnnutzung.

aa) Soweit der Antragsteller Nachtfahrten über den Feld Weg geltend macht, der am festgesetzten allgemeinen Wohngebiet vorbeiführt, legt er schon nicht dar, wie viele Fahrten nach 22:00 Uhr in seinem landwirtschaftlichen Betrieb realistischer Weise anfallen. Seine pauschale Behauptung, der Abtransport der Silage und der Transport von Gülle auch nach 22:00 Uhr führten zu einer erheblichen Lärm- und Geruchsbelastung, ohne dass es sich um seltene Ereignisse handle, ist deshalb nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen kann dahinstehen, ob angesichts des geringen Verkehrsaufkommens auf dem Schotter Weg, der nicht der Erschließung des Plangebiets dient, eine Überschreitung des Orientierungswerts der DIN 18005 (Schallschutz im Städtebau) von 45 dB(A)/nachts, von dem sich die Antragsgegnerin bei der Planung hat leiten lassen (vgl. Planbegründung Nr. 9), an den mehr als 10 m von der Wegmitte entfernten überbaubaren Grundstücksflächen überhaupt in Betracht kommt. Denn jedenfalls sind etwaige Betriebsbeschränkungen für den Antragsteller nach den §§ 24, 25 BImSchG in entsprechender Anwendung der TA Lärm nicht zu erwarten (vgl. Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm).

bb) Hinsichtlich sonstiger Geruchs- und Geräuschbelastungen, die aufgrund der Nachbarschaft zu landwirtschaftlichen Wegen und Flächen insbesondere in der Erntezeit zu erwarten sind, hat die Antragsgegnerin darauf abgestellt, dass diese bei der Ausweisung von Bauflächen am Ortsrand zwangsläufig gegeben und als zumutbar hinzunehmen sind (vgl. Planbegründung Nr. 9). Diese Bewertung trifft zu. Denn bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen sind etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist. Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BauR 2017, 1978 = juris Rn. 13 m.w.N.). Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs können auch nicht damit rechnen, dass in ihrer Nachbarschaft keine emittierenden Nutzungen oder höchstens ebenfalls nur eine Wohnnutzung entsteht; sie dürfen nur darauf vertrauen, dass keine mit ihrer Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht. Das ist nicht der Fall, wenn die Lärmbelastung nicht über das in einem Misch- oder Dorfgebiet zulässige Maß hinausgeht, denn auch diese Gebiete dienen dem Wohnen (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1990 – 4 N 6.88 – NVwZ 1991, 881 = juris Rn. 29).

b) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Errichtung eines Stallgebäudes auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung T... „für Milchkühe mit 139 Liegeboxen, Futtersilo und Güllebehälter“ (vgl. Vorbescheid vom 26.5.2017, Az. ......) oder – alternativ – auf dem Grundstück FlNr. ... „für Kühe mit 70 Liegeboxen“ (vgl. Vorbescheid vom 26.5.2017, Az. ......) durch den Bebauungsplan erschwert werden könnte.

aa) Ausweislich der als Hinweis in die Vorbescheide vom 26. Mai 2017 aufgenommenen Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sind die derzeit vorhandenen Flächen des Antragstellers ausreichend für jeweils eines der beantragten Bauvorhaben, nicht jedoch für beide (§ 201 BauGB). Das Vorhaben des Antragstellers für die Errichtung eines Stallgebäudes auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung T... wurde vom Umweltamt des Landratsamts S... unter Berücksichtigung des vorhandenen Tierbestands sowie der Althofstelle anhand der bayerischen Rinderabstandsregelung (Immissionsschutz in der Landwirtschaft) und der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 vom November 2012 überprüft (vgl. Stellungnahme vom 1.3.2017). Danach sind schädliche Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Belästigungen durch Gerüche bei den gewahrten Abständen der geplanten Wohnbebauung von 106 m zur Stallaußenwand bzw. 130 m zum Emissionsschwerpunkt nicht zu erwarten. Auch eine relevante Geruchsvorbelastung aus der Rinderhaltung im Altort sei nicht gegeben. Diese Bewertung liegt auf der sicheren Seite, weil das Umweltamt auf den Richtwert der Geruchs-Immissionsrichtlinie (GIRL) für ein Wohngebiet in Höhe von 10% der Geruchsstundenhäufigkeit abgestellt hat, obwohl die GIRL für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich – wie hier – Zwischenwerte bis zum Immissionswert für Dorfgebiete in Höhe von 15% für vertretbar erachtet (vgl. Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL).

bb) Soweit es Erweiterungsabsichten auf der Hofstelle des Antragstellers betrifft, hat die Antragsgegnerin in der Planbegründung (Nr. 9) und im Beschluss über die Abwägung vom 22. Mai 2017 darauf abgestellt, dass die bestehende Wohnnutzung südlich der Hofstelle in der F...straße mit einem Abstand von ca. 80 m (vgl. z.B. FlNr. ... Gemarkung T......) deutlich näher an der Hofstelle des Antragstellers liegt als die ebenfalls im Süden der Hofstelle geplante Wohnnutzung, die einen Abstand von ca. 145 m wahrt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die geplante Wohnbebauung zu keinen Betriebsbeschränkungen führen kann, die nicht schon derzeit wegen der näher gelegenen vorhandenen Wohnbebauung geboten wäre (vgl. BVerwG, U.v. 21.10.1999 – 4 CN 1.98 – NVwZ 2000, 807 = juris Rn. 19; BVerwG, B.v. 19.1.1996 – 4 B 7.96 – juris Rn. 4; BVerwG B.v. 5.3.1984 – 4 B 171.83 – NVwZ 1984, 646 = juris Rn. 3, jeweils m.w.N.).

cc) Weitere konkrete Erweiterungsabsichten, die die Antragsgegnerin bei ihrer Planung hätte berücksichtigen müssen, hat der Antragsteller nicht eingewandt. Insoweit sind ohnehin nur künftige Betriebsausweitungen im Rahmen einer normalen Betriebsentwicklung abwägungsbeachtlich (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; BVerwG, B.v. 18.7.2002 – 4 BN 17.02 – juris Rn. 9, jeweils m.w.N.).

c) Die vonseiten des Antragstellers eingewandte eingeschränkte Nutzung des Schotterwegs, über den er seine Silage und die Gülle abtransportiere, ist nicht abwägungsbeachtlich.

Der bestehende Weg auf den Grundstücken FlNr. ... und ... Gemarkung T... liegt außerhalb des Plangebiets und wird nicht verändert. Die entlang dieses Wegs an dessen Westseite im Plangebiet festgesetzten Maßnahmen auf der Ausgleichsfläche A 1 (FlNr. ... Gemarkung T......) zum Erhalt bestehender Hecken- und Baumstrukturen sowie zur Pflanzung von Hecken, Sträuchern und einiger Wildobstbäume berühren ersichtlich keinen schutzwürdigen Belang des Antragstellers. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der Antragsgegnerin auf den öffentlichen Flächen geplanten Anpflanzungen längs des Weges ordnungsgemäß unterhalten werden. Soweit Anpflanzungen geeignet sind, die Sicherheit und Leichtigkeit des zugelassenen Verkehrs zu beeinträchtigen, obliegt es zudem im Zweifel der Straßenbaubehörde, deren Beseitigung oder Rückschnitt durchzusetzen (vgl. Art. 29 Abs. 2, 3 BayStrWG).

d) Der Einwand des Antragstellers, der Graben des Regenrückhaltebeckens stehe teilweise in seinem Eigentum, lässt ebenfalls keinen in der Planung zu berücksichtigenden abwägungsbeachtlichen Belang erkennen.

Der ausweislich des Bestandslageplans (Anlage 2 zum Umweltbericht) nur temporär wasserführende Graben verläuft zunächst innerhalb und außerhalb des Plangebiets auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung T..., das der Antragsgegnerin gehört. Soweit der Graben außerhalb des Plangebiets entlang der Westgrenze des Hofgrundstücks des Antragstellers FlNr. ... Gemarkung T... weiter verläuft, besteht seit 1968 eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zur Duldung eines Entwässerungsgrabens zugunsten der Antragsgegnerin.

Dass die Festsetzung einer Fläche für die Abwasserbeseitigung „Regenrückhaltebecken“ sonst abwägungsbeachtliche Interessen des Antragstellers berühren könnte, ergibt sich aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht. Der pauschale Einwand des Antragstellers, eine weitere Bebauung führe zu einer Verschärfung der Entwässerungssituation, weil es im Verlauf der letzten Jahre zu Überschwemmungen gekommen sei, lässt sich nicht nachvollziehen. Auch bleibt offen, weshalb die Erschließung nicht gesichert oder der Kanal nicht ausreichend dimensioniert sein soll. Nach der Planbegründung dient das Regenrückhaltebecken als Retentionsraum für frühere Planungen und für die gegenständliche Planung (vgl. Begründung Nr. 8). Das Regenrückhaltebecken wurde im Zug der Umsetzung des Bebauungsplans „...“ bereits ausgeführt (vgl. z.B. Begründung Nr. 1, 2.1, Nr. 8 sowie Bestandslageplan, Anlage 2 zum Umweltbericht: „“Regenrückhaltebecken, bleibt erhalten“). Auch Regewasserkanäle zwischen dem Bebauungsplangebiet „...“ und dem Regenrückhaltebecken sind nach der Planbegründung bereits vorhanden, die durch die gegenständliche Planung mit genutzt werden können (vgl. Begründung Nr. 1). Das Wasserwirtschaftsamt B...... hat der Planung bereits im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung mit Stellungnahme vom 2. August 2016 grundsätzlich zugestimmt und im weiteren Verfahren auf diese Stellungnahme verwiesen.

2. Aus dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich auch nicht, weshalb der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten sein soll.

Soweit die Begründung der Anträge in den gerichtlichen Verfahren weitgehend der Stellungnahme des Umweltamts beim Landratsamt vom 22. August 2016 zur Entwurfsfassung im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung folgt, kann der Normenkontrollantrag in der Sache keinen Erfolg haben. Denn die Antragsgegnerin hat ihre Planung entsprechend angepasst (vgl. Stellungnahmen des Umweltamts vom 217.10.2016 und vom 5.1.2017).

Im Übrigen liegen die vom Antragsteller eingewandten Mängel entweder nicht vor oder sie wiegen – so sie denn vorliegen würden – nicht derart schwer, dass der Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – juris Rn. 4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 19.8.2016 – 9 NE 16.1517 – juris Rn. 17).

a) Die Kritik des Antragstellers an der Wohnbedarfsermittlung durch die Antragsgegnerin lässt keinen Mangel der Planung erkennen. Weder die Regierung von Unterfranken als höhere Landesplanungsbehörde noch der Regionale Planungsverband M...- ... haben zuletzt mit Stellungnahmen vom 26. Januar und 7. Februar 2017 noch Einwendungen erhoben.

aa) Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung nach § 1 Abs. 3 BauGB kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob es in anderen Ortsteilen noch freie Bauplätze gibt, auf denen sich eine Wohnbebauung möglicherweise ebenfalls realisieren ließe. Der Plangeber darf regelmäßig innerhalb des von ihm verfolgten planerischen Konzepts auch ohne konkrete Analyse des aktuellen Bedarfs die planerischen Voraussetzungen schaffen, die es ermöglichen, im Vorgriff auf zukünftige Entwicklungen einer Bedarfslage gerecht zu werden, die sich erst für die Zukunft abzeichnet (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl 2017, 153 = juris Rn. 42 m.w.N.).

bb) Bei den Planaussagen des Landesentwicklungsprogramms, wonach u.a. in den Siedlungsgebieten die vorhandenen Potenziale der Innenentwicklung möglichst vorrangig zu nutzen sind (Nr. 3.2 LEP), zur Erfassung der Innenentwicklungspotenziale im Gemeindegebiet auf die den Kommunen zur Verfügung gestellte Flächenmanagement-Datenbank zurückzugreifen ist (Begründung zu Nr. 3.2 LEP) und bei der Siedlungsentwicklung der demographische Wandel zu beachten ist (Nr. 1.2.1 LEP), handelt es sich bereits nicht um hinreichend bestimmte, vom Verordnungsgeber abschließend abgewogene Ziele der Raumordnung i.S.v. § 1 Abs. 4 BauGB (BayVerfGH. E.v. 18.2.2016 a.a.O. juris Rn. 51 ff. m.w.N.). Für die entsprechenden Festlegungen im Regionalplan Region M...- ... gilt nichts anderes.

cc) Von Vorstehendem abgesehen ist der Umfang der Erweiterungsfläche mit hier 16 Bauplätzen im Verhältnis zur Größe, Lage, Struktur und Ausstattung des gesamten Gemeindegebiets nicht so bedeutsam, dass von einer nicht mehr angemessenen Fortentwicklung der Bebauung gesprochen werden könnte (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 a.a.O. juris Rn. 56).

b) Die vom Antragsteller geltend gemachte „Konfliktplanung“, die nicht auflösbar sei, liegt aus den unter Nr. 1 dieser Entscheidung genannten Gründen nicht vor.

Auch sonst ergeben sich aus dem Vorbringen des Antragstellers keine unauflösbaren Konflikte. Für die beabsichtigte Abschirmung des Plangebiets zur vorhandenen Lagerhalle nordöstlich des geplanten Wohngebiets wurden u.a. Hecken- und Baumpflanzungen auf öffentlichen Grünflächen festgesetzt (vgl. textliche Festsetzung C.1); es ist ersichtlich ohne Belang, ob diese festgesetzten Pflanzungen derzeit nur aus ein paar Büschen mit einer Höhe von ca. 60 cm bestehen. Die Lagerhalle ist ausweislich der Planzeichnung M=1:1000 zudem über 40 m (Südwestecke des Gebäudes – Nordostecke des Bauraums) von den Bauräumen des festgesetzten allgemeinen Wohngebiets entfernt. Hinsichtlich elektromagnetischer Felder der Trafostation (FlNr. ......) wird auf Nr. 9 der Begründung zum Bebauungsplan verwiesen (vgl. auch Stellungnahme des fachlichen Immissionsschutzes beim Landratsamt vom 21.2.2017). Weshalb das seit Jahren bestehende Regenrückhaltebecken die festgesetzte Wohnnutzung durch Geruch und Lärm beeinträchtigen sollte, wird nicht ausgeführt.

c) Die Grünordnungsplanung der Antragsgegnerin begegnet nach ihrer Änderung im Aufstellungsverfahren keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit der Antragsteller ausführt, die Änderungen seien nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans zu beseitigen, fehlt es an einem substantiierten Sachvortrag. Die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt hat zuletzt mit Stellungnahme vom 25. Januar 2017 jedenfalls ihr Einverständnis mit der Planung erklärt.

d) Auch sonst sind keine schweren Nachteile oder andere wichtige Gründe erkennbar, die eine Außervollzugsetzung des Bebauungsplans dringend gebieten würden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der am 11. Dezember 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H... wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt als Inhaber eines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs auf dem (Außenbereichs-) Grundstück FlNr. ... der Gemarkung I... vorläufigen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den von der Antragsgegnerin am 11. Dezember 2017 bekannt gemachten Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H...“.

Der angegriffene Bebauungsplan, der ein allgemeines Wohngebiet für etwa 37 Bauparzellen festgesetzt (die beispielhaft / deskriptiv in der Planzeichnung dargestellt werden), überplant eine die FlNrn. ..., ... sowie Teilflächen der FlNrn. ..., ... umfassende, bislang unbebaute Fläche mit einer von der Antragsgegnerin angegebenen Größe von ca. 3,31 ha westlich des bestehenden Ortsrands und nördlich des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers. Der östliche Teil des Plangebiets mit einer Fläche von etwa 6.000 m², der für eine Bebauung mit etwa 9 Wohnhäusern vorgesehen ist (Parzellen 1, 2, 19, 20, 21, 22, 23a, 23b, 24) ist nach Osten durch den von Nordost nach Südwest verlaufenden G...weg begrenzt, an den sich östlich und südöstlich die innerörtliche Bebauung des Gemeindegebiets anschließt. Nördlich dieses östlichen Teils des Plangebiets schließt sich auf einer Ausdehnung von ca. 60 – 65 m in Nord-Süd-Richtung der Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ mit einem ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet („WA“) an, der nach den auf den Internetseiten der Verwaltungsgemeinschaft S... abrufbaren Informationen ursprünglich im Dezember 1999 aufgestellt und im Jahr 2008 geändert wurde. In dem ca. 1 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans sind nach den Bestandsdarstellungen in der Planzeichnung des streitgegenständlichen Bebauungsplans von den dortigen 15 Grundstücksflurnummern derzeit nur sieben Grundstücke mit einem Wohnhaus bebaut. Weiter nördlich folgt auf einer Ausdehnung von ca. 70 – 110 m (in Nord-Süd-Richtung) der Geltungsbereich des ebenfalls im Jahr 1999 aufgestellten, ein allgemeines Wohngebiet („WA“) festsetzenden Bebauungsplans „H...“. Laut den im Internet im BayernAtlas abrufbaren Flurkarten und Luftbildern ist in dem ca. 1,5 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans von den dortigen potenziell bebaubaren 21 Grundstücksflurnummern derzeit kein Grundstück bebaut. Zwischen der Nordgrenze des Bebauungsplans „H...“ und der sich weiter nördlich anschließenden Ortsrandbebauung liegt eine unbebaute Fläche mit einer Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung zwischen ca. 25 m und 85 m. Der östliche Teilbereich des angegriffenen Bebauungsplans ist durch eine von Nordnordwest nach Südsüdost verlaufende „Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen“ (ca. 45 m breite Schneise ohne Baufenster), in deren Mitte eine Hochspannungsfreileitung verläuft, vom – deutlich größeren – westlichen Teil des Plangebiets, der auf einer Fläche von ca. 20.000 m² mit den dort ausgewiesenen Baufenstern Platz für ca. 28 Bauparzellen (Parzellen 3 - 7, 8a, 8b, 9 - 18, 25 - 35) bietet, getrennt. Nördlich dieses Teilbereichs schließt sich nach über 100 m freier Fläche die Ortsrandbebauung an. Der Abstand zwischen dem bestehenden Stallgebäude des Antragstellers auf FlNr. ... zur südlichen Grenze des streitgegenständlichen Bebauungsplans beträgt etwa 100 m, zur nächstgelegenen Baugrenze innerhalb des Geltungsbereichs etwa 113 m. Westlich des Plangebiets besteht weithin keine Bebauung.

Der Antragsteller stellte unter dem 12. Mai 2017 einen Antrag auf Erlass eines Bauvorbescheids für bauliche Erweiterungen des landwirtschaftlichen Betriebs auf der FlNr. ... (Eingang bei der Antragsgegnerin am 18. Mai 2017, beim Landratsamt Neustadt a.d. Waldnaab am 11. August 2017), der später dahingehend konkretisiert wurde, dass darüber entschieden werde solle, ob das Vorhaben an der im beigefügten Lageplan dargestellten Position, Größe und Form planungsrechtlich zulässig ist. Über diesen Antrag hat das Landratsamt, soweit dies aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist, bislang nicht entschieden. Nach der eingereichten Planzeichnung zum Vorbescheidantrag soll das bestehende Stallgebäude (45 m x 26 m bzw. mit Vordach 45 m x 32 m) durch einen unmittelbar an den Bestand angrenzenden Anbau nach Norden hin erweitert und dabei in der Fläche verdoppelt werden. Zudem ist im Antrag ca. 12,5 m westlich des Großstalles ein neues kleineres Stallgebäude („Erweiterung Kälberstall“) mit den Flächenmaßen 12 m x 30 m sowie einer Wandhöhe von 3 m und einer Firsthöhe von 5,18 m vorgesehen.

Am 8. August 2017 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen Aufstellungsbeschluss, wonach beabsichtigt sei, den streitgegenständlichen Bebauungsplan „im Sinne des § 13b BauGB aufzustellen“. Auf Basis eines weiteren Gemeinderatsbeschlusses vom 8. August 2017 versagte die Antragsgegnerin unter dem 9. August 2017 das gemeindliche Einvernehmen zum Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017.

Der Antragsteller ließ über ein Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. August 2017 gegenüber der Antragsgegnerin mitteilen, der Anwendungsbereich und die Voraussetzungen des § 13b BauGB würden verkannt.

Mit Schreiben vom 13. September 2017 teilte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Weiden i.d.Opf. im Vorbescheidverfahren mit, der Antragsteller bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb mit 76,53 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und einer Milchviehherde von 73 Kühen einschließlich der weiblichen Nachzucht. Mit der geplanten Erweiterung werde die Milchvieherde auf 182 Rinder (älter als 1 Jahr) sowie 47 Kälber/Jungvieh aufgestockt. Das entspreche 210,9 Großvieheinheiten (GV) nach Maßgabe der TA Luft. Für den geplanten Tierbestand errechne sich nach der derzeit gültigen Düngeverordnung (DÜV) ein Gülleraum von 1.786 m³. Als Neubau für den Güllelagerraum seien 1.250 m³ geplant. Nach Angaben des Antragstellers könne der Betrieb nach Abschluss der Baumaßnahme 2.375 m³ Lagerkapazität vorweisen. Damit stehe ausreichend Lagerraum zur Verfügung. Die erforderliche Lagerkapazität für den Silolagerraum sei mit zusätzlichen 1.955 m³ zu veranschlagen. Damit werde sich der erforderliche Silolagerraum im Vergleich zum Ist-Betrieb mit 2.275 m³ Lagerraum fast verdoppeln. Nach Abschluss der Baumaßnahme werde der Betrieb über 4.230 m³ Lagerraum verfügen. Das AELF bestätigte, dass der Antragsteller Landwirtschaft i.S. von § 201 BauGB betreibe, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorliege und dass die geplante Erweiterung diesem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Aus Sicht des AELF bestünden keine Einwände gegen das geplante Vorhaben.

In einem im Verfahren der Bauleitplanung von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen immissionsschutztechnischen Gutachten vom 11. Oktober 2017 gaben die „h... – Sachverständige für I...“ eine fachliche Prognose und Beurteilung anlagenbezogener Geruchsimmissionen für das Plangebiet auf Basis der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) ab. Als relevante Geruchsemittenten wurden südlich bzw. südwestlich des Plangebiets neben den landwirtschaftlichen Anlagen des Antragstellers auf FlNr. ... ein Pferdehaltungsbetrieb und eine Kläranlage sowie nördlich des Plangebiets (am Ortsrand bzw. innerorts) ein weiterer Rinderhaltungsstandort des Antragstellers und ein weiterer Pferdehaltungsbetrieb berücksichtigt. Hinsichtlich der angedachten Erweiterung des Betriebs des Antragstellers wird auf Seite 10 des Gutachtens unter bildlicher Darstellung und textlicher Beschreibung eine etwas andere Planung als im Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017 zugrunde gelegt: Hiernach ist ca. 14 – 15 m nördlich des bestehenden Rinderstalls ein in der Grundfläche mit 45 m x 26 m gleich großer zweiter Rinderstall sowie zwischen beiden Stallgebäuden eine Laufhoffläche vorgesehen. Zudem wurde in die gutachterliche Betrachtung eine weitere Güllegrube sowie eine Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage einbezogen. U.a. unter Berücksichtigung des in Großvieheinheiten (GV) umgerechneten künftigen Tierbestands auf FlNr. ... sowie des Tierbestands der übrigen emissionsrelevanten Standorte, ferner unter Beachtung der meteorologischen Daten und des Geländereliefs in der Umgebung prognostizierte das Gutachten Geruchsstundenhäufigkeiten im Geltungsbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans, die auf Seite 29 über eine Abbildung (vgl. auch Seiten 35, 36) sowie eine textliche Beschreibung zusammengefasst dargestellt werden. Hiernach ergaben sich in weiten Bereichen des Bebauungsplans (Parzellen 1 bis 6 und 12 bis 35) Geruchsimmissionswerte von 3% bis 10% (Geruchsstundenhäufigkeit), innerhalb der Baufensterbereiche am südwestlichen Rand des Plangebiets (Parzellen 7, 8a, 8b, 9, 10, 11) darüber hinausgehend Maximalwerte von bis 12%. Das Gutachten kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis (Seite 30), dass über die Ausbreitungsberechnung nachgewiesen werde, dass an den geplanten Bauparzellen 1 bis 6 und 12 bis 35 des Bebauungsplanes „H...“ durch Einhaltung des GIRLkonformen Immissionswertes von 10% Geruchshäufigkeit der Jahresstunden für allgemeine Wohngebiete keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form erheblicher Belästigungen durch Geruchsimmissionen zu erwarten seien. In den Bauparzellen 7 bis 11 werde der zulässige Immissionswert von 10% für allgemeine Wohngebiete mit berechneten Maximalwerten von 12% leicht überschritten. Im hier vorliegenden Übergang vom Außenbereich in ein Wohngebiet sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. Die endgültige Entscheidung zum Heranziehen dieser Immissionszwischenwerte obliege der Antragsgegnerin. Eine Einschränkung der berücksichtigten landwirtschaftlichen Betriebe sei nicht zu befürchten, wobei auch die geäußerten Erweiterungsabsichten bei der Berechnung der Geruchssituation mitberücksichtigt worden seien.

Mit Beschluss des Gemeinderats vom 11. Oktober 2017, dem das Geruchsgutachten desselben Tags bereits zugrunde lag, wurde der Planentwurf in der Fassung desselben Tages gebilligt und beschlossen, die Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 sowie § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen. Zum Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 29. August 2017 heißt es im beglaubigten Auszug aus der Niederschrift zur öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 11. Oktober 2017, der neue § 13b BauGB schaffe ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren zur Überplanung von Außenbereichsflächen am Ortsrand für den Wohnungsbau. Der Bereich „H...“ schließe sich an die vorhandene Bebauung am Ostrand an. Der Antragsgegnerin seien die Erweiterungsabsichten des Antragstellers bekannt. Laut dem eingeholten Gutachten bestehe kein Immissionskonflikt. Auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten bzw. -absichten des Antragstellers werde dort eingegangen. Die gutachterliche Prognose bewerte die Geruchsbelastung im Übergangsbereich zum geplanten allgemeinen Wohngebiet als tolerierbar.

Am 14. November 2017 fand im Landratsamt eine Besprechung zum Bauvorbescheidverfahren statt, an der der Antragsteller, sein Bevollmächtigter sowie Mitarbeiter verschiedener Sachgebiete des Landratsamts teilnahmen. Das Sachgebiet Technischer Umweltschutz des Landratsamts wies im Folgenden in einer Stellungnahme vom 17. November 2017 die Bauabteilung des Landratsamts darauf hin, dass der Bauvorbescheidantrag von der Darstellung der Erweiterungsplanung des Antragstellers im Geruchsgutachten vom 11. Oktober 2017 abweiche. Bis eine aktualisierte Planung des Antragstellers und eine zusätzliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft eingereicht seien, sei eine abschließende Stellungnahme im Bauvorbescheidverfahren nicht möglich. Zu dieser Besprechung vom 14. November 2017 existiert in den Vorbescheidakten ein handschriftlicher Vermerk der Sachgebietsleiterin des Bauamts (Recht) / Bauleitplanung im Landratsamt vom 14. November 2017 (Bl. 22). Hieraus ergibt sich sinngemäß, dass die Differenz zwischen dem Vorbescheidantrag und der im Geruchsgutachten dargestellten Planung bei der Besprechung thematisiert wurde und dabei auch die Frage aufgeworfen worden sei, ob eine sinnvolle Erweiterung des Betriebs des Antragstellers in eine andere Richtung möglich sei. Ergebnis der Besprechung sei gewesen, dass Pläne nachgereicht würden oder ggf. der Vorbescheidantrag zurückgezogen werde. Es solle noch eine Sitzung der Gemeinde abgewartet werden. Bis dahin solle der Antrag ruhen.

Das AELF Weiden i.d. OPf. äußerte sich im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit Schreiben vom 23. November 2017 gegenüber der Antragsgegnerin kritisch zur ermittelten Geruchsbelastung.

Unter dem 27. November 2017 wies das Landratsamt die Antragsgegnerin auf den laufenden Vorbescheidantrag des Antragstellers hin. Die Bauleitplanung dürfe nicht dazu führen, dass sich der bereits bestehende Betrieb nicht mehr angemessen erweitern könne. Hierbei sei der Stellungnahme des AELF besonderes Gewicht beizumessen. Die Antragsgegnerin könne das Einvernehmen über die Erweiterung des Milchviehstalls nicht mit der Begründung versagen, der Stall rücke zu nahe an die Wohnbebauung heran, aber im Bebauungsplanverfahren argumentieren, dass sich der Betrieb erweitern könne, da man im Bebauungsplan höhere Immissionswerte akzeptiere. Es werde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Sachgebiets 51 „Technischer Umweltschutz“ vom 17. November 2017 empfohlen, auf die aus immissionsschutzrechtlicher Sicht kritischen Bauparzellen (gemeint: mit Überschreitungen des Werts gem. Nr. 3.1 der GIRL) zu verzichten, zumal auch nach dem Regionalplan der Landwirtschaft ein höheres Gewicht zukomme als der Wohnbebauung. In der Stellungnahme des Landratsamts wurde ferner inhaltlich auf eine (als Anlage beigefügte) E-Mail des Kreisbaumeisters vom 20. November 2017 Bezug genommen. Hierin wird zu § 13b BauGB ausgeführt, ein beschleunigtes Verfahren dürfe nach dieser Norm nicht durchgeführt werden, da kein Anschluss an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil gegeben sei. Das geplante Baugebiet grenze zwar an der Nord- und Ostseite an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil bzw. an ein lückenhaft bebautes Gebiet nach § 30 BauGB an. Dies gelte allerdings nur für einen kleinen Teil des gesamten Gebiets. Die Teilfläche an der Ostseite mit Anbindung an den im Zusammenhang bebauten Bereich habe lediglich eine Fläche von rd. 6.300 m². Der wesentlich größere Teil der Gesamtfläche (rd. 81%) rage demgegenüber fingerartig, ohne erkennbaren unmittelbaren Zusammenhang, wie von § 13b BauGB gefordert, in den Außenbereich. Erschwerend komme hinzu, dass der Bereich des Planungsgebiets „H...“, an den das geplante Gebiet zum Großteil angrenze, selbst ohne ausreichende Anbindung an den bebauten Ortsteil in den Außenbereich hinausrage. Im Übrigen sei der Schutzbereich der Hochspannungsfreileitung eine Zäsur, die einer Anbindung des westlichen Planbereichs an den bestehenden Ortsteil entgegenstehe.

Mit am 27. November 2017 gefaxtem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27. November 2017 erhob der Antragsteller im Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB diverse Einwendungen gegen die Planung.

Über eine E-Mail vom 4. Dezember 2017 teilte das Gutachterbüro auf Nachfrage der der Antragsgegnerin mit, dass die im Gutachten zugrunde gelegten Ausbauabsichten – unter Verzicht auf einen weiteren Kälberstall – auf den konkreten Angaben des Antragstellers beruht hätten. Zudem würde sich auch bei Berücksichtigung des Kälberstalls praktisch keine Änderung der Immissionswerte ergeben. Dem Erweiterungswillen sei in der Sache über den Vorbescheidantrag hinausgehend Rechnung getragen worden, da insbesondere die in der Bauvoranfrage nicht aufgeführten Nebeneinrichtungen berücksichtigt worden seien.

Am 6. Dezember 2017 beschloss der Gemeinderat den streitgegenständlichen Bebauungsplan – nach abwägender Befassung mit den Stellungnahmen und Einwendungen aus den Beteiligungsverfahren – als Satzung. Der Bebauungsplan wurde am 8. Dezember 2017 ausgefertigt. Öffentliche Bekanntmachung durch Amtstafelaushang erfolgte am 11. Dezember 2017.

Am 4. Januar 2018 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan Normenkontrollantrag, über den noch nicht entschieden ist (Az. 15 N 18.41). Mit am 15. Februar 2018 eingegangenen Schriftsatz begehrt er im vorliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz gem. § 47 Abs. 6 VwGO. Er trägt u.a. vor, die Anwendungsvoraussetzungen des § 13b BauGB hätten nicht vorgelegen, weil das Plangebiet nicht an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließe. Das gelte insbesondere für den großen Bereich westlich der Stromleitung. Vom eigentlichen Baubestand in der Ortslage werde das Gebiet durch den G...weg abgetrennt. Die geringfügige bestehende Bebauung im Osten stelle keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar, zumal die dort angrenzenden Bauparzellen größtenteils unbebaut seien. Deshalb liege auch ein Verstoß gegen das Gebot vor, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Hinsichtlich der Geruchsbelastung liege weder eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung noch eine hinreichende Konfliktlösung vor. In dem für den Satzungsbeschluss und die Abwägung zugrunde gelegten immissionsschutztechnischen Gutachten sei ein Kälberstall für 40 Kälber, der Gegenstand des Vorbescheidantrags gewesen sei, nicht berücksichtigt worden, obwohl der Antragsteller im Gespräch mit dem Gutachter am 27. September 2017 seine fortbestehenden Erweiterungsabsichten unter Einbeziehung dieses Kälberstalls weiter vertreten habe. Aufgrund der Stellungnahme des AELF seien ergänzend die geforderte zusätzliche Güllegrube und die zusätzlichen drei Fahrsilos genannt worden. Da schon ohne Berücksichtigung des Kälberstalles an der südlichen Grenze des Plangebiets Geruchsimmissionswerte oberhalb von Nr. 3.1 der GIRL prognostiziert würden, sei die südliche Bebauungsreihe ohnehin einer zu hohen Immissionsbelastung ausgesetzt. Es sei zu erwarten, dass bei korrekter Einbeziehung aller relevanter Immissionsquellen unter Einschluss des Kälberstalls auch bei der weiter nördlich geplanten Bebauung die Richtwerte überschritten würden bzw. die bereits bestätigten Überschreitungen noch höher ausfielen. Es sei ferner widersprüchlich, dass die Antragsgegnerin einerseits in der Planbegründung die „Überdehnung“ der GIRL als unproblematisch bewerte, andererseits aber das Einvernehmen für die Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs aus Immissionsschutzgründen verweigere. Weil die Antragsgegnerin, die die Vermessung des Baugebiets vorantreibe und Erschließungsarbeiten kurzfristig vergeben wolle bzw. sogar bereits die Erschließungsanlagen errichte, die Bebauung des Plangebiets zeitnah umsetzen wolle, sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringlich. Selbst wenn die geplante Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs zugelassen werden sollte, sei ein künftiger nachbarschaftlicher Konflikt aufgrund der Überschreitung der Immissionswerte der GIRL vorprogrammiert.

Der Antragsteller beantragt,

durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO den Bebauungsplan „H...“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt u.a. vor, es drohten aktuell weder Baugenehmigungen noch Genehmigungsfreistellungsverfahren. Die Behauptung des Antragstellers, die Erschließungsanlagen würden bereits errichtet, sei falsch. Eine Erschließungsplanung liege noch nicht vor; entsprechende Maßnahmen seien auch noch nicht ausgeschrieben worden. Es habe bislang lediglich eine vorbereitende Beprobung des Bodens stattgefunden. Die Voraussetzungen des § 13b BauGB lägen vor. Der Anschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans erfolge an eine beidseitig bebaute Erschließungs Straße. Diese bestehende Bebauung liege im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, dem die Qualität eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils bzw. eines Teils hiervon zukomme. Eine Flächennutzungsplanänderung sei zwischenzeitlich erledigt. Mit Blick auf die Immissionsbelastung hätten die Beteiligten schon seit 1999 über eine Bebauung auf dem Grundstück FlNr. ... diskutiert. Die Gemeinde habe einerseits die betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten des Antragstellers nicht einschränken wollen, andererseits aber immer ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass eine nach Norden ausgerichtete Bebauung u.a. aufgrund einer künftigen städtebaulichen Entwicklung nach Möglichkeit vermieden werden sollte. In einer Bauvoranfrage aus dem Jahr 1999 sei deswegen auch das Stallgebäude noch in Ost-West-Ausrichtung geplant gewesen. Den im Jahr 2008 eingereichten Änderungsantrag mit einem Stall in Nord-Süd-Ausrichtung habe die Gemeinde als noch vertretbar angesehen, nachdem das Gebäude im südlichen Bereich der FlNr. ... situiert worden sei. Hinsichtlich der aktuellen Erweiterungsabsicht des Antragstellers habe der Gemeinderat in erster Linie die Auffassung vertreten, der Bauherr habe selbst ein Immissionsgutachten einzuholen, wenn er nicht – wie angeboten – gemeinsam mit der Gemeinde planen wolle. Weiterer Grund für die Einvernehmensverweigerung sei gewesen, dass die Güllebzw. Siloerweiterung nicht in dem Plan zur Bauvoranfrage dargestellt gewesen sei. Unabhängig hiervon sei nicht nachvollziehbar, warum das eingeholte immissionsschutztechnische Gutachten vom 11. Oktober 2017 unzutreffend sei sollte. Unabhängig von dem Streit, wer verantwortlich für die Nichtberücksichtigung des Kälberstalles sei, sei nach der ausdrücklichen Auskunft des Gutachters das Gutachtensergebnis richtig geblieben. Es stehe mithin fest, dass die betrieblichen Erweiterungsmöglichkeiten nicht hätten eingeschränkt werden sollen und auch nicht eingeschränkt würden. Die Parzellen 7 bis 11 befänden sich im Übergang zum Außenbereich. Dauerhafte Streitigkeiten zwischen dem Antragsteller und den Bewohnern des Wohngebiets seien nicht zu befürchten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und auf die in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bebauungsplanakten und Behördenakten des Landratsamts Neustadt a.d. Waldnaab Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gem. § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 VwGO kann einen Normenkontroll(eil) antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Hierzu muss der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keinen höheren Anforderungen zu stellen, wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) der Interessen eines Eigentümers geht, dessen Grundstück außerhalb des Bebauungsplangebiets liegt (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154 = juris Rn. 10). Zu den abwägungserheblichen Belangen zählt auch das Interesse eines Landwirts, mögliche Einschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebs durch eine heranrückende Wohnbebauung zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 8; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), wobei auch ein hinreichend konkretisiertes Interesse an einer Betriebsentwicklung in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Aufgrund der mit (derzeit) ca. 100 m relativ geringen Entfernung seines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs, aufgrund seiner u.a. mit dem gestellten Vorbescheidantrag konkretisierten, auch in Richtung des Plangebiets orientierten Erweiterungsabsichten sowie nach den Ergebnissen des eingeholten immissionsschutztechnischen Gutachtens vom 11. Oktober 2017 (unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten über dessen Aussagekraft) ist der Antragsteller in abwägungsrelevanten Belangen betroffen. Er hat schriftsätzlich hinreichend substanziiert dargelegt, dass diese Belange von der Antragsgegnerin möglicherweise falsch behandelt worden sind.

2. Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und / oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 = juris Rn. 12; B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; B.v. 30.11.2016 – 4 BN 16.16 – BauR 2017, 674 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 26; B.v. 8.9.2017 – 9 NE 17.1392 – juris Rn. 23).

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan an Mängeln leidet, die zu seiner Unwirksamkeit führen. Angesichts dessen sprechen gewichtige Gründe für die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans.

a) Nach Ansicht des Senats hätte der Bebauungsplan nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen.

Nach § 13b Satz 1 BauGB gilt bis zum 31. Dezember 2019 § 13a BauGB entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Geht man von einer in der Planbegründung mit 25.000 m² angegebenen Fläche für Nettowohnbauland aus, dürfte der Bebauungsplan bei einer festgesetzten Grundflächenzahl von 0,35 zwar eine Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m² aufweisen (zusammenfassend und jeweils m.w.N.: Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/553 f.; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/739). Es liegt aber kein Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile vor [im Folgenden aa) ]; zudem gehen die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung über „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB hinaus [unten bb) ].

aa) Die Flächen, auf denen durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan eine „WA-Nutzung“ festgesetzt wird, schließen nicht im Sinne von § 13b Satz 1 BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an.

Das Tatbestandsmerkmal „anschließen“ ist in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) nicht näher thematisiert worden. Auch wenn dem insofern recht weit gefassten Wortlaut des § 13b BauGB nicht entnommen werden kann, dass für dessen Anwendbarkeit (wie bei § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) eine besondere städtebauliche Prägung der einbezogenen Außenbereichsflächen durch die bestehende bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs bestehen muss oder (wie bei § 246 Abs. 9 BauGB) die überplanten Flächen „innerhalb des Siedlungsbereichs“ liegen müssen (Krautzberger, ZfBR 2017, 644/645; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551), bedeutet „anschließen“ aus städtebaulicher Sicht mehr als das bloße Bestehen einer irgendwie gearteten gemeinsamen Grenze (in diese Richtung aber Arndt/Mitschang a.a.O.). Eine schlichte „Berührung“ zwischen einem untergeordneten Teil des neuen Plangebiets und dem bestehenden im Zusammenhang bebauten Ortsteil vermag daher nach Ansicht des Senats noch kein „Anschließen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB zu begründen. Mit dem durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) eingeführten und am 13. Mai 2017 in Kraft getretenen § 13b BauGB reagierte der Gesetzgeber auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 25), wonach im Falle der Anwendung des vereinfachten Verfahrens auf der Grundlage von § 13a BauGB die Inanspruchnahme von Außenbereichsgrundstücken im Grundsatz selbst dann versagt ist, wenn die Außenbereichsfläche so stark von der angrenzenden Bebauung geprägt ist, dass sie sich als deren organische Fortsetzung darstellt (vgl. Petersen, KommunalPraxis BY, 86; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; Krautzberger, ZfBR 2017, 644; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738). Auch wenn der Gesetzgeber mit § 13b BauGB primär Erleichterungen für die Wohnbaulandmobilisierung schaffen wollte (vgl. Petersen a.a.O.), folgt schon aus der Gesetzessystematik, wonach § 13b BauGB auf der im Gesetz unmittelbar voranstehenden Regelung des § 13a BauGB aufbaut und diese für entsprechend anwendbar erklärt, dass mit § 13b BauGB nicht grundsätzlich von der Regelungsidee des § 13a BauGB abgewichen werden sollte. Weil die von § 13a BauGB als Grundnorm eröffneten Verfahrenserleichterungen (u.a. Verzicht auf die Durchführung einer Umweltprüfung) Anreize für planende Gemeinden schaffen sollten, von einer weitgehenden Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedelung des Außenbereichs abzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 a.a.O.), ist für die Rechtsanwendung des § 13b BauGB zu folgern, dass aufgrund der Anforderung des „Anschlusses“ als raumbezogenes Tatbestandsmerkmal von einer „Innenentwicklung nach außen“ nur maßvoll Gebrauch zu machen ist. Dies ist auch im Wortlaut des § 13b BauGB angelegt, der für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens nicht lediglich ein bloßes Angrenzen des neuen Plangebiets als solchem an den bestehenden Siedlungsbereich ausreichen lässt, sondern fordert, dass – letztlich alle – Flächen, durch die im Wege der Bauleitplanung die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet werden sollen, an im Zusammenhang bebaut Ortsteile anschließen. Damit wird gefordert, dass auch die vom bisherigen Ortsrand am weitesten entfernte ausgewiesene Bauparzelle noch in einem städtebaulich-räumlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Siedlungsbereich, an den anzuschließen ist, stehen muss (zum Erfordernis eines engen räumlichen Zusammenhangs bzw. einer unmittelbar räumlichen Nachbarschaft zu den anschlussfähigen Bestandsflächen vgl. auch Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; ähnlich Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86, nach dem „das nach § 13b BauGB geplante Baugebiet den bisherigen Ortsteil nahtlos fortsetzen muss“). Soweit über § 13b BauGB nunmehr gestattet wird, das vereinfachte Verfahren für maßvolle Flächenüberplanungen im Außenbereich zu instrumentalisieren, gilt dies jedenfalls nicht, sofern hierüber entgegen der gesetzgeberischen Zielrichtung der Zersiedelung des Außenbereichs Vorschub geleistet wird, also nicht integrierte Standorte „auf der grünen Wiese“ einer Bebauung zugänglich gemacht werden (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741). Hiervon ist aber gerade dann auszugehen, wenn – trotz Angrenzung einzelner Bauparzellen des neuen Plangebiets an den Ortsrand und trotz der Einhaltung der Größenbegrenzung von 10.000 Quadratmetern – der vorhandene Siedlungsbereich nicht lediglich „abrundend“ in den Außenbereich erweitert wird, sondern bei städtebaulich wertender Betrachtung tatsächlich ein neuer Siedlungsbereich im bisherigen Außenbereich entsteht, der sich vom bestehenden Ortsrand ersichtlich „absetzt“ und deshalb einen qualitativ neuen Ansatz für künftige Siedlungserweiterungen vorgibt. Flächen, auf denen die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet wird, schließen sich daher dann nicht mehr i.S. von § 13b BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an, wenn eine Anbindung an den bestehenden Siedlungsbereich nur über eine im Verhältnis zur Gesamtgröße des neuen Baugebiets völlig untergeordnete gemeinsame Grenze erfolgt, der weitaus größte Teil des neuen Baugebiets sich aber derart vom bestehenden Ortsrand in den Außenbereich hinein absetzt, dass im Ergebnis ein neuer, selbständiger Siedlungsansatz entsteht (zum ähnlich formulierten § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WHG vgl. Rossi in Sieder/Zeitler/Dah-me, Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz, Stand: Februar 2017, zu § 78 WHG Rn. 46).

Im vorliegenden Fall ist aber genau dies das Ergebnis der streitgegenständlichen Bauleitplanung. Es spricht schon Vieles dafür, dass lediglich ganz im Osten des Planungsgebiets, d.h. entlang der ca. 110 m langen gemeinsamen Grenze zum G...weg, eine Angrenzung an gem. § 13b BauGB grundsätzlich anschlussfähige Bestandsflächen in Betracht kommt. Auch wenn der Gesetzgeber neben unbeplanten Innenbereichsflächen i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch „bebaute Flächen, die nach § 30 Absatz 1 oder 2 BauGB zu beurteilen sind“ als im Zusammenhang bebaute Ortsteile ansieht (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47), ist mehr als fraglich, ob die gemeinsame Grenze zum Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ als anschlussfähiger Ortsteil in diesem Sinne angesehen werden kann. Denn dieser Bebauungsplan ist nur zum Teil verwirklicht; die – dort tatsächlich vorhandene – bandartige, von Baulücken durchsetzte und auf beiden Seiten der Straße „H...“ auf einer Gesamtlänge von etwa 130 m umgesetzte einzeilige Bebauung (mit insgesamt nur 7 Wohnhäusern) dürfte wohl noch nicht die Qualität einer „organischen Siedlungsstruktur“ aufweisen, die für einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31.66 – BVerwGE 31, 22 = juris Rn. 23; B.v. 19.2.2014 – 4 B 40.13 – BayVBl. 2014, 477 = juris Rn. 3 ff.; BayVGH, U.v. 23.4.2013 – 9 B 11.2375 – BayVBl. 2014, 475 = juris Rn. 20). Hinzu kommt, dass nach Norden hin im Plangebiet des Bebauungsplans „H...“ noch kein einziges Haus errichtet wurde (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741, wonach ein überplantes, aber noch unbebautes Gebiet keinen hinreichenden Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB bieten kann). Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Selbst wenn die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ bestehende Bebauung als im Zusammenhang bebauter Ortsteil anzusehen wäre und selbst wenn die von Bebauung freizuhaltenden Bereiche der (2 x 22,50 m breiten) Schutzzone für die Hochspannungsfreileitung grundsätzlich die Möglichkeit eines Anschlusses für weiter westlich gelegene Baubereiche offenhalten sollten (zur vergleichbaren Problematik einer Unterbrechung des Ortsbereichszusammenhangs im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vgl. Gänslmayer/Hauth in Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Aufl. 2018, zu § 34 BauGB Rn. 27 m.w.N.), kann vorliegend nicht von einem Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB ausgegangen werden. Entscheidend ist, dass – wie die Planzeichnung des Bebauungsplans sowie die weiteren in den vorgelegten Planungsunterlagen enthaltenen zeichnerischen Darstellungen (insbes. Seiten 6 bis 9 der Originalheftung des Bebauungsplans) belegen – der Bebauungsplan nur in seinem deutlich kleineren östlichen Teil mit ca. 6.000 m² auf ca. 110 m im Bereich des G...weg bzw. auf ca. 130 m an bebaute Bereiche des Plangebiets „H...“ angrenzt, allerdings hinsichtlich seines weitaus größeren westlichen Teils (jenseits der Hochspannungsfreileitung nach Westen hin) von der letzten Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ (FlNr. ... bzw. ......) ca. 240 m mit einer Gesamtfläche von ca. 20.000 m² nach Westen in den Außenbereich schlauchartig, d.h. wie ein Riegel, der die von Bebauung bislang freie Landschaft zerschneidet, hineinragt. Bei Umsetzung des streitgegenständlichen Bebauungsplans würde so, auch unter Berücksichtigung der Umstände,

– dass der Hauptort eine gewachsene Längsausausrichtung von Nord nach Süd (bei verhältnismäßig geringer Breite in West-Ost-Ausrichtung) aufweist,

– dass sich nördlich, westlich und südlich der sieben Wohnhäuser im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ keine Bebauung befindet und

– dass es sich bei der Antragsgegnerin insgesamt um eine eher kleinere Gemeinde handelt (vgl. die in der Planbegründung angegebene Einwohneranzahl von 1.435, Stand Oktober 2017),

ein städtebaulich völlig neuer, selbständiger Siedlungsansatz „in die Breite“, d.h. nach Westen entstehen. Ein Anschluss insbesondere der ausgewiesenen „WA-Flächen“ im Bereich des Plangebiets westlich der Hochspannungsfreileitung in im Zusammenhang bebaute Ortsteile ist mithin i.S. von § 13b Satz 1 BauGB nicht gegeben.

bb) Der Senat geht überdies davon aus, dass die Festsetzungen des streitgegenständlichen Bebauungsplans über die in § 13b Satz 1 BauGB vorgesehenen Möglichkeiten der Regelung der „Zulässigkeit von Wohnnutzungen“ hinausgehen, sodass auch deswegen ein vereinfachtes Verfahren nicht auf § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB gestützt werden konnte.

Der Gesetzgeber hat in § 13b BauGB eine Legaldefinition des Begriffs der „Wohnnutzungen“ unterlassen, sodass dieser durch Auslegung zu klären ist. Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) gibt auch diesbezüglich keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Hinweise über die Regelungsvorstellungen des Gesetzgebers. Der Wortlaut spricht für ein eher restriktives Verständnis des Tatbestandsmerkmals (Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552); hiernach dürften von § 13b BauGB jedenfalls Gebietsartfestsetzungen umfasst sein, nach denen Wohngebäude, wohnähnliche Betreuungseinrichtungen (insbes. für Kinder, Jugendliche, Senioren und behinderte Menschen) und eine damit unmittelbar zusammenhängende technische Infrastruktur (z.B. Verkehrsflächen, Stellplätze, Garagen, Anlagen der Wasser- und Energieversorgung) zulässig sind. Der Senat kann vorliegend dahinstehen lassen, ob auch Einrichtungen mit Versorgungsfunktion in Bezug auf die Wohnnutzung (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (ggf. differenziert danach, ob sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen oder nicht, § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) sowie Räume oder Gebäude für die Ausübung freier Berufe (vgl. § 13 BauNVO) vom Wohnnutzungsbegriff des § 13b BauGB umfasst sind (restriktiv Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552 f.; großzügiger Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/740; vermittelnd Krautzberger, ZfBR 2017, 644/646). Ebenso bedarf es vorliegend keiner abschließenden Bewertung, ob mit Blick auf die Nutzungsmöglichkeiten gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO allgemeine Wohngebiete gem. § 4 BauNVO im vereinfachten Verfahren nach § 13b BauGB grundsätzlich festgesetzt werden können (bejahend: Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817/819; Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87; Seite 3 des Rundschreibens des Bayer. Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.12.2017 – IIB5-4082.30-002/17; zurückhaltend/verneinend: Hofmeister/Mayer a.a.O.; Krautzberger a.a.O.). Soweit § 13b BauGB überhaupt die Möglichkeit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im vereinfachten Verfahren eröffnen sollte, ist die Gemeinde in diesem Fall zumindest gehalten, über § 1 Abs. 5 BauNVO diejenigen Nutzungen auszuschließen, die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 – Nr. 5 BauNVO i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zugelassen werden können (vgl. insofern auch – mit etwas anderem Hintergrund – die Empfehlung bei Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87 unter Rekurs auf das o.g. ministerielle Rundschreiben vom 13.12.2017). Denn Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe sowie Tankstellen können auch im weitesten Wortsinnverständnis nicht vom Tatbestandsmerkmal „Wohnnutzungen“ als gedeckt angesehen werden. Da in § 13b BauGB eine Bezugnahme auf § 9a BauGB bzw. auf die Baunutzungsverordnung (BauNVO) fehlt, kann insbesondere nicht darauf geschlossen werden, dass Festsetzungen von als Wohngebieten gem. § 1 Abs. 2, § 4, § 4a BauNVO bezeichneten Baugebieten mit (grundsätzlich oder ausnahmsweise zulässigen) Nutzungen, die keinen unmittelbaren Bezug zur Wohnnutzung haben, generell vom sachlichen Anwendungsbereich des § 13b BauGB umfasst sind. Eine solche Regelung gem. § 1 Abs. 5 BauNVO ist vorliegend für den angegriffenen Bebauungsplan unterblieben. Nach Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen wurde ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO ohne jegliche Einschränkungen und Ausschlüsse festgesetzt. Jedenfalls deshalb handelt es sich nicht um einen Bebauungsplan, der sich hinsichtlich der Festsetzung der zulässigen Art der baulichen Nutzung auf „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b BauGB beschränkt.

cc) Da mit der Planung unstreitig jedenfalls in weiten Bereichen Flächen überplant werden, die bislang als Außenbereich gem. § 35 BauGB zu qualifizieren sind, scheidet auch ein unmittelbarer Rückgriff der Gemeinde auf § 13a BauGB zur Rechtfertigung der Verfahrensvereinfachungen aus (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 ff. = juris Rn. 20 ff.).

dd) Die Wahl des beschleunigten Verfahrens anstelle des Regelverfahrens unter Verstoß gegen § 13b i.V. mit § 13a BauGB zählt an sich zwar nicht zu den beachtlichen Fehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB, führt aber zu – hier gem. § 214, § 215 BauGB beachtlichen – Folgefehlern.

Die Antragsgegnerin hat infolge der Anwendung des § 13b BauGB (i.V. mit § 13a Abs. 2 Nr. 1, § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB) eine Umweltprüfung im Sinn des § 2 Abs. 4 BauGB unterlassen und entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BauGB keinen Umweltbericht erstellt, der als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf öffentlich auszulegen und nach § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen gewesen wäre. Diese Fehler sind nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beachtlich (zu § 13a BauGB vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 8.3.2017 – 10 D 12/16.NE – BauR 2017, 1307 = juris Rn. 36 ff.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560). Ob infolge der Anwendung des § 13b BauGB zudem gegen das Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (vgl. § 8 Abs. 2, Abs. 3 BauGB), verstoßen wurde und ob ein solcher Verstoß gem. § 214 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 4 BauGB erheblich wäre, kann dahingestellt bleiben.

Der Antragsteller hat die fehlerhafte Anwendung des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB – und damit implizit die fehlerhafte Anwendung der vorgenannten Verfahrensvereinfachungen und die damit einhergehenden Mängel des Bebauungsplans – rechtzeitig in noch offener Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB über den Normenkontrollantrag sowie den vorliegenden Eilantrag gerügt, sodass die Mängel auch nicht nachträglich unbeachtlich geworden sein können (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 37 m.w.N.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560).

b) Nach der im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte der angegriffene Bebauungsplan zudem an einem Ermittlungsbzw. Bewertungsdefizit gem. § 2 Abs. 3 BauGB leiden.

aa) Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – KommJur 2017, 112 = juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 22; U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 39). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Hiernach hatte die Antragsgegnerin auch das Interesse des Antragstellers an der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks FlNr. ... einschließlich des hier hinreichend konkretisierten Interesses an einer Betriebsentwicklung sowie des Interesses, vor den Nachteilen eines Heranrückens einer schutzbedürftigen, geruchsempfindlichen Wohnbebauung verschont zu bleiben, gem. § 1 Abs. 7 BauGB fehlerfrei in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), und hierfür die diesbezüglichen Belange (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) resp. die zu prognostizierende Geruchsbelastung gemäß § 2 Abs. 3 BauGB vollständig und richtig zu ermitteln und zu bewerten.

bb) Der Senat stuft allerdings die Erwägung, dass eine Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 12% im Bereich der Baufenstern im südwestlichen Bereich des Plangebiets zumutbar sei, als solche nicht als abwägungsfehlerhaft ein.

Ausweislich der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung der Antragsgegnerin vom 6. Dezember 2017 stellte der Gemeinderat in Rechnung, dass im Übergangsbereich von Wohngebiet und Außenbereich laut Gutachteraussage bis zu 15% Geruchsstundenhäufigkeiten möglich seien. In der Begründung zum Bebauungsplan wird – hierzu korrespondierend – unter „9. Immissionsschutz“ diesbezüglich ausgeführt, dass im Bereich der Bauparzellen 1 bis 6 sowie 12 bis 35 der nach Nr. 3.1 der GIRL zulässige Immissionswert von 10% Jahresstundenhäufigkeit eingehalten bzw. unterschritten werde. Soweit im Bereich der Parzellen 7 bis 11 Maximalwerte von 11% bis 12% Geruchshäufigkeit prognostiziert würden, handele es sich um einen Übergangsbereich zweier unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete, die direkt aneinandergrenzten bzw. ineinander übergingen. Hier sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. In diesem Übergangsbereich vom Außenbereich in einen Wohnbereich am südlichen Rand des Geltungsbereiches des Bebauungsplans liege man mithin innerhalb einer tolerierbaren Geruchsbelastung. Die landwirtschaftlichen Betriebe würden durch die Ausweisung des allgemeinen Wohngebiets keine zusätzliche Einschränkung in ihren Entwicklungsmöglichkeiten erfahren. Für den bestehenden Rinderhaltungsbetrieb des Antragstellers sei die geplante Erweiterung auf der FlNr. ... gemäß den Angaben des Betreibers in der Geruchsprognose berücksichtigt worden. Die restlichen Betriebe hätten keine konkreten Erweiterungswünsche geäußert.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 als sachgerechte Entscheidungshilfe bzw. Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 13 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen; sie wird allgemein als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 99 m.w.N.). Damit kann die GIRL zwar auch zur Bewertung von Geruchsbelästigungen in der Bauleitplanung herangezogen werden. Ihre Geruchsimmissionswerte – hier Nr. 3.1 (Geruchsimmissionswert von 0,10 für Wohngebiete) – sind aber weder im Baugenehmigungsverfahren noch im Bauleitplanverfahren als absolut zwingende Grenzwerte anzusehen (vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 19). Wie bei der Lärmbelastung ist es auch bei Geruchsimmissionen eine Frage des jeweiligen Einzelfalles, was der Plangeber in der jeweiligen konkreten planungsrechtlichen Situation in seine Abwägungsentscheidung einzustellen hat. Die Orientierungswerte der GIRL können daher als Ergebnis der Abwägung im Verfahren der Bauleitplanung insbesondere im Übergangsbereich zum Außenbereich – maßgeblich aufgrund der Überlegung, dass dort die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt ist (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 101 m.w.N.) – überschritten werden. Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, sodass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 14; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.3.2015 – 2 L 184/10 – juris Rn. 96; HessVGH, U.v. 1.4.2014 – 9 A 2030/12 – ESVGH 64, 191 = juris Rn. 64). Die GIRL versteht ihre eigenen Immissionswerte selbst nicht als absolut zwingende Beurteilungsvorgabe, weil sie laut ihrer Begründung und ihren Auslegungshinweisen (vgl. dort „Zu Nr. 3.1 GIRL“) insbesondere für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich Zwischenwerte bis zum Immissionswert für Dorfgebiete in Höhe von 15% für vertretbar erachtet (BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats, die einen vom eingeschalteten Gutachterbüro prognostizierten Geruchsimmissionswert von 0,12 für Bauflächen im südwestlichen Teil des Plangebiets für zumutbar erachtet, ist mithin grundsätzlich nicht zu beanstanden. Hiermit ist nicht etwa das Interesse künftiger Bewohner des Plangebiets am Schutz vor unzumutbaren Geruchsimmissionen unangemessen niedrig bewertet, sondern lediglich das situationsbedingte Schutzniveau des festgesetzten Baugebiets zutreffend beschrieben und vertretbar bewertet worden (zum Ganzen vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 25 f.). Von ungesunden Wohnverhältnissen kann jedenfalls bei einem Geruchsimmissionswert von unter 0,15, der nach der GIRL in einem Dorfgebiet, in dem auch gewohnt wird, zumutbar ist, nicht die Rede sein (zur Zumutbarkeit noch höherer Immissionswerte bei einer Wohnnutzung im Außenbereich vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3 f.; OVG NRW, U.v. 5.5.2015 – 10 D 44/12.NE – BauR 2015, 1446 = juris Rn. 46 f.).

cc) Nach Aktenlage und nach dem Vortrag des Antragstellers dürfte die Antragsgegnerin allerdings gegen das Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB zur hinreichenden Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials verstoßen haben, weil sie den Umfang der konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers auf FlNr. ... und damit die tatsächlichen Grundlagen für die Geruchsprognose nicht vollumfänglich und korrekt aufgeklärt haben dürfte. Damit dürften auch die Belange seines landwirtschaftlichen Betriebs (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) nicht fehlerfrei ermittelt und bewertet worden sein.

Soweit Erweiterungsabsichten eines Landwirts – wie hier die im Vorbescheidantrag manifestierten Planungen des Antragstellers – einen hinreichenden Konkretisierungsgrad erreicht haben, sodass sie in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist Voraussetzung für eine tragfähige, belastbare Geruchsbelastungsprognose, dass von der planenden Gemeinde auch die „richtigen“ Erweiterungsabsichten des betroffenen Landwirts zugrunde gelegt werden. Insofern hatte die Antragsgegnerin die Obliegenheit der sorgfältigen Ermittlung, welche konkreten Erweiterungsabsichten der Antragsteller im Zusammenhang mit dem laufenden Vorbescheidverfahren (noch) verfolgt und welche genauen Emissionsquellen für die Geruchsprognose zugrunde zu legen waren. Das gilt maßgeblich hinsichtlich der Frage der Einbeziehung des Kälberstalles im östlichen Bereich der FlNr. ..., der ausdrücklich Gegenstand des Vorbescheidantrags war, der vor dem Aufstellungsbeschluss im Verfahren der Bauleitplanung gestellt worden war. Die Notwendigkeit der Einbeziehung dieses Kälberstalles in die Prognose und die Abwägung wäre zwar zu verneinen, wenn der Antragsteller während des laufenden Vorbescheidverfahrens bzw. während des Verfahrens der Bauleitplanung bis zum Satzungsbeschluss auf diesen verzichtet hätte. Nach der dem Senat vorliegenden Vorbescheidakte spricht hierfür allerdings nichts. Die Ermittlung des zugrunde zu legenden Erweiterungsbedarfs – mit dem Ergebnis, dass der Kälberstall nicht zu berücksichtigen sei – hat die Antragsgegnerin vorliegend vielmehr aus der eigenen Regie gegeben und dem Gutachterbüro überlassen. Sie hat sich vor dem Satzungsbeschluss auf eine kurze Nachfrage beim Gutachterbüro beschränkt und sich auf dessen knappe E-Mail-Antwort gestützt, ohne die Möglichkeit eines Kommunikationsfehlers zwischen dem Antragsteller und dem Gutachterbüro in Erwägung zu ziehen und die Richtigkeit der angenommenen Aufgabe des Kälberstalles durch Rückfrage beim Antragsteller oder beim Landratsamt bzw. durch Einsichtnahme in die Akten des laufenden Vorbescheidverfahrens zu verifizieren. Weil sich der Antragsteller im Planungsverfahren ausdrücklich darauf berufen hat, am Kälberstall festzuhalten und die Richtigkeit der gutachterlichen Geruchsprognose deswegen substanziiert angegriffen hat, wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, dem zunächst sorgfältig ermittelnd nachzugehen, um die zu prognostizierende Geruchsbelastung des Plangebiets überhaupt richtig bewerten, d.h. mit den richtigen Prognosewerten und damit mit dem gebotenen Gewicht der Abwägung zu Grunde legen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 23).

Wird im vorliegenden Eilverfahren aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht auf den Kälberstall verzichtet hat, und geht man deshalb aufgrund mangelnder sorgfältiger Ermittlung der tatsächlichen Erweiterungsabsichten von einem Ermittlungsdefizit aus, vermag der Senat derzeit nicht abzuschätzen, ob dieser Mangel im Hauptsacheverfahren am Maßstab von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als beachtlich oder unbeachtlich anzusehen wäre. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Kommune bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Vorliegend dürfte sich die Offensichtlichkeit des Ermittlungsdefizits unmittelbar aus den Vorbescheid- und den Normaufstellungsakten ergeben (Einwendung im Verfahren der Bauleitplanung gegen die immissionsschutztechnische Begutachtung, dass am Kälberstall festgehalten wird; kein Verzicht auf den Kälberstall laut den vorliegenden Vorbescheidakten; keine Nachforschungen der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller sowie dem Landratsamt hinsichtlich der Frage der fortbestehenden Einbeziehung des Kälberstalls in die Erweiterungsplanung). Fraglich ist aber, ob die Mängel auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen sind. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne diese die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 29 m.w.N.). Die Aussage des Gutachters in der E-Mail an die Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2017, wonach sich bei Einbeziehung des Kälberstalls „praktisch keine Änderung der Immissionswerte“ ergäbe, kann ohne nähere Erläuterung zu der Frage, ob und inwiefern sich bei Einbeziehung des Kälberstalls der Gesamtviehbestand sowie damit der für die Geruchsprognose zugrunde zu legende GV-Wert relevant ändern, sowie ohne nähere Darlegung eines Berechnungsergebnisses vom Senat nicht nachvollzogen werden. Es kann mithin im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass das immissionsschutztechnische Gutachten im Falle der Berücksichtigung des Kälberstalles zu denselben Geruchsprognosewerten gelangt wäre und dass deshalb der Gemeinderat der Antragsgegnerin in jedem Falle den Satzungsbeschluss mit demselben Inhalt erlassen hätte. Es ist – zumal im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO – auch nicht Sache des Normenkontrollgerichts, etwa über ein Sachverständigengutachten selbst zu ermitteln, ob sich eine potenzielle zusätzliche Belastungswirkung in einem Marginalbereich bewegt, der die Unbeachtlichkeit des Ermittlungsdefizits der Kommune gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zur Folge haben könnte (BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 28). Insofern muss jedenfalls derzeit, d.h. im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag gem. § 47 Abs. 6 VwGO, die Möglichkeit der Ergebnisrelevanz eines entsprechenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizits in Rechnung gestellt werden.

dd) Ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch ein materieller Abwägungsfehler in Form eines Abwägungsdefizits und / oder einer Abwägungsfehleinschätzung vorliegen könnte, falls wegen nicht vollständiger Berücksichtigung aller erheblicher (künftiger) Emissionsquellen des Milchviehbetriebs auf FlNr. ... von einer tatsächlich zu geringen Geruchsbelastung im betroffenen Plangebiet ausgegangen worden sein sollte.

Dem weiteren Einwand des Antragstellers, es sei widersprüchlich und abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin einerseits eine Überschreitung der Immissionswerte der Nr. 3.1 der GIRL als zumutbar ansehe, andererseits aber eine Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs auf FlNr. ... nur nach Westen hin als rechtlich möglich erachte und einer Erweiterung nach Norden hin grundsätzlich die Zustimmung verweigere, muss im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden.

Da die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b und § 13a BauGB nicht vorliegen [s.o. a) ], findet vorliegend ferner § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB keine Anwendung, wonach in den Fällen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB Eingriffe, die aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als i.S.d. § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig gelten (zur grundsätzlich entsprechenden Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB über § 13b Satz 1 BauGB vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/746). Auch insofern könnten wegen unterbliebener Erwägungen zu einem naturschutzrechtlichen Ausgleichsbedarf gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB erhebliche Fehler sowohl in Form eines Ermittlungs- und Bewertungsdefizits (Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB) als auch in Form eines Abwägungsdefizits (§ 1 Abs. 7 BauGB) vorliegen. Auch dies kann vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen und bedarf keiner tieferen Betrachtung.

c) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers ist aufgrund des festgestellten Rechtsverstoßes gegen § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB sowie aufgrund des nach summarischer Prüfung womöglich vorliegenden Ermittlungsdefizits (s.o.: Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB in Bezug auf die konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers) dringend geboten. Die Einwendung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 27. April 2018, wonach Erschließungsanlagen noch nicht errichtet würden und derzeit weder eine Erschließungsplanung noch eine Ausschreibung hierfür existierten, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Nachdem der Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach zulässig und begründet ist, spricht bereits indiziell Überwiegendes dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss (s.o.; BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; für den Fall eines Verstoßes gegen § 13a BauGB vgl. BayVGHG, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 15 ff.). Im Übrigen hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Senat keine verbindliche Erklärung abgegeben, bis zur Entscheidung des Senats in der Hauptsache (also über den Normenkontrollantrag im Verfahren 15 N 18.41) auf die Schaffung von Erschließungsmöglichkeiten im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verzichten. Da nach den eigenen Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren aktuell eine erhebliche Nachfrage nach Wohnbauland im Gemeindegebiet bestehe, bereits sämtliche Parzellen des streitgegenständlichen Bebauungsplans reserviert seien und sich 18 weitere Erwerbswillige auf einer Warteliste hätten eintragen lassen, muss angesichts des hieraus folgenden Baudrucks – ungeachtet der Frage, ob nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Grundstücke im östlichen Plangebiet entlang des G...wegs hinreichend erschlossen sind – jederzeit damit gerechnet werden, dass die Antragsgegnerin die Erschließung vorantreibt und damit die formalen Voraussetzungen für (parallele) Genehmigungsverfahren und / oder Genehmigungsfreistellungsverfahren schafft. Durch die dann zu erwartende Verwirklichung der geplanten Wohnbauvorhaben könnten Vorbindungen entstehen, die mit Blick auf noch erforderliche Nachermittlungen und Bewertungen zur Betriebserweiterung des Antragstellers und damit zur Geruchsbelastung (s.o.) einer womöglich notwendigen (nachträglichen) Umplanung des Baugebiets entgegenstehen könnten (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 13). Auch wenn die Wahl des falschen Verfahrens nicht unmittelbar die Interessens- und Rechtssphäre des Antragstellers betrifft, ist sie im Eilverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO nicht irrelevant. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, sind bei der Beurteilung wichtiger Gründe und deren Dringlichkeit i.S. von § 47 Abs. 6 VwGO Einwendungen außerhalb der subjektiven Betroffenheit der Antragsteller in der allgemeinen Interessenabwägung zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 3.3.2017 a.a.O. juris Rn. 29 m.w.N.). Im Falle einer nicht auszuschließenden zeitnahen Umsetzung des Bebauungsplans droht daher aufgrund erheblicher Investitionen für Erschließungsmaßnahmen und für die Errichtung der Wohngebäude die Schaffung vollendeter Tatsachen, sodass unter Einbeziehung aller vorgenannter Umstände der Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung unaufschiebbar erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 a.a.O.).

d) Die weiteren Einwände des Antragstellers,

– der Bebauungsplan sei wegen unzumutbarer Hürden bei der Einsichtnahme im Rahmen des Beteiligungsverfahrens gem. § 3 Abs. 2 BauGB formell fehlerhaft (vgl. hierzu jeweils m.w.N.: Spieß in Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, zu § 3 BauGB Rn. 21; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 3 Rn. 39, 39a),

– der Planung fehle die Erforderlichkeit i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil ein Bedarf nach der Anzahl der Wohnbaugrundstücke nicht nachgewiesen worden sei und noch viele unbebaute Bauparzellen in anderen Baugebieten bzw. im gemeindlichen Innenbereich existierten (hierzu vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 42 m.w.N. sowie BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht, wonach es im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob es in anderen Ortsteilen noch freie Bauplätze gibt, auf denen sich eine Wohnbebauung möglicherweise ebenfalls realisieren ließe),

– es sei aufgrund der Ausdehnung der Bebauung in den Außenbereich von einem Verstoß gegen ein landesbzw. regionalplanerisches Gebot der Nachverdichtung auszugehen (vgl. hierzu BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 57; BayVGH, U.v. 24.8.2015 – 2 N 14.48 – juris Rn. 49; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht; zu vergleichbaren rechtlichen Hürden aus § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB und dem Abwägungsgebot vgl. BayVerfGH, E.v. 29.3.2012 – Vf. 5-VII-11 – BayVBl. 2013, 14 = juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 20.4.2011 – 15 N 10.1320 – BayVBl 2012, 110 = juris Rn. 115 m.w.N.; U.v. 24.8.2015 a.a.O. Rn. 66),

– die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung / Oberflächenwasserableitung gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen, weil das hierfür erforderliche Regenrückhaltebecken im Bebauungsplan selbst keiner Regelung zugeführt worden sei (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 33 ff., zur Möglichkeit „planerischer Zurückhaltung“ unter Konfliktverlagerung auf ein der Bauleitplanung nachfolgendes wasserrechtliches Verfahren vgl. BayVGH, U.v. 23.4.2012 – 1 N 11.986 – juris Rn. 17 ff.; U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 57 ff.),

– die Umsetzung des Bebauungsplans führe im Bereich der Zufahrtsstraßen außerhalb des Plangebiets zu einer abwägungserheblichen Zunahme des Verkehrslärms, die gem. § 2 Abs. 3 BauGB hätte ermittelt und in die Abwägung einbezogen werden müssen (im Falle einer entsprechenden Einwendung im Planungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 17 f., 22 ff.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 19, 21 ff.; zu Fallgestaltungen mangelnder Abwägungsrelevanz vgl. BayVGH, B.v.19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 15; U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – juris Rn. 22 ff. sowie im Anschluss BVerwG, B.v. 24.8.2017 – 4 BN 35.1 – juris Rn. 6),

– es sei fehlerhaft nicht erwogen worden, dass er – der Antragsteller – das Grundstück FlNr. ... gepachtet habe und dass die Bauleitplanung mithin in sein Besitzrecht eingreife,

sind aufgrund der Erwägungen zu a) – c) nicht mehr entscheidungserheblich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 und Abs. 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

4. Entsprechend § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ist die Nr. I der Entscheidungsformel allgemein verbindlich und muss von der Antragsgegnerin in derselben Weise veröffentlicht werden, wie der angegriffenen Bebauungsplan.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung eines landwirtschaftlichen Betriebs.

Der Antragsteller ist Eigentümer des am nordwestlichen Rand eines Ortsteils des Markts D. gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 41 Gemarkung B. Mit Bescheid vom 9. Februar 2015 erteilte das Landratsamt Augsburg dem Beigeladenen die Baugenehmigung für den Umbau der bestehenden Maschinenhalle zu einem Rinder- und Kälberstall mit Heu- und Strohlager, für den Umbau und die Erweiterung des bestehenden Milchviehstalls sowie für die Errichtung einer mobilen Überdachung für Kälberiglus auf den unmittelbar südöstlich angrenzenden, landwirtschaftlich genutzten Grundstücken FlNr. 40 und 44.

Hiergegen hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 30. Juni 2015 mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Unabhängig davon, ob das Bauvorhaben im Außenbereich oder im unbeplanten Innenbereich liege, verletze die Baugenehmigung nach summarischer Prüfung nicht das Rücksichtnahmegebot. Es sei nicht zu befürchten, dass von dem Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen für den Antragsteller ausgingen. Nach einer geruchstechnischen Untersuchung führe die genehmigte Betriebserweiterung zu einer Erhöhung der bisherigen Geruchsbelastung am Anwesen des Antragstellers von 1% auf nunmehr insgesamt 16% der Jahresstunden. Das erscheine nach den Auslegungshinweisen der GIRL vertretbar, wonach in begründeten Einzelfällen Zwischenwerte zwischen Dorfgebiet und Außenbereich bis zu 20% Geruchsstundenhäufigkeiten möglich seien. Da das Grundstück des Antragstellers an den Außenbereich grenze, sei sein Schutzanspruch gemindert. Der Eigentümer eines am Rand des Außenbereichs gelegenen Grundstücks müsse mit den Auswirkungen landwirtschaftlicher Tätigkeit und der Neuansiedlung eines landwirtschaftlichen Betriebs jederzeit rechnen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Geruchsbelastung sei zudem zu berücksichtigen, dass im bestehenden Jungviehstall die Zahl der Großvieheinheiten künftig deutlich reduziert werde. Von dem Bauvorhaben würde auch keine unzumutbare Lärmbelastungen für den Antragsteller ausgehen. Durch entsprechende Auflagen im Baugenehmigungsbescheid sei hinreichend sichergestellt, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen am Anwesen des Antragstellers ausgeschlossen seien. Ein vom Antragsteller vorgelegtes schalltechnisches Gutachten könne nicht herangezogen werden, weil die dort zugrunde gelegt TA Lärm auf immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen keine Anwendung finde. Zudem habe der Gutachter eine Überschreitung der nächtlichen Immissionswerte nur für den Fall von in der Realität nicht bestehenden Umständen angenommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Augsburg vom 9. Februar 2015 anzuordnen.

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren grundsätzlich beschränkt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt.

Die im vereinfachten Verfahren erteilte Baugenehmigung verstößt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegen Vorschriften, die im Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO zu prüfen sind und (auch) dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das gilt auch für die von der Beschwerde allein geltend gemachte Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, und zwar unabhängig davon, ob das Erweiterungsvorhaben im Außenbereich oder im faktischen Dorfgebiet gelegen ist. Das drittschützende Rücksichtnahmegebot, das für nach § 35 BauGB zu beurteilende Vorhaben im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen als öffentlicher Belang in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (vgl. BVerwG, B. v. 5.9.2000 - 4 B 56.00 - BauR 2001, 83 = juris Rn. 5) und für nach § 34 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 18) enthalten ist, ist in beiden Fällen gleichermaßen zu beachten. Es wird zulasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, also unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss (vgl. BVerwG, B. v. 10.1.2013 - 4 B 48/12 - BauR 2013, 934 = juris Rn. 7; BayVGH, B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 21 m. w. N.). Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und auf dessen materiell-rechtliche Maßstäbe (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen (vgl. BVerwG, U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 = juris Rn. 22). Nach diesen Maßstäben wird das Gebot der Rücksichtnahme zulasten des Antragstellers voraussichtlich weder durch die von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen hervorgerufenen Geruchsbelastungen (vgl. dazu unten 1.) noch durch unzumutbare Lärmbelastungen (vgl. dazu unten 2.) verletzt.

1. Durch das Erweiterungsvorhaben wird die Grenze des für den Antragsteller an Geruchsbelastungen Zumutbaren voraussichtlich nicht überschritten.

a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung zu Recht auf die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 gestützt. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass diese Richtlinie im Einzelfall als Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (vgl. BayVGH, B. v. 16.7.2014 - 15 CS 13.1910 - juris Rn. 17 ff.; B. v. 7.10.2015 - 15 ZB 14.2115 - juris Rn. 16; B. v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 9 ff.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris Rn. 7 ff.; U. v. 19.2.2014 - 8 A 11.40040 u. a. - BayVBl 2016, 155 ff. = juris Rn. 536; B. v. 3.2.2014 - 1 NE 13.2508 - juris Rn. 10 ff.; ebenso für OVG LSA, U. v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 95 für Sachsen-Anhalt; VGH BW, U. v. 12.3.2015 - 10 S 1169/13 - juris Rn. 54).

In Anwendung dieser Richtlinie ist das Verwaltungsgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die nach der geruchstechnischen Untersuchung der Sachverständigen M. ... ... ... ... vom 17. März 2014 als Gesamtbelastung ermittelte Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 0,16 der Jahresstunden (= 16%) am Grundstück des Antragstellers zumutbar ist. Das gilt auch dann, wenn man annimmt, dass die Fläche, auf dem sich das Erweiterungsvorhaben des Beigeladenen befindet, nicht dem Außenbereich angehört, sondern dem faktischen Dorfgebiet, in dem auch das Grundstück des Antragstellers liegt. Zwar sind nach Nr. 3.1 Satz 2 (Tabelle 1) der GIRL die von einem Tierhaltungsbetrieb hervorgerufenen Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung den Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 (=15%) überschreitet. Dieser Wert entspricht im Grundsatz dem sich aus § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebot gegenüber land- und forstwirtschaftlichen Betrieben (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL). Damit wäre hier die Zumutbarkeitsgrenze um 1% der Jahresstunden überschritten. Hierbei handelt es sich aber nicht um einen feststehenden, schematisch anzuwendenden Wert. Soll - wie hier - eine nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungspflichtige landwirtschaftliche Anlage errichtet werden, ist vielmehr eine Einzelfallprüfung erforderlich, die auch eine Zwischenwertbildung zulässt (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ Abschnitt „Immissionswerte“, sowie zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Für die Höhe des Zwischenwerts ist die konkrete Schutzbedürftigkeit der von den Gerüchen betroffenen Flächen maßgeblich. Befindet sich ein den Geruchsbelastungen ausgesetztes Wohngebäude im Randgebiet zum Außenbereich, ist ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich möglich, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris Rn. 96; Hess VGH, U. v. 1.4.2014 - 9 A 2030/12 - ESVGH 64, 191 = juris Rn. 64; vgl. auch BVerwG, U. v. 10.12.1982 - 4 C 28/81 - BRS 39, Nr. 57 = juris Rn. 19). Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei den vorliegenden Umständen der ermittelte Wert von 16% der Jahresgeruchsstundenhäufigkeit vom Antragsteller hinzunehmen ist, rechtlich nicht bedenklich. Nichts Anderes würde gelten, wenn die Fläche, auf der das Bauvorhaben verwirklicht werden soll, dem Außenbereich zuzuordnen wäre.

b) Die Ausführungen der Beschwerde geben keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.

Der Einwand, die Wohnbebauung auf seinem Grundstück liege nicht am Rand des Dorfgebiets, sondern innerhalb des als Dorfgebiet einzustufenden Bereichs, greift nicht durch. Zwar ist es richtig, dass sich das Grundstück des Antragstellers nach den in den Behördenakten befindlichen Luftbildern und Lageplänen in dem mit dem Wohnhaus des Antragstellers bebauten, nordöstlichen Teilbereich noch innerhalb des Dorfgebiets befindet. Dennoch grenzt diese Fläche aber unmittelbar an den Außenbereich und liegt damit im Grenzbereich am südwestlichen (Orts-)Rand des Dorfgebiets. Den an der Grenze zwischen dem Innen- und Außenbereich gelegenen „Ortsrand“ bilden naturgemäß nicht diejenigen Grundstücke, die bereits im Außenbereich liegen, sondern alle Flächen im Übergang vom Innen- zum Außenbereich. Das sind alle Flächen, die noch im Innenbereich gelegen sind, jedoch unmittelbar an den Außenbereich grenzen. So verhält es sich mit dem Wohngrundstück des Antragstellers. Der Umstand, dass sich im Norden und Westen ebenfalls Wohngrundstücke anschließen, ändert an dieser Randlage ebenso wenig wie die Darstellungen im Flächennutzungsplan.

Auch die Tatsache, dass in der unmittelbaren Umgebung des Grundstücks des Beigeladenen in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Umfang Wohnbebauung entstanden und die landwirtschaftlichen Nutzung im Ortsteil B. auf dem Rückzug ist, wie der Antragsteller angibt, vermag die Zumutbarkeitsschwelle für Gerüche nicht zu vermindern. Denn dadurch ändert sich weder der Charakter des Dorfgebiets, das im Unterschied zum Mischgebiet (§ 6 BauNVO) nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der Hauptfunktionen abhängt (BVerwG, Urt. v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - BVerwGE 133, 377 = juris Rn. 10; VGH BW, B. v. 23.2.2016 - 3 S 2225/15 - juris Rn. 59 m. w. N.), noch die Lage des Wohnanwesens des Antragstellers am Rand dieses Dorfgebiets.

Gleiches gilt für den Umstand, dass das Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers seit jeher als Wohngebäude genutzt wird. Auch dies ändert nichts daran, dass das Anwesen des Antragstellers am Rande des Dorfgebiets gelegen und sein Schutzanspruch deswegen geringer zu bewerten ist als bei Wohngrundstücken, die ebenfalls im Dorfgebiet liegen, aber nicht unmittelbar an den Außenbereich grenzen. Die vom Antragsteller hierzu angeführte Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts besagt nichts Anderes; auch in dieser Entscheidung wird in Anwendung der GIRL die Auffassung vertreten, dass für Dorfgebiete ein Regel-Orientierungswert von 15% der Jahresstunden gilt, am Rand des Dorfgebiets zum Außenbereich aber Werte von bis zu 20% zulässig sein können (vgl. NdsOVG, U. v. 9.4.2014 - 1 LA 60/13 - RdL2014, 208 = juris Rn. 14 und 24).

Der im Urteil der Verwaltungsgerichtshofs vom 8. September 1998 (Az. 27 B 96.1407 - BayVBl 1999, 215) aufgestellte Rechtssatz, dass Eigentümer von Wohngrundstücken am Rande des Außenbereichs darauf vertrauen dürfen, dass keine mit der Wohnnutzung unverträgliche Nutzung entsteht und dies allgemein nicht der Fall ist, wenn die Lärmbelästigung nicht über das in einem Misch- oder Dorfgebiet zulässige Maß hinausgeht, lässt ebenfalls keine andere Bewertung zu. Denn abgesehen davon, dass sich diese Entscheidung nicht zur Frage der Zumutbarkeit von Geruchsbelastungen verhält, die von einem im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässigen Vorhaben hervorgerufen werden, sondern zu Lärmbelastungen, die von einem im Außenbereich geplanten KFZ-Werkstatt herrühren, besagt die Entscheidung nicht, dass am Ortsrand keine abweichenden Maßstäbe gelten könnten.

Der Hinweis auf die Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, wonach beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung lediglich Zwischenwerte bis maximal 15% der Jahresstunden zulässig seien, vermag der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn das Wohngebäude des Antragstellers befindet sich nicht innerhalb geschlossener Wohnbebauung, sondern in einem Dorfgebiet, das nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO durch die Unterbringung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, von Wohnen und nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie von der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben gekennzeichnet ist.

Schließlich verfängt auch Rüge des Antragstellers nicht, das der Baugenehmigung zugrunde gelegte Immissionsschutz-Gutachten zur Ermittlung der Geruchsbelastung des Ingenieurbüros K. vom 22. Dezember 2014 könne nach der vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahme des Diplom-Physikers Dr. Z. vom 3. August 2015 deswegen keine tragfähige Grundlage für die Berechnung der Geruchsstundenhäufigkeit am Grundstück des Antragsteller bieten, weil die Wahl der Qualitätsstufe („rate=2“) im Modellsystem austal2000 als Eingabeparameter eine Unterschätzung der berechneten Geruchsstundenhäufigkeit zur Folge haben könne und weil die Verwendung des Grenzschichtmodells („Version 2.1“) für die Berechnungen nicht den Anforderungen der GIRL entspreche. Wie eine Neuberechnung durch den Gutachter K. anhand der von Dr. Z. als richtig angegebenen Eingabeparameter („rate=8“; Grenzschichtmodell „Version 2.6“) ergeben hat, wirkt sich dies am Wohngebäude des Antragstellers (Immissionsort IO 3) nicht entscheidungserheblich aus (vgl. Stellungnahme vom 7.9.2015, Blatt 24 ff. der Gerichtsakte). Soweit in dem Gutachten Dr. Z. vom 3. August 2015 beanstandet wird, dass bei der Berechnung durch das Gutachten K. eine „der guten fachlichen Praxis entsprechende Sensitivitätsanalyse unterblieben“ sei, legt der Antragsteller schon nicht dar (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), inwiefern dieser Mangel auf das Ergebnis der vom Gutachter K. errechneten Immissionswerte Einfluss haben könnte.

2. Der Antragsteller wird durch das genehmigte Vorhaben aller Voraussicht nach auch nicht mit unzumutbaren Geräuschimmissionen belastet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die Zumutbarkeit der von dem Bauvorhaben hervorgerufenen Lärmimmissionen nicht notwendig anhand der Immissionsrichtwerte der TA Lärm zu beurteilen ist. Nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm sind nicht genehmigungsbedürftige landwirtschaftliche Anlagen wegen der besonderen Privilegierung der Landwirtschaft (vgl. BayVGH, B. v. 4.3.2015 - 22 CS 15.33 u. a. - juris Rn. 17; B. v. 10.2.2016 - 22 ZB 15.2329 - juris Rn. 22) ausdrücklich vom Anwendungsbereich der TA Lärm ausgenommen. Landwirtschaftlichen Anlagen im Sinn dieser Bestimmung sind Anlagen, die, wie Lüftungsanlagen für Ställe, Melkmaschinen, Mähdrescher oder Traktoren im Rahmen der Urproduktion (vgl. § 201 BauGB), der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder der Zubereitung, Verarbeitung und Verwertung selbst gewonnener derartiger Erzeugnisse dienen (vgl. OVG NRW, B. v. 23.1.2008 - 8 B 237/07 - juris Rn. 44 ff. m. w. N.; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, TA Lärm Nr. 1 Rn. 16). Da Betriebe der Landwirtschaft im Hinblick auf ihren Standort beschränkt sind und lediglich im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder in Dorfgebieten (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) errichtet werden dürfen, sind dort die mit ihnen einhergehenden Immissionen gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots von benachbarten Nutzungen grundsätzlich hinzunehmen. Dies kommt etwa in der Formulierung der „vorrangigen Rücksichtnahme“ in § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Ausdruck, die sich gerade auch auf den Immissionsschutz bezieht und in erhöhtem Maß die Standortsicherheit der landwirtschaftlichen Betriebe gewährleisten soll (vgl. BR-Drs. 354/89 S. 49 f. zu § 5 BauNVO 1990). Die von landwirtschaftlichen Betrieben üblicherweise ausgehenden Emissionen (Tiergeräusche, Maschinenlärm, Geruchsentwicklung) sind gebietstypisch und daher in der Regel nicht als unzulässige Störung der in der Nachbarschaft vorhandenen oder geplanten Wohnnutzung anzusehen (vgl. BayVGH, U. v. 12.7.2004 - 25 B 98.3351 - juris Rn. 30; 30.9.2004 - 26 B 98.3323 - juris Rn. 20 f.; Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn. 7).

Das schließt zwar nicht aus, die auf Gewerbelärm zugeschnittene TA Lärm (vgl. BVerwG, B. v. 3.5.1996 - 4 B 50/96 - NVwZ 1996, 1001 = juris Rn. 8) im Einzelfall auch auf von landwirtschaftlichen Betrieben herrührenden Lärm entsprechend anzuwenden, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen (vgl. VGH BW, U. v. 4.11.2014 - 10 S 1663/11 - NuR 2015, 123 = juris Rn. 55; OVG Saarl, B. v. 8.12.2014 - 2 B 363/14 - juris Rn. 7; Feldhaus/Tegeder, Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, 2014, Teil B Rn. 25 m. w. N.). Zwingend ist dies jedoch nicht. Auf die Einhaltung der nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm für Dorfgebiete festgelegten Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts kommt es daher nicht maßgeblich an. Eine Festlegung dieser Werte durch entsprechende Auflagen im Baugenehmigungsbescheid war entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht geboten.

Der Einwand des Antragstellers, der Betrieb des Beigeladenen sei bereits nach seinem derzeitigen Bestand, insbesondere durch die täglichen, in der Regel ab 5:30 Uhr und bis weit nach 22:00 Uhr durchgeführten Reinigungs-, Fütterungs-, Melk- und Pumpvorgänge bei geöffneten Stalltüren geeignet, den Nachrichtwert von 45 dB(A) am Wohnhaus des Antragstellers erheblich zu überschreiten, ist für die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung damit ebenfalls ohne Bedeutung. Gleiches gilt für den mit Bezugnahme auf die gutachterliche Stellungnahme des Diplom-Physikers S. vom 30. Juli 2015 erhobenen Vorwurf, die aktuellen Vorgänge auf dem Hof des Betriebs oder die Emissionen des Maschinenraums, insbesondere im Fall der Inbetriebnahme von Kühlgerät, Melkmaschine und Hochdruckreiniger, aber auch die Futtermischung und Reinigung der Maschinen führten schon für sich genommen zu einer deutlichen Überschreitung des nächtlichen Richtwerts am Anwesen des Antragstellers. Unabhängig davon wird die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung nicht dadurch berührt, dass sich der Bauherr nicht an die Nebenbestimmungen einer (früheren) Baugenehmigung zum Immissionsschutz hält oder das Bauvorhaben sonst abweichend hiervon ausführt (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 25 m. w. N.; OVG SH, B. v. 30.9.2014 - 1 MB 33/14 - BauR 2015, 543 = juris Rn. 21; OVG Berlin-Bbg, B. v. 24.6.2014 - OVG 10 S 29.13 - juris Rn. 53). Entscheidend ist vielmehr allein, ob nach dem Inhalt der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Auflagen so festgelegt wurden, dass sie den Antragsteller ausreichend schützen und bei ordnungsgemäßem Betrieb erfüllt werden können (vgl. BayVGH, B. v. 27.11.2008 - 1 ZB 06.594 - juris Rn. 24; B. v. 29.6.2009 - 15 CS 09.860 - Rn. 24).

Dass dies hier nicht der Fall wäre, wird von der Beschwerde nicht substanziiert dargelegt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Insbesondere setzt sich diese nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, dass im Baugenehmigungsbescheid ausreichende Vorkehrungen getroffen worden seien, dass vom Betrieb des Beigeladenen keine unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, und dass bei Beachtung der Nebenbestimmungen Nr. 5.23 (Betrieb der Anlage entsprechend den Anforderungen an die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft, vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG) das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Lärmemissionen am Anwesen des Antragstellers mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne (vgl. Urteilsabdruck Rn. 74, 75). Der Vortrag, die Richtwerte der TA Lärm würden aktuell nicht eingehalten, reicht hierzu nicht aus.

