Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 13. Aug. 2015 - I-15 U 2/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 14.09.2010, Az. 4a O 295/08, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e:
2A.
3Die Klägerin ist seit dem 28.08.2008 eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 196 30 AAA B4 (Anlage K 2.4; nachfolgend: „Klagepatent“). Das Klagepatent wurde am 29.07.1996 vom Erfinder Dr. Michael B angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 12.02.1998, die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung am 24.06.2004. Das Klagepatent steht in Kraft.
4Am 07.03.2008 wurde das Klagepatent vom Erfinder und damaligen Patentinhaber Herrn Dr. B auf die Klägerin übertragen. Am 10.03.2008 gab der Erfinder Dr. B eine Abtretungserklärung und Prozessführungsermächtigung ab, die unter anderem die Abtretung der sich aus unerlaubten Benutzungshandlungen ergebenden Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Schadensersatz und Entschädigung an die Klägerin, vertreten durch die C S.A., Panama, Republic of Panama, diese wiederum vertreten durch den Generalbevollmächtigten Michael D, umfasste. Auch Herrn D unterzeichnete die betreffende Erklärung.
5Der Hauptanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
6„Interfaceschaltung zur Realisierung eines genormten ISDN-Basis-Anschlusses
7dadurch gekennzeichnet, dass eine rein digitale integrierte Schaltung mit externer Beschaltung, bestehend aus einer Empfangs- und einer Sendeschaltung, verwendet wird und dass bei der Empfangsschaltung zwei digitale Eingangsbuffer der rein digitalen integrierten Schaltung für die Signale verwendet werden und zur Unterdrückung von Gleichtaktsignalen die Mittelanzapfung (1) des Empfangstrafos (2) der Empfangsschaltung wechselspannungsmäßig auf Masse gezogen wird.“
8Wegen des Wortlauts der weiteren Ansprüche, darunter dem als „insbesondere“-Antrag geltend gemachten Unteranspruch 2, wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
9Nachfolgend wird die Figur 2 der Klagepatentschrift, die das Schema einer erfindungsgemäßen Schaltung illustriert, eingeblendet.
10Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland insbesondere Vorrichtungen zur Datenübertragung, darunter die Geräteserien E, F, K, G und OEM-Versionen für Kunden wie H AG, I AG oder die J AG, deren Geräte in einer Vielzahl verschiedener, aber technisch weitgehend identischer Versionen vermarktet werden (nachfolgend auch: „angegriffene Ausführungsformen“). Zu diesen Geräten gehören beispielsweise das K L und das K M.
11Der von der Klägerin anhand des K L extrahierte Stromlaufplan ist in der nachfolgenden Abbildung wiedergegeben.
12Ferner wird in dem K M für die Empfangsschaltung eine von der Beklagten als Gerätehersteller programmierbare integrierte Schaltung („Field Programmable Gate Array“, nachfolgend „FPGA“) der „N“-Familie des Herstellers O verwendet. In dem nachstehend eingeblendeten Diagramm der Verschaltung der im N-FPGA verwendeten „Input/Output-Blocks“ (IOB) sind die drei verfügbaren Buffer des IOB eingekreist.
13Die Klägerin hat erstinstanzlich ‑ nach Rücknahme des ursprünglich auch angekündigten Antrages auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung ‑ zuletzt Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten sowie deren Verurteilung zur Auskunft und zur Rechnungslegung begehrt und geltend gemacht, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Diese verfügten insbesondere über eine rein digitale integrierte Schaltung mit zwei digitalen Eingangsbuffern: Ein rein digitaler IC unterscheide sich von analogen/gemischten Schaltungen dadurch, dass die Eingänge zwischen log 0 und log 1 umschalteten. Dabei würden die beiden Zustände 0 und 1 durch Schwellwerte voneinander getrennt. Dass dafür kein Differenzverstärker notwendig sei, werde erst durch die Mittelanzapfung ermöglicht, weil dadurch allein gegenphasige Signale zur Verfügung stünden. Der von der Beklagten verwendete N-FPGA sei bereits begrifflich ein rein digitaler integrierter IC im Unterschied zu einem „Field Programmable Analog Array“ (FPAA), der analoge Funktionselemente aufweise.
14Die Beklagte hat vor dem Landgericht Klageabweisung begehrt und die Auffassung vertreten, dass die Klage mangels Bestellung eines Inlandsvertreters durch die Klägerin unzulässig sei. Jedenfalls verletzten die angegriffenen Ausführungsformen nicht das Klagepatent: Der von der Klägerin extrahierte Stromlaufplan sei lückenhaft und interpretiere die Funktionen einiger Baugruppen falsch. Schematisch könne die S0-Empfangsschaltung des K M wie folgt auszugsweise wiedergegeben werden (Anlage B-12):
15Der FPGA der N-Familie sei keine rein digitale integrierte Schaltung, sondern lasse eine Mixed-Mode- oder Mixed-Signal-Konfiguration unter Verwendung von Digital/Analog-Wandlern, Analog/Digital-Wandlern und analoger, differentieller Eingänge zu. Sie – die Beklagte – habe die Empfangsseite der Schnittstelle auch in dieser Hinsicht konfiguriert und verwende den „Low-Voltage Differential Signaling“-Standard (LVDS). Eine LVDS-Zelle sei kein digitaler Eingangsbuffer im Sinne des Klagepatents, weil sie über zwei analoge Eingänge (Pins) für Signalspannungen verfüge. Die Differenz der anliegenden (analogen) Spannung werde mittels eines differentiell arbeitenden Verstärkers verstärkt. Die verstärkte (analoge) Differenzspannung werde an einen Komparator weitergegeben, der sie mit einer Referenzspannung vergleiche und ein digitales Signal ausgebe. Während ein digitaler Eingangsbuffer im Sinne des Klagepatents einen Eingang aufweise, der die binären Werte direkt erfassen könne und zwischen logischer 1 und 0 umschalte, habe eine differenziell arbeitende LVDS-Zelle zwei differenzielle Eingänge für analoge Eingangssignale, die bis zur Ausgabe eines digitalen Signals analog weiterverarbeitet werden müssten. Jede der beiden im FPGA der angegriffenen Ausführungsformen verwendeten LVDS-Zellen diene der Verarbeitung einer der beiden Signalspannungen, die – je nach Polarität – wechselnd an einem der Eingänge Lpos oder Lneg anlägen. Weiterhin liege an beiden Eingängen der zwei LVDS-Zellen dauerhaft eine leicht unsymmetrische Vorspannung (Gleichstrom von ca. 1,2 V) an, die jeweils die an einem der beiden Eingänge anliegende Signalspannung überlagere. Die Differenz der an den beiden Eingängen einer LVDS-Zelle anliegenden Spannung werde nach Verstärkung in einer Komparatoreinheit digitalisiert, indem sie mit einem internen Referenzwert abgeglichen werde.
16Die Klägerin hat erstinstanzlich die Verwendung einer LVDS-Zelle in den angegriffenen Ausführungsformen mit Nichtwissen bestritten und insoweit geltend gemacht: Die angebliche Verwendung eines differenziellen Eingangsbuffers mit einer Referenzspannung durch den von der Beklagten konfigurierten N-FPGA treffe nicht zu, weil ausweislich des zugehörigen Datenblatts kein differenzieller Eingangsbuffer des N-FPGA eine Referenzspannung („VREF“) erfordere. Abgesehen davon stelle auch ein differenzieller Eingangsbuffer einen digitalen Buffer im Sinne des Klagepatents dar, weil er lediglich die beiden anliegenden Spannungen vergleiche und in Abhängigkeit davon, ob die eine oder andere Spannung höher sei, eine logische 1 oder 0 ausgebe. Insbesondere träten keine analogen Spannungen, die der Differenz der Eingangsspannungen entsprächen, auf. Selbst wenn man von der Verwendung von LVDS-Buffern in den angegriffenen Ausführungsformen ausginge, handele es sich um erfindungsgemäße digitale Eingangsbuffer, weil jeweils einer der Eingänge der angeblichen LVDS-Buffer ausweislich des vorgelegten Schaltschemas auf einer Festspannung von 1,2 V liege und der Buffer lediglich unterscheide, ob die Spannung an dem einen oder dem anderen Eingang des Buffers höher sei. Das sei genau die Funktion eines einfachen digitalen Eingangsbuffers, der die am Eingang anliegende Spannung mit einem Schwellwert vergleiche. Im Übrigen sei ein digitaler Buffer nicht durch seine Eingänge, sondern durch die digitale Information an seinem (zum Chip hin orientierten) Ausgang charakterisiert. Dafür sei auch bei digitalen Eingangsbuffern eine Verstärkung des Eingangssignals mit einer Begrenzung des Ausgangssignals auf „0“ oder „1“ erforderlich. Genauso arbeite auch ein LVDS-Buffer.
17Das Landgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen, wobei es dies im Wesentlichen folgendermaßen begründet hat: Die Klage sei bereits unzulässig, soweit die Klägerin als Schutzrechtsinhaber aus eigenem Recht für den Zeitraum seit dem 08.03.2008 Rechte aus dem Klagepatent geltend macht, weil sie entgegen § 25 Abs. 1 PatG keinen Inlandsvertreter bestellt habe. Die im Übrigen zulässige Klage sei unbegründet: Die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatentanspruchs nicht wortsinngemäß Gebrauch. Trotz Hinweises in der mündlichen Verhandlung habe die Klägerin mit Ausnahme der Geräte K L und K M weder die Schaltung, noch deren Konfiguration dargelegt. Das K L und das K M verwendeten keine rein digitale integrierte Schaltung, deren Empfangsschaltung zwei digitale Eingangsbuffer im Sinne des Klagepatents verwendet, da die Eingangsbuffer der Schaltung zwei Differenzeingänge aufwiesen. Vor diesem Hintergrund könne ein mit dem LVDS-Standard arbeitender FPGA nicht mehr als rein digitale Schaltung im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs verstanden werden. Dies folge bereits daraus, dass eine solche Schaltung Differenzeingänge aufweise, die nach der Lehre des Klagepatentanspruchs ausgeschlossen seien. Denn die digitalen Eingangsbuffer sollten die über den einzelnen Eingang eingehenden Signale allein aufgrund eines Schwellwertes digitalisieren. Die Verwendung des LVDS-Standards erfordere jedoch zwei Eingänge, wobei die Differenz der an den Eingängen anliegenden Spannung verstärkt und weiter verarbeitet werde. Nach der erfindungsgemäßen Lehre reiche es gerade nicht aus, dass im Ergebnis zwischen zwei Zuständen unterschieden werde. Vielmehr sollten Differenzeingänge einer digitalen Schaltung, wie sie beispielsweise auch bei der Verwendung des LVDS-Standards zur Anwendung kommen, gerade ausgeschlossen werden. Daher gehe auch der weitere Einwand der Klägerin ins Leere, die Beklagte nutze nicht die mit dem LVDS-Standard ermöglichte Hochgeschwindigkeits-Signalübertragung. Dem unter Hinweis auf Anlage K-A-4 erfolgten Vortrag der Klägerin, die angegriffene Ausführungsform arbeite wie eine erfindungsgemäße Schnittstelle, könne mit Blick auf die Funktionsweise einer LVDS-Zelle und den Vortrag der Beklagten nicht gefolgt werden. Die Klägerin vermute lediglich aufgrund der Verwendung einer konstanten Spannung von 1,2 V, dass eine Referenzspannung VREF verwendet werde, mit der die am anderen Eingang des Buffers anliegende Signalspannung verglichen werde. Insofern sei auch unerheblich, dass die LVDS-Zelle nicht unmittelbar die Differenz der über die beiden Signalleitungen übertragenen Signalspannungen verstärke und auswerte, sondern – so der Vortrag der Beklagten – die Differenz zwischen der an dem einen Eingang anliegenden Vorspannung und der am anderen Eingang anliegenden, von der Vorspannung zusätzlich überlagerten Signalspannung. Denn auch in diesem Fall verwendeten die angegriffenen Ausführungsformen Differenzeingänge, die aus der Lehre des Klagepatentanspruchs herausführten. Daher sei es auch unbehelflich, soweit die Klägerin bestreite, dass an den Minus-Eingängen der LVDS-Zellen (L1neg und L2neg in der Anlage B-12) überhaupt eine Signalspannung anliege. Dies genüge nicht, um darzulegen, dass die angegriffene Ausführungsform mit einfachen digitalen Buffern in Abgrenzung zu Buffern mit Differenzeingängen arbeite.
18Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
19Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, wobei sie eine Verletzung des Klagepatents durch zahlreiche weitere Geräte (siehe Anlage KA-Fotos 3) geltend macht. Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, zu dessen Untermauerung sie zweitinstanzlich das aus Anlage KA-PG ersichtliche Privatgutachten des P vorgelegt hat, vor: Unter Verletzung der richterlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO habe das Landgericht die Zulässigkeit der auf Unterlassung gerichteten Klage wegen fehlender Bestellung eines Inlandsvertreters gemäß § 25 Abs. 1 PatG zu Unrecht verneint. Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 PatG sei im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit schon nicht anwendbar. Darüber hinaus habe das Landgericht übersehen, dass die zur Akte gereichte Vollmachtsurkunde ihres Prozessvertreters mindestens den in § 25 Abs. 1 PatG genannten Umfang habe. Abgesehen davon hätten sich ihre Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 13.08.2010 zum Inlandsvertreter bestellt und seien auch – noch vor dem erstinstanzlichen Urteil – als solche beim DPMA eingetragen worden (Anlagen KB-A1).
20Ebenso rechtsfehlerhaft habe das Landgericht die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Auf ihren schlüssigen Vortrag hin hätte es die Vorlage von Urkunden (Stromlaufpläne) zu den namentlich benannten Geräteserien anordnen müssen. Alle zusammenfassend gemäß Anlage KA-Fotos 3 dokumentierten Geräte seien untersucht worden und beinhalteten die gleichen Schaltungsteile wie die Geräte K L und M. Die Beklagte realisiere dort die technischen Funktionen gemäß dem Klagepatent in identischer Weise und sie benutze jeweils die gleiche Schaltung. Es bestünden keine Unterschiede bei den angegriffenen Ausführungsformen.
21Das Landgericht habe fehlerhaft eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents verneint. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil wolle das Klagepatent nicht jedwede Schaltung mit Differenzeingängen vermeiden, sondern nur einen analogen Differenzverstärker, der die Differenz der beiden Eingangsspannungen vom Transformator der externen Schaltung verstärke. Das Landgericht habe verkannt, dass jeder Eingangsbuffer einer digitalen Schaltung eine Umsetzung eines immer analogen Spannungswertes der Außenwelt in ein digitales, in der Regel auch binäres (zweiwertiges) Signal für die Innenschaltung des Chips umsetze. Ein digitaler Eingangsbuffer manifestiere sich also nicht anhand der Zahl der Eingänge, sondern am chipinternen digitalen Ausgang des Buffers zur digitalen Innenschaltung des Chips (vgl. Anlage KB-A-2). Wie sich anhand der Figur 1 des Klagepatents und des Absatzes [0009] des Klagepatents ergebe, setze ein digitaler Eingangsbuffer eine analoge (kontinuierliche) Eingangsspannung in eine digitale Spannung (als 0 oder 1) um.
