Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 S 88/13

bei uns veröffentlicht am23.05.2013

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - geändert.

Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 wird mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.
Die in Großbritannien ansässige Klägerin versteigert auf der Internetseite ... hauptsächlich elektronische Produkte und macht Werbung für diese Versteigerungen. Bei der Versteigerung läuft für jedes Produkt eine Zeituhr rückwärts. Gebote sind nur vor Ablauf der Zeituhr durch den Einsatz eines Gebotspunktes möglich. Die Gebotspunkte müssen zuvor von den Teilnehmern der Versteigerung gekauft werden. Ein Gebotspunkt kostet, je nach der Anzahl der insgesamt erworbenen Gebotspunkte, zwischen 0,60 und 0,75 EUR. Durch den manuell oder automatisch möglichen Einsatz eines solchen Gebotspunktes erhöht sich der Preis des angebotenen Produkts um 0,01 EUR. Zugleich verlängert der Einsatz eines Gebotspunktes die Versteigerung um 20 Sekunden, so dass die anderen Teilnehmer der Auktion die Zeit erhalten, das bislang höchste Gebot noch einmal zu überbieten. Der Teilnehmer, der beim Ablauf der Auktion das letzte Gebot abgegeben hat, gewinnt die Auktion und erwirbt das Recht, den betreffenden Gegenstand zu dem letzten Gebotspreis zu erwerben. Eine Rückerstattung der Kosten für die erworbenen und eingesetzten Gebotspunkte erfolgt nicht.
Nach Anhörung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 14.11.2011 der Klägerin, in Baden-Württemberg unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 3 Glücksspielstaatsvertrag in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung (GlüStV a.F.) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziffer 1). Zugleich wurde ihr aufgegeben, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium schriftlich mitzuteilen (Ziffer 2). Für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen aus Ziffern 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachkommt, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR angedroht (Ziffer 3). Schließlich wurde eine Gebühr in Höhe von 500 EUR festgesetzt (Ziffer 4). Zur Begründung wurde in der Verfügung ausgeführt: Die Untersagung beruhe auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a.F.. Bei den von der Klägerin angebotenen Versteigerungen handele es sich um ein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV a.F.. Es werde ein Entgelt in Form von käuflich erworbenen Punkten für die Abgabe eines Gebots geleistet. Die Abgabe jedes einzelnen Gebotspunktes sei hierbei jeweils ein eigenständiges Glücksspiel, da der Spieler hiermit die Chance erhalte, den betreffenden Gegenstand unterhalb des Marktpreises zu erwerben, sofern er das letzte Gebot abgebe. Ob es sich hierbei um das letzte und damit erfolgreiche Gebot handele, sei vom Zufall abhängig, da es allein darauf ankomme, ob noch ein anderer Bieter ein weiteres Gebot abgebe. Die Veranstaltung des Glücksspiels erfolge ohne die erforderliche Erlaubnis, die auch nicht erteilt werden könne, da die Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. unzulässig sei. Sowohl der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. als auch das Internetverbot seien mit Verfassungs- und Europarecht vereinbar. Indem die Klägerin ihr eigenes Angebot im Internet bewerbe, verstoße sie auch gegen das Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel in § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. und gegen das in § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. verankerte Werbeverbot für Glücksspiel im Internet. In welcher Form die Klägerin der Untersagung nachkomme, bleibe ihr überlassen.
Gegen die Verfügung hat die Klägerin hat am 12.12.2011 Klage erhoben und deren Aufhebung beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht: Die von ihr angebotenen Versteigerungen seien kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV a.F.. Die Ersteigerung eines Produkts hänge nämlich bereits nicht vom Zufall ab. Jeder Bieter habe es in der Hand, den Verlauf und den Ausgang der Versteigerung selbst durch eigenes Handeln zu beeinflussen und zu gestalten. Der Bieter könne das höchste Gebot abgeben und damit das Produkt ersteigern. Nach jedem Gebot verlängere sich die Auktion um 20 Sekunden. Diese Verlängerung ermögliche es jedem steigerungswilligen Bieter, stets noch das letzte Gebot abzugeben. Der Beklagte spalte hingegen eine einheitliche Auktion künstlich auf, indem er jeden einzelnen Bietvorgang als gesondertes Glücksspiel betrachte und den vermeintlichen Zufall darin erkenne, dass ein Bieter keine Kenntnis darüber habe, ob er bei der Platzierung eines Gebots durch einen anderen Bieter überboten werde. Der Beklagte verkenne dabei, dass der Zuschlag bei der Versteigerung nicht vom Zufall wie beim Glücksspiel abhänge, sondern nur von der Nachfrage nach dem versteigerten Gegenstand. Im Übrigen könne der einzelne Bieter durch geschickte Auswahl der Auktionen sowie durch strategisches Bietverhalten gute Erfolge erzielen. Insofern bestimme die Geschicklichkeit des einzelnen Bieters darüber, welchen Erfolg er bei den Auktionen habe. Darüber hinaus handele es sich bei der von ihr erhobenen Gebühr für die Gebotsabgabe nicht um ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F., sondern um eine stets verlorene Teilnahmegebühr. Jedes Gebot gewähre lediglich die Berechtigung, an der Versteigerung teilzunehmen und für den zu versteigernden Gegenstand zu bieten. Geleistete Teilnahmegebühren hätten keinen Einfluss auf den Ausgang einer Versteigerung. Alle Gebühren für Gebote seien an sie zu zahlen, würden nicht zurückerstattet und seien damit stets verloren. Die auf Baden-Württemberg beschränkte Sperrung des Internetvertriebs sei zudem wegen entgegenstehender datenschutzrechtlicher Bestimmungen rechtlich gar nicht umsetzbar. Das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. verstoße gegen Verfassungs- und Europarecht. Der Beklagte handele bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zudem nicht in kohärenter und systematischer Weise. So schreite er etwa gegen die ......, die mit massiver jahrelanger Medienpräsenz eine gleiche Versteigerungsplattform (...) betreibe, nicht ein.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin erklärt, dass sie unter dem Druck der streitgegenständlichen Verfügung Sorge getragen habe, dass derzeit eine Anmeldung auf ihrer Internetseite von Baden-Württemberg aus nicht möglich sei, soweit die IP-Adresse die Herkunft erkennen lasse. Im Übrigen werde bei der Anmeldung angefragt, ob der Interessent, der auch seine Adresse angeben müsse, aus Baden-Württemberg stamme. Der Vertreter des Beklagten hat erklärt, er sei im Jahr 2011 auf den Glücksspielcharakter von 1-Cent-Auktionen aufmerksam geworden. Die Klägerin sei die erste Anbieterin gewesen, gegen die der Beklagte vorgegangen sei. Inzwischen hätten sich andere Verfahren auf Grund der Aufgabe des Geschäftsmodells erledigt, andere befänden sich im Anhörungsverfahren. Es sei beabsichtigt, auch weiterhin gegen vergleichbare Anbieter vorzugehen.
Mit Urteil vom 15.11.2012 (ZfWG 2013, 57) hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Rechtslage sei anhand des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (GlüStV n.F.) zu beurteilen. Die Anfechtungsklage sei unbegründet, da die Untersagungsverfügung auf § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. gestützt werden könne. Bei den von der Klägerin angebotenen Auktionen handele es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Mit dem Einsatz des durch die Zahlung für einen Gebotspunkt entrichteten Entgelts erwerbe der Auktionsteilnehmer eine Gewinnchance. Der Annahme eines Entgeltes stehe nicht der Umstand entgegen, dass für einen Gebotspunkt nur 0,60 bis 0,75 EUR aufzuwenden seien. Dabei könne offenbleiben, ob der glücksspielrechtliche Entgeltbegriff den Einsatz eines nicht ganz unwesentlichen Vermögenswertes voraussetze und der Einsatz für einen Gebotspunkt die Erheblichkeitsschwelle überschreite. Denn mit der Erhöhung des Gebots für das Produkt um nur 0,01 EUR und die Verlängerung der Auktionsdauer werde der Teilnehmer zu Mehrfachgeboten animiert und die damit intendierte Summierung lasse den einzelnen Einsatz nicht als Bagatelle erscheinen. Die unmittelbare Verknüpfung des Einsatzes mit dem Gebot führe dazu, dass dieses Entgelt auch nicht als bloße Teilnahmegebühr, sondern als echter Spieleinsatz zu qualifizieren sei. Bleibe der Teilnehmende bis zum Ende der Auktion Höchstbietender, so erziele er einen Gewinn, da der von ihm zu entrichtende Kaufpreis auf Grund der von den Bietern mit in Rechnung zu stellenden Gebotspreise deutlich geringer sei als der handelsübliche Kaufpreis. Hieran ändere nichts, dass der Einsatz stets verloren sei. Denn der Einsatz schlage sich beim Ausbleiben des Gewinns als Verlust nieder und schmälere bei einem Gewinn nur dessen Höhe. Die Entscheidung über den Gewinn sei auch zufallsabhängig, da der Einsatz eines Gebotspunktes keiner kalkulierenden, rationalen Entscheidung unterzogen werden könne. Das aktuelle Höchstgebot werde durch den Einsatz eines Gebotspunktes nur um 0,01 EUR erhöht, so dass der letztendlich zu entrichtende Preis für das Produkt regelmäßig nicht für die Entscheidung eines Durchschnittsspielers relevant sei, einen (weiteren) Gebotspunkt zu investieren. Auch der angegebene Einzelhandelspreis biete kein Kriterium für die Prognose eines weiteren Gebots. Denn das Produkt werde in aller Regel weit unter dem Marktwert versteigert. Für den Teilnehmer sei es auch nicht prognostizierbar, ob ein Bieter, dessen bisherige Aufwendungen für Gebotspunkte zusammen mit dem aktuellen Höchstgebot den angegebenen Einzelhandelspreis des angegebenen Produkts bereits erreichen oder gar übersteigen, weitere Gebote unterlässt oder gerade deshalb weiterbietet, um den mit dem bereits erfolgten Einsatz der Gebotspunkte erlittenen Verlust in Grenzen zu halten. Die Zufallsabhängigkeit sei nicht bereits deshalb zu verneinen, weil der Teilnehmer eigenbestimmt entscheiden könne, gegebenenfalls durch den Einsatz weiterer Gebotspunkte den zur Versteigerung stehenden Gegenstand zu erwerben. Werde der Teilnehmer überboten, sei die mit dem Einsatz des Gebotspunktes erworbene Gewinnchance vertan. Mit dem Einsatz eines weiteren Gebotspunktes könne der Teilnehmer lediglich eine neue Gewinnchance erwerben, deren Realisierung wiederum überwiegend vom Zufall abhänge. Der entgeltliche Erwerb einer Gewinnchance erfolge auch im Rahmen eines Spiels im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Der Teilnehmer an einer von der Klägerin angebotenen Auktion sei bestrebt, den Artikel zu einem unter Einbeziehung seiner Gebotsaufwendungen günstigen Preis zu erwerben und gehe zu diesem Zweck ein Wagnis ein, indem er Vermögen in Form von Gebotspunkten mit dem Risiko einsetze, dieses Ziel nicht zu erreichen. Das von der Klägerin angebotene Glücksspiel sei unerlaubt, da es ihr nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. an der erforderlichen Erlaubnis für Baden-Württemberg fehle. Es sei unerheblich, wenn sie über eine ausländische Glücksspiellizenz verfüge. Darüber hinaus sei die Veranstaltung und Bewerbung von öffentlichem Glücksspiel im Internet auch materiell illegal, da die Tätigkeiten der Klägerin gegen das durch §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n.F. begründete Internetverbot verstießen. Das Internetverbot begegne keinen verfassungs- oder unionsrechtlichen Bedenken. Die angefochtene Verfügung sei darüber hinaus hinreichend bestimmt und verlange von der Klägerin im Hinblick auf das Verfahren der Geolokalisation auch nichts rechtlich oder tatsächlich Unmögliches. Datenschutzrechtliche Bedenken bestünden nicht. Die der Klägerin gegenüber verfügte Untersagung sei ermessensfehlerfrei ergangen. Die zwingenden Versagungsgründe führten wegen des besonderen Gefährdungspotenzials von öffentlichem Glücksspiel im Internet zu einer Reduktion des Ermessens nach § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV a.F. auf Null. Ein Ermessensfehler ergebe sich auch nicht aus einer willkürlichen Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber anderen Veranstaltern vergleichbarer Glücksspiele. Der Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend geschildert, das er nicht nur gegen die Klägerin, sondern auch gegen andere Anbieter solcher Internetauktionen vorgehe.
Gegen das am 24.12.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.01.2013 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und stellt die angefochtene Untersagungsverfügung für die Zukunft zur Überprüfung. Mit der rechtzeitig vorgelegten Begründung macht sie im Wesentlichen weiter geltend: Bei den von ihr veranstalteten Auktionen handele es sich nicht um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Alle drei wesentlichen Tatbestandsmerkmale eines Glücksspiels (Entgelt, Zufallsabhängigkeit und Spiel) lägen nicht vor. Das von ihr erhobene Entgelt für die Abgabe eines Gebotspunktes in Höhe von 0,60 bis 0,75 EUR sei kein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F., da diese Gebühr unterhalb der auch für den Glücksspielstaatsvertrag anerkannten Bagatellgrenze liege. Der Umstand, dass die Teilnehmer an einer Auktion mehrere Gebote abgeben könnten, führe nicht dazu, dass die Bagatellgrenze überschritten werde, da dies nichts an der Unerheblichkeit des Entgeltes ändere. Der entgeltliche Gebotsrechtserwerb sei zudem nur eine „Teilnahmegebühr“ für die Auktionen. Denn die konkrete Gewinnchance resultiere erst aus der tatsächlichen Gebotsabgabe, die von der Entscheidung des Erwerbers abhänge, sein Gebotsrecht zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine konkrete Auktion einzusetzen. Das Gebotsrecht ermögliche die Abgabe von Geboten und somit die Teilnahme an beliebigen Auktionen des Anbieters. Diese Leistung lasse sich der Auktionsbieter vorab und unabhängig vom Erfolg des Gebots oder der Höhe des späteren Kaufpreises bezahlen. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene singuläre Betrachtung jedes einzelnen Gebots zur Beurteilung der Zufallsabhängigkeit sei unzutreffend. Entscheidend für die Bewertung der Zufallsabhängigkeit sei alleine der Gesamterfolg des Teilnehmers bei der Auktion. Unter Gewinn im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. sei lediglich der vom Zufall determinierte Ausgang des jeweiligen Spiels zu verstehen, wie sich aus der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag ergebe. Der Ausgang ihrer Auktionen sei jedoch nicht zufallsabhängig. Jeder Teilnehmer habe es vielmehr selbst in der Hand, während der stets neuen Restzeit ein weiteres Gebot abzugeben und am Ende die Auktion für sich zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht vermenge die Zufallsabhängigkeit mit wirtschaftlichen Erwägungen. Es lese in das glücksspielrechtliche Tatbestandsmerkmal „Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance“ zugleich ein subjektives Element, nämlich die letztendlich bei jedem wirtschaftlichen Erwerbsvorgang gegebene individuelle Rentabilitätserwartung hinein. Einen Schutz gegen das Erwecken solcher subjektiver Vorstellungen biete lediglich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. sähen eine solche Wirtschaftlichkeitsbetrachtung hingegen nicht vor. Ihre Auktionen verfolgten einen ernsthaften wirtschaftlichen Geschäftszweck, nämlich den Erwerb oder die Veräußerung des angebotenen Produkts und seien damit kein Spiel. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. nicht einschlägig. Die dort genannten Vorgaben beträfen nur den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten. Darüber hinaus habe diese Vorschrift nur die schnelle Wiederholung von gesamten Spielen und nicht eine schnelle Abfolge von einzelnen Handlungen eines Online-Anbieters im Blick. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Glücksspielstaatsvertrag wegen regulatorischer Inkohärenz und wegen eines erheblichen Vollzugsdefizits unionsrechtswidrig sei. Es bestehe ein Vollzugsdefizit gegenüber staatlichen Anbietern, aber auch durch strukturelle Duldung des von ihr wahrgenommenen Geschäftsmodells bei anderen Anbietern. Ihr Geschäftsmodell werde in Deutschland seit 2006 angeboten und intensiv beworben, ohne dass zuvor jemals gegen einen Anbieter verwaltungsrechtlich vorgegangen worden sei. Nunmehr werde auch nur willkürlich gegen einzelne Anbieter vorgegangen. Es gebe jedenfalls 25 aktive Anbieter des gleichen Geschäftsmodells in Deutschland, die derzeit völlig unbehelligt am Markt agieren könnten. Weiterhin gebe es eine Vielzahl von Anbietern, die seit 2005 Auktionen nach ihrem Auktionsprinzip angeboten hätten und deren Angebote nach in der Regel mehrjähriger Tätigkeit ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt worden seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen weiter aus: Bei den von der Klägerin angebotenen 1-Cent-Auktionen handele es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Eine Erlaubnis zum Veranstalten derartiger Glücksspiele besitze die Klägerin nicht und könne ihr auch nicht erteilt werden, da es sich bei diesen Auktionen um ein Glücksspiel eigener Art handele, für das im Glücksspielstaatsvertrag kein Genehmigungstatbestand vorhanden sei. Daneben verstießen die angebotenen Auktionen gegen das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV n.F., das seinerseits mit Unionsrecht vereinbar sei. Zudem wiesen die Auktionen der Klägerin durch den 20-Sekunden-Countdown an deren Ende eine sehr hohe Ereignisfrequenz auf und seien auch wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. nicht erlaubnisfähig. Hinsichtlich der für ein Glücksspiel erforderlichen Zufallsabhängigkeit komme es nicht allein auf den Ausgang der Auktion an, sondern vielmehr darauf, ob es einem Teilnehmer gelinge, den ausgelobten Gegenstand unter Berücksichtigung der eingesetzten Gebotspunkte unterhalb seines eigentlichen Wertes zu ersteigern. Hierin liege die von § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. geforderte Gewinnchance, auf die sich die Zufallsabhängigkeit beziehen müsse. Ob es dem Bieter gelinge, diese Gewinnchance wahrzunehmen, hänge allein vom Verhalten der anderen Bieter und damit ausschließlich vom Zufall ab. Zwar könne der Auktionsteilnehmer, worauf die Klägerin abstelle, durch ständiges Weiterbieten den Gegenstand zumindest theoretisch erwerben, wenn er aber zu viele Gebotspunkte dafür einsetzen müsse, erfolge der Erwerb nicht mehr zu einem wirtschaftlich sinnvollen Gesamtaufwand. Daher sei die Annahme der Klägerin, nach der die Rentabilitätserwartung nicht mit der Zufallsabhängigkeit in einem Zusammenhang stehe, unzutreffend. Noch deutlicher sei die Zufallsabhängigkeit dann, wenn man jede Abgabe eines Gebotspunktes als Glücksspiel ansehe. Der Entgeltbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. kenne keine Bagatellgrenze. Auch Entgelte unter 50 Cent seien glücksspielrechtlich relevante Entgelte. Die strafrechtlich für § 284 StGB anerkannte Erheblichkeitsschwelle sei im Rahmen des glücksspielrechtlichen Entgeltbegriffs nach dem Willen des Gesetzgebers nicht anwendbar. Im Übrigen sei selbst bei § 284 StGB anerkannt, dass die Bagatellgrenze keine Anwendung finde, wenn das Glücksspiel von seiner Aufmachung her geeignet sei, zu einer Mehrfachteilnahme zu animieren. Das sei bei den von der Klägerin angebotenen Auktionen der Fall, da ein Teilnehmer im Regelfall mehrere Gebote abgeben müsse. Beim Erwerb der Gebotspunkte handele es sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht bloß um eine Teilnahmegebühr, die nicht unter den glücksspielrechtlichen Entgeltbegriff falle. Denn die niedrigen Auktionspreise würden ausschließlich über die Gebotspunkte auch jener Teilnehmer finanziert, die nicht den Zuschlag erhielten. Bei den von der Klägerin veranstalteten Auktionen handele es sich zudem um ein Spiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die von der Klägerin angebotenen Auktionen seien nicht mit regulären, von der Rechtsprechung nicht als Spiel im Sinne von § 762 BGB angesehenen Internetauktionen vergleichbar. Denn bei einer regulären Auktion werde der zu versteigernde Gegenstand ausschließlich durch das Höchstgebot finanziert und die Bieter, die aus der Auktion ausgeschieden seien, trügen nichts zur Finanzierung des betreffenden Gegenstandes bei. Bei möglichen Risiken einer solchen Auktion handele es sich nicht um solche des Bieters, sondern desjenigen, der einen Gegenstand versteigern wolle. Bei den von der Klägerin veranstalteten Auktionen gingen hingegen auch die Bieter wirtschaftliche Risiken ein. Die Veräußerung der von der Klägerin versteigerten Gegenstände zum Auktionspreis verfolge keinen ernsten wirtschaftlichen Zweck. Denn es sei klar, dass die Klägerin für die betreffenden Gegenstände im Einkauf mehr bezahlt habe, als sie wieder über den Auktionspreis zurückerhalte. Wirtschaftlich tragfähig werde das Geschäftsmodell nur, wenn man die verkauften Gebotspunkte mitberücksichtige. Der Kauf der Gebotspunkte durch die zukünftigen Bieter sei für Käufer kein wirtschaftlich sinnvolles Geschäft, weil sie hierdurch nichts erlangen würden außer der Möglichkeit, mittels der gekauften Gebotspunkte einen Gegenstand deutlich unterhalb seines Marktwertes zu ersteigern. Gegen einen regulären Erwerbsvorgang spreche auch, dass der Auktionspreis nicht dadurch gebildet werde, dass die einzelnen Bieter ein Gebot abgeben, das dem Wert des Gegenstandes aus ihrer subjektiven Sicht entspreche, sondern der Auktionspreis der Klägerin immer nur mit der Abgabe eines Gebots um einen Cent ansteige. Er, der Beklagte, sei erstmals Ende März 2011 auf 1-Cent-Auktionen aufmerksam geworden. Die Klägerin sei dann die erste Anbieterin von 1-Cent-Auktionen gewesen, gegen die er eingeschritten sei. Es sei aber unzutreffend, dass er nur gegen die Klägerin vorgehe, andere Anbieter aber unbehelligt lasse. Es sei auch noch gegen den Betreiber von ... und ... vorgegangen worden, der die Tätigkeit auf die Anhörung hin eingestellt habe. Ferner sei gegen die ............ eine Untersagungsverfügung erlassen und an die ............ eine Anhörung versandt worden.
13 
In der Berufungsverhandlung haben die Vertreter des Beklagten angegeben: Gegen den Betreiber von ... und ... sei im Jahr 2011 ein Untersagungsverfahren eingeleitet worden. Die Untersagungsverfügung betreffend die ............... sei Ende Januar 2013 erlassen worden, Klage und ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO seien beim Verwaltungsgericht Karlsruhe anhängig. Die Anhörung der ......... sei im März 2013 erfolgt. Gegen diese Anbieter sei - ebenso wie gegen die Klägerin - vorgegangen worden, nachdem der Beklagte Hinweise auf deren Internetauktionen von Dritten erhalten habe. Der Beklagte selbst habe nicht gezielt nach Anbietern der hier streitgegenständlichen Auktionen im Internet gesucht, sondern sei nur auf von außen eingehende Hinweise tätig geworden. Man habe die streitgegenständliche Verfügung im „Alleingang“ erlassen, in den anderen Bundesländern sei gegen die Klägerin nicht vorgegangen worden.
14 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf diese Unterlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Klägerin ist auf Grund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO).
16 
Die Berufung der Klägerin, mit der diese die angefochtene Untersagungsverfügung nur für die Zukunft zur Überprüfung stellt, ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht insoweit die zulässige Anfechtungsklage abgewiesen. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 ist mit Wirkung für die Zukunft rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag kann der Senat seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage auf Grund des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 14.11.2011 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klagantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung stellt, ist nur der GlüStV n.F. heranzuziehen.
18 
Zwar sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung durch das hier zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 16 Abs. 1 AGGlüStV a.F., § 47 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, § 28 Satz 1 GlüStV n.F.) hinsichtlich der Veranstaltung der von der Klägerin betriebenen Internet-Auktionen (in der Rechtsprechung und Literatur auch als 1-Cent-Auktionen, Amerikanische Auktionen oder Countdown-Auktionen bezeichnet) und der Werbung hierfür gegeben, allerdings erweist sich die Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft.
19 
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. kann der Beklagte die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben, insbesondere kann er nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
20 
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dass diese Voraussetzungen eines Glücksspiels bei den von der Klägerin veranstalteten Auktionen vorliegen, hat das Verwaltungsgericht mit sehr eingehender, die Einwände der Klägerin berücksichtigender und überzeugender Begründung bejaht, die sich der Senat zu eigen macht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist darüber hinaus anzumerken:
21 
Bei den Auktionen der Klägerin handelt es sich zunächst um ein Spiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Der Glücksspielstaatsvertrag n.F. (wie auch der vorhergehende Glücksspielstaatsvertrag) verbietet einen Ausschnitt der in § 762 BGB gemeinten Spiele, nämlich solche, bei denen der Ausgang des Spiels nicht von der Geschicklichkeit des Spielers, sondern überwiegend vom Zufall abhängt (van der Hoff/Hoffmann, Der Einsatz von kostenpflichtigen Geboten bei Countdown-Auktionen - Kauf, Spiel, Glück?, ZGS 2011, 67, 72). Deswegen kann zur Bestimmung des Begriffs „Spiel“ im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags die zivilrechtliche Begriffsbestimmung zu § 762 BGB herangezogen werden (vgl. Rotsch/Heissler, Internet-„Auktionen“ als strafbares Glücksspiel gem. § 284 StGB. ZIS, 403, 409 ff.; Laukemann, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 762 BGB RdNr. 14 ff.). Soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. auf das Vorliegen eines Spiels abstellt, sollen hiermit - schon aus kompetenzrechtlichen Gründen - Handlungen im Bereich des genuinen Wirtschaftsrechts aus dem Glücksspielbegriff ausgenommen werden (vgl. auch Urteil des Senats vom 09.04.2013 - 6 S 892/12 -, juris; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl., § 3 GlüStV Rdnr. 2). Beim Spiel fehlt demnach ein ernster sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck. Es geht vielmehr um ein Wagnis. Zweck des Spiels ist die Unterhaltung und/oder der Gewinn. Die am Spiel Beteiligten sagen sich für den Fall des Spielgewinns gegenseitig eine Leistung, meist Geld (den sog. Einsatz) zu. Nach zuvor festgesetzten Regeln erhält der Gewinner einen seinem Einsatz entsprechende oder höhere Leistung, der Verlierer muss den Einsatz seinem Gegenspieler überlassen. Der spekulative oder gewagte Charakter macht ein Rechtsgeschäft noch nicht zu einem Spiel, soweit die Beteiligten darüber hinaus noch wirtschaftliche oder sonst anerkennenswerte Zwecke verfolgen (Sprau, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Auflage, § 762 BGB Rdnr. 2 m.w.N.; Rotsch/Heissler, a.a.O., S. 410).
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Für ein Spiel ist also in objektiver Hinsicht charakteristisch, dass jeder Spieler ein Vermögensrisiko in der Hoffnung eingeht, dass auf Kosten des jeweils anderen Spielers ein Gewinn erzielt werden kann (van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 70). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
23 
Stellt man nur auf das einzelne Gebotsrecht ab, liegt das Risiko des Teilnehmers bereits in dessen kostenpflichtiger Aufwendung. Denn der Abgabe des Gebotsrechts wohnt die Gefahr eines vermögenswerten Verlusts inne, weil der Teilnehmer beim Setzen des Gebotes nicht weiß, ob noch ein anderer Teilnehmer ein weiteres Gebot abgeben wird und damit sein Gebot in wirtschaftlicher Hinsicht „verloren“ ist. An einem solchen Verlustrisiko des Teilnehmers fehlt es bei typischen Internetauktionen (etwa ...), bei denen die kostenlose Gebotsabgabe in beliebiger Höhe der Preisbildung und nicht der Einnahmeerzielung des Inhabers der Plattform dient. Kommt der Teilnehmer bei derartigen Auktionen nicht zum Zug, erleidet er keinen wirtschaftlichen Verlust. Das gegenüberstehende Risiko des Anbieters liegt bei den hier streitgegenständlichen Auktionen in der bedingten Verpflichtung, dem Teilnehmer die Auktionsware gegebenenfalls deutlich unter dem üblichen Marktpreis verkaufen zu müssen. Inwieweit der Anbieter durch den Erhalt der Einsätze anderer Teilnehmer seinen Verlust ausgleichen oder darüber hinausgehend einen Gewinn erzielen kann, ist für die Feststellung eines Verlustrisikos gegenüber dem einzelnen Teilnehmer nicht maßgeblich, sondern eine Frage des zu Grunde liegenden Geschäftsmodells des Anbieters (vgl. zum Ganzen: van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 71). Selbst wenn man einer solchen isolierten Betrachtungsweise nicht folgen wollte, kommt hinsichtlich des Anbieters solcher Auktionen hinzu, dass es unsicher ist, ob zum Abschluss der Auktion aus der Summe der Einsätze aller Bieter der Marktwert des angebotenen Produkts erreicht werden kann. Nichts anderes folgt schließlich aus der von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Möglichkeit, dass der Bieter sich vornimmt, bis zum Ende und damit so lange mitzusteigern, dass er den „Zuschlag“ erhält. Denn auch für diesen Fall ist für ihn nicht sicher, ob die Summe des Einsatzes aller von ihm abgegebenen kostenpflichtigen Gebote dazu führt, den angebotenen Artikel unter oder aber über den Marktpreis zu „ersteigern“. Er geht auch insoweit das für ein Spiel typische Verlustrisiko ein.
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In subjektiver Hinsicht muss darüber hinaus Zwecksetzung sein, sich mit dem Spiel zu unterhalten oder zu gewinnen. Es muss ein ernster sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck fehlen. Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Anbieter und Teilnehmer wollen einen Gewinn zu Lasten des anderen erzielen und handeln deswegen in der erforderlichen Spielabsicht. Insoweit kann nicht darauf abgestellt werden, dass über das Ziel der Gewinnerzielung hinaus die Auktion einen ernsthaften wirtschaftlichen Zweck, nämlich den Erwerb des angebotenen Produkts verfolgt (so aber: AG Kiel, Urteil vom 16.12.2011 - 113 C 151/11 -, ZfWG 2013, 70; Diesbach/Mayer, Was ist zufällig bei einer Auktion?, ZfWG 2013, 67). Denn es handelt sich hier nicht um den „normalen“ Erwerb eines Produkts im Wege eines zwischen den Beteiligten ausgehandelten Vertrages. Die Klägerin erhält den Gegenwert für die von ihr angebotenen Produkte gerade nicht bloß durch den Erwerbsvorgang, sondern (auch und in erster Linie) durch den Einsatz aller Gebotspunkte, vor allem auch derjenigen Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten. Damit fehlt es insbesondere - anders als bei herkömmlichen Internetversteigerungen, wie sie etwa von ... angeboten werden (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 07.11.2001 - VIII ZR 13/01 -, BGH Z 149, 129 unter Hinweis auf die Möglichkeit des Anbieters, das Bietgeschehen durch entsprechende Vorgaben zu steuern und damit das Risiko einer Verschleuderung wegen zu geringer Nachfrage, etwa durch Festlegung eines Mindestpreises auszuschließen) - an einem ernst zu nehmenden Preisbildungsmechanismus und an einem effektiven Sicherungskonzept gegen unrealistisch hohe oder niedrige Auktionsergebnisse (einschließlich der Ausgaben und Einnahmen aus dem Gebotsrechtserwerb). So können einerseits die Einsätze sämtlicher unterlegener Bieter den Marktpreis des angebotenen Produkts um ein Erhebliches übersteigen und besteht andererseits die (theoretische) Möglichkeit, mit dem Einsatz bloß eines Gebotspunktes (hier zu einem Preis zwischen 0,60 und 0,75 EUR) den zu ersteigernden Gegenstand zu einem typischer Weise erheblich unter dem Marktwert liegenden Gebotspreis zu ersteigern. Bei dieser Konstellation tritt ein etwaiger wirtschaftlicher Geschäftszweck, insbesondere die Absicht, einen elektronischen Artikel ernsthaft zu erwerben, vollkommen in den Hintergrund (vgl. AG Bochum, Urteil vom 08.05.2008 - 44 C 13/08 -, VuR 2009, 189; van der Hoff/Hoffmann, a.a.O. S. 71; offengelassen von: Fritzsche/Frahm, Zahlen schon fürs Bieten - Internetauktionen mit kostenpflichtigen Gebotsrechten, WRP 2008, 22, der den von der Klägerin angebotenen Auktionen jedenfalls eine bedenkliche Nähe zum Glücksspiel bescheinigt). Die weiter vertretene Differenzierung (vgl. dazu: Rotsch/Heissler, a.a.O., S. 413) danach, ob der Teilnehmer mit dem Veranstalter lediglich einen Spielvertrag abschließt und es ihm im Rahmen des Vertragsverhältnisses nur darauf ankommt, dass er mit dem Gewinn des Spiels einen geldwerten Vorteil erlangt (dann Spiel), oder ob ein Vertrag zwischen Veranstalter und Spieler mit dem Ziel abgeschlossen wird, im Falle des Gewinnens einen Kaufvertrag abzuschließen (dann kein Spiel), vermag ebenfalls wegen des Fehlens eines ernstzunehmenden Preisbildungsmechanismus nicht zu überzeugen. Für die Eigenschaft als Spiel im Sinne des § 762 BGB kann es zudem keinen Unterscheid machen, ob der Bieter als „Gewinn“ einen geldwerten Vorteil oder den Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages zu einem für ihn vorteilhaften Kaufpreis erhält. Die gegenteilige Sichtweise lässt schließlich die Bieter, die nach Abgabe eines oder mehrerer Gebotspunkte aus der Auktion „aussteigen“ außer Betracht, da diese einen wirtschaftlichen Geschäftszweck, der auf den Austausch gegenseitiger Leistungen gerichtet ist, nicht erreichen können.
25 
Weiterhin ist bei den von der Klägerin im Internet veranstalteten Auktionen das für den Glücksspielbegriff konstitutive Element des Zufalls gegeben. Nach § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. (ebenso nach § 3 Abs. 1 GlüStV a.F.) ist für ein Glücksspiel erforderlich, dass die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (Satz 1), wobei die Entscheidung über den Gewinn in jedem Fall vom Zufall abhängt, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (Satz 2). Dabei bezieht sich die Formulierung „in jedem Fall“ auf die in Satz 1 geforderte (vollständige oder überwiegende) Zufallsabhängigkeit, so dass in den von Satz 2 erfassten Fallkonstellationen keine gesonderte Bewertung des Überwiegens erforderlich ist (Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 3). Zufall ist insoweit das Wirken einer unberechenbaren, der entscheidenden Mitwirkung der Beteiligten entzogenen Kausalität; jedenfalls darf der Einwirkungsmöglichkeit des Betroffenen insoweit keine ins Gewicht fallende Rolle zukommen (vgl. Rotsch/Heissler, a.a.O., S. 413 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
26 
Ob die einzelne Gebotsabgabe erfolgreich ist, kann - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bei der hier streitgegenständlichen Auktionsform von dem Teilnehmer nicht beeinflusst werden. Der Erfolg des einzelnen Gebots hängt ausschließlich davon ab, ob innerhalb des verbleibenden Auktionszeitraums ein anderer Teilnehmer ein weiteres Gebot abgibt. Als dem Teilnehmer hierfür bekannte Anhaltspunkte kommen allenfalls das Verhältnis zwischen Auktionspreis und Marktwert der Ware sowie der Stand des Countdowns und die Anzahl der gesetzten Gebotspunkte in Betracht. Zwar dürfte der Anreiz zur Gebotsabgabe grundsätzlich mit einem steigenden Auktionspreis sinken. Da sich die Annäherung an den Marktwert aber linear und nur in minimalen Schritten (0,01 EUR pro Abgabe eines Gebotes) über längere Zeit hinweg vollzieht, ist sie nicht geeignet, als ein Zeichen für eine signifikant gesteigerte Erfolgsaussicht weiterer Gebote zu dienen. Aus dem Stand des Countdowns lassen sich ebenfalls keine relevanten Schlüsse ziehen, da jeder Teilnehmer in dessen Endphase vor derselben Entscheidung steht, nämlich den Countdown durch ein Gebot selbst zurückzusetzen und damit eine eigene Gewinnchance zu ergreifen oder aber darauf zu hoffen, dass dies ein anderer Teilnehmer übernimmt und so die Chance auf einen späteren Gewinn durch eigenes Tun aufrechterhält (vgl. zum Ganzen: van der Hoff/Hoffmann, a.a.O. S. 72). Auch aus der Anzahl der abgegebenen Gebotspunkte ist für den Teilnehmer kein erheblicher Anhalt in Bezug auf den Erfolg des Einsatzes eines Gebotspunktes ableitbar. Ihm ist nicht bekannt, wie viele Teilnehmer wie viele Gebotspunkte gesetzt haben. Insbesondere weiß er nicht, für wie viele Teilnehmer der weitere Einsatz der Gebotspunkte auf Grund bereits erfolglos gesetzter Gebote nicht mehr rentabel ist, oder umgekehrt wie viele Teilnehmer wegen einer Vielzahl bereits gesetzter Punkte eine gesteigerte Motivation haben, die bereits getätigten Ausgaben durch den Gewinn der Auktion auszugleichen oder wie viele Teilnehmer erst durch den Einsatz weiterer oder bislang gar keiner Gebotspunkte sich veranlasst sehen, am weiteren Verlauf der Auktion teilzunehmen. Insoweit besteht für den einzelnen Bieter bei Abgabe des Gebots unabhängig von bisher gesammelten Erfahrungswerten und unabhängig von seiner Geschicklichkeit keine relevante Einwirkungsmöglichkeit auf den Erfolg seiner Gebotsabgabe und ist die Entscheidung hierüber zufallsabhängig.
27 
Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag a.F. („Der Staatsvertrag erfasst nur Glücksspiele, also solche Spiele, bei denen die Entscheidung über den Gewinn ganz oder teilweise vom Zufall abhängt. Nicht erfasst werden reine Geschicklichkeitsspiele, bei denen Wissen und Können des Spielers für den Spielausgang entscheidend sind“, LT-Drs. 14/1930, S. 32) darauf abstellt, dass nicht die Abgabe des einzelnen Gebotes, sondern der Ausgang der Auktion insgesamt in den Blick zu nehmen ist und bei dieser Betrachtungsweise ihr Geschäftsmodell kein Zufallsmoment aufweist, weil die Auktionsteilnehmer auf Grund der Verlängerung der Auktionsdauer um 20 Sekunden nach Abgabe des letzten Gebots stets die Möglichkeit haben, den Erfolg des letzten Bieters abzuwenden und ihren eigenen Erfolg herbeizuführen (ebenso: Diesbach/Mayer, a.a.O., ZfWG 2013, 67, 68, die insoweit in dem Auktionsverlauf einen dynamischen und keinen aleatorischen Prozess sehen), vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Zum einen ist diese Argumentation schon deshalb nicht zwingend, weil auch in der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages kein Bezugspunkt angegeben ist, auf den Ausgang welchen Spiels (die einzelne Gebotsabgabe oder der Ausgang der Auktion) abzustellen ist. Zum anderen ist es für einen „Gewinn“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. typischerweise kennzeichnend, dass der Teilnehmer einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der seinen Einsatz übersteigt. Wird hier auf die Möglichkeit des „Weiterbietens“ abgestellt, um letztendlich den Auktionserfolg herbeizuführen, hängt es seinerseits wieder vom Zufall, nämlich von dem Umstand ab, wie oft der Einzelne überboten wird und wie viele Gebotspunkte er letztendlich einsetzen muss, bis er schließlich den Zuschlag erhält, ob er beim „Zuschlag“ dann noch einen entsprechenden vermögenswerten Vorteil erhält oder ob er so viele Gebotspunkte hat einsetzen müssen, dass sein Einsatz den (Markt)Wert des zu ersteigernden Produkts übersteigt. Insoweit muss auch bei einer Betrachtung, die nicht auf das Setzen des einzelnen Gebotspunktes, sondern auf den Auktionserfolg abstellt, mit Blick auf den „Gewinn“ von einer Zufallsabhängigkeit gesprochen werden. Das Argument der Klägerin, dass bei einer solchen Betrachtungsweise in die Bestimmung des Glücksspielbegriffs eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließe, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. so nicht vorsehen, bzw. die Tatbestandsmerkmale „Entgelt“ und „Zufallsabhängigkeit“ vermischt würden, geht fehl. Denn die in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. verlangte Zufallsabhängigkeit hat gerade in der Entscheidung über den „Gewinn“, der wirtschaftlich zu betrachten ist, ihren Bezugspunkt.
28 
Letztlich wird bei den von der Klägerin veranstalteten Auktionen auch ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV gefordert. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 und vom 09.04.2013 - 6 S 892/12 -, juris) ist unter „Entgelt“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst. Hingegen ist eine Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewährt, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen und die stets verloren ist, kein Entgelt im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F..
29 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass der für den Erwerb von Geboten zu entrichtende Preis als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance anzusehen ist. Die Teilnehmer an den von der Klägerin angebotenen Auktionen setzen die von ihnen erworbenen Gebotsrechte in der Hoffnung ein, dass die jeweils erfolgte Platzierung das Höchstgebot der Auktion ist und damit zum Erwerb des zu ersteigernden Artikels führt. Durch die Platzierung des Gebots entsteht unmittelbar die Gewinnchance, so dass die erforderliche Verknüpfung von Spieleinsatz und Gewinnchance gegeben ist (van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 73). Bei den für den Erwerb der Gebotsrechte aufgewandten Kosten handelt es sich auch nicht um bloß ein Teilnahmeentgelt, das dann gegeben ist, wenn es als Kostenbeitrag für die Organisation der Veranstaltung verwendet wird und die Gewinne anderweitig, etwa durch Sponsoren, finanziert werden. Denn nach dem Geschäftsmodell der Klägerin, wie es auch auf ihrer Homepage im Internet im Hilfemenü („Warum sind die Artikel so günstig?“) dargestellt wird, gleichen die Gebotspunkte, die von den Auktionsteilnehmern erworben und dann eingesetzt werden, die Differenz zwischen dem von dem Gewinner bezahlten Preis und dem tatsächlichen Preis des Artikels aus, fließen also in die Finanzierung des Gewinns ein. Insoweit handelt es sich gerade nicht um einen „in jedem Fall verlorenen Betrag“, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt (vgl. dazu: Urteil des Senats vom 23.05.2012, a.a.O., m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist insoweit unerheblich, dass der Zahlungszeitpunkt für den Erwerb der Gebotsrechte vor deren Einsatz liegt. Aus diesem Umstand kann bei dem Geschäftsmodell der Klägerin nicht gefolgert werden, dass der Preis für den Erwerb eines Gebots als bloßes Teilnahmeentgelt anzusehen ist. Ansonsten hätte es jeder Glücksspielanbieter durch Ausgestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zum Teilnehmer („gegen Vorkasse“) in der Hand, den Glücksspielcharakter seines Glücksspiels auszuschließen (vgl. van der Hoff/Hoffmann, a.a.O. S. 73).
30 
Der Bestimmung des für den Erwerb eines Gebotspunktes zu entrichtenden Preises als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. steht dessen geringer Preis in Höhe von 0,60 bis 0,75 EUR nicht entgegen. Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., entschieden, dass der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB insoweit übereinstimmt, dass Glücksspiel nur dann vorliegt, wenn aus den von den Teilnehmern entrichteten Entgelten die Gewinnchance des Einzelnen erwächst. Er hat in diesem Urteil aber nicht die Frage beantwortet, ob eine dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff immanente Bagatellgrenze („nicht unerheblicher Einsatz“, vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 29.09.1986 - 4 StR 148/86 -, BGHSt 171, 177; Eser/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 284 RdNr. 6; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 284 StGB RdNr. 5, der davon ausgeht, dass Aufwendungen in Höhe von einem gewöhnlichen Briefporto nicht vom Begriff des Einsatzes umfasst sind) auch für den Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages gilt oder ob aus dem Gewinnspielbegriff des § 8a RStV eine solche Bagatellgrenze (dort: 0,50 EUR) abzuleiten ist (vgl. dazu ausführlich mit zahlreichen Nachweisen: Benert/Reckmann, Der Diskussionsstand zum Glücksspielbegriff im bundesdeutschen Recht, ZfWG 2013, 23 ff.). Dies und die Frage, ob der Erwerb eines Gebotspunktes in Höhe von 0,60 bis 0,75 EUR noch einer Bagatellgrenze unterfällt, können auch in der vorliegenden Konstellation offenbleiben. Denn es kann nicht außer Betracht gelassen werden, dass nach der Konzeption der von der Klägerin angebotenen Auktionen eine Summierung der Abgabe der Gebotsrechte intendiert ist. Gewinnspiele, die darauf angelegt sind, Spielteilnehmer zu einer wiederholten Teilnahme zu animieren, sind auch bei einem an sich unerheblichen Entgelt als Grundeinsatz vom Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV erfasst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2009 - 27 L 415/09 -, ZfWG 2009, 300; van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 75; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 6 m.w.N.; vgl. auch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 39/03 -, juris; LG Köln, Urteil vom 07.04.2009 - 33 O 45/09 -, ZfWG 2009, 131). Für den Umstand, dass die von der Klägerin angebotenen Auktionen auf die wiederholte Teilnahme der Bieter angelegt sind, spricht bereits, dass es bei den Countdown-Auktionen der vorliegenden Art nicht darum geht, das höchste Gebot für den zu ersteigernden Gegenstand abzugeben, sondern darum, trotz andauernder Fristverlängerung immer wieder ein Gebot zu setzen, um am Ende von allen Teilnehmern derjenige zu sein, der das letzte Gebot abgibt. Veranschaulicht wird dies durch die Möglichkeit, automatische Gebote durch einen „Roboter“ abzugeben, dessen Funktion auf der Homepage der Klägerin ... unter anderem wie folgt beschrieben wird: „Sobald ein Roboter erstellt wurde, bietet dieser jedes Mal, wenn ein neues Gebot abgegeben wurde, solange seine Limits noch nicht erreicht wurden. ... Der Roboter gibt so viele Gebote ab, wie Sie festgelegt haben … Falls mehrere Roboter für dieselbe Auktion erstellt wurden, bieten sie abwechselnd, sobald ein neues Gebot eingegangen ist, solange, bis nur noch einer übrig ist (weil die anderen eines ihrer Limits erreicht haben). Wenn also zwei Roboter ein hohes Limit für Gebote haben, können schnell viele Gebotspunkte verbraucht werden …“. Zudem werden die Gebotsrechte nicht einzeln, sondern in Paketen (mit einer Gesamtzahl zwischen 20 und 500) angeboten und damit bereits beim Gebotskauf ein Anreiz geboten, möglichst viele Gebotsrechte für einen geringeren Einzelpreis zu erwerben (vgl. dazu: van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 76). Insgesamt muss auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausgestaltung der Internetauktionen gerade zum Laufzeitende (vgl. dazu: van der Hoff/Hoff-mann, a.a.O., S. 76 f.; Fritzsche/Frahm, a.a.O.) davon ausgegangen werden, dass der Countdown eine beträchtliche Anlockwirkung zum Mitbieten ausübt.
31 
Die Veranstaltung von Glücksspiel ist zudem unerlaubt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. GlüStV n.F. Das Merkmal des unerlaubten Glücksspiels ist dann erfüllt, wenn der Veranstalter hierfür keine Erlaubnis hat und die Veranstaltung auch nicht erlaubnisfähig ist (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 4.10 -, NVwZ 2011, 1326; Beschluss vom 17.10.2012 - 8 B 61.12 -, ZfWG 2012, 404).
32 
Die Klägerin ist nicht im Besitz einer Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag n.F.. Dass sie gegebenenfalls über eine ausländische Konzession verfügt, ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - insoweit unerheblich. Der Klägerin kann nach dem Glücksspielstaatsvertrag n.F. eine Erlaubnis auch wegen des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. nicht erteilt werden. Hinsichtlich des Internetverbots für öffentliches Glücksspiel auf Grund des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1), des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, MDR 2012, 111) und des erkennenden Senats (vgl. etwa: Beschluss des Senats vom 16.11.2011 - 6 S 1856/11 -) anerkannt, dass es mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und mit dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot vereinbar ist, das bei Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu beachten ist. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts kann der Senat ebenfalls Bezug nehmen. Soweit der Glücksspielstaatsvertrag n.F. in § 4 Abs. 5 Satz 1 „zur besseren Erreichung der Ziele des § 1“ ermöglicht, dass einzelne Glücksspielarten, wie etwa Sportwetten, auch über das Internet angeboten werden und sich insoweit Fragen der Einhaltung des unionsrechtlichen Kohärenzerfordernisses neu stellen (vgl. dazu etwa Windhoffer, Der neue Glücksspielstaatsvertrag: Ein wichtiger Beitrag zur Gesamtkohärenz des deutschen Regulierungssystems, GewArch 2012, 388; Klöck/Klein, Die Glücksspiel-Entscheidungen des EuGH und die Auswirkungen auf den Glücksspielstaatsvertrag, NVwZ 2011, 22), ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. auch für solche Glücksspielarten, die gemäß §§ 4 Abs. 5 Satz 1, 10a GlüStV n.F. im Internet betrieben werden können, weitere Voraussetzung ist, dass besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung ausgeschlossen sind. Somit unterliegen alle Glücksspiele, die diese Voraussetzungen erfüllen, ausnahmslos dem strikten Internetverbot, so dass jedenfalls bezüglich dieser Glücksspiele keine Bedenken hinsichtlich des unionsrechtlichen Kohärenzgebotes bestehen. Zu diesen Glücksspielen zählen die von der Klägerin betriebenen Internetauktionen, nicht aber die von der Klägerin im Hinblick auf das Kohärenzerfordernis vor allem in Bezug genommenen staatlichen Lotterien. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/1570, S. 66) soll § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. die Gestaltung von Lotterie- und Wettangeboten im Internet lenken, die nicht durch eine hohe Ereignisfrequenz zum Weiterspielen animieren dürfen; Rubbel- und Sofortlotterien sollen damit ebenso wie in kurzer Folge dem Spieler offerierte Lotterie- und Wettangebote unzulässig sein. Um ein solches Glücksspiel mit hoher Ereignisfrequenz (vgl. dazu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 GlüStV RdNr. 94; Hecker, Quo vadis Glücksspielstaatsvertrag?, WRP 2012, 523) handelt es sich bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Auktionen. Durch das Geschäftsmodell der Klägerin wird - wie bereits zur Frage der Erheblichkeitsschwelle beim Entgeltbegriff ausgeführt - der Teilnehmer gerade dann, wenn die Auktion am vorgesehenen Laufzeitende in die Countdownphase eintritt, die durch den Einsatz eines Gebotspunktes jeweils um 20 Sekunden verlängert wird, dazu animiert wiederholt Gebotspunkte einzusetzen, damit der vorangegangene, aber nicht erfolgreiche (da überbotene) Einsatz eines Gebotspunktes nicht „umsonst“ gewesen ist. Während sich der Teilnehmer bei einer typischen Internetauktion mit fester Endlaufzeit (etwa: ...) regelmäßig nur kurz vor dem Auktionsende in dem entscheidenden Bieterwettbewerb um das höchste Gebot befindet, wird dieser Moment bei einer Countdown-Aktion, wie von der Klägerin veranstaltet, ständig wiederholt. Diese Perpetuierung der Countdown-Endphase führt zu einem erheblichem Anreiz, die Auktion durch wiederholte Teilnahme zu gewinnen. Bei der Countdown-Auktion in der vorliegenden Ausgestaltung geht es nicht darum, das höchste Gebot abzugeben, sondern darum, trotz andauernder Fristverlängerung immer wieder ein Gebot innerhalb der jeweils verlängerten 20-Sekunden-Frist abzugeben, um am Ende von allen Teilnehmern der Letzte zu sein (van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 76 f.), wodurch die von § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. vorausgesetzten besonderen Suchtanreize geschaffen werden (vgl. Becker, Werbung für Produkte mit einem Suchtgefährdungspotenzial, S. 18 ff.). Dass die Auktionen der Klägerin im 20-Sekunden-Countdown in diesem Sinne eine hohe Ereignisfrequenz ausweisen, wird zudem durch die bereits erwähnte Möglichkeit, sogenannte Bietroboter einzusetzen, veranschaulicht. So heißt es auf der Homepage der Klägerin etwa: „Falls viele neue Gebote registriert wurden, oder mehrere Roboter die Auktion „ausgefochten“ haben, kann sich die verbleibende Zeit auf dem Countdown-Timer beträchtlich erhöhen“, sowie an anderer Stelle: „Wenn also zwei Roboter ein hohes Limit für Gebote haben, können schnell viele Gebotspunkte verbraucht werden und die verbleibende Zeit auf dem Countdown-Timer kann beträchtlich verlängert werden.“ Den sich aus der Eigenart der von der Klägerin angebotenen Auktionen ergebenden Gefahren kann auch nicht durch Nebenbestimmungen begegnet werden (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -, juris).
33 
Der Hinweis der Klägerin auf eine regulatorische Inkohärenz zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den übrigen Bundesländern geht fehl. Denn entsprechend der schleswig-holsteinischen Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 19.02.2013 (GVOBl. S. 97) ist nach § 2 Abs. 1 des schleswig-holsteinischen Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 01.02.2013 (GVOBl. S. 51) der Glücksspielstaatsvertrag n.F. am 09.02.2013 in Schleswig-Holstein ebenfalls in Kraft getreten. Auch wenn die bereits nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20.10.2011 (GlSpielG SH) erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH, dazu auch: Allhaus/Mayer, Gallische Dörfer und die Glücksspielregulierung, GewArch 2013, 207, 208), ist für Glücksspiele der Art, wie sie von der Klägerin betrieben werden, auch in Schleswig-Holstein keine Genehmigung erteilt worden. Sie zählen nicht zu den erlaubnisfähigen Online-Casinospielen im Sinne der §§ 19, 3 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 GlSpielG SH.
34 
Handelt es sich bei den von der Klägerin veranstalteten Internet-Auktionen um unerlaubtes Glücksspiel, ist gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV n.F. die Werbung hierfür verboten und sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für deren Untersagung ebenfalls erfüllt.
35 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist es der Klägerin auch nicht unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung als Verbotsverfügung nachzukommen. Diese ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG). Der Klägerin wird die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet und die Werbung hierfür untersagt. In welcher Form und über welche Maßnahmen die Klägerin dem Verbot nachkommen will, bleibt ihr nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Verfügung ausdrücklich überlassen. Hierfür kommt etwa, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat, das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite (vgl. dazu etwa: Beschluss des Senats vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - 13 B 676/10 -; Bay. VGH, Beschluss vom 24.10.2012 - 10 CS 11.1290 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.11.2010 - 1 S 22.10 -, jew. juris) oder aber auch die Anbringung eines Disclaimers auf ihrer Internetseite (dazu: Beschluss des Senats vom 05.11.2007 - 6 S 2223/07 -, juris) in Betracht. Die von der Klägerin im Hinblick auf das Verfahren der Geolokalisation geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.07.2010 - 13 B 646/10 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 24.01.2012, a.a.O.) zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug, nachdem sich die Klägerin hierzu im Berufungsverfahren nicht weiter geäußert hat.
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Die Untersagungsverfügung erweist sich allerdings als ermessensfehlerhaft. § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV räumt in seiner neuen wie auch in seiner alten Fassung der zur Glücksspielaufsicht zuständigen Behörde ein Ermessen bei der Frage ein, ob und wie sie gegen die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür vorgeht. Zwar wollte der Beklagte mit der Untersagungsverfügung zum Zeitpunkt ihres Erlasses das in § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. normierte Internetverbot durchsetzen und auf diese Weise - auch hinsichtlich der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel (§ 5 Abs. 4 GlüStV a.F.) - rechtmäßige Zustände schaffen und hat damit gemäß § 40 LVwVfG dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage entsprochen (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1, juris RdNr. 17). Jedoch stellt sich die Untersagungsverfügung aus folgenden Gründen als ermessensfehlerhaft dar:
37 
Zum einen tragen die Ermessenserwägungen nicht der durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages veränderten Rechtslage Rechnung. Die angefochtene Verfügung trifft, wie bereits ausgeführt, eine unbefristete Regelung, die auch für den hier vorliegenden Fall einer Änderung der Rechtslage durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages Fortgeltung beansprucht und deren Rechtmäßigkeit sich nach der Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums beurteilt. Liegt wie hier eine Ermessensentscheidung vor und ändert sich der rechtliche Rahmen für die untersagten Tätigkeiten, muss die Untersagungsverfügung in ihren Erwägungen zum Ermessen, das sich am gesetzlichen Zweck der Ermächtigung zu orientieren hat (§ 114 Satz 1 VwGO), die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, um (weiterhin) rechtmäßig zu sein (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328; Beschlüsse des Senats vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105 und vom 16.01.2013 - 6 S 1968/12 -, juris). Hieran fehlt es. Insoweit ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. nicht derselbe materielle Gehalt zukommt wie dem ausnahmslosen Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. und dass insbesondere mit der Neuregelung im Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zum Ausdruck kommt, dass die besonderen Gefahren, die von einem Glücksspielangebot im Internet ausgehen, nicht mehr nur bei einem generellen Verbot beherrschbar erscheinen, sondern ihnen gerade auch dadurch begegnet werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F.: „Zur besseren Erreichung der Ziele des § 1“), dass unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Glücksspielarten wie Sportwetten auch über das Internet angeboten werden. Allerdings sind auch nach den Vorschriften im GlüStV n.F. Internetglücksspiele, bei denen - wie hier - besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung nicht ausgeschlossen sind, weiterhin nicht erlaubnisfähig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), so dass der Beklagte grundsätzlich auch auf Grundlage des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages die Veranstaltung der von der Klägerin betriebenen Internetauktionen und die Werbung hierfür untersagen kann. Allerdings hat der Beklagte solche mit Blick auf den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag erforderlichen Ermessenserwägungen nicht angestellt (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation: Beschluss des Senats vom 08.04.2013 a.a.O). Die Berücksichtigung der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen könnte - was vorliegend nicht erfolgt ist - im Rahmen der Ermessenserwägungen dadurch geschehen, dass gesetzliche Änderungen einschlägiger materiell-rechtlicher Vorschriften bereits im Entwurfsstadium als ermessensrelevante Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.12.2012, a.a.O.). Ob auch das spätere Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen mit Blick auf die geänderte Rechtslage verwaltungsverfahrensrechtlich möglich ist und im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10.12.2012, a.a.O.). Denn entsprechende, tragfähige Erwägungen hat der Beklagte auch nachträglich nicht angestellt. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG, nach dem die zuständige Behörde u.a. die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel untersagen soll, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere kann nicht argumentiert werden, der Beklagte habe nur in atypischen Fällen ein Ermessen auszuüben, vorliegend sei aber kein solcher Fall gegeben, weshalb kein Ermessenspielraum verbleibe und der angegriffenen Verfügung nicht entgegengehalten werden könne, sie leide an einem Ermessensfehler, weil sie die durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages veränderte Sach- und Rechtslage nicht berücksichtige. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG entbindet die zuständige Behörde bei auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV gestützten Verfügungen nicht davon, eine Ermessensentscheidung zu treffen, sondern schränkt lediglich ihr Entschließungsermessen ein. Die gerichtlich voll überprüfbare Einordnung als Standard- oder Ausnahmefall ist Teil der Ermessensausübung (vgl. Beschluss des Senats vom 16.01.2013 - 6 S 1968/12 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 40 RdNr. 41 ff.), die der Beklagte hier nicht vorgenommen hat.
38 
Zum anderen muss die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Artikel 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG ist sie gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 26.06.2012 - 10 BV 09.2259 -, ZfWG 2012, 347; Beschluss vom 22.07.2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 16), sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.02.1992 - 7 B 106/91 -, NVwZ-RR 1992, 360; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 31.08.1993 - 6 M 3482/93 -, MDR 1993, 1082). Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen. Solche sachlichen Gründe kann der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Die Klägerin hat mit der Vorlage tabellarischer Übersichten (vgl. die Anlagen zum Schriftsatz vom 21.05.2013) geltend gemacht, dass eine Vielzahl von Unternehmen Live-Auktionen nach ihrem Auktionsprinzip angeboten haben und weiterhin anbieten (namentlich wurden jeweils 25 Unternehmen benannt), ohne dass der Beklagte gegen sie eingeschritten ist oder einschreitet. Dies hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung auch nicht substanziell in Abrede gestellt. Der Beklagte ist nach seinen eigenen Angaben außer gegen die Klägerin lediglich gegen drei weitere Betreiber solcher Auktionen eingeschritten und hat dies auf Grund von Hinweisen Dritter getan, ohne selbst (weitere) Veranstalter entsprechender Internetauktionen ermittelt zu haben. Dass solche Ermittlungen dem Beklagten unzumutbar sind, hat dieser selbst nicht geltend gemacht und ist dem Senat auch nicht erkennbar, nachdem die Bevollmächtigten der Klägerin in der Berufungsverhandlung angeben haben, die von ihnen angefertigten Übersichten beruhten auf einer über Pfingsten im Internet erfolgten Recherche und deren Auswertung, die innerhalb weniger Stunden zu bewerkstelligen gewesen sei. Sachliche Gründe für ein Einschreiten gerade gegen die Klägerin und gegen lediglich drei weitere Betreiber kann der Beklagte schon deswegen nicht dartun, weil er nicht selbst ermittelt hat, welche weiteren Veranstalter das hier in Rede stehende Glücksspiel im Internet anbieten. Vielmehr hing ein Einschreiten davon ab, ob Dritte den Beklagten auf die Veranstaltung der hier in Rede stehenden Auktionen im Internet aufmerksam gemacht haben oder nicht. Ein im Lichte der Anforderungen der Artikel 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Betreiber solcher Auktionen vorgegangen wird (etwa auf Grund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages (anders die dem Urteil des Senats vom 13.12.2011 - 6 S 2577/10 -, ZfWG 2012, 44 zu Grunde liegende Konstellation, bei der das Kohärenzerfordernis nicht betroffen war) ermessensfehlerhaft ist, dass der Beklagte außer Acht gelassen hat, dass lediglich das Land Baden-Württemberg - nach der Äußerung seines Vertreters in der Berufungsverhandlung „im Alleingang“ - gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern keine entsprechenden Untersagungsverfügungen erlassen haben, kann offenbleiben.
39 
Vor diesem Hintergrund sind anders als für das Verwaltungsgericht für den Senat keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduktion auf Null mit der Folge ersichtlich, dass als rechtmäßiges Handeln des Beklagten nur die Untersagung der Veranstaltung der Internetauktionen und der Werbung hierfür in Betracht kommt.
40 
Soweit mit der Verfügung vom 14.11.2011 über die von der Klägerin im Internet veranstalteten Auktionen hinaus noch die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels untersagt werden sollte, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit für eine solche Anordnung, die mithin auch insoweit rechtswidrig ist. Denn es ist nichts dafür geltend gemacht oder ersichtlich, dass die Klägerin neben den hier streitgegenständlichen Internetauktionen andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. angeboten hat, anbietet oder dies in Zukunft beabsichtigt.
41 
Demgemäß erweisen sich für den hier streitgegenständlichen Zeitraum auch das Gebot, die untersagten Tätigkeiten einzustellen, die Androhung des Zwangsgeldes sowie die Festsetzung einer Gebühr und damit die Verfügung vom 14.11.2011 insgesamt als rechtswidrig. Da sie die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG (vgl. Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union: BVerfG, Beschluss vom 19.07.2011 - 1 BvR 1916/09 -, BVerfGE 129, 78 ff.) verletzt, ist sie entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
43 
Beschluss vom 23. Mai 2013
44 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Klägerin ist auf Grund der Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Die Klägerin hat die Berufung insbesondere innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgericht eingelegt (§ 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO), sie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 3 Satz 1 und 4 VwGO).
16 
Die Berufung der Klägerin, mit der diese die angefochtene Untersagungsverfügung nur für die Zukunft zur Überprüfung stellt, ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht insoweit die zulässige Anfechtungsklage abgewiesen. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 ist mit Wirkung für die Zukunft rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17 
Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag kann der Senat seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage auf Grund des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 14.11.2011 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klagantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung stellt, ist nur der GlüStV n.F. heranzuziehen.
18 
Zwar sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung durch das hier zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 16 Abs. 1 AGGlüStV a.F., § 47 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, § 28 Satz 1 GlüStV n.F.) hinsichtlich der Veranstaltung der von der Klägerin betriebenen Internet-Auktionen (in der Rechtsprechung und Literatur auch als 1-Cent-Auktionen, Amerikanische Auktionen oder Countdown-Auktionen bezeichnet) und der Werbung hierfür gegeben, allerdings erweist sich die Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft.
19 
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. kann der Beklagte die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben, insbesondere kann er nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
20 
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dass diese Voraussetzungen eines Glücksspiels bei den von der Klägerin veranstalteten Auktionen vorliegen, hat das Verwaltungsgericht mit sehr eingehender, die Einwände der Klägerin berücksichtigender und überzeugender Begründung bejaht, die sich der Senat zu eigen macht. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist darüber hinaus anzumerken:
21 
Bei den Auktionen der Klägerin handelt es sich zunächst um ein Spiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Der Glücksspielstaatsvertrag n.F. (wie auch der vorhergehende Glücksspielstaatsvertrag) verbietet einen Ausschnitt der in § 762 BGB gemeinten Spiele, nämlich solche, bei denen der Ausgang des Spiels nicht von der Geschicklichkeit des Spielers, sondern überwiegend vom Zufall abhängt (van der Hoff/Hoffmann, Der Einsatz von kostenpflichtigen Geboten bei Countdown-Auktionen - Kauf, Spiel, Glück?, ZGS 2011, 67, 72). Deswegen kann zur Bestimmung des Begriffs „Spiel“ im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags die zivilrechtliche Begriffsbestimmung zu § 762 BGB herangezogen werden (vgl. Rotsch/Heissler, Internet-„Auktionen“ als strafbares Glücksspiel gem. § 284 StGB. ZIS, 403, 409 ff.; Laukemann, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 762 BGB RdNr. 14 ff.). Soweit § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. auf das Vorliegen eines Spiels abstellt, sollen hiermit - schon aus kompetenzrechtlichen Gründen - Handlungen im Bereich des genuinen Wirtschaftsrechts aus dem Glücksspielbegriff ausgenommen werden (vgl. auch Urteil des Senats vom 09.04.2013 - 6 S 892/12 -, juris; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl., § 3 GlüStV Rdnr. 2). Beim Spiel fehlt demnach ein ernster sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck. Es geht vielmehr um ein Wagnis. Zweck des Spiels ist die Unterhaltung und/oder der Gewinn. Die am Spiel Beteiligten sagen sich für den Fall des Spielgewinns gegenseitig eine Leistung, meist Geld (den sog. Einsatz) zu. Nach zuvor festgesetzten Regeln erhält der Gewinner einen seinem Einsatz entsprechende oder höhere Leistung, der Verlierer muss den Einsatz seinem Gegenspieler überlassen. Der spekulative oder gewagte Charakter macht ein Rechtsgeschäft noch nicht zu einem Spiel, soweit die Beteiligten darüber hinaus noch wirtschaftliche oder sonst anerkennenswerte Zwecke verfolgen (Sprau, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Auflage, § 762 BGB Rdnr. 2 m.w.N.; Rotsch/Heissler, a.a.O., S. 410).
22 
Für ein Spiel ist also in objektiver Hinsicht charakteristisch, dass jeder Spieler ein Vermögensrisiko in der Hoffnung eingeht, dass auf Kosten des jeweils anderen Spielers ein Gewinn erzielt werden kann (van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 70). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
23 
Stellt man nur auf das einzelne Gebotsrecht ab, liegt das Risiko des Teilnehmers bereits in dessen kostenpflichtiger Aufwendung. Denn der Abgabe des Gebotsrechts wohnt die Gefahr eines vermögenswerten Verlusts inne, weil der Teilnehmer beim Setzen des Gebotes nicht weiß, ob noch ein anderer Teilnehmer ein weiteres Gebot abgeben wird und damit sein Gebot in wirtschaftlicher Hinsicht „verloren“ ist. An einem solchen Verlustrisiko des Teilnehmers fehlt es bei typischen Internetauktionen (etwa ...), bei denen die kostenlose Gebotsabgabe in beliebiger Höhe der Preisbildung und nicht der Einnahmeerzielung des Inhabers der Plattform dient. Kommt der Teilnehmer bei derartigen Auktionen nicht zum Zug, erleidet er keinen wirtschaftlichen Verlust. Das gegenüberstehende Risiko des Anbieters liegt bei den hier streitgegenständlichen Auktionen in der bedingten Verpflichtung, dem Teilnehmer die Auktionsware gegebenenfalls deutlich unter dem üblichen Marktpreis verkaufen zu müssen. Inwieweit der Anbieter durch den Erhalt der Einsätze anderer Teilnehmer seinen Verlust ausgleichen oder darüber hinausgehend einen Gewinn erzielen kann, ist für die Feststellung eines Verlustrisikos gegenüber dem einzelnen Teilnehmer nicht maßgeblich, sondern eine Frage des zu Grunde liegenden Geschäftsmodells des Anbieters (vgl. zum Ganzen: van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 71). Selbst wenn man einer solchen isolierten Betrachtungsweise nicht folgen wollte, kommt hinsichtlich des Anbieters solcher Auktionen hinzu, dass es unsicher ist, ob zum Abschluss der Auktion aus der Summe der Einsätze aller Bieter der Marktwert des angebotenen Produkts erreicht werden kann. Nichts anderes folgt schließlich aus der von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Möglichkeit, dass der Bieter sich vornimmt, bis zum Ende und damit so lange mitzusteigern, dass er den „Zuschlag“ erhält. Denn auch für diesen Fall ist für ihn nicht sicher, ob die Summe des Einsatzes aller von ihm abgegebenen kostenpflichtigen Gebote dazu führt, den angebotenen Artikel unter oder aber über den Marktpreis zu „ersteigern“. Er geht auch insoweit das für ein Spiel typische Verlustrisiko ein.
24 
In subjektiver Hinsicht muss darüber hinaus Zwecksetzung sein, sich mit dem Spiel zu unterhalten oder zu gewinnen. Es muss ein ernster sittlicher oder wirtschaftlicher Zweck fehlen. Auch diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Anbieter und Teilnehmer wollen einen Gewinn zu Lasten des anderen erzielen und handeln deswegen in der erforderlichen Spielabsicht. Insoweit kann nicht darauf abgestellt werden, dass über das Ziel der Gewinnerzielung hinaus die Auktion einen ernsthaften wirtschaftlichen Zweck, nämlich den Erwerb des angebotenen Produkts verfolgt (so aber: AG Kiel, Urteil vom 16.12.2011 - 113 C 151/11 -, ZfWG 2013, 70; Diesbach/Mayer, Was ist zufällig bei einer Auktion?, ZfWG 2013, 67). Denn es handelt sich hier nicht um den „normalen“ Erwerb eines Produkts im Wege eines zwischen den Beteiligten ausgehandelten Vertrages. Die Klägerin erhält den Gegenwert für die von ihr angebotenen Produkte gerade nicht bloß durch den Erwerbsvorgang, sondern (auch und in erster Linie) durch den Einsatz aller Gebotspunkte, vor allem auch derjenigen Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten. Damit fehlt es insbesondere - anders als bei herkömmlichen Internetversteigerungen, wie sie etwa von ... angeboten werden (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 07.11.2001 - VIII ZR 13/01 -, BGH Z 149, 129 unter Hinweis auf die Möglichkeit des Anbieters, das Bietgeschehen durch entsprechende Vorgaben zu steuern und damit das Risiko einer Verschleuderung wegen zu geringer Nachfrage, etwa durch Festlegung eines Mindestpreises auszuschließen) - an einem ernst zu nehmenden Preisbildungsmechanismus und an einem effektiven Sicherungskonzept gegen unrealistisch hohe oder niedrige Auktionsergebnisse (einschließlich der Ausgaben und Einnahmen aus dem Gebotsrechtserwerb). So können einerseits die Einsätze sämtlicher unterlegener Bieter den Marktpreis des angebotenen Produkts um ein Erhebliches übersteigen und besteht andererseits die (theoretische) Möglichkeit, mit dem Einsatz bloß eines Gebotspunktes (hier zu einem Preis zwischen 0,60 und 0,75 EUR) den zu ersteigernden Gegenstand zu einem typischer Weise erheblich unter dem Marktwert liegenden Gebotspreis zu ersteigern. Bei dieser Konstellation tritt ein etwaiger wirtschaftlicher Geschäftszweck, insbesondere die Absicht, einen elektronischen Artikel ernsthaft zu erwerben, vollkommen in den Hintergrund (vgl. AG Bochum, Urteil vom 08.05.2008 - 44 C 13/08 -, VuR 2009, 189; van der Hoff/Hoffmann, a.a.O. S. 71; offengelassen von: Fritzsche/Frahm, Zahlen schon fürs Bieten - Internetauktionen mit kostenpflichtigen Gebotsrechten, WRP 2008, 22, der den von der Klägerin angebotenen Auktionen jedenfalls eine bedenkliche Nähe zum Glücksspiel bescheinigt). Die weiter vertretene Differenzierung (vgl. dazu: Rotsch/Heissler, a.a.O., S. 413) danach, ob der Teilnehmer mit dem Veranstalter lediglich einen Spielvertrag abschließt und es ihm im Rahmen des Vertragsverhältnisses nur darauf ankommt, dass er mit dem Gewinn des Spiels einen geldwerten Vorteil erlangt (dann Spiel), oder ob ein Vertrag zwischen Veranstalter und Spieler mit dem Ziel abgeschlossen wird, im Falle des Gewinnens einen Kaufvertrag abzuschließen (dann kein Spiel), vermag ebenfalls wegen des Fehlens eines ernstzunehmenden Preisbildungsmechanismus nicht zu überzeugen. Für die Eigenschaft als Spiel im Sinne des § 762 BGB kann es zudem keinen Unterscheid machen, ob der Bieter als „Gewinn“ einen geldwerten Vorteil oder den Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages zu einem für ihn vorteilhaften Kaufpreis erhält. Die gegenteilige Sichtweise lässt schließlich die Bieter, die nach Abgabe eines oder mehrerer Gebotspunkte aus der Auktion „aussteigen“ außer Betracht, da diese einen wirtschaftlichen Geschäftszweck, der auf den Austausch gegenseitiger Leistungen gerichtet ist, nicht erreichen können.
25 
Weiterhin ist bei den von der Klägerin im Internet veranstalteten Auktionen das für den Glücksspielbegriff konstitutive Element des Zufalls gegeben. Nach § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. (ebenso nach § 3 Abs. 1 GlüStV a.F.) ist für ein Glücksspiel erforderlich, dass die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (Satz 1), wobei die Entscheidung über den Gewinn in jedem Fall vom Zufall abhängt, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (Satz 2). Dabei bezieht sich die Formulierung „in jedem Fall“ auf die in Satz 1 geforderte (vollständige oder überwiegende) Zufallsabhängigkeit, so dass in den von Satz 2 erfassten Fallkonstellationen keine gesonderte Bewertung des Überwiegens erforderlich ist (Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 3). Zufall ist insoweit das Wirken einer unberechenbaren, der entscheidenden Mitwirkung der Beteiligten entzogenen Kausalität; jedenfalls darf der Einwirkungsmöglichkeit des Betroffenen insoweit keine ins Gewicht fallende Rolle zukommen (vgl. Rotsch/Heissler, a.a.O., S. 413 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
26 
Ob die einzelne Gebotsabgabe erfolgreich ist, kann - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bei der hier streitgegenständlichen Auktionsform von dem Teilnehmer nicht beeinflusst werden. Der Erfolg des einzelnen Gebots hängt ausschließlich davon ab, ob innerhalb des verbleibenden Auktionszeitraums ein anderer Teilnehmer ein weiteres Gebot abgibt. Als dem Teilnehmer hierfür bekannte Anhaltspunkte kommen allenfalls das Verhältnis zwischen Auktionspreis und Marktwert der Ware sowie der Stand des Countdowns und die Anzahl der gesetzten Gebotspunkte in Betracht. Zwar dürfte der Anreiz zur Gebotsabgabe grundsätzlich mit einem steigenden Auktionspreis sinken. Da sich die Annäherung an den Marktwert aber linear und nur in minimalen Schritten (0,01 EUR pro Abgabe eines Gebotes) über längere Zeit hinweg vollzieht, ist sie nicht geeignet, als ein Zeichen für eine signifikant gesteigerte Erfolgsaussicht weiterer Gebote zu dienen. Aus dem Stand des Countdowns lassen sich ebenfalls keine relevanten Schlüsse ziehen, da jeder Teilnehmer in dessen Endphase vor derselben Entscheidung steht, nämlich den Countdown durch ein Gebot selbst zurückzusetzen und damit eine eigene Gewinnchance zu ergreifen oder aber darauf zu hoffen, dass dies ein anderer Teilnehmer übernimmt und so die Chance auf einen späteren Gewinn durch eigenes Tun aufrechterhält (vgl. zum Ganzen: van der Hoff/Hoffmann, a.a.O. S. 72). Auch aus der Anzahl der abgegebenen Gebotspunkte ist für den Teilnehmer kein erheblicher Anhalt in Bezug auf den Erfolg des Einsatzes eines Gebotspunktes ableitbar. Ihm ist nicht bekannt, wie viele Teilnehmer wie viele Gebotspunkte gesetzt haben. Insbesondere weiß er nicht, für wie viele Teilnehmer der weitere Einsatz der Gebotspunkte auf Grund bereits erfolglos gesetzter Gebote nicht mehr rentabel ist, oder umgekehrt wie viele Teilnehmer wegen einer Vielzahl bereits gesetzter Punkte eine gesteigerte Motivation haben, die bereits getätigten Ausgaben durch den Gewinn der Auktion auszugleichen oder wie viele Teilnehmer erst durch den Einsatz weiterer oder bislang gar keiner Gebotspunkte sich veranlasst sehen, am weiteren Verlauf der Auktion teilzunehmen. Insoweit besteht für den einzelnen Bieter bei Abgabe des Gebots unabhängig von bisher gesammelten Erfahrungswerten und unabhängig von seiner Geschicklichkeit keine relevante Einwirkungsmöglichkeit auf den Erfolg seiner Gebotsabgabe und ist die Entscheidung hierüber zufallsabhängig.
27 
Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag a.F. („Der Staatsvertrag erfasst nur Glücksspiele, also solche Spiele, bei denen die Entscheidung über den Gewinn ganz oder teilweise vom Zufall abhängt. Nicht erfasst werden reine Geschicklichkeitsspiele, bei denen Wissen und Können des Spielers für den Spielausgang entscheidend sind“, LT-Drs. 14/1930, S. 32) darauf abstellt, dass nicht die Abgabe des einzelnen Gebotes, sondern der Ausgang der Auktion insgesamt in den Blick zu nehmen ist und bei dieser Betrachtungsweise ihr Geschäftsmodell kein Zufallsmoment aufweist, weil die Auktionsteilnehmer auf Grund der Verlängerung der Auktionsdauer um 20 Sekunden nach Abgabe des letzten Gebots stets die Möglichkeit haben, den Erfolg des letzten Bieters abzuwenden und ihren eigenen Erfolg herbeizuführen (ebenso: Diesbach/Mayer, a.a.O., ZfWG 2013, 67, 68, die insoweit in dem Auktionsverlauf einen dynamischen und keinen aleatorischen Prozess sehen), vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Zum einen ist diese Argumentation schon deshalb nicht zwingend, weil auch in der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages kein Bezugspunkt angegeben ist, auf den Ausgang welchen Spiels (die einzelne Gebotsabgabe oder der Ausgang der Auktion) abzustellen ist. Zum anderen ist es für einen „Gewinn“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. typischerweise kennzeichnend, dass der Teilnehmer einen vermögenswerten Vorteil erlangt, der seinen Einsatz übersteigt. Wird hier auf die Möglichkeit des „Weiterbietens“ abgestellt, um letztendlich den Auktionserfolg herbeizuführen, hängt es seinerseits wieder vom Zufall, nämlich von dem Umstand ab, wie oft der Einzelne überboten wird und wie viele Gebotspunkte er letztendlich einsetzen muss, bis er schließlich den Zuschlag erhält, ob er beim „Zuschlag“ dann noch einen entsprechenden vermögenswerten Vorteil erhält oder ob er so viele Gebotspunkte hat einsetzen müssen, dass sein Einsatz den (Markt)Wert des zu ersteigernden Produkts übersteigt. Insoweit muss auch bei einer Betrachtung, die nicht auf das Setzen des einzelnen Gebotspunktes, sondern auf den Auktionserfolg abstellt, mit Blick auf den „Gewinn“ von einer Zufallsabhängigkeit gesprochen werden. Das Argument der Klägerin, dass bei einer solchen Betrachtungsweise in die Bestimmung des Glücksspielbegriffs eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einfließe, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. so nicht vorsehen, bzw. die Tatbestandsmerkmale „Entgelt“ und „Zufallsabhängigkeit“ vermischt würden, geht fehl. Denn die in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. verlangte Zufallsabhängigkeit hat gerade in der Entscheidung über den „Gewinn“, der wirtschaftlich zu betrachten ist, ihren Bezugspunkt.
28 
Letztlich wird bei den von der Klägerin veranstalteten Auktionen auch ein Entgelt im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV gefordert. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 und vom 09.04.2013 - 6 S 892/12 -, juris) ist unter „Entgelt“ im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst. Hingegen ist eine Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewährt, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen und die stets verloren ist, kein Entgelt im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F..
29 
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass der für den Erwerb von Geboten zu entrichtende Preis als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance anzusehen ist. Die Teilnehmer an den von der Klägerin angebotenen Auktionen setzen die von ihnen erworbenen Gebotsrechte in der Hoffnung ein, dass die jeweils erfolgte Platzierung das Höchstgebot der Auktion ist und damit zum Erwerb des zu ersteigernden Artikels führt. Durch die Platzierung des Gebots entsteht unmittelbar die Gewinnchance, so dass die erforderliche Verknüpfung von Spieleinsatz und Gewinnchance gegeben ist (van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 73). Bei den für den Erwerb der Gebotsrechte aufgewandten Kosten handelt es sich auch nicht um bloß ein Teilnahmeentgelt, das dann gegeben ist, wenn es als Kostenbeitrag für die Organisation der Veranstaltung verwendet wird und die Gewinne anderweitig, etwa durch Sponsoren, finanziert werden. Denn nach dem Geschäftsmodell der Klägerin, wie es auch auf ihrer Homepage im Internet im Hilfemenü („Warum sind die Artikel so günstig?“) dargestellt wird, gleichen die Gebotspunkte, die von den Auktionsteilnehmern erworben und dann eingesetzt werden, die Differenz zwischen dem von dem Gewinner bezahlten Preis und dem tatsächlichen Preis des Artikels aus, fließen also in die Finanzierung des Gewinns ein. Insoweit handelt es sich gerade nicht um einen „in jedem Fall verlorenen Betrag“, der mit dem eigentlichen Spiel nichts zu tun hat, sondern lediglich die Mitspielberechtigung gewährt (vgl. dazu: Urteil des Senats vom 23.05.2012, a.a.O., m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist insoweit unerheblich, dass der Zahlungszeitpunkt für den Erwerb der Gebotsrechte vor deren Einsatz liegt. Aus diesem Umstand kann bei dem Geschäftsmodell der Klägerin nicht gefolgert werden, dass der Preis für den Erwerb eines Gebots als bloßes Teilnahmeentgelt anzusehen ist. Ansonsten hätte es jeder Glücksspielanbieter durch Ausgestaltung seiner vertraglichen Beziehungen zum Teilnehmer („gegen Vorkasse“) in der Hand, den Glücksspielcharakter seines Glücksspiels auszuschließen (vgl. van der Hoff/Hoffmann, a.a.O. S. 73).
30 
Der Bestimmung des für den Erwerb eines Gebotspunktes zu entrichtenden Preises als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. steht dessen geringer Preis in Höhe von 0,60 bis 0,75 EUR nicht entgegen. Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., entschieden, dass der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB insoweit übereinstimmt, dass Glücksspiel nur dann vorliegt, wenn aus den von den Teilnehmern entrichteten Entgelten die Gewinnchance des Einzelnen erwächst. Er hat in diesem Urteil aber nicht die Frage beantwortet, ob eine dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff immanente Bagatellgrenze („nicht unerheblicher Einsatz“, vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 29.09.1986 - 4 StR 148/86 -, BGHSt 171, 177; Eser/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 284 RdNr. 6; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 284 StGB RdNr. 5, der davon ausgeht, dass Aufwendungen in Höhe von einem gewöhnlichen Briefporto nicht vom Begriff des Einsatzes umfasst sind) auch für den Glücksspielbegriff des Glücksspielstaatsvertrages gilt oder ob aus dem Gewinnspielbegriff des § 8a RStV eine solche Bagatellgrenze (dort: 0,50 EUR) abzuleiten ist (vgl. dazu ausführlich mit zahlreichen Nachweisen: Benert/Reckmann, Der Diskussionsstand zum Glücksspielbegriff im bundesdeutschen Recht, ZfWG 2013, 23 ff.). Dies und die Frage, ob der Erwerb eines Gebotspunktes in Höhe von 0,60 bis 0,75 EUR noch einer Bagatellgrenze unterfällt, können auch in der vorliegenden Konstellation offenbleiben. Denn es kann nicht außer Betracht gelassen werden, dass nach der Konzeption der von der Klägerin angebotenen Auktionen eine Summierung der Abgabe der Gebotsrechte intendiert ist. Gewinnspiele, die darauf angelegt sind, Spielteilnehmer zu einer wiederholten Teilnahme zu animieren, sind auch bei einem an sich unerheblichen Entgelt als Grundeinsatz vom Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 GlüStV erfasst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2009 - 27 L 415/09 -, ZfWG 2009, 300; van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 75; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 3 GlüStV RdNr. 6 m.w.N.; vgl. auch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2003 - 20 U 39/03 -, juris; LG Köln, Urteil vom 07.04.2009 - 33 O 45/09 -, ZfWG 2009, 131). Für den Umstand, dass die von der Klägerin angebotenen Auktionen auf die wiederholte Teilnahme der Bieter angelegt sind, spricht bereits, dass es bei den Countdown-Auktionen der vorliegenden Art nicht darum geht, das höchste Gebot für den zu ersteigernden Gegenstand abzugeben, sondern darum, trotz andauernder Fristverlängerung immer wieder ein Gebot zu setzen, um am Ende von allen Teilnehmern derjenige zu sein, der das letzte Gebot abgibt. Veranschaulicht wird dies durch die Möglichkeit, automatische Gebote durch einen „Roboter“ abzugeben, dessen Funktion auf der Homepage der Klägerin ... unter anderem wie folgt beschrieben wird: „Sobald ein Roboter erstellt wurde, bietet dieser jedes Mal, wenn ein neues Gebot abgegeben wurde, solange seine Limits noch nicht erreicht wurden. ... Der Roboter gibt so viele Gebote ab, wie Sie festgelegt haben … Falls mehrere Roboter für dieselbe Auktion erstellt wurden, bieten sie abwechselnd, sobald ein neues Gebot eingegangen ist, solange, bis nur noch einer übrig ist (weil die anderen eines ihrer Limits erreicht haben). Wenn also zwei Roboter ein hohes Limit für Gebote haben, können schnell viele Gebotspunkte verbraucht werden …“. Zudem werden die Gebotsrechte nicht einzeln, sondern in Paketen (mit einer Gesamtzahl zwischen 20 und 500) angeboten und damit bereits beim Gebotskauf ein Anreiz geboten, möglichst viele Gebotsrechte für einen geringeren Einzelpreis zu erwerben (vgl. dazu: van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 76). Insgesamt muss auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausgestaltung der Internetauktionen gerade zum Laufzeitende (vgl. dazu: van der Hoff/Hoff-mann, a.a.O., S. 76 f.; Fritzsche/Frahm, a.a.O.) davon ausgegangen werden, dass der Countdown eine beträchtliche Anlockwirkung zum Mitbieten ausübt.
31 
Die Veranstaltung von Glücksspiel ist zudem unerlaubt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. GlüStV n.F. Das Merkmal des unerlaubten Glücksspiels ist dann erfüllt, wenn der Veranstalter hierfür keine Erlaubnis hat und die Veranstaltung auch nicht erlaubnisfähig ist (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 4.10 -, NVwZ 2011, 1326; Beschluss vom 17.10.2012 - 8 B 61.12 -, ZfWG 2012, 404).
32 
Die Klägerin ist nicht im Besitz einer Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag n.F.. Dass sie gegebenenfalls über eine ausländische Konzession verfügt, ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - insoweit unerheblich. Der Klägerin kann nach dem Glücksspielstaatsvertrag n.F. eine Erlaubnis auch wegen des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. nicht erteilt werden. Hinsichtlich des Internetverbots für öffentliches Glücksspiel auf Grund des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1), des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 93/10 -, MDR 2012, 111) und des erkennenden Senats (vgl. etwa: Beschluss des Senats vom 16.11.2011 - 6 S 1856/11 -) anerkannt, dass es mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und mit dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot vereinbar ist, das bei Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu beachten ist. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts kann der Senat ebenfalls Bezug nehmen. Soweit der Glücksspielstaatsvertrag n.F. in § 4 Abs. 5 Satz 1 „zur besseren Erreichung der Ziele des § 1“ ermöglicht, dass einzelne Glücksspielarten, wie etwa Sportwetten, auch über das Internet angeboten werden und sich insoweit Fragen der Einhaltung des unionsrechtlichen Kohärenzerfordernisses neu stellen (vgl. dazu etwa Windhoffer, Der neue Glücksspielstaatsvertrag: Ein wichtiger Beitrag zur Gesamtkohärenz des deutschen Regulierungssystems, GewArch 2012, 388; Klöck/Klein, Die Glücksspiel-Entscheidungen des EuGH und die Auswirkungen auf den Glücksspielstaatsvertrag, NVwZ 2011, 22), ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. auch für solche Glücksspielarten, die gemäß §§ 4 Abs. 5 Satz 1, 10a GlüStV n.F. im Internet betrieben werden können, weitere Voraussetzung ist, dass besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung ausgeschlossen sind. Somit unterliegen alle Glücksspiele, die diese Voraussetzungen erfüllen, ausnahmslos dem strikten Internetverbot, so dass jedenfalls bezüglich dieser Glücksspiele keine Bedenken hinsichtlich des unionsrechtlichen Kohärenzgebotes bestehen. Zu diesen Glücksspielen zählen die von der Klägerin betriebenen Internetauktionen, nicht aber die von der Klägerin im Hinblick auf das Kohärenzerfordernis vor allem in Bezug genommenen staatlichen Lotterien. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/1570, S. 66) soll § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. die Gestaltung von Lotterie- und Wettangeboten im Internet lenken, die nicht durch eine hohe Ereignisfrequenz zum Weiterspielen animieren dürfen; Rubbel- und Sofortlotterien sollen damit ebenso wie in kurzer Folge dem Spieler offerierte Lotterie- und Wettangebote unzulässig sein. Um ein solches Glücksspiel mit hoher Ereignisfrequenz (vgl. dazu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 GlüStV RdNr. 94; Hecker, Quo vadis Glücksspielstaatsvertrag?, WRP 2012, 523) handelt es sich bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Auktionen. Durch das Geschäftsmodell der Klägerin wird - wie bereits zur Frage der Erheblichkeitsschwelle beim Entgeltbegriff ausgeführt - der Teilnehmer gerade dann, wenn die Auktion am vorgesehenen Laufzeitende in die Countdownphase eintritt, die durch den Einsatz eines Gebotspunktes jeweils um 20 Sekunden verlängert wird, dazu animiert wiederholt Gebotspunkte einzusetzen, damit der vorangegangene, aber nicht erfolgreiche (da überbotene) Einsatz eines Gebotspunktes nicht „umsonst“ gewesen ist. Während sich der Teilnehmer bei einer typischen Internetauktion mit fester Endlaufzeit (etwa: ...) regelmäßig nur kurz vor dem Auktionsende in dem entscheidenden Bieterwettbewerb um das höchste Gebot befindet, wird dieser Moment bei einer Countdown-Aktion, wie von der Klägerin veranstaltet, ständig wiederholt. Diese Perpetuierung der Countdown-Endphase führt zu einem erheblichem Anreiz, die Auktion durch wiederholte Teilnahme zu gewinnen. Bei der Countdown-Auktion in der vorliegenden Ausgestaltung geht es nicht darum, das höchste Gebot abzugeben, sondern darum, trotz andauernder Fristverlängerung immer wieder ein Gebot innerhalb der jeweils verlängerten 20-Sekunden-Frist abzugeben, um am Ende von allen Teilnehmern der Letzte zu sein (van der Hoff/Hoffmann, a.a.O., S. 76 f.), wodurch die von § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. vorausgesetzten besonderen Suchtanreize geschaffen werden (vgl. Becker, Werbung für Produkte mit einem Suchtgefährdungspotenzial, S. 18 ff.). Dass die Auktionen der Klägerin im 20-Sekunden-Countdown in diesem Sinne eine hohe Ereignisfrequenz ausweisen, wird zudem durch die bereits erwähnte Möglichkeit, sogenannte Bietroboter einzusetzen, veranschaulicht. So heißt es auf der Homepage der Klägerin etwa: „Falls viele neue Gebote registriert wurden, oder mehrere Roboter die Auktion „ausgefochten“ haben, kann sich die verbleibende Zeit auf dem Countdown-Timer beträchtlich erhöhen“, sowie an anderer Stelle: „Wenn also zwei Roboter ein hohes Limit für Gebote haben, können schnell viele Gebotspunkte verbraucht werden und die verbleibende Zeit auf dem Countdown-Timer kann beträchtlich verlängert werden.“ Den sich aus der Eigenart der von der Klägerin angebotenen Auktionen ergebenden Gefahren kann auch nicht durch Nebenbestimmungen begegnet werden (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -, juris).
33 
Der Hinweis der Klägerin auf eine regulatorische Inkohärenz zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den übrigen Bundesländern geht fehl. Denn entsprechend der schleswig-holsteinischen Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 19.02.2013 (GVOBl. S. 97) ist nach § 2 Abs. 1 des schleswig-holsteinischen Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 01.02.2013 (GVOBl. S. 51) der Glücksspielstaatsvertrag n.F. am 09.02.2013 in Schleswig-Holstein ebenfalls in Kraft getreten. Auch wenn die bereits nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20.10.2011 (GlSpielG SH) erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH, dazu auch: Allhaus/Mayer, Gallische Dörfer und die Glücksspielregulierung, GewArch 2013, 207, 208), ist für Glücksspiele der Art, wie sie von der Klägerin betrieben werden, auch in Schleswig-Holstein keine Genehmigung erteilt worden. Sie zählen nicht zu den erlaubnisfähigen Online-Casinospielen im Sinne der §§ 19, 3 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 GlSpielG SH.
34 
Handelt es sich bei den von der Klägerin veranstalteten Internet-Auktionen um unerlaubtes Glücksspiel, ist gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV n.F. die Werbung hierfür verboten und sind die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für deren Untersagung ebenfalls erfüllt.
35 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist es der Klägerin auch nicht unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung als Verbotsverfügung nachzukommen. Diese ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG). Der Klägerin wird die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet und die Werbung hierfür untersagt. In welcher Form und über welche Maßnahmen die Klägerin dem Verbot nachkommen will, bleibt ihr nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Verfügung ausdrücklich überlassen. Hierfür kommt etwa, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat, das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite (vgl. dazu etwa: Beschluss des Senats vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - 13 B 676/10 -; Bay. VGH, Beschluss vom 24.10.2012 - 10 CS 11.1290 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.11.2010 - 1 S 22.10 -, jew. juris) oder aber auch die Anbringung eines Disclaimers auf ihrer Internetseite (dazu: Beschluss des Senats vom 05.11.2007 - 6 S 2223/07 -, juris) in Betracht. Die von der Klägerin im Hinblick auf das Verfahren der Geolokalisation geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.07.2010 - 13 B 646/10 -, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 24.01.2012, a.a.O.) zutreffend dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug, nachdem sich die Klägerin hierzu im Berufungsverfahren nicht weiter geäußert hat.
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Die Untersagungsverfügung erweist sich allerdings als ermessensfehlerhaft. § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV räumt in seiner neuen wie auch in seiner alten Fassung der zur Glücksspielaufsicht zuständigen Behörde ein Ermessen bei der Frage ein, ob und wie sie gegen die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür vorgeht. Zwar wollte der Beklagte mit der Untersagungsverfügung zum Zeitpunkt ihres Erlasses das in § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. normierte Internetverbot durchsetzen und auf diese Weise - auch hinsichtlich der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel (§ 5 Abs. 4 GlüStV a.F.) - rechtmäßige Zustände schaffen und hat damit gemäß § 40 LVwVfG dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage entsprochen (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1, juris RdNr. 17). Jedoch stellt sich die Untersagungsverfügung aus folgenden Gründen als ermessensfehlerhaft dar:
37 
Zum einen tragen die Ermessenserwägungen nicht der durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages veränderten Rechtslage Rechnung. Die angefochtene Verfügung trifft, wie bereits ausgeführt, eine unbefristete Regelung, die auch für den hier vorliegenden Fall einer Änderung der Rechtslage durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages Fortgeltung beansprucht und deren Rechtmäßigkeit sich nach der Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums beurteilt. Liegt wie hier eine Ermessensentscheidung vor und ändert sich der rechtliche Rahmen für die untersagten Tätigkeiten, muss die Untersagungsverfügung in ihren Erwägungen zum Ermessen, das sich am gesetzlichen Zweck der Ermächtigung zu orientieren hat (§ 114 Satz 1 VwGO), die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, um (weiterhin) rechtmäßig zu sein (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328; Beschlüsse des Senats vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105 und vom 16.01.2013 - 6 S 1968/12 -, juris). Hieran fehlt es. Insoweit ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. nicht derselbe materielle Gehalt zukommt wie dem ausnahmslosen Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. und dass insbesondere mit der Neuregelung im Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zum Ausdruck kommt, dass die besonderen Gefahren, die von einem Glücksspielangebot im Internet ausgehen, nicht mehr nur bei einem generellen Verbot beherrschbar erscheinen, sondern ihnen gerade auch dadurch begegnet werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F.: „Zur besseren Erreichung der Ziele des § 1“), dass unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Glücksspielarten wie Sportwetten auch über das Internet angeboten werden. Allerdings sind auch nach den Vorschriften im GlüStV n.F. Internetglücksspiele, bei denen - wie hier - besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung nicht ausgeschlossen sind, weiterhin nicht erlaubnisfähig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), so dass der Beklagte grundsätzlich auch auf Grundlage des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages die Veranstaltung der von der Klägerin betriebenen Internetauktionen und die Werbung hierfür untersagen kann. Allerdings hat der Beklagte solche mit Blick auf den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag erforderlichen Ermessenserwägungen nicht angestellt (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation: Beschluss des Senats vom 08.04.2013 a.a.O). Die Berücksichtigung der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen könnte - was vorliegend nicht erfolgt ist - im Rahmen der Ermessenserwägungen dadurch geschehen, dass gesetzliche Änderungen einschlägiger materiell-rechtlicher Vorschriften bereits im Entwurfsstadium als ermessensrelevante Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.12.2012, a.a.O.). Ob auch das spätere Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen mit Blick auf die geänderte Rechtslage verwaltungsverfahrensrechtlich möglich ist und im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10.12.2012, a.a.O.). Denn entsprechende, tragfähige Erwägungen hat der Beklagte auch nachträglich nicht angestellt. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG, nach dem die zuständige Behörde u.a. die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel untersagen soll, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere kann nicht argumentiert werden, der Beklagte habe nur in atypischen Fällen ein Ermessen auszuüben, vorliegend sei aber kein solcher Fall gegeben, weshalb kein Ermessenspielraum verbleibe und der angegriffenen Verfügung nicht entgegengehalten werden könne, sie leide an einem Ermessensfehler, weil sie die durch das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages veränderte Sach- und Rechtslage nicht berücksichtige. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG entbindet die zuständige Behörde bei auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV gestützten Verfügungen nicht davon, eine Ermessensentscheidung zu treffen, sondern schränkt lediglich ihr Entschließungsermessen ein. Die gerichtlich voll überprüfbare Einordnung als Standard- oder Ausnahmefall ist Teil der Ermessensausübung (vgl. Beschluss des Senats vom 16.01.2013 - 6 S 1968/12 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 40 RdNr. 41 ff.), die der Beklagte hier nicht vorgenommen hat.
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Zum anderen muss die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Artikel 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG ist sie gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 26.06.2012 - 10 BV 09.2259 -, ZfWG 2012, 347; Beschluss vom 22.07.2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 16), sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.02.1992 - 7 B 106/91 -, NVwZ-RR 1992, 360; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 31.08.1993 - 6 M 3482/93 -, MDR 1993, 1082). Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen. Solche sachlichen Gründe kann der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Die Klägerin hat mit der Vorlage tabellarischer Übersichten (vgl. die Anlagen zum Schriftsatz vom 21.05.2013) geltend gemacht, dass eine Vielzahl von Unternehmen Live-Auktionen nach ihrem Auktionsprinzip angeboten haben und weiterhin anbieten (namentlich wurden jeweils 25 Unternehmen benannt), ohne dass der Beklagte gegen sie eingeschritten ist oder einschreitet. Dies hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung auch nicht substanziell in Abrede gestellt. Der Beklagte ist nach seinen eigenen Angaben außer gegen die Klägerin lediglich gegen drei weitere Betreiber solcher Auktionen eingeschritten und hat dies auf Grund von Hinweisen Dritter getan, ohne selbst (weitere) Veranstalter entsprechender Internetauktionen ermittelt zu haben. Dass solche Ermittlungen dem Beklagten unzumutbar sind, hat dieser selbst nicht geltend gemacht und ist dem Senat auch nicht erkennbar, nachdem die Bevollmächtigten der Klägerin in der Berufungsverhandlung angeben haben, die von ihnen angefertigten Übersichten beruhten auf einer über Pfingsten im Internet erfolgten Recherche und deren Auswertung, die innerhalb weniger Stunden zu bewerkstelligen gewesen sei. Sachliche Gründe für ein Einschreiten gerade gegen die Klägerin und gegen lediglich drei weitere Betreiber kann der Beklagte schon deswegen nicht dartun, weil er nicht selbst ermittelt hat, welche weiteren Veranstalter das hier in Rede stehende Glücksspiel im Internet anbieten. Vielmehr hing ein Einschreiten davon ab, ob Dritte den Beklagten auf die Veranstaltung der hier in Rede stehenden Auktionen im Internet aufmerksam gemacht haben oder nicht. Ein im Lichte der Anforderungen der Artikel 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Betreiber solcher Auktionen vorgegangen wird (etwa auf Grund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages (anders die dem Urteil des Senats vom 13.12.2011 - 6 S 2577/10 -, ZfWG 2012, 44 zu Grunde liegende Konstellation, bei der das Kohärenzerfordernis nicht betroffen war) ermessensfehlerhaft ist, dass der Beklagte außer Acht gelassen hat, dass lediglich das Land Baden-Württemberg - nach der Äußerung seines Vertreters in der Berufungsverhandlung „im Alleingang“ - gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern keine entsprechenden Untersagungsverfügungen erlassen haben, kann offenbleiben.
39 
Vor diesem Hintergrund sind anders als für das Verwaltungsgericht für den Senat keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduktion auf Null mit der Folge ersichtlich, dass als rechtmäßiges Handeln des Beklagten nur die Untersagung der Veranstaltung der Internetauktionen und der Werbung hierfür in Betracht kommt.
40 
Soweit mit der Verfügung vom 14.11.2011 über die von der Klägerin im Internet veranstalteten Auktionen hinaus noch die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels untersagt werden sollte, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit für eine solche Anordnung, die mithin auch insoweit rechtswidrig ist. Denn es ist nichts dafür geltend gemacht oder ersichtlich, dass die Klägerin neben den hier streitgegenständlichen Internetauktionen andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. angeboten hat, anbietet oder dies in Zukunft beabsichtigt.
41 
Demgemäß erweisen sich für den hier streitgegenständlichen Zeitraum auch das Gebot, die untersagten Tätigkeiten einzustellen, die Androhung des Zwangsgeldes sowie die Festsetzung einer Gebühr und damit die Verfügung vom 14.11.2011 insgesamt als rechtswidrig. Da sie die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG (vgl. Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union: BVerfG, Beschluss vom 19.07.2011 - 1 BvR 1916/09 -, BVerfGE 129, 78 ff.) verletzt, ist sie entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
43 
Beschluss vom 23. Mai 2013
44 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
45 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 S 88/13

