Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 27. Okt. 2014 - 7 L 1401/14
Tenor
- 1.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
- 2.
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wir der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller 4/10 und der Antragsgegner 6/10.
- 3.
Der Streitwert wird auf 11.515,43 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
21. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist unbeschadet der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers insgesamt abzulehnen, weil die mit dem Antrag zu 1. beabsichtigte Rechtsverfolgung, wie sich aus Nachstehendem ergibt, keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg bietet, § 166 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Hinsichtlich der Anträge zu 2., 3. und 4., die auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide vom 27. August 2013 und 18. August 2014 sowie die Forderungspfändung und Überweisungs- und Einziehungsverfügung vom 25. August 2014 gerichtet waren, kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht, da der Rechtsstreit durch übereinstimmende Erledigungserklärungen vor der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch sein Ende gefunden hat. Prozesskostenhilfe war vorliegend insoweit auch nicht ausnahmsweise unter Billigkeitsgesichtspunkten rückwirkend zu gewähren, dies zumal dem Antragsgegner durch den Beschluss zu 2. hinsichtlich der erledigten Anträge die Verfahrenskosten auferlegt wurden (vgl. nachfolgend zu 2.).
3Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2003 ‑ 16 E 89/03 -, vom 23. Juni 2008 - 14 E 318/08 -, vom 21. Februar 2013 - 6 E 1112/12 -, und vom 12. September 2013 - 6 E 773/13 -, jeweils zitiert nach juris.
42. Das Verfahren war hinsichtlich der Anträge zu 2., 3. und 4. gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog einzustellen, da die Beteiligten insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
5Der im Übrigen – sinngemäß – aufrechterhaltene Antrag zu 1.,
6die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 4121/14 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. Juni 2013 hinsichtlich des Widerrufs der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Krankengymnast" (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung) und der Aufforderung zur Rückgabe der Erlaubnisurkunde (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung) wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (Ziffer 3 der Ordnungsverfügung) anzuordnen,
7hat keinen Erfolg.
8Die Kammer hat den Antrag gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahin ausgelegt, dass der Antragsteller eine gerichtliche Suspendierung der Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 im Sinne des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO begehrt. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO – wie hier hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung – entfällt, ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO – wie hier hinsichtlich der Ziffer 3 der Ordnungsverfügung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 des Justizgesetzes Nordrhein-Westfalen - JustG NRW) – ganz oder teilweise anordnen. Statthaft ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auch dann, wenn – wie hier – die Frage der Bekanntgabe zwischen der Behörde und dem Betroffenen streitig ist, und der Antragsteller in der Hauptsache eine Anfechtungsklage mit dem Ziel erhoben hat, den (unzutreffenden) Rechtsschein der Wirksamkeit des unwirksamen Bescheides durch gerichtliche "Aufhebung" zu beseitigen.
9Vgl. zum Rechtsschutz gegen „inexistente“ Verwaltungsakte nur U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 226 f. mit weiteren Nachw.
10Der Antrag ist im vorliegenden Fall allerdings bereits unzulässig. Denn der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann längstens bis zur Bestandskraft des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes gestellt werden.
11Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 15. November 2002 - 10 CS 02.2648 -, und Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Juni 2004 ‑ 6 S 30/04 -, jeweils zitiert nach juris.
12Die Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 ist bei summarischer Prüfung bestandskräftig. Der Antragsteller hat die Anfechtungsklage gegen diese Verfügung erst am 14. September 2014 (Eingang bei Gericht) und damit nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben. Auf der Grundlage der Erkenntnisse, die der Kammer nach Aktenlage derzeit vorliegen, ist die Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 dem Antragsteller durch Einschreiben per Rückschein am 25. Juni 2013 in Ungarn zugegangen.
13Zwar dürfte die seitens des Antragsgegners beabsichtigte förmliche Zustellung nach § 41 Abs. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeszustellungsgesetz - LZG NRW) mangelhaft gewesen sein. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW erfolgt eine Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist. Dass eine solche völkerrechtliche Regelung am 25. Juni 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ungarn bestanden hat, ist bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007, auf die sich der Antragsgegner gestützt hat, ist in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden; sie erfasst jedoch nicht Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung). Das Europäische Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland vom 24. November 1977 (BGBl. 1981 II S. 535) ist – soweit ersichtlich – nicht von Ungarn ratifiziert worden.
14Vgl. Geltungsbereich des Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland, Bek. d. Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen v. 23. November 1990 - 55/17-21.13 -, MBl. NRW. 1990 S. 1664, ber. 1991 S. 42, geändert durch Bek. v. 15. Mai 1995 (MBl. NRW. 1995 S. 738), 17. Oktober 2000 (MBl. NRW. 2000 S. 1572), 9. August 2005 (MBl. NRW. 2005 S. 964) und 13. April 2006 (MBl. NRW. 2006 S. 240); vgl. auch Erlenkämper/Rhein, Verwaltungsvollstreckungsgesetz und Verwaltungszustellungsgesetz Nordrhein-Westfalen, Kommen-tar für die Praxis, 4. Aufl. 2011, § 9 LZG NRW Rn. 8.
15Im Ergebnis kann die Frage des Bestehens einer völkerrechtlichen Regelung dahingestellt bleiben. Selbst wenn zugunsten des Antragstellers unterstellt wird, dass die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW mangels völkerrechtlicher Zulässigkeit einer solchen Zustellung nicht erfüllt waren, wäre die Zustellung der Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 dennoch wirksam. Denn dieser Zustellungsmangel wäre ebenso wie etwaige „Ausfüllfehler“ auf dem Rückschein bei summarischer Prüfung gemäß § 8 LZG NRW geheilt worden. Nach dieser Vorschrift gilt ein Dokument, wenn sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen lässt oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Die Heilungsregelung in § 8 LZG NRW gilt für alle Zustellungsarten und ist auch bei einer Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW anwendbar.
16Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juli 2011 - 13 B 696/11 ‑, und vom 19. Juli 2011 - 13 B 702/11 -, sowie Urteile vom 25. Februar 2014 - 13 A 351/12 -, vom 25. Februar - 13 A 1037/12 -, und vom 6. Mai 2014 - 13 A 3004/11 -, jeweils zitiert nach juris; siehe ferner VG Köln, Urteil vom 12. März 2013 - 7 K 6961/11 -, juris; Sadler, Verwaltungsvollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar anhand der Rechtsprechung, 9. Aufl. 2014, § 9 VwZG Rn. 9.
17Die Voraussetzungen des § 8 LZG NRW für die Heilung der - hier unterstellten - Mängel der Zustellung der Ordnungsverfügung liegen vor. Für eine Heilung ist zunächst vorausgesetzt, dass die Behörde den Willen hatte, eine Zustellung vorzunehmen. Ferner muss das Dokument dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen sein und der Zeitpunkt des Zugangs muss beweiskräftig feststehen, wobei der Zugang des Dokuments und der Zeitpunkt des Zugangs mit jedem Beweismittel dargetan werden kann.
18Vgl. zum Ganzen etwa Engelhardt/App/Schlatmann, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 8 VwZG Rn. 2 und 4; Sadler, a.a.O., § 8 VwZG Rn. 7; vgl. allgemein auch Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2013, § 41 Rn. 77.
19Dass der Antragsgegner dem Antragsteller die Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 zustellen wollte, unterliegt keinen Zweifeln, da er ihm diese per Einschreiben mit Rückschein hat zukommen lassen. Zudem spricht bei summarischer Prüfung Überwiegendes dafür, dass die Ordnungsverfügung dem Antragsteller tatsächlich am 25. Juni 2013 in Ungarn zugegangen ist. Nach gegenwärtiger Aktenlage wird der Antragsgegner den Beweis hierfür im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erbringen können. Sowohl die in dem beigezogenen Verwaltungsvorgang enthaltene Ablichtung des Rückscheins (Bl. 38 f.) als auch die Mitteilung der Deutschen Post zum Sendestatus (Bl. 39a) sprechen für einen Zugang der Ordnungsverfügung beim Antragsteller am 25. Juni 2013.