22Die Beklagte habe bislang auch nicht bewiesen, dass Buffer mit Differenzeingängen oder LVDS-Eingangsbuffer überhaupt in den angegriffenen Ausführungsformen verwendet seien. Selbst wenn man dies unterstelle, stehe dies der Verletzung des Klagepatents nicht entgegen: Soweit das Landgericht angenommen habe, eine „rein digitale integrierte Schaltung“ im Sinne des Klagepatents verfüge über keine Differenzeingänge, habe es verkannt, dass die Ausführungen im Absatz [0008] des Klagepatents nicht auf die Definition einer rein digitalen Schaltung, sondern auf die Vermeidung eines Differenzverstärkers bezogen seien. Die Differenzeingänge nach dem Stand der Technik müssten mit einem Differenzverstärker verbunden sein, der die Differenz der beiden von der S/T-Schnittstelle kommenden Signale verstärke (vgl. Anlage KB-A-3). Letzteres sei bei den Schaltungen in den angegriffenen Ausführungsformen aber nicht der Fall. Entsprechend Figur 2 des Klagepatents verstärke ein differenzieller Eingangsbuffer zwar die Differenz der Eingangsspannungen, jedoch entstehe daraus kein analoges Signal, weil durch die Verstärkung der Bereich 2 im Sinne der Figur 2 des Klagepatents sehr klein sei. Der Durchschnittsfachmann sehe einen differenziellen Eingangsbuffer als Spannungsvergleicher, der in Abhängigkeit der Eingangsspannungen eine 0 oder eine 1 am Ausgang erzeuge, was ein typisch digitales Verhalten beinhalte. Der Verlauf der Ausgangsspannung Uaus des differenziellen Eingangsbuffers entspreche genau dem Verlauf eines digitalen Eingangsbuffers. Im Gegensatz zu einem differenziellen Eingangsbuffer handele es sich bei einem Differenzverstärker nach dem Stand der Technik um eine analoge Funktionseinheit, bei der zwischen Eingangs- und Ausgangssignal ein linearer (analoger) Zusammenhang vorhanden sei. Insbesondere habe der Differenzverstärker eine genau definierte Verstärkung V und nicht bloß eine möglichst hohe Verstärkung (wie bei digitalen Buffern; vgl. Anlage KB-A 4).
23Die Behauptung der Beklagten, wonach die von ihr verwendete Schaltung an beiden Eingängen der LVDS-Buffer (in Anlage KB-A-4 in grün wiedergegeben) ein analoges Signal vom Transformator verstärke, treffe nicht zu: Anhand des Oszilloskop-Bildes gemäß Anlage KB-A—5 erkenne man nämlich, dass die beiden S/T-Signale (gelb/rot) gegenphasig durch die Mittelanzapfung des Transformators gebildet würden. Die Spannung C (blau) sei hingegen konstant und zeige keinen Signalanteil. Die Beklagte habe den erfindungsgemäßen digitalen Eingangsbuffer allenfalls durch einen LVDS-Buffer ersetzt, der an dem Minus-Eingang mit einer Festspannung belegt sei. Dieser habe eine identische Funktion, wie sich der Anlage KB-A-6 entnehmen lasse. Im Falle des normalen digitalen Eingangsbuffers sei die Schwellspannung durch den Herstellungsprozess und die Betriebsspannung Ub bestimmt. Der einzige Unterschied bei einer Ersatzschaltung mit einem differenziellen Buffer (z.B. LVDS) bestehe darin, dass die Schwellspannung durch die am Minus-Eingang anliegende Spannung definiert sei.
24Aufgrund der unstreitigen Beschaltung der LVDS-Buffer mit einer Festspannung am negativen Eingang werde wie bei einem einfachen digitalen Buffer nur ein Signaleingang genutzt. Ferner gebe es unstreitig einen digitalen Ausgang des LVDS-Buffers zur digitalen Innenschaltung des FPGAs. Die angegriffenen Ausführungsformen verzichteten auf einen analogen Differenzverstärker und eine Auswertung der Differenz der Eingangssignale von der Schnittstelle. Es sei gerade der „Clou“ des Klagepatents, einen digitalen Eingangsbuffer als Umsetzer einer analogen Spannung in ein digitales Signal an seinem Ausgang zu verwenden. Die Eingangsbuffer wirkten wie 1-Bit Analog/Digital-Wandler. Ohne diese Eigenschaft würde die erfindungsgemäße Schaltung gar nicht funktionieren. Die Beklagte setze verfehlt die beiden Differenzeingänge eines LVDS-Buffers mit Differenzeingängen der S0-Empfangsschaltung gleich. Von den LVDS-Buffern würden nicht die Eingangsspannungen beider Eingänge von der S0-Schnittstelle verarbeitet und damit auch keine Gleichtaktstörungsunterdrückung hervorgerufen. Entsprechend der Lehre des Klagepatents werde die Gleichtaktstörungsunterdrückung nicht durch einen analogen Differenzverstärker, sondern durch den Kondensator an der Mittelanzapfung des Transformators hervorgerufen.
25Selbst wenn der Austausch eines digitalen Eingangsbuffers durch einen LVDS-Buffer nicht mehr als wortsinngemäße Verletzung eingestuft werden könne, liege zumindest eine äquivalente Patentverletzung vor. Die notwendige Gleichwirkung sei gegeben, weil eine identische Funktion der ISDN-Empfangsschaltung vorliege. Der Durchschnittsfachmann entscheide sich ferner bei der Verwendung eines N-FPGAs, bei dem er differenzielle Eingangsbuffer ohne Mehrkosten nutzen könne, anstatt Buffern mit herstellungsbedingt ungenauer Schwellspannung solche zu benutzen, bei denen er durch Beschaltung des Minus-Eingangs die Schwellspannung von außen zuführen könne. Das Klagepatent schütze nicht nur die wirtschaftlich beste Anordnung. Da zudem die benutzten 1,2 V ohnehin zur Stromversorgung des Kerns des FPGA (Core-Logic) vorhanden seien, sei die Verwendung von LVDS-Buffern, die ohne Mehrkosten genutzt würden, auch naheliegend. Dass seinerzeit noch keine entsprechenden FPGAs mit LVDS-Buffern verfügbar gewesen seien, sei patentrechtlich unerheblich, weil das konkrete Mittel selbst zum Prioritätstag noch nicht bekannt gewesen sein müsse. Die Benutzung der entsprechend differenziellen LVDS-Buffer liege auch bei Betrachtung des O-N-Datenblattes (Anlage KB-A 10) nahe; auch eine ggf. verbesserte Realisierung der Erfindung werde durch das Klagepatent geschützt. Angesichts des funktionsidentischen Ersatzes ohne Mehrkosten handele es sich auch um einen gleichwertigen Ersatz. Die digitalen Eingangsbuffer im Sinne des Klagepatents hätten einzig den Zweck einer analogen Eingangsspannung, die über der Schwellenspannung liege, in eine logische 1 umzuwandeln und eine analoge Eingangsspannung unter der Schwellenspannung in eine 0 umzuwandeln.
26Sie habe anhand der Anlage K-A-2 auch nachgewiesen, dass in FPGAs der Fa. O generell nur digitale Funktionseinheiten konfiguriert werden könnten. Die Beklagte habe folgerichtig auch keine analogen Funktionseinheiten benennen können, die auf einem solchen FPGA konfiguriert werden könnten. Das Landgericht habe ihre betreffenden Beweisangebote ignoriert.
27Eine „rein digitale Schaltung“ sei eine „digitale Schaltung“, bei der nur hervorgehoben sei, dass keine analogen Teilschaltungen benutzt werden: Es handele sich weder um ein „digitales ASIC“, noch komme es auf eine „digitale Entwurfsmethode“ an. Weder die Ansprüche noch die Beschreibung des Klagepatents gäben die Vermeidung jedweder Differenzverstärker vor, vielmehr werde erfindungsgemäß auf eine Verstärkung der Differenz der Signale vom Transformator verzichtet, was bei den angegriffenen Ausführungsformen unstreitig ebenso der Fall sei. Kern der Erfindung sei, dass eine interne analoge Signalverarbeitung vermieden werde. Zur Definition digitaler Schaltungen verweist die Klägerin auf Anlage KB-A 9. Vor diesem Hintergrund habe die Behauptung der Beklagten, durch einen LVDS-Buffer wäre die Charakteristik der integrierten Schaltung nicht mehr digital, keine technische Grundlage. Die Klägerin bestreitet, dass in den fraglichen FPGAs Digital/Analog-Wandler oder Analog/Digital-Wandler konfigurierbar seien. Diese sog. IP-Blöcke seien nur mit analoger externer Beschaltung des FPGAs realisierbar. Auch die konfigurierbaren LVDS-Eingangsbuffer seien keine analogen Bauteile im Sinne des Klagepatents, sondern erfüllten die Funktion von digitalen Eingangsbuffern. Das Klagepatent könne auch bei Verwendung eines Mixed-Mode verletzt werden: Das zusätzliche Aufbringen analoger Schaltungsteile auf denselben IC für ganz andere Zwecke als die geschützte Lehre führe nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents. Der Ausgang eines LVDS-Buffers liefere – wie jeder digitale Eingangsbuffer – nur ein digitales Signal (0 oder 1). Ein LVDS-Buffer sei zwar kein „üblicher“ Buffer, aber entscheidungserheblich immer noch ein digitaler Buffer. Auch dass er aufwändiger aufgebaut sei, sei patentrechtlich unerheblich, weil auch eine etwaig verschlechterte Benutzungsweise innerhalb des Schutzumfangs des Klagepatents liege. Die Bezeichnung „LVDS-Zelle“ sei technisch unüblich.
28Das gerichtliche Sachverständigengutachten des Herrn Professor Dr. Q enthalte gravierende technische und patentrechtliche Fehler. Es sei ein weiteres Gutachten durch den P R GmbH bzw. durch ein Team von Fachleuten einzuholen. Als Fachmann sei laut der BGH-Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren (BGH X ZR 66/12) zum parallelen Patent DE 102 11 AAB B4 im Rechtsstreit 15 U 4/14 ein Ingenieur mit Hochschulausbildung der Fachrichtung elektrische Nachrichtentechnik, der mit der Realisierung von Schnittstellenschaltungen für die Nachrichtenübertragung vertraut ist, anzusehen. Der Sachverständige verfüge über keine entsprechenden Erfahrungen.
29Nachdem die Klägerin ihre ursprünglichen Anträge auf Besichtigung nach § 140c PatG, auf Aussetzung nach § 140b Abs. 2 PatG und auf Bestimmung eines Lizenzsatzes zurückgenommen hat, und die Anträge auf Schadensersatzfeststellung sowie auf Auskunft- und Rechnungslegung zunächst nur auf Benutzungshandlungen bezogen gewesen sind, die eigene Ansprüche der Klägerin ab dem 08.03.2008 betroffen haben, beantragt die Klägerin mit ihrer Berufung zuletzt,
30das Urteil des Landgerichts Düsseldorf, verkündet am 14. September 2010 – Aktenzeichen 4a O 295/08 – abzuändern und
31I. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,
32der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dem früheren Patentinhaber Dr. B im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 27.08.2008 und der Klägerin als jetziger Patentinhaberin im Zeitraum seit dem 28.08.2008 dadurch entstanden ist oder entstehen wird,
33dass die Beklagte Vorrichtungen zur Übertragung von Daten
34in der Bundesrepublik Deutschland herstellt, anbietet, in Verkehr bringt oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken einführt oder besitzt,
35die eine Interfaceschaltung zur Realisierung eines genormten ISDN-Basis-Anschlusses aufweisen, wobei eine rein digitale integrierte Schaltung mit externer Beschaltung, bestehend aus einer Empfangs- und einer Sendeschaltung, verwendet wird und wobei bei der Empfangsschaltung zwei digitale Eingangsbuffer der rein digitalen integrierten Schaltung für die Signale verwendet werden und zur Unterdrückung von Gleichtaktsignalen die Mittelanzapfung des Empfangstrafos der Empfangsschaltung wechselspannungsmäßig auf Masse gezogen wird;
36II. die Beklagte zu verurteilen,
37a. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 01.01.2005 vorstehend zu Ziffer I. bezeichnete Vorrichtungen zur Übertragung von Daten hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder zu den genannten Zwecken eingeführt hat;
38b. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu Ziffer I. bezeichneten und seit dem 01.01.2005 begangenen Handlungen Rechnung zu legen und zwar unter Angabe
39aa) der Herstellungsmengen und -zeiten;
40bb) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise;
41cc) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie Typenbezeichnungen und Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren;
42dd) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Typenbezeichnungen und den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
43ee) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeiträumen und Verbreitungsgebiet;
44ff) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
45wobei
46- die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 01.09.2008 anzugeben sind;
47- der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und den Wirtschaftsprüfer ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Nachfrage Auskunft darüber zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist, und
48- die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu bb) und cc) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen hat, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
49hilfsweise,
50die Beklagte mit den Maßgaben der Anträge auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz zu verurteilen, soweit die Verletzungen sich durch eine äquivalente Benutzung des Klagepatents ergeben, durch den Umstand, dass „digitale Eingangsbuffer“ als „LVDS-Eingangsbuffer“ ausgeführt sind;
51weiter hilfsweise,
52unter Aufhebung des am 14.09.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf – Aktenzeichen 4a O 295/08 – die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Düsseldorf – Patentstreitkammer – zurückzuverweisen.
53Die Beklagte beantragt,
54die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
55Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen folgendermaßen: Das Landgericht habe die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, soweit die Klägerin als eingetragene Schutzrechtsinhaberin Ansprüche aus eigenem Recht für den Zeitraum ab dem 08.03.2008 geltend gemacht hat. Die Beklagte bestreitet diesbezüglich, dass die Klägerin nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht einen Inlandsvertreter bestellt habe und dass S Rechtsanwälte im in § 25 Abs. 1 PatG umschriebenen Umfang wirksam bevollmächtigt worden seien; ausweislich des Schreibens an das DPMA vom 13.08.2010 hätten die Prozessbevollmächtigten sich selbst bestellt. Jedenfalls sei das betreffende Vorbringen verspätet und gemäß § 532 ZPO nicht zulassungsfähig.
56Das Landgericht habe die Klage im Übrigen in der Sache zu Recht abgewiesen, weil in den angegriffenen Ausführungsformen keine „rein digitalen integrierten Schaltungen“ und auch keine „digitalen Eingangsbuffer“ im Sinne des Klagepatents zur Anwendung kämen, sondern LVDS-Zellen mit Differenzeingängen, welche analoge Werte verarbeiteten, wobei zahlreiche Geräte gemäß der klägerischen Liste in Anlage KA-Fotos 3 überdies „ein ganz anderes Schaltungskonzept, als von der Klägerin bislang angegriffen“, verwirklichten. Der erstmals in zweiter Instanz erfolgte klägerische Vortrag zu weiteren angeblich patentverletzenden Geräten sei überdies verspätet und unsubstantiiert.