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 zitiert 17 §§.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Strafgesetzbuch - StGB | § 284 Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels


(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 762 Spiel, Wette


(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. (2) Diese Vorschriften gelte

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 zitiert oder wird zitiert von 16 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2011 - I ZR 93/10

bei uns veröffentlicht am 28.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 93/10 Verkündet am: 28. September 2011 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 S 892/12

bei uns veröffentlicht am 09.04.2013

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand  1 Die Klägerin

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Apr. 2013 - 6 S 11/13

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Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 1120/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Ka

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Jan. 2013 - 6 S 1968/12

bei uns veröffentlicht am 16.01.2013

Tenor Auf den Antrag der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. August 2012 - 3 K 882/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Dez. 2011 - 6 S 2577/10

bei uns veröffentlicht am 13.12.2011

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.Oktober 2009 - 3 K 1089/09 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Der Kläge

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09

bei uns veröffentlicht am 19.07.2011

Gründe A. 1 Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob sich juristische Personen mit Sit

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Jan. 2011 - 6 S 1685/10

bei uns veröffentlicht am 20.01.2011

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2010 - 3 K 2940/09 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert des Beschwerdeverfahren

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 05. Nov. 2007 - 6 S 2223/07

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Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. August 2007 - 3 K 2902/06 - geändert. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gege
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Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Jan. 2014 - 16 K 13.4457

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Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Im Übrigen wird der Bescheid des Beklagten vom ... Juli 2010 in den Nummern 1, 3 und 4 aufgehoben. II. Der Beklagte

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Sept. 2015 - 6 S 1426/14

bei uns veröffentlicht am 08.09.2015

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 wird aufgehoben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08.09

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 12. Feb. 2015 - 3 K 3872/13

bei uns veröffentlicht am 12.02.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Die Klägerin begehrt eine gerichtliche Feststellung zur Glücksspieleigenschaft von Pokerspielen. 2 Sie betrei

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 04. Juli 2014 - 27 L 1578/13

bei uns veröffentlicht am 04.07.2014

Tenor 1.Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. 2.Der Streitwert wird auf 375.000,00 Euro festgesetzt. 1Gründe 2Der zulässige Antrag, 3die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Zif

Referenzen

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.

(2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.

(2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt in ... ein großes Einrichtungshaus. Sie plant eine Werbeaktion mit dem Slogan: „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am ... regnet“. Jeder Kunde, der im Einrichtungshaus der Klägerin während des Aktionszeitraums Waren zu einem Kaufpreis von mindestens 100,-- EUR erwirbt, kann an der Aktion teilnehmen. Sollte es im Anschluss an die Aktion, voraussichtlich etwa drei Wochen später, an einem bestimmten Tag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr („Stichtag“) am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 Milliliter/Quadratmeter (richtigerweise wohl: 3 l/qm) regnen, erhalten die Kunden, die während des Aktionszeitraums Waren erworben haben, den Kaufpreis von der Klägerin zurückerstattet, wenn sie sich nach dem Stichtag bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums belegen.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass es sich bei ihrer geplanten Werbeaktion nicht um Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrags vom 11.12.2007 - im Folgenden: GlüStV a.F. -) handele. Nach einem längeren Schriftwechsel - auch mit dem Innenministerium Baden-Württemberg - lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2011 den Antrag ab und stellte in der Begründung fest, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. handele. Der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden der Klägerin den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekommen bzw. einen Warengutschein erhalten, sofern es, wie vorgegeben, regne. Die Gewinnmöglichkeit bestehe demnach darin, letztlich die Möbel unentgeltlich zu erhalten. Der Entgeltcharakter werde auch nicht dadurch beseitigt, dass nachträglich eine unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Ein Entgelt sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er vorliegend auch noch die Übereignung von Waren bekomme, stehe dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber habe bewusst den weiten Begriff des Entgelts gewählt und sich nicht an der engeren strafrechtlichen Judikatur orientiert, die bei einem Glücksspiel einen „Einsatz“ verlange.
Die Klägerin hat am 30.11.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass es sich um kein Glücksspiel handele, weil für die Teilnahme an der Werbeaktion kein Entgelt verlangt werde. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme sei der Kauf von Waren bei der Klägerin während des Aktionszeitraumes. Es sei keine gesonderte Anmeldung, etwa über eine kostenpflichtige Rufnummer, erforderlich. Die Kunden kauften schlicht Waren, zu denen ihnen im Rahmen einer Werbeaktion eine zusätzliche Gewinnchance eingeräumt werde. Damit liege kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. vor. Der Begriff „Entgelt“ sei im GlüStV a.F. nicht weitergehend als der Begriff „Einsatz“ in § 284 StGB. Es handele sich auch nicht um einen sogenannten versteckten Einsatz, weil dieser für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Die Klägerin werde sicherstellen, dass die Preise während des Aktionszeitraums nicht angehoben würden. Damit sei ausgeschlossen, dass das Risiko der Werbeaktion eingepreist und die Kunden auf diese Weise ein Entgelt für die Teilnahme leisten werden. Auch biete die Werbeaktion erkennbar keine Gelegenheit, einer Glücksspiel- bzw. Wettsucht Vorschub zu leisten. Vorrangiges Ziel des GlüStV a.F. sei die Suchtprävention. So habe es vergleichbare Werbeaktionen anderer Wettbewerber im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2010 gegeben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt ergänzend vor, jedes Vermögensopfer für die Teilnahme am Spiel sei als Entgelt im Sinne des § 3 GlüStV a.F. anzusehen. So müsse im vorliegenden Fall der Kunde zuerst einen Beitrag aus seinem Vermögen aufbringen, um an dem Spiel teilzunehmen. Die Übereignung der Waren stelle nur eine Kompensation für dieses Vermögensopfer dar. Es sei im Einzelfall nicht möglich zu beurteilen, ob in Fällen wie dem vorliegenden der Preis für die Ware nicht doch höher sei als er ohne die betreffende Aktion wäre. Aufgrund dieser Schwierigkeiten dürfte der Gesetzgeber veranlasst gewesen sein, den weiten Begriff des Entgelts zu wählen. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche daher dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde. Die Aussicht, den Kaufpreis zurückerstattet zu bekommen, dürfte bei vielen Kunden den Entschluss zum Kauf beeinflussen oder gar hervorzurufen. Deshalb geböten es die Ziele des GlüStV a.F., Werbeaktionen wie die der Klägerin als Glücksspiel einzustufen und somit dem strengen Regime des GlüStV a.F. zu unterwerfen.
Mit Urteil vom 15.03.2012 hat das Verwaltungsgericht antragsgemäß den streitgegenständlichen Bescheid vom 02.11.2011 aufgehoben und festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV a.F. darstellt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass die Teilnahme an der Werbeaktion nicht gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolge. Dies setze nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht treffe, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwerbe und sich nicht wesentlich daran orientiere, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR kaufe. Im vorliegenden Fall gehöre die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie sei kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und solle lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Es gehe nicht um den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel. Denn dem jeweiligen Verbraucher würde keine Gewinnmöglichkeit eröffnet, die den Wert der Ware übersteige. Ein Vermögensopfer gehe der Teilnahme am Gewinnspiel nicht voraus, da der Kunde die von ihm gekauften Waren erhalte. Diese Einschätzung entspreche der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Für den vorliegenden Fall sei entscheidend, dass sich der Eintritt des ungewissen Ereignisses lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirke, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Beurteilung mit der Zielrichtung des GlüStV a.F. in Widerspruch stehen könnte. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen gegebenenfalls vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert würden, seien Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent seien.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 29.03.2012 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 23.04.2012 eingelegt. Er ist der Ansicht, dass das Verwaltungsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht in unrichtiger Weise auf das Glücksspielrecht übertrage, die gefestigte Rechtsprechung des Reichsgerichts zum versteckten Entgeltbegriff ignoriere und die Ziele des GlüStV a.F. nicht vollumfänglich würdige. Die Intentionen des UWG und des GlüStV a.F. seien unterschiedlich. Während das UWG vor unlauterem Wettbewerb schützen solle, habe der GlüStV a.F. die ordnungsrechtliche Aufgabe, die negativen Seiten des Glücksspiels zu verhindern. Entscheidend sei, dass ohne den Kauf von Waren in Höhe von mindestens 100,-- EUR keine Teilnahmemöglichkeit an der Wette bestehe. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach man davon ausgehen müsse, dass der Kaufpreis über dem objektiven Wert der Ware liege, liege ein versteckter Einsatz vor. So werde die Klägerin sicherlich die Prämien für die von ihr geplante Versicherung in ihre Kaufpreise einkalkulieren. Selbst wenn die hier geplante Aktion nicht über ein hohes Suchtpotential verfügen sollte, würden Aktionen dieser Art zu einer Allgegenwärtigkeit von Glücksspielen führen und somit das Glücksspiel an sich verharmlosen. Darüber hinaus könnten Anbieter von Glücksspielen das Spiel so ändern, dass der Spieler für sein Entgelt noch einen über den Erwerb einer Gewinnchance hinausgehenden Gegenwert in Form der Übereignung eines Gegenstandes erhalte. Damit würden Umgehungsmöglichkeiten geschaffen, die nicht im Sinne der Zielsetzung des GlüStV a.F. wären.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie stützt sich auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil und ergänzt sie dahingehend, dass für die Annahme der Entgeltlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. ein Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn bestehen müsse. An dieser Konnexität zwischen Entgelt und Erwerb der Gewinnchance mangele es bei der streitgegenständlichen Werbeaktion. Der Kaufpreis sei die äquivalente Gegenleistung für die Ware. Dafür spreche auch die historische Auslegung des Glücksspielbegriffes, wonach die Regelung für ein verstecktes Entgelt in § 3 Abs. 4 LottStV gestrichen worden sei. Im Übrigen liege auch nach der Begründung des GlüStV a.F. ein Glücksspiel nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt werde. So liege der Fall hier. Ohne Zweifel habe das UWG einen anderen Schutzzweck als der GlüStV a.F.. Dies schließe es jedoch nicht aus, die dort getroffenen Wertungen auf § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. zu übertragen. Auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts erkenne das vom Verwaltungsgericht hervorgehobene subjektive Element bei der Definition des Entgeltbegriffs an. Entscheidend sei, ob der Käufer - unter Umständen auch in Kenntnis der Preiskalkulation - die Ware in der Absicht erwerbe, eine Gewinnchance zu erhalten. Dies könne für den Kauf von Möbeln zu einem Wert von mindestens 100,-- EUR vernünftigerweise nicht angenommen werden.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten (1 Band) und die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.

(2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt in ... ein großes Einrichtungshaus. Sie plant eine Werbeaktion mit dem Slogan: „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am ... regnet“. Jeder Kunde, der im Einrichtungshaus der Klägerin während des Aktionszeitraums Waren zu einem Kaufpreis von mindestens 100,-- EUR erwirbt, kann an der Aktion teilnehmen. Sollte es im Anschluss an die Aktion, voraussichtlich etwa drei Wochen später, an einem bestimmten Tag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr („Stichtag“) am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 Milliliter/Quadratmeter (richtigerweise wohl: 3 l/qm) regnen, erhalten die Kunden, die während des Aktionszeitraums Waren erworben haben, den Kaufpreis von der Klägerin zurückerstattet, wenn sie sich nach dem Stichtag bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums belegen.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass es sich bei ihrer geplanten Werbeaktion nicht um Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrags vom 11.12.2007 - im Folgenden: GlüStV a.F. -) handele. Nach einem längeren Schriftwechsel - auch mit dem Innenministerium Baden-Württemberg - lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2011 den Antrag ab und stellte in der Begründung fest, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. handele. Der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden der Klägerin den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekommen bzw. einen Warengutschein erhalten, sofern es, wie vorgegeben, regne. Die Gewinnmöglichkeit bestehe demnach darin, letztlich die Möbel unentgeltlich zu erhalten. Der Entgeltcharakter werde auch nicht dadurch beseitigt, dass nachträglich eine unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Ein Entgelt sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er vorliegend auch noch die Übereignung von Waren bekomme, stehe dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber habe bewusst den weiten Begriff des Entgelts gewählt und sich nicht an der engeren strafrechtlichen Judikatur orientiert, die bei einem Glücksspiel einen „Einsatz“ verlange.
Die Klägerin hat am 30.11.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass es sich um kein Glücksspiel handele, weil für die Teilnahme an der Werbeaktion kein Entgelt verlangt werde. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme sei der Kauf von Waren bei der Klägerin während des Aktionszeitraumes. Es sei keine gesonderte Anmeldung, etwa über eine kostenpflichtige Rufnummer, erforderlich. Die Kunden kauften schlicht Waren, zu denen ihnen im Rahmen einer Werbeaktion eine zusätzliche Gewinnchance eingeräumt werde. Damit liege kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. vor. Der Begriff „Entgelt“ sei im GlüStV a.F. nicht weitergehend als der Begriff „Einsatz“ in § 284 StGB. Es handele sich auch nicht um einen sogenannten versteckten Einsatz, weil dieser für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Die Klägerin werde sicherstellen, dass die Preise während des Aktionszeitraums nicht angehoben würden. Damit sei ausgeschlossen, dass das Risiko der Werbeaktion eingepreist und die Kunden auf diese Weise ein Entgelt für die Teilnahme leisten werden. Auch biete die Werbeaktion erkennbar keine Gelegenheit, einer Glücksspiel- bzw. Wettsucht Vorschub zu leisten. Vorrangiges Ziel des GlüStV a.F. sei die Suchtprävention. So habe es vergleichbare Werbeaktionen anderer Wettbewerber im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2010 gegeben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt ergänzend vor, jedes Vermögensopfer für die Teilnahme am Spiel sei als Entgelt im Sinne des § 3 GlüStV a.F. anzusehen. So müsse im vorliegenden Fall der Kunde zuerst einen Beitrag aus seinem Vermögen aufbringen, um an dem Spiel teilzunehmen. Die Übereignung der Waren stelle nur eine Kompensation für dieses Vermögensopfer dar. Es sei im Einzelfall nicht möglich zu beurteilen, ob in Fällen wie dem vorliegenden der Preis für die Ware nicht doch höher sei als er ohne die betreffende Aktion wäre. Aufgrund dieser Schwierigkeiten dürfte der Gesetzgeber veranlasst gewesen sein, den weiten Begriff des Entgelts zu wählen. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche daher dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde. Die Aussicht, den Kaufpreis zurückerstattet zu bekommen, dürfte bei vielen Kunden den Entschluss zum Kauf beeinflussen oder gar hervorzurufen. Deshalb geböten es die Ziele des GlüStV a.F., Werbeaktionen wie die der Klägerin als Glücksspiel einzustufen und somit dem strengen Regime des GlüStV a.F. zu unterwerfen.
Mit Urteil vom 15.03.2012 hat das Verwaltungsgericht antragsgemäß den streitgegenständlichen Bescheid vom 02.11.2011 aufgehoben und festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV a.F. darstellt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass die Teilnahme an der Werbeaktion nicht gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolge. Dies setze nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht treffe, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwerbe und sich nicht wesentlich daran orientiere, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR kaufe. Im vorliegenden Fall gehöre die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie sei kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und solle lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Es gehe nicht um den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel. Denn dem jeweiligen Verbraucher würde keine Gewinnmöglichkeit eröffnet, die den Wert der Ware übersteige. Ein Vermögensopfer gehe der Teilnahme am Gewinnspiel nicht voraus, da der Kunde die von ihm gekauften Waren erhalte. Diese Einschätzung entspreche der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Für den vorliegenden Fall sei entscheidend, dass sich der Eintritt des ungewissen Ereignisses lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirke, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Beurteilung mit der Zielrichtung des GlüStV a.F. in Widerspruch stehen könnte. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen gegebenenfalls vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert würden, seien Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent seien.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 29.03.2012 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 23.04.2012 eingelegt. Er ist der Ansicht, dass das Verwaltungsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht in unrichtiger Weise auf das Glücksspielrecht übertrage, die gefestigte Rechtsprechung des Reichsgerichts zum versteckten Entgeltbegriff ignoriere und die Ziele des GlüStV a.F. nicht vollumfänglich würdige. Die Intentionen des UWG und des GlüStV a.F. seien unterschiedlich. Während das UWG vor unlauterem Wettbewerb schützen solle, habe der GlüStV a.F. die ordnungsrechtliche Aufgabe, die negativen Seiten des Glücksspiels zu verhindern. Entscheidend sei, dass ohne den Kauf von Waren in Höhe von mindestens 100,-- EUR keine Teilnahmemöglichkeit an der Wette bestehe. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach man davon ausgehen müsse, dass der Kaufpreis über dem objektiven Wert der Ware liege, liege ein versteckter Einsatz vor. So werde die Klägerin sicherlich die Prämien für die von ihr geplante Versicherung in ihre Kaufpreise einkalkulieren. Selbst wenn die hier geplante Aktion nicht über ein hohes Suchtpotential verfügen sollte, würden Aktionen dieser Art zu einer Allgegenwärtigkeit von Glücksspielen führen und somit das Glücksspiel an sich verharmlosen. Darüber hinaus könnten Anbieter von Glücksspielen das Spiel so ändern, dass der Spieler für sein Entgelt noch einen über den Erwerb einer Gewinnchance hinausgehenden Gegenwert in Form der Übereignung eines Gegenstandes erhalte. Damit würden Umgehungsmöglichkeiten geschaffen, die nicht im Sinne der Zielsetzung des GlüStV a.F. wären.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie stützt sich auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil und ergänzt sie dahingehend, dass für die Annahme der Entgeltlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. ein Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn bestehen müsse. An dieser Konnexität zwischen Entgelt und Erwerb der Gewinnchance mangele es bei der streitgegenständlichen Werbeaktion. Der Kaufpreis sei die äquivalente Gegenleistung für die Ware. Dafür spreche auch die historische Auslegung des Glücksspielbegriffes, wonach die Regelung für ein verstecktes Entgelt in § 3 Abs. 4 LottStV gestrichen worden sei. Im Übrigen liege auch nach der Begründung des GlüStV a.F. ein Glücksspiel nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt werde. So liege der Fall hier. Ohne Zweifel habe das UWG einen anderen Schutzzweck als der GlüStV a.F.. Dies schließe es jedoch nicht aus, die dort getroffenen Wertungen auf § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. zu übertragen. Auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts erkenne das vom Verwaltungsgericht hervorgehobene subjektive Element bei der Definition des Entgeltbegriffs an. Entscheidend sei, ob der Käufer - unter Umständen auch in Kenntnis der Preiskalkulation - die Ware in der Absicht erwerbe, eine Gewinnchance zu erhalten. Dies könne für den Kauf von Möbeln zu einem Wert von mindestens 100,-- EUR vernünftigerweise nicht angenommen werden.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten (1 Band) und die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 93/10 Verkündet am:
28. September 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Poker im Internet
UWG § 4 Nr. 11; GlüStV § 3 Abs. 1
Ob ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV vorliegt, beurteilt sich nach
den durchschnittlichen Fähigkeiten eines Spielers; unerheblich ist, ob professionelle
Spieler oder geübte Amateure, die sich gegebenenfalls auch Lehrbuchwissen
angeeignet haben, ihre Erfolgschancen steigern können.
BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 5. September 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten,
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin organisiert und veranstaltet Lotterien und Sportwetten in Nordrhein-Westfalen.
2
Die Beklagte zu 1 ist ein Wettunternehmen mit Sitz in Gibraltar, der Beklagte zu 2 ist ihr organschaftlicher Vertreter. Jedenfalls bis Oktober 2008 bewarb die Beklagte zu 1 auf der Internetseite „www.carmenmedia.com/.de/“ ihr Spielangebot, darunter Sportwetten zu festen Gewinnquoten, Roulette, Poker, Black Jack, Baccara und virtuelle Slotmachines in deutscher Sprache. In dem Internetauftritt war eine Kontaktseite unter einer Deutschlandfahne und dem fettgedruckten Wort „Deutschland“ eingerichtet.
3
Außerdem enthielt die Internetseite einen Link zum deutschsprachigen Spiel- und Sportwettenangebot einer ehemaligen Tochtergesellschaft der Be- klagten zu 1 auf der Internetadresse „www.betway.com“. Unter den Internetadressen „www.jackpotcity.com“, „www.49jackpotcity.com“ und „www.pokertime.eu“ bieten hundertprozentige Tochtergesellschaften der Be- klagten zu 1 Glücksspiele an.
4
Der Beklagten zu 1 ist in Gibraltar eine Genehmigung erteilt worden, Glücksspiele gegen Geldeinsatz im Internet anzubieten. Über eine Genehmigung deutscher Behörden für die Veranstaltung von Glücksspielen verfügen die Beklagten nicht.
5
Nach Ansicht der Klägerin handeln die Beklagten wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 GlüStV, weil sie in Deutschland Glücksspiele ohne Genehmigung anbieten.
6
Mit ihrer im Oktober 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt , I. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, Glücksspiele, insbesondere Sportwetten zu festen Gewinnquoten sowie Kasinospiele, insbesondere Roulette, Poker, Black Jack, Baccara und virtuelle Slotmachines einzugehen und/oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Wettund /oder Spielvertrags mit der Beklagten zu 1 oder einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1, und/oder diese Möglichkeit zu bewerben, wie nachstehend beispielhaft wiedergegeben: (es folgen 17 mit und/oder verknüpfte Bildschirmausdrucke, von denen die ersten fünf Abbildungen nachfolgend wiedergegeben sind) 2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Entgegennahme von Spielaufträgen nach Ziffer 1 von Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen seit dem 26. März 2008 entstanden ist oder künftig noch entstehen wird; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, welche die Beklagte zu 1 durch die Entgegennahme von Spielaufträgen nach Ziffer 1 von Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen seit dem 26. März 2008 erzielt hat.
7
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, das beanstandete Angebot richte sich nicht an Personen, die sich in Deutschland aufhielten. Die Beklagte zu 1 stehe nicht im Wettbewerb mit der Klägerin, da diese weder im Internet auftrete noch vergleichbare Spiele anbiete. Das staatliche Glücksspielmonopol verstoße gegen die höherrangige unionsrechtliche Dienstleistungsund Niederlassungsfreiheit. Als regionaler Anbieter könne die Klägerin jedenfalls keine Unterlassung für das gesamte Bundesgebiet verlangen. Zudem handele es sich bei Poker in der Variante „Texas hold’em“ und den OnlineGewinnspielen mit einem Einsatz von höchstens 50 Cent pro Teilnahme nicht um Glücksspiele im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags.
8
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (LG Köln, ZfWG 2009, 311). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in dem Verbotsausspruch die Worte „Glücksspiele , insbesondere“ und „Kasinospiele, insbesondere“ entfallen (OLG Köln, ZfWG 2010, 359 = MMR 2010, 856).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


10
A. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 284 Abs. 1 bzw. 4 StGB, § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
11
Der Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt und begründet. Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Soweit die Klägerin sich gegen das Angebot von Sportwetten im Internet wende, richte sich ihr Angebot an denselben Abnehmerkreis. Auch hinsichtlich der übrigen angegriffenen Spiele böten die Parteien gleichartige Dienstleistungen an. Die Beklagten seien zudem passivlegitimiert. Dies gelte auch hinsichtlich des Angebots unter der Internetadresse „www.betway.com“. Die Beklagte zu 1 habe eigenverantwortlich das Betway-Spielportfolio unter eigenem Namen angeboten und beworben.
12
Der Anwendung von § 284 StGB und § 4 GlüStV stehe der Vorrang des Unionsrechts nicht entgegen. Insbesondere sei der Glücksspielstaatsvertrag kohärent im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Die nunmehr noch zulässige Werbung staatlicher Anbieter von Glücksspielen und Sportwetten sei mit den vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Zielen der Bekämpfung der Spielsucht, des Jugend- und Spielerschutzes und des Schutzes vor Betrug vereinbar. Die Regelung sei auch nicht deshalb inkohärent, weil das private Angebot von Glücksspielen nicht generell ausgeschlossen sei. In Bezug auf die erlaubten Münzspielgeräte sei festzustellen, dass Spielangebote im Internet besondere Gefahren mit sich brächten, die eine gesonderte und strengere Behandlung rechtfertigten.
13
Die Regelungen seien auch verfassungsgemäß, denn sie dienten in geeigneter und verhältnismäßiger Weise den in § 1 GlüStV niedergelegten legitimen Zwecken. Das Bundesverfassungsgericht habe im sogenannten Sportwetten -Urteil für die Vereinbarkeit eines staatlichen Wettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG keine Kohärenz des gesamten Glücksspielsektors einschließlich des gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiels verlangt.
14
Der Unterlassungsanspruch sei für alle vom Klageantrag erfassten Spiele begründet. Bei den Online-Gewinnspielen mit maximal 50 Cent Einsatz sei nicht anzunehmen, dass sich die Spieler auf ein einzelnes Spiel beschränkten. Bei längerer Spieldauer sei der Einsatz aber nicht mehr unerheblich, so dass das Spiel vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst werde. Unabhängig davon, dass auch Geschicklichkeit und Spielstrategien bei Poker der Variante „Texas hold’em“ Bedeutung hätten, handele es sich auch dabei um ein Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV. Die geltend gemachten Schadensersatzfeststellungsund Auskunftsansprüche stünden der Klägerin ebenfalls zu.
15
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV verlangen, das Angebot und die Vermittlung von sowie die Werbung für die vom Klageantrag erfassten Glücksspiele in Deutschland zu unterlassen.
16
I. Der auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtete Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 23/08, GRUR 2010, 652 Rn. 10 = WRP 2010, 872 - Costa del Sol, mwN). Der Zeitpunkt der Begehung der beanstandeten Handlung ist auch für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Auskunftserteilung maßgeblich (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
17
Im Streitfall kommt es allein auf die seit dem 1. Januar 2008 bestehende Rechtslage an. Die Klägerin beanstandet den Internetauftritt der Beklagten nach dem 1. Januar 2008. Auskunft und Schadensersatzfeststellung begehrt sie nur für die Zeit nach dem 26. März 2008.
18
Allerdings ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 28. Dezember 2008 geändert worden. Diese Änderung, die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken diente, hat für den Streitfall aber keine Bedeutung. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht hier nicht entgegen, dass diese Richtlinie, die die vollständige Harmonisierung der verbraucherschützenden Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken bezweckt, keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Denn sie lässt - vorbehaltlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht - nationale Vorschriften unberührt, die sich auf Glücksspiele beziehen (Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2005/29/EG).
19
II. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, weil beide Parteien gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08, GRUR 2011, 82 Rn. 19 = WRP 2011, 55 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer).
20
Der Gleichartigkeit der Dienstleistungen der Parteien steht nicht entgegen , dass die Beklagten anders als die Klägerin auch einige Spiele mit Strategie - und Geschicklichkeitskomponenten anbieten wie Poker der Variante „Texas hold’em“ oder Black Jack. Gleichartigkeit von Dienstleistungen setzt keine Gleichheit voraus. Für die Gleichartigkeit reicht es aus, dass beide Parteien entgeltlich Spiele anbieten, bei denen die Aussicht auf einen Gewinn jedenfalls maßgeblich vom Glück des Spielers abhängig ist.
21
Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses auch nicht entgegen, dass die Klägerin gehalten ist, ihren Absatz möglichst zu beschränken und keine Anreize zur Teilnahme an den von ihr veranstalteten Wetten zu schaffen. Für das Wettbewerbsverhältnis kommt es nicht darauf an, welche Absicht mit dem Angebot der Sportwetten durch die Klägerin verbunden ist. Jedenfalls nimmt das Land Nordrhein-Westfalen über die Klägerin in berechtigter Weise am Wirtschaftsleben teil, so dass ihr auch der Schutz des Lauterkeitsrechts zugute kommt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn. 13.5). Dies gilt auch dann, wenn im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Erzielung von Einnahmen lediglich eine erfreuliche Nebenfolge und nicht eigentlicher Grund der Tätigkeit der Klägerin ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - C-67/98, Slg. 1999, I-7289 = WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13031 = EuZW 2004, 115 Rn. 62 - Gambelli u.a.).
22
III. Das angegriffene Sportwettenangebot der Beklagten im Internet ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV unzulässig.
23
1. Am 1. Januar 2008 ist der Glücksspielstaatsvertrag im Bundesland Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet verboten.
24
Dieses Verbot, das unmittelbar die Vertriebswege für Glücksspiele beschränkt , ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich nicht um eine Marktzutrittsregelung. Es kommt nicht darauf an, dass § 4 Abs. 1 GlüStV zwar der Klägerin, nicht aber den Beklagten erlaubt, Sportwetten zu veranstalten und zu vermitteln. Denn niemand kann sich der Gültigkeit eines Verbots mit der Begründung entziehen , er sei schon aus anderen Gründen nicht berechtigt, die verbotene Tätigkeit auszuüben.
25
Das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV richtet sich auch nicht nur an die in § 10 GlüStV genannten Anbieter, mit denen die Länder ihre Aufgabe erfüllen, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen, sondern an jeden Anbieter und Vermittler öffentlicher Glücksspiele im Sinne von § 2 GlüStV und damit auch an die Beklagten. Der Wortlaut des § 4 Nr. 4 GlüStV gibt für eine Beschränkung der Normadressaten keinen Anhaltspunkt. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift stehen einer Auslegung entgegen, nach der das Verbot zwar für konzessionierte Anbieter, nicht aber für ohne Erlaubnis tätige Veranstalter und Vermittler gelten soll (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 11).
26
2. Die Beklagten werden mit dem beanstandeten Internetangebot in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen tätig. Wie sich aus der Verwendung der deutschen Sprache und der unter einer Deutschlandfahne sowie dem fett gedruckten Wort „Deutschland“ angebotenen Kontaktseite ergibt, wenden sich die Beklagten mit ihren Spielangeboten gerade auch an Ver- braucher in Deutschland. Damit veranstalten und vermitteln sie ihre Glücksspiele in Deutschland, so dass der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags eröffnet ist (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV). Dabei ist unerheblich, ob sich der Server und sämtliche Einrichtungen der Beklagten außerhalb Deutschlands befinden. Bei Nutzung des Internets wird die Möglichkeit zur Spielteilnahme nicht am Sitz des Veranstalters, sondern am Wohnsitz des Spielers oder einem anderen Standort seines Computers eröffnet.
27
3. Der Glücksspielstaatsvertrag und insbesondere das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüSpV sind formell und materiell mit dem Verfassungsrecht vereinbar.
28
a) Die Länder haben mit dem Glücksspielstaatsvertrag ihre Kompetenzen nicht überschritten. Von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG hat der Bund ungeachtet der Regelungen in §§ 33c ff. GewO jedenfalls nicht in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Länder an den im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen gemäß Art. 72 Abs. 1 GG gehindert wären (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338 Rn. 25).
29
b) Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. Die durch ihn bewirkten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sind durch überragend wichtige Gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 27 ff.). Dabei ist davon auszugehen, dass die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und - im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in einer Annahmestelle - dessen Abstraktheit , problematisches Spielerverhalten in entscheidender Weise begünsti- gen. Das Internetverbot ist deshalb geeignet, erforderlich und angemessen, ein Gemeinwohlziel hohen Ranges zu fördern (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40, 48, 59).
30
4. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV steht mit dem Unionsrecht in Einklang.
31
a) Einer Anwendung der Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags steht nicht entgegen, dass die Länder ihrer europarechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen seien.
32
aa) Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (nachfolgend : Informationsrichtlinie) haben die Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer technischen Vorschrift unverzüglich der Europäischen Kommission zu übermitteln. Zweck der Notifizierung ist es, durch eine vorbeugende Kontrolle der Kommission den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu schützen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 1996 - C-194/94, Slg. 1996, I-2201 = EuZW 1996, 379 Rn. 40 f., 51 - CIA Security International/Signalson; Erwägungsgründe 4 und 7 der Informationsrichtlinie). Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (EuGH aaO Rn. 54).
33
bb) Der Glücksspielstaatsvertrag ist der Kommission am 21. Dezember 2006 notifiziert worden (vgl. Verwaltungsschreiben der Kommission vom 14. Mai 2007, abgedruckt als Anlage 1 c zum Entwurf des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland , Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Informationsrichtlinie durfte Deutschland das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV dann jedenfalls ab 21. Juni 2007 in Kraft setzen, also im Land Nordrhein -Westfalen auch durch ein ab 1. Januar 2008 geltendes Ausführungsgesetz.
34
cc) Zwar können Verschärfungen des Entwurfs einer technischen Vorschrift nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 der Informationsrichtlinie eine erneute Notifizierungspflicht auslösen. Das Ausführungsgesetz des Landes NordrheinWestfalen zum Glücksspielstaatsvertrag enthält aber keine Verschärfung des ohnehin bereits umfassenden und von den Marktteilnehmern zu beachtenden Internetverbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV. Insbesondere ist weder der Bestimmung über Sportwetten in § 14 noch dem Ordnungswidrigkeitenkatalog in § 21 Glücksspielstaatsvertrag AG NRW eine solche Verschärfung zu entnehmen.
35
Es kann dahinstehen, ob für die Ausführungsgesetze der Länder zum Glücksspielstaatsvertrag unter anderen Gesichtspunkten eine gesonderte Notifizierungspflicht bestand.
36
b) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar.
37
aa) Allerdings stellt diese Regelung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 56 AEUV dar. Das Internetverbot erschwert Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten eine Tätigkeit in Deutschland. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Glücksspielsektor nur unionsrechtskonform , wenn sie das Diskriminierungsverbot beachtet und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Die Maßnahme muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten , indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkei- ten beiträgt; sie darf ferner nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, EuZW 2004, 115 Rn. 65 - Gambelli u.a.; EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - C-338/04 u.a., Slg. 2007, I-1891 = EuZW 2007, 209 Rn. 49 - Placanica; Urteil vom 8. September 2009 - C-42/07, Slg. 2009, I-7633 = EuZW 2009, 689 Rn. 60 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional

).


