Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Feb. 2014 - 13 A 351/12
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 ist insoweit wirkungslos.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
3Die Klägerin bietet auf der Webseite www.xx.com Sportwetten an. Nach eigenen Angaben verfügt sie über eine entsprechende Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde. Bei Aufruf der Internetseite aus Nordrhein-Westfalen erschien diese seit dem November 2010 in deutscher Sprache, wobei am rechten oberen Bildrand eine Sprachwahl zwischen Englisch und Deutsch ermöglicht wurde. Derzeit erscheint bei einem Aufruf der Webseite aus Nordrhein-Westfalen der Hinweis „aus rechtlichen Gründen ist diese Seite aus Nordrhein-Westfalen vorübergehend nicht zu erreichen“. Auf der Internetpräsenz zum Partnerprogramm der Klägerin unter www…partner.de, die mit der Webseite www.xx.com verlinkt ist, heißt es unter dem Menüpunkt „Unternehmen-Struktur“ auch heute noch: „In Deutschland bietet die ..Ltd. (zuvor ausgeschrieben mit XX Ltd.) ihr breitgefächertes Angebot an Sportwetten über ein Franchisepartner-Netzwerk bestehend aus mehr als 100 Filialen und über die Online-Wettplattform www.xx.com an“.
4Mit Ordnungsverfügung vom 23. November 2010 - zugestellt per Einschreiben mit Rückschein auf Malta - untersagte die Bezirksregierung E. der Klägerin nach erfolgter Anhörung, in Nordrhein-Westfalen, insbesondere mit den unter der Domain www.xx.com aufrufbaren Angeboten, im Internet öffentliches Glücksspiel i. S. d. § 3 GlüStV zu veranstalten (Ziffer 1). Nach Ziffer 2 der Untersagungsanordnung war die Anordnung zu Ziffer 1 innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides zu erfüllen. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld i. H. v. 50.000 Euro an. Für die Untersagungsverfügung wurde eine Verwaltungsgebühr i. H. v. 400 Euro erhoben. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten angeboten und veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei (im gesamten Bundesgebiet) verboten (§ 4 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. In welcher Form und über welche Maßnahmen dem Verbot nachgekommen werde, bleibe der Klägerin überlassen. Entscheidend sei allein, dass vom Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen Spielangebote der Seite www.xx.com im Internet nicht mehr aufrufbar sein. Neben der vollständigen Entfernung der Seite aus dem Netz komme auch die Einrichtung eines Geolokalisationsprogramms oder die Festnetz- bzw. Handyortung in Betracht. Die Untersagung sei verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr begangen und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch erforderlich und angemessen. Denn es handele sich hierbei um ein bundesweit unzulässiges und strafrechtlich sanktioniertes Angebot „unerlaubtes Glücksspiel“, das der ordnungsrechtlichen Reaktion dringend zur Abwehr der damit einhergehenden Gefahren (Jugendschutz, Kriminalitätsvorbeugung, Spielerschutz, Einschränkung der Spiel- und damit Suchtanreize etc.) bedürfe. Die dem gegenüberstehenden wirtschaftlichen Interessen des Anbieters müssten vor dem Hintergrund dieser tragenden gewichtigen Ziele zurückstehen.
5Die Klägerin hat am 21. Dezember 2010 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Für die Untersagung ihres nicht spezifisch auf Nordrhein-Westfalen ausgerichteten Internetauftritts sei der Beklagte nicht zuständig. Es gebe derzeit keine technischen Möglichkeiten, der Untersagungsanordnung nachzukommen. Schließlich stehe nach den Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 die Unvereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrags mit Unionsrecht fest. Insbesondere werde die deutsche Glücksspielpolitik dem Erfordernis der Gesamtkohärenz nicht gerecht. Dies gelte namentlich in Bezug auf die Regelungen zu Pferdewetten, Automaten- und Casinospielen. Aber auch die gerade auf den Gewinn von Neukunden gerichtete Werbung der staatlichen Lotteriegesellschaften führe zur Inkohärenz und zur Unionrechtswidrigkeit der staatlichen Glücksspielpolitik.
6Einen Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. August 2011 (27 L 2267/10) abgelehnt.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Untersagungsanordnung der Bezirksregierung E. vom 23. November 2010 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: In Bezug auf seine Zuständigkeit sei zu berücksichtigen, dass nach § 3 Abs. 4 GlüStV ein Glücksspiel dort veranstaltet werde, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet werde. Technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Schließlich bestünden keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit und Unionsrechtmäßigkeit des Internetverbots sowie des Erlaubnisvorbehalts im GlüStV.
12Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Soweit es der Klägerin überlassen werde, wie sie der Untersagungsanordnung nachkomme, sei dies ordnungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit sie das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Die Untersagungsverfügung sei nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Bezirksregierung E. in ihrer Begründung gegebenenfalls davon ausgegangen sei, dass die Veranstaltertätigkeit wegen der Rechtsgültigkeit des Glücksspielmonopols generell nicht erlaubt werden könne. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könnte eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbots des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei. Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und dessen Vorgaben im Hinblick auf die Bestimmtheit. Eine etwaige Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da der Erlaubnisvorbehalt von diesem Monopol unabhängig bestehe.
13Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die verfassungs- und europarechtlichen Aspekte rechtsfehlerhaft beurteilt. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsakts - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Ersten Änderungsglücksspielstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Glücksspielveranstaltung im Internet sei mit Blick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Ein staatliches Sportwettenmonopol gebe es nicht mehr. Der Beklagte könne seine Ordnungsverfügung nicht mehr darauf stützen, dass sie eine Erlaubnis nicht innehabe. Sie - die Klägerin - habe sich um eine der 20 Konzessionen in Hessen beworben und die zweite Stufe des Vergabeverfahrens erreicht. Das Konzessionsverfahren leide an schweren Mängeln und verzögere sich wohl noch bis 2015. Auch deshalb könne der Beklagte an der Ordnungsverfügung nicht festhalten. Ein Nachschieben von Ermessenserwägungen sei nicht möglich, da die Verfügung auf ein vollständiges Internetverbot gestützt worden sei, welches in dieser Weise angesichts des nunmehr geltenden Konzessionsverfahrens heute nicht mehr bestehe. Jedenfalls erfülle der Vortrag des Beklagten nicht die Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht an ein zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen stelle. Im Übrigen bestehe derzeit auch ein massives Vollzugsdefizit, weil keine andere Aufsichtsbehörde gegen Wettveranstalter im Internet und deren Werbung einschreite.
14In der Berufungsverhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für die Vergangenheit für in der Hauptsache erledigt erklärt.
15Die Klägerin beantragt nunmehr,
16das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 23. November 2010 mit Wirkung ex nunc aufzuheben.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, die streitgegenständliche Verfügung sei nicht auf das damalige Monopol gestützt worden, sondern erstens auf die fehlende Erlaubnis und zweitens auf das Internetverbot. In Ergänzung der Ermessenserwägungen werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV gestützt, und zwar auf den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV und das grundsätzliche Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV. Es liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionsverfahren in Hessen. Da schon die ursprüngliche Untersagung auf die mit unerlaubtem Glücksspiel einhergehenden Gefahren gestützt worden sei, sei hierin keine Auswechslung wesentlicher Ermessenserwägungen und damit keine rückwirkende Änderung der Verfügung zu sehen.
20Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für die Vergangenheit für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in entsprechender Anwendung) und das Urteil des Verwaltungsgerichts für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -).
23Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
24Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.)
25Die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 23. November 2010, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist mit Wirkung ex nunc rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
27Sie ist insbesondere statthaft. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 23. November 2010 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der für die Gegenwart (und Zukunft) Regelungswirkung hat, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens öffentlichen Glücksspiels im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
28Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Zustellung an die Klägerin erlangt, vgl. §§ 43 Abs. 1, 41 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW - VwVfG NRW -, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - LZG NRW -. Die hier erfolgte - förmliche - Zustellung des Verwaltungsakts per Einschreiben mit Rückschein auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW erfolgt eine Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 2. Mai 2011 ist anzunehmen, dass Malta einer verwaltungsrechtlichen direkten Zustellpraxis nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG nicht widerspricht und die Zustellung eines Verwaltungsakts einer deutschen Behörde auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet durch Einschreiben mit Rückschein duldet. Diese Einschätzung könnten die in anderen Verfahren vorgelegten Schreiben des maltesischen Botschafters in Berlin vom 7. Juli 2011 und des maltesischen Außenministeriums vom 13. Juli 2011 in Frage stellen. Allerdings hält das Auswärtige Amt in seiner weiteren Stellungnahme vom 20. Februar 2014, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, in Kenntnis dieser Schreiben daran fest, dass die Republik Malta die Zustellung eines Verwaltungsakts einer deutschen Behörde an eine Person auf ihrem Staatsgebiet durch Einschreiben mit Rückschein dulde, weil Malta das Europarechtsabkommen vom 24. November 1997 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland unterzeichnet, wenn auch noch nicht ratifiziert habe.
29Selbst wenn ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW vorliegt, ist er jedenfalls gemäß § 8 LZG NRW geheilt worden. Gemäß § 8 LZG NRW gilt ein Dokument, wenn sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Zu der Möglichkeit einer Heilung hat der Senat im Beschluss vom 14. Juli 2011 - 13 B 696/11 - bereits ausgeführt:
30Die Heilungsregelung in § 8 LZG NRW ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch bei einer Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW anwendbar. § 8 LZG NRW regelt allgemein die Heilung von Zustellungsmängeln, ohne die Heilungsmöglichkeit ausdrücklich auf die vorstehenden Zustellungsvorschriften in §§ 3 bis 7 LZG NRW zu beschränken. Vom Wortlaut der Norm wird die Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW daher ohne weiteres erfasst. Dieses Verständnis wird durch § 2 Abs. 2 Satz 2 LZG NRW gestützt, nach dem es sich bei den Regelungen in den §§ 9 bis 11 LZG NRW um Sonderarten der Zustellung handelt.
31Dass das LZG NRW die Auslandszustellung in § 9 LZG NRW erst hinter der Heilungsvorschrift des § 8 LZG NRW regelt, rechtfertigt nicht den Schluss, dass eine Heilung von Zustellungsmängeln bei der Zustellung im Ausland ausgeschlossen ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs ist anerkannt, dass Mängel der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 15 VwZG des Bundes in der bis zum 1. Februar 2006 gültigen Fassung - heute § 10 VwZG des Bundes in der Neufassung vom 12. August 2005 (BGBl I S. 2354) - gemäß § 9 VwZG des Bundes a.F. - heute § 8 VwZG des Bundes - geheilt werden können.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 43.95 -, NVwZ 1999, 178 (180); BFH, Urteil vom 25. Oktober 1995 - I R 16/95 -, BFHE 179, 202 (206).