20Der Rückschein ist als Urkunde grundsätzlich geeignet, sowohl den Zugang des Dokuments als auch den Zeitpunkt des Zugangs zu beweisen. Der hier – bislang nur als Kopie – vorliegende Rückschein wurde auf der mit „AR“ (Avis de réception, Advice of delivery) gekennzeichneten Vorderseite durch das Postamt Nemesvid mit Datum „2013 06 25“ abgestempelt und auf der Rückseite offensichtlich durch eine ungarische Postbedienstete unter Angabe dieses Datums unterschrieben. Dass der Rückschein nicht durch den Antragsteller als Zustellungsadressaten selbst unterzeichnet wurde, schmälert den Beweiswert dabei nicht. Der Rückschein kann vom Empfänger oder, wenn die Vorschriften des Bestimmungslandes – wie dies offensichtlich in Ungarn der Fall ist – dies vorsehen, von Amts wegen von einem Angehörigen des ausländischen Postunternehmens unterschrieben und mit einem Stempelabdruck versehen werden.
21Vgl. Sadler, a.a.O., § 9 VwZG Rn. 38; siehe auch Geimer, in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 183 Rn. 45 mit Hinw. auf BT-Drs. 14/4554 S. 23 (zu § 183 ZPO).
22Auch dadurch, dass auf dem Rückschein "ausgehändigt" nicht angekreuzt und ein nicht lesbarer handschriftlicher Zusatz vermerkt wurde, wird der mit dem Rückschein dokumentierte Zugang nach vorläufiger Einschätzung der Kammer – jedenfalls bei Gesamtwürdigung der bislang vorliegenden Erkenntnisse – nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Die anderen Möglichkeiten zum Ankreuzen ("ausgezahlt" oder "dem Postbankkonto gutgeschrieben") kamen vorliegend nicht als Alternativen in Betracht. Hätte die Zustellung nicht erfolgen können, weil z. B. der Empfänger unbekannt verzogen ist, dann hätte der Postbedienstete den Rückschein nicht unterschrieben, sondern das zuzustellende Dokument – ebenso wie es bei der gescheiterten Zustellung des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides vom 27. August 2013 der Fall war (Bl. 55 ff. des Verwaltungsvorgangs) – an den Absender zurückgesandt.
23Hinzu kommt bei alledem, dass ausweislich der Vermerke des Polizeipräsidiums S. und der Staatsanwaltschaft C. (Bl. 54 ff. der Gerichtsakte) bei der am 7. Juli 2014 in der Wohnung M.---straße 1g durchgeführten Durchsuchung u. a. eine Kopie der Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 aufgefunden wurde, deren Existenz und Herkunft sich bislang nur dadurch erklären lässt, dass der Antragsteller die Ordnungsverfügung am 25. Juni 2013 erhalten hat.
24Ist somit von einer Heilung des Mangels der Zustellung auszugehen, begann auch die Rechtsbehelfsfrist mit dem tatsächlichen Zugang, d. h. hier am 25. Juni 2013, zu laufen.
25Vgl. Sadler, a.a.O., § 8 VwZG Rn. 22.
26Ungeachtet dessen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auch unbegründet. Denn die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit im Ergebnis rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung, denen sie im Ergebnis folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Aufgrund des Umstandes, dass der Antragsteller wiederholt in beruflich relevanter Art und Weise – zuletzt durch die Verurteilung des Amtsgerichts C. im Dezember 2012 – strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, ist der Antragsgegner zutreffend von der Unzuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz - MPhG) ausgegangen. Rechts- oder Ermessensfehler bezüglich des Widerrufs der erteilten Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Krankengymnast" nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW sind nicht ersichtlich.
27Angesichts dessen bestehen auch keine Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung. Zudem ergibt auch eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste Interessenabwägung, dass das Interesse des Antragstellers daran, seine Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, hinter dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Widerrufsverfügung zurückstehen muss. Die mit dem Widerruf verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller sind vergleichsweise gering, da er den Beruf derzeit wohl ohnehin nicht mehr ausübt. Ihnen steht das öffentliche Interesse am Schutz der Patienten gegenüber, das nicht zuletzt angesichts des Fehlverhaltens des Antragstellers in der Vergangenheit eindeutig überwiegt. Selbst wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die Zustellung der Ordnungsverfügung mangelhaft war und – entgegen der bisherigen Einschätzung der Kammer – der Mangel der Zustellung nicht geheilt werden konnte, ist im Rahmen der vorliegenden Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 dem Antragsteller jederzeit nochmals neu zugestellt werden könnte, ohne dass sich an der vorstehenden Bewertung ihrer Rechtmäßigkeit etwas ändern dürfte.
28Anzumerken bleibt schließlich, dass der Antrag des Antragsteller nach alledem auch dann ohne Erfolg bliebe, wenn er gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag auf (vorläufige) Feststellung der Unwirksamkeit der Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 nach § 80 Abs. 5 VwGO analog oder § 123 Abs. 1 VwGO ausgelegt würde.
29Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Hinsichtlich des Antrags zu 1. hat der Antragsteller die Verfahrenskosten zu tragen, da er insoweit unterlegen ist. In Bezug auf die für erledigt erklärten Anträge zu 2., 3. und 4. entspricht es billigem Ermessen im Sinne von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen, da er mit Schriftsatz vom 26. September 2014 mitgeteilt hat, dass er die Bescheide vom 27. August 2013 und 18. August 2014 aufheben werde und die Vollstreckung des Zwangsgeldes nicht weiter verfolgen werde. Der Antragsgegner hat insoweit dem Begehren des Antragstellers entsprochen. Die Kostenquote ergibt sich unter Zugrundelegung des Wertes des Antrages zu 1., der ‑ wie den nachfolgenden Ausführungen zu entnehmen ist ‑ 5.000,- € beträgt, und des Gesamtwertes der Anträge zu 2. bis 4., der sich auf 6.515,43 € beläuft.
303. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und entspricht der Hälfte des im Klageverfahren vorläufig festgesetzten Wertes.
31Hinsichtlich des Antrages zu 1. bemisst die Kammer den Streitwert für den Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Krankengymnast"/"Physiotherapeut" in der Hauptsache mit 10.000 € (vgl. etwa Beschluss der Kammer vom 28. Juli 2009 - 7 L 647/09 -, juris); das in der Ordnungsverfügung vom 5. Juni 2013 angedrohte Zwangsgeld wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (vgl. Nr. 1.7.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).
32Bezüglich der Anträge zu 2. und 3. richtet sich der Hauptsachestreitwert gemäß Nr. 1.7.1 des Streitwertkataloges nach der Höhe der festgesetzten Zwangsgelder (2.500 € und 3.500 €) jeweils zuzüglich der Hälfte der Beträge der angedrohten weiteren Zwangsgelder (½ x 3.500 € und ½ x 4.500 €). Für den Antrag zu 4. legt die Kammer in der Hauptsache den Betrag der Gesamtforderung, der von der Forderungspfändung und Überweisungs- und Einziehungsverfügung vom 25. August 2014 erfasst wird, als Streitwert fest (3.030,85 €).
33Die einzelnen Werte sind nach § 39 Abs. 1 GKG und Ziffer 1.1.1 des Streitwertkataloges zu addieren. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Streitwert wiederum zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges)
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der in diesem Gesetz bestimmten Form.
(2) Die Zustellung wird durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post), einen nach § 17 des De-Mail-Gesetzes akkreditierten Diensteanbieter oder durch die Behörde ausgeführt. Daneben gelten die in den §§ 9 und 10 geregelten Sonderarten der Zustellung.
(3) Die Behörde hat die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten. § 5 Absatz 5 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 ist insoweit wirkungslos.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
3Die Klägerin bietet auf der Webseite www.xx.com Sportwetten an. Nach eigenen Angaben verfügt sie über eine entsprechende Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde. Bei Aufruf der Internetseite aus Nordrhein-Westfalen erschien diese seit dem November 2010 in deutscher Sprache, wobei am rechten oberen Bildrand eine Sprachwahl zwischen Englisch und Deutsch ermöglicht wurde. Derzeit erscheint bei einem Aufruf der Webseite aus Nordrhein-Westfalen der Hinweis „aus rechtlichen Gründen ist diese Seite aus Nordrhein-Westfalen vorübergehend nicht zu erreichen“. Auf der Internetpräsenz zum Partnerprogramm der Klägerin unter www…partner.de, die mit der Webseite www.xx.com verlinkt ist, heißt es unter dem Menüpunkt „Unternehmen-Struktur“ auch heute noch: „In Deutschland bietet die ..Ltd. (zuvor ausgeschrieben mit XX Ltd.) ihr breitgefächertes Angebot an Sportwetten über ein Franchisepartner-Netzwerk bestehend aus mehr als 100 Filialen und über die Online-Wettplattform www.xx.com an“.