3. Die Rüge des Antragstellers im Schriftsatz vom 22. Oktober 2015, die Baugenehmigung sei nicht hinreichend bestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), weil sich aus ihr mangels Betriebsbeschreibung der Tierbestand des Betriebs des Beigeladenen nicht entnehmen lasse, ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO verspätet, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist erhoben wurde. Im Übrigen setzt sich der Antragsteller nicht mit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auseinander (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), die künftige Tierhaltungszahl ergebe sich zweifelsfrei aus den genehmigten Bauplänen (vgl. Urteilsabdruck Rn. 78).

4. Der Hinweis auf die Wertminderung seines Grundstücks, die durch die Erweiterung des Betriebs des Beigeladenen eintreten soll, vermag die Beschwerde ebenfalls nicht zu begründen. Wertminderungen, die als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück entstehen, bilden für sich genommen oder am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 GG bzw. über das Gebot der Rücksichtnahme hinaus keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens (vgl. BVerwG, B. v. 17.2.1981 - 4 B 13/81 - BRS 38 Nr. 84 = juris Rn. 3; BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211 - BayVBl 2013, 51 = juris Rn. 40; B. v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 24 m. w. N.). Eine Wertminderung hätte allenfalls indizielle Bedeutung für die Intensität eines (mittelbaren) Eingriffs in die Grundstückssituation des Nachbarn. Da der Eingriff aus den angeführten Gründen hier aber hinzunehmen ist, kommt darauf nicht an.

5. Entgegen der Annahme des Antragsteller ist die Baugenehmigung schließlich nicht deswegen rechtswidrig, weil das Bauvorhaben gegen das grundsätzlich auch im öffentlichen Recht geltende Schikaneverbot (vgl. § 226 BGB) verstößt. Ob dieses Rechtsinstitut neben dem Gebot der Rücksichtnahme ein eigenständiges Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung vermittelt, muss nicht entschieden werden (vgl. dazu BayVGH, B. v. 22.8.2012 - 14 CS 12.1031 - juris Rn. 13 f. m. w. N.; OVG MV, B. v. 16.4.2014 - 3 M 29/14 - juris Rn. 28; NdsOVG, B. v. 13.1.2010 - 1 ME 237/09 - RdL 2010, 98 = juris Rn. 11). Eine Schikane läge vor, wenn der Standort oder die Nutzung der genehmigten Anlagen keinem anderen Zweck als der Schädigung des Antragstellers dienten und der Beigeladene als Bauherr kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgen würde (vgl. BayVGH, B. v. 22.8.2012 - 14 CS 12.1031 - juris Rn. 13; OVG MV, B. v. 16.4.2014 - 3 M 29/14 - juris Rn. 28). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht substanziiert dargelegt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Soweit er hierzu pauschal „die Wahl des Standorts, in dem sämtliche lärmintensive Arbeiten durchgeführt werden“ anführt, wendet er sich offensichtlich gegen die aktuelle Situation auf dem Grundstück des Beigeladenen. Diese ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Dass mit der Baugenehmigung selbst - auch unter Berücksichtigung der Auflagen nach Nr. 5.17 bis 5.23 des Bescheids - ein Vorhaben zugelassen wird, das einen solchen Schädigungszweck verfolgt, macht der Antragsteller nicht geltend.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil dieser einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I. Der am 11. Dezember 2017 bekannt gemachte Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H... wird bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt als Inhaber eines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs auf dem (Außenbereichs-) Grundstück FlNr. ... der Gemarkung I... vorläufigen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen den von der Antragsgegnerin am 11. Dezember 2017 bekannt gemachten Bebauungsplan mit integriertem Grünordnungsplan „H...“.

Der angegriffene Bebauungsplan, der ein allgemeines Wohngebiet für etwa 37 Bauparzellen festgesetzt (die beispielhaft / deskriptiv in der Planzeichnung dargestellt werden), überplant eine die FlNrn. ..., ... sowie Teilflächen der FlNrn. ..., ... umfassende, bislang unbebaute Fläche mit einer von der Antragsgegnerin angegebenen Größe von ca. 3,31 ha westlich des bestehenden Ortsrands und nördlich des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers. Der östliche Teil des Plangebiets mit einer Fläche von etwa 6.000 m², der für eine Bebauung mit etwa 9 Wohnhäusern vorgesehen ist (Parzellen 1, 2, 19, 20, 21, 22, 23a, 23b, 24) ist nach Osten durch den von Nordost nach Südwest verlaufenden G...weg begrenzt, an den sich östlich und südöstlich die innerörtliche Bebauung des Gemeindegebiets anschließt. Nördlich dieses östlichen Teils des Plangebiets schließt sich auf einer Ausdehnung von ca. 60 – 65 m in Nord-Süd-Richtung der Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ mit einem ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet („WA“) an, der nach den auf den Internetseiten der Verwaltungsgemeinschaft S... abrufbaren Informationen ursprünglich im Dezember 1999 aufgestellt und im Jahr 2008 geändert wurde. In dem ca. 1 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans sind nach den Bestandsdarstellungen in der Planzeichnung des streitgegenständlichen Bebauungsplans von den dortigen 15 Grundstücksflurnummern derzeit nur sieben Grundstücke mit einem Wohnhaus bebaut. Weiter nördlich folgt auf einer Ausdehnung von ca. 70 – 110 m (in Nord-Süd-Richtung) der Geltungsbereich des ebenfalls im Jahr 1999 aufgestellten, ein allgemeines Wohngebiet („WA“) festsetzenden Bebauungsplans „H...“. Laut den im Internet im BayernAtlas abrufbaren Flurkarten und Luftbildern ist in dem ca. 1,5 ha großen Geltungsbereich dieses Bebauungsplans von den dortigen potenziell bebaubaren 21 Grundstücksflurnummern derzeit kein Grundstück bebaut. Zwischen der Nordgrenze des Bebauungsplans „H...“ und der sich weiter nördlich anschließenden Ortsrandbebauung liegt eine unbebaute Fläche mit einer Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung zwischen ca. 25 m und 85 m. Der östliche Teilbereich des angegriffenen Bebauungsplans ist durch eine von Nordnordwest nach Südsüdost verlaufende „Fläche zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen“ (ca. 45 m breite Schneise ohne Baufenster), in deren Mitte eine Hochspannungsfreileitung verläuft, vom – deutlich größeren – westlichen Teil des Plangebiets, der auf einer Fläche von ca. 20.000 m² mit den dort ausgewiesenen Baufenstern Platz für ca. 28 Bauparzellen (Parzellen 3 - 7, 8a, 8b, 9 - 18, 25 - 35) bietet, getrennt. Nördlich dieses Teilbereichs schließt sich nach über 100 m freier Fläche die Ortsrandbebauung an. Der Abstand zwischen dem bestehenden Stallgebäude des Antragstellers auf FlNr. ... zur südlichen Grenze des streitgegenständlichen Bebauungsplans beträgt etwa 100 m, zur nächstgelegenen Baugrenze innerhalb des Geltungsbereichs etwa 113 m. Westlich des Plangebiets besteht weithin keine Bebauung.

Der Antragsteller stellte unter dem 12. Mai 2017 einen Antrag auf Erlass eines Bauvorbescheids für bauliche Erweiterungen des landwirtschaftlichen Betriebs auf der FlNr. ... (Eingang bei der Antragsgegnerin am 18. Mai 2017, beim Landratsamt Neustadt a.d. Waldnaab am 11. August 2017), der später dahingehend konkretisiert wurde, dass darüber entschieden werde solle, ob das Vorhaben an der im beigefügten Lageplan dargestellten Position, Größe und Form planungsrechtlich zulässig ist. Über diesen Antrag hat das Landratsamt, soweit dies aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist, bislang nicht entschieden. Nach der eingereichten Planzeichnung zum Vorbescheidantrag soll das bestehende Stallgebäude (45 m x 26 m bzw. mit Vordach 45 m x 32 m) durch einen unmittelbar an den Bestand angrenzenden Anbau nach Norden hin erweitert und dabei in der Fläche verdoppelt werden. Zudem ist im Antrag ca. 12,5 m westlich des Großstalles ein neues kleineres Stallgebäude („Erweiterung Kälberstall“) mit den Flächenmaßen 12 m x 30 m sowie einer Wandhöhe von 3 m und einer Firsthöhe von 5,18 m vorgesehen.

Am 8. August 2017 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin einen Aufstellungsbeschluss, wonach beabsichtigt sei, den streitgegenständlichen Bebauungsplan „im Sinne des § 13b BauGB aufzustellen“. Auf Basis eines weiteren Gemeinderatsbeschlusses vom 8. August 2017 versagte die Antragsgegnerin unter dem 9. August 2017 das gemeindliche Einvernehmen zum Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017.

Der Antragsteller ließ über ein Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. August 2017 gegenüber der Antragsgegnerin mitteilen, der Anwendungsbereich und die Voraussetzungen des § 13b BauGB würden verkannt.

Mit Schreiben vom 13. September 2017 teilte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Weiden i.d.Opf. im Vorbescheidverfahren mit, der Antragsteller bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb mit 76,53 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und einer Milchviehherde von 73 Kühen einschließlich der weiblichen Nachzucht. Mit der geplanten Erweiterung werde die Milchvieherde auf 182 Rinder (älter als 1 Jahr) sowie 47 Kälber/Jungvieh aufgestockt. Das entspreche 210,9 Großvieheinheiten (GV) nach Maßgabe der TA Luft. Für den geplanten Tierbestand errechne sich nach der derzeit gültigen Düngeverordnung (DÜV) ein Gülleraum von 1.786 m³. Als Neubau für den Güllelagerraum seien 1.250 m³ geplant. Nach Angaben des Antragstellers könne der Betrieb nach Abschluss der Baumaßnahme 2.375 m³ Lagerkapazität vorweisen. Damit stehe ausreichend Lagerraum zur Verfügung. Die erforderliche Lagerkapazität für den Silolagerraum sei mit zusätzlichen 1.955 m³ zu veranschlagen. Damit werde sich der erforderliche Silolagerraum im Vergleich zum Ist-Betrieb mit 2.275 m³ Lagerraum fast verdoppeln. Nach Abschluss der Baumaßnahme werde der Betrieb über 4.230 m³ Lagerraum verfügen. Das AELF bestätigte, dass der Antragsteller Landwirtschaft i.S. von § 201 BauGB betreibe, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorliege und dass die geplante Erweiterung diesem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Aus Sicht des AELF bestünden keine Einwände gegen das geplante Vorhaben.

In einem im Verfahren der Bauleitplanung von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen immissionsschutztechnischen Gutachten vom 11. Oktober 2017 gaben die „h... – Sachverständige für I...“ eine fachliche Prognose und Beurteilung anlagenbezogener Geruchsimmissionen für das Plangebiet auf Basis der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) ab. Als relevante Geruchsemittenten wurden südlich bzw. südwestlich des Plangebiets neben den landwirtschaftlichen Anlagen des Antragstellers auf FlNr. ... ein Pferdehaltungsbetrieb und eine Kläranlage sowie nördlich des Plangebiets (am Ortsrand bzw. innerorts) ein weiterer Rinderhaltungsstandort des Antragstellers und ein weiterer Pferdehaltungsbetrieb berücksichtigt. Hinsichtlich der angedachten Erweiterung des Betriebs des Antragstellers wird auf Seite 10 des Gutachtens unter bildlicher Darstellung und textlicher Beschreibung eine etwas andere Planung als im Vorbescheidantrag vom 12. Mai 2017 zugrunde gelegt: Hiernach ist ca. 14 – 15 m nördlich des bestehenden Rinderstalls ein in der Grundfläche mit 45 m x 26 m gleich großer zweiter Rinderstall sowie zwischen beiden Stallgebäuden eine Laufhoffläche vorgesehen. Zudem wurde in die gutachterliche Betrachtung eine weitere Güllegrube sowie eine Erweiterung der vorhandenen Fahrsiloanlage einbezogen. U.a. unter Berücksichtigung des in Großvieheinheiten (GV) umgerechneten künftigen Tierbestands auf FlNr. ... sowie des Tierbestands der übrigen emissionsrelevanten Standorte, ferner unter Beachtung der meteorologischen Daten und des Geländereliefs in der Umgebung prognostizierte das Gutachten Geruchsstundenhäufigkeiten im Geltungsbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans, die auf Seite 29 über eine Abbildung (vgl. auch Seiten 35, 36) sowie eine textliche Beschreibung zusammengefasst dargestellt werden. Hiernach ergaben sich in weiten Bereichen des Bebauungsplans (Parzellen 1 bis 6 und 12 bis 35) Geruchsimmissionswerte von 3% bis 10% (Geruchsstundenhäufigkeit), innerhalb der Baufensterbereiche am südwestlichen Rand des Plangebiets (Parzellen 7, 8a, 8b, 9, 10, 11) darüber hinausgehend Maximalwerte von bis 12%. Das Gutachten kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis (Seite 30), dass über die Ausbreitungsberechnung nachgewiesen werde, dass an den geplanten Bauparzellen 1 bis 6 und 12 bis 35 des Bebauungsplanes „H...“ durch Einhaltung des GIRLkonformen Immissionswertes von 10% Geruchshäufigkeit der Jahresstunden für allgemeine Wohngebiete keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form erheblicher Belästigungen durch Geruchsimmissionen zu erwarten seien. In den Bauparzellen 7 bis 11 werde der zulässige Immissionswert von 10% für allgemeine Wohngebiete mit berechneten Maximalwerten von 12% leicht überschritten. Im hier vorliegenden Übergang vom Außenbereich in ein Wohngebiet sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. Die endgültige Entscheidung zum Heranziehen dieser Immissionszwischenwerte obliege der Antragsgegnerin. Eine Einschränkung der berücksichtigten landwirtschaftlichen Betriebe sei nicht zu befürchten, wobei auch die geäußerten Erweiterungsabsichten bei der Berechnung der Geruchssituation mitberücksichtigt worden seien.

Mit Beschluss des Gemeinderats vom 11. Oktober 2017, dem das Geruchsgutachten desselben Tags bereits zugrunde lag, wurde der Planentwurf in der Fassung desselben Tages gebilligt und beschlossen, die Beteiligungsverfahren gem. § 3 Abs. 2 sowie § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen. Zum Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers vom 29. August 2017 heißt es im beglaubigten Auszug aus der Niederschrift zur öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 11. Oktober 2017, der neue § 13b BauGB schaffe ein vereinfachtes, beschleunigtes Verfahren zur Überplanung von Außenbereichsflächen am Ortsrand für den Wohnungsbau. Der Bereich „H...“ schließe sich an die vorhandene Bebauung am Ostrand an. Der Antragsgegnerin seien die Erweiterungsabsichten des Antragstellers bekannt. Laut dem eingeholten Gutachten bestehe kein Immissionskonflikt. Auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten bzw. -absichten des Antragstellers werde dort eingegangen. Die gutachterliche Prognose bewerte die Geruchsbelastung im Übergangsbereich zum geplanten allgemeinen Wohngebiet als tolerierbar.

Am 14. November 2017 fand im Landratsamt eine Besprechung zum Bauvorbescheidverfahren statt, an der der Antragsteller, sein Bevollmächtigter sowie Mitarbeiter verschiedener Sachgebiete des Landratsamts teilnahmen. Das Sachgebiet Technischer Umweltschutz des Landratsamts wies im Folgenden in einer Stellungnahme vom 17. November 2017 die Bauabteilung des Landratsamts darauf hin, dass der Bauvorbescheidantrag von der Darstellung der Erweiterungsplanung des Antragstellers im Geruchsgutachten vom 11. Oktober 2017 abweiche. Bis eine aktualisierte Planung des Antragstellers und eine zusätzliche Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft eingereicht seien, sei eine abschließende Stellungnahme im Bauvorbescheidverfahren nicht möglich. Zu dieser Besprechung vom 14. November 2017 existiert in den Vorbescheidakten ein handschriftlicher Vermerk der Sachgebietsleiterin des Bauamts (Recht) / Bauleitplanung im Landratsamt vom 14. November 2017 (Bl. 22). Hieraus ergibt sich sinngemäß, dass die Differenz zwischen dem Vorbescheidantrag und der im Geruchsgutachten dargestellten Planung bei der Besprechung thematisiert wurde und dabei auch die Frage aufgeworfen worden sei, ob eine sinnvolle Erweiterung des Betriebs des Antragstellers in eine andere Richtung möglich sei. Ergebnis der Besprechung sei gewesen, dass Pläne nachgereicht würden oder ggf. der Vorbescheidantrag zurückgezogen werde. Es solle noch eine Sitzung der Gemeinde abgewartet werden. Bis dahin solle der Antrag ruhen.

Das AELF Weiden i.d. OPf. äußerte sich im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit Schreiben vom 23. November 2017 gegenüber der Antragsgegnerin kritisch zur ermittelten Geruchsbelastung.

Unter dem 27. November 2017 wies das Landratsamt die Antragsgegnerin auf den laufenden Vorbescheidantrag des Antragstellers hin. Die Bauleitplanung dürfe nicht dazu führen, dass sich der bereits bestehende Betrieb nicht mehr angemessen erweitern könne. Hierbei sei der Stellungnahme des AELF besonderes Gewicht beizumessen. Die Antragsgegnerin könne das Einvernehmen über die Erweiterung des Milchviehstalls nicht mit der Begründung versagen, der Stall rücke zu nahe an die Wohnbebauung heran, aber im Bebauungsplanverfahren argumentieren, dass sich der Betrieb erweitern könne, da man im Bebauungsplan höhere Immissionswerte akzeptiere. Es werde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Sachgebiets 51 „Technischer Umweltschutz“ vom 17. November 2017 empfohlen, auf die aus immissionsschutzrechtlicher Sicht kritischen Bauparzellen (gemeint: mit Überschreitungen des Werts gem. Nr. 3.1 der GIRL) zu verzichten, zumal auch nach dem Regionalplan der Landwirtschaft ein höheres Gewicht zukomme als der Wohnbebauung. In der Stellungnahme des Landratsamts wurde ferner inhaltlich auf eine (als Anlage beigefügte) E-Mail des Kreisbaumeisters vom 20. November 2017 Bezug genommen. Hierin wird zu § 13b BauGB ausgeführt, ein beschleunigtes Verfahren dürfe nach dieser Norm nicht durchgeführt werden, da kein Anschluss an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil gegeben sei. Das geplante Baugebiet grenze zwar an der Nord- und Ostseite an den im Zusammenhang bebauten Ortsteil bzw. an ein lückenhaft bebautes Gebiet nach § 30 BauGB an. Dies gelte allerdings nur für einen kleinen Teil des gesamten Gebiets. Die Teilfläche an der Ostseite mit Anbindung an den im Zusammenhang bebauten Bereich habe lediglich eine Fläche von rd. 6.300 m². Der wesentlich größere Teil der Gesamtfläche (rd. 81%) rage demgegenüber fingerartig, ohne erkennbaren unmittelbaren Zusammenhang, wie von § 13b BauGB gefordert, in den Außenbereich. Erschwerend komme hinzu, dass der Bereich des Planungsgebiets „H...“, an den das geplante Gebiet zum Großteil angrenze, selbst ohne ausreichende Anbindung an den bebauten Ortsteil in den Außenbereich hinausrage. Im Übrigen sei der Schutzbereich der Hochspannungsfreileitung eine Zäsur, die einer Anbindung des westlichen Planbereichs an den bestehenden Ortsteil entgegenstehe.

Mit am 27. November 2017 gefaxtem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 27. November 2017 erhob der Antragsteller im Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB diverse Einwendungen gegen die Planung.

Über eine E-Mail vom 4. Dezember 2017 teilte das Gutachterbüro auf Nachfrage der der Antragsgegnerin mit, dass die im Gutachten zugrunde gelegten Ausbauabsichten – unter Verzicht auf einen weiteren Kälberstall – auf den konkreten Angaben des Antragstellers beruht hätten. Zudem würde sich auch bei Berücksichtigung des Kälberstalls praktisch keine Änderung der Immissionswerte ergeben. Dem Erweiterungswillen sei in der Sache über den Vorbescheidantrag hinausgehend Rechnung getragen worden, da insbesondere die in der Bauvoranfrage nicht aufgeführten Nebeneinrichtungen berücksichtigt worden seien.

Am 6. Dezember 2017 beschloss der Gemeinderat den streitgegenständlichen Bebauungsplan – nach abwägender Befassung mit den Stellungnahmen und Einwendungen aus den Beteiligungsverfahren – als Satzung. Der Bebauungsplan wurde am 8. Dezember 2017 ausgefertigt. Öffentliche Bekanntmachung durch Amtstafelaushang erfolgte am 11. Dezember 2017.

Am 4. Januar 2018 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan Normenkontrollantrag, über den noch nicht entschieden ist (Az. 15 N 18.41). Mit am 15. Februar 2018 eingegangenen Schriftsatz begehrt er im vorliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz gem. § 47 Abs. 6 VwGO. Er trägt u.a. vor, die Anwendungsvoraussetzungen des § 13b BauGB hätten nicht vorgelegen, weil das Plangebiet nicht an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließe. Das gelte insbesondere für den großen Bereich westlich der Stromleitung. Vom eigentlichen Baubestand in der Ortslage werde das Gebiet durch den G...weg abgetrennt. Die geringfügige bestehende Bebauung im Osten stelle keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar, zumal die dort angrenzenden Bauparzellen größtenteils unbebaut seien. Deshalb liege auch ein Verstoß gegen das Gebot vor, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Hinsichtlich der Geruchsbelastung liege weder eine ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung noch eine hinreichende Konfliktlösung vor. In dem für den Satzungsbeschluss und die Abwägung zugrunde gelegten immissionsschutztechnischen Gutachten sei ein Kälberstall für 40 Kälber, der Gegenstand des Vorbescheidantrags gewesen sei, nicht berücksichtigt worden, obwohl der Antragsteller im Gespräch mit dem Gutachter am 27. September 2017 seine fortbestehenden Erweiterungsabsichten unter Einbeziehung dieses Kälberstalls weiter vertreten habe. Aufgrund der Stellungnahme des AELF seien ergänzend die geforderte zusätzliche Güllegrube und die zusätzlichen drei Fahrsilos genannt worden. Da schon ohne Berücksichtigung des Kälberstalles an der südlichen Grenze des Plangebiets Geruchsimmissionswerte oberhalb von Nr. 3.1 der GIRL prognostiziert würden, sei die südliche Bebauungsreihe ohnehin einer zu hohen Immissionsbelastung ausgesetzt. Es sei zu erwarten, dass bei korrekter Einbeziehung aller relevanter Immissionsquellen unter Einschluss des Kälberstalls auch bei der weiter nördlich geplanten Bebauung die Richtwerte überschritten würden bzw. die bereits bestätigten Überschreitungen noch höher ausfielen. Es sei ferner widersprüchlich, dass die Antragsgegnerin einerseits in der Planbegründung die „Überdehnung“ der GIRL als unproblematisch bewerte, andererseits aber das Einvernehmen für die Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs aus Immissionsschutzgründen verweigere. Weil die Antragsgegnerin, die die Vermessung des Baugebiets vorantreibe und Erschließungsarbeiten kurzfristig vergeben wolle bzw. sogar bereits die Erschließungsanlagen errichte, die Bebauung des Plangebiets zeitnah umsetzen wolle, sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung dringlich. Selbst wenn die geplante Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs zugelassen werden sollte, sei ein künftiger nachbarschaftlicher Konflikt aufgrund der Überschreitung der Immissionswerte der GIRL vorprogrammiert.

Der Antragsteller beantragt,

durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO den Bebauungsplan „H...“ bis zur Entscheidung über den Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt u.a. vor, es drohten aktuell weder Baugenehmigungen noch Genehmigungsfreistellungsverfahren. Die Behauptung des Antragstellers, die Erschließungsanlagen würden bereits errichtet, sei falsch. Eine Erschließungsplanung liege noch nicht vor; entsprechende Maßnahmen seien auch noch nicht ausgeschrieben worden. Es habe bislang lediglich eine vorbereitende Beprobung des Bodens stattgefunden. Die Voraussetzungen des § 13b BauGB lägen vor. Der Anschluss des streitgegenständlichen Bebauungsplans erfolge an eine beidseitig bebaute Erschließungs Straße. Diese bestehende Bebauung liege im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans, dem die Qualität eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils bzw. eines Teils hiervon zukomme. Eine Flächennutzungsplanänderung sei zwischenzeitlich erledigt. Mit Blick auf die Immissionsbelastung hätten die Beteiligten schon seit 1999 über eine Bebauung auf dem Grundstück FlNr. ... diskutiert. Die Gemeinde habe einerseits die betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten des Antragstellers nicht einschränken wollen, andererseits aber immer ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass eine nach Norden ausgerichtete Bebauung u.a. aufgrund einer künftigen städtebaulichen Entwicklung nach Möglichkeit vermieden werden sollte. In einer Bauvoranfrage aus dem Jahr 1999 sei deswegen auch das Stallgebäude noch in Ost-West-Ausrichtung geplant gewesen. Den im Jahr 2008 eingereichten Änderungsantrag mit einem Stall in Nord-Süd-Ausrichtung habe die Gemeinde als noch vertretbar angesehen, nachdem das Gebäude im südlichen Bereich der FlNr. ... situiert worden sei. Hinsichtlich der aktuellen Erweiterungsabsicht des Antragstellers habe der Gemeinderat in erster Linie die Auffassung vertreten, der Bauherr habe selbst ein Immissionsgutachten einzuholen, wenn er nicht – wie angeboten – gemeinsam mit der Gemeinde planen wolle. Weiterer Grund für die Einvernehmensverweigerung sei gewesen, dass die Güllebzw. Siloerweiterung nicht in dem Plan zur Bauvoranfrage dargestellt gewesen sei. Unabhängig hiervon sei nicht nachvollziehbar, warum das eingeholte immissionsschutztechnische Gutachten vom 11. Oktober 2017 unzutreffend sei sollte. Unabhängig von dem Streit, wer verantwortlich für die Nichtberücksichtigung des Kälberstalles sei, sei nach der ausdrücklichen Auskunft des Gutachters das Gutachtensergebnis richtig geblieben. Es stehe mithin fest, dass die betrieblichen Erweiterungsmöglichkeiten nicht hätten eingeschränkt werden sollen und auch nicht eingeschränkt würden. Die Parzellen 7 bis 11 befänden sich im Übergang zum Außenbereich. Dauerhafte Streitigkeiten zwischen dem Antragsteller und den Bewohnern des Wohngebiets seien nicht zu befürchten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und auf die in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren vorgelegten Bebauungsplanakten und Behördenakten des Landratsamts Neustadt a.d. Waldnaab Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO hat Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gem. § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 VwGO kann einen Normenkontroll(eil) antrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan – wie hier – der Betroffene nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB folgen. Hierzu muss der Antragsteller hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind grundsätzlich auch dann keinen höheren Anforderungen zu stellen, wenn es um das Recht auf gerechte Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) der Interessen eines Eigentümers geht, dessen Grundstück außerhalb des Bebauungsplangebiets liegt (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.2015 – 4 BN 4.15 – ZfBR 2016, 154 = juris Rn. 10). Zu den abwägungserheblichen Belangen zählt auch das Interesse eines Landwirts, mögliche Einschränkungen seines landwirtschaftlichen Betriebs durch eine heranrückende Wohnbebauung zu verhindern (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 8; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), wobei auch ein hinreichend konkretisiertes Interesse an einer Betriebsentwicklung in die Abwägung einzustellen ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Aufgrund der mit (derzeit) ca. 100 m relativ geringen Entfernung seines landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs, aufgrund seiner u.a. mit dem gestellten Vorbescheidantrag konkretisierten, auch in Richtung des Plangebiets orientierten Erweiterungsabsichten sowie nach den Ergebnissen des eingeholten immissionsschutztechnischen Gutachtens vom 11. Oktober 2017 (unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten über dessen Aussagekraft) ist der Antragsteller in abwägungsrelevanten Belangen betroffen. Er hat schriftsätzlich hinreichend substanziiert dargelegt, dass diese Belange von der Antragsgegnerin möglicherweise falsch behandelt worden sind.

2. Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist auch begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind, jedenfalls bei Bebauungsplänen, zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrages, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn dessen (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und / oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 = juris Rn. 12; B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; B.v. 30.11.2016 – 4 BN 16.16 – BauR 2017, 674 = juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 26; B.v. 8.9.2017 – 9 NE 17.1392 – juris Rn. 23).

Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der streitgegenständliche Bebauungsplan an Mängeln leidet, die zu seiner Unwirksamkeit führen. Angesichts dessen sprechen gewichtige Gründe für die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans.

a) Nach Ansicht des Senats hätte der Bebauungsplan nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen.

Nach § 13b Satz 1 BauGB gilt bis zum 31. Dezember 2019 § 13a BauGB entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m², durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Geht man von einer in der Planbegründung mit 25.000 m² angegebenen Fläche für Nettowohnbauland aus, dürfte der Bebauungsplan bei einer festgesetzten Grundflächenzahl von 0,35 zwar eine Grundfläche im Sinne des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB von weniger als 10.000 m² aufweisen (zusammenfassend und jeweils m.w.N.: Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/553 f.; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/739). Es liegt aber kein Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile vor [im Folgenden aa) ]; zudem gehen die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung über „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB hinaus [unten bb) ].

aa) Die Flächen, auf denen durch den streitgegenständlichen Bebauungsplan eine „WA-Nutzung“ festgesetzt wird, schließen nicht im Sinne von § 13b Satz 1 BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an.

Das Tatbestandsmerkmal „anschließen“ ist in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) nicht näher thematisiert worden. Auch wenn dem insofern recht weit gefassten Wortlaut des § 13b BauGB nicht entnommen werden kann, dass für dessen Anwendbarkeit (wie bei § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB) eine besondere städtebauliche Prägung der einbezogenen Außenbereichsflächen durch die bestehende bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs bestehen muss oder (wie bei § 246 Abs. 9 BauGB) die überplanten Flächen „innerhalb des Siedlungsbereichs“ liegen müssen (Krautzberger, ZfBR 2017, 644/645; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551), bedeutet „anschließen“ aus städtebaulicher Sicht mehr als das bloße Bestehen einer irgendwie gearteten gemeinsamen Grenze (in diese Richtung aber Arndt/Mitschang a.a.O.). Eine schlichte „Berührung“ zwischen einem untergeordneten Teil des neuen Plangebiets und dem bestehenden im Zusammenhang bebauten Ortsteil vermag daher nach Ansicht des Senats noch kein „Anschließen“ i.S. von § 13b Satz 1 BauGB zu begründen. Mit dem durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) eingeführten und am 13. Mai 2017 in Kraft getretenen § 13b BauGB reagierte der Gesetzgeber auch auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 25), wonach im Falle der Anwendung des vereinfachten Verfahrens auf der Grundlage von § 13a BauGB die Inanspruchnahme von Außenbereichsgrundstücken im Grundsatz selbst dann versagt ist, wenn die Außenbereichsfläche so stark von der angrenzenden Bebauung geprägt ist, dass sie sich als deren organische Fortsetzung darstellt (vgl. Petersen, KommunalPraxis BY, 86; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; Krautzberger, ZfBR 2017, 644; Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738). Auch wenn der Gesetzgeber mit § 13b BauGB primär Erleichterungen für die Wohnbaulandmobilisierung schaffen wollte (vgl. Petersen a.a.O.), folgt schon aus der Gesetzessystematik, wonach § 13b BauGB auf der im Gesetz unmittelbar voranstehenden Regelung des § 13a BauGB aufbaut und diese für entsprechend anwendbar erklärt, dass mit § 13b BauGB nicht grundsätzlich von der Regelungsidee des § 13a BauGB abgewichen werden sollte. Weil die von § 13a BauGB als Grundnorm eröffneten Verfahrenserleichterungen (u.a. Verzicht auf die Durchführung einer Umweltprüfung) Anreize für planende Gemeinden schaffen sollten, von einer weitgehenden Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedelung des Außenbereichs abzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 a.a.O.), ist für die Rechtsanwendung des § 13b BauGB zu folgern, dass aufgrund der Anforderung des „Anschlusses“ als raumbezogenes Tatbestandsmerkmal von einer „Innenentwicklung nach außen“ nur maßvoll Gebrauch zu machen ist. Dies ist auch im Wortlaut des § 13b BauGB angelegt, der für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens nicht lediglich ein bloßes Angrenzen des neuen Plangebiets als solchem an den bestehenden Siedlungsbereich ausreichen lässt, sondern fordert, dass – letztlich alle – Flächen, durch die im Wege der Bauleitplanung die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet werden sollen, an im Zusammenhang bebaut Ortsteile anschließen. Damit wird gefordert, dass auch die vom bisherigen Ortsrand am weitesten entfernte ausgewiesene Bauparzelle noch in einem städtebaulich-räumlichen Zusammenhang mit dem bisherigen Siedlungsbereich, an den anzuschließen ist, stehen muss (zum Erfordernis eines engen räumlichen Zusammenhangs bzw. einer unmittelbar räumlichen Nachbarschaft zu den anschlussfähigen Bestandsflächen vgl. auch Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551; ähnlich Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86, nach dem „das nach § 13b BauGB geplante Baugebiet den bisherigen Ortsteil nahtlos fortsetzen muss“). Soweit über § 13b BauGB nunmehr gestattet wird, das vereinfachte Verfahren für maßvolle Flächenüberplanungen im Außenbereich zu instrumentalisieren, gilt dies jedenfalls nicht, sofern hierüber entgegen der gesetzgeberischen Zielrichtung der Zersiedelung des Außenbereichs Vorschub geleistet wird, also nicht integrierte Standorte „auf der grünen Wiese“ einer Bebauung zugänglich gemacht werden (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741). Hiervon ist aber gerade dann auszugehen, wenn – trotz Angrenzung einzelner Bauparzellen des neuen Plangebiets an den Ortsrand und trotz der Einhaltung der Größenbegrenzung von 10.000 Quadratmetern – der vorhandene Siedlungsbereich nicht lediglich „abrundend“ in den Außenbereich erweitert wird, sondern bei städtebaulich wertender Betrachtung tatsächlich ein neuer Siedlungsbereich im bisherigen Außenbereich entsteht, der sich vom bestehenden Ortsrand ersichtlich „absetzt“ und deshalb einen qualitativ neuen Ansatz für künftige Siedlungserweiterungen vorgibt. Flächen, auf denen die Zulässigkeit von Wohnnutzungen begründet wird, schließen sich daher dann nicht mehr i.S. von § 13b BauGB an im Zusammenhang bebaute Ortsteile an, wenn eine Anbindung an den bestehenden Siedlungsbereich nur über eine im Verhältnis zur Gesamtgröße des neuen Baugebiets völlig untergeordnete gemeinsame Grenze erfolgt, der weitaus größte Teil des neuen Baugebiets sich aber derart vom bestehenden Ortsrand in den Außenbereich hinein absetzt, dass im Ergebnis ein neuer, selbständiger Siedlungsansatz entsteht (zum ähnlich formulierten § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WHG vgl. Rossi in Sieder/Zeitler/Dah-me, Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz, Stand: Februar 2017, zu § 78 WHG Rn. 46).

Im vorliegenden Fall ist aber genau dies das Ergebnis der streitgegenständlichen Bauleitplanung. Es spricht schon Vieles dafür, dass lediglich ganz im Osten des Planungsgebiets, d.h. entlang der ca. 110 m langen gemeinsamen Grenze zum G...weg, eine Angrenzung an gem. § 13b BauGB grundsätzlich anschlussfähige Bestandsflächen in Betracht kommt. Auch wenn der Gesetzgeber neben unbeplanten Innenbereichsflächen i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch „bebaute Flächen, die nach § 30 Absatz 1 oder 2 BauGB zu beurteilen sind“ als im Zusammenhang bebaute Ortsteile ansieht (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47), ist mehr als fraglich, ob die gemeinsame Grenze zum Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ als anschlussfähiger Ortsteil in diesem Sinne angesehen werden kann. Denn dieser Bebauungsplan ist nur zum Teil verwirklicht; die – dort tatsächlich vorhandene – bandartige, von Baulücken durchsetzte und auf beiden Seiten der Straße „H...“ auf einer Gesamtlänge von etwa 130 m umgesetzte einzeilige Bebauung (mit insgesamt nur 7 Wohnhäusern) dürfte wohl noch nicht die Qualität einer „organischen Siedlungsstruktur“ aufweisen, die für einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 31.66 – BVerwGE 31, 22 = juris Rn. 23; B.v. 19.2.2014 – 4 B 40.13 – BayVBl. 2014, 477 = juris Rn. 3 ff.; BayVGH, U.v. 23.4.2013 – 9 B 11.2375 – BayVBl. 2014, 475 = juris Rn. 20). Hinzu kommt, dass nach Norden hin im Plangebiet des Bebauungsplans „H...“ noch kein einziges Haus errichtet wurde (vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/741, wonach ein überplantes, aber noch unbebautes Gebiet keinen hinreichenden Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB bieten kann). Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Selbst wenn die im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ bestehende Bebauung als im Zusammenhang bebauter Ortsteil anzusehen wäre und selbst wenn die von Bebauung freizuhaltenden Bereiche der (2 x 22,50 m breiten) Schutzzone für die Hochspannungsfreileitung grundsätzlich die Möglichkeit eines Anschlusses für weiter westlich gelegene Baubereiche offenhalten sollten (zur vergleichbaren Problematik einer Unterbrechung des Ortsbereichszusammenhangs im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB vgl. Gänslmayer/Hauth in Systematischer Praxiskommentar BauGB/BauNVO, 3. Aufl. 2018, zu § 34 BauGB Rn. 27 m.w.N.), kann vorliegend nicht von einem Anschluss i.S. von § 13b Satz 1 BauGB ausgegangen werden. Entscheidend ist, dass – wie die Planzeichnung des Bebauungsplans sowie die weiteren in den vorgelegten Planungsunterlagen enthaltenen zeichnerischen Darstellungen (insbes. Seiten 6 bis 9 der Originalheftung des Bebauungsplans) belegen – der Bebauungsplan nur in seinem deutlich kleineren östlichen Teil mit ca. 6.000 m² auf ca. 110 m im Bereich des G...weg bzw. auf ca. 130 m an bebaute Bereiche des Plangebiets „H...“ angrenzt, allerdings hinsichtlich seines weitaus größeren westlichen Teils (jenseits der Hochspannungsfreileitung nach Westen hin) von der letzten Bebauung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ (FlNr. ... bzw. ......) ca. 240 m mit einer Gesamtfläche von ca. 20.000 m² nach Westen in den Außenbereich schlauchartig, d.h. wie ein Riegel, der die von Bebauung bislang freie Landschaft zerschneidet, hineinragt. Bei Umsetzung des streitgegenständlichen Bebauungsplans würde so, auch unter Berücksichtigung der Umstände,

– dass der Hauptort eine gewachsene Längsausausrichtung von Nord nach Süd (bei verhältnismäßig geringer Breite in West-Ost-Ausrichtung) aufweist,

– dass sich nördlich, westlich und südlich der sieben Wohnhäuser im Geltungsbereich des Bebauungsplans „H...“ keine Bebauung befindet und

– dass es sich bei der Antragsgegnerin insgesamt um eine eher kleinere Gemeinde handelt (vgl. die in der Planbegründung angegebene Einwohneranzahl von 1.435, Stand Oktober 2017),

ein städtebaulich völlig neuer, selbständiger Siedlungsansatz „in die Breite“, d.h. nach Westen entstehen. Ein Anschluss insbesondere der ausgewiesenen „WA-Flächen“ im Bereich des Plangebiets westlich der Hochspannungsfreileitung in im Zusammenhang bebaute Ortsteile ist mithin i.S. von § 13b Satz 1 BauGB nicht gegeben.

bb) Der Senat geht überdies davon aus, dass die Festsetzungen des streitgegenständlichen Bebauungsplans über die in § 13b Satz 1 BauGB vorgesehenen Möglichkeiten der Regelung der „Zulässigkeit von Wohnnutzungen“ hinausgehen, sodass auch deswegen ein vereinfachtes Verfahren nicht auf § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB gestützt werden konnte.

Der Gesetzgeber hat in § 13b BauGB eine Legaldefinition des Begriffs der „Wohnnutzungen“ unterlassen, sodass dieser durch Auslegung zu klären ist. Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 18/10942 S. 47) gibt auch diesbezüglich keine über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Hinweise über die Regelungsvorstellungen des Gesetzgebers. Der Wortlaut spricht für ein eher restriktives Verständnis des Tatbestandsmerkmals (Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552); hiernach dürften von § 13b BauGB jedenfalls Gebietsartfestsetzungen umfasst sein, nach denen Wohngebäude, wohnähnliche Betreuungseinrichtungen (insbes. für Kinder, Jugendliche, Senioren und behinderte Menschen) und eine damit unmittelbar zusammenhängende technische Infrastruktur (z.B. Verkehrsflächen, Stellplätze, Garagen, Anlagen der Wasser- und Energieversorgung) zulässig sind. Der Senat kann vorliegend dahinstehen lassen, ob auch Einrichtungen mit Versorgungsfunktion in Bezug auf die Wohnnutzung (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 1, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (ggf. differenziert danach, ob sie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen oder nicht, § 3 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO) sowie Räume oder Gebäude für die Ausübung freier Berufe (vgl. § 13 BauNVO) vom Wohnnutzungsbegriff des § 13b BauGB umfasst sind (restriktiv Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/552 f.; großzügiger Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/740; vermittelnd Krautzberger, ZfBR 2017, 644/646). Ebenso bedarf es vorliegend keiner abschließenden Bewertung, ob mit Blick auf die Nutzungsmöglichkeiten gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO allgemeine Wohngebiete gem. § 4 BauNVO im vereinfachten Verfahren nach § 13b BauGB grundsätzlich festgesetzt werden können (bejahend: Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2017, 817/819; Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87; Seite 3 des Rundschreibens des Bayer. Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.12.2017 – IIB5-4082.30-002/17; zurückhaltend/verneinend: Hofmeister/Mayer a.a.O.; Krautzberger a.a.O.). Soweit § 13b BauGB überhaupt die Möglichkeit der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im vereinfachten Verfahren eröffnen sollte, ist die Gemeinde in diesem Fall zumindest gehalten, über § 1 Abs. 5 BauNVO diejenigen Nutzungen auszuschließen, die nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 – Nr. 5 BauNVO i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB ausnahmsweise zugelassen werden können (vgl. insofern auch – mit etwas anderem Hintergrund – die Empfehlung bei Petersen, KommunalPraxis BY 2018, 86/87 unter Rekurs auf das o.g. ministerielle Rundschreiben vom 13.12.2017). Denn Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe sowie Tankstellen können auch im weitesten Wortsinnverständnis nicht vom Tatbestandsmerkmal „Wohnnutzungen“ als gedeckt angesehen werden. Da in § 13b BauGB eine Bezugnahme auf § 9a BauGB bzw. auf die Baunutzungsverordnung (BauNVO) fehlt, kann insbesondere nicht darauf geschlossen werden, dass Festsetzungen von als Wohngebieten gem. § 1 Abs. 2, § 4, § 4a BauNVO bezeichneten Baugebieten mit (grundsätzlich oder ausnahmsweise zulässigen) Nutzungen, die keinen unmittelbaren Bezug zur Wohnnutzung haben, generell vom sachlichen Anwendungsbereich des § 13b BauGB umfasst sind. Eine solche Regelung gem. § 1 Abs. 5 BauNVO ist vorliegend für den angegriffenen Bebauungsplan unterblieben. Nach Nr. 2.1 der textlichen Festsetzungen wurde ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO ohne jegliche Einschränkungen und Ausschlüsse festgesetzt. Jedenfalls deshalb handelt es sich nicht um einen Bebauungsplan, der sich hinsichtlich der Festsetzung der zulässigen Art der baulichen Nutzung auf „Wohnnutzungen“ i.S. von § 13b BauGB beschränkt.

cc) Da mit der Planung unstreitig jedenfalls in weiten Bereichen Flächen überplant werden, die bislang als Außenbereich gem. § 35 BauGB zu qualifizieren sind, scheidet auch ein unmittelbarer Rückgriff der Gemeinde auf § 13a BauGB zur Rechtfertigung der Verfahrensvereinfachungen aus (vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 ff. = juris Rn. 20 ff.).

dd) Die Wahl des beschleunigten Verfahrens anstelle des Regelverfahrens unter Verstoß gegen § 13b i.V. mit § 13a BauGB zählt an sich zwar nicht zu den beachtlichen Fehlern nach § 214 Abs. 1 BauGB, führt aber zu – hier gem. § 214, § 215 BauGB beachtlichen – Folgefehlern.

Die Antragsgegnerin hat infolge der Anwendung des § 13b BauGB (i.V. mit § 13a Abs. 2 Nr. 1, § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB) eine Umweltprüfung im Sinn des § 2 Abs. 4 BauGB unterlassen und entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BauGB keinen Umweltbericht erstellt, der als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf öffentlich auszulegen und nach § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen gewesen wäre. Diese Fehler sind nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beachtlich (zu § 13a BauGB vgl. BVerwG, U.v. 4.11.2015 – 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174 = juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 8.3.2017 – 10 D 12/16.NE – BauR 2017, 1307 = juris Rn. 36 ff.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560). Ob infolge der Anwendung des § 13b BauGB zudem gegen das Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (vgl. § 8 Abs. 2, Abs. 3 BauGB), verstoßen wurde und ob ein solcher Verstoß gem. § 214 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 4 BauGB erheblich wäre, kann dahingestellt bleiben.

Der Antragsteller hat die fehlerhafte Anwendung des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB – und damit implizit die fehlerhafte Anwendung der vorgenannten Verfahrensvereinfachungen und die damit einhergehenden Mängel des Bebauungsplans – rechtzeitig in noch offener Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB über den Normenkontrollantrag sowie den vorliegenden Eilantrag gerügt, sodass die Mängel auch nicht nachträglich unbeachtlich geworden sein können (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 37 m.w.N.; Hofmeister/Mayer, ZfBR 2017, 551/560).

b) Nach der im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte der angegriffene Bebauungsplan zudem an einem Ermittlungsbzw. Bewertungsdefizit gem. § 2 Abs. 3 BauGB leiden.

aa) Das Abwägungsgebot verpflichtet die Gemeinde, die für die Planung bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) sowie sie gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Insgesamt unterliegt die Abwägung allerdings nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Gegen das rechtsstaatlich fundierte Gebot gerechter Abwägung wird verstoßen, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet (Abwägungsausfall), in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss (Abwägungsdefizit), wenn die Bedeutung dieser Belange verkannt wird (Abwägungsfehleinschätzung) oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Das Vorziehen und Zurücksetzen bestimmter Belange innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist die „elementare planerische Entschließung“ der Gemeinde über die städtebauliche Entwicklung und Ordnung und kein aufsichtlich oder gerichtlich nachvollziehbarer Vorgang (BayVGH, U.v. 18.1.2017 – 15 N 14.2033 – KommJur 2017, 112 = juris Rn. 35 m.w.N.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 22; U.v. 27.2.2018 – 15 N 16.2381 – juris Rn. 39). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Hiernach hatte die Antragsgegnerin auch das Interesse des Antragstellers an der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks FlNr. ... einschließlich des hier hinreichend konkretisierten Interesses an einer Betriebsentwicklung sowie des Interesses, vor den Nachteilen eines Heranrückens einer schutzbedürftigen, geruchsempfindlichen Wohnbebauung verschont zu bleiben, gem. § 1 Abs. 7 BauGB fehlerfrei in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 – NVwZ-RR 1999, 423 = juris Rn. 3; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 – NVwZ-RR 2001, 82 = juris Rn. 7; B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 17, 25; U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 30), und hierfür die diesbezüglichen Belange (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) resp. die zu prognostizierende Geruchsbelastung gemäß § 2 Abs. 3 BauGB vollständig und richtig zu ermitteln und zu bewerten.

bb) Der Senat stuft allerdings die Erwägung, dass eine Geruchsstundenhäufigkeit von bis zu 12% im Bereich der Baufenstern im südwestlichen Bereich des Plangebiets zumutbar sei, als solche nicht als abwägungsfehlerhaft ein.

Ausweislich der Niederschrift über die Gemeinderatssitzung der Antragsgegnerin vom 6. Dezember 2017 stellte der Gemeinderat in Rechnung, dass im Übergangsbereich von Wohngebiet und Außenbereich laut Gutachteraussage bis zu 15% Geruchsstundenhäufigkeiten möglich seien. In der Begründung zum Bebauungsplan wird – hierzu korrespondierend – unter „9. Immissionsschutz“ diesbezüglich ausgeführt, dass im Bereich der Bauparzellen 1 bis 6 sowie 12 bis 35 der nach Nr. 3.1 der GIRL zulässige Immissionswert von 10% Jahresstundenhäufigkeit eingehalten bzw. unterschritten werde. Soweit im Bereich der Parzellen 7 bis 11 Maximalwerte von 11% bis 12% Geruchshäufigkeit prognostiziert würden, handele es sich um einen Übergangsbereich zweier unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete, die direkt aneinandergrenzten bzw. ineinander übergingen. Hier sei die Bildung von Immissionszwischenwerten von 12% bis 15% möglich. In diesem Übergangsbereich vom Außenbereich in einen Wohnbereich am südlichen Rand des Geltungsbereiches des Bebauungsplans liege man mithin innerhalb einer tolerierbaren Geruchsbelastung. Die landwirtschaftlichen Betriebe würden durch die Ausweisung des allgemeinen Wohngebiets keine zusätzliche Einschränkung in ihren Entwicklungsmöglichkeiten erfahren. Für den bestehenden Rinderhaltungsbetrieb des Antragstellers sei die geplante Erweiterung auf der FlNr. ... gemäß den Angaben des Betreibers in der Geruchsprognose berücksichtigt worden. Die restlichen Betriebe hätten keine konkreten Erweiterungswünsche geäußert.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 als sachgerechte Entscheidungshilfe bzw. Orientierungshilfe herangezogen werden kann, auch wenn sie in Bayern nicht als Verwaltungsvorschrift eingeführt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 13 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen; sie wird allgemein als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 99 m.w.N.). Damit kann die GIRL zwar auch zur Bewertung von Geruchsbelästigungen in der Bauleitplanung herangezogen werden. Ihre Geruchsimmissionswerte – hier Nr. 3.1 (Geruchsimmissionswert von 0,10 für Wohngebiete) – sind aber weder im Baugenehmigungsverfahren noch im Bauleitplanverfahren als absolut zwingende Grenzwerte anzusehen (vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 19). Wie bei der Lärmbelastung ist es auch bei Geruchsimmissionen eine Frage des jeweiligen Einzelfalles, was der Plangeber in der jeweiligen konkreten planungsrechtlichen Situation in seine Abwägungsentscheidung einzustellen hat. Die Orientierungswerte der GIRL können daher als Ergebnis der Abwägung im Verfahren der Bauleitplanung insbesondere im Übergangsbereich zum Außenbereich – maßgeblich aufgrund der Überlegung, dass dort die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt ist (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 21.9.2016 – 2 L 98/13 – BauR 2017, 229 = juris Rn. 101 m.w.N.) – überschritten werden. Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, sodass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 14; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 24.3.2015 – 2 L 184/10 – juris Rn. 96; HessVGH, U.v. 1.4.2014 – 9 A 2030/12 – ESVGH 64, 191 = juris Rn. 64). Die GIRL versteht ihre eigenen Immissionswerte selbst nicht als absolut zwingende Beurteilungsvorgabe, weil sie laut ihrer Begründung und ihren Auslegungshinweisen (vgl. dort „Zu Nr. 3.1 GIRL“) insbesondere für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich Zwischenwerte bis zum Immissionswert für Dorfgebiete in Höhe von 15% für vertretbar erachtet (BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht). Die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats, die einen vom eingeschalteten Gutachterbüro prognostizierten Geruchsimmissionswert von 0,12 für Bauflächen im südwestlichen Teil des Plangebiets für zumutbar erachtet, ist mithin grundsätzlich nicht zu beanstanden. Hiermit ist nicht etwa das Interesse künftiger Bewohner des Plangebiets am Schutz vor unzumutbaren Geruchsimmissionen unangemessen niedrig bewertet, sondern lediglich das situationsbedingte Schutzniveau des festgesetzten Baugebiets zutreffend beschrieben und vertretbar bewertet worden (zum Ganzen vgl. OVG NRW, B.v. 8.2.2017 – 10 B 1176/16.NE – juris Rn. 25 f.). Von ungesunden Wohnverhältnissen kann jedenfalls bei einem Geruchsimmissionswert von unter 0,15, der nach der GIRL in einem Dorfgebiet, in dem auch gewohnt wird, zumutbar ist, nicht die Rede sein (zur Zumutbarkeit noch höherer Immissionswerte bei einer Wohnnutzung im Außenbereich vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – ZfBR 2014, 377 = juris Rn. 3 f.; OVG NRW, U.v. 5.5.2015 – 10 D 44/12.NE – BauR 2015, 1446 = juris Rn. 46 f.).

cc) Nach Aktenlage und nach dem Vortrag des Antragstellers dürfte die Antragsgegnerin allerdings gegen das Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB zur hinreichenden Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials verstoßen haben, weil sie den Umfang der konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers auf FlNr. ... und damit die tatsächlichen Grundlagen für die Geruchsprognose nicht vollumfänglich und korrekt aufgeklärt haben dürfte. Damit dürften auch die Belange seines landwirtschaftlichen Betriebs (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. b BauGB) nicht fehlerfrei ermittelt und bewertet worden sein.

Soweit Erweiterungsabsichten eines Landwirts – wie hier die im Vorbescheidantrag manifestierten Planungen des Antragstellers – einen hinreichenden Konkretisierungsgrad erreicht haben, sodass sie in der Abwägung zu berücksichtigen sind, ist Voraussetzung für eine tragfähige, belastbare Geruchsbelastungsprognose, dass von der planenden Gemeinde auch die „richtigen“ Erweiterungsabsichten des betroffenen Landwirts zugrunde gelegt werden. Insofern hatte die Antragsgegnerin die Obliegenheit der sorgfältigen Ermittlung, welche konkreten Erweiterungsabsichten der Antragsteller im Zusammenhang mit dem laufenden Vorbescheidverfahren (noch) verfolgt und welche genauen Emissionsquellen für die Geruchsprognose zugrunde zu legen waren. Das gilt maßgeblich hinsichtlich der Frage der Einbeziehung des Kälberstalles im östlichen Bereich der FlNr. ..., der ausdrücklich Gegenstand des Vorbescheidantrags war, der vor dem Aufstellungsbeschluss im Verfahren der Bauleitplanung gestellt worden war. Die Notwendigkeit der Einbeziehung dieses Kälberstalles in die Prognose und die Abwägung wäre zwar zu verneinen, wenn der Antragsteller während des laufenden Vorbescheidverfahrens bzw. während des Verfahrens der Bauleitplanung bis zum Satzungsbeschluss auf diesen verzichtet hätte. Nach der dem Senat vorliegenden Vorbescheidakte spricht hierfür allerdings nichts. Die Ermittlung des zugrunde zu legenden Erweiterungsbedarfs – mit dem Ergebnis, dass der Kälberstall nicht zu berücksichtigen sei – hat die Antragsgegnerin vorliegend vielmehr aus der eigenen Regie gegeben und dem Gutachterbüro überlassen. Sie hat sich vor dem Satzungsbeschluss auf eine kurze Nachfrage beim Gutachterbüro beschränkt und sich auf dessen knappe E-Mail-Antwort gestützt, ohne die Möglichkeit eines Kommunikationsfehlers zwischen dem Antragsteller und dem Gutachterbüro in Erwägung zu ziehen und die Richtigkeit der angenommenen Aufgabe des Kälberstalles durch Rückfrage beim Antragsteller oder beim Landratsamt bzw. durch Einsichtnahme in die Akten des laufenden Vorbescheidverfahrens zu verifizieren. Weil sich der Antragsteller im Planungsverfahren ausdrücklich darauf berufen hat, am Kälberstall festzuhalten und die Richtigkeit der gutachterlichen Geruchsprognose deswegen substanziiert angegriffen hat, wäre es Sache der Antragsgegnerin gewesen, dem zunächst sorgfältig ermittelnd nachzugehen, um die zu prognostizierende Geruchsbelastung des Plangebiets überhaupt richtig bewerten, d.h. mit den richtigen Prognosewerten und damit mit dem gebotenen Gewicht der Abwägung zu Grunde legen zu können (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 23).

Wird im vorliegenden Eilverfahren aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht auf den Kälberstall verzichtet hat, und geht man deshalb aufgrund mangelnder sorgfältiger Ermittlung der tatsächlichen Erweiterungsabsichten von einem Ermittlungsdefizit aus, vermag der Senat derzeit nicht abzuschätzen, ob dieser Mangel im Hauptsacheverfahren am Maßstab von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als beachtlich oder unbeachtlich anzusehen wäre. Nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Kommune bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Vorliegend dürfte sich die Offensichtlichkeit des Ermittlungsdefizits unmittelbar aus den Vorbescheid- und den Normaufstellungsakten ergeben (Einwendung im Verfahren der Bauleitplanung gegen die immissionsschutztechnische Begutachtung, dass am Kälberstall festgehalten wird; kein Verzicht auf den Kälberstall laut den vorliegenden Vorbescheidakten; keine Nachforschungen der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller sowie dem Landratsamt hinsichtlich der Frage der fortbestehenden Einbeziehung des Kälberstalls in die Erweiterungsplanung). Fraglich ist aber, ob die Mängel auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen sind. Hiervon ist schon dann auszugehen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne diese die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 29 m.w.N.). Die Aussage des Gutachters in der E-Mail an die Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2017, wonach sich bei Einbeziehung des Kälberstalls „praktisch keine Änderung der Immissionswerte“ ergäbe, kann ohne nähere Erläuterung zu der Frage, ob und inwiefern sich bei Einbeziehung des Kälberstalls der Gesamtviehbestand sowie damit der für die Geruchsprognose zugrunde zu legende GV-Wert relevant ändern, sowie ohne nähere Darlegung eines Berechnungsergebnisses vom Senat nicht nachvollzogen werden. Es kann mithin im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass das immissionsschutztechnische Gutachten im Falle der Berücksichtigung des Kälberstalles zu denselben Geruchsprognosewerten gelangt wäre und dass deshalb der Gemeinderat der Antragsgegnerin in jedem Falle den Satzungsbeschluss mit demselben Inhalt erlassen hätte. Es ist – zumal im Eilverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO – auch nicht Sache des Normenkontrollgerichts, etwa über ein Sachverständigengutachten selbst zu ermitteln, ob sich eine potenzielle zusätzliche Belastungswirkung in einem Marginalbereich bewegt, der die Unbeachtlichkeit des Ermittlungsdefizits der Kommune gem. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zur Folge haben könnte (BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 28). Insofern muss jedenfalls derzeit, d.h. im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag gem. § 47 Abs. 6 VwGO, die Möglichkeit der Ergebnisrelevanz eines entsprechenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizits in Rechnung gestellt werden.

dd) Ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch ein materieller Abwägungsfehler in Form eines Abwägungsdefizits und / oder einer Abwägungsfehleinschätzung vorliegen könnte, falls wegen nicht vollständiger Berücksichtigung aller erheblicher (künftiger) Emissionsquellen des Milchviehbetriebs auf FlNr. ... von einer tatsächlich zu geringen Geruchsbelastung im betroffenen Plangebiet ausgegangen worden sein sollte.

Dem weiteren Einwand des Antragstellers, es sei widersprüchlich und abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin einerseits eine Überschreitung der Immissionswerte der Nr. 3.1 der GIRL als zumutbar ansehe, andererseits aber eine Erweiterung des Landwirtschaftsbetriebs auf FlNr. ... nur nach Westen hin als rechtlich möglich erachte und einer Erweiterung nach Norden hin grundsätzlich die Zustimmung verweigere, muss im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht weiter nachgegangen werden.

Da die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gem. § 13b und § 13a BauGB nicht vorliegen [s.o. a) ], findet vorliegend ferner § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB keine Anwendung, wonach in den Fällen des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB Eingriffe, die aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als i.S.d. § 1a Abs. 3 Satz 6 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig gelten (zur grundsätzlich entsprechenden Anwendung des § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB über § 13b Satz 1 BauGB vgl. Arndt/Mitschang, ZfBR 2017, 738/746). Auch insofern könnten wegen unterbliebener Erwägungen zu einem naturschutzrechtlichen Ausgleichsbedarf gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB erhebliche Fehler sowohl in Form eines Ermittlungs- und Bewertungsdefizits (Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB) als auch in Form eines Abwägungsdefizits (§ 1 Abs. 7 BauGB) vorliegen. Auch dies kann vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen und bedarf keiner tieferen Betrachtung.

c) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers ist aufgrund des festgestellten Rechtsverstoßes gegen § 13b Satz 1 i.V. mit § 13a BauGB sowie aufgrund des nach summarischer Prüfung womöglich vorliegenden Ermittlungsdefizits (s.o.: Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB in Bezug auf die konkreten Erweiterungsabsichten des Antragstellers) dringend geboten. Die Einwendung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 27. April 2018, wonach Erschließungsanlagen noch nicht errichtet würden und derzeit weder eine Erschließungsplanung noch eine Ausschreibung hierfür existierten, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Nachdem der Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach zulässig und begründet ist, spricht bereits indiziell Überwiegendes dafür, dass der Vollzug des Bebauungsplans bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss (s.o.; BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – BRS 83 Nr. 58 = juris Rn. 4; für den Fall eines Verstoßes gegen § 13a BauGB vgl. BayVGHG, B.v. 4.7.2017 – 2 NE 17.989 – juris Rn. 15 ff.). Im Übrigen hat die Antragsgegnerin gegenüber dem Senat keine verbindliche Erklärung abgegeben, bis zur Entscheidung des Senats in der Hauptsache (also über den Normenkontrollantrag im Verfahren 15 N 18.41) auf die Schaffung von Erschließungsmöglichkeiten im Geltungsbereich des Bebauungsplans zu verzichten. Da nach den eigenen Ausführungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren aktuell eine erhebliche Nachfrage nach Wohnbauland im Gemeindegebiet bestehe, bereits sämtliche Parzellen des streitgegenständlichen Bebauungsplans reserviert seien und sich 18 weitere Erwerbswillige auf einer Warteliste hätten eintragen lassen, muss angesichts des hieraus folgenden Baudrucks – ungeachtet der Frage, ob nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Grundstücke im östlichen Plangebiet entlang des G...wegs hinreichend erschlossen sind – jederzeit damit gerechnet werden, dass die Antragsgegnerin die Erschließung vorantreibt und damit die formalen Voraussetzungen für (parallele) Genehmigungsverfahren und / oder Genehmigungsfreistellungsverfahren schafft. Durch die dann zu erwartende Verwirklichung der geplanten Wohnbauvorhaben könnten Vorbindungen entstehen, die mit Blick auf noch erforderliche Nachermittlungen und Bewertungen zur Betriebserweiterung des Antragstellers und damit zur Geruchsbelastung (s.o.) einer womöglich notwendigen (nachträglichen) Umplanung des Baugebiets entgegenstehen könnten (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.8.2008 – 2 NE 08.1700 – juris Rn. 13). Auch wenn die Wahl des falschen Verfahrens nicht unmittelbar die Interessens- und Rechtssphäre des Antragstellers betrifft, ist sie im Eilverfahren gem. § 47 Abs. 6 VwGO nicht irrelevant. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, sind bei der Beurteilung wichtiger Gründe und deren Dringlichkeit i.S. von § 47 Abs. 6 VwGO Einwendungen außerhalb der subjektiven Betroffenheit der Antragsteller in der allgemeinen Interessenabwägung zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 3.3.2017 a.a.O. juris Rn. 29 m.w.N.). Im Falle einer nicht auszuschließenden zeitnahen Umsetzung des Bebauungsplans droht daher aufgrund erheblicher Investitionen für Erschließungsmaßnahmen und für die Errichtung der Wohngebäude die Schaffung vollendeter Tatsachen, sodass unter Einbeziehung aller vorgenannter Umstände der Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung unaufschiebbar erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 a.a.O.).

d) Die weiteren Einwände des Antragstellers,

– der Bebauungsplan sei wegen unzumutbarer Hürden bei der Einsichtnahme im Rahmen des Beteiligungsverfahrens gem. § 3 Abs. 2 BauGB formell fehlerhaft (vgl. hierzu jeweils m.w.N.: Spieß in Jäde u.a., BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, zu § 3 BauGB Rn. 21; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2017, § 3 Rn. 39, 39a),

– der Planung fehle die Erforderlichkeit i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, weil ein Bedarf nach der Anzahl der Wohnbaugrundstücke nicht nachgewiesen worden sei und noch viele unbebaute Bauparzellen in anderen Baugebieten bzw. im gemeindlichen Innenbereich existierten (hierzu vgl. BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 42 m.w.N. sowie BayVGH, B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht, wonach es im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob es in anderen Ortsteilen noch freie Bauplätze gibt, auf denen sich eine Wohnbebauung möglicherweise ebenfalls realisieren ließe),

– es sei aufgrund der Ausdehnung der Bebauung in den Außenbereich von einem Verstoß gegen ein landesbzw. regionalplanerisches Gebot der Nachverdichtung auszugehen (vgl. hierzu BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 – Vf. 5-VII-14 – BayVBl. 2017, 153 = juris Rn. 57; BayVGH, U.v. 24.8.2015 – 2 N 14.48 – juris Rn. 49; B.v. 10.4.2018 – 9 NE 18.278 – noch unveröffentlicht; zu vergleichbaren rechtlichen Hürden aus § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB und dem Abwägungsgebot vgl. BayVerfGH, E.v. 29.3.2012 – Vf. 5-VII-11 – BayVBl. 2013, 14 = juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 20.4.2011 – 15 N 10.1320 – BayVBl 2012, 110 = juris Rn. 115 m.w.N.; U.v. 24.8.2015 a.a.O. Rn. 66),

– die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung / Oberflächenwasserableitung gegen das Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen, weil das hierfür erforderliche Regenrückhaltebecken im Bebauungsplan selbst keiner Regelung zugeführt worden sei (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 9 N 14.2674 – BayVBl. 2017, 413 = juris Rn. 33 ff., zur Möglichkeit „planerischer Zurückhaltung“ unter Konfliktverlagerung auf ein der Bauleitplanung nachfolgendes wasserrechtliches Verfahren vgl. BayVGH, U.v. 23.4.2012 – 1 N 11.986 – juris Rn. 17 ff.; U.v. 14.12.2016 – 15 N 15.1201 – juris Rn. 57 ff.),

– die Umsetzung des Bebauungsplans führe im Bereich der Zufahrtsstraßen außerhalb des Plangebiets zu einer abwägungserheblichen Zunahme des Verkehrslärms, die gem. § 2 Abs. 3 BauGB hätte ermittelt und in die Abwägung einbezogen werden müssen (im Falle einer entsprechenden Einwendung im Planungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2017 – 15 NE 16.2315 – NVwZ-RR 2017, 558 = juris Rn. 17 f., 22 ff.; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – DVBl. 2018, 317 = juris Rn. 19, 21 ff.; zu Fallgestaltungen mangelnder Abwägungsrelevanz vgl. BayVGH, B.v.19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 15; U.v. 16.5.2017 – 15 N 15.1485 – juris Rn. 22 ff. sowie im Anschluss BVerwG, B.v. 24.8.2017 – 4 BN 35.1 – juris Rn. 6),

– es sei fehlerhaft nicht erwogen worden, dass er – der Antragsteller – das Grundstück FlNr. ... gepachtet habe und dass die Bauleitplanung mithin in sein Besitzrecht eingreife,

sind aufgrund der Erwägungen zu a) – c) nicht mehr entscheidungserheblich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 und Abs. 8, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

4. Entsprechend § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ist die Nr. I der Entscheidungsformel allgemein verbindlich und muss von der Antragsgegnerin in derselben Weise veröffentlicht werden, wie der angegriffenen Bebauungsplan.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013, mit welcher diesem die Errichtung einer Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 der Gemarkung P. genehmigt wurde.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich und nördlich vom Baugrundstück gelegenen Grundstücks FlNr. 99 der Gemarkung P. Auf dem östlichen Teil des Grundstücks befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Klägers mit Wohnhaus, kleinem Wirtschaftsgebäude sowie einem großen, in mehrere Nutzungseinheiten aufgeteiltem Stall- und Betriebsgebäude samt geschlossener Güllegrube. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung (Milchvieh und Kälberaufzucht). Der westliche Teil des klägerischen Grundstücks ist unbebaut und landwirtschaftlich genutzt. Östlich und nördlich der klägerischen Hofstelle befindet sich Wohnbebauung. Das klägerische Grundstück wird auf seiner Westseite durch den Lohfeldweg erschlossen, der sich auf Höhe der Hofeinfahrt nach Norden hin verengt und als nicht asphaltierter Feldweg entlang des Baugrundstücks weiterführt. Entlang der Ostseite des Lohfeldwegs befindet sich ebenfalls Wohnbebauung. Die Westseite des Lohfeldwegs ist mit vier Wohnhäusern bebaut. Das genehmigte Doppelhaus erweitert die Wohnbebauung auf der Westseite nach Norden hin um zwei weitere Wohnhäuser. Das Stallgebäude liegt ca. 15 m an der engsten Stelle von dem Doppelhaus entfernt.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 erteilte der Beklagte einen Vorbescheid zur Errichtung zweier Doppelhaushälften mit Garagen und Carports auf dem damaligen Grundstück FlNr. 159/4 (nach Teilung nun FlNr. 159/7 und 159/4). Der Vorbescheid enthielt u. a. folgende Nebenbestimmungen:

„1. Der Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Carports ist unter der Voraussetzung planungsrechtlich zulässig, dass wegen des auf Flurnr. 99 der Gemarkung P. befindlichen Stalles wie beantragt (Ihr Telefax vom 11.04.06) der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorgesehen wird, die die Frischluft von der Immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne das Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.

5. Der Grundriss des Doppelhauses ist so zu gestalten, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind.“

Der Vorbescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 26. August 2009 wurde erneut ein nahezu wortgleicher Vorbescheid erteilt, da der frühere Vorbescheid bereits abgelaufen war. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 wurde die Geltungsdauer des Vorbescheids vom 26. August 2009 bis zum 29. August 2014 verlängert. Eine Zustellung dieses Verlängerungsbescheids an den Kläger unterblieb.

Unter dem 22. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1. den Erlass einer Baugenehmigung für eine Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 (nördliche Teilfläche, nach Teilung FlNr. 159/4). Mit Bescheid vom 21. März 2013 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung. Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 ergänzte der Beklagte die Baugenehmigung u. a. um folgende Nebenbestimmung:

„4. Es ist der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorzusehen, die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.“

Beide Bescheide wurden dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013 erhob der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids. Das Verwaltungsgericht hob daraufhin die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids mit Urteil vom 23. Juli 2014 auf. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Bauvorhaben befinde sich im Außenbereich und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Von der zulässigerweise betriebenen Landwirtschaft des Klägers gingen Geruchsimmissionen aus, welche den Grad der Zumutbarkeit überschreiten würden. Der östliche Bereich des Doppelhauses liege mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstüre in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen zu vermuten seien. Der restliche Teil des Doppelhauses befinde sich in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen erst anhand einer Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden könnten. Die mit dem Änderungsbescheid verfügte architektonische Selbsthilfe sei nicht geeignet, die Rücksichtslosigkeit des Wohnbauvorhabens gegenüber dem Kläger auszuschließen. Diese hätten ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren, wonach nach Auffassung des Erstgerichts gerade im ländlichen Raum das Öffnen von Fenstern zählen würde, egal ob es sich um schutzwürdige Räume oder wie vorliegend um Bäder, WCs oder Wirtschaftsräume handle. Auch die Eingangstür liege noch im Bereich unzumutbarer Geruchsbeeinträchtigungen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2016 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zugelassen.

Der Beklagte macht geltend, dass die Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Haushälfte 15,7 m betrage. Der Beigeladene zu 1. habe im Wege der architektonischen Selbsthilfe eine Be- und Entlüftungsanlage eingebaut und die schutzwürdigen Wohnräume (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) auf der dem Stallgebäude abgewandten Westseite seiner Doppelhaushälfte angeordnet. Diese Maßnahmen führten dazu, dass das Bauvorhaben gerade keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sei und damit das Rücksichtnahmegebot gegenüber dem Kläger nicht verletzt werde. Es gebe im Bereich der Rinderhaltung keine gesetzlichen Regelungen zu Geruchsbelastungen. Vielmehr werde von der Rechtsprechung eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls verlangt. Vorhandene technische Regelwerte dienten nur als Orientierungshilfe. Vorliegend war zudem der Beklagte durch den zuletzt verlängerten Vorbescheid gebunden. Zum Zeitpunkt der Verlängerung mit Bescheid vom 23. Juli 2012 konnte noch nicht auf die VDI 3894 Blatt 2 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Methode zur Abstandsbestimmung“ mit Stand November 2012 abgestellt werden. Das Landratsamt habe sich richtigerweise auf die Abstandsregelung für Rinderhaltung des Bayer. Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 in der Fassung vom März 2009 gestützt. Danach liegt die Ostseite des Gebäudes mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstür in dem Bereich, wo schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Daher habe der beigeladene Bauherr eine Be- und Entlüftungsanlage geplant sowie die schutzwürdigen Räume nach Westen hin angeordnet. Die Ansauganlage für die Be- und Entlüftungsanlage befinde sich ca. 33 m vom nächstgelegenen Stallfenster entfernt. Bei dieser Entfernung sei eine Einzelfallprüfung erforderlich. Nach dem vorgelegten Gutachten sei hier mit einer Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 14 bis 15% der Jahresstunden zu rechnen. Zudem treffe den Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Lage benachbart zu einer bestehenden Landwirtschaft eine höhere Duldungspflicht. Das Baugrundstück liege in einer dörflichen Umgebung und sei bereits durch den klägerischen Betrieb vorbelastet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wohnkomfort betreffe die TA Lärm und sei nicht unmittelbar auf Geruchsbelästigungen anwendbar. Im Ergebnis könne im Rahmen der Einzelfallbetrachtung nicht von unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgegangen werden.

Der Beigeladene zu 1. führt aus, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Geruchsbelastung der östlich gelegenen Wohnbebauung sei deutlich höher als am Baugrundstück. Am Baugrundstück sei bei einer Einzelfallbeurteilung davon auszugehen, dass die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur architektonischen Selbsthilfe bei Lärm sei in Ermangelung eines der TA Lärm vergleichbaren technischen Regelwerks nicht unmittelbar anwendbar. Konkrete Erweiterungsabsichten des klägerischen Betriebs lägen nicht vor. Nur theoretische Erweiterungsmöglichkeiten seien jedoch nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht sei zudem von einem falschen Schutzniveau ausgegangen, da sich das Bauvorhaben in einem Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich befinde. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei der Immissionskonflikt durch die Anordnung der Räume und die eingebaute Be- und Entlüftungsanlage gerade gelöst worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen zu 1. sei unzumutbaren Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ausgesetzt, was auch der Beklagte bestätige. Das Erstgericht habe die zur Verfügung stehenden Orientierungshilfen richtig angewandt. Architektonische Selbsthilfe sei vorliegend nicht möglich, denn anders als beim Lärm könne Geruch gerade nicht ausgesperrt werden. Geruch komme über jede Öffnung der Fassade in ein Gebäude und verteile sich dort. Der Geruch könne im Gebäude auch nicht verdünnt werden. Auch die Frischluftansaugstelle liege in einem geruchsbelasteten Bereich. Entsprechend sei die angeordnete architektonische Selbsthilfe untauglich. Ein Mindestmaß an Wohnkomfort könne nicht gewährleistet werden. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, ein Wohngebäude zumindest teilweise durch das Öffnen von Fenstern und Türen zu lüften. Eine ausreichende Belüftung im Sinn von Art. 45 Abs. 2 BayBO liege nicht mehr vor, wenn ein gesamtes Haus ausschließlich über eine Belüftungsanlage mit Frischluft versorgt werde. Selbst bei Passivhäusern gehöre das Öffnen von Fenstern bei bestimmten Temperaturen zum Wohnstandard. Auch habe das Erstgericht die Entwicklungsmöglichkeiten des Klägers zutreffend in die Abwägung eingestellt. Der Kläger habe nur noch eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten. Diese nicht zu berücksichtigen, wäre ein Fehler gewesen, auch wenn derzeit keine konkreten Erweiterungspläne vorlägen. Das Doppelhaus, das als ein Gebäude zu betrachten sei, verletze zudem das Abstandsflächenrecht, da es das 16 m-Privileg vor drei Fassaden, im Norden, im Osten und im Süden in Anspruch nehme.

Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Erstgerichts und die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Akten im Parallelverfahren Az. 2 B 16.236 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind begründet. Die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Mit dem Erstgericht geht der Senat davon aus, dass das Baugrundstück sich nicht mehr innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB befindet sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Dort ist das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nicht zulässig, da es öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. widerspricht bereits den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher das Baugrundstück als „Fläche für die Landwirtschaft“ darstellt. Damit ist die Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsgenehmigung objektiv rechtswidrig.

2. Der Kläger als Nachbar kann jedoch eine Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier nicht der Fall.

In Betracht käme lediglich die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger, welches sich für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme läge hier nur dann vor, wenn das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre, wie sie § 3 Abs. 1 BImSchG beschreibt. Der Kläger betreibt in zulässiger Weise eine geruchsintensive Landwirtschaft, welche vorliegend jedoch keine Auswirkungen auf das Baugrundstück hat, die den Grad der Unzumutbarkeit erreichen.

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche gibt es keine allgemein gültigen Regelungen ähnlich der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft). Im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung kann das Gericht jedoch auf Regelwerke als Orientierungshilfe zurückgreifen, die in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt wurden. So bilden nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 11.3.2013 - 14 ZB 12.2073 - juris; B. v. 24.4.2012 - 2 ZB 10.2894 - juris; B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl 2007,758) die Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München/Weihenstephan „Geruchsimmissionen aus Rinderställen“ vom März 1994 („Gelbes Heft 52“) und „Geruchsfahnenbegehung an Rinderställen“ vom Juni 1999 („Gelbes Heft 63“) brauchbare Orientierungshilfen, um die Schädlichkeit von Geruchsimmissionen auf Wohnbebauung ermitteln zu können. Gleiches gilt für die „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ des bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 - fortgeschrieben März 2009 und Oktober 2013 - (vgl. BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 15 ZB 09.1763 - juris; B. v. 3.2.2011 - 1 ZB 10.718 - juris). Als drittes Regelwerk zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche sind die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 in der Rechtsprechung als zulässige Orientierungshilfe für den Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung anerkannt (vgl. BVerwG, B. v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - juris; BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris).

Vorliegend hat das Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 12. April 2006 im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens (Vorbescheidsakte Bl. 25-27) festgestellt, dass das Bauvorhaben bei einem Abstand von ca. 15 m zum Rinderstall mit ca. 5 m (Ostseite des Gebäudes) im „roten Bereich“ (schädliche Umwelteinwirkungen sind zu erwarten) nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltungen“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ zu liegen kommt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts beim Augenschein (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 23. Juli 2014, Bl. 147 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) beträgt die kürzeste Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Doppelhaushälfte 15,70 m bzw. dem nächstgelegenen Fenster der südlichen Doppelhaushälfte 16,20 m. Die Doppelhäuser weisen eine Tiefe von 12,99 m auf, so dass der überwiegende Teil des Gebäudes im „grauen Bereich“ (Detailbeurteilung erforderlich) zu liegen kommt. Das Fenster im Koch-/Essbereich der nördlichen Doppelhaushälfte befindet sich in einer Haustiefe von ca. 4,60 m (gemessen im Eingabeplan). Es dürfte sich daher ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts bereits im „grauen Bereich“ befinden. Zudem verfügt der Koch-/Essbereich noch über ein weiteres, westlicher gelegenes Fenster in der Nordfassade sowie die Terrassentür in der Westfassade, so dass das östlichere Fenster nicht zwingend zur Belüftung erforderlich ist. Das Sachgebiet Immissionsschutz hat als Auflagen eine Be- und Entlüftungsanlage, welche die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite ansaugt, sowie eine Gestaltung des Grundrisses in der Form, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind, vorgeschlagen. Der Einbau eine Be- und Entlüftungsanlage wurde im Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 beauflagt.

Der Beigeladene zu 1. hat zwei Gutachten der Fa. ... zur Beurteilung der Geruchsbelastung vorgelegt. Das Gutachten vom 4. Februar 2014 unter Anwendung der GIRL kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Luftzufuhreinrichtung der Belüftungsanlage eine Wahrnehmungshäufigkeit von maximal 0,15 (15% der Jahresstunden) auftreten wird, womit von der Einhaltung der Immissionswerte für ein Dorfgebiet auszugehen sei. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass sich das Bauvorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich befindet und damit eine geringere Schutzwürdigkeit besitzt. Bereits bei im Dorfgebiet liegenden Wohngebäuden, die sich jedoch am Rand zum Außenbereich befinden, ist die Schutzwürdigkeit herabgesetzt und ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zu bilden, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann. Im Außenbereich kann es sogar bis zu 0,25 sein (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris). Auch dieses Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass an der Ostfassade eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,19 bis 0,25 (19% bis 25% der Jahresstunden) auftritt.

Im zweiten Gutachten vom 13. Oktober 2014 wurde eine Betrachtung nach dem „Gelben Heft 63“ durchgeführt. Danach ist in 13% bis 15% der Jahresstunden (vgl. Gutachten S. 18) mit erkennbaren Gerüchen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich der streitgegenständlichen Wohnbebauung zu rechnen.

Festzuhalten ist, dass nach allen drei als Orientierungshilfen heranziehbaren Regelwerken auf der Ostseite des Doppelhauses die Grenze zur unzumutbaren Geruchsbelästigung erreicht ist, wohingegen alle drei Beurteilungen davon ausgehen, dass an der Westseite und insbesondere im Bereich der Luftzufuhreinrichtung für die Be- und Entlüftungsanlage die Immissionswerte sogar für ein Dorfgebiet eingehalten werden können.

Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist jedoch als gegenseitiges Rücksichtnahmegebot ausgestaltet, wie es auch der Verordnungsgeber in der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BauNVO zum Ausdruck bringt. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt das nicht nur zu Beschränkungen desjenigen, welcher Immissionen verursacht, sondern auch zu gewissen Duldungspflichten desjenigen, welcher sich solchen Immissionen aussetzt. Daraus folgen Obliegenheiten des Emittenten wie beispielsweise zu baulichen Vorkehrungen zur Minderung der Emission. Umgekehrt kann einem Bauherrn, der mit seinem Wohnbauvorhaben an eine Emissionsquelle heranrückt, seinerseits die Obliegenheit treffen, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare bauliche Vorkehrungen zu treffen, welche die Störung der Wohnnutzung spürbar mindern. So hat der Bauherr grundsätzlich auch eine Obliegenheit, durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen, z. B. durch eine entsprechende Ausrichtung des Gebäudes auf dem Grundstück, durch den äußeren Zuschnitt des Hauses, durch eine immissionsabgewandte Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, gegebenenfalls auch durch die immissionsmindernde Gestaltung der Außenwohnbereiche auf Geruchsimmissionen eines benachbarten Rinderstalls Rücksicht zu nehmen (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers nicht vor. Der Beigeladene zu 1. hat alle baulichen Möglichkeiten zur Minderung der Geruchsbelästigung auf seinem Grundstück umgesetzt. Zur Ostseite hin liegen lediglich nicht schutzwürdige Räumlichkeiten, wohingegen die Wohn- und Schlafräume sich auf der weniger belasteten Westseite befinden. Zudem ist eine Be- und Entlüftungsanlage vorhanden, welche die Frischluftzufuhr ebenfalls auf der weniger belasteten Westseite des Grundstücks hat. Diese Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe sind nach Auffassung des Senats vorliegend nicht nur ausreichend, um eine dauerhafte Konfliktlösung zu erreichen, sie sind auch zulässig und geeignet.

Zwar haben Maßnahmen architektonischer Selbsthilfe grundsätzlich ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren. Unabhängig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur TA Lärm (vgl. U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris) insoweit auf Geruchsbelästigungen anzuwenden ist, ging es in der damaligen Entscheidung um die Wahrung des Mindestmaßes an Wohnkomfort in schutzwürdigen Räumlichkeiten. Dazu zählen jedoch lediglich Wohnräume, Schlafräume oder Kinderzimmer, nicht aber sonstige Räume wie hier ein Wirtschaftsraum, Bad oder WC sowie Flure. Ausschlaggebend waren die Wahrung der Kommunikationssituation im Innern sowie das Ruhebedürfnis und der Schlaf, was ausschließlich schutzwürdige Räumlichkeiten betrifft. „Nebenräume“, die nicht zum längeren Aufenthalt dienen, unterliegen generell einer geringeren Schutzwürdigkeit, unabhängig davon, ob eine Störung durch Lärm oder Gerüche inmitten steht. Eine Übertragung der Rechtsprechung auf nicht schutzwürdige Räume ist aus Sicht des Senats weder geboten noch sinnvoll. Der Senat ist der Auffassung, dass gerade im ländlichen Raum öffenbare Fenster jedenfalls dann nicht zum Mindestmaß an Wohnkomfort zählen, wenn sie sich in nicht schutzwürdigen Räumen befinden. Gerade im ländlichen Raum ist von höheren Geruchsbelastungen auszugehen als im städtischen Raum, insbesondere bei einer Randlage zum Außenbereich oder im Außenbereich. Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO verlangt eine ausreichende Belüftung und Belichtung lediglich von Aufenthaltsräumen. Zu letzteren zählen jedoch weder Bäder und WCs noch Flure und Treppenhäuser. Diese können auch gänzlich ohne Fenster errichtet werden. Eine Unterscheidung, ob sich ein Gebäude im ländlichen oder städtischen Raum befindet, trifft die Bayerische Bauordnung nicht. Insoweit können auch keine Unterschiede hinsichtlich des Wohnkomforts angenommen werden. Im Übrigen verfügen Passivenergiehäuser über ähnliche Belüftungsanlagen, ohne dass diese dort eine Geruchsbelästigung verhindern bzw. ausgleichen sollen oder dies als Einschränkung des Wohnkomforts gesehen wird. Weiterhin steht die Tatsache, dass die Fenster auf der Ostseite grundsätzlich öffenbar sind, sowie die notwendigerweise öffenbare Wohnungstür auf der Ostseite einer dauerhaften Konfliktlösung nicht entgegen. Der Bauherr kann sich im Einzelfall im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme nachträglich gerade nicht darauf berufen, dass er seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, weil er die Fenster öffnet oder die Be- und Entlüftungsanlage nicht betreibt. Dies würde eine Pflichtverletzung seinerseits darstellen. Im Hinblick auf die Wohnungstür ist davon auszugehen, dass ein dauerhaftes Offenstehen nicht erfolgen wird. In diesem Fall wäre die Be- und Entlüftungsanlage nicht mehr funktionsfähig. Ein kurzzeitiges Öffnen zum Betreten oder Verlassen des Hauses ist hingegen unschädlich, da durch den von der Be- und Entlüftungsanlage erzeugten dauerhaften Überdruck ein Eindringen von Luft von außen für einen gewissen Zeitraum verhindert wird (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.5.2016 S. 3). Im Übrigen wird durch die Be- und Entlüftungsanlage die Geruchsbelästigung, die beim Öffnen der Tür entsteht, in kurzer Zeit wieder neutralisiert.

Hinsichtlich der Luftzufuhreinrichtung ist festzuhalten, dass sie bei der Beurteilung nach der GIRL sowie dem „Gelben Heft 63“ in einem Bereich liegt, der zwar Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, in dem aber die Immissionswerte für ein Dorfgebiet eingehalten werden. Bei der Beurteilung nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltung“ liegt die Luftzufuhreinrichtung noch im „grauen Bereich“. Hier ist jedoch eine Detailbeurteilung im Einzelfall erforderlich, die gerade im Hinblick auf die unproblematische Lage nach den beiden anderen als Orientierungshilfe heranziehbaren Regelwerken und die vorgenommene, zulässige architektonische Selbsthilfe zugunsten des Bauherrn ausfällt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 17.07.2015 geändert.

Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (VG 8 A 90/15) gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2015 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird gemäß den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragssteller ist Eigentümer des Grundstücks … in …, das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Er wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines neuen Rinderboxenlaufstalls, zum Umbau eines vorhandene Boxenlaufstalls und zur Errichtung sog. Kälberiglus auf dessen Grundstück … (Flurstück …).

2

Der Beigeladene ist Landwirt. Auf seinem Grundstück befinden sich neben einem Wohnhaus Stallgebäude, Silagelager, Güllebehälter sowie eine Maschinenhalle. In den vorhandenen, zwischen 1959 und 2008 genehmigten Stallungen werden 410 Rinder (Kühe, Färsen, Kälber [ca. 350 GV]) gehalten. Er beabsichtigt auf dem westlichen (hinteren) Teil seines Grundstücks, südlich des vorhandenen Rinderboxenlaufstalls, die Errichtung eines neuen Rinderboxenlaufstalls für 86 Kühe und 100 Jungtiere; zugleich sollen der vorhandene Boxenlaufstall umgebaut (Innenausbau) und sog. Kälberiglus errichtet werden. Der Tierbestand wird dadurch auf ca. 590 GV erweitert.

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3

Am 25.04.2014 erteilte der Antragsgegner antragsgemäß die Baugenehmigung, wobei eine „Immissionsschutz-Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vom 08.07.2013 als „Bestandteil“ der Baugenehmigung bezeichnet wurde, die „bei der Errichtung und dem Betrieb des Vorhabens zu beachten“ sei.

4

Nach dieser Stellungnahme wurden als Immissionsquellen die vorhandenen Stallungen, Güllebehälter, eine Dungplatte und zwei von drei Silagelagerstätten (eine Lagerstätte soll nicht mehr genutzt werden) sowie der neue Stall (126,0 GV) berücksichtigt, ferner „emissionsrelevante“ Betriebe in der „nahen“ Umgebung (Betriebe …, …, …, …). Für den am Haus des Antragstellers bestimmten Beurteilungspunkt (BUP 4) ergab sich für die „vorhandene Situation“ eine Häufigkeit der bewerteten Geruchsstunden von 24,7 % und für die „geplante Situation“ von 22,8 % pro Jahr. Dadurch werde die nach dem gemeinsamen Erlass des Umwelt- und Innenministeriums vom 04.09.2009 belästigungsrelevante Kenngröße von 15 % für Dorfgebiete überschritten; in der Stellungnahme heißt es dazu:

5

„Im Laufe der Jahre hat sich in … … quasi als Schicksalsgemeinschaft ein räumlich enges Miteinander von landwirtschaftlichen Betrieben und Wohnhäusern ergeben. Dieses … ist historisch gewachsen, hat bisher gut funktioniert und ist daher als ortsüblich zu bezeichnen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich … die belästigungsrelevante Kenngröße … deutlich verbessert, so dass hier keine Verschlechterung der Immissionssituation zu erwarten ist. Berücksichtigt man ferner, dass im Außenbereich und auch in von Tierhaltung geprägten Ortsbereichen oft höhere Geruchsimmissionen (häufig 15 bis 25 % der Jahresstunden) vorhanden … sind, dann können die in dem vorliegenden Fall ermittelten belästigungsrelevanten Kenngrößen als ortsüblich betrachtet werden.“

6

Der Antragsteller erhob, nachdem ihm – auf Anforderung – die Baugenehmigung übersandt worden war, dagegen am 21.01.2015 Widerspruch, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 29.04.2015 zurückwies.

7

Am 22.05.2015 hat der Antragsteller dagegen Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung derselben beantragt.

8

Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.07.2015 entsprochen und zur Begründung i. w. ausgeführt, das Grundstück des Antragstellers werde unzumutbaren Immissionen ausgesetzt. Bei einer Geruchsstundenhäufigkeit von 22,8 % werde die Zumutbarkeitsschwelle, die sich aus der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) ergebe, überschritten. Auch wenn für eine Außenbereichs(-rand-)lage, eine Häufigkeit von bis zu 20 % diskutabel sei, werde auch diese mit dem Wert von 22,8 % noch erheblich überschritten. Es sei fraglich, ob überhaupt eine Verbesserung der Geruchssituation zu erwarten sei, da keine Veränderungen im Baubestand oder in der Futter- oder Entmistungstechnik vorlägen. Zwar werde die Geruchsbelastung durch die Aufgabe der Bullenmast und des Silagelagers 3 gemindert, doch werde diese Minderung durch die hinzukommenden Tierzahlen weit überwogen. Eine Verbesserung der Geruchsbelastung führe nicht automatisch zur Nachbarverträglichkeit, wenn die Zumutbarkeitsgrenzen – wie hier - überschritten würden. Ein Wert von mehr als 20 % sei ausnahmsweise nur hinnehmbar, wenn die nach dem Stand der Technik möglichen Maßnahmen zur Reduzierung der Geruchsbelastung durchgeführt würden. Für das Grundstück des Antragstellers komme eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze nicht in Betracht. Der Neubau des Stalls und die Erhöhung der Tierzahlen „verfestige und vertiefe“ die schon im Bestand nicht zumutbare Geruchsbelastung.

9

Gegen diesen Beschluss haben der Beigeladene am 29.07.2015 und der Antragsgegner am 03.08.2015 Beschwerde erhoben.