33Die systematische Stellung des § 15 VwZG des Bundes a.F. hinter der Heilungsvorschrift in § 9 VwZG des Bundes a.F. wird in den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs nicht thematisiert. Angesichts dessen erscheint auch keine den Wortlaut des § 8 LZG NRW einschränkende Auslegung dahingehend geboten, dass dieser für die Sonderarten der Zustellung in §§ 9 bis 11 LZG NRW nicht gilt. Vielmehr ist bei summarischer Prüfung § 8 LZG NRW auf alle Zustellungsarten einschließlich der Sonderarten anwendbar.
34Vgl. ebenso Erlenkämper/Rhein, a.a.O., § 8 LZG NRW Rdnr. 1; ebenso für die Regelung in § 8 VwZG des Bundes: Sadler, a.a.O, § 8 VwZG Rdnr. 1.
35Soweit die Antragstellerin sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendbarkeit der Heilungsregelung in § 189 ZPO - bzw. § 187 ZPO in der bis zum 31. Januar 2002 geltenden Fassung - auf Auslandszustellungen nach der ZPO bezieht, gibt diese für die Beurteilung des Anwendungsbereichs von § 8 LZG NRW nichts her. Denn die angeführten Entscheidungen betreffen entweder die (fehlende) Heilungsmöglichkeit von Zustellungsmängeln nach dem Haager Zustellungsübereinkommen vom 15. November 1965,
36vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1992 ‑ XII ZB 64/91 -, BGHZ 120, 305, und vom 29. April 1999 - IX ZR 263/97 -, BGHZ 141, 286,
37oder die Zustellung einer Klage an einen im Ausland ansässigen Beklagten,
38vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1972 - II ZR 7/71 -, BGHZ 58, 177, und vom 24. September 1986 - VIII ZR 320/85 -, BGHZ 98, 263,
39und mithin spezifisch zivilprozessuale Fragestellungen, die im Anwendungsbereich des § 8 LZG NRW keine Rolle spielen. Im Übrigen wird auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Zivilgerichte und der Kommentierung zur ZPO ganz überwiegend angenommen, dass Mängel bei der Zustellung im internationalen Rechtsverkehr (§ 183 ZPO n.F. bzw. § 199 ZPO a.F.) vorbehaltlich vorrangigen Völkerrechts nach § 189 ZPO geheilt werden können.
40Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 1. September 1999 - 5 UF 84/99 -, FamRZ 2000, 898; Häublein in: Münchener Kommentar ZPO, 3. Auflage, § 183 Rn. 17; Geimer in: Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 183 Rn. 29 m. w. N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Auflage, § 183 Rn. 10.
41Hieran hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens fest.
42Die Voraussetzungen des § 8 LZG NRW für die Heilung eines - hier unterstellten ‑ völkerrechtlichen Mangels der Zustellung der Untersagungsverfügung liegen vor. Für eine Heilung ist zunächst Voraussetzung, dass die Behörde den Willen hatte, eine Zustellung vorzunehmen. Ferner muss das Dokument dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen sein und der Zeitpunkt des Zugangs muss beweiskräftig feststehen.
43Vgl. Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 9. Auflage 2011, § 8 Rn. 1, 2 und 4; Sadler, VwVG, VwZG, Kommentar, 8. Auflage 2011, § 8 Rn. 7 und 29.
44Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Dass die Bezirksregierung E. der Klägerin die Untersagungsverfügung zustellen wollte, ist angesichts des Umstandes, dass sie den Bescheid per Einschreiben mit Rückschein abgesandt hat, nicht zweifelhaft. Ausweislich des Vermerks auf dem Rückschein ist der Bescheid der Klägerin auch nachweislich am 7. Dezember 2010 ausgehändigt worden. Dass die Klägerin den Bescheid erhalten hat, wird von ihr im Übrigen auch nicht bestritten und durch die (fristgerechte) Klageerhebung am 21. Dezember 2010 belegt.
45Im Übrigen könnte sich die Klägerin auf einen Völkerrechtsverstoß, der in der Zustellung als Hoheitsakt auf fremdem Territorium begründet sein könnte,
46vgl. hierzu Engelhardt/App, a. a. O., § 1 VwZG Rn. 6,
47als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
48Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, juris, Rn. 108; BVerfGE 63, 343.
49B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
50Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 23. November 2010 ist rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
51Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndSV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
521. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen verfügt.
53Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten.
54Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gambelli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) ‑, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 – Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
55Dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) vom 20. Oktober 2011 Genehmigungen für Sportwetten und Casinospiele erteilt worden sind, die trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des GlSpielG SH für sechs Jahre weitergelten, führt nicht zur unionsrechtlichen Inkohärenz des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. Auch das GlSpielG SH sah eine Genehmigungspflicht vor (vgl. § 4 Abs. 1 GlSpielG SH) und ging nicht davon aus, dass öffentliche Glücksspiele erlaubnisfrei sein sollten.
562. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
57a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
58Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
59Die Klägerin veranstaltet ausschließlich Sportwetten im Internet. Für dieses Angebot hat sie keine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F., was ihr auch entgegengehalten werden kann. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
61Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
62Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
63Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
64Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
65Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C (2011) 5319 - und vom 20. März 2012 - 2011/0188/D - zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
66Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
67Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
68Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
69Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
70Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
71Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
73Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
74Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
75Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
76Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
77Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
79Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
81Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwetten-angebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
82b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
83Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 23. November 2010 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. für Sportwetten so nicht mehr gibt (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind.
84Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
85Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
86aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
87Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
88Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
89bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff.; Wolf, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
91Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 23. November 2010 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
92cc) Die formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch den Beklagten verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
93Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
94Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
95Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
96Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
97Die Untersagungsverfügung ist insbesondere geeignet, den Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. durchzusetzen. Dass andere Aufsichtsbehörden derzeit gegen Wettveranstalter im Internet nicht vorgehen, stellt die Geeignetheit der Untersagung des formell illegalen Wettangebots der Klägerin bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit im Einzelfall nicht in Frage. In diesem Zusammenhang überschreitet der Beklagte mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung auch nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
98Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
99Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
100Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
101Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
102Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
103c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. In welcher Form und über welche Maßnahme sie dem Verbot nachkommen will, bleibt ihr nach dem Wortlaut der Verfügung selbst überlassen. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf die Beklagte in ihrer Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
104vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, Rn. 31, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
105oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
106Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
107Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
108Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 – und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 ‑ 10 CS 11.1290 ‑; vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 – 6 S 88/13 -, juris, Rn. 35; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 -, juris.
109Aus dem in das Verfahren einbezogenen Gutachten von Prof. Dr. Thomas Hoeren „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von der Fa. Google verwendet, um ihren Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
110Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, juris, Rn. 47.
111Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
112Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar, wenn sie dieser Anordnung nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, nachkommen kann. Denn die Klägerin ist - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein gilt keine Ausnahme, weil der Klägerin nach dem GlSpielG SH keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit nicht an.
113Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -, juris.
114Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und die Gebührenfestsetzung in der Untersagungsverfügung vom 23. November 2010 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
115Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils entspricht es der Billigkeit, die Kosten ebenfalls der Klägerin aufzuerlegen. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war in der Vergangenheit ebenfalls rechtmäßig, so dass die Klägerin auch insoweit unterlegen gewesen wäre. Insoweit wird auf das Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 - verwiesen.
116Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
117Die Revision ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Feb. 2014 - 13 A 351/12
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Urteil einreichenOberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 25. Feb. 2014 - 13 A 351/12 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig oder - 2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt
- 1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist, - 2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, - 3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen, oder - 4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.
(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Der Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 richtet sich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 und 5 sowie nach § 5a Absatz 3 und 4 Satz 1, 2 und 4.
(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde. Ist durch Rechtsvorschrift angeordnet, dass ein Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann, finden die Sätze 1 bis 6 keine Anwendung.
(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn
- 1.
der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist, - 2.
bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind, eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist oder - 3.
sie im Fall des § 9 nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht.
(2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger. Die Benachrichtigung muss
erkennen lassen. Die Benachrichtigung muss den Hinweis enthalten, dass das Dokument öffentlich zugestellt wird und Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten, dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthält, dessen Versäumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. In den Akten ist zu vermerken, wann und wie die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde. Das Dokument gilt als zugestellt, wenn seit dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung zwei Wochen vergangen sind.(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt
- 1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist, - 2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, - 3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen, oder - 4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.
(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Der Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 richtet sich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 und 5 sowie nach § 5a Absatz 3 und 4 Satz 1, 2 und 4.
(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde. Ist durch Rechtsvorschrift angeordnet, dass ein Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann, finden die Sätze 1 bis 6 keine Anwendung.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt
- 1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist, - 2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, - 3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen, oder - 4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.
(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Der Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 richtet sich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 und 5 sowie nach § 5a Absatz 3 und 4 Satz 1, 2 und 4.
(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde. Ist durch Rechtsvorschrift angeordnet, dass ein Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann, finden die Sätze 1 bis 6 keine Anwendung.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.
Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.
(1) Für die Durchführung
- 1.
der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 2.12.2020, S. 40; L 173 vom 30.6.2022, S. 133) in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie - 2.
des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; L 120 vom 5.5.2006, S. 23), das durch die Mitteilung Dänemarks vom 22. Dezember 2020 (ABl. L 19 vom 21.1.2021, S. 1) geändert worden ist,
(2) Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Wenn Schriftstücke aufgrund solcher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post zugestellt werden dürfen, dann soll dies durch Einschreiben mit Rückschein oder mittels eines gleichwertigen Nachweises bewirkt werden, anderenfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen. Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Absatzes 4 erfolgen.
(3) Bestehen keine völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Zustellung, so erfolgt die Zustellung vorbehaltlich des Absatzes 4 auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des ausländischen Staates.
(4) Folgende Zustellungen in den Fällen der Absätze 2 und 3 erfolgen auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung:
- 1.
Zustellungen, deren Erledigung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder für die ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt, - 2.
Zustellungen an ausländische Staaten sowie - 3.
Zustellungen an entsandte Beschäftigte einer deutschen Auslandsvertretung und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen.
(5) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz genügt der Rückschein oder ein gleichwertiger Nachweis. Im Übrigen wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen.
(6) Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen eine Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke ermöglichen, ist für die Übermittlung solcher Schriftstücke in das Ausland das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person, die die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei notariellen Urkunden ist auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz der juristischen Person.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.