4Mit Ordnungsverfügung vom 23. November 2010 - zugestellt per Einschreiben mit Rückschein auf Malta - untersagte die Bezirksregierung E. der Klägerin nach erfolgter Anhörung, in Nordrhein-Westfalen, insbesondere mit den unter der Domain www.xx.com aufrufbaren Angeboten, im Internet öffentliches Glücksspiel i. S. d. § 3 GlüStV zu veranstalten (Ziffer 1). Nach Ziffer 2 der Untersagungsanordnung war die Anordnung zu Ziffer 1 innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides zu erfüllen. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld i. H. v. 50.000 Euro an. Für die Untersagungsverfügung wurde eine Verwaltungsgebühr i. H. v. 400 Euro erhoben. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten angeboten und veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei (im gesamten Bundesgebiet) verboten (§ 4 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. In welcher Form und über welche Maßnahmen dem Verbot nachgekommen werde, bleibe der Klägerin überlassen. Entscheidend sei allein, dass vom Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen Spielangebote der Seite www.xx.com im Internet nicht mehr aufrufbar sein. Neben der vollständigen Entfernung der Seite aus dem Netz komme auch die Einrichtung eines Geolokalisationsprogramms oder die Festnetz- bzw. Handyortung in Betracht. Die Untersagung sei verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr begangen und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch erforderlich und angemessen. Denn es handele sich hierbei um ein bundesweit unzulässiges und strafrechtlich sanktioniertes Angebot „unerlaubtes Glücksspiel“, das der ordnungsrechtlichen Reaktion dringend zur Abwehr der damit einhergehenden Gefahren (Jugendschutz, Kriminalitätsvorbeugung, Spielerschutz, Einschränkung der Spiel- und damit Suchtanreize etc.) bedürfe. Die dem gegenüberstehenden wirtschaftlichen Interessen des Anbieters müssten vor dem Hintergrund dieser tragenden gewichtigen Ziele zurückstehen.
5Die Klägerin hat am 21. Dezember 2010 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Für die Untersagung ihres nicht spezifisch auf Nordrhein-Westfalen ausgerichteten Internetauftritts sei der Beklagte nicht zuständig. Es gebe derzeit keine technischen Möglichkeiten, der Untersagungsanordnung nachzukommen. Schließlich stehe nach den Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 die Unvereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrags mit Unionsrecht fest. Insbesondere werde die deutsche Glücksspielpolitik dem Erfordernis der Gesamtkohärenz nicht gerecht. Dies gelte namentlich in Bezug auf die Regelungen zu Pferdewetten, Automaten- und Casinospielen. Aber auch die gerade auf den Gewinn von Neukunden gerichtete Werbung der staatlichen Lotteriegesellschaften führe zur Inkohärenz und zur Unionrechtswidrigkeit der staatlichen Glücksspielpolitik.
6Einen Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. August 2011 (27 L 2267/10) abgelehnt.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Untersagungsanordnung der Bezirksregierung E. vom 23. November 2010 aufzuheben.
9Der Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: In Bezug auf seine Zuständigkeit sei zu berücksichtigen, dass nach § 3 Abs. 4 GlüStV ein Glücksspiel dort veranstaltet werde, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet werde. Technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Schließlich bestünden keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit und Unionsrechtmäßigkeit des Internetverbots sowie des Erlaubnisvorbehalts im GlüStV.
12Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Soweit es der Klägerin überlassen werde, wie sie der Untersagungsanordnung nachkomme, sei dies ordnungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit sie das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Die Untersagungsverfügung sei nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Bezirksregierung E. in ihrer Begründung gegebenenfalls davon ausgegangen sei, dass die Veranstaltertätigkeit wegen der Rechtsgültigkeit des Glücksspielmonopols generell nicht erlaubt werden könne. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könnte eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbots des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei. Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und dessen Vorgaben im Hinblick auf die Bestimmtheit. Eine etwaige Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da der Erlaubnisvorbehalt von diesem Monopol unabhängig bestehe.
13Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die verfassungs- und europarechtlichen Aspekte rechtsfehlerhaft beurteilt. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsakts - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Ersten Änderungsglücksspielstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Glücksspielveranstaltung im Internet sei mit Blick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Ein staatliches Sportwettenmonopol gebe es nicht mehr. Der Beklagte könne seine Ordnungsverfügung nicht mehr darauf stützen, dass sie eine Erlaubnis nicht innehabe. Sie - die Klägerin - habe sich um eine der 20 Konzessionen in Hessen beworben und die zweite Stufe des Vergabeverfahrens erreicht. Das Konzessionsverfahren leide an schweren Mängeln und verzögere sich wohl noch bis 2015. Auch deshalb könne der Beklagte an der Ordnungsverfügung nicht festhalten. Ein Nachschieben von Ermessenserwägungen sei nicht möglich, da die Verfügung auf ein vollständiges Internetverbot gestützt worden sei, welches in dieser Weise angesichts des nunmehr geltenden Konzessionsverfahrens heute nicht mehr bestehe. Jedenfalls erfülle der Vortrag des Beklagten nicht die Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht an ein zulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen stelle. Im Übrigen bestehe derzeit auch ein massives Vollzugsdefizit, weil keine andere Aufsichtsbehörde gegen Wettveranstalter im Internet und deren Werbung einschreite.
14In der Berufungsverhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für die Vergangenheit für in der Hauptsache erledigt erklärt.
15Die Klägerin beantragt nunmehr,
16das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 23. November 2010 mit Wirkung ex nunc aufzuheben.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, die streitgegenständliche Verfügung sei nicht auf das damalige Monopol gestützt worden, sondern erstens auf die fehlende Erlaubnis und zweitens auf das Internetverbot. In Ergänzung der Ermessenserwägungen werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV gestützt, und zwar auf den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV und das grundsätzliche Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV. Es liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionsverfahren in Hessen. Da schon die ursprüngliche Untersagung auf die mit unerlaubtem Glücksspiel einhergehenden Gefahren gestützt worden sei, sei hierin keine Auswechslung wesentlicher Ermessenserwägungen und damit keine rückwirkende Änderung der Verfügung zu sehen.
20Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für die Vergangenheit für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 92 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in entsprechender Anwendung) und das Urteil des Verwaltungsgerichts für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO -).
23Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
24Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.)
25Die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 23. November 2010, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist mit Wirkung ex nunc rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
27Sie ist insbesondere statthaft. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 23. November 2010 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der für die Gegenwart (und Zukunft) Regelungswirkung hat, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens öffentlichen Glücksspiels im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
28Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Zustellung an die Klägerin erlangt, vgl. §§ 43 Abs. 1, 41 Abs. 5 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW - VwVfG NRW -, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungszustellungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - LZG NRW -. Die hier erfolgte - förmliche - Zustellung des Verwaltungsakts per Einschreiben mit Rückschein auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW erfolgt eine Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 2. Mai 2011 ist anzunehmen, dass Malta einer verwaltungsrechtlichen direkten Zustellpraxis nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG nicht widerspricht und die Zustellung eines Verwaltungsakts einer deutschen Behörde auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet durch Einschreiben mit Rückschein duldet. Diese Einschätzung könnten die in anderen Verfahren vorgelegten Schreiben des maltesischen Botschafters in Berlin vom 7. Juli 2011 und des maltesischen Außenministeriums vom 13. Juli 2011 in Frage stellen. Allerdings hält das Auswärtige Amt in seiner weiteren Stellungnahme vom 20. Februar 2014, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, in Kenntnis dieser Schreiben daran fest, dass die Republik Malta die Zustellung eines Verwaltungsakts einer deutschen Behörde an eine Person auf ihrem Staatsgebiet durch Einschreiben mit Rückschein dulde, weil Malta das Europarechtsabkommen vom 24. November 1997 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland unterzeichnet, wenn auch noch nicht ratifiziert habe.