57Am Eingang der angegriffenen Empfangsschaltungen gelangten jeweils zwei LVDS-Zellen zum Einsatz. Zwischen einem digitalen Eingangsbuffer und einer LVDS-Zelle bestünden gewichtige Unterschiede: Bei LVDS-Zellen gebe es keine fixe, von der Versorgungsspannung abhängige Schaltschwelle und keinen „verbotenen“, undefinierten Bereich, und sie verarbeiteten zwei – analoge – Eingangssignale, und dies auch nicht nach Maßgabe diskreter Pegel. Zudem gebe es keine vorgegebene Zeitspanne für die Durchquerung von Signalen eines zwischen diskreten Pegeln liegenden Bereichs. Eine LVDS-Zelle bestehe auch nicht bloß aus zwei Schaltern mit einem Ein- und Ausgang, sondern sei weit komplexer aufgebaut: Insbesondere wandele ein Komparator die Differenz analoger Signale an seinen Eingängen in ein zweiwertiges Ausgangssignal um. Zur Pegelanpassung und Impedanzumwandlung des zweiwertigen Signals in ein digitales Signal (Low, High) folge anschließend eine Kette von drei ungepufferten Invertern. Während die Schaltschwellen digitaler Buffer von der Versorgungsspannung abhingen, sei diese bei LVDS-Zellen ohne Einfluss auf das Ausgangssignal und auf die Verarbeitung der differenziellen Eingangssignale. Zutreffend habe das Landgericht angenommen, dass nach der Lehre des Klagepatents eine analoge Signalverarbeitung im integrierten Bereich unterbleiben solle („rein digital integrierte Schaltung“) und analoge Schaltungselemente außerhalb des ICs anzuordnen seien („externe Beschaltung“). Dies ergebe sich eindeutig aus dem Anspruchswortlaut („Erfordernis eines rein digitalen IC“), aber auch aus der Beschreibung des Klagepatents. Im Gegensatz zum Stand der Technik verfüge eine rein digitale integrierte Schaltung über keine Differenzeingänge. Das Klagepatent grenze sich von Schaltungen im Mixed-Mode-Design oder auch im analogen Design ab; bei Nutzung eines Mixed Mode ICs liege keine reine digitale integrierte Schaltung vor. Letztere weise insbesondere keine Differenzeingänge auf und verwende am Eingang auch keinen Differenzverstärker. Den Begriff des „analogen Differenzverstärkers“ kenne das Klagepatent nicht. Der im Klagepatent genannte Stand der Technik verwende ausnahmslos Differenzeingänge und eine Differenzverstärkung. Letzteres zeichne ausweislich des TIA-EIA-644Standards auch eine LVDS-Zelle aus. Das Klagepatent lehre, jedwede Mixed-Mode Methode oder analoge Technologie zu unterlassen. Der „Clou“ des Klagepatents liege entgegen der Annahme der Klägerin darin, mit möglichst geringem Kostenaufwand eine spezifikationsgemäße S/T-Schnittstelle zu realisieren, und zwar mittels einer rein digitalen integrierten Schaltung, die extern beschaltet werde und mit einem digitalen Eingangsbuffer versehen sei.
58In Bezug auf die erstinstanzlich angegriffenen Geräte habe das Landgericht zu Recht angenommen, dass ihr – der Beklagten – Vortrag, wonach diese nach dem (zwei Eingänge erfordernden und die Differenz zweier anliegender Spannungen verstärkenden und weiterverarbeitenden) LDVS-Standard arbeiteten, nicht widerlegt sei. Das Berufungsvorbringen verkenne schon die maßgebliche Beweislast. Verfehlt versuche die Klägerin, die analogen Eigenschaften einer LVDS-Zelle „unter den Tisch zu kehren“. Falsch sei insbesondere die Behauptung, wonach aus der Verstärkung einer Differenzspannung „kein analoges Signal entstehe“; die am positiven Eingang jeder LVDS-Zelle eingehenden Signale seien elektrische Spannungen mit kontinuierlichen Werten, so dass auch die – und zwar auch die verstärkte – Differenz immer noch einen analogen Wert darstelle, bis dieser von der Komparatoreinheit digitalisiert werde. Der Durchschnittsfachmann betrachte die LVDS-Zelle als Differenzverstärker und nicht als „Spannungsvergleicher“. Soweit die Klägerin zweitinstanzlich scheinbar bestreiten wolle, dass bei der Nutzung von LVDS-Zellen eine Verstärkung stattfinde, sei dies verspätet. Das Klagepatent gehe zwingend von einem Verzicht auf Differenzeingänge und Differenzverstärker im integrierten Bereich der Schaltung aus, um eine (vermeintlich) kostengünstigere Herstellung integrierter Schaltkreise (ICs) zu ermöglichen.
59Der von der Beklagten konfigurierte FPGA sei auch keine „rein digitale intergrierte Schaltung“, sondern falle unter das vom Klagepatent klar abgegrenzte Mixed-Mode-Design, weil die LVDS-Zellen über analoge Eingänge verfügten und analoge Spannungsdifferenzen verstärkten. Ohne Differenzeingänge und –verstärkung wären die angegriffenen Ausführungsformen nicht funktionsfähig. Es treffe zwar zu, dass LVDS-Zellen einen digitalen Wert auf ihren Ausgang gäben (keine Analogwertausgabe). Darauf komme es aber nicht an – auch vorbekannte Differenzverstärker gäben logische Zustände aus, die anschließend digital weiterverarbeitet würden.
60Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz zu einer angeblich äquivalenten Patentverletzung vortrage, sei dies gemäß §§ 529, 531 ZPO bereits nicht berücksichtigungsfähig. Im Übrigen lägen die einschlägigen Anforderungen nicht vor. Die Klägerin habe zudem kein Austauschmittel bezüglich der „rein digitalen integrierten Schaltung“ genannt. Hilfsweise macht die Beklagte den Formstein-Einwand geltend: Die angegriffenen Ausführungsformen stellten mit Blick auf die US 4,584,AAC (Anlage B 21) keine Erfindungen dar. Weiter erhebt die Beklagte gegenüber dem Vorwurf der äquivalenten Patentverletzung vorsorglich die Einrede der Verjährung.
61Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19.01.2012 (Blatt 533 – 537 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. Q vom 17.12.2012 (Anlage) nebst dessen ergänzender schriftlicher Stellungnahme vom 09.03.2013 (Blatt 636 – 639 GA) sowie dessen mündliche Anhörung vor dem Senat gemäß Sitzungsprotokoll vom 25.06.2015.
62Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verwiesen.
63B.
64Die zulässige Berufung ist unbegründet.
65I.
66Die Frage, ob die Bestellung eines Inlandsvertreters gemäß § 25 PatG eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Verletzungsverfahrens und eine Differenzierung nach den Zeitpunkten vor und nach Abtretung der Klageschutzrechte vorzunehmen ist, bedarf keiner abschließenden Klärung. Die Klage ist jedenfalls nunmehr im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung vor dem Senat auch im Hinblick auf die Ansprüche zulässig, die von der Klägerin nach ihrer Eintragung als Patentinhaberin geltend gemacht werden.
67Dementsprechend hat der Senat zwecks Klarstellung des Umfangs der Rechtskraft die Berufung im Tenor mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage zwar insgesamt zulässig, jedoch unbegründet ist.
68Gemäß § 25 Abs. 1 PatG kann derjenige, der wie die Klägerin im Inland weder Sitz noch Niederlassung hat, an einem im PatG geregelten Verfahren vor dem Patentamt oder dem Patentgericht nur teilnehmen und die Rechte aus einem Patent bzw. Gebrauchsmuster nur geltend machen, wenn er im Inland einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt hat, der zur Vertretung im Verfahren vor dem Patentamt, dem Patentgericht und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die das Patent bzw. das Gebrauchsmuster betreffen, sowie zur Stellung von Strafanträgen bevollmächtigt ist.
69Der Inlandsvertreter ist ein gewillkürter Vertreter mit gesetzlich festgelegter Mindestvollmacht (§ 25 Abs. 1 PatG). Die Bestellung des Inlandsvertreters gemäß § 25 Abs. 1 PatG erfolgt durch Bevollmächtigung und deren Anzeige/Vorlage gegenüber dem Patentamt. Insoweit genügt die Formulierung der Bevollmächtigung „gemäß § 25 PatG“ (BGH GRUR 1972, 536 – Akustische Wand; vgl. auch BGH GRUR 2009, 185 – Umfang der Vollmachtserteilung; Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 25 Rn. 27). Die Bevollmächtigung ist nicht formgebunden, jedoch ist für das DPMA für ihren Nachweis die schriftliche Vorlage erforderlich (Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 25 Rn. 28 m. w. N.). Der Vollmachtnachweis ist in der Weise zu führen, dass die Vertretungsmacht auf den auswärtigen Verfahrensbeteiligten zurückgeführt werden kann (Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 25 Rn. 42 m. w. N.). Handlungen des Inlandsvertreters ohne die erforderliche Vertretungsmacht kann der Vertretene genehmigen (Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 25 Rn. 35 m. w. N.).
70Die Bestellung eines Inlandsvertreters und deren Nachweis stellen eine Obliegenheit dar, deren Nichtbeachtung zu Lasten der betroffenen Partei zu einem behebbaren Verfahrenshindernis führt (BGH GRUR 2009, 701– Niederlegung der Inlandsvertretung; Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 25 Rn. 42 m. w. N.). Es handelt sich insoweit um eine verfahrensrechtliche Voraussetzung für den sachlichen Fortgang des Verfahrens (BGH GRUR 1969, 437 – Inlandsvertretung; Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 25 Rn. 42 m. w. N.). Die vor Einsetzung eines Inlandsvertreters vorgenommenen Verfahrenshandlungen sind nicht unwirksam, sondern bloß mit einem behebbaren Mangel behaftet, der bis zu seiner Behebung einer Sachprüfung entgegensteht (BGH GRUR 2009, 701 – Niederlegung der Inlandsvertretung), so dass der Mangel im Laufe des Verfahrens mit Rückwirkung behoben werden kann.
71Das ist – falls man von einem ursprünglichen Mangel ausgeht – hier geschehen. Da es sich um ein behebbares Verfahrenshindernis handelt, ist das gesamte Vorbringen der Klägerin maßgebend, das bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eingeht (vgl. allgemein zum maßgeblichen Zeitpunkt hinsichtlich der Feststellung von Prozessvoraussetzungen BeckOKZPO/Bacher, Ed. 16, § 253 Rn. 12). Daher ist im vorliegenden Rechtsstreit in zweiter Instanz zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit Anlage KB-A-1 eine Kopie des Registerauszuges zum Klagepatent 1 vorgelegt hat, ausweislich dessen die S Rechtsanwälte – und zwar bereits seit dem 14.08.2010 – als Inlandsvertreter bestellt sind. Die Eintragung des Inlandsvertreters in das Patentregister nach § 30 Abs. 1 PatG hat rein deklaratorische Bedeutung (Busse/Brandt, aaO, § 30 Rn. 31 und Rn. 33 m. w. N.; vgl. auch Busse/Baumgärtner, aaO, § 25 Rn. 30). Sie legitimiert die S Rechtsanwälte gegenüber jedem Dritten als prozessual Vertretungsberechtigte (§ 30 Abs. 3 PatG; vgl. Busse/Brandt, aaO, § 30 Rn. 33). Ob die Vollmacht im Innenverhältnis wirksam erteilt wurde, ist für die Bestellung als Inlandsvertreter daher ohne Belang.
72Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Berücksichtigung des betreffenden Vorbringens ferner nicht die Regelung des § 532 ZPO entgegen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erstreckt sich nicht auf Vorbringen des Klägers zur Verteidigung gegenüber geltend gemachten Prozesshindernissen, da ausdrücklich nur von Rügen und nicht etwa schlechthin von Angriffs- und Verteidigungsmitteln zur Zulässigkeit die Rede ist, und die Präklusion die Zulässigkeit fördern, nicht aber der Klageabweisung wegen Unzulässigkeit den Weg ebnen soll (MünchKommZPO/ Rimmelspacher, 4. Aufl., § 532 Rn. 5 m. w. N.). Hinzu kommt. dass die Bestellung eines Inlandsvertreters keine verzichtbare Rüge ist. Mängel der Postulationsfähigkeit und Prozessvollmacht sind in jeder Instanz von Amts wegen zu prüfen und fallen nicht unter die Präklusionsvorschrift des § 532 ZPO (Zöller/Heßler, aaO, § 532 Rn. 3). So verhält es sich auch bei der Bestellung eines Inlandsvertreters, da diese der Erleichterung des Rechtsverkehrs mit der ausländischen Partei dient (vgl. Mes, PatG, 4. Aufl., § 25 PatG Rn. 3) und die andere Partei auf dieses Erfordernis somit nicht wirksam verzichten kann.
73II.
74Das Landgericht hat die Klage in der Sache zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 9 S. 2 Nr. 1, 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, weil die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen.
751.
76Das Klagepatent betrifft eine Interfaceschaltung zur Realisierung eines genormten ISDN-Basis-Anschlusses.
77Ausweislich des Absatzes [0001] des Klagepatents ist eine S/T Schnittstelle eine in der Spezifikation ITU I.430 (vgl. den englischsprachigen Teilauszug gemäß Anlage B-1) beschriebene Schnittstelle für das ISDN. Eine solche Schnittstelle ermögliche – so das Klagepatent – einen ISDN-Basis-Zugang mit 2 x 64 kBit/s und 1 x 16 kBit/s (2B + D).
78Alle bekannten Halbleiterhersteller, die ICs für diese Schnittstelle anböten, hätten hier Lösungen mit gemischt analog/digitaler Technologie. Als problematisch stuft die Klagepatentschrift es diesbezüglich ein, dass bei der Sendeschaltung Spannungen erzeugt würden, die nicht den üblichen Ausgangspegeln einer digitalen Schaltung entsprächen. In Bezug auf die Empfangsschaltung entspreche es dem Stand der Technik, zumindest am Eingang einen Differenzverstärker einzusetzen, wobei die Klagepatentschrift beispielhaft folgende Benutzerhandbücher angibt:
79- Siemens AG, Bereich Halbleiter, 1992: ICs for Communications, ISDN Subscriber Access Controller ISAC-S, PEB 2085, User’s Manual, Edition 2.92;
80- Siemens AG, Bereich Halbleiter, 1994: ICs for Communications, ISDN Subscriber Access Controller for Terminals ISAC-S TE, PSB 2186, User’s Manual, Edition 10.94.
81Vor diesem technischen Hintergrund formuliert das Klagepatent die Aufgabe (Absatz [0004] des Klagepatents), mit möglichst geringem Kostenaufwand eine spezifikationsgemäße S/T-Schnittstelle zu realisieren.
82Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt der Hauptanspruch 1 des Klagepatents eine Interfaceschaltung mit folgenden Merkmalen vor:
831. Die Interfaceschaltung ist geeignet zur Realisierung eines genormten ISDN-Basis-Anschlusses.
842. Es wird eine integrierte Schaltung verwendet.
852.1 Die integrierte Schaltung ist rein digital.
862.2 Die integrierte Schaltung wird extern beschaltet.
873. Die Interfaceschaltung besteht aus einer Empfangs- und einer Sendeschaltung.
884. Bei der Empfangsschaltung
894.1 werden zwei digitale Eingangsbuffer verwendet,
904.1.1 die Teil der rein digitalen integrierten Schaltung sind und
914.1.2 für die Signale verwendet werden,
924.2 wird die Mittelanzapfung (1) des Empfangstrafos (2) zur Unterdrückung von Gleichtaktsignalen wechselspannungsmäßig auf Masse gezogen.
93Als Vorteil dieser technischen Lösung hebt das Klagepatent hervor (Absatz [0006] der Klagepatentschrift): Die Realisierung rein digitaler integrierter Schaltungen sei einfacher als jene von gemischt analog/digitalen Schaltungen. Insbesondere seien FPGAs nicht gemischt analog/digital erhältlich. Zudem sei der Initialaufwand für ein Gate-Array geringer als für ein Cellbased- oder Mixed-Mode-Design, weil nur wenige Halbleiter-Herstellungs-Masken kundenspezifisch erstellt werden müssten. Die Erfindung ermögliche es ferner (siehe Absatz [0007] der Klagepatentschrift), mit geringem externen Bauteileaufwand eine spezifikationsgemäße S/T-Schnittstelle zu realisieren.
942.
95Die angegriffenen Ausführungsformen verletzen das Klagepatent unter keinem patentrechtlichen Gesichtspunkt.
96a)
97Auf der Grundlage der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme ist der Klägerin nicht der ihr obliegende Beweis gelungen, dass die angegriffenen Ausführungsformen vom Klagepatentanspruch 1 wortsinngemäß Gebrauch machen. Es lässt sich zumindest nicht tatrichterlich feststellen, dass die angegriffenen Ausführungsformen bei der Empfangsschaltung „digitale Eingangsbuffer“ im Sinne des Merkmals 4.1 verwenden. Insofern erübrigen sich Ausführungen zu den anderen Merkmalen, insbesondere zum ebenfalls streitigen Merkmal 2.1.