38
bb) Eine formale Diskriminierung liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt gleichermaßen für In- und Ausländer. Zwar beeinträchtigt das Internetverbot faktisch Glücksspielanbieter außerhalb Deutschlands stärker als solche, die im Inland ansässig sind, weil ihnen ein für den unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt besonders wirksames Vermarktungsmittel genommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-212/08, EuZW 2011, 674 Rn. 74 - Zeturf Ltd.). Dieser Umstand allein steht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer unionsrechtlichen Rechtfertigung des Internetverbots aber nicht entgegen. Vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese Beschränkung zwingenden Belangen des Allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt und nicht über das erforderliche Maß hinausgeht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 52 ff. - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; EuZW 2011, 674 Rn. 76 ff. - Zeturf Ltd.).
39
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsbestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses im Sinne des Unionsrechts dienen (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34). Ziele des Glücksspielstaatsvertrags sind die Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie die Betrugsvorbeugung (§ 1 Nr. 4 GlüStV). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass der Verbraucherschutz , die Betrugsvorbeugung, die Abwehr von Störungen der sozialen Ordnung und das Anliegen, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren, zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind, die Beschränkungen der Spieltätigkeiten rechtfertigen können (vgl. EuGH, Urteil vom 24. März 1994 - C-275/92, Slg. 1994, I-1039 = EuZW 1994, 311 Rn. 57 f. - Schindler; EuGH, WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; EuZW 2004, 115 Rn. 67 - Gambelli; EuZW 2009, 689 Rn. 46 - Placanica; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, NVwZ 2010, 1422 Rn. 55 ff. = MMR 2010, 840 - Carmen Media Group). Die Ziele der Suchtbekämpfung sowie des Jugendund Spielerschutzes (§ 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV) dienen dem Schutz der Sozialordnung. Die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) zielen darauf ab, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren.
40
dd) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ist geeignet, die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Gemeinwohlziele zu fördern.
41
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich geeignet ist, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group). Denn über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 70 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; NVwZ 2010, 1422 Rn. 102 f. - Carmen Media Group; siehe auch BVerfGE 115, 276 Rn. 139; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34).
42
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV soll speziell diesen besonderen Gefahren des Angebots von Glücksspielen im Internet begegnen. Für die Beurteilung der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Internetverbots kommt es deshalb nicht auf die Verfügbarkeit von Glücksspielen in anderen Vertriebskanälen an, die nicht die besonderen Gefahren des Internetvertriebs aufweisen (vgl. EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 78 ff. - Zeturf Ltd.).
43
(2) Das Internetverbot ist nicht deshalb zur Verfolgung legitimer Gemeinwohlinteressen ungeeignet, weil bislang konkrete und belastbare Nachweise dafür fehlen, dass solche Interessen durch das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten im Internet gefährdet werden können. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat klargestellt, dass ein Mitgliedstaat die Eignung einer beschränkenden Maßnahme im Glücksspielsektor für die Verfolgung anerkannter Gemeinwohlziele auch dann belegen kann, wenn er dazu keine konkreten Untersuchungen vorzulegen vermag. Es reicht aus, wenn der Mitgliedstaat alle Umstände darlegt, anhand deren sich ein zur Entscheidung berufenes Gericht darüber vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07 u.a., WRP 2010, 1338 Rn. 70 ff. - Markus Stoß u.a.). Diese Anforderung ist im Streitfall erfüllt.
44
(3) Das Internetverbot ist auch eine kohärente und systematische Beschränkung der Gelegenheiten zum Glücksspiel (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 35 ff.). Die Prüfung dieser unionsrechtlichen Anforderung obliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Gerichten der Mitgliedstaaten (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group).
45
(a) Die unionsrechtliche Prüfung hat grundsätzlich für jede nationale Beschränkung im Bereich der Glücksspiele gesondert zu erfolgen (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Prüfungsgegenstand ist im Streitfall somit allein das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV und nicht der Glücksspielstaatsvertrag in seiner Gesamtheit oder das deutsche Glücksspielmonopol.
46
(aa) Das Internetverbot ist nicht in dem Sinne „monopolakzessorisch“, dass es bei einer eventuellen Unionsrechtswidrigkeit des deutschen Glücksspielmonopols keine Wirkung mehr entfalten könnte (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12). Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige Regelung, die schon für sich allein zur Förderung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele geeignet ist. Selbst wenn das deutsche Glücksspielmonopol oder andere Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags mit dem Unionsrecht unvereinbar wären, führte dessen Anwendungsvorrang nur dazu, dass das deutsche Recht insoweit nicht anzuwenden wäre. Hingegen blieben diejenigen Bestandteile des Glücksspielstaatsvertrags weiterhin anwendbar , die noch eine aus sich heraus sinnvolle und handhabbare Regelung darstellen, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspräche (vgl. BVerwGE 105, 336, 345 f.). Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen. Dieser Zweck entfiele auch dann nicht, wenn die Vorschriften über das staatliche Monopol im Glücksspiel- staatsvertrag wegfielen (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12 aE).
47
(bb) Zudem ist davon auszugehen, dass die verschiedenen Arten von Glücksspielen erhebliche Unterschiede aufweisen können, etwa hinsichtlich der sie kennzeichnenden Einsätze und Gewinne, der Zahl potentieller Spieler, der Präsentation, der Häufigkeit, der Dauer oder danach, ob sie die körperliche Anwesenheit des Spielers erfordern oder nicht. Daher führt allein der Umstand, dass für verschiedene Arten von Glücksspielen unterschiedliche nationale Regelungen gelten, nicht schon dazu, dass diese Maßnahmen ihre unionsrechtliche Rechtfertigung verlieren (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 62 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 95 f. - Markus Stoß u.a.).
48
(b) Allerdings können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group) berechtigte Zweifel an der Eignung eines nationalen Monopols für Sportwetten und Lotterien zur kohärenten und systematischen Beschränkung des Glücksspiels bestehen, wenn - andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern betrieben werden dürfen und - der Mitgliedstaat in Bezug auf diese anderen Arten von Glücksspielen, die zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreibt, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren.
49
Außerdem sind auch Ausnahmen und Einschränkungen zu einer die Glücksspieltätigkeit beschränkenden Regelung dahingehend einer Kohärenzprüfung zu unterziehen, ob sie deren Eignung zur Verfolgung legitimer Allge- meininteressen beseitigen (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
50
(c) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist zu beachten , dass es hier allein auf die unionsrechtliche Wirksamkeit des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV ankommt. Daher sind die Regelungen zum Automatenspiel und zum herkömmlichen Spielbankenbetrieb in Deutschland im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Diese Glücksspielformen setzen anders als das Spiel im Internet die persönliche Anwesenheit der Spieler voraus. Weil das bereits aus dem Wesen dieser Glücksspiele folgt, können sie von vornherein nicht durch ein Internetverbot geregelt werden (in diesem Sinne etwa Ohler , EuR 2010, 253, 259). Eine inkohärente oder unsystematische Regelung liegt in diesem tatsächlichen Unterschied zu Sportwetten aber nicht. Selbst wenn Deutschland beim Automatenspiel und im Bereich der Spielbanken eine expansive Politik betreiben sollte, ließe dies die Eignung von § 4 Abs. 4 GlüStV als wirksame Maßnahme zum Jugend- und Spielerschutz sowie zur Begrenzung der Glücksspieltätigkeit unberührt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein allgemeines Internetverbot grundsätzlich auch dann geeignet, die mit ihm verfolgten legitimen Allgemeininteressen zu erreichen, wenn das Anbieten von Spielen über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group).
51
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Zeturf“ (EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 73 ff.). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Weg die Wetten abgeschlossen werden (aaO Rn. 77). Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Sektor der Pferdewetten an (aaO Rn. 82 f.). Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung betont der Gerichtshof aber auch, dass der Absatz von Glücksspielen über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (aaO Rn. 78 ff.). Wie sich aus Randnummer 82 des Urteils „Zeturf“ ergibt, hält der Gerichtshof dabei daran fest, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliegt zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern. Unerheblich ist im Übrigen auch, ob die Länder im Zusammenhang mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags eine Lockerung des Internetverbots erwägen. Im Streitfall steht allein das geltende Recht auf dem Prüfstand. Rechtspolititsche Erwägungen, die de lege ferenda angestellt werden, vermögen die Beurteilung des geltenden Rechts nicht zu verändern.
52
Da Deutschland - anders als Frankreich in dem der Entscheidung „Zeturf“ zugrundeliegenden Fall - in § 4 Abs. 4 GlüStV eine besondere Rege- lung für den Glücksspielvertrieb im Internet getroffen hat, die aufgrund der spezifischen Gefahren dieses Vertriebswegs gerechtfertigt ist, kommt es für die unionsrechtliche Kohärenzprüfung allein auf diesen Vertriebskanal an.
53
Im Übrigen ist es nach § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten, im Internet Automatenspiele anzubieten; denn die Erlaubnis nach § 33c Abs. 1 GewO gilt nur für den stationären Betrieb von Geldspielautomaten (OVG Münster, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 4 B 1774/07, juris; LG Köln, ZfWG 2010, 149, 150 f.). Spielbanken müssen das Internetverbot gemäß § 2 Satz 2 GlüStV beachten.
54
(d) Ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den Bereich der Pferdewetten.
55
(aa) Pferdewetten dürfen nicht über das Internet angeboten oder vermittelt werden. Der Senat schließt sich dazu den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 1. Juni 2011 an (8 C 5.10, juris Rn. 37 ff.). Die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten ist verboten , sofern sie nicht auf der Grundlage des Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I, S. 393) erlaubt wird. Die nach § 2 Abs. 2 RennwLottG erteilte Erlaubnis ist auf die Örtlichkeit beschränkt, in der die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, insbesondere aber auch aus dem Zweck dieser Bestimmung: Sie dient dazu, den Missstand des sog. Winkelbuchmachertums zu bekämpfen, der dazu geführt hatte, dass Kunden überall und jederzeit aufgesucht und zum Wetten verleitet werden konnten. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat (aaO Rn. 39), liegt dem Typus der erlaubten Pferdewette die Vorstellung eines Wettabschlusses unter Anwesenden zugrunde. Mit diesem Gesetzeszweck ist die - zulässige - telefonische oder telegrafische Wettannahme noch vereinbar, bei der die Initiative zum Wetten vom Wettwilligen ausgehen muss, der zudem weiß, mit welchem Buchmacher er es zu tun hat. Das Wettangebot ist bei Nutzung dieser Formen der Telekommunikation weder ubiquitär noch anonym (BVerwG aaO). Dies ist beim Vertrieb von Wetten im Internet anders. Das Internet ermöglicht den Abschluss von Wetten von jedem Ort und zu jeder Zeit ohne jeden persönlichen Kontakt (vgl. zu allem Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 38 ff.). Dass das Rennwett- und Lotteriegesetz in § 1 für die Totalisatorwette nicht ausdrücklich eine entsprechende Bindung an ein stationäres Wettbüro verlangt, vermag hieran nichts zu ändern; denn zum Betrieb eines Totalisators dürfen nur Renn- und Pferde- zuchtvereine zugelassen werden (§ 2 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz).
56
(bb) Allerdings schreiten die Bundesländer bislang nicht gegen die Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet ein. Damit besteht in diesem Bereich ein strukturelles Vollzugsdefizit (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 41). Das führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich.
57
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezieht sich die Kohärenzprüfung auf die Eignung einer Beschränkung zur Zielerreichung. Diese Eignung wird nicht schon durch jede abweichende Regelung in einem quantitativ noch so unbedeutenden Bereich in Frage gestellt. So hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aspekt der Kohärenz des Internetverbots keine Bedenken daraus abgeleitet, dass § 25 Abs. 6 GlüStV eine begrenzte und zeitlich beschränkte Ausnahme von diesem Verbot vorsah (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
58
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV verliert danach nicht deswegen ihre Eignung zum Jugend- und Spielerschutz, zur Betrugsbekämpfung und zur Eindämmung des Glücksspiels, weil Pferdewetten noch im Internet abgeschlossen werden können. Pferdewetten machen erkennbar nur einen kleinen Prozentsatz des Glücksspielmarkts aus (vgl. OVG Münster, ZfWG 2011, 47, 52; VGH Mannheim, ZfWG 2010, 24, 39) und die von ihnen ausgehenden Suchtgefahren treffen nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung, weil nur verhältnismäßig wenige Verbraucher im Bereich der Pferderennen tatsächlich über solche Kenntnisse verfügen, um sich zuzutrauen, erfolgreich auf den Rennausgang wetten zu können. Im Gegensatz dazu empfinden beim Fußball und anderen Breitensportarten weite Personenkreise eine subjektiv empfundene „Wettkom- petenz“, die sie zum Spielen verleitet. Hinzu kommt, dass die Zahl der Pferderennen deutlich unter derjenigen der sonstigen Sportereignisse liegt, die gerade beim Internetvertrieb dem Spielinteressierten ständig neue Wettmöglichkeiten eröffnen (vgl. zur marginalen Bedeutung der Pferdewetten für den Glücksspielmarkt insgesamt auch BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 42).
59
(cc) Dementsprechend hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union zwar gemäß dem ihm von den vorlegenden deutschen Gerichten unterbreiteten Sachverhalt die Zulässigkeit von Pferdewetten privater Veranstalter angenommen , eine mögliche Inkohärenz des deutschen Sportwettenmonopols aber allein mit der in den Vorlagebeschlüssen festgestellten Politik der Angebotsausweitung im Bereich Spielbanken und Automatenspiele begründet (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 67 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 100, 106 - Markus Stoß u.a.).
60
(dd) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die an Pferdewetten interessierten Verbraucher im Hinblick auf die damit verbundenen Suchtgefahren nicht weniger schutzwürdig sind als diejenigen Verbraucher, die als Teilnehmer sonstiger Sportwetten in Betracht kommen. Der Gesetzgeber mag nach deutschem Recht auch unter diesem Aspekt gehalten sein, das gegenwärtige Vollzugsdefizit alsbald zu beseitigen. Zur unionsrechtlichen Unzulässigkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV kann dieser Umstand aber nicht führen, weil die Gefahren für die Sozialordnung, die sich aus der derzeitigen Duldung des Abschlusses von Internetwetten für Pferderennen ergeben, wegen des beschränkten Teilnehmerkreises deutlich geringer sind als diejenigen der anderen von § 4 Abs. 4 GlüStV erfassten Glücksspiele.
61
(e) § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch nicht im Hinblick auf § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV) unionsrechtlich inkohärent.
62
Die Vorschrift des § 8a RStV lässt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk unter bestimmten Voraussetzungen zu. Nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV gilt § 8a RStV entsprechend für Gewinnspiele in mit Rundfunk vergleichbaren Telemedien, die sich an die Allgemeinheit richten. Dazu zählen auch Internetportale, die redaktionelle Informations - und Unterhaltungsangebote für die Allgemeinheit bereitstellen (vgl. Bolay, MMR 2009, 669, 673).
63
(aa) Gewinnspiele im Sinne des § 8a RStV können grundsätzlich auch zufallsabhängige Spiele sein. Das ergibt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. So ist nach § 8a Abs. 1 Satz 4 RStV im Programm über die Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Das spricht dafür, dass Gewinnspiele nur solche Spiele sind, bei denen die Spieler eine gestellte Aufgabe lösen müssen, was grundsätzlich nicht zufallsabhängig ist. Zweck des § 8a RStV ist aber klarzustellen, dass die erst in neuerer Zeit aufgekommenen „interaktiven“ Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele, an denen sich das Publikum mittels individueller Kommunikationsmittel (insbesondere Telefon) kostenpflichtig beteiligen kann, ein in Fernsehen und Hörfunk zulässiger Programminhalt sind und damit für private Rundfunkveranstalter eine erlaubte Einnahmequelle bilden. Zu den nach § 8a RStV zulässigen Gewinnspielen zählen danach grundsätzlich auch privat veranstaltete, zufallsabhängige Call-in-Gewinnspiele gegen Entgelt (vgl. VGH München, AfP 2010, 204, 205; Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Bayerischer Landtag, LTDrucks. 15/9667, S. 15; Bolay, MMR 2009, 669, 671). Das ergibt sich auch aus der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung), die zur Konkretisierung des § 8a RStV erlas- sen worden ist. Nach § 2 Gewinnspielsatzung liegt ein Gewinnspiel vor, wenn den Nutzern des Programmangebots im Fall der Teilnahme die Möglichkeit auf den Erhalt eines Vermögenswertes geboten wird. Das schließt zufallsabhängige Spiele ein.
64
(bb) Ein Glücksspiel liegt aber nur vor, wenn für den Erwerb einer - zumindest überwiegend zufallsabhängigen - Gewinnchance ein Entgelt gezahlt wird (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Daran fehlt es bei den Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV.
65
Wie sich aus der Verweisung des § 8a Abs. 1 auf § 13 Abs. 1 Satz 3 RStV ergibt, dürfen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten aus Gewinnspielen keine Einnahmen erzielen. Im Übrigen ist das Teilnahmeentgelt auf höchstens 0,50 € begrenzt. Nach § 8 Gewinnspielsatzung ist es unzulässig, zu wiederholter Teilnahme aufzufordern oder dafür Anreize zu setzen.
66
Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich (OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKommStGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670). Sie entsprechen den üblichen Portokosten, wie sie auch für die Teilnahme an herkömmlichen Gewinnspielen im Einzelhandel aufgewendet werden müssen, bei denen die Gewinner aus den Einsendern der richtigen Antwort durch Los und damit zufallsabhängig bestimmt werden. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags. Zudem werden Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen im Rundfunk maßgeblich durch ihren Show- und Unterhaltungscharakter geprägt, so dass sie in dem durch § 8a RStV festgelegten Entgeltrahmen als Unterhaltungsspiele anzusehen sind.
67
(cc) Durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt werden die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags nicht beeinträchtigt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich , dass die fraglichen Spiele ein höheres Suchtpotential als die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Spiele haben (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group). Sie können infolgedessen auch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV führen.
68
(f) Die Revision hat auch keine Vollzugsdefizite des Glücksspielstaatsvertrags in Nordrhein-Westfalen dargelegt, aus denen sich eine Inkohärenz des Internetverbots jedenfalls für dieses Bundesland ergeben würde. Die pauschale Behauptung von Verstößen staatlich beherrschter Anbieter gegen die Werbebeschränkungen des Glücksspielstaatsvertrags reicht dafür nicht aus. Im Übrigen ist nach § 5 GlüStV die Werbung für erlaubte Glücksspiele außerhalb von Fernsehen, Internet und Telekommunikationsanlagen nicht generell unzulässig, sondern unter bestimmten – engen – Voraussetzungen gestattet. Über die Auslegung dieser Voraussetzungen bei konkreten Werbemaßnahmen kann bis zu einer gerichtlichen Klärung Unsicherheit bestehen. Das vermag jedoch keine unionsrechtliche Inkohärenz des allgemein und eindeutig geltenden Internetverbots zu begründen.
69
ee) Das Internetverbot begegnet ferner unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit keinen unionsrechtlichen Bedenken.
70
Das Unionsrecht verlangt, dass Beschränkungen im Glücksspielsektor nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele erforderlich ist (vgl. EuGH, EuZW 2007 Rn. 49 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Dabei ist es jedoch Sache jedes Mitgliedstaats zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Glücksspieltätig- keiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen. In diesem Zusammenhang kommt es für die Erforderlichkeit der erlassenen Maßnahmen allein auf die von den betreffenden nationalen Stellen verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau an (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 58 - Carmen Media Group). Dagegen wird nicht verlangt, dass eine von einem Mitgliedstaat erlassene beschränkende Maßnahme einer von allen Mitgliedstaaten geteilten Auffassung in Bezug auf die Modalitäten des Schutzes des fraglichen berechtigten Interesses entspricht (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2009 - C-518/06, Slg. 2009, I-3491 Rn. 83 ff. - Kommission/ Italien). Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union gerade auch im Zusammenhang mit dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV betont (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 104 - Carmen Media Group).
71
Die deutschen Bundesländer konnten es deshalb im Hinblick auf die besonderen Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet (vgl. oben Rn. 43) für erforderlich halten, diesen Vertriebsweg im Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags vollständig auszuschließen. Dieses Ergebnis ließ sich nur durch das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erreichen, nicht dagegen durch weniger einschneidende Reglementierungen des Vertriebskanals Internet.
72
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar ein mitgliedstaatliches Verbot des Vertriebs von Kontaktlinsen über das Internet als nicht erforderlich und damit als unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit angesehen (EuGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 - C-108/09, GRUR 2011, 243 Rn. 58, 65 ff., 75 - Ker-Optica). Anders als in jenem Fall sind die das Verbot des Internetvertriebs von Glücksspielen rechtfertigenden Gefahren aber unmittelbar und zwangsläufig mit dem Medium Internet verbunden (etwa mangelnde soziale Kontrolle wegen Anonymität, permanente Spielmöglichkeit, besondere Be- quemlichkeit der Spielteilnahme). Sie lassen sich daher nicht durch begleitende Erläuterungen während des Spiels ausräumen.
73
5. Die Unlauterkeit des Glücksspielangebots der Beklagten entfällt nicht deswegen, weil der Beklagten zu 1 in Gibraltar eine Genehmigung erteilt worden ist, Glücksspiele im Internet gegen Geldeinsatz anzubieten.
74
Bereits am 8. September 2009 und damit mehr als sechs Monate vor der Berufungsverhandlung hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich entschieden, dass sich Wettunternehmen nicht auf eine durch einen anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis berufen dürfen, um Glücksspiele in einem anderen Mitgliedstaat entgegen einem dort bestehenden Verbot über das Internet anzubieten (EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 73 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional). In dem nicht harmonisierten Gebiet des Glücksspielrechts gibt es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts keine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den verschiedenen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse (EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 - C-258/08, EWS 2010, 185 Rn. 32 f. - Sporting Exchange; EuGH, WRP 2010, 1338 Rn. 112 - Markus Stoß u.a.).
75
6. Der Streitfall gibt keinen Anlass zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV. Der Gerichtshof hat wiederholt betont, dass die unionsrechtliche Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall Sache der nationalen Gerichte ist (vgl. EuZW 2007, 209 Rn. 58 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group). Die für diese Prüfung maßgeblichen Grundsätze des Unionsrechts hat er in einer Vielzahl von Entscheidungen geklärt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 14 - C.I.L.F.I.T.).
76
Das gilt insbesondere für § 4 Abs. 4 GlüStV (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 98, 105 - Carmen Media Group). Dabei war dem Gerichtshof auch die für Pferdewetten geduldete Ausnahme bekannt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 98 - Carmen Media Group - in Verbindung mit dem Vorlagebeschluss des VG Schleswig, ZfWG 2008, 69, 74, und der dort erfolgten Bezugnahme auf die Ausführliche Stellungnahme der Kommission im Notifizierungsverfahren, S. 1 u., 3 bei Ziff. 2.2, Anlage 1 a zum Entwurf des Gesetzes des Landes NordrheinWestfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Sie hat dem Gerichtshof aber keinen Anlass zu Zweifeln an der Kohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV gegeben.
77
IV. Entgegen der Auffassung der Revision besteht der Unterlassungsanspruch bundesweit, obwohl die Klägerin nur in Nordrhein-Westfalen tätig ist. Denn das Verhalten der Beklagten ist im Streitfall - anders als in dem vom Senat am 14. Februar 2008 entschiedenen Fall (I ZR 207/05, BGHZ 175, 238 Rn. 28 - ODDSET) bundesweit als unlauterer Wettbewerb anzusehen. Das Internetverbot des § 4 und die Werbebeschränkungen des § 5 Glücksspielstaatsvertrag gelten gemäß § 24 GlüStV in Verbindung mit den Ausführungsgesetzen der Länder einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Die von der Revision vertretene Annahme eines lediglich regionalen Unterlassungsanspruchs würde dann zu dem nicht praktikablen Ergebnis führen, dass der räumliche Geltungsbereich des wettbewerblichen Anspruchs für jeden als Anspruchsteller auftretenden Wettbewerber selbständig bestimmt werden müsste (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 - I ZR 141/08, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken).
78
V. Der Unterlassungsantrag geht auch nicht deshalb zu weit, weil er auch Online-Gewinnspiele mit einem Höchsteinsatz von 50 Cent für das einzelne Spiel und Poker in der Version „Texas hold’em“ erfasst.
79
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, selbst wenn der Einsatzvon 50 Cent für das einzelne Spiel unerheblich sein möge, handele es sich bei den Online-Gewinnspielen der Beklagten um Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 GlüStV. Denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Spieler auf ein einzelnes Spiel beschränke. Den Regulierungen des Glücksspielrechts liege die empirisch gestützte Einschätzung zugrunde, dass ein Spielteilnehmer typischerweise gerade nicht geringfügige Verluste hinnehme und das Spiel beende, sondern sich erhoffe, durch eine Fortsetzung des Spiels den Verlust nicht nur wieder auszugleichen, sondern darüber hinaus den von Anfang an erhofften Gewinn zu erzielen. Diese Erwägungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision auch nicht angegriffen. Die Revision verweist insbesondere auf keinen Vortrag der Beklagten, dass sie dem wiederholten Spiel eines Spielers nach Aufruf ihres Internetangebots durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken.
80
2. In Übereinstimmung mit jüngerer Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (OVG Münster, MMR 2010, 350; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2010, 104) hat das Berufungsgericht angenommen, Poker in der Variante „Texas hold’em“ sei ein Glücksspiel gemäß § 3 Abs. 1 GlüStV, weil der Gewinn überwiegend vom Zufall abhänge. Denn der Gewinn eines Spielers richte sich danach, ob seine Mitspieler früher ausstiegen als er und welche Karten sie letztlich offenlegten. Auch der Erfolg eines Bluffs sei von der aus Sicht des Spielers, der dieses Mittel nutze, ungewissen Reaktion der Mitspieler abhängig. Zwar stünden die im Falle des Showdowns schließlich aufzudeckenden Karten bereits vorher fest, der jeweilige Spieler könne davon aber keine sichere Kenntnis haben.
81
Die Revision zeigt keinen Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts auf. Dabei ist von Bedeutung, dass entsprechend dem gesetzlichen Schutzzweck für die glücksspielrechtliche Beurteilung nicht mehr als durchschnittliche Fähigkeiten eines Spielers maßgeblich sind (vgl. OVG Münster, MMR 2010, 350, 351; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2010, 104). Unerheblich ist, ob professionelle Spieler oder geübte Amateure, die sich gegebenenfalls auch Lehrbuchwissen angeeignet haben, ihre Erfolgschancen steigern können. Das Berufungsgericht hat auch die Möglichkeit eines bewussten Bluffs und deren Auswirkungen auf das Spielerverhalten berücksichtigt. Soweit die Revision im Übrigen auf ihren instanzgerichtlichen Vortrag verweist, versucht sie lediglich, ihre Tatsachenwürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen.
82
VI. Da der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag begründet ist, hat das Berufungsgericht auch die darauf rückbezogenen Anträge auf Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 9 UWG) zu Recht zugesprochen.
83
1. Die Feststellung der Ersatzpflicht im gerichtlichen Verfahren setzt voraus , dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Dafür reicht es aus, dass aufgrund des festgestellten Sachverhalts ein Schaden zumindest denkbar und möglich erscheint, wobei ein großzügiger Maßstab geboten ist (BGH, Urteil vom 6. März 2001 - KZR 32/98, GRUR 2001, 849, 850). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Es ist nach der Lebenserfahrung jedenfalls denkbar und möglich, dass das Internetangebot der Beklagten, insbesondere wegen seiner großen Bequemlichkeit und Anonymität, Spielinteressierte in Nordrhein-Westfalen davon abgehalten hat, Spielmöglichkeiten bei der Klägerin im herkömmlichen Vertrieb zu nutzen. Das gilt auch, soweit die Beklagten Online-Casinospiele anbieten.
84
2. Das Berufungsgericht hat ein Verschulden der Beklagten für den hier allein erheblichen Zeitraum ab dem 26. März 2008 zutreffend mit der Erwägung bejaht, die Rechtslage sei mit dem Inkrafttreten des Verbots für das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) hinreichend geklärt worden. Die Beklagten mussten jedenfalls ernsthaft damit rechnen , dass das zuständige Gericht einen Wettbewerbsverstoß annehmen werde. Die Kommission hatte zwar Ende Januar 2008 eine Untersuchung unter anderem über die Vereinbarkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV mit dem Unionsrecht eingeleitet und dazu am 31. Januar 2008 eine Pressemitteilung veröffentlicht (IP/08/119). Das Ergebnis dieser Untersuchung und eines ihr gegebenenfalls folgenden Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union war aber völlig offen. Deutschland hatte bereits für den Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags näher begründet, warum das Internetverbot unionsrechtlich zulässig sei. Soweit ersichtlich, hat die Kommission die Sache auch nicht weiterverfolgt und keine mit Gründen versehene Stellungnahme im Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV abgegeben.
85
C. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
RiBGH Pokrant ist in Kur und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Bornkamm Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2009 - 31 O 599/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 12.05.2010 - 6 U 142/09 -

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 1120/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 18. April 2012 wird ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner angeordnet, soweit diese Verfügung das terrestrische Sportwettenangebot der Antragstellerin betrifft.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die in Österreich ansässige Antragstellerin veranstaltet über die Internetseite ... Sportwetten und betreibt Werbung hierfür. Weiter bietet sie in einer Annahmestelle in ... über Vermittler Sportwetten an. Mit auf § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der bis zum 30.06.2012 gültigen Fassung (im Folgenden: GlüStV a.F.) gestützten Verfügung vom 18.04.2012 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin, in Baden-Württemberg unerlaubt öffentliches Glücksspiel zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), gab ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und drohte für den Fall, dass die Antragstellerin den Verpflichtungen aus Ziffern 1 und 2 der Verfügung nicht binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR an (Ziff. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Glücksspiel in Baden-Württemberg erfolge ohne die erforderliche Erlaubnis. Eine solche könne sowohl für die im Internet als auch für die terrestrisch angebotenen Glücksspiele auch nicht erteilt werden, da die Antragstellerin Glücksspiel über das Internet veranstalte bzw. vermittle, dies aber nach § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. nicht zulässig sei. Das Anbieten von Glücksspiel über das Internet unter Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages führe dazu, dass die Antragstellerin auch für das terrestrisch angebotene Glücksspiel als unzuverlässig anzusehen sei, so dass auch hier von vornherein eine Erlaubnisfähigkeit ausscheide. Das Glücksspielangebot verstoße auch gegen weitere Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und sei damit sowohl im Hinblick auf den terrestrischen Bereich als auch im Internet nicht erlaubnisfähig. Die Antragstellerin biete bei Sportwetten sowohl im Internet als auch terrestrisch unter Verstoß gegen § 21 GlüStV a.F. Wetten auf Einzelereignisse innerhalb der Sportveranstaltung an. Ebenso biete sie Wetten während des laufenden Sportereignisses an. Das Angebot der Antragstellerin sei auch wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 GlüStV a.F. nicht zulässig. Denn sie biete auf ihrer Internetseite Spielern Boni in Höhe von bis zu 80 % des Gewinnes an, wenn diese auf mindestens fünf Ereignisse gleichzeitig wetteten. Dies sei mit dem Verbot der Anreizwerbung und der in § 1 GlüStV a.F. verankerten Zielsetzung nicht vereinbar. Weiter stehe der Zulässigkeit des Angebots der Antragstellerin entgegen, dass bei den Spielen im Internet der Jugendschutz nicht sichergestellt sei. Ein Spieler müsse nur erklären, 18 Jahre oder älter zu sein, überprüft werde dies aber erstmals bei Auszahlung etwaiger Gewinne, wobei Gewinne von Minderjährigen nicht einmal ausbezahlt würden. Mit der Internetseite werbe die Antragstellerin gleichzeitig für unerlaubtes Glücksspiel, was gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. verboten sei, gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. sei Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verboten. Auch die Werbung für ihr Angebot im Sportwettbüro verstoße gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a.F.. Zugleich verstoße sie damit gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a.F..
Die Antragstellerin hat hiergegen am 10.05.2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und gleichzeitig beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verfügung anzuordnen. Mit Beschluss vom 15.11.2012 hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt.
Nach Inkrafttreten des neuen Glückspielstaatsvertrages zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages vom 10.07.2012 - GBl. 2012 S. 515, im Folgenden: GlüStV n.F.) hat die Antragstellerin eine Konzession nach §§ 4a ff., 10 a GlüStV n.F. beantragt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 S. 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 4 VwGO), geben dem Senat insoweit Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 18.04.2012 insoweit anzuordnen (2.). Im Übrigen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg (1.).
Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages zugrundelegen. Zwar kommt es für die Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage an, deren Gegenstand die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Antragsgegners vom 18.04.2012 im gesamten Zeitraum seit ihrem Erlass ist, nachdem die Antragstellerin bislang ihren Klageantrag nicht zeitlich begrenzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Die angefochtene Verfügung trifft auch eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61 bis 63/12 -, juris). Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, a.a.O.). Nachdem aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass von der angefochtenen Verfügung für die Vergangenheit der Antragstellerin nachteilige Rechtswirkungen ausgehen, welche die rückwirkende Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würden, ist der Antrag der Antragstellerin dahingehend zu verstehen (§ 88 VwGO), dass diese Vollstreckungsschutz nur für die Zukunft geltend macht, sodass auch nur die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage ex nunc und damit unter Zugrundelegung des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages zu beurteilen sind.
1. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin wird voraussichtlich für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum keinen Erfolg haben, soweit ihr Sportwettenangebot im Internet betroffen ist.
Der Antragsgegner hat die angefochtene Verfügung auf § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 GlüStV a.F. gestützt. § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. entspricht dieser Regelung. Danach kann der Antragsgegner u.a. die Veranstaltung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die Untersagung der Veranstaltung ist rechtmäßig, wenn der Veranstalter keine Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen hat und deren Veranstaltung auch nicht erlaubnisfähig ist, es sei denn, die fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte durch Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.10.2012 - a.a.O.; Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 4.10 -, juris).
Die Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats vor. Die Antragstellerin verfügt über keine Erlaubnis des Antragsgegners zur Veranstaltung von Sportwetten im Internet. Dass die (behauptete) österreichische Sportwettenkonzession der Antragstellerin nicht ausreichend ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Die Veranstaltung von Sportwetten durch die Antragstellerin über das Internet laufen auch dem materiell-rechtlichen Verbot des § 4 Abs. 3 S. 2, 3 GlüStV n.F. zuwider (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Nach dieser Vorschrift ist die Teilnahme von Minderjährigen an öffentlichen Glücksspielen unzulässig. Die Veranstalter haben sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind. Der Antragsgegner hat aber festgestellt, dass nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin ein Spieler zwar erklären muss, 18 Jahre oder älter zu sein. Dies werde aber nicht überprüft. Eine Überprüfung des Alters finde erstmals bei Auszahlung von etwaigen Gewinnen statt. Minderjährige könnten demnach durch die unwahre Angabe, 18 Jahre oder älter zu sein, an den angebotenen Glücksspielen teilnehmen, was in der Anonymität des Internets besonders leicht sei. Wenn die Minderjährigen verlieren würden, komme dies dem Anbieter zugute. Wenn die Minderjährigen gewinnen würden, würden die Gewinne nicht ausbezahlt. Dem ist die Antragstellerin weder im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Die damit fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte auch nicht durch Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen.
Der Antragsgegner hat die Untersagungsverfügung insoweit auch ermessensfehlerfrei erlassen. Er hat insbesondere den Gesichtspunkt des Jugendschutzes bereits in der Untersagungsverfügung selbständig tragend berücksichtigt. § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. entsprechen § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV a.F. (ebenso: § 27 Abs. 1 GlüSpG Schleswig-Holstein), so dass sich auch nicht die Frage stellt, ob die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft (geworden) ist, weil die Ermessenserwägungen einer veränderten Rechtslage nicht Rechnung tragen und ob und inwieweit bei unveränderter Rechtslage ein Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen möglich ist und im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden darf.
10 
Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Verfügung auch insoweit rechtmäßig, als die Werbung für dieses unerlaubte Glücksspiel untersagt wird (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV n.F., entsprechend § 5 Abs. 4 GlüStV a.F.), ohne dass es darauf ankommt, ob die Antragstellerin auch noch gegen § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. (vgl. § 5 Abs. 3 GlüStV a.F.) verstößt.
11 
2. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin wird aber voraussichtlich für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum Erfolg haben, soweit ihr terrestrisch vertriebenes Sportwettenangebot betroffen ist. Nach § 9 Abs. 1 S. 2 GlüStV n.F. (entsprechend: § 9 Abs. 1 S. 2 GlüStV a.F.) kann der Antragsgegner die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleibt und damit der Antragstellerin auch den Vertrieb der von ihr veranstalteten Sportwetten über Vermittlungsstellen in Baden-Württemberg sowie hierauf bezogene Werbung untersagen.
12 
Die Voraussetzungen hierfür liegen aber nicht vor. Der Senat geht davon aus, dass eine Sportwettenveranstaltungskonzession nach §§ 4 a ff. GlüStV n.F. auch den Vertrieb dieser Sportwetten über eine zugelassene Vermittlungsstelle nach § 10 a Abs. 5, 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV n.F. umfassen würde. Fehlt es - wie hier - an einer solchen Veranstaltungserlaubnis, stellt sich - wie oben ausgeführt - bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung zunächst die Frage nach der Erlaubnisfähigkeit.
13 
Hiervon ist aber auszugehen. Insbesondere ergibt sich aus den Feststellungen des Antragsgegners kein Verstoß des terrestrischen Sportwettenangebots der Antragstellerin gegen § 21 GlüStV n.F.. Nach § 21 Abs. 4 S. 2 GlüStV n.F. sind Wetten während laufender Sportereignisse zwar unzulässig. Nach § 21 Abs. 4 S. 3 Hs. 1 GlüStV n.F. können davon abweichend aber Sportwetten, die Wetten auf das Endergebnis sind, während des laufenden Sportereignisses zugelassen werden. Der Antragsgegner hat lediglich festgestellt, dass die Antragstellerin Wetten während des laufenden Sportereignisses anbietet, aber nicht, ob es sich um zulässige Endergebniswetten i.S.d. § 21 Abs. 4 S. 3 Hs. 1 GlüStV n.F. handelt oder um während eines Sportereignisses nicht zulässige Wetten auf einzelne Vorgänge (Ereigniswetten). Insoweit hat der Antragsgegner zwar festgestellt, dass die Antragstellerin Wetten auf Einzelereignisse innerhalb der Sportveranstaltung anbietet, aber nicht, ob sie dies auch während eines Sportereignisses macht (vgl. auh § 21 Abs. 1 S. 1: erlaubnisfähige Wetten auf die den Ausgang von Abschnitten von Sportereignissen). Weitere Feststellungen, die eine Untersagung des terrestrischen Angebots der Antragstellerin rechtfertigten, hat der Antragsgegner nicht getroffen.
14 
Soweit der Antragsgegner darüber hinaus darauf abstellt, dass der Antragstellerin derzeit eine Erlaubnis nach §§ 4 Abs. 5, 4 a ff., 10 a GlüStV n.F. nicht erteilt werden kann, weil sie auch nicht erlaubtes und nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel anbietet (s. dazu unter 1.), verkennt er, dass die Einhaltung der Verpflichtung des Konzessionsbewerbers, kein (sonstiges) unerlaubtes Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln (§ 4 b Abs. 2 S. 3 Ziff. 6 GlüStV n.F.), nach der eigenen Regelungskonzeption des neuen Glücksspielstaatsvertrages (zunächst) durch Nebenbestimmungen zur Konzession sicherzustellen ist (§ 4 c Abs. 2 GlüStV n.F.), aber keine Untersagungsverfügung rechtfertigt (vgl. bereits Senat, a.a.O.).
15 
Die angefochtene Verfügung ist voraussichtlich auch insoweit rechtswidrig, als sie der Antragstellerin Werbung für den Vertrieb ihrer terrestrischen Produkte untersagt. Unter der Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages liegt unerlaubtes Glücksspiel, dessen Bewerbung untersagt werden darf (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV n.F.), nicht vor, wenn das Angebot erlaubnisfähig ist (Senat, Beschl. vom 19.11.2012, a.a.O.). Ob für das terrestrische Angebot der Antragstellerin auch im Internet geworben wird und damit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. erfüllt sein könnten, lässt sich den Feststellungen des Antragsgegners nicht entnehmen.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
17 
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
18 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2010 - 3 K 2940/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 VwGO), ergibt sich nicht, dass abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.10.2009 anzuordnen ist.
Nach den Feststellungen des Antragsgegners ist die Antragstellerin eine in Malta ansässige und dort über entsprechende glücksspielrechtliche Erlaubnisse verfügende Gesellschaft. Sie tritt im Internet unter ... und ... auf und bietet ihre Produkte, d. h. Sportwetten, Casinospiele und Poker, ausschließlich über das Internet für Kunden in der ganzen Welt an und betreibt hierfür Werbung im Internet. Mit der Verfügung vom 02.10.2009 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin - soweit im vorliegenden Verfahren streitig - jegliche Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV und die Werbung hierfür (Ziff. 1). Ferner gab das Regierungspräsidium ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung der vorbezeichneten Tätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2). Für den Fall, dass die Antragstellerin den Verpflichtungen aus Nrn. 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nicht nachkommen sollte, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht (Ziff. 3). In der Begründung wird der Tenor der Verfügung dahingehend präzisiert, dass sich die Verfügung auf alle von der Antragstellerin betriebenen Internetauftritte erstreckt, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben wird und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist. Davon sind auch das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin ausgegangen.
Maßgeblich für die vorzunehmende Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO ist der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. Im gegenwärtigen Zeitpunkt überwiegt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - das öffentliche Interesse an dem gesetzlich angeordneten Sofortvollzug der Untersagungsverfügung das private Interesse der Antragstellerin, vom Sofortvollzug einstweilen verschont zu bleiben. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht Überwiegendes dafür, dass sich die streitgegenständliche Untersagungsverfügung weiterhin im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird, weil die Antragstellerin im Internet unerlaubtes Glücksspiel veranstaltet und dafür wirbt. Sie verfügt weder über die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis noch wäre ihr eine solche nach gegenwärtiger Rechtslage voraussichtlich zu erteilen.
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBl. S. 571) - GlüStV -. Danach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist gemäß § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland - AG-GlüStV - vom 04.03.2008 (GBl. S. 81) die für die Durchführung des Glücksspielstaatsvertrags in Baden-Württemberg zuständige Behörde, denn Glücksspiel wird dort veranstaltet, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird (§ 3 Abs. 4 GlüStV). Die in Malta ansässige Antragstellerin ermöglicht Spielern in Baden-Württemberg durch ihr Internetangebot die Teilnahme am Glücksspiel und wirbt dafür. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Antragsgegner bereits deshalb zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiert. Maßgeblich ist nicht nur der Ort der Störungshandlung, sondern auch derjenige, an dem sich die polizeiliche Gefahr auswirkt bzw. die polizeilich geschützten Interessen gefährdet oder verletzt werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 19.08.2008 - 6 S 108/08 - m.w.N.). Auf die von der Antragstellerin vorgetragene „Einhaltung völkerrechtlicher Grundsätze“ kommt es in diesem Zusammenhang ebenso wenig an wie auf das „bei ausstrahlender Wirkung einer Maßnahme zu beachtende Territorialitätsprinzip“.
Die Untersagungsverfügung ist gegenüber der Antragstellerin durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden (§ 43 LVwVfG). Nach § 41 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Diese Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut offen und beschränkt sich nicht auf eine Bekanntgabe im Inland. Lediglich in § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG wird die Bekanntgabefiktion mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post auf das Inland beschränkt. Dass eine Bekanntgabe auch im Ausland möglich ist, ergibt sich schon aus § 41 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, wo es heißt, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben gilt. Der Antragstellerin ist der streitgegenständliche Bescheid mittels Einschreiben/Rückschein zugesandt worden und ihr tatsächlich zugegangen, was sie auch nicht in Abrede stellt. Er ist ihr damit wirksam bekannt gegeben worden. Eine andere hier nicht zu klärende Rechtsfrage ist es, inwieweit die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes durch förmliche Zustellung (§ 41 Abs. 5 LVwVfG) im Ausland zulässig wäre. Denn diese Art der Bekanntgabe hat der Antragsgegner gerade nicht gewählt, so dass auf die in diesem Zusammenhang vorgetragenen - auch völkerrechtlichen - Einwendungen der Antragstellerin, wiederum ungeachtet der Beantwortung der Frage, ob sich die Antragstellerin insoweit überhaupt auf völkerrechtliche Vorschriften berufen könnte, nicht einzugehen ist.
Die Antragstellerin veranstaltet öffentliches Glücksspiel. Dies gilt nicht nur für den Bereich der Sportwetten, sondern darüber hinaus auch für die über die Internetseiten ... und ... entgegen den Angaben der Antragstellerin nach wie vor angebotene Teilnahme an Poker- und Kasinospielen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass auch die von der Antragstellerin angebotene Pokervariante des „Texas Hold’em“ als Glücksspiel anzusehen ist. Denn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel bereits dann vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Der Erfolg beim Pokerspiel hängt trotz der dem Pokerspiel eigenen Möglichkeiten, den Ausgang des Spiels durch geschicktes Taktieren zu beeinflussen, zunächst davon ab, ob die zufällig erhaltenen Karten geeignet sind, eine gewinnträchtige Pokerhand zu bilden (OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.08.2009 - 11 ME 67/09 -, juris, Rdnr. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - 13 B 676/10 -, juris, Rdnrn. 45 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug.
Das Glücksspiel ist unerlaubt, weil der Antragstellerin die hierfür erforderliche Erlaubnis für Baden-Württemberg, wie sie § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV voraussetzt, fehlt. Der beschließende Senat lässt es dahingestellt, ob das in § 10 GlüStV normierte (faktische) Glücksspielmonopol mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 08.09.2010 - C-409/06 -, NVwZ 2010, 1419; - C-316/07 -,NVwZ 2010, 1409 ; - C-46/08 -, NVwZ 2010, 1422) den unionsrechtlichen Anforderungen weiterhin gerecht wird, wovon er bislang ausgegangen ist. Denn auch bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit, die jedenfalls zu einer Nichtanwendung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV führen würde, fehlt es der Antragstellerin an der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde zur Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels. Der unter „Allgemeine Bestimmungen“ aufgenommene Erlaubnisvorbehalt erstreckt sich auf jeden Veranstalter öffentlichen Glücksspiels und hat nicht nur das Land als Veranstalter im Blick. Erst durch die Verknüpfung in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, wonach Private keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV bekommen, wird das Glücksspielmonopol begründet. Es handelt sich deshalb, wie der Senat mehrfach hervorgehoben hat, um ein (nur) faktisches Monopol (vgl. Senatsurteil vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24, 26). Sollten die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur unionsrechtsrechtlichen Unzulässigkeit des Glücksspielmonopols führen, wäre weiterhin eine Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels erforderlich. Dass die Begründung eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, wie es der Glücksspielstaatsvertrag vorsieht, mit Verfassungsrecht vereinbar ist, hat das Bundesverfassungsgericht geklärt (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -; ZfWG 2008, 351). Auch der EuGH hält ein solches Erlaubnissystem grundsätzlich mit Art. 43, 49 EG (nunmehr Art. 49 und 56 AEUV) vereinbar, wenn es angesichts der mit ihm verbundenen Beschränkungen des Rechts auf die freie Erbringung von Dienstleistungen oder des Rechts auf freie Niederlassung den insoweit in der Rechtsprechung insbesondere in Bezug auf seine Diskriminierungsfreiheit und seine Verhältnismäßigkeit aufgestellten Erfordernissen genügt (EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , Rdnr. 114; Urteil vom 06.03.2007 - C-338/04 -, ZfWG 2007, 125). Eine solche nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis ist der Antragstellerin für Baden-Württemberg nicht erteilt worden.
10 
An dem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlüStV ändert auch die der Antragstellerin in Malta erteilte Erlaubnis nichts. Wie der Senat bereits mehrfach herausgestellt hat, kann eine solche Erlaubnis nicht kraft Unionsrechts automatisch auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (Urteil vom 10.12.2009, a.a.O., S. 42 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaates verfügt (EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , Rdnr. 113).
11 
Selbst wenn das Glücksspielmonopol als solches gegen Unionsrecht verstoßen sollte, könnte der Antragstellerin eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV voraussichtlich nicht erteilt werden (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2010 - 1 S 204.10 -, juris, Rdnrn. 11 ff.; OVG Koblenz, Beschluss vom 08.12.2010 - 6 B 11013/10 -, juris, Rdnr. 8), weil sie Glücksspiele über das Internet anbietet. § 4 Abs. 4 GlüStV sieht ausdrücklich vor, dass das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele imInternet verboten ist. Dieses Verbot ist angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers entgegen der Ansicht der Antragstellerin geeignet und verhältnismäßig, problematisches Spielverhalten einzudämmen und ist sowohl mit Verfassungsrecht als auch Unionsrecht vereinbar. Dabei sind die Besonderheiten und die Gefährlichkeit des Glücksspiels im Internet zu berücksichtigen.
12 
Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu aus, dass das Spielen per Internet durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet sei. Hinzu komme ein beispielsweise im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet sei, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes - und möglichen Verlustes von Geld - in den Hintergrund treten zu lassen. Hinzu komme, dass nach wie vor erhebliche Bedenken bestünden, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lasse (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.).
13 
Das Internetverbot ist unter diesen Gesichtspunkten mit Verfassungsrecht vereinbar. Es verstößt insbesondere nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach zum staatlichen Glücksspielmonopol entschieden, dass der damit verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit durch überragend wichtige Gemeinwohlziele - Schutz der Bevölkerung , insbesondere Kinder und Jugendlicher, vor den Gefahren der Spielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität - gerechtfertigt ist. Selbst die schwerwiegenden Beschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit, zu denen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet führt, sind angesichts der Spielsuchtprävention und somit eines Gemeinwohlbelangs von hohem Rang nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). In diesem Zusammenhang kann dahin stehen, ob sich die Antragstellerin als ausländische juristische Person des Privatrechts (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 3 GG) mit Sitz in Malta überhaupt unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen könnte oder lediglich auf Art. 2 Abs.1 GG zu verweisen wäre. Denn das Bundesverfassungsgericht hat ausländischen juristischen Personen in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich die im Grundgesetz verankerten sogenannten prozessualen Grundrechte zuerkannt, die hier nicht in Rede stehen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 27.12.2007 - 1 BvR 853/06 -, juris).
14 
Der Europäische Gerichtshof billigt ebenfalls eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird; er sieht diese grundsätzlich als geeignet an, die Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt. Begründet wird dies mit der Förderung der Spielsucht durch die leichte Zugänglichkeit des Internets, der potenziell großen Menge und Häufigkeit des Angebots, der Anonymität des Spielers und durch die fehlende soziale Kontrolle (EuGH, Urteil vom 08.09.2010 Rdnrn. 99 ff.; Urteil vom 08.09.2009 - C 42/07 -, Rdnrn. 70f., NJW 2009, 3221).
15 
Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV dürfte insbesondere nicht gegen das vom Europäischen Gerichtshof geforderte Kohärenzgebot bei einer Einschränkung der mangels Niederlassung der Antragstellerin im Bundesgebiet hier allein in Betracht kommenden (EuGH, Urteil vom 08.09.2009 , Rdnr. 46) Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) durch nationales Recht verstoßen. Wie der Antragsgegner zu Recht hervorgehoben hat, sind im Internet generell Glücksspiele und die Werbung hierfür verboten. Damit ist von vornherein klargestellt, dass sich das Verbot sowohl an nationale als auch an mitgliedstaatliche Veranstalter gleichermaßen richtet. Das Verbot dürfte auch systematisch und kohärent sein. Dies gilt auch für den Fall einer Gesamtbetrachtung aller Glücksspiele, ohne nur auf den Sektor der Sportwetten abzustellen. Die §§ 33c ff. GewO, die die Zulässigkeit von Geldspielgeräten regeln, gelten bereits nach ihrem Wortlaut nur für die Aufstellung stationärer Geräte und sind aller Voraussicht nach nicht auf Spiele im Internet, die diesen Spielgeräten nachgebildet sind, anwendbar. § 2 Abs. 2 RennwLottG verlangt das Vorliegen einer Örtlichkeit, für welche die Erlaubnis erteilt wird. Eine solche Örtlichkeit dürfte das Internet gerade nicht darstellen. Im Übrigen handelt nach dem RennwLottG derjenige ordnungswidrig, der als Buchmacher oder dessen Gehilfe außerhalb der Örtlichkeiten, für welche die Erlaubnis erteilt ist, Wetten abschließt oder vermittelt oder Angebote dazu entgegennimmt (§ 7 Abs. 1 RennwLottG). Der Antragsgegner hat deshalb nach eigenen Angaben auch eine solche Erlaubnis in keinem Fall erteilt. Gleiches dürfte auch für Spielbanken gelten, die ebenfalls einen örtlichen Bezug zu Gebäuden und Räumen, in denen die Spielbank betrieben werden darf, aufweisen (z. B. §§ 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die öffentlichen Spielbanken in Baden-Württemberg; vgl. zum Vorstehenden auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2010 - 11 MC 429/10 -, juris, Rdnr. 32).
16 
Da die Antragstellerin weder im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV ist noch ihr eine solche wegen des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV voraussichtlich erteilt werden könnte, ist das Glücksspiel unerlaubt. Seine Veranstaltung und Vermittlung durfte somit untersagt werden.
17 
Das ebenfalls ausgesprochene Werbeverbot im Internet wurde von der Antragstellerin mit der Beschwerde nur insoweit angegriffen, als „fortdauernde Verstöße der staatlichen Lotteriegesellschaften“ gerügt und auf „zur Absatzförderung geeignete Äußerungen“ im Internet verwiesen und damit eine kohärente und konsistente Vorgehensweise verneint wurde. Damit wird der Sache nach ein Verstoß der Lottogesellschaften gegen § 5 Abs. 3 GlüStV geltend gemacht. Bei dieser Argumentation übersieht die Antragstellerin, dass sie - wie oben ausgeführt - unerlaubtes öffentliches Glücksspiel veranstaltet, das bereits nach § 5 Abs. 4 GlüStV nicht beworben werden darf, so dass auf § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zurückzugreifen ist.
18 
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es ihr auch keineswegs unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung als Verbotsverfügung nachzukommen. Diese ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG). Der Antragstellerin wird in der Verfügung vorgehalten, dass sie über das Internet der Öffentlichkeit den Zugang zu unerlaubtem Glücksspiel ermögliche. Diese Handlung, nämlich die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet und die Werbung hierfür wird ihr untersagt. In welcher Form und über welche Maßnahmen die Antragstellerin dem Verbot nachkommen will, bleibt ihr nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Verfügung ausdrücklich überlassen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.07.2009 - 6 S 1565/09 -, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Hierfür kommt etwa die Geolokalisation ihrer Internetseite als Möglichkeit in Betracht (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - 13 B 676/10, juris, Rdnr. 43) oder auch die Anbringung eines disclaimers auf ihrer Internetseite (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.11.2007 - 6 S 2223/07 -, juris, Rdnr. 23). Erwartet wird von der Antragstellerin, dass entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Entscheidend ist danach allein, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Antragstellerin nicht mehr angenommen werden können und keine Werbung für diese Angebote erfolgt. Von einer technischen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Umsetzung der Untersagungsverfügung kann deshalb nicht - wie von der Antragstellerin befürchtet - ausgegangen werden. Soweit die Beschwerdeschrift weiter rügt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der datenschutzrechtlichen Problematik auseinandergesetzt, fehlt es bereits an der Darlegung im Beschwerdeverfahren, weshalb das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Antragstellerin zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die datenschutzrechtliche Problematik erfasst, die Bedenken der Antragstellerin jedoch nicht geteilt (BA S. 10 oben).
19 
Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Antragsgegner das ihm eröffnete Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat und seine Erwägungen dem Zweck der Ermächtigung gerecht werden und die Grenzen des Ermessens nicht überschreiten (§ 114 Satz 1 VwGO).
20 
Spricht somit nach derzeitiger Rechtslage alles dafür, dass sich die streitgegenständliche Verfügung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird, überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug nach § 9 Abs. 2 GlüStV das private Interesse der Antragstellerin am weiteren Aufschub. Dieses ist darin begründet, dass durch den Sofortvollzug der Untersagungsverfügung schon vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine Beteiligung der Antragstellerin an einer Öffnung des Glücksspielmarkts im Internet für Interessierte aus Baden-Württemberg verhindert und so bereits jetzt die Nachteile und schädlichen Auswirkungen vermieden werden, die das unerlaubte Glücksspiel mit sich bringt. Die weiterhin von der Antragstellerin beantragte Zwischenregelung nach § 173 VwGO i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO bis zur Entscheidung des Senats hat sich damit erübrigt. Ebenfalls kommt die von der Antragstellerin begehrte Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die anhängigen Vorlageverfahren bzw. eine dahingehende Ruhensanordnung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes schon deshalb nicht mehr in Betracht, weil der Europäische Gerichtshof zwischenzeitlich hierüber mit Urteilen vom 08.09.2010 entschieden hat.
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 GKG.
22 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. August 2007 - 3 K 2902/06 - geändert.

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.11.2006 wiederherzustellen und anzuordnen, wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass jene lediglich insoweit wiederherzustellen und anzuordnen ist, als sie sich auch auf andere Glückspiele als Sportwetten bezieht.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das dortige Verfahren von Amts wegen sowie für das Beschwerdeverfahren jeweils auf EUR 25.000,-- festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthafte Beschwerde ist zulässig; insbesondere entspricht die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgelegte Beschwerdebegründung entgegen der Auffassung des Antragstellers auch den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Soweit der Antragsgegner geltend macht, die dem Antragsteller am 11.04.1990 vom Rat des Kreises L.-Z. erteilte Gewerbegenehmigung sei - was das Verwaltungsgericht nicht erkannt habe - nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig, lässt dieses Vorbringen durchaus erkennen, inwiefern die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung abzuändern wäre, sollte diese Rechtsauffassung zutreffen. Denn die Vermittlungstätigkeit des Antragstellers wäre dann ungeachtet der Frage, ob sich die Gewerbegenehmigung überhaupt auf die Vermittlung von Sportwetten bezieht, die von einem Wetthalter außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Genehmigungsbehörde angeboten werden, in ganz Deutschland unerlaubt, sodass er auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darauf verwiesen werden könnte, bei etwaiger fehlender praktischer Umsetzbarkeit der angefochtenen Verfügung eben sein gesamtes Internetangebot (...) vom Markt zu nehmen (vgl. BA, S. 7 f.).
Die Beschwerdebegründung genügt auch insoweit den Darlegungsanforderungen, als der Antragsgegner den vom Verwaltungsgericht geäußerten ernsthaften Zweifeln entgegentritt, ob dem Antragsteller das ihm aufgegebene Verhalten überhaupt möglich und zumutbar sei, insbesondere ausschließlich Spieler in Baden-Württemberg von seinem Internetwettangebot auszuschließen. So lässt sein Beschwerdevorbringen ohne weiteres erkennen, warum er anders als das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Antragsteller der Untersagungsverfügung entsprechen kann (vgl. insbes. S. 4, 10 f.).
Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben auch Anlass, die vom Verwaltungsgericht zum Nachteil des Antragsgegners getroffene Abwägungsentscheidung zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe abzulehnen.
Das Verwaltungsgericht hat bei der von ihm nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, der angefochtenen Untersagungsverfügung vom 17.11.2006 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig keine Folge leisten zu müssen, zu Unrecht Vorrang vor dem - nach § 80 Abs. 3 VwGO formell ordnungsgemäß begründeten - besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben. Mit dieser Verfügung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller, in Baden-Württemberg Glücksspiel und insbesondere Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1) und gab ihm auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen (Ziff. 2); gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziff. 3) und dem Antragsteller für den Fall, dass er seinen Verpflichtungen binnen zweier Wochen nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 EUR angedroht (Ziff. 4). Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat „ernsthafte Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung nicht zu erkennen.
1. Derzeit spricht auch bei Berücksichtigung der umfangreichen Ausführungen des Antragstellers mehr dafür, dass das Regierungspräsidium ihm ohne Rechts- und Ermessensfehler die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten untersagt, die Einstellung der untersagten Tätigkeiten aufgegeben und für den Fall, dass er dem nicht fristgemäß nachkomme, ein Zwangsgeld angedroht hat. Soweit sich die Verfügung darüber hinaus auf die Untersagung jeglichen Glücksspiels bezieht, dürfte sie demgegenüber mangels eines entsprechenden Erfordernisses rechtswidrig sein.
Voraussichtlich zu Recht dürfte das Regierungspräsidium seine Verfügung auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (vgl. GBl. BW 2004, 274) - LottStV - gestützt haben, wonach die zuständige Behörde die „Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels untersagen“ kann. Maßgeblich für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist insoweit, wie regelmäßig bei Dauerverwaltungsakten, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.03.2005, Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 zu § 15 Abs. 2 Satz 2 GewO m. N.); steht diese - wie hier - noch aus, ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.
Das Regierungspräsidium dürfte auch zutreffend angenommen haben, dass unter jene, sich nach dem eindeutigen Wortlaut nicht nur auf Lotterien beziehende Vorschrift auch das Vermitteln von Wetten sowie die Unterstützung solcher Tätigkeiten fällt (vgl. zu § 284 Abs. 1 StGB bereits Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181; auch BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, BVerwGE 126, 149). Auch wenn dies aufgrund des systematischen Zusammenhangs zu § 14 LottStV zu verneinen sein sollte, wäre die Untersagungsverfügung gleichwohl zu Recht gegenüber dem Antragsteller ergangen, da dieser durch das Bereitstellen entsprechender Einrichtungen (vgl. § 284 Abs. 1 3. Alt. StGB; hierzu inzwischen BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 -) - hier durch sein auch an Wettinteressenten in Baden-Württemberg gerichtetes Vermittlungsangebot im Internet - zumindest als (Mit-) Verursacher der Veranstaltung eines (dort unerlaubten) Glücksspiels i. S. des ergänzend heranzuziehenden § 6 Abs. 1 u. 3 PolG anzusehen wäre (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 09.10.2006 - 6 S 1765/06 -). Dass der Antragsteller sein Wettbüro in Sachsen betreibt und die angenommenen Sportwetten ins EG-Ausland (Gibraltar) vermittelt, ändert nichts daran, dass durch sein auch an Wettinteressenten in Baden-Württemberg gerichtetes Angebot, den Abschluss entsprechender Spielverträge auch von dort aus zu vermitteln, jene letztlich auch in Baden-Württemberg veranstaltet werden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14.03.2002, NJW 2002, 2175, Urt. v. 01.04.2004, NJW 2004, 2158). Insoweit ist daher auch eine örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe gegeben.
Zutreffend wird in der angefochtenen Verfügung von einem Glücksspiel i.S. des § 3 Abs. 1 LottStV ausgegangen. Bei den vermittelten Sportwetten handelt es sich ersichtlich nicht um Geschicklichkeitsspiele (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2002, GewArch 2003, 352; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181 m.w.N.).
10 
Voraussichtlich zu Recht wurde in der angefochtenen Verfügung auch angenommen, dass die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB erfolgt sei (vgl. Senat, Beschl. v. 28.07.2006, VBlBW 2006, 424), nachdem hierfür zu keiner Zeit eine Erlaubnis für Baden-Württemberg erteilt worden sei. Die Geltung jenes Repressivverbots hat das Bundesverfassungsgericht auch in seinem Urteil vom 28.03.2006 (NJW 2006, 1261) nicht in Frage gestellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 -). Ob letztlich - auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG - von einer Strafbarkeit auszugehen wäre, ist demgegenüber in vorliegendem Zusammenhang unerheblich (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.07.2006, a.a.O.); insofern ist auch nicht von Belang, dass, worauf der Antragsteller hinweist, der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.11.2006 - 2 StR 55/06 - ein Verfahren wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Veranstaltung eines Glücksspiels gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt hat.
11 
Auch die der in Gibraltar ansässigen Veranstalterin, der ..., dort - im EG-Ausland - am 21.03.2006 erteilte, bis 31.03.2007 befristete Erlaubnis, die inzwischen wohl verlängert worden sein dürfte, änderte an dem objektiven Verstoß nichts. Inwiefern eine solche kraft derzeitigen europäischen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen können sollte, lässt sich auch den Ausführungen des Antragstellers nicht entnehmen (gegen eine unmittelbare Geltung auch BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; NdsOVG, Beschl. v. 17.03.2005, GewArch 2005, 282; BGH, Urt. v. 01.04.2004, a.a.O.; anders wohl OLG München, Urt. v. 26.09.2006 - 5 St RR 115/05 -). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen. Dem entsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178 v. 17.07.2000, S. 1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwägungsgrund 16 u. Art. 1 Abs. 5 Buchst. d 3. Spiegelstrich). Inwiefern einem solchen Repressivverbot unabhängig von einer nach nationalem Recht vorgesehenen Erlaubnisfähigkeit Gemeinschaftsrecht entgegenstehen sollte, ist nicht zu erkennen (vgl. BGH, Urt. 01.04.2004, a.a.O.). Die vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vom 16.05.2006 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - vertretene Auffassung, wonach Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u. a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich schließlich nicht mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (NJW 2005, 139 ) zugrunde liegenden Annahmen vereinbaren, wo den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt wird; hierauf ist zu Recht auch in der angefochtenen Verfügung hingewiesen worden. Dem entsprechend hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - jene Ausführungen auch nicht zu Eigen gemacht. Vielmehr hat er auf seine bisherige Rechtsprechung verwiesen, die eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses anerkannt habe, aus denen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt seien (Rdnr. 45 f.), und ausdrücklich klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. auch das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (Rdnr. 48); die vorgeschriebenen Beschränkungen müssten allerdings den sich aus seiner Rechtsprechung ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen (Rdnr. 48). Auch ein Konzessionssystem könne dabei ein wirksamer Mechanismus sein, um die im Bereich der Glücksspiele tätigen Wirtschaftsunternehmer mit dem vom jeweiligen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziel zu kontrollieren (Rdnr. 57). Ob die nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im jeweiligen Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenze (hier: das staatliche Wettmonopol), tatsächlich dem von dem Mitgliedstaat geltend gemachten - und vom Gerichtshof anerkannten - Ziel entspreche, sei von dem nationalen Gericht zu prüfen (Rdnr. 72). Insofern hat sich mit diesem Urteil die Rechtsposition privater Vermittler von Sportwetten nicht verbessert (vgl. Senat, Beschl. v. 29.03.2007 - 6 S 1972/06 -; ebenso OVG Hamburg, Beschl. 09.03.2007 - 1 Bs 378/06 -; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07.OVG -). Auf die Frage der Zulässigkeit der Verhängung von - hier ersichtlich nicht in Rede stehenden - Sanktionen gegen sie (vgl. Rdnr. 63) kommt es demgegenüber in vorliegendem Zusammenhang nicht an. Vor diesem Hintergrund kann hier auch dahinstehen, ob die der ... erteilte Glücksspiellizenz im Hinblick auf Ziff. 11 des Licence-Agreements überhaupt zu den hier in Rede stehenden Wettaktivitäten berechtigte (vgl. hierzu HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006 - 1 Bs 496/04 - sowie die im Ergebnis eher zweifelhafte Auslegung durch das maltesische Finanzministerium v. 06.02.2007). Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann insoweit nicht allein auf die europäischen Grundfreiheiten abgehoben werden.
12 
Auch die dem Antragsteller vom Gewerbeamt des Rates des Kreises L.-Z. unter dem 11.04.1990 erteilte „Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten“ ändert ungeachtet der Frage, ob diese überhaupt die Vermittlung von außerhalb des Zuständigkeitsbereichs dieser Behörde angebotenen Sportwetten erfasst, nichts daran, dass diese jedenfalls in Baden-Württemberg nicht erlaubt sind. So hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21.06.2006 (a.a.O.) entschieden, dass es eine von einem Hoheitsträger in der früheren DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten nicht rechtfertige, solche auch in den „alten“ Bundesländern zu veranstalten und zu vermitteln. Davon, dass diese Entscheidung insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnete und gar einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhielte, vermag der Senat nicht zu erkennen (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 2136/06 -). Auch wenn im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Erfolgsaussichten insoweit noch als offen anzusehen wären, führte dies noch auf kein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006 - 1 BvR 2399/06 -).
13 
Die Untersagung der weiteren Ausübung der gewerblichen Tätigkeit „Vermittlung von Sportwetten“ begegnet auch nicht deshalb Ermessensfehlern, weil die derzeitige (gesetzliche) Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols auch in Baden-Württemberg mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, da das hier maßgebliche Gesetz über staatliche Lotterien, Wetten und Ausspielungen (Staatslotteriegesetz - StLG) vom 14.12.2004 (BW S. 894) insoweit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. In der Tat fehlt es bislang an gesetzlichen Regelungen, die eine konsequente und aktive Ausrichtung des in Baden-Württemberg zulässigen Sportwettangebots am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 138/05 -; Urt. v. 28.03.2006, a.a.O., S. 1264 ff.). Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtslage bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe für anwendbar erklärt, dass das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Land (Baden-Württemberg) veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden darf, sofern das Land (Baden-Württemberg) unverzüglich damit beginnt, das staatliche Sportwettmonopol konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten (vgl. Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.; Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O., der klarstellt, dass aufgrund dieses Urteils die Rechtslage auch in Baden-Württemberg entsprechend verbindlich § 31 abs. 1 bverfgg> geklärt ist; hierzu Senat, Beschl. v. 09.11.2006 - 6 S 2100/06 -).
14 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, unter denen die bisherige Rechtslage bis zu einer (verfassungskonformen) gesetzlichen Neuregelung in Baden-Württemberg weiter anwendbar ist, erfüllt. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) unter Verweis auf entsprechende Erklärungen der zuständigen öffentlichen Stellen des Landes entschieden. Danach werden die vom Land veranstalteten Sportwetten schon während der Übergangszeit an den Zielen der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht und nicht (mehr) an der Erzielung von Einnahmen ausgerichtet; so werden künftig das Wettangebot begrenzt, Vertrieb und Werbung eingeschränkt und die Spielscheine mit einem Hinweis auf die Suchtgefahr versehen (vgl. insbes. die Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 07.04.2006). Diese Maßnahmen hat für die Übergangszeit - in authentischer Interpretation seines Urteils vom 28.03.2006 (a.a.O.) - ausdrücklich auch das Bundesverfassungsgericht als ausreichend angesehen (vgl. Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O., BA, S. 8). Dies muss um so mehr gelten, als inzwischen bereits eine Vielzahl von Maßnahmen zum Spielerschutz bzw. zur Suchtprävention tatsächlich umgesetzt ist (vgl. LT-Drs. 14/43 S. 2 f.); von bloßen Absichtserklärungen kann insofern nicht die Rede sein (vgl. auch die inzwischen bekannt gemachten Teilnahmebedingungen für die vom Land veranstalteten Ergebniswetten, GABl. 2006, 533 ff., 540 ff.). Dass die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor nicht erfüllt wäre, auch in der Übergangszeit jede Werbung zu unterlassen, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten auffordere, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die vom Antragsteller angeführten Werbebeispiele betreffen überwiegend schon nicht Baden-Württemberg bzw. nicht den hier in Rede stehenden Bereich der Sportwetten, auf den nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts indes allein abzustellen ist, sondern andere Glücksspiele, mag Oddset auch unter derselben „Dachmarke“ (Lotto) vertrieben werden. Dass von der andere Glücksspiele betreffenden Werbung gleichwohl verfassungsrechtlich bedenkliche „Ermunterungs- bzw. Anreizwirkungen“ zur Betätigung des Spieltriebs im Sportwettenbereich ausgingen (vgl. insoweit BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 -), ist nicht zu erkennen. Auch die Vertriebswege sind inzwischen beschränkt worden. So gibt es einen ungehinderten - direkten - Internetzugang zur staatlich veranstalteten Oddset-Wette seit 05.03.2007 nicht mehr. Auch wenn es über die gewerblichen Spielevermittler noch indirekte Spielmöglichkeiten über Internet geben mag, sind Minderjährige nach den vorerwähnten Teilnahmebedingungen jedenfalls von einer Spielteilnahme ausgeschlossen. Auch wurden 30 baden-württembergische Verkaufsstellen der Toto-Lotto GmbH geschlossen und Planungen zu weiteren Vertriebswegen eingestellt. Durch die Einführung einer Kundenkartenpflicht bzw. eines Kundenidentifizierungssystems wird nunmehr auch eine anonyme Spielteilnahme Jugendlicher verhindert. Insofern vermag auch der Hinweis des Antragstellers auf eine „Testaktion“ - zumal in Bayern - auf keine andere Beurteilung zu führen.
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Auch die Feststellungen des Bundeskartellamts in seinem Beschluss vom 23.08.2006, die sich unmittelbar nur zu den von den staatlichen Lotteriegesellschaften veranstalteten Lotterien verhalten, rechtfertigen keine andere Beurteilung; sie lassen insbesondere nicht den Schluss zu, dass der vorliegend allein in Rede stehenden Maßgabe für die Übergangszeit nicht entsprochen würde.
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Im Übrigen führten etwaige Defizite bei der Umsetzung der in der Übergangszeit zu beachtenden Maßgabe - etwa bei der Überwachung der Erfüllung der entsprechenden Verpflichtungen der gewerblichen Spielevermittler (vgl. § 14 Abs. 3 LStV) - zumal solche in anderen Bundesländern - noch nicht dazu, dass das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten deswegen nicht mehr ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfte; vielmehr ist es einer Übergangszeit gerade wesensimmanent, dass die in dieser Zeit zu erfüllenden Maßgaben erst nach und nach erfüllt werden können (vgl. HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006, a.a.O.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (a.a.O.) auch nur bestimmt, dass bereits damit begonnen werden muss, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Vor diesem Hintergrund hat es auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auffassung zurückgewiesen, der zufolge die derzeitige Rechtslage und Verwaltungspraxis in Bayern, die mit derjenigen in Baden-Württemberg vergleichbar sind, den Anforderungen genügten, die das Bundesverfassungsgericht  f ü r  d i e  Ü b e r g a n g s z e i t  bis zu einer gesetzlichen Neuregelung aufgestellt habe (vgl. Beschl. v. 19.10.2006 - 2 BvR 2023/06 -; für NRW Beschl. v. 07.12.2006, NVwZ 2007, 1521).
17 
Die vom Antragsteller vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken rechtfertigen keine andere Beurteilung. Aufgrund der Parallelität zum Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.) ist zwar davon auszugehen, dass die derzeitige (gesetzliche) Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Baden-Württemberg auch mit Art. 43 bzw. 49 des EG-Vertrages - EG - nicht vereinbar ist. Jedoch ist die darin liegende Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit bei Berücksichtigung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, denen insoweit die Bedeutung von gesetzesvertretendem Übergangsrecht zukommt, nunmehr aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls als gerechtfertigt anzusehen, nachdem diese auch durch einen entsprechenden Maßnahmenkatalog des Finanzministeriums erfüllt wurden. Dementsprechend hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass damit auch den Anforderungen genügt wird, die der Europäische Gerichtshof insbesondere im Urteil vom 06.11.2003 (a.a.O.) konkretisiert hat (ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 04.05.2006 - 1 M 476/05 -; BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.). Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs werden ersichtlich auch nicht in diskriminierender Weise angewandt (EuGH, a.a.O., Rdnr. 65). Insbesondere wird durch die Reduzierung der Werbetätigkeit und die beschriebenen Maßnahmen zur Suchtprävention und zum Jugendschutz „kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit“ beigetragen (a.a.O., Rdnr. 67) und jedenfalls seit April 2006 keine „Politik der starken Ausweitung des Spielens und Wettens zum Zweck der Einnahmenerzielung“ (mehr) verfolgt (a.a.O., Rdnr. 68). Vielmehr dienen jene Beschränkungen nunmehr „jedenfalls wirklich dem Ziel“, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (a.a.O., Rdnr. 62), und halten sich im Rahmen des Ermessens, über den die staatlichen Stellen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (a.a.O., Rdnr. 63). „Angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten“ tragen diese auch „tatsächlich“ den Zielen Rechnung, die sie rechtfertigen können (a.a.O., Rdnr. 76), ohne dass es einstweilen weiterer Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen bedürfte (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 13.11.2003 - Rs. C-42/02 -, EuGHE I 2003, 13519 ; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O.); dies gilt um so mehr, als es hier allein um die Abwehr von - auch von den hier in Rede stehenden Sportwetten ausgehenden, nicht unerheblichen (vgl. Hayer/Meyer, a.a.O., S. 214 ff.; Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.) - Gefahren geht und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich eine summarische Prüfung geboten ist.
18 
Zwar besteht weiterhin das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte gesetzliche Regelungsdefizit (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.), doch führt dieses allein nicht dazu, dass nach wie vor von einer grundsätzlich mit Gemeinschaftsrecht unvereinbaren Beschränkung der Niederlassungsfreiheit bzw. des freien Dienstleistungsverkehrs auszugehen wäre (ebenso BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; anders HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006, - 11 TG 1465/06 -; OVG NW, Beschl. v. 28.06.2006, - 4 B 961/06 -). Auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2003 (a.a.O.) vermag der Senat nicht zu entnehmen, dass die dortigen Anforderungen an eine „nationale Regelung“ (vorübergehend) nicht auch durch ergänzende gesetzesvertretende Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts und sich an diesen orientierende Maßnahmen der Exekutive erfüllt werden könnten. Überhaupt müssen nicht sämtliche Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine gesetzliche Neuregelung gestellt hat, kraft Gemeinschaftsrechts sofort umgesetzt werden; gemeinschaftsrechtlich existiert insoweit kein zwingender Maßgabenkatalog (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.). Auch etwaige (im Land Baden-Württemberg) noch bestehende Vollzugsdefizite führten nicht ohne weiteres dazu, dass die derzeit bestehende nationale (Übergangs)Regelung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstieße (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.); auf etwaige Vollzugsdefizite sowie neue Spielmöglichkeiten in anderen Bundesländern kommt es schließlich - ungeachtet der die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat treffenden Verpflichtungen - für den Bestand des mit dem baden-württembergischen Staatslotteriegesetz fortgeschriebenen staatlichen Wettmonopols nicht an.
19 
Zu einer anderen gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung besteht auch nicht deshalb Anlass, weil - worauf der Antragsteller abhebt - die Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Schreiben vom 04.04.2006 zu der Auffassung gelangt ist, dass Deutschland durch die Beschränkung der Veranstaltung und der Bewerbung von öffentlichen Glücksspielen sowie durch die Bestimmung, dass Einrichtungen für solche Glücksspiele nur mit behördlicher Genehmigung bereitgestellt werden dürfen, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen habe (vgl. auch das ergänzende Aufforderungsschreiben Vertragsverletzung-Nr. 2003/4350). Vielmehr lässt sich auch dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.03.2007 (a.a.O., Rdnr. 48) nicht entnehmen, dass ein staatliches W e t t monopol - wovon der Antragsteller im Anschluss an die Kommissionsschreiben ausgeht - nur dann vor dem Gemeinschaftsrecht Bestand hätte, wenn die nationalen Beschränkungen auf dem gesamten Gebiet der Glücksspiele den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügten. Ebenso wenig folgt aus diesem Urteil, dass von einem „kohärenten und systematischen“ Beitrag zur Begrenzung der W e t t tätigkeiten (vgl. EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O.) dann nicht mehr ausgegangen werden könnte, wenn andere - nicht monopolisierte - Glücksspiele mit höherem Suchtpotential - nämlich die sog. Geldspielautomaten und kasinotypischen Glücksspiele - nicht gleichermaßen beschränkt würden (vgl. allerdings EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 14.03.2007 - Case E-1/06 -, Rdnr. 43 ff.). Auch von einer widersprüchlichen bzw. willkürlichen - und insofern auch nach Art. 3 Abs. 1 GG erheblichen - Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann aufgrund der zwischen den jeweiligen Glückspielmärkten bestehenden Unterschiede nicht gesprochen werden (vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O.). Zwar sind auch Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen von Pferden nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz vom 08.04.1922 (RGBl. I 1922, S. 335, 393; zul. geänd. durch Art. 119 V v. 31.10.2006, BGBl. I, S. 2407) erlaubnisfähig (vgl. § 2 Abs. 1 RennwLottG), doch ist nicht ersichtlich, dass Rennwetten aufgrund ihrer Bedeutung und der mit ihnen einhergehenden Gefahren mit den hier in Rede stehenden Sportwetten vergleichbar und deshalb gleichermaßen regelungsbedürftig wären. Für eine Anbieter aus dem EG-Ausland diskriminierende Anwendung ist nach wie vor nichts ersichtlich. Dass sich die angegriffene Beschränkung des Sportwettangebots durchaus zur Spielsuchtbekämpfung eignet, folgt im Übrigen bereits aus dem begrenzten - weil monopolisierten - Angebot (vgl. bereits OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O.; hierzu Hayer/Meyer, Das Suchtpotenzial von Sportwetten, Sucht 49 (2003), S. 212 ff. <218>); eine beschränkte Zulassung privater Wettanbieter wäre im Hinblick auf die dann erforderliche staatliche Aufsicht zudem weit weniger effektiv (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.07.2000, BVerfGE 102, 197). Sportwettangebote nach festen Quotenvorgaben bringen schließlich nach vorliegenden Untersuchungen durchaus ein nicht unerhebliches Suchtpotenzial mit sich (vgl. Hayer/Meyer, a.a.O., S. 214 ff.; Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.), dem zu begegnen Anlass besteht. Ob dies im Hinblick auf die vom Antragsteller nunmehr im Auszug vorgelegte Studie der Harvard Medical School anders zu beurteilen sein könnte, deren Projekt von ... mit 1,4 Millionen EUR finanziert wurde, wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein.
20 
Soweit sich der Antragsteller noch auf öffentliche Erklärungen des EU-Kommissars für den Binnenmarkt beruft (vgl. „Der Spiegel“ Nr. 43/2006, S. 90), in welchem dieser Beschränkungen des Glücksspielmarkts nur dann für nicht diskriminierend hält, wenn sie für private und staatliche Anbieter gleichermaßen gälten, übersieht er, dass ein staatliches Monopol in Rede steht, bei dem, so es für erforderlich gehalten wird, private Wettunternehmer generell von der Veranstaltung von (Sport-)Wetten ausgeschlossen werden dürfen. Die Zulässigkeit einer Monopolisierung erlaubten Spielbetriebs hat indes auch der Europäische Gerichtshof nicht grundsätzlich in Frage gestellt (vgl. Urt. v. 21.09.1999 - Rs. C-124/97 -).
21 
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen es das im deutschen wie im europäischen Gemeinschaftsrecht (vgl. Art. 231 Abs. 2 EG) geltende allgemeine Prinzip der Rechtssicherheit geböte, die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem (Gemeinschafts)Recht zu beschränken, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden (vgl. hierzu HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006, a.a.O.; OVG NW, Beschl. v. 28.06.2006, a.a.O.).
22 
Verstößt die derzeitige Praxis damit auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, kann der Antragsgegner die derzeit jedenfalls unerlaubte Vermittlung von Sportwetten wegen der anderenfalls drohenden Gefahren ungeachtet des einstweilen noch vorhandenen (gesetzlichen) Regelungsdefizits ermessensfehlerfrei untersagen, zumal ungeachtet der vom Antragsteller erhobenen Bedenken mit einer Neuregelung nach Ablauf der Übergangsfrist zu rechnen ist; dass diese im Hinblick auf den inzwischen beschlossenen und von allen Ländern ratifizierten Entwurf eines neuen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen jedenfalls „gemeinschaftswidrig“ wäre, vermag der Senat entgegen der vom Antragsteller im Anschluss an die Stellungnahmen der Europäischen Kommission vertretenen Auffassung einstweilen nicht zu erkennen. Ein milderes Mittel, das das Spielangebot gleichermaßen wie eine zur Durchsetzung des Wettmonopols ausgesprochene Untersagung zu begrenzen geeignet wäre, ist nicht ersichtlich. Insofern bedurfte es in der angefochten Verfügung - zumal vor dem Hintergrund der vom Regierungspräsidium im Zusammenhang mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung angestellten Erwägungen – keiner weiteren Ausführungen.
23 
Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Anschluss an das Antragsvorbringen vertretenen Auffassung ist es dem Antragsteller auch keineswegs unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung nachzukommen. Dabei mag auf sich beruhen, ob die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden technischen Möglichkeit zur Geolokalisierung zutreffen. Denn die ihm ersichtlich mit hinreichender Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) untersagten Tätigkeiten kann der Antragsteller unabhängig von den vom Verwaltungsgericht erörterten technischen Möglichkeiten, die ungeachtet der Ausführungen des Antragsgegners im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 4 der Antragserwiderung) in der Verfügung jedenfalls nicht vorgegeben waren, ohne Weiteres dadurch einstellen, dass er seine Wettangebote ausdrücklich und eindeutig dahin einschränkt, dass diese sich künftig nicht mehr an Wettinteressierte in Baden-Württemberg richten, darauf hinweist, dass Wetten aus Baden-Württemberg von ihm auch nicht vermittelt würden, er tatsächlich auch so verfährt und durch eine entsprechende Gestaltung der von ihm zu verantwortenden Internetseite zunächst entsprechende Erklärungen der Wettinteressierten einfordert (anders wohl BayVGH, Beschl. v. 07.05.2007 - 24 CS 07.10 -, BA S. 10). Insofern könnte etwa nach entsprechenden Hinweisen im Rahmen der erforderlichen Registrierung - ähnlich wie zum Zwecke des Ausschlusses Minderjähriger und der Kenntnisnahme bzw. Akzeptanz von AGB bzw. Teilnahmebedingungen - zum Ausfüllen bestimmter Pflichtfelder bzw. Setzen von Haken bzw. Anklicken von Buttons aufgefordert werden. So wird im Übrigen auch verfahren, wenn Inhalte einer Internetseite einer ausländischen Domain im Widerspruch zur deutschen Rechtsordnung stehen (vgl. auch BGH, Urt. v. 30.30.2006, NJW 2006, 2630 zur Einschränkung des Verbreitungsgebiets einer Werbung im Internet durch sog. Disclaimer). Insofern mussten in der angefochtenen Verfügung auch keine weiteren Vorgaben gemacht werden. Dass derartige Zugangserschwernisse bereits durch entsprechende Falschangaben von Wettinteressierten in Baden-Württemberg überwunden werden können, ändert daran nichts; dies führt insbesondere nicht dazu, worauf zu Recht die Beschwerde hinweist, dass jene ungeeignet wären (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.206, a.a.O., Rn. 114). Ist danach eine Einschränkung des bislang auch Wettinteressierten in Baden-Württemberg unterbreiteten Angebots möglich, kommt es im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch nicht mehr auf die - allerdings wenig überzeugenden und im Widerspruch zur bisherigen Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis stehenden - Ausführungen des Antragsgegners zur Nichtigkeit der dem Antragsteller erteilten Gewerbegenehmigung an.
24 
2. Schließlich besteht auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung. Dieses folgt - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat und worauf auch in der angefochtenen Verfügung abgehoben wird - daraus, dass auch vorübergehend bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die schädlichen Auswirkungen vermieden werden sollen, die den Gesetzgeber zur Einführung des staatlichen Monopols im Lotteriewesen bewogen haben. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse muss das Interesse des Antragstellers zurücktreten, seine aus freien Stücken unter Inkaufnahme des Risikos (straf-) rechtswidrigen Verhaltens begonnene und auch in der Folge nicht aufgegebene Tätigkeit vorläufig fortsetzen und daraus Gewinn ziehen zu dürfen (vgl. schon Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O.); daran ändern auch die vom Antragsteller geltend gemachten, angeblich die Existenz seines Betriebs gefährdenden Auswirkungen nichts, zumal er zu keiner Zeit darauf vertrauen konnte, seine Wettaktivitäten aufgrund der ihm bzw. der Veranstalterin erteilten Genehmigungen auch in Baden-Württemberg entfalten zu dürfen. Wenn die unerlaubte Vermittlung gewerblich veranstalteter Sportwetten gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Übergangszeit trotz festgestellter Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG - und europäischem Gemeinschaftsrecht - als ordnungsrechtlich verboten angesehen werden darf, ergibt sich aus diesem Verbot auch unabhängig von einer etwaigen Strafbarkeit ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O.). An dieser Beurteilung ändert - wie ausgeführt - auch die verfassungsgerichtlich noch nicht geklärte Frage einer Erstreckung der unter dem 11.04.1990 erteilten DDR-Erlaubnis auf das bisherige Bundesgebiet nichts (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006, a.a.O.). Eine andere Entscheidung wäre schließlich auch dann nicht angezeigt gewesen, wenn die Erfolgsaussichten aufgrund der erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken oder des beim Bundesverwaltungsgericht noch anhängigen Revisionsverfahrens - BVerwG 6 C 40.06 - noch als offen anzusehen wären (anders OVG Saarland, Beschl. v. 04.04.2007 - 3 W 23/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 02.01.2007 - 3 MB 38/06 -). Ob mit Rücksicht darauf vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren wäre, beurteilte sich grundsätzlich nach nationalem Recht (vgl. EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - Rs. C-432/05 - Unibet Ltd.). Vor dem Hintergrund der bereits vom Bundesverfassungsgericht getroffenen – der Sache nach auch die Dienstleistungsfreiheit berücksichtigenden - vorläufigen Maßgaben bestünde jedoch einstweilen kein Anlass, in der Übergangszeit nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO weitere vorläufige Maßnahmen zu treffen, bis im Rahmen des Hauptsacheverfahrens über die Vereinbarkeit des Verbots mit europäischem Gemeinschaftsrecht abschließend entschieden sein wird.
25 
Hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG) Zwangsgeldandrohung besteht danach ebenfalls kein Anlass zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Jene entspricht auch den gesetzlichen Anforderungen (vgl. §§ 2, 20, 23 LVwVG). Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlichen Rahmen und erscheint angesichts der jährlich zu erwartenden Gewinne verhältnismäßig.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1. 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 u. Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG. Der vom Verwaltungsgericht festgesetzte Streitwert erscheint für das Hauptsacheverfahren im Hinblick auf das zugleich festgesetzte Zwangsgeld angemessen (vgl. Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs i.d.F. vom 07./08.07.2004 (NVwZ 2004, 1327). Dieser Streitwert ist im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtschutzverfahrens jedoch zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs; Senat, Beschl. vom 12.01.2005, a.a.O.).
27 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf den Antrag der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. August 2012 - 3 K 882/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11. April 2012 wird ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin betreibt die Internetseite ..., über die das - jeweils Onlineglücksspiele in Form von Sportwetten, Casinospielen und Poker umfassende - Angebot zunächst der Firma ..., später der Firma ... verlinkt ist.
Mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der bis zum 30.06.2012 gültigen Fassung (im Folgenden: GlüStV a.F.) gestützten Verfügung vom 11.04.2012 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin jegliche Werbung in Baden-Württemberg für unerlaubtes Glücksspiel, insbesondere für die Firma ..., gab ihr auf, bereits begonnene Werbemaßnahmen einzustellen (Ziff. 1 der Verfügung) und die Einstellung der Werbetätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2). Für den Fall, dass die Antragstellerin dieser Verpflichtung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachgekommen sein sollte, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht (Ziff. 3).
Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. sei Werbung für unerlaubtes Glücksspiel verboten. § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. verbiete jegliche Werbung im Internet für Glücksspiel. Hiergegen verstoße die Antragstellerin durch die Verwendung des verlinkten Internetlogos der Firma ... Die Firma ... verfüge über keine Erlaubnis für die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten und anderen Glücksspielen in Baden-Württemberg. Der Erteilung einer solchen Erlaubnis stehe das staatliche Glücksspielmonopol entgegen. Unabhängig davon könne eine Erlaubnis u.a. deshalb nicht erteilt werden, weil die Firma ... ihre Glücksspiele unter Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. über das Internet anbiete.
Die Antragstellerin hat hiergegen Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben (3 K 881/12) und beantragt, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verfügung anzuordnen. Mit Beschluss vom 27.08.2012 hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vorliegenden Beschwerde.
Die Antragstellerin hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sie Vollstreckungsschutz nur ex nunc begehrt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben dem Senat Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 11.04.2012 im tenorierten Umfang anzuordnen.
Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden: GlüStV n.F.) zugrundelegen. Zwar kommt es für die Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage an, deren Gegenstand die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Antragsgegners vom 11.04.2012 im gesamten Zeitraum seit ihrem Erlass ist, nachdem die Antragstellerin bislang ihren Klageantrag nicht zeitlich begrenzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Die angefochtene Verfügung trifft auch eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61-63/12 -, juris). Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, a.a.O.). Die Antragstellerin macht aber Vollstreckungsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nur für die Zukunft geltend, so dass in diesem Verfahren auch nur die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage ex nunc und damit unter Zugrundelegung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zu beurteilen sind. Es bedarf vor diesem Hintergrund auch keiner Entscheidung, ob die Wirkungen des vorliegenden Beschlusses, der grundsätzlich ex tunc wirken würde, in zeitlicher Hinsicht auch deshalb auf den Zeitpunkt seiner Zustellung an den Antragsgegner zu beschränken sind, weil von der angefochtenen Verfügung für die Vergangenheit keine der Antragstellerin nachteiligen Rechtswirkungen mehr ausgehen, sich die Anfechtungsklage mithin insofern erledigt haben könnte und es deshalb insoweit schon am Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage fehlen würde oder ob solche Rechtswirkungen noch bestehen und diese auch die rückwirkende Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würden, vorausgesetzt die - für den Zeitraum vor dem 01.07.2012 am Maßstab des alten Glücksspielstaatsvertrages zu messende - angefochtene Verfügung würde sich auch für diesen Zeitraum als rechtswidrig erweisen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, juris ).
Jedenfalls für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum wird die Anfechtungsklage der Antragstellerin voraussichtlich Erfolg haben.
Die angegriffene Verfügung erweist sich dabei - ohne zeitliche Einschränkung - bereits insofern als ermessensfehlerhaft, als mit ihr Werbung für nicht von der Firma ... angebotenes unerlaubtes Glücksspiel untersagt wurde bzw. deren Einstellung verlangt wurde. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a.F. kann der Antragsgegner die erforderlichen Anordnungen zur Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen erlassen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin bei Erlass der angefochtenen Verfügung beabsichtigt hatte, Werbung für andere Anbieter zu machen, hat der Antragsgegner nicht ermittelt. Sie sind auch nicht ersichtlich gewesen. Damit hat der Antragsgegner aber insofern sein Entschließungsermessen entgegen dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt; denn es bestand bereits kein Anlass für ein behördliches Einschreiten (vgl. Senat, a.a.O.).
10 
Soweit sich die angefochtene Verfügung auf Werbemaßnahmen für die Firma ... bezieht, erweist sie sich jedenfalls für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum als ermessensfehlerhaft, weil die Ermessenserwägungen der veränderten Rechtslage auf Grund des Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nicht Rechnung tragen. Die angefochtene Verfügung trifft, wie bereits ausgeführt, eine unbefristete Regelung, die auch für den vorliegenden Fall einer Änderung der Rechtslage Fortgeltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden. Liegt wie hier eine Ermessensentscheidung vor und ändert sich der rechtliche Rahmen für die untersagten Tätigkeiten, muss die Untersagungsverfügung in ihren Erwägungen zum Ermessen, das sich am gesetzlichen Zweck der Ermächtigung zu orientieren hat (§ 114 Satz 1 VwGO), die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, um (weiterhin) rechtmäßig zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328). Hieran fehlt es. Die Berücksichtigung der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen könnte - was vorliegend aber nicht erfolgt ist - im Rahmen der Ermessenserwägungen dadurch geschehen, dass gesetzliche Änderungen einschlägiger materiell-rechtlicher Vorschriften bereits im Entwurfsstadium als ermessensrelevante Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61-63/12 -, a.a.O.). Ob auch das (spätere) Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen mit Blick auf die geänderte Rechtslage verwaltungsverfahrensrechtlich möglich ist und im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Denn entsprechende, tragfähige Erwägungen hat der Antragsgegner auch nachträglich nicht angestellt (s. dazu Senat, a.a.O.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 3335/11 -, juris).
11 
Die angefochtene Verfügung trägt darüber hinaus auch der Veränderung der Sachlage nicht Rechnung. Denn die Antragstellerin unterhält unstreitig keine Vertragsbeziehungen zur Firma ... mehr.
12 
Ginge man demgegenüber davon aus, dass der Antragsgegner zulässigerweise einen von ihm angenommenen konkreten Verstoß gegen glücksspielrechtliche Vorschriften zum Anlass nehmen dürfte, entsprechendes Fehlverhalten allgemein - und damit insoweit nur die Gesetzeslage wiederholend - zu untersagen, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Die Verfügung würde dann zwar auch und in rechtmäßiger Weise die Werbung der Antragstellerin für die Firma ... umfassen. Der Antragsgegner hätte aber auch dann weder der veränderten Rechtslage noch der veränderten Sachlage Rechnung getragen. Er hätte insbesondere das Angebot der Firma ... nicht am Maßstab des Ersten Glücksspieländerungsvertrags geprüft.
13 
Soweit der Antragsgegner unter Berufung auf § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG (Landesglücksspielgesetz vom 20.11.2012, GBl. , S. 604), wonach die zuständige Behörde u.a. die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel untersagen soll, geltend macht, ein Ermessen verbleibe ihr damit nur in atypischen Fällen, vorliegend sei aber ein Standardfall gegeben, weshalb die Behörde keinen Ermessensspielraum habe und der angegriffenen Verfügung damit nicht entgegengehalten werden könne, sie leide an einem Ermessensfehler, weil sie die veränderte Sach- und Rechtslage nicht berücksichtige, greift dies nicht durch. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG entbindet die zuständige Behörde bei auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV (der eine Ermessensentscheidung vorsieht) gestützten Verfügungen nicht davon, eine Ermessensentscheidung zu treffen, sondern schränkt lediglich ihr Entschließungsermessen ein. Die gerichtlich voll überprüfbare Einordnung als Standardfall ist Teil der Ermessensausübung (vgl. zum Ganzen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. m, § 40 Rn. 41 ff.). Ist wie hier die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung zeitabschnittsweise zu beurteilen und ändert sich die Sach- und Rechtslage, stellt sich auch die Frage nach der Atypik neu.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
15 
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.Oktober 2009 - 3 K 1089/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen ein Verbot der Telefonwerbung für Produkte der XXX Klassenlotterie anlässlich eines von Kunden ausgehenden Anrufs bei ihm.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe erteilte dem Kläger am 06.04.2009 die widerrufliche und bis zum 31.12.2011 geltende Erlaubnis, für die Lotterieeinnahme XXX, im Land Baden-Württemberg als Lotterieeinnehmer die von der XXX Klassenlotterie veranstalteten Lotterien, für die diese eine Erlaubnis als Veranstalterin in XXX hat, zu vermitteln. Der Erlaubnis waren mehrere Nebenbestimmungen beigefügt. In Ziffer 4c der Nebenbestimmungen heißt es:
„Die Werbeaktivitäten für die o.g. Glücksspiele haben jederzeit den Anforderungen des § 5 GlüStV zu genügen. Insbesondere sind die Glücksspielsucht fördernde Formen der Werbung etwa durch verkaufsfördernde Maßnahmen wie Rabatte, Gutscheine und ähnliche Aktionen (z.B. Zuwendungen und Werbeprämien für Kunden, die einen weiteren Spielteilnehmer werben) verboten.
Die Werberichtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder zu § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV - in der jeweils der XXX durch (Änderungs-)bescheid bekannt gemachten Fassung - sind zu beachten. …
Das Vertriebs- und Werbekonzept der XXX in der jeweils gültigen Fassung ist Bestandteil des Bescheids. Werbung für öffentliches Glücksspiel ist im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen nach § 5 Abs. 3 GlüStV verboten.“
Es folgt der fett gedruckte Hinweis:
„Hinweis: Damit ist jegliche Information über Glücksspiel am Telefon verboten. Sie ist selbst dann verboten, wenn sich der Anrufer vor oder während seines Anrufs stillschweigend oder ausdrücklich damit einverstanden erklärt, während des Telefonats über die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel informiert zu werden. Dies gilt auch z.B. bei kostenlosen Gewinnspielen.“
In der Begründung des Bescheids vom 06.04.2009 wird ausgeführt, die unter Nr. 4 aufgeführten Nebenbestimmungen stützten sich auf § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV und konkretisierten die gesetzlichen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages.
Der Kläger hat am 07.05.2009 gegen das in Ziffer 4c der Nebenbestimmungen enthaltene Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen Klage erhoben.
10 
Zur Begründung der Klage hat der Kläger unter anderem ausgeführt: Zwar enthalte § 5 Abs. 3 GlüStV ein Verbot von Werbung über Telekommunikationsanlagen. Dieses sei jedoch in der Hinsicht restriktiv auszulegen, als dass es nur vom Veranstalter oder Vermittler ausgehende, nicht aber bei ihm eingehende Telefonanrufe umfasse. So heiße es in der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages, dass mit dem Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV Werbeanrufe beim Spieler verboten, nicht aber Anrufe des Spielers bei Veranstaltern oder Vermittlern unterbunden werden sollten. Damit verstehe der Glücksspielstaatsvertrag unter verbotener Werbung lediglich allein vom Veranstalter oder Vermittler veranlasste und ausgehende Anrufe zum potenziellen Interessenten mit oder ohne dessen Einwilligung, nicht aber solche Werbemaßnahmen, die der potenzielle Interessent in einem von ihm bewusst (auch) mit dem Zweck der Erlangung von Informationen zum Glücksspiel eingeleiteten, eingehenden Anruf beim Vermittler oder Veranstalter selbst herbeiführe. Dem Verständnis, dass auf Grund § 5 Abs. 3 GlüStV bei Anrufen von Kunden lediglich ein bereits feststehender Kaufentschluss beim Anrufer im Zeitpunkt des Anrufs bedient werden dürfe, weitergehende Informationen aber verweigert werden müssten, stehe die Gesetzesbegründung entgegen. Denn bereits zum Kauf entschlossene Anrufer bzw. Bestandskunden müssten nicht mehr beworben werden, so dass eine Klarstellung zur Ausnahme vom Werbeverbot für diesen Personenkreis nicht erforderlich sei. Wenn von dem Betroffenen aktiv angefragte Beratung auch nur theoretisch dazu führen könne, dass ein Interessent vom Glücksspiel Abstand nehme, sei Beratung keinesfalls verzichtbar. Die Verweigerung einer angefragten Beratung bei gleichzeitigem - gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV zulässigen - Angebot eines sofortigen Vertragsschlusses führe häufig zu einem spontanen Kaufentschluss, der bei richtiger Beratung eventuell unterblieben wäre. Die Beifügung der Nebenbestimmung sei auch verfassungswidrig, weil der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nicht durch einen Gemeinwohlbelang gerechtfertigt sei. Das Verbot sei im Interesse der Verbraucher nicht notwendig. Indiz für die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Nebenbestimmung sei die gegenteilige Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern. Die unterschiedliche Verwaltungspraxis führe auch dazu, dass von ihm mit der Nebenbestimmung etwas Unmögliches verlangt werde. Das Verbot der Telefonwerbung sei für eingehende Telefonate technisch nicht regional auf das Land Baden-Württemberg beschränkbar. Nur bei einem sehr kleinen Teil der Anrufer werde überhaupt eine Festnetznummer übermittelt, die einem bestimmten Bundesland zugeordnet werden könne. Der Beklagte verlange eine technisch unmöglich durchzuführende Unterscheidung der Herkunft von Anrufern aus unterschiedlichen Bundesländern und damit eine unzumutbare sowie nicht verhältnismäßige und mangels Zuständigkeit für andere Bundesländer nicht zu rechtfertigende rechtswidrige Einstellung der Bewerbung von Interessenten bei von diesen eingehenden Telefonaten.
11 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat unter anderem geltend gemacht, dass die von dem Kläger unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung vertretene Auslegung nicht tragfähig sei, da ihr der gesetzliche Wortlaut des § 5 Abs. 3 GlüStV entgegenstehe. Zudem ergebe sich aber auch aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber mit den Anrufen des Spielers gerade keinen Werbeanruf gemeint habe. Nur so erkläre sich, dass der Gesetzgeber gemeint habe, mit dem Verbot des § 5 Abs. 3 GlüStV über § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinauszugehen. Das Werbeverbot über das Telefon habe seinen Grund in dem besonderen interaktiven Potenzial dieses Mediums, bei dem ein sofortiger Übergang zum Spiel möglich sei. Dem Kläger werde mit dem Werbeverbot bei Inbound-Telefonaten auch nichts Unmögliches abverlangt. Er sei nicht gezwungen, zur Einhaltung des Telefonwerbeverbots eine technische Aufenthaltsermittlung vorzunehmen. Es könne vielmehr gleich zu Beginn des Gesprächs nach dem Aufenthaltsort des Anrufers gefragt werden.
12 
Mit Urteil vom 20.10.2009 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als Anfechtungsklage gegen Ziffer 4c des Bescheids vom 06.04.2009 statthaft, da es sich hierbei um eine selbständig anfechtbare Auflage handele. Die Klage sei aber nicht begründet, da das von dem Beklagten verfügte Werbeverbot rechtmäßig sei. Das Telefonwerbeverbot bedürfe vor allem keiner Einschränkung dahin gehend, dass Telefonwerbung in den Fällen zuzulassen sei, in denen Personen beim Unternehmen des Klägers anriefen und vorher über die beabsichtigte Werbung informiert worden seien. Eine solche Einschränkung sei der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 3 Alt. 3 GlüStV nicht zu entnehmen. Diese Vorschrift umfasse vielmehr jede Art der Telefonwerbung. Hierfür spreche nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch der Gesetzeszweck der wirksamen Bekämpfung von Spielsucht. Insbesondere die Kombination von telefonischer Werbung und nach § 4 GlüStV zulässiger Glücksspielvermittlung berge besondere Gefahren der Überrumpelung des Verbrauchers durch den Glücksspielanbieter. Die von dem Kläger herangezogene Gesetzesbegründung stehe diesem Verständnis des Werbeverbots nicht entgegen. Sie lasse sich zwanglos damit erklären, dass betont werde, dass eben nur „Werbeanrufe“ verboten werden sollten. Dass Anrufe zum Abschluss von Glücksspielverträgen, die aber nicht zur Durchführung von Werbemaßnahmen genutzt werden dürften, nicht durch § 5 Abs. 3 GlüStV verboten seien, ergebe sich bereits aus der Zulässigkeit der telefonischen Vermittlung von Glücksspielen. Nachdem das Regierungspräsidium ausdrücklich klargestellt habe, dass dem Telefonwerbeverbot Genüge getan sei, wenn die Mitarbeiter des Klägers die Anrufer nach ihrem Aufenthaltsort befragen und bei Anrufen aus Baden-Württemberg von Werbemaßnahmen absehen, werde von dem Kläger nichts Unmögliches verlangt.
13 
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 15.11.2010 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
14 
Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung mit am 15.12.2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vorgetragen, die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass bei einem aktiven Anruf des Interessenten oder Kunden allenfalls das Recht bestehe, Losbestellungen aufzunehmen, Umwandlungswünsche von Losen oder sonstige Änderungen entgegenzunehmen und Fragen von Kunden zu bereits bestehenden Verträgen wahrheitsgemäß zu beantworten, sei staatsvertrags- und verfassungswidrig. Der Glücksspielstaatsvertrag kenne kein einheitliches Werbeverbot, vielmehr müsse der Gegenstand jedes einzelnen Werbeverbotes in seinem Kontext individuell nach dem mit dem jeweiligen Verbot verfolgten Zweck ermittelt werden. Für das Werbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV weise dessen Begründung unmissverständlich auf eine Ausnahme von dem Anwendungsbereich des Werbeverbots für den Fall hin, dass der Anruf von dem Betroffenen selbst eingeleitet werde. Das vom Verwaltungsgericht bestätigte Verbot führe dazu, dass die Ausnahme in der Begründung zum Staatsvertrag bei Anrufen von Interessenten beim Vermittler vollkommen leerlaufe, da dann praktisch keine sinnvollen Informationsgespräche mehr geführt werden könnten. Über die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grenzen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG gehe die Regelung des Glücksspielstaatsvertrages auch bei dieser Auslegung hinaus, da zudem auch mit Einwilligung der Betreffenden Anrufe des Veranstalters oder Vermittlers bei potenziellen Interessenten verboten seien. Das umfassende Verbot der Telefonwerbung könne auch nicht mit dem Verweis auf die Gesetzeszwecke gerechtfertigt werden. Der allgemeine Gesetzeszweck der Bekämpfung der Spielsucht werde vollkommen überdehnt, wenn pauschal mit der Umgehungsgefahr argumentiert werde. Mit den Zielen der Glücksspielprävention, der Kanalisierung des Glücksspiels in geordnete Bahnen, des Spielerschutzes und der ordnungsgemäßen Durchführung von Glücksspielen sei es auch nicht vereinbar, einerseits Anrufe bereits zum Kauf entschlossener Personen zuzulassen, andererseits unentschlossenen Interessenten keine Beratung zu gewähren und sie stattdessen auf postalische Informationen zu verweisen. Die Verweigerung einer angefragten Beratung bei gleichzeitigem Angebot eines sofortigen Vertragsschlusses führe häufig zu einem spontanen Kaufentschluss, der bei richtiger Beratung gegebenenfalls unterblieben wäre. Wegen der nach § 7 GlüStV bestehenden aktiven Aufklärungspflicht sowie in der Richtlinie 2005/29/EG normierten und in § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Nr. 7 UWG festgeschriebenen Pflicht zur Verhinderung von Geschäftspraktiken, die der fachlichen Sorgfalt widersprechen, müssten auch Informationen zum Spiel und zum Spielablauf auf Anfrage gewährt werden. Die Kombination von telefonischer Werbung und telefonischer Glücksspielvermittlung berge keine Gefahren für eine Überrumpelung des Verbrauchers. Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Abschluss von Verträgen bzw. die Einleitung von Vermittlungsgeschäften telefonisch zulässig sei, ergebe sich für die Telefonwerbung gegenüber dem Medium Internet eine offensichtlich deutlich herabgesetzte Gefährlichkeit des Mediums „Telefon“. Praktisch alle anderen Bundesländer legten den Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen bei Anrufen Dritter keine entsprechend restriktiven Beschränkungen auf. Die hier streitgegenständliche Nebenbestimmung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, da von einer Gemeinwohlerforderlichkeit des Verbots von Inbound-Telefonaten nicht die Rede sein könne. Es sei im Interesse der Verbraucher nicht erforderlich, sondern widerspreche viel eher ihren Informationsinteressen. Es bestünden zudem Bedenken an der Wirksamkeit des § 5 Abs. 3 GlüStV in europarechtlicher Hinsicht, da Beschränkungen des Glücksspielmarktes nur dann zulässig seien, wenn sie mit kohärent verfolgten legitimen Zielen des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehe wegen der Inkohärenz sogar die Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols in Frage.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. Oktober 2009 - 3 K 1089/09 - zu ändern und die Ziffer 4c der Nebenbestimmungen des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.04.2009 insoweit aufzuheben, als auch eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie anlässlich eines von dem Kunden ausgehenden Anrufs bei ihm nach § 5 Abs. 3 GlüStV untersagt wird.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen weiter aus: Der Gesetzgeber habe in § 5 Abs. 3 GlüStV ausnahmslos ein Verbot der Werbung für öffentliche Glücksspiele über Telekommunikationsanlagen erlassen. Er habe zur Spielsuchtprävention die Telefonwerbung umfassend verboten und den Postweg als traditionellen, keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizenden und hinsichtlich des Suchtpotenzials vertretbaren Werbeweg eröffnet. Das Werbeverbot über das Telefon habe seinen Grund in dem besonderen interaktiven Potenzial dieses Mediums, bei dem ein sofortiger Übergang zum Spiel möglich sei. Der staatliche Anbieter müsse sich bei der Erfüllung seiner ordnungsrechtlichen Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen, an die von dem Gesetzgeber auferlegten Werbebeschränkungen halten.
20 
Bereits mit Beschluss vom 16.07.2009 (3 K 1449/09) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Klage des Klägers vom 07.05.2009 aufschiebende Wirkung hat. Daraufhin untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger mit Verfügung vom 03.09.2009, in Baden-Württemberg als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie Werbung für öffentliches Glücksspiel über Telekommunikationsanlagen zu betreiben. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20.10.2009 ab. Die Berufung gegen dieses Urteil hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tag zurückgewiesen (6 S 2578/11).
21 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor; die Akten aus dem Verfahren 6 S 2578/10 wurden beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