10

Der Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren eine „Immissionsprognose“ der Frau Dr. … (…) vom 17.08.2015 vorgelegt, der zufolge die belästigungsrelevante Kenngröße am Wohnhaus des Antragstellers, die durch den Betrieb des Beigeladenen „im Planzustand“ verursacht wird, 17 % (0,17) beträgt. Diese Prognose sei für die Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen. Als Maßstab sei hier der Immissionsrichtwert von 0,20 anzusetzen. Das genehmigte Vorhaben liege im Außenbereich, für das Dorfgebiet … sei als unterer Bezugswert 0,15 anzusetzen. Für das “einreihig bebaute Straßendorf“ mit jahrzehntealten landwirtschaftlichen Betrieben sei 0,20 angemessen, was hier eingehalten werde. Auch bei einer nur geringen Richtwert-Überschreitung dürfe in Anwendung des Rechtsgedankens des § 6 Abs. 3 BImSchG die Baugenehmigung nicht versagt werden. Der Antragsteller habe früher als Nebenerwerbslandwirt Hochlandrinder gehalten, mit Misthaufen auf dem Grundstück, er sei deshalb Teil der Schicksalsgemeinschaft der Landwirte. Ein Immissionswert von „über 0,20 und somit auch von 0,228“ sei damit nicht rücksichtslos. Auch nach der GIRL könnten mehr als 20 % maßgeblich sein, insbesondere in stark landwirtschaftlich geprägten Regionen. Auch wenn der Antragsteller seine Viehhaltung aufgegeben habe, sei er mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet.

11

Der Antragsgegner hält eine obergerichtliche Entscheidung für geboten, da es in Schleswig-Holstein bislang noch keine Entscheidung zur Zulässigkeit einer Überschreitung der Geruchsimmissionsrichtwerte gebe.

12

Der Antragsteller erwidert, auch nach dem neuen Gutachten, das in Zweifel zu ziehen und methodisch fehlerhaft sei, werde der maßgebliche Immissionsrichtwert von 0,15 für Dorfgebiete deutlich überschritten. Eine Erhöhung der zulässigen Geruchsbelastung lasse sich weder daraus ableiten, dass … ein „einreihiges Straßendorf“ sei noch daraus, dass der Ort seit Jahrzehnten durch Landwirtschaft geprägt sei. Das Vorhandensein landwirtschaftlicher Betriebe im Dorf werde bereits durch den höheren Richtwert von 0,15 berücksichtigt. Beim Erwerb seines Grundstücks 1972 sei die Entwicklung zur Massentierhaltung noch nicht absehbar gewesen. Er selbst habe Rinderhaltung als Hobby ohne Gewinn betrieben. Einen Misthaufen habe es nicht gegeben. Eine erhöhte Hinnahme von Gerüchen komme nur bei ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieben in Betracht; das treffe hier nicht zu. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 6 Abs. 3 BImSchG seien nicht gegeben. Durch Traktoren und Maschinen auf dem Hof entstehe Lärm, außerdem Staub.

13

Der Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren einen „Nachtrag zur Immissionsprognose“ vom 16.11.2015 von Frau Dr. … vorgelegt, der die Auswirkungen von Maßnahmen untersucht, die „emissions- bzw. immissionsmindernd“ wirken. Danach ergibt sich – nach Umsetzung von sieben i. e. bezeichneten Maßnahmen – eine „belästigungsrelevante“ Zusatzbelastung am Wohnhaus des Antragstellers von 0,13 bzw. eine Gesamtbelastung durch die Betriebe ... und … von 0,15.

14

Der Berichterstatter des Senats hat am 29.02.2016 einen Orts- und Erörterungstermin durchgeführt; auf das Protokoll – nebst acht Fotos – sowie auf die Berichtigungshinweise des Antragstellers (Schriftsatz vom 24.03.2016) wird Bezug genommen. Zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen sind in der Folgezeit Einigungsgespräche geführt worden, die ergebnislos geblieben sind.

II.

15

Die Beschwerden des Antragsgegners und des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts sind begründet. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25.04.2014 ist abzulehnen. Ausgehend von den - im erstinstanzlichen Beschluss (S. 4 des Beschl.-Abdr.) zutreffend wieder gegebenen - rechtlichen Maßstäben für eine Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 2 Satz 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht festzustellen. Die infolge des genehmigten Vorhabens des Beigeladenen zu erwartenden Immissionen bleiben im Rahmen des Zumutbaren. Das gilt sowohl für die (erst) im Erörterungstermin geltend gemachten Lärmwirkungen (1.) als auch für die Geruchsimmissionen (2.).

16

1. Im Erörterungstermin hat der Antragsteller Lärmwirkungen in Bezug auf Fahrzeuggeräusche (u. a. Traktoren) angesprochen, die entweder auf dem Betriebsgrundstück des Beigeladenen oder auf dem Weg dorthin - auf der „…“ - entstehen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Lärmwirkungen - soweit vorhanden - durch die in der angefochtenen Baugenehmigung genannten Vorhaben bedingt sind. Zwar sind Verkehrsgeräusche auf dem Betriebsgrundstück sowie bei der Ein- und Ausfahrt einem Vorhaben zuzurechnen (Nr. 7.4 TA Lärm), doch folgt daraus nicht, dass insoweit ein konkreter Regelungsbedarf für eine Baugenehmigung zur Neuerrichtung eines Stalls bzw. zum Umbau eines vorhandenen Stalls entsteht. Anders wäre es nur, wenn gerade die (Nutzung der) genehmigten Bauvorhaben zu unzumutbaren Lärmbelastungen führten. Dafür bestehen keine Ansatzpunkte. Eine Verpflichtung, Immissionsquellen, die dem Bestand der zwischen 1976 und 2012 genehmigten Bauten des Beigeladenen zuzurechnen sind, bei Gelegenheit der vorliegend erteilten Genehmigung zu „sanieren“, besteht nicht. Verkehrslärm, der auf der „…“ entsteht, ist dem Vorhaben des Beigeladenen nicht generell zurechenbar. Diesbezügliche Lärmminderungswünsche sind der Prüfung durch die zuständigen Baulastträger bzw. Straßenverkehrsbehörden überantwortet.

17

2. Die den genehmigten Vorhaben zuzurechnenden Geruchsimmissionen überschreiten nicht die Grenze dessen, was dem Antragsteller zumutbar ist.

18

Die genehmigten Vorhaben des Beigeladenen liegen im Außenbereich. Ihre planungsrechtliche Zulässigkeit erfordert - insbesondere - im Hinblick auf schädliche Umwelteinwirkungen die Beachtung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Das Rücksichtnahmegebot wird zu Lasten des Nachbarn verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben das Maß dessen überschritten wird, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss; maßgeblich sind insoweit § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (vgl. Urt. des Senats v. 09.12.2010, 1 LB 6/10, NordÖR 2011, 284; BVerwG, Beschl. v. 10.1.2013, 4 B 48.12, BauR 2013, 934).

19

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme - zu Lasten des Antragstellers - ist nicht festzustellen, weil die neu genehmigte Nutzung auf dem Grundstück des Antragstellers voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsbelastungen im Sinne der § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BauGB, § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG verursacht.

20

2.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Immissionswerte der Geruchsimmissionsrichtlinie - GIRL - i. d. F. vom 04.09.2009 (Amtsbl. SH S. 1006) bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden können; das entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt des Senats v. 09.12.2010, a.a.O., Beschl. des Senats v. 27.11.2015, 1 LA 52/14, NordÖR 2015, 169). Dem entsprechend ist von den Zumutbarkeitsgrenzen nach Nr. 3.1 (Tabelle 1) auszugehen; für Dorfgebiete kann danach eine erhebliche Belästigung i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG vorliegen, wenn die Gesamtbelastung (Nr. 4.6 GIRL) eine relative Häufigkeit der Geruchsstunden pro Jahr von 0,15 (15 %) überschreitet. Mit diesem Wert wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass - innerhalb von Dorfgebieten - auf die Belange land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vorrangig Rücksicht zu nehmen ist (§ 5 Abs. 1 S. 2 BauNVO; vgl. „Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL“ i. d. F. vom 29.02.2008, zu Nr. 3.1).

21

2.2 Die Richtwerte der GIRL sind nicht allerdings nicht „starr“ konzipiert, sie lassen vielmehr Abweichungen im Einzelfall zu.

22

Das belegen die „Auslegungshinweise“ (a.a.O.) etwa für den „Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung“, für den Fall einer „Vorbelastung durch gewachsene Strukturen“ oder beim „Aufeinandertreffen immissionsträchtiger Nutzungen“. In begründeten Einzelfällen sind (dann) auch Überschreitungen des Immissionswerts von 0,15 möglich (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.04.2014, 1 LA 60/13, AUR 2014, 316). Eine - ähnlich begründete - „Zwischenwertbildung“ ist auch in der Rechtsprechung anerkannt, so in Fällen einer Gemengelage zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und angrenzender Wohnnutzung (VGH Kassel, Urt. v. 08.12.2005, 4 UE 1207/05, BauR 2006, 807, vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 30.11.2012, 2 D 95/11.NE, Juris sowie OVG Lüneburg, Beschl. v. 13.01.2016, 12 LA 217/14, Juris). Das Gleiche gilt auch für Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich, die - dort - mit der Ansiedlung privilegierter landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich und entsprechenden Immissionen rechnen müssen und deren Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, (deshalb) deutlich herabgesetzt ist (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 07.10.2009, 1 A 10872/07, BauR 2010, 581 ff. [bei Juris Rn. 84 m. w. N.]; OVG Magdeburg, Urt. v. 24.03.2015, 2 L 184/10, UPR 2016, 39 Ls.; VGH Kassel, Urt. v. 01.04.2014, 9 A 2030/12, BauR 2014, 1826 Ls. [bei Juris Rn. 64]; VGH München, Beschl. v. 03.05.2016, 15 CS 15.1576, [bei Juris Rn. 14]).

23

In begründeten Einzelfällen kann in Fällen der genannten Art eine Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze für Wohngebiete bis hin zu den Werten für Dorfgebiete und für Dorfgebiete eine Überschreitung des Immissionswerts für Dorfgebiete in Betracht kommen (OVG Magdeburg, a.a.O., Rn. 97 a. E.).

24

2.3 Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Überschreitung des Immissionswerts von 0,15 im Einzelfall - bei einer bestehenden - prägenden - und erheblichen Geruchs-Vorbelastung - gerechtfertigt ist und (dann) - jedenfalls - ein Immissionswert von 0,18 nicht zu beanstanden ist (Urt. v. 09.12.2010, a.a.O.); ob auch höhere Überschreitungen zulässig sein können, hat der Senat bislang offen gelassen.

25

Im vorliegenden Verfahren bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung, denn es spricht ganz Überwiegendes dafür, dass der Kläger keinen unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt sein wird. Sein Grundstück ist bereits einer erheblichen Vorbelastung ausgesetzt, wie die vorliegenden Immissionsbeurteilungen der Landwirtschaftskammer bzw. von Frau Dr. … - insoweit übereinstimmend - ergeben. Es kommt hinzu, dass das Grundstück des Antragstellers im Hinblick auf seine Lage in einem ausgeprägt ländlich strukturierten Dorfgebiet sowie auf die Randlage zum Außenbereich eine deutlich herabgesetzte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, hinzunehmen hat. Der Senat geht deshalb - auch im Hinblick auf seine Entscheidung vom 09.12.2010 (a.a.O.) - davon aus, dass vorliegend zumindest ein Immissionswert von 0,18 zumutbar ist (vgl. – im gleichen Sinne - : VGH Kassel, Beschl. v. 10.04.2014, 9 B 2156/13, NuR 2014, 864 sowie OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.04.2014, 1 LA 60/13, Juris [Rn. 14]).

26

Dieser Wert wird durch die genehmigten Vorhaben des Beigeladenen eingehalten.

27

2.3.1 Die zum „Bestandteil“ der angefochtenen Genehmigung erhobene „Immissionsschutz-Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein vom 08.07.2013 geht allerdings von einer Überschreitung (auch) des Immissionswertes von 0,18 aus, indem sie eine Gesamtbelastung (Häufigkeit der bewerteten Geruchsstunden) von 24,7 % (vorhandene Situation) bzw. 22,8 % (geplante Situation) annimmt. Die genannten Werte sind indes nicht überzeugend.

28

Sie beruhen auf nicht gerechtfertigten Ansätzen für die vorhandene Geruchs-Vorbelastung (Nr. 4.4 GIRL) durch andere Betriebe, für die keine Untersuchung der (Geruchs-)Ausbreitungsbedingungen erfolgt ist. Die Betriebsweise und der Viehbestand dieser Betriebe ist - zudem - nur „überschlägig“ (s. z. B. Tabelle S. 7, Fn. 3) ermittelt worden; zweifelhaft sind - schließlich - die Ansätze „tierartspezifischer“ Faktoren für Pferdehaltung (die der GIRL [Nr. 4.6, Tabelle 4] nicht zu entnehmen sind) und für „Grassilagelagerung“.

29

In der „Stellungnahme“ vom 08.07.2013 (S. 5) werden Geruchs-Vorbelastungen durch die Betriebe …, …, …, … und … erfasst und in der Ausbreitungsrechnung berücksichtigt (S. 7-8); weiter entfernte Tierhaltungen sind im Hinblick auf die sog. Irrelevanzgrenze (Nr. 3.3 GIRL) außer Betracht geblieben. Die Frage, ob die genannten Betriebe im Hinblick auf dieses Kriterium nicht ebenfalls unberücksichtigt bleiben konnten, wird in der „Stellungnahme“ ebenso wenig geprüft, wie die (weitere) Frage, inwieweit sich Gerüche aus den genannten Betrieben bis zum Grundstück des Antragstellers („Beurteilungspunkt 4“) ausbreiten. Ungeprüft bleibt auch, ob der von den genehmigten Vorhaben des Beigeladenen erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) überschreitet. In diesem Fall erhöht das „neue“ Vorhaben die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nur „bagatellartig“ und damit nicht relevant (BVerwG, Urt. v. 19.04.2012, 4 CN 3.11, BVerwGE 143, 24 ff. = NVwZ 2012, 1338 [bei Juris Rn. 16]). Von der Ermittlung der vorhandenen Vorbelastung kann dann abgesehen werden und die Genehmigung der Vorhaben des Beigeladenen dürfte nach Nr. 3.3 GIRL nicht versagt werden.

30

Zu einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose ist es - zwar - erforderlich, die voraussichtliche Gesamtbelastung aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung zu ermitteln, wobei in diesem Fall keine Addition erfolgen darf, sondern die Vor- und die Zusatzbelastung in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden muss (s. „Auslegungshinweise“ [a.a.O.], zu Nr. 4.6 GIRL). In dieser Rechnung wirken sich Vorbelastungen nicht genehmigungsschädlich aus, die die dem Vorhaben des Beigeladenen zuzuordnenden Zusatzbelastungen als irrelevant erscheinen lassen. Die „Stellungnahme“ vom 08.07.2013 geht darauf nicht ein.

31

Die „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer erfasst - überdies - Betriebe, die aufgrund ihrer Art, Größe oder Entfernung zum Grundstück des Antragstellers dort keine „vorbelastenden“ Geruchsimmissionen (mehr) bewirken. Darauf weisen schon die Entfernungen der Betriebe … (ca. 400 m) und … (ca. 500 m) zum Grundstück des Antragstellers hin, aber auch die bekannten Tierbestände (…: Pferde [23,5 GV], …: Rinder [24 GV]) und der Umstand, dass für größere Tierkapazitäten keine Gebäudekapazitäten vorhanden sind (vgl. „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015, S. 56, zu 14). Im Ergebnis gilt Gleiches für den in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 weiter berücksichtigten Betrieb …, der zwar näher zum Grundstück des Antragstellers (200 m) liegt, aber aufgrund des Tier- und Gebäudebestandes (Pferde [55 GV]) keine relevante (Vorbelastungs-)Wirkung verursachen kann. Der Betrieb … (Rinder [96 GV]) liegt aufgrund seiner Entfernung zum Grundstück des Antragstellers (ca. 300-400 m) ebenfalls außerhalb des relevanten Einwirkungsbereichs. Die genannten, auch im Ortstermin deutlich gewordenen örtlichen Verhältnisse, sind in der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015 (S. 56-63) zutreffend aufgearbeitet worden; wenn in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 die „belästigungsrelevanten Kenngrößen“ gleichwohl unter Berücksichtigung der genannten Betriebe ermittelt werden, vermag dies nicht zu überzeugen.

32

In der „Immissionsprognose“ Dr. … wird darauf hingewiesen, dass in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer der ca. 300 m vom Grundstück des Antragstellers entfernte Hof … nicht berücksichtigt worden ist. Dies ist allerdings auch nicht erforderlich, weil die dort betriebene Schweinehaltung 2007 aufgegeben worden ist (Dr. …, S. 169). Nach Angaben des Antragsgegners im Ortstermin vom 29.02.2016 sind die Ländereien verkauft worden. Das spricht dafür, dass auf eine künftige Nutzung des Hofs zur Schweinehaltung dauerhaft verzichtet worden ist; eine (künftig) evtl. erfolgende Nutzung des Hofes zur Tierhaltung wäre von dem - unterstellten - Bestandsschutz der bis 2007 betriebenen Schweinehaltung nicht mehr umfasst. Ansatzpunkte dafür, dass auf dem Hof … wieder eine Schweinehaltung betrieben werden wird, sind im Übrigen nicht hervorgetreten.

33

In der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015 (S. 25) heißt es zur „Geruchsvorbelastung“ zusammenfassend:

34

„Von insgesamt 5 untersuchten Betrieben, die als Verursacher einer Vorbelastung in Frage kamen, waren 4 Betriebe mit hinreichender Sicherheit irrelevant. Bei dem als relevant identifizierten Betrieb handelt es sich um den o. g. Schweinehaltungsbetrieb […], dessen Tierhaltung im Moment nicht ausgeübt wird.“

35

Dieser Beurteilung ist zuzustimmen; die in der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 in Ansatz gebrachten Immissionswerte zur „vorhandenen“ bzw. zur „geplanten“ Situation vermögen damit nicht zu überzeugen.

36

2.3.2 Der Senat folgt demgegenüber der Beurteilung und den Ergebnissen der „Immissionsprognose“ Dr. … v. 17.08.2015, die auf der Grundlage einer sorgfältigen Erfassung der örtlichen Verhältnisse, der Einflussgrößen für die Geruchsausbreitung (u. a. Bodenrauhigkeit, Meteorologie, Bebauung) und der relevanten „Vorbelastungsbetriebe“ (s.o.) zu dem Ergebnis gelangt, dass „die belastungsrelevante Kenngröße der Zusatzbelastung, die durch den Betrieb …. im Planzustand verursacht wird“, 0,17 beträgt; unter Berücksichtigung des – nicht mehr „aktiven“ Betriebs … liegt der Prognosewert bei 0,18 (S. 25).

37

Der im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Ansicht des Antragstellers, die Prognose vom 17.08.2015 sei „in Zweifel zu ziehen und methodisch fehlerhaft“ (Schriftsatz vom 24.09.2015, S. 13 f.), ist nicht zu folgen; im Gegenteil: Die Prognose ist methodisch korrekt aus den Vorgaben der GIRL abgeleitet und berücksichtigt alle für eine realistische Beurteilung des Einzelfalls relevanten Faktoren. Die prognostizierte Gesamtbelastung liegt auch auf der „sicheren Seite“, indem sie aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt (OVG Münster, Urt. v. 01.06.2015, 8 A 1487/14, Juris). Sie unterstellt für alle im Rahmen der Vorbelastung berücksichtigten Fälle einen legalen Betrieb (vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 02.12.2013, 2 A 2652/11, BauR 2014, 959) und bezieht für den höheren Wert (0,18) auch den Hof … mit ein, der nicht mehr existiert und zudem mit Schweinehaltungsgerüchen einen tierartspezifisch ungünstigen Bewertungsfaktor (vgl. Nr. 4.6, Tabelle 4 GIRL) beisteuert.

38

Allein der (pauschale) Einwand, die „Immissionsprognose“ Dr. … vom 17.08.2015 sei „kurz nach dem erwirkten Baustopp“ vom Beigeladenen beauftragt und mit „deutlich unterhalb“ der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 liegenden Werten erstellt worden, vermag inhaltliche oder methodische Fehler der Prognose nicht zu begründen. In methodischer Hinsicht ist es nicht zu beanstanden, dass die Prognose aus einer Ausbreitungsrechnung abgeleitet wird, da - jedenfalls für das vorliegende Verfahren - eine Rasterbegehung mit einem unverhältnismäßigen (Personal-, Kosten- und Zeit-) Aufwand verbunden wäre (vgl. Nr. 4.1 [2. Abs.] GIRL). Der Vorgabe in Nr. 4.6 GIRL entsprechend ist die Gesamtbelastung - aus vorhandener Belastung und Zusatzbelastung - auch in einem Rechengang bestimmt worden (vgl. auch die „Auslegungshinweise“ zur GIRL [a.a.O.], zu Nr. 4.6). Entgegen der Kritik des Antragstellers ist in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 auch die Vorbelastung - sowohl bzgl. umliegender Betriebe (s. dazu S. 58-63 der Prognose) als auch bzgl. des Betriebs des Beigeladenen (s. S. 21-24 der Prognose) - sachgerecht erfasst worden. Soweit die Datengrundlage zu den Tierbestandszahlen (insbesondere) der umliegenden Betriebe angezweifelt wird, ist - zunächst - festzustellen, dass diese in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 jedenfalls nicht schlechter ist, als es bei der „Stellungnahme“ der Landwirtschaftskammer vom 08.07.2013 der Fall war. Im Unterschied dazu sind in der „Immissionsprognose“ vom 17.08.2015 die Angaben zu Tierbeständen anhand der örtlichen Verhältnisse bzw. „anhand von Karten und Luftbildern auf Plausibilität“ geprüft worden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insoweit - ergebnisrelevante - Fehler vorliegen, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass sich die vom Antragsteller angesprochenen Abweichungen zwischen Baugenehmigung und Immissionsprognose (Schriftsatz vom 24.09.2015, S. 17 f.: Anzahl der Kälber, Fahrsiloplatte, Kälberhütten) auf die Validität der Prognosewerte auswirken, liegen ebenfalls nicht vor.

39

2.3.3 Die in dem von Frau Dr. … vorgelegten „Nachtrag zur Immissionsprognose“ vom 16.11.2015 (S. 11) ermittelte belästigungsrelevante Kenngröße von 0,13 bzw. (bei Berücksichtigung des [nicht mehr existenten] Betriebes …) 0,15 ist auf der Grundlage von immissions- und emissionsmindernden Maßnahmen ermittelt worden.

40

Maßnahmen dieser Art sind in der angefochtenen Genehmigung nicht gefordert worden. Dazu bestand auch kein Anlass, denn die dem Vorhaben des Beigeladenen zuzurechnende Immissionsbelastung von 0,17 (0,18) bleibt im Rahmen dessen, was dem Antragsteller zumutbar ist (s. o. 2.3). Die im Erörterungstermin angebotene Möglichkeit, unter Berücksichtigung der in dem „Nachtrag“ (S. 3) aufgeführten emissions- bzw. immissionsmindernden Maßnahmen einen geänderten Bauantrag zu stellen, mag im Sinne der Regelung in Nr. 2 GIRL liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1990, 7 B 57.90, UPR 1990, 438). Der Antragsteller kann als Nachbar solche – dem umweltrechtlichen Vorsorgegebot dienenden - Maßnahmen allerdings nicht beanspruchen, zumal diese nicht aus dem "Stand der Technik" im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG abgeleitet sind, sondern Fragen der Betriebsorganisation betreffen. Der Beigeladene hat seine Bereitschaft zu derartigen Modifikationen im Interesse einer gütlichen Streitbeilegung erklärt; wenn diese – wohlmöglich wegen weitergehender oder anderer „Forderungen“ des Antragstellers – nicht erreicht werden konnte, ist daraus für die vorliegende Entscheidung nichts abzuleiten.

41

2.4 Die - im Anschluss an den erstinstanzlichen Beschluss (S. 6-8 d. Abdr.) - vom Beigeladenen und vom Antragsgegner angesprochene Frage, ob auch eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte der GIRL (gemeint ist wohl der Richtwert für Dorfgebiete [0,15]) zulässig ist, ist - soweit im vorliegenden Fall relevant - durch die Ausführungen zu 2.3 beantwortet.

42

Die weitergehende Frage, ob die in § 6 Abs. 3 BImSchG enthaltene Regelung zu einer sog. „Verbesserungsgenehmigung“ analog oder ihrem Rechtsgedanken nach auch auf nicht-immissionsschutzrechtliche Genehmigungen - hier: eine Baugenehmigung - übertragbar ist, bedarf keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die dazu vorliegende - divergierende - Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschl. v. 06.03.2013, 1 ME 205/12, BauR 2014, 1263) bzw. des OVG Münster (Beschl. v. 23.04.2013, 2 B 141/13, BauR 2013, 1251) hat der Senat dazu in einem anderen Rechtsstreit die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Ob das Bundesverwaltungsgericht dazu - im Anschluss an den Beschluss vom 07.04.2016 - 4 B 37.15 - in dem dort anhängigen Revisionsverfahren eine Entscheidung treffen wird, bleibt abzuwarten.

43

3. Entgegen der Ansicht des Antragstellers bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen zu „Belastungen durch Ammoniak, Lachgas und Methan“ oder durch Staub.

44

Lachgas (N2O) und Methan (CH4) sind nicht geruchsrelevant; evtl. klimaschädliche Wirkungen dieser Substanzen sind vorliegend unerheblich, da sie nicht nachbarrechtsrelevant sind. Ammoniak (NH3) ist zwar ein Geruchsträgerstoff, für den in der TA Luft (Tabelle 11) Ammoniakemissionsfaktoren je kg/Tierplatz und Jahr u. a. auch für Milchvieh, Mastbullen und Jungvieh ausgewiesen sind. Die Geruchswirkungen von Ammoniak werden aber durch das Beurteilungsverfahren nach der GIRL (mit) umfasst; einer eigenen Untersuchung dazu bedarf es nicht.

45

Staubemissionen (im Zusammenhang mit dem Futtermischen) sind in Bezug auf die angefochtene Baugenehmigung irrelevant. Sollten solche Emissionen außerhalb der genehmigten Vorhaben auftreten, sind ggf. die Betreiberpflichten durchzusetzen (§ 22 Abs. 1, § 24 BImSchG).

46

4. Der Beschwerde war nach alledem - wie aus dem Tenor ersichtlich - stattzugeben.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

48

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Umnutzung einer Anlage zur Rinderhaltung in eine Anlage zur Haltung von Rindern, Sauen, Ferkeln und Mastschweinen.

2

Der Standort der Anlage (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstück 786) liegt am östlichen Rand der Ortslage A-Stadt. Nördlich und östlich des Anlagengeländes befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Westlich jenseits der G-Straße befindet sich das durch Bebauungsplan ausgewiesene allgemeine Wohngebiet „Am D-Platz“. Daran schließen sich nördlich Kleingärten an. Südlich der Anlage befindet sich weitere Bebauung, darunter das Wohngebäude der Klägerin mit einem Abstand von ca. 90 m zum nächstgelegenen Stallgebäude und einem Abstand von etwa 110 m zum nächstgelegenen Güllebehälter. Der rückwärtige, zur streitigen Tierhaltungsanlage zeigende Teil des Grundstücks der Klägerin wird gärtnerisch genutzt.

3

Die (...) GbR (...) betrieb dort ursprünglich eine Anlage mit drei Ställen zum Halten von 880 Mastrindern. Nach einem Umbau Anfang der 1990er Jahre wurden in der Anlage 420 Milchkühe und 80 Jungrinder gehalten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 02.07.2002 erteilte das Regierungspräsidiums Magdeburg der (...) GbR (...) eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von 33.000 Putenmastplätzen auf den Flurstücken 266/26, 267/26, 269/28 und 270/29). Eine Voraussetzung für die Genehmigung der Anlage war, dass die Kapazität der Rinderanlage auf 260 Rinderplätze und 50 Kälberplätze begrenzt werde, um die zulässigen Immissionswerte für Geruch einzuhalten. Die Betreiberin gab eine entsprechende Verzichtserklärung ab. Von der Genehmigung wurde jedoch kein Gebrauch gemacht.

4

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte die (...) GbR (...) die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Änderung der Rinderanlage in eine gemischte Tierhaltungsanlage, die überwiegend der Erzeugung von jährlich ca. 20.000 Ferkeln dient. Danach sollten 708 Sauenplätze, 2.616 Ferkelaufzuchtplätze und 32 Mastschweineplätze eingerichtet und nur noch 20 Rinderplätze beibehalten werden. Nach einer gutachtlichen Stellungnahme der Fa. (B.) vom 28.06.2006 liegen die Geruchswahrnehmungshäufigkeiten auf Grundstücken mit Wohnbebauung im Westen der Anlage bei 10 % der Jahresstunden, so dass die Immissionswerte für Dorf- und Wohngebiete eingehalten seien. Nach dem Anhang zur Stellungnahme ist für das Wohngebäude der Klägerin eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 9 bis 10 % und für den rückwärtigen Grundstücksteil von 10 bis 12 % der Jahresstunden dargestellt. Mit Bescheid vom 20.12.2007 erteilte der Beklagte der (...) GbR (...) die beantragte Änderungsgenehmigung, die dem Beklagten am 19.05.2008 einen Betreiberwechsel auf die Beigeladene anzeigte.

5

Am 17.04.2008 hat die Klägerin gegen den Genehmigungsbescheid Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen habe nicht das Verfahren der Änderungsgenehmigung wählen dürfen, sondern einen Neuantrag stellen müssen. Der beantragte Anlagenneubau sei gegenüber der bestehenden Altanlage derart dominant und beherrschend, dass die Altanlage komplett hinter die Neuplanung zurücktrete. Die verbleibende Rindermastproduktion habe nur noch untergeordnete Bedeutung. Die Bekanntgabe der Feststellung, dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erforderlich sei, sei durch den Beklagten erst am 01.03.2008 und damit verspätet erfolgt. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Es handele sich um ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles. Der avisierte Standort mit den vorhandenen Altanlagen grenze unmittelbar an die vorhandene Wohnbebauung. Die Schutzwürdigkeit der Umgebung folge aus der unmittelbar südlich angrenzenden Wohnbebauung, dem westlich angrenzenden und durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet und der nördlich davon liegenden Kleingartenanlage. Das Anlagengelände selbst nehme an dem Innenbereichscharakter des davon südlich gelegenen allgemeinen Wohngebiets teil. Die derzeit als Mischgebiet zu charakterisierende Fläche werde durch die vorhandene Wohnbebauung und durch den bisher betriebenen Rinderstall geprägt. Das vorhandene Störungspotential, insbesondere die Geruchsbelastung, werde sich durch die Änderung der Tierhaltungsanlage, vor allem auch durch den geplanten neuen Güllebehälter, erheblich erhöhen. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sprenge die geplante Anlage den Gebietscharakter. Aufgrund des Betreiberwechsels müsse das Vorhaben planungsrechtlich nunmehr als gewerblicher Betrieb angesehen werden. Die ursprünglich angenommene Privilegierung als landwirtschaftlicher Betrieb sei verloren gegangen, weil das Futter nicht mehr unmittelbar durch Bodenertragsnutzung beschafft werden könne und die Tierintensivhaltung nur noch mit gekauftem Futter möglich sei. Auch durch die von der Anlage herrührenden Schallimmissionen drohten Gesundheitsgefahren bzw. erhebliche Belästigungen. Es sei mit zusätzlichem Ziel- und Quellverkehr von der L 70 über die G-Straße zu rechnen. Die Genehmigung stelle nicht sicher, dass von dem Betrieb der Anlage keine Luftverunreinigungen ausgingen, die ihre Schutzrechte verletzen könnten. Es drohe eine Immission von Krankheiten verursachenden Stoffen. Der Mindestabstand nach der TA-Luft betrage 331 m und sei bei weitem nicht eingehalten. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen könnten mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht bewältigt werden. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsausbreitungsberechnung gehe von falschen Parametern aus. Die Prognose für die Belastung mit Geruch, Ammoniak und Staub hätte anhand von Messungen erfolgen müssen. Die Immission und Ausbreitung von Staub infolge thermischer Konvektion werde modellbedingt nicht berücksichtigt. Die Beurteilung der entstehenden Belastung habe anhand von längerfristigen Emissionsmessungen bei einer bereits längerfristig in Betrieb befindlichen Vergleichsanlage und unter Zugrundelegung einer vergleichbaren Situation erfolgen müssen. Eine für den Standort der Anlage repräsentative Ausbreitungsklassenstatistik liege nicht vor, weil für den Standort A-Stadt keine Daten erhoben worden seien. Die in der Immissionsprognose verwendete Ausbreitungsklassenstatistik bilde die Verhältnisse am Anlagenstandort nicht ab. Ausweislich des DLG-Prüfberichtes 5629 handele es sich bei der am Stall 3 zum Einsatz kommenden zweistufigen Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Prototypanlage. Es lägen weder Umfrageergebnisse zu dieser Anlage vor, noch könne aus tatsächlichen Prüfergebnissen und Erfahrungswerten geschlussfolgert werden, dass diese Anlage ordnungsgemäß funktioniere und die prognostizierten Werte erfülle. Die Immissionen an Geruchsstoffen würden durch den vorgesehenen Chemowäscher nicht beseitigt. Der Betrieb einer Anlage zur Schweinehaltung sei mit deutlich erhöhten Ammoniakimmissionen verbunden. Die Problematik zu Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole in Form von Stäuben oder in Form von mit den Stäuben ausgetragenen (luftgetragenen) Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren, Milben oder auch Protozoen sei im Genehmigungsverfahren nicht untersucht worden. Das Vorhaben verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Sie habe nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“. Die Tierhaltung sei vielmehr an die zum damaligen Zeitpunkt bereits bestandsgeschützte Wohnbebauung herangerückt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 über die Genehmigung nach § 16 BlmSchG für die wesentliche Änderung der Rinderanlage in A-Stadt (Umrüstung in eine gemischte Anlage mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen) aufzuheben.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er hat geltend gemacht: Wer im Außenbereich in einem Dorfgebiet neben einer Tierhaltungsanlage baue oder dort ein Haus erwerbe, könne sich nachträglich nicht auf die Konflikte zwischen den benachbarten Nutzungen berufen. Da der Mindestabstand nach der TA Luft nicht eingehalten werde, würden die Emissionen zulässigerweise durch den Einbau einer entsprechenden Abgasreinigungseinrichtung gemindert. Die Wirksamkeit des vorgesehenen Chemowäschers sei durch den DLG-Prüfbericht 5629 nachgewiesen. Das Landesamt für Umweltschutz habe den Chemowäscher als geeignete Vorrichtung anerkannt.

11

Die Beigeladene hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

14

Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein Verfahren nach § 4 BlmSchG (Neugenehmigung) hätte durchgeführt werden müssen. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung eines Verfahrens nach § 16 BlmSchG (Änderungsgenehmigung) zu Recht erfolgt sei, würden durch die Wahl der Verfahrensart Rechte der Klägerin nicht verletzt. Die insoweit einschlägigen Regelungen über die Verfahrensart seien nicht drittschützend. Der Beklagte habe auch ein ordnungsgemäßes Vorprüfungsverfahren nach dem UVPG durchgeführt. Das Ergebnis der Vorprüfung sei nachvollziehbar damit begründet worden, dass die hinsichtlich des Schutzgutes Mensch möglicherweise entstehenden erheblichen negativen Auswirkungen außerhalb einer solchen UVP durch eine anderweitige Lösung der Immissionsproblematik ausgeschlossen werden. Die bloße Möglichkeit nachteiliger Umweltauswirkungen rechtfertige im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nicht die Forderung nach der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Ob die Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorprüfung möglicherweise verspätet erfolgt sei, sei nicht entscheidungserheblich. Da die Feststellung der Behörde, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht selbstständig anfechtbar und eine vorzeitige Bekanntgabe nicht geregelt sei, werde die Klägerin durch die zeitlich nach dem Erlass des Bescheides liegende Bekanntgabe dieser Feststellung jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt.

15

Ein Verstoß gegen die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG sei nicht ersichtlich. Maßgebend sei, ob die genehmigte Anlage mit dem Tierbestand und den daraus resultierenden Emissionen einen Abstand zum Wohnhaus bzw. Grundstück der Klägerin einhalte, der sicherstelle, dass es nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblichen Geruchsbelästigungen komme. Es sei zu berücksichtigen, dass baurechtlich genehmigte Wohnhäuser, die in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes errichtet worden seien, dadurch regelmäßig vorbelastet seien, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad mit den für die Landwirtschaft typischen Emissionen rechnen müssten und sich auch nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen komme, als die, die bereits bei Entstehen der Wohnhäuser üblich gewesen seien. Nur wenn der so gezogene Rahmen weiter überschritten werde, wären das Gebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG und das darin innewohnende Rücksichtnahmegebot verletzt. Bei der in Anwendung des Rücksichtnahmegebots vorzunehmenden Bewertung der gegenläufigen Interessen sei zunächst davon auszugehen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen rechtlich unbedenklich im Außenbereich angesiedelt worden sei. Von der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien gerade auch Tierhaltungsanlagen erfasst, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB darstellen, sondern „industriemäßig“ betrieben werden. Damit seien die in der Nähe der Anlage stehenden baurechtlich genehmigten Wohnhäuser regelmäßig dergestalt vorbelastet, dass die dort Wohnenden bis zu einem gewissen Grad die für die Landwirtschaft oder sonstige zulässige Betriebe im Außenbereich typischen Immissionen hinnehmen müssten und sich nicht darauf verlassen könnten, dass es auf Dauer zu keiner oder zu einer stärkeren Belastung komme, als sie bereits beim Entstehen der Wohnhäuser vorhanden war.

16

Entgegen der Annahme der Klägerin liege der Anlagenstandort nicht in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen oder kleingärtnerischen Zwecken dienen, seien für sich allein genommen keine Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden könnten. Der G-Straße komme in der Abgrenzung zwischen dem Vorhabengelände und den westlich dazu gelegenen Flächen eine trennende Wirkung zu. Sie bilde eine natürliche Grenze zwischen dem Innenbereich mit der Wohnnutzung und dem Außenbereich mit der Nutzung durch die streitige Anlage. Dabei sei insbesondere darauf abzustellen, dass sich im nördlichen Teil der G-Straße ein kleingärtnerisches Gebiet und (landwirtschaftliche) Gebäude befänden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen sondern ausschließlich dem Anlagenzweck dienten. Auf die Frage, ob dauernd Personal auf der Rinderanlage eingesetzt sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bei der südlich der Anlage gelegenen Wohnbebauung sei bereits problematisch, ob sie einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB bilde. Jedenfalls stelle sich die Wohnbebauung im maßgeblichen Abschnitt der Chaussee (L 70) der Siedlungsstruktur nach als reine Straßenrandbebauung dar, so dass in diesem Bereich nur solche Grundstücke, die unmittelbar an der Chaussee liegen oder zumindest von dieser erschlossen werden, von einem Bebauungszusammenhang erfasst würden. Im Umkehrschluss ergebe sich zugleich, dass das Vorhabengelände, das von der G-Straße aus erschlossen werde, von diesem Bebauungszusammenhang gerade nicht erfasst werde. Mithin müsse die Klägerin als Nutzerin eines Wohnhauses im oder am Außenbereich die Emissionen des zulässigerweise im Außenbereich errichteten Betriebes der Beigeladenen wie der Bewohner eines Dorfgebietes hinnehmen. Da die Gemeinde bislang für das Gebiet einen Bebauungsplan nicht erlassen habe, sei unerheblich, ob in einem Flächennutzungsplan eine dem klägerischen Vorhaben entsprechende Nutzungsweise vorgesehen sei.

17

Das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG enthaltene Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Der sich aus der Tierplatzkapazität von umgerechnet 315 Großvieheinheiten nach der TA Luft ergebende Mindestabstand von 331 m werde zu den relevanten Immissionsorten zwar erheblich unterschritten. Nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sei dies aber zulässig, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt werde. Die durch die Minderung der Emissionen an Geruchsstoffen mögliche Verringerung des Mindestabstandes sei mit Hilfe eines geeigneten Modells zur Geruchsausbreitung festzustellen, dessen Eignung der zuständigen Fachbehörde nachzuweisen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Zur Erfüllung dieser Anforderung sei an der Hauptemissionsquelle, dem Stall 3, ein DLG-geprüfter zweistufiger „Chemowäscher (+)“ vorgesehen. Als weitere Maßnahme sei an den Ställen 1 und 2 eine der TA Luft entsprechende Abluftableitung zu realisieren. Ferner seien die Güllelager abzudecken. Die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung sei nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebes messtechnisch nachzuweisen. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der in Abschnitt III unter Nr. 3.1 geforderten Nebenbestimmungen sei mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Immissionswert für Gerüche am nächstgelegenen Immissionsort in Höhe von 9 % der Jahresstunden für die Gesamtbelastung eingehalten werde.

18

Die Klägerin sei eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum die Winddaten von Wernigerode (50 km entfernt und im Einflussbereich des Harzes) der Begutachtung hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beklagte habe nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Anlagenstandort ziemlich genau in der Mitte zwischen der Deutschen Wetterdienst-Station Magdeburg und dem Standort Neundorf liege. Aufgrund des sehr geringen orografischen Einflusses in der Börde auf die Ausbreitungsbedingungen bestünden keine Zweifel an der Übertragbarkeit der dortigen meteorologischen Daten auf den Anlagenstandort. Orographische Besonderheiten, die Einfluss auf das Windfeld nehmen könnten, seien nicht vorhanden. Auch die Zweifel der Klägerin hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie, hinsichtlich der Quellgeometrie (Simulation der Stalllüfter als Punktquelle) und hinsichtlich der Rauhigkeit des Geländes führten zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich die von ihr geltend gemachten Mängel tatsächlich und zu ihrem Nachteil auswirken könnten. Die von ihr geforderte Festlegung von Monitorpunkten an der Grundstücksgrenze zur exakten Bestimmung des dort entstehenden Immissionswertes finde in der von dem Beklagten gewählten Bestimmungsart keine Grundlage. Die Ausschöpfung des maximal zulässigen Immissionswertes verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Darüber hinaus bestünden gegen die in dem Gutachten verwendeten Emissionsfaktoren keine durchgreifenden Bedenken. Die geltend gemachten Bedenken der Klägerin hinsichtlich einer nicht zu duldenden möglichen erhöhten Staubbelastung und erhöhten Lärmbelästigung (Verkehrslärm) und hinsichtlich möglicher Ammoniakemissionen oder hinsichtlich einer befürchteten Emission von Bioaerosolen führten im Ergebnis ebenfalls nicht zu einer anderweitigen Beurteilung.

19

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

20

Der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig. Zwar sei die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden, jedoch nicht der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Darüber hinaus sei nicht dargestellt, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen seien. Es stelle sich die Frage, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang genehmigt seien. Völlig unklar bleibe auch, welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt würden. Auch die Nebenbestimmungen seien unklar. Die Verpflichtung zur Änderung und zum Betrieb der Anlage werde zu einer bloßen Nebenbestimmung herabgesetzt mit der Folge, dass für den Anlagenbetreiber prinzipiell die Möglichkeit eröffnet werde, Rechtsschutz gegen den Inhalt der Nebenbestimmung in Anspruch zu nehmen. Es finde eine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen statt. Auch werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Tiere in den Container zu verbringen seien, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eine Lagerung unter freiem Himmel stattfinde. Unzureichend sei ferner der Brandschutz. Der Altbestand enthalte viele brandgefährdete Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würden.

21

Es liege keine bloße Änderung der Beschaffenheit einer Anlage im Sinne von § 16 BImSchG sondern eine Neuerrichtung im Sinne von § 4 BImSchG vor. Der Umbau der vorhandenen Anlage sei nur ein Zwischenschritt, weil die Beigeladene beabsichtige, im Bereich des bisher für die Putenmastanlage vorgesehenen Grundstücks neue Stallanlagen zur Ferkelproduktion mit 2.300 Sauen- und Ferkelplätzen und ca. weiteren ca. 600 Plätzen für die Jungsauenaufzucht sowie ggf. eine Biogasanlage zu errichten. Der Verletzung formellen Rechts komme hier drittschützende Wirkung zu; denn nur so habe sie, die Klägerin die Möglichkeit, ihre Belange schon im Genehmigungsverfahren vorzubringen.

22

Der Beklagte habe eine UVP-Pflicht im Ergebnis zu Unrecht verneint, weil die Genehmigung in Wahrheit nur einen Zwischenschritt darstelle und die Beigeladene neue Stallgebäude mit der vorgenannten Anzahl von Großvieheinheiten errichten wolle. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung habe eine standortbezogene Vorprüfung nicht mehr ausgereicht. Zudem habe das Schreiben des Sachbearbeiters, er halte den Verzicht auf eine UVP für gerechtfertigt, lediglich vorbereitenden Charakter. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass sie durch die verspätete Bekanntgabe des Verzichts auf eine UVP nicht in eigenen Rechten verletzt werde.

23

Das Vorhaben der Beigeladenen habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich angesiedelt werden können, denn es sei nicht ausreichend dargelegt, dass es nur im Außenbereich ausgeführt werden könne. Im Übrigen sei der Genehmigungsbescheid auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gestützt, obwohl die in Streit stehende Anlage keinem „landwirtschaftlichen“ Betrieb diene, weil das notwendige Futter überwiegend oder vollständig zugekauft werde.

24

Zudem liege der Standort der Anlage nicht im Außen- sondern im Innenbereich. Die G-Straße verbinde sowohl das Anlagengelände als auch die südlich davon liegende Wohnbebauung mit dem allgemeinen Wohngebiet an der westlichen Seite der G-Straße. Auch sei zwischen dem allgemeinen Wohngebiet südlich des Vorhabenstandortes und nördlich der L 70 keine Straße vorhanden, die eine trennende Wirkung haben könne. Die bisherige Milchviehanlage falle unter den Begriff „Bebauung“ im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, da sie optisch wahrnehmbar ein das Gebiet prägendes Gewicht habe und auch dauernd Personal in der Anlage eingesetzt werde. Aufgrund des vorbereitenden Bebauungsplans sei das Gebiet als Mischgebiet anzusehen, wo nur nicht wesentlich störende Anlagen zulässig seien. Dazu zähle das Vorhaben der Beigeladenen nicht. Es komme zu einer Geruchsimmission, die ca. 8 bis 9-mal höher sei als bei der bisher betriebenen Rinderhaltungsanlage. Auch werde der Geruch von Schweinehaltungsanlagen als deutlich störender empfunden. Hinzu komme, dass ein neuer Güllebehälter mit einer Kapazität von 2.498 m³ errichtet werde und es durch die Ferkelaufzucht zu einem deutlich höheren Gülleanfall, einem deutlich höheren Anlagenverkehr, einer deutlichen Erhöhung von Ammoniakemissionen sowie einer Belastung mit gesundheitsschädlichen Bioaerosolen komme.

25

Bei der Frage, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt werde, habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin, nicht in eine bereits bestehende Vorbelastung „hineingebaut“ habe, das Gebäude vielmehr bereits 1910 errichtet worden sei. Damit sei die Tierhaltung an ihr Wohngebäude herangerückt und nicht umgekehrt.

26

Von der geplanten Anlage gingen unzumutbare Geruchsbelästigungen aus. Der technische Wirkungsgrad des nunmehr zum Einsatz kommenden Chemowäschers, mit dem primär Ammoniak ausgewaschen werde, reiche angesichts der erheblichen Unterschreitung des nach der TA Luft erforderlichen Mindestabstandes zur Wohnbebauung nicht aus. Aufgrund der Überschreitung des Bagatellmassenstroms für (einatembaren) Staub nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft hätte auch insoweit eine Immissionsprognose erfolgen müssen. Nach dem im Genehmigungsverfahren vorgelegten Prüfbericht vom 21.11.2006 und der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.11.2006 ergebe sich, dass der bestimmungsgemäße Betrieb der Tierhaltungsanlage mit Geruchs-, Ammoniak- und Staubimmissionen verbunden sei. Aufgrund des Abstands der Anlage zur Wohnbebauung von deutlich unter 100 m sei der Standort nicht geeignet. Es sei kein Nachweis dafür erbracht, dass ausreichende Emissionsminderungsmaßnahmen angesetzt werden, die die Einhaltung der Geruchsschwellenwerte nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) sicherstellen. Der Beklagte habe auch keine eigenen Erfahrungen mit dem zum Einsatz kommenden Chemowäscher. Obwohl weder das beauftragte Gutachterbüro noch der Beklagte Messungen vorgenommen hätten, werde letztlich eine fiktive Reduzierung des Geruchsstoffstroms bei der Immissionsprognose zugelassen. Als geeignet könnten nur Abluftreinigungsanlagen (z.B. Biofilter) in Betracht kommen, die bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Die hier beigefügten Nebenbestimmungen verlangten etwa nicht die erforderliche Staubminderung um 70%. Ein Chemowäscher leiste nur eine geringe Geruchsminderung, so dass ein Grenzwert von 300 GE/m³ im Reingas nicht einzuhalten sei. Selbst unter Berücksichtigung dieser fiktiven Rechengröße komme die Ausbreitungsrechnung noch zu einer Zusatzbelastung an der am höchsten belasteten Wohnbebauung (G-Straße 1) von 9 % sowie von 7 bis 8 % an den Wohnhäusern Chaussee 60 bis 63 und erreiche damit nahezu den Grenzwert für die nach Nr. 3.1 der GIRL für Wohn- und Mischgebiete einzuhaltenden Immissionen von 10 % der Jahresstunden. Maßgeblich sei jedoch die Gesamtbelastung. Es sei auch unzulässig, in einer landwirtschaftlich geprägten Gegend auf eine Vorbelastungsmessung zu verzichten. Vielmehr hätte die vorhandene Vorbelastung durch Rasterbegehungen ermittelt werden müssen. Auch die Anforderungen der Nr. 5.4.7.1 der TA Luft an die Güllelagerung seien im Genehmigungsbescheid unzureichend. Allein aufgrund des Durchmessers von 24,60 m genügten eine Festabdeckung, ein Zeltdach oder eine Folienabdeckung nicht; vielmehr müsse eine vollständige Einhausung erfolgen.

27

Für die Ermittlung der Immissionen könnten zudem nicht die Daten der Station Magdeburg des Deutschen Wetterdienstes herangezogen werden, ohne eine qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit der Daten auf den Anlagenstandort (QPR) vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der räumlichen Präsenz etwaiger Bezugswindstationen sei die Station Wernigerode diejenige, die bei den Kriterien Windrichtungsverteilung, mittlere Windgeschwindigkeit und Häufigkeit der Schwachwinde die beste Übereinstimmung mit den am Anlagenstandort erwarteten Werten aufweise. Die Ausbreitungsklassenstatistik der Station Magdeburg sei nicht ausreichend repräsentativ, da sie einen ungewöhnlich niedrigen Anteil Ostwinde aufweise.

28

Völlig unzureichend seien auch die Erwägungen des Verwaltungsgerichts bezüglich der Fahnenüberhöhung, der Gruppierung der Abluft, der Abluftgeschwindigkeit, möglicher verfälschender Angaben zur Wärmeenergie hinsichtlich der Quellgeometrie und der Rauhigkeit des Geländes.

29

Ferner seien fehlerhaft die Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole nicht beachtet worden, die bei Tierhaltungsanlagen stets aufträten. Bei einer vorläufigen Einstufung nach § 3 BioStoffV lägen die Risiken der biologischen Arbeitsstoffe aus der Intensivtierhaltung im Bereich der Risikogruppe 3. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen 2004 komme zu dem Ergebnis, dass sich signifikante Erhöhungen an ernsthaften Erkrankungen insbesondere der Atemwege, der Haut- und Augenschleimhäute sowie allergieauslösende Wirkungen feststellen ließen. Die Anteile der inhalierbaren und alveolengängigen Mikroorganismen und Endotoxine seien bei der Schweinehaltung um ein Vielfaches höher als bei der Rinderhaltung. Aufgrund des sehr geringen Abstandes der Anlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung bestehe ein hohes Übertragungsrisiko.

30

Es seien schließlich unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten. Die maßgebenden Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts könnten mit der genehmigten Anlagentechnik nicht eingehalten werden. Es reiche nicht aus, den Schalldruckpegel der Lüfter nach den Herstellerangaben zugrunde zu legen. Im Produktionsprozess seien weitere wiederkehrend auftretende Geräusche wie die der Tiere, der Ventilatoren der Stalllüftung, der Hochdruckreiniger bei der Stallreinigung sowie der Liefer- und Transportfahrzeuge, insbesondere auch bei Nacht- und Leerfahrten, zu berücksichtigen.

31

Die im Berufungsverfahren eingeholten Geruchs- und Lärmgutachten seien aufgrund verschiedener Mängel nicht verwertbar.

32

Die Klägerin beantragt,

33

das angefochtene Urteil zu ändern und den der (...) GbR (...) A-Stadt erteilten Genehmigungsbescheid vom 20.12.2007 aufzuheben.

34

Der Beklagte beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Er trägt u.a. vor: Der Umfang der Genehmigung sei durch den in der Nebenbestimmung Nr. 1.2 enthaltenen Bezug auf die Antragsunterlagen klar. In der Genehmigung werde nicht durch Festlegung von Grenzwerten auf effektiven Immissionsschutz verzichtet. Das Wohngebäude G-Straße 1 sowie die einzeln stehenden Doppelhäuser Chaussee 60/61 und 62/63 hätten den Schutzanspruch eines Mischgebiets, so dass dort 10 % der Jahresstunden in Bezug auf Gerüche und 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts in Bezug auf Lärm zumutbar seien. Einen Verfahrensablauf für die Behandlung verendeter Tiere habe er nicht festlegen müssen. Die Kadaverlagerung werde in den Antragsunterlagen in Kapitel 2.2 ausführlich beschrieben. Der Verfahrensweg entspreche dem Tierkörperbeseitigungsgesetz. Sofern die Beigeladene mit der Lagerung der Tiere im Freien hiergegen verstoße, habe dies die zuständige Überwachungsbehörde zu ahnden.

37

Die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG sei nicht erforderlich gewesen, da der Charakter der Anlage nicht geändert worden sei. Die geplante Aufzucht von Ferkeln in der nicht realisierten Putenmastanlage sei nicht Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens.

38

Der Verzicht auf eine UVP sei nicht „verspätet“ bekanntgegeben worden. Der Begriff „unverzüglich“ beziehe sich auf die Feststellung, ob eine UVP durchzuführen sei, und nicht auf die Bekanntgabe der Entscheidung. Für das Vorhaben sei eine ausführliche fachtechnische standortbezogene Vorprüfung durchgeführt worden. Eine erhebliche negative Beeinträchtigung auf die betroffenen Schutzgüter sei nicht zu erwarten; denn die Anlage liege innerhalb intensiv genutzter Agrarflächen, ohne besonders sensible Gebiete unmittelbar zu berühren.

39

Die Anlage sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert. Für „Landwirtschaft“ im Sinne des § 201 BauGB genüge es, wenn das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden könne, d.h. von Eignung und Volumen her ein Erzeugnis von Futter auf diesen Flächen geben müsse. Unerheblich sei, ob die Feldfrüchte, die auf den zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden, tatsächlich der eigenen Futterverwertung dienten. Der Standort liege auch nicht im Innenbereich. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könne ein nachbarliches Abwehrrecht nur bei einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme Erfolg haben. Dies sei aber nicht der Fall. Die Klägerin müsse sich eine Vorbelastung anrechnen lassen, weil im Zeitpunkt, in dem sie das Grundstück erworben habe, bereits in zwei Ställen Rinderhaltung betrieben worden sei. Bei einer Außenbereichsanlage des Vorhabengrundstücks und des Grundstücks der Klägerin müsse die Klägerin die Auswirkungen des Betriebs wie Bewohner eines Dorfgebiets hinnehmen. Selbst wenn das Grundstück der Klägerin sich im Innenbereich befinden sollte, würde sich die Schutzwürdigkeit im Umfang der Vorbelastung reduzieren. Ein allgemeines Wohngebiet liege westlich der G-Straße im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am D-Platz“. Im Übrigen sei nicht von einem faktischen Mischgebiet sondern wegen des Nebeneinander von Wohnbebauung und emittierenden Anlagen von einer Gemengelage auszugehen.

40

Der für die Abgasreinigung zum Einsatz kommende Chemowäscher sei für die Emissionsminderung von Staub, Ammoniak und Geruch aus dem Abluftstrom einstreuloser Schweinehaltungen von 20.000 bis 150.000 m³ Abluft geeignet. Es habe nachgewiesen werden können, dass sich im System bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedele und ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. In Bezug auf Gerüche sei im Rahmen der Zertifizierung an acht Messtagen festgestellt worden, dass bei Emissionsminderungsgraden zwischen 69 und 82 % der Grenzwert von 300 GE/m³ jeweils eingehalten und der Rohgasgehalt im Reingas nicht mehr wahrzunehmen sei. Nach Prüfung durch das Landesamt für Umweltschutz habe kein Grund bestanden, die DLG-Eignungsprüfung anzuzweifeln. Eine geforderte Nachweismessung habe am 20.10.2010 stattgefunden. Danach seien bei den drei Proben im Mittel 110 GE/m³ gemessen worden, und keiner der fünf Prüfer habe Rohgasgeruch feststellen können.

41

Aufgrund der deutlichen Abstandsunterschreitung bestehe bereits aus Vorsorgegründen die Notwendigkeit, den Stand der Technik bei der Güllelagerung vollständig auszuschöpfen. Dem entsprechend sei die Nebenbestimmung aufgenommen worden, dass die Güllebehälter sowie die Sammelgrube mit einer Festabdeckung, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen sei und der Geruchsminderungsgrad bezogen auf offene Lage ohne Abdeckung mindestens 90 % zu betragen habe, was sogar über die Forderung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe h) der TA Luft hinausgehe.

42

In Bezug auf Staubemissionen stelle die Forderung einer Abluftröhre von mindestens drei Metern über First an allen drei Ställen eine über den Stand der Technik hinausgehende Vorsorgemaßnahme zur Kompensation fehlender Abstände dar. Durch diese Maßnahme werde ein „Herunterziehen“ der Abluft wirksam verhindert. Aufgrund der deutlichen Unterschreitung des Bagatellmassenstroms nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft von 1 kg/h sei insoweit eine Immissionsprognose nicht erforderlich gewesen.

43

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und trägt ergänzend vor:

46

Die von der Klägerin angeführten Nebenbestimmungen stellten eine Inhaltsbestimmung dar. Sie gestatteten nicht den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schlechthin, sondern nur eine Tierhaltungsanlage, die bestimmte Immissionsgrenzwerte nicht überschreite.

47

Die Klägerin lege nicht dar, dass durch die von ihr behauptete Verfehlung des Brandschutzes eigene Rechte berührt werden. Ebenso wenig könne sie sich darauf berufen, dass eine Genehmigung in einem „falschen“ Verfahren erteilt worden sei. Im immissionsschutzrechtlichen Verfahren bestehe kein „in das Verfahren hinein vorgezogener Grundrechtsschutz“. Das Verfahren für die Erteilung einer Änderungsgenehmigung unterscheide sich nicht grundsätzlich von demjenigen für die Genehmigung einer Neuanlage. Im Übrigen sei das Verfahren zutreffend als Änderungsgenehmigungsverfahren durchgeführt worden.

48

Das Vorhaben sei im Außenbereich privilegiert zulässig. Neben der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei auch § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einschlägig. Anlagen zur Massentierhaltung könnten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach dieser Vorschrift zulässig sein. Es liege auf der Hand, dass eine gemischte Schweinezucht-, Rinderhaltungs- und Schweinemastanlage wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden solle.

49

Die Anforderungen der für die Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG heranzuziehenden GIRL seien erfüllt. Da die Ortslage A-Stadt als faktisches Dorfgebiet neben einem seit Jahren zur Tierhaltung genutzten Außenbereich anzusehen sei, gelte der Immissionswert von 15 % der Jahresstunden. Diese Werte würden eingehalten. Im Übrigen belege auch die von ihr in Auftrag gegebene Immissionsprognose der IfU GmbH vom 29.10.2012, dass die für Wohn- und Mischgebiete geltenden Immissionswerte eingehalten würden. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen.

50

Der Senat hat zur Frage, welchen Geruchs- und Lärmimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Tierhaltungsanlage der Beigeladenen ausgesetzt wird, zwei Sachverständigengutachten eingeholt.

51

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

52

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

53

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 – BVerwG 4 B 206.92 –, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 – BVerwG 1 C 10.95 –, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Grundstücksnachbarin durch die angegriffene Genehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG oder das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und § 34 Abs. 1 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt werden.

54

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind.

55

Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1991 – BVerwG 7 B 102.90 –, BayVBl 1991, 375, RdNr. 3 in juris). Nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten. Dem liegt im Baurecht die Erwägung zugrunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 –, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris). Diese Grundsätze lassen sich auch auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1982 – BVerwG 7 C 42.80 –, BVerwGE 65, 313 [316], RdNr. 14 in juris; Urt. v. 11.12.2008 – BVerwG 7 C 6.08 –, BVerwGE 132, 372 [379 f.], RdNr. 25 in juris, zur Anfechtungsklage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf den Widerspruch eines Dritten aufgehoben wurde; HessVGH, Beschl. v. 27.09.2004 – 2 TG 1630/04 –, ESVGH 55, 82 [85 f.], RdNr. 19 in juris; a.A. allerdings VGH BW, Urt. v. 14.05.2012 – 10 S 2693/09 –, DVBl 2012, 1181 [1185], RdNr. 62 in juris).

56

2.1. Die angefochtene Genehmigung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.

57

2.1.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung insbesondere nicht deshalb beanspruchen, weil nach ihrer Auffassung keine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern die Neuerteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG erforderlich war. Dabei kann der Senat die Frage offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen im Fall der Durchführung eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 16 BImSchG anstelle eines Verfahrens nach § 4 BImSchG eine Rechtsverletzung eines Nachbarn in Betracht kommt (vgl. dazu VGH BW, Beschl. v. 11.12.2014 – 10 S 473/14 –, juris, RdNr. 12, m.w.N.). Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit der in Rede stehenden Umrüstung der Tierhaltungsanlage der Beigeladenen (nur) eine wesentliche Änderung einer bereits errichteten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage und keine Neuerrichtung erfolgt.

58

Eine wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage liegt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor, wenn deren Lage, Beschaffenheit oder Betrieb geändert oder erweitert werden und dadurch für die Prüfung der Erfüllung der Betreiberpflichten erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können. Demgegenüber ist von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn das Vorhaben nicht auf die genehmigte Anlage bezogen ist, sondern sich als Errichtung einer weiteren Anlage darstellt; maßgeblich für die Abgrenzung ist der Anlagenbegriff des § 1 Abs. 2 und 3 der 4. BImSchV (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – BVerwG 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Nach § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV erstreckt sich das Genehmigungserfordernis auf alle betriebsnotwendigen Anlagenteile und Verfahrensschritte, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen, sowie auf eine Mehrheit von Anlagen derselben Art, die dadurch in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, dass sie auf demselben Betriebsgelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Gemäß § 1 Absatz 3 Satz 2 der 4. BImSchV ist ein enger räumlicher und betrieblicher Zusammenhang gegeben, wenn die Anlagen (1.) auf demselben Betriebsgelände liegen, (2.) mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen verbunden sind und (3.) einem vergleichbaren technischen Zweck dienen. Eine Neuerrichtung liegt auch vor, wenn durch die Änderung der Charakter der (Gesamt-)Anlage verändert wird, wenn also die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte Anlage als eine neue Anlage qualifiziert werden muss (Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.). Erweiterungen sind grundsätzlich dann als wesentliche Änderung und nicht als Neuerrichtung einzustufen, wenn es sich um gleichartige Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV handelt (Jarras, a.a.O., m.w.N.). Gleiches gilt für Änderungen innerhalb der vorhandenen Anlage. Als in diesem Sinne gleichartig sind in der Regel solche Anlagen einzustufen, die unter die gleiche Nummer des Anhangs zur 4. BImSchV (in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung) fallen, wobei es auf unterschiedliche Buchstaben nicht ankommt (vgl. Jarras, a.a.O., § 4 RdNr. 28, m.w.N.), und die Kapazität der Anlage nicht in einer solchen Größenordnung erhöht wird, dass sich dadurch ihr Charakter ändert (vgl. Jarras, a.a.O., § 16 RdNr. 6a, m.w.N.).

59

Gemessen daran ist hier (nur) von einer wesentlichen Änderung und nicht von einer Neuerrichtung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage auszugehen. Die streitige Umrüstung der Anlage stellt sich insbesondere nicht als Errichtung einer weiteren Anlage dar. Der bestehende enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der einzelnen Betriebseinrichtungen wird nicht oder allenfalls unwesentlich verändert. Auch der Charakter der Gesamtanlage der Beigeladenen, die bisher als Rinderhaltungsanlage mit insgesamt 500 Tierplätzen betrieben wurde, wird durch die nunmehr vorgenommene Haltung eines gemischten Tierbestandes mit 20 Rinderplätzen, 708 Sauenplätzen einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätzen nicht verändert. Beide Anlagentypen fallen jeweils unter die Nummer 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder Pelztieren oder zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Rindern oder Schweinen). Auch die Kapazität der Anlage wurde nicht in einem Umfang erweitert, dass sich dadurch ihr Charakter verändert hätte. Die räumliche Ausdehnung der Anlage ist im Wesentlichen gleich geblieben. Die Zahl von 420 Plätzen für Milchkühe (Rinder) und 80 Plätzen für Jungrinder also insgesamt 500 Tierplätzen wurde nur auf 760 Plätze für Rinder, Sauen und Mastschweine erhöht; die Zahl der dazugehörenden Ferkelplätze hat dabei – wie in Nr. 7.1 Buchstabe h) des Anhangs der 4. BImSchV – unberücksichtigt zu bleiben. Stellt man auf die Zahl der Großvieheinheiten (einschließlich Aufzuchtferkel) ab, ergibt sich mit 338,14 Großvieheinheiten (vgl. S. 6 des vom Gericht eingeholten Geruchsgutachtens) beim streitigen Vorhaben gegenüber der bisher betriebenen Rinderhaltung mit 420 Milchkühen (= 504 Großvieheinheiten) und 80 Jungrindern (je nach Alter und Geschlecht 24 bis 56 Großvieheinheiten) sogar eine Reduzierung.

60

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, der Umbau der Stallanlagen stelle lediglich einen „Zwischenschritt“ dar, weil die Beigeladene im Bereich des früher für die Putenmast vorgesehenen Grundstücks die Errichtung von weiteren Ferkelställen plane. Denn es ist allein auf den Inhalt der angefochtenen Genehmigung abzustellen.

61

2.1.2. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, der Tenor der angefochtenen Genehmigung sei unvollständig, weil zwar die Umrüstung in eine gemischte Anlage genehmigt worden sei, nicht aber der Betrieb der umgerüsteten Anlage. Gleiches gilt für ihre Rüge, es sei unklar, ob verschiedene Anlagenteile und ggf. in welchem Umfang und welche Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen genehmigt seien.

62

Der Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bestimmt sich – ebenso wie der Inhalt einer Baugenehmigung – aus dem schriftlichen Teil der Genehmigung sowie dem Genehmigungsantrag und den dazu eingereichten Unterlagen (Beschl. d. Senats v. 26.06.2013 – 2 M 60/12 –, juris, RdNr. 12; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 07.09.2010 – 10 B 846/10 –, juris, RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 11.09.2008 – 14 ZB 07.1628 –, juris). Dem entsprechend werden in Abschnitt II des Genehmigungsbescheides die in Anlage 1 genannten Unterlagen und Pläne, die u.a. den Betrieb der Anlage darstellen, zum Bestandteil der Genehmigung erklärt. Dazu gehören insbesondere auch die Angaben zur Anlage und zum Anlagenbetrieb (lfd. Nr. 2 der Anlage 1). Dem entsprechend trifft die Annahme der Klägerin nicht zu, dass die Beigeladene zu einem den Antragsunterlagen entsprechenden Betrieb der Anlage nur aufgrund der – aus ihrer Sicht von der Beigeladenen selbständig anfechtbaren – Nebenbestimmung Nr. 1.2 des Genehmigungsbescheides verpflichtet sei.

63

Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine Diskrepanz zwischen den Angaben im Bescheidtenor in Bezug auf die Zahl der genehmigten Tierplätze. Nicht nur nach dem Genehmigungsbescheid sondern auch nach dem Genehmigungsantrag (Formular 1 – Blatt 1/3) umfasst die Kapazität der Anlage nach der Änderung 20 Rinderplätze, 708 Sauenplätze einschließlich Ferkelplätzen und 32 Mastschweineplätze. Diese Angaben betreffen die für die Genehmigung nach Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV relevanten Platzahlen. Im Antragsformular 2.2 (Anlagen- und Betriebsbeschreibung) werden die den einzelnen Ställen zugeordneten Plätze für sämtliche in der Anlage untergebrachten Tiere – unabhängig von ihrer immissionsschutzrechtlichen Relevanz – im Einzelnen aufgeführt. Danach werden im Stall 1 42 Gruppenbuchten für je 12 Sauen (= 504 Sauenplätze) sowie 6 Eberbuchten und 6 Krankenbuchten eingerichtet. Im Stall 2 werden im Abferkelbereich 176 Abferkelplätze, im Ferkelbereich 240 Ferkelplätze sowie im Deckzentrum 28 Kastenstände für 28 Sauen und 32 Plätze für Jungsauen untergebracht. Im Stall 3 werden 18 Abteile mit je 108 Ferkelplätzen in je 8 Buchten sowie 4 Abteile mit 108 Ferkelplätzen in je 4 Buchten eingerichtet. Dies ergibt eine Gesamtzahl von 708 Plätzen für Sauen zuzüglich der dazugehörenden Ferkelplätze sowie weitere 32 Plätze für (Mast-)Schweine. Die sechs Plätze für die Eber und für die Ferkel sind hinsichtlich der in Nr. 7.1 des Anhangs der 4. BImSchV genannten Platzzahlen ohne Belang.

64

2.1.3. Unschädlich ist ferner, dass in der Genehmigung nicht dargestellt ist, welche anderen behördlichen Entscheidungen von der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG eingeschlossen sind. Die Konzentrationswirkung besteht bereits kraft Gesetzes. Die eingeschlossenen Entscheidungen werden im verfügenden Teil der Genehmigung nicht gesondert ausgewiesen (vgl. Jarras, a.a.O., § 13 RdNr. 21, m.w.N.). Auf die Reichweite der Konzentrationswirkung hat der Beklagte im Abschnitt V des Genehmigungsbescheides hingewiesen.

65

2.1.4. Es findet auch keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.12 und 3.2.3 statt, in denen geregelt wird, dass die (wesentlich geänderte) Anlage so zu betreiben ist, dass die Kenngröße für die Zusatzbelastung (IZ) auf den repräsentativen Beurteilungsflächen (Wohnhäuser Am Bahnhof/Ecke G-Straße und G-Straße) = 9 % beträgt, und bezüglich des Lärmschutzes für die Zusatzbelastung der Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte an den Immissionsorten „Am Bahnhof 18/19“ und „G-Straße 1“ festgelegt werden. Unabhängig davon, dass das Grundstück der Klägerin von diesen Nebenbestimmungen nicht erfasst wird, könnten solche Nebenbestimmungen nur dann unzureichend für den Nachbarschutz sein, wenn sich diese Werte bei bestimmungsgemäßem Betrieb der Anlage nicht erreichen ließen.

66

Es ist Zweck der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die Erfüllung aller im Verfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen möglichst umfassend sicherzustellen, so dass eine zu weit gehende Ausklammerung von Genehmigungsvoraussetzungen und ihr „Abschieben" in eine Nebenbestimmung nicht zulässig sein dürfte (vgl. zur Baugenehmigung: Beschl. d. Senats v. 17.06.2005 – 2 L 264/02 –, JMBl LSA 2006, 113, RdNr. 4 in juris, m.w.N.). Eine Genehmigung, die bei problematischen Immissionsverhältnissen nur schematisch die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte aufgibt, stellt nicht wirklich sicher, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden; solche Auflagen dürfen den Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko belasten, dass der Bauherr die Auflage auch einhält, ohne dass es zu einer echten nachbarlichen Konfliktschlichtung kommt. Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es nicht, in der Genehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Genehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass jede Genehmigung auch dann detaillierte Inhalts- und Nebenbestimmungen zur Betriebsweise und zur Emissionsbegrenzung enthalten muss, wenn sich nachhaltige Interessenskonflikte nicht abzeichnen; Voraussetzung ist vielmehr, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spürbare Immissionen auftreten werden, die zumindest in die Nähe der maßgeblichen Grenz- oder Richtwerte reichen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 12.07.2007 – 2 L 176/02 –, juris, RdNr. 65, m.w.N.).

67

Gemessen daran findet hier keine unzulässige Verlagerung des Immissionsschutzes in Nebenbestimmungen statt. Die Anlage der Beigeladenen hält – wie noch auszuführen sein wird – bei bestimmungsgemäßem Gebrauch die maßgeblichen Immissionsrichtwerte der GIRL und der TA Lärm jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin ein. Auch hat der Beklagte in Bezug auf Gerüche nicht nur die Einhaltung einer höchst zulässigen Wahrnehmungshäufigkeit festgelegt, sondern in weiteren Nebenbestimmungen konkrete Maßnahmen gefordert, insbesondere die Abluftfahnenüberhöhung durch den Bau von Abluftkaminen mit einem Abluftaustritt von = 10,8 m über Grund und einer Austrittsgeschwindigkeit der Abluft von mindesten 7 m/s (vgl. die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1. und 3.1.4).

68

2.1.5. Zu Unrecht rügt die Klägerin weiter, es werde kein ausreichender Verfahrensablauf vorgegeben, wie verendete Schweine oder Rinder in Container zu verbringen seien. In der Anlagenbeschreibung (Nr. 2.2.8, S. 21 f.), die Inhalt des Genehmigungsbescheides ist, wird die Beseitigung der Tierkadaver beschrieben. Danach erfolgen die Sammlung der Tierkadaver in Kunststofftonnen in den einzelnen Stallabteilen, die Lagerung der Kadaver in einem gekühlten Raum (ca. 5°C) bei wöchentlicher Abholung und die Kadaverübernahme durch das TKBA-Fahrzeug von außerhalb des Anlagenzaunes im Bereich der Zufahrt 2. Soweit die Beigeladene dagegen verstoßen, insbesondere Tierkadaver unter freiem Himmel lagern sollte, wie es nach der Darstellung der Klägerin beim früheren Betreiber der Anlage der Fall war, obliegt es der zuständigen Immissionsschutzbehörde dagegen einzuschreiten.

69

2.1.6. Die Klägerin hat keinen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG).

70

Maßgebend ist insoweit die am 15.12.2006 in Kraft getretene und bis zum 28.01.2013 gültige Fassung des UmwRG vom 07.12.2006 (BGBl I S. 2816) – UmwRG 2006. Denn gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04.04.2013 (BGBl I S. 753) sind (nur) Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG oder Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG, die am 12.05.2011 anhängig waren oder nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29.01.2013 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses Gesetzes in der ab dem 29.01.2013 geltenden Fassung zu Ende zu führen.

71

2.1.6.1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist (Nr. 2). § 4 Abs. 1 UmwRG gilt gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO, mithin auch für natürliche Personen wie die Klägerin. Satz 1 Nr. 1 gilt auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a UVPG genügt. Dies ist nunmehr in § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, der durch Art. 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des UmwRG und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21.01.2013 (BGBl I S. 95) eingefügt worden und am 29.01.2013 in Kraft getreten ist, ausdrücklich geregelt. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift lediglich klarstellende Funktion hat, weil das „Unterbleiben“ einer UVP auch auf der fehlerhaften Anwendung von Vorschriften beruhen kann, die das Bestehen einer UVP-Pflicht regeln (so die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 17/10957, S. 17), oder ob aufgrund des klaren Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG und dem im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung von Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers eine solche Auslegung nicht möglich war (so noch BVerwG, Vorlagebeschl. v. 10.01.2012 – BVerwG 7 C 20.11 –, NVwZ 2012, 448 [450], RdNr. 31) ist davon auszugehen, dass auch vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG eine Vorprüfung, die nicht den Vorgaben des § 3a UVPG entsprach, einen Mangel darstellte, der einen Aufhebungsanspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG zur Folge hat. Nach dem auf den Vorlagebeschluss des BVerwG (a.a.O.) ergangenen Urteil des EuGH vom 07.11.2013 (C-72/12 – NVwZ 2014, 49) ist Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG dahin auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten daran hindert, die Anwendbarkeit der zur Umsetzung dieses Artikels ergangenen Vorschriften auf den Fall zu beschränken, dass die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung aufgrund des Unterbleibens einer Umweltverträglichkeitsprüfung angefochten wird, und nicht auf den Fall zu erstrecken, dass eine solche Prüfung zwar durchgeführt wurde, aber fehlerhaft war. Soweit der Gesetzgeber dies nicht bereits durch das UmwRG in der ursprünglichen Fassung vom 07.12.2006, insbesondere in § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG umgesetzt haben sollte, ergäbe sich ein Aufhebungsanspruch aufgrund des Ablaufs der Umsetzungsfrist bis zum 25.06.2005 unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/837/EWG (UVP-Richtlinie) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26.05.2003 geänderten Fassung.

72

2.1.6.2. Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand gemäß § 3c Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.8.3 und Nr. 7.11. der Anlage 1 zum UVPG in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) nur eine standortbezogene Vorprüfungspflicht und nicht – wie die Klägerin meint – eine allgemeine Vorprüfungspflicht. Nach Nr. 7.8.3 der Anlage 1 ist bei Anlagen zur Errichtung und zum Betrieb zur Intensivtierhaltung oder -aufzucht von Sauen einschließlich dazugehöriger Ferkel (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) mit 560 bis weniger als 750 Plätzen eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Die Anlage liegt mit 708 Sauenplätzen innerhalb dieses Rahmens. Sie erreicht hingegen nicht den in Nr. 7.8.2 der Anlage 1 genannten Rahmen von 750 bis weniger als 900 Sauenplätze, ab der eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen gewesen wäre. Die vorgesehene Tierhaltung erreicht die für eine standortbezogene Vorprüfung maßgebenden Schwellen von 1.500 Plätzen für Mastschweine (Nr. 7.7.3) und von 600 Plätzen für Rinder (Nr. 7.5.2) nicht. Die Anlage unterliegt auch nicht nach Nr. 7.11.2 der Anlage 1 zum UVPG einer allgemeinen Vorprüfungspflicht. Nach dieser Bestimmung ist eine allgemeine Vorprüfung durchzuführen, wenn die jeweils unter den Nummern 7.1.2, 7.2.2, 7.3.2, 7.4.2, 7.5.1, 7.6.1, 7.7.2, 7.8.2, 7.9.2 und 7.10.1 genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden, aber den Wert von 100 erreicht oder überschreitet. Dies ist hier nicht der Fall. Die Vom-Hundert-Anteile, bis zu denen die Plätze in der streitigen Anlage ausgeschöpft werden, betragen bei der Sauenhaltung 94,4 v.H. (708 Plätze : 750 Plätze nach Nr. 7.8.2), bei der Mastschweinehaltung 1,6 v.H. (32 Plätze : 2.000 Plätze nach Nr. 7.7.2) und bei der Rinderhaltung 2,5 v.H. (20 Plätze : 800 Plätze nach Nr. 7.5.1), insgesamt also 98,5 v.H.

73

2.1.6.3. Der Beklagte hat eine danach erforderliche standortbezogene Vorprüfung vorgenommen, die nicht zu beanstanden ist.

74

a) Die Vorprüfung lässt insbesondere in formeller Hinsicht keinen Fehler erkennen, der zu Aufhebung der Genehmigung führen könnte.

75

Nach § 3a Satz 1 UVPG stellt die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers eines Vorhabens oder anlässlich eines Ersuchens nach § 5, andernfalls nach Beginn des Verfahrens, das der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens dient, auf der Grundlage geeigneter Angaben zum Vorhaben sowie eigener Informationen unverzüglich fest, ob nach den §§ 3b bis 3f für das Vorhaben eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Eine solche Feststellung hat der Beklagte getroffen; er ist auch der Pflicht nach § 3c Abs. 1 Satz 6 UVPG nachgekommen, die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung zu dokumentieren (vgl. Bl. 337 ff. der Beiakte B).

76

Gemäß § 3a Satz 2 UVPG ist diese Feststellung, sofern eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG vorgenommen worden ist, der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen; soll eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben, ist dies bekannt zu geben. Der Beklagte hat zwar erst in seinem Amtsblatt vom 15.02.2008 (S. 43 f. [Bl. 380 f. der Beiakte B]) und damit erst nach Genehmigungserteilung seine Feststellung bekannt gegeben, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen zu befürchten seien, so dass im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine UVP erforderlich sei. Die Bekanntgabe nach § 3a Satz 2 Halbsatz 2 UVPG dürfte indessen unverzüglich nach der Feststellung zu erfolgen haben (Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3a UVPG RdNr. 18; Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3a RdNr. 24). Wird die Feststellung, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleibt, entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht bekannt gegeben, führt dies aber nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 – BVerwG 4 C 11.07 –, BVerwGE 131, 352 [368], RdNr. 39 f.). Weder der UVP-Richtlinie noch dem UVPG ist zu entnehmen, dass die Behörde das Vorhaben erst genehmigen darf, wenn sie ihre Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, bereits bekannt bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Vor Erteilung der Genehmigung müssen die Mitgliedstaaten nur die Maßnahmen treffen, die erforderlich sind, um die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung im Hinblick auf diese Auswirkungen zu unterziehen (Art. 2 Abs. 1 der UVP-Richtlinie). Die Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung gehört nicht zu diesen Maßnahmen. Sie dient nicht dem Rechtsschutz der am Genehmigungsverfahren Beteiligten, sondern der Information der Öffentlichkeit. Selbst wenn der Öffentlichkeit ein Anspruch auf aktive Bekanntgabe des negativen Ergebnisses einer Vorprüfung zustehen sollte, wäre dieser Anspruch – wie der Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen – außerhalb des Genehmigungsverfahrens zu erfüllen (BVerwG, Urt. v. 20.08.2008, a.a.O., RdNr. 40).

77

b) Die Vorprüfung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

78

Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG ist, sofern in der Anlage 1 zum UVPG für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 2 UVPG gilt Gleiches, wenn – wie hier – für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht erst dann, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können; der Maßstab für die Erheblichkeit ist dem materiellen Recht zu entnehmen (BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 – BVerwG 4 C 9.06 – BVerwGE 130, 83 [93], RdNr. 34). Gemäß § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG ist bei den Vorprüfungen zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.

79

Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c, ist nach § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich auf die Frage, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 – BVerwG 4 A 1.13 –, BVerwGE 148, 353 [360], RdNr. 32, m.w.N.).

80

Gemessen daran ist die Entscheidung des Beklagten, auf die Durchführung einer UVP zu verzichten, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Ergebnis, dass das Vorhaben der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nachvollziehbar.

81

§ 3c Satz 2 UVPG stellt die hier durchzuführende standortbezogene Vorprüfung der allgemeinen Vorprüfung insoweit gleich, als nach den in Anlage 2 Nr. 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen möglich erscheinen müssen (vgl. Dienes, in: Hoppe, UVPG, 4. Aufl., § 3c RdNr. 16). Mit den angesprochenen „Schutzkriterien“ verweist die Regelung auf die in Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG genannten Merkmale, die die Belastbarkeit der Schutzgüter im Hinblick auf die ökologische Empfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Standorts kennzeichnen (vgl. Sangenstedt, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3c UVPG RdNr. 33). Dagegen sind bei der standortbezogenen Vorprüfung die Nutzungskriterien in Nr. 2.1 der Anlage 2 zum UVPG (bestehende Nutzung des Gebietes, insbesondere als Fläche für Siedlung und Erholung, für land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzungen, für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung) und die Qualitätskriterien in Nr. 2.2 der Anlage 2 zum UVPG (Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Natur und Landschaft des Gebietes) nicht angesprochen. Eine UVP-Pflicht kommt danach bei solchen „S-Vorhaben“ in Betracht, die erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die bezeichneten Schutzgebiete oder auf ähnlich sensitive Lebensräume haben können, die in die Schutzgebietsliste nicht ausdrücklich aufgenommen worden sind; erfasst werden sollen nur solche Vorhaben, die eine Gefährdung spezifisch ökologischer Schutzfunktionen befürchten lassen (Sangenstedt, a.a.O. § 3c UVPG RdNr. 33; Dienes, a.a.O. § 3c RdNr. 16). Da für die standortbezogene Vorprüfung allein die Schutzkriterien nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG maßgebend sind, sind die übrigen in der Anlage 2 zum UVPG genannten Standortkriterien, d.h. die Nutzungs- und Qualitätskriterien nach Nr. 2.1 und 2.2 der Anlage 2 zum UVPG hier nicht heranzuziehen; liegen keine Anhaltspunkte für örtliche Gegebenheiten vor, an die die UVP-Pflicht bei „S-Vorhaben“ anknüpft, kann die Vorprüfung bereits an dieser Stelle beendet werden; die Behörde kann davon ausgehen, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (Sangenstedt, a.a.O., § 3c UVPG RdNr. 34).

82

Der Beklagte hat im Rahmen seiner Vorprüfung zum Standort des Vorhabens festgestellt, das Hauptproblem für dieses Vorhaben bestehe darin, dass im Umkreis des von der TA-Luft vorgeschriebenen Abstandes von mindestens 330 m sich die östliche Wohnbebauung von A-Stadt befinde, sodass auch unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung erhebliche Geruchs-, Staub- und Ammoniakbelästigungen für die ansässige Bevölkerung nicht auszuschließen seien. Die am nächsten liegenden Wohnhäuser befänden sich nur in einem Abstand von 160 bis 180 m vom Anlagenstandort entfernt. Damit würde der von der TA-Luft vorgegebene Mindestabstand um fast die Hälfte reduziert. Ansonsten liege die geplante Anlage in einer hochgradig durch landwirtschaftlich genutzte Flächen geprägten Landschaft. Eine Überprüfung mit Hilfe der zur Verfügung stehenden GIS-Kartensysteme habe ergeben, dass der Standort der Anlage sich nicht innerhalb eines Schutzgebiets nach den §§ 29 bis 38 NatSchG LSA befinde. In der näheren Umgebung des Vorhabens kämen nur das linienförmige FFH-Gebiet 172 „Bode und Selke im Harzvorland“ (ca. 700 m entfernt) und das Landschaftsschutzgebiet LSG 25 „Bodeniederung“ (ca. 100 m Abstand) vor. Das in diesem Randbereich vollständig durch Ackerflächen charakterisierte LSG werde aber durch die L 70 vom Anlagenstandort getrennt. Weitere empfindliche und geschützte Landschaftsteile nach dem NatSchG LSA seien im Territorium nicht vorhanden. Diese Aussage gelte auch für Wasserschutzzonen. Auch die nächstliegenden Waldgebiete, die eventuell durch Ammoniakimmissionen geschädigt werden könnten, seien sehr klein und befänden sich in über 600 m Entfernung, sodass mit hoher Sicherheit nicht mit messbaren negativen Auswirkungen zu rechnen sei. Die Auswertung der GIS-Karten zeige jedoch, dass in unmittelbarer Nähe des Betriebsgeländes mit archäologischen Funden gerechnet werden müsse. Dies sei bei eventuellen Bauarbeiten mit Eingriff in tiefere Bodenschichten zu beachten und mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen.

83

Daraus ergibt sich in nachvollziehbarer Weise, dass sich zwar ein – im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung nicht relevanter – Konflikt mit der nahegelegenen Wohnnutzung ergeben kann, nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG relevante Schutzgebiete – bis auf ein Gelände mit archäologischen Funden – aber vom Vorhaben der Beigeladenen aufgrund der bestehenden Entfernungen nicht tangiert werden.

84

Im Abschnitt „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ nach Nr. 3 der Anlage 2 zum UVPG wird ausgeführt, auf der Grundlage der Ausführungen unter 4.1 (Merkmale des Vorhabens) und 4.2 (Standort des Vorhabens) könne in Übereinstimmung mit spezifischen Feststellungen der Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange überschlägig eingeschätzt werden, dass von dem Vorhaben keine besonders schweren und komplexen Auswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima, Landschaft bzw. Kultur und Sachgüter zu erwarten seien. Das einzige aber schwerwiegende Problem ergebe sich aus der Belastung des Schutzgutes Luft mit tierhaltungsspezifischen Stoffen und den daraus resultierenden Risiken für das Schutzgut Mensch.

85

Im letzten Abschnitt „Feststellung der UVP-Pflicht“ kommt der Beklagte zu dem folgerichtigen Ergebnis, dass auf eine UVP-Pflicht verzichtet werden könne, insbesondere weil die möglichen erheblich negativen Auswirkungen sich punktuell auf die Geruchs- und eventuellen Schadstoffimmissionen (Staub, NH4+) hinsichtlich des Schutzguts Mensch konzentrierten, während die anderen Schutzgüter nicht über den Status quo der Belastungen hinaus beeinträchtigt würden. Die Immissionsproblematik könne durch Gutachten, spezielle Forderungen bzw. Auflagen der Fachbehörden, usw. gelöst werden.

86

2.1.7. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg rügen, der Beklagte habe gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zu Unrecht auf den Antrag der Beigeladenen von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen abgesehen, weil durch die vom Genehmigungsantrag umfassten Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf in § 1 BImSchG genannte Schutzgüter zu besorgen seien. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Verfahrensvorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nachbarschützende Wirkung hat.

87

Der Beklagte durfte von der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens sowie der Auslegung des Genehmigungsantrags und der Unterlagen absehen. Die Beantwortung der Frage, ob Auswirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erheblich sind, hängt zum einen von ihrem Gewicht und Umfang, zum anderen von der Vorbelastung ab (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 16 RdNr. 56, m.w.N.). Eine bloße Vermehrung der von der Anlage ausgehenden Emissionen genügt allerdings nicht; entscheidend sind die Einwirkungen (insbesondere Immissionen) auf die Schutzgüter des § 1 BImSchG (BayVGH, Urt. v. 13.05.2005 – 22 A 96.40091 –, NVwZ-RR 2006, 456 [458], RdNr. 60 in juris, m.w.N.). Im Begriff der „erheblichen nachteiligen Auswirkungen" liegt eine graduelle Verschärfung gegenüber jenen (einfachen) nachteiligen Auswirkungen, die nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG bereits zur Qualifizierung einer Änderung als wesentlich und damit als genehmigungsbedürftig führen (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.05.2005, a.a.O., m.w.N.). An erheblichen nachteiligen Auswirkungen fehlt es gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BImSchG auch dann, wenn durch vom Betreiber getroffene oder im Zuge der Änderung von ihm an der Anlage vorgesehene Schutzmaßnahmen Auswirkungen auf die Schutzgüter vermieden werden (vgl. Jarras, a.a.O., RdNr. 57, m.w.N.).

88

Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten aufgrund der vorgelegten Unterlagen zum Änderungsantrag getroffene verfahrensbezogene Feststellung, dass von den beantragten Änderungen keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zu besorgen sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte durfte zunächst in Rechnung stellen, dass die Umgebung der Anlage bereits durch die zuvor betriebene Rinderhaltungsanlage vorbelastet war. Durch die Umrüstung in eine gemischte Anlage, in der die Ferkelaufzucht Schwerpunkt des Betriebes ist, entstehen zwar grundsätzlich höhere Geruchsemissionen als bei der Rinderhaltung. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass – anders als bei der bisherigen Rinderhaltung – umfangreiche Maßnahmen zur Geruchsminderung vorgesehen sind.

89

2.2. Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung verletzt ferner keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

90

Die Erteilung einer Änderungsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt ebenso wie die Genehmigung nach § 4 BImSchG – von der hier nicht relevanten Erleichterung des § 6 Abs. 3 BImSchG abgesehen – voraus, dass die Anforderungen des § 6 BImSchG erfüllt sind (vgl. OVG NW, Urt. v. 22.05.2014 – 8 A 3002/11 –, juris, RdNr. 45 f., m.w.N.). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

91

2.2.1. Die angefochtene Genehmigung verletzt nicht die auch dem Nachbarschutz dienende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Danach sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

92

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 – BVerwG 7 C 25.91 –, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 – 9 A 2030/12 –, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.). Dabei sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen; ansonsten sind nur etwaige nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 – BVerwG 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris).

93

2.2.1.1. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24.07.2002 (TA Luft) sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. zur TA Luft 1986: BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 – BVerwG 7 B 164.95 –, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren kann bei Einhaltung des in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft empfohlenen Mindestabstands in der Regel davon ausgegangen werden, dass auf die betroffene Wohnbebauung in der Umgebung einer emittierenden Anlage keine unzumutbaren Geruchs- und sonstigen Immissionen der Anlage einwirken (NdsOVG, Beschl. v. 14.02.2011 – 12 LA 8/09 –, NVwZ-RR 2011, 397). Nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft sollen bei der Errichtung solcher Anlagen die sich aus der Abbildung 1 ergebenden Mindestabstände zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung und unter Berücksichtigung der Einzeltiermasse gemäß Tabelle 10 nicht unterschritten werden. Der Abbildung 1 lässt sich entnehmen, dass allein die Haltung von Schweinen nach der Tabelle 10 vom Sachverständigen insoweit berechneten Zahl von 314,14 Großvieheinheiten ein Mindestabstand zur nächsten Wohnbebauung von ca. 370 m eingehalten werden müsste, um ohne nähere Prüfung davon ausgehen zu können, dass keine unzumutbaren Immissionen auf das Grundstück der Klägerin einwirken. Die Abstände der Emissionsquellen zum Wohnhaus der Klägerin liegen jedoch deutlich darunter. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Mindestabständen handelt es sich allerdings, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die in der Abbildung 1 zu Nr. 5.4.7.1 der TA Luft angegebenen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

94

2.2.1.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch die genehmigte Anlage der Beigeladenen insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.

95

a) Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 – BVerwG 4 B 29.10 –, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine – hinreichend verlässliche – Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 – 2 M 84/11 –, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 – 1 B 11320/13 –, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 – 15 CS 10.2131 –, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris).

96

Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit dieser Immissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist. Da der Außenbereich dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (vgl. OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 – 1 A 10972/07 –, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Nach der GIRL kann in dieser Konstellation ein Zwischenwert gebildet werden, der den Immissionswert für Dorfgebiete erreicht, obwohl ein Wohngebiet betroffen ist (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Immissionswerte“).