98aa)
99Das Klagepatent (Anlage K 2.4) schützt mit seinem Hauptanspruch 1 eine Interfaceschaltung zur Realisierung eines genormten ISDN-Basis-Anschlusses (Merkmal 1), wobei es sich ausweislich Absatz [0001] des Klagepatents bei der betreffenden S/T-Schnittstelle um eine in der Spezifikation ITU I.430 beschriebene Schnittstelle für das ISDN handelt. An das ISDN-Netz angeschlossene Geräte – wie etwa ein ISDN-Telefon – arbeiten mittels digitaler Daten. Demgegenüber werden die zu übertragenden Daten mittels analoger Signale über das Kabel gesendet. Dies macht es regelmäßig notwendig, binäre Daten in den durch verschiedene Spannungswerte charakterisierten modifizierten AMI-Code für die analoge Datenübertragung umzuwandeln und umgekehrt. Demzufolge muss die S0-Schnittstelle Binärdaten entsprechend dem AMI-Code als elektrische Spannung ausgeben (Sendeschaltung) und analoge Spannungswerte in Binärdaten umwandeln (Empfangsschaltung) können. Für die betreffende Datenübertragung kommen vieradrige Kabel zum Einsatz, wobei jeweils zwei Adern für das Senden und zwei Adern für den Empfang von Signalen zur Verfügung stehen. Laut Merkmal 2 soll erfindungsgemäß eine integrierte Schaltung (nachfolgend auch kurz: „IC“) zur Anwendung kommen, die rein digital ist (Merkmal 2.1) und extern beschaltet wird (Merkmal 2.2). Von den ausweislich Merkmal 3 vorhandenen zwei Hauptkomponenten der IC (nämlich einerseits einer Empfangs- und andererseits einer Sendeschaltung) widmet sich die Merkmalsgruppe 4 speziell der Empfangsschaltung.
100Neben der expliziten Vorgabe, dass die Mittelanzapfung des Empfangstrafos zur Unterdrückung von Gleichtaktsignalen wechselspannungsmäßig auf Masse gezogen wird (Merkmal 4.2), postuliert das hier strittige Merkmal 4.1 die Verwendung zweier digitaler Eingangsbuffer. Zu diesen beiden digitalen Eingangsbuffern im Sinne von Merkmal 4.1 erläutert die Merkmalsgruppe 4, dass sie Teil der rein digitalen integrierten Schaltung sind (Merkmal 4.1.1) und sie für die Signale verwendet werden (Merkmal 4.1.2).
101Die bei der Empfangsschaltung zur Verwendung gelangenden digitalen Eingangsbuffer dürfen erfindungsgemäß über keinen (wie auch immer ausgestalteten) Differenzverstärker und auch nicht über mehrere Differenzeingänge verfügen.
102Soweit die Klägerin meint, die vorgenannten einschränkenden Vorgaben in Bezug auf die digitalen Eingangsbuffer im Sinne von Merkmal 4.1 seien dem vermeintlich breiter zu verstehenden Anspruch 1 des Klagepatents nicht immanent, ist dem zu widersprechen: Richtig ist zwar, dass eine Auslegung unterhalb des Wortsinns des Patentanspruchs generell unzulässig ist (vgl. BGH, GRUR 2007, 309, 311 – Schussfädentransport; vgl. Senat, Urteil vom 28.05.2015, Az. 15 U 109/14). Jedoch ist zu beachten, dass ausweislich Art. 69 EPÜ für die Auslegung eines Patentanspruchs die Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind, die die technische Lehre des Patentanspruchs erläutern und veranschaulichen. Nach ständiger Rechtsprechung gilt das nicht nur für die Bestimmung des Schutzbereichs, sondern ebenso für die Auslegung des Patentanspruchs und zwar unabhängig davon, ob diese Auslegung die Grundlage der Verletzungsprüfung oder der Prüfung des Gegenstands des Patentanspruchs auf seine Schutzfähigkeit ist (BGHZ 186, 90 = GRUR 2010, 858 – Crimpwerkzeug III; BGH, GRUR 2012, 1124, 1126 – Polymerschaum). Auch wenn durch das Patent ein Erzeugnis geschützt wird und insofern nach ständiger Rechtsprechung ein absoluter Sachschutz besteht, wobei der Sachschutz alle Funktionen, Wirkungen, Zwecke, Brauchbarkeiten und Vorteile einer Vorrichtung ohne Rücksicht auf den jeweiligen Verwendungszweck umfasst (vgl. BGH, GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II), kann der Inhalt der Patentschrift den Offenbarungsgehalt des Patents gleichwohl begrenzen, wenn der Fachmann der Gesamtheit der Schrift eine engere Lehre entnimmt als diejenige, die (vermeintlich) der Wortlaut eines Merkmals zu vermitteln scheint (vgl. BGH, GRUR 1999, 909, 911 f. – Spannschraube; GRUR 2008, 779, 783 – Mehrgangnabe; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2014, Az. I-2 U 80/13).
103Aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt sich, dass es sich vorliegend – ganz im letztgenannten Sinne – so verhält, dass erfindungsgemäße digitale Eingangsbuffer im Sinne von Merkmal 4.1 im Klagepatent eine Legaldefinition erfahren, welche die eingangs erwähnten Einschränkungen inkludiert (so auch Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 2 f.).
104bb)
105In diesem Zusammenhang vergegenwärtigt der Fachmann sich zunächst die Ausführungen im Rahmen des Absatzes [0002] des Klagepatents, in denen bereits einleitend zum Ausdruck kommt, dass das Klagepatent in bewusster Abkehr zu vorbekannten Lösungen betreffend ICs (insbesondere die pars pro toto im Absatz [0003] ausdrücklich erwähnten Druckschriften) auf jedwede Lösungen mit gemischt analog/digitaler Technologie verzichten möchte (vgl. Sachverständigengutachten Q, S. 5 oben), darunter auch auf jedwede Differenzverstärker (siehe Absatz [0002] a.E. des Klagepatents; vgl. Sachverständigengutachten Q, S. 4, drittletzter Absatz). Diese klagepatentgemäß zwingende Weichenstellung hat zudem ihren Niederschlag im Anspruchswortlaut gefunden, der nämlich eine rein digitale integrierte Schaltung (Merkmal 2.1) postuliert. Letztere Vorgabe erstreckt sich auch auf die digitalen Eingangsbuffer im Sinne von Merkmal 4.1, die anspruchsgemäß nämlich Teil dieser rein digitalen integrierten Schaltung sind (Merkmal 4.1.1).
106aaa)
107In Anknüpfung an diese im Zusammenhang mit vorbekannten Lösungen vom Klagepatent ausgemachten technischen Missstände möchte das Klagepatent ausweislich seiner (subjektiven) Aufgabenformulierung in Absatz [0004] der Klagepatentschrift, die sich auch mit der maßgeblichen objektiven Aufgabe deckt, eine spezifikationsgemäße S/T-Schnittstelle realisieren, wobei der erforderliche Kostenaufwand minimal gehalten werden soll. Nach der im Absatz [0005] des Klagepatents schlagwortartig zusammengefassten Lösung geschieht dies mittels einer rein digitalen integrierten Schaltung mit Hilfe externer Komponenten.
108Erfindungsgemäß werden damit folgende zwingenden Vorteile erzielt (siehe Absatz [0006] und Absatz [0007] des Klagepatents):
109- Die Realisierung rein digitaler integrierter Schaltungen ist einfacher als jene von gemischt analog/digitalen Schaltungen, was vor allem deshalb wichtig ist, weil FPGAs (siehe zu deren Funktionsweise im Detail Sachverständigengutachten Q, S. 9 unten – S. 10, vorletzter Abs.) nicht gemischt analog/digital erhältlich sind; zudem ist der Initialaufwand für ein Gate-Array geringer als für ein Cellbased- oder Mixed-Mode-Design, weil nur wenige Halbleiter-Herstellungs-Masken kundenspezifisch erstellt werden müssen.
110- Die Erfindung ermöglicht es, mit geringem externen Bauteileaufwand eine spezifikationsgemäße S/T-Schnittstelle zu realisieren.
111Auch wenn die vorgenannten Vorteilsangaben unter der direkt hinter dem Absatz [0005] des Klagepatents auftauchenden Überschrift „Ausführungsbeispiel“ festgehalten sind, sind diese zweifelsohne von zwingender Natur: Letzteres wird bereits daran deutlich, dass der Absatz [0006] mit dem bestimmten Pronomen „Dieses …“ klarstellt, dass die Vorteilsangabe auf den unmittelbar davor im Absatz [0005] des Klagepatents vorgestellten allgemeinen Lösungskern rückbezogen ist. Entsprechendes gilt mit Blick auf den Absatz [0007] („geringer externer Bauteileaufwand“), der ersichtlich mit der allgemeinen Aufgabenschilderung im Absatz [0004] („möglichst geringer Kostenaufwand“) korrespondiert. Die betreffenden Vorteilsangaben sind daher trotz ihrer vorgenannten Verortung in der Klagepatentschrift im Rahmen der Schilderung eines „Ausführungsbeispiels“ ausnahmsweise kein Spezifikum dieses einzigen in der Klagepatentschrift dargestellten Ausführungsbeispiels, sondern der Fachmann erkennt ohne Weiteres, dass sie dem eigentlichen Erfindungsgedanken des Klagepatents zwingend immanent sind (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2005, I-2 U 155/00; vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. A. 2014, Rn. 25).
112bbb)
113Der Absatz [0008] des Klagepatents widmet sich nochmals eingehend dem bereits erwähnten, im Stand der Technik verwirklichten Nachteil, dass auf der Empfangsseite ein Differenzverstärker für die Eingangssignale benötigt wird, der über Eingangspins für analoge Signale mit dem Transformator verbunden ist. Die erfindungsgemäße „digitale integrierte Schaltung“ wird alsdann nach Art einer Legaldefinition (vgl. BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig) ausdrücklich dahingehend spezifiziert, dass sie keine Differenzeingänge hat. Mit Blick auf Merkmal 4.1.1 gilt dies damit auch für die digitalen Eingangsbuffer. Stattdessen bedient sich die erfindungsgemäße Lösung – was ausweislich Merkmal 4.2 auch in den Anspruch Eingang gefunden hat und daher ersichtlich ebenfalls keine bloße Option, sondern ein zwingend zu verwirklichendes Lösungselement ist – einer sog. Mittelanzapfung, wobei diese über einen Kondensator wechselspannungsmäßig auf Masse gezogen wird. Die technische Funktion dieser einschränkenden Vorgaben in Bezug auf die digitalen Eingangsbuffer wird anhand der (auf den technischen Lehrinhalt des Merkmals 4.2 bezogenen) ebenfalls als zwingend einzuordnenden Vorteilsangabe im Absatz [0008] des Klagepatents („Hierdurch …“) deutlich: Die erfindungsgemäße Mittelanzapfung gemäß Merkmal 4.2 führt zur Erzeugung nur jeweils zwei gegenphasiger Signale, was eine direkte Erfassung dieser Signale mittels üblicher digitaler Eingangsbuffer erlaubt. Es bedarf dann also auf der Empfangsseite nicht der Verwendung mehrerer Differenzeingänge und auch nicht eines Differenzverstärkers. Der Kern der erfindungsgemäßen Lösung besteht darin, digitale Eingangsbuffer zur Detektierung einer analogen Spannung einzusetzen (Professor Q, Anhörungsprotokoll vom 25.06.2015, S. 3), wobei ein klagepatentgemäßer Eingangsbuffer nur über einen Signaleingang verfügt und kein Differenzverstärker ist (Professor Q, Anhörungsprotokoll vom 25.06.2015, S. 2 f).
114ccc)
115Die klagepatentgemäße allgemeine Funktionsweise der digitalen Eingansbuffer wird schließlich anhand des Absatzes [0009] des Klagepatents näher erläutert: Eingänge einer rein digitalen integrierten Schaltung schalten bei einer von der Versorgungsspannung und Herstellertoleranzen abhängigen Eingangsspannung zwischen log. 0 und log. 1 um, wobei der Umschaltpunkt sehr genau definiert ist: Deshalb führt bereits eine nur geringfügig (wenige Millivolt) höhere Spannung als der Schwellwert zu einer log. 1 und eine nur geringfügig niedrigere Spannung zu einer log. 0. Dank der erfindungsgemäßen Lösung kommt es nicht mehr auf die Differenz zwischen zwei Spannungswerten an, sondern es ist allein der Absolutwert der Eingangsspannung für die ausgegebenen Binärdaten entscheidend.
116In diesem Zusammenhang mag der Klägerin darin zu folgen sein, der Durchschnittsfachmann entnehme dem Absatz [0009] des Klagepatents, dass ein erfindungsgemäßer digitaler Buffer als ein sog. 1-Bit-Analog/Digital-Wandler eingesetzt werde (vgl. auch Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 3, 2. Abs.). Entscheidend ist, dass erfindungsgemäß die Verwendung eines Differenzverstärkers zu unterbleiben hat (vgl. Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 3). Ein digitaler Buffer zeichnet sich vielmehr dadurch aus, dass er seine Ausgangsspannung in Abhängigkeit von der Eingangsspannung schaltet (vgl. Absatz [0009] des Klagepatents). Die von der Klägerin geforderte Betrachtung der digitalen Eingangsbuffer als Wandler analoger Eingangsspannungen steht nicht mit der Funktionsangabe in Absatz [0009] des Klagepatents im Einklang: Der Wandlung analoger Eingangsspannungen können digitale Buffer schon deshalb nicht dienen, da sie mit Werten aus dem „verbotenen Bereich“ (= Werte, die nicht eindeutig log. 0 oder log. 1 zuordenbar sind) nicht definiert umgehen können, wie auch die Klägerin grundsätzlich eingeräumt hat. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, Eingangswerte aus dem „verbotenen Bereich“ würden bei einer erfindungsgemäßen Schaltung erst hinter dem Eingangsbuffer eindeutig verarbeitet, findet das im Klagepatent keine Stütze. Der nicht der logischen 0 oder 1 zuordenbare Spannungsbereich führt zu nicht definierten Zuständen am Ausgang. Es ist nicht ersichtlich, wie Spanungswerte aus dem „verbotenen Bereich“, die hinter den Eingansbuffern undefinierte Werte liefern, wieder zu eindeutigen Werten rekonstruiert werden könnten. Die Betriebsbedingungen üblicher digitaler Eingangsbuffer (vgl. Absatz [0008] des Klagepatents) erfordern am Eingang unstreitig Spannungslevel von über 1,7 Volt (vgl. Anlage B-17). Die nach alledem notwendige Verstärkung kann erfindungsgemäß nicht durch die Eingangsbuffer erfolgen. Es geht klagepatentgemäß vielmehr um von üblichen digitalen Eingangsbuffern benötigte Eingangswerte. Bei Eingangswerten des AMI-Codes von +750 mV kann der digitale Eingangsbuffer keine logische 1 ausgeben, wenn er dafür eine Eingangsspannung von 1,7 V benötigt. Die notwendige Verstärkung überlässt das Klagepatent dem Fachmann, wobei diese indes zwingend extern zu erfolgen hat. Das folgt aus dem Erfordernis einer rein digitalen integrierten Schaltung, die übliche digitale Eingansbuffer verwenden soll. Die Absätze [0011] und [0012] des Klagepatents und der Unteranspruch 3 erläutern rein exemplarisch, wie die notwendige Verstärkung extern umgesetzt werden kann.