22 
Die Berufung des Klägers ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen. Dabei ist Gegenstand der Anfechtungsklage bei sachdienlicher Auslegung des Begehrens des Klägers - - wie auch der konkretisierte Berufungsantrag zeigt - nicht das vollständige Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen. Vielmehr geht es dem Kläger darum, dieses Werbeverbot insoweit aufzuheben, als ihm durch die Nebenbestimmung in Ziffer 4c der Erlaubnis vom 06.04.2009 als Teilinhalt des Werbeverbots über Telekommunikationsanlagen auch eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie aus Anlass eines vom Kunden ausgehenden Anrufs beim ihm untersagt wird.
24 
Mit diesem Inhalt ist die Klage als isolierte Teilanfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
25 
Insbesondere kann nicht eingewandt werden, der fettgedruckte Hinweis in der Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009, dass jegliche Information am Telefon über das Glücksspiel selbst dann verboten sei, wenn sich der Anrufer während seines Anrufs stillschweigend oder ausdrücklich damit einverstanden erkläre, während des Telefonats über die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel informiert zu werden, nehme bereits seiner deutlichen Aufmachung nach am regelnden Charakter der Erlaubnis nicht teil, sondern beziehe sich lediglich auf den vorhergehenden Satz, nach dem Werbung im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen nach § 5 Abs. 3 GlüStV verboten sei. Denn Gegenstand der Klage ist nicht der der Nebenbestimmung Nr. 4c beigefügte bloße Hinweis, sondern das - wie aus dem Hinweis deutlich wird - bereits in der Nebenbestimmung enthaltene und für den Fall des Klägers konkretisierte Verbot der Telefonwerbung, soweit es dem Kläger - teil- und abtrennbar - die Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie auch bei einem von dem Kunden ausgehenden Anruf (sog. Inbound-Telefonat) untersagt.
26 
Nach der vom Bundesverwaltungsgericht als gefestigt bezeichneten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 m.w.N.) ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes die Anfechtungsklage gegeben. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird - wie hier - geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage oder gehe über sie hinaus, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage dann zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
27 
Die Klage ist aber unbegründet. Soweit die Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009 die informative Werbung des Klägers für Produkte der XXX Klassenlotterie bei Inbound-Telefonaten untersagt, ist dies rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Rechtsgrundlage für dieses Verbot sind §§ 9 Abs. 4 Satz 3, 5 Abs. 3, 4 Abs. 1 und 2 GlüStV, § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG. Nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden und ist die Erlaubnis zu versagen, wenn das Veranstalten oder Vermitteln den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft; auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Anspruch. Das damit eröffnete Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG) und hat sich an den Zielen des § 1 GlüStV zu orientieren. Deshalb können Erlaubnisbescheide nach § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht nur unter den Einschränkungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG, sondern unbeschadet des Abs. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen mit Nebenbestimmungen verbunden werden (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Dies ist hier rechtmäßig erfolgt, da die Nebenbestimmung zur Umsetzung des den Zielen des § 1 GlüStV dienenden Werbeverbotes in § 5 Abs. 3 GlüStV erlassen wurde.
29 
Gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel unter anderem über Telekommunikationsanlagen - ausnahmslos - verboten. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10.09.1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 09.06.2005 - I ZR 279/02 -, NJW 2005, 3716) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, LT-Drs. 14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 5 GlüStV RdNr. 17). Damit umfasst der Begriff der Werbung auch die Information und Aufklärung über das Glücksspiel. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 GlüStV, nach dem sich Werbung für öffentliches Glücksspiel - jenseits des Verbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV - zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken hat und informative Werbung, die dem Sachlichkeits- und Richtigkeitsgebot zu folgen hat, zulässig ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 12.10 -, juris; Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Nach diesem Werbebegriff ist die Qualifizierung als informative Werbung nicht davon abhängig, ob der Glücksspielanbieter mit einem telefonischen Anruf beim (potenziellen) Kunden informativ über das Glücksspielprodukt wirbt (sog. Outbound-Telefonat) oder ob er dies anlässlich eine Anrufs des (potenziellen) Kunden bei ihm tut (sog. Inbound-Telefonat).
30 
Eine solche Einschränkung lässt sich auch nicht dem Sinn und Zweck des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel über Telekommunikationsanlagen in § 5 Abs. 3 GlüStV entnehmen. Vielmehr entspricht das ausnahmslos in § 5 Abs. 3 GlüStV normierte Verbot der Telefonwerbung - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - dem Gesetzeszweck. Ziel des Glücksspielstaatsvertrages ist es unter anderem, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (§ 1 Nr. 1 GlüStV), sowie das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern (§ 1 Nr. 2 GlüStV), und den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Das staatliche Glücksspielangebot soll nämlich lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebes dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276). Das Verbot der Werbung über die drei in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Werbewege (Fernsehen, Internet und Telekommunikationsanlagen) stützt sich darauf, dass nach Ansicht des Gesetzgebers mit der Nutzung dieser Medien eine besonders starke Anreizwirkung verbunden und deswegen eine solche Art der Werbung mit dem Ziel der Glücksspiel- und Wettsuchtbekämpfung unvereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338). Werbemaßnahmen über Fernsehen, Internet und Telekommunikation erreichen ein sehr breites Publikum; diese Medien werden insbesondere von der Jugend stark genutzt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris). Es kommt vor allem für das Internet und die Telekommunikationsanlagen hinzu, dass diese Medien ein besonderes interaktives Potenzial besitzen. Bei ihnen besteht als zusätzliches Gefahrenelement die Möglichkeit eines sofortigen Übergangs von der Werbung zur Spielteilnahme (vgl. hinsichtlich des Werbeverbots im Internet: Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen führt hier dazu, dass schnelle bzw. übereilte Vertragsabschlüsse am Telefon ungeachtet eventuell bestehender gesetzlicher Widerrufsrechte verhindert werden sollen. Der Kunde soll ausreichend Zeit haben, sich mit den Vertragsbedingungen vertraut zu machen. Während das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist (zur Vereinbarkeit des Internetverbots mit Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht: BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, NVwZ 2011, 1319; Beschluss des Senats vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136) und das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - was dessen interaktives Potenzial betrifft - das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV gleichsam bloß flankiert, ist das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen in dieser Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung. Denn § 4 Abs. 4 GlüStV verbietet nur die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet, andere Vertriebswege neuerer Art für die Veranstaltung und Vermittlung - wie etwa gerade auch die Telekommunikationsanlagen, aber auch andere Telemedien - sind nicht generell (vgl. insoweit § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) verboten, so dass auch über das Telefon ein Glücksspielvertrag geschlossen werden kann (vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 GlüStV RdNr. 97). Mithin besteht ohne ein Telefonwerbeverbot die Möglichkeit, dass bei einem Telefonat der Kunde zunächst beworben und er sodann am Telefon einen Glücksspielvertrag abschließen kann. Eine solche übergangslose Möglichkeit von Werbung zum Vertragsschluss soll gerade durch das Telefonwerbeverbot ausgeschlossen werden, da dieses Vorgehen in besonderem Maße die Gefahr der Überrumpelung des Verbrauchers durch den Glücksspielanbieter birgt. Soweit damit argumentiert werden sollte, dass es zur Erfüllung dieses Gesetzeszweckes ausreichend sei, dass Anrufe des Glücksspielanbieters beim Kunden unterbunden, nicht aber die hier in Rede stehende Werbung bei Inbound-Telefonaten verboten wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn auch bei Inbound-Telefonaten besteht die Gefahr, dass sich der Kunde nach und auf Grund der (informativen) telefonischen Werbung für Glücksspiele vorschnell und unüberlegt zum Abschluss eines Glücksspielvertrages entschließt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kunde möglicherweise durch seinen Anruf beim Glücksspielanbieter zu erkennen gibt, dass er mit der telefonischen Werbung einverstanden ist oder sein Einverständnis während des Telefonats erklärt. Denn eine Einwilligung in die Bewerbung am Telefon ist nicht zulässig, da das Verbot der Telefonwerbung vom Gesetzgeber als nicht disponibles Verbot ausgestaltet wurde. Dies ist auch naheliegend, da es - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - mit den Werbeverboten des § 5 GlüStV auch darum geht, Personen, die möglicherweise wegen Spielsucht in ihrer Willensbestimmung eingeschränkt sind, vor den mit der Telefonwerbung verbundenen Gefahren zu schützen. Denn es liegt auf der Hand, dass Werbung nicht nur neue Spieler rekrutieren und bestehende Spielgewohnheiten intensivieren, sondern auch problematisches oder gar pathologisches Spielverhalten aufrechterhalten und vertiefen kann, indem sie Spielanreize setzt, denen ein Spieler nicht oder nur schwer widerstehen kann und die ihm die Entscheidung, weniger oder nicht mehr zu spielen, schwerer oder unmöglich machen kann (zur erhöhten Wahrnehmung der Werbung bei problematischem und pathologischem Spielverhalten sowie zu den Auswirkungen der Werbung auf die Entwicklung bzw. Verbreitung von Glücksspielsucht vgl. etwa: Walz, Nur wer mitspielt, kann gewinnen - Werbung für staatliche Glücksspielangebote als öffentliche Aufgabe?, S. 57 ff.). Darüber hinaus weist das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht darauf hin, dass gerade die von dem Kläger praktizierte Methode, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben, vor Augen führe, welche Missbrauchsmöglichkeiten bei der Beschränkung des Verbots der Telefonwerbung auf Outbound-Telefonate bestehen. Der Senat hält es auch nicht für überzeugend, wenn der Kläger meint, eine Ausnahme vom Werbeverbot mittels Telekommunikationsanlagen sei für Inbound-Telefonate deswegen zu machen, weil es mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbar sei, einerseits Anrufe bereits zum Kauf entschlossener Personen zum Zwecke des Vertragsschlusses zuzulassen, andererseits unentschlossenen Interessenten die gewünschte (informative) Beratung am Telefon zu verwehren mit der Folge, dass diese mangels Beratung einen Glücksspielvertrag abschließen, den sie bei erfolgter Beratung nicht abgeschlossen hätten. Vor dem Hintergrund der mit der Telefonwerbung verbundenen besonderen Gefahren hat der Gesetzgeber das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen umfassend geregelt und sieht insbesondere den Postweg als den traditionellen und keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizenden und damit hinsichtlich des Suchtpotenzials vertretbaren Vertriebsweg an (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Auf diesem Weg hat der Kläger gegebenenfalls einen Beratung begehrenden Kunden zu verweisen, um zu verhindern, dass dieser infolge des Unterlassens einer Beratung einen unüberlegten spontanen Kaufentschluss tätigen könnte.
31 
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die Begründung zu § 5 Abs. 3 GlüStV dem so verstandenen ausnahmslosen Verbot der Werbung mittels Telekommunikationsanlagen - auch bei Inbound-Telefonaten - nicht entgegen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers, wie sie insbesondere in den verschiedenen Gesetzesentwürfen, den Beratungsprotokollen und vor allem in den den Entwürfen beigegebenen Begründungen zum Ausdruck kommen (vgl. dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., Studienausgabe, S. 206) vornehmlich erst dann zu Rate zu ziehen sind, wenn aus dem Wortsinn, dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes und der ihm zu Grunde liegenden Systematik, sowie dem ermittelten Sinn und Zweck der Vorschrift keine eindeutigen Auslegungsergebnisse zu erzielen sind und damit noch immer verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen bleiben (vgl. Larenz, a.a.O., S. 203; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.10.2003 - 13 S 887/03 -, InfAuslR 2004, 169). Das ist aber hier nach den obigen Ausführungen gerade nicht der Fall. Es kommt hinzu, dass die Begründung zu § 5 GlüStV keine eindeutigen Hinweise darauf enthält, dass § 5 Abs. 3 GlüStV entgegen seinem Wortlaut dahingehend zu verstehen sein soll, dass eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Lotterie- oder anderen Glücksspielprodukten anlässlich eines von dem Kunden ausgehenden Anrufs nach § 5 Abs. 3 GlüStV nicht verboten ist. Vielmehr heißt es in der Gesetzesbegründung zunächst, dass das Verbot über die allgemein geltenden wettbewerbsrechtlichen Grenzen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinausgeht undjede Werbung über diese Anlagen verbietet. In der Gesetzesbegründung wird weiterhin - allerdings bezüglich des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - auf das zusätzliche Gefahrenelement des sofortigen Übergangs von Werbung zur Teilnahme am Spiel abgestellt. Dieser Aspekt trifft für die Werbung über Telekommunikationsanlagen, auch bei Inbound-Telefonaten, ebenfalls gleichermaßen zu. Zwar spricht die Gesetzesbegründung zu § 5 GlüStV dann weiter davon, dass mit § 5 Abs. 3 GlüStV Werbeanrufe beim Spieler verboten, nicht dagegen Anrufe des Spielers bei Veranstaltern oder Vermittlern unterbunden werden sollen. Aber auch dieser Erläuterung lässt sich kein zuverlässiger und eindeutiger Hinweis auf eine vom Gesetzgeber gewollte Zulässigkeit von Werbung bei Inbound-Telefonaten entnehmen, der das oben gefundene Auslegungsergebnis in Frage stellen könnte. Denn diese Passage der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages ist nicht zwingend dahingehend zu verstehen, dass bei Anrufen des Kunden Glücksspielanbieter auf Wunsch des Anrufers werbende Informations- bzw. Beratungsgespräche führen können, wenn dies der Intention des Kunden entspricht (so: Walz, a.a.O. S. 93). Sie kann vielmehr - mit dem Verwaltungsgericht - auch dahingehend gedeutet werden, dass nur „Werbeanrufe“ verboten sind, dem Spieler aber nicht die Möglichkeit genommen werden soll, durch einen Anruf beim Veranstalter einen Glücksspielvertrag abzuschließen oder andere technische Fragen mit dem Kundenservice oder der Kundenhotline zu klären, es aber sonst bei dem Verbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV verbleibt, wenn ein solcher Anruf des Kunden dazu genutzt oder gar pervertiert werden soll, den Kunden für eine (weitere) Spielteilnahme zu werben oder gezielt zur Teilnahme an Glücksspielen aufzufordern (so: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 5 GlüStV RdNr. 65).
32 
Das so verstandene umfassende Telefonwerbeverbot verstößt entgegen der Ansicht des Klägers weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht.
33 
Zwar liegt in der Beschränkung der Wirtschaftswerbung ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), jedoch ist das umfassende Verbot der Telefonwerbung eine verhältnismäßige und damit zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). Vor dem Hintergrund des legitimen Ziels der Bekämpfung der Glücksspielsucht und des Umstands, dass das staatliche Glücksspielangebot - wie bereits ausgeführt - lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebs dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen soll, ist das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zu beanstanden. Im Gegensatz zu der von § 5 Abs. 3 GlüStV nicht erfassten Hörfunk-, Plakat-, Druck- und sonstigen Postwerbung erreichen Werbemaßnahmen über die in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Medien ein sehr breites und auch junges Publikum und verfügen, was vor allem die hier in Rede stehende Werbung über Telekommunikationsanlagen betrifft, über ein besonderes interaktives Potenzial. Zwar mag dieses Verbot - insbesondere vor dem Hintergrund der Praxis des Klägers, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben - eine durchaus spürbare Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten bedeuten, jedoch wird dem Kläger kein völliges Werbeverbot auferlegt. Er kann vielmehr weiterhin hinreichend auf verschiedenen anderen Wegen (Hörfunk-, Presse-, Plakat- und postalische Werbung) auf sein Angebot aufmerksam machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009, a.a.O.).
34 
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie gegenüber verfügten umfassenden Telefonwerbeverbotes bestehen auch nicht in unionsrechtlicher Hinsicht.
35 
Die durch die Werbeverbote in § 5 Abs. 3 GlüStV begründeten Eingriffe in die Grundfreiheiten aus Art. 49 und 56 AEUV werden durch die vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes gerechtfertigt. In seinem Urteil vom 08.09.2010 ( C-316/07, RdNr. 103, NVwZ 2010, 1409) führt der Europäische Gerichtshof gerade aus, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols, hier des von der XXX Klassenlotterie wahrgenommenen faktischen Lotteriemonopols, für das der Kläger die Erlaubnis zur Vermittlung besitzt, eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und strikt auf das begrenzt zu bleiben hat, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern. Da die Werbeverbote des § 5 Abs. 3 GlüStV nicht „monopolakzessorisch“, sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht sind, kann - entgegen der Ansicht des Klägers und unabhängig von der Frage, ob sich der Kläger als ein in die Vertriebsorganisation der XXX Klassenlotterie eingebundener Vermittler insoweit auf die Rechte privater Vermittler oder Veranstalter von Glücksspiel überhaupt in einem qualifizierten Maße berufen kann - insoweit offenbleiben, ob die Ausgestaltung des Monopols den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht, insbesondere auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne kohärente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, juris). Allerdings gelten die Anforderungen an eine kohärente Regelung nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (vgl. EuGH, Urteil vom 10.03.2009 C-169/07 -, GewArch 2009, 195; BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.), auch wenn bei der Anwendung des Kohärenzgebotes nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Dienstleistungsfreiheit durch die Errichtung eines staatlichen Monopols ungleich stärker beschränkt wird als durch Regelungen, die lediglich bestimmte Vertriebs- oder Vermarktungsformen verbieten (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010, a.a.O., Rdnrn. 74 ff einerseits, RdNr. 79 ff. andererseits). Im Hinblick auf dieses Kohärenzgebot muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen, und darf die in Rede stehende Regelung durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren nicht konterkariert werden (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , C-46/08, NVwZ 2010, 448). Das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV wird diesen Anforderungen bezüglich des umfassenden Telefonwerbeverbotes gerecht (vgl. für das Internetwerbeverbot: BVerwG; Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.). Zum einen ist es widerspruchsfrei auf die Verwirklichung der damit verfolgten Ziele ausgerichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass die mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht die tatsächlichen Ziele sind und die Länder mit ihm in Wahrheit andere, etwa fiskalische Ziele verfolgen. Zum anderen gilt das Werbeverbot für alle Glücksspielarten, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen, und im Glücksspielstaatsvertrag geregelt werden (vgl. § 2 GlüStV, dessen Satz 2 die Anwendbarkeit des § 5 GlüStV auch für Spielbanken vorschreibt). Ausweislich der Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag (a.a.O.) gilt § 5 GlüStV darüber hinaus auch für Glücksspiele, die rechtmäßig im Ausland veranstaltet und im Inland beworben werden dürfen, weil keine - die Erlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV auslösende - Teilnahmemöglichkeit im Inland besteht, wie etwa die Werbung für ausländische Casinos in Deutschland. Die Norm gilt für die Veranstalter wie auch gemäß § 19 Satz 1 GlüStV für die Vermittler von Glücksspiel in gleichem Maße. Dass darüber hinaus die tatsächliche Erreichbarkeit der mit dem Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV verfolgten Ziele durch die Rechtslage oder Praxis in anderen Glücksspielbereichen in Frage gestellt würde, lässt sich nicht erkennen. Soweit das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 30.11.2011 - 13 B 1331/11 -, juris) mit Blick auf die Werbemaßnahmen der Landeslotteriegesellschaften im Internet oder in anderen Publikationen und Medien Zweifel daran hat, ob § 5 Abs. 3 GlüStV auf Grund der praktischen Anwendung der Werberegelungen des § 5 GlüStV durch die zuständigen Aufsichtsbehörden gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstößt, geht es bei dem hier gegenüber dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie verfügten Telefonwerbeverbot ja gerade darum, die Werbemaßnahmen für eine Lotteriegesellschaft einzuschränken und damit dem Kohärenzgebot auch in dieser Hinsicht zu genügen.
36 
Das Telefonwerbeverbot ist auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob im Hinblick darauf, dass dem Kläger nach dem Erlaubnisbescheid der Regierung von Oberfranken vom 24.11.2008 (Az. 10-2161.01) ausdrücklich die Generierung von Inbound-Telefonaten mit Hilfe kostenloser Gewinnspiele zur Bewerbung von Losen der Klassenlotterie gestattet wurde, wenn die Gewinnspielunterlagen einen deutlichen Hinweis enthalten, dass bei einem Anruf auch Informationen über Spielmöglichkeiten bei der Klassenlotterie gegeben werden (vgl. zu ähnlichen Nebenbestimmungen in Erlaubnisbescheiden der Regierung der Oberpfalz: VG Regensburg, Urteile vom 03.08.2009 - RO 5 K 08.2050 - und vom 21.10.2010 - RO 5 K 10.31 -, jew. juris), ein unmögliches Verhalten aufgegeben wird, weil sich nicht feststellen lässt, ob der Anrufer wegen seines Aufenthaltsortes beworben werden darf oder nicht. Denn der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine Befragung des Anrufers nach seinem Aufenthaltsort als ein ausreichendes Verfahren akzeptiert werde, um den Aufenthaltsort des Anrufers festzustellen. Die beanstandete Nebenbestimmung werde in ihrer Anwendung ausdrücklich in dem Sinn beschränkt, dass Werbung nur dann untersagt ist, wenn der Anrufer auf eine vorzunehmende Anfrage erkläre, aus Baden-Württemberg anzurufen.
37 
Auch sonst sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere kann eine möglicherweise gegenteilige Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern den Beklagten nicht in seiner Ermessensausübung einschränken. Denn eine anderweitige Verwaltungspraxis anderer Behörden bindet den Beklagten bei der Ausübung seines Ermessens in seinem Zuständigkeitsbereich nicht, sofern sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. Dies ist hier nicht der Fall. Nachdem das umfassende Telefonwerbeverbot lediglich die gemessen an höherrangigem Recht nicht zu beanstandenden gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 3 GlüStV für den Kläger verbindlich konkretisierend festlegt, steht seine Verhältnismäßigkeit nicht in Frage.
38 
Erweist sich damit das gegenüber dem Kläger ausgesprochene umfassende Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV als rechtmäßig, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob der Kläger als Lotterieeinnehmer für die Süddeutsche Klassenlotterie im Hinblick auf § 8 AGGlüStV schon an das Werbeverbot in Ziffer III 1 der von dem Vertreter des Beklagten erst in der Berufungsverhandlung vorgelegten Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2011 gebunden ist. In dieser Entscheidung wurde die der Süddeutschen Klassenlotterie von der Regierung der Oberpfalz am 19.08.2008 erteilte Erlaubnis für Baden-Württemberg unter anderem mit der Nebenbestimmung verlängert, dass Werbung über Telefon selbst dann verboten ist, wenn sich ein Anrufer vor oder während seines Anrufs damit einverstanden erklärt hat, während des Telefonats über die Möglichkeit zum Glücksspiel informiert zu werden.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.
41 
Beschluss vom 13. Dezember 2011
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

22 
Die Berufung des Klägers ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen. Dabei ist Gegenstand der Anfechtungsklage bei sachdienlicher Auslegung des Begehrens des Klägers - - wie auch der konkretisierte Berufungsantrag zeigt - nicht das vollständige Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen. Vielmehr geht es dem Kläger darum, dieses Werbeverbot insoweit aufzuheben, als ihm durch die Nebenbestimmung in Ziffer 4c der Erlaubnis vom 06.04.2009 als Teilinhalt des Werbeverbots über Telekommunikationsanlagen auch eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie aus Anlass eines vom Kunden ausgehenden Anrufs beim ihm untersagt wird.
24 
Mit diesem Inhalt ist die Klage als isolierte Teilanfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
25 
Insbesondere kann nicht eingewandt werden, der fettgedruckte Hinweis in der Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009, dass jegliche Information am Telefon über das Glücksspiel selbst dann verboten sei, wenn sich der Anrufer während seines Anrufs stillschweigend oder ausdrücklich damit einverstanden erkläre, während des Telefonats über die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel informiert zu werden, nehme bereits seiner deutlichen Aufmachung nach am regelnden Charakter der Erlaubnis nicht teil, sondern beziehe sich lediglich auf den vorhergehenden Satz, nach dem Werbung im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen nach § 5 Abs. 3 GlüStV verboten sei. Denn Gegenstand der Klage ist nicht der der Nebenbestimmung Nr. 4c beigefügte bloße Hinweis, sondern das - wie aus dem Hinweis deutlich wird - bereits in der Nebenbestimmung enthaltene und für den Fall des Klägers konkretisierte Verbot der Telefonwerbung, soweit es dem Kläger - teil- und abtrennbar - die Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie auch bei einem von dem Kunden ausgehenden Anruf (sog. Inbound-Telefonat) untersagt.
26 
Nach der vom Bundesverwaltungsgericht als gefestigt bezeichneten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 m.w.N.) ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes die Anfechtungsklage gegeben. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird - wie hier - geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage oder gehe über sie hinaus, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage dann zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
27 
Die Klage ist aber unbegründet. Soweit die Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009 die informative Werbung des Klägers für Produkte der XXX Klassenlotterie bei Inbound-Telefonaten untersagt, ist dies rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Rechtsgrundlage für dieses Verbot sind §§ 9 Abs. 4 Satz 3, 5 Abs. 3, 4 Abs. 1 und 2 GlüStV, § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG. Nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden und ist die Erlaubnis zu versagen, wenn das Veranstalten oder Vermitteln den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft; auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Anspruch. Das damit eröffnete Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG) und hat sich an den Zielen des § 1 GlüStV zu orientieren. Deshalb können Erlaubnisbescheide nach § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht nur unter den Einschränkungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG, sondern unbeschadet des Abs. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen mit Nebenbestimmungen verbunden werden (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Dies ist hier rechtmäßig erfolgt, da die Nebenbestimmung zur Umsetzung des den Zielen des § 1 GlüStV dienenden Werbeverbotes in § 5 Abs. 3 GlüStV erlassen wurde.
29 
Gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel unter anderem über Telekommunikationsanlagen - ausnahmslos - verboten. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10.09.1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 09.06.2005 - I ZR 279/02 -, NJW 2005, 3716) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, LT-Drs. 14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 5 GlüStV RdNr. 17). Damit umfasst der Begriff der Werbung auch die Information und Aufklärung über das Glücksspiel. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 GlüStV, nach dem sich Werbung für öffentliches Glücksspiel - jenseits des Verbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV - zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken hat und informative Werbung, die dem Sachlichkeits- und Richtigkeitsgebot zu folgen hat, zulässig ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 12.10 -, juris; Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Nach diesem Werbebegriff ist die Qualifizierung als informative Werbung nicht davon abhängig, ob der Glücksspielanbieter mit einem telefonischen Anruf beim (potenziellen) Kunden informativ über das Glücksspielprodukt wirbt (sog. Outbound-Telefonat) oder ob er dies anlässlich eine Anrufs des (potenziellen) Kunden bei ihm tut (sog. Inbound-Telefonat).
30 
Eine solche Einschränkung lässt sich auch nicht dem Sinn und Zweck des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel über Telekommunikationsanlagen in § 5 Abs. 3 GlüStV entnehmen. Vielmehr entspricht das ausnahmslos in § 5 Abs. 3 GlüStV normierte Verbot der Telefonwerbung - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - dem Gesetzeszweck. Ziel des Glücksspielstaatsvertrages ist es unter anderem, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (§ 1 Nr. 1 GlüStV), sowie das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern (§ 1 Nr. 2 GlüStV), und den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Das staatliche Glücksspielangebot soll nämlich lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebes dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276). Das Verbot der Werbung über die drei in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Werbewege (Fernsehen, Internet und Telekommunikationsanlagen) stützt sich darauf, dass nach Ansicht des Gesetzgebers mit der Nutzung dieser Medien eine besonders starke Anreizwirkung verbunden und deswegen eine solche Art der Werbung mit dem Ziel der Glücksspiel- und Wettsuchtbekämpfung unvereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338). Werbemaßnahmen über Fernsehen, Internet und Telekommunikation erreichen ein sehr breites Publikum; diese Medien werden insbesondere von der Jugend stark genutzt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris). Es kommt vor allem für das Internet und die Telekommunikationsanlagen hinzu, dass diese Medien ein besonderes interaktives Potenzial besitzen. Bei ihnen besteht als zusätzliches Gefahrenelement die Möglichkeit eines sofortigen Übergangs von der Werbung zur Spielteilnahme (vgl. hinsichtlich des Werbeverbots im Internet: Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen führt hier dazu, dass schnelle bzw. übereilte Vertragsabschlüsse am Telefon ungeachtet eventuell bestehender gesetzlicher Widerrufsrechte verhindert werden sollen. Der Kunde soll ausreichend Zeit haben, sich mit den Vertragsbedingungen vertraut zu machen. Während das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist (zur Vereinbarkeit des Internetverbots mit Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht: BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, NVwZ 2011, 1319; Beschluss des Senats vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136) und das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - was dessen interaktives Potenzial betrifft - das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV gleichsam bloß flankiert, ist das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen in dieser Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung. Denn § 4 Abs. 4 GlüStV verbietet nur die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet, andere Vertriebswege neuerer Art für die Veranstaltung und Vermittlung - wie etwa gerade auch die Telekommunikationsanlagen, aber auch andere Telemedien - sind nicht generell (vgl. insoweit § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) verboten, so dass auch über das Telefon ein Glücksspielvertrag geschlossen werden kann (vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 GlüStV RdNr. 97). Mithin besteht ohne ein Telefonwerbeverbot die Möglichkeit, dass bei einem Telefonat der Kunde zunächst beworben und er sodann am Telefon einen Glücksspielvertrag abschließen kann. Eine solche übergangslose Möglichkeit von Werbung zum Vertragsschluss soll gerade durch das Telefonwerbeverbot ausgeschlossen werden, da dieses Vorgehen in besonderem Maße die Gefahr der Überrumpelung des Verbrauchers durch den Glücksspielanbieter birgt. Soweit damit argumentiert werden sollte, dass es zur Erfüllung dieses Gesetzeszweckes ausreichend sei, dass Anrufe des Glücksspielanbieters beim Kunden unterbunden, nicht aber die hier in Rede stehende Werbung bei Inbound-Telefonaten verboten wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn auch bei Inbound-Telefonaten besteht die Gefahr, dass sich der Kunde nach und auf Grund der (informativen) telefonischen Werbung für Glücksspiele vorschnell und unüberlegt zum Abschluss eines Glücksspielvertrages entschließt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kunde möglicherweise durch seinen Anruf beim Glücksspielanbieter zu erkennen gibt, dass er mit der telefonischen Werbung einverstanden ist oder sein Einverständnis während des Telefonats erklärt. Denn eine Einwilligung in die Bewerbung am Telefon ist nicht zulässig, da das Verbot der Telefonwerbung vom Gesetzgeber als nicht disponibles Verbot ausgestaltet wurde. Dies ist auch naheliegend, da es - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - mit den Werbeverboten des § 5 GlüStV auch darum geht, Personen, die möglicherweise wegen Spielsucht in ihrer Willensbestimmung eingeschränkt sind, vor den mit der Telefonwerbung verbundenen Gefahren zu schützen. Denn es liegt auf der Hand, dass Werbung nicht nur neue Spieler rekrutieren und bestehende Spielgewohnheiten intensivieren, sondern auch problematisches oder gar pathologisches Spielverhalten aufrechterhalten und vertiefen kann, indem sie Spielanreize setzt, denen ein Spieler nicht oder nur schwer widerstehen kann und die ihm die Entscheidung, weniger oder nicht mehr zu spielen, schwerer oder unmöglich machen kann (zur erhöhten Wahrnehmung der Werbung bei problematischem und pathologischem Spielverhalten sowie zu den Auswirkungen der Werbung auf die Entwicklung bzw. Verbreitung von Glücksspielsucht vgl. etwa: Walz, Nur wer mitspielt, kann gewinnen - Werbung für staatliche Glücksspielangebote als öffentliche Aufgabe?, S. 57 ff.). Darüber hinaus weist das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht darauf hin, dass gerade die von dem Kläger praktizierte Methode, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben, vor Augen führe, welche Missbrauchsmöglichkeiten bei der Beschränkung des Verbots der Telefonwerbung auf Outbound-Telefonate bestehen. Der Senat hält es auch nicht für überzeugend, wenn der Kläger meint, eine Ausnahme vom Werbeverbot mittels Telekommunikationsanlagen sei für Inbound-Telefonate deswegen zu machen, weil es mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbar sei, einerseits Anrufe bereits zum Kauf entschlossener Personen zum Zwecke des Vertragsschlusses zuzulassen, andererseits unentschlossenen Interessenten die gewünschte (informative) Beratung am Telefon zu verwehren mit der Folge, dass diese mangels Beratung einen Glücksspielvertrag abschließen, den sie bei erfolgter Beratung nicht abgeschlossen hätten. Vor dem Hintergrund der mit der Telefonwerbung verbundenen besonderen Gefahren hat der Gesetzgeber das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen umfassend geregelt und sieht insbesondere den Postweg als den traditionellen und keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizenden und damit hinsichtlich des Suchtpotenzials vertretbaren Vertriebsweg an (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Auf diesem Weg hat der Kläger gegebenenfalls einen Beratung begehrenden Kunden zu verweisen, um zu verhindern, dass dieser infolge des Unterlassens einer Beratung einen unüberlegten spontanen Kaufentschluss tätigen könnte.
31 
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die Begründung zu § 5 Abs. 3 GlüStV dem so verstandenen ausnahmslosen Verbot der Werbung mittels Telekommunikationsanlagen - auch bei Inbound-Telefonaten - nicht entgegen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers, wie sie insbesondere in den verschiedenen Gesetzesentwürfen, den Beratungsprotokollen und vor allem in den den Entwürfen beigegebenen Begründungen zum Ausdruck kommen (vgl. dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., Studienausgabe, S. 206) vornehmlich erst dann zu Rate zu ziehen sind, wenn aus dem Wortsinn, dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes und der ihm zu Grunde liegenden Systematik, sowie dem ermittelten Sinn und Zweck der Vorschrift keine eindeutigen Auslegungsergebnisse zu erzielen sind und damit noch immer verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen bleiben (vgl. Larenz, a.a.O., S. 203; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.10.2003 - 13 S 887/03 -, InfAuslR 2004, 169). Das ist aber hier nach den obigen Ausführungen gerade nicht der Fall. Es kommt hinzu, dass die Begründung zu § 5 GlüStV keine eindeutigen Hinweise darauf enthält, dass § 5 Abs. 3 GlüStV entgegen seinem Wortlaut dahingehend zu verstehen sein soll, dass eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Lotterie- oder anderen Glücksspielprodukten anlässlich eines von dem Kunden ausgehenden Anrufs nach § 5 Abs. 3 GlüStV nicht verboten ist. Vielmehr heißt es in der Gesetzesbegründung zunächst, dass das Verbot über die allgemein geltenden wettbewerbsrechtlichen Grenzen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinausgeht undjede Werbung über diese Anlagen verbietet. In der Gesetzesbegründung wird weiterhin - allerdings bezüglich des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - auf das zusätzliche Gefahrenelement des sofortigen Übergangs von Werbung zur Teilnahme am Spiel abgestellt. Dieser Aspekt trifft für die Werbung über Telekommunikationsanlagen, auch bei Inbound-Telefonaten, ebenfalls gleichermaßen zu. Zwar spricht die Gesetzesbegründung zu § 5 GlüStV dann weiter davon, dass mit § 5 Abs. 3 GlüStV Werbeanrufe beim Spieler verboten, nicht dagegen Anrufe des Spielers bei Veranstaltern oder Vermittlern unterbunden werden sollen. Aber auch dieser Erläuterung lässt sich kein zuverlässiger und eindeutiger Hinweis auf eine vom Gesetzgeber gewollte Zulässigkeit von Werbung bei Inbound-Telefonaten entnehmen, der das oben gefundene Auslegungsergebnis in Frage stellen könnte. Denn diese Passage der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages ist nicht zwingend dahingehend zu verstehen, dass bei Anrufen des Kunden Glücksspielanbieter auf Wunsch des Anrufers werbende Informations- bzw. Beratungsgespräche führen können, wenn dies der Intention des Kunden entspricht (so: Walz, a.a.O. S. 93). Sie kann vielmehr - mit dem Verwaltungsgericht - auch dahingehend gedeutet werden, dass nur „Werbeanrufe“ verboten sind, dem Spieler aber nicht die Möglichkeit genommen werden soll, durch einen Anruf beim Veranstalter einen Glücksspielvertrag abzuschließen oder andere technische Fragen mit dem Kundenservice oder der Kundenhotline zu klären, es aber sonst bei dem Verbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV verbleibt, wenn ein solcher Anruf des Kunden dazu genutzt oder gar pervertiert werden soll, den Kunden für eine (weitere) Spielteilnahme zu werben oder gezielt zur Teilnahme an Glücksspielen aufzufordern (so: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 5 GlüStV RdNr. 65).
32 
Das so verstandene umfassende Telefonwerbeverbot verstößt entgegen der Ansicht des Klägers weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht.
33 
Zwar liegt in der Beschränkung der Wirtschaftswerbung ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), jedoch ist das umfassende Verbot der Telefonwerbung eine verhältnismäßige und damit zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). Vor dem Hintergrund des legitimen Ziels der Bekämpfung der Glücksspielsucht und des Umstands, dass das staatliche Glücksspielangebot - wie bereits ausgeführt - lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebs dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen soll, ist das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zu beanstanden. Im Gegensatz zu der von § 5 Abs. 3 GlüStV nicht erfassten Hörfunk-, Plakat-, Druck- und sonstigen Postwerbung erreichen Werbemaßnahmen über die in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Medien ein sehr breites und auch junges Publikum und verfügen, was vor allem die hier in Rede stehende Werbung über Telekommunikationsanlagen betrifft, über ein besonderes interaktives Potenzial. Zwar mag dieses Verbot - insbesondere vor dem Hintergrund der Praxis des Klägers, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben - eine durchaus spürbare Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten bedeuten, jedoch wird dem Kläger kein völliges Werbeverbot auferlegt. Er kann vielmehr weiterhin hinreichend auf verschiedenen anderen Wegen (Hörfunk-, Presse-, Plakat- und postalische Werbung) auf sein Angebot aufmerksam machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009, a.a.O.).
34 
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie gegenüber verfügten umfassenden Telefonwerbeverbotes bestehen auch nicht in unionsrechtlicher Hinsicht.
35 
Die durch die Werbeverbote in § 5 Abs. 3 GlüStV begründeten Eingriffe in die Grundfreiheiten aus Art. 49 und 56 AEUV werden durch die vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes gerechtfertigt. In seinem Urteil vom 08.09.2010 ( C-316/07, RdNr. 103, NVwZ 2010, 1409) führt der Europäische Gerichtshof gerade aus, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols, hier des von der XXX Klassenlotterie wahrgenommenen faktischen Lotteriemonopols, für das der Kläger die Erlaubnis zur Vermittlung besitzt, eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und strikt auf das begrenzt zu bleiben hat, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern. Da die Werbeverbote des § 5 Abs. 3 GlüStV nicht „monopolakzessorisch“, sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht sind, kann - entgegen der Ansicht des Klägers und unabhängig von der Frage, ob sich der Kläger als ein in die Vertriebsorganisation der XXX Klassenlotterie eingebundener Vermittler insoweit auf die Rechte privater Vermittler oder Veranstalter von Glücksspiel überhaupt in einem qualifizierten Maße berufen kann - insoweit offenbleiben, ob die Ausgestaltung des Monopols den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht, insbesondere auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne kohärente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, juris). Allerdings gelten die Anforderungen an eine kohärente Regelung nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (vgl. EuGH, Urteil vom 10.03.2009 C-169/07 -, GewArch 2009, 195; BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.), auch wenn bei der Anwendung des Kohärenzgebotes nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Dienstleistungsfreiheit durch die Errichtung eines staatlichen Monopols ungleich stärker beschränkt wird als durch Regelungen, die lediglich bestimmte Vertriebs- oder Vermarktungsformen verbieten (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010, a.a.O., Rdnrn. 74 ff einerseits, RdNr. 79 ff. andererseits). Im Hinblick auf dieses Kohärenzgebot muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen, und darf die in Rede stehende Regelung durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren nicht konterkariert werden (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , C-46/08, NVwZ 2010, 448). Das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV wird diesen Anforderungen bezüglich des umfassenden Telefonwerbeverbotes gerecht (vgl. für das Internetwerbeverbot: BVerwG; Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.). Zum einen ist es widerspruchsfrei auf die Verwirklichung der damit verfolgten Ziele ausgerichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass die mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht die tatsächlichen Ziele sind und die Länder mit ihm in Wahrheit andere, etwa fiskalische Ziele verfolgen. Zum anderen gilt das Werbeverbot für alle Glücksspielarten, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen, und im Glücksspielstaatsvertrag geregelt werden (vgl. § 2 GlüStV, dessen Satz 2 die Anwendbarkeit des § 5 GlüStV auch für Spielbanken vorschreibt). Ausweislich der Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag (a.a.O.) gilt § 5 GlüStV darüber hinaus auch für Glücksspiele, die rechtmäßig im Ausland veranstaltet und im Inland beworben werden dürfen, weil keine - die Erlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV auslösende - Teilnahmemöglichkeit im Inland besteht, wie etwa die Werbung für ausländische Casinos in Deutschland. Die Norm gilt für die Veranstalter wie auch gemäß § 19 Satz 1 GlüStV für die Vermittler von Glücksspiel in gleichem Maße. Dass darüber hinaus die tatsächliche Erreichbarkeit der mit dem Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV verfolgten Ziele durch die Rechtslage oder Praxis in anderen Glücksspielbereichen in Frage gestellt würde, lässt sich nicht erkennen. Soweit das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 30.11.2011 - 13 B 1331/11 -, juris) mit Blick auf die Werbemaßnahmen der Landeslotteriegesellschaften im Internet oder in anderen Publikationen und Medien Zweifel daran hat, ob § 5 Abs. 3 GlüStV auf Grund der praktischen Anwendung der Werberegelungen des § 5 GlüStV durch die zuständigen Aufsichtsbehörden gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstößt, geht es bei dem hier gegenüber dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie verfügten Telefonwerbeverbot ja gerade darum, die Werbemaßnahmen für eine Lotteriegesellschaft einzuschränken und damit dem Kohärenzgebot auch in dieser Hinsicht zu genügen.
36 
Das Telefonwerbeverbot ist auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob im Hinblick darauf, dass dem Kläger nach dem Erlaubnisbescheid der Regierung von Oberfranken vom 24.11.2008 (Az. 10-2161.01) ausdrücklich die Generierung von Inbound-Telefonaten mit Hilfe kostenloser Gewinnspiele zur Bewerbung von Losen der Klassenlotterie gestattet wurde, wenn die Gewinnspielunterlagen einen deutlichen Hinweis enthalten, dass bei einem Anruf auch Informationen über Spielmöglichkeiten bei der Klassenlotterie gegeben werden (vgl. zu ähnlichen Nebenbestimmungen in Erlaubnisbescheiden der Regierung der Oberpfalz: VG Regensburg, Urteile vom 03.08.2009 - RO 5 K 08.2050 - und vom 21.10.2010 - RO 5 K 10.31 -, jew. juris), ein unmögliches Verhalten aufgegeben wird, weil sich nicht feststellen lässt, ob der Anrufer wegen seines Aufenthaltsortes beworben werden darf oder nicht. Denn der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine Befragung des Anrufers nach seinem Aufenthaltsort als ein ausreichendes Verfahren akzeptiert werde, um den Aufenthaltsort des Anrufers festzustellen. Die beanstandete Nebenbestimmung werde in ihrer Anwendung ausdrücklich in dem Sinn beschränkt, dass Werbung nur dann untersagt ist, wenn der Anrufer auf eine vorzunehmende Anfrage erkläre, aus Baden-Württemberg anzurufen.
37 
Auch sonst sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere kann eine möglicherweise gegenteilige Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern den Beklagten nicht in seiner Ermessensausübung einschränken. Denn eine anderweitige Verwaltungspraxis anderer Behörden bindet den Beklagten bei der Ausübung seines Ermessens in seinem Zuständigkeitsbereich nicht, sofern sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. Dies ist hier nicht der Fall. Nachdem das umfassende Telefonwerbeverbot lediglich die gemessen an höherrangigem Recht nicht zu beanstandenden gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 3 GlüStV für den Kläger verbindlich konkretisierend festlegt, steht seine Verhältnismäßigkeit nicht in Frage.
38 
Erweist sich damit das gegenüber dem Kläger ausgesprochene umfassende Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV als rechtmäßig, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob der Kläger als Lotterieeinnehmer für die Süddeutsche Klassenlotterie im Hinblick auf § 8 AGGlüStV schon an das Werbeverbot in Ziffer III 1 der von dem Vertreter des Beklagten erst in der Berufungsverhandlung vorgelegten Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2011 gebunden ist. In dieser Entscheidung wurde die der Süddeutschen Klassenlotterie von der Regierung der Oberpfalz am 19.08.2008 erteilte Erlaubnis für Baden-Württemberg unter anderem mit der Nebenbestimmung verlängert, dass Werbung über Telefon selbst dann verboten ist, wenn sich ein Anrufer vor oder während seines Anrufs damit einverstanden erklärt hat, während des Telefonats über die Möglichkeit zum Glücksspiel informiert zu werden.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.
41 
Beschluss vom 13. Dezember 2011
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob sich juristische Personen mit Sitz außerhalb Deutschlands, jedoch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. Sie betrifft darüber hinaus die Beachtung des Grundrechts auf Eigentum bei der Auslegung und Anwendung nationalen, auf Unionsrecht beruhenden Rechts.

I.

2

1. Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft die inhaltliche Reichweite des dem Urheber vorbehaltenen Verbreitungsrechts nach § 17 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) und nach § 96 UrhG in der Fassung vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1774). Die Auslegungsfragen ergeben sich im Streitfall aus der Aufstellung von Nachbildungen von Le-Corbusier-Möbeln in einer Zigarrenlounge der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Für Herstellung und Vertrieb der Möbel sind der Beschwerdeführerin urheberrechtliche Exklusivrechte eingeräumt.

3

a) § 17 UrhG erhielt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) folgende Fassung:

4

Verbreitungsrecht

5

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

6

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

7

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken

8

1. von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder

9

2. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

10

Die Gesetzesnovelle diente der Umsetzung der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl Nr. L 346 vom 27. November 1992, S. 61), inzwischen abgelöst durch die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28; im Folgenden: Vermiet- und Verleih-Richtlinie). Diese betrifft nach ihrem Art. 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht das Vermieten oder Verleihen von Werken der angewandten Kunst.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 21. Dezember 1994 (BTDrucks 13/115, S. 7, 12) wird der Begriff der Verbreitung vorausgesetzt. Er wurde stets weit verstanden als "jede Art des Inverkehrbringens von Werkstücken" (vgl. die Einzelbegründung zu § 17 im Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes vom 23. März 1962, BTDrucks IV/270, S. 47 f.). Nach bis zum Erlass der angegriffenen Entscheidung allgemeiner Meinung bedeutete "Inverkehrbringen" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG jede Handlung, durch die das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden; dafür sollte jede Besitzüberlassung ausreichen (vgl. BGHZ 113, 159 <160 ff.>; Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12 m.w.N.). Entsprechend beurteilte etwa das Kammergericht die Ausstattung von Hotelzimmern mit imitierten Le-Corbusier-Möbeln als Verletzung des Verbreitungsrechts und ließ dabei die Frage der bürgerlich-rechtlichen Besitzüberlassung offen (Urteil vom 30. April 1993 - 5 U 2548/91 -, GRUR 1996, S. 968 <969 f.>).