Tenor
1
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
2Entscheidungsgründe:
3Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.
4Zwar scheitert die Zulässigkeit des von dem Antragsteller unter dem 26. November 1997 erhobenen Scheidungsantrags nicht daran, daß er nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Denn der Mangel, daß er der Antragsgegnerin entgegen § 199 ZPO nicht förmlich über die zuständigen Behörden zugeleitet worden ist, ist gemäß § 187 ZPO dadurch geheilt, daß sie den Scheidungsantrag auf den Postweg per Einschreiben mit Rückschein tatsächlich erhalten hat. § 187 ZPO ist auch auf Zustellungsmängel im internationalen Rechtsverkehr anzuwenden (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 21. Aufl., § 199 Randziffer 17). Wie sich aus dem Rückschein und dem Vergleich der dortigen Unterschrift mit derjenigen auf der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 03. Juni 1999 ergibt, hat die Antragsgegnerin den Empfang der gerichtlichen Sendung am 20. Mai 1998 quittiert. Auch das - nicht unterzeichnete - Erwiderungsschreiben vom 20. Juli 1998 macht deutlich, daß ihr die Antragsschrift tatsächlich zugegangen ist.
5Jedoch sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung der am 07. November 1996 geschlossenen Ehe der Parteien zur Zeit noch nicht erfüllt. Das Familiengericht hat die Haltung der Antragsgegnerin zur Scheidung nicht hinreichend untersucht, indem es sie entgegen § 613 Abs. 1 ZPO nicht persönlich angehört hat. Die Pflicht zur Anhörung der Antragsgegnerin entfällt vorliegend nicht deshalb, weil sie sich im Ausland aufhält und unter dem 20. Juli 1998 an das Gericht geschrieben hat. Ob dieses Schreiben in jedem Satz von ihrem Willen getragen wird, läßt sich nicht feststellen. Zum einen fehlt die Unterschrift, zum anderen kann die Antragsgegnerin kein Deutsch, so daß ohne den Vergleich mit dem rumänischen Text, der nicht vorliegt, nicht festgestellt werden kann, ob sie das, was ihr privater Übersetzer geschrieben hat, in dieser Weise erklären wollte.
6Eine Ausnahme von der Pflicht zur Anhörung besteht unter den augenblicklichen Umständen noch nicht. Wenn die Antragsgegnerin nicht doch noch vor dem deutschen Gericht erscheint, muß versucht werden, sie in Rumänien anzuhören (vgl. Zöller-Philippi, ZPO 21. Aufl., § 613 Randziffer 4). Daß die dortigen Behörden die Rechtshilfe verweigern werden, kann man derzeit nicht feststellen.
7Der Verstoß gegen § 613 ZPO stellt einen schwerwiegenden Verfahrensverstoß dar, der zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO führt. Gegen eine eigene Sachentscheidung des Senats gemäß § 540 ZPO spricht neben der fehlenden Entscheidungsreife der Umstand, daß nur auf diesem Weg der Antragsgegnerin Gelegenheit gegeben werden kann, den nachehelichen Unterhalt im Verbund geltend zu machen (§ 623 Abs. 4 ZPO). Die dadurch eintretende Verfahrensverzögerung fällt gegenüber der übrigen Verfahrensdauer nicht besonders ins Gewicht.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für das Zustellungsverfahren der Bundesbehörden, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und der Landesfinanzbehörden.
(2) Zugestellt wird, soweit dies durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist.
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Gründe
- 1
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, greifen nicht durch.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 29. April 2013 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. April 2013 zu Recht abgelehnt.
- 3
Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, der Verbotsverfügung vom 18. April 2013 erst nach Klärung deren Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren nachkommen zu müssen, und dem öffentlichen Interesse an dem in § 9 Abs. 2 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (im Folgenden: GlüStV) angeordneten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt dem Vollzugsinteresse der Vorrang zu.
- 4
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, da der streitgegenständliche Bescheid als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren ist und die einschlägigen gesetzlichen Regelungen - wie hier - keinen abweichenden Zeitpunkt bestimmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013 - 8 C 39.12 -, veröffentlicht unter www.bverwg.de, Rdnr. 30). Damit ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung anhand des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland sowie des Glücksspielgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. September 2012 (GlüG LSA, GVBl. LSA S. 320) zu beurteilen. Diese Regelungen gelten in Sachsen-Anhalt seit dem 1. Juli 2012. Wie sich aus Ziffer 1. der streitgegenständlichen Verfügung ergibt, beansprucht der Bescheid nur eine Wirkung für die Zukunft, so dass entgegen der Auffassung des Antragstellers Ausführungen zur Rechtslage im Zeitpunkt der Aufnahme des Betriebes im Jahr 2012 nicht geboten waren.
- 5
Ausgehend davon haben die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die angefochtene Untersagung der Vermittlung von Sportwetten ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV findet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder auf seiner Grundlage begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Die Antragsgegnerin als die nach § 17 Abs. 3 GlüG LSA zuständige Behörde kann nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Insbesondere kann sie nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften ist die angefochtene Untersagungsverfügung voraussichtlich nicht zu beanstanden.