117ddd)
118Für die abweichende Auslegung der Klägerin streitet auch nicht ihr (auf Anlage KB-A 2 gestützter) Hinweis, jeder Eingangsbuffer einer digitalen Schaltung diene der Umsetzung eines immer analogen Spannungswertes der Außenwelt in ein digitales (regelmäßig binäres) Signal für die Innenschaltung des Chips, weshalb sich ein digitaler Eingangsbuffer nicht an der Zahl der Eingänge, sondern am chipinternen digitalen Ausgang des Buffers zur digitalen Innenschaltung des Chips manifestiere.
119Dies verkennt, dass das Klagepatent mit seiner (ihm eigenen) Definition eines digitalen Eingangsbuffers nicht nur eine reine Wirkungsangabe, sondern zugleich räumlich-körperliche Vorgaben aufstellt, nämlich in Abgrenzung zum Stand der Technik den Verzicht auf Differenzeingänge und einen Differenzverstärker. Bei räumlich-körperlichen Vorgaben darf die an sich gebotene funktionale Betrachtung aber nicht dazu führen, dass ihr Inhalt auf die bloße Funktion reduziert und das Merkmal in einem Sinne interpretiert wird, der mit der räumlich-körperlichen Ausgestaltung, wie sie dem Merkmal eigen ist, nicht mehr in Übereinstimmung steht, da ansonsten die Grenze zur äquivalenten (also gleichwirkenden) Benutzung überschritten und dem Anspruchsgegner der (im vorliegenden Rechtsstreit auch ausdrücklich von der Beklagten geltend gemachte) potenzielle sog. Formstein-Einwand entzogen würde (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.02.2013, Az. I-2 U 58/11; vgl. Meier-Beck, GRUR 2003, 905, 907).
120Zu widersprechen ist insoweit insbesondere dem Argument der Klägerin, aus Absatz [0008] des Klagepatents dürfe kein genereller Verzicht des Klagepatents auf mehrere Differenzeingänge gefolgert werden: Dieser Absatz beziehe sich auf die Vermeidung eines Differenzverstärkers, so dass Differenzeingänge nach dem Stand der Technik immer im Zusammenhang mit einem solchen zu sehen seien. Das Klagepatent wolle nicht jedwede Schaltung mit Differenzeingängen vermeiden, sondern nur einen analogen Differenzverstärker, der die Differenz der beiden Eingangsspannungen vom Transformator hinter der externen Schaltung verstärke.
121Die Verwendung von Differenzeingängen und eines Differenzverstärkers wird für die Empfangsschaltung erfindungsgemäß vielmehr global abgelehnt. Für irgendwelche Ausnahmen liefert die Klagepatentschrift keine Anhaltspunkte. Die Erfindung will die in vorbekannten Lösungen verwendeten Differenzverstärker bzw. Komparatoren ohne Ausnahme durch digital zu betrachtende Buffer in CMOS Schaltungstechnik ersetzen (Sachverständigengutachten Q, S. 11 unten). Es sollen ihrer Funktion nach rein digital zu betrachtende Eingangsbuffer (typischerweise zwei hintereinander geschaltete CMOS-Inverter) verwendet werden (Sachverständigengutachten Q, S. 16 zu M 4.1).
122Jedwede Schaltung, bei der zwei Differenzeingänge und ein Differenzverstärker als Komponenten der IC zum Einsatz kommen, kann daher auch bei der gebotenen funktionsorientierten Betrachtung jedenfalls nicht wortsinngemäß sein. Es ist eine rein notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung, dass am Ausgang der digitalen Eingangsbuffer letztlich digitale Werte (logisch 1 oder logisch 0) ausgegeben werden. Es kommt daher entgegen der Auffassung der Klägerin für den Begriff des digitalen Eingangsbuffers nicht allein darauf an, dass das Bauteil nach dem Prinzip der digitalen Schaltung arbeitet, das heißt die von ihm bearbeiteten Signale durch zwei Zustände interpretierbar sind und im Ergebnis am Ausgang des Buffers eine logische 1 oder 0 ausgegeben wird. Die analogen Spannungen müssen in einem klar definierten Spannungsbereich bleiben, die dann als logisch 0 oder 1 interpretiert werden, wobei die Betrachtung von Zwischenwerten für eine digitale Schaltung nicht vorgesehen ist (Sachverständigengutachten Q, S. 22 oben). Weil ein digitaler Buffer das Eingangssignal gepuffert an den Ausgang weitergibt, muss er genau einen Eingang und genau einen Ausgang besitzen (Sachverständigengutachten Q, S. 22). Am einzigen Eingang (Sachverständigengutachten Q, S. 24 unten) des digitalen Buffers, der für die externe Schaltung eine hochohmige Last darstellt und eine ausreichende Treiberfähigkeit hat, um nachfolgende interne Logikeingänge anzusteuern, sind nur definierte Spannungsbereiche erlaubt (Sachverständigengutachten Q, S. 24, 2. Abs.).
123cc)
124Auf die zwischen den Parteien umfänglich (insbesondere im Hinblick auf die Anlagen B 17 und B 18) ausgetragene Diskussion der Frage, wie digitale Eingangsbuffer nach dem allgemeinen Fachwissen des Durchschnittsfachmanns ausgestaltet sind, namentlich ob sie mehrere Differenzeingänge und einen Differenzverstärker aufweisen können bzw. dürfen, kommt es in Anbetracht des Vorstehenden nicht an. Selbst wenn die Behauptungen der Klägerin in Bezug auf den Stand des allgemeinen Fachwissens zutreffend wären, ginge die davon abweichende klagepatentgemäße Bedeutung jedenfalls vor (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube; GRUR 2005, 754 – werkstoffeinstückig).
125dd)
126Soweit die Klägerin ihre abweichende Auslegung auf die Figur 2 des Klagepatents zu stützen sucht, verfängt auch das nicht: Zwar trifft es zu, dass die Figur 2 des Klagepatents keinen Transistor oder ein sonstiges externes verstärkendes Element illustriert. Jedoch rechtfertigt dies keineswegs den Umkehrschluss, erfindungsgemäße digitale Eingangsbuffer dürften (zumindest optional) einen Differenzverstärker aufweisen, weil die notwendige Verstärkung dann (mangels extern vorgesehener Verstärkungsmittel) einzig und allein von ihnen geleistet werden könne. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Figur 2, welche in der Klagepatentschrift keine nähere Erläuterung erfährt, sämtliche externen Komponenten illustriert. Sie veranlasst den Fachmann daher nicht zu der Annahme, im diametralen Gegensatz zur betreffenden Kritik des Klagepatents am Stand der Technik und zur allgemeinen Beschreibung im Übrigen dürften die bei der Empfangsschaltung verwendeten digitalen Eingangsbuffer mit einem Differenzverstärker versehen sein.
127Solches käme nur in Betracht, wenn die Figur 2 – wie nicht – im Zusammenhang mit der Empfangsschaltung digitale Eingangsbuffer mit Differenzverstärker ausdrücklich illustrieren würde. Der Fachmann betrachtet die Figur 2 vor diesem Hintergrund unter dem Blickwinkel, dass diese der Illustration anderweitiger erfindungsgemäßer Gegebenheiten dient und es im Übrigen seinem fachmännischen Belieben überlässt, wie er die (stillschweigend vorausgesetzte) externe Verstärkung bewerkstelligt. Ein entsprechender Vorschlag wird ihm anderenorts, nämlich im Unteranspruch 3 und in den Absätzen [0012] und [0013] des Klagepatents unterbreitet.
128ee)
129Soweit die Klägerin geltend macht, die Benutzung digitaler Eingangsbuffer zur Detektierung der analogen Eingangsspannung über oder unter dem Schwellwert sei der „Clou“ des Klagepatents, während die reine Detektierung digitaler Eingangssignale durch Eingangsbuffer nicht neu und auch nicht erfinderisch sei, lässt sie außer Acht, dass ein Patentanspruch nicht nach Maßgabe dessen ausgelegt werden darf, was sich nach Prüfung des Stands der Technik als patentfähig erweist (vgl. BGH, GRUR 2004, 47 – blasenfreie Gummibahn I; BGH, GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum). Insofern ist der Schluss der Klägerin, das Klagepatent wolle einzig auf einen analogen Differenzverstärker, der die Differenz der vom Transformator kommenden Schnittstellensignale verarbeite, verzichten, auch vor diesem Hintergrund unberechtigt.
130ff)
131Vorstehendes anhand der Auslegung des Klagepatents gewonnenes fachmännische Verständnis von erfindungsgemäßen „digitalen Eingangsbuffern“ wird auch durch weitere Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Professor Q belegt (vgl. Sachverständigengutachten Q, S. 21 f.), wobei der Sachverständige im Anhörungstermin auf entsprechende Nachfrage ausdrücklich bestätigt hat, dass diese nicht etwa nur für Ausgangs-, sondern auch für Eingangsbuffer uneingeschränkte Geltung beanspruchen (Professor Q, Anhörungsprotokoll vom 25.06.2015, S. 3 Mitte):
132Ein erfindungsgemäßer Eingangsbuffer isoliert die Signalquelle von der elektrischen Last, d.h. von der nachfolgenden Schaltung. Ein Buffer ist immer dann notwendig, wenn die Signalquelle nicht in der Lage ist, einen Strom zu liefern, der ausreicht, um die Last zu treiben. Das Prinzip eines digitalen Buffers wird anhand Bild 17 des gerichtlichen Sachverständigengutachtens erkennbar:
133Ein digitaler Buffer reicht sein Eingangssignal unverändert an den Ausgang weiter (Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 4). Ein digitaler Buffer hat ein Eintakt-Ein- bzw. auch ein Eintakt-Ausgangssignal und verfügt daher über keinen differentiellen Ein- bzw. Ausgang. Ein Buffer hat die Eigenschaft, eine höhere Last treiben zu können als die Quelle, die seinen Eingang treibt (sog. Fan-Out: Sachverständigengutachten Q, S. 21, vorletzter Absatz).
134gg)
135Das Privatgutachten der Klägerin (Anlage KA-PG, insbesondere S. 10, unter 4.4 und 4.5; vgl. auch 4.8, 4.9 und 6.6) gibt bereits deshalb keinen Anlass zu einer abweichenden Auslegung des technischen Sinngehalts des klagepatentgemäßen Begriffs „digitaler Eingangsbuffer“, weil die betreffenden Ausführungen – was patentrechtlich verfehlt ist – losgelöst von der ihr eigenes Lexikon beinhaltenden Klagepatentschrift erfolgen (vgl. insbesondere KA-PG, S. 14 unter 5.9). Sie laufen basierend auf dieser verfehlten Weichenstellung auf das – oben schon abgelehnte – Ergebnis hin, jedwedes Schaltelement, welches zu einer Ausgabe eines diskreten Wertes am Ausgang führt, sei ein digitaler Eingangsbuffer.
136b)
137Auf der Basis des vorgenannten technischen Sinngehalts des Begriffs „digitaler Eingangsbuffer“ lässt sich eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals 4.1 des Anspruchs 1 durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht tatrichterlich feststellen.
138aa)
139Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz weitere Geräte in den Rechtsstreit eingeführt und als patentverletzend angegriffen hat, ist die damit verbundene Klageänderung gemäß § 533 ZPO zulässig, weil die Zulassung wegen der Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits sachdienlich ist und die Klageänderung – wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt – nicht auf neue, entscheidungserhebliche Tatsachen gestützt wird.
140Streitgegenständlich sind daher sämtliche Ausführungsformen, die die Klägerin in der Anlage KA-Fotos 3 zusammenfassend aufgeführt hat. Diese sind – ausgehend vom Sachvortrag der Parteien – hinsichtlich ihrer Sendeschaltung technisch weitgehend identisch und entsprechen den näher erläuterten Versionen „K L“ und „K M“. Die Klägerin hat mittels dieser Versionen die angegriffene Schaltung unter anderem durch Vorlage eines extrahierten Stromlaufplans (Anlage A.M2b) sowie des vereinfachten IOB-Diagramms (Anlage A.M3a) beispielhaft erläutert; die Beklagte hat ihrerseits einen Schaltplanauszug für die „K M“ (Anlagen B-12) vorgelegt.
141Soweit die Beklagte einwendet, bei zahlreichen Geräten, von denen die Klägerin in der Anlage KA-Fotos 3 Lichtbilder vorgelegt hat, werde ein „völlig anderes Schaltungskonzept“ verfolgt, ist dieser Einwand unerheblich. Trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats hat die Beklagte nicht konkret zu dem vermeintlich anderen Schaltungskonzept vorgetragen. Auch der Verweis darauf, dass bei dem als Nr. 43 in der Anlage KB-Fotos 3 gezeigten Gerät kein FPGA, sondern ein Mixed-Mode Chip zum Einsatz komme, trägt ohne weitere Erläuterungen, welche Unterschiede sich daraus im Hinblick auf das Klagepatent ergeben sollen, nicht.
142Die nachfolgenden tatrichterlichen Feststellungen gelten folglich für sämtliche angegriffenen Ausführungsformen gemäß Anlage KA-Fotos 3.
143bb)
144Die Klägerin hat im Rahmen ihres Hauptvorbringens den Beklagtenvortrag, wonach in den angegriffenen Ausführungsformen LVDS-Zellen zur Anwendung gelangten, als zutreffend unterstellt und insoweit den rechtlichen Standpunkt eingenommen, auch dann sei das Merkmal 4.1 wortsinngemäß erfüllt. Jedoch vermochte der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht die diesbezüglich erforderliche Überzeugung im Sinne von § 286 ZPO zu gewinnen:
145Nach der Behauptung der Klägerin zeichnen sich LVDS-Zellen bzw. – wie die Klägerin sie bezeichnet und diese Terminologie als üblich betrachtet – „LVDS-Buffer“, die in den angegriffenen Ausführungsformen zur Anwendung kommen sollen, durch Folgendes aus:
146Während bei einem vorbekannten Differenzverstärker ein linearer (analoger) Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangssignal (vgl. Anlage KB-A 4) vorhanden sei, komme es bei LVDS-Buffern wie in den angegriffenen Ausführungsformen zu keiner Verstärkung eines analogen Signals vom Transformator. Dies ergebe sich aus Anlage K-A-4: Wie das Oszilloskop-Bild gemäß Anlage KB-A 5 zeige, sei die Spannung C (blau) konstant im Gegensatz zu den beiden von der Mittelanzapfung des Transformators gebildeten S/T-Signalen (gelb, rot). Der erfindungsgemäße Eingangsbuffer werde also durch einen LVDS-Buffer ersetzt, der an dem Minus-Eingang mit einer Festspannung belegt sei. Die identische Funktion gehe aus Anlage KB-A 6 hervor: Während beim normalen digitalen Eingansbuffer die Schwellspannung durch den Herstellungsprozess und die Betriebsspannung Ub bestimmt sei, sei beim differentiellen digitalen Buffer (z.B. LVDS) die Schwellspannung durch die am Minus-Eingang anliegende Spannung definiert.
147Bei der Schaltung der Beklagten sei kein Differenzverstärker vorhanden, der die Differenz der beiden von der S/T-Schnittstelle kommenden Signale verstärke (vgl. Anlage KB-A 3): Ein differenzieller Eingangsbuffer wie ein LVDS-Buffer verstärke zwar die Differenz der Eingangsspannungen, jedoch entstehe daraus kein analoges Signal, da durch die Verstärkung der sog. Bereich 2 (Übergangsbereich, in dem Zuordnung zu 0 oder 1 schwierig ist), sehr klein sei. Einen differenziellen Eingangsbuffer sehe der Fachmann daher als Spannungsvergleicher, der in Abhängigkeit von der Eingangsspannung eine 0 oder 1 am Ausgang erzeuge. Das sei ein typisch digitales Verhalten. Der Verlauf der Ausgangsspannung entspreche auch genau dem Verlauf eines digitalen Eingangsbuffers. Im Übrigen sei die Identität der Funktion der LVDS-Zellen in den angegriffenen Ausführungsformen mit dem von der Beklagten argumentativ herangezogenen TI IAP PROJECT Buffer nicht nachgewiesen. Ein LVDS-Buffer verfüge nicht über einen Komparator, sondern wirke insgesamt in der Schaltung der Beklagten nur so. Einen analogen Buffer mit digitalem Ausgang kenne der Fachmann nicht. Der aufwändigere Aufbau sei patentrechtlich unerheblich.