12

b) § 96 UrhG lautet:

13

Verwertungsverbot

14

(1) Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.

15

(2) Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden.

16

Diese mit Ausnahme der Überschrift wortgleich schon im Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1273) enthaltene Vorschrift dient nach der Entwurfsbegründung der Klarstellung, dass derjenige, der aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Erlaubnis zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines Werks berechtigt ist, hierzu keine rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücke benutzen darf (vgl. die Einzelbegründung zu § 106, BTDrucks IV/270, S. 103). Als ein Hauptanwendungsfall wurde die Verbreitung von im Ausland rechtmäßig hergestellten und von dort importierten Vervielfältigungen in Deutschland angesehen, deren Herstellung hier rechtswidrig gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - I ZR 155/90 "Cliff Richard II" -, NJW 1995, S. 868 <870>; Meckel, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 96 Rn. 1).

17

c) § 97 Abs. 1 UrhG gibt dem Inhaber eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts unter bestimmten Bedingungen einen Unterlassungsanspruch. Die Vorschrift lautet:

18

Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

19

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

20

2. a) § 17 UrhG dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Urheberrechtsrichtlinie). Diese hat ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften über die Rechtskoordinierung und -angleichung im Binnenmarkt (Art. 47 Abs. 2, Art. 55, Art. 95 EG, heute Art. 53 Abs. 1, Art. 62, Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV). Ihr Harmonisierungszweck wird insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 3, 4, 6 und 7 angesprochen, während in den Erwägungsgründen 4, 9 bis 12 und 22 das angestrebte hohe Schutzniveau im Bereich des geistigen Eigentums betont wird.

21

Die Urheberrechtsrichtlinie dient, wie sich aus ihrem Erwägungsgrund 15 ergibt, zugleich der Umsetzung zweier völkerrechtlicher Verträge vom 20. Dezember 1996, nämlich des WIPO-Urheberrechtsvertrags (WCT; UNTS Bd. 2186, S. 121; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, in Kraft getreten am 6. März 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010) und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger (WPPT; UNTS Bd. 2186, S. 203; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, 770, in Kraft getreten am 20. Mai 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010). Ausweislich ihrer Präambeln sollen die Verträge insbesondere die Rechte von Autoren, darbietenden Künstlern und Tonträgerherstellern erhalten und weiterentwickeln.

22

b) Die Urheberrechtsrichtlinie regelt das Verbreitungsrecht in ihrem Artikel 4:

23

Verbreitungsrecht

24

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

25

(2) Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

26

Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie holte der Bundesgerichtshof in einem Parallelverfahren zum hiesigen Ausgangsverfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03 - (GRUR 2007, S. 50) eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) gemäß Art. 267 AEUV unter anderem zu der Frage ein, ob von einer Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form auf sonstige Weise auszugehen ist, wenn Dritten der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ermöglicht wird, ohne dass mit der Gebrauchsüberlassung eine Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Werkstücke verbunden ist. Gegenstand dieses Verfahrens, das ebenfalls die Beschwerdeführerin des vorliegenden Verfahrens eingeleitet hatte, war das Aufstellen in Italien erworbener Imitate von Le-Corbusier-Möbeln zur Benutzung durch Kunden in der Ruhezone eines Kaufhauses und zu Dekorationszwecken in dessen Schaufenstern.

27

In seinem Vorlagebeschluss verwies der Bundesgerichtshof auf seine Rechtsprechung, derzufolge ein Verbreiten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie regelmäßig vorliege, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des (auch vorübergehenden) Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt würden (a.a.O., <51>). Als noch nicht geklärt sah der Bundesgerichtshof die Frage an, ob dies auch gelte, wenn Werkstücke ohne Übertragung des Eigentums oder des Besitzes und damit ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Seiner Ansicht nach sei dies aufgrund des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und der ein hohes Schutzniveau verlangenden Erwägungsgründe zu bejahen (a.a.O., <52>).

28

Der Europäische Gerichtshof entschied indessen, dass eine Verbreitung im Sinne der Richtlinie nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege (Urteil vom 17. April 2008 - C-456/06 Peek&Cloppenburg/Cassina -, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 41). Zur Begründung führte er aus (Rn. 29 ff.), die Richtlinie präzisiere den Begriff der Verbreitung nicht, er werde aber in Art. 6 Abs. 1 WCT und in Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 WPPT definiert. Die Urheberrechtsrichtlinie diene ausweislich ihres Erwägungsgrundes 15 dazu, den Verpflichtungen der Gemeinschaft aus diesen Verträgen nachzukommen, denen zufolge eine Verbreitung nur bei einer Eigentumsübertragung vorliege. Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie sei daher ebenso auszulegen. Diese Schlussfolgerungen würden durch die Erwägungsgründe 9 bis 11 der Richtlinie nicht entkräftet; ein hohes Schutzniveau könne nur in dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Rahmen verwirklicht werden (Rn. 37 ff.).

II.

29

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht mit Sitz in Italien, produziert Polstermöbel, die nach Entwürfen des 1965 verstorbenen Charles-Édouard Jeanneret-Gris, genannt Le Corbusier, gefertigt sind. Zwischen ihr und der Fondation Le Corbusier in Paris, welche die Rechte des verstorbenen Urhebers wahrnimmt, sowie zwei weiteren Rechtsnachfolgerinnen Le Corbusiers bestehen seit 1965 urheberrechtliche Exklusivverträge für die weltweite Herstellung und den Verkauf bestimmter von Le Corbusier entworfener Möbel. Die Verträge erlauben der Beschwerdeführerin auch das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen.

30

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, eine Zigarrenherstellerin, richtete in einer Kunst- und Ausstellungshalle eine Zigarrenlounge ein. Sie erwarb bei einer in Bologna geschäftsansässigen Firma (zugleich Streithelferin der Beklagten im Ausgangsverfahren) Nachbildungen von Sesseln und Sofas der Le-Corbusier-Möbel und stellte diese in der Lounge auf. Urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Möbelmodellen sind der Streithelferin nicht eingeräumt.

31

Die Beschwerdeführerin erwirkte beim Landgericht und beim Oberlandesgericht eine Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, von ihr nicht genehmigte Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Le-Corbusier-Möbelmodelle in der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten, insbesondere in der genannten Zigarrenlounge aufzustellen und gewerblich zu benutzen. Die Gerichte stützten den Unterlassungsanspruch auf § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UrhG und legten dabei einen weiten Begriff der Verbreitung zugrunde. Leitender Grundgedanke sei die tunlichst angemessene Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Nutzen seines Werks. Demgemäß solle der Urheber möglichst umfassend an jedem neuen Verwertungsvorgang teilhaben. Eine Besitzübertragung im Sinne von §§ 854 ff. BGB sei dafür nicht erforderlich, die rein tatsächliche Überlassung an die Kunden der Zigarrenlounge genüge.

32

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht erhob die Streithelferin der Beklagten Beschwerde zum Bundesgerichtshof.

33

2. In dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde stellte der Bundesgerichtshof die Entscheidung im Hinblick auf das in dem oben genannten Parallelverfahren eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zunächst zurück.

34

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Parallelverfahren vom 17. April 2008 (a.a.O.) ließ der Bundesgerichtshof die Revision im Ausgangsverfahren zu. Mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Januar 2009 (ZUM-RD 2009, S. 531) hob er das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ab. Im Parallelverfahren entschied der Bundesgerichtshof in gleicher Weise (Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03 -, GRUR 2009, S. 840).

35

Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, der Beschwerdeführerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG nicht zu, denn die Beklagte habe das Verbreitungsrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG durch das Aufstellen der Möbel nicht verletzt und auch nicht gegen das Verwertungsverbot nach § 96 UrhG verstoßen.

36

a) Da es sich bei dem Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie um harmonisiertes Recht handele, sei § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Die Richtlinie begründe insoweit nicht nur einen Mindestschutz, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürften, sondern stelle eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes dar. Dies folge aus dem Zweck der Richtlinie, unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Interesse der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts anzupassen und ein uneinheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die zum Teil im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht stelle darauf ab, dass die Regelungen des Verbreitungsrechts in den WIPO-Verträgen nur Mindestrechte gewährten und es den Vertragsstaaten unbenommen bleibe, über diesen Mindestschutz hinauszugehen. Die sich daraus ergebenden Folgerungen beträfen aber nur die Auslegung der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und damit die vom Europäischen Gerichtshof nunmehr bejahte Frage, ob eine Verbreitung im Sinne dieser Richtlinienbestimmung nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege.

37

Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte, dass ein Dritter nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht eingreife, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit lediglich zum Gebrauch zugänglich mache.

38

b) Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Beschwerdeführerin auch nicht wegen Verletzung des Verwertungsverbots aus § 96 Abs. 1 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift dürften rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG scheide aus, weil der Begriff der Verbreitung demjenigen des § 17 UrhG entspreche und dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Für eine analoge Anwendung fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs habe der Gemeinschaftsgesetzgeber das Verbreitungsrecht bewusst auf Sachverhalte beschränkt, die mit der Übertragung des Eigentums des Originals des Werks oder eines Vervielfältigungsstücks verbunden seien.

III.

39

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

40

1. Die Beschwerdeführerin hält sich für beschwerdebefugt. Als ausländische juristische Person mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat könne sie ungeachtet Art. 19 Abs. 3 GG auch eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts rügen. Dabei sei auch ohne Bedeutung, dass sie nicht selbst als Urheberin, sondern nur aufgrund vertraglicher Absprachen mit der Fondation Le Corbusier berechtigt sei.

41

2. Das angegriffene Urteil verletze Art. 14 Abs. 1 GG.

42

a) Die Auslegung von § 17 Abs. 1 UrhG durch den Bundesgerichtshof habe zur Folge, dass der Urheber andere Verbreitungsformen als die Eigentumsübertragung nicht mehr unterbinden könne. Mit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Eingriffs habe sich der Bundesgerichtshof nicht befasst, weil er davon ausgegangen sei, europarechtlich an diese Auslegung gebunden zu sein. Dabei habe er übersehen, dass Verbreitungsformen, die nicht in einer Eigentumsübertragung bestehen, von vornherein nicht vom Regelungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie erfasst seien, so dass die Auslegung des nationalen Rechts insoweit durch die Richtlinie nicht determiniert werde. Wollte man dies anders sehen, hätte der Bundesgerichtshof jedenfalls nicht von einem Maximalschutzcharakter der Richtlinie ausgehen dürfen. Die Urheberrechtsrichtlinie regle nur einen Mindestschutz, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 9 bis 12 ergebe. § 17 Abs. 1 UrhG hätte verfassungskonform so ausgelegt werden müssen, dass auch die Besitz- und Gebrauchsüberlassung erfasst würde. Dies entspreche der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (bis zur angegriffenen Entscheidung) und der Obergerichte sowie der Auffassung des deutschen Gesetzgebers.

43

Die Auslegung durch den Bundesgerichtshof führe dazu, dass der Kernbestand des Urheberrechts, nämlich über die Rechte am Werk in eigener Verantwortung verfügen und Dritte von der Nutzung des Werks ausschließen zu können, nicht mehr gewährleistet sei. Die Streithelferin umgehe bewusst das deutsche Urheberrecht, indem sie ihre Plagiate in Italien veräußere und vom Käufer nach Deutschland schaffen lasse. Die Gebrauchs- oder Besitzüberlassung in Deutschland werde damit zum einzigen Rechtsakt, auf den der Urheber Zugriff habe oder nach bisheriger Rechtsprechung gehabt habe.

44

b) Die Argumentation des Bundesgerichtshofs sei auch im Hinblick auf § 96 UrhG nicht tragfähig. Die Vorschrift bezwecke gerade, dass kein Dritter das Ergebnis einer rechtswidrigen Handlung für sich ausnutzen könne. Der Bundesgerichtshof dürfe nicht auf den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers abstellen, denn § 96 UrhG sei nicht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert.

45

3. Weiter verletze das Urteil das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter. Die Vorlagefragen im Parallelverfahren seien unzureichend gewesen. Nach deren Beantwortung habe der Bundesgerichtshof die Sache erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen und fragen müssen, ob der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt überhaupt in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie falle. Bei Verneinung dieser Frage hätte es keine gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Auslegung der "Verbreitung" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG gegeben. Ebenso zwingend sei eine Vorlage der Frage gewesen, ob Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie einen Mindest- oder zugleich einen Maximalschutz definiere. Der Bundesgerichtshof beantworte diese entscheidungserhebliche Frage hingegen selbst. Die fehlende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei offensichtlich unhaltbar, weil eine mögliche Gegenauffassung der vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sei; die Literatur gehe einhellig von einem bloßen Mindestschutzcharakter aus, was der Bundesgerichtshof durchaus erkannt habe.

IV.

46

Die Streithelferin der Beklagten und die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) haben zur Verfassungsbeschwerde Stellungnahmen abgegeben (letztere abgedruckt in GRUR 2010, S. 698).

47

1. Nach Auffassung der Streithelferin auf Beklagtenseite, der Herstellerin der Möbelnachbildungen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt sei. Der urheberrechtliche Exklusivvertrag beschränke sich auf die Rechte auf Herstellung und Verkauf der Möbel. Die Beschwerdeführerin könne sich zudem als ausländische juristische Person nicht auf eine Verletzung des deutschen Eigentumsgrundrechts stützen. Die Verletzung solle aus einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Urheberrechts herrühren; die Richtlinie sei aber allein vom Europäischen Gerichtshof an Grundrechten des Unionsrechts zu messen.

48

Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 (a.a.O.) gehe hervor, dass er von einem voll harmonisierten Verbreitungsbegriff ausgehe. Durch die Definition des Verbreitungsbegriffs würden lediglich Inhalt und Schranken des Eigentums in zulässiger Weise bestimmt.

49

2. Der Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zufolge ist die aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 vom Bundesgerichtshof gezogene Schlussfolgerung, die Urheberrechtsrichtlinie regle einen Maximalschutz, nicht zwingend. Auch bei vollständiger Harmonisierung des Verbreitungsrechts seien die Mitgliedstaaten nicht gehindert, weitere Ausschließlichkeitsrechte zu gewähren.

50

Eine Lücke im Schutz des Urheberrechts bestehe aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs allerdings nur in den Fällen, in denen im Ausland schutzfrei hergestellte Werkexemplare erworben und diese im Inland ohne Eigentumsübergang genutzt würden, ohne dass das ausschließliche Vermietrecht eingreife (was bei Werken der angewandten Kunst der Fall sei, § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UrhG). Demgegenüber erfasse das Verbreitungsrecht nach wie vor, auch bei angewandter Kunst, den Fall, dass im Ausland erworbene Werkexemplare im Inland weiterveräußert würden.

B.

51

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

52

Das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs ist, auch soweit es Rechtsvorschriften betrifft, die Unionsrecht in deutsches Recht umsetzen, als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 126, 286 <298 f.>).

53

Zwar übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Unionsrecht, das als Grundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, grundsätzlich nicht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 125, 260 <306>). Dies gilt auch für innerstaatliche Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben einer Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Anwendung unionsrechtlich vollständig determinierter Bestimmungen des nationalen Rechts richten, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 125, 260 <306>).

54

Diese Grundsätze stehen einer Überprüfung des angegriffenen Urteils jedoch nicht entgegen. Wird wie hier die Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung darauf gestützt, dass ein Gericht bei der Auslegung nationalen Umsetzungsrechts einen den Mitgliedstaaten verbleibenden Umsetzungsspielraum verkannt habe, beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung deutscher Grundrechte im Bereich des unionsrechtlich nicht vollständig determinierten Rechts. Insoweit kann er auch geltend machen, das Gericht habe sich zu Unrecht durch Unionsrecht gebunden gesehen.

II.

55

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdefähig und -befugt. Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde reicht es aus, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung eines für ihn verfassungsbeschwerdefähigen Rechts aufzeigt (vgl. BVerfGE 125, 39 <73> m.w.N.).

56

1. a) Art. 19 Abs. 3 GG steht der Beschwerdefähigkeit für die Rüge einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht entgegen.

57

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung der materiellen Grundrechte allgemein für ausländische juristische Personen unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG zwar abgelehnt (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). Neuere Kammerbeschlüsse haben hingegen offen gelassen, ob diese Rechtsprechung auch auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2004 - 1 BvR 1620/03 -, NJW 2004, S. 3031, und vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, S. 670 f.). Angesichts der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - verb. Rs. C-92/92 und C-326/92 Phil Collins -, Slg. 1993, S. I-5145, Rn. 30 ff., 35; Urteil vom 5. November 2002 - C-208/00 Überseering -, Slg. 2002, S. I-9919, Rn. 76 ff.) erscheint es jedenfalls möglich, dass die Beschwerdeführerin mit Sitz in Italien Trägerin des Grundrechts auf Eigentum ist.

58

b) Der Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr Eigentumsgrundrecht lässt sich nicht entgegenhalten, dass sie nicht selbst Urheberin der Möbelmodelle ist, sondern mit den Rechtsnachfolgern von Le Corbusier Exklusivverträge über die Herstellung und Vermarktung der Möbelmodelle Le Corbusiers geschlossen hat. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in deren durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutzrechte des geistigen Eigentums eingerückt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2000 - 1 BvR 1864/95 -, GRUR 2001, S. 43). Demgegenüber handelt es sich nicht um den Fall einer grundsätzlich unzulässigen Prozessstandschaft, bei der fremde Rechte im eigenen Namen geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 25, 256 <263>; 31, 275 <280>; 56, 296 <297>).

59

2. Die Beschwerdefähigkeit und -befugnis im Hinblick auf die Rüge einer Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind gegeben. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, da die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG jedem zustehen können, gleichgültig ob er eine natürliche oder juristische, eine inländische oder ausländische Person ist (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 64, 1 <11>).

III.

60

Die Beschwerdeführerin ist bezüglich der Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch dem Grundsatz der Subsidiarität gerecht geworden.

61

1. Der Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde muss, über die bloße formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; stRspr). Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens sind allerdings grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht rechtliche Darlegungen verlangt. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren einer Verfassungsbeschwerde lediglich, den Sachverhalt so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist; diese ist dann von den Gerichten vorzunehmen. Der Beschwerdeführer muss das fachgerichtliche Verfahren nicht im Sinne eines vorgezogenen Verfassungsrechtsstreits führen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>).

62

Etwas anderes kann in Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Weiter ist zu beachten, dass die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>; 112, 50 <62>). Das bedeutet insbesondere, dass von der Rechtsordnung eröffnete Rechtsbehelfe in zulässiger Weise ergriffen werden müssen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>).

63

Die Beachtung der hieraus folgenden Anforderungen muss der Beschwerdeführer, wenn sie nicht offensichtlich gewahrt sind, in seiner Verfassungsbeschwerde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG substantiiert darlegen (vgl. BVerfGK 4, 102 <103 f.>).

64

2. Im Rahmen einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die damit umschriebene Obliegenheit des Beschwerdeführers regelmäßig darauf, durch entsprechende Anträge oder Anregungen an das Fachgericht eine Befassung des gesetzlichen Richters zu erreichen.

65

Handelt es sich beim gesetzlichen Richter um den Europäischen Gerichtshof, ist ein entsprechender Antrag der Beteiligten auf Vorlage allerdings nicht vorgesehen, vielmehr ist ein letztinstanzliches nationales Gericht unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>). Es genügt daher dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn das Vorbringen bei rechtlicher Prüfung durch das Fachgericht eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof als naheliegend erscheinen lässt.

66

3. Danach hat die Beschwerdeführerin die Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters zulässig erhoben. Sie hat dem Bundesgerichtshof ein Gutachten unter anderem zur Frage der Voll- oder Teilharmonisierung des Verbreitungsrechts durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt und damit den sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden Anforderungen noch Genüge getan. Das Gutachten gab dem Bundesgerichtshof hinreichenden Anlass, die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens selbst zu klären.

C.

67

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar kann sich die Beschwerdeführerin darauf stützen, Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes einschließlich des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG zu sein (I.). Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG durch das angegriffene Urteil lässt sich jedoch nicht feststellen (II.). Das Urteil verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (III.).

I.

68

Die Beschwerdeführerin als juristische Person mit Sitz in Italien ist Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes. Die Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt eine aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) vertraglich veranlasste Anwendungserweiterung des deutschen Grundrechtsschutzes dar.

69

1. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die "wesensmäßige Anwendbarkeit" ist bei den hier als verletzt gerügten Grundrechten ohne weiteres gegeben (vgl. zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 4, 7<17>; 23, 153 <163>; 35, 348 <360>; 53, 336 <345>; 66, 116 <130>; zu den Prozessgrundrechten: BVerfGE 3, 359 <363>; 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 19, 52 <55 f.>; 64, 1 <11>; 75, 192 <200>).

70

a) Demgegenüber hat der Senat bislang entschieden, dass sich ausländische juristische Personen auf materielle Grundrechte - anders als auf prozessuale Grundrechte wie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 21, 362 <373>; 64, 1 <11>) - nicht berufen können. Zur Begründung hat er auf Wortlaut und Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG verwiesen, die eine entsprechende ausdehnende Auslegung verböten (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). In anderen Entscheidungen haben beide Senate des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechtsberechtigung ausländischer juristischer Personen ausdrücklich dahingestellt (vgl. allgemein BVerfGE 12, 6 <8>; 34, 338 <340>; 64, 1 <11>; sowie BVerfGE 18, 441 <447> hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG).

71

Mit der spezielleren Frage, ob ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, Träger materieller Grundrechte des Grundgesetzes sein können, hat sich das Bundesverfassungsgericht hingegen bislang nicht näher befasst. Allerdings wurde in einer Entscheidung aus dem Jahr 1968 die Verfassungsbeschwerde einer Vereinigung französischen Rechts mit Sitz in Frankreich ohne weitere Begründung für unzulässig erklärt (BVerfGE 23, 229 <236>); in der Entscheidung aus dem Jahr 1973 zu einer französischen Handelsgesellschaft blieb deren Grundrechtsfähigkeit ausdrücklich dahingestellt (BVerfGE 34, 338 <340>). In der Literatur ist die Frage umstritten (vgl. befürwortend Drathen, Deutschengrundrechte im Lichte des Gemeinschaftsrechts, 1994; H. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 19 Abs. 3 Rn. 20 f., 83 f.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 19 Abs. 3 Rn. 305 ff.; Kotzur, DÖV 2001, S. 192 <195 ff.>; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 93 ff. ; ablehnend Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz, 1985, S. 46 ff.; Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 36 ff.; v. Mutius, in: Bonner Kommentar zum GG 1975, Art. 19 Abs. 3 Rn. 50, 52; Weinzierl, Europäisierung des deutschen Grundrechtsschutzes?, 2006).

72

b) Nach dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte "für inländische juristische Personen". Wegen der Beschränkung auf inländische juristische Personen lässt sich eine Anwendungserweiterung nicht mit dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG begründen. Es würde die Wortlautgrenze übersteigen, wollte man seine unionsrechtskonforme Auslegung auf eine Deutung des Merkmals "inländische" als "deutsche einschließlich europäische" juristische Personen stützen. Auch wenn das Territorium der Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesichts des ihren Bürgern gewährleisteten Raumes "der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen" mit freiem Personenverkehr (Art. 3 Abs. 2 EUV) nicht mehr "Ausland" im klassischen Sinne sein mag, wird es dadurch nicht zum "Inland" im Sinne der territorialen Gebietshoheit (vgl. BVerfGE 123, 267 <402 f.>).

73

Der Vorschrift lag jedoch kein Wille des Verfassungsgebers zugrunde, eine Berufung auf die Grundrechte auch seitens juristischer Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union dauerhaft auszuschließen. Der Allgemeine Redaktionsausschuss des Parlamentarischen Rats kam in einem Entwurf eines Art. 20a GG, der dem heutigen Art. 19 Abs. 3 GG entsprach, zu dem Schluss, es "dürfte kein Anlass bestehen, auch ausländischen juristischen Personen den verfassungsmäßigen Schutz der Grundrechte zu gewähren" (Parlamentarischer Rat, Drucks. 370 vom 13. Dezember 1948). Aus diesem Grund hatte der Vorsitzende des Ausschusses für Grundsatzfragen, v. Mangoldt, vorgeschlagen, das Wort "inländische" einzufügen, womit sich der Ausschuss einverstanden erklärte (Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen, Drucks. 578 vom 11. Januar 1949, S. 10).

74

In den Jahren 1948/49 stand die Entwicklung eines gemeinsamen Europas noch am Anfang. Seitdem hat die Europäische Union zunehmend Gestalt angenommen und ist heute als hochintegrierter "Staatenverbund" (BVerfGE 123, 267 <348>) ausgestaltet, an dem die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 1 GG mitwirkt. Die Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG nimmt diese Entwicklung auf.

75

2. Die Anwendungserweiterung des Grundrechtsschutzes auf juristische Personen aus der Europäischen Union entspricht den durch die europäischen Verträge übernommenen vertraglichen Verpflichtungen, wie sie insbesondere in den europäischen Grundfreiheiten und - subsidiär - dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV zum Ausdruck kommen. Die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen im Anwendungsbereich des Unionsrechts einer Ungleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen aus der Europäischen Union entgegen und drängen insoweit die in Art. 19 Abs. 3 GG vorgesehene Beschränkung der Grundrechtserstreckung auf inländische juristische Personen zurück.

76

a) Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist seit 1957 in den europäischen Verträgen verankert und wurde im Lissabonner Vertrag unverändert in Art. 18 AEUV übernommen. Es ist ein Grundprinzip des Unionsrechts (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - C-115/08 Österreich/ČEZ -, EuZW 2010, S. 26, Rn. 89; vgl. schon H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 592), das in den Grundfreiheiten weiter ausgestaltet wird. Das Diskriminierungsverbot gehört zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft und ist unmittelbar vor mitgliedstaatlichen Gerichten anwendbar; es begünstigt neben natürlichen auch juristische Personen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 30 ff.). Das allgemeine und die speziellen Diskriminierungsverbote verpflichten die Mitgliedstaaten und alle ihre Organe und Stellen, juristische Personen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch im Hinblick auf den zu erlangenden Rechtsschutz Inländern gleichzustellen. In einem Vorabentscheidungsverfahren auf Vorlage des Bundesgerichtshofs hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass die europarechtliche Niederlassungsfreiheit eine nichtdiskriminierende Beurteilung der Rechts- und damit Parteifähigkeit vor deutschen Zivilgerichten verlangt (Urteil vom 5. November 2002 - Überseering -, a.a.O., Rn. 76 ff.).

77

b) Eine Anwendungserweiterung erübrigt sich nicht, weil ein gleichwertiger Schutz der Beschwerdeführerin anderweitig gesichert wäre. Zwar können sich juristische Personen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat in fachgerichtlichen Verfahren ohnehin auf die unmittelbare Geltung des primären Unionsrechts stützen und bleiben somit auch ohne Berufung auf die deutschen Grundrechte nicht ohne Rechtsschutz. Für einen gleichwertigen Schutz im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote reicht es jedoch nicht aus, wenn ausländische juristische Personen zwar im fachgerichtlichen Verfahren auf eine materielle Gleichstellung mit inländischen juristischen Personen hinwirken, ihre Rechte aber gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG mangels Grundrechtsträgerschaft nicht auch mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen können.

78

c) Ein Eingreifen der aus den Grundfreiheiten und Art. 18 AEUV abgeleiteten unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote setzt voraus, dass die betroffenen juristischen Personen aus der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Unionsrechts tätig werden. Der Anwendungsbereich der Verträge richtet sich insoweit nach dem jeweiligen Stand des Primär- und Sekundärrechts der Europäischen Union und damit nach den ihr in den europäischen Verträgen übertragenen Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV, vgl. BVerfGE 123, 267 <349 ff.>; 126, 286 <302>). Insbesondere ist er bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten des Vertrags und dem Vollzug des Unionsrechts eröffnet. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die sich unter anderem auf unionsrechtlich (teil-)harmonisiertes Urheberrecht beruft, welches durch wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland verletzt worden sein soll, fällt in den Anwendungsbereich der Verträge in diesem Sinne (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 22, 27; Urteil vom 6. Juni 2002 - C-360/00 Ricordi -, Slg. 2002, S. I-5088, Rn. 24).

79

d) Durch die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG werden juristische Personen mit einem Sitz im EU-Ausland ebenso behandelt wie inländische juristische Personen. Dies impliziert umgekehrt, dass EU-Ausländern die gleichen Vorschriften der Verfassung wie inländischen juristischen Personen entgegengehalten werden können. Voraussetzung der Berufungsmöglichkeit auf die Grundrechte ist demnach ein hinreichender Inlandsbezug der ausländischen juristischen Person, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die ausländische juristische Person in Deutschland tätig wird und hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden kann (so der Sache nach zu den Prozessgrundrechten bereits BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>).

80

e) Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es nicht. Die nationalen Gerichte sind selbst dazu befugt, eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen. Die richtige Auslegung der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote ist hier so offenkundig, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel bleibt ("acte clair"; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 C.I.L.F.I.T. -, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16).

81

3. Die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG auf juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union reagiert auf die europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung und vermeidet eine Kollision mit dem Unionsrecht. Die Bundesrepublik Deutschland ist an Art. 18 AEUV und die sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Diskriminierungsverbote einschließlich ihres Anwendungsvorrangs vor nationalem Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 <301 f.>) gebunden. Die Anwendungserweiterung beachtet den Grundsatz, dass das supranational begründete Recht der Europäischen Union keine rechtsvernichtende, derogierende Wirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht entfaltet, sondern nur dessen Anwendung soweit zurückdrängt, wie es die Verträge erfordern und es die durch das Zustimmungsgesetz erteilten Rechtsanwendungsbefehle erlauben. Mitgliedstaatliches Recht wird insoweit lediglich unanwendbar (vgl. BVerfGE 123, 267 <398 ff.>; 126, 286 <301 f.>). Die europarechtlichen Vorschriften verdrängen Art. 19 Abs. 3 GG nicht, sondern veranlassen lediglich die Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf weitere Rechtssubjekte des Binnenmarkts. Art. 23 Abs. 1 Satz 2, 3 GG erlaubt, unter Wahrung der in Art. 79 Abs. 2, 3 GG genannten Voraussetzungen Hoheitsgewalt auch insoweit auf die Europäische Union zu übertragen, als dadurch die Reichweite der Gewährleistungen des Grundgesetzes geändert oder ergänzt wird, ohne dass dabei das Zitiergebot des Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5. November 1993, BTDrucks 12/6000, S. 21; Pernice, in: H. Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 23 Rn. 87; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Oktober 2009, Art. 23 Rn. 115). Mit der vertraglichen Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu den Vorläuferregelungen zu Art. 18 AEUV und zu den Grundfreiheiten wurde unter Wahrung der Grenzen des Art. 79 Abs. 2, 3 GG auch der Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote mit der von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG geforderten Mehrheit gebilligt (vgl. BVerfGE 126, 286 <302>). Dies wirkt sich auch auf den Anwendungsbereich der Grundrechte aus, sofern eine Erstreckung der Grundrechtsgeltung auf juristische Personen aus der Europäischen Union veranlasst ist, um im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft zu vermeiden. Die einzelnen Grundrechte des Grundgesetzes verändern sich durch die Erweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG jedoch nicht.

82

4. Die dem Bundesverfassungsgericht aufgegebene Kontrolle des europäischen Rechts auf Erhaltung der Identität der nationalen Verfassung, auf Einhaltung der nach dem System der begrenzten Einzelermächtigung überlassenen Kompetenzen und der Gewährleistung eines im Wesentlichen dem deutschen Grundrechtsschutz gleichkommenden Schutzniveaus bleibt erhalten. Die Identität der Verfassung (vgl. BVerfGE 123, 267 <354, 398 ff.>; 126, 286 <302 f.>) wird durch die Erweiterung der Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG offensichtlich nicht berührt.

II.

83

Art. 14 Abs. 1 GG ist durch das angegriffene Urteil nicht verletzt. Zwar unterfällt das Urheberrecht der Beschwerdeführerin dem verfassungsmäßigen Recht am Eigentum (1.), welches die Gerichte bei der Auslegung nationalen Rechts zu beachten haben, soweit das europäische Recht hierbei Auslegungsspielräume lässt (2.). Die richtlinienkonforme Auslegung der streitentscheidenden Vorschriften der §§ 17, 96 UrhG durch den Bundesgerichtshof ist aber mit dem Grundgesetz vereinbar (3.).

84

1. Das in §§ 17, 96 UrhG gesetzlich ausgestaltete Recht des Urhebers, die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken seines Werks zu kontrollieren, stellt Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Nach diesen Vorschriften kommen auch Urheber angewandter Kunst in den Genuss dieses Rechts, soweit das Design die erforderliche Gestaltungshöhe besitzt. Dies ist hier unstreitig der Fall.

85

Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 1 <25>; 79, 29 <40>). Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, dem Urheber jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (vgl. BVerfGE 31, 248 <252>; 31, 275 <287>).

86

2. a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>). Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358> m.w.N.).

87

Wie etwa im Mietrecht und im Arbeitsrecht ist es allerdings auch in urheberrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 -, GRUR 2011, S. 223, Rn. 19 m.w.N.). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist vielmehr erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; 95, 28 <37>; 97, 391 <401>; 112, 332 <358 f.>).

88

b) Ein Grundrechtsverstoß liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Zivilgericht den grundrechtlichen Einfluss überhaupt nicht berücksichtigt oder unzutreffend eingeschätzt hat und die Entscheidung auf der Verkennung des Grundrechtseinflusses beruht (vgl. BVerfGE 97, 391 <401>). Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Gericht in der Annahme, an vermeintlich zwingendes Unionsrecht gebunden zu sein, an der Berücksichtigung der Grundrechte des Grundgesetzes gehindert sieht. Lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, ist dieser grundgesetzkonform auszufüllen (vgl. BVerfGE 113, 273 <300 ff.>). Die Fachgerichte müssen den Einfluss der Grundrechte bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften des nationalen Rechts, die unionsrechtlich nicht oder nicht vollständig determiniert sind, zur Geltung bringen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>).

89

Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts, insbesondere also der umgesetzten Richtlinien zu ermitteln. Die Auslegung unionsrechtlicher Sekundärrechtsakte obliegt auf nationaler Ebene zuvörderst den Fachgerichten. Diese haben dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV - auch in Bezug auf den Schutz der Grundrechte - in Betracht zu ziehen.

90

Halten die Fachgerichte eine vollständige Bindung durch das Unionsrecht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für eindeutig, unterliegt dies der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Hierbei ist es nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt. Denn mit der Feststellung oder Verneinung eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums wird zunächst durch die Fachgerichte darüber entschieden, ob Grundrechte des Grundgesetzes berücksichtigt werden müssen und ob das Bundesverfassungsgericht nach seiner Rechtsprechung die Überprüfung nationaler Umsetzungsakte am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, solange die Europäische Union einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen wirksamen Schutz der Grundrechte gewährleisten, der nach Inhalt und Wirksamkeit dem Grundrechtsschutz, wie er nach dem Grundgesetz unabdingbar ist, im Wesentlichen gleichkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <161>; 123, 267 <335>).

91

c) Fehlt es an einem mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum, muss das Fachgericht das anwendbare Unionsrecht bei gegebenem Anlass auf seine Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten prüfen und, wenn erforderlich, ein Vorab-entscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV einleiten (vgl. BVerfGE 118, 79 <97>). Dasselbe gilt, wenn das Unionsrecht, einschließlich der europäischen Grundrechte (vgl. Art. 6 EUV in Verbindung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten), bislang ungeklärte Auslegungsfragen aufwirft. Eine Vorlage kann aus grundrechtlicher Sicht insbesondere dann erforderlich sein, wenn das Gericht Zweifel an der Übereinstimmung eines europäischen Rechtsakts oder einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs mit den Grundrechten des Unionsrechts, die einen den Grundrechten des Grundgesetzes entsprechenden Grundrechtsschutz gewährleisten, hat oder haben muss.

92

3. Ein Verstoß des angegriffenen Urteils gegen die Eigentumsfreiheit der Beschwerdeführerin gemäß Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich nach diesen Maßstäben nicht feststellen. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Urheberrechtsricht-linie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof lasse keinen Spielraum für die Einbeziehung der bloßen Gebrauchsüberlassung nachgeahmter Möbelstücke in den Schutz des Verbreitungsrechts nach § 17 Abs. 1 UrhG (a) und § 96 Abs. 1 UrhG (b), ist unter diesen Umständen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sind damit nicht verkannt.

93

a) Zur Harmonisierung des Verbreitungsrechts durch die Urheberrechtsrichtlinie werden verschiedene Auffassungen vertreten (vgl. die Nachweise im angegriffenen Urteil, a.a.O., Rn. 13 f., sowie Goldmann/Möller, GRUR 2009, S. 551 <554 f.>; v. Lewinski, in: Hilty/Drexl/Nordemann, Festschrift für Loewenheim, 2009, S. 175 <180 ff.>; Schulze, GRUR 2009, S. 812 <813 f.>; vgl. auch die Stellungnahme der GRUR im vorliegenden Verfahren, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof verweist zutreffend darauf, dass § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen ist. Er durfte von Verfassungs wegen davon ausgehen, dass die Annahme einer bloßen Teilharmonisierung mit dem Harmonisierungszweck der Richtlinie, wie er insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 4, 6, 7 niedergelegt ist, und der Warenverkehrsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar wäre. Der Europäische Gerichtshof hat im Parallelverfahren etwaige Umsetzungsspielräume nicht erwähnt und Erweiterungen des Verbreitungsbegriffs ausdrücklich dem Unionsgesetzgeber vorbehalten (Urteil vom 17. April 2008, a.a.O., Rn. 37 ff.). Die Generalanwältin hatte sich für eine Auslegung im Sinne eines abschließenden Verbreitungsbegriffs zudem auf die Notwendigkeit des Schutzes der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 EG (jetzt Art. 34 AEUV) gestützt (Schlussanträge vom 17. Januar 2008, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 33 ff.). Der Bundesgerichtshof konnte demnach davon ausgehen, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ihm keinen Auslegungsspielraum lässt, um im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung von § 17 UrhG den in der Richtlinie vorgesehenen Schutz des Verbreitungsrechts zu überschreiten. Damit hat der Bundesgerichtshof die Frage des Umsetzungsspielraums aufgeworfen und ohne Verfassungsverstoß unter Beachtung des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beantwortet.

94

b) Der Bundesgerichtshof konnte auch den Verbreitungsbegriff in § 96 UrhG mit § 17 UrhG übereinstimmend auslegen sowie davon ausgehen, dass er mittelbar ebenfalls von der Harmonisierung durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie erfasst wird und demnach kein Spielraum für eine verfassungskonforme Auslegung blieb. Dass sich die Verbreitungsbegriffe der §§ 17, 96 UrhG entsprechen, steht im Einklang mit der allgemeinen Meinung (vgl. nur Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 96 Rn. 9).

III.

95

Das angegriffene Urteil entzieht die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

96

1. Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>).

97

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, "dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 10; Urteil vom 27. Juni 1991 - C-348/89 Mecanarte -, Slg. 1991, S. I-3277, Rn. 47; BVerfGE 82, 159 <194>).

98

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427, Rn. 104 f.; der Sache nach ebenso gehandhabt in BVerfGE 126, 286 <317 f.>).

99

2. Nach diesen Maßstäben liegt keine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht vor.

100

Indem der Bundesgerichtshof die von ihm für entscheidungserheblich gehaltenen Fragen im Parallelverfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, hat er Art. 267 Abs. 3 AEUV auch im Streitfall nicht grundsätzlich verkannt. Auch wenn das Unionsrecht die Vorlage einer gleichen oder ähnlichen Auslegungsfrage erlaubt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 1986 - C-14/86 Pretore di Salò -, Slg. 1987, S. 2545, Rn. 12; stRspr), musste der Bundesgerichtshof aus verfassungsrechtlicher Sicht die Sache nicht erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen, wenn nach seiner Einschätzung die Antwort des Gerichtshofs keinen Raum für "vernünftigen Zweifel" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21) ließ. Dem angegriffenen Urteil ist die vertretbare Überzeugung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen, dass Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie eine vollharmonisierte Regelung des Verbreitungsrechts darstellt und der Europäische Gerichtshof die Auslegung des Verbreitungsbegriffs der Richtlinie abschließend und umfassend geklärt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.

(2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt in ... ein großes Einrichtungshaus. Sie plant eine Werbeaktion mit dem Slogan: „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am ... regnet“. Jeder Kunde, der im Einrichtungshaus der Klägerin während des Aktionszeitraums Waren zu einem Kaufpreis von mindestens 100,-- EUR erwirbt, kann an der Aktion teilnehmen. Sollte es im Anschluss an die Aktion, voraussichtlich etwa drei Wochen später, an einem bestimmten Tag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr („Stichtag“) am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 Milliliter/Quadratmeter (richtigerweise wohl: 3 l/qm) regnen, erhalten die Kunden, die während des Aktionszeitraums Waren erworben haben, den Kaufpreis von der Klägerin zurückerstattet, wenn sie sich nach dem Stichtag bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums belegen.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass es sich bei ihrer geplanten Werbeaktion nicht um Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrags vom 11.12.2007 - im Folgenden: GlüStV a.F. -) handele. Nach einem längeren Schriftwechsel - auch mit dem Innenministerium Baden-Württemberg - lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2011 den Antrag ab und stellte in der Begründung fest, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. handele. Der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden der Klägerin den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekommen bzw. einen Warengutschein erhalten, sofern es, wie vorgegeben, regne. Die Gewinnmöglichkeit bestehe demnach darin, letztlich die Möbel unentgeltlich zu erhalten. Der Entgeltcharakter werde auch nicht dadurch beseitigt, dass nachträglich eine unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Ein Entgelt sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er vorliegend auch noch die Übereignung von Waren bekomme, stehe dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber habe bewusst den weiten Begriff des Entgelts gewählt und sich nicht an der engeren strafrechtlichen Judikatur orientiert, die bei einem Glücksspiel einen „Einsatz“ verlange.
Die Klägerin hat am 30.11.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass es sich um kein Glücksspiel handele, weil für die Teilnahme an der Werbeaktion kein Entgelt verlangt werde. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme sei der Kauf von Waren bei der Klägerin während des Aktionszeitraumes. Es sei keine gesonderte Anmeldung, etwa über eine kostenpflichtige Rufnummer, erforderlich. Die Kunden kauften schlicht Waren, zu denen ihnen im Rahmen einer Werbeaktion eine zusätzliche Gewinnchance eingeräumt werde. Damit liege kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. vor. Der Begriff „Entgelt“ sei im GlüStV a.F. nicht weitergehend als der Begriff „Einsatz“ in § 284 StGB. Es handele sich auch nicht um einen sogenannten versteckten Einsatz, weil dieser für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Die Klägerin werde sicherstellen, dass die Preise während des Aktionszeitraums nicht angehoben würden. Damit sei ausgeschlossen, dass das Risiko der Werbeaktion eingepreist und die Kunden auf diese Weise ein Entgelt für die Teilnahme leisten werden. Auch biete die Werbeaktion erkennbar keine Gelegenheit, einer Glücksspiel- bzw. Wettsucht Vorschub zu leisten. Vorrangiges Ziel des GlüStV a.F. sei die Suchtprävention. So habe es vergleichbare Werbeaktionen anderer Wettbewerber im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2010 gegeben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt ergänzend vor, jedes Vermögensopfer für die Teilnahme am Spiel sei als Entgelt im Sinne des § 3 GlüStV a.F. anzusehen. So müsse im vorliegenden Fall der Kunde zuerst einen Beitrag aus seinem Vermögen aufbringen, um an dem Spiel teilzunehmen. Die Übereignung der Waren stelle nur eine Kompensation für dieses Vermögensopfer dar. Es sei im Einzelfall nicht möglich zu beurteilen, ob in Fällen wie dem vorliegenden der Preis für die Ware nicht doch höher sei als er ohne die betreffende Aktion wäre. Aufgrund dieser Schwierigkeiten dürfte der Gesetzgeber veranlasst gewesen sein, den weiten Begriff des Entgelts zu wählen. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche daher dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde. Die Aussicht, den Kaufpreis zurückerstattet zu bekommen, dürfte bei vielen Kunden den Entschluss zum Kauf beeinflussen oder gar hervorzurufen. Deshalb geböten es die Ziele des GlüStV a.F., Werbeaktionen wie die der Klägerin als Glücksspiel einzustufen und somit dem strengen Regime des GlüStV a.F. zu unterwerfen.
Mit Urteil vom 15.03.2012 hat das Verwaltungsgericht antragsgemäß den streitgegenständlichen Bescheid vom 02.11.2011 aufgehoben und festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV a.F. darstellt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass die Teilnahme an der Werbeaktion nicht gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolge. Dies setze nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht treffe, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwerbe und sich nicht wesentlich daran orientiere, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR kaufe. Im vorliegenden Fall gehöre die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie sei kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und solle lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Es gehe nicht um den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel. Denn dem jeweiligen Verbraucher würde keine Gewinnmöglichkeit eröffnet, die den Wert der Ware übersteige. Ein Vermögensopfer gehe der Teilnahme am Gewinnspiel nicht voraus, da der Kunde die von ihm gekauften Waren erhalte. Diese Einschätzung entspreche der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Für den vorliegenden Fall sei entscheidend, dass sich der Eintritt des ungewissen Ereignisses lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirke, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Beurteilung mit der Zielrichtung des GlüStV a.F. in Widerspruch stehen könnte. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen gegebenenfalls vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert würden, seien Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent seien.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 29.03.2012 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 23.04.2012 eingelegt. Er ist der Ansicht, dass das Verwaltungsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht in unrichtiger Weise auf das Glücksspielrecht übertrage, die gefestigte Rechtsprechung des Reichsgerichts zum versteckten Entgeltbegriff ignoriere und die Ziele des GlüStV a.F. nicht vollumfänglich würdige. Die Intentionen des UWG und des GlüStV a.F. seien unterschiedlich. Während das UWG vor unlauterem Wettbewerb schützen solle, habe der GlüStV a.F. die ordnungsrechtliche Aufgabe, die negativen Seiten des Glücksspiels zu verhindern. Entscheidend sei, dass ohne den Kauf von Waren in Höhe von mindestens 100,-- EUR keine Teilnahmemöglichkeit an der Wette bestehe. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach man davon ausgehen müsse, dass der Kaufpreis über dem objektiven Wert der Ware liege, liege ein versteckter Einsatz vor. So werde die Klägerin sicherlich die Prämien für die von ihr geplante Versicherung in ihre Kaufpreise einkalkulieren. Selbst wenn die hier geplante Aktion nicht über ein hohes Suchtpotential verfügen sollte, würden Aktionen dieser Art zu einer Allgegenwärtigkeit von Glücksspielen führen und somit das Glücksspiel an sich verharmlosen. Darüber hinaus könnten Anbieter von Glücksspielen das Spiel so ändern, dass der Spieler für sein Entgelt noch einen über den Erwerb einer Gewinnchance hinausgehenden Gegenwert in Form der Übereignung eines Gegenstandes erhalte. Damit würden Umgehungsmöglichkeiten geschaffen, die nicht im Sinne der Zielsetzung des GlüStV a.F. wären.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie stützt sich auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil und ergänzt sie dahingehend, dass für die Annahme der Entgeltlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. ein Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn bestehen müsse. An dieser Konnexität zwischen Entgelt und Erwerb der Gewinnchance mangele es bei der streitgegenständlichen Werbeaktion. Der Kaufpreis sei die äquivalente Gegenleistung für die Ware. Dafür spreche auch die historische Auslegung des Glücksspielbegriffes, wonach die Regelung für ein verstecktes Entgelt in § 3 Abs. 4 LottStV gestrichen worden sei. Im Übrigen liege auch nach der Begründung des GlüStV a.F. ein Glücksspiel nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt werde. So liege der Fall hier. Ohne Zweifel habe das UWG einen anderen Schutzzweck als der GlüStV a.F.. Dies schließe es jedoch nicht aus, die dort getroffenen Wertungen auf § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. zu übertragen. Auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts erkenne das vom Verwaltungsgericht hervorgehobene subjektive Element bei der Definition des Entgeltbegriffs an. Entscheidend sei, ob der Käufer - unter Umständen auch in Kenntnis der Preiskalkulation - die Ware in der Absicht erwerbe, eine Gewinnchance zu erhalten. Dies könne für den Kauf von Möbeln zu einem Wert von mindestens 100,-- EUR vernünftigerweise nicht angenommen werden.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten (1 Band) und die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
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Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.

(2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin betreibt in ... ein großes Einrichtungshaus. Sie plant eine Werbeaktion mit dem Slogan: „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am ... regnet“. Jeder Kunde, der im Einrichtungshaus der Klägerin während des Aktionszeitraums Waren zu einem Kaufpreis von mindestens 100,-- EUR erwirbt, kann an der Aktion teilnehmen. Sollte es im Anschluss an die Aktion, voraussichtlich etwa drei Wochen später, an einem bestimmten Tag zwischen 12.00 und 13.00 Uhr („Stichtag“) am Flughafen Stuttgart amtlich festgestellt mindestens eine Niederschlagsmenge von 3 Milliliter/Quadratmeter (richtigerweise wohl: 3 l/qm) regnen, erhalten die Kunden, die während des Aktionszeitraums Waren erworben haben, den Kaufpreis von der Klägerin zurückerstattet, wenn sie sich nach dem Stichtag bei der Klägerin melden und ihre Einkäufe während des Aktionszeitraums belegen.
Mit Schreiben vom 04.08.2011 beantragte die Klägerin die Feststellung, dass es sich bei ihrer geplanten Werbeaktion nicht um Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (in der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrags vom 11.12.2007 - im Folgenden: GlüStV a.F. -) handele. Nach einem längeren Schriftwechsel - auch mit dem Innenministerium Baden-Württemberg - lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2011 den Antrag ab und stellte in der Begründung fest, dass es sich bei der geplanten Werbeaktion um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. handele. Der Erwerb der Gewinnchance liege darin, dass die Kunden der Klägerin den Kaufpreis für die gekauften Möbel zurückerstattet bekommen bzw. einen Warengutschein erhalten, sofern es, wie vorgegeben, regne. Die Gewinnmöglichkeit bestehe demnach darin, letztlich die Möbel unentgeltlich zu erhalten. Der Entgeltcharakter werde auch nicht dadurch beseitigt, dass nachträglich eine unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit eingeräumt werde. Ein Entgelt sei immer dann gegeben, wenn der Spieler einen Vermögensbeitrag leisten müsse, um an dem Spiel teilnehmen zu können. Dass er vorliegend auch noch die Übereignung von Waren bekomme, stehe dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber habe bewusst den weiten Begriff des Entgelts gewählt und sich nicht an der engeren strafrechtlichen Judikatur orientiert, die bei einem Glücksspiel einen „Einsatz“ verlange.
Die Klägerin hat am 30.11.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass es sich um kein Glücksspiel handele, weil für die Teilnahme an der Werbeaktion kein Entgelt verlangt werde. Die einzige Voraussetzung zur Teilnahme sei der Kauf von Waren bei der Klägerin während des Aktionszeitraumes. Es sei keine gesonderte Anmeldung, etwa über eine kostenpflichtige Rufnummer, erforderlich. Die Kunden kauften schlicht Waren, zu denen ihnen im Rahmen einer Werbeaktion eine zusätzliche Gewinnchance eingeräumt werde. Damit liege kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. vor. Der Begriff „Entgelt“ sei im GlüStV a.F. nicht weitergehend als der Begriff „Einsatz“ in § 284 StGB. Es handele sich auch nicht um einen sogenannten versteckten Einsatz, weil dieser für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werde. Die Klägerin werde sicherstellen, dass die Preise während des Aktionszeitraums nicht angehoben würden. Damit sei ausgeschlossen, dass das Risiko der Werbeaktion eingepreist und die Kunden auf diese Weise ein Entgelt für die Teilnahme leisten werden. Auch biete die Werbeaktion erkennbar keine Gelegenheit, einer Glücksspiel- bzw. Wettsucht Vorschub zu leisten. Vorrangiges Ziel des GlüStV a.F. sei die Suchtprävention. So habe es vergleichbare Werbeaktionen anderer Wettbewerber im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2010 gegeben.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er trägt ergänzend vor, jedes Vermögensopfer für die Teilnahme am Spiel sei als Entgelt im Sinne des § 3 GlüStV a.F. anzusehen. So müsse im vorliegenden Fall der Kunde zuerst einen Beitrag aus seinem Vermögen aufbringen, um an dem Spiel teilzunehmen. Die Übereignung der Waren stelle nur eine Kompensation für dieses Vermögensopfer dar. Es sei im Einzelfall nicht möglich zu beurteilen, ob in Fällen wie dem vorliegenden der Preis für die Ware nicht doch höher sei als er ohne die betreffende Aktion wäre. Aufgrund dieser Schwierigkeiten dürfte der Gesetzgeber veranlasst gewesen sein, den weiten Begriff des Entgelts zu wählen. Eine teleologische Auslegung des Entgeltbegriffs spreche daher dafür, bereits die Zahlung des Kaufpreises als glücksspielrechtliches Entgelt anzusehen und nicht noch zu fordern, dass ein Teil des Kaufpreises nachweislich zur Finanzierung des Spiels und der daraus folgenden Gewinne herangezogen werde. Die Aussicht, den Kaufpreis zurückerstattet zu bekommen, dürfte bei vielen Kunden den Entschluss zum Kauf beeinflussen oder gar hervorzurufen. Deshalb geböten es die Ziele des GlüStV a.F., Werbeaktionen wie die der Klägerin als Glücksspiel einzustufen und somit dem strengen Regime des GlüStV a.F. zu unterwerfen.
Mit Urteil vom 15.03.2012 hat das Verwaltungsgericht antragsgemäß den streitgegenständlichen Bescheid vom 02.11.2011 aufgehoben und festgestellt, dass eine Werbeaktion, mit der für den Fall, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt am Flughafen Stuttgart regnet, den Kunden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR erworben haben, die Rückerstattung des Kaufpreises zugesichert wird, kein unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV a.F. darstellt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass die Teilnahme an der Werbeaktion nicht gegen ein Entgelt des Kunden zumindest in verdeckter Form erfolge. Dies setze nämlich voraus, dass der Kunde seine grundsätzliche Kaufentscheidung zumindest zusätzlich in der Absicht treffe, dass er mit seinem Kauf eine Gewinnchance erwerbe und sich nicht wesentlich daran orientiere, dass er Möbel bzw. Waren im Wert von mindestens 100,-- EUR kaufe. Im vorliegenden Fall gehöre die Teilnahme am Gewinnspiel als Dreingabe zum Inhalt der von der Klägerin angebotenen Leistung. Sie sei kalkulatorisch nicht von der Preisgestaltung zu trennen und solle lediglich eine zusätzliche Anziehungskraft für den Erwerb der Ware beinhalten. Es gehe nicht um den zusätzlichen gezielten Erwerb einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel. Denn dem jeweiligen Verbraucher würde keine Gewinnmöglichkeit eröffnet, die den Wert der Ware übersteige. Ein Vermögensopfer gehe der Teilnahme am Gewinnspiel nicht voraus, da der Kunde die von ihm gekauften Waren erhalte. Diese Einschätzung entspreche der wettbewerbsrechtlichen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Für den vorliegenden Fall sei entscheidend, dass sich der Eintritt des ungewissen Ereignisses lediglich auf die vertragliche Gegenleistung in Form der Zahlung des Kaufpreises auswirke, d.h. die entsprechende Kaufpreisvereinbarung unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) getroffen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Beurteilung mit der Zielrichtung des GlüStV a.F. in Widerspruch stehen könnte. Dass durch die Aktion Verkaufsentscheidungen gegebenenfalls vorgezogen oder bei der Klägerin realisiert würden, seien Gesichtspunkte, die jeder Werbeaktion immanent seien.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 29.03.2012 zugestellte Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 23.04.2012 eingelegt. Er ist der Ansicht, dass das Verwaltungsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht in unrichtiger Weise auf das Glücksspielrecht übertrage, die gefestigte Rechtsprechung des Reichsgerichts zum versteckten Entgeltbegriff ignoriere und die Ziele des GlüStV a.F. nicht vollumfänglich würdige. Die Intentionen des UWG und des GlüStV a.F. seien unterschiedlich. Während das UWG vor unlauterem Wettbewerb schützen solle, habe der GlüStV a.F. die ordnungsrechtliche Aufgabe, die negativen Seiten des Glücksspiels zu verhindern. Entscheidend sei, dass ohne den Kauf von Waren in Höhe von mindestens 100,-- EUR keine Teilnahmemöglichkeit an der Wette bestehe. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach man davon ausgehen müsse, dass der Kaufpreis über dem objektiven Wert der Ware liege, liege ein versteckter Einsatz vor. So werde die Klägerin sicherlich die Prämien für die von ihr geplante Versicherung in ihre Kaufpreise einkalkulieren. Selbst wenn die hier geplante Aktion nicht über ein hohes Suchtpotential verfügen sollte, würden Aktionen dieser Art zu einer Allgegenwärtigkeit von Glücksspielen führen und somit das Glücksspiel an sich verharmlosen. Darüber hinaus könnten Anbieter von Glücksspielen das Spiel so ändern, dass der Spieler für sein Entgelt noch einen über den Erwerb einer Gewinnchance hinausgehenden Gegenwert in Form der Übereignung eines Gegenstandes erhalte. Damit würden Umgehungsmöglichkeiten geschaffen, die nicht im Sinne der Zielsetzung des GlüStV a.F. wären.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 - 4 K 4251/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie stützt sich auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil und ergänzt sie dahingehend, dass für die Annahme der Entgeltlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F. ein Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn bestehen müsse. An dieser Konnexität zwischen Entgelt und Erwerb der Gewinnchance mangele es bei der streitgegenständlichen Werbeaktion. Der Kaufpreis sei die äquivalente Gegenleistung für die Ware. Dafür spreche auch die historische Auslegung des Glücksspielbegriffes, wonach die Regelung für ein verstecktes Entgelt in § 3 Abs. 4 LottStV gestrichen worden sei. Im Übrigen liege auch nach der Begründung des GlüStV a.F. ein Glücksspiel nicht vor, wenn ein Entgelt nicht verlangt werde. So liege der Fall hier. Ohne Zweifel habe das UWG einen anderen Schutzzweck als der GlüStV a.F.. Dies schließe es jedoch nicht aus, die dort getroffenen Wertungen auf § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. zu übertragen. Auch die Rechtsprechung des Reichsgerichts erkenne das vom Verwaltungsgericht hervorgehobene subjektive Element bei der Definition des Entgeltbegriffs an. Entscheidend sei, ob der Käufer - unter Umständen auch in Kenntnis der Preiskalkulation - die Ware in der Absicht erwerbe, eine Gewinnchance zu erhalten. Dies könne für den Kauf von Möbeln zu einem Wert von mindestens 100,-- EUR vernünftigerweise nicht angenommen werden.
12 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten (1 Band) und die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
13 
Die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist statthaft (§ 124 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die geplante Werbeaktion der Klägerin kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags alter und neuer Fassung darstellt. Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht die begehrte Feststellung ausgesprochen und den entgegenstehenden Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufgehoben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Feststellung, dass die geplante Werbeaktion kein Glücksspiel nach dem GlüStV a.F. und auch dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag in der ab 01.07.2012 geltenden Fassung ist (dazu siehe unten), stellt ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO dar. An der begehrten Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse, weil der Beklagte die Zulässigkeit der Werbeaktion bestreitet. Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines feststellenden Verwaltungsaktes mit dem begehrten Inhalt subsidiär. Denn die Klägerin will (lediglich) eine Klarstellung, dass ihre Werbeaktion zulässig ist (vgl. zum Vorstehenden auch BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 8 C 26.11 -, NJW 2013, 327).
15 
Die Feststellungsklage ist begründet. Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden GlüStV n.F.) zugrundelegen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 02.11.2011 trifft eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin ihren Klagantrag in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, ist auch nur der GlüStV n.F. heranzuziehen. Dessen ungeachtet hat sich die hier entscheidungserhebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. gegenüber der Vorgängerregelung nicht geändert.
16 
Die von der Klägerin geplante Werbeaktion „Sie bekommen die Ware geschenkt, wenn es am…. regnet“ ist kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n.F.. Nach dieser Vorschrift liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Ansicht, dass die Klägerin kein Entgelt für den Erwerb der Gewinnchance verlangt.
17 
Die Kunden entrichten ihr Entgelt als Kaufpreis für die zu erwerbende Ware und nicht für die Teilnahme am Gewinnspiel. Sie wollen ein Möbelstück (oder einen anderen Kaufgegenstand) zu einem marktgerechten Preis erwerben und haben dabei die Möglichkeit, Preisvergleiche bei Konkurrenten anzustellen. Im Vordergrund steht der Möbelerwerb und nicht die (aktive) Teilnahme an der Werbeaktion. Sie ist gegebenenfalls Folge des Einkaufs, wenn sich die Wetterprognose bestätigen sollte und der Kunde von seinem Erstattungsbegehren Gebrauch macht. Er ist nicht „automatisch“ an der Gewinnaktion beteiligt, sondern nur dann, wenn er seinen Gewinn durch Geltendmachung „aktiviert“. Die Realisierung des Gewinns ist damit dem eigentlichen Erwerbsvorgang „nachgeschaltet“. Der zivilrechtliche Kaufvertrag mit der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Rückerstattungsanspruchs (§ 158 Abs. 1 und 2 BGB) steht bei Eintritt der Wetterprognose im Vordergrund. Auf die Motive des Kunden, der evtl. auch mit Blick auf das Gewinnspiel Waren bei der Klägerin erwirbt, kommt es insoweit nicht an. Hinzu kommt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Preise während des Aktionszeitraums unverändert bleiben und somit nicht - wie vom Beklagten befürchtet - in den Warenwert eingepreist werden (dazu siehe unten). Damit „verlangt“ die Klägerin bereits kein Entgelt für die Gewinnchance.
18 
Auch aus dem Begriff des „Entgelts“ in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten nichts anderes. Darunter ist nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht wird. Voraussetzung ist vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwächst (sog. Einsatz). Der Senat geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Glücksspielbegriff des § 284 StGB jedenfalls insoweit mit § 3 Abs. 1 GlüStV n.F. deckungsgleich ist, als das dort vorausgesetzte Entgelt nicht bloß jedwede geldwerte Gegenleistung sein kann, die notwendige Bedingung für den Erwerb einer Gewinnchance ist, sondern auch eine solche Zahlung, die eine hinreichende Bedingung dafür darstellt, also in den Gewinn einfließt, und hat dies aus dem Wortlaut „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ hergeleitet (Senat, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11 -, ZfWG 2012, 279 ff., zum Bundesligamanagerspiel, m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beklagten führt nicht bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. dazu, von einem vollständig eigenständigen und insoweit von der strafrechtlichen Begriffsbestimmung abweichenden Glücksspielbegriff des GlüStV n.F. auszugehen. Denn § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. spricht vom „Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt“ und nicht bloß vom Erwerb einer Teilnahmeberechtigung und stellt damit einen Zusammenhang zwischen der Aufwendung eines Vermögenswertes und dem Gewinn her (Senat, Urteil vom 23.05.2012, a.a.O., unter Bezugnahme auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.09.2009 - 6 A 10199/09, ZfWG 2009, 413). Hieran fehlt es ebenfalls. Der Kunde leistet das Entgelt nach dem oben Gesagten für die Ware und nicht unmittelbar für die Gewinnchance. Er erwirbt mit dem Abschluss des Kaufvertrages die Möglichkeit der Teilnahme am Gewinnspiel. In Betracht kommt deshalb allenfalls ein verdecktes Entgelt, das dann im Warenwert berücksichtigt sein müsste. Die Höhe dürfte sich allerdings für die Klägerin im Zeitpunkt des Verkaufs noch gar nicht ermitteln lassen, da sie - ebenso wenig wie der Kunde - weiß, ob sich die Gewinnchance realisieren wird oder nicht. Darüber hinaus hat ihr Prozessbevollmächtigter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Werbekostenetat der Klägerin unverändert bleibt, unabhängig davon, ob die hier im Streit befindliche Werbeaktion durchgeführt wird oder nicht. Die Aktion werde von einer Versicherung angeboten und aus dem allgemeinen Werbekostenetat beglichen. Die Versicherungsprämie fließe deshalb nicht zusätzlich in den Kaufpreis ein, sondern habe lediglich Auswirkungen auf die Verwendung der für die Werbung vorgesehenen Einzelposten. Die Befürchtung des Beklagten, dass möglicherweise die Ware mit Blick auf die Werbeaktion doch teurer sein könnte, ist damit entkräftet. Aus welchem (zusätzlichen) Motiv heraus der Kunde die Waren erwirbt, evtl. mit Blick auf eine mögliche Gewinnchance, ist in diesem (ordnungsrechtlichen) Zusammenhang unerheblich. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass der Kunde die Möglichkeit hat, sich auf dem Möbelmarkt zu orientieren und gegebenenfalls andere attraktive Angebote vorzuziehen. Dass die Ziele des GlüStV n.F. der hier streitbefangenen Werbeaktion entgegen stehen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kunden durch diese Werbeaktion „auf den Geschmack kommen“ könnten und dann auch die klassischen Glücksspiele nachfragen würden, wie es der Beklagte befürchtet. Wird somit das Entgelt nicht für die Gewinnchance, sondern für den Erwerb der Waren geleistet, fehlt es auch am erforderlichen „Vermögensopfer“.
19 
Selbst wenn man den vom Beklagten favorisierten weiten Entgeltbegriff, der jedes Vermögensopfer umfassen soll, zugrunde legen würde, würde das Entgelt nicht „im Rahmen eines Spieles“ erbracht, wie es § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. voraussetzt, sondern für die Ware geleistet. Es steht, wie oben ausgeführt, in untrennbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages.
20 
Handelt es sich somit bei der streitgegenständlichen Wette nicht um ein öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F., ist der Beklagte nicht zum (ordnungsrechtlichen) Einschreiten befugt. Denn die Glücksspielaufsicht hat nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. (ebenso wie nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a.F.) die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Eingriffsbefugnisse, die - wie hier - die Regelungsmaterie des bürgerlichen Rechts betreffen, bestehen nicht. Denn hierfür hat der Bund seine (konkurrierende) Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG wahrgenommen und entsprechende verbraucherschutzrechtliche oder auch wettbewerbsrechtliche Regelungen abschließend getroffen (vgl. hierzu auch Dietlein/Hecker/Ruttig, GlüStV, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 2; Senat, Urteil vom 09.07.2012 - 6 S 773/11 - VBlBW 2013, S. 55 ff., zur kompetenziellen Abgrenzung im Heimaufsichtsrecht bei zivilrechtlich geregelten Sachverhalten).
21 
Bei dieser Rechtslage kann dahinstehen, ob und inwieweit die vom Verwaltungsgericht genannte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 4 Abs. 6 UWG für die Einschätzung des vorliegenden Falles herangezogen werden kann. Denn das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber und Verbraucher (§ 1 UWG) und hat damit eine andere Zielrichtung als der GlüStV n.F., der am Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels ausgerichtet ist (§ 1 GlüStV n.F.).
22 
Aus der vom Beklagten zitierten älteren strafrechtlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25.10.1951 - 3 StR 549/51 -, BGHSt 2, 79 ff., zur progressiven Kundenwerbung durch Schneeballsystem; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.1958 - 1Ss 609/57, NJW 1958, 760, und des Reichsgerichts, Urteil vom 23.02.1931 - III 1094/30 -, jeweils zum verdeckten Einsatz) zu § 286 StGB a.F. ergibt sich ungeachtet der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderungen nichts anderes. Soweit in den Entscheidungen auf den verdeckten Einsatz abgehoben wird, stellen sie ausdrücklich klar, dass dieser dann fehlt, wenn der „Spieler“ einen objektiven Wert für den Kaufpreis erhält bzw. der Gewerbetreibende dies auch weiß und will.
23 
Es handelt sich somit bei der von der Klägerin beabsichtigten Werbeaktion nicht um ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
24 
2. Da das Feststellungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist auch der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 02.11.2011 aufzuheben. Er ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die über die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
26 
Beschluss vom 9. April 2013
27 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 93/10 Verkündet am:
28. September 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Poker im Internet
UWG § 4 Nr. 11; GlüStV § 3 Abs. 1
Ob ein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV vorliegt, beurteilt sich nach
den durchschnittlichen Fähigkeiten eines Spielers; unerheblich ist, ob professionelle
Spieler oder geübte Amateure, die sich gegebenenfalls auch Lehrbuchwissen
angeeignet haben, ihre Erfolgschancen steigern können.
BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 5. September 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten,
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. Mai 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin organisiert und veranstaltet Lotterien und Sportwetten in Nordrhein-Westfalen.
2
Die Beklagte zu 1 ist ein Wettunternehmen mit Sitz in Gibraltar, der Beklagte zu 2 ist ihr organschaftlicher Vertreter. Jedenfalls bis Oktober 2008 bewarb die Beklagte zu 1 auf der Internetseite „www.carmenmedia.com/.de/“ ihr Spielangebot, darunter Sportwetten zu festen Gewinnquoten, Roulette, Poker, Black Jack, Baccara und virtuelle Slotmachines in deutscher Sprache. In dem Internetauftritt war eine Kontaktseite unter einer Deutschlandfahne und dem fettgedruckten Wort „Deutschland“ eingerichtet.
3
Außerdem enthielt die Internetseite einen Link zum deutschsprachigen Spiel- und Sportwettenangebot einer ehemaligen Tochtergesellschaft der Be- klagten zu 1 auf der Internetadresse „www.betway.com“. Unter den Internetadressen „www.jackpotcity.com“, „www.49jackpotcity.com“ und „www.pokertime.eu“ bieten hundertprozentige Tochtergesellschaften der Be- klagten zu 1 Glücksspiele an.
4
Der Beklagten zu 1 ist in Gibraltar eine Genehmigung erteilt worden, Glücksspiele gegen Geldeinsatz im Internet anzubieten. Über eine Genehmigung deutscher Behörden für die Veranstaltung von Glücksspielen verfügen die Beklagten nicht.
5
Nach Ansicht der Klägerin handeln die Beklagten wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 GlüStV, weil sie in Deutschland Glücksspiele ohne Genehmigung anbieten.
6
Mit ihrer im Oktober 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt , I. die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über das Internet in Deutschland befindlichen Personen die Möglichkeit anzubieten und/oder zu verschaffen, Glücksspiele, insbesondere Sportwetten zu festen Gewinnquoten sowie Kasinospiele, insbesondere Roulette, Poker, Black Jack, Baccara und virtuelle Slotmachines einzugehen und/oder abzuschließen, sei es durch Abschluss eines Wettund /oder Spielvertrags mit der Beklagten zu 1 oder einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1, und/oder diese Möglichkeit zu bewerben, wie nachstehend beispielhaft wiedergegeben: (es folgen 17 mit und/oder verknüpfte Bildschirmausdrucke, von denen die ersten fünf Abbildungen nachfolgend wiedergegeben sind) 2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Entgegennahme von Spielaufträgen nach Ziffer 1 von Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen seit dem 26. März 2008 entstanden ist oder künftig noch entstehen wird; 3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Umsätze, welche die Beklagte zu 1 durch die Entgegennahme von Spielaufträgen nach Ziffer 1 von Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen seit dem 26. März 2008 erzielt hat.
7
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, das beanstandete Angebot richte sich nicht an Personen, die sich in Deutschland aufhielten. Die Beklagte zu 1 stehe nicht im Wettbewerb mit der Klägerin, da diese weder im Internet auftrete noch vergleichbare Spiele anbiete. Das staatliche Glücksspielmonopol verstoße gegen die höherrangige unionsrechtliche Dienstleistungsund Niederlassungsfreiheit. Als regionaler Anbieter könne die Klägerin jedenfalls keine Unterlassung für das gesamte Bundesgebiet verlangen. Zudem handele es sich bei Poker in der Variante „Texas hold’em“ und den OnlineGewinnspielen mit einem Einsatz von höchstens 50 Cent pro Teilnahme nicht um Glücksspiele im Sinne des Glücksspielstaatsvertrags.
8
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (LG Köln, ZfWG 2009, 311). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in dem Verbotsausspruch die Worte „Glücksspiele , insbesondere“ und „Kasinospiele, insbesondere“ entfallen (OLG Köln, ZfWG 2010, 359 = MMR 2010, 856).
9
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


10
A. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 284 Abs. 1 bzw. 4 StGB, § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
11
Der Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt und begründet. Zwischen den Parteien bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Soweit die Klägerin sich gegen das Angebot von Sportwetten im Internet wende, richte sich ihr Angebot an denselben Abnehmerkreis. Auch hinsichtlich der übrigen angegriffenen Spiele böten die Parteien gleichartige Dienstleistungen an. Die Beklagten seien zudem passivlegitimiert. Dies gelte auch hinsichtlich des Angebots unter der Internetadresse „www.betway.com“. Die Beklagte zu 1 habe eigenverantwortlich das Betway-Spielportfolio unter eigenem Namen angeboten und beworben.
12
Der Anwendung von § 284 StGB und § 4 GlüStV stehe der Vorrang des Unionsrechts nicht entgegen. Insbesondere sei der Glücksspielstaatsvertrag kohärent im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Die nunmehr noch zulässige Werbung staatlicher Anbieter von Glücksspielen und Sportwetten sei mit den vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Zielen der Bekämpfung der Spielsucht, des Jugend- und Spielerschutzes und des Schutzes vor Betrug vereinbar. Die Regelung sei auch nicht deshalb inkohärent, weil das private Angebot von Glücksspielen nicht generell ausgeschlossen sei. In Bezug auf die erlaubten Münzspielgeräte sei festzustellen, dass Spielangebote im Internet besondere Gefahren mit sich brächten, die eine gesonderte und strengere Behandlung rechtfertigten.
13
Die Regelungen seien auch verfassungsgemäß, denn sie dienten in geeigneter und verhältnismäßiger Weise den in § 1 GlüStV niedergelegten legitimen Zwecken. Das Bundesverfassungsgericht habe im sogenannten Sportwetten -Urteil für die Vereinbarkeit eines staatlichen Wettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG keine Kohärenz des gesamten Glücksspielsektors einschließlich des gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiels verlangt.
14
Der Unterlassungsanspruch sei für alle vom Klageantrag erfassten Spiele begründet. Bei den Online-Gewinnspielen mit maximal 50 Cent Einsatz sei nicht anzunehmen, dass sich die Spieler auf ein einzelnes Spiel beschränkten. Bei längerer Spieldauer sei der Einsatz aber nicht mehr unerheblich, so dass das Spiel vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst werde. Unabhängig davon, dass auch Geschicklichkeit und Spielstrategien bei Poker der Variante „Texas hold’em“ Bedeutung hätten, handele es sich auch dabei um ein Glücksspiel nach § 3 Abs. 1 GlüStV. Die geltend gemachten Schadensersatzfeststellungsund Auskunftsansprüche stünden der Klägerin ebenfalls zu.
15
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten nach §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV verlangen, das Angebot und die Vermittlung von sowie die Werbung für die vom Klageantrag erfassten Glücksspiele in Deutschland zu unterlassen.
16
I. Der auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtete Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 23/08, GRUR 2010, 652 Rn. 10 = WRP 2010, 872 - Costa del Sol, mwN). Der Zeitpunkt der Begehung der beanstandeten Handlung ist auch für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Auskunftserteilung maßgeblich (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
17
Im Streitfall kommt es allein auf die seit dem 1. Januar 2008 bestehende Rechtslage an. Die Klägerin beanstandet den Internetauftritt der Beklagten nach dem 1. Januar 2008. Auskunft und Schadensersatzfeststellung begehrt sie nur für die Zeit nach dem 26. März 2008.
18
Allerdings ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 28. Dezember 2008 geändert worden. Diese Änderung, die der Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken diente, hat für den Streitfall aber keine Bedeutung. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht hier nicht entgegen, dass diese Richtlinie, die die vollständige Harmonisierung der verbraucherschützenden Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken bezweckt, keinen vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Denn sie lässt - vorbehaltlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht - nationale Vorschriften unberührt, die sich auf Glücksspiele beziehen (Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2005/29/EG).
19
II. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, weil beide Parteien gleichartige Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen suchen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten des einen Wettbewerbers den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 99/08, GRUR 2011, 82 Rn. 19 = WRP 2011, 55 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer).
20
Der Gleichartigkeit der Dienstleistungen der Parteien steht nicht entgegen , dass die Beklagten anders als die Klägerin auch einige Spiele mit Strategie - und Geschicklichkeitskomponenten anbieten wie Poker der Variante „Texas hold’em“ oder Black Jack. Gleichartigkeit von Dienstleistungen setzt keine Gleichheit voraus. Für die Gleichartigkeit reicht es aus, dass beide Parteien entgeltlich Spiele anbieten, bei denen die Aussicht auf einen Gewinn jedenfalls maßgeblich vom Glück des Spielers abhängig ist.
21
Entgegen der Auffassung der Revision steht der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses auch nicht entgegen, dass die Klägerin gehalten ist, ihren Absatz möglichst zu beschränken und keine Anreize zur Teilnahme an den von ihr veranstalteten Wetten zu schaffen. Für das Wettbewerbsverhältnis kommt es nicht darauf an, welche Absicht mit dem Angebot der Sportwetten durch die Klägerin verbunden ist. Jedenfalls nimmt das Land Nordrhein-Westfalen über die Klägerin in berechtigter Weise am Wirtschaftsleben teil, so dass ihr auch der Schutz des Lauterkeitsrechts zugute kommt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn. 13.5). Dies gilt auch dann, wenn im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Erzielung von Einnahmen lediglich eine erfreuliche Nebenfolge und nicht eigentlicher Grund der Tätigkeit der Klägerin ist (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - C-67/98, Slg. 1999, I-7289 = WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, Slg. 2003, I-13031 = EuZW 2004, 115 Rn. 62 - Gambelli u.a.).
22
III. Das angegriffene Sportwettenangebot der Beklagten im Internet ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV unzulässig.
23
1. Am 1. Januar 2008 ist der Glücksspielstaatsvertrag im Bundesland Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet verboten.
24
Dieses Verbot, das unmittelbar die Vertriebswege für Glücksspiele beschränkt , ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich nicht um eine Marktzutrittsregelung. Es kommt nicht darauf an, dass § 4 Abs. 1 GlüStV zwar der Klägerin, nicht aber den Beklagten erlaubt, Sportwetten zu veranstalten und zu vermitteln. Denn niemand kann sich der Gültigkeit eines Verbots mit der Begründung entziehen , er sei schon aus anderen Gründen nicht berechtigt, die verbotene Tätigkeit auszuüben.
25
Das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV richtet sich auch nicht nur an die in § 10 GlüStV genannten Anbieter, mit denen die Länder ihre Aufgabe erfüllen, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen, sondern an jeden Anbieter und Vermittler öffentlicher Glücksspiele im Sinne von § 2 GlüStV und damit auch an die Beklagten. Der Wortlaut des § 4 Nr. 4 GlüStV gibt für eine Beschränkung der Normadressaten keinen Anhaltspunkt. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift stehen einer Auslegung entgegen, nach der das Verbot zwar für konzessionierte Anbieter, nicht aber für ohne Erlaubnis tätige Veranstalter und Vermittler gelten soll (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 11).
26
2. Die Beklagten werden mit dem beanstandeten Internetangebot in Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen tätig. Wie sich aus der Verwendung der deutschen Sprache und der unter einer Deutschlandfahne sowie dem fett gedruckten Wort „Deutschland“ angebotenen Kontaktseite ergibt, wenden sich die Beklagten mit ihren Spielangeboten gerade auch an Ver- braucher in Deutschland. Damit veranstalten und vermitteln sie ihre Glücksspiele in Deutschland, so dass der Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags eröffnet ist (vgl. § 3 Abs. 4 GlüStV). Dabei ist unerheblich, ob sich der Server und sämtliche Einrichtungen der Beklagten außerhalb Deutschlands befinden. Bei Nutzung des Internets wird die Möglichkeit zur Spielteilnahme nicht am Sitz des Veranstalters, sondern am Wohnsitz des Spielers oder einem anderen Standort seines Computers eröffnet.
27
3. Der Glücksspielstaatsvertrag und insbesondere das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüSpV sind formell und materiell mit dem Verfassungsrecht vereinbar.
28
a) Die Länder haben mit dem Glücksspielstaatsvertrag ihre Kompetenzen nicht überschritten. Von einer möglichen Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG hat der Bund ungeachtet der Regelungen in §§ 33c ff. GewO jedenfalls nicht in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Länder an den im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen gemäß Art. 72 Abs. 1 GG gehindert wären (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08, NVwZ 2008, 1338 Rn. 25).
29
b) Der Glücksspielstaatsvertrag ist auch materiell verfassungsgemäß. Die durch ihn bewirkten Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sind durch überragend wichtige Gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 27 ff.). Dabei ist davon auszugehen, dass die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und - im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in einer Annahmestelle - dessen Abstraktheit , problematisches Spielerverhalten in entscheidender Weise begünsti- gen. Das Internetverbot ist deshalb geeignet, erforderlich und angemessen, ein Gemeinwohlziel hohen Ranges zu fördern (vgl. BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40, 48, 59).
30
4. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV steht mit dem Unionsrecht in Einklang.
31
a) Einer Anwendung der Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags steht nicht entgegen, dass die Länder ihrer europarechtlichen Notifizierungspflicht nicht nachgekommen seien.
32
aa) Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (nachfolgend : Informationsrichtlinie) haben die Mitgliedstaaten jeden Entwurf einer technischen Vorschrift unverzüglich der Europäischen Kommission zu übermitteln. Zweck der Notifizierung ist es, durch eine vorbeugende Kontrolle der Kommission den freien Warenverkehr im Binnenmarkt zu schützen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 1996 - C-194/94, Slg. 1996, I-2201 = EuZW 1996, 379 Rn. 40 f., 51 - CIA Security International/Signalson; Erwägungsgründe 4 und 7 der Informationsrichtlinie). Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden können (EuGH aaO Rn. 54).
33
bb) Der Glücksspielstaatsvertrag ist der Kommission am 21. Dezember 2006 notifiziert worden (vgl. Verwaltungsschreiben der Kommission vom 14. Mai 2007, abgedruckt als Anlage 1 c zum Entwurf des Gesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland , Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Informationsrichtlinie durfte Deutschland das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV dann jedenfalls ab 21. Juni 2007 in Kraft setzen, also im Land Nordrhein -Westfalen auch durch ein ab 1. Januar 2008 geltendes Ausführungsgesetz.
34
cc) Zwar können Verschärfungen des Entwurfs einer technischen Vorschrift nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 der Informationsrichtlinie eine erneute Notifizierungspflicht auslösen. Das Ausführungsgesetz des Landes NordrheinWestfalen zum Glücksspielstaatsvertrag enthält aber keine Verschärfung des ohnehin bereits umfassenden und von den Marktteilnehmern zu beachtenden Internetverbots gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV. Insbesondere ist weder der Bestimmung über Sportwetten in § 14 noch dem Ordnungswidrigkeitenkatalog in § 21 Glücksspielstaatsvertrag AG NRW eine solche Verschärfung zu entnehmen.
35
Es kann dahinstehen, ob für die Ausführungsgesetze der Länder zum Glücksspielstaatsvertrag unter anderen Gesichtspunkten eine gesonderte Notifizierungspflicht bestand.
36
b) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar.
37
aa) Allerdings stellt diese Regelung eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 56 AEUV dar. Das Internetverbot erschwert Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten eine Tätigkeit in Deutschland. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Glücksspielsektor nur unionsrechtskonform , wenn sie das Diskriminierungsverbot beachtet und aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Die Maßnahme muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten , indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkei- ten beiträgt; sie darf ferner nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, EuZW 2004, 115 Rn. 65 - Gambelli u.a.; EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - C-338/04 u.a., Slg. 2007, I-1891 = EuZW 2007, 209 Rn. 49 - Placanica; Urteil vom 8. September 2009 - C-42/07, Slg. 2009, I-7633 = EuZW 2009, 689 Rn. 60 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional

).