29Selbst wenn ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW vorliegt, ist er jedenfalls gemäß § 8 LZG NRW geheilt worden. Gemäß § 8 LZG NRW gilt ein Dokument, wenn sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Zu der Möglichkeit einer Heilung hat der Senat im Beschluss vom 14. Juli 2011 - 13 B 696/11 - bereits ausgeführt:
30Die Heilungsregelung in § 8 LZG NRW ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch bei einer Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW anwendbar. § 8 LZG NRW regelt allgemein die Heilung von Zustellungsmängeln, ohne die Heilungsmöglichkeit ausdrücklich auf die vorstehenden Zustellungsvorschriften in §§ 3 bis 7 LZG NRW zu beschränken. Vom Wortlaut der Norm wird die Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW daher ohne weiteres erfasst. Dieses Verständnis wird durch § 2 Abs. 2 Satz 2 LZG NRW gestützt, nach dem es sich bei den Regelungen in den §§ 9 bis 11 LZG NRW um Sonderarten der Zustellung handelt.
31Dass das LZG NRW die Auslandszustellung in § 9 LZG NRW erst hinter der Heilungsvorschrift des § 8 LZG NRW regelt, rechtfertigt nicht den Schluss, dass eine Heilung von Zustellungsmängeln bei der Zustellung im Ausland ausgeschlossen ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs ist anerkannt, dass Mängel der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 15 VwZG des Bundes in der bis zum 1. Februar 2006 gültigen Fassung - heute § 10 VwZG des Bundes in der Neufassung vom 12. August 2005 (BGBl I S. 2354) - gemäß § 9 VwZG des Bundes a.F. - heute § 8 VwZG des Bundes - geheilt werden können.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 43.95 -, NVwZ 1999, 178 (180); BFH, Urteil vom 25. Oktober 1995 - I R 16/95 -, BFHE 179, 202 (206).
33Die systematische Stellung des § 15 VwZG des Bundes a.F. hinter der Heilungsvorschrift in § 9 VwZG des Bundes a.F. wird in den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs nicht thematisiert. Angesichts dessen erscheint auch keine den Wortlaut des § 8 LZG NRW einschränkende Auslegung dahingehend geboten, dass dieser für die Sonderarten der Zustellung in §§ 9 bis 11 LZG NRW nicht gilt. Vielmehr ist bei summarischer Prüfung § 8 LZG NRW auf alle Zustellungsarten einschließlich der Sonderarten anwendbar.
34Vgl. ebenso Erlenkämper/Rhein, a.a.O., § 8 LZG NRW Rdnr. 1; ebenso für die Regelung in § 8 VwZG des Bundes: Sadler, a.a.O, § 8 VwZG Rdnr. 1.
35Soweit die Antragstellerin sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendbarkeit der Heilungsregelung in § 189 ZPO - bzw. § 187 ZPO in der bis zum 31. Januar 2002 geltenden Fassung - auf Auslandszustellungen nach der ZPO bezieht, gibt diese für die Beurteilung des Anwendungsbereichs von § 8 LZG NRW nichts her. Denn die angeführten Entscheidungen betreffen entweder die (fehlende) Heilungsmöglichkeit von Zustellungsmängeln nach dem Haager Zustellungsübereinkommen vom 15. November 1965,
36vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1992 ‑ XII ZB 64/91 -, BGHZ 120, 305, und vom 29. April 1999 - IX ZR 263/97 -, BGHZ 141, 286,
37oder die Zustellung einer Klage an einen im Ausland ansässigen Beklagten,
38vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1972 - II ZR 7/71 -, BGHZ 58, 177, und vom 24. September 1986 - VIII ZR 320/85 -, BGHZ 98, 263,
39und mithin spezifisch zivilprozessuale Fragestellungen, die im Anwendungsbereich des § 8 LZG NRW keine Rolle spielen. Im Übrigen wird auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Zivilgerichte und der Kommentierung zur ZPO ganz überwiegend angenommen, dass Mängel bei der Zustellung im internationalen Rechtsverkehr (§ 183 ZPO n.F. bzw. § 199 ZPO a.F.) vorbehaltlich vorrangigen Völkerrechts nach § 189 ZPO geheilt werden können.
40Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 1. September 1999 - 5 UF 84/99 -, FamRZ 2000, 898; Häublein in: Münchener Kommentar ZPO, 3. Auflage, § 183 Rn. 17; Geimer in: Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 183 Rn. 29 m. w. N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Auflage, § 183 Rn. 10.
41Hieran hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens fest.
42Die Voraussetzungen des § 8 LZG NRW für die Heilung eines - hier unterstellten ‑ völkerrechtlichen Mangels der Zustellung der Untersagungsverfügung liegen vor. Für eine Heilung ist zunächst Voraussetzung, dass die Behörde den Willen hatte, eine Zustellung vorzunehmen. Ferner muss das Dokument dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen sein und der Zeitpunkt des Zugangs muss beweiskräftig feststehen.
43Vgl. Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 9. Auflage 2011, § 8 Rn. 1, 2 und 4; Sadler, VwVG, VwZG, Kommentar, 8. Auflage 2011, § 8 Rn. 7 und 29.
44Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Dass die Bezirksregierung E. der Klägerin die Untersagungsverfügung zustellen wollte, ist angesichts des Umstandes, dass sie den Bescheid per Einschreiben mit Rückschein abgesandt hat, nicht zweifelhaft. Ausweislich des Vermerks auf dem Rückschein ist der Bescheid der Klägerin auch nachweislich am 7. Dezember 2010 ausgehändigt worden. Dass die Klägerin den Bescheid erhalten hat, wird von ihr im Übrigen auch nicht bestritten und durch die (fristgerechte) Klageerhebung am 21. Dezember 2010 belegt.
45Im Übrigen könnte sich die Klägerin auf einen Völkerrechtsverstoß, der in der Zustellung als Hoheitsakt auf fremdem Territorium begründet sein könnte,
46vgl. hierzu Engelhardt/App, a. a. O., § 1 VwZG Rn. 6,
47als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
48Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, juris, Rn. 108; BVerfGE 63, 343.
49B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
50Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 23. November 2010 ist rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
51Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndSV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
521. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen verfügt.
53Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten.
54Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gambelli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) ‑, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 – Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
55Dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) vom 20. Oktober 2011 Genehmigungen für Sportwetten und Casinospiele erteilt worden sind, die trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des GlSpielG SH für sechs Jahre weitergelten, führt nicht zur unionsrechtlichen Inkohärenz des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. Auch das GlSpielG SH sah eine Genehmigungspflicht vor (vgl. § 4 Abs. 1 GlSpielG SH) und ging nicht davon aus, dass öffentliche Glücksspiele erlaubnisfrei sein sollten.
562. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
57a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
58Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
59Die Klägerin veranstaltet ausschließlich Sportwetten im Internet. Für dieses Angebot hat sie keine Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F., was ihr auch entgegengehalten werden kann. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
61Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
62Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
63Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
64Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
65Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C (2011) 5319 - und vom 20. März 2012 - 2011/0188/D - zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
66Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
67Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
68Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
69Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
70Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
71Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
73Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
74Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
75Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
76Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
77Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
79Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
81Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwetten-angebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
82b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
83Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 23. November 2010 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. für Sportwetten so nicht mehr gibt (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind.
84Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
85Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
86aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
87Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
88Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
89bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff.; Wolf, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
91Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 23. November 2010 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
92cc) Die formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch den Beklagten verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
93Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
94Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
95Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
96Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
97Die Untersagungsverfügung ist insbesondere geeignet, den Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. durchzusetzen. Dass andere Aufsichtsbehörden derzeit gegen Wettveranstalter im Internet nicht vorgehen, stellt die Geeignetheit der Untersagung des formell illegalen Wettangebots der Klägerin bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit im Einzelfall nicht in Frage. In diesem Zusammenhang überschreitet der Beklagte mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung auch nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
98Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
99Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
100Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
101Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
102Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
103c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. In welcher Form und über welche Maßnahme sie dem Verbot nachkommen will, bleibt ihr nach dem Wortlaut der Verfügung selbst überlassen. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf die Beklagte in ihrer Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
104vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, Rn. 31, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
105oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
106Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
107Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
108Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 – und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 ‑ 10 CS 11.1290 ‑; vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 – 6 S 88/13 -, juris, Rn. 35; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 -, juris.