148LVDS-Buffer mit einer Festspannung am negativen Eingang verhielten sich identisch wie digitale Eingangsbuffer. Sie verfügten über nur einen Signaleingang und erzeugten ein digitales Signal an ihrem Ausgang. Ihre Verwendung sei in einem O-N FPGA ohne Aufpreis möglich.
149Die LVDS-Buffer verglichen einzig und allein das Signal einer Transformatorhälfte mit einer Festspannung (vgl. blaue Linie in Anlage KB-A-6), wobei letztere der Schwellspannung eines normalen Eingangsbuffers entspreche. Die LVDS-Buffer hätten nur genau einen wirklichen Signaleingang und digitalisierten das Eingangssignal einzig aufgrund des Schwellwertes (= 1-Bit A/D-Wandler; vgl. Anlage KB-A-7). Es liege eine wortsinngemäße Verletzung vor, weil kein analoger Differenzverstärker zum Einsatz komme und auf die Auswertung der Differenz der Eingangssignale von der Schnittstelle verzichtet werde.
150cc)
151Vorstehende Argumentation der Klägerin überzeugt nicht.
152aaa)
153Bezeichnenderweise führt sie selbst wörtlich aus, dass LVDS-Buffer „keine üblichen digitalen Buffer“ sind. Nimmt man die Klägerin beim Wort, scheidet eine wortsinngemäße Verletzung schon deshalb – ohne weitere Prüfung der detaillierten Ausgestaltung und der Funktionsweise – aus. Denn Absatz [0009] des Klagepatents sieht gerade vor, dass Signale direkt gerade durch übliche digitale Buffer erfasst werden.
154bbb)
155Aber auch im Übrigen verbietet es sich, LVDS-Zellen als erfindungsgemäße digitale Buffer einzustufen: Diese werden in den angegriffenen Ausführungsformen als differenzielle Eingangsstufen verwendet, die als Komparatoren arbeiten und somit als mixed-signal Schaltungsblöcke zu betrachten sind (Sachverständigengutachten Q, S. 26)). Sie verfügen über Differenzverstärker mit Differenzeingängen und können deshalb nicht dem Wortsinn nach als „digitale Eingangsbuffer“ im Sinne von Merkmal 4.1 eingeordnet werden.
156Die angegriffenen Ausführungsformen sind eine Schaltungsrealisierung, die derjenigen des (nicht gewürdigten) Standes der Technik gemäß dem US Patent 4,584,690 entspricht. Es werden Differenzverstärker (hier in Gestalt der LVDS-Zellen) als Komparatoren verwendet (Sachverständigengutachten Q, S. 27 zu Frage 2.). Wie oben im Einzelnen erläutert worden ist, liegt dem Klagepatent die zwingende Vorstellung zugrunde, dass Differenzverstärker und mehrere Differenzeingänge erfindungsgemäß nicht Bestandteil der rein digitalen integrierten Schaltung sein dürfen.
157Eine LVDS-Zelle ist primär eine analoge Schaltung, die den Anforderungen des LVDS-Standards bzgl. der auftretenden Spannungsverläufe und der maximal zur verarbeitenden Frequenz der Eingangssignale genügen muss. Zwar stellt der gesamte I/O-Block des Spartan3 FPGAs am Ausgang ein digitales Signal für die interne Weiterverarbeitung zur Verfügung, so dass eine LVDS-Zelle somit auch das empfindliche Eingangssignal von dem internen Ausgangsignal isoliert (weshalb LVDS-Zellen im „Labor-Jargon“ auch als LVDS-Buffer bezeichnet werden): Jedoch beruht dieses Ergebnis auf dem Umstand, dass die LVDS-Zellen in den angegriffenen Ausführungsformen als Differenzverstärker bzw. Komparator fungieren. Daher stellen sie keine digitalen Eingangsbuffer im Sinne des Klagepatents dar (Sachverständigengutachten Q; S. 27 unten f.). Wie in Abschnitt A.2 des gerichtlichen Sachverständigengutachtens dargestellt, führt die Gleichtaktunterdrückung der Eingangsdifferenzstufe der LVDS-Zelle zu der notwendigen Isolierung zwischen dem Analogteil und dem Digitalteil des A/D-Wandlers.
158Dass LVDS-Zellen zwingend Differenzverstärker mit Differenzeingängen aufweisen, lässt sich neben der englischen Terminologie „Low Voltage Differential Signaling“ anhand der beiden folgenden (verkleinert wiedergegebenen) Abbildungen (Bilder 23 und 24 des Sachverständigengutachtens Q, S. 29) nachvollziehen.
159Die beiden vorstehenden Abbildungen sind repräsentativ für die Realisierung von LVDS-Eingangszellen (Sachverständigengutachten Q, S. 30 oben): Sie weisen zwei Eingangsknoten auf, die jeweils den Differenzeingang eines analogen Differenzverstärkers bilden. LVDS-Zellen werden als analoge Schaltkreise entwickelt, da ihnen die Aufgabe zukommt, ein Eingangssignal mit niedrigem Signalhub in ein digitales Ausgangssignal umzusetzen. Die primäre Funktion der LVDS-Zelle liegt zunächst in einer Verstärkung des Signals in einer Eingangsdifferenzstufe (in obigen Abbildungen verkörpert durch die Transistoren M1 und M2, wobei in Bild 24 durch die Transistoren M7 und M8 eine zweite Differenzstufe mit Differenzverstärkung gebildet ist). Der Vorgang der Signalumsetzung lässt sich schematisch wie folgt mittels der auf S. 30 des gerichtlichen Sachverständigengutachtens eingeblendeten Abbildung (= Fig. 2 der Berufungsbegründung der Klägerin) wiedergeben:
160Wie oben bereits erläutert, ist der Klägerin in ihrer Annahme, das Klagepatent wolle sich allein von „analogen Differenzverstärkern“ abgrenzen, zu widersprechen. Unabhängig davon entspricht es entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns, dass die angegriffenen Ausführungsformen einen „differentiellen (digitalen) Eingangsbuffer“ besäßen. Der Durchschnittsfachmann sieht in der obigen Abbildung vielmehr einen Komparator mit analogem Differenzeingang und digitalem Ausgang: Ein Differenzeingang bzw. differentieller Eingang erfordert technisch immer mindestens einen Differenzverstärker (Sachverständigengutachten Q, S. 30 unten). Selbst wenn der Klägerin ggf. darin zu folgen wäre, dass sich damit dieselbe Wirkung wie bei einem digitalen Eingangsbuffer einstellt, entspricht es jedenfalls der räumlich-körperlichen Vorgabe des Merkmals 4.1, dass gerade ein digitaler Eingangsbuffer (ein Schaltelement ohne Differenzeingänge und Differenzverstärker) zu verwenden ist.
161bbb)
162Der Klägerin ist es auch nicht gelungen, anhand der von ihr vorgenommenen Messungen an den Knotenpunkten A, B und C (vgl. S. 14 der Berufungsbegründung und nachfolgend eingeblendetes Bild 26 des gerichtlichen Sachverständigengutachtens) nachzuweisen, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen mittels der LVDS-Zellen keine Differenzverstärkung stattfinde.
163Die Spannungshübe an den Knotenpunkten A und B liegen bei ca. 375mV, mithin bei der halben Pulsspannung (750mV) des AMI-Codes auf der ISDN-Leitung. Zwar bestätigt der gerichtliche Sachverständige, dass der weitere Knotenpunkt C auf einer festen Vergleichsspannung bzw. Entscheidungsschwelle liegt (Sachverständigengutachten Q, S. 31, 1. Abs.). Gleichwohl verhält es sich so, dass die LVDS-Zellen in einem ersten Schritt die Differenz der Spannungen zwischen den Knoten A und C sowie B und C bilden. Alsdann werden diese Differenzspannungen einer hohen Verstärkung zugeführt. Dadurch wird der Ausgang einer inneren letzten differentiellen Stufe in die Begrenzung (d.h. positiv oder negativ) getrieben (Sachverständigengutachten Q, S. 31, 1. Abs.). Mittels der als Komparator wirkenden LVDS-Zelle wird schließlich die Information der positiven oder negativen Begrenzung in ein logisches Eintakt-Ausgangssignal in Form einer logischen „0“ oder „1“ umgesetzt. Dies stellt für den Durchschnittsfachmann eine Differenzverstärkung dar (Sachverständigengutachten Q, S. 31, 1. Abs.). Zu diesem Zwecke weist eine LVDS-Zelle einen differentiellen Signaleingang auf, der physikalisch aus zwei signalführenden Leitungen besteht, wobei das Signal der Differenz der Spannungen der beiden signalführenden Leitungen entspricht.
164Wie der Sachverständige überdies überzeugend erläutert hat, besteht eine LVDS-Zelle aus analogen Bestandteilen: Es werden (vgl. die obigen Bilder 23 und 24) Stromquellen benötigt, die auf dem Halbleiterchip mit analoger Schaltungstechnik realisiert werden müssen.
165ccc)
166Ebenso wenig verfängt das klägerische Argument, wonach LVDS-Buffer einzig und allein das Signal einer Transformatorhälfte mit einer Festspannung (vgl. blaue Linie in Anlage KB-A-6) verglichen, wobei letztere der Schwellspannung eines normalen Eingangsbuffers entspreche. Die Klägerin meint, damit hätten die LVDS-Buffer nur genau einen „wirklichen“ Signaleingang und digitalisierten das Eingangssignal einzig aufgrund des Schwellwertes (= 1-Bit A/D-Wandler; vgl. Anlage KB-A-7). Auf die Auswertung der Differenz der Eingangssignale von der Schnittstelle werde verzichtet.
167Die Klägerin übersieht hier, dass gleichwohl analoge Signale an zwei körperlich vorhandene Differenzeingänge gelangen, so dass – siehe oben – eine räumlich- körperliche Vorgabe des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht gewahrt ist. Ferner kommt es zur erfindungsgemäß abgelehnten Verstärkung eines analogen Signals durch die LVDS-Zellen. In den angegriffenen Ausführungsformen gibt es am Eingang einen Differenzverstärker, wobei die Gleichtaktunterdrückung ausgenutzt wird, die bei einem einfachen Buffer mit einem Eingang nicht vorhanden ist. Es sind zwingend zwei Eingänge für den differenziellen Eingang notwendig. Zwar ist dies für die technische Funktion der Differenzstufe unerheblich, weil diese extern einen anderen Bezugspunkt hat, jedoch liegt ein technisch abweichendes Wirkkonzept vor (Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 3 f.), das – wie erwähnt – den räumlich-körperlichen Vorgaben des Klagepatents zuwiderläuft.
168ddd)
169Soweit die Klägerin meint, eine LVDS-Zelle sei insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zumindest eine Serienschaltung von LVDS Eingangsstufe und digitalem Eingangsbuffer verwende, als digitaler Buffer einzuordnen, vermag sich der Senat auch dem nicht anzuschließen.
170LVDS-Zellen sollen ein LVDS-Signal puffern, d.h. das Ausgangssignal wiederum in den gleichen Spannungspegeln zur Verfügung stellen, was nicht durch einen nachgeschalteten CMOS Inverter geschehen kann: Regelmäßig würde in einem FPGA nach einer LVDS-Zelle, nachdem die digitale Information detektiert und aufbereitet wurde, ein CMOS folgen, um die restlichen oder die internen weiteren Chipteile treiben zu können, um das Signal weiterleiten zu können (Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 4 f.).
171Zwar wird der LVDS-Standard durchaus zur schnellen Übertragung digitaler Signale verwendet. Jedoch ist dafür auch eine differenzielle Signalführung notwendig und es ist (konträr zum Merkmal 4.2) prinzipbedingt keine Gleichtaktunterdrückung vorhanden (vgl. Professor Q, Anhörungsprotokoll, S. 6).
172eee)
173Zusammengefasst fehlt es aufgrund des Einsatzes von LVDS-Zellen in den angegriffenen Ausführungsformen an digitalen Eingangsbuffern im Sinne von Merkmal 4.1, weil LVDS-Zellen – was erfindungsgemäß gerade abgelehnt wird – Differenzeingänge und Differenzverstärker aufweisen. Dies lässt das Privatgutachten der Klägerin, das (wie oben ausgeführt) auf einer rechtlich unzutreffenden Auslegung beruht, außer Acht (vgl. KA-PG, S. 10 unten f.)
174b)
175Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen den Anspruch 1 des Klagepatents auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.
176Als Austauschmittel für die anspruchsgemäß vorgesehenen „digitalen Eingangsbuffer“ gibt die Klägerin die Verwendung von „LVDS-Buffern“ an.
177aa)
178Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag wegen einer äquivalenten Patentverletzung nicht um eine Klageänderung in der Berufungsinstanz, die am Maßstab der §§ 533, 263 ZPO zu messen wäre. Vielmehr handelt es sich bei wortsinngemäßer und äquivalenter Patentverletzung um einen einheitlichen Streitgegenstand (BGH, GRUR 2012, 485 Rohreinigungsdüse II). Deswegen geht auch die isoliert auf den Vorwurf einer äquivalenten Patentverletzung bezogene (hilfsweise) Verjährungseinrede fehl.
179bb)
180Dahinstehen kann, ob die Klägerin ausschließlich in Bezug auf den Vorwurf einer äquivalenten Verletzung in zweiter Instanz neue, streitige Tatsachen vorgetragen hat, die nach §§ 529, 531 ZPO nicht zulassungsfähig sind. Unabhängig davon ist der Hilfsantrag selbst dann nicht erfolgreich, wenn alle Tatsachenbehauptungen der Klägerin berücksichtigt werden.
181cc)
182Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung äquivalente Lösung in Betracht zu ziehen und damit nach dem Gebot des Artikels 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (st. Rspr. des BGH; vgl. BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffhohlprofil; BGH, GRUR 2007, 510 – Kettenradanordnung; BGH, GRUR 2007, 1059 – Zerfallzeitmessgerät; BGH, GRUR 2011, 313 - Crimpwerkzeug IV; BGH, GRUR 2015, 361 – Kochgefäß; vgl. OLG Düsseldorf, BeckRS 2013, 12504 – Chipkarte, unter B. 3.; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185 – WC-Sitzgelenk; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2014 – 15 U 16/14).
183Es kann dahinstehen, ob das klägerseits angeführte Austauschmittel objektiv gleichwirkend und naheliegend ist. Jedenfalls fehlt es an der Erfüllung des dritten Kriteriums:
184Für eine äquivalente Patentbenutzung ist es erforderlich, dass die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass er die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine dieser technischen Lehre äquivalente Lösung in Betracht zieht (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185 – WC-Sitzgelenk m. w. N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.07.2014 – 15 U 29/14; Kühnen, aaO, Rn. 93 m. w. N.; Rinken/ Kühnen in: Schulte, aaO, § 14 Rn. 65 m. w. N.). Dabei bildet der Patentanspruch in allen seinen Merkmalen nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns (BGH, GRUR 1989, 903 – Batteriekastenschnur; BGH, GRUR 2002, 519 – Schneidmesser II; BGH, GRUR 2002, 527 – Custodiol II; BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185 – WC-Sitzgelenk). Es reicht nicht aus, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens eine Lehre als technisch sinnvoll und gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt. Die angegriffene Ausführungsform muss vielmehr zudem in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH, GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung). Bei alldem ist der Patentinhaber an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen (BGHZ 150, 161 – Kunststoffrohrteil).