97

b) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte IW überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich – Ortsüblichkeit“ davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinaus gegangen werden.

98

c) Der vom Senat bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) ist bei seinem Gutachten vom 19.12.2013 davon ausgegangen, dass für das Wohnhaus der Klägerin ein baulicher Zusammenhang zur örtlichen (Wohn-)Bebauung festzustellen sei, so dass die Berücksichtigung wie für ein Wohngebiet angemessen sei. Daher hat er seiner Bewertung den für Wohngebiete geltenden niedrigeren Wert von 0,10 der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert wird nach dem Sachverständigengutachten an der zur Stallanlage zeigenden Nordseite des Wohnhauses der Klägerin (Einzelpunkt EP 7) sicher eingehalten. Für diesen Einzelpunkt hat der Gutachter eine Geruchsgesamtbelastung von 0,08 der Jahresstunden ermittelt. Aus der Anlage 4 zum Gutachten (Geruchszusatzbelastung für die einzelnen Beurteilungsflächen) wird deutlich, dass auch im geschützten Außenwohnbereich (vgl. hierzu BayVGH, Beschl. v. 07.02.2013 – 15 CS 12.743 –, RdNr. 28, m.w.N. in juris) unmittelbar nördlich des Wohngebäudes der Klägerin der Immissionswert der GIRL von 0,10 der Jahresstunden nicht überschritten wird. Damit kann der Senat offen lassen, ob nach den oben dargestellten Erwägungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL aufgrund der historischen Entwicklung der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 der Jahresstunden oder sogar ein noch höherer Wert anzusetzen ist.

99

d) Der Senat vermag auch keine Fehler zu erkennen, die das Ergebnis des Gutachtens in Frage stellen könnten.

100

Nach Nr. 4.1 der GIRL wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt. Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die vorhandene Belastung 70 v.H. des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 1 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen. Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können Fahnenbegehungen nach VDI 3940 Blatt 2 (2006) verwendet werden.

101

Gemäß Nr. 4.2 der GIRL werden bei der Ermittlung im Genehmigungsverfahren die Kenngrößen für die vorhandene Belastung (IV), die zu erwartende Zusatzbelastung (IZ) und die Gesamtbelastung (IG), die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden, unterschieden. Die vorhandene Belastung ist die von vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Die zu erwartende Zusatzbelastung ist nach Nr. 4.5 zu ermitteln. Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung nach Nr. 4.6 zu bilden. In die Ermittlung des Geruchsstoffstroms sind die Emissionen der gesamten Anlage einzubeziehen; bei einer wesentlichen Änderung sind die Emissionen der zu ändernden sowie derjenigen Anlagenteile zu berücksichtigen, auf die sich die Änderung auswirken wird.

102

aa) Nr. 4.4 der GIRL sieht grundsätzlich vor, dass die Ermittlung der vorhandenen Belastung durch Rasterbegehung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen hat. Nach Nr. 4.4.1 der GIRL ist jedoch von einer vorhandenen Belastung IV = 0 auszugehen, wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist. Hiervon ist der Sachverständige Dipl.-Ing. (A.) in seinem Gutachten (Seite 17) ausgegangen, weil er bei der von ihm durchgeführten Ortsbesichtigung festgestellt hat, dass sich in der Ortslage A-Stadt sowie im näheren Umfeld der betrachteten Tierhaltungsanlage keine weiteren relevanten Geruchsemittenten befänden. Weiterhin seien im Rahmen der Ortsbesichtigung am 04.11.2013 die Betriebsstandorte einer Anlage zur Herstellung von Pilzsubstraten sowie eine Putenmastanlage aufgesucht worden, die in Entfernungen zur streitigen Anlage von 1.800 m und 2.400 m lägen. Aufgrund der großen Entfernungen zu den betrachteten maßgeblichen Immissionsorten könne eingeschätzt werden, dass dort keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei.

103

Diesen Annahmen des Gutachters kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, der Ortstermin habe ausschließlich auf dem Gelände der Beigeladenen stattgefunden, der Gutachter habe die Entfernung der Pilzsubstratanlage und der Putenmastanlage zum maßgeblichen Immissionsort nicht angegeben und allein aufgrund der Entfernung könne nicht darauf geschlossen werden, dass dort keine relevanten Geruchsvorbelastungen im Sinne der GIRL vorhanden seien.

104

In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter ausgeführt, er habe die Entfernungen zur Pilzsubstratanlage und zur Putenmastanlage vor Ort gemessen und auf 1.800 m bzw. 2.400 m bestimmt. Diese Entfernungsangaben entsprechen etwa den Werten, die der Senat mit Hilfe von google earth ermittelt hat. Die Pilzsubstratanlage der Firma (V.) befindet sich an der A-Straße, und zwar nördlich der Ortslage A-Stadt. Die Entfernung zum Grundstück der Klägerin beträgt nach google earth ca. 1.800 bis 1.900 m. Die Putenmastanlage der Fa. Putenmast A-Stadt GmbH & Co. KG befindet sich nordwestlich von A-Stadt. Nach google earth beträgt die Entfernung zum Grundstück der Klägerin ca. 2.300 bis 2.400 m.

105

Die Einschätzung des Sachverständigen, die von diesen Anlagen ausgehenden Geruchsemissionen habe er nicht als Vorbelastung berücksichtigten müssen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass nach eigener Erfahrung bereits vorhandene Geruchsbelastungen bei solchen Entfernungen nicht ins Gewicht fielen. Unabhängig davon bietet für die Beantwortung der Frage, innerhalb welchen Umkreises andere geruchsemittierende Anlagen von Bedeutung sind, Nr. 4.4.2 der GIRL einen Anhalt. Danach ist das Beurteilungsgebiet die Summe der Beurteilungsflächen, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der nach Nr. 2 der Richtlinie ermittelten Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Nach Nr. 2 der GIRL ist die Schornsteinmindesthöhe in der Regel so zu bemessen, dass die Kenngröße der zu erwartenden Zusatzbelastung IZ (vgl. Nr. 4.5) auf keiner Beurteilungsfläche den Wert 0,06 überschreitet. Mit dieser Maßgabe soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt allerdings nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken (vgl. OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013 – 8 A 1451/12 –, juris, RdNr. 32). Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 der GIRL wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen (OVG NW, Beschl. v. 09.12.2013, a.a.O., m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn das nähere und weitere Umfeld des geplanten Vorhabens durch eine Reihe von vorhandenen Tierhaltungsanlagen vorgeprägt wird und begründete Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass weitere im Beurteilungsgebiet gelegene Betriebe Geruchsemissionen abgeben, die geeignet sind, die Immissionsbelastung an den betrachteten Wohnhäusern und Plangebieten relevant zu erhöhen (NdsOVG, Beschl. v. 18.07.2012 – 12 LA 114/11 –, BauR 2012, 1769, RdNr. 9 ff. in juris). So hat das OVG NW (Beschl v. 09.12.2013, a.a.O.) die behördliche Festlegung eines Umkreises der zu berücksichtigenden Emissionsquellen von etwa 1.200 m nicht beanstandet in einer Situation, in der sich nach einem eingeholten Gutachten der Einwirkungsbereich zweier Tierhaltungsanlagen (Putenmast und Schweinemast) trotz einer Entfernung > 1.000 m bis zum klägerischen Grundstück erstreckte. Eine solche oder vergleichbare Situation liegt hier nicht vor. Vor diesem Hintergrund gibt die Annahme des Gutachters, dass bei einer Entfernung von 1.800 m zur Pilzsubstratanlage und 2.400 m zur Putenmastanlage keine relevante Geruchsvorbelastung im Sinne der GIRL vorhanden sei, keinen Anlass zu Bedenken.

106

bb) Auch die vom Gutachter vorgenommene Berechnung der von der geänderten Anlage der Beigeladenen ausgehenden (Zusatz-)Belastung lässt keine Mängel erkennen.

107

aaa) Zur Ermittlung der Geruchemissionen aus den drei Ställen der Anlage hat der Gutachter zunächst die nach der Genehmigung zulässigen Tierplatzzahlen gemäß der in Anhang A der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1 (Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Haltungsverfahren und Emissionen) angegebenen Faktoren, die den in der Tabelle 10 der TA Luft genannten Faktoren entsprechen, für jeden der drei Ställe und für jede Tierart in Großvieheinheiten umgerechnet (vgl. Seite 6, Tabelle 2 und Seite 14, Tabelle 4). Zur Bestimmung der tierartspezifischen Geruchsemissionsfracht hat er die in Nr. 6.1 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1, Tabelle 22, dargestellten Geruchsemissionsfaktoren (GE/GV*s) herangezogen und die jeweilige Geruchsfracht (Geruchsstoffstrom) für die einzelnen Tierarten berechnet.

108

Ohne Erfolg rügt die Klägerin, bei den Geruchsemissionsfaktoren und den Umrechnungszahlen nach der VDI-Richtlinie 3894 handele es sich um Konventionswerte, die von der Richtlinienkommission auf der Grundlage von Literaturangaben, Plausibilitätsberechnungen und praktischem Erfahrungsschatz bestimmt worden seien und deren Anwendung nur eine einfache, auf der untersten Stufe stehende („Holzhammer“-)Methode darstelle. Zu Unrecht fordert die Klägerin, dass die maßgeblichen Werte vor Ort durch Messungen festgestellt werden. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 enthält – ebenso wie die bislang vorhandenen VDI-Richtlinien 3471 und 3472 – technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.05.2007 – BVerwG 4 B 5.07 –, BRS 71 Nr. 168, RdNr. 4 in juris; OVG NW, Beschl. v. 03.08.2012 – 8 B 290/12 –, RdNr. 13 in juris). Die Umrechnungszahlen zur Bestimmung der Zahl der Großvieheinheiten sind ferner in der Tabelle 10 der TA Luft dargestellt, die ebenfalls eine anerkannte Orientierungshilfe darstellt. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 08.09.2014 zu Recht darauf hingewiesen, dass die zusätzliche Durchführung von olfaktometrischen Messungen zwar möglich sei, solche Messungen aber immer nur Momentaufnahmen darstellten, deren Ergebnis von den konkreten Randbedingungen (Jahreszeit, Tieralter, Tieraktivität, u.v.a) bestimmt werde. Um eine genauere Aussage über die Geruchsemissionen im Jahresverlauf zu erhalten, die die Jahreskenngrößen zur Belästigungsrelevanz bestimmen, wäre eine größere Anzahl von Messungen an allen zu betrachtenden Ställen erforderlich.

109

Der von der Klägerin hinzugezogene Sachverständige (K.) beanstandet weiter, dass emissionsseitige Einflüsse, insbesondere die Güllekanalhöhe berücksichtigt werden müssten, wozu das für die Ausbreitungsrechnung verwendete Programm AUSTAL200G keine Anfangsbedingungen liefere, sondern vom Programmnutzer eingebracht würden. Dazu seien aber die Anfangs- und Randbedingungen zu kontrollieren. Es müsse der Nachweis erbracht werden, dass die postulierten Massenströme, die für die Emissionsfaktoren in Verbindung mit der Tiermasse stehen, die Stallanlage verlassen. Nach der TA Luft müsse die Zuluftgeschwindigkeit im Güllekanal = 2,5 m/s und die Kanalhöhe 30 bis 60 cm betragen.

110

Nach der vom Gutachter (K.) insoweit herangezogenen Bestimmung in Nr. 5.4.7.1 Buchstabe g) der TA Luft ist bei der Güllezwischenlagerung im Stall (Güllekeller) die Kapazität so zu bemessen, dass bei Unterflurabsaugung der maximale Füllstand höchstens bis unter 50 cm unterhalb der Betonroste ansteigt; ansonsten sind 10 cm ausreichend. Bei Unterflurabsaugung soll die Stallluft mit niedriger Geschwindigkeit (maximal 3 m/s) direkt unter dem Spaltenboden abgesaugt werden. Bei den Ställen der Beigeladenen erfolgt indes nach Nr. 2.2.3 der Anlagenbeschreibung (Beiakte A, Bl. 42) keine Güllezwischenlagerung in einem Güllekeller, worauf die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat. Vielmehr erfolgt nach den genehmigten Antragsunterlagen eine Gülleabführung über flache Güllewannen bzw. -kanäle nach dem Prinzip der Rohr- oder Wechselstauentmistung. Die Gülle läuft zunächst in die Güllesammelgrube mit freiem Gefälle. Aus dieser Sammelgrube wird die Gülle mittels einer Tauchpumpe über Druckleitungen in den Lagerbehälter zur Zwischenlagerung bis zur landwirtschaftlichen Verwertung abgepumpt. Die Güllelagerbehälter befinden sich außerhalb der Ställe. Bauliche Anforderungen an die Güllewannen und -kanäle enthält die TA Luft hingegen nicht. Auch die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 schreibt – ebenso wie die Vorgängerrichtlinie VDI 3471 – die geforderten baulichen bzw. technischen Anforderungen an die Entmistung nicht vor.

111

Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Gutachter für den Stall 3, in welchem 2.376 Aufzuchtferkel untergebracht werden, keine Geruchsemissionen angesetzt hat, weil dort eine Abluftreinigung durch einen Chemowäscher mit biologischer Behandlungsstufe erfolgt. Hierzu hat er im Gutachten u.a. ausgeführt, mit dem im DLG-Prüfbericht 5880 festgestellten Eigenschaften erfülle der Chemowäscher die im Abschnitt 3.1.7 des Genehmigungsbescheides benannten Anforderungen zur Wirksamkeit der Geruchsminderung. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise der Abgasreinigungseinrichtungen seien Reingasgeruchsemissionen von = 300 GE/m³ zu erwarten. Der Chemowäscher beinhalte mit der biologischen Reinigungsstufe eine „lebende“ Reinigungskomponente, welche das Rohgas veratme. Die auf Trägermaterial siedelnden Mikroorganismen adsorbierten die Abluftbestandteile über die sie einhüllende Wasserphase und bauten sie anschließend ab. Dabei entstünden Stoffwechselprodukte, die den typischen Reingasgeruch eines funktionierenden Biofilters ausmachten. Die Qualität des Geruches hänge von der Flora auf dem Trägermaterial ab, und diese stelle sich wiederum in Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen, den Rohgasinhaltsstoffen und dem Trägermaterial ein. Es entstünden erdige, waldbodenartige oder pilzig-muffige Geruchsqualitäten. In der VDI-Richtlinie werde dieser Geruch als biogener Geruch bezeichnet. Da sich der Eigengeruch des Wäschers in der Regel schnell nach der Inbetriebnahme verliere, sei in der Praxis allein der biogene Geruch von Bedeutung. Die biogenen Gerüche zeigten die Funktion der biologischen Filterstufe an und unterschieden sich nicht mehr vom umgebenden Vegetationsgeruch. Dieses Verhalten der Biofiltergerüche seien intensiv und fundiert in einer Studie des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen untersucht worden. Das Ergebnis dieser Studie sei gewesen, dass die biologischen Gerüche nur eine geringe immissionsseitige Wirksamkeit besäßen. So würden bei der olfaktometrischen Messung zwar relevante Geruchsstoffkonzentrationen und damit verbunden Quellstärken bestimmt – der Geruch sei aber nur in geringer Entfernung wahrnehmbar. Die biogenen Gerüche würden bei der Emissionsmessung mit gemessen, zeigten aber nur die Aktivität des Filters an und könnten bei der Immissionsprognose in der Regel vernachlässigt werden. Untersuchungen hätten ergeben, dass die Reichweite der biogenen Gerüche in der Regel unter 100 m liege, wenn der Biowäscher ordnungsgemäß betrieben werde, und reingasseitig kein Rohluftgeruch mehr erkennbar sei. Daher sei eine Berücksichtigung der Biofiltergerüche entsprechend VDI 3477 nur bei Entfernungen von bis zu 100 m erforderlich. Diese Abstandsregelung dürfe jedoch nur für Filter angewendet werden, die ausschließlich Eigengerüche emittierten, da durchtretendes Rohgas im Gegensatz zum biogenen Geruch sehr wohl als weiter reichende Geruchsquelle wirksam werden könne. Beim Vorhaben werde der Chemowäscher nach dem Stand der Technik der Emissionsminderung eingesetzt. Bei ordnungsgemäßer Betriebsweise und regelmäßiger Wartung sei die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentration von = 300 GE/m³ gesichert. Die zum Abluftaustritt des Chemowäschers nächstgelegenen Wohnhäuser befänden sich in A-Stadt in einer Entfernung von ca. 180 m. Die mittels Chemowäscher gereinigte Stallabluft aus dem Ferkelaufzuchtstall (Stall 3) werde somit in der Ausbreitungsrechnung nicht als geruchsbeladene Abluft berücksichtigt.

112

Zu Unrecht wendet die Klägerin dagegen ein, der Gutachter habe nicht (vor Ort) gemessen, ob – wie von ihm angenommen – bei ordnungsgemäßer Betriebsweise des Chemowäschers die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Reingaskonzentrationen gewährleistet sei. Nach den genehmigten Vorlagen (Beiakte A Bl. 193) kommt beim Ferkelaufzuchtstall ein Luftfiltersystem zur Anwendung, für das ein positiver DLG-Signum-Test für Abluftreinigungsanlagen vorliegt. Die zum Einsatz kommende Abluftreinigungsanlage Uniqfill Air nebst DLG-Signum ist im Prospekt auf Bl 42 ff. der Beiakte B dargestellt. Danach haben Messungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) und des LUFA Nord-West zu den Ergebnissen geführt, dass mit dem Kombi-Wäscher eine Ammoniakabnahme von >85 %, eine Staubabnahme von > 90 % und ein Geruchsemission von < 300 GE/m³ erreicht werde, d.h. kein ausgehender Geruch in ausgehender Luft mehr feststellbar sei. Nach dem DLG-Prüfbericht 5880 vom Juli 2009 – aktualisiert im August 2013 – (http://www.dlg-test.de/pbdocs/5880.pdf), der den DLG-Prüfbericht 5629 (Beiakte B, Bl. 209 ff.) ersetzt, handelt es sich bei der Uniqfill Air BV Abluftreinigungsanlage „Chemowäscher (+)“ um eine Kombianlage, bestehend aus einer sauren Wäsche und einer nachgeschalteten Wasserwäsche. In der sauren Stufe finde neben der Ammoniakentfrachtung auch eine Staubabscheidung statt. Die nicht in der ersten Stufe abgeschiedenen Stoffe dienten als Nahrungsquelle für Mikroorganismen, die sich in dem Füllkörperblock (zweite Stufe) als Biofilm anhaften und einen biologischen Geruchsstoffabbau vollziehen, so dass auch der Geruch weitgehend eliminiert werde. Beim Geruch hätten alle Ergebnisse innerhalb des geforderten Bereichs gelegen. Es sei an keinem Messtag eine Überschreitung des Grenzwertes von 300 GE/m³ verzeichnet bzw. Rohgasgeruch im Reingas wahrgenommen worden. Die relativ geringen Geruchsstoffkonzentrationen auf der Rohgasseite seien auf die Sauberkeit im Stall zurückzuführen. Zusätzliche Untersuchungen in der zweiten Waschstufe hätten belegt, dass sich im System des „Chemowäschers (+)“ bei ordnungsgemäßem Betrieb Biologie ansiedle und somit ein Abbau von Geruchsstoffen stattfinde. Die Prüfung sei gemäß dem DLG-Prüfverfahren „Abluftreinigungssysteme für Tierhaltungsanlagen“ (Stand November 2005) durchgeführt worden. Die Sommermessungen seien an einer Referenzanlage in den Niederlanden bei einem maximalen Abluftvolumenstrom von 30.000 m³/h durchgeführt worden; der Messzeitraum habe zwei Monate betragen. Die Wintermessungen seien noch im Rahmen des Zulassungsverfahrens des Landkreises Cloppenburg in demselben Referenzbetrieb durchgeführt und mit Beschluss der Expertenkommission vom Juni 2005 anerkannt worden.

113

Vor diesem Hintergrund durfte der Gutachter auch ohne eigene Messungen davon ausgehen, dass der im Genehmigungsbescheid in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.7 festgelegte Wert von = 300 GE/m³ bei ordnungsgemäßem Betrieb des „Chemowäschers (+)“ eingehalten wird. Um die Wirksamkeit des im Stall 3 eingebauten Wäschers zu gewährleisten, hat der Beklagte der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.8 bis 3.1.11 aufgegeben, den messtechnischen Nachweis der Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlage nach Inbetriebnahme der Anlage anhand einer olfaktometrischen Messung durch eine nach § 26 BImSchG bekannt gegebene Stelle zu erbringen, die Abluftreinigungsanlage ordnungsgemäß zu warten und zu pflegen sowie hierzu ein Pflege- und Wartungskonzept zu erstellen und der zuständigen Überwachungsbehörde vorzulegen. Da sich die Abluftquelle des Stalls 3 (Q 3) ca. 180 m nordöstlich des Wohnbereichs der Klägerin befindet, hält sie auch den Mindestabstand von 100 m ein, bis zu dem die Biofiltergerüche wahrgenommen werden können.

114

bbb) Zur Bestimmung der von den fünf Güllebehältern ausgehenden Emissionen hat der Gutachter die im Genehmigungsantrag genannten Fassungsvermögen (Güllevorgrube Q 7 – 200 m³, Güllelager Q 5 – 2.490 m³ und drei Güllelager Q 6-1 und Q 6-2 – 3 x 200 m³) zugrunde gelegt und als Bezugsgröße die jeweilige Flächenquelle von 70 m², 479 m² und 210 m² (3 x 70 m²) verwendet. Gemäß Nr. 6.1.1. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1, Tabelle 23, ist bei Flächenquellen ohne Abdeckung bei Schweinegülle von einem Geruchsemissionsfaktor von 7 GE/m²*s auszugehen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.16 des Genehmigungsbescheides sind die Güllebehälter mit festen Abdeckungen, einem Zeltdach oder einer emissionsdichten Folienabdeckung zu versehen, und der Geruchsminderungsgrad muss bezogen auf offene Lager ohne Abdeckung 90 % betragen. Mit solchen Abdeckungen kann der angegebene Geruchsminderungsgrad auch erreicht werden (vgl. die Übersicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg mit Stand vom November 2011, unter Hinweis auf die KTBL-Schrift 447 „Handhabung der TA Luft bei Tierhaltungsanlagen“, http://www.lugv.brandenburg/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/girlfaktoren_2011.pdf; sowie Nr. 4.2.5 Tabelle 19 der VDI-Richtlinie 3894, Blatt 1). Einer olfaktometrischen Messung vor Ort bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht. Folgerichtig hat der Gutachter – angesichts der wenigen Rinder, die in der Anlage gehalten werden – einen Geruchsemissionsfaktor (für Schweinegülle) von 0,7 GE/m²*s angenommen. Bezogen auf die einzelnen Flächenquelle hat er die jeweiligen Geruchsfrachten (Geruchsmassenstrom) für die fünf Güllebehälter mit 0,2 MGE/h, 1,2 MGE/h und 0,53 MGE/h berechnet.

115

ccc) Nach Nr. 4.5 der GIRL ist die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung entsprechend Nr. 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) zu ermitteln. Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nr. 4.4.3. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7 zu beachten. Demnach ist es in der Regel erforderlich, die horizontale Maschenweite so zu bemessen, dass sie die Schornsteinbauhöhe nicht überschreitet. Im Allgemeinen ist das Rechengebiet identisch mit dem Beurteilungsgebiet nach Nr. 4.4.2. Bei besonderen Geländebedingungen kann es jedoch erforderlich sein, das Rechengebiet größer als in Nr. 4.4.2 beschrieben zu wählen. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL (a.E.) wurden die Vorgaben der TA Luft Anhang 3 und die speziellen Anpassungen an die Geruchsausbreitung im Referenzmodell AUSTAL2000 umgesetzt. Um die für die Geruchbeurteilung erforderlichen Wahrnehmungshäufigkeiten zu berechnen, wurde das Modell AUSTAL2000 um ein entsprechendes Modul AUSTAL2000G ergänzt (vgl. Janicke/Janicke, Berichte zur Umweltphysik, März 2007, http://www.janicke.de/data/bzu/bzu-005-02.pdf). Der Gutachter hat seiner Berechnung der Zusatzbelastung durch das Vorhaben der Beigeladenen diese Vorgaben zugrunde gelegt.

116

Soweit die Klägerin – mit dem von ihr beauftragten Gutachter (K.) – Zweifel an der grundsätzlichen Geeignetheit des Programms AUSTAL2000G zur Bestimmung der Geruchsbelastung hat, greift dies nicht durch. Das Programm wurde gerade – wie bereits ausgeführt – im Einklang mit der TA Luft entwickelt. Dass das Programm AUSTAL2000G als diagnostisches Windfeldmodell nicht dazu in der Lage ist, besondere Strömungsverhältnisse, die sich etwa aus thermischen oder dynamischen Prozessen in stark gegliedertem Gelände ergeben, ausreichend zu erfassen, steht seiner grundsätzlichen Eignung und Anwendbarkeit nicht entgegen (vgl. dazu HessVGH, Urt. v. 07.05.2009 – 6 C 1142/07.T –, juris, RdNr. 113). Dem beschränkten Einsatzgebiet diagnostischer Windfeldmodelle zur Ermittlung von Strömungsfeldern von Schadstoffen trägt die TA Luft selbst Rechnung. Nach Anhang 3, Abschnitt 11, 2. Absatz können Geländeunebenheiten in der Regel ausreichend nur dann (allein) mit Hilfe eines mesoskaligen diagnostischen Windfeldmodells berücksichtigt werden, wenn die Steigung des Geländes den Wert 1:5 nicht überschreitet und wesentliche Einflüsse von lokalen Windsystemen oder anderen meteorologischen Besonderheiten ausgeschlossen werden können. In anderen Fällen bedarf es weiterer Untersuchungen etwa durch Verwendung eines prognostischen Strömungsmodells, mit dessen Hilfe auch thermisch oder dynamisch induzierte meteorologische Phänomene berücksichtigt werden können (HessVGH, Urt. v. 07.05.2009, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass am Vorhabenstandort besondere Strömungsverhältnisse herrschen. Insbesondere ist ein größerer Anstieg des Geländes nicht festzustellen.

117

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige (A.) die Ausbreitungsrechnung auf der Grundlage der Ausbreitungszeitenreihe des repräsentativen Jahres 2009 der Station Magdeburg durchgeführt hat. Er hat zuvor beim Deutschen Wetterdienst (DWD) eine Qualifizierte Prüfung (QPR) der Übertragbarkeit einer Ausbreitungsklassenzeitreihe (AKTerm) bzw. einer Ausbreitungsklassenstatistik (AKS) nach TA Luft 2002 auf den Standort des Vorhabens der Beigeladenen in Auftrag gegeben. Im daraufhin erstellten amtlichen Gutachten des DWD vom 15.05.2013 wurden insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld am Standort untersucht und die Bebauung und Geländeunebenheiten berücksichtigt (vgl. Anlage 6 zum Gutachten, Abschnitte 8 und 9, Seite 13 f.). Dort heißt es, die Freiflächen rund um den Standort seien gute Kaltluftproduzenten. Bodennahe Emissionen würden sich bei nächtlichen windschwachen Strahlungswetterlagen, zusammen mit der von den Hochflächen und Hängen nördlich und nordöstlich des Standortes abfließenden Kaltluft, in südliche bis südwestliche Richtung (in Richtung Bode und Mühlgraben) ausbreiten und dabei allmählich verdünnen. Die Fließgeschwindigkeit hänge von der Geländeneigung und der aerodynamischen Rauhigkeit ab. Nennenswerte Auswirkungen auf die Windverteilung würden aber nicht gesehen, zumal sich die Bodeniederung im Verlauf der Strahlungsnacht rasch mit Kaltluft füllen dürfte, womit bodennahe Kaltluftströme nahezu zum Erliegen kämen. Einflüsse lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in 10 m über Grund würden als nicht relevant eingeschätzt, da sich am Standort bei windschwachen Strahlungswetterlagen aufgrund der orografischen und topografischen Strukturen keine thermisch induzierten Zirkulationssysteme ausbilden könnten. Wenn die Emissionshöhe das 1,2-fache, aber nicht das 1,7-fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen oder Bewuchshöhen überschreite, werde empfohlen, die Einflüsse mit Hilfe eines Windfeldmodells für Gebäudeüberströmung zu berücksichtigen. Falls im Rechengebiet Höhendifferenzen von mehr als dem 0,7-fachen der Emissionshöhe über eine Strecke, die mindestens dem zweifachen der Emissionshöhe entspreche, vorkämen, seien orografische Einflüsse mit Hilfe eines mesoskaligen Windfeldmodells zu berücksichtigen. Dies betreffe Steigungen von mehr als 1:20, aber nicht über 1:5. Nach Kartenlage seien im mindestens 1 km x 1 km großen Rechengebiet keine Geländesteigungen von 1:20 und mehr auszumachen.

118

Darauf aufbauend hat der Gutachter zur Bebauung und Bodenrauhigkeit Folgendes festgehalten: Die Firsthöhe der Ställe betrage einheitlich 7,17 m. Entsprechend der Festlegung des Genehmigungsbescheides betrügen die Ableitungshöhen der Abluftkamine 10,8 m über Grund. Durch schaltungstechnische Maßnahmen der Einzelkamine werde gesichert, dass die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt. Dadurch werde gesichert, dass die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Betrage die Schornsteinhöhe – wie hier – weniger als das 1,7-fache und ist die freie Abströmung gewährleistet, könnten die Einflüsse der Bebauung mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Anhang 3, Nr. 10 der TA Luft). Dabei seien die Gebäude zu berücksichtigen, deren Abstand von den Emissionsquellen weniger als das 6-fache der Höhe der Abluftkamine (< 65 m) betrage. Somit würden bei der Ausbreitungsrechnung die Ställe 1 bis 3 sowie der Zwischenbau (Stall 1a) als Strömungshindernisse berücksichtigt. Bei der Digitalisierung der Stallhöhen würden die Stalldächer mit 2/3 der Bauhöhe zwischen First und Traufe berücksichtigt. Im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage werde die vorhandene Bebauung und der Bewuchs durch die Rauhigkeitslänge z0 berücksichtigt. Die Rauhigkeitslänge sei für ein kreisförmiges Gebiet mit einem Radius der 10fachen Kaminhöhe festzulegen. Die mittlere Rauhigkeitslänge betrage, entsprechend des im Anhang 3 der TA Luft dargestellten CORINE-Katasters, zo = 1 m. In der Ausbreitungsrechnung würden die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt; daher werde der zo-Wert auf 0,5 m herabgesetzt.

119

Nicht stichhaltig ist der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Ausbreitungsrechnung sei in den Emissionsdaten um die korrigierten Ableitbedingungen als vertikale Linienquellen zu erweitern, weil es einer Erläuterung des Umstandes bedürfe, dass die Ställe angeblich optimiert seien. Gleiches gilt für die Rüge, es hätte ein gänzlich anderes Lüftungskonzept in Ansatz gebracht werden müssen, um erhebliche Belästigungen zu vermeiden, weil die Emissionen aus den zwangsgelüfteten Ställen mit einer Geschwindigkeit von 7 m/s im Austrittsbereich aufträten. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Abluftführung nach der erteilten Genehmigung nicht über Linienquellen (wie etwa Lüfterbänder), sondern über Abluftkamine als Punktquellen erfolgt. Die Optimierung der Abluftführung erfolgt nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.1 und 3.1.4 zum Genehmigungsbescheid dergestalt, dass nach Nr. 5.5.2 der TA Luft eine Ableitung der Abluft senkrecht über First in einer Höhe von = 3 m über First und mindestens 10 m über Grund und mit einer Abluftgeschwindigkeit von = 7 m/s erfolgt.

120

Zu Unrecht wendet die Klägerin gegen die Ausbreitungsrechnung ein, der Gutachter habe verkannt, dass Abweichungen von den Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft (Ausbreitungsrechnung) bezüglich der Maschenweiten des Programms AUSTAL2000 im Gutachten zu begründen seien. Nach Nr. 7 des Anhangs 3 zur TA Luft ist das Raster zur Berechnung von Konzentrationen und Depositionen so zu wählen, dass Ort und Betrag der Immissionsmaxima mit hinreichender Sicherheit bestimmt werden können. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die horizontale Maschenweite die Schornsteinhöhe nicht überschreitet. In Quellentfernungen größer als das 10fache der Schornsteinhöhe kann die horizontale Maschenweite proportional größer gewählt werden. Der Protokolldatei der Ausbreitungsrechnung mit dem Programm AUSTAL2000 (Anlage 5 zum Gutachten) lässt sich entnehmen, dass der Gutachter vier verschiedene Zellengrößen (3, 6, 12 und 24 m) verwendet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er dies dahingehend erläutert, dass er das im Programm AUSTAL2000 automatisch vorgegebene geschachtelte Gitter mit Längen von 3, 6, 12 und 24 m verwendet habe.

121

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Gutachter habe verkannt, dass die standardmäßige Festlegung des Standortes des Anemometers nur gelte, wenn die Landnutzung (Rauhigkeitsverhältnisse) am Standort der Windmessung der Landnutzung am Anlagenstandort entspreche. Nach dem vom Gutachter (A.) eingeholten Gutachten des DWD vom 15.05.2013 ist aus meteorologischer Sicht die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Ausbreitungsklasse der Station Magdeburg des Jahres 2009 geeignet. Wie oben bereits ausgeführt, haben die DWD-Gutachter dabei insbesondere auch die lokalen topografischen Einflüsse auf das Windfeld und die Rauhigkeitsverhältnisse berücksichtigt (vgl. Kapitel 5, 6 und 8). In Kapitel 7 wird ferner ausgeführt, dass die orografischen Bedingungen (Höhenprofil) am Standort mit denen an der Wetterwarte Magdeburg in etwa vergleichbar seien, so dass die Auswahl eines „Zielortes“ als Anemometerstandort der Ausbreitungsrechnung im Rechengebiet (xa, ya) nicht notwendig sei. Es werde jedoch freigestellt, als „Zielort“ im Rechengebiet einen Aufpunkt zu verwenden, der etwas höher liege als der Standort selbst. Dieser Aufpunkt mit den Gauß-Krüger-Koordinaten rechts 44 66 400 und hoch 57 57 500 sei ca. 1,1 km nordöstlich vom Standort in einer Höhe von ca. 91 m NN zu finden. Dem entsprechend hat der Gutachter (A.) für die Ausbreitungsrechnung als Anemometerstandort den von den DWD-Gutachtern vorgeschlagenen Aufpunkt ca. 1,1 km nordöstlich des Anlagenstandorts gewählt (vgl. S. 15 des Gutachtens).

122

Die Klägerin rügt auch ohne Erfolg, der Gutachter habe verkannt, dass bei einer sehr inhomogenen Verteilung der Rauhigkeitslänge im Rechengebiet, wie sie hier anzutreffen sei, eine ausführlichere Betrachtung erforderlich sei. Nach Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft wird die Bodenrauhigkeit durch eine mittlere Rauhigkeitslänge z0 beschrieben, die nach Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft enthält folgende mittlere Rauhigkeitslängen in Abhängigkeit von den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters:

123

zin m

 CORINE-Klasse

 0.01 

Strände, Dünen und Sandflächen (331); Wasserflächen (512)

 0,02 

Deponien und Abraumhalden (132); Wiesen und Weiden (231); Natürliches Grünland (321); Flächen mit spärlicher Vegetation (333); Salzwiesen (421); In der Gezeitenzone liegende Flächen (423); Gewässerläufe (511); Mündungsgebiete (522)

 0,05 

Abbauflächen (131); Sport- und Freizeitanlagen (142); Nicht bewässertes Ackerland (211); Gletscher und Dauerschneegebiete (335); Lagunen (521)

 0,10 

Flughäfen (124); Sümpfe (411); Torfmoore (412); Meere und Ozeane (523)

 0,20 

Straßen, Eisenbahn (122); Städtische Grünflächen (141); Weinbauflächen (221); Komplexe Parzellenstrukturen (242); Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung (243); Heiden und Moorheiden (322); Felsflächen ohne Vegetation (332)

 0,50 

Hafengebiete (123); Obst- und Beerenobstbestände (222); Wald-Strauch-Übergangsstadien (324)

 1,00 

Nicht durchgängig städtische Prägung (112); Industrie- und Gewerbeflächen (121); Baustellen (133); Nadelwälder (312)

 1,50 

Laubwälder (311); Mischwälder (313)

 2,00 

Durchgängig städtische Prägung (111)

124

Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft bestimmt weiter, dass die Rauhigkeitslänge für ein kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Es ist zu prüfen, ob sich die Landnutzung seit Erhebung des Katasters wesentlich geändert hat oder eine für die Immissionsprognose wesentliche Änderung zu erwarten ist. Variiert die Bodenrauhigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebiets sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauhigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Der Gutachter (A.) hat bei seiner Ausbreitungsrechnung die vorhandene Bebauung und den Bewuchs im weiteren Umfeld der Tierhaltungsanlage (> 65m) berücksichtigt und hat eine Rauhigkeitslänge z0. von 0,5 m angenommen unter Hinweis darauf, dass die Stallgebäude als Strömungshindernisse berücksichtigt seien, so dass der z0-Wert auf 0,5 m herabgesetzt werde. In Anbetracht der in der Tabelle 14 des Anhangs 3 zur TA Luft aufgeführten Rauhigkeitslängen zwischen 0,02 u.a. für Wiesen und Weiden, natürliches Grünland und Flächen mit spärlicher Vegetation und 1,0 für Flächen mit nicht durchgängig städtischer Prägung sowie der Vorgabe in Nr. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft, bei Gebieten mit unterschiedlicher Bodenrauhigkeit eine mittlere Rauhigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen, begegnet die vom Gutachter vorgenommene Bestimmung der Rauhigkeitslänge keinen Bedenken.

125

Die Klägerin rügt ferner, es sei nicht ersichtlich, dass bei der Ausbreitungsrechnung die Vorgabe in Nr. 9 des Anhangs 3 der TA Luft berücksichtigt worden sei, nach der die statistische Unsicherheit im Rechengebiet bei Bestimmung des Jahres-lmmissionskennwertes 3 % des Jahres-Immissionswertes und beim Tages-lmmissionskennwert 30 % des Tages-Immissionswertes nicht überschreiten dürfe. Gegebenenfalls sei die statistische Unsicherheit durch eine Erhöhung der Partikelzahl (Parameter qs) zu reduzieren. Um den Forderungen der TA Luft nachzukommen, sei ein Nachweis darüber zu führen, dass im gesamten Rechengebiet der relative Stichprobenfehler nicht größer als 3 % des Jahresimmissionswertes sei. Die räumliche Verteilung des Stichprobenfehlers sei im Gutachten darzustellen. Für Geruchsausbreitungsrechnungen sei daher eine Qualitätsstufe von +1 und höher anzusetzen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass er die Qualitätsstufe +1 gewählt habe und diese Qualitätsstufe ausreiche, um eine statistische Unsicherheit von weniger als 3 % zu erreichen. Auch daran ist nichts zu erinnern. Die Qualitätsstufe +1 ist auch in der Protokolldatei zur Ausbreitungsrechnung als (qs 1) dargestellt.

126

Die Klägerin trägt weiter vor, die Gebäude würden in AUSTAL2000 wie Volumenquellen als Quader vorgegeben, wobei die Unterseite des Quaders immer auf dem Erdboden aufliege. Kreisförmige Gebäude können ebenfalls in AUSTAL2000 definiert werden. Gebäude würden intern auf dem Rechennetz aufgerastet, d.h. die Gitterzellen des Rechennetzes würden als Gebäudezellen angesehen, die ganz oder überwiegend von Gebäuden ausgefüllt seien. Die aufgerasterten Gebäude dürften nicht mit Quellen überlappen, d. h. Quellen dürfen sich nicht innerhalb von Gebäuden befinden. Das Windfeld zur Umströmung der Gebäude könne mit einem diagnostischen Windfeldmodell (z.B. TALdia) berechnet werden. Das Modell TALdia berechne für jede der 6 Stabilitätsklassen 36 Windfelder. Seien Gebäude vorgegeben, berechne das Modell TALdia zuerst ein divergenzfreies Windfeld ohne Gebäude. In dieses würden dann die Gebäudeeinflüsse eingearbeitet. Das Ergebnis sei ein divergenzfreies Windfeld mit an Gebäude angepassten Randbedingungen. Der angegebene Divergenzfehler (größter im Rechennetz gefundener Divergenzwert) sollte unter 0,05 liegen. Ein entsprechender Hinweis sei in der Protokolldatei TALdia.log ablesbar. Die Klägerin beanstandet insoweit, dass nicht erkennbar sei, wie der Gutachter die Modellierung der Gebäude und Stallanlagen sowie der sonstigen Emissionsquellen vorgenommen habe. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er in der von der Klägerin beschriebenen Weise vorgegangen sei, insbesondere die Gebäude entsprechend berücksichtigt habe. Das Programm TALdia sei Teil des verwendeten Ausbreitungsmodells. Die Bedingung, dass sich Gebäude nicht mit Quellen überlappen dürfen, Quellen sich also nicht innerhalb von Gebäuden befinden dürfen, habe vorgelegen.

127

Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil eine vom Gutachter (K.) für nötig befundene Begehung vor Ort, um die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnung bezüglich der Geruchswahrnehmungshäufigkeit für den konkreten Standort zu kalibrieren bzw. validieren, nicht stattgefunden hat. Weder die GIRL noch der Anhang 3 zur TA Luft für die Berechnung der Zusatzbelastung verlangen dies.

128

Der Gutachter der Klägerin hat ferner beanstandet, unter bestimmten Bedingungen komme es zu einem Herunterschlagen der Abluftfahne. Dieser Vorgang sei im Programm AUSTAL2000G nicht vermerkt. Da man hierin eine Beschneidung des ansonsten positiven Effektes der hochgezogenen Quellen sehe, habe man eine Korrektur vorgenommen und sog. vertikale Linienquellen in das Programm einbezogen. Welche Parameter benutzt werden, bleibe dem Anwender verschlossen. Der Gutachter (A.) hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er bei den Emissionen aus den Abluftkaminen keine vertikalen Linienquellen in die Ausbreitungsrechnung eingegeben habe, sondern nur Punktquellen. Einen Fehler vermag der Senat darin nicht zu erkennen. Bereits im schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass für die betrachteten Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 nach der VDI-Richtlinie 3782 Blatt 3/12 die freie Abströmung der Abluft gegeben sei, weil die dafür maßgeblichen Kriterien (Quellhöhe mindestens 10 m über Flur und 3 m über First sowie Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s) eingehalten würden. Wegen der konkreten Abluftaustritts- und Abströmungsbedingungen seien die Abluftkamine der Ställe 1 bis 3 in der Ausbreitungsrechnung als Punktquellen berücksichtigt worden.

129

2.2.1.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniak- und Stickstoffimmissionen.

130

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 10.03.2010 – 5 A 1375/09 –, juris, RdNr. 43). Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft). Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich (vgl. Hansmann, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.2 - TA Luft Nr. 4.8, RdNr. 47).

131

Damit kann sich ein Nachbar – jedenfalls im Grundsatz – nicht auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen (vgl. VG München, Urt. v. 16.10.2007 – M 1 K 07.2892 –, juris, RdNr. 20). Ob etwas anderes für solche Nachbarn gilt, die Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) sind (so VG Augsburg, Urt. v. 04.07.2012 – Au 4 K 11.620 –, juris, RdNr. 24; VG Würzburg, Urt. v. 19.10.2010 – W 4 K 07.1422 –, juris, RdNr. 154 ff.), kann hier offen bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Klägerin empfindliche Pflanzen und Ökosysteme im Sinne von Nr. 4.8 Abs. 5 der TA Luft befinden.

132

2.2.1.1.3. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten der Klägerin ergeben sich ferner nicht aus von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden Staubemissionen.

133

Einer Ermittlung der Immissions-Kenngrößen (Vor-, Zusatz- und Gesamtbelastung) bedarf es nach Nr. 4.6.1.1 TA Luft insoweit nicht. Nach dieser Regelung ist die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen im Genehmigungsverfahren für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich, wenn die nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (Massenströme) die in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten und die nicht nach Nr. 5.5 abgeleiteten Emissionen (diffuse Emissionen) 10 vom Hundert der in Tabelle 7 festgelegten Bagatellmassenströme nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Nach Nr. 5.5 erfolgt die Ableitung in der Regel über Schornsteine.

134

Der in der Tabelle 7 aufgeführte Bagatellmassenstrom für Staub (ohne Berücksichtigung der Staubinhaltsstoffe) von 1 kg/h in der durch Schornsteine abgeleiteten Stallabluft wird hier deutlich unterschritten. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung eines Emissionsfaktors von 0,762 g/(GV*h) für Schweineställe und 0,145 g/(GV*h) für Rinderställe (UBA-Texte 75/02 BVT 7502) einen Emissionsmassenstrom der Gesamtanlage von 0,244 kg/h ohne und 0,192 kg/h mit Berücksichtigung der Abluftreinigung ermittelt (vgl. Bl. 84 der Beiakte D).

135

Anhaltspunkte für relevante diffuse Staubquellen sind nicht ersichtlich. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Futtersilos. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 3.1.19 und 3.1.20 ist die Abluft der Futtersilos über Abluftreinigungseinrichtungen (z.B. Filtergewebesack) abzuleiten, und während der Befüllung ist die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungseinrichtung durch Sichtkontrollen am Abluftaustritt zu kontrollieren. Nach der weiteren Nebenbestimmung 3.1.21 sind die Fahrwege im Anlagenbereich zu befestigen und entsprechend dem Verschmutzungsgrad zu säubern; über die Reinigungsmaßnahmen ist ein Nachweisbuch zu führen.

136

2.2.1.1.4. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe wie Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) oder Endotoxine schädlich Umwelteinwirkungen zu befürchten sind.

137

Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen, und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind aber nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist (vgl. zum Ganzen: OVG NW, Urt. v. 30.01.2014 – 7 A 2555/11 –, juris, RdNr. 91 ff. in juris, m.w.N.; vgl. auch Beschl. d. Senats v. 13.06.2013 – 2 M 16/13 –, juris, RdNr. 14 in juris, m.w.N.).

138

2.2.1.2. Schließlich sind schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht im Hinblick auf die der Anlage zuzurechnenden Geräuschemissionen zu erwarten.

139

a) Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 – BVerwG 4 C 2.07 –, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 12).

140

b) Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

141

c) Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert tags bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). In Dorfgebieten und Mischgebieten liegt er nach Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm tags bei 60 dB (A) und nachts bei 45 dB (A). Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in der Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Die Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind bei der Festlegung der Zumutbarkeitsschwelle nicht maßgeblich. Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innenbereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 – BVerwG 7 B 71.00 –, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Nach Nr. 6.7 der TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden.

142

d) Das Wohngrundstück der Klägerin liegt – anders als die westlich der G-Straße liegenden Grundstücke (Wohngebiet „Am D-Platz“ sowie Sondergebiet Erholung „SO Woch“) – nicht innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets, jedoch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, für den die in Nr. 6.1 der TA Luft aufgeführten Immissionsrichtwerte herangezogen werden können.

143

aa) Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ausschlaggebend, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört; wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007 – BVerwG 4 B 7.07 –, BauR 2007, 1383, RdNr. 4 in juris). Der Bebauungszusammenhang endet in der Regel, sofern nicht besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, am letzten Baukörper (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010 – BVerwG 4 C 7.10 –, NVwZ 2011, 436, RdNr. 12 in juris). Ob Straßen geeignet sind, einen Bebauungszusammenhang herzustellen, eine trennende Funktion erfüllen oder für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich ohne jegliche Aussagekraft sind, kann stets nur das Ergebnis einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts sein (BVerwG, Beschl. v. 10.03.1994 – BVerwG 4 B 50.94 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 165, RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Zu der insoweit maßstabsbildenden „vorhandenen Bebauung" kann auch qualifiziert beplantes Gebiet gehören (BVerwG, Beschl. 24.11.2009 – BVerwG 4 B 1.09 –, BRS 74 Nr. 94, RdNr. 5 in juris). Die Trennungslinie zwischen Innen- und Außenbereich fällt bei der Beplanung einer Fläche am Ortsrand nicht stets mit der „äußeren" Grenze des Bebauungsplanbereichs zusammen; anders liegt es vielmehr dann, wenn die Grenzziehung durch die tatsächliche Entwicklung – wie etwa durch die Fortsetzung der Bebauung über das Plangebiet hinaus – überholt ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.06.2012 – 2 L 132/11 –, BRS 79 Nr. 102, RdNr. 6 in juris, m.w.N.). Maßgeblich ist die vorhandene tatsächliche Bebauung. Von diesem Grundsatz ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn innerhalb des Bereichs, nach dessen zusammenhängender Bebauung gefragt ist, qualifiziert beplantes Gebiet liegt (BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – BVerwG IV C 16.73 –, DÖV 1976, 381 [382], RdNr. 15 in juris).

144

Nach diesen Grundsätzen sind die Wohngrundstücke Chaussee 60 bis 63 und damit auch das Grundstück der Klägerin dem unbeplanten Innenbereich zuzuordnen. Diese Bebauung schließt sich unmittelbar an die westlich der G-Straße vorhandene Bebauung im Bebauungsplangebiet „Am D-Platz“ an und bildet den Abschluss des Ortsteils in östliche Richtung.

145

bb) Das Grundstück der Klägerin liegt in einem Gebiet, dass sich keinem der Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebietstypen zuordnen lässt, sondern sich als sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“ darstellt.

146

Für die Bestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps ist – wie im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB – maßgeblich, welche Arten der baulichen Nutzung sich in der „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin befinden. Auch für die Beurteilung eines Bereichs als eines faktischen Baugebietes im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB ist (grundsätzlich) die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 – BVerwG 4 B 1.00 –, BRS 63 Nr. 102, RdNr. 18). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst, wobei die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen ist (BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014 – BVerwG 4 B 38.13 –, juris, RdNr. 7).

147

aaa) Hiernach gehören zur „näheren Umgebung“ des Grundstücks der Klägerin die bebauten Grundstücke Chaussee 60 bis 63 und G-Straße 1 und 2, die sich östlich der G-Straße und südlich der Anlage der Beigeladenen befindet. Insbesondere wirkt sich auch das auf dem Grundstück A-Straße gelegene Bürogebäude der (...) GbR (...) aufgrund der geringen Entfernung noch prägend auf die Grundstücke Chaussee 60 bis 63 aus.

148

bbb) Die Wohnbebauung westlich der G-Straße kann hingegen nicht mehr dazugerechnet werden, weil sie innerhalb eines beplanten Gebiets liegt. Zwar kann bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben in Bezug auf einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, zur näheren Umgebung auch Bebauung in einem benachbarten qualifiziert beplanten Gebiet zählen (so etwa SaarlOVG, Urt. v. 18.10.2002 – 2 Q 3/02 –, juris, RdNr. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 34 RdNr. 37, unter Hinweis auf das Urteil des BVerwG v. 31.10.1975, a.a.O., das sich allerdings nur mit dem Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bei Bestehen eines qualifizierten Bebauungsplans befasst). Zur Beantwortung der Frage, ob gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO bezeichneten Baugebietstypen entspricht, kann die Art der baulichen Nutzung in einem angrenzenden beplanten Gebiet aber nicht herangezogen werden. Da ein faktisches Baugebiet ausschließlich aus unbeplantem Gebiet besteht, kann zur Bestimmung der insoweit maßgeblichen Umgebung auch nur unbeplantes Gebiet herangezogen werden (BayVGH, Beschl. v. 06.09.2012 – 2 ZB 11.484 –, juris, RdNr. 4). Andernfalls würde sich das faktische Baugebiet quasi in das beplante Gebiet hinein erstrecken.

149

ccc) Zur näheren Umgebung des Grundstücks der Klägerin zählt auch nicht der Bereich, auf dem sich der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen befinden. Mit der „näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, die sich prägend auf das Grundstück auswirkt und auf die sich das neue Vorhaben prägend auswirken kann, ist ein Bestandteil (nur) des Innenbereichs gemeint. Das, was innerhalb des „im Zusammenhang bebauten Ortsteils" an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen" ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss; was jenseits der Grenze des Innenbereichs im Außenbereich an vorhandenen privilegierten oder nicht privilegierten Gebäuden vorhanden ist, gibt dagegen für die benachbarte Innenbereichsbebauung keinen geeigneten Maßstab ab (BVerwG, Urt. v. 10.12.1982 – BVerwG 4 C 28.81 –, DVBl 1983, 349, RdNr. 16 in juris). Der Wirtschaftshof der (...) GbR (...) und die Stallanlagen der Beigeladenen sind – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat – bereits dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen.

150

Unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB fällt nicht jede beliebige bauliche Anlage. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen als ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element zu Buche schlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 – BVerwG 4 B 15.00 –, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198, RdNr. 3 in juris, m.w.N). Die Stallanlagen der Beigeladenen und die baulichen Anlagen des Wirtschaftshofs der (...) GbR (...) dienen indes nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen, sondern sind allein auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet. Wegen des besonderen Nutzungszwecks hat der Gesetzgeber Stallungen und Wirtschaftsgebäude im Außenbereich privilegiert (vgl. ThürOVG, Urt. v. 11.12.1997 – 1 KO 674/95 –, BRS 59 Nr. 213, RdNr. 49 in juris). Zwar können auch Gebäude, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, zur Entwicklung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils beitragen (BVerwG, Beschl. v. 02.04.2007, a.a.O., RdNr. 4). Sie müssen aber, um einen Bebauungszusammenhang herstellen zu können, den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln. Dies ist bei den hier in Rede stehenden landwirtschaftlichen Gebäuden der Beigeladenen und der (...) GbR (...) sowohl nach dem Eindruck, den der Berichterstatter bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, als auch nach den vorliegenden Lichtbildern und Luftbildern nicht der Fall. Zwischen der Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 einerseits und den Stallanlagen und Wirtschaftsgebäuden andererseits besteht eine deutlich erkennbare Zäsur, die sich nicht nur in der deutlich unterschiedlichen Bebauungsstruktur, sondern auch in der Unterbrechung der Bebauung durch die dazwischen liegenden Grünflächen zeigt. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur westlich und östlich der G-Straße besteht auch nicht der Eindruck der Zusammengehörigkeit mit der westlich der G-Straße entstandenen Wohnbebauung.

151

dd) Die hiernach maßgebliche Bebauung auf den Grundstücken Chaussee 60 bis 63 sowie G-Straße 1 und 2 entspricht keinem der in Nr. 6.1 der TA Lärm aufgeführten Baugebietstypen.

152

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Umgebung eines (Bau-)Grundstücks in einem nicht beplanten Baugebiet einem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO entspricht, ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die maßgebliche Umgebung bauliche Elemente enthält, die nur einem der Baugebietstypen der BauNVO zuzuordnen sind, wobei nicht erforderlich ist, dass für die Zweckbestimmung nicht wesentliche einzelne Anlagen auch vorhanden sein müssen. Insoweit ist in erster Linie auf die nach den Bestimmungen der BauNVO in den verschiedenen Baugebieten allgemein zulässigen Nutzungen abzustellen; Nutzungen die in einem Baugebiet nach der BauNVO nur ausnahmsweise zulässig sind, stehen der Einordnung in ein solches Baugebiet entgegen, wenn sie sich nicht auf Ausnahmefälle beschränken und eine prägende Wirkung auf die Umgebung ausüben. Unzulässig ist es hingegen, eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in ein Baugebiet der in den §§ 2 bis 11 BauNVO bezeichneten Art zu pressen; dies schließt allerdings nicht aus, dass bestimmte Arten von Nutzungen außer Betracht bleiben, weil sie entweder nicht wesentlich sind oder so genannte Fremdkörper darstellen (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 14.11.2006 – 2 L 504/02 –, juris, RdNr. 25, m.w.N.).

153

aaa) Hiernach kommt die Einstufung als reines oder allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 3 oder § 4 BauNVO nicht in Betracht, weil das von der (...) GbR (...) genutzte Bürogebäude in solchen Gebieten nicht – auch nicht ausnahmsweise – zulässig ist (vgl. HessVGH, Beschl. v. 10.10.2001 – 3 TG 2595/01 –, juris, RdNr. 10).

154

Das Bürogebäude kann bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht als „Ausreißer“ unberücksichtigt bleiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 – BVerwG 4 C 23.86 –, BVerwGE 84, 322 [325 f.], RdNr. 13 ff. in juris) bestimmt zwar nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden und alles außer acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht.

155

Hiernach kann das Bürogebäude der (...) GbR (...)nicht als „Fremdkörper“ ausgesondert werden. Da die Bebauung im maßgeblichen Gebiet nur aus verhältnismäßig wenigen Gebäuden besteht, kann nicht davon gesprochen werden, dass das dem benachbarten Landwirtschaftsbetrieb dienende Bürogebäude in quantitativer Hinsicht das Gebiet nicht prägen kann. Qualitativ erscheint es in der Umgebung nicht als Fremdkörper. Es steht nicht in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung, die auch durch Gebäude ehemaliger landwirtschaftlicher Hofstellen geprägt ist.

156

bbb) Auch die Einstufung als faktisches Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO scheidet aus. Ein solches Gebiet dient gemäß § 5 BauNVO der Unterbringung landwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen, der Unterbringung nicht wesentlich störender Gewerbebetriebe sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben, wobei auf die Belange der landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten vorrangig Rücksicht zu nehmen ist. In diesem Rahmen handelt es sich somit um ein „ländliches Mischgebiet", dessen Charakter grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten abhängt. Eine – sich jedenfalls in gewissen Grenzen haltende – Zunahme der Wohnbebauung in einem Dorfgebiet führt für sich gesehen noch nicht zu einer – rechtlichen – Änderung des Gebietscharakters im Sinne der BauNVO (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 19.01.1996 – BVerwG 4 B 7.96 –, BRS 58 Nr. 67). Auch setzt die Einordnung als faktisches Dorfgebiet nicht voraus, dass den dort vorhandenen Wirtschaftsstellen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe ein zahlenmäßiges oder sonstiges Übergewicht zukommt (VGH BW, Urt. v. 18.01.2011 – 8 S 600/09 –, NVwZ-RR 2011, 393 [395], RdNr. 33 in juris). Im Gegensatz zu den Baugebieten nach den §§ 3 und 4 BauNVO, die allein durch die Wohnnutzung geprägt sind, dient das Dorfgebiet aber auch und vor allem der Unterbringung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsstellen. Verschwindet die landwirtschaftliche Nutzung aus einem Dorfgebiet völlig und erscheint eine Wiederaufnahme dieser Nutzung als ausgeschlossen, so wandelt sich der Gebietscharakter; je nach der vorhandenen Nutzung kann ein faktisches Wohn- oder auch ein Mischgebiet entstehen (BVerwG, Beschl. v. 29.05. 2001 – BVerwG 4 B 33.01 –, NVwZ 2001, 1055, RdNr. 5 in juris).

157

Da innerhalb des maßgebenden Gebiets westlich der G-Straße und südlich der sich bereits im Außenbereich befindlichen landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen nach dem Ergebnis der Augenscheinseinnahme durch den Berichterstatter keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und auch nicht zu erwarten ist, dass eine solche Nutzung dort wieder aufgenommen wird, kann das Gebiet nicht als faktisches Dorfgebiet eingeordnet werden.

158

ccc) Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht schließlich auch keinem faktischen Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO).

159

Die Eigenart des Mischgebiets als Baugebietstyp zeichnet sich nach § 6 Abs. 1 BauNVO dadurch aus, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen soll. Beide Hauptnutzungsarten stehen nicht in einem Rangverhältnis zueinander. Sie stehen als gleichwertige Funktionen nebeneinander, wobei das Verhältnis der beiden Nutzungsarten weder nach der Fläche noch nach Anteilen bestimmt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1972 – BVerwG 4 C 11.69 –, BVerwGE 40, 94 [100]). Dieses gleichwertige Nebeneinander zweier Nutzungsarten bedeutet, dass keine der Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen soll (BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 – BVerwG 4 C 64.79 – BVerwGE 68, 207 [210], RdNr. 9 in juris). Die zwei Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht wesentlich störendes Gewerbe sind ohne abstufenden Zusatz nebeneinandergestellt worden; diese beiden Nutzungsarten sollen in den durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebieten auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt" sein. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, mit der dieses sich von den anderen Baugebietstypen der BauNVO unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (BVerwG, Urt. v. 04.05.1988 – BVerwG 4 C 34.86 –, BVerwGE 79, 309 [312], RdNr. 18 in juris).

160

Eine solche für ein Mischgebiet typische „durchmischte“ Bebauung findet sich im maßgeblichen Bereich nicht. Allein der Umstand, dass sich dort ein einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. Nr. 2 BauNVO zulässiges Bürogebäude befindet, genügt hierfür nicht.

161

ee) Lässt sich damit die Eigenart der näheren Umgebung keinem der Baugebiete im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO zuordnen, sondern handelt es sich um eine sog. Gemengelage oder „diffuse Bebauung“, kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus, BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Denn Nr. 6.1 der TA Lärm enthält für solche Baugebiete keine Immissionsrichtwerte. Die in Nr. 6.7 der TA Lärm verwendete Begriff der „Gemengelage“ ist ein anderer; er betrifft solche Konstellationen, in denen gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuscheinwirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen. Der Senat geht davon aus, dass das maßgebliche Gebiet westlich der G-Straße und südlich der landwirtschaftlichen Gebäude der (...) GbR (...) und der Beigeladenen von dem in Nr. 6.1 der TA Lärm genannten Baugebiete einem Mischgebiet am nächsten kommt. Die dort vorzufindenden Wohngebäude und das Bürogebäude sind gemeinsam nur in einem Mischgebiet gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig.

162

Dies hat zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm für Kern-, Dorf und Mischgebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 60 dB (A) tags und 45 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Diese Werte dürften im Übrigen auch dann maßgeblich sein, wenn mit der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sich die Anlage der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) befindet. Dann dürfte sich die nähere Umgebung des Grundstücks der Klägerin bei Einstufung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung als faktisches Dorfgebiet und bei Einstufung der Tierhaltung als Gewerbebetrieb als faktisches Mischgebiet oder als eine durch gewerbliche Nutzung mitgeprägte Gemengelage darstellen. Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung erreichen nach der vom Senat eingeholten schalltechnischen Untersuchung des Sachverständigen (S.) Beurteilungspegel von 54 dB (A) tags und 37 dB (A) nachts. Sie unterschreitet damit die hier maßgeblichen Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchstabe c) der TA Lärm um 6 dB (A) tags und 8 dB (A) nachts mit der Folge, dass nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm der von der Anlage der Beigeladenen verursachte Immissionsbeitrag als nicht relevant anzusehen ist und die Bestimmung der Vorbelastung entfallen konnte.

163

2.2.2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen (Änderungs-)Genehmigung u.a. auch die bauplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

164

Ein Verstoß gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sind, liegt nicht vor. Dabei ist aus den oben (2.2.1.2. d) bb) ccc)) bereits dargelegten Gründen davon auszugehen, dass sich der Standort der Anlage der Beigeladenen im Außenbereich befindet.

165

2.2.2.1. Dem entsprechend kann sich die Klägerin nicht auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, der den Eigentümern von Grundstücken, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet oder in einem „faktischen“ Baugebiet liegen, das Recht gibt, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässiges Vorhaben in diesem Gebiet zur Wehr zu setzen. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses kann das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des (faktischen) Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindert werden (BVerwG, Beschl. v. 22.12.2011 – BVerwG 4 B 32.11 –, BRS 78 Nr. 171).

166

2.2.2.2. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, dass die Anlage der Beigeladenen im Außenbereich weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert sei, dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen oder das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige.

167

Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 – BVerwG 4 B 47.95 –, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Ein Nachbarschutz kommt im Anwendungsbereich des § 35 BauGB nur über das dem § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme in Betracht. Dies würde hier voraussetzen, dass die Klägerin durch das Vorhaben der Beigeladenen unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt ist. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 – BVerwG 4 B 87.99 –, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Solche schädlichen Umwelteinwirkungen liegen aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht vor.

168

2.2.3. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen auch dem Nachbarschutz dienende brandschutzrechtliche Vorschriften verstößt.

169

Brandschutzrechtliche Vorschriften haben nachbarschützenden Charakter, soweit sie das Übergreifen von Bränden auf die Nachbarschaft verhindern sollen (vgl. Beschl. d. Senats v. 19.10.2012 – 2 L 149/11 –, NVwZ-RR 2013, 87 [89], RdNr. 21 in juris; Böhme, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 14 RdNr. 12; Dirnberger, in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 71 RdNr. 274), wie etwa die Vorschriften über äußere Brandwände in Bezug auf das Nachbargrundstück (vgl. OVG BBg, Urt. v. 06.12.2011 – OVG 10 B 6.11 –, BRS 79 Nr. 205, RdNr. 36 in juris) oder die Regelungen über den Grenzabstand und den Abstand von Dachaufbauten oder Dachöffnungen (Böhme, a.a.O., m.w.N.). Nach der allgemeinen Vorschrift des § 14 Abs. 1 BauO LSA sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die Absätze 2 und 3 des § 14 BauO LSA enthalten Anforderungen an die zu verwendenden Baustoffe und Bauteile sowie über deren Brandverhalten und Feuerwiderstandsfähigkeit. Da durch den einzelnen speziellen brandschutztechnischen Vorschriften zuerkannten Drittschutzcharakter mögliche Verletzungen nachbarlicher Rechte bereits im Vorfeld des § 14 BauO LSA aufgefangen werden können, kommt ein Rückgriff auf § 14 BauO LSA zur Begründung des Nachbarrechtsschutzes grundsätzlich nicht mehr in Betracht (Böhme, a.a.O., RdNr. 12).

170

Soweit die Klägerin rügt, der Altbestand enthalte viele „brandgefährdete“ Stoffe, die im Brandfall zur Belastung von Menschen führen würde, ist nicht erkennbar, welche in Betracht kommenden nachbarschützenden Vorschriften durch das Vorhandensein bestimmter Baustoffe konkret verletzt sein sollen. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA enthält zwar ein generelles Verwendungsverbot für Baustoffe, die nicht mindestens normalentflammbar (leicht entflammbar) sind, soweit sie nicht in Verbindung mit anderen Baustoffen mindestens normalentflammbar sind. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hiergegen verstoßen wird. Im Übrigen hängt die Zulässigkeit von Baustoffen in Bezug auf ihr Brandverhalten und ihre Feuerwiderstandsfähigkeit im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 BauO LSA davon ab, für welche Bauteile sie verwendet werden sollen (vgl. §§ 26 ff. BauO LSA). Es sind auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass einzelne Bauteile speziellen brandschutzrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen, die zumindest auch den Zweck verfolgen, ein Übergreifen eines Brandes auf die Nachbarschaft zu verhindern. Ob eine „Brandschutzabnahme“ erfolgt ist oder nicht, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

171

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie einen Sachantrag gestellt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

172

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus den §§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

173

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage.

2

Die Klägerin ist Miteigentümerin des in der Gemeinde T./Ortsteil (H.) gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße (Flurstück 59/214{59/214}, Flur A{}, Gemarkung T.), das nördlich an die Weinbergstraße angrenzt. Östlich des Grundstücks bis zur Straße "Weinbergholz" befindet sich nördlich der Weinbergstraße weitere Wohnbebauung. Westlich des klägerischen Grundstücks liegt ein durch den Bebauungsplans Nr. 4 "Weinbergstraße" der Gemeinde T. festgesetztes allgemeines Wohngebiet. Südlich der Weinbergstraße befinden sich auf einer Fläche, die sich von einer Bahntrasse im Westen bis ca. 160 m nach Osten und ca. 270 m nach Süden erstreckt, Kleingärten. Weiter westlich bis zu einem nach Süden abzweigenden Nebenzug der Weinbergstraße befinden sich unbebaute, landwirtschaftlich genutzte Flächen, die ca. 130 m nach Süden reichen. Weiter südlich, in einem Abstand von ca. 180 bis 450 m zum Grundstück der Klägerin befinden sich die Betriebsstätten einer ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Südlich davon, bis zur Mühlenstraße reichend, liegen das Betriebsgelände der Fa. (M.), die dort den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, eine KfZ-Werkstatt sowie einen Abschlepp- und Bergungsdienst betreibt, und das Betriebsgelände eines Tiefbauunternehmens.

3

Für die Anlagen der ehemaligen LPG beantragte deren Rechtsnachfolgerin im Jahr 1993 eine Änderungsgenehmigung zur Rinderhaltung und Güllelagerung. Die Kapazität für den Neubau eines Boxenlaufstalls wurde mit 306 neuen Kuhplätzen und der "Weiterbetrieb" der schon bestehenden Anlage mit 342 Bullenmastplätzen angegeben. Die Anlage wurde am 01.09.1993 in Betrieb genommen. Im Jahr 2003 zeigte der derzeitige Betreiber der Anlage, die MVA (H.) GmbH & Co. KG (MVA), beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt nach § 67 Abs. 2 BImSchG an, dass die Tierplatzzahl auf 782 Stück erweitert werde.

4

Die Beigeladene, die Gesellschafterin der Agrar GmbH und Kommanditistin der MVA ist, beantragte am 28.07.2010 beim Beklagten die Errichtung einer Biogasanlage auf dem im Eigentum der Agrar {GmbH stehenden Flurstück 64/140 der Flur A {der Gemarkung (H.). Das für die Biogasanlage vorgesehene Gelände liegt etwa 240 bis 340 m südlich des Grundstücks der Klägerin. Die Biogasanlage und die Rinderanlage werden durch den von Norden nach Süden verlaufenden, vom Hauptzug abzweigenden Nebenzug der Weinberg{}straße getrennt. Mit Bewilligung vom 16.06.2011 wurde für dieses Grundstück zu Gunsten der MVA{am 05.07.2011 eine Dienstbarkeit für das Unterhalten und Betreiben einer Biogas- und Siloanlage inklusive eines Blockheizkraftwerks (BHKW) eingetragen.

5

Die Biogasanlage umfasst nach der Baubeschreibung nebst Anlagen einen Fermenter mit einer gasdichten Abdeckung mit einem Nettovolumen von 3.385 m³, ein nicht abgedecktes, mit einer Schwimmschicht als Abschluss versehenes Gärrest-Endlager mit einem Nettovolumen von 4.731 m³, einen Annahmebehälter (Rindergülle) mit einer geruchsdichten Abdeckung mit einem Nettovolumen von 768 m³, einen BHKW-Container mit 370 kW elektrischer Leistung, ein Pumpen- und Technikgebäude, drei Fahrsiloanlagen mit jeweils zwei Kammern, einen Triolet-Bunker mit einem Fassungsvermögen von 60 m³, eine Futterhalle sowie ein Trafogebäude. Ferner sollen eine befestigte Zuwegung, eine Regenwasserentwässerung durch Versickerung sowie ein Silosickersaftschacht mit Überlauf in das Gärrestendlager hergestellt werden.

6

Nach der Betriebs- und Verfahrensbeschreibung sollen in der Biogasanlage 15.000 t Rindergülle, 3.000 t Maissilage, 2.000 t Grassilage, 1.000 t Ganzpflanzsilage, 500 t Hühnermist und 500 t Rindermist vergoren werden. Weiter heißt es, die Energiepflanzen, vor allem Mais, Roggen oder Hirse, würden auf den Feldern der näheren Umgebung der Biogasanlage angebaut. Von der benachbarten Tierzuchtanlage der MVA (H.) GmbH werde noch zusätzlich Frischgülle über unterirdische Rohrleitungssysteme in den Fermenter eingeleitet. In dem neu zu errichtenden ersten Gärrest-Endlagerbehälter (G 1) mit einem Freibord von 0,2 m bilde sich als Abschluss der Gärreste auf der Oberfläche eine Schwimmschicht durch die eingebrachten Pflanzenfasern. Der zweite und der dritte Gärrestebehälter (G 2 und G 3) mit einem Volumen von insgesamt 5.200 m³ seien auf dem Grundstück der MVA vorhanden. Das entstandene und gereinigte Biogas werde in einem zur Biogasanlage gehörenden Blockheizkraftwerk in einem Gas-Otto-Motor verbrannt.

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Die Beigeladene legte eine Immissionsprognose der (I.) GmbH zur geplanten Errichtung der Biogasanlage vom 07.10.2010 vor, nach der erhebliche Geruchsbelästigungen durch die geplante Anlage auszuschließen seien. Die prognostizierte Zusatzbelastung an Geruchsstoffimmissionen sei an allen maßgeblichen Immissionsorten irrelevant, so dass eine Ermittlung der Vorbelastung und Gesamtbelastung entfallen könne.

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Die Beigeladene legte ferner eine Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros für Lärmschutz (F.) vom 07.09.2010 vor. Darin geht der Gutachter im Ergebnis davon aus, dass von der Anlage der Beigeladenen unter folgenden Bedingungen keine Gefährdungen, erhebliche Benachteiligungen oder erhebliche Belästigungen durch Geräusche der Anlage in der Nachbarschaft verursacht werden:

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1. In 10 m Abstand vom BHKW-Container dürfe ein Schalldruckpegel von LAeq = 65 dB (A) nicht überschritten werden (einschl. Schallaustrag aus den Zu- und Abluftöffnungen sowie einschl. Notkühler und Gemischkühler).

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2. Der Schalldruckpegel der Abgasmündung des BHKW dürfe einen Wert von LWA = 60 dB (A) nicht überschreiten, d.h. in einem seitlichen Abstand von der Mitte der Mündung dürfe ein Schalldruckpegel von LAeq = 72 dB (A) nicht überschritten werden. Es müsse eine zusätzliche selektive Dämpfung der 80-Hz-Spektralkomponente mit einem (zusätzlichen) Resonanz-Schalldämpfer in der Abgasanlage erfolgen. Der zusätzliche Dämpfer müsse so ausgelegt sein, dass ein linearer Schalleistungspegel an der Abgasmündung von LW,Terz,80Hz,lin = 80 dB (A) für die Terz f = 80 Hz mit den maßgeblichen tieffrequenten Energieanteilen nicht überschritten werde.

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3. Der Schalleistungspegel des Feststoffdosierers dürfe einen Wert von LWA = 95 dB (A) nicht überschreiten.

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4. Fahrverkehr durch LKW, Traktoren und Radlader im Zusammenhang mit dem Betrieb der Biogasanlage sei im Nachtzeitraum (22 bis 6 Uhr) auszuschließen.

13

Mit Bescheid vom 15.04.2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung zur Errichtung der Biogasanlage. In den beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 8.2 bis 8.5 übernahm der Beklagte die vom Lärmgutachter in seiner Schallimmissionsprognose aufgestellten Forderungen. Nach der Nebenbestimmung Nr. 8.6 ist für die im Einwirkungsbereich der Biogasanlage liegende Wohnbebauung unter Berücksichtigung der Vorbelastung der Immissionswert (Gesamtbelastung) für die Wahrnehmungshäufigkeit der Gerüche an der Erkennungsschwelle (1 GE/m³) von 0,10 (entspricht 10 % der Jahresstunden) entsprechend der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) einzuhalten. Die Nebenbestimmung Nr. 8.10 bestimmte ferner, dass das Gärrestlager nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, der den gegenwärtigen Stand der Technik repräsentiere, mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen ist.

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Mit Änderungsbescheid vom 15.09.2011 nahm der Beklagte die Nebenbestimmung Nr. 8.10 zurück und gab zur Begründung an, die Biogasanlage sei ohne Abdeckung beantragt worden. Der Antrag enthalte als geruchsmindernde Maßnahme eine sich an der Oberfläche des Endlagers bildende Schwimmschicht, die antragsgemäß zu realisieren sei. Von der Anwendung der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4 werde in diesem speziellen Einzelfall abgewichen, da in der geplanten Anlage weitaus überwiegend Gülle vergoren werde. Bei diesen Verfahren würden weniger Restmethanmengen emittiert als in landwirtschaftlichen Betrieben, die Gülle in nicht gasdichten Behältern lagern und die Gülle unvergoren ausbringen. Der Weißdruck der VDI-Richtlinie 3475 sei nicht zwingend anzuwenden.

15

Am 24.11.2011 nahm die Beigeladene die Biogasanlage erstmalig in Betrieb. Den von der Klägerin am 12.05.2011 erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2012 zurück.

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Die Klägerin hat am 09.02.2012 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Biogasanlage, die die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB für eine Privilegierung im Außenbereich nicht erfülle, sei immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig. Sie sei eine Nebeneinrichtung zur bestehenden Milchviehanlage, die als Tierhaltungsanlage nach Nr. 7.1 Anlage 1 der 4. BImSchV der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG unterfalle. Die Anlage sei zudem als Anlage zur Lagerung von brennbaren Gasen (ab 3 t) nach der 4. BImSchV, Anhang, Nr. 9.1 b, Spalte 2, genehmigungspflichtig. Der Beklagte habe das Rechtsproblem zunächst übersehen, sei dann aber im Widerspruchsverfahren darauf aufmerksam gemacht worden. Daraufhin habe er verfügt, dass das Gärrestendlager nicht der gasdichten Abdeckung bedürfe, so dass es für die Berechnung der Gasmenge außer Betracht bleibe. Damit entspreche die Anlage aber nicht (mehr) dem Stand der Technik nach § 22 BImSchG, obwohl die Ergebnisse aller Stellungnahmen und Prognosen gerade dies voraussetzten. Wegen der Vergrößerung des Wirkungsspektrums der Basisanlage (MVA) und der Erweiterung des zu betrachtenden Wirkraumes sei auch eine standortbezogene Vorprüfung im Sinne des UVPG nach Anlage 1 Nr. 7.5.2 und 8.4.2 UVPG erforderlich, deren Ergebnis öffentlich bekannt zu geben sei. Zudem finde die Störfallverordnung (12. BImSchV) Anwendung, weil die Biogasmenge der Anlage 16,9 t erreiche und damit die Mengenschwelle von 10 t klar überschreite. Die Anlage unterfalle damit bei der erforderlichen gasdichten Abdeckung des Gärrestbehälters zumindest den Grundpflichten der Störfallverordnung hinsichtlich des zu berücksichtigenden Standes der Technik.

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Mit Blick auf das offene Gärresteendlager werde der bei Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen erforderliche Sicherheitsabstand nach Nr. 5.4.8.6. der TA Luft von 500 m nicht eingehalten. Selbst bei einer geschlossenen Anlage werde der einzuhaltende Abstand von 300 m noch deutlich unterschritten. Hinzu komme, dass das Geländeprofil ein Gefälle hin zur Wohnsiedlung Weinberg{WW}straße aufweise, so dass die geplante Bebauung am Hügelkamm im Störfall verstärkte Auswirkungen zeitige. Es sei in diesem Zusammenhang in keinem Fall bei dem einzuhaltenden Abstand berücksichtigt worden, dass Biogas als hochentzündlicher Stoff einzustufen und damit als Stoff nach Nr. 8 des Anhangs I der Störfallverordnung anzunehmen sei. Der Beklagte habe bei der Genehmigung zudem das Auftreten von Schwefelwasserstoff vernachlässigt. Bei einer Konzentration von mehr als 200 ppm sei Biogas gesundheitsschädlich. Da nach den Bauvorlagen eine Mengenschwelle von 5.000 kg überschritten werde, sei nach dem Leitfaden KAS-18 der Kommission für Anlagensicherheit ein Abstand von 800 m einzuhalten.

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Angesichts der geringen Entfernung zur Wohnbebauung werde sie in ihrer Lebensqualität deutlich durch Geruchsbelästigung, Verbreitung von Ungeziefer, Ausbreitung toxischer Stoffe sowie Lärm und Zulieferverkehr erheblich beeinträchtigt. Die von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsimmissionsprognose vom 07.10.2010 gehe von falschen Ansätzen aus. Die Schallimmissionsprognose vom 07.09.2010 unterstelle zu Unrecht, dass sich ihr Wohngrundstück in einem allgemeinen Wohngebiet befinde; es liege vielmehr in einem reinen Wohngebiet mit der Folge, dass unter Berücksichtigung der Lärmvorbelastung nachts ein Wert von 29 dB (A) einzuhalten sei. Dieser Wert werde indessen deutlich überschritten. Das Gutachten berücksichtige zudem verschiedene Emissionsquellen wie Pumpen, Rührwerke, Tauchmotoren und Gasverdichter nicht. Die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 geforderten und angegebenen Werte für den Schallleistungspegel der Abgasmündung des Blockheizkraftwerks würden laut Datenblatt für den angegebenen BHKW-Typ trotz vorhandener Schalldämpfung nicht erreicht. Da der als Referenz angegebene BHKW-Container mit dem Gas-Otto-Motor vom Typ MB 3042 L4 sich nicht mehr im Angebot der Lieferfirma befinde, so dass ein anderes Modell angeliefert worden sei, besitze die vorgelegte Prognose keine Aussagekraft mehr. Schließlich solle der Anlieferverkehr nach der Baubeschreibung über die Pappelallee (heute "An den Pappeln") erfolgen. Es handele sich hierbei aber um einen landwirtschaftlichen Weg, der zu DDR-Zeiten von der damaligen LPG errichtet worden und für den Begegnungsverkehr nicht ausgelegt sei. Es sei deshalb zu erwarten, dass eine Umfahrung über die Weinbergstraße auch nach den Bauvorlagen durchaus als Option in Betracht gezogen werde. In der Immissionsprognose werde diese Variante in ihren Auswirkungen jedoch nicht geprüft.

19

Die Klägerin hat beantragt,

20

die Baugenehmigung des Beklagten vom 15.04.2011 sowie deren Änderungs- und Ergänzungsbescheide vom 24.05., 29.07. und 15.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 10.01.2012 aufzuheben.

21

Der Beklagte hat beantragt,

22

die Klage abzuweisen

23

und vorgetragen: Das nach Baurecht zu beurteilende Vorhaben verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Das BHKW habe eine elektrische Leistung von 370 kW und eine Feuerungswärmeleistung von 995 kW. Die Gaslagerkapazität sei kleiner als 3 t. Die Mengenschwellen der Nr. 9.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV würden nicht überschritten. Die streitige Biogasanlage sei keine Nebenanlage zur benachbarten Rinderanlage. Diese würden von unterschiedlichen Betreibern geführt. Feste Abstandsregeln für die Verträglichkeit von Biogasanlagen zur benachbarten Wohnbebauung existierten derzeit in Sachsen-Anhalt nicht. Auch die Abstandsregelungen der Störfallverordnung seien für die Bemessung des notwendigen Abstandes nicht anwendbar. Der Verkehr zu der Anlage erfolge nicht über die Weinbergstraße sondern über die Pappelallee. Beschwerden wegen Geruchs- und Lärmbelästigungen seien seit der Inbetriebnahme der Biogasanlage bei ihm nicht eingelegt worden. Eine gasdichte Abdichtung sei erst verbindlich seit der ergangenen Rundverfügung des Landesverwaltungsamts vom 29.02.2012. Zuvor sei die Forderung nach einer gasdichten Abdeckung eine unverhältnismäßige Härte für die Beigeladene gewesen, weil die gesamte Anlage ohne gasdichte Abdeckung statisch geplant gewesen sei. Die Biogasanlage unterliege auch nicht der Störfallverordnung.

24

Die Beigeladene hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen

26

und u.a. Folgendes erwidert: Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides habe das Vorhaben nicht der Pflicht zur standortbezogenen Vorprüfung unterlegen. Insbesondere liege das Fassungsvermögen der Gaslageranlage unter 3 t, und die Biogasanlage stelle kein Vorhaben der Tierhaltung im Sinne von Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG dar. Es handele sich bei dem Vorhaben auch nicht um eine Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, denn das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), das Gülle nunmehr als Abfall betrachte, sei im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung und des Widerspruchsbescheides noch nicht in Kraft gewesen. Es könne an sich auch offen bleiben, ob das Vorhaben nach dem Immissionsschutzrecht genehmigungspflichtig gewesen wäre. Aus einem solchen Verfahrensverstoß könne die Klägerin keine Rechte für sich herleiten. Im Übrigen sei das Vorhaben nicht nach Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftig. Es sei insbesondere keine Nebenanlage zu der benachbarten Milchviehanlage. Das Vorhaben verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Den befürchteten Lärm- und Geruchsbelästigungen habe der Beklagte durch entsprechende Auflagen zur Begrenzung der Lärmrichtwerte und der Geruchsschwellenüberschreitung Rechnung getragen. Die Klägerin könne in diesem Zusammenhang lediglich die Richtwerte für ein Wohn-/Mischgebiet beanspruchen. Die Störfallverordnung sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht anwendbar und enthalte auch keine spezifische Abstandsregelung. Auf die Abstandsregelung nach Nr. 5.4.8.6 TA Luft könne sich die Klägerin nicht berufen, weil es sich im Zeitpunkt der Genehmigung und der Widerspruchsentscheidung nicht um eine Anlage zur Vergärung von Bioabfällen gehandelt habe.

27

Mit dem angefochtenen Urteil vom 29.04.2013 hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 15.04.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 24.05.2011, 29.07.2011 und 15.09.2011 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt:

28

Die Baugenehmigung sei - objektiv-rechtlich - schon deshalb rechtswidrig, weil die unzuständige untere Bauordnungsbehörde anstelle der sachlich für das Immissionsschutzrecht zuständigen Behörde gehandelt habe. Dabei könne offen bleiben, ob die Anlage nach Anhang Nr. 8.6 und 9.1 Buchstabe b) Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV wegen Überschreitung der Mengenschwellen oder nach Nr. 9.36 Spalte 2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig sei, weil es unter Berücksichtigung der über Rohrleitungen genutzten Güllebehälter der MVA ein Fassungsvermögen von insgesamt 6.500 m³ überschreite. Jedenfalls sei nicht nur die nach Immissionsschutzrecht beantragte und genehmigte Erweiterung der Milchviehanlage nach Nr. 7.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtig; vielmehr sei auch die begehrte Genehmigung der Errichtung der Biogasanlage als deren Nebeneinrichtung nach Immissionsschutzrecht zu beurteilen. Die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht nach § 16 Abs. 1 BImSchG seien erfüllt. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit der benachbarten Milchviehanlage folge aus § 1 Abs. 1 der 4. BImSchV. Zum genehmigungsbedürftigen Anlagenbereich gehörten außer dem Kernbestand gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV auch bestimmte Nebeneinrichtungen. Darunter falle die streitige Biogasanlage.

29

Zwar könne allein die Wahl des falschen Genehmigungsverfahrens der Klage noch nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Klägerin als Nachbarin lediglich Eingriffe in ihre Rechtsposition abwehren könne und Drittschutz nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts oder des Immissionsschutzrechts vermitteln könnten, die nach ihrem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt auch der Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Dritten dienen. Die Klägerin könne sich aber auf § 10 Abs. 2 bis 4, 6, 8 und 9 BImSchG berufen, der Drittbetroffenen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einen „vorgezogenen Rechtsschutz“ einräume, indem er eine Beteiligung von Dritten am Verwaltungsverfahren vorsehe. Diesen Verfahrensvorschriften werde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Drittschutz zuerkannt, soweit das Vorbringen des Drittbetroffenen ergebe, dass sich der von ihm gerügte Verfahrensfehler auf seine materiell-rechtliche Position ausgewirkt haben könnte. Dies wiederum lasse sich nur dann ausschließen, wenn die vom Dritten behauptete Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsgüter „offensichtlich und eindeutig unmöglich sei“. Diese Feststellung könne hier jedoch nicht getroffen werden.

30

Das Vorhaben dürfte zwar für die Klägerin keinen unzumutbaren Lärm hervorrufen. In der Baugenehmigung sei in der Nebenbestimmung Nr. 8.1 sinngemäß festgelegt, dass die Biogasanlage am Wohnhaus der Klägerin die Lärmrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von 55 dB (A) tagsüber und 40 dB (A) nachts nicht überschreiten dürfe. Auch sei es grundsätzlich zulässig, den Lärmschutz in dieser Weise durch zielorientierte Festlegungen zu regeln, wobei allerdings gewährleistet sein müsse, dass die Richtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können. Daran bestünden nach Aktenlage keine durchgreifenden Zweifel. Die Rüge der Klägerin, sie befürchte, dass der Zu- und Abgangsverkehr entgegen der Baugenehmigung nicht über die ihrem Grundstück abgewandte, jedoch zur Erschließung untaugliche Straße "An den Pappeln", sondern über die angrenzende Weinberg{}straße abgewickelt werde, greife nicht durch, weil Streitgegenstand lediglich die Baugenehmigung, nicht aber eine möglicherweise abweichende Nutzung sei.

31

Die materiell-rechtliche Betroffenheit der Klägerin könne aber jedenfalls nach dem von ihr vorgelegten Immissionsprotokoll und den dort dokumentierten, von weiteren Anliegern bestätigten Geruchsbelästigungen nicht schlechthin ausgeschlossen werden. Die Beigeladene könne sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass die Klägerin durch die Nebenstimmung Nr. 8.6 ausreichend geschützt werde, wonach die Wahrnehmungshäufigkeit 10 % der Jahresstunden nicht überschreiten dürfe. Es sei nicht gewährleistet, dass dieser Richtwert im allgemeinen Betrieb auch eingehalten werden könne. Dem stehe die von der Beigeladenen eingeholte Immissionsprognose vom 07.10.2010 nicht entgegen. Zum einen handele es sich lediglich um eine bloße Prognose der Zusatzbelastung durch die streitige Anlage ohne Ermittlung der bestehenden Vorbelastung durch die Milchviehanlage. Zum anderen erschienen die rechnerischen Prognosen des Privatgutachtens jedenfalls zum Teil nicht belastbar.

32

Schließlich sei entgegen der Auffassung des Beklagten nach dem Weißdruck der VDI-Richtlinie 3475 Bl. 4 vom August 2010 beim Neubau von Biogasanlagen das Gärrestendlager zwingend mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen. Der Gärrest müsse dabei mindestens 150 Tage abgedeckt bleiben, um unter anderem eine Restmethanbildung von unter 1 % zu gewährleisten. Von dieser Auflage könne nach dem Weißdruck nur dann abgesehen werden, wenn die Biogasanlage ausschließlich mit Gülle beschickt werde, da sich dann nachhaltig schützende Schwimmschichten bilden könnten. Das sei aber unstreitig nicht der Fall, da der Gülleanteil an der Inputmenge gerade nicht 100 % betrage. Damit werde die streitige Anlage entgegen § 5 Abs. 1 BImSchG nicht entsprechend dem Stand der Technik betrieben, obwohl dies von der im Verwaltungsverfahren eingeholten Immissionsprognose unterstellt werde, wie der Sachverständige (W.) in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt habe. Nach Nr. 2 der Geruchsimmissionsrichtlinie sei aber vor einer Immissionsbeurteilung grundsätzlich zu prüfen, ob die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Verminderung der Emissionen ausgeschöpft seien.

33

Die vom Senat zugelassene Berufung hat der Beklagte wie folgt begründet: Selbst wenn die Biogasanlage als Nebeneinrichtung der Milchviehanlage zu beurteilen sei, unterfalle sie den verfahrensrechtlichen Bestimmungen über das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, da auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen sei. Zum Genehmigungszeitpunkt seien Biogasanlagen noch nicht in das UVPG aufgenommen worden. Die Biogasanlage sei auch nicht als Nebeneinrichtung der Milchviehanlage nach dem UVPG genehmigungspflichtig. Maßgeblich sei die tatsächliche Einbeziehung in den auf die Hauptanlage bezogenen Funktionszusammenhang. Die Biogasanlage diene ausschließlich der Stromerzeugung, die Milchviehanlage der Tierhaltung. Zwar werde die Gülle der Milchviehanlage in die Biogasanlage eingebracht; energetisch betrachtet sei dies jedoch ein geringer Anteil, weil 86 % des Biogases von Maissilage, Grassilage und Graspflanzsilage erzeugt werde. Außer der Gülleverwertung bestehe kein gemeinsamer Funktionszusammenhang. Selbst die Betreiber seien unterschiedliche. Im Übrigen habe keine standortbezogene Vorprüfungspflicht für die Biogasanlage nach Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG bestanden. Diese Regelung betreffe eine Tierhaltungsanlage. Das UVPG enthalte keine Regelung, wonach zwei verschiedene Anlagen unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam eingestuft werden müssten. Vielmehr sei jede Anlage für sich zu betrachten.

34

Der Beklagte beantragt,

35

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

36

Die Beigeladene beruft sich zur Begründung ihrer Berufung ebenfalls darauf, dass eine Betroffenheit drittschützender Normen nicht aus einer möglicherweise falschen Wahl des Genehmigungsverfahrens folge, insbesondere weil in einem unterstellten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht § 10 BImSchG, sondern § 19 BImSchG anzuwenden sei, diese Vorschrift aber keinen Drittschutz vermittle. Das Vorhaben habe auch keiner standortbezogenen Vorprüfung nach dem UVPG unterzogen werden müssen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren.

37

Die Beigeladene beantragt,

38

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

39

Die Klägerin beantragt,

40

die Berufungen zurückzuweisen.

41

Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und führt ergänzend aus: Biogasanlagen seien nur unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert. Das Tatbestandsmerkmal "im Rahmen eines Betriebes" hätte erfordert, dass die Biogasanlage einem Basisbetrieb rechtlich-organisatorisch zugeordnet ist. Sofern der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes nicht zugleich Eigentümer der zu genehmigenden Anlage sei, sei die organisatorische Zuordnung nur dann noch hinreichend gewährleistet, wenn der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebes, an den die Biogasanlage anknüpfe, maßgeblichen Einfluss auf die Betreibergesellschaft der Biogasanlage habe. Diese notwendigen Voraussetzungen hätten hier nicht vorgelegen. Die fehlende Privilegierung der Biogasanlage müsse zumindest bei der Zumutbarkeit der von ihr hervorgerufenen Immissionen Berücksichtigung finden.