109Aus dem in das Verfahren einbezogenen Gutachten von Prof. Dr. Thomas Hoeren „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von der Fa. Google verwendet, um ihren Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
110Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, juris, Rn. 47.
111Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
112Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar, wenn sie dieser Anordnung nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, nachkommen kann. Denn die Klägerin ist - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein gilt keine Ausnahme, weil der Klägerin nach dem GlSpielG SH keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit nicht an.
113Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -, juris.
114Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und die Gebührenfestsetzung in der Untersagungsverfügung vom 23. November 2010 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
115Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils entspricht es der Billigkeit, die Kosten ebenfalls der Klägerin aufzuerlegen. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war in der Vergangenheit ebenfalls rechtmäßig, so dass die Klägerin auch insoweit unterlegen gewesen wäre. Insoweit wird auf das Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 - verwiesen.
116Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
117Die Revision ist zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 29. März 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zwangsgeldern zur Durchsetzung einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung, die Gegenstand des Verfahrens OVG NRW 13 A 2018/11 ist.
3Die Klägerin bietet unter der Domain www…..com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www…..com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
4Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
5Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine Untersagungsverfügung mit folgendem Inhalt:
6„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www…..com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
7Dazu wird Ihnen aufgegeben,
8a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
9b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
10c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
11Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
12d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
13e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
142. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
153. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www…..com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
16a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
17b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
18c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
19d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
204. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
215. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
226. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
23Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.
24Die Klägerin erhob hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage (27 K 5009/08).
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) unter Einstellung hinsichtlich der ursprünglichen Zwangsgeldandrohung ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
27Am 21. Mai 2010 stellte die Bezirksregierung E. fest, dass das Spielangebot unter www…..com weiterhin bei einem Aufruf aus Nordrhein-Westfalen erreichbar war. Mit Schreiben vom 21. Mai 2010 drohte sie daraufhin der Klägerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 der Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro an, sofern die Anordnung nicht innerhalb von drei Tagen nach Zustellung dieses Bescheides befolgt werde. Die Zwangsgeldandrohung wurde per Einschreiben/Rückschein abgesandt und der Klägerin laut Rückschein am 1. Juni 2010 ausgehändigt.
28Nachdem die Bezirksregierung E. am 28. Juni 2010 festgestellt hatte, dass das Spielangebot unter www…..com weiterhin bei einem Aufruf aus Nordrhein-Westfalen erreichbar war, setzte sie mit Bescheid vom 28. Juni 2010 - per Einschreiben/Rückschein am Folgetag abgesandt und laut Rückschein der Klägerin am 5. Juli 2010 ausgehändigt - das unter dem 21. Mai 2010 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro fest und drohte für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 100.000 Euro an; zur Erfüllung dieser Anordnung gewährte sie der Klägerin eine Frist von drei Tagen nach Zugang dieses Schreibens.
29Am 28. Juli 2010 stellte die Bezirksregierung E. erneut fest, dass das Spielangebot unter www…..com weiterhin bei einem Aufruf aus Nordrhein-Westfalen erreichbar war. Daraufhin setzte sie mit Bescheid vom 28. Juli 2010 ‑ per Einschreiben/Rückschein am Folgetag abgesandt und laut Rückschein der Klägerin am 2. August 2010 ausgehändigt - das unter dem 28. Juni 2010 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 100.000 Euro fest und drohte für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 100.000 Euro an; zur Erfüllung dieser Anordnung gewährte sie der Klägerin eine Frist von drei Tagen nach Zugang dieses Schreibens.
30Die Klägerin hat am 4. August 2010 gegen die Bescheide vom 28. Juni 2010 und 28. Juli 2010 Klage erhoben.
31Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage im Verfahren 27 K 5009/08 - unter Einstellung im Umfang der beiderseitigen Erledigungserklärungen - abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Berufung der Klägerin hat der Senat durch Urteil vom 25. Februar 2014 zurückgewiesen (13 A 2018/11).
32Die festgesetzten Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
33Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage auf das Vorbringen in dem die Grundverfügung betreffenden Klageverfahren 27 K 5009/08 Bezug genommen und ergänzend vorgetragen: Hinsichtlich beider Zwangsgeldfestsetzungen fehle es an einer wirksamen Zwangsgeldandrohung, die zwingend zuzustellen sei. Eine Zustellung der Bescheide per Einschreiben mit Rückschein sei auf Malta nicht möglich. Wie sich aus einem Schreiben des maltesischen Botschafters in Berlin vom 7. Juli 2011 ergebe, toleriere die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post.
34Die Klägerin hat beantragt,
35die Bescheide der Bezirksregierung E. vom 28. Juni 2010 und 28. Juli 2010 aufzuheben.
36Der Beklagte hat beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die Klägerin biete im Internet Glücksspiel an, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis der in Nordrhein-Westfalen zuständigen Behörde zu verfügen. Eine etwaige maltesische Lizenz müsse er nicht anerkennen. Die Androhung der festgesetzten Zwangsgelder sei jeweils wirksam zugestellt worden, was durch die betreffenden Rückscheine belegt werde. Die Zustellung per Einschreiben mit Rückschein werde im Gesetz ausdrücklich als mögliche Zustellungsart benannt.
39Mit Urteil vom 29. März 2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen seien erfüllt. Mit dem Veranstaltungsverbot in Ziffer 1 Satz 1 der Ordnungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 liege ein gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 Abs. 2 GlüStV sofort vollstreckbarer, mit Zwangsmitteln durchsetzbarer Verwaltungsakt im Sinne des § 55 Abs. 1 VwVG NRW vor. Der Einwand der Klägerin, ihr seien die Zwangsgeldandrohungen entgegen § 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, greife nicht durch. Es spreche Einiges dafür, dass eine Zustellung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW durch die Republik Malta geduldet werde und ohne ausdrückliche Übereinkunft zulässig sei. Dies habe eine Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 2. Mai 2011 bestätigt. Aber auch wenn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW mangels völkerrechtlicher Zulässigkeit einer solchen Zustellung nicht erfüllt seien, sei der Zustellungsmangel jedenfalls gemäß § 8 LZG NRW geheilt worden. Ob die Regelungen des GlüStV, auf denen auch die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 beruhe, mit Unionsrecht vereinbar seien, könne im Ergebnis dahinstehen. Denn auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung komme es bei der Beurteilung der hier vorliegenden Vollstreckungsmaßnahmen nicht an. Voraussetzung für die Vollstreckung der Grundverfügung sei vielmehr allein deren Bestandskraft oder - wie hier - deren Vollziehbarkeit. Auch das Unionsrecht gebiete es nicht, die Rechtmäßigkeit eines sofort vollziehbaren Untersagungsbescheides im Vollstreckungsverfahren nochmals zu prüfen.
40Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Eine Zustellung der Zwangsgeldandrohungen per Einschreiben mit Rückschein in der Republik Malta sei völkerrechtlich unzulässig. Die Republik Malta habe einer verwaltungsrechtlichen direkten Zustellpraxis nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW widersprochen und dulde die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein auch nicht. Eine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 8 LZG NRW sei nicht möglich. Auf den Völkerrechtsverstoß könne sich die Klägerin berufen. Die Zwangsgeldfestsetzungen seien darüber hinaus rechtswidrig, weil die zu vollstreckende Grundverfügung gegen unionsrechtliche Vorgaben verstoße. Die Unionsrechtswidrigkeit der Grundverfügung schlage auf die Beurteilung der Vollstreckungsmaßnahmen durch. Der EuGH habe entschieden, dass ein gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßendes Verbot, das durch eine individuell-konkrete, bestandskräftig gewordene Verwaltungsentscheidung eingeführt worden sei, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Geldstrafe, die nach dem Zeitpunkt des Beitritts wegen der Nichtbeachtung des Verbots verhängt worden sei, unanwendbar sei. Ab dem Zeitpunkt der Festsetzung des Zwangsgeldes sei dieses mit einer Geldstrafe vergleichbar, weil es aus Sicht des Betroffenen eine dauerhafte Vermögenseinbuße bedeute.