- 6
Bereits für die bis zum 30. Juni 2012 geltende Fassung des Glücksspielstaatsvertrages war geklärt, dass der dort geregelte Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols verfassungskonform war und auch nicht gegen Unionsrecht verstieß. Er diente nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung im Wege einer präventiven Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013, a. a. O., Rdnr. 50 m. w. N.). Dieser allgemeine Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Untersagungsermächtigung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gelten auch nach dem 1. Juli 2012 fort. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagungsverfügung kommt es daher auch weiterhin auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auch auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013, a. a. O., Rdnr. 50 m. w. N.; im Ansatz auch: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.2013 - 6 A 10448/13 -, juris Rdnr. 31 f.), wobei allerdings die Anforderungen an die gewerbliche Vermittlung von Sportwetten in § 19 i. V. m. §§ 5 bis 8 GlüStV zum Teil neu geregelt worden sind. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das bisher bestehende Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren bis zum 30. Juni 2019 - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnedies nach Absatz 5 der Vorschrift eine Befreiung ausgesprochen werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Während zwar die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich gelockert worden sind, enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV nunmehr eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein geregelten Aufklärungspflichten. Ferner bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein.
- 7
Ein solches Konzessionssystem im Zusammenhang mit der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen steht auch nicht grundsätzlich im Widerspruch zum Recht der Europäischen Union. Es ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt, dass ein Konzessionssystem sowie ein paralleler Erlaubnisvorbehalt ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen (vgl. EuGH, Urt. v. 12.09.2013 - C 660/11 und 8/12 -, „Biasci“ Rdnr. 24 m. w. N.). Im Weiteren ist jeder Mitgliedstaat berechtigt, die Möglichkeit, den Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet Glücksspiele anzubieten, für alle daran interessierten Veranstalter vom Besitz einer von seinen zuständigen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen, ohne dass der Umstand, dass ein bestimmter Veranstalter (hier: Tipico Co. Ltd mit Sitz in Malta) bereits über eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis verfügt, dem entgegenstehen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 12.09.2013, a. a. O., Rdnr. 40).
- 8
Da der Antragsteller nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung der von ihm vermittelten Sportwetten verfügt, war der Tatbestand der Untersagungsverfügung erfüllt. § 40 VwVfG lässt auch eine Ermessensausübung im Sinne einer Untersagung zu. Sie entspricht dem Zweck der Norm, da die Untersagungsermächtigung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV dazu dient, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren. Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens schließen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Antragsgegnerin nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit des Antragstellers auf zeitlich unabsehbare Zeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war. Dann war die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013, a. a. O., Rdnr. 52). Diesen Ansatz hat die Antragsgegnerin bei der Ausübung ihres Ermessens auch zugrunde gelegt.
- 9
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vorgenannten Urteil vom 20. Juni 2013 klargestellt, dass die Formulierung in den Urteilen vom 11. Juli 2011 (8 C 11.10 und 8 C 12.10, juris), der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen ist. Es werde keine Pflicht der Behörde konstituiert, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf Fälle begrenzt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt. Eine vollständige Untersagung ist dann unverhältnismäßig, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.06.2013, a. a. O., Rdnr. 79).
- 10
Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der gegen den Betroffenen keine strafrechtlichen Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig vorenthaltenen oder verweigerten Erlaubnis verhängt werden dürfen (EuGH, Urt. v. 16.02.2012 - C-72/10 und C-77/10 - „Costa und Cifone“ Rdnr. 83), schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der Erlaubnisfähigkeit ebenfalls nicht aus. Insbesondere verlangt das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols keine Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat in einer solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (BVerwG, Urt. v. 20.06.2013, a. a. O., Rdnr. 53 unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 24.01.2013 - C-186/11 und C-209/11 - „Stanleybet“ Rdnr. 39 f.). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
- 11
Maßgebend ist nach der vorgenannten Rechtsprechung daher nur, ob die formell illegale Vermittlungstätigkeit des Antragstellers „offensichtlich“ materiell erlaubnisfähig ist.
- 12
Zwar ist im Hinblick auf den Charakter der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt der Umstand beachtlich, dass der Antragsteller nach eigenem Vortrag im Beschwerdeverfahren 3 M 260/13 unter dem 8. August 2013 beim zuständigen Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt einen Erlaubnisantrag bezüglich der Vermittlung von Sportwetten gemäß § 13 GlüG LSA gestellt hat und damit zumindest die abstrakte Möglichkeit des Erlasses von Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 VwVfG eröffnet hat. Weitere Angaben, insbesondere zum näheren Inhalt des Erlaubnisantrages, hat der Antragsteller auch in der Beschwerdebegründung im Verfahren 3 M 260/13 nicht gemacht.