42

Soweit die von der Beigeladenen eingeholte Immissionsprognose vom 07.10.2010 die Ermittlung der Vorbelastung durch den Tierhaltungsbetrieb und der Berechnung der sich kumulativ ergebenden Gesamtbelastung für Ammoniakemissionen für entbehrlich halte, weil eine "intern durchgeführte Ausbreitungsrechnung" ergeben habe, dass der Irrelevanzwert der TA Luft von 3 µg/m³ für keinen maßgeblichen Immissionsort überschritten werde, beruhten die Berechnungen auf fehlerhaften Annahmen.

43

Die gesundheitsschädigende und giftige bzw. sehr giftige Wirkung von im Biogas enthaltenem Schwefelwasserstoff werde unterschätzt. Rechnerisch würde sich bei der Mengenschwelle (nach der Störfall-Verordnung) von 5.000 kg ein Volumen von 54,6 kg Schwefelwasserstoff ergeben, was - bezogen auf das gesamte Volumen der Anlage - einem Anteil von 3.227 ppm (parts per million) entspräche. Der Arbeitsplatzgrenzwert von Schwefelwasserstoff in Biogas betrage 5 ppm. Sie, die Klägerin, habe zahlreiche Untersuchungen zu diesem Problemkreis ausgewertet. Trotz Luftentschwefelung weise Biogas häufig Konzentrationen über 500 ppm auf. Insbesondere bei einstufigen Anlagen bzw. Gesamtverweilzeiten unter 100 Tagen träten besonders hohe Konzentrationen auf, so dass eine gasdichte Abdeckung des Gärrestbehälters unbedingt notwendig sei, um Ausgasungen, Geruchsbelästigungen und die Emission von klimaschädlichem Methan zu verhindern. Bei Mengen an Biogas, wie sie z.B. bei der Entleerung von gasdicht abgedeckten Gärrestebehältern und Fermentern anzutreffen sei, könne die gleiche absolute Menge an Schwefelwasserstoff entstehen wie im Falle eines Gehalts von 10.000 ppm und einer Mengenschwelle von 5.000 kg Biogas nach der Störfall-Verordnung. Dies gelte insbesondere bei einer Beschickung mit erheblichen Mengen Gülle, wie sie hier erfolge.

44

Die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens sei erforderlich gewesen. Als Nebeneinrichtung der gewerblichen Tierhaltungsanlage unterfalle die Biogasanlage der Genehmigungspflicht nach dem BImSchG. Es hätte ein förmliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt werden müssen, weil die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend erforderlich gewesen sei. Die erforderliche standortbezogene Vorprüfung habe indes nicht stattgefunden. Es handele sich um eine Anlage zur Lagerung von brennbaren Gasen ab 3 t nach Nr. 9.1 Buchstabe b) Spalte 2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV. Die Beklagte und die Beigeladene gingen zu Unrecht davon aus, dass die Mengenschwelle von 3 t nicht erreicht werde, weil die Gärrestebehälter offen und nicht gasdicht abgedeckt seien. Dies entspreche nicht dem Stand der Technik nach der VDI-Richtlinie 3475 Blatt 4, der für die Berechnung der Lagerkapazität zugrunde gelegt werden müsse. Eine Umgehung des gebotenen Einbezugs habe der Beklagte nicht dadurch zulassen dürfen, dass er unter ausdrücklichem Verstoß gegen das Abdeckungsgebot die bereits zutreffend erteilte Auflage in der Baugenehmigung wieder zurückgenommen habe. Nur so werde dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ausreichend Rechnung getragen. Mit der Rücknahme habe ihr eine Berufung auf die Verletzung drittschützender Vorschriften unmöglich gemacht werden sollen. Zudem benötigten Anlagen zur Lagerung von Gülle ab einer Kapazität von 6.500 m³ einer standortbezogenen Vorprüfung. Auch diese Mengenschwelle sei überschritten.

45

Das Vorhaben der Beigeladenen führe auch zu unzumutbaren Lärmbelastungen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallimmissionsprognose unterstelle zu Unrecht, dass ihr Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet liege. Tatsächlich handele es sich bei der näheren Umgebung ihres Grundstücks um ein reines Wohngebiet, für das niedrigere Immissionsrichtwerte gelten, die deutlich überschritten seien. Zudem habe der Gutachter nicht sämtliche Emissionsquellen der Biogasanlage berücksichtigt. Auch könne die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 der Baugenehmigung geforderte Schalldämpfung nicht erreicht werden.

46

Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße gegen die Störfall-Verordnung, der die Anlage unterfalle. Die für hochentzündliches Gas maßgebliche Mengenschwelle von 10.000 kg werde überschritten. Im Fermenter und dem Gärrestlager 1 einschließlich des Speichervolumens über den Behältern könnten maximal 13.000 m³ Biogas vorhanden sein, was bei der anzunehmenden Dichte des Biogases von 1,3 kg/m³ einer Menge von 16.900 kg entspreche. Auch insoweit sei von der nach dem Stand der Technik geforderten Abdeckung des Gärrestbehälters auszugehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH entfalteten selbst die Vorsorgegrundsätze in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82 zur Beherrschung von Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen nicht nur drittschützende Wirkung, sondern seien unmittelbar zu beachten.

47

Das Vorhaben der Beigeladenen verstoße auch deshalb gegen das Rücksichtnahmegebot, weil bei bestimmten Betriebszuständen bis zu 13.000 m³ hochentzündliches Gas und ca. 8.000 m³ Gülle in unmittelbarer Nähe zu Wohnbebauung lagerten. Zudem träten Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff aus der Anlage aus. Die Anwohner des Ortsteils (H.) seien ohnehin schon durch die Tierhaltungsanlage beeinträchtigt. Die Anlage habe zudem durch ihre exponierte Lage an der Hangkante eine optisch bedrängende Wirkung. Bekannt sei, dass auch Ungeziefer, Mücken und Insekten durch Biogasanlagen angelockt würden, aber eben auch in der näheren Umgebung zu Belästigungen führten. Vor allem aber handele es sich letztlich um die Erweiterung eines im Außenbereich nicht privilegierten gewerblich-industriellen Komplexes hin zu einem Baugebiet, das in seiner Anlage mit hoher Wohnqualität und besonderem Erholungswert ausgestattet worden sei. Dieses Ziel der Dorfentwicklung werde durch das Vorhaben der Beigeladenen empfindlich zum Nachteil der Anwohner gestört.

48

Der Senat hat zu der Frage, welchen Geruchsimmissionen das Grundstück der Klägerin durch die streitige Biogasanlage unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch die Milchviehanlage ausgesetzt ist, ein Sachverständigengutachten eingeholt.

49

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässigen Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung zu Unrecht aufgehoben.

51

1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch die angefochtene Baugenehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Für die Bejahung der Klagebefugnis genügt es, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen möglich ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.01.1993 - BVerwG 4 B 206.92 -, NVwZ 1993, 884 [885], RdNr. 8 in juris). Daran fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Klägerin verletzt sein können (BVerwG, Urt. v. 07.05.1986 - BVerwG 1 C 10.95 -, BVerwGE 101, 157 [159], RdNr. 22 in juris). Es ist indessen nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin als Miteigentümerin eines von der streitigen Anlage ca. 240 m entfernten Grundstücks durch die angegriffene Baugenehmigung in subjektiven Rechten verletzt wird, weil auch ihrem Schutz dienende Vorschriften, insbesondere das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme und ggf. die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, verletzt werden.

52

2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtene Baugenehmigung verstößt nicht gegen ihre Aufhebung rechtfertigende Verfahrensvorschriften und auch nicht gegen materielle öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin als Nachbarin zu dienen bestimmt sind. Dabei ist für die Entscheidung über die Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgebend; nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Bauherrn sind allerdings zu berücksichtigten (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1998 - BVerwG 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179, RdNr. 3 in juris, m.w.N.).

53

2.1. Die Klägerin kann die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung nicht wegen eines Verfahrensmangels im Genehmigungsverfahren beanspruchen.

54

Einen Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine baurechtliche Genehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Genehmigung objektiv rechtswidrig ist, also öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Vielmehr setzt die Gewährung von Rechtsschutz voraus, dass die Nachbarn durch den Verwaltungsakt zugleich in ihren Rechten verletzt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat.

55

2.1.1. Eine Ausnahme hiervon ergibt sich im Rahmen von Nachbarklagen aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten (UmwRG). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 verlangt werden, wenn

56

1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften

57

a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder

58

b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,

59

2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 9 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder

60

3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der

61

a) nicht geheilt worden ist,

62

b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und

63

c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.

64

Es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, die die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2011 - BVerwG 9 A 23.10 -, BVerwGE 141, 171 [174], RdNr. 17). Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit die in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Fehler unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führen. Die Norm lässt den individualrechtsbezogenen Ansatz des § 42 Abs. 2 VwGO unangetastet und weitet durch Verzicht auf die sonst geltenden Einschränkungen der Rechtsfolgen von Verfahrensfehlern lediglich - insofern § 47 VwGO ähnelnd - den gerichtlichen Umfang der Begründetheitsprüfung gegenüber der Prüfung der Klagebefugnis aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - BVerwG 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 [575], RdNr. 22). Ein zur Aufhebung führender Verfahrensfehler liegt hiernach nicht vor.

65

2.1.1.1. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung war nicht erforderlich.

66

a) Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie die Klägerin geltend macht - die Biogasanlage als Nebeneinrichtung der benachbarten Milchviehanlage anzusehen sein sollte.

67

Gemäß § 3e Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 11.08.2010 (BGBl I S. 105) - UVPG a.F. - besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn (1.) in der Anlage 1 für Vorhaben der Spalte 1 angegebene Größen- oder Leistungswerte durch die Änderung oder Erweiterung selbst erreicht oder überschritten werden oder (2.) eine Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3c Satz 1 und 3 ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Bei dem Vorhaben der Beigeladenen handelt es sich indes um keine Änderung eines Vorhabens im Sinne von § 3e Abs. 1 UVPG a.F., für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht. Ein Änderungsvorhaben unterfällt nicht der UVP-Vorprüfungspflicht nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a.F., wenn für das Grundvorhaben lediglich eine standortbezogene Vorprüfung vorgesehen ist, es sei denn, für das vorprüfungsbedürftige Grundvorhaben ist eine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis tatsächlich schon durchgeführt worden (vgl. Urt. d. Senats v. 10.10.2013 - 2 K 98/12 -, juris, RdNr. 310; Beschl. d. Senats v. 22.10.2015 - 2 M 13/15 -, juris, RdNr. 34; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3e RdNr. 8; Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. I, § 3e UVPG, RdNr. 12). Nach diesen Grundsätzen unterfällt die Errichtung und der Betrieb der Biogasanlage nicht der Vorprüfungspflicht des § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG a.F. Denn für die Rinderhaltungsanlage der MVA (H.) GmbH mit 782 genehmigten Kuhplätzen hätte nach Nr. 7.5.2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. lediglich eine standortbezogene Vorprüfungspflicht im Einzelfall gemäß § 3c Satz 2 UVPG a.F. bestanden. Für sie wurde auch keine Einzelfallprüfung mit positivem Ergebnis durchgeführt.

68

Eine UVP-Vorprüfungspflicht des Vorhabens der Beigeladenen ergibt sich auch nicht aus § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 und 2 UVPG a.F. Danach ist, wenn der maßgebende Größen- oder Leistungswert durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens erstmals erreicht oder überschritten wird, für die Änderung oder Erweiterung eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des bestehenden, bisher nicht UVP-pflichtigen Vorhabens durchzuführen. Bestehende Vorhaben sind auch kumulierende Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 Satz 1. Die Vorschriften betreffen die Fälle des "Hineinwachsens in Schwellenwerte" (vgl. Sangenstedt, a.a.O., § 3b RdNr. 42 ff.) durch ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben. § 3b Abs. 3 UVPG a.F. gilt zwar auch für die Fälle der nachträglichen Kumulation, wenn also ein neues Vorhaben im engen räumlichen Zusammenhang mit einem anderen Vorhaben durchgeführt werden soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015 - BVerwG 4 C 4.14 -, BVerwGE 152, 219 [224 f.], RdNr. 16 ff.) Es muss sich aber - wie bei § 3b Abs. 2 UVPG a.F. - um ein Vorhaben derselben Art handeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.2015, a.a.O., RdNr. 21). Nur dann ist ein Erreichen oder Überschreiten von Schwellenwerten durch ein Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben überhaupt möglich. Dies scheidet hier schon deshalb aus, weil sich die standortbezogene Vorprüfungspflicht einer Rinderhaltungsanlage nach der Zahl der Rinderplätze richtet, die durch das Vorhaben der Beigeladenen unberührt bleibt. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, die Tierhaltungsanlage habe eine Anlage zur Lagerung von Gülle umfasst, deren Fassungsvermögen durch das Vorhaben der Beigeladenen erweitert werde. Anlagen zur Lagerung von Gülle sind im Katalog der UVP-pflichtigen bzw.- vorprüfungspflichtigen Vorhaben des Anhangs zum UVPG a.F. nicht enthalten.

69

b) Für das Vorhaben der Beigeladenen bestand auch als eigenständige Anlage keine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung oder -vorprüfung nach § 3b Abs. 1 bzw. § 3c Satz 1 oder 2 UVPG a.F. i.V.m. der Anlage 1 zum UVPG a.F.

70

aa) Eine Biogasanlage der hier streitigen Art lässt sich keinem der Nr. 1.1 der Anlage 1 zum UVPG a.F. aufgeführten Vorhaben zuordnen. Diese Nummer betraf die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz von Brennstoffen in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbine, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich des jeweils zugehörigen Dampfkessels, je nach Feuerungswärmeleistung. Da nach der Baubeschreibung (Bl. 128 Beiakte A) das BHKW nur 426 kW thermische Leistung hat, könnte nach der Feuerungswärmeleistung nur die Nr. 1.1.7 (100 kW bis weniger als 1 MW) Anwendung finden, die eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Satz 2 UVPG a.F. vorsieht. Diese gilt aber nur beim Einsatz anderer als in den Nummern 1.1.3 bis 1.1.5 genannter fester oder flüssiger Brennstoffe, für gasförmige Brennstoffe gilt sie hingegen nicht.

71

bb) Die streitige Anlage war auch nicht von Nr. 8.4 der Anlage 1 zum UVPG a.F. erfasst. Diese Nummer betraf die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung finden, mit einer Durchsatzleistung von 50 t Einsatzstoffen oder mehr je Tag (Spalte 1) bzw. 10 t bis weniger als 50 t Einsatzstoffen je Tag (Spalte 2). Bei den in der Anlage der Beigeladenen zum Einsatz kommenden Stoffen (Rindergülle, Rinder- und Hühnermist, Gras-, Mais- und Ganzpflanzsilage) handelt es sich nicht um (nicht gefährliche) Abfälle, auf die die Vorschriften des - bis zum 31.05.2012 geltenden - KrW-/AbfG Anwendung fanden.

72

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a KrW-/AbfG galten die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für die nach der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 03.10.2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. EG Nr. L 273 S. 1) - im Folgenden: EG-TierNebVO - in der jeweils geltenden Fassung, nach den zu ihrer Durchführung ergangenen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen abzuholenden, zu sammelnden, zu befördernden, zu lagernden, zu behandelnden, zu verarbeitenden, zu verwendenden, zu beseitigenden oder in den Verkehr zu bringenden tierischen Nebenprodukte. Gülle und Mist wurden damit dem Rechtsregime des KrW-/AbfG entzogen (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.04.2010 - 3 S 2786/09 -, juris, RdNr. 4, m.w.N.). Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a EG-TierNebVO wird Gülle als Material der Kategorie 2 eingestuft. Es kann als unverarbeiteter Rohstoff direkt in einer technischen Anlage, Biogas- oder Kompostieranlage verwendet oder auf Böden ausgebracht werden (Art. 5 Abs. 2 Buchst. e EG-TierNebVO).

73

Gras- und Maissilage stellen keinen Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 bis 4 KrW-/AbfG dar (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.04.2010, a.a.O., RdNr. 4). Es handelt sich um landwirtschaftliche Produkte, die aus nachwachsenden (Primär-)Rohstoffen haltbar gemacht werden und auch als (hochwertige) Futtermittel verwendet werden können. Silage, Gärfutter oder Silo ist ein durch Milchsäuregärung konserviertes hochwertiges Futtermittel für Nutztiere, vor allem für Wiederkäuer (insbesondere das Hausrind). Es werden aber auch nachwachsende Rohstoffe, die als Energiequelle in Biogasanlagen dienen, durch Silierung haltbar gemacht (vgl. wikipedia zu Silage). Primärrohstoffe sind kein Abfall (vgl. Fluck, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 126; Breuer, in: Jarras/Petersen, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 81), auch wenn sie neben Sekundärrohstoffen in einem Verfahren eingesetzt werden. Gleiches gilt für landwirtschaftliche Produkte, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, wie etwa Mais- oder Grassilage. Im nunmehr geltenden § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG (vgl. zur neuen Ausnahmeregelung: BT-Drs. 17/6052, S. 69) werden nur solche anderen nicht gefährlichen landwirtschaftlichen Materialien genannt, die keine (nachwachsenden) Primärrohstoffe bzw. landwirtschaftlichen Produkte darstellen, wie etwa Stroh, Heu oder sonstige Pflanzenreste, wie Rübenblätter oder Gemüsestrünke.

74

cc) Die Biogasanlage fiel auch nicht in den Anwendungsbereich der Nr. 9.1.4 der Anlage 1 zum UVPG a.F. über die Errichtung und den Betrieb einer Anlage, die der Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern oder von Erzeugnissen, die brennbare Gase z.B. als Treibmittel oder Brenngas in Behältern enthalten, dient, mit einem Fassungsvermögen von 3 t bis weniger als 30 t, soweit es sich um Behältnisse mit einem Volumen von jeweils mehr als 1.000 cm3 handelt.

75

Den Schwellenwert von 3 t erreicht der im Dach des Fermenters befindliche Gasspeicher nicht. Er hat nach der Baubeschreibung (Bl. 106 der Beiakte A) ein Volumen von 1.851 m³. Legt man das gesamte Volumen des Speichers zugrunde, ergibt sich bei der von der Beigeladenen angegebenen Dichte von 1,2 kg/m³ eine Menge von 2.221,2 kg Biogas. Geht man von einer höheren Dichte von 1,3 kg/m³ aus, wie sie für den Regelfall angenommen wird (vgl. die Erläuterungen zur Berechnung der vorhandenen Masse von hochentzündlichem Biogas in Biogasanlagen zur Prüfung der Anwendung der StörfallV, Internet. http://www.biogas.org/edcom/webfvb.nsf), ergibt sich eine Menge von 2.406,3 kg. Auch dieser Wert liegt noch deutlich unter dem Schwellenwert von 3 t, so dass auch bei Hinzurechnung von Gasmengen in den Rohrleitungen eine Überschreitung des Schwellenwerts ausgeschlossen werden kann. Deshalb bedarf keiner Vertiefung, ob entsprechend der in der Anlage 5.2 zum Bauantrag (Ermittlung der Lagerkapazität für Biogas, Beiakte A, B. 106) erfolgten Berechnung von einem deutlich geringeren anrechenbaren Gasvolumen (von nur 723 m³) und dem entsprechend von einem deutlich geringeren Gasgewicht (von nur 0,87 t) auszugehen ist (vgl. dazu die Ausführungen im Biogas-Handbuch von Monika Agatz vom Oktober 2014 im Abschnitt "Gaslagerung" / Ziffer 9.1", S. 13 f.; Internet: http://www.windenergie-handbuch.de/wp/wp-content/uploads/).

76

Für die Berechnung der Lagerkapazität der Biogasanlage muss das Volumen des Gasraums über dem Gärrestlager 1 schon deshalb außer Betracht bleiben, weil die Abdeckung dieses Lagers nicht Inhalt der Genehmigung ist, sondern nur ein nicht abgedecktes Gärrestlager genehmigt wurde. Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass nach dem Stand der Technik (VDI-Richtlinie 3475, Blatt 4) Gärrestbehälter gasdicht abzudecken sind, so dass die Kapazität eines gasdicht abgedeckten Gärrestlagers zugrunde zu legen sei. Abzustellen ist allein auf die Genehmigungslage. Der Umstand, dass eine Anlage, so wie sie genehmigt ist, nicht dem Stand der Technik entspricht, hat allenfalls die objektive Rechtswidrigkeit der Genehmigung zur Folge. Allein deshalb kann die Klägerin aber nicht die Aufhebung der Baugenehmigung beanspruchen. Das Merkmal des Stands der Technik, wie es etwa in dem dem bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot verwandten § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG verstanden wird, berührt aus sich heraus keine Nachbarrechte (OVG NW, Beschl. v. 29.08.2012 - 2 B 940/12 -, NuR 2014, 659, RdNr. 11 in juris). Die drittschützende Wirkung des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG - und des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots - erschöpft sich darin, die Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu bewahren, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Das heißt nicht, dass jede Beeinträchtigung, die sich nach dem Stand der Technik vermeiden lässt, unabhängig von ihrem Grad als schädlich zu qualifizieren ist und vom Betroffenen abgewehrt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 25.08.1999 - BVerwG 4 B 55.99 -, BRS 62 Nr. 186, RdNr. 6; OVG NW, Beschl. v. 29.08.2012, a.a.O.). Die Klägerin vermag in diesem Zusammenhang nicht mit dem Einwand durchzudringen, mit der Rücknahme der Nebenbestimmung Nr. 8.10 zur Baugenehmigung nach Erhebung ihres Widerspruchs habe ihr eine Berufung auf die Verletzung drittschützender Vorschriften unmöglich gemacht werden sollen. Auch wenn der Beklagte diese Nebenbestimmung zurückgenommen haben sollte, um die Baugenehmigung verfahrensrechtlich zu "retten", ergibt sich allein hieraus kein Aufhebungsanspruch der Klägerin.

77

Im Übrigen dient die tatsächlich hergestellte Abdeckung über dem Gärrestlager 1 nicht der Lagerung von dort noch entstehendem weiterem Gas. Unter "Lagerung" wird allgemein die Aufbewahrung von Stoffen zwecks späterer Verwendung (oder Beseitigung) verstanden (vgl. OVG NW, Beschl. v. 26.10.2000 - 21 B 1468/00 -, NVwZ-RR 2001, 231; Jarass, BImSchG, 11. Aufl., § 3 RdNr. 76; Thiel, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II § 3 BImSchG RdNr. 93; Feldhaus, Immissionsschutzrecht, Bd. 2, Anhang Nr. 9 zur 4. BImSchV, RdNr. 27). Auch nach § 2 Abs. 6 Satz 1 GefahrstoffV (bzw. § 2 Abs. 5 Satz 1 GefahrstoffV a.F.) ist Lagern das "Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere". Die Abdeckung auf dem Gärrestlager 1 ist aber nur als emissionsmindernde Maßnahme konzipiert. Nach den Feststellungen des Sachverständigen beim Ortstermin ist der Gasraum über dem Gärrestlager 1 nicht in die Gasfassung eingebunden. Vielmehr wird das in diesem Lager noch entstehende Gas über eine Druckausgleichsöffnung nach außen abgeleitet.

78

2.1.1.2. Es war auch kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitbeteiligung nach § 10 BImSchG durchzuführen.

79

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 4. BImSchV in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 01.07.2005 - 4. BImSchV a.F. - wird das Genehmigungsverfahren durchgeführt nach § 10 BImSchG für a) Anlagen, die in Spalte 1 des Anhangs genannt sind, b) Anlagen, die sich aus in Spalte 1 und in Spalte 2 des Anhangs genannten Anlagen zusammensetzen, und c) Anlagen, die in Spalte 2 des Anhangs genannt sind und zu deren Genehmigung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

80

a) Die Erforderlichkeit eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung ergab sich nicht daraus, dass die Biogasanlage möglicherweise als Nebeneinrichtung zur Rinderhaltungsanlage im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV a.F. einzustufen war mit der Folge, dass nur eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG hätte erteilt werden dürfen.

81

Die Frage, ob eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG im förmlichen Verfahren nach § 10 BImSchG oder im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG zu erteilen ist, bestimmt sich grundsätzlich danach, nach welchem Verfahren die zu ändernde Anlage zu genehmigen ist; dies richtete sich bis zum Inkrafttreten der Neufassung der 4. BImSchV vom 02.05.2013 (BGBl I S. 973) grundsätzlich danach, ob sie in Spalte 1 oder 2 des Anhangs zur 4. BImSchV in der bis zum 01.05.2013 geltenden Fassung aufgeführt war (vgl. Czajka, in Feldhaus, BImSchG, § 16 RdNr. 52; Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 16 BImSchG, RdNr. 142).

82

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470 [2473]) am 30.10.2007 und damit sowohl im Zeitpunkt der Antragstellung am 28.07.2010 als auch im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 15.04.2011 waren Anlagen zur Haltung von Rindern in Nr. 7.1 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. nur noch in der Spalte 2 unter dem Buchstaben e) mit der Mengenschwelle „600 oder mehr Rinderplätze (ausgenommen Plätze für Mutterkuhhaltung mit mehr als sechs Monaten Weidehaltung im Kalenderjahr)“ aufgeführt. Gemäß Art. 3 Nr. 2 Buchstaben r) aa) ccc) dieses Änderungsgesetzes wurde Nr. 7.1 Spalte 1 im Buchstaben e) dergestalt geändert, dass die Angabe „350“ durch die Angabe „-“ ersetzt wurde (vgl. auch Ludwig, in: Feldhaus, 4. BImSchV, Anhang Nr. 7.1). Dies hatte zur Folge, dass solche Anlagen - auch schon vor Inkrafttreten der 4. BImSchV in der Fassung vom 02.05.2013 - den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des BImSchG über das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG unterfielen, sofern nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Buchstabe c) der 4. BImSchV a.F. eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen war. Letzteres war aber, wie bereits oben unter 2.1.1.1. dargestellt, nicht der Fall.

83

Da Rinderhaltungsanlagen nur in der Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. aufgeführt waren und sich die Biogasanlage - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - auch für sich genommen keinen der in der Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. genannten Vorhaben zuordnen ließ, ergab sich eine Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) der 4. BImSchV a.F.

84

b) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfiel auch nicht als selbständige Anlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG.

85

aa) Sie erreicht nicht die Leistungsgrenze, ab der Anlagen zur Wärme- und Energieerzeugung nach Nr. 1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - erst recht nicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung - bedurften.

86

Da das BHKW nach der Baubeschreibung (Bl. 128 Beiakte A) nur 426 kW thermische Leistung hat, ist eine Genehmigungspflicht nur nach Nr. 1.3 der Spalte 2 der Anlage 1 zur 4. BImSchV a.F. in Betracht zu ziehen. Diese Regelung betrifft Anlagen zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Prozesswärme oder erhitztem Abgas durch den Einsatz anderer als in Nummer 1.2 genannter fester oder flüssiger Brennstoffe in einer Verbrennungseinrichtung (wie Kraftwerk, Heizkraftwerk, Heizwerk, Gasturbinenanlage, Verbrennungsmotoranlage, sonstige Feuerungsanlage), einschließlich zugehöriger Dampfkessel, mit einer Feuerungswärmeleistung von 100 Kilowatt bis weniger als 50 Megawatt. In der streitigen Anlage kommen jedoch keine festen oder flüssigen, sondern nur gasförmige Brennstoffe zum Einsatz. Da der Anlagentyp der Spalte 2 zugeordnet ist, ergäbe sich das Erfordernis eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG zudem gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c) des Anhangs zur 4. BImSchV a.F. nur, wenn eine UVP-Prüfung erforderlich gewesen wäre. Die war aber - wie oben bereits dargelegt - nicht der Fall.

87

bb) Die Biogasanlage unterfiel auch keinem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungstatbestand als Anlage zur Verwertung von Abfällen und sonstige Stoffen unter der Nr. 8 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F..

88

Einschlägig war insbesondere nicht Nr. 8.6 Buchstabe b) des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. Diese Vorschrift betraf Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Anwendung fanden, mit einer Durchsatzleistung von 50 Tonnen Abfällen oder mehr je Tag (Spalte 1) bzw. mit einer Durchsatzleistung von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen Abfällen je Tag (Spalte 2). Wie oben bereits dargestellt handelt es sich bei den in der Biogasanlage zum Einsatz kommenden Stoffen nicht um (nicht gefährliche) Abfälle, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung fanden.

89

cc) Das Vorhaben der Beigeladenen war auch nicht nach Nr. 9.1 Spalte 2 b) des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. genehmigungspflichtig. Die Regelung betraf sonstige Anlagen zur Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern mit einem Fassungsvermögen von 3 Tonnen bis weniger als 30 Tonnen. Diese Grenze erreicht die Anlage - wie oben bereits dargestellt - nicht. Da dieser Anlagetyp in Spalte 2 aufgeführt ist, hätte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG im Übrigen nur dann bestanden, wenn eine UVP-Pflicht bestanden hätte. Dies war aber aus den schon dargelegten Gründen nicht der Fall.

90

dd) Das Vorhaben der Beigeladenen unterfiel schließlich nicht der Nr. 9.36 Spalte 2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV a.F. Die Vorschrift betraf Anlagen zur Lagerung von Gülle mit einem Fassungsvermögen von 6.500 Kubikmetern oder mehr. Zu Unrecht wendet die Klägerin ein, die Güllelager der Milchviehanlage hielten alleine eine Kapazität von 5.200 m³ vor und träten ergänzend neben dem Bruttovolumen des neuen Gärrestbehälters mit 4.487 m³ hinzu. In den Behältern soll künftig keine Gülle, sondern Gärrest gelagert werden. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht von Anlagen zur Lagerung von Gärresten wurde erst in Nr. 9.36 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV in der Fassung vom 02.05.2013 aufgenommen. Da dieser Anlagetyp in Spalte 2 aufgeführt ist, hätte eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG im Übrigen nur dann bestanden, wenn eine UVP-Pflicht bestanden hätte. Dies war aber - wie oben bereits dargelegt - nicht der Fall.

91

2.1.2. Die Klägerin kann die Aufhebung der Baugenehmigung nicht allein deshalb beanspruchen, weil statt der Baugenehmigung möglicherweise eine immissionsschutzrechtliche (Änderungs-)Genehmigung zu erteilen gewesen wäre. Eine fehlerhafte Auswahl des durchzuführenden Genehmigungsverfahrens - hier eines Baugenehmigungsverfahren anstatt eines von der Klägerin für erforderlich gehaltenen immissionsschutzrechtlichen (Ände- rungs-)Genehmigungsverfahrens - bewirkt aus sich heraus keinen Abwehranspruch der Klägerin. Der Vorbehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG, in dem die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden muss, ist nicht drittschützend (BVerwG, Urt. v. 05.10.1990 - 7 C 55.89, 7 C 56/89 -, BVerwGE 85, 368 [372]; Urt. v. 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 [368 f.], RdNr. 41).

92

2.2. Die angefochtene Baugenehmigung verletzt auch keine dem Schutz der Klägerin dienenden materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

93

2.2.1. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die streitige Biogasanlage im Außenbereich nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert sei, weil sie dem Basisbetrieb rechtlich-organisatorisch nicht zugeordnet sei und sich damit nicht "im Rahmen eines Betriebs" nach § 35 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 4 BauGB bewege. Der Vorschrift des § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1995 - BVerwG 4 B 47.95 -, BRS 57 Nr. 224, m.w.N.). Die Frage, ob eine Biogasanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiert ist, hat allein objektiv-rechtliche Bedeutung; bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Privilegierung scheidet eine subjektiv-rechtliche Verletzung von Nachbarrechten aus (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 07.04.2016 - OVG 10 N 45.14 -, juris, RdNr. 8, m.w.N.).

94

2.2.2. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme. Sofern es sich bei der Biogasanlage - wie die Klägerin geltend macht - um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage handeln sollte, verstößt das Vorhaben auch nicht gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.

95

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird. Für den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne dieser Regelung ist auf § 3 Abs. 1 BImSchG zurückzugreifen (Beschl. d. Senats v. 22.10.2015, a.a.O., RdNr. 7, m.w.N.). Immissionsschutzrecht und Bebauungsrecht stehen in einer Wechselwirkung zueinander; einerseits konkretisiert das BImSchG die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 02.02.2000 - BVerwG 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679, RdNr. 7 in juris). Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.

96

Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Unter für die Nachbarschaft schädlichen Umwelteinwirkungen sind alle Immissionen im Sinne von § 3 BImSchG zu verstehen, die für die Nachbarn nach Art, Ausmaß und Dauer unzumutbar sind, darunter auch Luftverunreinigungen durch Staub und Geruchsstoffe sowie Geräusche (§ 3 Abs. 2 und 4 BImSchG). Was zumutbar ist, richtet sich u.a. nach der durch die bebauungsrechtliche Prägung und tatsächliche oder planerische Vorbelastungen bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei wertende Elemente wie die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeine Akzeptanz mitbestimmend sind (BVerwG, Urt. v. 30.04.1992 - BVerwG 7 C 25.91 -, BVerwGE 90, 163 [165 f.], RdNr. 11 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 - 9 A 2030/12 -, juris, RdNr. 51, m.w.N.). Die Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage verlangt eine einzelfallbezogene Interessenbewertung, wobei ein objektiver Maßstab anzuwenden ist und zur Konkretisierung immissionsschutzrechtlicher Grundanforderungen Verwaltungsvorschriften und technische Regelwerke heranzuziehen sind (HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O.).

97

2.2.2.1. Das Grundstück der Klägerin ist keinen schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen ausgesetzt.

98

In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen werden durch die auf der Grundlage des § 48 BImSchG erlassene TA Luft sowohl die Grundpflichten des Anlagenbetreibers als auch die aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG folgenden Abwehrrechte Dritter konkretisiert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.1996 - BVerwG 7 B 164.95 -, NVwZ-RR 1996, 498 [499], RdNr. 16 in juris). Auch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen hat die TA Luft Bedeutung. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Nach Nr. 1 der TA Luft sollen, soweit im Hinblick auf die Pflichten der Betreiber von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BImSchG zu beurteilen ist, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen vorliegen, die in Nummer 4 festgelegten Grundsätze zur Ermittlung und Maßstäbe zur Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen herangezogen werden.

99

Nach Abschnitt 1 der TA Luft wird allerdings der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen in dieser Verwaltungsvorschrift nicht geregelt, sondern nur die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen. Dementsprechend bedeutet der Umstand, dass in Abschnitt 5 der TA Luft vorgesehene Mindestabstände (etwa zu Tierhaltungsanlagen) nicht eingehalten werden, noch nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt; nur - umgekehrt - ist die Einhaltung des Mindestabstandes ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB auftreten (vgl. Urt. d. Senats v. 24.03.2015 - 2 L 184/10 -, juris, RdNr. 93, m.w.N.). Zur Beurteilung der Frage, ob Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zumutbar sind, bietet die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29.02.2008 mit einer Ergänzung vom 10.09.2008 eine sachgerechte Entscheidungshilfe. Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte zwar keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind (BVerwG, Beschl. v. 28.07.2010 - BVerwG 4 B 29.10 -, BauR 2010, 2083 [2084], RdNr. 3 in juris, m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine - hinreichend verlässliche - Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O. RdNr. 95; Beschl. d. Senats v. 01.08.2011 - 2 M 84/11 -, NVwZ 2012, 119 [121], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Die GIRL wird allgemein als antizipiertes generelles Sachverständigengutachten angesehen, welches auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen beruht und allgemeine Erfahrungssätze auflistet, die in vielfältigen Verfahren erprobt, zur Diskussion gestellt und ergänzt worden sind. Die in ihr niedergelegten Erkenntnisse geben dem Prüfer ein Instrumentarium an die Hand, alle zur Beurteilung schädlicher Einwirkungen maßgeblichen Umstände wie Oberflächengestaltung, Hedonik, Vorbelastungen rechtlicher und tatsächlicher Art sowie Intensität der Geruchseinwirkungen zu beurteilen (vgl. HessVGH, Urt. v. 01.04.2014 a.a.O., RdNr. 53, m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar, und das gefundene Ergebnis liegt „auf der sicheren Seite“ (Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O, RdNr. 95; OVG RP, Beschl. v. 07.02.2014 - 1 B 11320/13 -, juris, RdNr. 20; BayVGH, Beschl. v. 15.11.2010 - 15 CS 10.2131 -, BauR 2013, 1816 [1817], RdNr. 15 in juris). Vor dem Hintergrund einer bisher fehlenden normativen Wirkung der GIRL ist die Frage der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen im gerichtlichen Verfahren allerdings auch anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, wobei die GIRL einen wichtigen Orientierungspunkt darstellen kann. Bei dieser Einzelfallbeurteilung kommt es maßgeblich auf die Situation an, in die die Grundstücke gestellt sind, und ob prognostisch eine unzumutbare Geruchsimmission für die Nachbarschaft zu erwarten ist.

100

2.2.2.1.1. Das Grundstück der Klägerin ist durch den Betrieb der genehmigten Biogasanlage - gemessen an den Vorgaben der GIRL - insbesondere keiner erheblichen Belästigung durch Geruchsimmissionen ausgesetzt.

101

a) Nach Nr. 3.1 der GIRL sind Geruchsimmissionen in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung IG (Nummer 4.6) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Diese Häufigkeit beträgt nach der Tabelle 1 in Wohn- und Mischgebieten 0,10 sowie in Gewerbe-, Industrie- und Dorfgebieten 0,15 der Jahresstunden. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen.Da der Außenbereich nach § 35 BauGB dazu dient, privilegierte Vorhaben wie etwa landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, müssen allerdings Eigentümer von Wohnhäusern im Randgebiet zum Außenbereich mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen. Insofern ist ihre Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit gegenüber einer Wohnnutzung, die sich inmitten einer Ortslage befindet, deutlich herabgesetzt (Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O., RdNr. 96; vgl. auch OVG RP, Urt. v. 07.10.2009 - 1 A 10972/07 -, BauR 2010, 581 [584], RdNr. 84 in juris; HessVGH, Urt. v. 01.04.2014, a.a.O., RdNr. 64 in juris). Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 21.12.2010 - BVerwG 7 B 4.10 -, NVwZ 2011, 433 [435], RdNr. 32 in juris), wonach bei städtebaulichen Konflikten in sog. Gemengelagen, also mit aufeinanderprallenden, unterschiedlichen Nutzungen, im Rahmen (und zur Umsetzung) des Rücksichtnahmegebots auch bei Geruchsimmissionen eine Art Mittelwert (der Richtwerte der benachbarten Baugebiete) zu bilden ist, der der Sache nach nicht das arithmetische Mittel zweier Richtwerte ist, sondern ein "Zwischenwert" für die Bestimmung der Zumutbarkeit. Dem entsprechend sehen auch die Begründung und die Anwendungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL vor, dass beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen Wohnbebauung in Abhängigkeit vom Einzelfall Zwischenwerte bis maximal 0,15 (der Jahresstunden) zur Beurteilung herangezogen werden können. Die Begründung und die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich - Ortsüblichkeit“ zudem davon aus, dass aufgrund der historischen Entwicklung auch die Situation in den neuen Bundesländern besondere Anforderungen an die Berücksichtigung der Ortsüblichkeit stellen könne. So hätten in der damaligen DDR die ehemals prägenden Hofstellen innerhalb der Dörfer infolge der Kollektivierung der Landwirtschaft aufgegeben werden müssen. Sie seien durch große Einheiten ersetzt worden, die überwiegend in Ortsnähe, planungsrechtlich im Außenbereich, errichtet worden seien und dort seit Jahrzehnten betrieben würden. Dies habe dazu geführt, dass im Innenbereich der ehemaligen Dorfgebiete nur noch vereinzelt landwirtschaftliche Nutzungen vorzufinden seien, der jeweilige Siedlungsbereich jedoch durch die unmittelbare Nachbarschaft der Tierhaltungsanlagen geprägt werde. Für die im Einwirkungsbereich solcher Tierhaltungsanlagen gelegenen Grundstücksnutzungen könne deshalb die Zuordnung des Immissionswertes für Dorfgebiete gerechtfertigt sein. In begründeten Einzelfällen könne sogar noch über diesen Wert hinausgegangen werden.

102

Vor diesem Hintergrund hält es der Senat hier für gerechtfertigt, für das Grundstück der Klägerin den Immissionsrichtwert von 0,15 der Jahresstunden zugrunde zu legen. Denn das Grundstück befindet sich am Rand zum Außenbereich und ist zudem durch die Geruchsimmissionen der benachbarten, bereits zu DDR-Zeiten errichteten und über Jahrzehnte betriebenen Rinderhaltungsanlage erheblich vorbelastet.

103

Die Gesamtbelastung durch die Biogasanlage und die Rinderhaltungsanlage liegt indes nach dem Gutachten des vom Gericht beauftragten Sachverständigen vom 21.04.2016 in der Fassung der Ergänzung vom 13.09.2016 zwischen 10,4 % der Jahresstunden (Wetterdaten der Wetterstation Halle-Kröllwitz) und 14,7 % der Jahresstunden (Wetterdaten der Wetterstation Flughafen Leipzig/Halle) und unterschreitet damit den Wert von 15 % der Jahresstunden.

104

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Vorbelastung könne nur dazu führen, dass sie nur landwirtschaftliche Gerüche über dem Wert von 10 % der Jahresstunden hinnehmen müsse, die Biogasanlage aber andersartige Gerüche verursache. Zum einen sind die Gerüche, die von der streitigen Biogasanlage ausgehen, mit Gerüchen aus der Landwirtschaft vergleichbar. Auch in der Landwirtschaft sind Gerüche durch die in der Biogasanlage der Beigeladenen zum Einsatz kommenden Inputstoffe Gülle, Mist und Silage typisch. Auch Gärreste werden in der Landwirtschaft auf den Feldern ausgebracht. Die Gerüche durch das BHKW haben dagegen - wie das eingeholte Gutachten belegt - nur einen verhältnismäßig geringen Anteil an der Gesamtbelastung. Zum anderen beträgt die Geruchsbelastung durch die streitige Biogasanlage für sich betrachtet nach dem Gutachten in der ergänzten Fassung vom 13.09.2016 zwischen 5,8 und 7,5 % der Jahresstunden und liegt damit für sich betrachtet unter dem Immissionsrichtwert der GIRL für Wohngebiete von 10 % der Jahresstunden.

105

b) Das eingeholte Sachverständigengutachten in seiner ergänzten Fassung vom 13.09.2016 lässt auch keine Fehler erkennen, die zu seiner Unverwertbarkeit führen.

106

aa) Dies gilt insbesondere für die Ermittlung der vom Gärrestlager 1 ausgehenden Geruchsemissionen.

107

Der Sachverständige hat bei seiner ursprünglichen Berechnung zwar zunächst die tatsächliche Bauausführung dieses Gärrestlagers zugrunde gelegt und ist dem entsprechend davon ausgegangen, dass aufgrund der Abdeckung mit Druckausgleichsöffnung von einer 90%-igen Minderung der Geruchsemissionen auszugehen sei. Für die Frage, ob die Baugenehmigung rechtswidrig ist und nachbarschützende Rechte verletzt, ist aber nicht die tatsächliche Bauausführung maßgeblich. Abzustellen ist vielmehr darauf, welchen Inhalt die Baugenehmigung hat. Nach den genehmigten Bauvorlagen, die den Inhalt der Baugenehmigung bestimmen, sollte das Gärrestlager ohne Abdeckung errichtet werden. Die der Baugenehmigung beigefügte Auflage Nr. 8.10, dass das Gärrestlager mit einer gasdichten Abdeckung zu versehen ist, nahm der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.09.2011 zurück.

108

Der Sachverständige hat jedoch auf Anforderung eine neue Ausbreitungsrechnung vorgenommen, die nunmehr davon ausgeht, dass das Gärrestlager 1 ohne Abdeckung betrieben wird (vgl. die ergänzende Stellungnahme/Berechnung vom 13.09.2016). Er hat dabei, um auf der "sicheren Seite" zu sein, den Konventionswert von 1,5 GE/(m²/s) zugrunde gelegt, der in der vom Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg erstellten Geruchsemissionsfaktorenliste mit Stand vom März 2015 (Internet: http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/emissionsfaktoren.pdf) - nachfolgend: GE-Faktorenliste - aufgeführt ist, obwohl er diesen Wert nach seiner Einschätzung und seinen Erfahrungen für zu hoch hält.

109

Unbegründet ist der Einwand der Klägerin, es könne nicht auf diesen Konventionswert zurückgegriffen werden, weil er nur für Gärrestlager mit einer 10 cm starken Schwimmdecke auf Gärresten gelte. Nach der in den Bauvorlagen enthaltenen Verfahrensbeschreibung (Bl. 123 der Beiakte A) soll sich als Abschluss der Gärreste auf der Oberfläche des Endlagers eine Schwimmschicht bilden, die dadurch entsteht, dass in den Gärresten die durch die Inputstoffe in den Prozess eingebrachten Pflanzenfasern noch vorhanden sind. Die Befürchtung der Klägerin, dass die Bildung einer 10 cm starken Schwimmschicht aufgrund der täglichen Beschickung mit 60 t Input, des ständigen Aufrührens und der kurzen Verweildauer nicht gewährleistet sei, hat der Gutachter entkräftet. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 hat er angegeben, aus Erfahrungen mit anderen Anlagen sei zu erwarten, dass sich bei der genehmigten Einsatzstoffzusammensetzung eine stabile Schwimmdecke mit deutlich mehr als 10 cm Stärke ausbilde, sofern das Gärrestlager nicht aufgerührt werde. Soweit sich die Schwimmdecke nicht mehr im Nahbereich des Zulaufs befinde, der bei offenen Behältern nahe dem Behälterboden liegen sollte, werde sie durch die quasikontinuierliche Zuführung von Gärsubstrat aus dem Fermenter nicht beschädigt, sondern angehoben. Erfahrungsgemäß rieche ausgefaulter Gärrest, der eine Schwimmdecke aus abgetrockneten Maisresten aufweise, fast gar nicht. In der weiteren Betrachtung werde kein zusätzlicher Ansatz für die Ausbringphasen gemacht, weil der Konventionswert bereits deutlich auf der sicheren Seite liege. Die Emissionen seien nicht aus theoretischen Betrachtungen zum Restgaspotenzial ableitbar. Dieses Potenzial könne nur genutzt werden, wenn die für die Lebensbedingungen für die am Biogasprozess beteiligten Mikroorganismen optimal sind. Da in offenen unisolierten Behältern die Temperatur näher an der Umgebungstemperatur (ca. 10° C) als an der optimalen Temperatur für die Mikroorganismen (ca. 40° C) liege, breche die eigentliche Biogasproduktion beim Übertritt in das offene Lager zusammen. Ferner würden gebildete Produkte nicht abgeführt, da die Behälter nicht gerührt würden; dies wirke sich ebenfalls hemmend aus. Im Übrigen sei die hier gegebene mittlere hydraulische Verweilzeit von rund 58 Tagen nicht als kurze Verweilzeit zu betrachten.

110

Auch der im Schriftsatz vom 20.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung geäußerte Einwand der Klägerin, es seien nach der Verfahrensbeschreibung Rührvorgänge erforderlich, die die Bildung einer (ausreichenden) Schwimmschicht hindere, verfängt nicht. Nach der dem Bauantrag beigefügten Verfahrensbeschreibung (Bl. 124 der Beiakte A) sollen zwar mehrere Tauchmotorrührwerke im Endlager dafür sorgen, dass sich aus den Sink- und Schwebstoffen keine Ablagerungen im Endlager im Boden- und Wandbereich bilden, welche ein Abpumpen der Gärreste verhindern würden. Auch heißt es in den von der Klägerin zitierten "Empfehlungen für die Auswahl von Rührwerken für Gärbehälter und Gärrestlager" (Nr. IV - 10/2014 [2. Auflage]) des Biogasforums Bayern (Internet: http://www.biogas-forum-bayern.de/.../Empfehlungen) im Abschnitt "Basisinformation zur Rührtechnik für Gärbehälter und Gärrestlager", dass in den Gärbehältern und Gärrestlagern einer Biogasanlage das Rühren der Suspension zum Ausgleich von Temperatur- und Konzentrationsunterschieden im Gärgemisch, zur Vermischung von Feststoffen und Flüssigkeiten, zur Vermeidung der Bildung von Schwimm- und Sinkschichten, zur Verbesserung des Wärmeaustauschs an den Heizflächen und zur Erleichterung des Gasaustritts aus dem Gärgemisch erfolge. Dies bedeutet aber nicht, dass mit Rührvorgängen während der Lagerung der Gärreste die darüber befindliche Schwimmschicht regelmäßig beseitigt wird. In diesen Empfehlungen ist in Abschnitt 3.1 auch die Funktionsweise von Tauchmotorrührwerken u.a. wie folgt beschrieben:

111

"Der Rührflügel (Propeller) bildet mit dem Elektromotor eine Einheit, die komplett in das zu durchmischende Medium eintaucht. Daher muss das gesamte Rührwerksgehäuse druckwasserdicht und korrosionsfest ausgeführt (…) sein. Das Rühraggregat ist an einer vertikal angeordneten Führungsstange befestigt und kann an dieser mit Hilfe einer Seilwinde in der Höhe verstellt werden. Optional kann die Führungsstange mithilfe einer Kurbel nach rechts oder links geschwenkt und damit die Wirkrichtung des Rührwerks verändert werden. Manche Hersteller bieten auch die Möglichkeit an, das Rührwerk mithilfe eines Steckbolzens um 30 ° nach oben und unten zu schwenken…"

112

Dies bedeutet, dass der Einsatz eines Tauchmotorrührwerks nicht zwingend die Beseitigung der Schwimmschicht zur Folge hat, sondern auch unter der Schwimmschicht zum Einsatz kommen kann. Von einer Beseitigung der Schwimmschicht ist in der Verfahrensbeschreibung der Beigeladenen, die Inhalt der Baugenehmigung ist, nicht die Rede. In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter zudem überzeugend dargelegt, dass die Schwimmschicht in Gärrestlagern nach seinen Erfahrungen und sinnvollerweise erst dann durch ein Aufrühren beseitigt wird, wenn die Gärreste nach der erforderlichen Verweilzeit ausgebracht werden sollen. Dann erst entstünden auch stärkere Gerüche. Die Gerüche in der Ausbringphase sind aber nach der Einschätzung des Gutachters durch den auf der "sicheren Seite" liegenden Konventionswert abgedeckt.

113

bb) Auch die Bewertung der Geruchsemissionen, die von den bereits vorhandenen, zuvor als Güllebehälter genutzten Gärrestlagern 2 und 3 ausgehen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Auch bei diesen Lagern ist der Gutachter davon ausgegangen, dass eine ausreichende Schwimmschicht vorhanden ist. Dies entspricht den Feststellungen, die er im Rahmen der Ortsbesichtigung getroffen hat. Danach sei der Gärrestebehälter 2 zum Zeitpunkt des Ortstermins voll gewesen und habe eine dicke braune Schwimmdecke aufgewiesen. Der Gärrestebehälter 3 sei beim Ortstermin etwa zu einem Drittel bis zur Hälfte voll gewesen; die Schwimmdecke sei oberflächlich trocken und teilweise bewachsen gewesen. Im Bereich oberhalb der Substratzuführung sei die Schwimmdecke schwarz gewesen, was darauf hindeute, dass die Schwimmdecke in diesem Bereich zeitweilig beschädigt werde. Spezifische Gerüche seien im Umfeld der Lagerbehälter nicht feststellbar gewesen. Dies decke sich mit einer Messung an der Biogasanlage (S.), bei der unter anderem die offenen Gärrestlager untersucht worden seien. Dort habe sich bei geschlossener abgetrockneter Schwimmdecke kein anlagenspezifischer Geruch feststellen lassen. Da nicht auszuschließen sei, dass derartige Materialien nach Niederschlagsereignissen etwas riechen oder wie erkennbar sich gelegentlich ein begrenztes Leck in der Schwimmdecke bilde, werde im Jahresmittel von einer schwachen Emission ausgegangen, die durch einen Wert von 500 GE/(m² · h) abgeschätzt werde. Um die Bedingungen beim Aufrühren zu untersuchen, sei ein Behälter in (S.) gezielt aufgerührt worden. Bei der Messung durch eine Fahnenbegehung sei eine Geruchsschwellenentfernung von 75 bis 100 m ermittelt worden. Die Quellstärke des untersuchten 23-m-Behälters habe ca. 1 * 106 GE/h betragen. Dies entspreche einer spezifischen Quellstärke von 2.500 GE/(m² . h). Für die rechnerische Abschätzung habe er den Schätzwert für ruhendes Substrat für 9 Monate angesetzt und für die Ausbringmonate März, April und August den Messwert für den aufgerührten Behälter.

114

Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, der vom Sachverständigen angesetzte Wert von 500 GE/(m² · h) betrage nur ein Zehntel des in der GE-Faktorenliste angenommenen Werts von 1,5 GE/(m² · s) = 5.400 GE/(m² · h), der bereits vom Vorhandensein einer Schwimmschicht ausgehe. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 sowie in der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter nochmals ausgeführt, dass beim Ortstermin im Umfeld der Gärrestlager 2 und 3 vor der Hintergrundbelastung durch die Tierhaltung keine spezifischen Gerüche wahrgenommen worden seien, was auch Erfahrungen mit anderen Biogasanlagen entspreche. Da in die nachgelagerten Behälter 2 und 3 kälteres Substrat aus dem Gärrestlager 1 gepumpt werde, seien dort auch theoretisch geringere Emissionen zu erwarten. Eventuell zeitweise höhere Emissionen aus der kleinen Teilfläche von ca. 1 bis 2 m² wirkten sich im Rahmen der Schätzgenauigkeit nicht aus. Aufgrund dieser speziellen, vom Gutachter vor Ort ermittelten Bedingungen an den Gärrestlagern 2 und 3 erscheint es plausibel, vom Konventionswert von 1,5 GE/(m . s) abzuweichen.

115

cc) Auch die Bewertung der Emissionen im Bereich der Rohstofflagerung in den Fahrsilos ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat der Sachverständige für die Maissilage den in der Praxis allgemein üblichen Wert von 3 GE/(m² . s) zugrunde gelegt, obwohl die Mehrzahl der Messwerte eher bei 2,5 GE/(m² . s) liege. Er hat weiter ausgeführt, der von ihm gewählte Ansatz mit einem dreifach höheren Wert für zwei Stunden berücksichtige das Emissionsverhalten für die eigentliche Entnahme und die Anfangsphase der Abklingkurve tendenziell leicht überschätzend. Für die Grassilage hat er den allgemein gebräuchlichen Rechenwert der VDI-Richtlinie 3894 von 6 GE/(m² . s) und den dreifachen Wert von 18 GE/(m² . s) für zwei Stunden am Tag zugrunde gelegt. Nach den Feststellungen, die der Gutachter in dem von ihm durchgeführten Ortstermin getroffen hat (vgl. S. 16 des Gutachtens), waren zum Zeitpunkt des Ortstermins im hinteren Bereich der jeweiligen Kammer mit einer Höhe von jeweils 2,5 m drei Anschnitte vorhanden. Zur Berechnung der Geruchsemissionen für die Silagelagerung hat er eine Maissilage-Anschnittsfläche und eine Grassilage-Anschnittsfläche von jeweils 14 m Breite und 4 m Höhe (56 m²) zugrunde gelegt, die die mittleren Jahresbedingungen abdeckten.

116

Der Zugrundelegung von nur zwei Anschnittsflächen für Maissilage und Grassilage kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, im Zeitpunkt des Ortstermins seien nicht nur zwei, sondern drei Kammern belegt gewesen. Würde man die tatsächlich vorgefundenen drei Anschnittsflächen von jeweils 14 m x 2,5 m zugrunde legen, ergäbe sich eine Fläche von insgesamt 105 m². Die vom Gutachter unter "mittleren Jahresbedingungen" angenommene Gesamtfläche beträgt 112 m² und liegt damit geringfügig über der der Berechnung zugrunde gelegten Fläche.

117

Die Klägerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, bei der Bewertung der Geruchsemissionen durch die Mais- und Grassilage habe der Gutachter fehlerhaft den "Vorschub" nicht berücksichtigt, obwohl bei der Entnahme nicht glatt abgeschnitten werde, sondern die Folie über die Silage hinweg einige Meter zurückgeschlagen werde. Die Nebenbestimmung Nr. 8.8 der Baugenehmigung, die hier maßgeblich ist, schreibt vor, dass die Inputstoffe, die im Fahrsilo gelagert werden, abzudecken sind und die Anschnittsfläche möglichst klein zu halten ist. Dies erlaubt es der Beigeladenen nicht, außerhalb der Entnahmevorgänge die Abdeckfolie auf der in den Fahrsilos gelagerten Silage um mehrere Meter zurückschlagen. Nicht stichhaltig ist insoweit der im Schriftsatz vom 20.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand der Klägerin, nach einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Abschlussbericht "Repowering von Biogasanlagen - Maßnahmen zur Effizienzsteigerung für den vorhandenen Anlagenbestand" des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik vom 05.12.2015 (Internet: http://www.energetische-biomassenutzung.de/fileadmin/user_upload/) sei ein gewisser "Vorschub" erforderlich und entspreche daher auch gängiger Praxis. In diesem Bericht wird zunächst (S. 67 f.) darauf hingewiesen, dass eine sorgfältige Siloabdeckung unverzichtbar sei, um Lagerverluste zu minimieren. Mangelhafte/fehlende Abdeckung führe zu Lufteintritt, insbesondere an Rändern und Oberflächen. Folge seien Energieverluste durch Atmungsstoffwechsel aerober Mikroorganismen (Nacherwärmung), Nährstoffauswaschung, Verpilzung und Schimmelbildung. Auch der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es wichtig sei, durch eine Abdeckung der Silage das Eindringen von Luft so weit wie möglich zu verhindern. Im Bericht des Fraunhofer-Instituts heißt es im Abschnitt "Sinnvolle Entnahme" (S. 69) weiter, bei der Entnahme dringe Luft, d.h. Sauerstoff, in den Silostock ein und ermögliche die Vermehrung aerob lebender Hefen und Schimmelpilze, die während der Lagerung überdauert haben. Je tiefer der Lufteintritt, desto stärker seien Nacherwärmung und Schimmelbildung. Sie führten zu Energieverlusten und riefen biologische Prozessstörungen in der Biogasanlage hervor. Aus diesen Gründen sollte die Anschnittsfläche dem Silageverbrauch unbedingt so angepasst werden, dass ausreichend Vorschub (ca. 1 - 1,5 m/Tag im Winter, ca. 2 - 2,5 m/Tag im Sommer) bei möglichst kleiner Anschnittsfläche gegeben ist. Auch die richtige Entnahmetechnik (Blockschneider, Schneidschild) helfe den Lufteintritt ins Silo zu minimieren. Die Forderung nach einem "Vorschub" bedeutet damit gerade nicht, dass der an der Anschnittsfläche liegende (vordere) Teil der Silage außerhalb der Entnahmevorgänge oder gar längere Zeit unabgedeckt bleiben soll. Mit ausreichendem "Vorschub" ist in diesem Zusammenhang nur gemeint, dass von der Silage eine bestimmte Strecke pro Tag abgeschnitten werden sollte, um die Verluste durch Lufteintritt in die Silage zu minimieren.

118

Es begegnet auch keinen Bedenken, dass der Sachverständige einen allgemein üblichen 10%-igen Zuschlag deshalb nicht angesetzt hat, weil sich die Anlage im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung in einem "vorbildlich sauberen Zustand" befunden hat, dieser Zustand aber möglicherweise nicht immer oder nur zeitweilig anzutreffen ist. Nach den Anmerkungen zur GE-Faktorenliste ist bei Biogasanlagen ein pauschaler Zuschlag in Höhe von 10 % der diffusen Emissionen (kontinuierlich und zeitlich gewichtet) für Verschmutzungen, Transport- und Umschlagvorgänge zu erheben (Sicherheitszuschlag). Nach den Feststellungen des Gutachters entstehen Emissionen dieser Art in der Anlage der Beigeladenen durch verhältnismäßig viel Silagesickersaft, den Umsatz von Hühnermist und Rinderfestmist und die Zwischenlagerung von Silage aus anderen Lagern. Dafür hat er stattdessen eine Ersatzquelle mit einem Geruchsstoffstrom von 0,40 . 106 GE/h angesetzt.

119

dd) Nicht durchschlagend ist die Rüge der Klägerin, die dem Feststoffdosierer zuzurechnenden Emissionen habe der Gutachter fehlerhaft berechnet, weil er von einer Oberfläche der Behälteröffnung von 25 m² ausgegangen sei, obwohl diese nach den Bauvorlagen 28 m² und nach der Immissionsprognose vom 07.10.2010 sogar 28,5 m² betrage. Nach der Anlage zur Baubeschreibung (Beiakte A, Bl. 110) hat der Trioletbunker eine Breite von 9,50 m und eine Breite von 2,98 m, so dass sich bei einem Rechteck eine Fläche von 28,31 m² ergäbe. Diese Angaben beziehen sich auf den Trioletbunker des Typs Solomix 3 - 6000 mit einem Inhalt von 60 m³ (vgl. Beiakte A, Bl. 188), der in der Anlage zur Baubeschreibung angegeben wurde. Da jedoch die Öffnung des Trioletbunkers eine ovale Form hat, ist deren Oberfläche geringer als die eines Rechtecks. Im Übrigen würde sich eine in diesem Rahmen zu klein angesetzte Oberfläche der Behälteröffnung nur marginal auf die Gesamtemissionen der Biogasanlage auswirken.

120

Die Klägerin macht ferner geltend, es sei - wie in der GE-Faktorenliste vorgesehen - eine Expositionsdauer von vier Stunden anzusetzen, weil allein zum Befüllen zwei Stunden angesetzt werden müssten und die Beförderung aus dem Dosierer in den Fermenter auch eine bestimmte Zeit in Anspruch nehme, während die Inputmenge bewegt werde. Dem Gutachten ist indes nicht zu entnehmen, dass der Sachverständige insoweit denselben zeitlichen Ansatz wie für die Entnahme der Silage aus den Kammern der Fahrsilos gewählt hat. Vielmehr ist er pauschal von einem konstanten Ansatz von 6 GE/(m² . s) ausgegangen.

121

ee) Die Klägerin rügt auch zu Unrecht, der Gutachter habe für das BHKW einen spezifischen Emissionsfaktor von 2.000 GE/m³ gewählt, obwohl die ursprüngliche Immissionsprognose vom 07.10.2010 - wie in der GE-Faktorenliste vorgesehen - einen Wert vom 3.000 GE/m³ zugrunde gelegt habe. Der Gutachter hat seinen Ansatz von 2.000 GE/m³ in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 plausibel damit begründet, dass dieser den Randbedingungen möglichst nahe kommen solle. Der Ansatz von 3.000 GE/m³ im Prognosegutachten entspreche einer Empfehlung, die aus einer Messung an Motoren unterschiedlicher Baugröße hervorgegangen sei und wiederum eine konservative Abschätzung zur sicheren Seite von Prognosegutachten darstelle. Da der TÜV Nord hausintern Emissionen von 800 bis 1.500 GE/m³ an Motoren von 500 bis 800 kW bestimmt habe, liege der Ansatz von 2.000 GE/m³ noch auf der sicheren Seite. Zudem seien trotz der nicht den Anforderungen der TA Luft entsprechenden Ableitung auch von der Klägerin keine Wahrnehmungen von verbrennungs- bzw. schwimmbadähnlichen Gerüchen (NOx) angegeben worden, so dass davon auszugehen sei, dass der Motor - wie bei anderen dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen - nicht zur Geruchsbelastung im Umfeld beitrage.

122

Im Übrigen würde sich bei einem Ansatz von 3.000 GE/m³ der Geruchsstoffstrom von 3,44 . 106 GE/h auf 5,16 . 106 GE/h, also um lediglich 1,72 . 106 GE/h und damit im Verhältnis zu der vom Gutachter ermittelten Gesamtbelastung von 15,04 . 106 GE/h durch die Biogasanlage und 44,9 . 106 GE/h durch die Milchviehanlage (zusammen 59,94 . 106 GE/h) nicht entscheidend erhöhen.

123

ff) Die Klägerin beanstandet auch ohne Erfolg, dass im Gutachten die Disposition von Schwefelwasserstoff nicht explizit angesprochen werde. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2016 und in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, dass sich die Geruchsemissionen erfahrungsgemäß nicht von Konzentrationen von Einzelkomponenten ableiten lassen, sondern bei der Messung von Gerüchen die erforderliche Verdünnung des Stoffgemischs olfaktometrisch ermittelt werde. Bei der Messung von purem Biogas werde in der Regel Schwefelwasserstoff als eine wesentliche Geruchskomponente wahrgenommen.

124

gg) Der Berechnung der Geruchsimmissionen liegen auch geeignete Wetterdaten zugrunde. Da es für den Standort der Anlage keine konkreten Wetterdaten gibt, hat der Gutachter die meteorologischen Daten der geografisch nächstgelegenen Wetterstation Halle-Kröllwitz und der vom DWD im südlichen Sachsen-Anhalt in der Regel empfohlenen Wetterstation Leipzig-Schkeuditz (Flughafen) herangezogen, die gewisse Unterschiede aufweisen, und alternative Ausbreitungsrechnungen durchgeführt. So weise die Windrichtungsverteilung bei der Wetterstation Leipzig deutlich mehr Südwinde auf, die gerade in vorliegenden Fall von Bedeutung sind. Andererseits weise diese Station weniger Schwachwinde auf als die Station Halle-Kröllwitz. Die mittlere Windgeschwindigkeit der meteorologischen Zeitreihe der Station Halle-Kröllwitz für das Jahr 2002 betrage nur 2,25 m/s und sei somit erheblich geringer als am Standort der Anlage zu erwarten. Die mittlere Windgeschwindigkeit der meteorologischen Zeitreihe der Station Leipzig-Schkeuditz für das Jahr 2006 betrage hingegen 4,3 m/s und sei deutlich höher als am Standort der Anlage zu erwarten. Es sei daher davon auszugehen, dass beide Datensätze die tatsächlich am Standort herrschenden Bedingungen nur in einer Näherung beschreiben. Dennoch ergäben sich bei den Berechnungen mit beiden Datensätzen keine gravierend abweichenden Ergebnisse. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Geruchsimmissionen zwischen 10,4 und 14,7 % der Jahresstunden liegen. Beide Werte liegen, wie oben bereits ausgeführt, noch unterhalb des hier maßgeblichen Immissionswerts von 15 % der Jahresstunden.

125

2.2.2.1.2. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BImSchG für das Grundstück der Klägerin ergeben sich auch nicht durch Ammoniakimmissionen.

126

Soweit nach den Bestimmungen der TA Luft Grenzwerte für Ammoniak- und Stickstoffeinträge einzuhalten sind, dienen diese nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Die TA Luft enthält in Nr. 4 Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. In Nr. 4.2.1 der TA Luft sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Nach Nr. 4.4.2 Abs. 3 der TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Nr. 4.8 der TA Luft enthält Vorgaben bezüglich luftverunreinigender Stoffe, für die Immissionswerte in den Nummern 4.2 bis 4.5 nicht festgelegt sind. Nach Nr. 4.8 Abs. 5 Satz 1 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Liegen ferner Anhaltspunkte dafür vor, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, soll dies ergänzend geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 6 Satz 1 der TA Luft). Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak, soll der Einzelfall geprüft werden (Nr. 4.8 Abs. 7 Satz 1 der TA Luft).

127

Dem entsprechend ist zu fragen, an welchen Stellen für gärtnerische, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe unzumutbare Vermögenseinbußen durch Pflanzenschäden auftreten könnten und wo das Gemeinwohl beeinträchtigt werden könnte; fehlt es an derartigen Schutzgütern, sind weitere Prüfungen nicht erforderlich. Damit kann sich ein Nachbar allenfalls dann auf die Verletzung einer drittschützenden Regelung durch Ammoniak- oder Stickstoffimmissionen berufen, wenn er Eigentümer von in der Nähe der emittierenden Anlage liegenden Flächen mit empfindlichen Pflanzen oder Ökosystem (etwa Waldflächen) ist (vgl. zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 24.03.2015, a.a.O., RdNr. 130, m.w.N.). Dies trifft auf die Klägerin nicht zu. Nicht stichhaltig ist ihr Einwand, bereits im September/Oktober 2012 hätten sich die Nadeln des in ihrem Vorgarten vorhandenen 1 m hohen Juniperus (Wacholder), der aufgrund seiner Empfindlichkeit ein Schadstoffanzeiger sei, stellenweise gelb gefärbt. Die eventuelle Schädigung einer möglicherweise ammoniak- bzw. stickstoffempfindlichen Pflanze in einem Vorgarten begründet noch keine erheblichen Nachteile für die Nachbarschaft im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG. Hier ist auch in Rechnung zu stellen, dass bereits vor Inbetriebnahme der Biogasanlage eine erhebliche Vorbelastung mit Ammoniak durch die bereits vorhandene Milchviehanlage bestanden hat.

128

2.2.2.1.3. Das Grundstück der Klägerin wird auch keinen schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Schwefelwasserstoff-Immissionen sowie mögliche Brände und Explosionen in der Biogasanlage ausgesetzt.

129

Die Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat im November 2014 eine Arbeitshilfe "Szenarienspezifische Fragestellungen zum Leitfaden KAS-18" (KAS-32) erstellt und im November 2015 überarbeitet. Darin wird festgehalten, dass das Biogas neben den Hauptbestandteilen Methan und Kohlendioxid weitere Gase enthalte, von denen Schwefelwasserstoff aufgrund seiner Toxizität und den geringen Beurteilungswerten für störungsbedingte Immissionen relevant sei. Die Konzentration von Schwefelwasserstoff sei insbesondere vom eingesetzten Substrat abhängig, und dem entsprechend variierten die Literaturangaben im Bereich von 0,02 bis 2 Vol.-% Schwefelwasserstoff. Nach dem Leitfaden KAS 18 sei für die Bewertung von toxischen Gefährdungen der ERPG-2-Wert heranzuziehen. Für Schwefelwasserstoff betrage er 30 ppm. Darauf aufbauend wurde in der KAS-32 für die Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse ein "Achtungsabstand" formuliert. Seine Bemessung erfolgte auf der Basis einer angenommenen Freisetzung von Biogas durch das Versagen eines Foliensystems auf einem Fermenter oder Gärrestlagerbehälter. Aus dem Vorsorgegedanken heraus wurde eine nicht auszuschließende Biogaszusammensetzung von 75 Vol.-% Methan, 2 Vol.-% Schwefelwasserstoff und 23 Vol.-% Kohlendioxid angenommen. Das für die Bauleitplanung verwendete Szenario sollte ein Dennoch-Szenario sein, in dem ein größerer Massenstrom freigesetzt wird, als dies bei einem vernünftigerweise nicht auszuschließenden Szenario wie z.B. einer Flanschleckage oder dem Ansprechen einer Druckentlastungseinrichtung der Fall ist. Weiterhin sollte das Szenario nicht die Freisetzung der gesamten zusammenhängenden Masse innerhalb kurzer Zeit unterstellen, da solche Szenarien für die externe Notfallplanung verwendet werden. Bei heute üblichen größeren Behälterdurchmessern der Fermenter und Gärrestlager erschienen Risse in Foliensystemen in Längen von mehreren Metern plausibel. In einer Tabelle wurden für einige Leckflächen die berechneten Massenströme zusammengestellt. Hierbei wurden ein Betriebsüberdruck von 5 mbar und eine Temperatur von 20 °C vorausgesetzt. Im Leitfaden KAS 18 sei für die Ausflussziffer ein scharfkantiges Leck mit einem Wert von 0,62 angesetzt worden. Da keine Angaben über die Ausflussziffer bei einem Leck in einer Folie vorlagen, wurde konservativ ein Wert von 1 für die Berechnungen verwendet. Im Leitfaden KAS 18 wurde eine Freisetzungsdauer von 10 Minuten vorausgesetzt. Die Gasmengen im Fermenter und im Gärrückstandslager lägen typischerweise im Bereich von 3.000 kg bis 8.000 kg. Unter der Annahme, dass die Gesamtmenge eines Behälters innerhalb von 10 Minuten freigesetzt werde, ergäben sich damit Massenströme zwischen 5 kg/s bis 13 kg/s. Aus Schadensereignissen sei aber auch bekannt, dass sich die Folienabdeckung auch über größere Bereiche von den Behältern lösen könne, z.B. durch Versagen des Klemmschlauchs. Sofern bekannt sei, dass die Befestigung der Folie mit Hilfe der Klemmschlauchtechnik erfolge oder nicht ausgeschlossen werden solle, werde abweichend von der nachfolgenden Konvention eine Leckgröße von 1 m² und daraus resultierend ein Achtungsabstand von 250 m empfohlen. Es werde als Leckfläche für Biogasanlagen 0,6 m² (Risslänge: 3 m; mittlere Breite: 0,2 m) festgelegt. Die daraus resultierende Freisetzungsrate liege auch in der Größenordnung, wie sie für Stoffe, für die die Standardleckfläche von 490 mm² festgelegt worden sei (Ausnahme gasförmiges Fluor), ermittelt worden sei (4,3 kg/s und 25 kg/s). Der ERPG-2-Wert für Schwefelwasserstoff von 30 ppm werde in einer Entfernung von ca. 200 m unterschritten, so dass der Achtungsabstand 200 m (Abstandsklasse I) betrage. Mit diesem Abstand seien auch mögliche Einwirkungen durch Brände und Explosionen abgedeckt.

130

Die Arbeitshilfe KAS-32 der Kommission für Anlagensicherheit, einem nach § 51a Abs. 1 BImSchG beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gebildeten Gremium, kann als Orientierungshilfe für Gefahren beim Betrieb von Biogasanlagen durch Freisetzung von Schwefelwasserstoff, Brände und Explosionen sowie den unter Vorsorgegesichtspunkten gebotenen Abstand insbesondere zu Wohngebieten herangezogen werden. Sie baut auf dem von einer Arbeitsgruppe der Kommission für Anlagensicherheit erarbeiteten Leitfaden "Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung von § 50 BImSchG" - KAS-18 auf. Wesentliche Grundlage dieses Leitfadens bildete nach der Vorbemerkung ein vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenes Gutachten, bei dem Behördenvertreter, Betreiber und Gutachter über ihre Erfahrungen in der Anwendung des Leitfadens befragt wurden. Zwar wird in der KAS-18 in Anhang 2 für den Stoff Schwefelwasserstoff ein Abstand von 797 m empfohlen. Jedoch befasst sich die Arbeitshilfe KAS 32 in Abschnitt 1 speziell mit Gefährdungen durch Biogasanlagen. Im Abschnitt 1.1 (Problemstellung) wird ausgeführt, wesentliche Unterschiede zu üblichen Prozessanlagen seien bei Biogasanlagen die Verwendung von Folien und Membranen als Umschließung für das Biogas sowie der geringe Innendruck in den Anlagen zur Biogasherstellung. Aufgrund von Konstruktion, Auslegung, Materialeigenschaften, insbesondere der wesentlich geringeren Festigkeit gegenüber Anlagenauslegungen in Chemieanlagen, resultierten größere Austrittsflächen und in Folge dessen andere Gasausbreitungen. Daher sei eine separate Bewertung dieses Anlagentyps analog der Vorgehensweise im Leitfaden KAS-18 erforderlich. Wird der - unter Vorsorgegesichtspunkten ermittelte - "Achtungsabstand" eingehalten, ist auch davon auszugehen, dass die Anlage weder schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG noch sonstige Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorruft.

131

In Anwendung dieser Grundsätze wird das Grundstück der Klägerin durch den Betrieb der streitigen Biogasanlage weder schädlichen (toxischen oder gesundheitsgefährdenden) Einwirkungen durch Schwefelwasserstoff noch Gefahren durch Brände oder Explosionen ausgesetzt. Denn der geringste Abstand zwischen der Biogasanlage und dem Grundstück der Klägerin beträgt ca. 240 m. Sind selbst bei Störfällen Gefahren im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Schwefelwasserstoff bei Einhaltung des empfohlenen Abstandes nicht anzunehmen, gilt dies erst recht für den Normalbetrieb, bei dem deutlich geringere Mengen dieses Stoffes freigesetzt werden (können). Nicht durchschlagend ist der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand der Klägerin, in der zweiten überarbeiteten Fassung sehe die KAS-32 einen größeren Abstand als 200 m vor. Auch nach der zweiten Fassung vom November 2015 beträgt der in Abschnitt 1.3.3. empfohlene "Achtungsabstand" grundsätzlich 200 m. Nur bei Befestigung der Folie mit Hilfe der sog. Klemmschlauchtechnik beträgt er 250 m. Die Klemmschlauchtechnik wird aber bei der hier zum Einsatz kommenden Tragluftabdeckung des Fermenters nach den genehmigten Bauvorlagen (vgl. die Unterlage "Gasdichte Behälterabdeckungen" - Beiakte A, Bl. 182) nicht angewandt. Zudem würde dieser - wiederum unter Vorsorgegesichtspunkten empfohlene - höhere "Achtungsabstand" hier nur ganz geringfügig unterschritten. Im Anhang 1 heißt es zwar unter "ergänzende Informationen" weiter, dass die spontane Freisetzung eines üblichen Inventars von ca. 8.000 kg Biogas zu einer Unterschreitung des ERPG-2-Wertes in einer Entfernung von 365 m führen würde (Wegdenken der Folie, angenommene Freisetzung der Gesamtmenge innerhalb einer Sekunde). Zugleich wird aber darauf verwiesen, dass dieser Fall den theoretisch maximal möglichen darstelle, der im Rahmen einer KAS-18 Betrachtung jedoch nicht unterstellt werde. Theoretisch maximal mögliche Störfälle genügen indessen nicht, um eine konkrete Gefahr im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu begründen. Denn bei der Prognose, ob eine hinreichend konkrete Gefährdung vorliegt, um einen Schutz- und Abwehranspruch zu begründen, ist insbesondere auch die Wahrscheinlichkeit der denkbaren Störfälle zu berücksichtigen (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015 - 10 S 1169/13 -, juris, RdNr. 80), Erforderlich ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eines der in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter gefährdet ist (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, § 5 BImSchG, RdNr. 126).

132

2.2.2.2. Schädliche Umwelteinwirkungen sind auch nicht im Hinblick auf der Anlage zuzurechnende Geräuschimmissionen zu erwarten.

133

Der gesetzliche Maßstab für die Schädlichkeit von Geräuschen ist in der TA Lärm, die ihren Geltungsbereich nach ihrer Nr. 1 Abs. 2 ausdrücklich auch auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen erstreckt, mit Bindungswirkung für das gerichtliche Verfahren jedenfalls insoweit abschließend konkretisiert, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind gemäß Nr. 1 Abs. 3 Buchstabe b) aa) der TA Lärm die Vorschriften der TA Lärm zu beachten bei der Prüfung der Einhaltung des § 22 BImSchG im Rahmen der Prüfung von Anträgen in Baugenehmigungsverfahren (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 - BVerwG 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 [211], RdNr. 11 ff.).

134

Nach Nr. 3.2.1. der TA Lärm (Prüfung der Einhaltung der Schutzpflicht im Regelfall) ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage darf auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Die Bestimmung der Vorbelastung kann entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 um mindestens 6 dB(A) unterschreiten. Nach Nr. 4.2 Buchstabe a) der TA Lärm ist bei der immissionsschutzrechtlichen Prüfung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Zulassung einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage vorbehaltlich der Regelungen in Nr. 4.3 sicherzustellen, dass die Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 nicht überschreiten; gegebenenfalls sind entsprechende Auflagen zu erteilen.

135

Die TA Lärm enthält in Nr. 6.1 Immissionsrichtwerte für einzelne Baugebietstypen. Für reine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe e) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 50 dB (A) und nachts bei 35 dB (A). Für allgemeine Wohngebiete liegt gemäß Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm der Immissionsrichtwert am Tag bei 55 dB (A) und nachts bei 40 dB (A). Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Nach Nr. 6.6 Satz 1 der TA Lärm ergibt sich die Art der in Nr. 6.1 bezeichneten Gebiete und Einrichtungen aus den Festlegungen in den Bebauungsplänen. Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, sind nach Nr. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Dem entsprechend werden Gebiete im Innenbereich, für die kein Bebauungsplan vorliegt, nach § 34 BauGB beurteilt; dabei wird die Eigenart der näheren Umgebung betrachtet und eingeschätzt, welche Baugebietstypen am ehesten der vorhandenen Bebauung und Nutzung entsprechen (Feldhaus/Tegeder, in: Feldhaus BImSchG, Band 4, B 3.6 TA Lärm RdNr. 55). Maßstab der Schutzbedürftigkeit gegenüber Lärm im unbeplanten Innen-bereich ist die vorhandene Bebauung (§ 34 BauGB), was die Beachtlichkeit von Darstellungen des Flächennutzungsplans ausschließt (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2000 - BVerwG 7 B 71.00 -, DVBl 2001, 642 [643], RdNr. 10 in juris). Im Fall einer sog. Gemengelage oder „diffusen Bebauung" kommt es bei der Heranziehung der Immissionsrichtwerte in Nr. 6.1 der TA Lärm darauf an, welchem Baugebietstyp die vorhandene Bebauung am ehesten entspricht (vgl. Feldhaus/Tegeder, a.a.O.).

136

Die Eigenart der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks dürfte zwar einem faktischen reinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO entsprechen, da sich dort - soweit ersichtlich - nur Wohngebäude befinden. Grenzt ein Wohngrundstück unmittelbar an den planungsrechtlichen Außenbereich, ist jedoch in entsprechender Anwendung von Nr. 6.7 der TA Lärm für den am Wohnhaus maßgeblichen Immissionsrichtwert und unter Berücksichtigung der gegenseitig bestehenden Pflicht zur Rücksichtnahme regelmäßig ein geeigneter Zwischenwert zu bilden, welcher der Eigenart des an die Wohnbebauung angrenzenden Außenbereichs und der dort vorgesehenen privilegierten Zulässigkeit von Anlagen Rechnung trägt. Dem Schutzbedürfnis des Eigentümers eines in einem (faktischen oder festgesetzten) reinen Wohngebiet gelegenen, aber an den Außenbereich angrenzenden Grundstücks ist gegenüber den Außenbereichsvorhaben regelmäßig dann genügt, wenn der entsprechende Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete nach Nr. 6.1 d) TA Lärm von 40 dB(A) nachts gewahrt ist (OVG NW, Beschl. v. 06.05.2016 - 8 B 866/15 -, juris, RdNr. 9 ff.; VGH BW, Urt. v. 23.04.2002 - 10 S 1502/01 - NVwZ 2003, 365 [366], RdNr. 29 in juris; HessVGH, Urt. v. 30.10.2009 - 6 B 2668/09 -, juris, RdNr. 12; ThürOVG, Beschl. v. 22.02.2006 - 1 EO 708/05 -, juris, RdNr. 66; SaarlOVG, Beschl. v. 24.09.2014 - 2 A 471/13 -, juris, RdNr. 12).

137

Dies hat hier zur Folge, dass die in Nr. 6.1 Buchstabe d) der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte von 55 dB (A) tags und 40 dB (A) nachts heranzuziehen sind. Denn das Grundstück der Klägerin grenzt in südlicher Richtung, also in Richtung der Milchviehanlage und der Biogasanlage, an den Außenbereich. Südlich der Weinbergstraße befinden sich landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie Kleingärten.

138

Die von der Anlage der Beigeladenen ausgehende und auf das Grundstück der Klägerin einwirkende Lärmbelastung überschreitet nach der von der Beigeladenen eingereichten Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros für Lärmschutz (F.) am Grundstück der Klägerin die nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 und 6 der TA Lärm um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) am Tag und 34 dB(A) in der Nacht nicht. Auch soweit man einen Zuschlag für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit gemäß Nr. 6.5 der TA Lärm ansetzt, wird der maßgebliche Immissionsrichtwert für den Tag nicht überschritten. Dabei wird dem Mittelungspegel für die empfindlichen Tageszeiten ein Zuschlag von 6 dB (A) hinzugerechnet; dadurch erhöht sich der Pegel für den gesamten Tag an Werktagen um 1,9 dB und an Sonn- und Feiertagen um 3,6 dB (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.1 TA Lärm RdNr. 32, m.w.N.).

139

Als "seltenes Ereignis" nach Nr. 7.2 der TA Lärm hat der Gutachter die Einlagerung von Maissilage eingestuft und insoweit einen Beurteilungspegel für den Tag von 49,3 dB (A) ermittelt. Der Richtwert der Nr. 6.3 der TA Lärm liegt insoweit bei 70 dB (A). Ist wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage zu erwarten, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte nach den Nummern 6.1 und 6.2 auch bei Einhaltung des Standes der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können, kann gemäß Nr. 7.2 Satz 1 der TA Lärm eine Überschreitung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für genehmigungsbedürftige Anlagen zugelassen werden.

140

Der BHKW-Container erreicht nach der Schallimmissionsprognose keinen so hohen Schallleistungspegel, dass an den nächstgelegenen Wohngebäuden nachts die höchst zulässigen Spitzenpegel erreicht werden. Auch beim Betrieb des Radladers im Tageszeitraum, der sich beim Transport der zu vergärenden Feststoffe von der Fahrsiloanlage bis zum Feststoffdosierer bewegt, sei eine Überschreitung der für die Tageszeit geltenden höchst zulässigen Spitzenpegel auszuschließen.

141

Der der Anlage nicht zurechenbare Verkehrslärm auf den öffentlichen Straßen war nicht zu berücksichtigen, da er gemäß Nr. 2.4 der TA Lärm nicht als Vorbelastung gilt. Nur wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die nach Nr. 2.4 der TA Lärm ausgeklammerten Geräusche wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben, ob eine Anlage im Zusammenwirken mit diesen Geräuschen zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, kommt in entsprechender Anwendung von Nr. 3.2.2 der TA Lärm eine Sonderfallprüfung im Genehmigungsverfahren in Betracht (vgl. dazu: Feldhaus, BImSchG, Bd. 3, B 3.6 Nr. 2 RdNr. 40; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 3.1 TA Lärm RdNr. 28, m.w.N.). Solche Anhaltspunkte bestehen hier nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass an der Weinbergstraße Verkehrsgeräusche entstehen, die wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können.

142

Auch die Berücksichtigung von Geräuschen des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Straßen nach Nr. 7.4 der TA Lärm ist entbehrlich. Nach dieser Bestimmung sollen Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c) bis f) durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. In der schalltechnischen Untersuchung (S. 40) ist der Gutachter davon ausgegangen, dass mit dem Betrieb der geplanten Biogasanlage kein wesentlicher anlagenbezogener Fahrverkehr verbunden sei. In Anbetracht der nur geringen Verkehrsmengen auf der öffentlichen Weinbergstraße und der ebenfalls nur geringen Verkehrsmengen, die mit dem Vorhaben im Jahresmittel verbunden seien, sei eine Überschreitung der Verkehrslärmschutzverordnung von vornherein auszuschließen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der der Biogasanlage zuzurechnende An- und Abfahrtsverkehr nach den genehmigten Bauvorlagen (vgl. Beiakte A, Bl. 196) nicht über den Weinbergweg, sondern über die Pappelallee bewegt.

143

Die vom Gutachter für die Einhaltung der Immissionsrichtwerte geforderten Bedingungen hat der Beklagte in die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 8.2 bis 8.5 aufgenommen.

144

Ohne Erfolg bemängelt die Klägerin, dass die in der Nebenbestimmung Nr. 8.3 zur Baugenehmigung geforderten und angegebenen Werte für den Schallleistungspegel der Abgasmündung des BHKW laut Datenblatt für den angegebenen BHKW-Typ trotz vorhandener Schalldämpfung nicht erreicht werden könne. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der vom Gutachter geforderte zusätzliche und speziell auf das Terzfrequenzspektrum der Abgasgeräusche zugeschnittene Resonanzschalldämpfer nicht verfügbar ist. Der Gutachter hat in der Anlage 5 zum Gutachten verschiedene aus seiner Sicht in Frage kommende Modelle vorgeschlagen. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt, dass der in der Baugenehmigung geforderte Schalldämpfer auch eingebaut worden sei. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass damit die im Gutachten festgelegten maximalen Emissionswerte nicht eingehalten werden können.

145

Zu Unrecht rügt die Klägerin, der Gutachter habe diverse weitere Emissionsquellen wie Pumpen, Rührwerke, Tauchmotoren und Gasverdichter nicht in seine Berechnungen einbezogen. Im Gutachten ist auf Seite 9 plausibel dargestellt, dass auf die Ermittlung der in vergleichbaren Schallimmissionsprognosen für andere Anlagenstandorte mit untersuchten Geräuschemissionen von z.B. Steuerungs- und Pumptechnik verzichtet werde, weil für solche Anlagenteile Schalleistungspegel bekannt seien, die im Regelfall zwischen 65 und 80 dB (A) lägen, die Betriebszeiten eher gering seien und somit aus schalltechnischer Sicht gegenüber den bereits genannten Geräuschquellen vernachlässigt werden könnten. Diese Anlagenteile würden zudem in einem massiven Gebäude zwischen den beiden geplanten Rundbehältern betrieben. Sämtliche Rührwerke sowohl im Fermenter als auch im Endlager seien als Tauchmotorrührwerke geplant. Da diese völlig im Substrat eingetaucht seien, gingen von ihnen keine relevanten im Freibereich wahrnehmbaren Geräusche aus. Sie blieben demzufolge unberücksichtigt.

146

2.2.2.3. Auch sonstige erhebliche nachteilige Wirkungen auf schutzwürdige Individualinteressen der Klägerin liegen nicht vor. Insbesondere hat das Vorhaben nicht die von ihr geltend gemachte "optisch bedrängende Wirkung".

147

Nach seinem objektiv-rechtlichen Gehalt schützt das Gebot der Rücksichtnahme die Nachbarschaft vor unzumutbaren Einwirkungen, die von einem Vorhaben ausgehen. Es betrifft jedoch auch Fälle, in denen sonstige nachteilige Wirkungen in Rede stehen. Dazu zählt die Rechtsprechung "optisch bedrängende" Wirkungen, die von einem Bauvorhaben auf bewohnte Nachbargrundstücke ausgehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.12.2006 - BVerwG 4 B 72.06 -, NVwZ 2007, 336, RdNr. 4, m.w.N.). Eine solche Wirkung kann etwa von Windkraftanlagen ausgehen. Bei der streitigen Biogasanlage mit einer größten Höhe (des Fermenterdaches) von 14,58 m in einem Abstand von ca. 240 m zum Grundstück der Klägerin kommen solche Wirkungen indes nicht in Betracht.

148

Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass durch die Biogasanlage, in der Gülle, Mist und Silage zum Einsatz kommen, Ungeziefer, Mücken und sonstige Insekten - gegenüber der Tierhaltungsanlage verstärkt - in einem solchen Maß angezogen werden, dass der Abstand von ca. 240 m keinen ausreichenden Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen bietet.

149

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kann die Klägerin auch nicht darauf stützen, dass das Baugebiet, in dem ihr Grundstück liegt, eine hohe Wohnqualität mit besonderem Erholungswert besitze, die durch die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (weiter) verschlechtert werde. Allein eine Herabsetzung des Erholungswerts eines Grundstücks genügt nicht, um von einer unzumutbaren Beeinträchtigung sprechen zu können (vgl. Beschl. d. Senats v. 12.12.2011 - 2 M 162/11 -, BRS 78 Nr. 98, RdNr. 14 in juris). Im Übrigen ist das Grundstück der Klägerin durch die Nachbarschaft zur bereits vorhandenen Tierhaltungsanlage vorbelastet.

150

2.2.3. Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge der Klägerin, die Biogasanlage verstoße gegen Vorschriften der Störfallverordnung (12. BImSchV).

151

2.2.3.1. Zwar kann sich ein Nachbar auf etwaige Verstöße gegen Regelungen der 12. BImSchV berufen, weil sie jedenfalls den Schutz der Nachbarschaft vor sonstigen schädlichen Einwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG 1. Alt. BImSchG konkretisiert (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011 - 8 D 58/88.AK -, BRS 78 Nr. 211, RdNr. 353 ff. in juris, m.w.N; VGH BW, Urt. v. 20.07.2011 - 10 S 2102/09 -, juris, RdNr. 300, m.w.N). Zu den sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen, die nicht durch Immissionen hervorgerufen werden und nicht im eigentlichen Sinne betriebsbedingt sind, zählen physische Einwirkungen wie Explosionen, Brandereignisse, Stoffeintrag in Boden oder Gewässer oder Überflutungen (vgl. OVG NW, Urt. v. 01.12.2011, a.a.O.). Ungeachtet der umstrittenen Frage, ob es sich um Immissionsschutz im engeren Sinne handelt, verfolgt die 12. BImSchV auch das Ziel zu verhindern, dass die menschliche Gesundheit dadurch geschädigt wird, dass Luftschadstoffe kurzfristig oder über längere Zeit aus einer Anlage freigesetzt werden. Sie dient somit auch dem Schutz der Umwelt einschließlich der menschlichen Gesundheit (VGH BW, Urt. v. 20.07.2011, a.a.O.).

152

2.2.3.2. Die Biogasanlage der Beigeladenen verstößt indes, so wie sie genehmigt ist, nicht gegen Vorschriften der 12. BImSchV, da die Anlage nicht in deren Anwendungsbereich fällt.

153

Nach § 1 Abs. 1 der 12. BImSchV gelten die Vorschriften des Zweiten und Vierten Teils mit Ausnahme der §§ 9 bis 12 für Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 4 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten. Für Betriebsbereiche, in denen gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die in Anhang I Spalte 5 genannten Mengenschwellen erreichen oder überschreiten, gelten außerdem die Vorschriften der §§ 9 bis 12.

154

a) Von den im Anhang I zur 12. BImSchV genannten Stoffen fallen in Biogasanlagen in der Regel hochentzündliche Stoffe nach Nr. 8 der Spalte 1 an. Die insoweit relevante Mengenschwelle für die Anwendung der Verordnung in Spalte 4 für solche Stoffe liegt bei 10.000 kg. Wie oben bereits ausgeführt, ist insoweit allein das Volumen des über dem Fermenter befindlichen Gasspeichers von 1.851 m³ von Belang, in dem - je nach Dichte des Gases von 1,2 bis 1,3 kg/m³ - eine Gasmenge zwischen 2.221,2 kg und 2.406,3 kg aufgefangen werden kann. Die Mengenschwelle von 10.000 kg wird damit weit unterschritten.