41Die Klägerin beantragt,
42das Urteil des Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 29. März 2012 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
43Der Beklagte beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen.
45Er verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und macht ergänzend geltend: Da die Untersagungsverfügung rechtmäßig sei, die Klägerin aber weiterhin auf www…..com unerlaubtes Glücksspiel anbiete, seien auch die Zwangsgeldfestsetzungen rechtmäßig.
46Mit Schreiben vom 20. Februar 2014 hat das Auswärtige Amt auf Anfrage des Senats eine schriftliche Stellungnahme zur Zustellpraxis auf Malta abgegeben.
47Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
48E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
49Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
50Die angefochtenen Bescheide der Bezirksregierung E. vom 28. Juni 2010 und vom 28. Juli 2010 sind sowohl hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzungen (I.) als auch hinsichtlich der (weiteren) Zwangsgeldandrohung (II.) rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungs-gerichtsordnung (VwGO).
51I. Rechtsgrundlage für die Zwangsgeldfestsetzungen sind §§ 55 Abs. 1, 60, 64 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW). Nach § 55 Abs. 1 VwVG NRW kann der Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Mit Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 ist der Klägerin untersagt worden, in Nordrhein-Westfalen, insbesondere mit den unter der Domain www…..com aufrufbaren Angeboten, im Internet öffentliches Glücksspiel i. S. d. § 3 GlüStV zu veranstalten. Hiergegen hat die Klägerin verstoßen, indem ihre Spielangebote - wie der Beklagte sowohl am 28. Juni 2010 als auch am 28. Juli 2010 festgestellt hat - weiterhin bei einem Aufruf aus Nordrhein-Westfalen erreichbar waren. Die gegen die Klägerin ausgesprochene glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung war gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 9 Abs. 2 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007 (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV a. F.) auch sofort vollziehbar.
52Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
54Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz NRW - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden ‑ weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris, Rn. 11; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 14. Auflage 2013, § 41 Rn. 26; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
56Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
57Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 ist auch inhaltlich wirksam. Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 44 VwVfG NRW sind nicht ersichtlich. Die Untersagungsverfügung ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil sich die Rechtslage seit ihrem Erlass durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Dezember 2012 in Nordrhein-Westfalen maßgeblich verändert hat. Dies begründet keinen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW. Die Rechtsänderung, die ohnehin nicht die hier maßgeblichen Zeitpunkte der Festsetzung der Zwangsgelder und nicht einmal den Zeitraum bis zum Abschluss der Vollstreckung im Januar 2012 betrifft, lässt die Titelfunktion des Bescheids im Rahmen seiner Vollstreckung in der Vergangenheit unberührt.
58Auf die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung kommt es bei der Beurteilung der hier vorliegenden Zwangsgeldfestsetzungen nicht an. Vollstreckungsmaßnahmen setzen lediglich einen wirksamen, unanfechtbaren oder sofort vollziehbaren Grundverwaltungsakt voraus. Einwendungen gegen dessen Rechtmäßigkeit können im Vollstreckungsverfahren nicht geltend gemacht werden.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 7 C 5.08 -, juris, Rn. 12; OVG NRW, Beschlüsse vom 19. Dezember 2012 - 12 B 1339/12 -, juris, Rn. 3, vom 20. Januar 2012 - 4 B 1425/11 -, juris, Rn. 4, und vom 19. Januar 2011 - 13 B 1290/10 ‑, juris, Rn. 7.
60Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus unionsrechtlichen Vorschriften. Das Unionsrecht enthält keine speziellen Vorgaben für die Ausgestaltung des nationalen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, wenn sich jemand auf die Unionsrechtswidrigkeit eines nationalen Verwaltungsaktes beruft. Vielmehr ist es Sache der Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die dem Bürger eine Prüfung der Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Unionsrecht ermöglichen. Es muss lediglich nach dem System der nationalen Rechtsordnung einen Rechtsbehelf geben, mit dem wenigstens inzident die Wahrung der Rechte gewährleistet werden kann, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen.
61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2012 - 4 B 1425/11 -, juris m. w. N.
62Ebenso wenig kann aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des EuGH vom 29. April 1999 - Rs. C-224/97 (Ciola), Rn. 16 - hergeleitet werden, dass im Verwaltungsvollstreckungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung nochmals zu prüfen ist. Nach der genannten Entscheidung muss ein gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßendes Verbot, das durch eine individuell-konkrete, bestandskräftig gewordene Verwaltungsentscheidung eingeführt wurde, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Geldstrafe unangewendet bleiben. Eine Zwangsgeldfestsetzung ist keine solche Sanktion, sondern ein Beugemittel, das den Betroffenen zur Befolgung des Verwaltungsakts veranlassen soll.
63Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juli 2011 ‑ 13 B 696/11 -, juris, Rn. 55, und vom 20. Januar 2012 - 4 B 1425/11 -, juris, Rn. 16.
64Dementsprechend können und müssen Zwangsgeldfestsetzungen und ‑beitreibungen - ggf. über ein Wiederaufgreifen gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG NRW - rückabgewickelt werden, wenn die zu vollstreckende Untersagungsverfügung nachträglich in Ansehung des Zeitraums beseitigt wird, in welchem sie zwangsweise durchgesetzt wurde.
65Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 20.
66Das ist bei der Untersagungsverfügung des Beklagten nicht der Fall. Die in der Vergangenheit vollstreckte Untersagung vom 3. Juni 2008 ist als Vollstreckungstitel nicht entfallen. Der Senat hat mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren 13 A 2018/11 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zurückgewiesen. Mangels einer Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit (ex tunc) bleibt sie die Grundlage für die Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten.
67Die festgesetzten Zwangsgelder sind auch ordnungsgemäß angedroht worden (vgl. § 63 VwVG NRW). Die Zwangsgeldandrohungen vom 21. Mai 2010 und 28. Juni 2010 sind der Klägerin entsprechend der Vorgabe in § 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW wirksam zugestellt worden. § 63 Abs. 6 Satz 1 VwVG NRW enthält eine zwingende Regelung über die Form der Bekanntgabe (§ 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) als Voraussetzung der Wirksamkeit des Verwaltungsakts (§ 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW), deren Nichtbeachtung - vorbehaltlich von Heilungsmöglichkeiten - grundsätzlich zur Unwirksamkeit des betreffenden Verwaltungsakts führt.
68Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 ‑ 20 B 3082/92 -, juris, Rn. 11.
69Der auf Malta ansässigen Klägerin sind die Zwangsgeldandrohungen auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW durch Einschreiben mit Rückschein wirksam zugestellt worden. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW erfolgt eine Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 2. Mai 2011 ist anzunehmen, dass Malta einer verwaltungsrechtlichen direkten Zustellpraxis nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG nicht widerspricht und die Zustellung eines Verwaltungsakts einer deutschen Behörde auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet durch Einschreiben mit Rückschein duldet. Diese Einschätzung könnten die von der Klägerin vorgelegten Schreiben des maltesischen Botschafters in Berlin vom 7. Juli 2011 und des maltesischen Außenministeriums vom 13. Juli 2011 in Frage stellen. Allerdings hält das Auswärtige Amt in seiner weiteren Stellungnahme vom 20. Februar 2014 in Kenntnis dieser Schreiben daran fest, dass die Republik Malta die Zustellung eines Verwaltungsakts einer deutschen Behörde an eine Person auf ihrem Staatsgebiet durch Einschreiben mit Rückschein dulde, weil Malta das Europarechtsabkommen vom 24. November 1997 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland unterzeichnet, wenn auch noch nicht ratifiziert habe.