38
bb) Eine formale Diskriminierung liegt nicht vor. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt gleichermaßen für In- und Ausländer. Zwar beeinträchtigt das Internetverbot faktisch Glücksspielanbieter außerhalb Deutschlands stärker als solche, die im Inland ansässig sind, weil ihnen ein für den unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt besonders wirksames Vermarktungsmittel genommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-212/08, EuZW 2011, 674 Rn. 74 - Zeturf Ltd.). Dieser Umstand allein steht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer unionsrechtlichen Rechtfertigung des Internetverbots aber nicht entgegen. Vielmehr kommt es auch dann darauf an, ob diese Beschränkung zwingenden Belangen des Allgemeinwohls dient, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt und nicht über das erforderliche Maß hinausgeht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 52 ff. - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; EuZW 2011, 674 Rn. 76 ff. - Zeturf Ltd.).
39
cc) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsbestimmungen des Landes Nordrhein-Westfalen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses im Sinne des Unionsrechts dienen (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34). Ziele des Glücksspielstaatsvertrags sind die Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie die Betrugsvorbeugung (§ 1 Nr. 4 GlüStV). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass der Verbraucherschutz , die Betrugsvorbeugung, die Abwehr von Störungen der sozialen Ordnung und das Anliegen, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren, zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind, die Beschränkungen der Spieltätigkeiten rechtfertigen können (vgl. EuGH, Urteil vom 24. März 1994 - C-275/92, Slg. 1994, I-1039 = EuZW 1994, 311 Rn. 57 f. - Schindler; EuGH, WRP 1999, 1272 Rn. 30 f. - Zenatti; EuZW 2004, 115 Rn. 67 - Gambelli; EuZW 2009, 689 Rn. 46 - Placanica; EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, NVwZ 2010, 1422 Rn. 55 ff. = MMR 2010, 840 - Carmen Media Group). Die Ziele der Suchtbekämpfung sowie des Jugendund Spielerschutzes (§ 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV) dienen dem Schutz der Sozialordnung. Die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) zielen darauf ab, die Bürger vor Anreizen zu überhöhten Spieleinsätzen zu bewahren.
40
dd) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV ist geeignet, die mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Gemeinwohlziele zu fördern.
41
(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat anerkannt, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich geeignet ist, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group). Denn über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 70 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional; NVwZ 2010, 1422 Rn. 102 f. - Carmen Media Group; siehe auch BVerfGE 115, 276 Rn. 139; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 Rn. 40; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 34).
42
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV soll speziell diesen besonderen Gefahren des Angebots von Glücksspielen im Internet begegnen. Für die Beurteilung der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Internetverbots kommt es deshalb nicht auf die Verfügbarkeit von Glücksspielen in anderen Vertriebskanälen an, die nicht die besonderen Gefahren des Internetvertriebs aufweisen (vgl. EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 78 ff. - Zeturf Ltd.).
43
(2) Das Internetverbot ist nicht deshalb zur Verfolgung legitimer Gemeinwohlinteressen ungeeignet, weil bislang konkrete und belastbare Nachweise dafür fehlen, dass solche Interessen durch das Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten im Internet gefährdet werden können. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat klargestellt, dass ein Mitgliedstaat die Eignung einer beschränkenden Maßnahme im Glücksspielsektor für die Verfolgung anerkannter Gemeinwohlziele auch dann belegen kann, wenn er dazu keine konkreten Untersuchungen vorzulegen vermag. Es reicht aus, wenn der Mitgliedstaat alle Umstände darlegt, anhand deren sich ein zur Entscheidung berufenes Gericht darüber vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07 u.a., WRP 2010, 1338 Rn. 70 ff. - Markus Stoß u.a.). Diese Anforderung ist im Streitfall erfüllt.
44
(3) Das Internetverbot ist auch eine kohärente und systematische Beschränkung der Gelegenheiten zum Glücksspiel (ebenso BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 35 ff.). Die Prüfung dieser unionsrechtlichen Anforderung obliegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Gerichten der Mitgliedstaaten (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group).
45
(a) Die unionsrechtliche Prüfung hat grundsätzlich für jede nationale Beschränkung im Bereich der Glücksspiele gesondert zu erfolgen (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Prüfungsgegenstand ist im Streitfall somit allein das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV und nicht der Glücksspielstaatsvertrag in seiner Gesamtheit oder das deutsche Glücksspielmonopol.
46
(aa) Das Internetverbot ist nicht in dem Sinne „monopolakzessorisch“, dass es bei einer eventuellen Unionsrechtswidrigkeit des deutschen Glücksspielmonopols keine Wirkung mehr entfalten könnte (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12). Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige Regelung, die schon für sich allein zur Förderung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele geeignet ist. Selbst wenn das deutsche Glücksspielmonopol oder andere Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags mit dem Unionsrecht unvereinbar wären, führte dessen Anwendungsvorrang nur dazu, dass das deutsche Recht insoweit nicht anzuwenden wäre. Hingegen blieben diejenigen Bestandteile des Glücksspielstaatsvertrags weiterhin anwendbar , die noch eine aus sich heraus sinnvolle und handhabbare Regelung darstellen, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspräche (vgl. BVerwGE 105, 336, 345 f.). Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen. Dieser Zweck entfiele auch dann nicht, wenn die Vorschriften über das staatliche Monopol im Glücksspiel- staatsvertrag wegfielen (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 12 aE).
47
(bb) Zudem ist davon auszugehen, dass die verschiedenen Arten von Glücksspielen erhebliche Unterschiede aufweisen können, etwa hinsichtlich der sie kennzeichnenden Einsätze und Gewinne, der Zahl potentieller Spieler, der Präsentation, der Häufigkeit, der Dauer oder danach, ob sie die körperliche Anwesenheit des Spielers erfordern oder nicht. Daher führt allein der Umstand, dass für verschiedene Arten von Glücksspielen unterschiedliche nationale Regelungen gelten, nicht schon dazu, dass diese Maßnahmen ihre unionsrechtliche Rechtfertigung verlieren (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 62 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 95 f. - Markus Stoß u.a.).
48
(b) Allerdings können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group) berechtigte Zweifel an der Eignung eines nationalen Monopols für Sportwetten und Lotterien zur kohärenten und systematischen Beschränkung des Glücksspiels bestehen, wenn - andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern betrieben werden dürfen und - der Mitgliedstaat in Bezug auf diese anderen Arten von Glücksspielen, die zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreibt, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren.
49
Außerdem sind auch Ausnahmen und Einschränkungen zu einer die Glücksspieltätigkeit beschränkenden Regelung dahingehend einer Kohärenzprüfung zu unterziehen, ob sie deren Eignung zur Verfolgung legitimer Allge- meininteressen beseitigen (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
50
(c) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist zu beachten , dass es hier allein auf die unionsrechtliche Wirksamkeit des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV ankommt. Daher sind die Regelungen zum Automatenspiel und zum herkömmlichen Spielbankenbetrieb in Deutschland im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Diese Glücksspielformen setzen anders als das Spiel im Internet die persönliche Anwesenheit der Spieler voraus. Weil das bereits aus dem Wesen dieser Glücksspiele folgt, können sie von vornherein nicht durch ein Internetverbot geregelt werden (in diesem Sinne etwa Ohler , EuR 2010, 253, 259). Eine inkohärente oder unsystematische Regelung liegt in diesem tatsächlichen Unterschied zu Sportwetten aber nicht. Selbst wenn Deutschland beim Automatenspiel und im Bereich der Spielbanken eine expansive Politik betreiben sollte, ließe dies die Eignung von § 4 Abs. 4 GlüStV als wirksame Maßnahme zum Jugend- und Spielerschutz sowie zur Begrenzung der Glücksspieltätigkeit unberührt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist ein allgemeines Internetverbot grundsätzlich auch dann geeignet, die mit ihm verfolgten legitimen Allgemeininteressen zu erreichen, wenn das Anbieten von Spielen über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 105 - Carmen Media Group).
51
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Gerichtshofs in der Sache „Zeturf“ (EuGH, EuZW 2011, 674 Rn. 73 ff.). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Weg die Wetten abgeschlossen werden (aaO Rn. 77). Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Sektor der Pferdewetten an (aaO Rn. 82 f.). Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung betont der Gerichtshof aber auch, dass der Absatz von Glücksspielen über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (aaO Rn. 78 ff.). Wie sich aus Randnummer 82 des Urteils „Zeturf“ ergibt, hält der Gerichtshof dabei daran fest, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliegt zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern. Unerheblich ist im Übrigen auch, ob die Länder im Zusammenhang mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags eine Lockerung des Internetverbots erwägen. Im Streitfall steht allein das geltende Recht auf dem Prüfstand. Rechtspolititsche Erwägungen, die de lege ferenda angestellt werden, vermögen die Beurteilung des geltenden Rechts nicht zu verändern.
52
Da Deutschland - anders als Frankreich in dem der Entscheidung „Zeturf“ zugrundeliegenden Fall - in § 4 Abs. 4 GlüStV eine besondere Rege- lung für den Glücksspielvertrieb im Internet getroffen hat, die aufgrund der spezifischen Gefahren dieses Vertriebswegs gerechtfertigt ist, kommt es für die unionsrechtliche Kohärenzprüfung allein auf diesen Vertriebskanal an.
53
Im Übrigen ist es nach § 4 Abs. 4 GlüStV generell verboten, im Internet Automatenspiele anzubieten; denn die Erlaubnis nach § 33c Abs. 1 GewO gilt nur für den stationären Betrieb von Geldspielautomaten (OVG Münster, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 4 B 1774/07, juris; LG Köln, ZfWG 2010, 149, 150 f.). Spielbanken müssen das Internetverbot gemäß § 2 Satz 2 GlüStV beachten.
54
(d) Ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot ergibt sich auch nicht im Hinblick auf den Bereich der Pferdewetten.
55
(aa) Pferdewetten dürfen nicht über das Internet angeboten oder vermittelt werden. Der Senat schließt sich dazu den überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Urteil vom 1. Juni 2011 an (8 C 5.10, juris Rn. 37 ff.). Die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten ist verboten , sofern sie nicht auf der Grundlage des Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl. I, S. 393) erlaubt wird. Die nach § 2 Abs. 2 RennwLottG erteilte Erlaubnis ist auf die Örtlichkeit beschränkt, in der die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, insbesondere aber auch aus dem Zweck dieser Bestimmung: Sie dient dazu, den Missstand des sog. Winkelbuchmachertums zu bekämpfen, der dazu geführt hatte, dass Kunden überall und jederzeit aufgesucht und zum Wetten verleitet werden konnten. Wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat (aaO Rn. 39), liegt dem Typus der erlaubten Pferdewette die Vorstellung eines Wettabschlusses unter Anwesenden zugrunde. Mit diesem Gesetzeszweck ist die - zulässige - telefonische oder telegrafische Wettannahme noch vereinbar, bei der die Initiative zum Wetten vom Wettwilligen ausgehen muss, der zudem weiß, mit welchem Buchmacher er es zu tun hat. Das Wettangebot ist bei Nutzung dieser Formen der Telekommunikation weder ubiquitär noch anonym (BVerwG aaO). Dies ist beim Vertrieb von Wetten im Internet anders. Das Internet ermöglicht den Abschluss von Wetten von jedem Ort und zu jeder Zeit ohne jeden persönlichen Kontakt (vgl. zu allem Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 38 ff.). Dass das Rennwett- und Lotteriegesetz in § 1 für die Totalisatorwette nicht ausdrücklich eine entsprechende Bindung an ein stationäres Wettbüro verlangt, vermag hieran nichts zu ändern; denn zum Betrieb eines Totalisators dürfen nur Renn- und Pferde- zuchtvereine zugelassen werden (§ 2 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz).
56
(bb) Allerdings schreiten die Bundesländer bislang nicht gegen die Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet ein. Damit besteht in diesem Bereich ein strukturelles Vollzugsdefizit (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 41). Das führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich.
57
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezieht sich die Kohärenzprüfung auf die Eignung einer Beschränkung zur Zielerreichung. Diese Eignung wird nicht schon durch jede abweichende Regelung in einem quantitativ noch so unbedeutenden Bereich in Frage gestellt. So hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aspekt der Kohärenz des Internetverbots keine Bedenken daraus abgeleitet, dass § 25 Abs. 6 GlüStV eine begrenzte und zeitlich beschränkte Ausnahme von diesem Verbot vorsah (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 106 ff. - Carmen Media Group).
58
Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV verliert danach nicht deswegen ihre Eignung zum Jugend- und Spielerschutz, zur Betrugsbekämpfung und zur Eindämmung des Glücksspiels, weil Pferdewetten noch im Internet abgeschlossen werden können. Pferdewetten machen erkennbar nur einen kleinen Prozentsatz des Glücksspielmarkts aus (vgl. OVG Münster, ZfWG 2011, 47, 52; VGH Mannheim, ZfWG 2010, 24, 39) und die von ihnen ausgehenden Suchtgefahren treffen nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung, weil nur verhältnismäßig wenige Verbraucher im Bereich der Pferderennen tatsächlich über solche Kenntnisse verfügen, um sich zuzutrauen, erfolgreich auf den Rennausgang wetten zu können. Im Gegensatz dazu empfinden beim Fußball und anderen Breitensportarten weite Personenkreise eine subjektiv empfundene „Wettkom- petenz“, die sie zum Spielen verleitet. Hinzu kommt, dass die Zahl der Pferderennen deutlich unter derjenigen der sonstigen Sportereignisse liegt, die gerade beim Internetvertrieb dem Spielinteressierten ständig neue Wettmöglichkeiten eröffnen (vgl. zur marginalen Bedeutung der Pferdewetten für den Glücksspielmarkt insgesamt auch BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10, juris Rn. 42).
59
(cc) Dementsprechend hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union zwar gemäß dem ihm von den vorlegenden deutschen Gerichten unterbreiteten Sachverhalt die Zulässigkeit von Pferdewetten privater Veranstalter angenommen , eine mögliche Inkohärenz des deutschen Sportwettenmonopols aber allein mit der in den Vorlagebeschlüssen festgestellten Politik der Angebotsausweitung im Bereich Spielbanken und Automatenspiele begründet (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 67 f. - Carmen Media Group; WRP 2010, 1338 Rn. 100, 106 - Markus Stoß u.a.).
60
(dd) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die an Pferdewetten interessierten Verbraucher im Hinblick auf die damit verbundenen Suchtgefahren nicht weniger schutzwürdig sind als diejenigen Verbraucher, die als Teilnehmer sonstiger Sportwetten in Betracht kommen. Der Gesetzgeber mag nach deutschem Recht auch unter diesem Aspekt gehalten sein, das gegenwärtige Vollzugsdefizit alsbald zu beseitigen. Zur unionsrechtlichen Unzulässigkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV kann dieser Umstand aber nicht führen, weil die Gefahren für die Sozialordnung, die sich aus der derzeitigen Duldung des Abschlusses von Internetwetten für Pferderennen ergeben, wegen des beschränkten Teilnehmerkreises deutlich geringer sind als diejenigen der anderen von § 4 Abs. 4 GlüStV erfassten Glücksspiele.
61
(e) § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch nicht im Hinblick auf § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV) unionsrechtlich inkohärent.
62
Die Vorschrift des § 8a RStV lässt Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele im Rundfunk unter bestimmten Voraussetzungen zu. Nach § 58 Abs. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV gilt § 8a RStV entsprechend für Gewinnspiele in mit Rundfunk vergleichbaren Telemedien, die sich an die Allgemeinheit richten. Dazu zählen auch Internetportale, die redaktionelle Informations - und Unterhaltungsangebote für die Allgemeinheit bereitstellen (vgl. Bolay, MMR 2009, 669, 673).
63
(aa) Gewinnspiele im Sinne des § 8a RStV können grundsätzlich auch zufallsabhängige Spiele sein. Das ergibt sich zwar nicht schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. So ist nach § 8a Abs. 1 Satz 4 RStV im Programm über die Auflösung der gestellten Aufgabe zu informieren. Das spricht dafür, dass Gewinnspiele nur solche Spiele sind, bei denen die Spieler eine gestellte Aufgabe lösen müssen, was grundsätzlich nicht zufallsabhängig ist. Zweck des § 8a RStV ist aber klarzustellen, dass die erst in neuerer Zeit aufgekommenen „interaktiven“ Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele, an denen sich das Publikum mittels individueller Kommunikationsmittel (insbesondere Telefon) kostenpflichtig beteiligen kann, ein in Fernsehen und Hörfunk zulässiger Programminhalt sind und damit für private Rundfunkveranstalter eine erlaubte Einnahmequelle bilden. Zu den nach § 8a RStV zulässigen Gewinnspielen zählen danach grundsätzlich auch privat veranstaltete, zufallsabhängige Call-in-Gewinnspiele gegen Entgelt (vgl. VGH München, AfP 2010, 204, 205; Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, Bayerischer Landtag, LTDrucks. 15/9667, S. 15; Bolay, MMR 2009, 669, 671). Das ergibt sich auch aus der Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung), die zur Konkretisierung des § 8a RStV erlas- sen worden ist. Nach § 2 Gewinnspielsatzung liegt ein Gewinnspiel vor, wenn den Nutzern des Programmangebots im Fall der Teilnahme die Möglichkeit auf den Erhalt eines Vermögenswertes geboten wird. Das schließt zufallsabhängige Spiele ein.
64
(bb) Ein Glücksspiel liegt aber nur vor, wenn für den Erwerb einer - zumindest überwiegend zufallsabhängigen - Gewinnchance ein Entgelt gezahlt wird (vgl. § 3 Abs. 1 GlüStV). Daran fehlt es bei den Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV.
65
Wie sich aus der Verweisung des § 8a Abs. 1 auf § 13 Abs. 1 Satz 3 RStV ergibt, dürfen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten aus Gewinnspielen keine Einnahmen erzielen. Im Übrigen ist das Teilnahmeentgelt auf höchstens 0,50 € begrenzt. Nach § 8 Gewinnspielsatzung ist es unzulässig, zu wiederholter Teilnahme aufzufordern oder dafür Anreize zu setzen.
66
Teilnahmeentgelte von höchstens 0,50 € sind glücksspielrechtlich unerheblich (OLG München, MMR 2006, 225; Heine in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 284 Rn. 6; MünchKommStGB/Groeschke/Hohmann, § 284 Rn. 8; Bolay, MMR 2009, 669, 670). Sie entsprechen den üblichen Portokosten, wie sie auch für die Teilnahme an herkömmlichen Gewinnspielen im Einzelhandel aufgewendet werden müssen, bei denen die Gewinner aus den Einsendern der richtigen Antwort durch Los und damit zufallsabhängig bestimmt werden. Derartige wettbewerbsrechtlich zulässige Gewinnspiele unterliegen eindeutig nicht den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags. Zudem werden Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen im Rundfunk maßgeblich durch ihren Show- und Unterhaltungscharakter geprägt, so dass sie in dem durch § 8a RStV festgelegten Entgeltrahmen als Unterhaltungsspiele anzusehen sind.
67
(cc) Durch die Zulassung von Gewinnspielen im Sinne des § 8a RStV auch in Internetportalen mit redaktionellem Inhalt werden die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrags nicht beeinträchtigt. Es ist insbesondere nicht ersichtlich , dass die fraglichen Spiele ein höheres Suchtpotential als die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Spiele haben (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 71 - Carmen Media Group). Sie können infolgedessen auch nicht zur Unionsrechtswidrigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV führen.
68
(f) Die Revision hat auch keine Vollzugsdefizite des Glücksspielstaatsvertrags in Nordrhein-Westfalen dargelegt, aus denen sich eine Inkohärenz des Internetverbots jedenfalls für dieses Bundesland ergeben würde. Die pauschale Behauptung von Verstößen staatlich beherrschter Anbieter gegen die Werbebeschränkungen des Glücksspielstaatsvertrags reicht dafür nicht aus. Im Übrigen ist nach § 5 GlüStV die Werbung für erlaubte Glücksspiele außerhalb von Fernsehen, Internet und Telekommunikationsanlagen nicht generell unzulässig, sondern unter bestimmten – engen – Voraussetzungen gestattet. Über die Auslegung dieser Voraussetzungen bei konkreten Werbemaßnahmen kann bis zu einer gerichtlichen Klärung Unsicherheit bestehen. Das vermag jedoch keine unionsrechtliche Inkohärenz des allgemein und eindeutig geltenden Internetverbots zu begründen.
69
ee) Das Internetverbot begegnet ferner unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit keinen unionsrechtlichen Bedenken.
70
Das Unionsrecht verlangt, dass Beschränkungen im Glücksspielsektor nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele erforderlich ist (vgl. EuGH, EuZW 2007 Rn. 49 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 60 - Carmen Media Group). Dabei ist es jedoch Sache jedes Mitgliedstaats zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Glücksspieltätig- keiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollen vorzusehen. In diesem Zusammenhang kommt es für die Erforderlichkeit der erlassenen Maßnahmen allein auf die von den betreffenden nationalen Stellen verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau an (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 58 - Carmen Media Group). Dagegen wird nicht verlangt, dass eine von einem Mitgliedstaat erlassene beschränkende Maßnahme einer von allen Mitgliedstaaten geteilten Auffassung in Bezug auf die Modalitäten des Schutzes des fraglichen berechtigten Interesses entspricht (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2009 - C-518/06, Slg. 2009, I-3491 Rn. 83 ff. - Kommission/ Italien). Das hat der Gerichtshof der Europäischen Union gerade auch im Zusammenhang mit dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV betont (EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 104 - Carmen Media Group).
71
Die deutschen Bundesländer konnten es deshalb im Hinblick auf die besonderen Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet (vgl. oben Rn. 43) für erforderlich halten, diesen Vertriebsweg im Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags vollständig auszuschließen. Dieses Ergebnis ließ sich nur durch das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV erreichen, nicht dagegen durch weniger einschneidende Reglementierungen des Vertriebskanals Internet.
72
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar ein mitgliedstaatliches Verbot des Vertriebs von Kontaktlinsen über das Internet als nicht erforderlich und damit als unzulässige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit angesehen (EuGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 - C-108/09, GRUR 2011, 243 Rn. 58, 65 ff., 75 - Ker-Optica). Anders als in jenem Fall sind die das Verbot des Internetvertriebs von Glücksspielen rechtfertigenden Gefahren aber unmittelbar und zwangsläufig mit dem Medium Internet verbunden (etwa mangelnde soziale Kontrolle wegen Anonymität, permanente Spielmöglichkeit, besondere Be- quemlichkeit der Spielteilnahme). Sie lassen sich daher nicht durch begleitende Erläuterungen während des Spiels ausräumen.
73
5. Die Unlauterkeit des Glücksspielangebots der Beklagten entfällt nicht deswegen, weil der Beklagten zu 1 in Gibraltar eine Genehmigung erteilt worden ist, Glücksspiele im Internet gegen Geldeinsatz anzubieten.
74
Bereits am 8. September 2009 und damit mehr als sechs Monate vor der Berufungsverhandlung hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich entschieden, dass sich Wettunternehmen nicht auf eine durch einen anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis berufen dürfen, um Glücksspiele in einem anderen Mitgliedstaat entgegen einem dort bestehenden Verbot über das Internet anzubieten (EuGH, EuZW 2009, 689 Rn. 73 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional). In dem nicht harmonisierten Gebiet des Glücksspielrechts gibt es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts keine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den verschiedenen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse (EuGH, Urteil vom 3. Juni 2010 - C-258/08, EWS 2010, 185 Rn. 32 f. - Sporting Exchange; EuGH, WRP 2010, 1338 Rn. 112 - Markus Stoß u.a.).
75
6. Der Streitfall gibt keinen Anlass zu einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV. Der Gerichtshof hat wiederholt betont, dass die unionsrechtliche Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall Sache der nationalen Gerichte ist (vgl. EuZW 2007, 209 Rn. 58 - Placanica; NVwZ 2010, 1422 Rn. 65 - Carmen Media Group). Die für diese Prüfung maßgeblichen Grundsätze des Unionsrechts hat er in einer Vielzahl von Entscheidungen geklärt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 14 - C.I.L.F.I.T.).
76
Das gilt insbesondere für § 4 Abs. 4 GlüStV (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 98, 105 - Carmen Media Group). Dabei war dem Gerichtshof auch die für Pferdewetten geduldete Ausnahme bekannt (vgl. EuGH, NVwZ 2010, 1422 Rn. 98 - Carmen Media Group - in Verbindung mit dem Vorlagebeschluss des VG Schleswig, ZfWG 2008, 69, 74, und der dort erfolgten Bezugnahme auf die Ausführliche Stellungnahme der Kommission im Notifizierungsverfahren, S. 1 u., 3 bei Ziff. 2.2, Anlage 1 a zum Entwurf des Gesetzes des Landes NordrheinWestfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucks. 14/4849). Sie hat dem Gerichtshof aber keinen Anlass zu Zweifeln an der Kohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV gegeben.
77
IV. Entgegen der Auffassung der Revision besteht der Unterlassungsanspruch bundesweit, obwohl die Klägerin nur in Nordrhein-Westfalen tätig ist. Denn das Verhalten der Beklagten ist im Streitfall - anders als in dem vom Senat am 14. Februar 2008 entschiedenen Fall (I ZR 207/05, BGHZ 175, 238 Rn. 28 - ODDSET) bundesweit als unlauterer Wettbewerb anzusehen. Das Internetverbot des § 4 und die Werbebeschränkungen des § 5 Glücksspielstaatsvertrag gelten gemäß § 24 GlüStV in Verbindung mit den Ausführungsgesetzen der Länder einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Die von der Revision vertretene Annahme eines lediglich regionalen Unterlassungsanspruchs würde dann zu dem nicht praktikablen Ergebnis führen, dass der räumliche Geltungsbereich des wettbewerblichen Anspruchs für jeden als Anspruchsteller auftretenden Wettbewerber selbständig bestimmt werden müsste (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1998 - I ZR 141/08, GRUR 1999, 509, 510 = WRP 1999, 421 - Vorratslücken).
78
V. Der Unterlassungsantrag geht auch nicht deshalb zu weit, weil er auch Online-Gewinnspiele mit einem Höchsteinsatz von 50 Cent für das einzelne Spiel und Poker in der Version „Texas hold’em“ erfasst.
79
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, selbst wenn der Einsatzvon 50 Cent für das einzelne Spiel unerheblich sein möge, handele es sich bei den Online-Gewinnspielen der Beklagten um Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 GlüStV. Denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Spieler auf ein einzelnes Spiel beschränke. Den Regulierungen des Glücksspielrechts liege die empirisch gestützte Einschätzung zugrunde, dass ein Spielteilnehmer typischerweise gerade nicht geringfügige Verluste hinnehme und das Spiel beende, sondern sich erhoffe, durch eine Fortsetzung des Spiels den Verlust nicht nur wieder auszugleichen, sondern darüber hinaus den von Anfang an erhofften Gewinn zu erzielen. Diese Erwägungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision auch nicht angegriffen. Die Revision verweist insbesondere auf keinen Vortrag der Beklagten, dass sie dem wiederholten Spiel eines Spielers nach Aufruf ihres Internetangebots durch geeignete Maßnahmen entgegenwirken.
80
2. In Übereinstimmung mit jüngerer Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte (OVG Münster, MMR 2010, 350; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2010, 104) hat das Berufungsgericht angenommen, Poker in der Variante „Texas hold’em“ sei ein Glücksspiel gemäß § 3 Abs. 1 GlüStV, weil der Gewinn überwiegend vom Zufall abhänge. Denn der Gewinn eines Spielers richte sich danach, ob seine Mitspieler früher ausstiegen als er und welche Karten sie letztlich offenlegten. Auch der Erfolg eines Bluffs sei von der aus Sicht des Spielers, der dieses Mittel nutze, ungewissen Reaktion der Mitspieler abhängig. Zwar stünden die im Falle des Showdowns schließlich aufzudeckenden Karten bereits vorher fest, der jeweilige Spieler könne davon aber keine sichere Kenntnis haben.
81
Die Revision zeigt keinen Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts auf. Dabei ist von Bedeutung, dass entsprechend dem gesetzlichen Schutzzweck für die glücksspielrechtliche Beurteilung nicht mehr als durchschnittliche Fähigkeiten eines Spielers maßgeblich sind (vgl. OVG Münster, MMR 2010, 350, 351; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2010, 104). Unerheblich ist, ob professionelle Spieler oder geübte Amateure, die sich gegebenenfalls auch Lehrbuchwissen angeeignet haben, ihre Erfolgschancen steigern können. Das Berufungsgericht hat auch die Möglichkeit eines bewussten Bluffs und deren Auswirkungen auf das Spielerverhalten berücksichtigt. Soweit die Revision im Übrigen auf ihren instanzgerichtlichen Vortrag verweist, versucht sie lediglich, ihre Tatsachenwürdigung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen.
82
VI. Da der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag begründet ist, hat das Berufungsgericht auch die darauf rückbezogenen Anträge auf Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und Feststellung der Schadensersatzpflicht (§ 9 UWG) zu Recht zugesprochen.
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1. Die Feststellung der Ersatzpflicht im gerichtlichen Verfahren setzt voraus , dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Dafür reicht es aus, dass aufgrund des festgestellten Sachverhalts ein Schaden zumindest denkbar und möglich erscheint, wobei ein großzügiger Maßstab geboten ist (BGH, Urteil vom 6. März 2001 - KZR 32/98, GRUR 2001, 849, 850). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Es ist nach der Lebenserfahrung jedenfalls denkbar und möglich, dass das Internetangebot der Beklagten, insbesondere wegen seiner großen Bequemlichkeit und Anonymität, Spielinteressierte in Nordrhein-Westfalen davon abgehalten hat, Spielmöglichkeiten bei der Klägerin im herkömmlichen Vertrieb zu nutzen. Das gilt auch, soweit die Beklagten Online-Casinospiele anbieten.
84
2. Das Berufungsgericht hat ein Verschulden der Beklagten für den hier allein erheblichen Zeitraum ab dem 26. März 2008 zutreffend mit der Erwägung bejaht, die Rechtslage sei mit dem Inkrafttreten des Verbots für das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV) hinreichend geklärt worden. Die Beklagten mussten jedenfalls ernsthaft damit rechnen , dass das zuständige Gericht einen Wettbewerbsverstoß annehmen werde. Die Kommission hatte zwar Ende Januar 2008 eine Untersuchung unter anderem über die Vereinbarkeit des § 4 Abs. 4 GlüStV mit dem Unionsrecht eingeleitet und dazu am 31. Januar 2008 eine Pressemitteilung veröffentlicht (IP/08/119). Das Ergebnis dieser Untersuchung und eines ihr gegebenenfalls folgenden Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union war aber völlig offen. Deutschland hatte bereits für den Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags näher begründet, warum das Internetverbot unionsrechtlich zulässig sei. Soweit ersichtlich, hat die Kommission die Sache auch nicht weiterverfolgt und keine mit Gründen versehene Stellungnahme im Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV abgegeben.
85
C. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
RiBGH Pokrant ist in Kur und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Bornkamm Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 09.07.2009 - 31 O 599/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 12.05.2010 - 6 U 142/09 -

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 1120/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 18. April 2012 wird ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner angeordnet, soweit diese Verfügung das terrestrische Sportwettenangebot der Antragstellerin betrifft.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die in Österreich ansässige Antragstellerin veranstaltet über die Internetseite ... Sportwetten und betreibt Werbung hierfür. Weiter bietet sie in einer Annahmestelle in ... über Vermittler Sportwetten an. Mit auf § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der bis zum 30.06.2012 gültigen Fassung (im Folgenden: GlüStV a.F.) gestützten Verfügung vom 18.04.2012 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin, in Baden-Württemberg unerlaubt öffentliches Glücksspiel zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), gab ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und drohte für den Fall, dass die Antragstellerin den Verpflichtungen aus Ziffern 1 und 2 der Verfügung nicht binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR an (Ziff. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Glücksspiel in Baden-Württemberg erfolge ohne die erforderliche Erlaubnis. Eine solche könne sowohl für die im Internet als auch für die terrestrisch angebotenen Glücksspiele auch nicht erteilt werden, da die Antragstellerin Glücksspiel über das Internet veranstalte bzw. vermittle, dies aber nach § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. nicht zulässig sei. Das Anbieten von Glücksspiel über das Internet unter Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages führe dazu, dass die Antragstellerin auch für das terrestrisch angebotene Glücksspiel als unzuverlässig anzusehen sei, so dass auch hier von vornherein eine Erlaubnisfähigkeit ausscheide. Das Glücksspielangebot verstoße auch gegen weitere Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und sei damit sowohl im Hinblick auf den terrestrischen Bereich als auch im Internet nicht erlaubnisfähig. Die Antragstellerin biete bei Sportwetten sowohl im Internet als auch terrestrisch unter Verstoß gegen § 21 GlüStV a.F. Wetten auf Einzelereignisse innerhalb der Sportveranstaltung an. Ebenso biete sie Wetten während des laufenden Sportereignisses an. Das Angebot der Antragstellerin sei auch wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 GlüStV a.F. nicht zulässig. Denn sie biete auf ihrer Internetseite Spielern Boni in Höhe von bis zu 80 % des Gewinnes an, wenn diese auf mindestens fünf Ereignisse gleichzeitig wetteten. Dies sei mit dem Verbot der Anreizwerbung und der in § 1 GlüStV a.F. verankerten Zielsetzung nicht vereinbar. Weiter stehe der Zulässigkeit des Angebots der Antragstellerin entgegen, dass bei den Spielen im Internet der Jugendschutz nicht sichergestellt sei. Ein Spieler müsse nur erklären, 18 Jahre oder älter zu sein, überprüft werde dies aber erstmals bei Auszahlung etwaiger Gewinne, wobei Gewinne von Minderjährigen nicht einmal ausbezahlt würden. Mit der Internetseite werbe die Antragstellerin gleichzeitig für unerlaubtes Glücksspiel, was gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. verboten sei, gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. sei Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verboten. Auch die Werbung für ihr Angebot im Sportwettbüro verstoße gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a.F.. Zugleich verstoße sie damit gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a.F..
Die Antragstellerin hat hiergegen am 10.05.2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und gleichzeitig beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verfügung anzuordnen. Mit Beschluss vom 15.11.2012 hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt.
Nach Inkrafttreten des neuen Glückspielstaatsvertrages zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages vom 10.07.2012 - GBl. 2012 S. 515, im Folgenden: GlüStV n.F.) hat die Antragstellerin eine Konzession nach §§ 4a ff., 10 a GlüStV n.F. beantragt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 S. 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 4 VwGO), geben dem Senat insoweit Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 18.04.2012 insoweit anzuordnen (2.). Im Übrigen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg (1.).
Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages zugrundelegen. Zwar kommt es für die Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage an, deren Gegenstand die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Antragsgegners vom 18.04.2012 im gesamten Zeitraum seit ihrem Erlass ist, nachdem die Antragstellerin bislang ihren Klageantrag nicht zeitlich begrenzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Die angefochtene Verfügung trifft auch eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61 bis 63/12 -, juris). Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, a.a.O.). Nachdem aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass von der angefochtenen Verfügung für die Vergangenheit der Antragstellerin nachteilige Rechtswirkungen ausgehen, welche die rückwirkende Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würden, ist der Antrag der Antragstellerin dahingehend zu verstehen (§ 88 VwGO), dass diese Vollstreckungsschutz nur für die Zukunft geltend macht, sodass auch nur die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage ex nunc und damit unter Zugrundelegung des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages zu beurteilen sind.
1. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin wird voraussichtlich für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum keinen Erfolg haben, soweit ihr Sportwettenangebot im Internet betroffen ist.
Der Antragsgegner hat die angefochtene Verfügung auf § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 GlüStV a.F. gestützt. § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. entspricht dieser Regelung. Danach kann der Antragsgegner u.a. die Veranstaltung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Die Untersagung der Veranstaltung ist rechtmäßig, wenn der Veranstalter keine Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen hat und deren Veranstaltung auch nicht erlaubnisfähig ist, es sei denn, die fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte durch Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.10.2012 - a.a.O.; Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 4.10 -, juris).
Die Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats vor. Die Antragstellerin verfügt über keine Erlaubnis des Antragsgegners zur Veranstaltung von Sportwetten im Internet. Dass die (behauptete) österreichische Sportwettenkonzession der Antragstellerin nicht ausreichend ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Die Veranstaltung von Sportwetten durch die Antragstellerin über das Internet laufen auch dem materiell-rechtlichen Verbot des § 4 Abs. 3 S. 2, 3 GlüStV n.F. zuwider (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Nach dieser Vorschrift ist die Teilnahme von Minderjährigen an öffentlichen Glücksspielen unzulässig. Die Veranstalter haben sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind. Der Antragsgegner hat aber festgestellt, dass nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin ein Spieler zwar erklären muss, 18 Jahre oder älter zu sein. Dies werde aber nicht überprüft. Eine Überprüfung des Alters finde erstmals bei Auszahlung von etwaigen Gewinnen statt. Minderjährige könnten demnach durch die unwahre Angabe, 18 Jahre oder älter zu sein, an den angebotenen Glücksspielen teilnehmen, was in der Anonymität des Internets besonders leicht sei. Wenn die Minderjährigen verlieren würden, komme dies dem Anbieter zugute. Wenn die Minderjährigen gewinnen würden, würden die Gewinne nicht ausbezahlt. Dem ist die Antragstellerin weder im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Die damit fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte auch nicht durch Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen.
Der Antragsgegner hat die Untersagungsverfügung insoweit auch ermessensfehlerfrei erlassen. Er hat insbesondere den Gesichtspunkt des Jugendschutzes bereits in der Untersagungsverfügung selbständig tragend berücksichtigt. § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. entsprechen § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV a.F. (ebenso: § 27 Abs. 1 GlüSpG Schleswig-Holstein), so dass sich auch nicht die Frage stellt, ob die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft (geworden) ist, weil die Ermessenserwägungen einer veränderten Rechtslage nicht Rechnung tragen und ob und inwieweit bei unveränderter Rechtslage ein Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen möglich ist und im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden darf.
10 
Vor diesem Hintergrund ist die angefochtene Verfügung auch insoweit rechtmäßig, als die Werbung für dieses unerlaubte Glücksspiel untersagt wird (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV n.F., entsprechend § 5 Abs. 4 GlüStV a.F.), ohne dass es darauf ankommt, ob die Antragstellerin auch noch gegen § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. (vgl. § 5 Abs. 3 GlüStV a.F.) verstößt.
11 
2. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin wird aber voraussichtlich für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum Erfolg haben, soweit ihr terrestrisch vertriebenes Sportwettenangebot betroffen ist. Nach § 9 Abs. 1 S. 2 GlüStV n.F. (entsprechend: § 9 Abs. 1 S. 2 GlüStV a.F.) kann der Antragsgegner die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleibt und damit der Antragstellerin auch den Vertrieb der von ihr veranstalteten Sportwetten über Vermittlungsstellen in Baden-Württemberg sowie hierauf bezogene Werbung untersagen.
12 
Die Voraussetzungen hierfür liegen aber nicht vor. Der Senat geht davon aus, dass eine Sportwettenveranstaltungskonzession nach §§ 4 a ff. GlüStV n.F. auch den Vertrieb dieser Sportwetten über eine zugelassene Vermittlungsstelle nach § 10 a Abs. 5, 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV n.F. umfassen würde. Fehlt es - wie hier - an einer solchen Veranstaltungserlaubnis, stellt sich - wie oben ausgeführt - bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung zunächst die Frage nach der Erlaubnisfähigkeit.
13 
Hiervon ist aber auszugehen. Insbesondere ergibt sich aus den Feststellungen des Antragsgegners kein Verstoß des terrestrischen Sportwettenangebots der Antragstellerin gegen § 21 GlüStV n.F.. Nach § 21 Abs. 4 S. 2 GlüStV n.F. sind Wetten während laufender Sportereignisse zwar unzulässig. Nach § 21 Abs. 4 S. 3 Hs. 1 GlüStV n.F. können davon abweichend aber Sportwetten, die Wetten auf das Endergebnis sind, während des laufenden Sportereignisses zugelassen werden. Der Antragsgegner hat lediglich festgestellt, dass die Antragstellerin Wetten während des laufenden Sportereignisses anbietet, aber nicht, ob es sich um zulässige Endergebniswetten i.S.d. § 21 Abs. 4 S. 3 Hs. 1 GlüStV n.F. handelt oder um während eines Sportereignisses nicht zulässige Wetten auf einzelne Vorgänge (Ereigniswetten). Insoweit hat der Antragsgegner zwar festgestellt, dass die Antragstellerin Wetten auf Einzelereignisse innerhalb der Sportveranstaltung anbietet, aber nicht, ob sie dies auch während eines Sportereignisses macht (vgl. auh § 21 Abs. 1 S. 1: erlaubnisfähige Wetten auf die den Ausgang von Abschnitten von Sportereignissen). Weitere Feststellungen, die eine Untersagung des terrestrischen Angebots der Antragstellerin rechtfertigten, hat der Antragsgegner nicht getroffen.
14 
Soweit der Antragsgegner darüber hinaus darauf abstellt, dass der Antragstellerin derzeit eine Erlaubnis nach §§ 4 Abs. 5, 4 a ff., 10 a GlüStV n.F. nicht erteilt werden kann, weil sie auch nicht erlaubtes und nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel anbietet (s. dazu unter 1.), verkennt er, dass die Einhaltung der Verpflichtung des Konzessionsbewerbers, kein (sonstiges) unerlaubtes Glücksspiel zu veranstalten oder zu vermitteln (§ 4 b Abs. 2 S. 3 Ziff. 6 GlüStV n.F.), nach der eigenen Regelungskonzeption des neuen Glücksspielstaatsvertrages (zunächst) durch Nebenbestimmungen zur Konzession sicherzustellen ist (§ 4 c Abs. 2 GlüStV n.F.), aber keine Untersagungsverfügung rechtfertigt (vgl. bereits Senat, a.a.O.).
15 
Die angefochtene Verfügung ist voraussichtlich auch insoweit rechtswidrig, als sie der Antragstellerin Werbung für den Vertrieb ihrer terrestrischen Produkte untersagt. Unter der Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages liegt unerlaubtes Glücksspiel, dessen Bewerbung untersagt werden darf (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV n.F.), nicht vor, wenn das Angebot erlaubnisfähig ist (Senat, Beschl. vom 19.11.2012, a.a.O.). Ob für das terrestrische Angebot der Antragstellerin auch im Internet geworben wird und damit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. erfüllt sein könnten, lässt sich den Feststellungen des Antragsgegners nicht entnehmen.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.
17 
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
18 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2010 - 3 K 2940/09 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 VwGO), ergibt sich nicht, dass abweichend von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.10.2009 anzuordnen ist.
Nach den Feststellungen des Antragsgegners ist die Antragstellerin eine in Malta ansässige und dort über entsprechende glücksspielrechtliche Erlaubnisse verfügende Gesellschaft. Sie tritt im Internet unter ... und ... auf und bietet ihre Produkte, d. h. Sportwetten, Casinospiele und Poker, ausschließlich über das Internet für Kunden in der ganzen Welt an und betreibt hierfür Werbung im Internet. Mit der Verfügung vom 02.10.2009 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin - soweit im vorliegenden Verfahren streitig - jegliche Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV und die Werbung hierfür (Ziff. 1). Ferner gab das Regierungspräsidium ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung der vorbezeichneten Tätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2). Für den Fall, dass die Antragstellerin den Verpflichtungen aus Nrn. 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nicht nachkommen sollte, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht (Ziff. 3). In der Begründung wird der Tenor der Verfügung dahingehend präzisiert, dass sich die Verfügung auf alle von der Antragstellerin betriebenen Internetauftritte erstreckt, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben wird und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist. Davon sind auch das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin ausgegangen.
Maßgeblich für die vorzunehmende Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO ist der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. Im gegenwärtigen Zeitpunkt überwiegt - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - das öffentliche Interesse an dem gesetzlich angeordneten Sofortvollzug der Untersagungsverfügung das private Interesse der Antragstellerin, vom Sofortvollzug einstweilen verschont zu bleiben. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht Überwiegendes dafür, dass sich die streitgegenständliche Untersagungsverfügung weiterhin im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird, weil die Antragstellerin im Internet unerlaubtes Glücksspiel veranstaltet und dafür wirbt. Sie verfügt weder über die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis noch wäre ihr eine solche nach gegenwärtiger Rechtslage voraussichtlich zu erteilen.
Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 11.12.2007 (GBl. S. 571) - GlüStV -. Danach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Erfüllung der Aufgaben der Glücksspielaufsicht erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; sie kann insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist gemäß § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland - AG-GlüStV - vom 04.03.2008 (GBl. S. 81) die für die Durchführung des Glücksspielstaatsvertrags in Baden-Württemberg zuständige Behörde, denn Glücksspiel wird dort veranstaltet, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird (§ 3 Abs. 4 GlüStV). Die in Malta ansässige Antragstellerin ermöglicht Spielern in Baden-Württemberg durch ihr Internetangebot die Teilnahme am Glücksspiel und wirbt dafür. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der Antragsgegner bereits deshalb zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiert. Maßgeblich ist nicht nur der Ort der Störungshandlung, sondern auch derjenige, an dem sich die polizeiliche Gefahr auswirkt bzw. die polizeilich geschützten Interessen gefährdet oder verletzt werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 19.08.2008 - 6 S 108/08 - m.w.N.). Auf die von der Antragstellerin vorgetragene „Einhaltung völkerrechtlicher Grundsätze“ kommt es in diesem Zusammenhang ebenso wenig an wie auf das „bei ausstrahlender Wirkung einer Maßnahme zu beachtende Territorialitätsprinzip“.
Die Untersagungsverfügung ist gegenüber der Antragstellerin durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden (§ 43 LVwVfG). Nach § 41 Abs. 1 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Diese Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut offen und beschränkt sich nicht auf eine Bekanntgabe im Inland. Lediglich in § 41 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG wird die Bekanntgabefiktion mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post auf das Inland beschränkt. Dass eine Bekanntgabe auch im Ausland möglich ist, ergibt sich schon aus § 41 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, wo es heißt, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben gilt. Der Antragstellerin ist der streitgegenständliche Bescheid mittels Einschreiben/Rückschein zugesandt worden und ihr tatsächlich zugegangen, was sie auch nicht in Abrede stellt. Er ist ihr damit wirksam bekannt gegeben worden. Eine andere hier nicht zu klärende Rechtsfrage ist es, inwieweit die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes durch förmliche Zustellung (§ 41 Abs. 5 LVwVfG) im Ausland zulässig wäre. Denn diese Art der Bekanntgabe hat der Antragsgegner gerade nicht gewählt, so dass auf die in diesem Zusammenhang vorgetragenen - auch völkerrechtlichen - Einwendungen der Antragstellerin, wiederum ungeachtet der Beantwortung der Frage, ob sich die Antragstellerin insoweit überhaupt auf völkerrechtliche Vorschriften berufen könnte, nicht einzugehen ist.
Die Antragstellerin veranstaltet öffentliches Glücksspiel. Dies gilt nicht nur für den Bereich der Sportwetten, sondern darüber hinaus auch für die über die Internetseiten ... und ... entgegen den Angaben der Antragstellerin nach wie vor angebotene Teilnahme an Poker- und Kasinospielen. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass auch die von der Antragstellerin angebotene Pokervariante des „Texas Hold’em“ als Glücksspiel anzusehen ist. Denn nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel bereits dann vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Der Erfolg beim Pokerspiel hängt trotz der dem Pokerspiel eigenen Möglichkeiten, den Ausgang des Spiels durch geschicktes Taktieren zu beeinflussen, zunächst davon ab, ob die zufällig erhaltenen Karten geeignet sind, eine gewinnträchtige Pokerhand zu bilden (OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.08.2009 - 11 ME 67/09 -, juris, Rdnr. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - 13 B 676/10 -, juris, Rdnrn. 45 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug.
Das Glücksspiel ist unerlaubt, weil der Antragstellerin die hierfür erforderliche Erlaubnis für Baden-Württemberg, wie sie § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV voraussetzt, fehlt. Der beschließende Senat lässt es dahingestellt, ob das in § 10 GlüStV normierte (faktische) Glücksspielmonopol mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 08.09.2010 - C-409/06 -, NVwZ 2010, 1419; - C-316/07 -,NVwZ 2010, 1409 ; - C-46/08 -, NVwZ 2010, 1422) den unionsrechtlichen Anforderungen weiterhin gerecht wird, wovon er bislang ausgegangen ist. Denn auch bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit, die jedenfalls zu einer Nichtanwendung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV führen würde, fehlt es der Antragstellerin an der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde zur Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels. Der unter „Allgemeine Bestimmungen“ aufgenommene Erlaubnisvorbehalt erstreckt sich auf jeden Veranstalter öffentlichen Glücksspiels und hat nicht nur das Land als Veranstalter im Blick. Erst durch die Verknüpfung in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, wonach Private keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV bekommen, wird das Glücksspielmonopol begründet. Es handelt sich deshalb, wie der Senat mehrfach hervorgehoben hat, um ein (nur) faktisches Monopol (vgl. Senatsurteil vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24, 26). Sollten die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur unionsrechtsrechtlichen Unzulässigkeit des Glücksspielmonopols führen, wäre weiterhin eine Erlaubnis zur Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels erforderlich. Dass die Begründung eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, wie es der Glücksspielstaatsvertrag vorsieht, mit Verfassungsrecht vereinbar ist, hat das Bundesverfassungsgericht geklärt (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -; ZfWG 2008, 351). Auch der EuGH hält ein solches Erlaubnissystem grundsätzlich mit Art. 43, 49 EG (nunmehr Art. 49 und 56 AEUV) vereinbar, wenn es angesichts der mit ihm verbundenen Beschränkungen des Rechts auf die freie Erbringung von Dienstleistungen oder des Rechts auf freie Niederlassung den insoweit in der Rechtsprechung insbesondere in Bezug auf seine Diskriminierungsfreiheit und seine Verhältnismäßigkeit aufgestellten Erfordernissen genügt (EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , Rdnr. 114; Urteil vom 06.03.2007 - C-338/04 -, ZfWG 2007, 125). Eine solche nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis ist der Antragstellerin für Baden-Württemberg nicht erteilt worden.
10 
An dem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlüStV ändert auch die der Antragstellerin in Malta erteilte Erlaubnis nichts. Wie der Senat bereits mehrfach herausgestellt hat, kann eine solche Erlaubnis nicht kraft Unionsrechts automatisch auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen (Urteil vom 10.12.2009, a.a.O., S. 42 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen; insofern sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Leistungsanbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedstaates verfügt (EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , Rdnr. 113).
11 
Selbst wenn das Glücksspielmonopol als solches gegen Unionsrecht verstoßen sollte, könnte der Antragstellerin eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV voraussichtlich nicht erteilt werden (vgl. hierzu auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.11.2010 - 1 S 204.10 -, juris, Rdnrn. 11 ff.; OVG Koblenz, Beschluss vom 08.12.2010 - 6 B 11013/10 -, juris, Rdnr. 8), weil sie Glücksspiele über das Internet anbietet. § 4 Abs. 4 GlüStV sieht ausdrücklich vor, dass das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele imInternet verboten ist. Dieses Verbot ist angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers entgegen der Ansicht der Antragstellerin geeignet und verhältnismäßig, problematisches Spielverhalten einzudämmen und ist sowohl mit Verfassungsrecht als auch Unionsrecht vereinbar. Dabei sind die Besonderheiten und die Gefährlichkeit des Glücksspiels im Internet zu berücksichtigen.
12 
Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu aus, dass das Spielen per Internet durch ein hohes Maß an Bequemlichkeit sowie durch eine zeitlich unbeschränkte Verfügbarkeit des Angebots gekennzeichnet sei. Hinzu komme ein beispielsweise im Vergleich zur Abgabe des Lottoscheins in der Annahmestelle höherer Abstraktionsgrad, der geeignet sei, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes - und möglichen Verlustes von Geld - in den Hintergrund treten zu lassen. Hinzu komme, dass nach wie vor erhebliche Bedenken bestünden, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lasse (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.).
13 
Das Internetverbot ist unter diesen Gesichtspunkten mit Verfassungsrecht vereinbar. Es verstößt insbesondere nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach zum staatlichen Glücksspielmonopol entschieden, dass der damit verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit durch überragend wichtige Gemeinwohlziele - Schutz der Bevölkerung , insbesondere Kinder und Jugendlicher, vor den Gefahren der Spielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität - gerechtfertigt ist. Selbst die schwerwiegenden Beschränkungen der unternehmerischen Tätigkeit, zu denen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet führt, sind angesichts der Spielsuchtprävention und somit eines Gemeinwohlbelangs von hohem Rang nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). In diesem Zusammenhang kann dahin stehen, ob sich die Antragstellerin als ausländische juristische Person des Privatrechts (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 3 GG) mit Sitz in Malta überhaupt unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen könnte oder lediglich auf Art. 2 Abs.1 GG zu verweisen wäre. Denn das Bundesverfassungsgericht hat ausländischen juristischen Personen in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich die im Grundgesetz verankerten sogenannten prozessualen Grundrechte zuerkannt, die hier nicht in Rede stehen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 27.12.2007 - 1 BvR 853/06 -, juris).
14 
Der Europäische Gerichtshof billigt ebenfalls eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird; er sieht diese grundsätzlich als geeignet an, die Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt. Begründet wird dies mit der Förderung der Spielsucht durch die leichte Zugänglichkeit des Internets, der potenziell großen Menge und Häufigkeit des Angebots, der Anonymität des Spielers und durch die fehlende soziale Kontrolle (EuGH, Urteil vom 08.09.2010 Rdnrn. 99 ff.; Urteil vom 08.09.2009 - C 42/07 -, Rdnrn. 70f., NJW 2009, 3221).
15 
Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV dürfte insbesondere nicht gegen das vom Europäischen Gerichtshof geforderte Kohärenzgebot bei einer Einschränkung der mangels Niederlassung der Antragstellerin im Bundesgebiet hier allein in Betracht kommenden (EuGH, Urteil vom 08.09.2009 , Rdnr. 46) Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) durch nationales Recht verstoßen. Wie der Antragsgegner zu Recht hervorgehoben hat, sind im Internet generell Glücksspiele und die Werbung hierfür verboten. Damit ist von vornherein klargestellt, dass sich das Verbot sowohl an nationale als auch an mitgliedstaatliche Veranstalter gleichermaßen richtet. Das Verbot dürfte auch systematisch und kohärent sein. Dies gilt auch für den Fall einer Gesamtbetrachtung aller Glücksspiele, ohne nur auf den Sektor der Sportwetten abzustellen. Die §§ 33c ff. GewO, die die Zulässigkeit von Geldspielgeräten regeln, gelten bereits nach ihrem Wortlaut nur für die Aufstellung stationärer Geräte und sind aller Voraussicht nach nicht auf Spiele im Internet, die diesen Spielgeräten nachgebildet sind, anwendbar. § 2 Abs. 2 RennwLottG verlangt das Vorliegen einer Örtlichkeit, für welche die Erlaubnis erteilt wird. Eine solche Örtlichkeit dürfte das Internet gerade nicht darstellen. Im Übrigen handelt nach dem RennwLottG derjenige ordnungswidrig, der als Buchmacher oder dessen Gehilfe außerhalb der Örtlichkeiten, für welche die Erlaubnis erteilt ist, Wetten abschließt oder vermittelt oder Angebote dazu entgegennimmt (§ 7 Abs. 1 RennwLottG). Der Antragsgegner hat deshalb nach eigenen Angaben auch eine solche Erlaubnis in keinem Fall erteilt. Gleiches dürfte auch für Spielbanken gelten, die ebenfalls einen örtlichen Bezug zu Gebäuden und Räumen, in denen die Spielbank betrieben werden darf, aufweisen (z. B. §§ 3 Abs. 2, 2 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die öffentlichen Spielbanken in Baden-Württemberg; vgl. zum Vorstehenden auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2010 - 11 MC 429/10 -, juris, Rdnr. 32).
16 
Da die Antragstellerin weder im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV ist noch ihr eine solche wegen des Internetverbots des § 4 Abs. 4 GlüStV voraussichtlich erteilt werden könnte, ist das Glücksspiel unerlaubt. Seine Veranstaltung und Vermittlung durfte somit untersagt werden.
17 
Das ebenfalls ausgesprochene Werbeverbot im Internet wurde von der Antragstellerin mit der Beschwerde nur insoweit angegriffen, als „fortdauernde Verstöße der staatlichen Lotteriegesellschaften“ gerügt und auf „zur Absatzförderung geeignete Äußerungen“ im Internet verwiesen und damit eine kohärente und konsistente Vorgehensweise verneint wurde. Damit wird der Sache nach ein Verstoß der Lottogesellschaften gegen § 5 Abs. 3 GlüStV geltend gemacht. Bei dieser Argumentation übersieht die Antragstellerin, dass sie - wie oben ausgeführt - unerlaubtes öffentliches Glücksspiel veranstaltet, das bereits nach § 5 Abs. 4 GlüStV nicht beworben werden darf, so dass auf § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zurückzugreifen ist.
18 
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist es ihr auch keineswegs unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung als Verbotsverfügung nachzukommen. Diese ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG). Der Antragstellerin wird in der Verfügung vorgehalten, dass sie über das Internet der Öffentlichkeit den Zugang zu unerlaubtem Glücksspiel ermögliche. Diese Handlung, nämlich die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet und die Werbung hierfür wird ihr untersagt. In welcher Form und über welche Maßnahmen die Antragstellerin dem Verbot nachkommen will, bleibt ihr nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Verfügung ausdrücklich überlassen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.07.2009 - 6 S 1565/09 -, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Hierfür kommt etwa die Geolokalisation ihrer Internetseite als Möglichkeit in Betracht (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.07.2010 - 13 B 676/10, juris, Rdnr. 43) oder auch die Anbringung eines disclaimers auf ihrer Internetseite (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.11.2007 - 6 S 2223/07 -, juris, Rdnr. 23). Erwartet wird von der Antragstellerin, dass entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Entscheidend ist danach allein, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Antragstellerin nicht mehr angenommen werden können und keine Werbung für diese Angebote erfolgt. Von einer technischen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Umsetzung der Untersagungsverfügung kann deshalb nicht - wie von der Antragstellerin befürchtet - ausgegangen werden. Soweit die Beschwerdeschrift weiter rügt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der datenschutzrechtlichen Problematik auseinandergesetzt, fehlt es bereits an der Darlegung im Beschwerdeverfahren, weshalb das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Antragstellerin zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die datenschutzrechtliche Problematik erfasst, die Bedenken der Antragstellerin jedoch nicht geteilt (BA S. 10 oben).
19 
Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Antragsgegner das ihm eröffnete Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat und seine Erwägungen dem Zweck der Ermächtigung gerecht werden und die Grenzen des Ermessens nicht überschreiten (§ 114 Satz 1 VwGO).
20 
Spricht somit nach derzeitiger Rechtslage alles dafür, dass sich die streitgegenständliche Verfügung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird, überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug nach § 9 Abs. 2 GlüStV das private Interesse der Antragstellerin am weiteren Aufschub. Dieses ist darin begründet, dass durch den Sofortvollzug der Untersagungsverfügung schon vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine Beteiligung der Antragstellerin an einer Öffnung des Glücksspielmarkts im Internet für Interessierte aus Baden-Württemberg verhindert und so bereits jetzt die Nachteile und schädlichen Auswirkungen vermieden werden, die das unerlaubte Glücksspiel mit sich bringt. Die weiterhin von der Antragstellerin beantragte Zwischenregelung nach § 173 VwGO i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO bis zur Entscheidung des Senats hat sich damit erübrigt. Ebenfalls kommt die von der Antragstellerin begehrte Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die anhängigen Vorlageverfahren bzw. eine dahingehende Ruhensanordnung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes schon deshalb nicht mehr in Betracht, weil der Europäische Gerichtshof zwischenzeitlich hierüber mit Urteilen vom 08.09.2010 entschieden hat.
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 GKG.
22 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. August 2007 - 3 K 2902/06 - geändert.