- 13
Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann zunächst nicht festgestellt werden, dass das vom ihm vermittelte Sportwettenangebot der Tipico Co. Ltd. „offensichtlich“ mit den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages im Einklang steht. Dies gilt insbesondere für die angebotenen Live-Wetten. Zwar können nach § 21 Abs. 1 GlüStV auch Wetten auf den Ausgang von Abschnitten von Sportereignissen zugelassen werden. Dies erfasst z. B. Halbzeitwetten; nach wie vor ausgeschlossen werden alle Ereigniswetten (z. B. nächster Elfmeter, nächste gelbe Karte o. ä.), da diese in besonderem Maße durch Dritte manipulierbar sind. Zur zielgerichteten Kanalisierung können auch Live-Sportwetten während des laufenden Sportereignisses als Endergebniswetten zugelassen werden (vgl. zur entsprechenden Begründung des Glücksspielstaatsvertrages: Landtag von Nordrhein-Westfalen, Drucksache 16/17, S. 40). Der Antragsteller hat selbst eingeräumt, dass bei den von Tipico Co. Ltd. angebotenen Wettarten „Torschützen-Wetten“ und „Wetten auf das erste Tor“ ein Problem zu erkennen sei. Er hat dann weiter ausgeführt, dass die Wettkunden im Geschäftslokal jedoch durch Aushänge informiert würden, welche Wettarten erlaubt seien und welche nicht. Diese Liste von erlaubten Wettarten ermögliche dem Kunden die Prüfung, ob sein Wettwunsch zulässig sei oder nicht. Ferner sei das Personal strikt angewiesen, die Vermittlung unerlaubter Wettarten abzulehnen und falls doch versehentlich eine solche Wette übermittelt werde, diese umgehend zu stornieren.
- 14
Selbst wenn man unterstellt, dass der Antragsteller ausschließlich ein mit dem derzeit geltenden Glücksspielstaatsvertrag konformes Wettangebot vermittelt und ein Missbrauch durch entsprechende Vorkehrungen ausgeschlossen ist, ergibt sich hieraus noch nicht, dass im vorliegenden Fall von einer offensichtlichen materiellen Erlaubnisfähigkeit der Tätigkeit des Antragstellers auszugehen ist. Vielmehr ist nicht erkennbar, inwieweit die gewerbliche Sportwettenvermittlung des Antragstellers den ordnungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des Jugend- und des Spielerschutzes i. S. d. § 1 GlüStV genügt. Zwar schließen weder der Glücksspielstaatsvertrag noch das Glücksspielgesetz des Landes Sachsen-Anhalt - anders als § 2 Abs. 4 Nr. 5 SpielhG LSA für Spielhallen - die räumliche Nähe von Wettvermittlungsstellen zu Einrichtungen, die ihrer Art nach oder tatsächlich ausschließlich oder überwiegend von Kindern oder Jugendlichen (z. B. Schulen oder Kindertageseinrichtungen) aufgesucht werden, generell aus. Nach § 13a GlüG LSA haben die Vermittler lediglich sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind. Gleichwohl kann bei der Erteilung von glücksspielrechtlichen Erlaubnissen ein mögliches räumliches Zusammentreffen von Wettvermittlungsstellen mit überwiegend von Kindern bzw. Jugendlichen frequentierten Einrichtungen berücksichtigt werden, wenn sich hieraus ein Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV ergibt. Insofern ist dabei der auch dem Antragsteller bekannte und sich aus allgemein zugänglichen Quellen herleitbare Umstand, dass sich in dem Haus Brüderstraße 13 in Halle neben dem Geschäftslokal des Antragstellers auch eine Beratungs- und Anlaufstelle des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes für Beratungen nach dem Landesaufnahmegesetz für Flüchtlinge und Geduldete, Aussiedlerinnen und jüdische Emigranten befindet, nicht unerheblich. Zwar sind anders etwa als bei den Einrichtungen des Jugendmigrationsdienstes Zielgruppe dieser Einrichtung nicht in erster Linie Kinder und Jugendliche (vgl. www.halle.de/de/Zielgruppen/Auslaender-und-Migranten/Beratungs-und-Anlau-07119/Beratung-nach-dem-La-07122/), sondern Minderjährige nur insoweit als sie Erziehungsberechtigte und andere Verwandte bei der Inanspruchnahme der Beratungsleistungen begleiten. Angesichts des Umstandes, dass sich die Öffnungszeiten des Betriebes des Antragstellers zumindest zeitweise mit den Beratungszeiten der Beratungs- und Anlaufstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes überschneiden, ist jedenfalls nicht offenkundig, dass durch die unmittelbare räumliche Nähe des Betriebes des Antragstellers und der Beratungseinrichtung keine Beeinträchtigung des Jugendschutzes i. S. d. § 1 Nr. 3 GlüStV gegeben sein kann.
- 15
Ferner ist zumindest auch nicht offensichtlich, ob bei der vom Antragsteller betriebenen Wettvermittlung der Spielerschutz i. S. d. § 1 Nr. 3 GlüStV gewährleistet ist, wobei es der Senat offen lässt, ob der Antragsteller derzeit in Sachsen-Anhalt z. B. durch eine Nebenbestimmung verpflichtet werden kann, an dem vom Land Hessen gemäß § 23 Abs. 1 GlüStV betriebenen bundesweiten Spielersperrsystem „OASIS“ (Onlineabfrage Spieler-Status) teilzunehmen. Der Antragsteller hat auch mit der Beschwerdebegründung nicht näher vorgetragen, inwiefern in seinem Betrieb der Spielerschutz entsprechend der Bestimmungen des Glückspielstaatsvertrages gewährleistet ist.