70Selbst wenn ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 LZG NRW vorliegt, ist er jedenfalls gemäß § 8 LZG NRW geheilt worden. Gemäß § 8 LZG NRW gilt ein Dokument, wenn sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten nachweislich zugegangen ist. Zu der Möglichkeit einer Heilung hat der Senat im Beschluss vom 14. Juli 2011 - 13 B 696/11 - bereits ausgeführt:
71Die Heilungsregelung in § 8 LZG NRW ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch bei einer Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW anwendbar. § 8 LZG NRW regelt allgemein die Heilung von Zustellungsmängeln, ohne die Heilungsmöglichkeit ausdrücklich auf die vorstehenden Zustellungsvorschriften in §§ 3 bis 7 LZG NRW zu beschränken. Vom Wortlaut der Norm wird die Zustellung im Ausland nach § 9 LZG NRW daher ohne weiteres erfasst. Dieses Verständnis wird durch § 2 Abs. 2 Satz 2 LZG NRW gestützt, nach dem es sich bei den Regelungen in den §§ 9 bis 11 LZG NRW um Sonderarten der Zustellung handelt.
72Dass das LZG NRW die Auslandszustellung in § 9 LZG NRW erst hinter der Heilungsvorschrift des § 8 LZG NRW regelt, rechtfertigt nicht den Schluss, dass eine Heilung von Zustellungsmängeln bei der Zustellung im Ausland ausgeschlossen ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs ist anerkannt, dass Mängel der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 15 VwZG des Bundes in der bis zum 1. Februar 2006 gültigen Fassung - heute § 10 VwZG des Bundes in der Neufassung vom 12. August 2005 (BGBl I S. 2354) - gemäß § 9 VwZG des Bundes a.F. - heute § 8 VwZG des Bundes - geheilt werden können.
73Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 43.95 -, NVwZ 1999, 178 (180); BFH, Urteil vom 25. Oktober 1995 - I R 16/95 -, BFHE 179, 202 (206).
74Die systematische Stellung des § 15 VwZG des Bundes a.F. hinter der Heilungsvorschrift in § 9 VwZG des Bundes a.F. wird in den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs nicht thematisiert. Angesichts dessen erscheint auch keine den Wortlaut des § 8 LZG NRW einschränkende Auslegung dahingehend geboten, dass dieser für die Sonderarten der Zustellung in §§ 9 bis 11 LZG NRW nicht gilt. Vielmehr ist bei summarischer Prüfung § 8 LZG NRW auf alle Zustellungsarten einschließlich der Sonderarten anwendbar.
75Vgl. ebenso Erlenkämper/Rhein, a.a.O., § 8 LZG NRW Rdnr. 1; ebenso für die Regelung in § 8 VwZG des Bundes: Sadler, a.a.O, § 8 VwZG Rdnr. 1.
76Soweit die Antragstellerin sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwendbarkeit der Heilungsregelung in § 189 ZPO - bzw. § 187 ZPO in der bis zum 31. Januar 2002 geltenden Fassung - auf Auslandszustellungen nach der ZPO bezieht, gibt diese für die Beurteilung des Anwendungsbereichs von § 8 LZG NRW nichts her. Denn die angeführten Entscheidungen betreffen entweder die (fehlende) Heilungsmöglichkeit von Zustellungsmängeln nach dem Haager Zustellungsübereinkommen vom 15. November 1965,
77vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 1992 ‑ XII ZB 64/91 -, BGHZ 120, 305, und vom 29. April 1999 - IX ZR 263/97 -, BGHZ 141, 286,
78oder die Zustellung einer Klage an einen im Ausland ansässigen Beklagten,
79vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1972 - II ZR 7/71 -, BGHZ 58, 177, und vom 24. September 1986 - VIII ZR 320/85 -, BGHZ 98, 263,
80und mithin spezifisch zivilprozessuale Fragestellungen, die im Anwendungsbereich des § 8 LZG NRW keine Rolle spielen. Im Übrigen wird auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung der Zivilgerichte und der Kommentierung zur ZPO ganz überwiegend angenommen, dass Mängel bei der Zustellung im internationalen Rechtsverkehr (§ 183 ZPO n.F. bzw. § 199 ZPO a.F.) vorbehaltlich vorrangigen Völkerrechts nach § 189 ZPO geheilt werden können.
81Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 1. September 1999 - 5 UF 84/99 -, FamRZ 2000, 898; Häublein in: Münchener Kommentar ZPO, 3. Auflage, § 183 Rn. 17; Geimer in: Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 183 Rn. 29 m. w. N.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Auflage, § 183 Rn. 10.
82Hieran hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens fest.
83Die Voraussetzungen des § 8 LZG NRW für die Heilung eines - hier unter-stellten ‑ völkerrechtlichen Mangels der Zustellung der Zwangsgeldandrohungen liegen vor. Für eine Heilung ist zunächst Voraussetzung, dass die Behörde den Willen hatte, eine Zustellung vorzunehmen. Ferner muss das Dokument dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen sein und der Zeitpunkt des Zugangs muss beweiskräftig feststehen.
84Vgl. Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 9. Auflage 2011, § 8 Rn. 1, 2 und 4; Sadler, VwVG, VwZG, Kommentar, 8. Auflage 2011, § 8 Rn. 7 und 29.
85Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Dass die Bezirksregierung E. der Klägerin die Zwangsgeldandrohungen zustellen wollte, ist angesichts des Umstandes, dass sie die Bescheide per Einschreiben mit Rückschein abgesandt hat, nicht zweifelhaft. Ausweislich der Vermerke auf den Rückscheinen sind die Bescheide der Klägerin auch nachweislich am 1. Juni 2010 bzw. am 5. Juli 2010 ausgehändigt worden. Dass die Klägerin die Bescheide erhalten hat, wird von ihr im Übrigen auch nicht bestritten und durch die (fristgerechten) Klageerhebungen am 4. August 2010 belegt.
86Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift könne den Völkerrechtsverstoß, der in der Bekanntgabe bzw. Zustellung als Hoheitsakt auf fremdem Territorium begründet sei,
87vgl. hierzu Engelhardt/App, a. a. O., § 1 VwZG Rn. 6,
88nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
89Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, juris, Rn. 108; BVerfGE 63, 343.
90Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzungen - insbesondere der Höhe nach - bestehen nicht. Der Beklagte konnte aufgrund des fortgesetzten Verstoßes gegen seine Untersagungsverfügung die angedrohten Zwangsgelder auch wiederholt festsetzen, vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3 VwVG NRW.
91Vgl. Engelhardt/App, a.a. O., § 13 Rn. 11; Sadler, a. a. O., § 13 VwVG, Rn. 128.
92II. Die (weitere) Zwangsgeldandrohung des Beklagten in der Verfügung vom 28. Juli 2010 erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 55 Abs. 1, 60, 63 VwVG NRW. Die Zwangsgeldandrohung ist insbesondere ihrer Höhe nach nicht zu beanstanden, nachdem die zuvor erfolgten Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro die Klägerin nicht dazu veranlasst haben, der Untersagungsverfügung des Beklagten fristgemäß nachzukommen.
93Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
94Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
95Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
(1) Eine Zustellung im Ausland erfolgt
- 1.
durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist, - 2.
auf Ersuchen der Behörde durch die Behörden des fremden Staates oder durch die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, - 3.
auf Ersuchen der Behörde durch das Auswärtige Amt an eine Person, die das Recht der Immunität genießt und zu einer Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gehört, sowie an Familienangehörige einer solchen Person, wenn diese das Recht der Immunität genießen, oder - 4.
durch Übermittlung elektronischer Dokumente, soweit dies völkerrechtlich zulässig ist.
(2) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 1 genügt der Rückschein. Die Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 wird durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen. Der Nachweis der Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 4 richtet sich nach § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 und 5 sowie nach § 5a Absatz 3 und 4 Satz 1, 2 und 4.
(3) Die Behörde kann bei der Zustellung nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 anordnen, dass die Person, an die zugestellt werden soll, innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellungsbevollmächtigten benennt, der im Inland wohnt oder dort einen Geschäftsraum hat. Wird kein Zustellungsbevollmächtigter benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Dokument unter der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, zur Post gegeben wird. Das Dokument gilt am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn nicht feststeht, dass es den Empfänger nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Die Behörde kann eine längere Frist bestimmen. In der Anordnung nach Satz 1 ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Dokument zur Post gegeben wurde. Ist durch Rechtsvorschrift angeordnet, dass ein Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt werden kann, finden die Sätze 1 bis 6 keine Anwendung.