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.11.2006 wiederherzustellen und anzuordnen, wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass jene lediglich insoweit wiederherzustellen und anzuordnen ist, als sie sich auch auf andere Glückspiele als Sportwetten bezieht.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das dortige Verfahren von Amts wegen sowie für das Beschwerdeverfahren jeweils auf EUR 25.000,-- festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 4 VwGO statthafte Beschwerde ist zulässig; insbesondere entspricht die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgelegte Beschwerdebegründung entgegen der Auffassung des Antragstellers auch den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Soweit der Antragsgegner geltend macht, die dem Antragsteller am 11.04.1990 vom Rat des Kreises L.-Z. erteilte Gewerbegenehmigung sei - was das Verwaltungsgericht nicht erkannt habe - nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig, lässt dieses Vorbringen durchaus erkennen, inwiefern die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung abzuändern wäre, sollte diese Rechtsauffassung zutreffen. Denn die Vermittlungstätigkeit des Antragstellers wäre dann ungeachtet der Frage, ob sich die Gewerbegenehmigung überhaupt auf die Vermittlung von Sportwetten bezieht, die von einem Wetthalter außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Genehmigungsbehörde angeboten werden, in ganz Deutschland unerlaubt, sodass er auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darauf verwiesen werden könnte, bei etwaiger fehlender praktischer Umsetzbarkeit der angefochtenen Verfügung eben sein gesamtes Internetangebot (...) vom Markt zu nehmen (vgl. BA, S. 7 f.).
Die Beschwerdebegründung genügt auch insoweit den Darlegungsanforderungen, als der Antragsgegner den vom Verwaltungsgericht geäußerten ernsthaften Zweifeln entgegentritt, ob dem Antragsteller das ihm aufgegebene Verhalten überhaupt möglich und zumutbar sei, insbesondere ausschließlich Spieler in Baden-Württemberg von seinem Internetwettangebot auszuschließen. So lässt sein Beschwerdevorbringen ohne weiteres erkennen, warum er anders als das Verwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Antragsteller der Untersagungsverfügung entsprechen kann (vgl. insbes. S. 4, 10 f.).
Die vom Antragsgegner dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben auch Anlass, die vom Verwaltungsgericht zum Nachteil des Antragsgegners getroffene Abwägungsentscheidung zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe abzulehnen.
Das Verwaltungsgericht hat bei der von ihm nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem privaten Interesse des Antragstellers, der angefochtenen Untersagungsverfügung vom 17.11.2006 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorläufig keine Folge leisten zu müssen, zu Unrecht Vorrang vor dem - nach § 80 Abs. 3 VwGO formell ordnungsgemäß begründeten - besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben. Mit dieser Verfügung untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller, in Baden-Württemberg Glücksspiel und insbesondere Sportwetten zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1) und gab ihm auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen (Ziff. 2); gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziff. 3) und dem Antragsteller für den Fall, dass er seinen Verpflichtungen binnen zweier Wochen nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 EUR angedroht (Ziff. 4). Anders als das Verwaltungsgericht vermag der Senat „ernsthafte Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung nicht zu erkennen.
1. Derzeit spricht auch bei Berücksichtigung der umfangreichen Ausführungen des Antragstellers mehr dafür, dass das Regierungspräsidium ihm ohne Rechts- und Ermessensfehler die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür und die Unterstützung solcher Tätigkeiten untersagt, die Einstellung der untersagten Tätigkeiten aufgegeben und für den Fall, dass er dem nicht fristgemäß nachkomme, ein Zwangsgeld angedroht hat. Soweit sich die Verfügung darüber hinaus auf die Untersagung jeglichen Glücksspiels bezieht, dürfte sie demgegenüber mangels eines entsprechenden Erfordernisses rechtswidrig sein.
Voraussichtlich zu Recht dürfte das Regierungspräsidium seine Verfügung auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (vgl. GBl. BW 2004, 274) - LottStV - gestützt haben, wonach die zuständige Behörde die „Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels untersagen“ kann. Maßgeblich für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist insoweit, wie regelmäßig bei Dauerverwaltungsakten, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.03.2005, Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 zu § 15 Abs. 2 Satz 2 GewO m. N.); steht diese - wie hier - noch aus, ist auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.
Das Regierungspräsidium dürfte auch zutreffend angenommen haben, dass unter jene, sich nach dem eindeutigen Wortlaut nicht nur auf Lotterien beziehende Vorschrift auch das Vermitteln von Wetten sowie die Unterstützung solcher Tätigkeiten fällt (vgl. zu § 284 Abs. 1 StGB bereits Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181; auch BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, BVerwGE 126, 149). Auch wenn dies aufgrund des systematischen Zusammenhangs zu § 14 LottStV zu verneinen sein sollte, wäre die Untersagungsverfügung gleichwohl zu Recht gegenüber dem Antragsteller ergangen, da dieser durch das Bereitstellen entsprechender Einrichtungen (vgl. § 284 Abs. 1 3. Alt. StGB; hierzu inzwischen BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 -) - hier durch sein auch an Wettinteressenten in Baden-Württemberg gerichtetes Vermittlungsangebot im Internet - zumindest als (Mit-) Verursacher der Veranstaltung eines (dort unerlaubten) Glücksspiels i. S. des ergänzend heranzuziehenden § 6 Abs. 1 u. 3 PolG anzusehen wäre (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 09.10.2006 - 6 S 1765/06 -). Dass der Antragsteller sein Wettbüro in Sachsen betreibt und die angenommenen Sportwetten ins EG-Ausland (Gibraltar) vermittelt, ändert nichts daran, dass durch sein auch an Wettinteressenten in Baden-Württemberg gerichtetes Angebot, den Abschluss entsprechender Spielverträge auch von dort aus zu vermitteln, jene letztlich auch in Baden-Württemberg veranstaltet werden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 14.03.2002, NJW 2002, 2175, Urt. v. 01.04.2004, NJW 2004, 2158). Insoweit ist daher auch eine örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe gegeben.
Zutreffend wird in der angefochtenen Verfügung von einem Glücksspiel i.S. des § 3 Abs. 1 LottStV ausgegangen. Bei den vermittelten Sportwetten handelt es sich ersichtlich nicht um Geschicklichkeitsspiele (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2002, GewArch 2003, 352; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, VBlBW 2005, 181 m.w.N.).
10 
Voraussichtlich zu Recht wurde in der angefochtenen Verfügung auch angenommen, dass die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB erfolgt sei (vgl. Senat, Beschl. v. 28.07.2006, VBlBW 2006, 424), nachdem hierfür zu keiner Zeit eine Erlaubnis für Baden-Württemberg erteilt worden sei. Die Geltung jenes Repressivverbots hat das Bundesverfassungsgericht auch in seinem Urteil vom 28.03.2006 (NJW 2006, 1261) nicht in Frage gestellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 -). Ob letztlich - auch im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG - von einer Strafbarkeit auszugehen wäre, ist demgegenüber in vorliegendem Zusammenhang unerheblich (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.07.2006, a.a.O.); insofern ist auch nicht von Belang, dass, worauf der Antragsteller hinweist, der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 29.11.2006 - 2 StR 55/06 - ein Verfahren wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Veranstaltung eines Glücksspiels gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt hat.
11 
Auch die der in Gibraltar ansässigen Veranstalterin, der ..., dort - im EG-Ausland - am 21.03.2006 erteilte, bis 31.03.2007 befristete Erlaubnis, die inzwischen wohl verlängert worden sein dürfte, änderte an dem objektiven Verstoß nichts. Inwiefern eine solche kraft derzeitigen europäischen Gemeinschaftsrechts (generell oder automatisch) auch im Bundesgebiet Geltung beanspruchen können sollte, lässt sich auch den Ausführungen des Antragstellers nicht entnehmen (gegen eine unmittelbare Geltung auch BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; NdsOVG, Beschl. v. 17.03.2005, GewArch 2005, 282; BGH, Urt. v. 01.04.2004, a.a.O.; anders wohl OLG München, Urt. v. 26.09.2006 - 5 St RR 115/05 -). Im Glücksspielbereich sind die Mitgliedstaaten unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht verpflichtet, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen. Dem entsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000 (ABl. Nr. L 178 v. 17.07.2000, S. 1), die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (vgl. den Erwägungsgrund 16 u. Art. 1 Abs. 5 Buchst. d 3. Spiegelstrich). Inwiefern einem solchen Repressivverbot unabhängig von einer nach nationalem Recht vorgesehenen Erlaubnisfähigkeit Gemeinschaftsrecht entgegenstehen sollte, ist nicht zu erkennen (vgl. BGH, Urt. 01.04.2004, a.a.O.). Die vom Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vom 16.05.2006 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - vertretene Auffassung, wonach Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung entgegenstehe, die u. a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt, lässt sich schließlich nicht mit den dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2003 (NJW 2005, 139 ) zugrunde liegenden Annahmen vereinbaren, wo den einzelnen Mitgliedstaaten gerade ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt wird; hierauf ist zu Recht auch in der angefochtenen Verfügung hingewiesen worden. Dem entsprechend hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - jene Ausführungen auch nicht zu Eigen gemacht. Vielmehr hat er auf seine bisherige Rechtsprechung verwiesen, die eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses anerkannt habe, aus denen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt seien (Rdnr. 45 f.), und ausdrücklich klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. auch das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (Rdnr. 48); die vorgeschriebenen Beschränkungen müssten allerdings den sich aus seiner Rechtsprechung ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen (Rdnr. 48). Auch ein Konzessionssystem könne dabei ein wirksamer Mechanismus sein, um die im Bereich der Glücksspiele tätigen Wirtschaftsunternehmer mit dem vom jeweiligen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziel zu kontrollieren (Rdnr. 57). Ob die nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im jeweiligen Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenze (hier: das staatliche Wettmonopol), tatsächlich dem von dem Mitgliedstaat geltend gemachten - und vom Gerichtshof anerkannten - Ziel entspreche, sei von dem nationalen Gericht zu prüfen (Rdnr. 72). Insofern hat sich mit diesem Urteil die Rechtsposition privater Vermittler von Sportwetten nicht verbessert (vgl. Senat, Beschl. v. 29.03.2007 - 6 S 1972/06 -; ebenso OVG Hamburg, Beschl. 09.03.2007 - 1 Bs 378/06 -; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07.OVG -). Auf die Frage der Zulässigkeit der Verhängung von - hier ersichtlich nicht in Rede stehenden - Sanktionen gegen sie (vgl. Rdnr. 63) kommt es demgegenüber in vorliegendem Zusammenhang nicht an. Vor diesem Hintergrund kann hier auch dahinstehen, ob die der ... erteilte Glücksspiellizenz im Hinblick auf Ziff. 11 des Licence-Agreements überhaupt zu den hier in Rede stehenden Wettaktivitäten berechtigte (vgl. hierzu HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006 - 1 Bs 496/04 - sowie die im Ergebnis eher zweifelhafte Auslegung durch das maltesische Finanzministerium v. 06.02.2007). Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann insoweit nicht allein auf die europäischen Grundfreiheiten abgehoben werden.
12 
Auch die dem Antragsteller vom Gewerbeamt des Rates des Kreises L.-Z. unter dem 11.04.1990 erteilte „Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten“ ändert ungeachtet der Frage, ob diese überhaupt die Vermittlung von außerhalb des Zuständigkeitsbereichs dieser Behörde angebotenen Sportwetten erfasst, nichts daran, dass diese jedenfalls in Baden-Württemberg nicht erlaubt sind. So hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21.06.2006 (a.a.O.) entschieden, dass es eine von einem Hoheitsträger in der früheren DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten nicht rechtfertige, solche auch in den „alten“ Bundesländern zu veranstalten und zu vermitteln. Davon, dass diese Entscheidung insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnete und gar einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhielte, vermag der Senat nicht zu erkennen (vgl. bereits Senat, Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 2136/06 -). Auch wenn im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Erfolgsaussichten insoweit noch als offen anzusehen wären, führte dies noch auf kein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006 - 1 BvR 2399/06 -).
13 
Die Untersagung der weiteren Ausübung der gewerblichen Tätigkeit „Vermittlung von Sportwetten“ begegnet auch nicht deshalb Ermessensfehlern, weil die derzeitige (gesetzliche) Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols auch in Baden-Württemberg mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar ist, da das hier maßgebliche Gesetz über staatliche Lotterien, Wetten und Ausspielungen (Staatslotteriegesetz - StLG) vom 14.12.2004 (BW S. 894) insoweit nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. In der Tat fehlt es bislang an gesetzlichen Regelungen, die eine konsequente und aktive Ausrichtung des in Baden-Württemberg zulässigen Sportwettangebots am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht materiell und strukturell gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 138/05 -; Urt. v. 28.03.2006, a.a.O., S. 1264 ff.). Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtslage bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe für anwendbar erklärt, dass das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Land (Baden-Württemberg) veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden darf, sofern das Land (Baden-Württemberg) unverzüglich damit beginnt, das staatliche Sportwettmonopol konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht auszurichten (vgl. Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.; Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O., der klarstellt, dass aufgrund dieses Urteils die Rechtslage auch in Baden-Württemberg entsprechend verbindlich § 31 abs. 1 bverfgg> geklärt ist; hierzu Senat, Beschl. v. 09.11.2006 - 6 S 2100/06 -).
14 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, unter denen die bisherige Rechtslage bis zu einer (verfassungskonformen) gesetzlichen Neuregelung in Baden-Württemberg weiter anwendbar ist, erfüllt. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) unter Verweis auf entsprechende Erklärungen der zuständigen öffentlichen Stellen des Landes entschieden. Danach werden die vom Land veranstalteten Sportwetten schon während der Übergangszeit an den Zielen der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht und nicht (mehr) an der Erzielung von Einnahmen ausgerichtet; so werden künftig das Wettangebot begrenzt, Vertrieb und Werbung eingeschränkt und die Spielscheine mit einem Hinweis auf die Suchtgefahr versehen (vgl. insbes. die Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 07.04.2006). Diese Maßnahmen hat für die Übergangszeit - in authentischer Interpretation seines Urteils vom 28.03.2006 (a.a.O.) - ausdrücklich auch das Bundesverfassungsgericht als ausreichend angesehen (vgl. Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O., BA, S. 8). Dies muss um so mehr gelten, als inzwischen bereits eine Vielzahl von Maßnahmen zum Spielerschutz bzw. zur Suchtprävention tatsächlich umgesetzt ist (vgl. LT-Drs. 14/43 S. 2 f.); von bloßen Absichtserklärungen kann insofern nicht die Rede sein (vgl. auch die inzwischen bekannt gemachten Teilnahmebedingungen für die vom Land veranstalteten Ergebniswetten, GABl. 2006, 533 ff., 540 ff.). Dass die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor nicht erfüllt wäre, auch in der Übergangszeit jede Werbung zu unterlassen, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten auffordere, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die vom Antragsteller angeführten Werbebeispiele betreffen überwiegend schon nicht Baden-Württemberg bzw. nicht den hier in Rede stehenden Bereich der Sportwetten, auf den nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts indes allein abzustellen ist, sondern andere Glücksspiele, mag Oddset auch unter derselben „Dachmarke“ (Lotto) vertrieben werden. Dass von der andere Glücksspiele betreffenden Werbung gleichwohl verfassungsrechtlich bedenkliche „Ermunterungs- bzw. Anreizwirkungen“ zur Betätigung des Spieltriebs im Sportwettenbereich ausgingen (vgl. insoweit BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 -), ist nicht zu erkennen. Auch die Vertriebswege sind inzwischen beschränkt worden. So gibt es einen ungehinderten - direkten - Internetzugang zur staatlich veranstalteten Oddset-Wette seit 05.03.2007 nicht mehr. Auch wenn es über die gewerblichen Spielevermittler noch indirekte Spielmöglichkeiten über Internet geben mag, sind Minderjährige nach den vorerwähnten Teilnahmebedingungen jedenfalls von einer Spielteilnahme ausgeschlossen. Auch wurden 30 baden-württembergische Verkaufsstellen der Toto-Lotto GmbH geschlossen und Planungen zu weiteren Vertriebswegen eingestellt. Durch die Einführung einer Kundenkartenpflicht bzw. eines Kundenidentifizierungssystems wird nunmehr auch eine anonyme Spielteilnahme Jugendlicher verhindert. Insofern vermag auch der Hinweis des Antragstellers auf eine „Testaktion“ - zumal in Bayern - auf keine andere Beurteilung zu führen.
15 
Auch die Feststellungen des Bundeskartellamts in seinem Beschluss vom 23.08.2006, die sich unmittelbar nur zu den von den staatlichen Lotteriegesellschaften veranstalteten Lotterien verhalten, rechtfertigen keine andere Beurteilung; sie lassen insbesondere nicht den Schluss zu, dass der vorliegend allein in Rede stehenden Maßgabe für die Übergangszeit nicht entsprochen würde.
16 
Im Übrigen führten etwaige Defizite bei der Umsetzung der in der Übergangszeit zu beachtenden Maßgabe - etwa bei der Überwachung der Erfüllung der entsprechenden Verpflichtungen der gewerblichen Spielevermittler (vgl. § 14 Abs. 3 LStV) - zumal solche in anderen Bundesländern - noch nicht dazu, dass das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten deswegen nicht mehr ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfte; vielmehr ist es einer Übergangszeit gerade wesensimmanent, dass die in dieser Zeit zu erfüllenden Maßgaben erst nach und nach erfüllt werden können (vgl. HambOVG, Beschl. v. 11.07.2006, a.a.O.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (a.a.O.) auch nur bestimmt, dass bereits damit begonnen werden muss, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettleidenschaft auszurichten. Vor diesem Hintergrund hat es auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auffassung zurückgewiesen, der zufolge die derzeitige Rechtslage und Verwaltungspraxis in Bayern, die mit derjenigen in Baden-Württemberg vergleichbar sind, den Anforderungen genügten, die das Bundesverfassungsgericht  f ü r  d i e  Ü b e r g a n g s z e i t  bis zu einer gesetzlichen Neuregelung aufgestellt habe (vgl. Beschl. v. 19.10.2006 - 2 BvR 2023/06 -; für NRW Beschl. v. 07.12.2006, NVwZ 2007, 1521).
17 
Die vom Antragsteller vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken rechtfertigen keine andere Beurteilung. Aufgrund der Parallelität zum Verfassungsrecht (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.) ist zwar davon auszugehen, dass die derzeitige (gesetzliche) Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Baden-Württemberg auch mit Art. 43 bzw. 49 des EG-Vertrages - EG - nicht vereinbar ist. Jedoch ist die darin liegende Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit bei Berücksichtigung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts, denen insoweit die Bedeutung von gesetzesvertretendem Übergangsrecht zukommt, nunmehr aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls als gerechtfertigt anzusehen, nachdem diese auch durch einen entsprechenden Maßnahmenkatalog des Finanzministeriums erfüllt wurden. Dementsprechend hat der Senat in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass damit auch den Anforderungen genügt wird, die der Europäische Gerichtshof insbesondere im Urteil vom 06.11.2003 (a.a.O.) konkretisiert hat (ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 04.05.2006 - 1 M 476/05 -; BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.). Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs werden ersichtlich auch nicht in diskriminierender Weise angewandt (EuGH, a.a.O., Rdnr. 65). Insbesondere wird durch die Reduzierung der Werbetätigkeit und die beschriebenen Maßnahmen zur Suchtprävention und zum Jugendschutz „kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit“ beigetragen (a.a.O., Rdnr. 67) und jedenfalls seit April 2006 keine „Politik der starken Ausweitung des Spielens und Wettens zum Zweck der Einnahmenerzielung“ (mehr) verfolgt (a.a.O., Rdnr. 68). Vielmehr dienen jene Beschränkungen nunmehr „jedenfalls wirklich dem Ziel“, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (a.a.O., Rdnr. 62), und halten sich im Rahmen des Ermessens, über den die staatlichen Stellen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (a.a.O., Rdnr. 63). „Angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten“ tragen diese auch „tatsächlich“ den Zielen Rechnung, die sie rechtfertigen können (a.a.O., Rdnr. 76), ohne dass es einstweilen weiterer Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und zur Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen bedürfte (vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 13.11.2003 - Rs. C-42/02 -, EuGHE I 2003, 13519 ; Senat, Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O.); dies gilt um so mehr, als es hier allein um die Abwehr von - auch von den hier in Rede stehenden Sportwetten ausgehenden, nicht unerheblichen (vgl. Hayer/Meyer, a.a.O., S. 214 ff.; Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.) - Gefahren geht und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich eine summarische Prüfung geboten ist.
18 
Zwar besteht weiterhin das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte gesetzliche Regelungsdefizit (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006, a.a.O.), doch führt dieses allein nicht dazu, dass nach wie vor von einer grundsätzlich mit Gemeinschaftsrecht unvereinbaren Beschränkung der Niederlassungsfreiheit bzw. des freien Dienstleistungsverkehrs auszugehen wäre (ebenso BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.; anders HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006, - 11 TG 1465/06 -; OVG NW, Beschl. v. 28.06.2006, - 4 B 961/06 -). Auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2003 (a.a.O.) vermag der Senat nicht zu entnehmen, dass die dortigen Anforderungen an eine „nationale Regelung“ (vorübergehend) nicht auch durch ergänzende gesetzesvertretende Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts und sich an diesen orientierende Maßnahmen der Exekutive erfüllt werden könnten. Überhaupt müssen nicht sämtliche Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine gesetzliche Neuregelung gestellt hat, kraft Gemeinschaftsrechts sofort umgesetzt werden; gemeinschaftsrechtlich existiert insoweit kein zwingender Maßgabenkatalog (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.). Auch etwaige (im Land Baden-Württemberg) noch bestehende Vollzugsdefizite führten nicht ohne weiteres dazu, dass die derzeit bestehende nationale (Übergangs)Regelung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstieße (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.07.2006, a.a.O.); auf etwaige Vollzugsdefizite sowie neue Spielmöglichkeiten in anderen Bundesländern kommt es schließlich - ungeachtet der die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat treffenden Verpflichtungen - für den Bestand des mit dem baden-württembergischen Staatslotteriegesetz fortgeschriebenen staatlichen Wettmonopols nicht an.
19 
Zu einer anderen gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung besteht auch nicht deshalb Anlass, weil - worauf der Antragsteller abhebt - die Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Schreiben vom 04.04.2006 zu der Auffassung gelangt ist, dass Deutschland durch die Beschränkung der Veranstaltung und der Bewerbung von öffentlichen Glücksspielen sowie durch die Bestimmung, dass Einrichtungen für solche Glücksspiele nur mit behördlicher Genehmigung bereitgestellt werden dürfen, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 49 EG verstoßen habe (vgl. auch das ergänzende Aufforderungsschreiben Vertragsverletzung-Nr. 2003/4350). Vielmehr lässt sich auch dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.03.2007 (a.a.O., Rdnr. 48) nicht entnehmen, dass ein staatliches W e t t monopol - wovon der Antragsteller im Anschluss an die Kommissionsschreiben ausgeht - nur dann vor dem Gemeinschaftsrecht Bestand hätte, wenn die nationalen Beschränkungen auf dem gesamten Gebiet der Glücksspiele den sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügten. Ebenso wenig folgt aus diesem Urteil, dass von einem „kohärenten und systematischen“ Beitrag zur Begrenzung der W e t t tätigkeiten (vgl. EuGH, Urt. v. 06.11.2003, a.a.O.) dann nicht mehr ausgegangen werden könnte, wenn andere - nicht monopolisierte - Glücksspiele mit höherem Suchtpotential - nämlich die sog. Geldspielautomaten und kasinotypischen Glücksspiele - nicht gleichermaßen beschränkt würden (vgl. allerdings EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 14.03.2007 - Case E-1/06 -, Rdnr. 43 ff.). Auch von einer widersprüchlichen bzw. willkürlichen - und insofern auch nach Art. 3 Abs. 1 GG erheblichen - Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann aufgrund der zwischen den jeweiligen Glückspielmärkten bestehenden Unterschiede nicht gesprochen werden (vgl. auch OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O.). Zwar sind auch Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen von Pferden nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz vom 08.04.1922 (RGBl. I 1922, S. 335, 393; zul. geänd. durch Art. 119 V v. 31.10.2006, BGBl. I, S. 2407) erlaubnisfähig (vgl. § 2 Abs. 1 RennwLottG), doch ist nicht ersichtlich, dass Rennwetten aufgrund ihrer Bedeutung und der mit ihnen einhergehenden Gefahren mit den hier in Rede stehenden Sportwetten vergleichbar und deshalb gleichermaßen regelungsbedürftig wären. Für eine Anbieter aus dem EG-Ausland diskriminierende Anwendung ist nach wie vor nichts ersichtlich. Dass sich die angegriffene Beschränkung des Sportwettangebots durchaus zur Spielsuchtbekämpfung eignet, folgt im Übrigen bereits aus dem begrenzten - weil monopolisierten - Angebot (vgl. bereits OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007, a.a.O.; hierzu Hayer/Meyer, Das Suchtpotenzial von Sportwetten, Sucht 49 (2003), S. 212 ff. <218>); eine beschränkte Zulassung privater Wettanbieter wäre im Hinblick auf die dann erforderliche staatliche Aufsicht zudem weit weniger effektiv (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.07.2000, BVerfGE 102, 197). Sportwettangebote nach festen Quotenvorgaben bringen schließlich nach vorliegenden Untersuchungen durchaus ein nicht unerhebliches Suchtpotenzial mit sich (vgl. Hayer/Meyer, a.a.O., S. 214 ff.; Hayer/Meyer, Das Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten, Mai 2005, S. 157 ff.), dem zu begegnen Anlass besteht. Ob dies im Hinblick auf die vom Antragsteller nunmehr im Auszug vorgelegte Studie der Harvard Medical School anders zu beurteilen sein könnte, deren Projekt von ... mit 1,4 Millionen EUR finanziert wurde, wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein.
20 
Soweit sich der Antragsteller noch auf öffentliche Erklärungen des EU-Kommissars für den Binnenmarkt beruft (vgl. „Der Spiegel“ Nr. 43/2006, S. 90), in welchem dieser Beschränkungen des Glücksspielmarkts nur dann für nicht diskriminierend hält, wenn sie für private und staatliche Anbieter gleichermaßen gälten, übersieht er, dass ein staatliches Monopol in Rede steht, bei dem, so es für erforderlich gehalten wird, private Wettunternehmer generell von der Veranstaltung von (Sport-)Wetten ausgeschlossen werden dürfen. Die Zulässigkeit einer Monopolisierung erlaubten Spielbetriebs hat indes auch der Europäische Gerichtshof nicht grundsätzlich in Frage gestellt (vgl. Urt. v. 21.09.1999 - Rs. C-124/97 -).
21 
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen es das im deutschen wie im europäischen Gemeinschaftsrecht (vgl. Art. 231 Abs. 2 EG) geltende allgemeine Prinzip der Rechtssicherheit geböte, die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem (Gemeinschafts)Recht zu beschränken, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden (vgl. hierzu HessVGH, Beschl. v. 25.07.2006, a.a.O.; OVG NW, Beschl. v. 28.06.2006, a.a.O.).
22 
Verstößt die derzeitige Praxis damit auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, kann der Antragsgegner die derzeit jedenfalls unerlaubte Vermittlung von Sportwetten wegen der anderenfalls drohenden Gefahren ungeachtet des einstweilen noch vorhandenen (gesetzlichen) Regelungsdefizits ermessensfehlerfrei untersagen, zumal ungeachtet der vom Antragsteller erhobenen Bedenken mit einer Neuregelung nach Ablauf der Übergangsfrist zu rechnen ist; dass diese im Hinblick auf den inzwischen beschlossenen und von allen Ländern ratifizierten Entwurf eines neuen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen jedenfalls „gemeinschaftswidrig“ wäre, vermag der Senat entgegen der vom Antragsteller im Anschluss an die Stellungnahmen der Europäischen Kommission vertretenen Auffassung einstweilen nicht zu erkennen. Ein milderes Mittel, das das Spielangebot gleichermaßen wie eine zur Durchsetzung des Wettmonopols ausgesprochene Untersagung zu begrenzen geeignet wäre, ist nicht ersichtlich. Insofern bedurfte es in der angefochten Verfügung - zumal vor dem Hintergrund der vom Regierungspräsidium im Zusammenhang mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung angestellten Erwägungen – keiner weiteren Ausführungen.
23 
Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Anschluss an das Antragsvorbringen vertretenen Auffassung ist es dem Antragsteller auch keineswegs unmöglich bzw. unzumutbar, der Untersagungsverfügung nachzukommen. Dabei mag auf sich beruhen, ob die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur fehlenden technischen Möglichkeit zur Geolokalisierung zutreffen. Denn die ihm ersichtlich mit hinreichender Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) untersagten Tätigkeiten kann der Antragsteller unabhängig von den vom Verwaltungsgericht erörterten technischen Möglichkeiten, die ungeachtet der Ausführungen des Antragsgegners im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 4 der Antragserwiderung) in der Verfügung jedenfalls nicht vorgegeben waren, ohne Weiteres dadurch einstellen, dass er seine Wettangebote ausdrücklich und eindeutig dahin einschränkt, dass diese sich künftig nicht mehr an Wettinteressierte in Baden-Württemberg richten, darauf hinweist, dass Wetten aus Baden-Württemberg von ihm auch nicht vermittelt würden, er tatsächlich auch so verfährt und durch eine entsprechende Gestaltung der von ihm zu verantwortenden Internetseite zunächst entsprechende Erklärungen der Wettinteressierten einfordert (anders wohl BayVGH, Beschl. v. 07.05.2007 - 24 CS 07.10 -, BA S. 10). Insofern könnte etwa nach entsprechenden Hinweisen im Rahmen der erforderlichen Registrierung - ähnlich wie zum Zwecke des Ausschlusses Minderjähriger und der Kenntnisnahme bzw. Akzeptanz von AGB bzw. Teilnahmebedingungen - zum Ausfüllen bestimmter Pflichtfelder bzw. Setzen von Haken bzw. Anklicken von Buttons aufgefordert werden. So wird im Übrigen auch verfahren, wenn Inhalte einer Internetseite einer ausländischen Domain im Widerspruch zur deutschen Rechtsordnung stehen (vgl. auch BGH, Urt. v. 30.30.2006, NJW 2006, 2630 zur Einschränkung des Verbreitungsgebiets einer Werbung im Internet durch sog. Disclaimer). Insofern mussten in der angefochtenen Verfügung auch keine weiteren Vorgaben gemacht werden. Dass derartige Zugangserschwernisse bereits durch entsprechende Falschangaben von Wettinteressierten in Baden-Württemberg überwunden werden können, ändert daran nichts; dies führt insbesondere nicht dazu, worauf zu Recht die Beschwerde hinweist, dass jene ungeeignet wären (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.206, a.a.O., Rn. 114). Ist danach eine Einschränkung des bislang auch Wettinteressierten in Baden-Württemberg unterbreiteten Angebots möglich, kommt es im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch nicht mehr auf die - allerdings wenig überzeugenden und im Widerspruch zur bisherigen Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis stehenden - Ausführungen des Antragsgegners zur Nichtigkeit der dem Antragsteller erteilten Gewerbegenehmigung an.
24 
2. Schließlich besteht auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung. Dieses folgt - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28.07.2006 (a.a.O.) ausgeführt hat und worauf auch in der angefochtenen Verfügung abgehoben wird - daraus, dass auch vorübergehend bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die schädlichen Auswirkungen vermieden werden sollen, die den Gesetzgeber zur Einführung des staatlichen Monopols im Lotteriewesen bewogen haben. Gegenüber diesem öffentlichen Interesse muss das Interesse des Antragstellers zurücktreten, seine aus freien Stücken unter Inkaufnahme des Risikos (straf-) rechtswidrigen Verhaltens begonnene und auch in der Folge nicht aufgegebene Tätigkeit vorläufig fortsetzen und daraus Gewinn ziehen zu dürfen (vgl. schon Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O.); daran ändern auch die vom Antragsteller geltend gemachten, angeblich die Existenz seines Betriebs gefährdenden Auswirkungen nichts, zumal er zu keiner Zeit darauf vertrauen konnte, seine Wettaktivitäten aufgrund der ihm bzw. der Veranstalterin erteilten Genehmigungen auch in Baden-Württemberg entfalten zu dürfen. Wenn die unerlaubte Vermittlung gewerblich veranstalteter Sportwetten gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in der Übergangszeit trotz festgestellter Unvereinbarkeit des staatlichen Sportwettmonopols mit Art. 12 Abs. 1 GG - und europäischem Gemeinschaftsrecht - als ordnungsrechtlich verboten angesehen werden darf, ergibt sich aus diesem Verbot auch unabhängig von einer etwaigen Strafbarkeit ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 04.07.2006, a.a.O.). An dieser Beurteilung ändert - wie ausgeführt - auch die verfassungsgerichtlich noch nicht geklärte Frage einer Erstreckung der unter dem 11.04.1990 erteilten DDR-Erlaubnis auf das bisherige Bundesgebiet nichts (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.09.2006, a.a.O.). Eine andere Entscheidung wäre schließlich auch dann nicht angezeigt gewesen, wenn die Erfolgsaussichten aufgrund der erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken oder des beim Bundesverwaltungsgericht noch anhängigen Revisionsverfahrens - BVerwG 6 C 40.06 - noch als offen anzusehen wären (anders OVG Saarland, Beschl. v. 04.04.2007 - 3 W 23/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 02.01.2007 - 3 MB 38/06 -). Ob mit Rücksicht darauf vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren wäre, beurteilte sich grundsätzlich nach nationalem Recht (vgl. EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - Rs. C-432/05 - Unibet Ltd.). Vor dem Hintergrund der bereits vom Bundesverfassungsgericht getroffenen – der Sache nach auch die Dienstleistungsfreiheit berücksichtigenden - vorläufigen Maßgaben bestünde jedoch einstweilen kein Anlass, in der Übergangszeit nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO weitere vorläufige Maßnahmen zu treffen, bis im Rahmen des Hauptsacheverfahrens über die Vereinbarkeit des Verbots mit europäischem Gemeinschaftsrecht abschließend entschieden sein wird.
25 
Hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 12 LVwVG) Zwangsgeldandrohung besteht danach ebenfalls kein Anlass zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Jene entspricht auch den gesetzlichen Anforderungen (vgl. §§ 2, 20, 23 LVwVG). Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlichen Rahmen und erscheint angesichts der jährlich zu erwartenden Gewinne verhältnismäßig.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1. 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 u. Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG. Der vom Verwaltungsgericht festgesetzte Streitwert erscheint für das Hauptsacheverfahren im Hinblick auf das zugleich festgesetzte Zwangsgeld angemessen (vgl. Nr. 1.6.2 des Streitwertkatalogs i.d.F. vom 07./08.07.2004 (NVwZ 2004, 1327). Dieser Streitwert ist im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtschutzverfahrens jedoch zu halbieren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs; Senat, Beschl. vom 12.01.2005, a.a.O.).
27 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Auf den Antrag der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. August 2012 - 3 K 882/12 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 11. April 2012 wird ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin betreibt die Internetseite ..., über die das - jeweils Onlineglücksspiele in Form von Sportwetten, Casinospielen und Poker umfassende - Angebot zunächst der Firma ..., später der Firma ... verlinkt ist.
Mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der bis zum 30.06.2012 gültigen Fassung (im Folgenden: GlüStV a.F.) gestützten Verfügung vom 11.04.2012 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin jegliche Werbung in Baden-Württemberg für unerlaubtes Glücksspiel, insbesondere für die Firma ..., gab ihr auf, bereits begonnene Werbemaßnahmen einzustellen (Ziff. 1 der Verfügung) und die Einstellung der Werbetätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2). Für den Fall, dass die Antragstellerin dieser Verpflichtung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachgekommen sein sollte, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht (Ziff. 3).
Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. sei Werbung für unerlaubtes Glücksspiel verboten. § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. verbiete jegliche Werbung im Internet für Glücksspiel. Hiergegen verstoße die Antragstellerin durch die Verwendung des verlinkten Internetlogos der Firma ... Die Firma ... verfüge über keine Erlaubnis für die Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten und anderen Glücksspielen in Baden-Württemberg. Der Erteilung einer solchen Erlaubnis stehe das staatliche Glücksspielmonopol entgegen. Unabhängig davon könne eine Erlaubnis u.a. deshalb nicht erteilt werden, weil die Firma ... ihre Glücksspiele unter Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. über das Internet anbiete.
Die Antragstellerin hat hiergegen Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben (3 K 881/12) und beantragt, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verfügung anzuordnen. Mit Beschluss vom 27.08.2012 hat das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vorliegenden Beschwerde.
Die Antragstellerin hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sie Vollstreckungsschutz nur ex nunc begehrt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben dem Senat Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und auf den Antrag der Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 11.04.2012 im tenorierten Umfang anzuordnen.
Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012 S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012 S. 515, im Folgenden: GlüStV n.F.) zugrundelegen. Zwar kommt es für die Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage an, deren Gegenstand die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Antragsgegners vom 11.04.2012 im gesamten Zeitraum seit ihrem Erlass ist, nachdem die Antragstellerin bislang ihren Klageantrag nicht zeitlich begrenzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62/11 -, NVwZ 2012, 510). Die angefochtene Verfügung trifft auch eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung beansprucht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61-63/12 -, juris). Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, a.a.O.). Die Antragstellerin macht aber Vollstreckungsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nur für die Zukunft geltend, so dass in diesem Verfahren auch nur die Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage ex nunc und damit unter Zugrundelegung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zu beurteilen sind. Es bedarf vor diesem Hintergrund auch keiner Entscheidung, ob die Wirkungen des vorliegenden Beschlusses, der grundsätzlich ex tunc wirken würde, in zeitlicher Hinsicht auch deshalb auf den Zeitpunkt seiner Zustellung an den Antragsgegner zu beschränken sind, weil von der angefochtenen Verfügung für die Vergangenheit keine der Antragstellerin nachteiligen Rechtswirkungen mehr ausgehen, sich die Anfechtungsklage mithin insofern erledigt haben könnte und es deshalb insoweit schon am Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage fehlen würde oder ob solche Rechtswirkungen noch bestehen und diese auch die rückwirkende Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würden, vorausgesetzt die - für den Zeitraum vor dem 01.07.2012 am Maßstab des alten Glücksspielstaatsvertrages zu messende - angefochtene Verfügung würde sich auch für diesen Zeitraum als rechtswidrig erweisen (vgl. zum Ganzen Senatsbeschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, juris ).
Jedenfalls für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum wird die Anfechtungsklage der Antragstellerin voraussichtlich Erfolg haben.
Die angegriffene Verfügung erweist sich dabei - ohne zeitliche Einschränkung - bereits insofern als ermessensfehlerhaft, als mit ihr Werbung für nicht von der Firma ... angebotenes unerlaubtes Glücksspiel untersagt wurde bzw. deren Einstellung verlangt wurde. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a.F. kann der Antragsgegner die erforderlichen Anordnungen zur Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen erlassen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin bei Erlass der angefochtenen Verfügung beabsichtigt hatte, Werbung für andere Anbieter zu machen, hat der Antragsgegner nicht ermittelt. Sie sind auch nicht ersichtlich gewesen. Damit hat der Antragsgegner aber insofern sein Entschließungsermessen entgegen dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung (§ 114 Satz 1 VwGO) ausgeübt; denn es bestand bereits kein Anlass für ein behördliches Einschreiten (vgl. Senat, a.a.O.).
10 
Soweit sich die angefochtene Verfügung auf Werbemaßnahmen für die Firma ... bezieht, erweist sie sich jedenfalls für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum als ermessensfehlerhaft, weil die Ermessenserwägungen der veränderten Rechtslage auf Grund des Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nicht Rechnung tragen. Die angefochtene Verfügung trifft, wie bereits ausgeführt, eine unbefristete Regelung, die auch für den vorliegenden Fall einer Änderung der Rechtslage Fortgeltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden. Liegt wie hier eine Ermessensentscheidung vor und ändert sich der rechtliche Rahmen für die untersagten Tätigkeiten, muss die Untersagungsverfügung in ihren Erwägungen zum Ermessen, das sich am gesetzlichen Zweck der Ermächtigung zu orientieren hat (§ 114 Satz 1 VwGO), die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, um (weiterhin) rechtmäßig zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328). Hieran fehlt es. Die Berücksichtigung der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen könnte - was vorliegend aber nicht erfolgt ist - im Rahmen der Ermessenserwägungen dadurch geschehen, dass gesetzliche Änderungen einschlägiger materiell-rechtlicher Vorschriften bereits im Entwurfsstadium als ermessensrelevante Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61-63/12 -, a.a.O.). Ob auch das (spätere) Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen mit Blick auf die geänderte Rechtslage verwaltungsverfahrensrechtlich möglich ist und im Verwaltungsprozess berücksichtigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Denn entsprechende, tragfähige Erwägungen hat der Antragsgegner auch nachträglich nicht angestellt (s. dazu Senat, a.a.O.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 3335/11 -, juris).
11 
Die angefochtene Verfügung trägt darüber hinaus auch der Veränderung der Sachlage nicht Rechnung. Denn die Antragstellerin unterhält unstreitig keine Vertragsbeziehungen zur Firma ... mehr.
12 
Ginge man demgegenüber davon aus, dass der Antragsgegner zulässigerweise einen von ihm angenommenen konkreten Verstoß gegen glücksspielrechtliche Vorschriften zum Anlass nehmen dürfte, entsprechendes Fehlverhalten allgemein - und damit insoweit nur die Gesetzeslage wiederholend - zu untersagen, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Die Verfügung würde dann zwar auch und in rechtmäßiger Weise die Werbung der Antragstellerin für die Firma ... umfassen. Der Antragsgegner hätte aber auch dann weder der veränderten Rechtslage noch der veränderten Sachlage Rechnung getragen. Er hätte insbesondere das Angebot der Firma ... nicht am Maßstab des Ersten Glücksspieländerungsvertrags geprüft.
13 
Soweit der Antragsgegner unter Berufung auf § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG (Landesglücksspielgesetz vom 20.11.2012, GBl. , S. 604), wonach die zuständige Behörde u.a. die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel untersagen soll, geltend macht, ein Ermessen verbleibe ihr damit nur in atypischen Fällen, vorliegend sei aber ein Standardfall gegeben, weshalb die Behörde keinen Ermessensspielraum habe und der angegriffenen Verfügung damit nicht entgegengehalten werden könne, sie leide an einem Ermessensfehler, weil sie die veränderte Sach- und Rechtslage nicht berücksichtige, greift dies nicht durch. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG entbindet die zuständige Behörde bei auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV (der eine Ermessensentscheidung vorsieht) gestützten Verfügungen nicht davon, eine Ermessensentscheidung zu treffen, sondern schränkt lediglich ihr Entschließungsermessen ein. Die gerichtlich voll überprüfbare Einordnung als Standardfall ist Teil der Ermessensausübung (vgl. zum Ganzen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. m, § 40 Rn. 41 ff.). Ist wie hier die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung zeitabschnittsweise zu beurteilen und ändert sich die Sach- und Rechtslage, stellt sich auch die Frage nach der Atypik neu.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
15 
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.Oktober 2009 - 3 K 1089/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen ein Verbot der Telefonwerbung für Produkte der XXX Klassenlotterie anlässlich eines von Kunden ausgehenden Anrufs bei ihm.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe erteilte dem Kläger am 06.04.2009 die widerrufliche und bis zum 31.12.2011 geltende Erlaubnis, für die Lotterieeinnahme XXX, im Land Baden-Württemberg als Lotterieeinnehmer die von der XXX Klassenlotterie veranstalteten Lotterien, für die diese eine Erlaubnis als Veranstalterin in XXX hat, zu vermitteln. Der Erlaubnis waren mehrere Nebenbestimmungen beigefügt. In Ziffer 4c der Nebenbestimmungen heißt es:
„Die Werbeaktivitäten für die o.g. Glücksspiele haben jederzeit den Anforderungen des § 5 GlüStV zu genügen. Insbesondere sind die Glücksspielsucht fördernde Formen der Werbung etwa durch verkaufsfördernde Maßnahmen wie Rabatte, Gutscheine und ähnliche Aktionen (z.B. Zuwendungen und Werbeprämien für Kunden, die einen weiteren Spielteilnehmer werben) verboten.
Die Werberichtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder zu § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV - in der jeweils der XXX durch (Änderungs-)bescheid bekannt gemachten Fassung - sind zu beachten. …
Das Vertriebs- und Werbekonzept der XXX in der jeweils gültigen Fassung ist Bestandteil des Bescheids. Werbung für öffentliches Glücksspiel ist im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen nach § 5 Abs. 3 GlüStV verboten.“
Es folgt der fett gedruckte Hinweis:
„Hinweis: Damit ist jegliche Information über Glücksspiel am Telefon verboten. Sie ist selbst dann verboten, wenn sich der Anrufer vor oder während seines Anrufs stillschweigend oder ausdrücklich damit einverstanden erklärt, während des Telefonats über die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel informiert zu werden. Dies gilt auch z.B. bei kostenlosen Gewinnspielen.“
In der Begründung des Bescheids vom 06.04.2009 wird ausgeführt, die unter Nr. 4 aufgeführten Nebenbestimmungen stützten sich auf § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV und konkretisierten die gesetzlichen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages.
Der Kläger hat am 07.05.2009 gegen das in Ziffer 4c der Nebenbestimmungen enthaltene Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen Klage erhoben.
10 
Zur Begründung der Klage hat der Kläger unter anderem ausgeführt: Zwar enthalte § 5 Abs. 3 GlüStV ein Verbot von Werbung über Telekommunikationsanlagen. Dieses sei jedoch in der Hinsicht restriktiv auszulegen, als dass es nur vom Veranstalter oder Vermittler ausgehende, nicht aber bei ihm eingehende Telefonanrufe umfasse. So heiße es in der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages, dass mit dem Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV Werbeanrufe beim Spieler verboten, nicht aber Anrufe des Spielers bei Veranstaltern oder Vermittlern unterbunden werden sollten. Damit verstehe der Glücksspielstaatsvertrag unter verbotener Werbung lediglich allein vom Veranstalter oder Vermittler veranlasste und ausgehende Anrufe zum potenziellen Interessenten mit oder ohne dessen Einwilligung, nicht aber solche Werbemaßnahmen, die der potenzielle Interessent in einem von ihm bewusst (auch) mit dem Zweck der Erlangung von Informationen zum Glücksspiel eingeleiteten, eingehenden Anruf beim Vermittler oder Veranstalter selbst herbeiführe. Dem Verständnis, dass auf Grund § 5 Abs. 3 GlüStV bei Anrufen von Kunden lediglich ein bereits feststehender Kaufentschluss beim Anrufer im Zeitpunkt des Anrufs bedient werden dürfe, weitergehende Informationen aber verweigert werden müssten, stehe die Gesetzesbegründung entgegen. Denn bereits zum Kauf entschlossene Anrufer bzw. Bestandskunden müssten nicht mehr beworben werden, so dass eine Klarstellung zur Ausnahme vom Werbeverbot für diesen Personenkreis nicht erforderlich sei. Wenn von dem Betroffenen aktiv angefragte Beratung auch nur theoretisch dazu führen könne, dass ein Interessent vom Glücksspiel Abstand nehme, sei Beratung keinesfalls verzichtbar. Die Verweigerung einer angefragten Beratung bei gleichzeitigem - gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV zulässigen - Angebot eines sofortigen Vertragsschlusses führe häufig zu einem spontanen Kaufentschluss, der bei richtiger Beratung eventuell unterblieben wäre. Die Beifügung der Nebenbestimmung sei auch verfassungswidrig, weil der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nicht durch einen Gemeinwohlbelang gerechtfertigt sei. Das Verbot sei im Interesse der Verbraucher nicht notwendig. Indiz für die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Nebenbestimmung sei die gegenteilige Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern. Die unterschiedliche Verwaltungspraxis führe auch dazu, dass von ihm mit der Nebenbestimmung etwas Unmögliches verlangt werde. Das Verbot der Telefonwerbung sei für eingehende Telefonate technisch nicht regional auf das Land Baden-Württemberg beschränkbar. Nur bei einem sehr kleinen Teil der Anrufer werde überhaupt eine Festnetznummer übermittelt, die einem bestimmten Bundesland zugeordnet werden könne. Der Beklagte verlange eine technisch unmöglich durchzuführende Unterscheidung der Herkunft von Anrufern aus unterschiedlichen Bundesländern und damit eine unzumutbare sowie nicht verhältnismäßige und mangels Zuständigkeit für andere Bundesländer nicht zu rechtfertigende rechtswidrige Einstellung der Bewerbung von Interessenten bei von diesen eingehenden Telefonaten.
11 
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat unter anderem geltend gemacht, dass die von dem Kläger unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung vertretene Auslegung nicht tragfähig sei, da ihr der gesetzliche Wortlaut des § 5 Abs. 3 GlüStV entgegenstehe. Zudem ergebe sich aber auch aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber mit den Anrufen des Spielers gerade keinen Werbeanruf gemeint habe. Nur so erkläre sich, dass der Gesetzgeber gemeint habe, mit dem Verbot des § 5 Abs. 3 GlüStV über § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinauszugehen. Das Werbeverbot über das Telefon habe seinen Grund in dem besonderen interaktiven Potenzial dieses Mediums, bei dem ein sofortiger Übergang zum Spiel möglich sei. Dem Kläger werde mit dem Werbeverbot bei Inbound-Telefonaten auch nichts Unmögliches abverlangt. Er sei nicht gezwungen, zur Einhaltung des Telefonwerbeverbots eine technische Aufenthaltsermittlung vorzunehmen. Es könne vielmehr gleich zu Beginn des Gesprächs nach dem Aufenthaltsort des Anrufers gefragt werden.
12 
Mit Urteil vom 20.10.2009 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als Anfechtungsklage gegen Ziffer 4c des Bescheids vom 06.04.2009 statthaft, da es sich hierbei um eine selbständig anfechtbare Auflage handele. Die Klage sei aber nicht begründet, da das von dem Beklagten verfügte Werbeverbot rechtmäßig sei. Das Telefonwerbeverbot bedürfe vor allem keiner Einschränkung dahin gehend, dass Telefonwerbung in den Fällen zuzulassen sei, in denen Personen beim Unternehmen des Klägers anriefen und vorher über die beabsichtigte Werbung informiert worden seien. Eine solche Einschränkung sei der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 3 Alt. 3 GlüStV nicht zu entnehmen. Diese Vorschrift umfasse vielmehr jede Art der Telefonwerbung. Hierfür spreche nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch der Gesetzeszweck der wirksamen Bekämpfung von Spielsucht. Insbesondere die Kombination von telefonischer Werbung und nach § 4 GlüStV zulässiger Glücksspielvermittlung berge besondere Gefahren der Überrumpelung des Verbrauchers durch den Glücksspielanbieter. Die von dem Kläger herangezogene Gesetzesbegründung stehe diesem Verständnis des Werbeverbots nicht entgegen. Sie lasse sich zwanglos damit erklären, dass betont werde, dass eben nur „Werbeanrufe“ verboten werden sollten. Dass Anrufe zum Abschluss von Glücksspielverträgen, die aber nicht zur Durchführung von Werbemaßnahmen genutzt werden dürften, nicht durch § 5 Abs. 3 GlüStV verboten seien, ergebe sich bereits aus der Zulässigkeit der telefonischen Vermittlung von Glücksspielen. Nachdem das Regierungspräsidium ausdrücklich klargestellt habe, dass dem Telefonwerbeverbot Genüge getan sei, wenn die Mitarbeiter des Klägers die Anrufer nach ihrem Aufenthaltsort befragen und bei Anrufen aus Baden-Württemberg von Werbemaßnahmen absehen, werde von dem Kläger nichts Unmögliches verlangt.
13 
Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 15.11.2010 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
14 
Der Kläger hat zur Begründung seiner Berufung mit am 15.12.2010 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vorgetragen, die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass bei einem aktiven Anruf des Interessenten oder Kunden allenfalls das Recht bestehe, Losbestellungen aufzunehmen, Umwandlungswünsche von Losen oder sonstige Änderungen entgegenzunehmen und Fragen von Kunden zu bereits bestehenden Verträgen wahrheitsgemäß zu beantworten, sei staatsvertrags- und verfassungswidrig. Der Glücksspielstaatsvertrag kenne kein einheitliches Werbeverbot, vielmehr müsse der Gegenstand jedes einzelnen Werbeverbotes in seinem Kontext individuell nach dem mit dem jeweiligen Verbot verfolgten Zweck ermittelt werden. Für das Werbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV weise dessen Begründung unmissverständlich auf eine Ausnahme von dem Anwendungsbereich des Werbeverbots für den Fall hin, dass der Anruf von dem Betroffenen selbst eingeleitet werde. Das vom Verwaltungsgericht bestätigte Verbot führe dazu, dass die Ausnahme in der Begründung zum Staatsvertrag bei Anrufen von Interessenten beim Vermittler vollkommen leerlaufe, da dann praktisch keine sinnvollen Informationsgespräche mehr geführt werden könnten. Über die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grenzen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG gehe die Regelung des Glücksspielstaatsvertrages auch bei dieser Auslegung hinaus, da zudem auch mit Einwilligung der Betreffenden Anrufe des Veranstalters oder Vermittlers bei potenziellen Interessenten verboten seien. Das umfassende Verbot der Telefonwerbung könne auch nicht mit dem Verweis auf die Gesetzeszwecke gerechtfertigt werden. Der allgemeine Gesetzeszweck der Bekämpfung der Spielsucht werde vollkommen überdehnt, wenn pauschal mit der Umgehungsgefahr argumentiert werde. Mit den Zielen der Glücksspielprävention, der Kanalisierung des Glücksspiels in geordnete Bahnen, des Spielerschutzes und der ordnungsgemäßen Durchführung von Glücksspielen sei es auch nicht vereinbar, einerseits Anrufe bereits zum Kauf entschlossener Personen zuzulassen, andererseits unentschlossenen Interessenten keine Beratung zu gewähren und sie stattdessen auf postalische Informationen zu verweisen. Die Verweigerung einer angefragten Beratung bei gleichzeitigem Angebot eines sofortigen Vertragsschlusses führe häufig zu einem spontanen Kaufentschluss, der bei richtiger Beratung gegebenenfalls unterblieben wäre. Wegen der nach § 7 GlüStV bestehenden aktiven Aufklärungspflicht sowie in der Richtlinie 2005/29/EG normierten und in § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Nr. 7 UWG festgeschriebenen Pflicht zur Verhinderung von Geschäftspraktiken, die der fachlichen Sorgfalt widersprechen, müssten auch Informationen zum Spiel und zum Spielablauf auf Anfrage gewährt werden. Die Kombination von telefonischer Werbung und telefonischer Glücksspielvermittlung berge keine Gefahren für eine Überrumpelung des Verbrauchers. Aus der Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Abschluss von Verträgen bzw. die Einleitung von Vermittlungsgeschäften telefonisch zulässig sei, ergebe sich für die Telefonwerbung gegenüber dem Medium Internet eine offensichtlich deutlich herabgesetzte Gefährlichkeit des Mediums „Telefon“. Praktisch alle anderen Bundesländer legten den Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspielen bei Anrufen Dritter keine entsprechend restriktiven Beschränkungen auf. Die hier streitgegenständliche Nebenbestimmung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, da von einer Gemeinwohlerforderlichkeit des Verbots von Inbound-Telefonaten nicht die Rede sein könne. Es sei im Interesse der Verbraucher nicht erforderlich, sondern widerspreche viel eher ihren Informationsinteressen. Es bestünden zudem Bedenken an der Wirksamkeit des § 5 Abs. 3 GlüStV in europarechtlicher Hinsicht, da Beschränkungen des Glücksspielmarktes nur dann zulässig seien, wenn sie mit kohärent verfolgten legitimen Zielen des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehe wegen der Inkohärenz sogar die Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols in Frage.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20. Oktober 2009 - 3 K 1089/09 - zu ändern und die Ziffer 4c der Nebenbestimmungen des Bescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.04.2009 insoweit aufzuheben, als auch eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie anlässlich eines von dem Kunden ausgehenden Anrufs bei ihm nach § 5 Abs. 3 GlüStV untersagt wird.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt im Wesentlichen weiter aus: Der Gesetzgeber habe in § 5 Abs. 3 GlüStV ausnahmslos ein Verbot der Werbung für öffentliche Glücksspiele über Telekommunikationsanlagen erlassen. Er habe zur Spielsuchtprävention die Telefonwerbung umfassend verboten und den Postweg als traditionellen, keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizenden und hinsichtlich des Suchtpotenzials vertretbaren Werbeweg eröffnet. Das Werbeverbot über das Telefon habe seinen Grund in dem besonderen interaktiven Potenzial dieses Mediums, bei dem ein sofortiger Übergang zum Spiel möglich sei. Der staatliche Anbieter müsse sich bei der Erfüllung seiner ordnungsrechtlichen Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen, an die von dem Gesetzgeber auferlegten Werbebeschränkungen halten.
20 
Bereits mit Beschluss vom 16.07.2009 (3 K 1449/09) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Klage des Klägers vom 07.05.2009 aufschiebende Wirkung hat. Daraufhin untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger mit Verfügung vom 03.09.2009, in Baden-Württemberg als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie Werbung für öffentliches Glücksspiel über Telekommunikationsanlagen zu betreiben. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 20.10.2009 ab. Die Berufung gegen dieses Urteil hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tag zurückgewiesen (6 S 2578/11).
21 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor; die Akten aus dem Verfahren 6 S 2578/10 wurden beigezogen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

22 
Die Berufung des Klägers ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen. Dabei ist Gegenstand der Anfechtungsklage bei sachdienlicher Auslegung des Begehrens des Klägers - - wie auch der konkretisierte Berufungsantrag zeigt - nicht das vollständige Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen. Vielmehr geht es dem Kläger darum, dieses Werbeverbot insoweit aufzuheben, als ihm durch die Nebenbestimmung in Ziffer 4c der Erlaubnis vom 06.04.2009 als Teilinhalt des Werbeverbots über Telekommunikationsanlagen auch eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie aus Anlass eines vom Kunden ausgehenden Anrufs beim ihm untersagt wird.
24 
Mit diesem Inhalt ist die Klage als isolierte Teilanfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
25 
Insbesondere kann nicht eingewandt werden, der fettgedruckte Hinweis in der Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009, dass jegliche Information am Telefon über das Glücksspiel selbst dann verboten sei, wenn sich der Anrufer während seines Anrufs stillschweigend oder ausdrücklich damit einverstanden erkläre, während des Telefonats über die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel informiert zu werden, nehme bereits seiner deutlichen Aufmachung nach am regelnden Charakter der Erlaubnis nicht teil, sondern beziehe sich lediglich auf den vorhergehenden Satz, nach dem Werbung im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen nach § 5 Abs. 3 GlüStV verboten sei. Denn Gegenstand der Klage ist nicht der der Nebenbestimmung Nr. 4c beigefügte bloße Hinweis, sondern das - wie aus dem Hinweis deutlich wird - bereits in der Nebenbestimmung enthaltene und für den Fall des Klägers konkretisierte Verbot der Telefonwerbung, soweit es dem Kläger - teil- und abtrennbar - die Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie auch bei einem von dem Kunden ausgehenden Anruf (sog. Inbound-Telefonat) untersagt.
26 
Nach der vom Bundesverwaltungsgericht als gefestigt bezeichneten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 m.w.N.) ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes die Anfechtungsklage gegeben. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird - wie hier - geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage oder gehe über sie hinaus, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage dann zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
27 
Die Klage ist aber unbegründet. Soweit die Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009 die informative Werbung des Klägers für Produkte der XXX Klassenlotterie bei Inbound-Telefonaten untersagt, ist dies rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Rechtsgrundlage für dieses Verbot sind §§ 9 Abs. 4 Satz 3, 5 Abs. 3, 4 Abs. 1 und 2 GlüStV, § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG. Nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden und ist die Erlaubnis zu versagen, wenn das Veranstalten oder Vermitteln den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft; auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Anspruch. Das damit eröffnete Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG) und hat sich an den Zielen des § 1 GlüStV zu orientieren. Deshalb können Erlaubnisbescheide nach § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht nur unter den Einschränkungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG, sondern unbeschadet des Abs. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen mit Nebenbestimmungen verbunden werden (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Dies ist hier rechtmäßig erfolgt, da die Nebenbestimmung zur Umsetzung des den Zielen des § 1 GlüStV dienenden Werbeverbotes in § 5 Abs. 3 GlüStV erlassen wurde.
29 
Gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel unter anderem über Telekommunikationsanlagen - ausnahmslos - verboten. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10.09.1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 09.06.2005 - I ZR 279/02 -, NJW 2005, 3716) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, LT-Drs. 14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 5 GlüStV RdNr. 17). Damit umfasst der Begriff der Werbung auch die Information und Aufklärung über das Glücksspiel. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 GlüStV, nach dem sich Werbung für öffentliches Glücksspiel - jenseits des Verbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV - zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken hat und informative Werbung, die dem Sachlichkeits- und Richtigkeitsgebot zu folgen hat, zulässig ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 12.10 -, juris; Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Nach diesem Werbebegriff ist die Qualifizierung als informative Werbung nicht davon abhängig, ob der Glücksspielanbieter mit einem telefonischen Anruf beim (potenziellen) Kunden informativ über das Glücksspielprodukt wirbt (sog. Outbound-Telefonat) oder ob er dies anlässlich eine Anrufs des (potenziellen) Kunden bei ihm tut (sog. Inbound-Telefonat).
30 
Eine solche Einschränkung lässt sich auch nicht dem Sinn und Zweck des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel über Telekommunikationsanlagen in § 5 Abs. 3 GlüStV entnehmen. Vielmehr entspricht das ausnahmslos in § 5 Abs. 3 GlüStV normierte Verbot der Telefonwerbung - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - dem Gesetzeszweck. Ziel des Glücksspielstaatsvertrages ist es unter anderem, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (§ 1 Nr. 1 GlüStV), sowie das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern (§ 1 Nr. 2 GlüStV), und den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Das staatliche Glücksspielangebot soll nämlich lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebes dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276). Das Verbot der Werbung über die drei in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Werbewege (Fernsehen, Internet und Telekommunikationsanlagen) stützt sich darauf, dass nach Ansicht des Gesetzgebers mit der Nutzung dieser Medien eine besonders starke Anreizwirkung verbunden und deswegen eine solche Art der Werbung mit dem Ziel der Glücksspiel- und Wettsuchtbekämpfung unvereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338). Werbemaßnahmen über Fernsehen, Internet und Telekommunikation erreichen ein sehr breites Publikum; diese Medien werden insbesondere von der Jugend stark genutzt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris). Es kommt vor allem für das Internet und die Telekommunikationsanlagen hinzu, dass diese Medien ein besonderes interaktives Potenzial besitzen. Bei ihnen besteht als zusätzliches Gefahrenelement die Möglichkeit eines sofortigen Übergangs von der Werbung zur Spielteilnahme (vgl. hinsichtlich des Werbeverbots im Internet: Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen führt hier dazu, dass schnelle bzw. übereilte Vertragsabschlüsse am Telefon ungeachtet eventuell bestehender gesetzlicher Widerrufsrechte verhindert werden sollen. Der Kunde soll ausreichend Zeit haben, sich mit den Vertragsbedingungen vertraut zu machen. Während das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist (zur Vereinbarkeit des Internetverbots mit Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht: BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, NVwZ 2011, 1319; Beschluss des Senats vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136) und das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - was dessen interaktives Potenzial betrifft - das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV gleichsam bloß flankiert, ist das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen in dieser Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung. Denn § 4 Abs. 4 GlüStV verbietet nur die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet, andere Vertriebswege neuerer Art für die Veranstaltung und Vermittlung - wie etwa gerade auch die Telekommunikationsanlagen, aber auch andere Telemedien - sind nicht generell (vgl. insoweit § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) verboten, so dass auch über das Telefon ein Glücksspielvertrag geschlossen werden kann (vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 GlüStV RdNr. 97). Mithin besteht ohne ein Telefonwerbeverbot die Möglichkeit, dass bei einem Telefonat der Kunde zunächst beworben und er sodann am Telefon einen Glücksspielvertrag abschließen kann. Eine solche übergangslose Möglichkeit von Werbung zum Vertragsschluss soll gerade durch das Telefonwerbeverbot ausgeschlossen werden, da dieses Vorgehen in besonderem Maße die Gefahr der Überrumpelung des Verbrauchers durch den Glücksspielanbieter birgt. Soweit damit argumentiert werden sollte, dass es zur Erfüllung dieses Gesetzeszweckes ausreichend sei, dass Anrufe des Glücksspielanbieters beim Kunden unterbunden, nicht aber die hier in Rede stehende Werbung bei Inbound-Telefonaten verboten wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn auch bei Inbound-Telefonaten besteht die Gefahr, dass sich der Kunde nach und auf Grund der (informativen) telefonischen Werbung für Glücksspiele vorschnell und unüberlegt zum Abschluss eines Glücksspielvertrages entschließt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kunde möglicherweise durch seinen Anruf beim Glücksspielanbieter zu erkennen gibt, dass er mit der telefonischen Werbung einverstanden ist oder sein Einverständnis während des Telefonats erklärt. Denn eine Einwilligung in die Bewerbung am Telefon ist nicht zulässig, da das Verbot der Telefonwerbung vom Gesetzgeber als nicht disponibles Verbot ausgestaltet wurde. Dies ist auch naheliegend, da es - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - mit den Werbeverboten des § 5 GlüStV auch darum geht, Personen, die möglicherweise wegen Spielsucht in ihrer Willensbestimmung eingeschränkt sind, vor den mit der Telefonwerbung verbundenen Gefahren zu schützen. Denn es liegt auf der Hand, dass Werbung nicht nur neue Spieler rekrutieren und bestehende Spielgewohnheiten intensivieren, sondern auch problematisches oder gar pathologisches Spielverhalten aufrechterhalten und vertiefen kann, indem sie Spielanreize setzt, denen ein Spieler nicht oder nur schwer widerstehen kann und die ihm die Entscheidung, weniger oder nicht mehr zu spielen, schwerer oder unmöglich machen kann (zur erhöhten Wahrnehmung der Werbung bei problematischem und pathologischem Spielverhalten sowie zu den Auswirkungen der Werbung auf die Entwicklung bzw. Verbreitung von Glücksspielsucht vgl. etwa: Walz, Nur wer mitspielt, kann gewinnen - Werbung für staatliche Glücksspielangebote als öffentliche Aufgabe?, S. 57 ff.). Darüber hinaus weist das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht darauf hin, dass gerade die von dem Kläger praktizierte Methode, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben, vor Augen führe, welche Missbrauchsmöglichkeiten bei der Beschränkung des Verbots der Telefonwerbung auf Outbound-Telefonate bestehen. Der Senat hält es auch nicht für überzeugend, wenn der Kläger meint, eine Ausnahme vom Werbeverbot mittels Telekommunikationsanlagen sei für Inbound-Telefonate deswegen zu machen, weil es mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbar sei, einerseits Anrufe bereits zum Kauf entschlossener Personen zum Zwecke des Vertragsschlusses zuzulassen, andererseits unentschlossenen Interessenten die gewünschte (informative) Beratung am Telefon zu verwehren mit der Folge, dass diese mangels Beratung einen Glücksspielvertrag abschließen, den sie bei erfolgter Beratung nicht abgeschlossen hätten. Vor dem Hintergrund der mit der Telefonwerbung verbundenen besonderen Gefahren hat der Gesetzgeber das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen umfassend geregelt und sieht insbesondere den Postweg als den traditionellen und keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizenden und damit hinsichtlich des Suchtpotenzials vertretbaren Vertriebsweg an (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Auf diesem Weg hat der Kläger gegebenenfalls einen Beratung begehrenden Kunden zu verweisen, um zu verhindern, dass dieser infolge des Unterlassens einer Beratung einen unüberlegten spontanen Kaufentschluss tätigen könnte.
31 
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die Begründung zu § 5 Abs. 3 GlüStV dem so verstandenen ausnahmslosen Verbot der Werbung mittels Telekommunikationsanlagen - auch bei Inbound-Telefonaten - nicht entgegen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers, wie sie insbesondere in den verschiedenen Gesetzesentwürfen, den Beratungsprotokollen und vor allem in den den Entwürfen beigegebenen Begründungen zum Ausdruck kommen (vgl. dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., Studienausgabe, S. 206) vornehmlich erst dann zu Rate zu ziehen sind, wenn aus dem Wortsinn, dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes und der ihm zu Grunde liegenden Systematik, sowie dem ermittelten Sinn und Zweck der Vorschrift keine eindeutigen Auslegungsergebnisse zu erzielen sind und damit noch immer verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen bleiben (vgl. Larenz, a.a.O., S. 203; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.10.2003 - 13 S 887/03 -, InfAuslR 2004, 169). Das ist aber hier nach den obigen Ausführungen gerade nicht der Fall. Es kommt hinzu, dass die Begründung zu § 5 GlüStV keine eindeutigen Hinweise darauf enthält, dass § 5 Abs. 3 GlüStV entgegen seinem Wortlaut dahingehend zu verstehen sein soll, dass eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Lotterie- oder anderen Glücksspielprodukten anlässlich eines von dem Kunden ausgehenden Anrufs nach § 5 Abs. 3 GlüStV nicht verboten ist. Vielmehr heißt es in der Gesetzesbegründung zunächst, dass das Verbot über die allgemein geltenden wettbewerbsrechtlichen Grenzen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinausgeht undjede Werbung über diese Anlagen verbietet. In der Gesetzesbegründung wird weiterhin - allerdings bezüglich des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - auf das zusätzliche Gefahrenelement des sofortigen Übergangs von Werbung zur Teilnahme am Spiel abgestellt. Dieser Aspekt trifft für die Werbung über Telekommunikationsanlagen, auch bei Inbound-Telefonaten, ebenfalls gleichermaßen zu. Zwar spricht die Gesetzesbegründung zu § 5 GlüStV dann weiter davon, dass mit § 5 Abs. 3 GlüStV Werbeanrufe beim Spieler verboten, nicht dagegen Anrufe des Spielers bei Veranstaltern oder Vermittlern unterbunden werden sollen. Aber auch dieser Erläuterung lässt sich kein zuverlässiger und eindeutiger Hinweis auf eine vom Gesetzgeber gewollte Zulässigkeit von Werbung bei Inbound-Telefonaten entnehmen, der das oben gefundene Auslegungsergebnis in Frage stellen könnte. Denn diese Passage der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages ist nicht zwingend dahingehend zu verstehen, dass bei Anrufen des Kunden Glücksspielanbieter auf Wunsch des Anrufers werbende Informations- bzw. Beratungsgespräche führen können, wenn dies der Intention des Kunden entspricht (so: Walz, a.a.O. S. 93). Sie kann vielmehr - mit dem Verwaltungsgericht - auch dahingehend gedeutet werden, dass nur „Werbeanrufe“ verboten sind, dem Spieler aber nicht die Möglichkeit genommen werden soll, durch einen Anruf beim Veranstalter einen Glücksspielvertrag abzuschließen oder andere technische Fragen mit dem Kundenservice oder der Kundenhotline zu klären, es aber sonst bei dem Verbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV verbleibt, wenn ein solcher Anruf des Kunden dazu genutzt oder gar pervertiert werden soll, den Kunden für eine (weitere) Spielteilnahme zu werben oder gezielt zur Teilnahme an Glücksspielen aufzufordern (so: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 5 GlüStV RdNr. 65).
32 
Das so verstandene umfassende Telefonwerbeverbot verstößt entgegen der Ansicht des Klägers weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht.
33 
Zwar liegt in der Beschränkung der Wirtschaftswerbung ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), jedoch ist das umfassende Verbot der Telefonwerbung eine verhältnismäßige und damit zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). Vor dem Hintergrund des legitimen Ziels der Bekämpfung der Glücksspielsucht und des Umstands, dass das staatliche Glücksspielangebot - wie bereits ausgeführt - lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebs dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen soll, ist das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zu beanstanden. Im Gegensatz zu der von § 5 Abs. 3 GlüStV nicht erfassten Hörfunk-, Plakat-, Druck- und sonstigen Postwerbung erreichen Werbemaßnahmen über die in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Medien ein sehr breites und auch junges Publikum und verfügen, was vor allem die hier in Rede stehende Werbung über Telekommunikationsanlagen betrifft, über ein besonderes interaktives Potenzial. Zwar mag dieses Verbot - insbesondere vor dem Hintergrund der Praxis des Klägers, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben - eine durchaus spürbare Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten bedeuten, jedoch wird dem Kläger kein völliges Werbeverbot auferlegt. Er kann vielmehr weiterhin hinreichend auf verschiedenen anderen Wegen (Hörfunk-, Presse-, Plakat- und postalische Werbung) auf sein Angebot aufmerksam machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009, a.a.O.).
34 
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie gegenüber verfügten umfassenden Telefonwerbeverbotes bestehen auch nicht in unionsrechtlicher Hinsicht.
35 
Die durch die Werbeverbote in § 5 Abs. 3 GlüStV begründeten Eingriffe in die Grundfreiheiten aus Art. 49 und 56 AEUV werden durch die vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes gerechtfertigt. In seinem Urteil vom 08.09.2010 ( C-316/07, RdNr. 103, NVwZ 2010, 1409) führt der Europäische Gerichtshof gerade aus, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols, hier des von der XXX Klassenlotterie wahrgenommenen faktischen Lotteriemonopols, für das der Kläger die Erlaubnis zur Vermittlung besitzt, eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und strikt auf das begrenzt zu bleiben hat, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern. Da die Werbeverbote des § 5 Abs. 3 GlüStV nicht „monopolakzessorisch“, sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht sind, kann - entgegen der Ansicht des Klägers und unabhängig von der Frage, ob sich der Kläger als ein in die Vertriebsorganisation der XXX Klassenlotterie eingebundener Vermittler insoweit auf die Rechte privater Vermittler oder Veranstalter von Glücksspiel überhaupt in einem qualifizierten Maße berufen kann - insoweit offenbleiben, ob die Ausgestaltung des Monopols den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht, insbesondere auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne kohärente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, juris). Allerdings gelten die Anforderungen an eine kohärente Regelung nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (vgl. EuGH, Urteil vom 10.03.2009 C-169/07 -, GewArch 2009, 195; BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.), auch wenn bei der Anwendung des Kohärenzgebotes nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Dienstleistungsfreiheit durch die Errichtung eines staatlichen Monopols ungleich stärker beschränkt wird als durch Regelungen, die lediglich bestimmte Vertriebs- oder Vermarktungsformen verbieten (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010, a.a.O., Rdnrn. 74 ff einerseits, RdNr. 79 ff. andererseits). Im Hinblick auf dieses Kohärenzgebot muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen, und darf die in Rede stehende Regelung durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren nicht konterkariert werden (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , C-46/08, NVwZ 2010, 448). Das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV wird diesen Anforderungen bezüglich des umfassenden Telefonwerbeverbotes gerecht (vgl. für das Internetwerbeverbot: BVerwG; Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.). Zum einen ist es widerspruchsfrei auf die Verwirklichung der damit verfolgten Ziele ausgerichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass die mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht die tatsächlichen Ziele sind und die Länder mit ihm in Wahrheit andere, etwa fiskalische Ziele verfolgen. Zum anderen gilt das Werbeverbot für alle Glücksspielarten, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen, und im Glücksspielstaatsvertrag geregelt werden (vgl. § 2 GlüStV, dessen Satz 2 die Anwendbarkeit des § 5 GlüStV auch für Spielbanken vorschreibt). Ausweislich der Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag (a.a.O.) gilt § 5 GlüStV darüber hinaus auch für Glücksspiele, die rechtmäßig im Ausland veranstaltet und im Inland beworben werden dürfen, weil keine - die Erlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV auslösende - Teilnahmemöglichkeit im Inland besteht, wie etwa die Werbung für ausländische Casinos in Deutschland. Die Norm gilt für die Veranstalter wie auch gemäß § 19 Satz 1 GlüStV für die Vermittler von Glücksspiel in gleichem Maße. Dass darüber hinaus die tatsächliche Erreichbarkeit der mit dem Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV verfolgten Ziele durch die Rechtslage oder Praxis in anderen Glücksspielbereichen in Frage gestellt würde, lässt sich nicht erkennen. Soweit das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 30.11.2011 - 13 B 1331/11 -, juris) mit Blick auf die Werbemaßnahmen der Landeslotteriegesellschaften im Internet oder in anderen Publikationen und Medien Zweifel daran hat, ob § 5 Abs. 3 GlüStV auf Grund der praktischen Anwendung der Werberegelungen des § 5 GlüStV durch die zuständigen Aufsichtsbehörden gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstößt, geht es bei dem hier gegenüber dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie verfügten Telefonwerbeverbot ja gerade darum, die Werbemaßnahmen für eine Lotteriegesellschaft einzuschränken und damit dem Kohärenzgebot auch in dieser Hinsicht zu genügen.
36 
Das Telefonwerbeverbot ist auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob im Hinblick darauf, dass dem Kläger nach dem Erlaubnisbescheid der Regierung von Oberfranken vom 24.11.2008 (Az. 10-2161.01) ausdrücklich die Generierung von Inbound-Telefonaten mit Hilfe kostenloser Gewinnspiele zur Bewerbung von Losen der Klassenlotterie gestattet wurde, wenn die Gewinnspielunterlagen einen deutlichen Hinweis enthalten, dass bei einem Anruf auch Informationen über Spielmöglichkeiten bei der Klassenlotterie gegeben werden (vgl. zu ähnlichen Nebenbestimmungen in Erlaubnisbescheiden der Regierung der Oberpfalz: VG Regensburg, Urteile vom 03.08.2009 - RO 5 K 08.2050 - und vom 21.10.2010 - RO 5 K 10.31 -, jew. juris), ein unmögliches Verhalten aufgegeben wird, weil sich nicht feststellen lässt, ob der Anrufer wegen seines Aufenthaltsortes beworben werden darf oder nicht. Denn der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine Befragung des Anrufers nach seinem Aufenthaltsort als ein ausreichendes Verfahren akzeptiert werde, um den Aufenthaltsort des Anrufers festzustellen. Die beanstandete Nebenbestimmung werde in ihrer Anwendung ausdrücklich in dem Sinn beschränkt, dass Werbung nur dann untersagt ist, wenn der Anrufer auf eine vorzunehmende Anfrage erkläre, aus Baden-Württemberg anzurufen.
37 
Auch sonst sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere kann eine möglicherweise gegenteilige Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern den Beklagten nicht in seiner Ermessensausübung einschränken. Denn eine anderweitige Verwaltungspraxis anderer Behörden bindet den Beklagten bei der Ausübung seines Ermessens in seinem Zuständigkeitsbereich nicht, sofern sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. Dies ist hier nicht der Fall. Nachdem das umfassende Telefonwerbeverbot lediglich die gemessen an höherrangigem Recht nicht zu beanstandenden gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 3 GlüStV für den Kläger verbindlich konkretisierend festlegt, steht seine Verhältnismäßigkeit nicht in Frage.
38 
Erweist sich damit das gegenüber dem Kläger ausgesprochene umfassende Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV als rechtmäßig, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob der Kläger als Lotterieeinnehmer für die Süddeutsche Klassenlotterie im Hinblick auf § 8 AGGlüStV schon an das Werbeverbot in Ziffer III 1 der von dem Vertreter des Beklagten erst in der Berufungsverhandlung vorgelegten Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2011 gebunden ist. In dieser Entscheidung wurde die der Süddeutschen Klassenlotterie von der Regierung der Oberpfalz am 19.08.2008 erteilte Erlaubnis für Baden-Württemberg unter anderem mit der Nebenbestimmung verlängert, dass Werbung über Telefon selbst dann verboten ist, wenn sich ein Anrufer vor oder während seines Anrufs damit einverstanden erklärt hat, während des Telefonats über die Möglichkeit zum Glücksspiel informiert zu werden.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.
41 
Beschluss vom 13. Dezember 2011
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