155

b) Bei Schwefelwasserstoff hängt die Einstufung in die Nummern 1 bis 3 in der Spalte 1 des Anhangs I zur 12. BImSchV (gesundheitsschädigend, giftig oder sehr giftig) von der Menge des Gases ab. Für sehr giftige Stoffe nach Nr. 1 der Spalte 1 liegt die Mengenschwelle nach Spalte 4 bei 5.000 kg, die ebenfalls (deutlich) unterschritten wird. Nach der Arbeitshilfe KAS-32 beträgt die Konzentration von Schwefelwasserstoff in Biogas maximal 2 Vol.-%, so dass sich im Gasspeicher über dem Fermenter mit einem Volumen von 1.851 m² höchstens 37 m³ Schwefelwasserstoff befinden. Bei einer Dichte dieses Stoffes von ca. 1,54 kg/m³ (bei 0° C) ergäbe sich eine maximale Menge von ca. 57 kg. Nach einer DVGW-Studie aus dem Jahre 2006 beträgt bei Biogasanlagen die durchschnittliche Menge des bei der Fermentierung entstehenden Schwefelwasserstoffs 500 mg/m³; die Schwankungsbreite liegt zwischen 50 und 30.000 mg/m³ (Internet: http://www.schwefelwasserstoff.de/Biogasanlagen.html). Ausgehend von der Kapazität des Gasspeichers von 1.851 m³ beträgt die maximale Menge Schwefelwasserstoff danach 55,53 kg.

156

2.2.4. Handelt es sich mithin nicht um einen Störfallbetrieb, kann die Klägerin auch aus § 50 BlmSchG nichts zu ihren Gunsten herleiten. Das Abstandsgebot des § 50 BlmSchG gilt nur für Betriebsbereiche im Sinne des Art. 3 Nr. 5 der Richtlinie 96/82/EG (Seveso-Il-Richtlinie), zu deren Umsetzung die Störfall-Verordnung ergangen ist (vgl. VGH BW, Urt. v. 12.03.2015, a.a.O., RdNr. 77).

157

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil sie im erstinstanzlichen Verfahren einen Sachantrag gestellt, neben dem Beklagten das Rechtsmittel eingelegt und sich so dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

158

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.

159

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die den Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen des Beklagten vom 12. Juni 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 5. Juli 2013 für die Errichtung eines Mastschweinestalls, eines Mutterkuhstalls mit Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube sowie eines Getreidelagers auf den Grundstücken FlNr. ... und ... Gemarkung F.

Die Antragsteller waren bis zur Eintragung der Rechtsnachfolger im Grundbuch am 8. August 2013 Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../... Gemarkung F. (Nachbargrundstück), das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zwischen 475 m und 560 m von den Bauvorhaben entfernt ist. Sie haben am 27. Juni und am 31. Juli 2013 beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen, die sie am 5. August 2013 erhoben haben. Mit Beschluss vom 23. August 2013 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

In der Sache legen die Antragsteller auf Grundlage des von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachtens des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014 dar, dass die angefochtenen Vorhaben unzumutbare Geruchsimmissionen erwarten ließen. Die bewertete Geruchshäufigkeit für Gerüche aus Tierhaltungsanlagen betrage bei Errichtung der geplanten Hofstelle und unter Berücksichtigung vorhandener Emittenten 18,6% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller (auf Grundlage der Geruchs-Immissionsrichtlinie i. d. F. vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008 - GIRL - i. V. m. der VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2, November 2012 - VDI 3894 Blatt 2). Der Schutzbedürftigkeit der vorhandenen Wohnbebauung sei gegenüber den nicht privilegierten Vorhaben der Beigeladenen Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus wenden die Antragsteller Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts ein.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Baugenehmigungen für den Neubau eines Mastschweinestalls, den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube und den Neubau eines Getreidelagers unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. August 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die von den Antragstellern aufgeworfenen immissionsfachlichen Thematiken seien vom Verwaltungsgericht in einer für ein Eilverfahren äußerst ausführlichen Weise erörtert worden und könnten abschließend nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Die Beigeladenen beantragen,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Dem Anwesen der Antragsteller sei allenfalls die Schutzwürdigkeit eines Wohnanwesens in einem faktischen Dorfgebiet zuzubilligen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg.

1. Die Beschwerden sind zulässig. Insbesondere sind die Antragsteller nach Maßgabe der § 173 VwGO i. V. m. §§ 265, 266 ZPO antragsbefugt; weder die übrigen Verfahrensbeteiligten noch die neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks, die vom laufenden Verfahren in Kenntnis gesetzt wurden, haben beantragt, dass der Rechtsstreit von den neuen Eigentümern des Nachbargrundstücks zu übernehmen ist. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin folgt zudem aus ihrem Nießbrauchsrecht an dem Nachbargrundstück.

2. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen im Ergebnis keine Abänderung oder Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Insbesondere rufen die zugelassenen Vorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache wohl keine schädlichen Umwelteinwirkungen am Anwesen der Antragsteller durch Gerüche hervor, die zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigungen wegen einer hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB folgenden Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen könnten.

a) Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung für den Neubau eines Getreidelagers (Bauantrag-Nr. F-2013/009) anfechten, werden ihre Rechte offensichtlich nicht verletzt. Es ist nicht erkennbar, dass der Betrieb des Getreidelagers zu einer Belästigung am Anwesen der Antragsteller führen kann.

b) Die Baugenehmigung für den Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, eines Fahrsilos, einer Güllevorgrube und einer Güllegrube (Bauantrag-Nr. F-2013/006) ist - jedenfalls für sich betrachtet - voraussichtlich ebenso wenig geeignet, Rechte der Antragsteller zu verletzen. Aus dem Gutachten des Ingenieurbüros D. vom 11. September 2013 mit Erläuterungen vom 5. Mai 2014, das die Antragsteller eingereicht haben und auf das sie sich berufen, ergibt sich, dass die Zusatzbelastung ohne Berücksichtigung des Gewichtungsfaktors fgesamt für die Gerüche aus dem Mutterkuhstall am Anwesen der Antragsteller (Immissionspunkt 1) bei 1% der Jahresstunden (vgl. Auswertung für die Beurteilungspunkte: Zusatzbelastung, Anhang 4 des D.-Gutachtens, ODOR_050 J00) und damit deutlich unter dem Irrelevanzkriterium von 2% der Jahresstunden liegt (Nr. 3.3 Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - i. d. F. 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008; vgl. auch GIRL v. 5.11.2009, Mbl. NRW Nr. 31 v. 27.11.2009, S. 529). Angesichts der im Verhältnis zur untersuchten Rinderhaltung (1.368 GE/s) vergleichsweise geringen Geruchsstoffströme aus der Mistlege (540 GE/s) und dem Fahrsilo (108 GE/s), ist mit dem Erreichen einer Geruchshäufigkeit von 2% der Jahresstunden am Anwesen der Antragsteller wohl nicht zu rechnen.

Der Vortrag der Antragsteller, dass sich das Irrelevanzkriterium auf die von der gesamten (zu genehmigenden) Anlage ausgehende Zusatzbelastung bezieht (vgl. Nr. 3.3 GIRL mit Auslegungshinweisen), trifft zwar zu. Es erscheint aber eher fraglich, ob der vom Beigeladenen zu 2) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mutterkuhstalls, einer Mistlege, (eines) Fahrsilos, (einer) Güllevorgrube und (einer) Güllegrube“ (Bauantrag-Nr. F-2013/006) und der vom Beigeladenen zu 1) beantragte und diesem genehmigte „Neubau eines Mastschweinestalls“ (Bauantrag-Nr. F 2013/005) als gemeinsame Anlage entsprechend § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV zu bewerten sind. Auch wenn die Betriebseinrichtungen Güllegrube, Fahrsilo und Mistlege von den Beigeladenen gemeinschaftlich genutzt werden und die Betriebe der Beigeladenen als Bewirtschaftungseinheit gesehen werden können, sind ihre Unternehmen jeweils eigenständige landwirtschaftliche Betriebe (siehe Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 22.4.2013; vgl. Hansmann/Röckinghausen in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2013, § 1 Rn. 26; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 4 Rn. 25, 30 jeweils m. w. N.; ebs. wohl Auslegungshinweise zu Nr. 3.3 GIRL Abs. 4).

c) Die Zusatzbelastung durch den Mastschweinestall (Bauantrag-Nr. F-2013/005) lässt sich der Auswertung im Gutachten von D. nicht entnehmen, weil die Zusatzbelastung der aus den im gewählten Beurteilungsgebiet vorhandenen Schweinehaltungen gesamt ausgewiesen wird (ODOR_075 J00 = 4,8%). Im Hinblick auf einen Geruchsstoffstrom von 3.600 GE/s (Mutterkuhstall 1.368 GE/s) ist aber voraussichtlich von einer Überschreitung des Irrelevanzkriteriums am Anwesen der Antragsteller auszugehen. Gleichwohl spricht derzeit Überwiegendes für die Erfolglosigkeit der Klage der Antragsteller gegen den Mastschweinestall. Das gilt auch dann, wenn die Zusatzbelastung aus dem Mutterkuhstall (einschließlich Mistlege, Fahrsilo, Güllevorgrube und Güllegrube) nicht als irrelevant i. S. d. Nr. 3.3 GIRL bewertet und eine einheitliche Betrachtung der Geruchswirkungen der angefochtenen Vorhaben angestellt würde.

aa) Entgegen der Darlegung der Antragsteller können sie zugunsten ihres Anwesen wohl nicht den Schutzanspruch eines Wohngebiets gegenüber Gerüchen aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung geltend machen. Die sich entlang der S-straße in Nord-Süd-Richtung entlangziehende, weitgehend einzeilige Bebauung wird - ihre Ortsteileigenschaft unterstellt (vgl. BVerwG, B.v. 25.5.1976 - 4 B 185/75 - juris) - wohl auch durch die nördlich des Anwesens der Antragsteller befindliche Hofstelle auf dem Grundstück FlNr. ... geprägt, in der trotz der Neubauten auf den Grundstücken FlNr. ... und ... nach wie vor eine Pferdehaltung betrieben wird. Deren Vorhandensein spricht jedenfalls im nördlichen Bereich der Bebauung entlang der S.-straße, dem auch das Anwesen der Antragsteller angehört, tendenziell für das Vorliegen eines faktischen Dorfgebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO) oder einer von landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung geprägten Gemengelage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Bei der Bewertung des Gebietscharakters kommt es - anders als die Antragsteller einwenden - nicht darauf an, was nach Darlegung des Gutachters unter Bezugnahme auf die Begründung und die Auslegungshinweise der GIRL unter einem Dorfgebiet zu verstehen sei. Insbesondere ist für die nach § 34 Abs. 2 BauGB vorzunehmende Prüfung, ob die nähere Umgebung einem Dorfgebiet entspricht, nicht vorauszusetzen, dass sich eine über Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte historisch gewachsene Struktur entwickelt hat (die Ausführungen des Gutachters beziehen sich auf die Erläuterung in den Auslegungshinweisen zur „Ortsüblichkeit“ landwirtschaftlicher Gerüche; in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL wird lediglich der Wortlaut des § 5 Abs. 1 BauNVO wiedergegeben). Aus den von den Antragstellern vorgelegten Kopien eines „Baulinienplans von 1964“ folgt nichts anderes, weil dieser ggf. übergeleitete Baulinienplan als einfacher Bebauungsplan i. S. d. § 30 Abs. 3 BauGB weder Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält noch eine Abgrenzung des Außen- vom Innenbereich vornimmt (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2013 - 2 ZB 12.2318 - juris Rn. 12 f. m. w. N.; BayVGH, U.v. 15.7.2005 - 1 B 04.1080 - juris). Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Randlage des wohngenutzten Grundstücks der Antragsteller zum Außenbereich hingewiesen. Insoweit ist die Geruchs-Schutzwürdigkeit gemindert (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 1 ZB 12.1021 - juris Rn. 20; vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2010 - 7 B 4/10 - NVwZ 2011, 433 = juris Rn. 32; vgl. auch Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL i. d. F. vom 29.2.2008, zu Nr. 3.1). Die Auffassung der Antragsteller, die gegenständlichen Nutzungen seien nicht privilegiert, teilt der Senat angesichts der nachvollziehbaren Stellungnahmen des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 3. April 2013, vom 22. April 2013 und vom 29. Mai 2013 nicht. Von Vorstehendem ausgehend erscheint angesichts des weitgehend von Außenbereichsgrundstücken umgebenen Wohngrundstücks der Antragsteller und der auch landwirtschaftlich geprägten Umgebungsbebauung selbst im Rahmen der Beurteilungskriterien der GIRL eine Gesamtbelastung von bis zu 20% der tierartspezifischen Geruchshäufigkeit vertretbar. Die im Gutachten von D. ermittelte Gesamtbelastung von 18,6% der Jahresstunden wäre damit wohl auch nach den Maßstäben der GIRL noch zumutbar.

bb) Gegen einen Erfolg der Klagen sprechen auch die ausnehmend konservativen und zum Teil unzutreffenden Annahmen des Gutachtens von D., die eine uneingeschränkte Verwertbarkeit der sachverständigen Untersuchung eher fraglich erscheinen lassen, soweit darin eine Überschreitung des Immissionswerts von 15% (verursacht durch Tierhaltungsanlagen) für Dorfgebiete bzw. für Wohngebiete am Rand zum Außenbereich (vgl. Nr. 3.1 Punkt 2 der Auslegungshinweise zur GIRL) ermittelt wird.

Aus der Auswertung für den „Beurteilungspunkt 01: Zusatzbelastung“ folgt, dass die mit einem Gewichtungsfaktor f von 1 angeführte Geruchsbelastung (ODOR 100 J00) eine Geruchsstundenhäufigkeit von 14,5% umfasst. Darin ist neben dem Fahrsilo und den Mistlegen insbesondere die nahe zum Grundstück der Antragsteller gelegene Pferdehaltung enthalten. Insoweit wird im Gutachten von D. „konservativ von 65 Pferden“ ausgegangen, obwohl auf dem Pferdehof nicht nur Pferde, sondern Pferde und Ponys gehalten werden, was im Hinblick auf die mittlere Tierlebendmasse (GV/Tier) von Bedeutung ist (vgl. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A wonach für Pferde über 3 Jahre eine mittlere Tierlebendmasse von 1,1 GV/Tier und bei Ponys und Kleinpferden nur von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist). Dass auf dem Pferdehof auch Ponys bzw. Kleinpferde gehalten werden, ergibt sich nicht nur aus den rein tatsächlichen Verhältnissen, sondern auch aus den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauvorlagen. Mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1998 (Az. F97/296) für die Nutzungsänderung der landwirtschaftlichen Gebäude auf dem Grundstück FlNr. ... in Pferdehaltung und Errichtung von Pferdekoppeln hat die Antragsgegnerin auch die dem Bauantrag zugrundeliegende Betriebsbeschreibung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt. Danach werden sowohl in der Zucht als auch in Ausbildung, Pension, Schulbetrieb etc. ausschließlich Islandpferde eingesetzt. Hierbei dürfte es sich wohl um Kleinpferde i. S. d. VDI 3894 Blatt 1 und 2 Anhang A handeln, für die eine mittlere Tierlebendmasse von 0,7 GV/Tier anzusetzen ist.

(2) Ferner wurde nicht berücksichtigt, dass ein Teil der Pferde auf der Koppel gehalten wird (vgl. VDI 3894 Blatt 2 Anhang B Fußnote e). Der Vortrag, ausweislich der Augenscheinfeststellungen habe sich eine Reihe von Pferden tagsüber in den Stallungen bzw. auf dem Hof befunden, weshalb in der Prognose kein genereller täglicher Wechsel zwischen Koppel- und Stallhaltung angenommen werden könne, greift zu kurz, weil auch ein relativer Ansatz der sich regelmäßig auf der Koppel aufhaltenden Zahl von Pferden angesetzt werden kann (der behördliche Immissionsschutz beim Landratsamt ist insoweit von 10 bis 15 Tieren ausgegangen).

(3) Schließlich ist es wohl nicht vertretbar, dass für die Pferdehaltung ein Gewichtungsfaktor von 1 angesetzt wurde. Dies entspricht zwar einer konformen Anwendung der GIRL (vgl. Nr. 4.6 GIRL; ebs. VDI 3894 Blatt 2 Anhang F), führt aber zu einer kaum zu rechtfertigenden negativen Bewertung des Belästigungsgrads von Gerüchen aus der Pferdehaltung im Verhältnis zur Schweine- (Gewichtungsfaktor 0,75) oder zur Milchkuhhaltung (Gewichtungsfaktor 0,5). Aus der fehlenden Bewertung des Ausmaßes der Geruchsbelastung für die Tierart „Pferd“ in der Untersuchung „Geruchsbeurteilung aus der Landwirtschaft“ (vgl. Sucker/Müller/Both, Bericht zu Expositions- Wirkungsbeziehungen, Geruchshäufigkeit, Intensität, Hedonik und Polaritätenprofile, Materialienband 73, Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, S. 31, 41), aus der die tierartspezifischen Gewichtungsfaktoren für die Tierarten Mastgeflügel, Mastschweine und Milchkühe in der GIRL 2008 abgeleitet wurden, darf nicht der Schluss gezogen werden, Gerüche aus der Pferdehaltung lösten eine stärkere Belästigungsreaktion aus als Gerüche aus der Schweine- oder Milchkuhhaltung. Genau dies unterstellt die GIRL im Ergebnis aber, wenn gefordert wird, dass für Tierarten, die nicht in der Tabelle 4 enthalten sind (also z. B. Pferde), kein Gewichtungsfaktor (also Faktor 1) einzusetzen ist. Sofern von Seiten des Gutachters dargelegt wird, nach Aussage von maßgeblich am Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ (a. a. O.) Beteiligten gebe es derzeit keine wissenschaftlich fundierten Daten, die u. a. Abschläge für Pferde rechtfertigten, wirft dies die Frage auf, ob die GIRL damit überhaupt auf Tiergerüche aus der Pferdehaltung anwendbar ist. Denn neben der relativen Geruchshäufigkeit wird in der GIRL 2008 beim Geruch aus Tierhaltungsanlagen durch Einführung eines belästigungsrelevanten Kennfaktors eben auch berücksichtigt, welche tierartspezifische Geruchsqualität auftritt. Dem liegt der genannte Forschungsbericht „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“ zugrunde, wonach die nach Tierarten (Geflügel, Schwein, Rind) differenzierte Geruchsqualität immissionsseitig eindeutig wirkungsrelevant ist (vgl. dort z. B. Nr. 5 Punkt 3,). Weshalb dies bei der Tierart Pferd anders sein soll, erschließt sich nicht. Insbesondere ist wohl nicht zu erwarten, dass die Geruchsqualität für die Tierart Pferd im Vergleich zur Tierart Rind eine stärkere Belästigungsreaktion auslöst. So erscheint es nach den „Abstandsregelungen für Rinder- und Pferdehaltung“ (Arbeitspapiere des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“, Stand 10/2013, Kap. 3.3.2) nicht sachgerecht, für Pferde als in der Tabelle 4 der GIRL nicht genannten Tierart einen Faktor f von 1 anzusetzen, weil die Techniken der Pferdehaltung in Bezug auf Aufstallung, Lüftung, Entmistung und Mistlagerung aus der Rinderhaltung bekannt und vergleichbar sind und die Geruchsintensitäten in der gleichen Größenordnung (wie bei der Rinderhaltung) liegen. Der charakteristische Geruch dieser Tierarten (Rind und Pferd) sei zwar unterschiedlich, die hedonische Geruchswirkung (Anm.: i. S. v. „Lästigkeit“ und damit vergleichbar mit der Belästigungswirkung anhand der tierartspezifischen Geruchsqualität nach GIRL) sei jedoch ähnlich. Für Pferde sei daher derselbe tierartspezifische Faktor wie für Rinder anzusetzen (vom Bayerischen Arbeitskreises wird ein Gewichtungsfaktor 0,4 für Milchkühe mit Jungtieren, Mastkälberhaltung und Pferdehaltung empfohlen). Diesen nachvollziehbaren Erwägungen trägt die Begutachtung durch D. keine Rechnung.

cc) Schließlich kann die GIRL zwar im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden, eine irgendwie geartete Bindungswirkung oder ein Vorrang vor anderen Bewertungsmethoden besteht aber nicht (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 10 m. w. N.; OVG NW, U.v. 30.1.2014 - 7 A 2555/11 - juris Rn. 69 ff. m. w. N.; BVerwG, B.v. 28.7.2010 - 4 B 29/10 - BauR 2010, 2083 = juris Rn. 3 m. w. N.). Die immissionsschutzfachliche Bewertung durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013 auf Grundlage der VDI 3894 Blatt 2 tritt deshalb gleichrangig neben die Begutachtung durch D. Daraus ergibt sich, „dass die Geruchsgrenzwerte nicht für die einzelnen Anlagen und nicht für die summierten Geruchsemissionen der Tierställe weder für allgemeine Wohngebiete (10% der Jahresstunden) noch für Dorfgebiete (15%) am Haus der Antragsteller oder sonstigen Wohnhäusern erreicht werden“. Zur nördlich gelegenen Pferdestallung bestehe aus immissionsfachlicher Sicht ein ausreichender Abstand zum Wohnanwesen der Antragsteller selbst dann, wenn ein Geruchsfaktor von 1 angesetzt würde. Der gegen die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes gerichtete Einwand, die vereinfachte Methode zur Beurteilung von Geruchsstoffimmissionen aus Tierhaltungsanlagen mit Hilfe der Abstandsregelung der VDI 3894 Blatt 2 berücksichtige kumulierende Wirkungen von umliegenden Anlagen nur bedingt, folgt dem Ansatz der von den Antragstellern präferierten GIRL für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen. Für Tierhaltungsanlagen, die - wie hier - keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, kann die GIRL zwar „sinngemäß angewendet werden“, insoweit wird aber auch auf die Anwendbarkeit der Abstandsregelungen der VDI 3471 und VDI 3472 hingewiesen, die durch die VDI 3894 Blatt 1 und 2 ersetzt wurden.

d) Soweit die Antragsteller Verfahrensmängel des angefochtenen Beschlusses geltend machen, kommt eine allein mögliche Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 130 Rn. 4 m. w. N.) nicht in Betracht.

aa) Es bedarf weder des Einverständnisses eines Verfahrensbeteiligten dafür, dass die Kammer in Urlaubsabwesenheit des Berichterstatters, „der sich die Örtlichkeiten angeschaut und den Tatsachenvortrag und die Rechtsansicht der Parteien in diesem Termin auch gehört hatte“, entschieden hat, noch liegt darin ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter. Welche Richter über den Fall entscheiden, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 4 VwGO, § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG); das gilt auch für den Vertretungsfall. Das Verwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 zur Besetzung der Kammer Stellung genommen. Danach waren am 23. August 2013 die Vorsitzende und der Berichterstatter in Urlaub, weshalb die nach dem Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2013 zuständigen Vertretungsrichter an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben. Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal der Bevollmächtigte der Antragsteller den Erlass einer Zwischenverfügung beantragt hatte, „sofern sich das Gericht außer Stande sieht, kurzfristig über den Antrag nach §§ 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zu entscheiden“, also auf die Dringlichkeit einer Entscheidung hingewiesen hatte. Dass der Berichterstatter wegen Urlaubsabwesenheit nicht an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, obwohl er am 5. August 2013 den Augenschein eingenommen hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere bleibt eine durchgeführte Augenscheinnahme als Beweisaufnahme auch dann eine zulässige Sachverhaltsermittlung, wenn der den Beweis aufnehmende Richter an der späteren Entscheidung nicht mitwirkt (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.1992 - 4 B 251/92 - juris RdNr. 6). Der Berichterstatter hat im Augenscheintermin aussagekräftige Lichtbilder gefertigt und die Erklärungen der Beteiligten zu Protokoll genommen. Es ist nicht ersichtlich, dass die anlässlich des Ortstermins gewonnenen Erkenntnisse nicht uneingeschränkt verwertbar wären oder dass sich dem Verwaltungsgericht ein nochmaliger Ortstermin durch den Spruchkörper hätte aufdrängen müssen.

bb) Entgegen dem Vortrag der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht nicht dadurch gegen seine Ermittlungspflichten verstoßen, dass es davon abgesehen hat, die nach Auffassung der Antragsteller erforderliche umfassende Immissionsbeurteilung vornehmen zu lassen, obwohl der Gutachter der Antragsteller erklärt hatte, er erachte die 15%-Jahresstundengrenze aufgrund seiner Prognoseüberlegungen für überschritten.

Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der fachkundigen Bewertung der zu erwartenden Geruchsimmissionen durch den behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... nach Maßgabe der VDI 3894 Blatt 2 davon ausgegangen, dass am Anwesen der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsimmissionen auftreten werden. Weitergehende Ermittlungen, insbesondere eine förmliche Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens, waren auch angesichts des besonderen Charakters des Eilverfahrens nicht veranlasst (vgl. Geiger in Eyermann, a. a. O., § 86 Rn. 1a m. w. N.).

Letztlich beanstanden die Antragsteller, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Bewertung der Geruchsimmissionen auf Grundlage der Abstandsregelungen der VDI 3894 Blatt 2 begnügt hat und keine Bewertung der Geruchsbelastung in sinngemäßer Anwendung der GIRL vornehmen hat lassen. Eine Verletzung der Ermittlungspflicht vermag diese Kritik an der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht nicht zu begründen.

cc) Die eingewandte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Die Antragsteller tragen vor, das Verwaltungsgericht habe ihnen keine Gelegenheit gegeben, auf die Aussagen der Bearbeiterin der fachlichen Stellungnahme des behördlichen Immissionsschutzes beim Landratsamt ... zu erwidern. Das trifft nicht zu. Die vom behördlichen Immissionsschutz beim Landratsamt ... gefertigte Stellungnahme vom 15. Juli 2013 mit Nachtrag vom 23. Juli 2013, auf die das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich abstellt, wurde den Antragstellern zugestellt und die Antragsteller haben sich damit u. a. im Schriftsatz vom 12. August 2013 auch auseinander gesetzt. Soweit auf eine Telefonnotiz in den Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts vom 6. August 2013 Bezug genommen wird, aus der sich ergibt, dass das Landratsamt keine technischen Möglichkeiten für eine Ausbreitungsberechnung nach TA Luft hat und die Voraussetzungen für die Einholung eines externen Gutachtens aufgrund der tatsächlichen Abstände nicht für gegeben erachtet, ist darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sehen. Auch der Vortrag, das Verwaltungsgericht setze sich nicht mit den Aussagen des Sachverständigen der Antragsteller auseinander, wonach eine Geruchsstundenhäufigkeit von mehr als 15% der Jahresstunden zu erwarten sei, lässt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs erkennen. Das Verwaltungsgericht hat entscheidungserheblich auf die Berechnungen des behördlichen Immissionsschutzes auf Grundlage der Abstandsregelung nach VDI 3894 Blatt 2 abgestellt. Dies ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden. Dass die Antragsteller eine Beurteilung unter Einbeziehung der Vorbelastung für erforderlich gehalten haben, hat das Verwaltungsgericht zur Kenntnis genommen (vgl. Rn. 16 des Beschlusses vom 23. August 2013). Darüber hinaus ist das Gericht weder dazu verpflichtet, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines der Beteiligten zu folgen, noch muss es jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich bescheiden. Deshalb kann allein aus der bloßen Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Beschwerdevorbringens auch nicht geschlossen werden, das Gericht habe es nicht zur Kenntnis genommen und sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst. Insoweit hindert Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht insbesondere auch nicht daran, das Beteiligtenvorbringen aus Gründen des materiellen Rechts nicht weiter aufzunehmen (BVerwG, B.v. 24.11.2011 - 8 C 13.11 - juris Rn. 2).

dd) Schließlich haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren das ihrer Ansicht nach erforderliche Gutachten auf Grundlage einer Bewertung nach GIRL vorgelegt, das ihrem Antrag nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zum Erfolg verhilft, so dass die Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht auch aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO

Streitwert: § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013, mit welcher diesem die Errichtung einer Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 der Gemarkung P. genehmigt wurde.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich und nördlich vom Baugrundstück gelegenen Grundstücks FlNr. 99 der Gemarkung P. Auf dem östlichen Teil des Grundstücks befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Klägers mit Wohnhaus, kleinem Wirtschaftsgebäude sowie einem großen, in mehrere Nutzungseinheiten aufgeteiltem Stall- und Betriebsgebäude samt geschlossener Güllegrube. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung (Milchvieh und Kälberaufzucht). Der westliche Teil des klägerischen Grundstücks ist unbebaut und landwirtschaftlich genutzt. Östlich und nördlich der klägerischen Hofstelle befindet sich Wohnbebauung. Das klägerische Grundstück wird auf seiner Westseite durch den Lohfeldweg erschlossen, der sich auf Höhe der Hofeinfahrt nach Norden hin verengt und als nicht asphaltierter Feldweg entlang des Baugrundstücks weiterführt. Entlang der Ostseite des Lohfeldwegs befindet sich ebenfalls Wohnbebauung. Die Westseite des Lohfeldwegs ist mit vier Wohnhäusern bebaut. Das genehmigte Doppelhaus erweitert die Wohnbebauung auf der Westseite nach Norden hin um zwei weitere Wohnhäuser. Das Stallgebäude liegt ca. 15 m an der engsten Stelle von dem Doppelhaus entfernt.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 erteilte der Beklagte einen Vorbescheid zur Errichtung zweier Doppelhaushälften mit Garagen und Carports auf dem damaligen Grundstück FlNr. 159/4 (nach Teilung nun FlNr. 159/7 und 159/4). Der Vorbescheid enthielt u. a. folgende Nebenbestimmungen:

„1. Der Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Carports ist unter der Voraussetzung planungsrechtlich zulässig, dass wegen des auf Flurnr. 99 der Gemarkung P. befindlichen Stalles wie beantragt (Ihr Telefax vom 11.04.06) der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorgesehen wird, die die Frischluft von der Immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne das Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.

5. Der Grundriss des Doppelhauses ist so zu gestalten, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind.“

Der Vorbescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 26. August 2009 wurde erneut ein nahezu wortgleicher Vorbescheid erteilt, da der frühere Vorbescheid bereits abgelaufen war. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 wurde die Geltungsdauer des Vorbescheids vom 26. August 2009 bis zum 29. August 2014 verlängert. Eine Zustellung dieses Verlängerungsbescheids an den Kläger unterblieb.

Unter dem 22. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1. den Erlass einer Baugenehmigung für eine Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 (nördliche Teilfläche, nach Teilung FlNr. 159/4). Mit Bescheid vom 21. März 2013 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung. Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 ergänzte der Beklagte die Baugenehmigung u. a. um folgende Nebenbestimmung:

„4. Es ist der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorzusehen, die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.“

Beide Bescheide wurden dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013 erhob der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids. Das Verwaltungsgericht hob daraufhin die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids mit Urteil vom 23. Juli 2014 auf. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Bauvorhaben befinde sich im Außenbereich und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Von der zulässigerweise betriebenen Landwirtschaft des Klägers gingen Geruchsimmissionen aus, welche den Grad der Zumutbarkeit überschreiten würden. Der östliche Bereich des Doppelhauses liege mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstüre in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen zu vermuten seien. Der restliche Teil des Doppelhauses befinde sich in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen erst anhand einer Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden könnten. Die mit dem Änderungsbescheid verfügte architektonische Selbsthilfe sei nicht geeignet, die Rücksichtslosigkeit des Wohnbauvorhabens gegenüber dem Kläger auszuschließen. Diese hätten ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren, wonach nach Auffassung des Erstgerichts gerade im ländlichen Raum das Öffnen von Fenstern zählen würde, egal ob es sich um schutzwürdige Räume oder wie vorliegend um Bäder, WCs oder Wirtschaftsräume handle. Auch die Eingangstür liege noch im Bereich unzumutbarer Geruchsbeeinträchtigungen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2016 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zugelassen.

Der Beklagte macht geltend, dass die Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Haushälfte 15,7 m betrage. Der Beigeladene zu 1. habe im Wege der architektonischen Selbsthilfe eine Be- und Entlüftungsanlage eingebaut und die schutzwürdigen Wohnräume (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) auf der dem Stallgebäude abgewandten Westseite seiner Doppelhaushälfte angeordnet. Diese Maßnahmen führten dazu, dass das Bauvorhaben gerade keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sei und damit das Rücksichtnahmegebot gegenüber dem Kläger nicht verletzt werde. Es gebe im Bereich der Rinderhaltung keine gesetzlichen Regelungen zu Geruchsbelastungen. Vielmehr werde von der Rechtsprechung eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls verlangt. Vorhandene technische Regelwerte dienten nur als Orientierungshilfe. Vorliegend war zudem der Beklagte durch den zuletzt verlängerten Vorbescheid gebunden. Zum Zeitpunkt der Verlängerung mit Bescheid vom 23. Juli 2012 konnte noch nicht auf die VDI 3894 Blatt 2 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Methode zur Abstandsbestimmung“ mit Stand November 2012 abgestellt werden. Das Landratsamt habe sich richtigerweise auf die Abstandsregelung für Rinderhaltung des Bayer. Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 in der Fassung vom März 2009 gestützt. Danach liegt die Ostseite des Gebäudes mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstür in dem Bereich, wo schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Daher habe der beigeladene Bauherr eine Be- und Entlüftungsanlage geplant sowie die schutzwürdigen Räume nach Westen hin angeordnet. Die Ansauganlage für die Be- und Entlüftungsanlage befinde sich ca. 33 m vom nächstgelegenen Stallfenster entfernt. Bei dieser Entfernung sei eine Einzelfallprüfung erforderlich. Nach dem vorgelegten Gutachten sei hier mit einer Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 14 bis 15% der Jahresstunden zu rechnen. Zudem treffe den Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Lage benachbart zu einer bestehenden Landwirtschaft eine höhere Duldungspflicht. Das Baugrundstück liege in einer dörflichen Umgebung und sei bereits durch den klägerischen Betrieb vorbelastet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wohnkomfort betreffe die TA Lärm und sei nicht unmittelbar auf Geruchsbelästigungen anwendbar. Im Ergebnis könne im Rahmen der Einzelfallbetrachtung nicht von unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgegangen werden.

Der Beigeladene zu 1. führt aus, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Geruchsbelastung der östlich gelegenen Wohnbebauung sei deutlich höher als am Baugrundstück. Am Baugrundstück sei bei einer Einzelfallbeurteilung davon auszugehen, dass die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur architektonischen Selbsthilfe bei Lärm sei in Ermangelung eines der TA Lärm vergleichbaren technischen Regelwerks nicht unmittelbar anwendbar. Konkrete Erweiterungsabsichten des klägerischen Betriebs lägen nicht vor. Nur theoretische Erweiterungsmöglichkeiten seien jedoch nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht sei zudem von einem falschen Schutzniveau ausgegangen, da sich das Bauvorhaben in einem Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich befinde. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei der Immissionskonflikt durch die Anordnung der Räume und die eingebaute Be- und Entlüftungsanlage gerade gelöst worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen zu 1. sei unzumutbaren Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ausgesetzt, was auch der Beklagte bestätige. Das Erstgericht habe die zur Verfügung stehenden Orientierungshilfen richtig angewandt. Architektonische Selbsthilfe sei vorliegend nicht möglich, denn anders als beim Lärm könne Geruch gerade nicht ausgesperrt werden. Geruch komme über jede Öffnung der Fassade in ein Gebäude und verteile sich dort. Der Geruch könne im Gebäude auch nicht verdünnt werden. Auch die Frischluftansaugstelle liege in einem geruchsbelasteten Bereich. Entsprechend sei die angeordnete architektonische Selbsthilfe untauglich. Ein Mindestmaß an Wohnkomfort könne nicht gewährleistet werden. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, ein Wohngebäude zumindest teilweise durch das Öffnen von Fenstern und Türen zu lüften. Eine ausreichende Belüftung im Sinn von Art. 45 Abs. 2 BayBO liege nicht mehr vor, wenn ein gesamtes Haus ausschließlich über eine Belüftungsanlage mit Frischluft versorgt werde. Selbst bei Passivhäusern gehöre das Öffnen von Fenstern bei bestimmten Temperaturen zum Wohnstandard. Auch habe das Erstgericht die Entwicklungsmöglichkeiten des Klägers zutreffend in die Abwägung eingestellt. Der Kläger habe nur noch eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten. Diese nicht zu berücksichtigen, wäre ein Fehler gewesen, auch wenn derzeit keine konkreten Erweiterungspläne vorlägen. Das Doppelhaus, das als ein Gebäude zu betrachten sei, verletze zudem das Abstandsflächenrecht, da es das 16 m-Privileg vor drei Fassaden, im Norden, im Osten und im Süden in Anspruch nehme.

Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Erstgerichts und die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Akten im Parallelverfahren Az. 2 B 16.236 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind begründet. Die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Mit dem Erstgericht geht der Senat davon aus, dass das Baugrundstück sich nicht mehr innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB befindet sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Dort ist das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nicht zulässig, da es öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. widerspricht bereits den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher das Baugrundstück als „Fläche für die Landwirtschaft“ darstellt. Damit ist die Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsgenehmigung objektiv rechtswidrig.

2. Der Kläger als Nachbar kann jedoch eine Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier nicht der Fall.

In Betracht käme lediglich die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger, welches sich für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme läge hier nur dann vor, wenn das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre, wie sie § 3 Abs. 1 BImSchG beschreibt. Der Kläger betreibt in zulässiger Weise eine geruchsintensive Landwirtschaft, welche vorliegend jedoch keine Auswirkungen auf das Baugrundstück hat, die den Grad der Unzumutbarkeit erreichen.

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche gibt es keine allgemein gültigen Regelungen ähnlich der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft). Im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung kann das Gericht jedoch auf Regelwerke als Orientierungshilfe zurückgreifen, die in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt wurden. So bilden nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 11.3.2013 - 14 ZB 12.2073 - juris; B. v. 24.4.2012 - 2 ZB 10.2894 - juris; B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl 2007,758) die Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München/Weihenstephan „Geruchsimmissionen aus Rinderställen“ vom März 1994 („Gelbes Heft 52“) und „Geruchsfahnenbegehung an Rinderställen“ vom Juni 1999 („Gelbes Heft 63“) brauchbare Orientierungshilfen, um die Schädlichkeit von Geruchsimmissionen auf Wohnbebauung ermitteln zu können. Gleiches gilt für die „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ des bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 - fortgeschrieben März 2009 und Oktober 2013 - (vgl. BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 15 ZB 09.1763 - juris; B. v. 3.2.2011 - 1 ZB 10.718 - juris). Als drittes Regelwerk zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche sind die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 in der Rechtsprechung als zulässige Orientierungshilfe für den Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung anerkannt (vgl. BVerwG, B. v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - juris; BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris).

Vorliegend hat das Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 12. April 2006 im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens (Vorbescheidsakte Bl. 25-27) festgestellt, dass das Bauvorhaben bei einem Abstand von ca. 15 m zum Rinderstall mit ca. 5 m (Ostseite des Gebäudes) im „roten Bereich“ (schädliche Umwelteinwirkungen sind zu erwarten) nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltungen“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ zu liegen kommt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts beim Augenschein (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 23. Juli 2014, Bl. 147 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) beträgt die kürzeste Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Doppelhaushälfte 15,70 m bzw. dem nächstgelegenen Fenster der südlichen Doppelhaushälfte 16,20 m. Die Doppelhäuser weisen eine Tiefe von 12,99 m auf, so dass der überwiegende Teil des Gebäudes im „grauen Bereich“ (Detailbeurteilung erforderlich) zu liegen kommt. Das Fenster im Koch-/Essbereich der nördlichen Doppelhaushälfte befindet sich in einer Haustiefe von ca. 4,60 m (gemessen im Eingabeplan). Es dürfte sich daher ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts bereits im „grauen Bereich“ befinden. Zudem verfügt der Koch-/Essbereich noch über ein weiteres, westlicher gelegenes Fenster in der Nordfassade sowie die Terrassentür in der Westfassade, so dass das östlichere Fenster nicht zwingend zur Belüftung erforderlich ist. Das Sachgebiet Immissionsschutz hat als Auflagen eine Be- und Entlüftungsanlage, welche die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite ansaugt, sowie eine Gestaltung des Grundrisses in der Form, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind, vorgeschlagen. Der Einbau eine Be- und Entlüftungsanlage wurde im Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 beauflagt.

Der Beigeladene zu 1. hat zwei Gutachten der Fa. ... zur Beurteilung der Geruchsbelastung vorgelegt. Das Gutachten vom 4. Februar 2014 unter Anwendung der GIRL kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Luftzufuhreinrichtung der Belüftungsanlage eine Wahrnehmungshäufigkeit von maximal 0,15 (15% der Jahresstunden) auftreten wird, womit von der Einhaltung der Immissionswerte für ein Dorfgebiet auszugehen sei. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass sich das Bauvorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich befindet und damit eine geringere Schutzwürdigkeit besitzt. Bereits bei im Dorfgebiet liegenden Wohngebäuden, die sich jedoch am Rand zum Außenbereich befinden, ist die Schutzwürdigkeit herabgesetzt und ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zu bilden, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann. Im Außenbereich kann es sogar bis zu 0,25 sein (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris). Auch dieses Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass an der Ostfassade eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,19 bis 0,25 (19% bis 25% der Jahresstunden) auftritt.

Im zweiten Gutachten vom 13. Oktober 2014 wurde eine Betrachtung nach dem „Gelben Heft 63“ durchgeführt. Danach ist in 13% bis 15% der Jahresstunden (vgl. Gutachten S. 18) mit erkennbaren Gerüchen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich der streitgegenständlichen Wohnbebauung zu rechnen.

Festzuhalten ist, dass nach allen drei als Orientierungshilfen heranziehbaren Regelwerken auf der Ostseite des Doppelhauses die Grenze zur unzumutbaren Geruchsbelästigung erreicht ist, wohingegen alle drei Beurteilungen davon ausgehen, dass an der Westseite und insbesondere im Bereich der Luftzufuhreinrichtung für die Be- und Entlüftungsanlage die Immissionswerte sogar für ein Dorfgebiet eingehalten werden können.

Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist jedoch als gegenseitiges Rücksichtnahmegebot ausgestaltet, wie es auch der Verordnungsgeber in der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BauNVO zum Ausdruck bringt. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt das nicht nur zu Beschränkungen desjenigen, welcher Immissionen verursacht, sondern auch zu gewissen Duldungspflichten desjenigen, welcher sich solchen Immissionen aussetzt. Daraus folgen Obliegenheiten des Emittenten wie beispielsweise zu baulichen Vorkehrungen zur Minderung der Emission. Umgekehrt kann einem Bauherrn, der mit seinem Wohnbauvorhaben an eine Emissionsquelle heranrückt, seinerseits die Obliegenheit treffen, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare bauliche Vorkehrungen zu treffen, welche die Störung der Wohnnutzung spürbar mindern. So hat der Bauherr grundsätzlich auch eine Obliegenheit, durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen, z. B. durch eine entsprechende Ausrichtung des Gebäudes auf dem Grundstück, durch den äußeren Zuschnitt des Hauses, durch eine immissionsabgewandte Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, gegebenenfalls auch durch die immissionsmindernde Gestaltung der Außenwohnbereiche auf Geruchsimmissionen eines benachbarten Rinderstalls Rücksicht zu nehmen (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers nicht vor. Der Beigeladene zu 1. hat alle baulichen Möglichkeiten zur Minderung der Geruchsbelästigung auf seinem Grundstück umgesetzt. Zur Ostseite hin liegen lediglich nicht schutzwürdige Räumlichkeiten, wohingegen die Wohn- und Schlafräume sich auf der weniger belasteten Westseite befinden. Zudem ist eine Be- und Entlüftungsanlage vorhanden, welche die Frischluftzufuhr ebenfalls auf der weniger belasteten Westseite des Grundstücks hat. Diese Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe sind nach Auffassung des Senats vorliegend nicht nur ausreichend, um eine dauerhafte Konfliktlösung zu erreichen, sie sind auch zulässig und geeignet.

Zwar haben Maßnahmen architektonischer Selbsthilfe grundsätzlich ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren. Unabhängig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur TA Lärm (vgl. U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris) insoweit auf Geruchsbelästigungen anzuwenden ist, ging es in der damaligen Entscheidung um die Wahrung des Mindestmaßes an Wohnkomfort in schutzwürdigen Räumlichkeiten. Dazu zählen jedoch lediglich Wohnräume, Schlafräume oder Kinderzimmer, nicht aber sonstige Räume wie hier ein Wirtschaftsraum, Bad oder WC sowie Flure. Ausschlaggebend waren die Wahrung der Kommunikationssituation im Innern sowie das Ruhebedürfnis und der Schlaf, was ausschließlich schutzwürdige Räumlichkeiten betrifft. „Nebenräume“, die nicht zum längeren Aufenthalt dienen, unterliegen generell einer geringeren Schutzwürdigkeit, unabhängig davon, ob eine Störung durch Lärm oder Gerüche inmitten steht. Eine Übertragung der Rechtsprechung auf nicht schutzwürdige Räume ist aus Sicht des Senats weder geboten noch sinnvoll. Der Senat ist der Auffassung, dass gerade im ländlichen Raum öffenbare Fenster jedenfalls dann nicht zum Mindestmaß an Wohnkomfort zählen, wenn sie sich in nicht schutzwürdigen Räumen befinden. Gerade im ländlichen Raum ist von höheren Geruchsbelastungen auszugehen als im städtischen Raum, insbesondere bei einer Randlage zum Außenbereich oder im Außenbereich. Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO verlangt eine ausreichende Belüftung und Belichtung lediglich von Aufenthaltsräumen. Zu letzteren zählen jedoch weder Bäder und WCs noch Flure und Treppenhäuser. Diese können auch gänzlich ohne Fenster errichtet werden. Eine Unterscheidung, ob sich ein Gebäude im ländlichen oder städtischen Raum befindet, trifft die Bayerische Bauordnung nicht. Insoweit können auch keine Unterschiede hinsichtlich des Wohnkomforts angenommen werden. Im Übrigen verfügen Passivenergiehäuser über ähnliche Belüftungsanlagen, ohne dass diese dort eine Geruchsbelästigung verhindern bzw. ausgleichen sollen oder dies als Einschränkung des Wohnkomforts gesehen wird. Weiterhin steht die Tatsache, dass die Fenster auf der Ostseite grundsätzlich öffenbar sind, sowie die notwendigerweise öffenbare Wohnungstür auf der Ostseite einer dauerhaften Konfliktlösung nicht entgegen. Der Bauherr kann sich im Einzelfall im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme nachträglich gerade nicht darauf berufen, dass er seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, weil er die Fenster öffnet oder die Be- und Entlüftungsanlage nicht betreibt. Dies würde eine Pflichtverletzung seinerseits darstellen. Im Hinblick auf die Wohnungstür ist davon auszugehen, dass ein dauerhaftes Offenstehen nicht erfolgen wird. In diesem Fall wäre die Be- und Entlüftungsanlage nicht mehr funktionsfähig. Ein kurzzeitiges Öffnen zum Betreten oder Verlassen des Hauses ist hingegen unschädlich, da durch den von der Be- und Entlüftungsanlage erzeugten dauerhaften Überdruck ein Eindringen von Luft von außen für einen gewissen Zeitraum verhindert wird (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.5.2016 S. 3). Im Übrigen wird durch die Be- und Entlüftungsanlage die Geruchsbelästigung, die beim Öffnen der Tür entsteht, in kurzer Zeit wieder neutralisiert.

Hinsichtlich der Luftzufuhreinrichtung ist festzuhalten, dass sie bei der Beurteilung nach der GIRL sowie dem „Gelben Heft 63“ in einem Bereich liegt, der zwar Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, in dem aber die Immissionswerte für ein Dorfgebiet eingehalten werden. Bei der Beurteilung nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltung“ liegt die Luftzufuhreinrichtung noch im „grauen Bereich“. Hier ist jedoch eine Detailbeurteilung im Einzelfall erforderlich, die gerade im Hinblick auf die unproblematische Lage nach den beiden anderen als Orientierungshilfe heranziehbaren Regelwerken und die vorgenommene, zulässige architektonische Selbsthilfe zugunsten des Bauherrn ausfällt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Wohnhauses mit Garagen auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung E … unmittelbar östlich anschließend an das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück FlNr. … Auf die von ihm unter dem 24. September 2015 gestellte Bauvoranfrage stellte der Beklagte mit Bescheid des Landratsamts Landshut vom 28. Dezember 2015 fest, dass das beabsichtigte Bauvorhaben nicht zulässig sei.

Die Klage mit dem Antrag des Klägers, den Bescheid vom 28. Dezember 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den beantragten Vorbescheid zu erteilen, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 21. Juni 2016 ab. Das Vorhaben befinde sich nicht innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Es sei nicht gem. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert und als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB wegen der Beeinträchtigung diverser Belange i.S. von § 35 Abs. 3 BauGB planungsrechtlich unzulässig.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Der Senat lässt die Frage offen, ob der Antrag auf Zulassung der Berufung unabhängig von der Geltendmachung von Zulassungsgründen gem. § 124 Abs. 2 VwGO unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken aus § 144 Abs. 4 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2016 - 15 ZB 15.696 - juris Rn. 20 m.w.N.) abgelehnt werden könnte, weil der Klage schon wegen mangelnder Bestimmtheit des Vorbescheidsantrags offensichtlich der Erfolg abzusprechen wäre. Der Senat weist darauf hin, dass weder auf dem vom Kläger verwendeten Antragsformular (vgl. dort unter Nr. 6) noch auf einem dem Antrag beigefügten Beiblatt eine konkrete Frage gestellt wurde, über die die Baugenehmigungsbehörde gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO hätte entscheiden sollen. Es erscheint mithin fraglich, ob allein anhand der Antragstellung erkennbar ist, was der zu beurteilende Verfahrensgegenstand der Bauvoranfrage sein sollte (zur Problematik vgl. Decker in Simon/ Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 71 Rn. 34 ff.). Hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht an, weil der Zulassungsantrag aus anderen Gründen abzulehnen ist (s.u. 2.). Ebenfalls kann dahin gestellt bleiben, ob ggf. im Nachhinein die erforderliche Antragskonkretisierung dadurch eingetreten ist, dass sich der Beklagte auf den Vorbescheidsantrag eingelassen hat und diesen offenbar nach Maßgabe der Ablehnungsgründe (vgl. Anhörungsschreiben vom 12. Oktober 2015; Bescheid vom 28. Dezember 2015) dahingehend aufgefasst hat, Gegenstand der Bauvoranfrage sei die grundsätzliche Bebaubarkeit am Maßstab des Bauplanungsrechts.

2. Jedenfalls liegt der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) nach Maßgabe der Zulassungsbegründung nicht vor bzw. wurde dieser nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

a) Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben sei - weil es hinter dem Ortsrand liege - dem Außenbereich gem. § 35 BauGB und nicht dem Innenbereich (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zuzuordnen, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Ein Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu befinden. Eine unbebaute Fläche ist - als „Baulücke“ - Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang - unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen - grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude. Für die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich können aber auch topografische Verhältnisse, wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse usw.) eine Rolle spielen. Solche Hindernisse können je nach den Umständen des Einzelfalls einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben. Die Berücksichtigung solcher optisch erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang ausnahmsweise nicht am letzten Baukörper endet, sondern dass ihm ein oder auch mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sind. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird allerdings das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich (Zum Ganzen: BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - ZfBR 1991, 126 = juris Rn. 22; B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 29.2.2008 - 1 ZB 07.1140 - juris Rn. 10; B.v. 31.8.2009 - 1 ZB 08.1826 - juris Rn. 9; U.v. 16.6.2015 - 1 B 14.2772 - juris Rn. 17; U.v. 20.10.2015 - 1 B 15.1675 - juris Rn. 16).

aa) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Vorhabenstandort nur im Westen an ein bebautes Grundstück und im Süden an die D … Straße angrenze, während sich in Richtung der verbleibenden Seiten - also nach Norden und nach Osten hin - keine entsprechende Bebauung befinde. Diese Darstellung wird als solche von der Klägerin nicht substanziiert in Zweifel gezogen; sie ergibt sich zudem eindeutig aus den in den Akten befindlichen Lageplänen und Luftbildern.

bb) Soweit die Klägerin vorbringt, ausgehend von der Bebauung auf FlNr. … sei unter Einschluss des Vorhabenstandortes auf etwa 100 m Länge nach Osten hin ein ca. 20 m tiefer Korridor auf der Nordseite der D … Straße dem Innenbereich zuzuordnen, weil nach ca. 100 m in östlicher Richtung eine natürliche Böschung vorhanden sei und weil die Gemeinde zudem dort eine Zufahrts Straße zu einem weiter nördlich gelegenen Baugebiet geplant habe, vermag er damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht zu begründen.

Die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) verlangt zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8 m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung der Klägerin hinsichtlich des schlichten Hinweises auf eine in ca. 100 m Entfernung in östlicher Richtung befindliche Böschung nicht gerecht. Eine Böschung als mögliche Grenze des Innenbereichs wurde im erstinstanzlichen Verfahren von keiner Seite thematisiert. Eine entsprechende Gelände- bzw. Landschaftsauffälligkeit ist weder in der Niederschrift über den Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts vermerkt noch sonst in den Akten des Landratsamts oder des Verwaltungsgerichts erfasst und hinsichtlich ihrer Qualität, Ausmaße und Auswirkungen näher beschrieben. Auch von Seiten des Klägers wurde im erstinstanzlichen Verfahren hierzu nichts vorgebracht. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausgeführt, dass besondere Umstände, die eine Einbeziehung des klägerischen Grundstücks in den Innenbereich gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind. Dem Senat fehlt damit nach Aktenlage jede Basis für die Beurteilung, inwiefern die erstmals im Zulassungsverfahren vorgebrachte Behauptung, die Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich östlich der FlNr. … werde nach Osten hin tatsächlich durch eine natürliche Böschung definiert, begründet sein könnte. Da natürliche Geländehindernisse bzw. topografische Besonderheiten nur ausnahmsweise dazu führen können, dass der Bebauungszusammenhang nicht - wie grundsätzlich - am letzten Baukörper endet, ist insbesondere beim erstmaligen Vorbringen einer solchen Einwendung in der zweiten Instanz für die hinreichende Substanziierung eines Zulassungsantrags zu fordern, dass die besondere Ausnahmesituation hinreichend konkret beschrieben und dass zudem im Einzelnen begründet wird, warum diese „Landschaftszäsur“ aufgrund der Umstände des Einzelfalls so erheblich ist, dass eine Abweichung vom Regelfall gerechtfertigt erscheint. Dies gilt umso mehr, als das Bundesverwaltungsgericht die Heranziehung von Geländehindernissen, Erhebungen oder Einschnitten (Dämme, Böschungen, Flüsse, Waldränder o.ä.) zur Bestimmung der Grenzen des Bebauungszusammenhangs von konkreten, besonderen Verhältnissen des Einzelfalles abhängig macht, vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 7:

„Unter Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass bloße Baumreihen oder Hecken, selbst wenn sie optisch markant in Erscheinung treten und/oder ihr Bestand dauerhaft gesichert sein sollte, nicht geeignet sind, den Eindruck der Geschlossenheit und Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang zu erzeugen. Denn bei solchen Bewüchsen handelt es sich um typische Bestandteile der freien Landschaft. Sie sind mit den in der Rechtsprechung des Senats beispielhaft genannten ‚Waldrändern‘ nicht vergleichbar, weil letztere nicht - wie Baumreihen - isoliert in der Landschaft stehen, sondern Bestandteil eines Waldes sind und damit in der Regel eine markante Grenze zu einem größeren forstwirtschaftlich nutzbaren Bereich bilden. Unabhängig davon hat der Senat stets betont, dass zwar auch ein Waldrand als Grenze zwischen Innen- und Außenbereich anzusehen sein kann. Die der Beschwerde offensichtlich zugrunde liegende Annahme, dass dies immer oder regelmäßig so sein müsse, trifft allerdings nicht zu (BVerwG, Urteil vom 3. März 1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris Rn. 18). Auch insofern kommt es maßgeblich auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles an.“

Die bloße Erwähnung in der Zulassungsbegründung, dass sich östlich des letzten bebauten Grundstücks (FlNr. …) in ca. 100 m Entfernung eine natürliche Böschung befinde, ohne dass die natürlichen Gegebenheiten und deren Prägungswirkung für die Umgebung auch nur ansatzweise beschrieben und bewertet werden, wird den Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO daher nicht gerecht.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang für den Kläger auch, dass er die aus seiner Sicht durch die Böschung definierte Abgrenzung zwischen bauplanungsrechtlichem Außen- und Innenbereich ergänzend damit zu begründen sucht, dass die Gemeinde an eben dieser Stelle eine Zufahrts Straße für ein neues Baugebiet „K …“ geplant habe (vgl. die zeichnerische Darstellung in grüner Farbe auf dem der Zulassungsbegründung als Anlage beigefügten Lageplan sowie den beschrifteten Auszug des Flächennutzungsplans als Anlage zum Schriftsatz vom 8. Dezember 2016). Ob der für die Zurechnung zum Bebauungszusammenhang entscheidende „Eindruck der Geschlossenheit“ (Zusammengehörigkeit) vermittelt wird, kann sich nur nach den äußerlich wahrnehmbaren örtlichen Verhältnissen richten (BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - ZfBR 1991, 126 = juris Rn. 24; B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 455; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 34 Rn. 7). Solange eine entsprechende Straße nicht tatsächlich vorhanden und damit mit dem Auge wahrnehmbar ist, kann diese für die Frage der Zurechnung eines in der Nähe befindlichen potenziellen Baustandorts zum bauplanungsrechtlichen Bereich des § 34 BauGB oder des § 35 BauGB nichts beitragen, zumal allein der Umstand, dass eine Straße seitens der Gemeinde geplant ist, nicht deren tatsächliche Realisierung garantiert.

Im Übrigen dürfte die Zurechnung des Vorhabenstandorts zum Innenbereich selbst bei Unterstellung einer besonderen, landschaftsmarkanten Böschung bzw. einer bereits vorhandenen Zuleitungs Straße unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass das Vorliegen einer Baulücke mit zunehmender Größe der Freifläche weniger wahrscheinlich wird (s.o.), praktisch ausgeschlossen sein. Bei durchschnittlichen Grundstücksbreiten von ca. 25 m könnten in die vom Kläger behauptete „Baulücke“ nebeneinander vier Wohnhäuser platziert werden, wie auch ein zurückgenommener Vorbescheidsantrag des Klägers vom 8. April 2008 zeigt (vgl. den Lageplan auf der letzten Seite der Verfahrensakte 41N-607-2008-VORB). Da die Bebauung entlang der D … Straße im betroffenen Bereich kleinteilig - d.h. nicht durch großzügig bemessene Bauten und auch nicht durch großzügig bemessene Grundstücke - geprägt ist, dürfte selbst bei Unterstellung eines markanten Geländehindernisses in ca. 100 m östlicher Entfernung von der Ostgrenze des Grundstücks FlNr. … der dortige (unbebaute) Bereich nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilen sein.

cc) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils kann der Kläger ferner nicht mit seinem Einwand begründen, der Innenbereich sei vom Außenbereich tatsächlich dadurch abzugrenzen, dass man eine gerade Abgrenzungslinie von der Nordkante der Bebauung auf FlNr. „…“ (tatsächlich gemeint: FlNr. … auf der nördlichen Seite der D … Straße) bis zur Nordkante der Bebauung auf FlNr. … (auf der südlichen Seite der D … Straße) ziehe. Nach dieser Abgrenzungslinie, die in dem Lageplan, der dem Zulassungsbegründungsschriftsatz vom 26. August 2016 als Anlage beigefügt ist, mit der Bemerkung „richtige Linie“ dunkelblau dargestellt ist, fiele der Vorhabenstandort wohl gerade noch in den vom Kläger definierten Innenbereich.

Der Kläger geht allerdings schon hinsichtlich der Interpretation der Ausführungen des Verwaltungsgerichts von falschen Prämissen aus. Es trifft entgegen dem Vorbringen in der Zulassungsbegründung nicht zu, das Verwaltungsgericht habe zur Abgrenzung von Innenbereich und Außenbereich eine gedankliche Linie von der Nordostecke des (nördlich der D … Straße gelegenen) Wohnanwesens FlNr. … (Hausnummer ...) zur Nordostecke des (südlich der D … Straße gelegenen) Wohnanwesens auf FlNr. … (Hausnummer ...) gezogen, die in dem der Zulassungsbegründung vom 26. August 2016 als Anlage beigefügten Lageplan als „rote Linie des VG Regensburg“ dargestellt wird (und nach der der Vorhabenstandort nicht mehr im Bereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB liegt). Entsprechendes kann den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils - auch im Zusammenlesen mit der Niederschrift des Augenscheintermins am 6. Juni 2016 - nicht entnommen werden. Nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ergibt sich aus dem zur Bestimmung des Ortsrands exakt beschriebenen Ende der Bebauung östlich der FlNr. … auf der Nordseite der D … Straße, dass das Verwaltungsgericht die Flächen der FlNr. … östlich der FlNr. … im Ganzen als Außenbereich i.S. von § 35 BauGB bewertet. Mit der im Urteil angesprochenen „annähernd geraden Linie, welche den bestehenden Bebauungszusammenhang vom unbebauten Bereich trennt“, meint das Erstgericht vielmehr die D … Straße selbst, soweit diese östlich der FlNr. … verläuft, weil diese dort den Ortsrand markiert.

Unabhängig davon liegt die vom Kläger weiter nordöstlich gezogene „dunkelblaue“ Linie eindeutig jenseits des Vertretbaren, um den bauplanungsrechtlichen Innenbereich vom Außenbereich gem. § 35 BauGB zu scheiden. In Orientierung an die vorhandene kleinteilige Bebauung und die vorhandenen mit einer durchschnittlichen Breite von 25 m eher schmalen Grundstücke wären nach Maßgabe der zeichnerischen Darstellung des Klägers auf der Anlage zur Zulassungsbegründung allein innerhalb des Korridors zwischen der „roten Linie“ und der „dunkelblauen Linie“ ohne Weiteres fünf Bauplätze für Wohnhäuser möglich. Die Annahme, dass dieser - nach Norden und Osten völlig offene, unbegrenzte - Korridor mit der lediglich im Westen und Süden vorhandenen Bebauung noch einen Bebauungszusammenhang im Sinne eines „Eindrucks der Geschlossenheit“ vermitteln könnte, ist unter keinem Gesichtspunkt begründbar.

dd) Die Möglichkeit der Zuordnung des Vorhabenstandorts zum bauplanungsrechtlichen Innenbereich kann sich auch nicht aus dem klägerischen Argument ergeben, die D … Straße stelle ein verbindendes Element dar. Sofern mit dem Vortrag des Klägers unterstellt wird, dass der D … Straße (ggf. unter Berücksichtigung auf dem klägerischen Grundstück platzierter Straßenlaternen) keine trennende Wirkung zukomme, können allein deswegen die Flächen auf ihrer nördlichen Seite östlich der FlNr. … keine Baulücke i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bilden. Denn auch bei dieser Betrachtung könnte die D … Straße an dieser nach Norden und Osten offenen, nicht durch entsprechende Bebauung begrenzten Stelle lediglich den Ortsrand und damit die Grenze zum Außenbereich beschreiben, sofern nicht ausnahmsweise aufgrund weiterer, besonderer Geländeumstände ein bestimmter Teil dieser Flächen dem bestehenden Bebauungszusammenhang zuzuordnen wäre. Letzteres vermochte der Kläger aber - wie oben zu bb) ausgeführt - nicht substanziiert darzulegen. Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob der D … Straße eine verbindende oder trennende Wirkung zukommt, daher ohne Rechtsfehler offen lassen können. Da für die Zurechnung zum Bebauungszusammenhang entscheidend auf die äußerlich wahrnehmbaren örtlichen Verhältnisse abzustellen ist, kann dem vom Kläger in diesem Zusammenhang ergänzend vorgebrachten Argument, dass die D … Straße auch für ihre nördliche Seite im Bereich des Vorhabenstandorts bereits über Erschließungs- bzw. Versorgungsanlagen verfüge (Wasser, Gas, Strom, Abwasser), keine entscheidende Bedeutung für die Zuordnung dieses Bereichs zum Innenbereich zukommen.

ee) Mit seinem Einwand, der Bereich des Vorhabenstandorts sei durch einen vormaligen Kiesabbau vorgeprägt, sodass es um die Wiederherstellung des früheren, auch durch Bebauung geprägten Zustands gehe, vermag der Kläger nicht die Zuordnung zum Innenbereich und damit die Unrichtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Auch in dieser Hinsicht ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO schon nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

Für die Frage, ob ein Grundstück oder ein Grundstücksteil an einem Bebauungszusammenhang i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB teilnimmt, kann eine sog. nachwirkende Prägung beseitigter baulicher Anlagen zu berücksichtigen sein. Ein Altbestand, der vernichtet, oder eine Nutzung, die aufgegebenen worden ist, verliert nicht automatisch die prägende Kraft, von der § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB es abhängen lässt, wie weit der Bezugsrahmen reicht. Die Prägung dauert fort, solange mit einer Wiederbebauung oder einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist. Innerhalb welcher zeitlichen Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren Verhältnisse wieder anzuknüpfen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung (BVerwG, U.v. 27.8.1998 - ZfBR 1999, 49 - ZfBR 1999, 49 = juris Rn. 22; B.v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - ZfBR 2008, 52 = juris Rn. 2; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.2.2006 - 2 L 912/03 - juris Rn. 4; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 453; Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2016, § 34 Rn. 20).

Im Urteil des Verwaltungsgerichts wird (dort auf Seite 8 im Zusammenhang mit der Begründung, warum keine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB vorliegt) zugrunde gelegt, dass „der Kiesabbau auf dem Grundstück nach dem eigenen Vorbringen der Kläger“ (gemeint: des Klägers) „seit mehr als 15 Jahren aufgegeben ist, eine Wiederaufnahme des Kiesabbaus nicht zu erwarten ist, sondern das Grundstück vielmehr in einem Rekultivierungsplan als Grünfläche dargestellt ist.“ Diese Feststellungen wurden vom Kläger nicht in Frage gestellt, sondern in der Zulassungsbegründung teilweise ausdrücklich bestätigt (vgl. Seite 24 des Schriftsatzes vom 26. August 2016). Sie entsprechen dem in der Niederschrift protokollierten Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. Juni 2016, wonach auf dem Grundstück „bis zum Jahr 2000 eine intensive Nutzung als Kiesgrube stattgefunden“ habe.

Der Kläger beschränkt sich in der Zulassungsbegründung (Seiten 12 f., 23 f. des Schriftsatzes vom 26. August 2016) unter Bezugnahme auf Lichtbilder (Anlagen K 10 und K 11) demgegenüber auf den bloßen Hinweis, dass „vormals“ auf dem Grundstück FlNr. … ein Kiesabbaubetrieb geführt worden sei, dass „in dem Bereich“ des Vorhabenstandorts „über viele Jahrzehnte Einrichtungen, die zum Kiesabbau gehörten“, gestanden hätten, dass „über viele Jahrzehnte keine Baulücke vorhanden gewesen“ sei und dass nach Auflassung des Betriebs nunmehr die Baulücke durch die Wohnbebauung wieder zu schließen sei. Es kann dahin stehen, inwieweit die Substanziierungsobliegenheiten für die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils diesbezüglich schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Kläger die genauen Standorte und Nutzungszwecke der ehemaligen Gebäude des Kiesabbaubetriebs (ständiger Aufenthalt von Mensc…, vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - ZfBR 2002, 69 = juris Rn. 5) nicht näher beschrieben hat und der Senat so allein anhand der Zulassungsbegründung nicht einzuschätzen vermag, inwiefern diese Gebäude bei Unterstellung einer nachprägenden Wirkung für die Zuordnung des Vorhabenstandorts zum Bebauungszusammenhangs von entscheidender Bedeutung sein könnten. Jedenfalls fehlt es insofern an einer hinreichend substanziierten Einwendung am Maßstab der Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO, als sich der Kläger in der Zulassungsbegründung in keiner Weise damit auseinandergesetzt hat, inwiefern trotz des erheblichen Zeitablaufs und trotz der behördlichen Rekultivierungsvorgabe noch von einer nachwirkenden Prägung im o.g. Sinne auszugehen sein könnte. Im Gegenteil: Soweit nach dem erstinstanzlichen Urteil vom 21. Juni 2016 (dort Seite 8) - was vom Kläger nicht angegriffen wird - „das Grundstück (…) in einem Rekultivierungsplan als Grünfläche dargestellt wird“, ist kein Ansatz dafür ersichtlich, wie nach der Verkehrsauffassung überhaupt noch mit einer Wiederbebauung oder einer Wiederaufnahme einer Gebäudenutzung gerechnet werden könnte. Zudem spricht unabhängig hiervon allein die lange Zeitspanne von mehr als 15 Jahren seit Betriebsstilllegung gegen eine prägende Fortwirkung des ehemaligen Gebäudebestandes auf dem geplanten Vorhabenstandort (zur Anwendung des vom Bundesverwaltungsgerichts entwickelten sog. „Zeitmodells“ vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2007 - 26 B 05.3141 - juris Rn. 16 sowie im Anschluss BVerwG, B.v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - ZfBR 2008, 52 = juris Rn. 2; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 453, 592 m.w.N.).

b) Die Richtigkeit der Klageabweisung durch das Erstgericht ist nicht deshalb ernstlich zweifelhaft, weil das Landratsamt womöglich in vergleichbarer Situation diverse (Wohn-) Gebäude südlich und nördlich der D … Straße auf der Grundlage von § 34 BauGB genehmigt hat. Entgegen dem Einwand des Klägers trifft es aus Rechtsgründen nicht zu, dass der Beklagte nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) und der Selbstbindung der Verwaltung auch ihm gegenüber entsprechend entscheiden müsse.

Soweit die Bezugsfälle, auf die sich der Kläger beruft, vergleichbare Fallgestaltungen betreffen sollten, bei denen Bauvorhaben mangels tatsächlicher Lage im Innenbereich (im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung) unter Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1, § 35 Abs. 2 BauGB genehmigt wurden, kann dies weder für den streitgegenständlichen Vorhabenstandort eine Innenbereichslage begründen noch einen über Art. 71 Satz 4 i.V. mit Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO hinausgehenden Anspruch auf Vorbescheiderteilung aus Gleichbehandlungsgründen vermitteln. Denn die Frage, ob ein Vorhaben dem Bereich des § 34 oder dem des § 35 BauGB zuzuordnen ist, stellt eine gebundene Entscheidung dar, die der gem. Art. 20 Abs. 3 GG gesetzesgebundenen Behörde weder einen Ermessensnoch einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Sollten die vormals genehmigten Wohngebäude in der Umgebung aufgrund tatsächlicher Außenbereichslage unter Verletzung von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO, § 34, § 35 BauGB genehmigt worden sein, wären die erteilten Baugenehmigungen mithin rechtswidrig. Durch rechtswidriges Handeln kann sich eine Behörde jedoch nicht selbst binden‚ weil kein Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ besteht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 22.3.1972 - IV C 121.68 - BayVBl. 1972, 557 - juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 10.9.2009 - 15 ZB 09.1124 - juris Rn. 11; B.v. 14.7.2015 - 1 ZB 15.154 - juris Rn. 4).

c) Ernstlich zweifelhaft ist die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung auch nicht deshalb, weil der Kläger bereits im Jahr 2009 einen Vorbescheid für den Neubau eines Einfamilienhauses auf FlNr. … (unmittelbar westlich der FlNr. …) erhalten hatte und im Zusammenhang mit der Erteilung des Vorbescheids im Behördenakt vermerkt worden war, der Kläger könne, bis er insgesamt drei Einzelgenehmigungen habe, jedes Jahr eine Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus beantragen.

Es trifft - worauf sich der Kläger beruft - zu, dass das Landratsamt Landshut dem Kläger unter dem 13. Mai 2009, nachdem es ursprünglich um die Errichtung von drei Einfamilienhäusern gegangen war, einen Vorbescheid für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Baugrundstück für einen Standort an der D … Straße unmittelbar nordöstlich der FlNr. … (Az. 41N-392-2009-VORB) erteilte. Es trifft ferner zu, dass sich in dem diesbezüglichen Behördenakt (dort Bl. 15) ein vom Kläger in der Zulassungsbegründung richtig zitierter handschriftlicher Aktenvermerk vom 24. April 2009 befindet, aus dem hervorgeht, dass der damalige Landrat befürwortet hatte, der Kläger solle drei Einzelgenehmigungen erhalten und hierfür sukzessive Jahr für Jahr eine Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus beantragen. Hieraus kann jedoch nicht die vom Kläger geltend gemachte Bindungswirkung für die vorliegende Bauvoranfrage gefolgert werden. Eine vom Kläger aufgrund des vorgenannten Sachverhalts angenommene „Selbstbindung (…) im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV“ kann schon aufgrund der vorherigen Erwägungen zu b) keinen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids vermitteln. Der dem Kläger am 28. Mai 2009 zugestellte und im Anschluss nicht verlängerte Vorbescheid vom 13. Mai 2009 ist wegen Ablaufs der Dreijahresfrist gem. Art. 71 Satz 2 BayBO ungültig geworden und kann daher keine Bindungswirkung gem. Art. 71 Satz 1 BayBO (also eine Feststellungswirkung hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines entsprechenden Vorhabens) mehr begründen. Eine - vom Verwaltungsgericht zu Recht nicht in Erwägung gezogene - wirksame Zusicherung gem. Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG ist nicht ersichtlich. Unabhängig von der Frage, ob sich der handschriftliche Aktenvermerk vom 24. April 2009 auf den späteren Erlass eines hinreichend bestimmten Verwaltungsakts bezieht und ob dieser auch im Übrigen den Bestimmtheitsanforderungen für eine Zusicherung i.S. von Art. 38 Abs. 1, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügen könnte, ist aus seinem Wortlaut

„- Vorbescheid (392-2009 VORB) soll ruhen

– Hr. Kastl beantragt jedes Jahr eine BAUG für ein EFH (kein Toskanastil)

– lt. LR für je ein EFH pro Jahr (insgesamt lt. LR für drei Einzelgenehmigung)“

inhaltlich nicht ersichtlich, dass gegenüber dem Kläger eine entsprechende Garantie abgegeben wurde. Angesichts der fehlenden Konkretisierung bzw. Bestimmtheit der Modalitäten des im Aktenvermerk thematisierten Bauvorhabens ist ein über eine unverbindliche Absichtserklärung bzw. über ein schlichtes In-Aussicht-Stellen hinausgehender Bindungswille gegenüber dem Kläger, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen, aus dem Aktenvermerk nicht erkennbar (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 21, 24 m.w.N.).

Im Übrigen bedarf gem. Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusicherung, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, zu ihrer Wirksamkeit derschriftlichen Form. An dieser fehlt es vorliegend. Eine ggf. gegenüber dem Kläger abgegebene mündliche Zusage der Bauaufsichtsbehörde erfüllt das Schriftformerfordernis nicht. Einem schlichten Aktenvermerk über das mit dem Landrat abgesprochene bzw. von diesem angewiesene Vorgehen kommt als behördeninternes Handlungsprogramm keine Außenwirkung zu und stellt mithin keine schriftliche Zusicherung gegenüber einer bestimmten Person - hier: dem Kläger - dar (vgl. BayVGH, U.v. 6.11.2007 - 14 B 06.1933 - juris Rn. 30).

d) Ohne Erfolg wendet sich der Kläger schließlich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

aa) Mit dem Einwand, das Vorhaben stehe nicht in Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), kann der Kläger die Zulassung der Berufung schon deswegen nicht erreichen, weil dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht tragend war. Vielmehr hat das Gericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen (vgl. Urteilsabdruck Seite 8).

bb) Mit seinen Einwänden gegen die Richtigkeit der Erwägung, das Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft, vermag der Kläger in der Sache nicht durchzudringen. Der Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Deshalb sollen bauliche Anlagen abgelehnt werden, die der Landschaft wesensfremd sind. Vorhaben mit anderer als land- oder forstwirtschaftlicher Bestimmung sind deshalb zumeist unzulässig. Es kommt dabei nicht maßgeblich darauf an, ob das Vorhaben mehr oder weniger auffällig in Erscheinung tritt. Der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft beinhaltet nämlich nicht nur eine optisch-ästhetische Komponente, sondern dient insbesondere auch der Bewahrung der funktionellen Bestimmung der Landschaft. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft kommt nur dann nicht in Betracht, wenn sich das Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 48 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall mag der Vorhabenstandort - worauf der Kläger wiederholt verweist - durch den jahrzehntelangen Kiesabbau in gewisser Weise „vorbelastet“ sein, sodass möglicherweise die natürliche Eigenart der Landschaft Qualitätseinbußen im Vergleich zu der Zeit vor dem Kiesabbau erlitten hat. Der Schluss des Klägers, das Grundstück habe als „Brachfläche, die kaum Grünwuchs aufweise“ jeglichen Schutz in Bezug auf die natürliche Eigenart der Landschaft verloren, findet aber weder im Protokoll des Augenscheintermins noch in den nicht substanziiert in Frage gestellten tatsächlichen Ausführungen im Urteil eine Stütze. Das Protokoll zum Augenscheintermin vom 6. Juni 2016 vermerkt, dass sich die streitgegenständlichen Grundstücke nordöstlich der D … Straße derzeit als „Brachflächen… (Kiesfläche mit Grasbewuchs)“ darstellen. Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil hierauf aufbauend ausgeführt, das klägerische Vorhaben stelle sich auch nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme als nunmehr unbebaute Grünfläche dar, die sich bis zur Hangkante des ehemaligen Kiesabbaugeländes fortsetze. Das Urteil stellt entscheidungstragend darauf ab, dass der Kiesabbau auf dem Baugrundstück nach dem Klägervortrag vor mehr als 15 Jahren aufgegeben worden, dass eine Wiederaufnahme des Kiesabbaus nicht zu erwarten und dass das Grundstück in einem Rekultivierungsplan als Grünfläche dargestellt sei. Hiergegen hat der Kläger nichts Konkretes vorgetragen. Mit der pauschalen Behauptung, es sei aufgrund des jahrelangen Kiesabbaus zu einer Entfremdung der natürlichen Funktion und Vegetation gekommen, die dazu geführt habe, dass der Vorhabenstandort seine natürliche Eigenart nicht behalten habe, sodass das betroffene Grundstück mit der geplanten Nutzung weder der naturgegebenen Bodennutzung noch der erholungssuchenden Allgemeinheit entzogen werden könne, kann der Kläger seine Darlegungsobliegenheiten gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht erfüllen. Allein der Umstand, dass nach den unbestrittenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts für das ehemalige Kiesgrubengelände eine Rekultivierung zu einer Grünfläche zu erfolgen hatte, macht dies deutlich. Schon deswegen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die mit der vormaligen Abgrabung zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung derart perpetuiert worden sei, dass von der natürlichen Eigenart der Landschaft im Bereich des Vorhabenstandorts nichts mehr übrig bleibe. Der Beklagte hat im Zulassungsverfahren mithin zu Recht darauf verwiesen, dass ein Grundstück, auf dem Kiesabbau stattgefunden hat und das - wie hier - im Anschluss zu verfüllen und zu rekultivieren ist, seine Schutzwürdigkeit hinsichtlich des Belangs der natürlichen Eigenart der Landschaft wiedererlangt (ebenso vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1983 - 4 C 17.81 - NVwZ 1984, 303 = juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 18.2.2008 - 22 ZB 06.1813 - juris Rn. 4; B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 48). Soweit der Kläger zur Untermauerung seiner Rechtsansicht auf die Entscheidung HessVGH, B.v. 26.2.2003 - 2 E 2391/01 - verweist, betrifft dies eine andere Fallgestaltung. Zum einen wurde in dieser im Schwerpunkt das Landschaftsbild thematisiert. Zum anderen ging es dem dortigen Kläger um ein nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB privilegiertes Vorhaben.

cc) Auch wenn es hierauf mit Blick auf die vorherigen Ausführungen zu bb) nicht mehr ankommt, geht der Senat davon aus, dass die Richtigkeit der Auffassung des Senats, das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, weil im Falle seiner Umsetzung eine Zersiedelung konkret zu befürchten sei, im Ergebnis ebenfalls nicht ernstlich zweifelhaft ist. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass eine Zulassung des Vorhabens zu einer nicht mehr abgrenzbaren Ausuferung des Bebauungszusammenhangs in Richtung Osten bzw. (aufgrund der Straßenkrümmung) in Richtung Nordosten und damit zu einer Zersiedelung führe. Dass eine klare Eingrenzung nicht möglich sei, zeige sich nach Auffassung des Gerichts schon daran, dass der Kläger selbst in der Vergangenheit Vorbescheidsanträge für ein, zwei, drei oder acht Wohnhäuser gestellt habe. In einer solchen Situation sei von einer Planungsbedürftigkeit auszugehen. An der Richtigkeit dieser Auffassung bestehen im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken.

Auch eine - durch verbindliche Bauleitplanung nicht geordnete - Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB ist. Dabei kommt es jedenfalls im Ergebnis nicht entscheidend darauf an, ob insofern direkt auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB abgestellt (so mit dem Verwaltungsgericht auch BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 2 B 14.2817 - juris Rn. 37; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2016, § 35 Rn. 107) oder auf den dahinter stehenden Rechtsgedanken der Zersiedelungsverhinderung (in diese Richtung BVerwG, U.v. 13.2.1976 - IV C 72.74 - BayVBl 1976, 441 = juris Rn. 21; U.v. 25.1.1985 - 4 C 29.81 - ZfBR 1985, 141 = juris Rn. 9, 10; B.v. 11.10.1999 - 4 B 77.99 - ZfBR 2000, 425 = juris Rn. 6) bzw. auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zurückgegriffen wird (so ausdrücklich BayVGH, U.v. 9.9.2015 - 1 B 15.251 - juris Rn. 23). Eine Ausweitung der Bebauung außerhalb des jeweiligen im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein soll jedenfalls planungsrechtlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Zersiedelung grundsätzlich nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans bzw. ggf. einer Satzung nach § 34 Abs. 4 erfolgen (Söfker a.a.O.). Ein Ausnahmefall einer siedlungsstrukturell nicht zu missbilligenden Außenbereichsbebauung (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1985 a.a.O.) ist auf Basis des gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgeblichen Vortrags des Klägers hier nicht ersichtlich. Entgegen seinem Einwand ist der Vorhabenstandort gerade nicht klar eingegrenzt. Auch wenn sich das Vorhaben nach Süden und nach Westen an eine geschlossene Wohnbebauung anschließen würde, ist die vermeintliche „Baulücke“ nach Norden und Osten offen [s.o. a) cc) ], sodass dem Vorhaben des Klägers im Falle seiner Umsetzung Bezugsfallwirkung für weitere Vorhaben zur Ausweitung des Außenbereichs nach Norden, Osten und Nordosten zukäme (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 2 B 14.2817 - juris Rn. 38). Zudem wäre damit zu rechnen, dass der gesamte Raum südlich der dunkelblauen Linie, die in der Anlage zum Schriftsatz vom 26. August 2016 zwischen der Nordkante der Bebauung auf FlNr. … und der Nordkante der Bebauung auf FlNr. … eingezeichnet und vom Kläger schon jetzt als „richtige Linie“ zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich angesehen wird (s.o.), insbesondere nach Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens „erst recht“ als mögliches Bauland für weitere nicht privilegierte Wohnbauvorhaben angesehen werden würde. Auch im vorliegenden Fall liegt mithin die Gefahr von Nachfolgebebauungen nahe, die das Gebot unterlaufen würden, die städtebauliche Entwicklung, zumindest was die Bebauung bislang unbebauter Außenbereichsflächen betrifft, durch Bebauungspläne zu ordnen und zu lenken (vgl. NdsOVG, B.v. 10.1.2005 - 9 LA 310/04 - juris Rn. 8). Insofern ist die Gefahr einer weiteren Zersiedlung hinreichend konkret zu befürchten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt Nr. 9.1.1.1 sowie Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.). Sie folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Wohnhauses mit Garagen auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung E … unmittelbar östlich anschließend an das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück FlNr. … Auf die von ihm unter dem 24. September 2015 gestellte Bauvoranfrage stellte der Beklagte mit Bescheid des Landratsamts Landshut vom 28. Dezember 2015 fest, dass das beabsichtigte Bauvorhaben nicht zulässig sei.

Die Klage mit dem Antrag des Klägers, den Bescheid vom 28. Dezember 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den beantragten Vorbescheid zu erteilen, wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 21. Juni 2016 ab. Das Vorhaben befinde sich nicht innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Es sei nicht gem. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert und als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB wegen der Beeinträchtigung diverser Belange i.S. von § 35 Abs. 3 BauGB planungsrechtlich unzulässig.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Der Senat lässt die Frage offen, ob der Antrag auf Zulassung der Berufung unabhängig von der Geltendmachung von Zulassungsgründen gem. § 124 Abs. 2 VwGO unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken aus § 144 Abs. 4 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2016 - 15 ZB 15.696 - juris Rn. 20 m.w.N.) abgelehnt werden könnte, weil der Klage schon wegen mangelnder Bestimmtheit des Vorbescheidsantrags offensichtlich der Erfolg abzusprechen wäre. Der Senat weist darauf hin, dass weder auf dem vom Kläger verwendeten Antragsformular (vgl. dort unter Nr. 6) noch auf einem dem Antrag beigefügten Beiblatt eine konkrete Frage gestellt wurde, über die die Baugenehmigungsbehörde gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO hätte entscheiden sollen. Es erscheint mithin fraglich, ob allein anhand der Antragstellung erkennbar ist, was der zu beurteilende Verfahrensgegenstand der Bauvoranfrage sein sollte (zur Problematik vgl. Decker in Simon/ Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 71 Rn. 34 ff.). Hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht an, weil der Zulassungsantrag aus anderen Gründen abzulehnen ist (s.u. 2.). Ebenfalls kann dahin gestellt bleiben, ob ggf. im Nachhinein die erforderliche Antragskonkretisierung dadurch eingetreten ist, dass sich der Beklagte auf den Vorbescheidsantrag eingelassen hat und diesen offenbar nach Maßgabe der Ablehnungsgründe (vgl. Anhörungsschreiben vom 12. Oktober 2015; Bescheid vom 28. Dezember 2015) dahingehend aufgefasst hat, Gegenstand der Bauvoranfrage sei die grundsätzliche Bebaubarkeit am Maßstab des Bauplanungsrechts.

2. Jedenfalls liegt der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) nach Maßgabe der Zulassungsbegründung nicht vor bzw. wurde dieser nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

a) Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorhaben sei - weil es hinter dem Ortsrand liege - dem Außenbereich gem. § 35 BauGB und nicht dem Innenbereich (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) zuzuordnen, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Ein Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Darüber, wo die Grenze des Bebauungszusammenhangs verläuft, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigenden Bewertung des konkreten Sachverhalts zu befinden. Eine unbebaute Fläche ist - als „Baulücke“ - Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang - unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen - grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude. Für die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich können aber auch topografische Verhältnisse, wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse usw.) eine Rolle spielen. Solche Hindernisse können je nach den Umständen des Einzelfalls einen Bebauungszusammenhang herstellen oder trennende Funktion zwischen Innen- und Außenbereich haben. Die Berücksichtigung solcher optisch erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang ausnahmsweise nicht am letzten Baukörper endet, sondern dass ihm ein oder auch mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze zuzuordnen sind. Mit zunehmender Größe der Freifläche wird allerdings das Vorliegen einer Baulücke weniger wahrscheinlich (Zum Ganzen: BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - ZfBR 1991, 126 = juris Rn. 22; B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 29.2.2008 - 1 ZB 07.1140 - juris Rn. 10; B.v. 31.8.2009 - 1 ZB 08.1826 - juris Rn. 9; U.v. 16.6.2015 - 1 B 14.2772 - juris Rn. 17; U.v. 20.10.2015 - 1 B 15.1675 - juris Rn. 16).

aa) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Vorhabenstandort nur im Westen an ein bebautes Grundstück und im Süden an die D … Straße angrenze, während sich in Richtung der verbleibenden Seiten - also nach Norden und nach Osten hin - keine entsprechende Bebauung befinde. Diese Darstellung wird als solche von der Klägerin nicht substanziiert in Zweifel gezogen; sie ergibt sich zudem eindeutig aus den in den Akten befindlichen Lageplänen und Luftbildern.

bb) Soweit die Klägerin vorbringt, ausgehend von der Bebauung auf FlNr. … sei unter Einschluss des Vorhabenstandortes auf etwa 100 m Länge nach Osten hin ein ca. 20 m tiefer Korridor auf der Nordseite der D … Straße dem Innenbereich zuzuordnen, weil nach ca. 100 m in östlicher Richtung eine natürliche Böschung vorhanden sei und weil die Gemeinde zudem dort eine Zufahrts Straße zu einem weiter nördlich gelegenen Baugebiet geplant habe, vermag er damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht zu begründen.

Die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) verlangt zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8 m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung der Klägerin hinsichtlich des schlichten Hinweises auf eine in ca. 100 m Entfernung in östlicher Richtung befindliche Böschung nicht gerecht. Eine Böschung als mögliche Grenze des Innenbereichs wurde im erstinstanzlichen Verfahren von keiner Seite thematisiert. Eine entsprechende Gelände- bzw. Landschaftsauffälligkeit ist weder in der Niederschrift über den Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts vermerkt noch sonst in den Akten des Landratsamts oder des Verwaltungsgerichts erfasst und hinsichtlich ihrer Qualität, Ausmaße und Auswirkungen näher beschrieben. Auch von Seiten des Klägers wurde im erstinstanzlichen Verfahren hierzu nichts vorgebracht. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausgeführt, dass besondere Umstände, die eine Einbeziehung des klägerischen Grundstücks in den Innenbereich gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind. Dem Senat fehlt damit nach Aktenlage jede Basis für die Beurteilung, inwiefern die erstmals im Zulassungsverfahren vorgebrachte Behauptung, die Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich östlich der FlNr. … werde nach Osten hin tatsächlich durch eine natürliche Böschung definiert, begründet sein könnte. Da natürliche Geländehindernisse bzw. topografische Besonderheiten nur ausnahmsweise dazu führen können, dass der Bebauungszusammenhang nicht - wie grundsätzlich - am letzten Baukörper endet, ist insbesondere beim erstmaligen Vorbringen einer solchen Einwendung in der zweiten Instanz für die hinreichende Substanziierung eines Zulassungsantrags zu fordern, dass die besondere Ausnahmesituation hinreichend konkret beschrieben und dass zudem im Einzelnen begründet wird, warum diese „Landschaftszäsur“ aufgrund der Umstände des Einzelfalls so erheblich ist, dass eine Abweichung vom Regelfall gerechtfertigt erscheint. Dies gilt umso mehr, als das Bundesverwaltungsgericht die Heranziehung von Geländehindernissen, Erhebungen oder Einschnitten (Dämme, Böschungen, Flüsse, Waldränder o.ä.) zur Bestimmung der Grenzen des Bebauungszusammenhangs von konkreten, besonderen Verhältnissen des Einzelfalles abhängig macht, vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 7:

„Unter Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass bloße Baumreihen oder Hecken, selbst wenn sie optisch markant in Erscheinung treten und/oder ihr Bestand dauerhaft gesichert sein sollte, nicht geeignet sind, den Eindruck der Geschlossenheit und Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang zu erzeugen. Denn bei solchen Bewüchsen handelt es sich um typische Bestandteile der freien Landschaft. Sie sind mit den in der Rechtsprechung des Senats beispielhaft genannten ‚Waldrändern‘ nicht vergleichbar, weil letztere nicht - wie Baumreihen - isoliert in der Landschaft stehen, sondern Bestandteil eines Waldes sind und damit in der Regel eine markante Grenze zu einem größeren forstwirtschaftlich nutzbaren Bereich bilden. Unabhängig davon hat der Senat stets betont, dass zwar auch ein Waldrand als Grenze zwischen Innen- und Außenbereich anzusehen sein kann. Die der Beschwerde offensichtlich zugrunde liegende Annahme, dass dies immer oder regelmäßig so sein müsse, trifft allerdings nicht zu (BVerwG, Urteil vom 3. März 1972 - 4 C 4.69 - BRS 25 Nr. 39 = juris Rn. 18). Auch insofern kommt es maßgeblich auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles an.“

Die bloße Erwähnung in der Zulassungsbegründung, dass sich östlich des letzten bebauten Grundstücks (FlNr. …) in ca. 100 m Entfernung eine natürliche Böschung befinde, ohne dass die natürlichen Gegebenheiten und deren Prägungswirkung für die Umgebung auch nur ansatzweise beschrieben und bewertet werden, wird den Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO daher nicht gerecht.

Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang für den Kläger auch, dass er die aus seiner Sicht durch die Böschung definierte Abgrenzung zwischen bauplanungsrechtlichem Außen- und Innenbereich ergänzend damit zu begründen sucht, dass die Gemeinde an eben dieser Stelle eine Zufahrts Straße für ein neues Baugebiet „K …“ geplant habe (vgl. die zeichnerische Darstellung in grüner Farbe auf dem der Zulassungsbegründung als Anlage beigefügten Lageplan sowie den beschrifteten Auszug des Flächennutzungsplans als Anlage zum Schriftsatz vom 8. Dezember 2016). Ob der für die Zurechnung zum Bebauungszusammenhang entscheidende „Eindruck der Geschlossenheit“ (Zusammengehörigkeit) vermittelt wird, kann sich nur nach den äußerlich wahrnehmbaren örtlichen Verhältnissen richten (BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - ZfBR 1991, 126 = juris Rn. 24; B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67 = juris Rn. 5; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 455; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 34 Rn. 7). Solange eine entsprechende Straße nicht tatsächlich vorhanden und damit mit dem Auge wahrnehmbar ist, kann diese für die Frage der Zurechnung eines in der Nähe befindlichen potenziellen Baustandorts zum bauplanungsrechtlichen Bereich des § 34 BauGB oder des § 35 BauGB nichts beitragen, zumal allein der Umstand, dass eine Straße seitens der Gemeinde geplant ist, nicht deren tatsächliche Realisierung garantiert.