- 16
Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob für den Nachweis einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit von dem Vermittler von Sportwetten verlangt werden kann oder muss, dass dieser darlegt, dass das Unternehmen, für welches die Vermittlung erfolgen soll, mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit eine der nach § 10a Abs. 3 GlüStV höchstens 20 zu erteilenden Veranstaltungskonzessionen für Sportwetten erhalten wird. Ein wesentliches Merkmal des vom Land Hessen derzeit durchgeführten zentralen Auswahl- und Vergabeverfahrens hinsichtlich der Sportwettenkonzessionen ist - in Anlehnung an die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) - die Gewährleistung des geheimen Wettbewerbs zwischen den an der Ausschreibung beteiligten Anbietern. Dieses Verwaltungsvergabeverfahren wird in mehreren Stufen mit festen Fristen durchgeführt, die Unterlagen der Mitbewerber werden grundsätzlich unter Verschluss gehalten und können - vor Abschluss des Verfahrens - nicht ohne weiteres von den unterlegenen Bewerbern eingesehen werden (vgl. zum Ablauf des Vergabeverfahrens: VG Wiesbaden, Beschl. v. 30.04.2013 - 5 L 90.13 -, juris; dem nachgehend: HessVGH, Beschl. v. 28.06.2013 - 8 B 1220/13 -, juris). Es ist insoweit zweifelhaft, ob der Antragsteller, der nur ein mittelbares Interesse an der Erteilung der Sportwettenkonzessionen hat, während des noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahrens einen solchen Einblick in die Bewerbersituation erhalten kann, welcher es ihm ermöglicht, die Erfolgsaussichten der Tipico Co. Ltd. im noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren mit hinreichender Sicherheit beurteilen zu können. Aus diesem Grund kommt es auf den Vortrag des Antragstellers, dass das zuständige hessische Ministerium des Innern und für Sport das Verfahren über die Vergabe der Sportwettenkonzessionen in rechtsstaatswidriger Weise verschleppe und damit im Ergebnis auch die Erteilung einer Erlaubnis nach § 13 GlüG LSA an den Antragsteller verhindert werde, nicht entscheidungserheblich an.
- 17
Entgegen der Auffassung des Antragstellers begegnet die Untersagungsverfügung auch nicht mit Blick auf die von ihm vorgetragene Untersagungspraxis in anderen Bundesländern rechtlichen Bedenken. Hinreichende Anhaltspunkte, die auf eine gegen Unionsrecht verstoßende inkohärente Verfahrensweise schließen ließen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Kenntnisstand des Senats sind bei unerlaubter Vermittlung von Glücksspielen, insbesondere von Sportwetten, auch in jüngerer Zeit Untersagungsverfügungen erlassen worden. Soweit vorübergehend vom Erlass bzw. von der Durchsetzung entsprechender Verfügungen abgesehen worden ist, lässt dies jedoch nicht auf eine generelle Duldung unerlaubter Sportwettenvermittlung schließen, vielmehr geschah dies - soweit ersichtlich - zum einen mit Blick auf den bis zum 30. Juni 2012 geltenden Glücksspielstaatsvertrag bestehende rechtliche Unsicherheiten, zum Teil in Reaktion auf die nicht einheitliche Rechtsprechung der Obergerichte und ausstehende höchstrichterliche Entscheidungen (vgl. OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -, juris). Insbesondere nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2013 (8 C 14.12. u. a.) sind aber vermehrt Ordnungsverfügungen ergangen (Antwort der Bayerischen Staatsregierung auf eine Kleine Anfrage vom 03.07.2013, Bayerischer Landtag Drs. 16/16947; „Polizei stürmt Sportwettenbüro“, Kölner Stadtanzeiger v. 18.09.2013, „Polizei-Razzia gegen illegales Glücksspiel in Berlin“, rbb online v. 22.10.2013). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden wie die Antragsgegnerin auch gegen nach der neuen Rechtslage materiellrechtlich nicht offensichtlich erlaubnisfähige Vermittlungstätigkeiten weiterhin nicht einschreiten.
- 18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG. In Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Streitwertkatalog 2013, veröffentlicht unter www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf, Ziffer 54.2.1) bemisst der Senat das Interesse des Antragstellers auf 15.000,- €. Dieser Betrag war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Die abweichende vorinstanzliche Wertfestsetzung ist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern.
- 19
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig oder - 2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
II.
vgl. u.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8.12.2011 -4 A 1965/07-, m.w.N., juris.
vgl. OVG Münster, Urteil vom 8.12.2011 - 4 A 1965/07 - und VG Arnsberg, Urteil vom 14.12.2011 - 1 K 62/09 -, juris.
vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 21.6.2011 – 11 LC 348/10 – m.w.N., juris.
so zum Trennungsgebot bereits Beschluss des Senats vom 19.11.2012 – 3 B 273/12 -; zu den generellen Anforderungen an die Vereinbarkeit einer den Betrieb von Sportwetten einschränkenden Regelungen mit der Dienstleistungsfreiheit BVerwG, Urteil vom 1.6.2011 -8 C 5/10-, juris.
vgl. Urteil vom 1.6.2011 - 8 C 2.10 – , juris
vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.8.2011 - 6 S 1695/11 -, juris.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - geändert.
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 wird mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - geändert.
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 wird mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. August 2007 - 3 K 2902/06 - geändert.
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.11.2006 wiederherzustellen und anzuordnen, wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass jene lediglich insoweit wiederherzustellen und anzuordnen ist, als sie sich auch auf andere Glückspiele als Sportwetten bezieht.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das dortige Verfahren von Amts wegen sowie für das Beschwerdeverfahren jeweils auf EUR 25.000,-- festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - geändert.
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 wird mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.