22 
Die Berufung des Klägers ist nach ihrer Zulassung durch den Senat statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger hat die Berufung insbesondere innerhalb der Berufungsbegründungsfrist ausreichend begründet und einen bestimmten Antrag gestellt (§ 124a Abs. 6, Abs. 3 Satz 4 VwGO).
23 
Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen. Dabei ist Gegenstand der Anfechtungsklage bei sachdienlicher Auslegung des Begehrens des Klägers - - wie auch der konkretisierte Berufungsantrag zeigt - nicht das vollständige Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen. Vielmehr geht es dem Kläger darum, dieses Werbeverbot insoweit aufzuheben, als ihm durch die Nebenbestimmung in Ziffer 4c der Erlaubnis vom 06.04.2009 als Teilinhalt des Werbeverbots über Telekommunikationsanlagen auch eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie aus Anlass eines vom Kunden ausgehenden Anrufs beim ihm untersagt wird.
24 
Mit diesem Inhalt ist die Klage als isolierte Teilanfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
25 
Insbesondere kann nicht eingewandt werden, der fettgedruckte Hinweis in der Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009, dass jegliche Information am Telefon über das Glücksspiel selbst dann verboten sei, wenn sich der Anrufer während seines Anrufs stillschweigend oder ausdrücklich damit einverstanden erkläre, während des Telefonats über die Möglichkeit zur Teilnahme am Glücksspiel informiert zu werden, nehme bereits seiner deutlichen Aufmachung nach am regelnden Charakter der Erlaubnis nicht teil, sondern beziehe sich lediglich auf den vorhergehenden Satz, nach dem Werbung im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen nach § 5 Abs. 3 GlüStV verboten sei. Denn Gegenstand der Klage ist nicht der der Nebenbestimmung Nr. 4c beigefügte bloße Hinweis, sondern das - wie aus dem Hinweis deutlich wird - bereits in der Nebenbestimmung enthaltene und für den Fall des Klägers konkretisierte Verbot der Telefonwerbung, soweit es dem Kläger - teil- und abtrennbar - die Bewerbung von Produkten der XXX Klassenlotterie auch bei einem von dem Kunden ausgehenden Anruf (sog. Inbound-Telefonat) untersagt.
26 
Nach der vom Bundesverwaltungsgericht als gefestigt bezeichneten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 22.11.2000 - 11 C 2.00 -, BVerwGE 112, 221 m.w.N.) ist gegen belastende Nebenbestimmungen eines Verwaltungsaktes die Anfechtungsklage gegeben. Dies gilt insbesondere für einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügte Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird - wie hier - geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage oder gehe über sie hinaus, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage dann zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
27 
Die Klage ist aber unbegründet. Soweit die Nebenbestimmung Nr. 4c zur Erlaubnis vom 06.04.2009 die informative Werbung des Klägers für Produkte der XXX Klassenlotterie bei Inbound-Telefonaten untersagt, ist dies rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Rechtsgrundlage für dieses Verbot sind §§ 9 Abs. 4 Satz 3, 5 Abs. 3, 4 Abs. 1 und 2 GlüStV, § 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG. Nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden und ist die Erlaubnis zu versagen, wenn das Veranstalten oder Vermitteln den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft; auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Anspruch. Das damit eröffnete Ermessen ist entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszuüben (§ 40 LVwVfG) und hat sich an den Zielen des § 1 GlüStV zu orientieren. Deshalb können Erlaubnisbescheide nach § 9 Abs. 4 Satz 3 GlüStV nicht nur unter den Einschränkungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG, sondern unbeschadet des Abs. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen mit Nebenbestimmungen verbunden werden (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Dies ist hier rechtmäßig erfolgt, da die Nebenbestimmung zur Umsetzung des den Zielen des § 1 GlüStV dienenden Werbeverbotes in § 5 Abs. 3 GlüStV erlassen wurde.
29 
Gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel unter anderem über Telekommunikationsanlagen - ausnahmslos - verboten. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10.09.1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 09.06.2005 - I ZR 279/02 -, NJW 2005, 3716) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, LT-Drs. 14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 5 GlüStV RdNr. 17). Damit umfasst der Begriff der Werbung auch die Information und Aufklärung über das Glücksspiel. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 GlüStV, nach dem sich Werbung für öffentliches Glücksspiel - jenseits des Verbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV - zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken hat und informative Werbung, die dem Sachlichkeits- und Richtigkeitsgebot zu folgen hat, zulässig ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 12.10 -, juris; Urteil des Senats vom 10.12.2009 - 6 S 1110/07 -, ZfWG 2010, 24). Nach diesem Werbebegriff ist die Qualifizierung als informative Werbung nicht davon abhängig, ob der Glücksspielanbieter mit einem telefonischen Anruf beim (potenziellen) Kunden informativ über das Glücksspielprodukt wirbt (sog. Outbound-Telefonat) oder ob er dies anlässlich eine Anrufs des (potenziellen) Kunden bei ihm tut (sog. Inbound-Telefonat).
30 
Eine solche Einschränkung lässt sich auch nicht dem Sinn und Zweck des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel über Telekommunikationsanlagen in § 5 Abs. 3 GlüStV entnehmen. Vielmehr entspricht das ausnahmslos in § 5 Abs. 3 GlüStV normierte Verbot der Telefonwerbung - wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - dem Gesetzeszweck. Ziel des Glücksspielstaatsvertrages ist es unter anderem, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (§ 1 Nr. 1 GlüStV), sowie das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern (§ 1 Nr. 2 GlüStV), und den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten (§ 1 Nr. 3 GlüStV). Das staatliche Glücksspielangebot soll nämlich lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebes dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276). Das Verbot der Werbung über die drei in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Werbewege (Fernsehen, Internet und Telekommunikationsanlagen) stützt sich darauf, dass nach Ansicht des Gesetzgebers mit der Nutzung dieser Medien eine besonders starke Anreizwirkung verbunden und deswegen eine solche Art der Werbung mit dem Ziel der Glücksspiel- und Wettsuchtbekämpfung unvereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338). Werbemaßnahmen über Fernsehen, Internet und Telekommunikation erreichen ein sehr breites Publikum; diese Medien werden insbesondere von der Jugend stark genutzt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris). Es kommt vor allem für das Internet und die Telekommunikationsanlagen hinzu, dass diese Medien ein besonderes interaktives Potenzial besitzen. Bei ihnen besteht als zusätzliches Gefahrenelement die Möglichkeit eines sofortigen Übergangs von der Werbung zur Spielteilnahme (vgl. hinsichtlich des Werbeverbots im Internet: Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen führt hier dazu, dass schnelle bzw. übereilte Vertragsabschlüsse am Telefon ungeachtet eventuell bestehender gesetzlicher Widerrufsrechte verhindert werden sollen. Der Kunde soll ausreichend Zeit haben, sich mit den Vertragsbedingungen vertraut zu machen. Während das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist (zur Vereinbarkeit des Internetverbots mit Verfassungsrecht und europäischem Gemeinschaftsrecht: BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, NVwZ 2011, 1319; Beschluss des Senats vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136) und das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - was dessen interaktives Potenzial betrifft - das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV gleichsam bloß flankiert, ist das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen in dieser Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung. Denn § 4 Abs. 4 GlüStV verbietet nur die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet, andere Vertriebswege neuerer Art für die Veranstaltung und Vermittlung - wie etwa gerade auch die Telekommunikationsanlagen, aber auch andere Telemedien - sind nicht generell (vgl. insoweit § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) verboten, so dass auch über das Telefon ein Glücksspielvertrag geschlossen werden kann (vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 4 GlüStV RdNr. 97). Mithin besteht ohne ein Telefonwerbeverbot die Möglichkeit, dass bei einem Telefonat der Kunde zunächst beworben und er sodann am Telefon einen Glücksspielvertrag abschließen kann. Eine solche übergangslose Möglichkeit von Werbung zum Vertragsschluss soll gerade durch das Telefonwerbeverbot ausgeschlossen werden, da dieses Vorgehen in besonderem Maße die Gefahr der Überrumpelung des Verbrauchers durch den Glücksspielanbieter birgt. Soweit damit argumentiert werden sollte, dass es zur Erfüllung dieses Gesetzeszweckes ausreichend sei, dass Anrufe des Glücksspielanbieters beim Kunden unterbunden, nicht aber die hier in Rede stehende Werbung bei Inbound-Telefonaten verboten wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn auch bei Inbound-Telefonaten besteht die Gefahr, dass sich der Kunde nach und auf Grund der (informativen) telefonischen Werbung für Glücksspiele vorschnell und unüberlegt zum Abschluss eines Glücksspielvertrages entschließt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kunde möglicherweise durch seinen Anruf beim Glücksspielanbieter zu erkennen gibt, dass er mit der telefonischen Werbung einverstanden ist oder sein Einverständnis während des Telefonats erklärt. Denn eine Einwilligung in die Bewerbung am Telefon ist nicht zulässig, da das Verbot der Telefonwerbung vom Gesetzgeber als nicht disponibles Verbot ausgestaltet wurde. Dies ist auch naheliegend, da es - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - mit den Werbeverboten des § 5 GlüStV auch darum geht, Personen, die möglicherweise wegen Spielsucht in ihrer Willensbestimmung eingeschränkt sind, vor den mit der Telefonwerbung verbundenen Gefahren zu schützen. Denn es liegt auf der Hand, dass Werbung nicht nur neue Spieler rekrutieren und bestehende Spielgewohnheiten intensivieren, sondern auch problematisches oder gar pathologisches Spielverhalten aufrechterhalten und vertiefen kann, indem sie Spielanreize setzt, denen ein Spieler nicht oder nur schwer widerstehen kann und die ihm die Entscheidung, weniger oder nicht mehr zu spielen, schwerer oder unmöglich machen kann (zur erhöhten Wahrnehmung der Werbung bei problematischem und pathologischem Spielverhalten sowie zu den Auswirkungen der Werbung auf die Entwicklung bzw. Verbreitung von Glücksspielsucht vgl. etwa: Walz, Nur wer mitspielt, kann gewinnen - Werbung für staatliche Glücksspielangebote als öffentliche Aufgabe?, S. 57 ff.). Darüber hinaus weist das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht darauf hin, dass gerade die von dem Kläger praktizierte Methode, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben, vor Augen führe, welche Missbrauchsmöglichkeiten bei der Beschränkung des Verbots der Telefonwerbung auf Outbound-Telefonate bestehen. Der Senat hält es auch nicht für überzeugend, wenn der Kläger meint, eine Ausnahme vom Werbeverbot mittels Telekommunikationsanlagen sei für Inbound-Telefonate deswegen zu machen, weil es mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbar sei, einerseits Anrufe bereits zum Kauf entschlossener Personen zum Zwecke des Vertragsschlusses zuzulassen, andererseits unentschlossenen Interessenten die gewünschte (informative) Beratung am Telefon zu verwehren mit der Folge, dass diese mangels Beratung einen Glücksspielvertrag abschließen, den sie bei erfolgter Beratung nicht abgeschlossen hätten. Vor dem Hintergrund der mit der Telefonwerbung verbundenen besonderen Gefahren hat der Gesetzgeber das Verbot der Werbung über Telekommunikationsanlagen umfassend geregelt und sieht insbesondere den Postweg als den traditionellen und keine unmittelbare Reaktion des Empfängers anreizenden und damit hinsichtlich des Suchtpotenzials vertretbaren Vertriebsweg an (vgl. Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, a.a.O., S. 36). Auf diesem Weg hat der Kläger gegebenenfalls einen Beratung begehrenden Kunden zu verweisen, um zu verhindern, dass dieser infolge des Unterlassens einer Beratung einen unüberlegten spontanen Kaufentschluss tätigen könnte.
31 
Entgegen der Ansicht des Klägers steht die Begründung zu § 5 Abs. 3 GlüStV dem so verstandenen ausnahmslosen Verbot der Werbung mittels Telekommunikationsanlagen - auch bei Inbound-Telefonaten - nicht entgegen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers, wie sie insbesondere in den verschiedenen Gesetzesentwürfen, den Beratungsprotokollen und vor allem in den den Entwürfen beigegebenen Begründungen zum Ausdruck kommen (vgl. dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., Studienausgabe, S. 206) vornehmlich erst dann zu Rate zu ziehen sind, wenn aus dem Wortsinn, dem Bedeutungszusammenhang des Gesetzes und der ihm zu Grunde liegenden Systematik, sowie dem ermittelten Sinn und Zweck der Vorschrift keine eindeutigen Auslegungsergebnisse zu erzielen sind und damit noch immer verschiedene Deutungsmöglichkeiten offen bleiben (vgl. Larenz, a.a.O., S. 203; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.10.2003 - 13 S 887/03 -, InfAuslR 2004, 169). Das ist aber hier nach den obigen Ausführungen gerade nicht der Fall. Es kommt hinzu, dass die Begründung zu § 5 GlüStV keine eindeutigen Hinweise darauf enthält, dass § 5 Abs. 3 GlüStV entgegen seinem Wortlaut dahingehend zu verstehen sein soll, dass eine in Kenntnis des Kunden erfolgende informative Bewerbung von Lotterie- oder anderen Glücksspielprodukten anlässlich eines von dem Kunden ausgehenden Anrufs nach § 5 Abs. 3 GlüStV nicht verboten ist. Vielmehr heißt es in der Gesetzesbegründung zunächst, dass das Verbot über die allgemein geltenden wettbewerbsrechtlichen Grenzen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG hinausgeht undjede Werbung über diese Anlagen verbietet. In der Gesetzesbegründung wird weiterhin - allerdings bezüglich des Verbotes der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - auf das zusätzliche Gefahrenelement des sofortigen Übergangs von Werbung zur Teilnahme am Spiel abgestellt. Dieser Aspekt trifft für die Werbung über Telekommunikationsanlagen, auch bei Inbound-Telefonaten, ebenfalls gleichermaßen zu. Zwar spricht die Gesetzesbegründung zu § 5 GlüStV dann weiter davon, dass mit § 5 Abs. 3 GlüStV Werbeanrufe beim Spieler verboten, nicht dagegen Anrufe des Spielers bei Veranstaltern oder Vermittlern unterbunden werden sollen. Aber auch dieser Erläuterung lässt sich kein zuverlässiger und eindeutiger Hinweis auf eine vom Gesetzgeber gewollte Zulässigkeit von Werbung bei Inbound-Telefonaten entnehmen, der das oben gefundene Auslegungsergebnis in Frage stellen könnte. Denn diese Passage der Begründung des Glücksspielstaatsvertrages ist nicht zwingend dahingehend zu verstehen, dass bei Anrufen des Kunden Glücksspielanbieter auf Wunsch des Anrufers werbende Informations- bzw. Beratungsgespräche führen können, wenn dies der Intention des Kunden entspricht (so: Walz, a.a.O. S. 93). Sie kann vielmehr - mit dem Verwaltungsgericht - auch dahingehend gedeutet werden, dass nur „Werbeanrufe“ verboten sind, dem Spieler aber nicht die Möglichkeit genommen werden soll, durch einen Anruf beim Veranstalter einen Glücksspielvertrag abzuschließen oder andere technische Fragen mit dem Kundenservice oder der Kundenhotline zu klären, es aber sonst bei dem Verbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV verbleibt, wenn ein solcher Anruf des Kunden dazu genutzt oder gar pervertiert werden soll, den Kunden für eine (weitere) Spielteilnahme zu werben oder gezielt zur Teilnahme an Glücksspielen aufzufordern (so: Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 5 GlüStV RdNr. 65).
32 
Das so verstandene umfassende Telefonwerbeverbot verstößt entgegen der Ansicht des Klägers weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht.
33 
Zwar liegt in der Beschränkung der Wirtschaftswerbung ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), jedoch ist das umfassende Verbot der Telefonwerbung eine verhältnismäßige und damit zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2008, a.a.O.). Vor dem Hintergrund des legitimen Ziels der Bekämpfung der Glücksspielsucht und des Umstands, dass das staatliche Glücksspielangebot - wie bereits ausgeführt - lediglich der Kanalisierung des menschlichen Spieltriebs dienen, nicht jedoch einen förderungs- und ausbauwürdigen Wirtschaftszweig darstellen soll, ist das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV nicht zu beanstanden. Im Gegensatz zu der von § 5 Abs. 3 GlüStV nicht erfassten Hörfunk-, Plakat-, Druck- und sonstigen Postwerbung erreichen Werbemaßnahmen über die in § 5 Abs. 3 GlüStV genannten Medien ein sehr breites und auch junges Publikum und verfügen, was vor allem die hier in Rede stehende Werbung über Telekommunikationsanlagen betrifft, über ein besonderes interaktives Potenzial. Zwar mag dieses Verbot - insbesondere vor dem Hintergrund der Praxis des Klägers, potenzielle Kunden mittels kostenloser Glücksspiele zu Telefonanrufen zu animieren, um sodann gegenüber dem Anrufer für kostenpflichtige Gewinnspiele zu werben - eine durchaus spürbare Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten bedeuten, jedoch wird dem Kläger kein völliges Werbeverbot auferlegt. Er kann vielmehr weiterhin hinreichend auf verschiedenen anderen Wegen (Hörfunk-, Presse-, Plakat- und postalische Werbung) auf sein Angebot aufmerksam machen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22.07.2009, a.a.O.).
34 
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie gegenüber verfügten umfassenden Telefonwerbeverbotes bestehen auch nicht in unionsrechtlicher Hinsicht.
35 
Die durch die Werbeverbote in § 5 Abs. 3 GlüStV begründeten Eingriffe in die Grundfreiheiten aus Art. 49 und 56 AEUV werden durch die vom Europäischen Gerichtshof gebilligten Ziele der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes gerechtfertigt. In seinem Urteil vom 08.09.2010 ( C-316/07, RdNr. 103, NVwZ 2010, 1409) führt der Europäische Gerichtshof gerade aus, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols, hier des von der XXX Klassenlotterie wahrgenommenen faktischen Lotteriemonopols, für das der Kläger die Erlaubnis zur Vermittlung besitzt, eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und strikt auf das begrenzt zu bleiben hat, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern. Da die Werbeverbote des § 5 Abs. 3 GlüStV nicht „monopolakzessorisch“, sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht sind, kann - entgegen der Ansicht des Klägers und unabhängig von der Frage, ob sich der Kläger als ein in die Vertriebsorganisation der XXX Klassenlotterie eingebundener Vermittler insoweit auf die Rechte privater Vermittler oder Veranstalter von Glücksspiel überhaupt in einem qualifizierten Maße berufen kann - insoweit offenbleiben, ob die Ausgestaltung des Monopols den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht, insbesondere auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne kohärente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.; BayVGH, Urteil vom 25.08.2011 - 10 BV 10.1176 -, juris). Allerdings gelten die Anforderungen an eine kohärente Regelung nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (vgl. EuGH, Urteil vom 10.03.2009 C-169/07 -, GewArch 2009, 195; BVerwG, Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.), auch wenn bei der Anwendung des Kohärenzgebotes nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Dienstleistungsfreiheit durch die Errichtung eines staatlichen Monopols ungleich stärker beschränkt wird als durch Regelungen, die lediglich bestimmte Vertriebs- oder Vermarktungsformen verbieten (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010, a.a.O., Rdnrn. 74 ff einerseits, RdNr. 79 ff. andererseits). Im Hinblick auf dieses Kohärenzgebot muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen, und darf die in Rede stehende Regelung durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren nicht konterkariert werden (vgl. zum Beispiel EuGH, Urteil vom 08.09.2010 , C-46/08, NVwZ 2010, 448). Das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV wird diesen Anforderungen bezüglich des umfassenden Telefonwerbeverbotes gerecht (vgl. für das Internetwerbeverbot: BVerwG; Urteil vom 01.06.2011, a.a.O.). Zum einen ist es widerspruchsfrei auf die Verwirklichung der damit verfolgten Ziele ausgerichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass die mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht die tatsächlichen Ziele sind und die Länder mit ihm in Wahrheit andere, etwa fiskalische Ziele verfolgen. Zum anderen gilt das Werbeverbot für alle Glücksspielarten, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegen, und im Glücksspielstaatsvertrag geregelt werden (vgl. § 2 GlüStV, dessen Satz 2 die Anwendbarkeit des § 5 GlüStV auch für Spielbanken vorschreibt). Ausweislich der Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag (a.a.O.) gilt § 5 GlüStV darüber hinaus auch für Glücksspiele, die rechtmäßig im Ausland veranstaltet und im Inland beworben werden dürfen, weil keine - die Erlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV auslösende - Teilnahmemöglichkeit im Inland besteht, wie etwa die Werbung für ausländische Casinos in Deutschland. Die Norm gilt für die Veranstalter wie auch gemäß § 19 Satz 1 GlüStV für die Vermittler von Glücksspiel in gleichem Maße. Dass darüber hinaus die tatsächliche Erreichbarkeit der mit dem Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV verfolgten Ziele durch die Rechtslage oder Praxis in anderen Glücksspielbereichen in Frage gestellt würde, lässt sich nicht erkennen. Soweit das OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 30.11.2011 - 13 B 1331/11 -, juris) mit Blick auf die Werbemaßnahmen der Landeslotteriegesellschaften im Internet oder in anderen Publikationen und Medien Zweifel daran hat, ob § 5 Abs. 3 GlüStV auf Grund der praktischen Anwendung der Werberegelungen des § 5 GlüStV durch die zuständigen Aufsichtsbehörden gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstößt, geht es bei dem hier gegenüber dem Kläger als Lotterieeinnehmer der XXX Klassenlotterie verfügten Telefonwerbeverbot ja gerade darum, die Werbemaßnahmen für eine Lotteriegesellschaft einzuschränken und damit dem Kohärenzgebot auch in dieser Hinsicht zu genügen.
36 
Das Telefonwerbeverbot ist auch im Übrigen rechtmäßig. Insbesondere bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob im Hinblick darauf, dass dem Kläger nach dem Erlaubnisbescheid der Regierung von Oberfranken vom 24.11.2008 (Az. 10-2161.01) ausdrücklich die Generierung von Inbound-Telefonaten mit Hilfe kostenloser Gewinnspiele zur Bewerbung von Losen der Klassenlotterie gestattet wurde, wenn die Gewinnspielunterlagen einen deutlichen Hinweis enthalten, dass bei einem Anruf auch Informationen über Spielmöglichkeiten bei der Klassenlotterie gegeben werden (vgl. zu ähnlichen Nebenbestimmungen in Erlaubnisbescheiden der Regierung der Oberpfalz: VG Regensburg, Urteile vom 03.08.2009 - RO 5 K 08.2050 - und vom 21.10.2010 - RO 5 K 10.31 -, jew. juris), ein unmögliches Verhalten aufgegeben wird, weil sich nicht feststellen lässt, ob der Anrufer wegen seines Aufenthaltsortes beworben werden darf oder nicht. Denn der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, dass eine Befragung des Anrufers nach seinem Aufenthaltsort als ein ausreichendes Verfahren akzeptiert werde, um den Aufenthaltsort des Anrufers festzustellen. Die beanstandete Nebenbestimmung werde in ihrer Anwendung ausdrücklich in dem Sinn beschränkt, dass Werbung nur dann untersagt ist, wenn der Anrufer auf eine vorzunehmende Anfrage erkläre, aus Baden-Württemberg anzurufen.
37 
Auch sonst sind keine Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere kann eine möglicherweise gegenteilige Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern den Beklagten nicht in seiner Ermessensausübung einschränken. Denn eine anderweitige Verwaltungspraxis anderer Behörden bindet den Beklagten bei der Ausübung seines Ermessens in seinem Zuständigkeitsbereich nicht, sofern sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. Dies ist hier nicht der Fall. Nachdem das umfassende Telefonwerbeverbot lediglich die gemessen an höherrangigem Recht nicht zu beanstandenden gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 3 GlüStV für den Kläger verbindlich konkretisierend festlegt, steht seine Verhältnismäßigkeit nicht in Frage.
38 
Erweist sich damit das gegenüber dem Kläger ausgesprochene umfassende Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV als rechtmäßig, bedarf es keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob der Kläger als Lotterieeinnehmer für die Süddeutsche Klassenlotterie im Hinblick auf § 8 AGGlüStV schon an das Werbeverbot in Ziffer III 1 der von dem Vertreter des Beklagten erst in der Berufungsverhandlung vorgelegten Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.06.2011 gebunden ist. In dieser Entscheidung wurde die der Süddeutschen Klassenlotterie von der Regierung der Oberpfalz am 19.08.2008 erteilte Erlaubnis für Baden-Württemberg unter anderem mit der Nebenbestimmung verlängert, dass Werbung über Telefon selbst dann verboten ist, wenn sich ein Anrufer vor oder während seines Anrufs damit einverstanden erklärt hat, während des Telefonats über die Möglichkeit zum Glücksspiel informiert zu werden.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegt.
41 
Beschluss vom 13. Dezember 2011
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festgesetzt.
43 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob sich juristische Personen mit Sitz außerhalb Deutschlands, jedoch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union auf Grundrechte des Grundgesetzes berufen können. Sie betrifft darüber hinaus die Beachtung des Grundrechts auf Eigentum bei der Auslegung und Anwendung nationalen, auf Unionsrecht beruhenden Rechts.

I.

2

1. Das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft die inhaltliche Reichweite des dem Urheber vorbehaltenen Verbreitungsrechts nach § 17 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) und nach § 96 UrhG in der Fassung vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1774). Die Auslegungsfragen ergeben sich im Streitfall aus der Aufstellung von Nachbildungen von Le-Corbusier-Möbeln in einer Zigarrenlounge der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Für Herstellung und Vertrieb der Möbel sind der Beschwerdeführerin urheberrechtliche Exklusivrechte eingeräumt.

3

a) § 17 UrhG erhielt durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl I S. 842) folgende Fassung:

4

Verbreitungsrecht

5

(1) Das Verbreitungsrecht ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

6

(2) Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig.

7

(3) Vermietung im Sinne der Vorschriften dieses Gesetzes ist die zeitlich begrenzte, unmittelbar oder mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung. Als Vermietung gilt jedoch nicht die Überlassung von Originalen oder Vervielfältigungsstücken

8

1. von Bauwerken und Werken der angewandten Kunst oder

9

2. im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu dem ausschließlichen Zweck, bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis benutzt zu werden.

10

Die Gesetzesnovelle diente der Umsetzung der Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl Nr. L 346 vom 27. November 1992, S. 61), inzwischen abgelöst durch die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 (ABl Nr. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 28; im Folgenden: Vermiet- und Verleih-Richtlinie). Diese betrifft nach ihrem Art. 3 Abs. 2 ausdrücklich nicht das Vermieten oder Verleihen von Werken der angewandten Kunst.

11

In der Begründung des Gesetzentwurfs vom 21. Dezember 1994 (BTDrucks 13/115, S. 7, 12) wird der Begriff der Verbreitung vorausgesetzt. Er wurde stets weit verstanden als "jede Art des Inverkehrbringens von Werkstücken" (vgl. die Einzelbegründung zu § 17 im Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes vom 23. März 1962, BTDrucks IV/270, S. 47 f.). Nach bis zum Erlass der angegriffenen Entscheidung allgemeiner Meinung bedeutete "Inverkehrbringen" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG jede Handlung, durch die das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden; dafür sollte jede Besitzüberlassung ausreichen (vgl. BGHZ 113, 159 <160 ff.>; Loewenheim, in: Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12 m.w.N.). Entsprechend beurteilte etwa das Kammergericht die Ausstattung von Hotelzimmern mit imitierten Le-Corbusier-Möbeln als Verletzung des Verbreitungsrechts und ließ dabei die Frage der bürgerlich-rechtlichen Besitzüberlassung offen (Urteil vom 30. April 1993 - 5 U 2548/91 -, GRUR 1996, S. 968 <969 f.>).

12

b) § 96 UrhG lautet:

13

Verwertungsverbot

14

(1) Rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.

15

(2) Rechtswidrig veranstaltete Funksendungen dürfen nicht auf Bild- oder Tonträger aufgenommen oder öffentlich wiedergegeben werden.

16

Diese mit Ausnahme der Überschrift wortgleich schon im Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl I S. 1273) enthaltene Vorschrift dient nach der Entwurfsbegründung der Klarstellung, dass derjenige, der aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Erlaubnis zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines Werks berechtigt ist, hierzu keine rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücke benutzen darf (vgl. die Einzelbegründung zu § 106, BTDrucks IV/270, S. 103). Als ein Hauptanwendungsfall wurde die Verbreitung von im Ausland rechtmäßig hergestellten und von dort importierten Vervielfältigungen in Deutschland angesehen, deren Herstellung hier rechtswidrig gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - I ZR 155/90 "Cliff Richard II" -, NJW 1995, S. 868 <870>; Meckel, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl. 2009, § 96 Rn. 1).

17

c) § 97 Abs. 1 UrhG gibt dem Inhaber eines nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts unter bestimmten Bedingungen einen Unterlassungsanspruch. Die Vorschrift lautet:

18

Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz

19

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. …

20

2. a) § 17 UrhG dient zugleich der Umsetzung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10; im Folgenden: Urheberrechtsrichtlinie). Diese hat ihre Rechtsgrundlage in den Vorschriften über die Rechtskoordinierung und -angleichung im Binnenmarkt (Art. 47 Abs. 2, Art. 55, Art. 95 EG, heute Art. 53 Abs. 1, Art. 62, Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV). Ihr Harmonisierungszweck wird insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 3, 4, 6 und 7 angesprochen, während in den Erwägungsgründen 4, 9 bis 12 und 22 das angestrebte hohe Schutzniveau im Bereich des geistigen Eigentums betont wird.

21

Die Urheberrechtsrichtlinie dient, wie sich aus ihrem Erwägungsgrund 15 ergibt, zugleich der Umsetzung zweier völkerrechtlicher Verträge vom 20. Dezember 1996, nämlich des WIPO-Urheberrechtsvertrags (WCT; UNTS Bd. 2186, S. 121; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, in Kraft getreten am 6. März 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010) und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger (WPPT; UNTS Bd. 2186, S. 203; ABl Nr. L 89 [2000], S. 6; BGBl 2003 II S. 754, 770, in Kraft getreten am 20. Mai 2002, für Deutschland und die Europäische Union am 14. März 2010). Ausweislich ihrer Präambeln sollen die Verträge insbesondere die Rechte von Autoren, darbietenden Künstlern und Tonträgerherstellern erhalten und weiterentwickeln.

22

b) Die Urheberrechtsrichtlinie regelt das Verbreitungsrecht in ihrem Artikel 4:

23

Verbreitungsrecht

24

(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.

25

(2) Das Verbreitungsrecht erschöpft sich in der Gemeinschaft in Bezug auf das Original oder auf Vervielfältigungsstücke eines Werks nur, wenn der Erstverkauf dieses Gegenstands oder eine andere erstmalige Eigentumsübertragung in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

26

Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie holte der Bundesgerichtshof in einem Parallelverfahren zum hiesigen Ausgangsverfahren mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 - I ZR 247/03 - (GRUR 2007, S. 50) eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof) gemäß Art. 267 AEUV unter anderem zu der Frage ein, ob von einer Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form auf sonstige Weise auszugehen ist, wenn Dritten der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ermöglicht wird, ohne dass mit der Gebrauchsüberlassung eine Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die Werkstücke verbunden ist. Gegenstand dieses Verfahrens, das ebenfalls die Beschwerdeführerin des vorliegenden Verfahrens eingeleitet hatte, war das Aufstellen in Italien erworbener Imitate von Le-Corbusier-Möbeln zur Benutzung durch Kunden in der Ruhezone eines Kaufhauses und zu Dekorationszwecken in dessen Schaufenstern.

27

In seinem Vorlagebeschluss verwies der Bundesgerichtshof auf seine Rechtsprechung, derzufolge ein Verbreiten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie regelmäßig vorliege, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werks aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des (auch vorübergehenden) Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt würden (a.a.O., <51>). Als noch nicht geklärt sah der Bundesgerichtshof die Frage an, ob dies auch gelte, wenn Werkstücke ohne Übertragung des Eigentums oder des Besitzes und damit ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden. Seiner Ansicht nach sei dies aufgrund des Wortlauts von Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und der ein hohes Schutzniveau verlangenden Erwägungsgründe zu bejahen (a.a.O., <52>).

28

Der Europäische Gerichtshof entschied indessen, dass eine Verbreitung im Sinne der Richtlinie nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege (Urteil vom 17. April 2008 - C-456/06 Peek&Cloppenburg/Cassina -, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 41). Zur Begründung führte er aus (Rn. 29 ff.), die Richtlinie präzisiere den Begriff der Verbreitung nicht, er werde aber in Art. 6 Abs. 1 WCT und in Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 WPPT definiert. Die Urheberrechtsrichtlinie diene ausweislich ihres Erwägungsgrundes 15 dazu, den Verpflichtungen der Gemeinschaft aus diesen Verträgen nachzukommen, denen zufolge eine Verbreitung nur bei einer Eigentumsübertragung vorliege. Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie sei daher ebenso auszulegen. Diese Schlussfolgerungen würden durch die Erwägungsgründe 9 bis 11 der Richtlinie nicht entkräftet; ein hohes Schutzniveau könne nur in dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Rahmen verwirklicht werden (Rn. 37 ff.).

II.

29

1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach italienischem Recht mit Sitz in Italien, produziert Polstermöbel, die nach Entwürfen des 1965 verstorbenen Charles-Édouard Jeanneret-Gris, genannt Le Corbusier, gefertigt sind. Zwischen ihr und der Fondation Le Corbusier in Paris, welche die Rechte des verstorbenen Urhebers wahrnimmt, sowie zwei weiteren Rechtsnachfolgerinnen Le Corbusiers bestehen seit 1965 urheberrechtliche Exklusivverträge für die weltweite Herstellung und den Verkauf bestimmter von Le Corbusier entworfener Möbel. Die Verträge erlauben der Beschwerdeführerin auch das Vorgehen gegen Rechtsverletzungen.

30

Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, eine Zigarrenherstellerin, richtete in einer Kunst- und Ausstellungshalle eine Zigarrenlounge ein. Sie erwarb bei einer in Bologna geschäftsansässigen Firma (zugleich Streithelferin der Beklagten im Ausgangsverfahren) Nachbildungen von Sesseln und Sofas der Le-Corbusier-Möbel und stellte diese in der Lounge auf. Urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Möbelmodellen sind der Streithelferin nicht eingeräumt.

31

Die Beschwerdeführerin erwirkte beim Landgericht und beim Oberlandesgericht eine Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, von ihr nicht genehmigte Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Le-Corbusier-Möbelmodelle in der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten, insbesondere in der genannten Zigarrenlounge aufzustellen und gewerblich zu benutzen. Die Gerichte stützten den Unterlassungsanspruch auf § 97 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 UrhG und legten dabei einen weiten Begriff der Verbreitung zugrunde. Leitender Grundgedanke sei die tunlichst angemessene Beteiligung des Urhebers am wirtschaftlichen Nutzen seines Werks. Demgemäß solle der Urheber möglichst umfassend an jedem neuen Verwertungsvorgang teilhaben. Eine Besitzübertragung im Sinne von §§ 854 ff. BGB sei dafür nicht erforderlich, die rein tatsächliche Überlassung an die Kunden der Zigarrenlounge genüge.

32

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht erhob die Streithelferin der Beklagten Beschwerde zum Bundesgerichtshof.

33

2. In dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde stellte der Bundesgerichtshof die Entscheidung im Hinblick auf das in dem oben genannten Parallelverfahren eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zunächst zurück.

34

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Parallelverfahren vom 17. April 2008 (a.a.O.) ließ der Bundesgerichtshof die Revision im Ausgangsverfahren zu. Mit dem angegriffenen Urteil vom 22. Januar 2009 (ZUM-RD 2009, S. 531) hob er das Urteil des Oberlandesgerichts auf und wies die Klage unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung ab. Im Parallelverfahren entschied der Bundesgerichtshof in gleicher Weise (Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 247/03 -, GRUR 2009, S. 840).

35

Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, der Beschwerdeführerin stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG nicht zu, denn die Beklagte habe das Verbreitungsrecht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG durch das Aufstellen der Möbel nicht verletzt und auch nicht gegen das Verwertungsverbot nach § 96 UrhG verstoßen.

36

a) Da es sich bei dem Verbreitungsrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie um harmonisiertes Recht handele, sei § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Die Richtlinie begründe insoweit nicht nur einen Mindestschutz, hinter dem die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung ihres Schutzniveaus nicht zurückbleiben dürften, sondern stelle eine verbindliche Regelung des Verbreitungsrechts auch im Sinne eines Maximalschutzes dar. Dies folge aus dem Zweck der Richtlinie, unterschiedliche einzelstaatliche Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Interesse der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts anzupassen und ein uneinheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die zum Teil im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht stelle darauf ab, dass die Regelungen des Verbreitungsrechts in den WIPO-Verträgen nur Mindestrechte gewährten und es den Vertragsstaaten unbenommen bleibe, über diesen Mindestschutz hinauszugehen. Die sich daraus ergebenden Folgerungen beträfen aber nur die Auslegung der Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie und damit die vom Europäischen Gerichtshof nunmehr bejahte Frage, ob eine Verbreitung im Sinne dieser Richtlinienbestimmung nur bei einer Übertragung des Eigentums vorliege.

37

Aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelte, dass ein Dritter nicht in das ausschließlich dem Urheber nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 Abs. 1 UrhG zustehende Verbreitungsrecht eingreife, wenn er Nachbildungen urheberrechtlich geschützter Modelle von Möbeln der Öffentlichkeit lediglich zum Gebrauch zugänglich mache.

38

b) Die geltend gemachten Ansprüche stünden der Beschwerdeführerin auch nicht wegen Verletzung des Verwertungsverbots aus § 96 Abs. 1 UrhG zu. Nach dieser Vorschrift dürften rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG scheide aus, weil der Begriff der Verbreitung demjenigen des § 17 UrhG entspreche und dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Für eine analoge Anwendung fehle es an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs habe der Gemeinschaftsgesetzgeber das Verbreitungsrecht bewusst auf Sachverhalte beschränkt, die mit der Übertragung des Eigentums des Originals des Werks oder eines Vervielfältigungsstücks verbunden seien.

III.

39

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

40

1. Die Beschwerdeführerin hält sich für beschwerdebefugt. Als ausländische juristische Person mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat könne sie ungeachtet Art. 19 Abs. 3 GG auch eine Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts rügen. Dabei sei auch ohne Bedeutung, dass sie nicht selbst als Urheberin, sondern nur aufgrund vertraglicher Absprachen mit der Fondation Le Corbusier berechtigt sei.

41

2. Das angegriffene Urteil verletze Art. 14 Abs. 1 GG.

42

a) Die Auslegung von § 17 Abs. 1 UrhG durch den Bundesgerichtshof habe zur Folge, dass der Urheber andere Verbreitungsformen als die Eigentumsübertragung nicht mehr unterbinden könne. Mit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Eingriffs habe sich der Bundesgerichtshof nicht befasst, weil er davon ausgegangen sei, europarechtlich an diese Auslegung gebunden zu sein. Dabei habe er übersehen, dass Verbreitungsformen, die nicht in einer Eigentumsübertragung bestehen, von vornherein nicht vom Regelungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie erfasst seien, so dass die Auslegung des nationalen Rechts insoweit durch die Richtlinie nicht determiniert werde. Wollte man dies anders sehen, hätte der Bundesgerichtshof jedenfalls nicht von einem Maximalschutzcharakter der Richtlinie ausgehen dürfen. Die Urheberrechtsrichtlinie regle nur einen Mindestschutz, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 9 bis 12 ergebe. § 17 Abs. 1 UrhG hätte verfassungskonform so ausgelegt werden müssen, dass auch die Besitz- und Gebrauchsüberlassung erfasst würde. Dies entspreche der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (bis zur angegriffenen Entscheidung) und der Obergerichte sowie der Auffassung des deutschen Gesetzgebers.

43

Die Auslegung durch den Bundesgerichtshof führe dazu, dass der Kernbestand des Urheberrechts, nämlich über die Rechte am Werk in eigener Verantwortung verfügen und Dritte von der Nutzung des Werks ausschließen zu können, nicht mehr gewährleistet sei. Die Streithelferin umgehe bewusst das deutsche Urheberrecht, indem sie ihre Plagiate in Italien veräußere und vom Käufer nach Deutschland schaffen lasse. Die Gebrauchs- oder Besitzüberlassung in Deutschland werde damit zum einzigen Rechtsakt, auf den der Urheber Zugriff habe oder nach bisheriger Rechtsprechung gehabt habe.

44

b) Die Argumentation des Bundesgerichtshofs sei auch im Hinblick auf § 96 UrhG nicht tragfähig. Die Vorschrift bezwecke gerade, dass kein Dritter das Ergebnis einer rechtswidrigen Handlung für sich ausnutzen könne. Der Bundesgerichtshof dürfe nicht auf den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers abstellen, denn § 96 UrhG sei nicht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert.

45

3. Weiter verletze das Urteil das Recht der Beschwerdeführerin auf den gesetzlichen Richter. Die Vorlagefragen im Parallelverfahren seien unzureichend gewesen. Nach deren Beantwortung habe der Bundesgerichtshof die Sache erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen und fragen müssen, ob der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ohne Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt überhaupt in den Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie falle. Bei Verneinung dieser Frage hätte es keine gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Auslegung der "Verbreitung" im Sinne von § 17 Abs. 1 UrhG gegeben. Ebenso zwingend sei eine Vorlage der Frage gewesen, ob Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie einen Mindest- oder zugleich einen Maximalschutz definiere. Der Bundesgerichtshof beantworte diese entscheidungserhebliche Frage hingegen selbst. Die fehlende Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei offensichtlich unhaltbar, weil eine mögliche Gegenauffassung der vertretenen Meinung eindeutig vorzuziehen sei; die Literatur gehe einhellig von einem bloßen Mindestschutzcharakter aus, was der Bundesgerichtshof durchaus erkannt habe.

IV.

46

Die Streithelferin der Beklagten und die Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht e.V. (GRUR) haben zur Verfassungsbeschwerde Stellungnahmen abgegeben (letztere abgedruckt in GRUR 2010, S. 698).

47

1. Nach Auffassung der Streithelferin auf Beklagtenseite, der Herstellerin der Möbelnachbildungen, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht beschwerdebefugt sei. Der urheberrechtliche Exklusivvertrag beschränke sich auf die Rechte auf Herstellung und Verkauf der Möbel. Die Beschwerdeführerin könne sich zudem als ausländische juristische Person nicht auf eine Verletzung des deutschen Eigentumsgrundrechts stützen. Die Verletzung solle aus einer richtlinienkonformen Auslegung des deutschen Urheberrechts herrühren; die Richtlinie sei aber allein vom Europäischen Gerichtshof an Grundrechten des Unionsrechts zu messen.

48

Aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 (a.a.O.) gehe hervor, dass er von einem voll harmonisierten Verbreitungsbegriff ausgehe. Durch die Definition des Verbreitungsbegriffs würden lediglich Inhalt und Schranken des Eigentums in zulässiger Weise bestimmt.

49

2. Der Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zufolge ist die aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 17. April 2008 vom Bundesgerichtshof gezogene Schlussfolgerung, die Urheberrechtsrichtlinie regle einen Maximalschutz, nicht zwingend. Auch bei vollständiger Harmonisierung des Verbreitungsrechts seien die Mitgliedstaaten nicht gehindert, weitere Ausschließlichkeitsrechte zu gewähren.

50

Eine Lücke im Schutz des Urheberrechts bestehe aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs allerdings nur in den Fällen, in denen im Ausland schutzfrei hergestellte Werkexemplare erworben und diese im Inland ohne Eigentumsübergang genutzt würden, ohne dass das ausschließliche Vermietrecht eingreife (was bei Werken der angewandten Kunst der Fall sei, § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UrhG). Demgegenüber erfasse das Verbreitungsrecht nach wie vor, auch bei angewandter Kunst, den Fall, dass im Ausland erworbene Werkexemplare im Inland weiterveräußert würden.

B.

51

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

52

Das angegriffene Urteil des Bundesgerichtshofs ist, auch soweit es Rechtsvorschriften betrifft, die Unionsrecht in deutsches Recht umsetzen, als eine Maßnahme der deutschen öffentlichen Gewalt tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 126, 286 <298 f.>).

53

Zwar übt das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von Unionsrecht, das als Grundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte und Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, grundsätzlich nicht aus und überprüft dieses Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, solange die Europäische Union, auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, einen wirksamen Schutz der Grundrechte generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <162 f.>; 125, 260 <306>). Dies gilt auch für innerstaatliche Rechtsvorschriften, die zwingende Vorgaben einer Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Verfassungsbeschwerden, die sich gegen die Anwendung unionsrechtlich vollständig determinierter Bestimmungen des nationalen Rechts richten, sind grundsätzlich unzulässig (vgl. BVerfGE 125, 260 <306>).

54

Diese Grundsätze stehen einer Überprüfung des angegriffenen Urteils jedoch nicht entgegen. Wird wie hier die Verfassungsbeschwerde gegen eine Gerichtsentscheidung darauf gestützt, dass ein Gericht bei der Auslegung nationalen Umsetzungsrechts einen den Mitgliedstaaten verbleibenden Umsetzungsspielraum verkannt habe, beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Verletzung deutscher Grundrechte im Bereich des unionsrechtlich nicht vollständig determinierten Rechts. Insoweit kann er auch geltend machen, das Gericht habe sich zu Unrecht durch Unionsrecht gebunden gesehen.

II.

55

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG beschwerdefähig und -befugt. Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde reicht es aus, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung eines für ihn verfassungsbeschwerdefähigen Rechts aufzeigt (vgl. BVerfGE 125, 39 <73> m.w.N.).

56

1. a) Art. 19 Abs. 3 GG steht der Beschwerdefähigkeit für die Rüge einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG nicht entgegen.

57

In seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die Geltung der materiellen Grundrechte allgemein für ausländische juristische Personen unter Berufung auf den Wortlaut des Art. 19 Abs. 3 GG zwar abgelehnt (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). Neuere Kammerbeschlüsse haben hingegen offen gelassen, ob diese Rechtsprechung auch auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist (vgl. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. April 2004 - 1 BvR 1620/03 -, NJW 2004, S. 3031, und vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, S. 670 f.). Angesichts der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote in ihrer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - verb. Rs. C-92/92 und C-326/92 Phil Collins -, Slg. 1993, S. I-5145, Rn. 30 ff., 35; Urteil vom 5. November 2002 - C-208/00 Überseering -, Slg. 2002, S. I-9919, Rn. 76 ff.) erscheint es jedenfalls möglich, dass die Beschwerdeführerin mit Sitz in Italien Trägerin des Grundrechts auf Eigentum ist.

58

b) Der Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihr Eigentumsgrundrecht lässt sich nicht entgegenhalten, dass sie nicht selbst Urheberin der Möbelmodelle ist, sondern mit den Rechtsnachfolgern von Le Corbusier Exklusivverträge über die Herstellung und Vermarktung der Möbelmodelle Le Corbusiers geschlossen hat. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in deren durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutzrechte des geistigen Eigentums eingerückt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. Mai 2000 - 1 BvR 1864/95 -, GRUR 2001, S. 43). Demgegenüber handelt es sich nicht um den Fall einer grundsätzlich unzulässigen Prozessstandschaft, bei der fremde Rechte im eigenen Namen geltend gemacht werden (vgl. BVerfGE 25, 256 <263>; 31, 275 <280>; 56, 296 <297>).

59

2. Die Beschwerdefähigkeit und -befugnis im Hinblick auf die Rüge einer Entziehung des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sind gegeben. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, da die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG jedem zustehen können, gleichgültig ob er eine natürliche oder juristische, eine inländische oder ausländische Person ist (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 64, 1 <11>).

III.

60

Die Beschwerdeführerin ist bezüglich der Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch dem Grundsatz der Subsidiarität gerecht geworden.

61

1. Der Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde muss, über die bloße formelle Erschöpfung des Rechtswegs hinaus, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60>; stRspr). Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens sind allerdings grundsätzlich nicht gehalten, Rechtsausführungen zu machen, sofern nicht das einfache Verfahrensrecht rechtliche Darlegungen verlangt. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren einer Verfassungsbeschwerde lediglich, den Sachverhalt so darzulegen, dass eine verfassungsrechtliche Prüfung möglich ist; diese ist dann von den Gerichten vorzunehmen. Der Beschwerdeführer muss das fachgerichtliche Verfahren nicht im Sinne eines vorgezogenen Verfassungsrechtsstreits führen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>).

62

Etwas anderes kann in Fällen gelten, in denen bei verständiger Einschätzung der Rechtslage und der jeweiligen verfahrensrechtlichen Situation ein Begehren nur Aussicht auf Erfolg haben kann, wenn verfassungsrechtliche Erwägungen in das fachgerichtliche Verfahren eingeführt werden (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Weiter ist zu beachten, dass die Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, insbesondere Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, nicht mehr im Verfahren der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann, wenn nicht zuvor alle Mittel des Prozessrechts genutzt wurden, um diesen Verstoß zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>; 112, 50 <62>). Das bedeutet insbesondere, dass von der Rechtsordnung eröffnete Rechtsbehelfe in zulässiger Weise ergriffen werden müssen (vgl. BVerfGE 95, 96 <127>).

63

Die Beachtung der hieraus folgenden Anforderungen muss der Beschwerdeführer, wenn sie nicht offensichtlich gewahrt sind, in seiner Verfassungsbeschwerde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG substantiiert darlegen (vgl. BVerfGK 4, 102 <103 f.>).

64

2. Im Rahmen einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die damit umschriebene Obliegenheit des Beschwerdeführers regelmäßig darauf, durch entsprechende Anträge oder Anregungen an das Fachgericht eine Befassung des gesetzlichen Richters zu erreichen.

65

Handelt es sich beim gesetzlichen Richter um den Europäischen Gerichtshof, ist ein entsprechender Antrag der Beteiligten auf Vorlage allerdings nicht vorgesehen, vielmehr ist ein letztinstanzliches nationales Gericht unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>). Es genügt daher dem Grundsatz der Subsidiarität, wenn das Vorbringen bei rechtlicher Prüfung durch das Fachgericht eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof als naheliegend erscheinen lässt.

66

3. Danach hat die Beschwerdeführerin die Rüge eines Entzugs des gesetzlichen Richters zulässig erhoben. Sie hat dem Bundesgerichtshof ein Gutachten unter anderem zur Frage der Voll- oder Teilharmonisierung des Verbreitungsrechts durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt und damit den sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebenden Anforderungen noch Genüge getan. Das Gutachten gab dem Bundesgerichtshof hinreichenden Anlass, die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens selbst zu klären.

C.

67

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Zwar kann sich die Beschwerdeführerin darauf stützen, Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes einschließlich des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG zu sein (I.). Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG durch das angegriffene Urteil lässt sich jedoch nicht feststellen (II.). Das Urteil verletzt die Beschwerdeführerin auch nicht in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (III.).

I.

68

Die Beschwerdeführerin als juristische Person mit Sitz in Italien ist Trägerin von Grundrechten des Grundgesetzes. Die Erstreckung der Grundrechtsberechtigung auf juristische Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union stellt eine aufgrund des Anwendungsvorrangs der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (Art. 26 Abs. 2 AEUV) und des allgemeinen Diskriminierungsverbots wegen der Staatsangehörigkeit (Art. 18 AEUV) vertraglich veranlasste Anwendungserweiterung des deutschen Grundrechtsschutzes dar.

69

1. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die "wesensmäßige Anwendbarkeit" ist bei den hier als verletzt gerügten Grundrechten ohne weiteres gegeben (vgl. zu Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 4, 7<17>; 23, 153 <163>; 35, 348 <360>; 53, 336 <345>; 66, 116 <130>; zu den Prozessgrundrechten: BVerfGE 3, 359 <363>; 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 19, 52 <55 f.>; 64, 1 <11>; 75, 192 <200>).

70

a) Demgegenüber hat der Senat bislang entschieden, dass sich ausländische juristische Personen auf materielle Grundrechte - anders als auf prozessuale Grundrechte wie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>; 21, 362 <373>; 64, 1 <11>) - nicht berufen können. Zur Begründung hat er auf Wortlaut und Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG verwiesen, die eine entsprechende ausdehnende Auslegung verböten (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>). In anderen Entscheidungen haben beide Senate des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechtsberechtigung ausländischer juristischer Personen ausdrücklich dahingestellt (vgl. allgemein BVerfGE 12, 6 <8>; 34, 338 <340>; 64, 1 <11>; sowie BVerfGE 18, 441 <447> hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG).

71

Mit der spezielleren Frage, ob ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, Träger materieller Grundrechte des Grundgesetzes sein können, hat sich das Bundesverfassungsgericht hingegen bislang nicht näher befasst. Allerdings wurde in einer Entscheidung aus dem Jahr 1968 die Verfassungsbeschwerde einer Vereinigung französischen Rechts mit Sitz in Frankreich ohne weitere Begründung für unzulässig erklärt (BVerfGE 23, 229 <236>); in der Entscheidung aus dem Jahr 1973 zu einer französischen Handelsgesellschaft blieb deren Grundrechtsfähigkeit ausdrücklich dahingestellt (BVerfGE 34, 338 <340>). In der Literatur ist die Frage umstritten (vgl. befürwortend Drathen, Deutschengrundrechte im Lichte des Gemeinschaftsrechts, 1994; H. Dreier, in: ders., GG, Bd. 1, 2. Aufl. 2004, Art. 19 Abs. 3 Rn. 20 f., 83 f.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 19 Abs. 3 Rn. 305 ff.; Kotzur, DÖV 2001, S. 192 <195 ff.>; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3 Rn. 93 ff. ; ablehnend Bethge, Die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz, 1985, S. 46 ff.; Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 36 ff.; v. Mutius, in: Bonner Kommentar zum GG 1975, Art. 19 Abs. 3 Rn. 50, 52; Weinzierl, Europäisierung des deutschen Grundrechtsschutzes?, 2006).

72

b) Nach dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte "für inländische juristische Personen". Wegen der Beschränkung auf inländische juristische Personen lässt sich eine Anwendungserweiterung nicht mit dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 3 GG begründen. Es würde die Wortlautgrenze übersteigen, wollte man seine unionsrechtskonforme Auslegung auf eine Deutung des Merkmals "inländische" als "deutsche einschließlich europäische" juristische Personen stützen. Auch wenn das Territorium der Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesichts des ihren Bürgern gewährleisteten Raumes "der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen" mit freiem Personenverkehr (Art. 3 Abs. 2 EUV) nicht mehr "Ausland" im klassischen Sinne sein mag, wird es dadurch nicht zum "Inland" im Sinne der territorialen Gebietshoheit (vgl. BVerfGE 123, 267 <402 f.>).

73

Der Vorschrift lag jedoch kein Wille des Verfassungsgebers zugrunde, eine Berufung auf die Grundrechte auch seitens juristischer Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union dauerhaft auszuschließen. Der Allgemeine Redaktionsausschuss des Parlamentarischen Rats kam in einem Entwurf eines Art. 20a GG, der dem heutigen Art. 19 Abs. 3 GG entsprach, zu dem Schluss, es "dürfte kein Anlass bestehen, auch ausländischen juristischen Personen den verfassungsmäßigen Schutz der Grundrechte zu gewähren" (Parlamentarischer Rat, Drucks. 370 vom 13. Dezember 1948). Aus diesem Grund hatte der Vorsitzende des Ausschusses für Grundsatzfragen, v. Mangoldt, vorgeschlagen, das Wort "inländische" einzufügen, womit sich der Ausschuss einverstanden erklärte (Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen, Drucks. 578 vom 11. Januar 1949, S. 10).

74

In den Jahren 1948/49 stand die Entwicklung eines gemeinsamen Europas noch am Anfang. Seitdem hat die Europäische Union zunehmend Gestalt angenommen und ist heute als hochintegrierter "Staatenverbund" (BVerfGE 123, 267 <348>) ausgestaltet, an dem die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 Abs. 1 GG mitwirkt. Die Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG nimmt diese Entwicklung auf.

75

2. Die Anwendungserweiterung des Grundrechtsschutzes auf juristische Personen aus der Europäischen Union entspricht den durch die europäischen Verträge übernommenen vertraglichen Verpflichtungen, wie sie insbesondere in den europäischen Grundfreiheiten und - subsidiär - dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV zum Ausdruck kommen. Die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot stehen im Anwendungsbereich des Unionsrechts einer Ungleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen aus der Europäischen Union entgegen und drängen insoweit die in Art. 19 Abs. 3 GG vorgesehene Beschränkung der Grundrechtserstreckung auf inländische juristische Personen zurück.

76

a) Das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist seit 1957 in den europäischen Verträgen verankert und wurde im Lissabonner Vertrag unverändert in Art. 18 AEUV übernommen. Es ist ein Grundprinzip des Unionsrechts (EuGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - C-115/08 Österreich/ČEZ -, EuZW 2010, S. 26, Rn. 89; vgl. schon H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 592), das in den Grundfreiheiten weiter ausgestaltet wird. Das Diskriminierungsverbot gehört zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft und ist unmittelbar vor mitgliedstaatlichen Gerichten anwendbar; es begünstigt neben natürlichen auch juristische Personen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 30 ff.). Das allgemeine und die speziellen Diskriminierungsverbote verpflichten die Mitgliedstaaten und alle ihre Organe und Stellen, juristische Personen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch im Hinblick auf den zu erlangenden Rechtsschutz Inländern gleichzustellen. In einem Vorabentscheidungsverfahren auf Vorlage des Bundesgerichtshofs hat der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass die europarechtliche Niederlassungsfreiheit eine nichtdiskriminierende Beurteilung der Rechts- und damit Parteifähigkeit vor deutschen Zivilgerichten verlangt (Urteil vom 5. November 2002 - Überseering -, a.a.O., Rn. 76 ff.).

77

b) Eine Anwendungserweiterung erübrigt sich nicht, weil ein gleichwertiger Schutz der Beschwerdeführerin anderweitig gesichert wäre. Zwar können sich juristische Personen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat in fachgerichtlichen Verfahren ohnehin auf die unmittelbare Geltung des primären Unionsrechts stützen und bleiben somit auch ohne Berufung auf die deutschen Grundrechte nicht ohne Rechtsschutz. Für einen gleichwertigen Schutz im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote reicht es jedoch nicht aus, wenn ausländische juristische Personen zwar im fachgerichtlichen Verfahren auf eine materielle Gleichstellung mit inländischen juristischen Personen hinwirken, ihre Rechte aber gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG mangels Grundrechtsträgerschaft nicht auch mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen können.

78

c) Ein Eingreifen der aus den Grundfreiheiten und Art. 18 AEUV abgeleiteten unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote setzt voraus, dass die betroffenen juristischen Personen aus der Europäischen Union im Anwendungsbereich des Unionsrechts tätig werden. Der Anwendungsbereich der Verträge richtet sich insoweit nach dem jeweiligen Stand des Primär- und Sekundärrechts der Europäischen Union und damit nach den ihr in den europäischen Verträgen übertragenen Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV, vgl. BVerfGE 123, 267 <349 ff.>; 126, 286 <302>). Insbesondere ist er bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten des Vertrags und dem Vollzug des Unionsrechts eröffnet. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin, die sich unter anderem auf unionsrechtlich (teil-)harmonisiertes Urheberrecht beruft, welches durch wirtschaftliche Aktivitäten in Deutschland verletzt worden sein soll, fällt in den Anwendungsbereich der Verträge in diesem Sinne (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 - Phil Collins -, a.a.O., Rn. 22, 27; Urteil vom 6. Juni 2002 - C-360/00 Ricordi -, Slg. 2002, S. I-5088, Rn. 24).

79

d) Durch die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG werden juristische Personen mit einem Sitz im EU-Ausland ebenso behandelt wie inländische juristische Personen. Dies impliziert umgekehrt, dass EU-Ausländern die gleichen Vorschriften der Verfassung wie inländischen juristischen Personen entgegengehalten werden können. Voraussetzung der Berufungsmöglichkeit auf die Grundrechte ist demnach ein hinreichender Inlandsbezug der ausländischen juristischen Person, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die ausländische juristische Person in Deutschland tätig wird und hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden kann (so der Sache nach zu den Prozessgrundrechten bereits BVerfGE 12, 6 <8>; 18, 441 <447>).

80

e) Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das Bundesverfassungsgericht bedarf es nicht. Die nationalen Gerichte sind selbst dazu befugt, eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen. Die richtige Auslegung der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote ist hier so offenkundig, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel bleibt ("acte clair"; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81 C.I.L.F.I.T. -, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16).

81

3. Die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG auf juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union reagiert auf die europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung und vermeidet eine Kollision mit dem Unionsrecht. Die Bundesrepublik Deutschland ist an Art. 18 AEUV und die sich aus den Grundfreiheiten ergebenden Diskriminierungsverbote einschließlich ihres Anwendungsvorrangs vor nationalem Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 <301 f.>) gebunden. Die Anwendungserweiterung beachtet den Grundsatz, dass das supranational begründete Recht der Europäischen Union keine rechtsvernichtende, derogierende Wirkung gegenüber dem mitgliedstaatlichen Recht entfaltet, sondern nur dessen Anwendung soweit zurückdrängt, wie es die Verträge erfordern und es die durch das Zustimmungsgesetz erteilten Rechtsanwendungsbefehle erlauben. Mitgliedstaatliches Recht wird insoweit lediglich unanwendbar (vgl. BVerfGE 123, 267 <398 ff.>; 126, 286 <301 f.>). Die europarechtlichen Vorschriften verdrängen Art. 19 Abs. 3 GG nicht, sondern veranlassen lediglich die Erstreckung des Grundrechtsschutzes auf weitere Rechtssubjekte des Binnenmarkts. Art. 23 Abs. 1 Satz 2, 3 GG erlaubt, unter Wahrung der in Art. 79 Abs. 2, 3 GG genannten Voraussetzungen Hoheitsgewalt auch insoweit auf die Europäische Union zu übertragen, als dadurch die Reichweite der Gewährleistungen des Grundgesetzes geändert oder ergänzt wird, ohne dass dabei das Zitiergebot des Art. 79 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift (vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5. November 1993, BTDrucks 12/6000, S. 21; Pernice, in: H. Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 23 Rn. 87; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Oktober 2009, Art. 23 Rn. 115). Mit der vertraglichen Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu den Vorläuferregelungen zu Art. 18 AEUV und zu den Grundfreiheiten wurde unter Wahrung der Grenzen des Art. 79 Abs. 2, 3 GG auch der Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote mit der von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG geforderten Mehrheit gebilligt (vgl. BVerfGE 126, 286 <302>). Dies wirkt sich auch auf den Anwendungsbereich der Grundrechte aus, sofern eine Erstreckung der Grundrechtsgeltung auf juristische Personen aus der Europäischen Union veranlasst ist, um im Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Grundrechtsträgerschaft zu vermeiden. Die einzelnen Grundrechte des Grundgesetzes verändern sich durch die Erweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG jedoch nicht.

82

4. Die dem Bundesverfassungsgericht aufgegebene Kontrolle des europäischen Rechts auf Erhaltung der Identität der nationalen Verfassung, auf Einhaltung der nach dem System der begrenzten Einzelermächtigung überlassenen Kompetenzen und der Gewährleistung eines im Wesentlichen dem deutschen Grundrechtsschutz gleichkommenden Schutzniveaus bleibt erhalten. Die Identität der Verfassung (vgl. BVerfGE 123, 267 <354, 398 ff.>; 126, 286 <302 f.>) wird durch die Erweiterung der Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG offensichtlich nicht berührt.

II.

83

Art. 14 Abs. 1 GG ist durch das angegriffene Urteil nicht verletzt. Zwar unterfällt das Urheberrecht der Beschwerdeführerin dem verfassungsmäßigen Recht am Eigentum (1.), welches die Gerichte bei der Auslegung nationalen Rechts zu beachten haben, soweit das europäische Recht hierbei Auslegungsspielräume lässt (2.). Die richtlinienkonforme Auslegung der streitentscheidenden Vorschriften der §§ 17, 96 UrhG durch den Bundesgerichtshof ist aber mit dem Grundgesetz vereinbar (3.).

84

1. Das in §§ 17, 96 UrhG gesetzlich ausgestaltete Recht des Urhebers, die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken seines Werks zu kontrollieren, stellt Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Nach diesen Vorschriften kommen auch Urheber angewandter Kunst in den Genuss dieses Rechts, soweit das Design die erforderliche Gestaltungshöhe besitzt. Dies ist hier unstreitig der Fall.

85

Zu den konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehören die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung sowie seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. Im Einzelnen ist es Sache des Gesetzgebers, im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung des Urheberrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte Maßstäbe festzulegen, die eine der Natur und der sozialen Bedeutung des Rechts entsprechende Nutzung und angemessene Verwertung sicherstellen (vgl. BVerfGE 31, 229 <240 f.>; 79, 1 <25>). Dabei hat der Gesetzgeber einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsraum (vgl. BVerfGE 21, 73 <83>; 79, 1 <25>; 79, 29 <40>). Die Eigentumsgarantie gebietet nicht, dem Urheber jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (vgl. BVerfGE 31, 248 <252>; 31, 275 <287>).

86

2. a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Eigentumsschutz der Urheber ebenso wie etwaige damit konkurrierende Grundrechtspositionen beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>). Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358> m.w.N.).

87

Wie etwa im Mietrecht und im Arbeitsrecht ist es allerdings auch in urheberrechtlichen Streitigkeiten regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 2010 - 1 BvR 2760/08 -, GRUR 2011, S. 223, Rn. 19 m.w.N.). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist vielmehr erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Eigentumsgarantie, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 89, 1 <9 f.>; 95, 28 <37>; 97, 391 <401>; 112, 332 <358 f.>).

88

b) Ein Grundrechtsverstoß liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Zivilgericht den grundrechtlichen Einfluss überhaupt nicht berücksichtigt oder unzutreffend eingeschätzt hat und die Entscheidung auf der Verkennung des Grundrechtseinflusses beruht (vgl. BVerfGE 97, 391 <401>). Dies kann der Fall sein, wenn sich ein Gericht in der Annahme, an vermeintlich zwingendes Unionsrecht gebunden zu sein, an der Berücksichtigung der Grundrechte des Grundgesetzes gehindert sieht. Lässt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, ist dieser grundgesetzkonform auszufüllen (vgl. BVerfGE 113, 273 <300 ff.>). Die Fachgerichte müssen den Einfluss der Grundrechte bei der Auslegung zivilrechtlicher Vorschriften des nationalen Rechts, die unionsrechtlich nicht oder nicht vollständig determiniert sind, zur Geltung bringen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95 ff.>).

89

Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts, insbesondere also der umgesetzten Richtlinien zu ermitteln. Die Auslegung unionsrechtlicher Sekundärrechtsakte obliegt auf nationaler Ebene zuvörderst den Fachgerichten. Diese haben dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV - auch in Bezug auf den Schutz der Grundrechte - in Betracht zu ziehen.

90

Halten die Fachgerichte eine vollständige Bindung durch das Unionsrecht ohne Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für eindeutig, unterliegt dies der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Hierbei ist es nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt. Denn mit der Feststellung oder Verneinung eines unionsrechtlichen Umsetzungsspielraums wird zunächst durch die Fachgerichte darüber entschieden, ob Grundrechte des Grundgesetzes berücksichtigt werden müssen und ob das Bundesverfassungsgericht nach seiner Rechtsprechung die Überprüfung nationaler Umsetzungsakte am Maßstab des Grundgesetzes zurücknimmt, solange die Europäische Union einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einen wirksamen Schutz der Grundrechte gewährleisten, der nach Inhalt und Wirksamkeit dem Grundrechtsschutz, wie er nach dem Grundgesetz unabdingbar ist, im Wesentlichen gleichkommt (vgl. BVerfGE 73, 339 <387>; 102, 147 <161>; 123, 267 <335>).

91

c) Fehlt es an einem mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraum, muss das Fachgericht das anwendbare Unionsrecht bei gegebenem Anlass auf seine Vereinbarkeit mit den Unionsgrundrechten prüfen und, wenn erforderlich, ein Vorab-entscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV einleiten (vgl. BVerfGE 118, 79 <97>). Dasselbe gilt, wenn das Unionsrecht, einschließlich der europäischen Grundrechte (vgl. Art. 6 EUV in Verbindung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten), bislang ungeklärte Auslegungsfragen aufwirft. Eine Vorlage kann aus grundrechtlicher Sicht insbesondere dann erforderlich sein, wenn das Gericht Zweifel an der Übereinstimmung eines europäischen Rechtsakts oder einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs mit den Grundrechten des Unionsrechts, die einen den Grundrechten des Grundgesetzes entsprechenden Grundrechtsschutz gewährleisten, hat oder haben muss.

92

3. Ein Verstoß des angegriffenen Urteils gegen die Eigentumsfreiheit der Beschwerdeführerin gemäß Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich nach diesen Maßstäben nicht feststellen. Die Annahme des Bundesgerichtshofs, die Urheberrechtsricht-linie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof lasse keinen Spielraum für die Einbeziehung der bloßen Gebrauchsüberlassung nachgeahmter Möbelstücke in den Schutz des Verbreitungsrechts nach § 17 Abs. 1 UrhG (a) und § 96 Abs. 1 UrhG (b), ist unter diesen Umständen von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG sind damit nicht verkannt.

93

a) Zur Harmonisierung des Verbreitungsrechts durch die Urheberrechtsrichtlinie werden verschiedene Auffassungen vertreten (vgl. die Nachweise im angegriffenen Urteil, a.a.O., Rn. 13 f., sowie Goldmann/Möller, GRUR 2009, S. 551 <554 f.>; v. Lewinski, in: Hilty/Drexl/Nordemann, Festschrift für Loewenheim, 2009, S. 175 <180 ff.>; Schulze, GRUR 2009, S. 812 <813 f.>; vgl. auch die Stellungnahme der GRUR im vorliegenden Verfahren, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof verweist zutreffend darauf, dass § 17 UrhG richtlinienkonform auszulegen ist. Er durfte von Verfassungs wegen davon ausgehen, dass die Annahme einer bloßen Teilharmonisierung mit dem Harmonisierungszweck der Richtlinie, wie er insbesondere in den Erwägungsgründen 1, 4, 6, 7 niedergelegt ist, und der Warenverkehrsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar wäre. Der Europäische Gerichtshof hat im Parallelverfahren etwaige Umsetzungsspielräume nicht erwähnt und Erweiterungen des Verbreitungsbegriffs ausdrücklich dem Unionsgesetzgeber vorbehalten (Urteil vom 17. April 2008, a.a.O., Rn. 37 ff.). Die Generalanwältin hatte sich für eine Auslegung im Sinne eines abschließenden Verbreitungsbegriffs zudem auf die Notwendigkeit des Schutzes der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit aus Art. 28 EG (jetzt Art. 34 AEUV) gestützt (Schlussanträge vom 17. Januar 2008, Slg. 2008, S. I-2731, Rn. 33 ff.). Der Bundesgerichtshof konnte demnach davon ausgehen, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ihm keinen Auslegungsspielraum lässt, um im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung von § 17 UrhG den in der Richtlinie vorgesehenen Schutz des Verbreitungsrechts zu überschreiten. Damit hat der Bundesgerichtshof die Frage des Umsetzungsspielraums aufgeworfen und ohne Verfassungsverstoß unter Beachtung des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beantwortet.

94

b) Der Bundesgerichtshof konnte auch den Verbreitungsbegriff in § 96 UrhG mit § 17 UrhG übereinstimmend auslegen sowie davon ausgehen, dass er mittelbar ebenfalls von der Harmonisierung durch Art. 4 der Urheberrechtsrichtlinie erfasst wird und demnach kein Spielraum für eine verfassungskonforme Auslegung blieb. Dass sich die Verbreitungsbegriffe der §§ 17, 96 UrhG entsprechen, steht im Einklang mit der allgemeinen Meinung (vgl. nur Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 96 Rn. 9).

III.

95

Das angegriffene Urteil entzieht die Beschwerdeführerin nicht ihrem gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).

96

1. Der Europäische Gerichtshof ist gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das nationale Gericht ist unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV von Amts wegen gehalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen (vgl. BVerfGE 82, 159 <192 f.>).

97

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, "dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21). Die Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage für den Ausgangsrechtsstreit hingegen beurteilt allein das nationale Gericht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 10; Urteil vom 27. Juni 1991 - C-348/89 Mecanarte -, Slg. 1991, S. I-3277, Rn. 47; BVerfGE 82, 159 <194>).

98

Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 82, 159 <194 ff.>; 126, 286 <315 ff.>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht), oder in denen das letztinstanzliche Hauptsachegericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht und gleichwohl nicht oder nicht neuerlich vorlegt (bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Gemeinschaftsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann verletzt, wenn das letztinstanzliche Hauptsachegericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschritten hat (Unvollständigkeit der Rechtsprechung; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>). Dabei kommt es für die Prüfung einer Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht in erster Linie auf die Vertretbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung des für den Streitfall maßgeblichen materiellen Unionsrechts an, sondern auf die Vertretbarkeit der Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 -, NJW 2011, S. 1427, Rn. 104 f.; der Sache nach ebenso gehandhabt in BVerfGE 126, 286 <317 f.>).

99

2. Nach diesen Maßstäben liegt keine unhaltbare Handhabung der Vorlagepflicht vor.

100

Indem der Bundesgerichtshof die von ihm für entscheidungserheblich gehaltenen Fragen im Parallelverfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat, hat er Art. 267 Abs. 3 AEUV auch im Streitfall nicht grundsätzlich verkannt. Auch wenn das Unionsrecht die Vorlage einer gleichen oder ähnlichen Auslegungsfrage erlaubt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 1986 - C-14/86 Pretore di Salò -, Slg. 1987, S. 2545, Rn. 12; stRspr), musste der Bundesgerichtshof aus verfassungsrechtlicher Sicht die Sache nicht erneut dem Europäischen Gerichtshof vorlegen, wenn nach seiner Einschätzung die Antwort des Gerichtshofs keinen Raum für "vernünftigen Zweifel" (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, a.a.O., Rn. 21) ließ. Dem angegriffenen Urteil ist die vertretbare Überzeugung des Bundesgerichtshofs zu entnehmen, dass Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie eine vollharmonisierte Regelung des Verbreitungsrechts darstellt und der Europäische Gerichtshof die Auslegung des Verbreitungsbegriffs der Richtlinie abschließend und umfassend geklärt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.