Im Übrigen dürfte die Zurechnung des Vorhabenstandorts zum Innenbereich selbst bei Unterstellung einer besonderen, landschaftsmarkanten Böschung bzw. einer bereits vorhandenen Zuleitungs Straße unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass das Vorliegen einer Baulücke mit zunehmender Größe der Freifläche weniger wahrscheinlich wird (s.o.), praktisch ausgeschlossen sein. Bei durchschnittlichen Grundstücksbreiten von ca. 25 m könnten in die vom Kläger behauptete „Baulücke“ nebeneinander vier Wohnhäuser platziert werden, wie auch ein zurückgenommener Vorbescheidsantrag des Klägers vom 8. April 2008 zeigt (vgl. den Lageplan auf der letzten Seite der Verfahrensakte 41N-607-2008-VORB). Da die Bebauung entlang der D … Straße im betroffenen Bereich kleinteilig - d.h. nicht durch großzügig bemessene Bauten und auch nicht durch großzügig bemessene Grundstücke - geprägt ist, dürfte selbst bei Unterstellung eines markanten Geländehindernisses in ca. 100 m östlicher Entfernung von der Ostgrenze des Grundstücks FlNr. … der dortige (unbebaute) Bereich nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilen sein.

cc) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils kann der Kläger ferner nicht mit seinem Einwand begründen, der Innenbereich sei vom Außenbereich tatsächlich dadurch abzugrenzen, dass man eine gerade Abgrenzungslinie von der Nordkante der Bebauung auf FlNr. „…“ (tatsächlich gemeint: FlNr. … auf der nördlichen Seite der D … Straße) bis zur Nordkante der Bebauung auf FlNr. … (auf der südlichen Seite der D … Straße) ziehe. Nach dieser Abgrenzungslinie, die in dem Lageplan, der dem Zulassungsbegründungsschriftsatz vom 26. August 2016 als Anlage beigefügt ist, mit der Bemerkung „richtige Linie“ dunkelblau dargestellt ist, fiele der Vorhabenstandort wohl gerade noch in den vom Kläger definierten Innenbereich.

Der Kläger geht allerdings schon hinsichtlich der Interpretation der Ausführungen des Verwaltungsgerichts von falschen Prämissen aus. Es trifft entgegen dem Vorbringen in der Zulassungsbegründung nicht zu, das Verwaltungsgericht habe zur Abgrenzung von Innenbereich und Außenbereich eine gedankliche Linie von der Nordostecke des (nördlich der D … Straße gelegenen) Wohnanwesens FlNr. … (Hausnummer ...) zur Nordostecke des (südlich der D … Straße gelegenen) Wohnanwesens auf FlNr. … (Hausnummer ...) gezogen, die in dem der Zulassungsbegründung vom 26. August 2016 als Anlage beigefügten Lageplan als „rote Linie des VG Regensburg“ dargestellt wird (und nach der der Vorhabenstandort nicht mehr im Bereich des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB liegt). Entsprechendes kann den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils - auch im Zusammenlesen mit der Niederschrift des Augenscheintermins am 6. Juni 2016 - nicht entnommen werden. Nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils ergibt sich aus dem zur Bestimmung des Ortsrands exakt beschriebenen Ende der Bebauung östlich der FlNr. … auf der Nordseite der D … Straße, dass das Verwaltungsgericht die Flächen der FlNr. … östlich der FlNr. … im Ganzen als Außenbereich i.S. von § 35 BauGB bewertet. Mit der im Urteil angesprochenen „annähernd geraden Linie, welche den bestehenden Bebauungszusammenhang vom unbebauten Bereich trennt“, meint das Erstgericht vielmehr die D … Straße selbst, soweit diese östlich der FlNr. … verläuft, weil diese dort den Ortsrand markiert.

Unabhängig davon liegt die vom Kläger weiter nordöstlich gezogene „dunkelblaue“ Linie eindeutig jenseits des Vertretbaren, um den bauplanungsrechtlichen Innenbereich vom Außenbereich gem. § 35 BauGB zu scheiden. In Orientierung an die vorhandene kleinteilige Bebauung und die vorhandenen mit einer durchschnittlichen Breite von 25 m eher schmalen Grundstücke wären nach Maßgabe der zeichnerischen Darstellung des Klägers auf der Anlage zur Zulassungsbegründung allein innerhalb des Korridors zwischen der „roten Linie“ und der „dunkelblauen Linie“ ohne Weiteres fünf Bauplätze für Wohnhäuser möglich. Die Annahme, dass dieser - nach Norden und Osten völlig offene, unbegrenzte - Korridor mit der lediglich im Westen und Süden vorhandenen Bebauung noch einen Bebauungszusammenhang im Sinne eines „Eindrucks der Geschlossenheit“ vermitteln könnte, ist unter keinem Gesichtspunkt begründbar.

dd) Die Möglichkeit der Zuordnung des Vorhabenstandorts zum bauplanungsrechtlichen Innenbereich kann sich auch nicht aus dem klägerischen Argument ergeben, die D … Straße stelle ein verbindendes Element dar. Sofern mit dem Vortrag des Klägers unterstellt wird, dass der D … Straße (ggf. unter Berücksichtigung auf dem klägerischen Grundstück platzierter Straßenlaternen) keine trennende Wirkung zukomme, können allein deswegen die Flächen auf ihrer nördlichen Seite östlich der FlNr. … keine Baulücke i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bilden. Denn auch bei dieser Betrachtung könnte die D … Straße an dieser nach Norden und Osten offenen, nicht durch entsprechende Bebauung begrenzten Stelle lediglich den Ortsrand und damit die Grenze zum Außenbereich beschreiben, sofern nicht ausnahmsweise aufgrund weiterer, besonderer Geländeumstände ein bestimmter Teil dieser Flächen dem bestehenden Bebauungszusammenhang zuzuordnen wäre. Letzteres vermochte der Kläger aber - wie oben zu bb) ausgeführt - nicht substanziiert darzulegen. Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob der D … Straße eine verbindende oder trennende Wirkung zukommt, daher ohne Rechtsfehler offen lassen können. Da für die Zurechnung zum Bebauungszusammenhang entscheidend auf die äußerlich wahrnehmbaren örtlichen Verhältnisse abzustellen ist, kann dem vom Kläger in diesem Zusammenhang ergänzend vorgebrachten Argument, dass die D … Straße auch für ihre nördliche Seite im Bereich des Vorhabenstandorts bereits über Erschließungs- bzw. Versorgungsanlagen verfüge (Wasser, Gas, Strom, Abwasser), keine entscheidende Bedeutung für die Zuordnung dieses Bereichs zum Innenbereich zukommen.

ee) Mit seinem Einwand, der Bereich des Vorhabenstandorts sei durch einen vormaligen Kiesabbau vorgeprägt, sodass es um die Wiederherstellung des früheren, auch durch Bebauung geprägten Zustands gehe, vermag der Kläger nicht die Zuordnung zum Innenbereich und damit die Unrichtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Auch in dieser Hinsicht ist der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO schon nicht ausreichend am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

Für die Frage, ob ein Grundstück oder ein Grundstücksteil an einem Bebauungszusammenhang i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB teilnimmt, kann eine sog. nachwirkende Prägung beseitigter baulicher Anlagen zu berücksichtigen sein. Ein Altbestand, der vernichtet, oder eine Nutzung, die aufgegebenen worden ist, verliert nicht automatisch die prägende Kraft, von der § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB es abhängen lässt, wie weit der Bezugsrahmen reicht. Die Prägung dauert fort, solange mit einer Wiederbebauung oder einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen ist. Innerhalb welcher zeitlichen Grenzen Gelegenheit besteht, an die früheren Verhältnisse wieder anzuknüpfen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung (BVerwG, U.v. 27.8.1998 - ZfBR 1999, 49 - ZfBR 1999, 49 = juris Rn. 22; B.v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - ZfBR 2008, 52 = juris Rn. 2; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.2.2006 - 2 L 912/03 - juris Rn. 4; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 453; Söfker in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2016, § 34 Rn. 20).

Im Urteil des Verwaltungsgerichts wird (dort auf Seite 8 im Zusammenhang mit der Begründung, warum keine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB vorliegt) zugrunde gelegt, dass „der Kiesabbau auf dem Grundstück nach dem eigenen Vorbringen der Kläger“ (gemeint: des Klägers) „seit mehr als 15 Jahren aufgegeben ist, eine Wiederaufnahme des Kiesabbaus nicht zu erwarten ist, sondern das Grundstück vielmehr in einem Rekultivierungsplan als Grünfläche dargestellt ist.“ Diese Feststellungen wurden vom Kläger nicht in Frage gestellt, sondern in der Zulassungsbegründung teilweise ausdrücklich bestätigt (vgl. Seite 24 des Schriftsatzes vom 26. August 2016). Sie entsprechen dem in der Niederschrift protokollierten Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. Juni 2016, wonach auf dem Grundstück „bis zum Jahr 2000 eine intensive Nutzung als Kiesgrube stattgefunden“ habe.

Der Kläger beschränkt sich in der Zulassungsbegründung (Seiten 12 f., 23 f. des Schriftsatzes vom 26. August 2016) unter Bezugnahme auf Lichtbilder (Anlagen K 10 und K 11) demgegenüber auf den bloßen Hinweis, dass „vormals“ auf dem Grundstück FlNr. … ein Kiesabbaubetrieb geführt worden sei, dass „in dem Bereich“ des Vorhabenstandorts „über viele Jahrzehnte Einrichtungen, die zum Kiesabbau gehörten“, gestanden hätten, dass „über viele Jahrzehnte keine Baulücke vorhanden gewesen“ sei und dass nach Auflassung des Betriebs nunmehr die Baulücke durch die Wohnbebauung wieder zu schließen sei. Es kann dahin stehen, inwieweit die Substanziierungsobliegenheiten für die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils diesbezüglich schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Kläger die genauen Standorte und Nutzungszwecke der ehemaligen Gebäude des Kiesabbaubetriebs (ständiger Aufenthalt von Mensc…, vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - ZfBR 2002, 69 = juris Rn. 5) nicht näher beschrieben hat und der Senat so allein anhand der Zulassungsbegründung nicht einzuschätzen vermag, inwiefern diese Gebäude bei Unterstellung einer nachprägenden Wirkung für die Zuordnung des Vorhabenstandorts zum Bebauungszusammenhangs von entscheidender Bedeutung sein könnten. Jedenfalls fehlt es insofern an einer hinreichend substanziierten Einwendung am Maßstab der Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO, als sich der Kläger in der Zulassungsbegründung in keiner Weise damit auseinandergesetzt hat, inwiefern trotz des erheblichen Zeitablaufs und trotz der behördlichen Rekultivierungsvorgabe noch von einer nachwirkenden Prägung im o.g. Sinne auszugehen sein könnte. Im Gegenteil: Soweit nach dem erstinstanzlichen Urteil vom 21. Juni 2016 (dort Seite 8) - was vom Kläger nicht angegriffen wird - „das Grundstück (…) in einem Rekultivierungsplan als Grünfläche dargestellt wird“, ist kein Ansatz dafür ersichtlich, wie nach der Verkehrsauffassung überhaupt noch mit einer Wiederbebauung oder einer Wiederaufnahme einer Gebäudenutzung gerechnet werden könnte. Zudem spricht unabhängig hiervon allein die lange Zeitspanne von mehr als 15 Jahren seit Betriebsstilllegung gegen eine prägende Fortwirkung des ehemaligen Gebäudebestandes auf dem geplanten Vorhabenstandort (zur Anwendung des vom Bundesverwaltungsgerichts entwickelten sog. „Zeitmodells“ vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2007 - 26 B 05.3141 - juris Rn. 16 sowie im Anschluss BVerwG, B.v. 2.10.2007 - 4 B 39.07 - ZfBR 2008, 52 = juris Rn. 2; König, Baurecht Bayern, 5. Aufl. 2015, Rn. 453, 592 m.w.N.).

b) Die Richtigkeit der Klageabweisung durch das Erstgericht ist nicht deshalb ernstlich zweifelhaft, weil das Landratsamt womöglich in vergleichbarer Situation diverse (Wohn-) Gebäude südlich und nördlich der D … Straße auf der Grundlage von § 34 BauGB genehmigt hat. Entgegen dem Einwand des Klägers trifft es aus Rechtsgründen nicht zu, dass der Beklagte nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) und der Selbstbindung der Verwaltung auch ihm gegenüber entsprechend entscheiden müsse.

Soweit die Bezugsfälle, auf die sich der Kläger beruft, vergleichbare Fallgestaltungen betreffen sollten, bei denen Bauvorhaben mangels tatsächlicher Lage im Innenbereich (im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung) unter Verstoß gegen § 34 Abs. 1 Satz 1, § 35 Abs. 2 BauGB genehmigt wurden, kann dies weder für den streitgegenständlichen Vorhabenstandort eine Innenbereichslage begründen noch einen über Art. 71 Satz 4 i.V. mit Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO hinausgehenden Anspruch auf Vorbescheiderteilung aus Gleichbehandlungsgründen vermitteln. Denn die Frage, ob ein Vorhaben dem Bereich des § 34 oder dem des § 35 BauGB zuzuordnen ist, stellt eine gebundene Entscheidung dar, die der gem. Art. 20 Abs. 3 GG gesetzesgebundenen Behörde weder einen Ermessensnoch einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Sollten die vormals genehmigten Wohngebäude in der Umgebung aufgrund tatsächlicher Außenbereichslage unter Verletzung von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO, § 34, § 35 BauGB genehmigt worden sein, wären die erteilten Baugenehmigungen mithin rechtswidrig. Durch rechtswidriges Handeln kann sich eine Behörde jedoch nicht selbst binden‚ weil kein Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“ besteht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 22.3.1972 - IV C 121.68 - BayVBl. 1972, 557 - juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 10.9.2009 - 15 ZB 09.1124 - juris Rn. 11; B.v. 14.7.2015 - 1 ZB 15.154 - juris Rn. 4).

c) Ernstlich zweifelhaft ist die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung auch nicht deshalb, weil der Kläger bereits im Jahr 2009 einen Vorbescheid für den Neubau eines Einfamilienhauses auf FlNr. … (unmittelbar westlich der FlNr. …) erhalten hatte und im Zusammenhang mit der Erteilung des Vorbescheids im Behördenakt vermerkt worden war, der Kläger könne, bis er insgesamt drei Einzelgenehmigungen habe, jedes Jahr eine Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus beantragen.

Es trifft - worauf sich der Kläger beruft - zu, dass das Landratsamt Landshut dem Kläger unter dem 13. Mai 2009, nachdem es ursprünglich um die Errichtung von drei Einfamilienhäusern gegangen war, einen Vorbescheid für den Neubau eines Einfamilienhauses auf dem Baugrundstück für einen Standort an der D … Straße unmittelbar nordöstlich der FlNr. … (Az. 41N-392-2009-VORB) erteilte. Es trifft ferner zu, dass sich in dem diesbezüglichen Behördenakt (dort Bl. 15) ein vom Kläger in der Zulassungsbegründung richtig zitierter handschriftlicher Aktenvermerk vom 24. April 2009 befindet, aus dem hervorgeht, dass der damalige Landrat befürwortet hatte, der Kläger solle drei Einzelgenehmigungen erhalten und hierfür sukzessive Jahr für Jahr eine Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus beantragen. Hieraus kann jedoch nicht die vom Kläger geltend gemachte Bindungswirkung für die vorliegende Bauvoranfrage gefolgert werden. Eine vom Kläger aufgrund des vorgenannten Sachverhalts angenommene „Selbstbindung (…) im Lichte des Gleichbehandlungsgrundsatzes gem. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV“ kann schon aufgrund der vorherigen Erwägungen zu b) keinen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids vermitteln. Der dem Kläger am 28. Mai 2009 zugestellte und im Anschluss nicht verlängerte Vorbescheid vom 13. Mai 2009 ist wegen Ablaufs der Dreijahresfrist gem. Art. 71 Satz 2 BayBO ungültig geworden und kann daher keine Bindungswirkung gem. Art. 71 Satz 1 BayBO (also eine Feststellungswirkung hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines entsprechenden Vorhabens) mehr begründen. Eine - vom Verwaltungsgericht zu Recht nicht in Erwägung gezogene - wirksame Zusicherung gem. Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG ist nicht ersichtlich. Unabhängig von der Frage, ob sich der handschriftliche Aktenvermerk vom 24. April 2009 auf den späteren Erlass eines hinreichend bestimmten Verwaltungsakts bezieht und ob dieser auch im Übrigen den Bestimmtheitsanforderungen für eine Zusicherung i.S. von Art. 38 Abs. 1, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG genügen könnte, ist aus seinem Wortlaut

„- Vorbescheid (392-2009 VORB) soll ruhen

– Hr. Kastl beantragt jedes Jahr eine BAUG für ein EFH (kein Toskanastil)

– lt. LR für je ein EFH pro Jahr (insgesamt lt. LR für drei Einzelgenehmigung)“

inhaltlich nicht ersichtlich, dass gegenüber dem Kläger eine entsprechende Garantie abgegeben wurde. Angesichts der fehlenden Konkretisierung bzw. Bestimmtheit der Modalitäten des im Aktenvermerk thematisierten Bauvorhabens ist ein über eine unverbindliche Absichtserklärung bzw. über ein schlichtes In-Aussicht-Stellen hinausgehender Bindungswille gegenüber dem Kläger, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen, aus dem Aktenvermerk nicht erkennbar (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 21, 24 m.w.N.).

Im Übrigen bedarf gem. Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusicherung, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, zu ihrer Wirksamkeit derschriftlichen Form. An dieser fehlt es vorliegend. Eine ggf. gegenüber dem Kläger abgegebene mündliche Zusage der Bauaufsichtsbehörde erfüllt das Schriftformerfordernis nicht. Einem schlichten Aktenvermerk über das mit dem Landrat abgesprochene bzw. von diesem angewiesene Vorgehen kommt als behördeninternes Handlungsprogramm keine Außenwirkung zu und stellt mithin keine schriftliche Zusicherung gegenüber einer bestimmten Person - hier: dem Kläger - dar (vgl. BayVGH, U.v. 6.11.2007 - 14 B 06.1933 - juris Rn. 30).

d) Ohne Erfolg wendet sich der Kläger schließlich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, das nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange (§ 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

aa) Mit dem Einwand, das Vorhaben stehe nicht in Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), kann der Kläger die Zulassung der Berufung schon deswegen nicht erreichen, weil dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht tragend war. Vielmehr hat das Gericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen (vgl. Urteilsabdruck Seite 8).

bb) Mit seinen Einwänden gegen die Richtigkeit der Erwägung, das Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft, vermag der Kläger in der Sache nicht durchzudringen. Der Belang des Schutzes der natürlichen Eigenart der Landschaft verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Deshalb sollen bauliche Anlagen abgelehnt werden, die der Landschaft wesensfremd sind. Vorhaben mit anderer als land- oder forstwirtschaftlicher Bestimmung sind deshalb zumeist unzulässig. Es kommt dabei nicht maßgeblich darauf an, ob das Vorhaben mehr oder weniger auffällig in Erscheinung tritt. Der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft beinhaltet nämlich nicht nur eine optisch-ästhetische Komponente, sondern dient insbesondere auch der Bewahrung der funktionellen Bestimmung der Landschaft. Eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft kommt nur dann nicht in Betracht, wenn sich das Baugrundstück wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder es seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (BayVGH, B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 48 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall mag der Vorhabenstandort - worauf der Kläger wiederholt verweist - durch den jahrzehntelangen Kiesabbau in gewisser Weise „vorbelastet“ sein, sodass möglicherweise die natürliche Eigenart der Landschaft Qualitätseinbußen im Vergleich zu der Zeit vor dem Kiesabbau erlitten hat. Der Schluss des Klägers, das Grundstück habe als „Brachfläche, die kaum Grünwuchs aufweise“ jeglichen Schutz in Bezug auf die natürliche Eigenart der Landschaft verloren, findet aber weder im Protokoll des Augenscheintermins noch in den nicht substanziiert in Frage gestellten tatsächlichen Ausführungen im Urteil eine Stütze. Das Protokoll zum Augenscheintermin vom 6. Juni 2016 vermerkt, dass sich die streitgegenständlichen Grundstücke nordöstlich der D … Straße derzeit als „Brachflächen… (Kiesfläche mit Grasbewuchs)“ darstellen. Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil hierauf aufbauend ausgeführt, das klägerische Vorhaben stelle sich auch nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme als nunmehr unbebaute Grünfläche dar, die sich bis zur Hangkante des ehemaligen Kiesabbaugeländes fortsetze. Das Urteil stellt entscheidungstragend darauf ab, dass der Kiesabbau auf dem Baugrundstück nach dem Klägervortrag vor mehr als 15 Jahren aufgegeben worden, dass eine Wiederaufnahme des Kiesabbaus nicht zu erwarten und dass das Grundstück in einem Rekultivierungsplan als Grünfläche dargestellt sei. Hiergegen hat der Kläger nichts Konkretes vorgetragen. Mit der pauschalen Behauptung, es sei aufgrund des jahrelangen Kiesabbaus zu einer Entfremdung der natürlichen Funktion und Vegetation gekommen, die dazu geführt habe, dass der Vorhabenstandort seine natürliche Eigenart nicht behalten habe, sodass das betroffene Grundstück mit der geplanten Nutzung weder der naturgegebenen Bodennutzung noch der erholungssuchenden Allgemeinheit entzogen werden könne, kann der Kläger seine Darlegungsobliegenheiten gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht erfüllen. Allein der Umstand, dass nach den unbestrittenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts für das ehemalige Kiesgrubengelände eine Rekultivierung zu einer Grünfläche zu erfolgen hatte, macht dies deutlich. Schon deswegen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die mit der vormaligen Abgrabung zwangsläufig verbundene Beeinträchtigung derart perpetuiert worden sei, dass von der natürlichen Eigenart der Landschaft im Bereich des Vorhabenstandorts nichts mehr übrig bleibe. Der Beklagte hat im Zulassungsverfahren mithin zu Recht darauf verwiesen, dass ein Grundstück, auf dem Kiesabbau stattgefunden hat und das - wie hier - im Anschluss zu verfüllen und zu rekultivieren ist, seine Schutzwürdigkeit hinsichtlich des Belangs der natürlichen Eigenart der Landschaft wiedererlangt (ebenso vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1983 - 4 C 17.81 - NVwZ 1984, 303 = juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 18.2.2008 - 22 ZB 06.1813 - juris Rn. 4; B.v. 28.12.2016 - 15 CS 16.1774 - juris Rn. 48). Soweit der Kläger zur Untermauerung seiner Rechtsansicht auf die Entscheidung HessVGH, B.v. 26.2.2003 - 2 E 2391/01 - verweist, betrifft dies eine andere Fallgestaltung. Zum einen wurde in dieser im Schwerpunkt das Landschaftsbild thematisiert. Zum anderen ging es dem dortigen Kläger um ein nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB privilegiertes Vorhaben.

cc) Auch wenn es hierauf mit Blick auf die vorherigen Ausführungen zu bb) nicht mehr ankommt, geht der Senat davon aus, dass die Richtigkeit der Auffassung des Senats, das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange, weil im Falle seiner Umsetzung eine Zersiedelung konkret zu befürchten sei, im Ergebnis ebenfalls nicht ernstlich zweifelhaft ist. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass eine Zulassung des Vorhabens zu einer nicht mehr abgrenzbaren Ausuferung des Bebauungszusammenhangs in Richtung Osten bzw. (aufgrund der Straßenkrümmung) in Richtung Nordosten und damit zu einer Zersiedelung führe. Dass eine klare Eingrenzung nicht möglich sei, zeige sich nach Auffassung des Gerichts schon daran, dass der Kläger selbst in der Vergangenheit Vorbescheidsanträge für ein, zwei, drei oder acht Wohnhäuser gestellt habe. In einer solchen Situation sei von einer Planungsbedürftigkeit auszugehen. An der Richtigkeit dieser Auffassung bestehen im Ergebnis keine rechtlichen Bedenken.

Auch eine - durch verbindliche Bauleitplanung nicht geordnete - Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB ist. Dabei kommt es jedenfalls im Ergebnis nicht entscheidend darauf an, ob insofern direkt auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB abgestellt (so mit dem Verwaltungsgericht auch BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 2 B 14.2817 - juris Rn. 37; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2016, § 35 Rn. 107) oder auf den dahinter stehenden Rechtsgedanken der Zersiedelungsverhinderung (in diese Richtung BVerwG, U.v. 13.2.1976 - IV C 72.74 - BayVBl 1976, 441 = juris Rn. 21; U.v. 25.1.1985 - 4 C 29.81 - ZfBR 1985, 141 = juris Rn. 9, 10; B.v. 11.10.1999 - 4 B 77.99 - ZfBR 2000, 425 = juris Rn. 6) bzw. auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zurückgegriffen wird (so ausdrücklich BayVGH, U.v. 9.9.2015 - 1 B 15.251 - juris Rn. 23). Eine Ausweitung der Bebauung außerhalb des jeweiligen im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein soll jedenfalls planungsrechtlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Zersiedelung grundsätzlich nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans bzw. ggf. einer Satzung nach § 34 Abs. 4 erfolgen (Söfker a.a.O.). Ein Ausnahmefall einer siedlungsstrukturell nicht zu missbilligenden Außenbereichsbebauung (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.1985 a.a.O.) ist auf Basis des gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgeblichen Vortrags des Klägers hier nicht ersichtlich. Entgegen seinem Einwand ist der Vorhabenstandort gerade nicht klar eingegrenzt. Auch wenn sich das Vorhaben nach Süden und nach Westen an eine geschlossene Wohnbebauung anschließen würde, ist die vermeintliche „Baulücke“ nach Norden und Osten offen [s.o. a) cc) ], sodass dem Vorhaben des Klägers im Falle seiner Umsetzung Bezugsfallwirkung für weitere Vorhaben zur Ausweitung des Außenbereichs nach Norden, Osten und Nordosten zukäme (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.2015 - 2 B 14.2817 - juris Rn. 38). Zudem wäre damit zu rechnen, dass der gesamte Raum südlich der dunkelblauen Linie, die in der Anlage zum Schriftsatz vom 26. August 2016 zwischen der Nordkante der Bebauung auf FlNr. … und der Nordkante der Bebauung auf FlNr. … eingezeichnet und vom Kläger schon jetzt als „richtige Linie“ zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich angesehen wird (s.o.), insbesondere nach Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens „erst recht“ als mögliches Bauland für weitere nicht privilegierte Wohnbauvorhaben angesehen werden würde. Auch im vorliegenden Fall liegt mithin die Gefahr von Nachfolgebebauungen nahe, die das Gebot unterlaufen würden, die städtebauliche Entwicklung, zumindest was die Bebauung bislang unbebauter Außenbereichsflächen betrifft, durch Bebauungspläne zu ordnen und zu lenken (vgl. NdsOVG, B.v. 10.1.2005 - 9 LA 310/04 - juris Rn. 8). Insofern ist die Gefahr einer weiteren Zersiedlung hinreichend konkret zu befürchten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt Nr. 9.1.1.1 sowie Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.). Sie folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.

Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.

Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen Nutzungsänderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück (Flst. Nr. ...) befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Grundstück (Flst. Nr. ...) im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“. Die Grundstücke der Antragsteller zu 4 und zu 5 grenzen südlich bzw. südöstlich an das Grundstück des Beigeladenen an und befinden sich innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Industriegebiets. Das Grundstück der Antragstellerin zu 3 befindet sich südwestlich des Grundstücks des Beigeladenen auf der anderen Seite der „... Straße“ im Geltungsbereich eines weiteren Bebauungsplans, der dort ein Gewerbegebiet festsetzt.
Die Antragsteller haben gegen die genehmigte Nutzungsänderung Widerspruch erhoben. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt: Die Widersprüche der Antragsteller zu 3 bis 5 seien ersichtlich aussichtslos. Da sich deren Grundstücke außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ befänden, könnten sie sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt, da nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen die Antragsteller zu 3 bis 5 durch das Bauvorhaben unzumutbar beeinträchtigt sein könnten. Hingegen erwiesen sich die Erfolgsaussichten der Widersprüche der Antragsteller zu 1 und 2 als offen. Sie könnten sich auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Die genehmigte Gemeinschaftsunterkunft sei zwar nach § 8 Abs. 2 BauNVO im Gewerbegebiet nicht zulässig. Sie sei indes nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO durch die Antragsgegnerin ausnahmsweise zugelassen worden. Asylbewerberunterkünfte seien Einrichtungen für soziale Zwecke im Sinne dieser Vorschrift. Die Zulassung auf der Grundlage des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO setze aber voraus, dass die Gemeinschaftsunterkunft mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vereinbar sei. Entscheidend sei, ob ein Vorhaben generell geeignet sei, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotential zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht vertrage. Ob sich nach diesen Grundsätzen eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertrage, das geprägt sei von werktätiger Geschäftigkeit, sei offen. Ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft um eine wohnähnliche Nutzung handele, könne nach den vorgelegten Bauunterlagen nicht festgestellt werden. Die Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die notwendige Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus. Da es sich im Wesentlichen um eine Nutzungsänderung eines vorhandenen Gebäudes handele, wäre die Nutzung nach einer etwaigen rechtskräftigen Aufhebung der Baugenehmigung einzustellen, ohne dass die Antragsteller durch die geringfügigen baulichen Änderungen in ihren Rechten verletzt würden.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche begehren. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässigen (§§ 146, 147 VwGO) Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 sind begründet. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs ist anzuordnen (1.). Hingegen haben die zulässigen Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 keinen Erfolg (2.).
1. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben zu einer Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Antragsteller zu 1 und 2 Anlass. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügen die Antragsteller zu Recht die Richtigkeit der den angefochtenen Beschluss tragenden Rechtsauffassung, die Erfolgsaussichten ihrer Widersprüche seien offen (a)). Die deshalb erforderliche Prüfung ihres Rechtsschutzbegehrens durch den Senat an den allgemeinen Maßstäben des § 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO führt zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche (b)).
a) Die Rüge der Antragsteller zu 1 und 2, wonach sich das Verwaltungsgericht fragen lassen müsse, weshalb es sich bei der Nutzung des Gebäudes als Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine wohnähnliche Nutzung handele, obwohl es selbst „Bezüge zu einer Wohnnutzung“ festgestellt habe und es nicht bezweifelt werden könne, dass es sich bei Gemeinschaftsunterkünften jedenfalls um wohnähnliche Nutzungen handele, greift zunächst hinsichtlich der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts durch, dass diese Frage offen sei.
10 
Der Ansatz des Verwaltungsgericht, dass es der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse, ob es sich bei der genehmigten Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber um eine wohnähnliche Nutzung handele, weil dies nach den genehmigten Bauvorlagen nicht festgestellt werden könne, ist nämlich nicht zutreffend. Denn wäre der Baugenehmigung die mit ihr zugelassene Art der baulichen Nutzung nicht zu entnehmen, handelte es sich um einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot aus § 37 Abs. 1 LVwVfG; die Baugenehmigung erwiese sich bereits als rechtswidrig. Insoweit kann es bei der Drittanfechtung der Baugenehmigung auch nicht auf die tatsächliche sondern allein auf die genehmigte Art der Nutzung ankommen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., Stand: Juni 2010, § 58 LBO Rn. 33). Die Kategorisierung der genehmigten Nutzungsart hat nämlich anhand der Vorgaben der einschlägigen Baunutzungsverordnung - hier die Fassung der Bekanntmachung vom 26.11.1968 (BGBl. I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11) BauNVO 1968 - und der Bauvorlagen zu erfolgen. Die Frage der Bestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der mit ihr genehmigten Art der baulichen Nutzung kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch beantwortet werden, so sie denn entscheidungserheblich ist. Abgesehen davon ist den genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt jedenfalls zu entnehmen, dass eine wohnähnliche Nutzung genehmigt ist (siehe nachfolgend b) aa) (b) (aa)).
11 
b) Ergibt die auf dargelegte Gründe beschränkte Prüfung des Beschwerdegerichts (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO), dass die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht rechtfertigt, hat es umfassend zu prüfen, ob vorläufiger Rechtsschutz nach allgemeinen Maßstäben zu gewähren ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.01.2009 - 9 S 70.08 - juris Rn. 3 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 21.12.2006 - 7 B 2193/06 - BauR 2007, 861 und vom 08.05.2002 - 1 B 241/02 - NVwZ-RR 2003, 50; vgl. auch Senatsbeschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 - VBlBW 205, 282; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 146 Rn. 115).
12 
Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 fällt zu Lasten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen aus. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat dem privaten Interesse des Beigeladenen, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend (§ 212a Abs. 1 BauGB) - sofort Gebrauch machen zu dürfen, keinen Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung bei. Vielmehr überwiegt das Suspensivinteresse der Antragsteller zu 1 und 2. Maßgeblich hierfür ist, dass sich die angegriffene Baugenehmigung in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen wird und sie die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen dürfte, so dass sie wohl aufzuheben sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
13 
aa) Auf die von den Antragstellern aufgeworfene Frage, ob die streitbefangene Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1) in bauplanungsrechtlicher Hinsicht eine Anlage für soziale Zwecke sein kann, kommt es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache allerdings nicht an. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage erweist sich die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich als rechtswidrig.
14 
(a) Sollte es sich bei der Gemeinschaftsunterkunft um keine Anlage für soziale Zwecke handeln, wäre sie in dem (beschränkten) Gewerbegebiet ersichtlich unzulässig, da sie dann weder unter den hier eingeschränkten Katalog von Nutzungsarten nach § 8 Abs. 2 BauNVO 1968 noch unter eine andere in § 8 Abs. 3 BauNVO 1968 für ausnahmsweise zulässig erklärte Nutzungsart fallen könnte. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass er nach seiner bisherigen Rechtsprechung bei einer „heimmäßigen Unterbringung“ von Asylbewerbern das Vorliegen einer Anlage für soziale Zwecke angenommen hat (Senatsurteil vom 11.05.1990 - 8 S 220/90 - juris Rn. 23 = NVwZ 1990, 1202) und eine Zulassung einer Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet bislang allein in Fällen einer Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) als rechtmäßig angesehen hat (Senatsbeschlüsse vom 17.07.1992 - 8 S 1621/92 - DÖV 993, 257 und vom 29.09.1993 - 8 S 2160/93 - NVwZ 1994, 800 (801)). Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Gemeinschaftsunterkunft ,„zumindest“ als Einrichtung für soziale Zwecke angesehen und offen gelassen, ob die Unterbringung von Asylbewerbern generell als Wohnnutzung einzustufen sei (BVerwG, Beschluss vom 04.06.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998, 173).
15 
(b) Ebenfalls bauplanungsrechtlich unzulässig wäre die Gemeinschaftsunterkunft, wenn es sich bei ihr um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968 handeln sollte. Denn eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist in einem Gewerbegebiet deshalb auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
16 
(aa) Die Wohnähnlichkeit der Nutzung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Baurechtlich genehmigt ist die Nutzung des Gebäudes des Beigeladenen für den dauernden Aufenthalt von 68 Personen. Diese können sich in den ihnen zugewiesenen Räumen und den Gemeinschaftsräumen uneingeschränkt zu jeder Zeit aufhalten. Für den einzelnen Asylbewerber stellt sich die Gemeinschaftsunterkunft daher regelmäßig für die Dauer seines Asylverfahrens als sein räumlicher Lebensmittelpunkt dar; erst mit dem Abschluss des Asylverfahrens (oder mit einem erstinstanzlich obsiegenden Urteil, § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) endet in aller Regel die vorläufige Unterbringung (vgl. § 7 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen - Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG - vom 11.03.2004, GBl. S. 99, zuletzt geändert durch Art. 71 der Achten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 25.01.2012 (GBl. S. 65)), die grundsätzlich in der Gemeinschaftsunterkunft erfolgt, § 6 Abs. 1 Satz 1 FlüAG. Der gesetzliche Begriff der vorläufigen Unterbringung aus § 6 FlüAG grenzt dabei lediglich die Unterbringungsform von derjenigen der Anschlussunterbringung (vgl. §§ 11 ff. FlüAG) ab. Aus ihm kann gerade nicht auf eine nur unbeachtlich kurze Dauer der Unterbringung des einzelnen Asylbewerbers geschlossen werden. Hinsichtlich der Verweildauer ist zu berücksichtigen, dass ein Asylverfahren auch bei günstigem Verlauf die Dauer von einigen Monaten kaum unterschreiten kann, häufig tatsächlich diese Zeit aber deutlich überschreiten wird. So gibt etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2011 eine durchschnittliche Gesamtverfahrensdauer für das Verwaltungs- und Gerichtsverfahren von 12,2 Monaten an, die sich im ersten Halbjahr 2012 auf 13,1 Monate erhöht hat (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren - ausführlich erklärt, Nürnberg 2012, S. 40). Im Jahr 2011 lag der Median-Wert der Verfahrensdauer bei acht Monaten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das Bundesamt in Zahlen 2011, Nürnberg 2011, S. 54). Die sich daraus ergebende nicht nur kurze Verweildauer des Einzelnen in der Unterkunft als seinem Lebensmittelpunkt - die dessen Schutzwürdigkeit bauplanungsrechtlich grundsätzlich erhöht - ist letztlich ausschlaggebend für die Einstufung der Nutzung als „wohnähnlich“ (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90, 140 zu einem Arbeitnehmerwohnheim als „Beherbergungsbetrieb“).
17 
(bb) Aus der Wohnähnlichkeit ihrer Nutzung folgt, dass eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber trotz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in einem Gewerbegebiet mangels ihrer Gebietsverträglichkeit nicht ausnahmsweise zulässig ist.
18 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Nutzungs- oder Anlagenart, sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 16; vgl. auch Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 (158)). Hinsichtlich des Gebietstypus des Gewerbegebiets gilt, dass Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebietes - abgesehen von gebietsakzessorischen Wohnnutzungen sonstiger Art - unvereinbar sind. Denn in Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Neben der Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO kann allein ein sehr kurzfristiger, vorübergehender Aufenthaltszweck in Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig sein (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002, 1384 (1385)). Wohnähnliche Nutzungsformen sind daher regelmäßig abstrakt gebietsunverträglich.
19 
In Anwendung der vorstehenden Grundsätze erweist sich damit eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet als nicht ausnahmsweise zulässig nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Nichts anderes gilt hier aufgrund der Festsetzung eines beschränkten Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 4 BauNVO 1968. Denn auch ein derartiges Gebiet entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, Beschluss vom 15.04.1987 - 4 B 71.87 - NVwZ 1987, 970; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.03.1997 - 10 S 2815/96 - NVwZ 1999, 439 (440)). Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, dass die Rechtsauffassung des Beigeladenen nicht zutrifft, dass das Verwaltungsgericht es dem Hauptsacheverfahren überlassen müsse, die Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets zu klären. Denn bezogen auf die Zweckbestimmung des Gebiets nach § 8 BauNVO 1968 stellen sich keine nicht höchstrichterlich abschließend geklärten Fragen. Die Eigenart des konkreten Gewerbegebiets des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ ist für die typisierende Gebietsverträglichkeit der zugelassenen Nutzung nicht relevant, sondern erst bei der Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO.
20 
bb) Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377), mit der Folge, dass eine rechtswidrige baurechtliche Zulassung einer Nutzungsart - so wie sehr wahrscheinlich hier - die anderen Grundstückseigentümer im Baugebiet auch in eigenen Rechten verletzt.
21 
c)Gegebenenfalls wird die Widerspruchsbehörde die im bisherigen Verfahren von keinem der Beteiligten erörterte Frage zu klären haben, ob die Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nicht (teilweise) von der möglicherweise ursprünglich erteilten Baugenehmigung für ein Wohnheim mit umfasst und abgedeckt wird, sofern diese Baugenehmigung noch wirksam sein sollte. Dann käme es gegebenenfalls jedenfalls für einen Teil der Nutzung auf die Rechtmäßigkeit der hier gegenständlichen Baugenehmigung nicht an. Überdies ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass bereits ursprünglich eine wohnähnliche Nutzung genehmigt worden sein sollte, sich dies möglicherweise auch auf die Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 1 und 2 auswirken kann.
22 
d) Angesichts der nach dem Vorstehenden sehr wahrscheinlich rechtswidrigen und die Antragsteller in eigenen Rechten verletzenden Baugenehmigung kommen den privaten Interessen des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung nur geringe Gewichte zu. Die Interessen der Antragsteller an der Abwehr einer rechtswidrigen Nutzung des Grundstücks überwiegen deutlich. Soweit der Beigeladene ein überwiegendes öffentliches Interesse aus Art. 16a GG und der staatlichen Schutz- und Unterbringungspflicht für Asylbewerber einerseits und aus dem akuten Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten andererseits herleiten will, vermag dies hier zu keiner anderen Würdigung zu führen. Der Vortrag bleibt pauschal und unsubstantiiert. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung müsste dem für die Unterbringung zuständigen Land Baden-Württemberg eine anderweitige Unterbringung der in der genehmigten Unterkunft wohnenden Flüchtlinge nicht möglich oder zumutbar sein, um dem Vollzugsinteresse dennoch den Vorrang einräumen zu können. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass für den Fall eines tatsächlichen und erheblichen Mangels an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber gegebenenfalls an eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB gedacht werden könnte. Eine solche ist bislang aber nicht erteilt.
23 
2. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 haben hingegen aus den dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg.
24 
a) Das Verwaltungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend darauf gestützt, dass die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nur zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet eine nachbarschützende Funktion zukommt (BVerwG, Urteile vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 (155) und vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 24; Senatsurteil vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - VBlBW 2008, 377). Hiergegen wenden sich die Antragsteller zu 3 bis 5 mit dem Vortrag, dass es zwar stimme, dass ihnen ein Gebietserhaltungsanspruch nicht zukomme, mit der planungsrechtlichen Festsetzung „Industriegebiet“ die auf dem benachbarten Baugrundstück geplante wohnähnliche Nutzung unter dem Aspekt des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO aber nicht vereinbar sei. Nutzungen nach § 9 BauNVO seien außerhalb der in § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO geregelten Ausnahmen prinzipiell mit wohnähnlichen Nutzungen unvereinbar. Die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährde die bisherige Nutzung der Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5. Mit diesem Vortrag sind mögliche Erfolgsaussichten der Widersprüche dieser Antragsteller nicht dargetan. Denn allein der Umstand, dass die in einem festgesetzten Industriegebiet liegenden Grundstücke der Antragsteller zu 4 und 5 unmittelbar an das Grundstück des Beigeladenen angrenzen, sagt noch nichts über die behauptete Rücksichtslosigkeit der Nutzungsänderung aus. Die beiden Antragsteller behaupten zwar, die bisherige Grundstücksnutzung sei durch „die Zulassung der wohnähnlichen Nutzung gefährdet“. Dieser Vortrag ist jedoch unsubstantiiert. Weder im bisherigen behördlichen Verfahren bis zur Erteilung der Baugenehmigung noch im gerichtlichen Verfahren nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO haben die Antragsteller nämlich zu den auf ihren Grundstücken genehmigten Nutzungen konkret vorgetragen. Allein der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren dazu verhalten, was mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier aber nicht zugunsten der Antragsteller relevant sein kann. Damit verfehlt die Beschwerde die einzelfallbezogene Sichtweise, die das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierte Rücksichtnahmegebot verlangt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314).
25 
Soweit die Beschwerde zutreffend darauf hinweist, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 3 in einem festgesetzten Industriegebiet liege, führt dies ebenfalls zu keiner ihr günstigeren Entscheidung. Mit der Beschwerde wird nicht dargetan, was aus dem Umstand, dass das Grundstück in einem festgesetzten Gewerbegebiet - das nicht dasjenige ist, in dem sich das Grundstück des Beigeladenen befindet - folgen soll. Ein Gebietserhaltungsanspruch kommt der Antragstellerin zu 3 jedenfalls ebenso wie den Antragstellern zu 4 und 5 nicht zu.
26 
b) Im Übrigen weist der Senat jedoch für das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Antragsteller zu 4 und 5 auf folgende zwei Gesichtspunkte hin. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Behördenakten hat der Antragsteller zu 4 als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. ... (... Straße ...) zwar Widerspruch eingelegt. Jedoch finden sich von ihm keine innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Angrenzerbenachrichtigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 LBO erhobenen Einwendungen, so dass er aufgrund von § 55 Abs.2 Satz 2 LBO mit allen Einwendungen ausgeschlossen sein könnte. Insbesondere wird weder der Antragsteller zu 4 noch das Grundstück „... Straße ...“ im Einwendungsschreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 erwähnt. Auch die Antragstellerin zu 5 hat innerhalb der Vierwochenfrist keine in den Bauakten dokumentierten Einwendungen erhoben. Jedoch finden sich im Einwendungsschreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2012 Einwendungen einer „... GmbH“ bezogen auf das Grundstück ... Straße ... Hier könnte es sich um eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung der Antragstellerin zu 5 handeln, was gegebenenfalls aufzuklären wäre.
27 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 3, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO.
28 
Da der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, den Antragstellern zu 3 bis 5 anteilsmäßig die außergerichtlichen Kosten des insoweit obsiegenden Beigeladenen aufzuerlegen. Darüber hinaus tragen er und die Antragsgegnerin anteilig die Kosten des Verfahrens, soweit sie - nämlich bezogen auf die Antragsteller zu 1 und 2 - unterlegen sind.
29 
4. Die Streitwertfestsetzung und -abänderung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 39 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG und lehnt sich entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 29.01.2008 - 8 S 2748/06 - juris Rn. 44) an die Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist bei der Drittanfechtung einer Baugenehmigung kein Raum für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG. Da mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden können, ist der Streitwert von 7.500 EUR - je betroffenem Grundstück - zu halbieren, so dass insgesamt ein Streitwert von 15.000,- EUR (4*3.750,- EUR) festzusetzen ist.
30 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich als Eigentümer der Grundstücke FlNr. …, … und … der Gemarkung K* … gegen einen der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid des Landratsamts Augsburg vom 14. Mai 2013 für das benachbarte Grundstück FlNr. … (Baugrundstück).

Dieser Vorbescheid, der ein näher beschriebenes SB-Warenhaus mit Shopzone als planungsrechtlich zulässig feststellte und für den keine von Art. 71 Satz 2 BayBO abweichende Geltungsfrist festgesetzt wurde, ist der Beigeladenen laut Postzustellungsurkunde am 21. Mai 2013 zugestellt sowie zudem am 23. Mai 2013 im Amtsblatt des Landkreises Augsburg bekanntgemacht worden. Die Grundstücke des Klägers und das Baugrundstück liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.

Die vom Kläger am 24. Juni 2013 erhobene Klage mit dem Antrag, den Bauvorbescheid aufzuheben, wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 27. Juli 2016 ab. Laut den Entscheidungsgründen sei der teilunwirksame Bebauungsplan – wie zwischen den Beteiligten im Rahmen eines vorausgegangenen Rechtsstreits festgestellt worden sei – zwar hinsichtlich der Gebietsartfestsetzung als wirksam zu betrachten. Ein sog. Gebietserhaltungsanspruch des Klägers sei aber zu verneinen, weil das Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung vom einschlägigen Bebauungsplan i.V. mit §§ 8, 9 BauNVO 1968 gedeckt sei. Zur Überzeugung des Gerichts habe die Beweisaufnahme ergeben, dass das streitgegenständliche Vorhaben nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung, sondern vorwiegend der Versorgung der Standortgemeinde diene.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache sowie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht werden, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

Eine Baugenehmigung auf Basis des streitgegenständlichen Vorbescheids wurde bislang weder erteilt noch von der Beigeladenen beantragt. Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 22. November 2017 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darauf hingewiesen, dass die dreijährige Geltungsfrist des streitgegenständlichen Vorbescheids trotz der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage abgelaufen sein dürfte und dass deswegen das Rechtsschutzinteresse des Antrags auf Zulassung der Berufung zweifelhaft sei.

Diese Ansicht wird vom Beklagten (Schriftsatz vom 14. Dezember 2017) und von der Beigeladenen (Schriftsatz vom 10. Januar 2018) nicht geteilt; ähnlich wie bei der Erlöschensfrist einer Baugenehmigung (Art. 69 Abs. 1 BayBO) hemme die Einlegung eines Nachbarrechtsbehelfs den Lauf der Bindungsfrist.

Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 beim Landratsamt Augsburg (erstmals) beantragt, die Geltungsdauer des Bauvorbescheids rückwirkend um zwei Jahre zu verlängern sowie (hilfsweise) für diesen Verlängerungsantrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Entscheidungen des Senats vom 10. März 2015 in den vorausgegangenen Verfahren 15 ZB 13.2234 und 15 ZB 13.2248 Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, weil dem Kläger wegen Wegfalls der Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2012 – 9 ZB 11.1031 – juris Rn. 2; B.v. 24.4.2017 – 12 ZB 13.2094 – juris Rn. 24; OVG NRW, B.v. 27.6.2017 – 1 A 2292/16 – juris Rn. 2).

a) Gemäß Art. 71 Satz 2 BayBO gilt der Vorbescheid drei Jahre, soweit in ihm keine andere Frist bestimmt ist. Der Lauf der Geltungsfrist beginnt, sobald der Bescheid – mit Bekanntgabe an den Bauherrn – wirksam geworden ist (Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 71 Rn. 21), hier also mit der Zustellung an die Beigeladene am 21. Mai 2013. Da der streitgegenständliche Vorbescheid nicht gem. Art. 71 Satz 3 BayBO verlängert wurde, ist seine Geltungsfrist – und damit auch seine (für den Kläger belastende) Bindungswirkung – am 21. Mai 2016 (24:00 Uhr) abgelaufen. Wird alternativ auf den 23. Mai 2013 als Tag des Fristbeginns (Veröffentlichung im Amtsblatt) abgestellt, war Ablauf der Geltungsfrist jedenfalls spätestens am 23. Mai 2016 (24:00 Uhr).

b) Durch die Erhebung der Nachbaranfechtungsklage des Klägers am 24. Juni 2013 ist der Lauf der dreijährigen Geltungsdauer des Vorbescheides weder nach Bundesrecht (§ 80 Abs. 1 VwGO) noch nach Landesrecht (analog Art. 69 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO) gehemmt worden.

Der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat hierzu in einer grundlegenden Entscheidung (BayVGH, U.v. 15.3.2010 – 1 BV 08.3157) – noch zu Art. 75 BayBO 1998, allerdings bereits Bezug nehmend auf Art. 71 BayBO 2008 – eine Hemmung des Laufs der Geltungsfrist eines nach bayerischem Landesrecht ergangenen Bauvorbescheids im Fall einer Nachbaranfechtung verneint und hierzu Folgendes ausgeführt (Hervorhebung im Fettdruck nicht im Original):

„1. (…)

a) Die bundesrechtliche Regelung des § 80 Abs. 1 VwGO, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, führte nicht zu einer Hemmung des Laufs der Geltungsfrist.

Es kann dahinstehen, ob die Nachbarrechtsbehelfe gegen den Vorbescheid aufschiebende Wirkung hatten oder ob diese kraft Gesetzes ausgeschlossen war, weil § 212a Abs. 1 BauGB auch auf den Vorbescheid anzuwenden ist (Letzteres verneinend: BayVGH vom 1.4.1999 BayVBl 1999, 467 = NVwZ 1999, 1363; zum Meinungsstand vgl.: Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung 2008, Stand Oktober 2009, Art. 71 RdNr. 158). Eine aufschiebende Wirkung hätte jedenfalls nicht dazu geführt, dass der Fristlauf während der Dauer der Rechtsbehelfsverfahren gehemmt gewesen ist. Diese Folge wäre nur eingetreten, wenn man in Übereinstimmung mit der so genannten Wirksamkeitstheorie annehmen würde, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs zur vorübergehenden Unwirksamkeit des angefochtenen Verwaltungsakts führt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 80 RdNr. 22). Infolge der Unwirksamkeit würde dann auch eine gesetzliche Frist für die Geltung des Verwaltungsakts nicht laufen. Der Senat folgt jedoch der vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen (vgl. BVerwG vom 21.6.1961 BVerwGE 13, 1/5 = NJW 1962, 602 = BayVBl 1962, 85; vom 27.10.1982 BVerwGE 66, 218/221 = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 71), in den zitierten Entscheidungen näher begründeten so genannten Vollziehbarkeitstheorie, der zufolge die aufschiebende Wirkung lediglich die Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts hemmt (vgl. Kopp/Schenke a.a.O.). Die aufschiebende Wirkung soll als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes verhindern, dass durch die Vollziehung des noch nicht bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts vollendete Tatsachen geschaffen werden und dadurch ein effektiver Rechtsschutz vereitelt wird. Dem wird die Vollziehbarkeitstheorie auch bei einem Vorbescheid gerecht, obwohl die Suspendierung der Vollziehbarkeit bei ihm als nur feststellendem Verwaltungsakt, von dem nicht durch den Beginn der Bauausführung Gebrauch gemacht werden kann, nicht zum Tragen kommt. Wenn die Wirksamkeit des Vorbescheids von einer aufschiebenden Wirkung nicht berührt wird, ist zwar der Bauherr nicht gehindert, einen an den Vorbescheid anknüpfenden Bauantrag zu stellen (vgl. Jäde, BayVBl 2000, 314/315, Anm. zu BayVGH vom 29.11.1999 BayVBl 2000, 314); ferner ist die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Behörde auch an den noch nicht bestandskräftigen Vorbescheid gebunden, solange dessen Geltungsdauer nicht abgelaufen ist (BVerwG vom 17.3.1989 NVwZ 1989, 863; BayVGH vom 4.11.1996 BayVBl 1997, 314/342 = BRS 58 Nr. 151 [sog. relative Bestandskraft des Vorbescheids]). Hierdurch wird der Rechtsschutz eines Dritten aber nicht unzumutbar erschwert. Falls die Baugenehmigung erteilt wird, ist der Dritte lediglich gezwungen, auch diese anzufechten.

b) Der Lauf der Geltungsfrist des Vorbescheids wurde auch nicht durch Landesrecht gehemmt.

Anders als in vielen Bauordnungen anderer Länder und anders als in der Musterbauordnung 2002 (vgl. § 71 MBO 2002) ist die Frage, ob ein Rechtsbehelf den Lauf der Geltungsfrist einer baurechtlichen Genehmigung hemmt, in der Bayerischen Bauordnung ausdrücklich geregelt. Das Gesetz sieht eine Hemmung des Fristlaufs nur bei der Baugenehmigung und der Teilbaugenehmigung, nicht jedoch beim Vorbescheid vor. In der hier gemäß Art. 83 BayBO noch maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 1997 (GVBl S. 433) wird dies dadurch zum Ausdruck gebracht, dass Art. 75 Abs. 2 Halbsatz 1 BayBO 1998 zwar auf Art. 77 Abs. 2 BayBO 1998, nicht aber auf Art. 77 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 verweist, der bestimmt, dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs den Lauf der für eine Baugenehmigung geltenden Frist bis zu deren Unanfechtbarkeit hemmt. Diese „Nichtverweisung“ ist seit der Novellierung der Bayerischen Bauordnung durch das Gesetz vom 21. Juni 1982 (GVBl S. 513) geltendes Recht (vgl. Art. 75 Abs. 2, Art. 78 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1982, Art. 82 Abs. 2, Art. 84 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1994). Auch die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes hat hieran – trotz in der Literatur seit längerem geäußerter divergierender Rechtsansichten (vgl. Jäde a.a.O. sowie zur Darstellung des Meinungsstands: Decker a.a.O. Art. 71 RdNr. 126) – nichts geändert. Die neu den Vorbescheid regelnde Vorschrift des Art. 71 BayBO verweist zwar auf Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO, nicht aber auf Art. 69 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO, der Art. 77 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 entspricht.

Bei dieser unterschiedlichen Behandlung von Baugenehmigung und Vorbescheid hat sich der Gesetzgeber von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Es liegt nahe, dass die Geltungsfrist einer Baugenehmigung nicht läuft, solange der Bauherr durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gehindert ist, von der Genehmigung Gebrauch zu machen. Angesichts der für die Realisierung des Bauvorhabens erforderlichen, in aller Regel beträchtlichen Investitionen ist es darüber hinaus sachgerecht, dass der Bauherr erst dann durch den drohenden Ablauf der Geltungsdauer gezwungen sein soll, mit seinem Bauvorhaben zu beginnen, wenn die Genehmigung bestandskräftig ist und nicht schon dann, wenn er von der noch nicht bestandskräftigen Genehmigung mangels aufschiebender Wirkung des Rechtsbehelfs Gebrauch machen könnte (vgl. VGH BW vom 25.3.1999 NVwZ-RR 2000, 485 = BRS 62 Nr. 169). Wohl aus diesem Grund sah sich bereits der Gesetzgeber der Bayerischen Bauordnung vom 1. August 1962 (GVBl S. 179) veranlasst, den im damaligen Gesetzentwurf der Staatsregierung für die Geltungsdauer der Baugenehmigung vorgesehenen Fristbeginn ab Zustellung in einen Fristbeginn ab Unanfechtbarkeit zu ändern (vgl. Verhandlungen des Bayerischen Landtags, IV. Wahlperiode, Beilage 3068, S. 66 f.). Demgegenüber kann der Bauherr von einem Vorbescheid stets Gebrauch machen, indem er eine an ihn anknüpfende Baugenehmigung beantragt (vgl. 1. a). Die Aufwendungen für den Bauantrag sind regelmäßig erheblich geringer als diejenigen für die Realisierung des Bauvorhabens. Zudem ist die Behörde, worauf gleichfalls bereits unter 1. a hingewiesen wurde, im Baugenehmigungsverfahren auch im Fall einer Anfechtung durch einen Dritten an den Vorbescheid gebunden.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die unterschiedliche Behandlung von Baugenehmigung und Vorbescheid (entgegen Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: April 2008, Art. 71 RdNr. 56) nicht auf einem - durch eine entsprechende Anwendung von Art. 77 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 bzw. Art. 69 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO zu korrigierenden - Redaktionsversehen beruht, und keine (auf mangelndem Problembewusstsein des Gesetzgebers beruhende) ungewollte Regelungslücke vorliegt. Angesichts des dargelegten begrenzten wirtschaftlichen Risikos erscheint auch die Einreichung eines Bauantrags während eines gegen den Vorbescheid laufenden Rechtsbehelfsverfahrens (entgegen Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiss, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Juli 2008, Art. 71 RdNr. 51 [unter Hinweis auf SächsOVG vom 2.10.1997 LKV 1998, 202]) nicht unzumutbar. Dass sich de lege ferenda Gründe für eine Gleichbehandlung von Baugenehmigung und Vorbescheid bei der hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage finden lassen (vgl. ausführlich: Decker a.a.O. RdNr. 127), wird nicht in Abrede gestellt; das darf aber nicht dazu führen, sich über den klar geäußerten Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen.

Ob es nach der bis zum 1. September 1982 maßgeblichen Rechtslage gerechtfertigt war, die für die Baugenehmigung getroffene Regelung auf den Vorbescheid zu übertragen (so jeweils ohne nähere Begründung: BayVGH vom 15.5.1972 VGH n.F. 25, 88; vom 19.1.1968 BayVBl 1969, 175 und vom 3.3.1967 – 19 I 67 [nicht veröffentlicht]), kann dahinstehen. Denn die aktuelle Rechtslage unterscheidet sich erheblich von derjenigen, die bis 1982 gegolten hat. Nach Art. 95 Abs. 1 BayBO 1962 erlosch die Baugenehmigung, wenn zwei Jahre nach ihrer Unanfechtbarkeit mit der Ausführungsvorhabens nicht begonnen oder die Bauausführung ein Jahr unterbrochen worden war. Entsprechendes galt nach Art. 95 Abs. 1 BayBO in der Fassung vom 21. August 1969 (GVBl S. 263). Erst mit der Bayerischen Bauordnung 1982 wurde die Hemmung des Fristlaufs bei der Einlegung eines Rechtsbehelfs eingeführt und als eigener, speziell zitier- und verweisungsfähiger Halbsatz in den die Geltungsdauer der Baugenehmigung regelnden Artikel aufgenommen.“

Es gibt keinen Grund, von dieser – überzeugenden – Rechtsansicht abzuweichen. Der Senat setzt daher die Rechtsprechung des 1. Senats zur früheren Regelung des Art. 75 BayBO 1998 für die im vorliegenden Fall einschlägige Nachfolgeregelung des Art. 71 BayBO 2008 fort (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 14.10.2010 – W 4 K 09.829 – juris Rn. 41 ff.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 71 Rn. 22; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Sept. 2017, Art. 71 Rn. 51; Jäde, BayVBl. 2000, 314/315; anderer Ansicht: Molodovsky in Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand Sept. 2017, Art. 71 Rn. 56; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Nov. 2017, Art. 71 Rn. 126 ff.). Wie in der vorgenannten Entscheidung vom 15. März 2010 hervorgehoben, spricht die aktuelle Rechtslage des bayerischen Landesrechts, wonach in Art. 71 Satz 4 ganz speziell auf Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO (Möglichkeit der rückwirkenden Fristverlängerung bei rechtzeitiger Antragstellung vor Fristablauf) und gerade nicht auf Art. 69 Abs. 1 (Halbs. 2) BayBO verweist, im Vergleich zur Rechtslage nach der BayBO 1998 sogar noch deutlicher gegen ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen bzw. eine unbewusste Rechtslücke und damit gegen eine analoge Anwendbarkeit des Art. 69 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO. Auf die Rechtslage in Sachsen (auf die die Beigeladene Bezug genommen hat) oder in anderen Bundesländern kommt es nicht an. Die von der Beigeladenen und dem Beklagten aufgezeigten praktischen Konsequenzen einer im Falle nachbarlicher Anfechtung schnell entfallenden Bindungswirkung des Bauvorbescheids sind aus rechtspolitischer Sicht vom Landesgesetzgeber, der auch nach der Entscheidung des 1. Senats vom 15. März 2010 keinen Anlass zu einer Korrektur des Art. 71 Satz 4 BayBO gesehen hat, offensichtlich gewollt und deshalb von den Gerichten mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz sowie den Grundsatz der Gesetzbindung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 97 Abs. 1 GG) zu respektieren.

c) Aufgrund des Ablaufs der Geltungsdauer vermag der Bauvorbescheid vom 14. Mai 2013 keine Bindungswirkung mehr zu entfalten. Er hat sich durch Zeitablauf erledigt und hat damit gegenüber dem Kläger keine belastende Wirkung mehr. Damit fehlt dem Kläger mangels Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Es ist nicht erkennbar, inwieweit ein Erfolg des Klägers in einem Berufungsverfahren dessen Rechtsstellung überhaupt noch verbessern könnte.

d) Der Umstand, dass dem vormaligen Verfahren zwischen denselben Parteien, das mit der Entscheidung BayVGH, B.v. 10.3.2015 – 15 ZB 13.2234 – endete, ebenfalls auch ein Bauvorbescheid (vom 24. Februar 2011) zugrunde lag, dessen Geltungsfrist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag wohl bereits abgelaufen war, ändert an der vorstehenden Bewertung nichts. Der Senat hatte seinerzeit den Antrag auf Zulassung der Berufung der Beigeladenen gegen das stattgebende (den Bauvorbescheid aufhebende) erstinstanzliche Urteil anhand der vorgebrachten Einwendungen mit jeweils denselben Erwägungen wie im Parallelverfahren 15 ZB 13.2234 (dort: Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das die Baugenehmigung aufhebende erstinstanzliche Urteil) als unbegründet abgelehnt. Auf die Frage, ob der Senat den damaligen Antrag des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung auch wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses hätte ablehnen können (weil während des Zulassungsverfahrens die Bindungsfrist ablief und damit der nicht verlängerte – und damit erledigte – Bauvorbescheid vom 24. Februar 2011 im Falle des Erfolgs des Beigeladenen in einem Berufungsverfahrens nicht wieder hätte „aufleben“ können), kommt es vorliegend nicht an. Unabhängig davon, dass dies weder von den Beteiligten des damaligen Zulassungsverfahrens noch vom verfahrensbeendenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs thematisiert wurde (sodass hieraus im Übrigen nicht auf eine Abkehr des Senats von der Entscheidung vom 15. März 2010 geschlossen werden kann), ging es in dem Verfahren 15 ZB 13.2234 um einen anderen Vorbescheid und damit um einen anderen Streitgegenstand als vorliegend, sodass sich auch unter dem Blickwinkel der materiellen Rechtskraft (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 9 ff.) keine präjudizielle Bindung für die Entscheidung über den hier gegenständlichen Antrag auf Zulassung der Berufung ergeben kann.

e) Dass die Beigeladene zwischenzeitlich mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 beim Landratsamt Augsburg einen Antrag gestellt hat, die Geltungsdauer des streitgegenständlichen Bauvorbescheids vom 14. Mai 2013 rückwirkend um zwei Jahre zu verlängern sowie (hilfsweise) für diesen Verlängerungsantrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, vermag das Rechtsschutzinteresse des Klägers am Zulassungsantrag nicht wiederaufleben zu lassen. Es würde sich schon die Frage stellen, ob der tatsächliche Erlass eines Verlängerungsbescheids der Erledigung des gegen den Ausgangsvorbescheid gerichteten gerichtlichen Verfahrens entgegenstünde. Denn eine solche Verlängerungsentscheidung stellt in der Sache eine (neu anfechtbare) Neuentscheidung über den Vorbescheid dar, für die zwar Verfahrenserleichterungen gelten (Verzicht auf einen neuen Vorbescheidsantrag), für die aber – ohne Bindung an die Ersterteilung – die tatbestandlichen Erteilungsvoraussetzungen erneut von der Behörde zu prüfen sind, wobei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung maßgeblich ist (vgl. – jeweils m.w.N.: Molodovsky in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Art. 71 Rn. 61: Jäde in Jäde/Dirnberger/ Bauer, Die neue BayBO, Art. 71 Rn. 55; Schwarzer/König, BayBO, Art. 71 Rn. 25; Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 71 Rn. 139 ff.). Unabhängig davon wäre eine rückwirkende Vorbescheidsverlängerung unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 32 BayVwVfG nach Ansicht des Senats vorliegend nicht zulässig: Gemäß Art. 71 Satz 3, Satz 4 i.V. mit Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO kann die Bindungsfrist grundsätzlich nur dann rückwirkend verlängert werden, wenn der Antrag vor Fristablauf bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen ist (vgl. auch Schwarzer/König a.a.O. Rn. 25; Jäde a.a.O. Rn. 54; Molodovsky a.a.O. Rn. 59 ff.; Decker a.a.O. Rn. 134). Am 11. Dezember 2017 war die Frist aber schon seit mehr als 18 Monaten abgelaufen. Zwar wird für einen verspätet gestellten (ersten) Verlängerungsantrag bei Geltung der gesetzlichen Dreijahresfrist (wie vorliegend) vertreten, dass nach Maßgabe des Art. 32 BayVwVfG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann (vgl. Molodovsky a.a.O. Art. 71 Rn. 60; Decker a.a.O. Art. 71 Rn. 136), jedoch müssen dafür auch die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Beigeladene hinsichtlich des Fristversäumnisses ein Verschulden trifft (Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG). Jedenfalls kann gem. Art. 32 Abs. 3 BayVwVfG nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Da die Geltungsdauer des streitgegenständlichen Vorbescheids schon im Mai 2016 ablief, der Wiedereinsetzungsantrag aber erst unter dem 11. Dezember 2017 gestellt wurde, ist die Jahresfrist abgelaufen. Dass „höhere Gewalt“ (zum Begriff vgl. z.B. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 32 Rn. 57) eine vorherige Antragstellung binnen Jahresfrist unmöglich gemacht hat, wurde weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, wie die Wiedereinsetzung rechtmäßig auf der Grundlage des Art. 32 BayVwVfG durch den Beklagten gewährt werden kann. Eine sog. Nachsichtgewährung sieht Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG nur für Fristen vor, die „von einer Behörde gesetzt“ sind (so für den Fall eines zweiten oder weiteren Verlängerungsantrags gem. Art. 71 Satz 3 BayBO vgl. Molodovsky a.a.O. Art. 71 Rn. 60; Decker a.a.O. Art. 71 Rn. 136; vgl. insofern auch BayVGH, B.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl. 2000, 20). Sollte das Landratsamt dennoch (rechtswidrig) Wiedereinsetzung gewähren, stünde dem Kläger gegen die (rückwirkende) Verlängerungsentscheidung im Übrigen erneut die Möglichkeit einer Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht gegen den Verlängerungsbescheid zu.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich, zumal die von der Beigeladenenseite im Zulassungsverfahren vorgebrachten Argumente nicht in die tragenden Erwägungen der vorliegenden Entscheidung des Senats eingeflossen sind. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31.8.2015 wird geändert. Der Antrag zu 1. der Antragstellerin wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Beigeladenen wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die Hälfte der Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind; die weitere Hälfte der Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens trägt die Beigeladene.

Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 6.000,00 Euro festgesetzt.


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Nachbar gegen die unter Befreiungen von Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans der Beigeladenen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2015 erteilte Baugenehmigung für den „Neubau eines Büro- und Geschäftshauses mit Großgarage“ auf FlNr. ... und FlNr. ... der Gemarkung ... (Baugrundstück). Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 21. Oktober 2000 bekannt gemachten Bebauungsplans „...“, der für das Baugrundstück eine gewerbliche Nutzung mit Einschränkungen gem. § 8 BauNVO festsetzt. Nach den genehmigten Planunterlagen soll längs der Südseite des Baugrundstücks entlang der E.-straße das neue „Büro- und Geschäftshaus“ mit unterschiedlichen Nutzungseinheiten entstehen. Von der Baugenehmigung ebenso umfasst sind ein nördlich des Gebäudes vorgesehener Außenparkplatz mit 76 Stellplätzen sowie eine Tiefgarage mit drei Einheiten und insgesamt 125 Stellplätzen im Untergeschoss. Die Zufahrt zu den Tiefgarageneinheiten 1 (24 Stellplätze) und 2 (76 Stellplätze) erfolgt nach den genehmigten Bauvorlagen unmittelbar über die E.-straße. Die Abfahrt aus diesen beiden Tiefgarageneinheiten ist über eine Planstraße westlich des neuen Gebäudes vorgesehen. Dort befindet sich auch die Zu- und Abfahrt für die Tiefgarageneinheit 3 (25 Stellplätze).

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ..., das südöstlich der auf dem Baugrundstück vorgesehenen Zufahrt für die Tiefgarageneinheiten 1 und 2 auf der gegenüberliegenden Seite der E.-straße und außerhalb des vorgenannten Bebauungsplans liegt. Laut den unbestrittenen Angaben auf Seite 4 einer in den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts befindlichen schalltechnische Untersuchung vom 25. Mai 2016 (hierzu s.u.) liegt das Grundstück des Antragstellers im Geltungsbereich eines Baulinienplans aus dem Jahr 1928, der keine Gebietsartfestsetzung getroffen hat. Der Antragsteller befürchtet unzumutbare, mit dem Rücksichtnahmegebot unvereinbare Lärmimmissionen aufgrund des durch das Vorhaben ausgelösten Parkverkehrs.

Am 28. Dezember 2015 erhob der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 25. November 2015. Im laufenden Klageverfahren legte die Antragsgegnerin die von der Beigeladenen in Auftrag gegebene schalltechnische Untersuchung der ... vom 25. Mai 2016 vor. Diese geht hinsichtlich der Gebietseinstufung des Grundstücks des Antragstellers in Übereinstimmung mit der Festsetzung im Flächennutzungsplan von einem (faktischen) Mischgebiet aus und kommt zu dem Ergebnis, die vom streitgegenständlichen Objekt ausgehende Immissionszusatzbelastung (ohne Berücksichtigung der Vorbelastung) sei für den Antragsteller nicht als relevant im Sinne der TA Lärm anzusehen. Diese unterschreite im ungünstigsten Geschoss auf seinem Grundstück sowohl am Tag als auch nachts den Immissionsrichtwert der TA Lärm für ein Mischgebiet um mindestens bzw. mehr als 10 dB(A). Auch hinsichtlich kurzzeitiger Geräuschspitzen sei das Vorhaben unproblematisch. Der zu prognostizierende Zusatzverkehr mache ferner keine Maßnahmen organisatorischer Art zur Minderung des Straßenlärms erforderlich.

Unter dem 14. Juni 2016 erließ die Antragsgegnerin einen Ergänzungsbescheid zur Baugenehmigung, wonach die schalltechnische Untersuchung vom 25. Mai 2016 die Auflagen des Ausgangsbescheids in Bezug auf schallschutztechnische Erfordernisse ergänze. Die schalltechnische Untersuchung gelte als Nachweis der Einhaltung der Anforderungen der TA Lärm. Alle darin getroffenen Angaben zur Stellplatzanzahl auf dem ebenerdigen Parkplatz und in den Tiefgaragen sowie zu deren Entlüftung seien in der Bauausführung zu beachten.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 11. Juli 2016 Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. August 2016 wurden beide Klagen, über die - soweit nach Aktenlage ersichtlich - noch nicht entschieden wurde, zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden.

Der Antragsteller legte dem Verwaltungsgericht eine von ihm in Auftrag gegebene gutachterliche Stellungnahme der ... GmbH vom 8. Juli 2016 vor, die sich unter Ansatz abweichender Fahrbewegungen für die Parkvorgänge sowie unter der Annahme, dass für das Grundstück des Antragstellers die Immissionsrichtwerte der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete heranzuziehen seien, kritisch mit der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 auseinandersetzt. U. a. seien bei dem Ansatz von Fahrbewegungen auch mögliche gastronomische Nutzungen im geplanten Büro- und Geschäftshaus in Rechnung zu stellen. Bei der Lärmprognose seien zudem Parkstreifen im öffentlichen Straßenbereich der E.-straße gegenüber dem Anwesen des Antragstellers zu berücksichtigen. Dadurch sei etwa ein mögliches Türenschlagen (Spitzenpegel) auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Antragstellers unbeachtet geblieben, welches im Nachtzeitraum zu einer deutlichen Überschreitung des Spitzenpegelkriteriums führe. Insbesondere der Nachtbetrieb sei auf allen Parkflächen mit einer zu geringen Stellplatzfrequentierung angenommen worden. Die Untersuchung vom 25. Mai 2016 habe die Belange des Schallschutzes nicht angemessen berücksichtigt.

Mit Beschluss vom 4. August 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den im Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 28. Dezember 2015 und 1. Juli 2016 erhobenen Anfechtungsklagen anzuordnen, ab.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt,

(1) den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. August 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage(n) gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. November 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 14. Juni 2016 anzuordnen sowie

(2) der Beigeladenen einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung des Senats über die Beschwerde aufzugeben, die weitere Bauausführung zu unterlassen, bzw. der Antragsgegnerin aufzugeben, durch für sofort vollziehbar erklärte Verfügung die Bauarbeiten der Beigeladenen bis zur Beschwerdeentscheidung stillzulegen (Hängebeschluss).

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen sowie den Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung (Hängebeschluss) abzulehnen.

Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2016, zu dessen Inhalt im Einzelnen auf die Gerichtsakten verwiesen wird, erläuterte die Antragsgegnerin einzelne Aspekte der künftigen Nutzung des geplanten Büro- und Geschäftshauses, des Außenparkplatzes sowie der drei Tiefgarageneinheiten und kündigte an, diverse Einzelfragen zur inhaltlichen und zeitlichen Nutzung des Objekts durch nachträgliche Regelung zum Gegenstand der Baugenehmigung zu machen. U. a. wurde zugesichert, die seitens der Beigeladenen angegebene Betriebszeit (nur während der Tagzeit von 6:00 bis 22:00 Uhr) in die Baugenehmigung aufzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Die vom Antragsteller innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Zugrundelegung des für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgebenden Beschwerdevorbringens sind die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage(n) zwar entgegen der Bewertung des Verwaltungsgerichts als offen einzuschätzen (1.). Die demnach vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt aber dennoch zugunsten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen und zulasten des Antragstellers aus (2.).

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann nicht bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt sicher prognostiziert werden, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 25. November 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 14. Juni 2016 nicht gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers als Grundstücksnachbarn dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; zur sog. Schutznormtheorie vgl. z. B. BayVGH, B. v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 14; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m. w. N.).

Den vorgelegten Akten und dem Vortrag der Beteiligten lässt sich nach summarischer Prüfung nicht eindeutig entnehmen, ob das genehmigte Vorhaben hinsichtlich des ihm nach Maßgabe der angefochtenen Baugenehmigung zuzurechnenden Park-lärms gegenüber dem Antragsteller hinreichend Rücksicht nimmt. Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend entweder über § 30 Abs. 1 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 BauNVO oder über § 31 Abs. 2 BauGB („Würdigung nachbarlicher Interessen“) Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet, kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z. B. BVerwG v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m. w. N.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff. = juris Rn. 33; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328 ff. = juris Rn. 22; BayVGH, B. v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 4 m.w.N).

Ob das Bauvorhaben nach diesem Maßstab aus den mit der Beschwerde geltend gemachten Gründen voraussichtlich den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots gegenüber dem Antragsteller genügt, bedarf - trotz der Ergebnisse schalltechnischen Untersuchung der ... vom 25. Mai 2016 [vgl. im Folgenden unter a)] - vorliegend weiterer Ermittlungen zur Lärmbelastung [s.u. b)]. Diese sind nicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorzunehmen, sondern müssen dem derzeit beim Verwaltungsgericht anhängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

a) Nach den Berechnungsergebnissen der von der Antragsgegnerin vorgelegten schalltechnischen Untersuchung der ... vom 25. Mai 2016 würden von der genehmigten Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen für das Antragstellergrundstück ausgehen. Die vom streitgegenständlichen Vorhaben ausgehende Nutzung würde auf dem Antragstellergrundstück zu einer Zusatzbelastung führen, die nach den Vorgaben der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm in der Fassung vom 26. August 1998 (TA Lärm) als nicht relevant anzusehen wäre. Hiernach wäre das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber dem Antragsteller hinsichtlich der Lärmbelastung nicht verletzt.

aa) Für die Beurteilung der betriebsbedingten Lärmimmissionen des zugelassenen Vorhabens sind die Vorgaben der TA Lärm maßgeblich. Als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift kommt der TA Lärm, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept der TA-Lärm nur insoweit Raum, als diese Verwaltungsvorschrift selbst durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume belässt (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18 m. w. N.; BayVGH, B. v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624 - juris Rn. 10).

bb) Nach Aktenlage erscheint - entgegen dem Vorbringen des Antragstellers - der Ansatz von Mischgebietswerten bei der Lärmprognose und Lärmbeurteilung naheliegend. In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass insoweit die zu erwartenden Beurteilungspegel für den Tageszeitraum mit einem Immissionsrichtwert von 60 dB(A) und für den Nachtzeitraum mit einem Wert von 45 dB(A) zu vergleichen sind (Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA-Lärm) und dass die entsprechenden Begrenzungen für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen gelten (Nr. 6.1 Satz 2 TA-Lärm).

Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass sich nordöstlich, östlich und südöstlich seines Grundstücks ausschließlich Wohngebäude mit größeren Grünflächen befänden, die für den Charakter eines Allgemeinen Wohngebiets (WA) für diesen Bereich sprächen, erscheint es zwar auch unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin vorgelegten Lageplans mit Nutzungsbeschreibungen (Bl. 167 der Gerichtsakte RO 7 S 16.914, Anlage 5 zum Schriftsatz vom 4.8.2016) nicht eindeutig, ob die gewerblich genutzten Flächen unmittelbar im Westen (FlNr. ...) sowie weiter östlich (FlNr. ...) nach Maßgabe von § 34 Abs. 1 BauGB räumlich demselben Ortsteil zuzuordnen sind wie das Antragstellergrundstück und in welcher Weise diese gewerblichen Nutzungen die zwischen ihnen befindlichen (wohl vorwiegend Wohn-) Grundstücke bauplanungsrechtlich prägen. Dies ließe sich - im Hauptsacheverfahren - letztlich sicher nur durch einen Augenschein klären.

Sollte das Grundstück tatsächlich nicht in einem (faktischen) Mischgebiet, sondern in einem (faktischen) allgemeinen Wohngebiet (§ 4 BauNVO) gelegen sein, würden an sich gem. Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) (tags) und 40 dB(A) (nachts) Geltung beanspruchen. Der Senat hält es aber im Eilverfahren dennoch für sachgerecht, im vorliegenden Fall mit Mischgebietswerten als sog. Zwischenwerten zu operieren: Gemäß Nr. 6.7 TA Lärm können, wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geräuschauswirkungen vergleichbar genutzte und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionsrichtwerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sollen dabei nicht überschritten werden. Ob und in welcher Höhe ein Zwischenwert gebildet werden kann, ist allerdings erst nach einer genaueren Prüfung festzustellen. Dafür ist gem. Nr. 6.7. Abs. 2 TA Lärm die konkrete Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets maßgeblich, wobei wesentliche Kriterien die Prägung des Einwirkungsgebiets durch den Umfang der Wohnbebauung einerseits und durch Gewerbe- und Industriebetriebe andererseits, die Ortsüblichkeit eines Geräuschs und die Frage, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde, sind.

All dies kann im Eilverfahren nicht gänzlich abschließend geklärt werden (vgl. BayVGH, B. v. 1.12.2011 - 2 CS 11.2229 - juris Rn. 23). Auch wenn bei der Zwischenwertbildung nicht zwangsläufig im Sinne einer mathematischen Interpolation bzw. der Bildung eines arithmetischen Mittels auf die zwischen zwei betroffenen Gebietsarten liegende Gebietsartkategorie abzustellen ist (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.2010 - 7 B 4.10 - NVwZ 2011, 433 ff. = juris Rn. 32; B. v. 12.9.2007 - 7 B 24.07 - juris Rn. 4; B. v. 29.10.1984 - 7 B 149/84 - NVwZ 1985, 186 f. = juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 30.12.2008 - 1 CS 08.1724 - juris Rn. 30), hält der Senat aufgrund der folgenden Überlegungen und unter Hinweis auf die im Eilverfahren begrenzten summarischen Prüfungsmöglichkeiten den Ansatz von Mischgebietswerten im vorliegenden Fall jedenfalls nicht für neben der Sache liegend: Das Grundstück des Antragstellers befindet sich in einer Randlage und grenzt zum einen unmittelbar auf seiner westlichen Seite an einen großen gewerblich genutzten Gebäudekomplex auf FlNr. ... Des Weiteren grenzt das Grundstück des Antragstellers nach Norden hin - nur durch die E.-straße getrennt - unmittelbar an das Baugrundstück, für das der Bebauungsplan „...“ eine gewerbliche Nutzung nach Maßgabe von § 8 BauNVO festsetzt. Der Senat legt im Verfahren gem. § 146 i.V. mit § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 VwGO die Wirksamkeit dieser Gebietsartfestsetzung des Bebauungsplans zugrunde, zumal der Antragsteller hiergegen im Beschwerdeverfahren nichts vorgebracht hat. Schließlich befinden sich nach Maßgabe des von der Antragsgegnerin vorgelegten beschrifteten Lageplans nordöstlich gegenüber dem Antragstellergrundstück (östlich angrenzend an den Geltungsbereich des vorgenannten Bebauungsplans) weitere gewerbliche Nutzungen.

Hiernach wird mithin das Grundstück des Antragstellers unmittelbar von zwei Seiten (westlich und nördlich) sowie auch im nordöstlichen Nahbereich durch gewerbliche Nutzungen vorgeprägt. Vor dem Hintergrund einer gewerblichen Vorprägung aus mehreren Richtungen im unmittelbaren Nahbereich und unter Berücksichtigung des nördlich unmittelbar angrenzenden Geltungsbereichs eines Bebauungsplans mit Nutzungsfestsetzung gem. § 8 BauNVO, für den Nr. 6.1 Buchst. b TA Lärm Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) (tags) und 50 dB(A) (nachts) vorsieht, erscheint für den Fall, dass der Ortsteil mit dem Antragstellergrundstück als allgemeines Wohngebiet einzustufen ist, als maßgeblicher Immissionsrichtwert ein Zwischenwert (Nr. 6.7 TA Lärm), der sich an Mischgebietswerten orientiert, nachvollziehbar. Wegen der Nähe zu den genannten gewerblich genutzten Grundstücken dürfte sich das Wohngebäude des Antragstellers - kleinräumig betrachtet - jedenfalls in einer einem Mischgebiet vergleichbaren Situation befinden (vgl. auch BayVGH, B. v. 25.10.2016 - 1 CS 10.1907 - juris Rn. 33 f.; OVG NW, B. v. 8.8.2013 - 7 B 570/13 - juris Rn. 15 ff.). Der Antragsteller hat im Übrigen im Beschwerdeverfahren nichts Substanziiertes dazu vorgetragen, warum die Schutzwürdigkeit seines Grundstücks trotz der von ihm selbst vorgenommenen Gebietseinstufung als allgemeines Wohngebiet und trotz der unmittelbar angrenzenden gewerblichen Nutzungen von zwei Seiten höher sein soll als bei einem Mischgebiet. Aufgrund der genannten Vorbelastung erscheint es daher sachgerecht, für das Antragstellergrundstück die nach der TA Lärm zwischen den entsprechenden Werten für Gewerbegebiete und allgemeinen Wohngebieten liegenden Immissionsrichtwerte für Mischgebiete gem. Nr. 6.1 Buchst. c TA Lärm anzuwenden. Keine Anwendung findet dann im Übrigen die in Nr. 6.5 TA Lärm vorgesehenen Zuschläge von 6 dB(A) für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit. Denn diese beanspruchen nur Geltung für Gebiete nach Nr. 6.1 Buchstaben d bis f TA Lärm.

cc) Der Einwand des Antragstellers, der Parkstreifen mit acht Stellplätzen im öffentlichen Straßenraum in der E.-straße (unmittelbar an dem geplanten Gebäude und gegenüber dem Antragstellergrundstück) sei bei der Lärmprognose zu berücksichtigen, da dieser bei realistischer Betrachtung ausschließlich oder jedenfalls vorwiegend von den Kunden und Besuchern des streitgegenständlichen Bauvorhabens genutzt werde, überzeugt nicht.

Bei der immissionsschutzrechtlichen Bewertung von Gewerbelärm sind - vorbehaltlich der Sonderfälle, in denen eine Gesamtlärmbelastung entsteht, die die verfassungsrechtliche Schwelle zur Gesundheitsgefährdung oder zu Eingriffen in die Substanz des Eigentums überschreitet (BVerwG, U. v. 13.5.2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 ff. = juris Rn. 69; B. v. 24.11.2010 - 4 BN 28.10 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624 - juris Rn. 17 m. w. N.) - keine Summenpegel aus Gewerbelärm (hier: Parklärm) und Straßenverkehr zu bilden (Nr. 2.4 Abs. 3, Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 TA Lärm; BayVGH, B. v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624 - juris Rn. 10, 17 m. w. N.). In Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3 TA Lärm ist ausdrücklich vorgesehen, dass für Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen die Absätze 2 bis 4 der Nr. 7.4 TA Lärm gelten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werden Verkehrsgeräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen nur und ausschließlich nach der Sonderregelung in Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm und damit in eingeschränkter Form zugerechnet. Mit dieser Regelung wurde für die Berücksichtigung von Verkehrslärm eine klare, nicht auf Ergänzung angelegte Regelung geschaffen, die die Gerichte bindet, und eine weitergehende Zurechnung ausgeschlossen (BVerwG, B. v. 8.1.2013 - 4 B 23.12 - ZfBR 2013, 739 = juris Rn. 5; ebenso die Vorinstanz OVG NW, U. v. 9.3.2012 - 2 A 1626/10 - DVBl. 2012, 847 ff. = juris Rn. 89 ff.). Das muss nach der Klarstellung in Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3 TA Lärm auch für die Nutzung von Parkflächen im öffentlichen Verkehrsraum gelten, wenn die Parkvorgänge der Nutzung der zu beurteilenden Anlage dienen. Die Entscheidung BVerwG, U. v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - NVwZ 1999, 523 ff., in der für betriebsbezogenen Parklärm auf öffentlichen Straßenkörpern Abweichendes erwogen wurde (vgl. juris Rn. 37), ist ergangen, bevor die TA Lärm in ihrer heutigen Fassung in Kraft trat (vgl. OVG NW, U. v. 9.3.2012 a. a. O. juris Rn. 94 ff.). Anderes kann - wie z. B. für Be- und Entladevorgänge - gelten, wenn von Fahrzeugen ausgehender Lärm nicht mehr unter den Begriff der Verkehrsgeräusche fällt. Die von Parkvorgängen ausgehenden Geräusche liegen hingegen im Spektrum des Verkehrslärms, der vom Vorbehalt der Nr. 7.4 Abs. 1 Satz 3 TA Lärm umfasst ist (vgl. OVG NW, U. v. 9.3.2012 a. a. O. juris Rn. 93). Sollte daher ein (bestehender) öffentlicher Parkplatz im öffentlichen Straßenverkehrsraum künftig (faktisch) überwiegend von Mitarbeitern, Besuchern und Kunden einer geplanten Anlage genutzt werden, so stellt dies mit Blick auf die Regelung der Nr. 7.4 TA Lärm und der Bedeutung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift (s.o.) keinen Grund dar, hiervon abzuweichen und diese Parkfläche in der Lärmprognose für das geplante Vorhaben wie einen privaten, dem Vorhaben zuzurechnenden Parkplatz anzusehen (a.A. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck aus Feldhaus, BImSchR-Kommentar, 2014, Nr. 7.4 Rn. 41 a.E.). Die Antragsgegnerin weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass die vom Antragsteller zitierte Passage aus der Parkplatzlärmstudie (Bayerisches Landesamt für Umwelt, Parkplatzlärmstudie, 6. Aufl. 2007, S. 85 [nicht - wie in der Beschwerdebegründung angegeben - S. 69]) eine ganz andere Fallgestaltung, nämlich die Frage des Ansatzes von Fahrbewegungen auf einem nichtöffentlichen Parkplatz eines Einkaufszentrums (differenziert nach der Nähe zum Eingang), betrifft.

Infolge dessen kann eine Unzumutbarkeit der Lärmbelastung und damit eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots - unabhängig davon, dass in der vom Antragsteller beauftragten gutachterlichen Stellungnahme der ... GmbH vom 8. Juli 2016 mit Immissionsrichtwerten für allgemeine Wohngebiete gerechnet wurde - insbesondere nicht damit begründet werden, dass es durch ein (nächtliches) Türeschlagen auf diesen öffentlichen Parkplätzen zu Geräuschspitzen komme, die das Spitzenpegelkriterium der TA Lärm in der Nacht überschritten.

Soweit der Antragsteller in seinem ergänzenden Schriftsatz vom 9. November 2016 in diesem Zusammenhang (einen gerichtlichen Hinweis aufnehmend) erstmals darauf abstellt, es seien zur Wahrung seiner Nachbarrechte Lärmminderungsmaßnahmen gemäß Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm geboten und dass deshalb jedenfalls bis zur Nachholung durch eine ergänzende Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung die weitere Vollziehung des streitgegenständlichen Genehmigungsbescheids auszusetzen sei, kann er damit aufgrund verspäteten Vorbringens im Beschwerdeverfahren nicht gehört werden. Im Verfahren einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, andere als die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe zu prüfen, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO (BayVGH, B. v. 12.7.2010 - 14 CS 10.327 - juris Rn. 22). Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde zudem innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Insofern unterliegt ein Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren der Obliegenheit, die tragenden Beschwerdegründe rechtzeitig, d. h. fristgemäß vorzutragen.

Der Vortrag des Antragstellers zur Anwendung der Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm ist hingegen erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erfolgt und damit nach dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Senats nicht zu berücksichtigen. Da dem Bevollmächtigten des Antragstellers der mit der Beschwerde angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. August 2016 laut Empfangsbekenntnis am 17. August 2016 zugestellt und mithin ihm an diesem Tag bekanntgemacht wurde, erfolgte der im Schriftsatz vom 9. November 2016 enthaltene neue Vortrag nicht fristgemäß. Ob die Voraussetzungen der Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm vorliegen (hierzu z. B. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck aus Feldhaus, BImSchR-Kommentar, 2014, Nr. 7.4 Rn. 43) und deshalb eine Lärmminderungspflicht durch Maßnahmen organisatorischer Art besteht (zu den denkbaren Maßnahmen vgl. Feldhaus/Tegeder a. a. O. Rn. 51), betrifft auch in nachbarschutzrechtlicher Hinsicht eine ganz andere Frage als den in der ursprünglichen Beschwerdebegründung vom 1. September 2009 erhobenen Vorwurf, die Lärmprognose sei wegen zu niedrig ermittelter Beurteilungspegel am Immissionsort (keine Berücksichtigung von Lärmbeiträgen aus der Nutzung der Parkflächen im öffentlichen Straßenraum) falsch. Das Vorbringen enthält damit im Vergleich zur rechtzeitigen ursprünglichen Beschwerdebegründung ein qualitativ neues Vorbringen, welches über eine bloße - und zulässige - Ergänzung oder Vertiefung der fristgerecht geltend gemachten Beschwerdegründe hinausgeht (vgl. BayVGH, B. v. 22.1.2013 - 15 CS 12.2005 - juris Rn. 19 m. w. N.). Der Vortrag neuer oder bisher nicht ausreichend dargelegter Beschwerdegründe - und seien es auch „nur“ weitere als die bereits ausgeführten Beschwerdegründe - ist nach Fristablauf nicht mehr möglich und wird grundsätzlich nicht mehr gehört (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2010 - 1 CS 10.1907 - juris Rn. 14 ff.; B. v. 21.7.2016 - 15 CE 16.1279 - juris Rn. 47 m. w. N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 19).