(1) Für die Durchführung
- 1.
der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 2.12.2020, S. 40; L 173 vom 30.6.2022, S. 133) in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie - 2.
des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; L 120 vom 5.5.2006, S. 23), das durch die Mitteilung Dänemarks vom 22. Dezember 2020 (ABl. L 19 vom 21.1.2021, S. 1) geändert worden ist,
(2) Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Wenn Schriftstücke aufgrund solcher Vereinbarungen unmittelbar durch die Post zugestellt werden dürfen, dann soll dies durch Einschreiben mit Rückschein oder mittels eines gleichwertigen Nachweises bewirkt werden, anderenfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen. Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Absatzes 4 erfolgen.
(3) Bestehen keine völkerrechtlichen Vereinbarungen zur Zustellung, so erfolgt die Zustellung vorbehaltlich des Absatzes 4 auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des ausländischen Staates.
(4) Folgende Zustellungen in den Fällen der Absätze 2 und 3 erfolgen auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung:
- 1.
Zustellungen, deren Erledigung durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder für die ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt, - 2.
Zustellungen an ausländische Staaten sowie - 3.
Zustellungen an entsandte Beschäftigte einer deutschen Auslandsvertretung und die in ihrer Privatwohnung lebenden Personen.
(5) Zum Nachweis der Zustellung nach Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz genügt der Rückschein oder ein gleichwertiger Nachweis. Im Übrigen wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen.
(6) Soweit völkerrechtliche Vereinbarungen eine Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke ermöglichen, ist für die Übermittlung solcher Schriftstücke in das Ausland das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person, die die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei notariellen Urkunden ist auch das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz der juristischen Person.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Die Erlaubnis nach § 1 ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller
- 1.
die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat, - 2.
sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt, - 3.
nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist und - 4.
über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.
(2) Eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erworbene abgeschlossene Ausbildung erfüllt die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 1, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. In die Prüfung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes sind die in anderen Staaten absolvierten Ausbildungsgänge oder die in anderen Staaten erworbene Berufserfahrung einzubeziehen. Die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes im Sinne des Satzes 1 wird anerkannt, wenn
- 1.
die Antragsteller einen Ausbildungsnachweis vorlegen, aus dem sich ergibt, dass sie bereits in einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes als Masseurin und medizinische Bademeisterin oder Masseur und medizinischer Bademeister oder als Physiotherapeutin oder Physiotherapeut anerkannt wurden, - 2.
sie über eine dreijährige Berufserfahrung in der Massage und dem medizinischen Badewesen oder in der Physiotherapie im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der den Ausbildungsnachweis anerkannt hat, verfügen und - 3.
der Mitgliedstaat, der die Ausbildung anerkannt hat, diese Berufserfahrung bescheinigt oder wenn die Ausbildung der Antragsteller keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Masseure und medizinische Bademeister oder in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten geregelten Ausbildung aufweist.
(3) Für Antragsteller, die eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 anstreben, gilt die Voraussetzung des Absatzes 1 Nr. 1 als erfüllt, wenn aus einem Europäischen Berufsausweis oder aus einem in einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes erworbenen Diplom hervorgeht, dass der Inhaber eine Ausbildung erworben hat, die in diesem Staat für den unmittelbaren Zugang zu einem dem Beruf des Physiotherapeuten entsprechenden Beruf erforderlich ist. Diplome im Sinne dieses Gesetzes sind Ausbildungsnachweise gemäß Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) in der jeweils geltenden Fassung, die mindestens dem in Artikel 11 Buchstabe b der Richtlinie 2005/36/EG genannten Niveau entsprechen und denen eine Bescheinigung des Herkunftsmitgliedstaats über das Ausbildungsniveau beigefügt ist. Satz 2 gilt auch für einen Ausbildungsnachweis oder eine Gesamtheit von Ausbildungsnachweisen, die von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, sofern sie den erfolgreichen Abschluss einer in der Europäischen Union auf Voll- oder Teilzeitbasis im Rahmen formaler oder nichtformaler Ausbildungsprogramme erworbene Ausbildung bescheinigen, von diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannt wurden und in Bezug auf die Aufnahme oder Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten dieselben Rechte verleihen oder auf die Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten vorbereiten. Satz 2 gilt ferner für Berufsqualifikationen, die zwar nicht den Erfordernissen der Rechts- oder Verwaltungsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaats für die Aufnahme oder Ausübung des Berufs des Physiotherapeuten entsprechen, ihrem Inhaber jedoch nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaats erworbene Rechte nach den dort maßgeblichen Vorschriften verleihen. Antragsteller mit einem Ausbildungsnachweis aus einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang zu absolvieren oder eine Eignungsprüfung abzulegen, wenn
- 1.
die Ausbildung des Antragstellers hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die nach diesem Gesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten vorgeschrieben sind, oder - 2.
der Beruf des Physiotherapeuten eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsstaat des Antragstellers nicht Bestandteil des Berufs sind, der dem des Physiotherapeuten entspricht, und wenn sich die Ausbildung für diese Tätigkeiten auf Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung nach diesem Gesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von der Ausbildung des Antragstellers abgedeckt sind.
(4) Für Antragsteller, die eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 anstreben, gilt die Voraussetzung des Absatzes 1 Nr. 1 als erfüllt, wenn aus einem Europäischen Berufsausweis oder aus einem in einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes erworbenen Prüfungszeugnis hervorgeht, dass der Inhaber eine Ausbildung erworben hat, die in diesem Staat für den unmittelbaren Zugang zu einem dem Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters entsprechenden Beruf erforderlich ist. Prüfungszeugnisse im Sinne dieses Gesetzes sind Ausbildungsnachweise gemäß Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18) in der jeweils geltenden Fassung, die mindestens dem in Artikel 11 Buchstabe b der Richtlinie 2005/36/EG genannten Niveau entsprechen und denen eine Bescheinigung des Herkunftsmitgliedstaats über das Ausbildungsniveau beigefügt ist. Absatz 3 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Antragsteller mit einem Ausbildungsnachweis aus einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben einen höchstens zweieinhalbjährigen Anpassungslehrgang zu absolvieren oder eine Eignungsprüfung abzulegen, wenn
- 1.
die Ausbildung des Antragstellers hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung oder eine praktische Tätigkeit umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die nach diesem Gesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Masseure und medizinische Bademeister vorgeschrieben sind, oder - 2.
der Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die im Herkunftsstaat des Antragstellers nicht Bestandteil des Berufs sind, der dem des Masseurs und medizinischen Bademeisters entspricht, und wenn sich die Ausbildung für diese Tätigkeiten auf Fächer oder Bereiche der praktischen Ausbildung nach diesem Gesetz und nach der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Masseure und medizinische Bademeister oder die praktische Tätigkeit bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von der Ausbildung des Antragstellers abgedeckt sind.
(4a) Für Antragsteller, die über einen Ausbildungsnachweis verfügen, der dem in Artikel 11 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG genannten Niveau entspricht, gilt Absatz 3 Satz 5 bis 7 sowie 9 und Absatz 4 Satz 4 bis 7 sowie 9 mit der Maßgabe, dass die erforderliche Ausgleichsmaßnahme abweichend von Absatz 3 Satz 8 und Absatz 4 Satz 8 aus einer Eignungsprüfung besteht.
(4b) Wird die Voraussetzung des Absatzes 1 Nummer 1 auf eine Ausbildung gestützt, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, soll die Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation nach den Absätzen 2, 3, 4 oder 4a vor den Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 2 bis 4 geprüft werden. Auf Antrag ist dem Antragsteller ein gesonderter Bescheid über die Feststellung seiner Berufsqualifikation zu erteilen.
(5) Die Absätze 3 bis 4a gelten entsprechend für Drittstaatdiplome, für deren Anerkennung sich nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften eine Gleichstellung ergibt.
(6) Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz findet mit Ausnahme des § 17 keine Anwendung.
(7) Die Länder können vereinbaren, dass die Aufgaben nach den Absätzen 2 bis 5 von einem anderen Land oder einer gemeinsamen Einrichtung wahrgenommen werden.
(8) Die Bundesregierung überprüft die Regelungen zu den Anerkennungsverfahren nach diesem Gesetz und berichtet nach Ablauf von drei Jahren dem Deutschen Bundestag.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.