Dass die angegriffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung offensichtlich unzutreffend ist und deshalb unabhängig von dem unter Missachtung der Begründungsfrist Dargelegten im Beschwerdeverfahren einer Korrektur bedarf (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 22.1.2013 - 15 CS 12.2005 - juris Rn. 20; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 27; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 146 Rn. 43 a.E.), ist nicht ersichtlich. Selbst wenn am Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016, wonach der gem. Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm geltende Relevanzerhöhungswert von 3 dB(A) hinsichtlich des Straßenlärms nicht erreicht sei, mit Blick auf die Frage der richtigen Erfassung des objektbezogenen Verkehrsaufkommens gewisse Zweifel verbleiben [s.u. b)], ist derzeit nach Aktenlage unklar, welcher tatsächliche Wert für die Erhöhung des nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm relevanten Beurteilungspegels der Verkehrsgeräusche anzusetzen ist. Auch in der vom Antragsteller vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme der ... GmbH vom 8. Juli 2016 findet sich hierzu nichts. Mangels entsprechender Datenlage bestehen auch keine Hinweise dafür, dass sich die durch die Verkehrszunahme ausgelöste Verkehrslärmbelastung im grundrechtsrelevanten Bereich (s.o.) bewegen könnte. Unabhängig von der Verfristung des Vortrags zu Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm kann es nicht Aufgabe des Senats im Beschwerde- bzw. Eilverfahren sein, diesbezügliche Ermittlungen „ins Blaue“ hinein durchzuführen.

dd) Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 1 TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist gem. gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionswerte nach Nr. 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 2 TA Lärm kann für die Lärmprognose die an sich gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 TA Lärm für die Erfassung der Gesamtbelastung gebotene Ermittlung der Vorbelastung im Hinblick auf Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm entfallen, wenn die Geräuschimmissionen der zu überprüfenden Anlage - hier des genehmigten Bauvorhabens der Beigeladenen - die nach Nr. 6 TA Lärm einschlägigen Immissionsrichtwerte um mindestens 6 dB(A) unterschreiten.

Der in der gutachterlichen Stellungnahme der ... GmbH vom 8. Juli 2016 erhobene Einwand, der gegenüber den Immissionsrichtwerten um 6 dB(A) verminderte Irrelevanzwert der TA Lärm dürfe bezogen auf ein- und denselben Immissionsort nicht mehrfach zur Anwendung kommen, spricht im vorliegenden Fall nicht gegen die Anwendung von Nr. 3.2.1 Abs. 2, Abs. 6 Satz 2 TA Lärm. Zwar mag es in besonderen Einzelfallkonstellationen geboten sein, von der Regelung zur Vermeidung einer „Salamitaktik“ abzuweichen, wenn sich der Immissionsort im Einwirkungsbereich mehrerer Betreiber gewerblicher Anlagen befindet, die parallel die Irrelevanzregelung für sich in Anspruch nehmen (OVG NW, B. v. 3.8.2011 - 8 B 753/11 - juris Rn. 22 m. w. N.; vgl. auch Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck aus Feldhaus, BImSchR-Kommentar, 2014, Nr. 3.2 Abs. 2 Rn. 29). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass von der im Regelfall geltenden Irrelevanzregelung gemäß Nr.3.2.1 Abs. 2 Abs. 2 TA Lärm hier ausnahmsweise abzuweichen wäre, sind vorliegend aber nicht ersichtlich und wurden weder vom Antragsteller noch von der Erstellerin der Stellungnahme vom 8. Juli 2016 substanziiert dargelegt. Zudem wendet sich der Antragsteller in der Beschwerdebegründung nicht gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach es die TA Lärm als verbindliches Regelwerk hinnehme, dass im Laufe der Zeit das Irrelevanzkriterium mehrfach zur Anwendung komme. Insofern ist dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren auch mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht weiter nachzugehen.

Die von der Beigeladenen in Auftrag gegebene schalltechnische Untersuchung vom 25. Mai 2016 kommt zu dem Ergebnis (Seiten 10 bis 12), dass der vom streitgegenständlichen Objekt ausgehende Beurteilungspegel - also die hierdurch verursachte Immissionszusatzbelastung (Nr. 2.4 Abs. 2 TA Lärm) - im ungünstigsten Geschoss auf dem Grundstück des Antragstellers am Tag (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) 47 dB(A) betrage. Bei einem Ansatz von vorsorglich fünf nächtlichen Bewegungen pro Stunde an der Zufahrt Süd für die Tiefgaragenbereiche 1 und 2 (die nach den Angaben der Beigeladenen tatsächlich nicht anfielen) sei am Immissionsort des Antragstellers von einem Beurteilungspegel (ohne Berücksichtigung des Vorbelastung) zur ungünstigsten Nachtstunde von 35 dB(A) auszugehen. Geht man mit der Antragsgegnerin und der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 davon aus, dass vorliegend für das Antragstellergrundstück Mischgebietswerte heranzuziehen sind, wären dort die um 6 dB(A) verminderten Relevanz-Beurteilungspegel, die gem. Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm tags 54 dB(A) und nachts 39 dB(A) betragen, deutlich unterschritten.

Ferner betrage die vom Objekt ausgehende Spitzenbelastung nach der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 im ungünstigsten Geschoss des Gebäudes des Antragstellers tags und nachts 58 dB(A). Hierdurch wäre auch das Spitzenpegelkriterium gem. Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm eingehalten, wonach bei einem Ansatz von Mischgebietswerten kurzzeitige Geräuschspitzen tags 90 dB(A) und nachts 65 dB(A) nicht überschreiten dürfen.

ee) Wird von Mischgebietswerten ausgegangen und werden der vorgenommene Ansatz von Fahrbewegungen und damit auch die Immissionsberechnungsergebnisse der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 als richtig unterstellt, dürfte das Antragstellergrundstück wohl sogar gemäß Nr. 2.2 TA Lärm aus dem sog. Einwirkungsbereich des Vorhabens herausfallen (vgl. auch Seite 10 der gutachterlichen Stellungnahme der ... vom 25. Mai 2016). Denn die errechneten Beurteilungspegel von 47 dB(A) tags und 35 dB(A) nachts lägen um 10 dB(A) oder mehr unter den maßgeblichen Immissionsrichtwerten für Mischgebiete, vgl. Nr. 2.2 Buchst. a TA Lärm. Die in der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 ermittelten Geräuschspitzen von 58 dB(A) lägen am Tag unterhalb des für Mischgebiete maßgeblichen Immissionsrichtwerts von 60 dB(A), vgl. Nr. 2.2 Buchst. b TA Lärm. Für die Nachtzeit wäre das Spitzenpegelkriterium aufgrund der der im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 24. Oktober 2016 angekündigten nächtlichen Nutzungsbeschränkung wohl zu vernachlässigen.

b) Allerdings ergeben sich begründete Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der von der Antragsgegnerin sowie vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Lärmprognose aus dem in der Beschwerdebegründung zu Recht erhobenen Einwand, dass die im anhängigen (erstinstanzlichen) Klageverfahren von der Antragsgegnerin vorgelegte schalltechnische Untersuchung der ... vom 25. Mai 2016 zur Immissionsbelastung nicht nachvollziehbar erläutert, wie die dort zugrunde gelegten Zahlen zur Bewegungshäufigkeit in Bezug auf die Parkvorgänge („Frequentierung auf den Parkflächen“), auf denen die errechneten Beurteilungspegel beruhen, zustande gekommen sind. Die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren müssen vor diesem Hintergrund als noch offen bewertet werden. Auf Basis einer insoweit unschlüssigen Immissionsprognose kann der Senat derzeit ohne weitere Ermittlungen nicht hinreichend sicher prognostisch beurteilen, ob das maßgebliche Lärmschutzniveau durch den Betrieb des Vorhabens nach Maßgabe der Baugenehmigung vom 25. November 2015 und des Ergänzungsbescheids vom 14. Juni 2016 tatsächlich eingehalten wird.

aa) Die wesentliche Einzugsgröße für die Berechnung des Schalleistungspegels eines Parkplatzes ist die Bewegungshäufigkeit (Bayerisches Landesamt für Umwelt, Parkplatzlärmstudie, 6. Aufl. 2007, S. 83 - im Folgenden zitiert als Parkplatzlärmstudie). Ausgangspunkt einer Lärmprognose, die maßgeblich den mit einem (hier gewerblichen) Betrieb einer Anlage verursachten Parklärm zu berücksichtigen hat, ist daher eine nachvollziehbare Prognose der betriebsbezogenen Parkverkehrsmenge (= der aufgrund der Nutzung der dem jeweiligen Parkplatz zuzurechnenden Gebäude bzw. Nutzungseinheiten ausgelösten Parkfahrbewegungen). Das voraussichtliche Verkehrsaufkommen des der Beigeladenen genehmigten Vorhabens einschließlich der Frequentierung der genehmigten Parkflächen kann im vorgelagerten Baugenehmigungsverfahren nur geschätzt werden. Hierfür sind die Parkbewegungen pro Zeiteinheit schlüssig zu ermitteln und diese der Lärmprognose resp. einer Lärmbegutachtung zugrunde zu legen (vgl. OVG Schleswig-Holstein, B. v. 23.5.2011 - 1 MB 6/11 - juris Rn. 10 ff.; OVG NW, B. v. 26.8.2005 - 7 B 217/05 - juris Rn. 28 ff.; 39, 43 ff.; Parkplatzlärmstudie S. 21 ff., 83 ff.). Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht (BVerwG, B. v. 15.3.2013 - 9 B 30.12 - juris Rn. 10). Denkbar und von der Rechtsprechung grundsätzlich akzeptiert ist etwa der Rückgriff auf generelle allgemeine Erfahrungswerte, wie sie z. B. der Parkplatzlärmstudie zugrunde liegen (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 23.2.2009 - 2 CS 09.37 - juris Rn. 22; B. v. 18.8.2016 - 15 B 14.1624 - juris Rn. 10; OVG NW, B. v. 26.8.2005 - 7 B 217/05 - juris Rn. 44; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck aus Feldhaus, BImSchR-Kommentar, 2014, Nr. 7.4 Rn. 41). Möglich ist es aber ebenfalls, eine spezifisch auf den Einzelfall abgestimmte Berechnung zugrunde zu legen. Ein solcher projektbezogener Ansatz ist in Bezug auf die Genauigkeit zu prognostizierender Geräuschimmissionen ggf. dann geboten, wenn konkrete Erkenntnisse über das tatsächliche Betriebsgeschehen vergleichbarer Vorhaben vorliegen (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 23.5.2011 - 1 MB 6/11 - juris Rn. 11; OVG NW, B. v. 26.8.2005 - 7 B 217/05 - juris Rn. 46; VG Gelsenkirchen, B. v. 15.9.2014 - 9 L 1232/14 - juris Rn. 54), wenn die Besonderheiten des konkreten Standortes ein Abweichen von ggf. vorhandenen allgemeinen Erfahrungswerten gebieten oder wenn in generalisierter Form vorhandene allgemeine Erfahrungswerte keine auf die konkret vorgesehene Nutzung des betroffenen Einzelfalls zugeschnittene Aussage erlauben. Verkehrsprognosen sind aber jedenfalls mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht zu ermitteln und zu erstellen. Anhand einer Lärmprognose muss Betroffenen - dem Bauherrn wie auch dem Nachbarn - sowie dem im Streitfall zur Entscheidung berufenen Gericht eine Überprüfung möglich sein, ob eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, ob die Prognose auf realistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet wurde (BVerwG, B. v. 15.3.2013 - 9 B 30.12 - juris Rn. 10; OVG NW, B. v. 8.8.2013 - 7 B 570/13 - juris Rn. 23).

bb) Die von der Antragsgegnerin vorgelegte schalltechnische Untersuchung vom 25. Mai 2016 legt ihrer Immissionsberechnung laut Tabellen 4 und 5 (Seiten 8 und 9) folgende parkvorgangsbezogene Bewegungshäufigkeiten für die genehmigten Parkflächen (Außenparkplatz und drei Tiefgarageneinheiten) zugrunde:

6:00 bis 7:00 Uhr

7:00 bis 20:00 Uhr

20:00 bis 22:00 Uhr

22:00 bis 6:00 Uhr

pro Stunde

pro Stunde

ungünstigste Stunde

Zu- und Ausfahrt Parkplatz außen

30

165

25

10

TG 3

Zu- und Ausfahrt West

5

10

5

5

TG 1 und 2

Ausfahrt West

10

95

10

5

TG 1 und 2

Zufahrt Süd

30

95

10

5

Ob diese Fahrbewegungsansätze bezogen auf die von der streitgegenständlichen Baugenehmigung erfassten Parkbereiche (drei Tiefgaragenkomplexe mit insgesamt 125 Stellplätzen: Bereich TG 1 mit 24 Stellplätzen, Bereich TG 2 mit 76 Stellplätzen, Bereich TG 3 mit 25 Stellplätzen; ein Außenparkplatz südlich des geplanten Baukörpers mit 76 Stellplätzen) und die jeweils auf sie bezogenen konkreten Nutzungen, denen sie zugeordnet sind (bzw. sein sollen), realistisch bzw. empirisch begründbar sind, erschließt sich dem Senat nach Aktenlage nicht.

In der Ausgangsbaugenehmigung vom 25. November 2015 findet sich unter den Überschriften „D) Auflagen/Hinweise“, „4. Stellplätze und Nutzung, Außenanlagen“ unter 4.1 eine „Anmerkung“, wonach für bauliche Nutzungen auf den Nachbargrundstücken FlNr. ... und ... Stellplätze auf dem Baugrundstück zugeordnet seien. Diese zugeordneten und baurechtlich erforderlichen Nutzungen müssten auch während der Bauphase nutzbar sein. Dieser Hinweis entspricht einem Vermerk in den Genehmigungsunterlagen der Antragsgegnerin (Bl. 41 ff., vgl. auch Bl. 61), woraus hervorgeht, dass nach den zugrundeliegenden Baugenehmigungen für die „Agentur für Arbeit“ (J...-straße ... und ... ) insgesamt acht Stellplätze und für das bestehende Praxis- und Verwaltungsgebäude in der E.-str. ... und ... insgesamt 61 Stellplätze auf dem (vor den Baumaßnahmen als Parkplatz genutzten) Baugrundstück FlNr. ... angerechnet worden seien. Laut Bl. 44 f. der Genehmigungsakte habe für den bislang auf dem Baugrundstück existierenden Parkplatz nur eine Baugenehmigung in einem Umfang von 44 Stellplätzen bestanden; die weiteren Stellplätze seien tatsächlich vorher angelegt gewesen und daher als „Bestand“ anzusehen. Dementsprechend heißt es in einer in der Gerichtsakte RO 7 K 15.2245 enthaltenen immissionsschutzfachlichen Stellungnahme der Fachstelle der Antragsgegnerin vom 2. Juni 2016, dass die 80 Stellplätze (gemeint: die 76 Stellplätze auf dem Außenparkplatz des genehmigten Vorhabens) bislang zur Nutzung für die „E.-straße ... und ...“ vorgesehen sowie für das „Arbeitsamt“ vermietet seien, woran sich auch nach der Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens nichts ändern werde. Unter dem 24. Oktober 2016 hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage des Senats vom 4. Oktober 2016 und unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der Beigeladenen vom 18. Oktober 2016 bestätigt, dass der Parkplatz auf der Außenfläche im Nordbereich des Baugrundstücks auch künftig dem Stellplatznachweis für das Jobcenter (J...-straße ...) und dem bestehenden (genehmigten) Praxis- und Verwaltungsgebäude im Anwesen E.-straße .../... dienen solle.

Geht man hiervon aus - ohne dass dies bislang ausdrücklich in der Baugenehmigung bzw. in einer von der Baugenehmigung erfassten Betriebsbeschreibung festgeschrieben ist -, wäre die Nutzung des genehmigten Außenparkplatzes ausschließlich dem Nutzungsbedarf anderweitiger bestehender Objekte zugeordnet und stünde den Nutzern des auf dem Baugrundstück zu errichtenden Büro- und Geschäftshaus nicht zur Verfügung. Für dieses neue Gebäude ergibt sich nach den genehmigten Bauvorlagen lediglich, dass dort (neben den Parkflächen) folgende gewerbliche Nutzungen vorgesehen sind

Untergeschoss:

- Einheit U1-1, vermietbare Fläche 545,30 m² (brutto) „wohnortnahe Versorgung“,

Erdgeschoss:

- Einheit E-01, vermietbare Fläche 295,66 m² (brutto) „wohnortnahe Versorgung“,

- Einheit E-02, vermietbare Fläche 282,51 m² (brutto) „wohnortnahe Versorgung“,

- Einheit E-03, vermietbare Fläche 270,09 m² (brutto) „Kosmetik“ sowie (räumlich abgegrenzt) „Zahntechnik“,

- Einheit E-04, vermietbare Fläche 128,77 m² (brutto) „wohnortnahe Versorgung“,

- Passage,

- Einheit E-05, vermietbare Fläche 321,35 m² (brutto) „Apotheke“,

1. Obergeschoss:

- Einheit O1-1, vermietbare Fläche 253,54 m² (brutto) „Büro“,

- Einheit O1-2, vermietbare Fläche 284,51 m² (brutto) „Büro“,

- Einheit O1-4, vermietbare Fläche 467,903 m² (brutto) „Praxis“,

- Einheit O1-5, vermietbare Fläche 382,34 m² (brutto) „Physiotherapie“,

2. Obergeschoss:

- Einheit O2-1, vermietbare Fläche 273,10 m² (brutto) „Büro“,

- Einheit O2-2, vermietbare Fläche 288,29 m² (brutto) „Büro“,

- Einheit O2-3, vermietbare Fläche 286,17 m² (brutto) „Praxis“,

- Einheit O2-4, vermietbare Fläche 608,90 m² (brutto) „Büro“,

und dass hierfür offenbar ein (s.o.: offensichtlich ausschließlich über die Tiefgarage mit insgesamt 125 Stellplätzen zu deckender) Stellplatzbedarf von 110 Stellplätzen bestehen soll [vgl. die Regelung in Nr. 4.1 unter „D) Auflagen/Hinweise“ in der Ausgangsbaugenehmigung vom 25. November 2015 sowie den dem Bauantrag beigefügten Stellplatznachweis (Bl. 16 der Genehmigungsakte), der nicht mit dem Genehmigungsstempel des Bauordnungsamts der Antragsgegnerin versehen wurde und der im Vergleich zu den in den genehmigten Planzeichnungen angegebenen Brutto-Mietflächen mit z.T. größeren, z.T. kleineren Nutzflächen operiert].

cc) Der Senat kann allein aus den vorgenannten Angaben nicht ansatzweise schließen, ob die in der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 zugrunde gelegten Fahrbewegungen realistisch sind oder nur einer groben Abschätzung ohne wirkliche empirische Basis entsprechen. Die Antragsgegnerin hat ebenso wenig wie die Beigeladene im behördlichen und gerichtlichen Verfahren die angesetzten Zahlen näher aufgearbeitet bzw. substanziiert begründend dargelegt.

In der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 wird lediglich ausgeführt, dass der Ansatz der Fahrbewegungen auf Angaben des Auftraggebers - also der Beigeladenen - fuße (vgl. die diesbezügliche Klärung auf Seite 7 im Zusammenhang mit der Tabelle 3 „Frequentierung auf den Parkplätzen“). Eine eigene gutachterliche Hinterfragung und/oder Darlegung unterblieb dort. Die Gutachterin hat aber - offenbar um konservative, sichere Ergebnisse bemüht - von sich aus (und ohne nähere Begründung) mit gewissen Fahrbewegungszuschlägen gearbeitet (vgl. Seite 7, Tabelle 3, Seite 8, Tabelle 4 sowie Seite 9, Tabelle 5). Insbesondere wurde für die Nachtzeit - entgegen den Angaben des Auftraggebers, wonach zu dieser Zeit mit keinem Betriebsverkehr zu rechnen sei - mit fünf Bewegungen/Stunde an der Zufahrt Süd für die Tiefgargenbereiche 1 und 2 sowie mit jeweils fünf Fahrbewegungen im westlichen Bereich bezüglich der Ausfahrt für die Tiefgargenbereiche 1 und 2 und bezüglich der Zu- und Abfahrt für den Tiefgaragenbereich 3 gerechnet.

In einer Stellungnahme der Immissionsfachstelle der Antragsgegnerin vom 2. Juni 2016 heißt es hierzu ohne nähere konkretisierende, fachliche Erläuterung lediglich, dass für die Ausgangsdaten für die Frequentierung der Parkflächen nach Rückfrage beim Gutachter bewusst hohe Ansätze pro Stunde verwendet worden seien.

In einer ersten schriftsätzlichen Stellungnahme der Antragsgegnerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren vom 4. Oktober 2016 wird erneut behauptet, die schalltechnische Untersuchung der ... sei hinsichtlich der Frequentierung plausibel und gehe von einer Maximalauslastung der Parkflächen mit entsprechend hohen Fahrbewegungen aus. In Reaktion auf ein Schreiben des Gerichts vom 4. Oktober 2016, in dem die Beteiligten ausdrücklich darauf hingewiesen worden sind, dass die bei der Immissionsprognose angesetzten Fahrzeugbewegungen bislang nicht auf Basis einer konkreten Berechnung für einzelne Nutzungsbereiche plausibilisiert worden seien, und in dem die Antragsgegnerin u. a. zur Darlegung aufgefordert wurde, „wie sich die angesetzten Werte zur Fahrzeugbewegung konkret zusammensetzen“, hat Letztere mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2016 und unter Bezugnahme und Vorlage einer Stellungnahme der Beigeladenen vom 18. Oktober 2016 wiederum nur wenig Konkretes hierzu vorgetragen:

- Hinsichtlich des genehmigten Außenparkplatzes, der dem Jobcenter (J...-straße ...) und dem bestehenden (genehmigten) Praxis- und Verwaltungsgebäude im Anwesen E.-straße .../... zugeordnet sei, wurde ohne differenzierte Erläuterung des tatsächlichen nutzungsbezogenen Bedarfs an Parkvorgängen für diese (bestehenden) Gebäude ausgeführt, bei der schalltechnischen Begutachtung sei eine vollständige Räumung und Neubelegung einmal in der Stunde (tagsüber) angesetzt und daher mit bewusst hohen Ansätzen und Sicherheitsaufschlägen gearbeitet worden.

- In Bezug auf die Nutzung der drei Tiefgarageneinheiten wurde im Antwortschriftsatz der Antragsgegnerin vom 24. Oktober 2016 die Nutzung des neuen Büro- und Geschäftshauses in Abstimmung mit der Beigeladenen dahingehend konkretisiert, „dass dort Arztpraxen, Dienstleistungen im Gesundheitsbereich, freiberufliche Tätigkeiten, Bildungseinrichtungen, Läden ohne Vollsortiment oder Discounter, nicht störende Handwerksbetriebe und Anlagen für Verwaltung“ vorgesehen seien. Im Hinblick auf diese Nutzungen sei die angesetzte Frequentierung plausibel. In dem Gebäude werde kein Verbrauchermarkt entstehen und auch keine Gastronomie. Die Antragsgegnerin sichere ferner zu, diese Nutzungsbeschränkungen zum Inhalt der Baugenehmigung zu machen. Weiterhin werde zugesichert, dass die seitens der Beigeladenen angegebene Betriebszeit (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) in die Baugenehmigung aufgenommen werde und dass etwaige Anlieferungen nur in der Tagzeit und nicht an Sonn- und Feiertagen erfolgen dürften. Hinsichtlich der Tiefgaragenbereiche 1 und 3 beschränkten sich die Ausführungen darauf, dass die dortigen Stellplätze nur von besonders Berechtigten mittels Schlüssel/Handsender angefahren werden könnten. Dennoch sei hierfür „ein bewusst hoher Ansatz an Fahrbewegungen bei der Begutachtung unterstellt“ worden. Die verbleibenden 74 Stellplätze des Tiefgaragenbereichs 2 könnten von sämtlichen Nutzern des Gebäudes angefahren werden. Auch diesbezüglich sei „man von einer bewusst hohen Frequentierung ausgegangen“ und habe angenommen, dass diese Bereiche tagsüber insgesamt „einmal in der Stunde komplett geräumt und neu belegt“ würden.

Das Gericht unterstellt, dass die o.g. Nutzungszuordnungen der Parkflächen (Zuordnung der Stellplätze des Außenparkplatzes für die Nutzer der bestehenden Gebäude auf FlNr. ... und FlNr. ...; Zuordnung der Tiefgaragenstellplätze für die Nutzer des neuen Büro- und Geschäftshauses auf dem Baugrundstück) ebenso wie die nunmehr von der Antragsgegnerin vorgetragenen Nutzungskonkretisierungen für das neue Gebäude einschließlich der angekündigten Nutzungsbeschränkung für die Nachtzeit noch zum Gegenstand eines weiteren Ergänzungsbescheids zur Baugenehmigung gemacht werden. Denn unabhängig von Fragen hinreichender Bestimmtheit am Maßstab von Art. 37 BayVwVfG sind von dem jeweiligen Nutzungskonzept auch die jeweils anzusetzenden Fahrbewegungen an den einzelnen Zu- und Abfahrtsorten abhängig (zur Berücksichtigung möglicher nachträglicher/ergänzender Regelungen bezüglich des Streitgegenstands im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO: BayVGH, B. v. 2.9.2011 - 2 CS 11.1418 - juris Rn. 4; B. v. 24.10.2000 - 26 ZS 99.3637 - juris Rn. 22 f.). Auch wenn mit diesen angekündigten bzw. zugesicherten (zeitlichen und gegenständlichen) Nutzungsbeschränkungen und Nutzungskonkretisierungen diversen Einwendungen in der Beschwerdebegründung begegnet wurde, blieb unabhängig hiervon die Antragsgegnerin sowohl in Bezug auf den Außenparkplatz als auch in Bezug auf die drei Tiefgarageneinheiten eine wirkliche Antwort auf die seitens des Senats erhobenen Frage, wie sich die angesetzten Werte zur Fahrzeugbewegung konkret zusammensetzen, schuldig. Die schlichte (wiederholte) Beteuerung, die angesetzten Frequentierungen seien plausibel und bewusst hoch angesetzt, stellt keine sachliche Begründung dar. Aus den Informationen aus dem Antwortschriftsatz vom 24. Oktober 2016 ist für den Senat nach wie vor nicht nachvollziehbar, ob und warum die in der Lärmprognose für den Tiefgaragenbereich und den Außenparkplatz angesetzten Parkfahrbewegungen sachgerecht bzw. im Sinne einer konservativen Betrachtung als hoch anzusehen sind. Dies mag tatsächlich so sein, eine Nachprüfbarkeit wurde dem Gericht aber nicht eröffnet. Es wurde insbesondere kein Konzept präsentiert und nachvollziehbar erläutert, wie sich der Parkbedarf und die Parkfrequenz für die einzelnen Nutzungseinheiten in den Gebäuden, die den jeweiligen Parkeinheiten zugeordnet sind, zusammensetzen und aus welcher empirischen Basis sich dies jeweils ergibt. Für den Senat ist es daher weiterhin ungeklärt, ob die in der gutachterlichen Stellungnahme der ... zugrunde gelegte „Frequentierung auf den Parkplatzflächen“ auf realistischen oder - wie behauptet - großzügigen (d. h. de facto zu hohen) Annahmen beruht. Ohne entsprechende substanziierte und begründete Darlegung durch die Beigeladene oder die Antragsgegnerin bzw. ohne diesbezüglich weitere Sachverhaltsermittlungen lässt sich mithin nicht sicher beurteilen, ob das Ergebnis der schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016, wonach sich die Immissionszusatzbelastung auch ohne Berücksichtigung der Vorbelastung im Irrelevanzbereich der Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm bewegt bzw. ggf. sogar der Einwirkungsbereich gem. Nr. 2.2 TA Lärm zu verneinen ist, stichhaltig, schlüssig bzw. richtig ist. Aus diesem Grund ist derzeit nicht hinreichend sicher zu prognostizieren, ob das Vorhaben nach Maßgabe der Baugenehmigung vom 25. November 2015 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 14. Juni 2016 hinsichtlich des Parklärms gegenüber dem Antragsteller die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots wahrt. Das Eilverfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO sowie das vorliegende Beschwerdeverfahren sind nicht der geeignete Ort, um diese Fragen umfassend aufzuklären. Dies wird in dem beim Verwaltungsgericht anhängigen Hauptsacheverfahren nachzuholen sein. Sollte sich hierbei etwa erweisen, dass die von der ... angesetzten Fahrbewegungen zu niedrig bzw. wegen der zwischenzeitlich erfolgten Nutzungskonkretisierungen (s.o.) nicht mehr aktuell sein sollten, müsste die Hauptsacheentscheidung ggf. auf Basis einer neuen oder ergänzenden schalltechnischen Untersuchung getroffen werden.

dd) Diese Sachverhaltsunsicherheit wird nicht dadurch kompensiert, dass auch die vom Antragsteller vorgelegte „Gegenbegutachtung“ durch die ... GmbH vom 8. Juli 2016 für den Tageszeitraum (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) einen Beurteilungspegel errechnet hat, der die Relevanzschwelle der Nr. 3.2.1 TA Lärm bei Anwendung von Mischgebietswerten (s.o.) nicht erreicht.

Die Studie der ... GmbH vom 8. Juli 2016 kommt auf Seite 8 zu dem Ergebnis, dass der vom streitgegenständlichen Objekt ausgehende Immissionsbeitrag (Immissionsbelastung ohne Berücksichtigung der Vorbelastung) am relevanten Immissionsort des Antragstellers am Tag (6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) 46,8 dB(A) betrage. Auch bei diesen Werten wäre der für Mischgebiete anzusetzende Relevanzwert gem. Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm i.H. von 54 dB(A) nicht erreicht. Ebenso wären auch hiernach die für den Einwirkungsbereich maßgeblichen reduzierten Werte gem. Nr. 2.2 TA Lärm unterschritten. Geht man davon aus, dass die Stellungnahme vom 8. Juli 2016 zu Unrecht die Nutzung der Parkplätze im öffentlichen Straßenbereich in der E.-straße in die Lärmprognose einbezieht (s.o.), wäre wohl auch hiernach im Übrigen das Spitzenpegelkriterium gem. Nr. 6.1 Satz 2 TA Lärm tags und nachts eingehalten.

Auch wenn die Lärmprognose der ... GmbH nach eigenem Verständnis von „worst-case-Annahmen“ ausgeht (vgl. Seite 5), kann hieraus auch in summarischer Prüfung nicht der Schluss gezogen werden, dass nach den hier errechneten Beurteilungspegeln in jedem Falle schädliche Umwelteinwirkungen durch die genehmigte Nutzung ausscheiden. Denn die Stellungnahme vom 8. Juli 2016 geht auf Seite 6 davon aus, dass die von ihr prognostizierten Fahrbewegungen für die Nutzer des neuen genehmigten Gebäudes auf dem Baugrundstück auf alle von der Baugenehmigung vom 25. November 2015 erfassten Parkflächen - also sowohl auf die drei Tiefgaragenbereiche als auch auf den Außenparkplatz - verteilt werden. Dies widerspricht aber dem seitens der Antragsgegnerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren dargelegten und konkretisierten Konzept, wonach der genehmigte Außenparkplatz nur für die Nutzer von bestehenden Gebäuden auf anderen Grundstücken vorgesehen ist. Die Nutzung des Außenparkplatzes durch „außenstehende“ Personen, die sich weder als Beschäftigte noch als Kunden oder Patienten im neu genehmigten Büro- und Geschäftshauses aufhalten werden, wurde von der ... GmbH nicht in ihre Betrachtung mit einbezogen.

2. Sind die Erfolgsaussichten der Klage offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Diese fällt - auch unter Berücksichtung des gesetzgeberischen Willens, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 212a Abs. 1 BauGB das Gewicht des Vollzugsinteresses (also des Interesses der Beigeladenen, von der noch nicht bestandskräftigen Baugenehmigung Gebrauch machen zu können) zu stärken - zulasten des Antragstellers aus.

a) Bei der Interessenabwägung muss zugunsten des Bauherrn berücksichtigt werden, dass die Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. auch OVG NW, B. v. 22.3.2016 - 7 B 1083/15 - juris Rn. 12). Die Bedeutung des gesetzlichen Ausschlusses erschöpft sich nicht darin, dass kein Begründungserfordernis (vgl. § 80 Abs. 3 VwGO) besteht und dass der Nachbar und nicht der Bauherr die Initiative beim vorläufigen Rechtsschutz ergreifen muss. Der Ausschluss verschiebt vielmehr auch die Gewichte bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn (vgl. auch Kalb/Külpmann, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, § 212a Rn. 47), was aber nicht bedeutet, dass sich in den von § 212 a Abs. 1 BauGB erfassten Fällen das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aufschubinteresse regelmäßig durchsetzt. Die Vorschrift soll Investitionen und das Entstehen von Arbeitsplätzen fördern (vgl. BT-Drs. 13/7589, S. 30). Ein gesetzgeberischer Wille, dass dem Vollzugsinteresse gegenüber den Interessen Dritter (insbesondere von Nachbarn oder einer ihre Planungshoheit verteidigenden Gemeinde) regelmäßig der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich der Regelung des § 212a BauGB hingegen nicht entnehmen. Die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Abwägung wird deshalb von § 212a Abs. 1 BauGB zwar in der Weise vorstrukturiert, dass dem Vollzugsinteresse ein erhebliches Gewicht beizumessen ist; die Abwägung wird aber nicht präjudiziert (BayVGH, B. v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 33; B. v. 19.8.2010 - 1 CS 10.700 - juris Rn. 22; BayVGH, B. v. 12.7.2010 - 14 CS 10.327 - juris Rn. 39; Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 212a Rn. 2). Die Belange eines Dritten haben bei der Abwägung umso mehr Gewicht, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (BayVGH, B. v. 16.12.2009 sowie B. v. 19.8.2010 jeweils a. a. O.; vgl. auch BVerwG, B. v. 14.4.2004 - 4 VR 1005.04 - BVerwGE 123, 241 ff. = juris Rn. 12 m. w. N.)

b) Im vorliegenden Fall fällt die Interessenabwägung zugunsten der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen aus. Hierfür spricht neben der Gewichtungsvorgabe durch § 212a Abs. 1 BauGB zunächst die Erwägung, dass es sich vorliegend um ein im Bau befindliches, später gewerblich zu nutzendes Großprojekt handelt, bei dem ein Baustopp im Hinblick auf eine verzögerte Inbetriebnahme sowie mit Blick auf Baustellensicherungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen können. Insbesondere spricht aber nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine doch größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragsgegnerin - wenn sie nicht schon im Hauptsacheverfahren ein schlüssiges, substanziiertes Fahrbewegungskonzept vorgelegt, das die Ergebnisse des Lärmprognose der ... vom 25. Mai 2016 bestätigt, bzw. nach Maßgabe einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme nachweist, dass das Vorhaben in dem bisher genehmigten Umfang keine unzumutbare Lärmbelastung bewirkt - jedenfalls durch bauliche Ergänzungen und/oder weitere nutzungsbezogene Einschränkungen (die zum Gegenstand einer ergänzenden Regelung zur Baugenehmigung gemacht werden müssten) die Vorgaben des Rücksichtnahmegebots einhalten dürfte.

Auch wenn von tatsächlich höheren Fahrbewegungen (als bislang von der Antragsgegnerin bzw. von der Beigeladenen zugrunde gelegt) auszugehen sein sollte, bleibt im Vergleich zu den von der ... errechneten Beurteilungspegeln auf dem Grundstück des Antragstellers von 47 dB(A) für die Tageszeit (Immissionszusatzbelastung ohne Berücksichtigung der Vorbelastung) immer noch ein beträchtlicher Abstand von 7 dB(A) bis zum Erreichen des Relevanzwerts für Mischgebiete gem. Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm. Während zum Teil angegeben wird, dass es bereits bei einer Erhöhung der Verkehrsstärke durch An- und Abfahrtverkehr um 65% zu einer Erhöhung eines Beurteilungspegels um 3 dB(A) komme (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck aus Feldhaus, BImSchR-Kommentar, 2014, Nr. 7.4 Rn. 48), gehen andere Quellen davon aus, dass Schallpegelzunahmen von 3 dB(A) erst bei einer Verdoppelung der Verkehrsbelastung zu verzeichnen sind (BayVGH, U. v. 18.2.2004 - 8 A 02.40093 - NVwZ-RR 2005, 21 ff. = juris Rn. 23; U. v. 11.3.2004 - 22 B 02.1653 - NVwZ-RR 2005, 797 ff. = juris Rn. 27; B. v. 6.12.2007 - 15 CS 07.3056 - juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 4.12.2009 - OVG 2 A 23.08 - juris Rn. 69; VG Saarl., U. v. 6.6.2012 - 5 K 447/11 - juris Rn. 80; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 15 Rn. 15.1). Unabhängig davon, welche Betrachtungsweise die richtige ist, müssten sich die für die Lärmprognose tatsächlich anzusetzenden Fahrbewegungen im Vergleich zur schalltechnischen Untersuchung vom 25. Mai 2016 damit schon drastisch erhöhen, um die für Mischgebiete geltende Relevanzschwelle gem. Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm von tags 54 dB(A) zu erreichen. Dies erscheint in summarischer Betrachtung eher unwahrscheinlich. Hinsichtlich des Nachzeitraums (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) bedarf es aufgrund der Zusicherung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24. Oktober 2016, eine entsprechende zeitliche Betriebsbeschränkung nachträglich zu verfügen, im Rahmen der vorliegenden Interessenbewertung keiner weiteren vertieften Betrachtung.

Selbst wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass aufgrund anzusetzender (deutlich) erhöhter Fahrbewegungen die Relevanzschwelle gem. Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm auf dem Antragstellergrundstück erreicht würde und dann zudem unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung auch die Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 TA Lärm überschritten wären, verbliebe - ggf. neben einer weiteren nutzungsregelnden Beschränkung zur Eindämmung der Fahrbewegungen - nach der schalltechnischen Untersuchung der ... vom 25. Mai 2016 (Seite 9) die Möglichkeit einer „absorbierenden Auskleidung der Rampe“, wodurch die Immissionsbelastung um 2 dB(A) gemindert werden könne. Kann aber im Hauptsachverfahren geklärt werden, ob und welche weiteren Ergänzungsregelungen in der Baugenehmigung notwendig sind, um eine ggf. verbleibende unzumutbare Lärmbelastung des Nachbarn auf ein mit dem Rücksichtnahmegebot verträgliches Maß zu begrenzen, wäre eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und ein damit einhergehender Baustopp auf unbestimmte Zeit, die insbesondere für die Beigeladene gravierende Nachteile mit sich bringen würde, nicht angebracht (vgl. BayVGH, B. v. 2.9.2011 - 2 CS 11.1418 - juris Rn. 4; B. v. 24.10.2000 - 26 ZS 99.3637 - juris Rn. 23).

c) Im Rahmen der allgemeinen Interessenbewertung gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO bedürfen die erst mit Schriftsatz vom 9. November 2016 und damit im laufenden Beschwerdeverfahren gem. § 146 Abs. 4 Satz 1 und Satz 6 VwGO zu spät erhobenen Einwände [vgl. oben 1. a) cc)], dass das geplante Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) gegenüber dem Grundstück des Antragstellers bis zur Straßenmitte nicht einhalte und dass zudem von ihm aufgrund seiner Wandhöhe zulasten des Wohnhauses des Antragstellers eine „erdrückende Wirkung“ ausgehe, keiner vertieften Betrachtung. Es ist insbesondere nicht auszumachen, dass eine Korrektur im Beschwerdeverfahren unabhängig von der Wahrung der Beschwerdebegründungsfrist wegen insoweit offensichtlicher Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts geboten wäre: Der vom Antragsteller geforderte Abstandflächenplan befindet sich (mit Genehmigungsvermerk) in der Genehmigungsakte der Antragsgegnerin (Bl. 111). Hiernach ist die gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO für ein (hier durch Bebauungsplan ausgewiesenes) Gewerbegebiet erforderliche Mindestanstandsflächentiefe von 0,25 H eingehalten. Diese Verkürzung der Abstandsflächentiefe auf 0,25 H in Gewerbegebieten gilt auch, wenn das Baugrundstück - wie hier - an der Grenze des Baugebiets liegt. Die Einhaltung einer im benachbarten Baugebiet geltenden größeren Abstandsfläche ist bauordnungsrechtlich nicht erforderlich (BayVGH, U. v. 8.11.2001 - 2 N 01.2105 - juris Rn. 28 sowie Leitsatz Nr. 3; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 84). Inwiefern zudem die Ausnahmeregelung gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO Anwendung finden könnte, weil das Bauvorhaben jedenfalls oberirdisch die vom Bebauungsplan „...“ festgesetzten Baugrenzen einhalten dürfte, kann daher dahinstehen. Unabhängig von einer jedenfalls indiziellen Bedeutung der Einhaltung des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts für den Ausschluss einer gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden erdrückenden Wirkung (BayVGH, B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 28 m. w. N.) liegt nach Aktenlage im Übrigen kein Fall vor, bei dem unter Berücksichtigung von Vergleichsfällen aus der Rechtsprechung die Annahme einer erdrückenden Wirkung auf der Hand läge (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff.: zwölfgeschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu einem zweieinhalb geschossigen Wohnhaus; BVerwG, U. v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl. 1986, 1271 f.: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; zu weiteren Beispielsfälle vgl. BayVGH, B. v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 30).

3. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil er mit seiner Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Da die Beigeladene im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ entspricht es der Billigkeit‚ dass diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

4. Durch die Entscheidung über die Beschwerde hat sich der Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (sog. „Hängebeschluss“, vgl. HessVGH, B. v. 7.10.2014 - 8 B 1686/14 - NVwZ 2015, 447 = juris Rn. 16 m. w. N.) erledigt.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutz-rechtliche Genehmigung für eine Hähnchenmastanlage, bestehend u. a. aus einem Stall mit 39.500 Tierplätzen und vier Futtersilos. Der Stall soll im Außenbereich auf den Grundstücken FINrn. 1019/2 und 1020 der Gemarkung B. entstehen; auf dem südlich daran angrenzenden Grundstück FINr. 1005 betreibt der Beigeladene schon eine Biogasanlage. Seine Hofstelle mit Wohnhaus, Maschinenhalle und Rinderstall auf dem südwestlich des Vorhabens liegenden Grundstück FINr. 1011 soll aufgegeben werden. Der Kläger unterhält auf den weiter südlich liegenden Grundstücken FINrn. 1008 und 1014 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Mastschweine- und einem Zuchtsauenstall. Sein Wohnhaus ist etwa 150 m vom geplanten Hähnchenmaststall entfernt. Zudem ist er Eigentümer der Grundstücke FINr. 1021 (genutzt zum Getreideanbau), FINrn. 1002 und 1030 (mit drei als Immissionsorte BUP 2, 4 und 5 untersuchten Biotopen) und FINr. 1015.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 erteilte das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen dem Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Nr. 1) unter Nebenbestimmungen zum Lärmschutz (Nr. 3.7.1); eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Niederschlagswasserbeseitigung wurde einem separaten Verfahren vorbehalten (Nr. 2). Die genannte Nebenbestimmung wurde im Lauf des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens durch Bescheid des Landratsamts vom 15. Januar 2013 ergänzt. Die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete sowie die getrennt hiervon gegen den Ergänzungsbescheid vom 15. Januar 2013 erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 19. Februar 2013 abgewiesen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) geltend.

Der Beklagte und der Beigeladene haben jeweils beantragt, die Berufung nicht zuzulassen; sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, das verfahrensfehlerfrei zustandegekommen und auch materiellrechtlich zutreffend sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht darzulegen.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 ff.). Dies ist vorliegend dem Kläger mit seinem Vortrag nicht gelungen.

1.1. Der Kläger stützt ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf, dass das Verwaltungsgericht im Bezug auf Geruchsimmissionen den Wert von 0,25 (25% der Jahresgeruchsstunden), der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - in der Fassung vom 29.2.2008 und einer Ergänzung vom 10.9.2008 mit Begründung und Auslegungshinweisen in der Fassung vom 29.2.2008) genannt ist, nur als Anhaltspunkt, nicht aber als starre Obergrenze angesehen und demzufolge die beim Kläger gegebene Überschreitung (Geruchshäufigkeit von 37%) als rechtens angesehen hat (nachfolgend beziehen sich Seitenangaben „bei Feldhaus S. xy“ auf die Veröffentlichung der GIRL in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, C 4.11 (LAI)). Der Kläger macht geltend, jegliche Überschreitung des Wertes 0,25 führe grundsätzlich zu einer Rechtsverletzung des Betroffenen (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 3 unten, S. 4 oben). Dem ist nicht zu folgen. Denn zum einen entfalten die GIRL sowie die hierzu ergangenen Auslegungshinweise mangels entsprechender Rechtsqualität keine die Verwaltungsgerichte bindende Wirkung (1.1.1). Zum andern lässt sich der GIRL und den Auslegungsweisen nicht entnehmen, dass der vorliegende Sachverhalt unter Nr. 3.1 GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen abschließend und ausnahmslos mit dem vom Kläger angenommenen Ergebnis geregelt wäre (1.1.2).

1.1.1. Zur Rechtsqualität der GIRL und vergleichbarer Regelwerke hat das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 28.7.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083, Rn. 3) ausgeführt: „Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden (U.v. 19.1.1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197; B.v. 24.1.1992 - BVerwG 4 B 228.91 - Buchholz 406.12 § 4a BauNVO Nr. 2 juris Rn. 6; BGH, U.v. 21.6.2001 - III ZR 313/99 - BRS 64 Nr. 171 S. 665 f.), und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind“. Die GIRL enthält technische Normen, die auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (OVG NRW, B.v. 14.1.2010 - 8 B 1015/09 - RdL 2010, 124, Rn. 31 und 32 unter Hinweis u. a. auf BVerwG, B.v. 7.5.2007 - 4 B 5.07 - BauR 2007, 1454). Vorliegend war deshalb das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers von Rechts wegen nicht gehindert, den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) genannten Wert von 0,25 nicht als absolute Obergrenze anzusehen. Die Annahme einer derartigen Bindungswirkung wäre demgegenüber rechtlich nicht haltbar.

1.1.2. Auch inhaltlich rechtfertigen Regelungen und Systematik der GIRL sowie der Auslegungshinweise hierzu nicht die Annahme, der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL genannte Wert von 0,25 (bei Feldhaus S. 32) sei eine Obergrenze, die in keinem Fall überschritten werden dürfe. In Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1 (bei Feldhaus S. 4), ist für drei verschiedene Gebietsarten ein Immissionswert (IW) angegeben, der diejenige Grenze der Gesamtbelastung durch Geruchsimmissionen beschreibt, bei deren Überschreitung i.d.R. eine erhebliche Belästigung vorliegt. Allerdings berücksichtigt Nr. 3.1 i. V. m. Nr. 5 GIRL (vgl. bei Feldhaus S. 5 oben, S. 13), dass zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ein Vergleich mit den Immissionswerten der Tabelle 1 mitunter nicht ausreichen kann, so dass im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat, die nach der Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls einer Vielzahl von Kriterien zu einem Ergebnis führen kann, das von den Werten in Tabelle 1 (Nr. 3.1 GIRL) nach oben oder nach unten abweicht. Hieraus ergibt sich, dass bereits den in der GIRL genannten Immissionswerten keine abschließend geregelte Verbindlichkeit zukommen soll. Die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) besagen nichts Gegenteiliges, sondern bestätigen diesen Befund. Denn dort werden die „speziellen Fälle“, zu denen auch die vom Kläger angesprochene Möglichkeit der Erhöhung des Immissionswerts auf bis zu 0,25 bei Geruchsimmissionen und schutzbedürftigen Objekten im Außenbereich gehört, ausdrücklich als „Beispiele“ bezeichnet; die Auslegungshinweise schließen die Erhöhung der unter Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, genannten Immissionswerte auch in andern geeigneten Ausnahmefällen somit nicht aus. Zudem sieht Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 13/14) in begründeten Einzelfällen die Zulässigkeit weiterer Abweichungen von den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten vor. Die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 40 ff.) nennen als einen der möglichen, beispielhaft genannten Ausnahmefälle das Nebeneinander von geruchsemittierenden landwirtschaftlichen Betrieben und verweisen insoweit auf die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ (vgl. bei Feldhaus S. 42, S. 22 ff., S. 26 ff.). Wie der im Unterabschnitt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ enthaltene Hinweis auf einen ungewöhnlichen, vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall des „landwirtschaftsbezogenen Wohnens“ zeigt (B.v. 18.3.2002 - 7 B 315/02 - NVwZ 2002, 1390), kann unter besonderen Umständen sogar eine Geruchshäufigkeit von 50% noch zumutbar sein.

Zutreffend ist zwar, dass bei der Annahme, eine Geruchshäufigkeit von mehr als 25% sei noch zumutbar, auch im Außenbereich große Zurückhaltung geboten ist und der soeben genannte Wert einer Geruchshäufigkeit von 50% nicht zur regelmäßigen Beurteilung solcher Fälle herangezogen werden soll (GIRL, bei Feldhaus S. 29). Dies bedeutet aber umgekehrt, dass bei einem Nebeneinander mehrerer emittierender landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe in besonderen Einzelfällen auch derartige Geruchshäufigkeiten zumutbar sein können. Auch nach dem Regelungsgehalt und der Systematik der GIRL ist der Immissionswert von 0,25 danach keine absolute Obergrenze. Der vom Kläger (im Schriftsatz vom 11.6.2013, S. 2 und 3) auch für seinen Fall für zutreffend gehaltenen Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (U.v. 24.4.2012 - 3 K 6274/09 - juris, Rn. 85 bis 87, und B.v. 6.12.2012 - 3 L 1208/12 - juris, aufrechterhalten im B.v. 18.6.2013 - 3 K 5158/12 - juris), wonach der Wert von 0,25 die „absolut zulässige Obergrenze“ sei, ist somit nicht zu folgen. Soweit sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Urteil vom 24. April 2012 (a. a. O., Rn. 86) seinerseits auf ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, U.v. 25.3.2009 - 7 D 129/07.NE - ZfBR 2009, 482) beruft, ist dies nicht gerechtfertigt; dort findet sich eine derartige wörtliche oder sinngemäße Aussage („absolute Obergrenze“) gerade nicht; vielmehr spricht das Gericht - relativierend - stets nur von einer „regelmäßigen“ Unzumutbarkeit von Geruchshäufigkeiten oberhalb von 25%. Zur rechtlichen Bedeutung des Wertes 0,25 in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL hat sich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 25. März 2009 nicht geäußert, sondern auf die - oben genannte - frühere Entscheidung vom 18. März 2002, a. a. O. („landwirtschaftsbezogenes Wohnen“), hingewiesen, die einen solchen „Nachbarstreit“ betraf. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erwähnt zwar den vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (U.v. 25.3.2009, a. a. O., Rn. 127 und 128) betonten Unterschied zwischen einer planerischen Abwägung im Hinblick auf Geruchsbelastungen einerseits (nur diese war Gegenstand des Urteils vom 25.3.2009) und Nachbarstreitigkeiten andererseits; es meint aber zu erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eine absolute Obergrenze bei 0,25 auch zum Schutz betroffener Nachbarn anzuerkennen bereit sei (VG Düsseldorf, U.v. 24.4.2012, a. a. O., Rn. 87). Im Nachgang zum Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012, a. a. O., hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Frage, ob der genannte Wert von 0,25 eine absolute Obergrenze darstelle, ausdrücklich offen gelassen (OVG NRW, B.v. 9.12.2013 - 8 A 1451/12 - juris, Leitsatz 5 und Rn. 67 ff.), wenngleich es mit weiteren Ausführungen keinen Zweifel daran gelassen hat, dass nach den Intentionen der GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen verschiedene Umstände, die bei landwirtschaftlichen Anwesen mit Wohnungen im Außenbereich typischerweise vorliegen, schon durch die zugelassene Anhebung des nach Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, für Dorfgebiete geltenden Immissionswerts (0,15) auf 0,25 berücksichtigt werden und eine Überschreitung auch dieses Werts ganz besonderer Ausnahmegründe bedarf.

1.2. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht besondere Ausnahmegründe angenommen und dabei wesentlich darauf abgestellt, dass die am Wohnhaus des Klägers zu erwartende Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen (37% Geruchshäufigkeit) überwiegend vom Kläger selbst verursacht wird, zumal das Wohnhaus direkt neben den eigenen Stallanlagen steht (S. 14 Mitte des Urteils). Dass gleichwohl besondere Ausnahmegründe nicht vorliegen, ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger greift insofern das Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung an, ohne aber aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht den insoweit gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmen überschritten hätte (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11). Der Kläger macht geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden auch dann, wenn die zumutbare Geruchshäufigkeit - entgegen seiner Rechtsansicht - nicht bei maximal 25% liege; in diesem Fall wäre nämlich eine konkrete Einzelfallprüfung geboten, die vorliegend unterlassen oder jedenfalls fehlerhaft durchgeführt worden sei (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 4 unten, S. 5). Der Kläger bemängelt insoweit, das Verwaltungsgericht habe sich damit beschränkt, auf verschiedene Gerichtsentscheidungen zu verweisen, in denen - bei den dort zu beurteilenden Einzelfällen - höhere Geruchshäufigkeiten von bis zu 50% der Jahresstunden als zumutbar angesehen worden seien. Außerdem sei nach den Auslegungshinweisen zu Nrn. 1 und 5 GIRL (bei Feldhaus S. 29 und S 40 ff.) bei der Ermittlung der Geruchsbelastung durch den benachbarten Betrieb die im eigenen Betrieb erzeugte Belastung nicht hinzuzurechnen. Bei der anzustellenden Einzelfallbetrachtung seien daher die Geruchsimmissionen am Wohnhaus des Klägers aus seinem eigenen Betrieb nicht einzurechnen. Deshalb habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die vom angegriffenen Vorhaben verursachten Gerüche als nachrangig angesehen. Damit kann der Kläger nicht durchdringen.

Mit seinem Hinweis auf die nach seiner Ansicht vom Verwaltungsgericht missachteten Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL (Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der vom eigenen Betrieb erzeugten Geruchsbelastung) meint der Kläger wohl, bei der Einzelfallbetrachtung müsse (zugunsten des Klägers) die von seinem Betrieb verursachte Geruchsbelastung in die Gesamtbelastung einfließen, sie dürfe aber - ungeachtet ihres beträchtlichen Beitrags zur Gesamtbelastung - nicht (zu seinen Lasten) schutzmindernd bewertet werden. Derartiges ergibt sich aus den Auslegungsweisen aber nicht. Wenn vielmehr in den Auslegungsweisen zu Nr. 1 GIRL (bei Feldhaus S. 30, Abschn. 2) davon die Rede ist, dass Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen nicht in die Beurteilung der Geruchsimmissionssituation einzubeziehen sind, was auch Eingang in die Rechtsprechung (z. B. des NdsOVG, U.v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01) zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ der emittierenden landwirtschaftlichen Betriebe gefunden habe, so meint dies vielmehr das Gegenteil: Wohnhäuser, die zu benachbarten Tierhaltungsbetrieben gehören, sind in dieser „Schicksalsgemeinschaft“ von Wohnnutzungen und geruchsemittierenden Tierhaltungen, die jeweils gegenseitig sowohl Geruchsbelastungen verursachen als auch unter solchen Belastungen leiden, zwar nicht schutzlos gestellt, aber ihr Schutz ist stark gemindert. Das Verwaltungsgericht hat demzufolge die Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL zutreffend angewandt und überdies die in einer solchen „Schicksalsgemeinschaft“ berechtigte Erwägung angeführt, wonach ein Landwirt dann, wenn man seiner Wohnung innerhalb des landwirtschaftlichen Anwesens uneingeschränkte Schutzbedürftigkeit zugestände, durch Weiterführung seiner eigenen Tierhaltung einem Nachbarn jede Möglichkeit der betrieblichen Entwicklung nehmen könnte.

Demzufolge geht auch der Einwand des Klägers ins Leere, das Verwaltungsgericht habe - aufgrund der (vermeintlich) fehlerhaften Anwendung der Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL - zu Unrecht die vom streitigen Vorhaben verursachte Zusatzbelastung als nachrangig bezeichnet (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 5 oben). Vielmehr ergibt sich aus den unter Nr. 1.3 der Entscheidungsgründe (S. 12 unten des Urteils) wiedergegebenen Aussagen im immissionsschutztechnischen Gutachten des Büros h... vom 10. April 2012, dass der geplante Hähnchenmaststall mit Geflügelmistlagerung am Wohnhaus des Klägers (BUP 1) eine Zusatzbelastung von 2% verursacht, dass die derzeit vom Beigeladenen durch eine Biogasanlage und einen Rinderstall verursachte Belastung 7% beträgt, sich bei Errichtung des Hähnchenmaststalls und damit einhergehendem Wegfall des Rinderstalls aber auf 6% verringert, und dass die Gesamtbelastung bei Verwirklichung des Vorhabens (Vorbelastung durch Schweinemastbetrieb des Klägers, Biogasanlage und geplantem Hähnchenmaststall des Beigeladenen, Wegfall des Rinderstalls) 37% beträgt. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter ermittelten Anteile an der Geruchsimmissionsbelastung insgesamt sowie auch deren Höhe (37%) hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Einen Anteil von 6% bei insgesamt 37%, somit etwa ein Sechstel, als „nachrangig“ zu betrachten, stellt ein Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung dar, das die Grenzen des insoweit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmens nicht überschreitet.

1.3. Soweit der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf stützt, dass das immissionsschutztechnische Gutachten einen falschen tierartspezifischen Faktor angesetzt und veraltete meteorologische Daten aus dem Jahr 2002 eines etwa 30 km entfernt gelegenen Messstandorts zugrundegelegt habe, kann ihm nicht gefolgt werden.

Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass in Nr. 4.6 GIRL, Tabelle 4 (bei Feldhaus S. 13), ein Gewichtungsfaktor von 1,5 (das ist der vorliegend vom Gutachter verwendete Faktor) für die tierartspezifische Geruchshäufigkeit von Mastgeflügel (Puten, Masthähnchen) vorgesehen ist. Der Kläger hat weder in seinem in der (ersten) mündlichen Verhandlung vom 20. November 2012 - nur bedingt - gestellten Beweisantrag noch in der Begründung seines Zulassungsantrags dargelegt, weshalb die Anwendung des in Nr. 4.6 GIRL vorgesehenen tierartspezifischen Faktors methodisch oder aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse fehlerhaft sein soll. Seiner Antragsbegründung mangelt es deshalb an der gebotenen, von schlüssigen Gegenargumenten gestützten konkreten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts.

Gleiches gilt für den Einwand, dem Gutachten hätten ungeeignete meteorologische Daten zugrunde gelegen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unter Nr. 1.8 der Entscheidungsgründe über nahezu eine ganze Seite dargelegt und detailliert begründet, weshalb weder im Hinblick auf die Vergleichbarkeit des Messstandortes mit dem Vorhabensstandort noch in Bezug auf die Eignung älterer Wetterdaten Bedenken bestünden und dass zudem der auf diesem Gebiet hochkompetente Deutsche Wetterdienst keine Zweifel an der Verwendbarkeit der Daten geäußert habe. Hiermit hat sich der Kläger in keiner Weise auseinander gesetzt.

1.4. Erfolglos macht der Kläger geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden im Hinblick auf die - vom Verwaltungsgericht verneinten - erheblichen nachteiligen Einwirkungen von Ammoniakimmissionen auf den landwirtschaftlichen Grundstücken des Klägers (BUP 2, 4 und 5). Das Verwaltungsgericht hat auf S. 17 des angegriffenen Urteils unter Nr. 3.1 die Kriterien referiert, nach denen zu prüfen ist, ob erheblich nachteilige Ammoniakbelastungen vorliegen; unter Nr. 3.2 (S. 17/18) hat es sodann die im immissionsschutztechnischen Gutachten vorgenommenen Schritte - einschließlich einer Sonderfallbeurteilung mittels Ausbreitungsrechnung - dargelegt und nachvollzogen bis zu dem Ergebnis, dass angesichts einer in Bayern angenommenen maximalen ländlichen Hintergrundbelastung von 3 µg/m³ im vorliegenden Fall davon ausgegangen werde, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, womit schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten (S. 46 des Gutachtens). Das Gericht hat zwar nicht ausdrücklich, aber mit dieser Wiedergabe schlüssig zu erkennen gegeben, dass es das Gutachten insoweit für nachvollziehbar hält und keinen Grund zur Beanstandung sieht. Demgegenüber beschränkt sich der Kläger in der Antragsbegründung auf die Rüge, „eine konkrete weitergehende Überprüfung, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liegt“, sei im Gutachten unterlassen worden, eine konkrete Einzelfallprüfung sei nicht erfolgt. Er meint, das „pauschale Abstellen“ darauf, dass bei Annahme einer maximalen ländlichen Hintergrundbelastung in Bayern von 3 µg/m³ davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, wodurch schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten, genüge nicht, das Verwaltungsgericht hätte auch insoweit dem gestellten Beweisantrag nachkommen müssen.

Auch dieser Vortrag genügt jedoch nicht den Anforderungen an die gebotene Auseinandersetzung in der Begründung des Zulassungsantrags mit den entscheidungstragenden Gründen des Urteils. Der Kläger behauptet zwar die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens, legt aber nicht dar, inwiefern entweder dem immissionsschutztechnischen Gutachten unzutreffende Tatsachen als Anknüpfungspunkte zugrunde lägen, das Gutachten rechtliche Vorgaben fehlerhaft angewandt oder missachtet habe, wissenschaftlich methodisch fehlerhaft wäre oder unter welchen anderen rechtserheblichen Mängeln es litte mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht dem Gutachten nicht hätte folgen dürfen.

1.5. Erfolglos stützt der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch darauf, dass das streitige Vorhaben seine Rechte verletze, weil es schädliche Umwelteinwirkungen durch luftgetragene Schadstoffe (Bioaerosole) emittiere. Die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts stehen in der Begründung und im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung insbesondere des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat sich im Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149 und 22 ZB 122 ZB 12.151 - juris, Rn. 16 bis 18, ausführlich mit der vom Kläger angesprochenen Problematik befasst. Er hat dargelegt, dass in Fällen von Geflügelmastanlagen, von denen Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger ausgehen können, das Immissionsschutzrecht derzeit keinen Gesundheitsschutz für Menschen gegen solche Schadstoffe vermitteln kann, weil der Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, und dass es verbindliche Grenzwerte für Keimemissionen oder Keimimmissionen nicht gibt. Die Risiken derartiger Immissionen sind nach den fachlichen Einschätzungen u. a. des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und des Bayerischen Landesamts für Umwelt, denen der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist, nicht abschließend quantifizierbar. Kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt; es fehlen wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgehen. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher im dort entschiedenen Fall (B.v. 22.3.2012, a. a. O.) angenommen, dass - entgegen der vorliegenden Antragsbegründung - die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung nicht den Grad eines generellen Besorgnispotenzials überschreitet und somit zwar über das - nicht drittschützende - Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen ist, aber nicht den Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auslösen kann mit der Folge, dass auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ausgeschlossen ist. An dieser Ansicht hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst im Beschluss vom 12. März 2014 - 22 ZB 13.2382 - juris, Rn. 17, festgehalten und ausgeführt, solange der Ursachenzusammenhang zwischen potentiellen Emissionen einerseits und den Beeinträchtigungen andererseits, die bis zu ernsten Gesundheitsschäden bei manchen Menschen reichen können, derart ungewiss und wenig erforscht ist wie im Fall von Bioaerosolen, komme allein die Anwendung des Vorsorgegrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG) in Betracht.

Die wenig substantiierten Ausführungen des Klägers in der Klagebegründung vom 31. August 2012 (S. 10) und die noch knappere Darlegung in der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. unten, S. 7 oben) sind nicht geeignet, diese Bewertung in Frage zu stellen. Der Kläger hat allgemein die starke Belastung der Luft in Tierställen mit Bioaerosolen und den Umstand angeführt, dass in Hähnchenmastställen diese Konzentration am höchsten sei und regelmäßig die MAK-Werte für einatembaren und alveolengängigen Staub übersteige. Mit diesem Vortrag übersieht der Kläger indes, dass gerade der Wert für die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) zwar Aussagen hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung von Arbeiten innerhalb des Tierstalls ermöglicht, aber keine zuverlässigen Folgerungen bezüglich der Immissionen außerhalb des Stalls, an benachbarten Grundstücken erlaubt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 12. März 2014 darauf hingewiesen, dass - nach einer im dortigen Verfahren abgegebenen fachlichen Stellungnahme des LGL vom 7. Juni 2010 - die Gefährlichkeit von Krankheitserregern in der Stallinnenluft wesentlich größer ist als in der Außenluft, was u. a. auf die schwach ausgeprägte Überlebensfähigkeit vieler Keime unter normalen Wetterbedingungen zurückzuführen ist (BayVGH, B.v. 12.3.2014, a. a. O., Rn. 19).

1.6. Soweit der Kläger erstmals mit dem Schriftsatz vom 11. Juni 2013 ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Bezug auf die vom streitigen Vorhaben zu befürchtende Vernässung seines landwirtschaftlichen Grundstücks FlNr. 1021 der Gemarkung B. geltend macht, liegt sein Vortrag außerhalb der zweimonatigen Antragsbegründungsfrist und ist daher unbeachtlich (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Abgesehen davon hat sich das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger geltend gemachten Gefahr, dass infolge der großflächigen Versiegelung des Stallgrundstücks Niederschlagswasser von dort aus sein Ackergrundstück FlNr. 1021 überfluten könne, im Urteil befasst; es hat diesbezügliche Befürchtungen des Klägers als unsubstantiiert und ohne ausreichende Tatsachengrundlage angesehen (Nr. 4.3 der Entscheidungsgründe auf S. 19 des Urteils). Überschwemmungsereignisse, die nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten sind, sind nicht zu berücksichtigen. Abgesehen davon haben sie für sich genommen keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie auch unabhängig von der bescheidsgemäßen Verwirklichung des strittigen Vorhabens eintreten könnten.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat der Kläger nicht dargelegt (Nr. 2 auf S. 7/8 der Antragsbegründung vom 24.4.2013). Der insoweit einzige, vom Kläger substantiiert angesprochene Gesichtspunkt des Immissionswertes von 0,25 (Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL) lässt sich - wie oben unter 1.2 geschehen - anhand der einschlägigen Regelungen in der GIRL, der Auslegungshinweise zur GIRL und unter Rückgriff auf die bisher ergangene Rechtsprechung zur Rechtsnatur der GIRL (vgl. oben 1.1.1) abarbeiten. Ferner weichen die tatsächlichen Details des vorliegenden Falls von anderen entschiedenen Fällen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht wesentlich ab.

3. Auch Verfahrensmängel in Gestalt der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht erfolgreich darzulegen. Der Kläger beanstandet insoweit die Behandlung derjenigen - bedingt gestellten - Beweisanträge durch das Verwaltungsgericht, die eine Immissionsbelastung durch Gerüche, Ammoniak und Bioaerosole betreffen (Beweisanträge Nrn. 1 bis 3 und 5). Dem ist nicht zu folgen.

Der „zum Beweis der Tatsache, dass ... schädliche Umwelteinwirkungen in Form von unzumutbaren Geruchsimmissionen verursacht werden“ gestellte Beweisantrag Nr. 1 war - wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe (S. 20 des Urteils) ausgeführt hat - nicht auf eine konkrete und individualisierte Tatsache, sondern auf die Ermittlung des durch richterliche Subsumtion zu klärenden Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 BlmSchG gerichtet und schon deshalb abzulehnen.

Entsprechendes gilt für den abgelehnten Beweisantrag Nr. 3 „zum Beweis der Tatsache, dass die geplante Anlage die auf dem Grundstück des Klägers ... liegenden Biotope des Klägers unzumutbar beeinträchtigt“. Die Unzumutbarkeit einer Beeinträchtigung ist keine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff. Versteht man als eigentlichen Gegenstand des Beweisantrags die als Begründung hierzu vom Kläger genannten Umstände (Höhe der Ammoniakeinträge, Überschreitung der Irrelevanzschwelle von 3 µg/m³ sowie der Gesamtbelastung von 10 µg/m³), so ist der selbstständig tragende Ablehnungsgrund des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach die behaupteten Tatsache durch das vom Beigeladenen vorgelegte Gutachten ausreichend widerlegt und der Kläger dem Gutachten nicht substantiiert entgegen getreten ist (Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe, S. 20 des Urteils). Für diesen Fall erkennt die Rechtsprechung die Zulässigkeit der Ablehnung eines Beweisantrags an, ohne dass damit gegen die Grundsätze der Überzeugungsbildung oder den Untersuchungsgrundsatz verstoßen würde (Happ, a. a. O., § 86 Rn. 39, 44 m. w. N.).

Die mit dem Beweisantrag Nr. 2 unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Zusatzbelastung an Geruchsimmissionen durch den geplanten Hähnchenmaststall mit Mistlagerung am Wohnhaus des Klägers die Irrelevanzgrenze überschreite, zu einer Erhöhung der Geruchsbelastung führe und im Rahmen der Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen die Immissionsbelastung von 15% der Jahresstunden überschritten werde, hat das Verwaltungsgericht als wahr unterstellt und deshalb - verfahrensfehlerfrei - den Beweisantrag abgelehnt (Nr. 5.2 der Entscheidungsgründe).

Den Beweisantrag Nr. 5 „zum Beweis der Tatsache, dass durch die geplante Anlage am Wohnhaus und Grundstück des Klägers eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Bioaerosolimmissionen verursacht wird“ hat das Verwaltungsgericht - verfahrensfehlerfrei - mit der Begründung abgelehnt, dass eine Zumutbarkeitsgrenze für Bioaerosolimmissionen nicht existiert (Nr. 5.5 der Entscheidungsgründe, S. 21 des Urteils). Hinzu kommt, dass eine Beweisaufnahme zur Schließung fachwissenschaftlicher Wissenslücken in Bezug auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen von Bioaerosolen verfehlt wäre, weil ihre Ergebnisse die zur Herbeiführung eines neuen Erkenntnisstands nötigen weiteren wissenschaftlichen Studien und deren fachliche Diskussion nicht ersetzen könnten; eine eigenständige Risikobewertung durch Behörden und Gerichte wäre erst dann möglich und erfolgversprechend, wenn die Forschung so weit fortgeschritten wäre, dass die Fragen anhand gesicherter Befunde von anerkannter wissenschaftlicher Seite geklärt werden könnten (BayVGH, B.v. 22.3.2012, a. a. O., Rn. 18, unter Hinweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.2.2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 ff.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz: Streitwert für die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 2.7.2012 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 15.1.2013).

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 9. September 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,- € festgesetzt.


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Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 9. September 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,- € festgesetzt.


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Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.. Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013, mit welcher diesem die Errichtung einer Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 der Gemarkung P. genehmigt wurde.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich und nördlich vom Baugrundstück gelegenen Grundstücks FlNr. 99 der Gemarkung P. Auf dem östlichen Teil des Grundstücks befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Klägers mit Wohnhaus, kleinem Wirtschaftsgebäude sowie einem großen, in mehrere Nutzungseinheiten aufgeteiltem Stall- und Betriebsgebäude samt geschlossener Güllegrube. Der Kläger betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung (Milchvieh und Kälberaufzucht). Der westliche Teil des klägerischen Grundstücks ist unbebaut und landwirtschaftlich genutzt. Östlich und nördlich der klägerischen Hofstelle befindet sich Wohnbebauung. Das klägerische Grundstück wird auf seiner Westseite durch den Lohfeldweg erschlossen, der sich auf Höhe der Hofeinfahrt nach Norden hin verengt und als nicht asphaltierter Feldweg entlang des Baugrundstücks weiterführt. Entlang der Ostseite des Lohfeldwegs befindet sich ebenfalls Wohnbebauung. Die Westseite des Lohfeldwegs ist mit vier Wohnhäusern bebaut. Das genehmigte Doppelhaus erweitert die Wohnbebauung auf der Westseite nach Norden hin um zwei weitere Wohnhäuser. Das Stallgebäude liegt ca. 15 m an der engsten Stelle von dem Doppelhaus entfernt.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2006 erteilte der Beklagte einen Vorbescheid zur Errichtung zweier Doppelhaushälften mit Garagen und Carports auf dem damaligen Grundstück FlNr. 159/4 (nach Teilung nun FlNr. 159/7 und 159/4). Der Vorbescheid enthielt u. a. folgende Nebenbestimmungen:

„1. Der Neubau eines Doppelhauses mit Garagen und Carports ist unter der Voraussetzung planungsrechtlich zulässig, dass wegen des auf Flurnr. 99 der Gemarkung P. befindlichen Stalles wie beantragt (Ihr Telefax vom 11.04.06) der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorgesehen wird, die die Frischluft von der Immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne das Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.

5. Der Grundriss des Doppelhauses ist so zu gestalten, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind.“

Der Vorbescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 26. August 2009 wurde erneut ein nahezu wortgleicher Vorbescheid erteilt, da der frühere Vorbescheid bereits abgelaufen war. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger zugestellt. Mit Bescheid vom 23. Juli 2012 wurde die Geltungsdauer des Vorbescheids vom 26. August 2009 bis zum 29. August 2014 verlängert. Eine Zustellung dieses Verlängerungsbescheids an den Kläger unterblieb.

Unter dem 22. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1. den Erlass einer Baugenehmigung für eine Doppelhaushälfte mit Garage, Carport und Stellplatz auf dem Grundstück FlNr. 159/4 (nördliche Teilfläche, nach Teilung FlNr. 159/4). Mit Bescheid vom 21. März 2013 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung. Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 ergänzte der Beklagte die Baugenehmigung u. a. um folgende Nebenbestimmung:

„4. Es ist der Einbau einer Be- und Entlüftungsanlage vorzusehen, die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite des Doppelhauses ansaugt und damit die Belüftung der Räumlichkeiten (auch ohne Öffnen der Fenster) mit Frischluft sicherstellt.“

Beide Bescheide wurden dem Bevollmächtigten des Klägers am 10. Juni 2013 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2013 erhob der Kläger Klage gegen die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids. Das Verwaltungsgericht hob daraufhin die Baugenehmigung in der Fassung des Änderungsbescheids mit Urteil vom 23. Juli 2014 auf. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Bauvorhaben befinde sich im Außenbereich und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Von der zulässigerweise betriebenen Landwirtschaft des Klägers gingen Geruchsimmissionen aus, welche den Grad der Zumutbarkeit überschreiten würden. Der östliche Bereich des Doppelhauses liege mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstüre in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen zu vermuten seien. Der restliche Teil des Doppelhauses befinde sich in einem Bereich, in welchem schädliche Umwelteinwirkungen erst anhand einer Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden könnten. Die mit dem Änderungsbescheid verfügte architektonische Selbsthilfe sei nicht geeignet, die Rücksichtslosigkeit des Wohnbauvorhabens gegenüber dem Kläger auszuschließen. Diese hätten ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren, wonach nach Auffassung des Erstgerichts gerade im ländlichen Raum das Öffnen von Fenstern zählen würde, egal ob es sich um schutzwürdige Räume oder wie vorliegend um Bäder, WCs oder Wirtschaftsräume handle. Auch die Eingangstür liege noch im Bereich unzumutbarer Geruchsbeeinträchtigungen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2016 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zugelassen.

Der Beklagte macht geltend, dass die Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Haushälfte 15,7 m betrage. Der Beigeladene zu 1. habe im Wege der architektonischen Selbsthilfe eine Be- und Entlüftungsanlage eingebaut und die schutzwürdigen Wohnräume (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) auf der dem Stallgebäude abgewandten Westseite seiner Doppelhaushälfte angeordnet. Diese Maßnahmen führten dazu, dass das Bauvorhaben gerade keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt sei und damit das Rücksichtnahmegebot gegenüber dem Kläger nicht verletzt werde. Es gebe im Bereich der Rinderhaltung keine gesetzlichen Regelungen zu Geruchsbelastungen. Vielmehr werde von der Rechtsprechung eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls verlangt. Vorhandene technische Regelwerte dienten nur als Orientierungshilfe. Vorliegend war zudem der Beklagte durch den zuletzt verlängerten Vorbescheid gebunden. Zum Zeitpunkt der Verlängerung mit Bescheid vom 23. Juli 2012 konnte noch nicht auf die VDI 3894 Blatt 2 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen, Methode zur Abstandsbestimmung“ mit Stand November 2012 abgestellt werden. Das Landratsamt habe sich richtigerweise auf die Abstandsregelung für Rinderhaltung des Bayer. Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 in der Fassung vom März 2009 gestützt. Danach liegt die Ostseite des Gebäudes mit einem öffenbaren Fenster sowie der Eingangstür in dem Bereich, wo schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Daher habe der beigeladene Bauherr eine Be- und Entlüftungsanlage geplant sowie die schutzwürdigen Räume nach Westen hin angeordnet. Die Ansauganlage für die Be- und Entlüftungsanlage befinde sich ca. 33 m vom nächstgelegenen Stallfenster entfernt. Bei dieser Entfernung sei eine Einzelfallprüfung erforderlich. Nach dem vorgelegten Gutachten sei hier mit einer Geruchswahrnehmungshäufigkeit von 14 bis 15% der Jahresstunden zu rechnen. Zudem treffe den Beigeladenen zu 1. aufgrund seiner Lage benachbart zu einer bestehenden Landwirtschaft eine höhere Duldungspflicht. Das Baugrundstück liege in einer dörflichen Umgebung und sei bereits durch den klägerischen Betrieb vorbelastet. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wohnkomfort betreffe die TA Lärm und sei nicht unmittelbar auf Geruchsbelästigungen anwendbar. Im Ergebnis könne im Rahmen der Einzelfallbetrachtung nicht von unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgegangen werden.

Der Beigeladene zu 1. führt aus, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Geruchsbelastung der östlich gelegenen Wohnbebauung sei deutlich höher als am Baugrundstück. Am Baugrundstück sei bei einer Einzelfallbeurteilung davon auszugehen, dass die Zumutbarkeitsschwelle nicht überschritten sei. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur architektonischen Selbsthilfe bei Lärm sei in Ermangelung eines der TA Lärm vergleichbaren technischen Regelwerks nicht unmittelbar anwendbar. Konkrete Erweiterungsabsichten des klägerischen Betriebs lägen nicht vor. Nur theoretische Erweiterungsmöglichkeiten seien jedoch nicht zu berücksichtigen. Das Erstgericht sei zudem von einem falschen Schutzniveau ausgegangen, da sich das Bauvorhaben in einem Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich befinde. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sei der Immissionskonflikt durch die Anordnung der Räume und die eingebaute Be- und Entlüftungsanlage gerade gelöst worden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juli 2013 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen zu 1. sei unzumutbaren Geruchsimmissionen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers ausgesetzt, was auch der Beklagte bestätige. Das Erstgericht habe die zur Verfügung stehenden Orientierungshilfen richtig angewandt. Architektonische Selbsthilfe sei vorliegend nicht möglich, denn anders als beim Lärm könne Geruch gerade nicht ausgesperrt werden. Geruch komme über jede Öffnung der Fassade in ein Gebäude und verteile sich dort. Der Geruch könne im Gebäude auch nicht verdünnt werden. Auch die Frischluftansaugstelle liege in einem geruchsbelasteten Bereich. Entsprechend sei die angeordnete architektonische Selbsthilfe untauglich. Ein Mindestmaß an Wohnkomfort könne nicht gewährleistet werden. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, ein Wohngebäude zumindest teilweise durch das Öffnen von Fenstern und Türen zu lüften. Eine ausreichende Belüftung im Sinn von Art. 45 Abs. 2 BayBO liege nicht mehr vor, wenn ein gesamtes Haus ausschließlich über eine Belüftungsanlage mit Frischluft versorgt werde. Selbst bei Passivhäusern gehöre das Öffnen von Fenstern bei bestimmten Temperaturen zum Wohnstandard. Auch habe das Erstgericht die Entwicklungsmöglichkeiten des Klägers zutreffend in die Abwägung eingestellt. Der Kläger habe nur noch eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten. Diese nicht zu berücksichtigen, wäre ein Fehler gewesen, auch wenn derzeit keine konkreten Erweiterungspläne vorlägen. Das Doppelhaus, das als ein Gebäude zu betrachten sei, verletze zudem das Abstandsflächenrecht, da es das 16 m-Privileg vor drei Fassaden, im Norden, im Osten und im Süden in Anspruch nehme.

Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Erstgerichts und die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Akten im Parallelverfahren Az. 2 B 16.236 sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind begründet. Die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung vom 21. März 2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Mit dem Erstgericht geht der Senat davon aus, dass das Baugrundstück sich nicht mehr innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB befindet sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 BauGB. Dort ist das Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben nicht zulässig, da es öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. widerspricht bereits den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), welcher das Baugrundstück als „Fläche für die Landwirtschaft“ darstellt. Damit ist die Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsgenehmigung objektiv rechtswidrig.

2. Der Kläger als Nachbar kann jedoch eine Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch seinem Schutz dienen. Dies ist hier nicht der Fall.

In Betracht käme lediglich die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger, welches sich für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme läge hier nur dann vor, wenn das Bauvorhaben des Beigeladenen zu 1. schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre, wie sie § 3 Abs. 1 BImSchG beschreibt. Der Kläger betreibt in zulässiger Weise eine geruchsintensive Landwirtschaft, welche vorliegend jedoch keine Auswirkungen auf das Baugrundstück hat, die den Grad der Unzumutbarkeit erreichen.

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche gibt es keine allgemein gültigen Regelungen ähnlich der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft). Im Rahmen seiner tatrichterlichen Bewertung kann das Gericht jedoch auf Regelwerke als Orientierungshilfe zurückgreifen, die in der landwirtschaftlichen Praxis entwickelt wurden. So bilden nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B. v. 11.3.2013 - 14 ZB 12.2073 - juris; B. v. 24.4.2012 - 2 ZB 10.2894 - juris; B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl 2007,758) die Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik der Technischen Universität München/Weihenstephan „Geruchsimmissionen aus Rinderställen“ vom März 1994 („Gelbes Heft 52“) und „Geruchsfahnenbegehung an Rinderställen“ vom Juni 1999 („Gelbes Heft 63“) brauchbare Orientierungshilfen, um die Schädlichkeit von Geruchsimmissionen auf Wohnbebauung ermitteln zu können. Gleiches gilt für die „Abstandsregelung für Rinderhaltungen“ des bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ vom Oktober 2002 - fortgeschrieben März 2009 und Oktober 2013 - (vgl. BayVGH, B. v. 18.4.2011 - 15 ZB 09.1763 - juris; B. v. 3.2.2011 - 1 ZB 10.718 - juris). Als drittes Regelwerk zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Tierhaltungsbetrieben verursachten Gerüche sind die Regelungen der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 mit einer Ergänzung vom 10. September 2008 in der Rechtsprechung als zulässige Orientierungshilfe für den Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung anerkannt (vgl. BVerwG, B. v. 2.12.2013 - 4 BN 44.13 - juris; BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; B. v. 23.4.2014 - 2 ZB 11.2057 - juris).

Vorliegend hat das Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts in seiner immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 12. April 2006 im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens (Vorbescheidsakte Bl. 25-27) festgestellt, dass das Bauvorhaben bei einem Abstand von ca. 15 m zum Rinderstall mit ca. 5 m (Ostseite des Gebäudes) im „roten Bereich“ (schädliche Umwelteinwirkungen sind zu erwarten) nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltungen“ des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ zu liegen kommt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts beim Augenschein (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 23. Juli 2014, Bl. 147 ff. der erstinstanzlichen Gerichtsakte) beträgt die kürzeste Entfernung zwischen dem nächstgelegenen Stallfenster und dem nächstgelegenen Fenster der nördlichen Doppelhaushälfte 15,70 m bzw. dem nächstgelegenen Fenster der südlichen Doppelhaushälfte 16,20 m. Die Doppelhäuser weisen eine Tiefe von 12,99 m auf, so dass der überwiegende Teil des Gebäudes im „grauen Bereich“ (Detailbeurteilung erforderlich) zu liegen kommt. Das Fenster im Koch-/Essbereich der nördlichen Doppelhaushälfte befindet sich in einer Haustiefe von ca. 4,60 m (gemessen im Eingabeplan). Es dürfte sich daher ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts bereits im „grauen Bereich“ befinden. Zudem verfügt der Koch-/Essbereich noch über ein weiteres, westlicher gelegenes Fenster in der Nordfassade sowie die Terrassentür in der Westfassade, so dass das östlichere Fenster nicht zwingend zur Belüftung erforderlich ist. Das Sachgebiet Immissionsschutz hat als Auflagen eine Be- und Entlüftungsanlage, welche die Frischluft von der immissionsabgewandten Westseite ansaugt, sowie eine Gestaltung des Grundrisses in der Form, dass auf der dem Stall zugewandten Ostseite keine zum Lüften notwendigen Fenster von schutzwürdigen Räumen (Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer) angeordnet sind, vorgeschlagen. Der Einbau eine Be- und Entlüftungsanlage wurde im Änderungsbescheid vom 6. Juni 2013 beauflagt.

Der Beigeladene zu 1. hat zwei Gutachten der Fa. ... zur Beurteilung der Geruchsbelastung vorgelegt. Das Gutachten vom 4. Februar 2014 unter Anwendung der GIRL kommt zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Luftzufuhreinrichtung der Belüftungsanlage eine Wahrnehmungshäufigkeit von maximal 0,15 (15% der Jahresstunden) auftreten wird, womit von der Einhaltung der Immissionswerte für ein Dorfgebiet auszugehen sei. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass sich das Bauvorhaben im planungsrechtlichen Außenbereich befindet und damit eine geringere Schutzwürdigkeit besitzt. Bereits bei im Dorfgebiet liegenden Wohngebäuden, die sich jedoch am Rand zum Außenbereich befinden, ist die Schutzwürdigkeit herabgesetzt und ein Zwischenwert zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zu bilden, was zu einem Immissionswert von bis zu 0,20 führen kann. Im Außenbereich kann es sogar bis zu 0,25 sein (vgl. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, „Zuordnung der Immissionswerte“). Denn der Außenbereich dient dazu, nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben wie landwirtschaftliche Betriebe unterzubringen, so dass Eigentümer von Wohngebäuden im Randgebiet zum Außenbereich jederzeit mit der Ansiedlung solcher Betriebe rechnen müssen und ihr Schutzanspruch deswegen gemindert ist (vgl. BayVGH, B. v. 3.5.2016 - 15 CS 15.1576 - n. v.; OVG LSA, U. v. 24.3.2015 - 2 L 184/10 - juris). Auch dieses Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass an der Ostfassade eine Wahrnehmungshäufigkeit von 0,19 bis 0,25 (19% bis 25% der Jahresstunden) auftritt.

Im zweiten Gutachten vom 13. Oktober 2014 wurde eine Betrachtung nach dem „Gelben Heft 63“ durchgeführt. Danach ist in 13% bis 15% der Jahresstunden (vgl. Gutachten S. 18) mit erkennbaren Gerüchen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich der streitgegenständlichen Wohnbebauung zu rechnen.

Festzuhalten ist, dass nach allen drei als Orientierungshilfen heranziehbaren Regelwerken auf der Ostseite des Doppelhauses die Grenze zur unzumutbaren Geruchsbelästigung erreicht ist, wohingegen alle drei Beurteilungen davon ausgehen, dass an der Westseite und insbesondere im Bereich der Luftzufuhreinrichtung für die Be- und Entlüftungsanlage die Immissionswerte sogar für ein Dorfgebiet eingehalten werden können.

Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist jedoch als gegenseitiges Rücksichtnahmegebot ausgestaltet, wie es auch der Verordnungsgeber in der Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 BauNVO zum Ausdruck bringt. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt das nicht nur zu Beschränkungen desjenigen, welcher Immissionen verursacht, sondern auch zu gewissen Duldungspflichten desjenigen, welcher sich solchen Immissionen aussetzt. Daraus folgen Obliegenheiten des Emittenten wie beispielsweise zu baulichen Vorkehrungen zur Minderung der Emission. Umgekehrt kann einem Bauherrn, der mit seinem Wohnbauvorhaben an eine Emissionsquelle heranrückt, seinerseits die Obliegenheit treffen, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare bauliche Vorkehrungen zu treffen, welche die Störung der Wohnnutzung spürbar mindern. So hat der Bauherr grundsätzlich auch eine Obliegenheit, durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen, z. B. durch eine entsprechende Ausrichtung des Gebäudes auf dem Grundstück, durch den äußeren Zuschnitt des Hauses, durch eine immissionsabgewandte Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, gegebenenfalls auch durch die immissionsmindernde Gestaltung der Außenwohnbereiche auf Geruchsimmissionen eines benachbarten Rinderstalls Rücksicht zu nehmen (vgl. BayVGH, U. v. 23.11.2004 - 25 B 00.366 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten des Klägers nicht vor. Der Beigeladene zu 1. hat alle baulichen Möglichkeiten zur Minderung der Geruchsbelästigung auf seinem Grundstück umgesetzt. Zur Ostseite hin liegen lediglich nicht schutzwürdige Räumlichkeiten, wohingegen die Wohn- und Schlafräume sich auf der weniger belasteten Westseite befinden. Zudem ist eine Be- und Entlüftungsanlage vorhanden, welche die Frischluftzufuhr ebenfalls auf der weniger belasteten Westseite des Grundstücks hat. Diese Maßnahmen der architektonischen Selbsthilfe sind nach Auffassung des Senats vorliegend nicht nur ausreichend, um eine dauerhafte Konfliktlösung zu erreichen, sie sind auch zulässig und geeignet.

Zwar haben Maßnahmen architektonischer Selbsthilfe grundsätzlich ein Mindestmaß an Wohnkomfort zu wahren. Unabhängig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur TA Lärm (vgl. U. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 - juris) insoweit auf Geruchsbelästigungen anzuwenden ist, ging es in der damaligen Entscheidung um die Wahrung des Mindestmaßes an Wohnkomfort in schutzwürdigen Räumlichkeiten. Dazu zählen jedoch lediglich Wohnräume, Schlafräume oder Kinderzimmer, nicht aber sonstige Räume wie hier ein Wirtschaftsraum, Bad oder WC sowie Flure. Ausschlaggebend waren die Wahrung der Kommunikationssituation im Innern sowie das Ruhebedürfnis und der Schlaf, was ausschließlich schutzwürdige Räumlichkeiten betrifft. „Nebenräume“, die nicht zum längeren Aufenthalt dienen, unterliegen generell einer geringeren Schutzwürdigkeit, unabhängig davon, ob eine Störung durch Lärm oder Gerüche inmitten steht. Eine Übertragung der Rechtsprechung auf nicht schutzwürdige Räume ist aus Sicht des Senats weder geboten noch sinnvoll. Der Senat ist der Auffassung, dass gerade im ländlichen Raum öffenbare Fenster jedenfalls dann nicht zum Mindestmaß an Wohnkomfort zählen, wenn sie sich in nicht schutzwürdigen Räumen befinden. Gerade im ländlichen Raum ist von höheren Geruchsbelastungen auszugehen als im städtischen Raum, insbesondere bei einer Randlage zum Außenbereich oder im Außenbereich. Art. 45 Abs. 2 Satz 1 BayBO verlangt eine ausreichende Belüftung und Belichtung lediglich von Aufenthaltsräumen. Zu letzteren zählen jedoch weder Bäder und WCs noch Flure und Treppenhäuser. Diese können auch gänzlich ohne Fenster errichtet werden. Eine Unterscheidung, ob sich ein Gebäude im ländlichen oder städtischen Raum befindet, trifft die Bayerische Bauordnung nicht. Insoweit können auch keine Unterschiede hinsichtlich des Wohnkomforts angenommen werden. Im Übrigen verfügen Passivenergiehäuser über ähnliche Belüftungsanlagen, ohne dass diese dort eine Geruchsbelästigung verhindern bzw. ausgleichen sollen oder dies als Einschränkung des Wohnkomforts gesehen wird. Weiterhin steht die Tatsache, dass die Fenster auf der Ostseite grundsätzlich öffenbar sind, sowie die notwendigerweise öffenbare Wohnungstür auf der Ostseite einer dauerhaften Konfliktlösung nicht entgegen. Der Bauherr kann sich im Einzelfall im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme nachträglich gerade nicht darauf berufen, dass er seinen Obliegenheiten nicht nachkommt, weil er die Fenster öffnet oder die Be- und Entlüftungsanlage nicht betreibt. Dies würde eine Pflichtverletzung seinerseits darstellen. Im Hinblick auf die Wohnungstür ist davon auszugehen, dass ein dauerhaftes Offenstehen nicht erfolgen wird. In diesem Fall wäre die Be- und Entlüftungsanlage nicht mehr funktionsfähig. Ein kurzzeitiges Öffnen zum Betreten oder Verlassen des Hauses ist hingegen unschädlich, da durch den von der Be- und Entlüftungsanlage erzeugten dauerhaften Überdruck ein Eindringen von Luft von außen für einen gewissen Zeitraum verhindert wird (vgl. Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.5.2016 S. 3). Im Übrigen wird durch die Be- und Entlüftungsanlage die Geruchsbelästigung, die beim Öffnen der Tür entsteht, in kurzer Zeit wieder neutralisiert.

Hinsichtlich der Luftzufuhreinrichtung ist festzuhalten, dass sie bei der Beurteilung nach der GIRL sowie dem „Gelben Heft 63“ in einem Bereich liegt, der zwar Geruchsbelästigungen ausgesetzt ist, in dem aber die Immissionswerte für ein Dorfgebiet eingehalten werden. Bei der Beurteilung nach den „Abstandsregelungen für Rinderhaltung“ liegt die Luftzufuhreinrichtung noch im „grauen Bereich“. Hier ist jedoch eine Detailbeurteilung im Einzelfall erforderlich, die gerade im Hinblick auf die unproblematische Lage nach den beiden anderen als Orientierungshilfe heranziehbaren Regelwerken und die vorgenommene, zulässige architektonische Selbsthilfe zugunsten des Bauherrn ausfällt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.