185Dafür wäre es notwendig, dass die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass er die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine dieser technischen Lehre äquivalente Lösung in Betracht zieht (BGH, GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH, GRUR 2011, 701 – Okklusionsvorrichtung; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185 – WC-Sitzgelenk m. w. N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.07.2014 – 15 U 29/14).
186Die Argumente der Klägerin, weshalb vorstehende Anforderungen erfüllt seien, verfangen nicht. Sie meint: Angesichts eines funktionsidentischen Ersatzes ohne Mehrkosten sei dem Fachmann klar, dass es sich um einen gleichwertigen Ersatz handele. Der Fachmann müsse sich insoweit nicht vom Sinngehalt der technischen Lehre lösen. Die digitalen Eingansbuffer hätten einzig den Zweck, eine analoge Eingangsspannung in eine logische 1 bzw. in eine 0 umzuwandeln, wie dies im Absatz [0009] des Klagepatents beschrieben sei. Dafür dürfe er auch eine Ausführung, die nichts anderes als die Funktion eins einfachen digitalen Buffers realisiere, wählen.
187Diese Argumentation der Klägerin läuft – was der Verwirklichung des dritten Kriteriums entgegen steht – darauf hinaus, die Sinnhaftigkeit der vom Patent gegebenen technischen Lehre in ihrer sachlichen Berechtigung (wieder) infrage zu stellen (vgl.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.09.2013, Az.: I-2 U 23/13, BeckRS 2013, 18749):
188Sie setzt sich nämlich darüber hinweg, dass das Klagepatent in Abgrenzung zum Stand der Technik vorbekannte Lösungen mit Differenzverstärkern ausdrücklich ablehnt. Diesbezüglich wird auf die betreffenden Ausführungen zur Auslegung im Rahmen der Prüfung einer wortsinngemäßen Patentverletzung Bezug genommen. Diese erfindungsgemäße Grundentscheidung, auf der die technische Lehre des Klagepatents letztlich basiert, darf nicht mittels der Rechtsfigur der äquivalenten Patentverletzung wieder rückgängig gemacht werden. Der Fachmann müsste sich dazu vollständig von der im Anspruch unter Schutz gestellten Lehre lösen (vgl. BGH, GRUR 1991, 444 – Autowaschvorrichtung; GRUR 1993, 886, 889 – Weichvorrichtung I; GRUR 1999, 909, 914 ‑ Spannschraube). Weil differenzielle Eingänge und ein Differenzverstärker bei LVDS-Zellen zum Einsatz kommen, betrachtet der Fachmann diese bei der gebotenen Orientierung am Patentanspruch 1 gerade nicht als sinnvolle Alternative zu den im Anspruch vorgeschlagenen digitalen Eingangsbuffern (vgl. BGH, GRUR 1991, 444 – Autowaschvorrichtung; vgl. GRUR 1991, 744, 746 – Trockenlegungsverfahren; vgl. GRUR 2002, 527, 531 – Custodiol II).
189Das Privatgutachten der Klägerin (Anlage KA-PG, S. 16 unter Punkt 8.) gibt keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Würdigung: Dieses setzt sich allgemein nur sporadisch mit der Frage der Äquivalenz auseinander und nimmt zum dritten Kriterium überhaupt keine Stellung.
190Dahinstehen kann damit, ob der hilfsweise von der Beklagten vorgebrachte Formstein-Einwand begründet wäre.
191c)
192Auch soweit die Klägerin weiter hilfsweise (indes ohne Benennung konkreter Schaltungskomponenten, vgl. insbesondere den Beweisantritt in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2015) geltend macht, die angegriffene Schaltung nutze einen einfachen (single ended) digitalen Eingangsbuffer, hat die Berufung keinen Erfolg.
193Grundsätzlich hat im Verletzungsprozess der Kläger alle anspruchsbegründenden Sachverhaltselemente darzulegen, also auch die Tatsachen, in denen die Benutzung des geschützten Gegenstands besteht. Der Beklagte muss ihm diese Darlegung grundsätzlich nicht erleichtern. Anderes gilt nur, wenn und soweit den Beklagten gemäß § 138 Abs. 2 ZPO eine sekundäre Darlegungslast trifft. Eine solche Verpflichtung zur Spezifizierung von Tatsachen kann sich ergeben, wenn und soweit diese Informationen der mit der Darlegung und Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne Weiteres möglich als auch zumutbar erscheint (BGH, WRP 2009, 1394 – MP3-Player-Import; BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; BGH, GRUR 2006, 313 – Stapeltrockner; BGH, GRUR 2004, 268 - Blasenfreie Gummibahn II; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn. 116; Cepl/Voß/Nielen, ZPO, § 139 Rn. 29, 32). Unabhängig von der Frage, ob sich die Klägerin in der entsprechenden Beweisnot befindet, hat die Beklagte jedenfalls einer ihr obliegenden sekundären Darlegungslast Genüge getan. Sie hat einen Schaltplanauszug der „K M“ vorgelegt (Anlage B-12) und substantiiert unter Angabe der vorhandenen und aktivierten Komponenten vorgetragen, wie die angegriffene Schaltung konfiguriert ist.
194Davon ausgehend hätte die Klägerin gemäß dem Hinweis zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2015 (S. 25) konkret angeben müssen, dass und inwiefern die genutzte Schaltung tatsächlich von der Darstellung der Beklagten abweicht. Das ist im Hinblick auf die Komponente der digitalen Eingangsbuffer im Sinne von Merkmal 4.1 nicht geschehen. Daher lässt sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen, dass Merkmal 4.1 bei der hilfsweise geltend gemachten Schaltung erfüllt ist.
195Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass in den angegriffenen Ausführungsformen tatsächlich LVDS-Zellen, die (siehe oben) unter keinem patentrechtlichen Aspekt digitale Eingangsbuffer im Sinne von Merkmal 4.1 darstellen, zur Anwendung gelangen.
196In diesem Zusammenhang ist auch im vorliegenden Verfahren zu beachten, dass in dem gleichzeitig vor dem Senat mündlich verhandelten parallelen Rechtsstreit zwischen den Parteien mit dem Az. 15 U 3/14 die Klägerin nicht nur die Existenz der im dort als Anlage B-4 vorgelegten Stromlaufplan aufgeführten externen Komponenten, sondern darüber hinaus die dort dargestellte externe „Beschaltung“ als richtig zugestanden hat. Dieses Vorbringen lässt sich nur so verstehen, dass die betreffenden Komponenten konfiguriert sind und bei der angegriffenen Schaltung genutzt werden, zumal die Klägerin bis zuletzt nie etwas anderes behauptet hat. Legt man dies zugrunde, wird indes zur Umwandlung der analogen Eingangssignale in digitale Werte zwingend ein Schaltungsteil mit differentiellen Eingängen verwendet. Denn die Außenbeschaltung des Schaltplans zeigt, dass der Innenbeschaltung (rechts von der gestrichelten Linie) über zwei Spannungsleitungen einerseits die Eingangsspannung (Analog Input) zugeführt wird und andererseits die Referenzspannung VREF. Diese Ausgestaltung ergibt bei einem Delta-Sigma A/D-Wandler technisch nur einen Sinn, wenn in dem sich anschließenden Bauteil zur Umwandlung der analogen Eingangsspannung in digitale Werte die Spannungswerte der analogen Eingangsspannung und der externen Referenzspannung miteinander verglichen werden, um die binären Werte 0 oder 1 auszugeben. In diesem Sinne hat der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Anhörung einleuchtend dargelegt, die Ausgestaltung der externen Beschaltung lasse den Rückschluss zu, dass eine LVDS-Zelle konfiguriert sei, weil andernfalls die Vorgabe eines externen Differenzpotentials für den zweiten Eingang der LVDS-Zelle technisch sinnlos sei. Dementsprechend sind sie nach seinen Ausführungen im dortigen Gutachten vom 17.12.2012 notwendige Bestandteile des analogen Frontends der angegriffenen Ausführungsformen (Sachverständigengutachten im Parallelverfahren 15 U 3/14, S. 28). Dies zugrunde gelegt, ist die Behauptung der Klägerin, es werde – mit der externen Beschaltung gemäß der Anlage B-4 im genannten Parallelverfahren – ein einfacher digitaler Eingangsbuffer benutzt, jedoch nicht nachvollziehbar und damit unschlüssig. Das gilt umso mehr, als sich weder aus ihrem Sachvortrag noch den vorgelegten Schaltplänen und Unterlagen konkrete Anhaltspunkte für eine tatsächliche Benutzung von digitalen Eingangsbuffern mit einem Eingang ergeben. Dementsprechend ist selbst der Privatgutachter der Klägerin – ohne insoweit Zweifel anzumelden – in seinen Gutachten (jeweils Anlage KA-PG) in beiden Verfahren (dem vorliegenden wie auch dem genannten Parallelverfahren) von einer Verwendung von LVDS-Zellen, die dort als „LVDS-Buffer“ bezeichnet werden, ausgegangen.
197d)
198Das gerichtliche Sachverständigengutachten leidet entgegen der Ansicht der Klägerin nicht daran, dass der gerichtliche Sachverständige nicht der „relevante Fachmann“ sei. Wie der 2. Zivilsenat bereits im Beschluss vom 27.05.2013 im Einzelnen ausgeführt hat, steht es der Eignung des Sachverständigen Professor Dr. Q nicht entgegen, dass er selbst nicht exakt dem Durchschnittsfachmann entspricht.
199Der „Durchschnittsfachmann“ ist nicht mit einer tatsächlich existierenden Person gleichzusetzen, sondern fiktiv. Patentschriften richten sich an alle Fachleute (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGH, GRUR 1998, 1003 – Leuchtstoff). Eine dem Gebot der Rechtssicherheit genügende einheitliche inhaltliche Erfassung einer patentierten Erfindung wäre auf der Grundlage individueller Kenntnisse und Fähigkeiten auch gar nicht möglich. Fachmännisches Denken, Erkennen und Vorstellen wird deshalb bemüht, um mit dem auf dem betreffenden Gebiet der Technik üblichen allgemeinen Fachwissen sowie den durchschnittlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten der dort tätigen Fachwelt und dem hierdurch geprägten sinnvollen Verständnis vom Inhalt einer Lehre zum technischen Handeln eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu haben (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung). Demzufolge genügt es, dass ein gerichtlicher Sachverständige mindestens über die Kenntnisse des Durchschnittsfachmanns verfügt und dem Gericht diejenigen objektiven technischen Gegebenheiten vermittelt, mit denen ein technischer Fachmann durchschnittlichen Könnens im Prioritätszeitpunkt versehen war und sich dem Verständnis des Patentanspruchs genährt hat (BGH, GRUR 2006, 314 – Stapeltrockner; Kühnen, a.a.O., Rn. 73, 2749).
200Der Sachverständige Prof. Dr. Q erfüllt diese Anforderungen, wie der 2. Zivilsenat ebenso in dem Beschluss vom 27.05.2013 eingehend erläutert hat. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf diesen Beschluss Bezug genommen. Das gegen den Sachverständigen gerichtete Befangenheitsgesuch der Klägerin ist ferner mit weiterem Beschluss des 2. Zivilsenats vom 27.05.2013 rechtskräftig zurückgewiesen worden.
201e)
202Wie sich bereits aus den Ausführungen unter c) ergibt, ist kein (weiteres) Sachverständigengutachten nach Vorlage des HDL-Quellcodes durch die Beklagte zu der Frage „Welche Eingangsbuffer sind für die ISDN-Schnittstelle in den N FPGAs der Beklagten konfiguriert?“ gemäß dem „Hilfsantrag“ in der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2015 einzuholen.
203Einer ergänzenden Beweisaufnahme bedarf es nicht, weil die Klägerin (wie oben erläutert) trotz entsprechenden Hinweises des Senats zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2015 (dort S. 25) nicht schlüssig vorgetragen hat, dass tatsächlich ein Eingangsbuffer verwendet wird, der nicht über differentielle Eingänge und nicht über einen Differenzverstärker verfügt. Bei dieser Sachlage würde eine Beweiserhebung auf eine unzulässige reine Ausforschung hinauslaufen.
204f)
205Ferner ist nicht die von der Klägerin begehrte Vorlage des HDL-Quellcodes anzuordnen, weder nach § 140c PatG noch gestützt auf § 142 ZPO.
206Nach § 142 ZPO darf in einem Patentverletzungsprozess die Vorlage einer Urkunde angeordnet werden, wenn ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit für eine Schutzrechtsverletzung spricht und wenn die Vorlage zur Aufklärung des Sachverhalts geeignet und erforderlich sowie auch unter Berücksichtigung der rechtlich geschützten Interessen des zur Vorlage Verpflichteten verhältnismäßig und angemessen ist (BGH, GRUR 2013, 316 – Rohrmuffe; BGH, GRUR 2006, 962 – Restschadstoffentfernung; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 140c Rn. 90). Hierbei ist die vor Inkrafttreten von § 140c PatG entwickelte Rechtsprechung zu § 809 BGB (insbesondere BGH, GRUR 2002, 1046 – Faxkarte) zu berücksichtigen. Die Rechtslage nach Inkrafttreten des § 140c PatG weicht materiell weder zu Lasten des Schutzrechtsinhabers noch des mutmaßlichen Verletzers vom früheren Rechtszustand nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ab (BGH, GRUR 2013, 316 – Rohrmuffe; BGH, GRUR 2010, 318 – Lichtbogenschnürung). Daraus ergibt sich, dass das Gericht nicht zur Anordnung einer Urkundenvorlage nach § 142 ZPO verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 140c PatG nicht gegeben sind. Für die Anordnung einer Begutachtung gemäß § 144 ZPO – die die Klägerin allerdings nicht ausdrücklich begehrt hat; sie hat vielmehr erklärt, eine forensische Untersuchung der angegriffenen Ausführungsformen sei nicht notwendig – gilt nichts anderes. Eine gerichtliche Aufklärungspflicht außerhalb des § 140c PatG besteht auch nach der allgemeinen Vorschrift des § 286 ZPO nicht (BGH, GRUR 2013, 316 – Rohrmuffe).
207An der demzufolge für sämtliche Anordnungsgrundlagen erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung des Merkmals 4.1 fehlt es aus den oben angeführten Gründen. Eine derartige hinreichende Wahrscheinlichkeit erfordert konkrete Anhaltspunkte, die die Möglichkeit einer Rechtsverletzung mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegen (vgl. BGH, GRUR 2013, 316, 318 - Rohrmuffe). Die Klägerin hat für die tatsächliche Verwendung eines solchen single-ended Eingangsbuffers keine Anknüpfungstatsachen vorgetragen. Insbesondere bieten weder der von der Klägerin vorgelegte extrahierte Stromlaufplan noch das Privatgutachten eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die behauptete Ausgestaltung. Auch die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen sprechen dagegen; insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
208Allein der Umstand, dass theoretisch durch eine entsprechende Konfiguration der LVDS-Zelle die gleiche Funktionalität erfüllt werden kann, genügt nicht. So argumentiert auch die Klägerin im Rahmen ihrer Stellungnahme zum betreffenden richterlichen Hinweis zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.06.2015, „es sei nicht ausgeschlossen“, dass es zu einer klagepatentgemäßem Konfigurierung gekommen sei (vgl. Protokoll vom 26.06.2015, S. 26).
209g)
210Ebenso wenig ist die Einholung eines neuen Gutachtens gemäß § 412 ZPO erforderlich.
211Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Befangenheitsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen Prof. Dr. Q ist mit Beschluss des 2. Zivilsenats vom 27.05.2013 rechtskräftig zurückgewiesen worden.
212Der Senat erachtet zudem das Gutachten des Sachverständigen nicht für ungenügend, § 412 Abs. 1 ZPO. Die Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten und in seiner mündlichen Anhörung sind widerspruchsfrei, schlüssig, stringent, konsistent und überzeugend. Nachfragen hat der Sachverständige stets nachvollziehbar und ohne gedankliche Brüche beantworten können, wobei sich seine Antworten nahtlos in seine vorherigen Bekundungen einfügen. Durchgreifende Zweifel an den sachverständigen Feststellungen hat die Klägerin, wie bereits ausgeführt, auch nicht vorzutragen vermocht. Soweit die Klägerin sich gegen die Auslegung des Anspruchs 1 des Klagepatents durch den Sachverständigen wendet, verfängt dies nicht. Die Auslegung eines Patentanspruchs ist keine Tatsachenfeststellung, sondern eine Rechtsfrage, die allein und eigenverantwortlich das Gericht zu treffen hat (BGH, GRUR 2010, 410 – Insassenschutzsystemsteuereinheit; BGH, GRUR 2010, 314 – Kettenradanordnung II; BGH, GRUR Jahr 2009, 653 – Straßenbaumaschine; BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Sachverständige Äußerungen hierzu haben im Verletzungsprozess lediglich die Aufgabe, dem Gericht gegebenenfalls die für die jeweilige Bewertung erforderlichen technischen Zusammenhänge zu erläutern und den erforderlichen Einblick in die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen der jeweils typischen, im Durchschnitt der beteiligten Kreise angesiedelten Vertreter der einschlägigen Fachwelt einschließlich ihrer methodischen Herangehensweise zu vermitteln (BGH, GRUR 2010, 410 – Insassenschutzsystemsteuereinheit; BGH, GRUR 2010, 314 – Kettenradanordnung II; BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe; BGH, GRUR 2007,410 – Kettenradanordnung I). Dieser Aufgabe ist der Sachverständige Prof. Dr. Q vollumfänglich nachgekommen.
2133.
214Mangels Patentverletzung braucht nicht geklärt zu werden, ob die Übertragung der Klagepatente auf die Klägerin wegen Verstoßes gegen das RBerG a. F. / § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig ist.
2154.
216Zuletzt geht der Hilfsantrag der Klägerin auf Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung an das Landgericht ins Leere, da die Voraussetzungen des § 538 ZPO nicht vorliegen und die Sache zudem inzwischen entscheidungsreif ist.
217III.
218Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
219Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
220Es besteht keine Veranlassung, gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
221IV.
222Der Streitwert für die erste Instanz und die Berufungsinstanz wird auf 1.000.000,- Euro festgesetzt.
223Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 15.07.2015 war nicht entscheidungserheblich. Er gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO.
224X Y Z
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(1) Wer im Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, kann an einem in diesem Gesetz geregelten Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht nur teilnehmen und die Rechte aus einem Patent nur geltend machen, wenn er einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt hat, der zur Vertretung im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem Patentgericht und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die das Patent betreffen, sowie zur Stellung von Strafanträgen befugt und bevollmächtigt ist.
(2) Der Ort, an dem ein nach Absatz 1 bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozessordnung als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet; fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, an dem der Vertreter im Inland seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem das Deutsche Patent- und Markenamt seinen Sitz hat.
(3) Die rechtsgeschäftliche Beendigung der Bestellung eines Vertreters nach Absatz 1 wird erst wirksam, wenn sowohl diese Beendigung als auch die Bestellung eines anderen Vertreters gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht angezeigt wird.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Wer im Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, kann an einem in diesem Gesetz geregelten Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht nur teilnehmen und die Rechte aus einem Patent nur geltend machen, wenn er einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt hat, der zur Vertretung im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem Patentgericht und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die das Patent betreffen, sowie zur Stellung von Strafanträgen befugt und bevollmächtigt ist.
(2) Der Ort, an dem ein nach Absatz 1 bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozessordnung als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet; fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, an dem der Vertreter im Inland seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem das Deutsche Patent- und Markenamt seinen Sitz hat.
(3) Die rechtsgeschäftliche Beendigung der Bestellung eines Vertreters nach Absatz 1 wird erst wirksam, wenn sowohl diese Beendigung als auch die Bestellung eines anderen Vertreters gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht angezeigt wird.
Tenor
Auf die Berufung der Arrestbeklagten wird das am 26.11.2013 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln i. d. F. des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses vom 08.04.2014 – 21 O 202/13 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Arrestbefehle des Landgerichts Köln vom 04.06.2013 – 21 O 202/13 – und vom 10.07.2013 – 21 O 277/13 - werden unter Zurückweisung der ihnen jeweils zu Grunde liegenden Arrestgesuche vom 21.05.2013 und vom 08.07.2013 aufgehoben.
Die Kosten des Arrestverfahrens in beiden Instanzen werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Arrestklägerin, eine Sparkasse, sucht die dingliche Sicherung von Forderungen zu erreichen, die sie wegen angeblich ihr – der Arrestklägerin – zustehender, jedoch unter verantwortlicher Mitwirkung der Arrestbeklagten vermeintlich veruntreuend entzogener Geldmittel einer Q GmbH Projektentwicklungsgesellschaft geltend macht. Sie beansprucht von dem Arrestbeklagten zu 1) Schadensersatz in Höhe eines mit über 8,5 Mio. € bezifferten Gesamtbetrags sowie von den Arrestbeklagten zu 2) und zu 3) jeweils Zahlung einer Gesamtsumme von 4,8 Mio €. Unter dem Datum des 04.06.2013 erwirkte sie im Beschlussverfahren einen Arrestbefehl, mit dem wegen eines jeweiligen Anspruchs in Höhe von 1 Mio. € bzw. von 3 Mio. € zzgl. Kosten der dingliche Arrest in das Vermögen der Arrestbeklagten zu 1) und zu 2) angeordnet wurde. Mit weiterem Beschluss vom 10.07.2013 wurde auf Antrag der Arrestklägerin gegen die Arrestbeklagte zu 3) in dem später hinzuverbundenen Verfahren 21 O 277/13 wegen eines Anspruchs in Höhe von 1 Mio. € zzgl. Kosten ebenfalls der dingliche Arrest angeordnet.
4Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
5Die Arrestklägerin (im Folgenden nur: Klägerin) stand bereits seit Mitte/Ende der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Verbindung mit Unternehmungen der F GmbH (im Folgenden: F) bzw. unter deren Mitwirkung initiierten Immobilienfonds. So hatten sich die Klägerin bzw. deren damaliges Tochterunternehmen T mbH (im Folgenden: T) und E vor dem Hintergrund des wachsenden Raumbedarfs des inL angesiedelten Medienunternehmens S, welches an den Standort L gebunden werden sollte, dazu entschlossen, in L-I/L-P gelegene Grundstücke zu erwerben, zu bebauen und S zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Zur Aufbringung der hierfür erforderlichen Mittel wurde von E „bzw.“ dem Bankhaus P2 (vgl. Bl. 11 in 21 O 277/13) der Immobilienfonds L-I-P I GbR (im Folgenden nur „Fonds I“) aufgelegt. Die Beteiligungen von 33 der insgesamt 36, für diesen Fonds gewonnener Anleger wurden durch die Klägerin mit einem Volumen von insgesamt 243.580.000,00 € finanziert (Bl. 11 d. A. 21 O 277/13). Das Grundstück, auf dem der als „D“ bezeichnete Gebäudekomplex errichtet werden sollte, wurde im Jahr 1997 durch den Fonds I von der T GmbH, einem weiteren Tochterunternehmen der Klägerin, erworben; in der Folgezeit wurde dort das „D“ unter Leitung der E gebaut (vgl. Bl. 11 d. A. 21 O 277/13). Die Gebäude wurden sodann von der Mitte der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts u.a. von der S-Gruppe gegründeten N TV-Produktionsgesellschaft mbH (im Folgenden: N) angemietet, die ihrerseits die Vermarktung des Ds durch Untervermietung an Medienunternehmen sowie Film- und Fernseproduktionsgesellschaften, darunter S, betreiben sollte. Gesellschafter der N waren neben der S Television GmbH (25,418%), der ProSiebenSat1Media AG (25,416 %) sowie der N2 GmbH (24 %; im Folgenden: N2) – einer Holding der Gebrüder C und C2 – die T (25,416 %; vgl. Bl. 11 in 21 O 277/13). Die Gesellschafter der N bzw. die Gebrüder C als Gesellschafter der N2 persönlich erklärten gegenüber der E, als Bürgen jeweils entsprechend ihrem Gesellschaftsanteil dafür einzustehen, dass die N als Mieterin des Ds die Mietzahlungsverpflichtung auf die Dauer von 10 Jahren ab Zustandekommens des Mietvertrages erfüllt, und zwar jährlich begrenzt auf 14 Millionen DM (vgl. Anlagenkonvolut 1 b in Anlagenordner I). In einem mit strenger Vertraulichkeitsklausel versehenen Vertrag vom 06.11.2000 verpflichtete sich die T gegenüber ihrer Mitgesellschafterin S Television GmbH, letztere ab 01.11.2000 von allen Verpflichtungen aus oder im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung bei N, darunter die Mieteinstandsverpflichtung freizustellen (vgl. Anlage 5 in Anlagenordner I). Bis Juli 2001 wurden die von N zu zahlenden Mieten aus Mietzuschüssen („Anschubfinanzierung“) erbracht, die wiederum der Fonds I der N gewährte (Bl. 12 d. A. 21 O 277/13). Da die N nach Auslaufen der vorbezeichneten „Anschubfinanzierung“ nicht in der Lage war, die Mieten nunmehr aus eigenen Mitteln aufzubringen, wurden ihre Gesellschafter aus der vorbezeichneten Bürgschaft bzw. Mieteinstandsverpflichtung (MEV) in Anspruch genommen. Die Gebrüder C weigerten sich indessen, die von ihnen übernommene Mieteinstandsverpflichtung zu erfüllen. In den Monaten Februar und März 2002 zahlte die T, die außerdem der N2 im Jahr 2000 ein Darlehen in Höhe von 2.785.000,00 € gewährt hatte, auf die Mieteinstandsverpflichtung der Gebrüder C insgesamt 454.323,46 € an den Fonds I. Da wegen des seinerzeitigen Verfalls der aus der Vermarktung von Studio- und Fernsehproduktionshallen erzielbaren Mieten abzusehen war, dass N langfristig nicht in der Lage sein würde, die an den Fonds I abzuführenden Mieten aus eigener Kraft ganz oder zumindest zu einem erheblichen Teil zu erwirtschaften, stand bevor, dass die Gesellschaft bereits ab März/April 2002 insolvenzreif sein würde, wenn nicht die Gesellschafter aus den übernommenen Mieteinstandsverpflichtungen leisten würden, was wiederum an der Verweigerungshaltung der Gebrüder C zu scheitern drohte. In dieser Situation wurde bei der Klägerin beginnend ab März 2002 ein Szenario zur Abwehr der Insolvenz der N entwickelt. Ziel dieses Szenarios war es, die zur Vermeidung der Insolvenz der N erforderliche Erfüllung auch der von den Gebrüdern C anteilig übernommenen Mieteinstandsverpflichtung sicherzustellen. Den Erwerb der Gesellschaft N2 bzw. der Beteiligung der sich der übernommenen Mieteinstandsverpflichtung verweigernden Gebrüder C an der N, und damit der Hinzuerwerb eines weiteren Gesellschaftsanteils an der N schloss die Klägerin mit Blick auf die unter § 7 Abs. 3 SpkVO in der damals gültigen Fassung getroffene Regelung aus, wonach die Beteiligung einer Sparkasse an sonstigen Unternehmen und Einrichtungen nicht so gestaltet sein durfte, dass Tochterunternehmen i. S. von § 1 Abs. 7 KWG entstehen (mit Wirkung zum 29.11.2008 geändert durch „Gesetz zur Änderung aufsichtsrechtlicher, insbesondere sparkassenrechtlicher Vorschriften“ vom 18.11.2008, GV.NRW. 2008, Nr. 32 S. 689 ff). Eben dieses sparkassenaufsichtsrechtliche Erfordernis sah die Klägerin mit Blick auf die eigene Beteiligung der T und der mit S getroffenen Vereinbarung vom 06.11.2000 als nicht gewährleistet an, wenn sie die N2 bzw. die Beteiligung der Gebr. C an der N hinzuerworben hätte. In dieser Situation traten der Arrestbeklagte zu 1) und die von ihm als Vorratsgesellschaft gehaltene M Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden nur: M) auf den Plan. Der Arrestbeklagte zu 1) betreute den damaligen Vorstandsvorsitzenden T2 der Klägerin privat als Steuerberater und es bestand unstreitig ein enges Vertrauensverhältnis zwischen den beiden erwähnten Personen. Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts, insbesondere die Heranziehung der von der Arrestbeklagten 2) als Geschäftsführerin der Arrestbeklagten zu 3) im Juli 2002 zur „Alimentierung“ der M eigens gegründeten Q GmbH Projektentwicklungsgesellschaft (im Folgenden nur: Q), deren Aufgaben und die in Bezug auf sie entfalteten Aktivitäten betreffend, wird auf die umfassende Darstellung in dem Tatbestand des angefochtenen Urteils in der Fassung des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses verwiesen.
6Nachdem die Arrestbeklagten (im Folgenden nur: Beklagten) Widerspruch gegen die Arrestbefehle einlegten, hat das Landgericht Hinweise erteilt (Bl. 263 ff d. A.) und Zeugen vernommen (Bl. 562 ff/488 ff d. A.). Mit Urteil vom 26.11.2013 hat es die Arrestbefehle bestätigt, da die Klägerin sowohl Arrestanspruch als auch Arrestgrund glaubhaft gemacht habe. Zur Begründung dieser Entscheidung, auf die wegen der zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Wertung Bezug genommen wird, hat das Landgericht im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Der Beklagte zu 1) sei aus den §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. mit 266 Abs. 1, 2. Alternative StGB, 852 Satz 1, 818 Abs. 1 BGB zur Herausgabe der an ihn gelangten Überschüsse der Q verpflichtet. Indem er die nach Abzug der für die Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung und die Kosten der Q erbrachten Aufwendungen verbliebenen „Überschüsse“ nicht der Klägerin überlassen, sondern sie für andere, zum Teil private Zwecke vereinnahmt habe, habe er den Treubruchtatbestand i. S. des § 266 StGB sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht. Auch bei Anlegen eines mit Blick auf die einschneidenden Folgen des dinglichen Arrestes nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebotenen strengen Maßstabs sei die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei dem Vermögen der Q um solches der Klägerin gehandelt und dass den Beklagten zu 1) diesbezüglich eine Treupflicht getroffen habe. Eine zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) ausdrücklich getroffene entsprechende Vereinbarung sei zwar nicht festzustellen. Jedoch hätten sowohl die Klägerin als auch der Beklagte zu 1) in dem Bewusstsein und mit dem übereinstimmenden Willen gehandelt, dass nach Abzug aller im Interesse der Klägerin getätigten Ausgaben sowie der Kosten der Q verbleibendes Vermögen der Klägerin zustehen solle. Nach den Bekundungen der von dem Landgericht vernommenen präsenten Zeugen und den zur Akte gereichten Unterlagen sei glaubhaft gemacht, dass „die Arrestklägerin bzw. ihre Tochtergesellschaften respektive sämtliche involvierten Mitarbeiter davon ausgingen“, dass das Vermögen der Q wirtschaftlich der Klägerin zustehe. Die Klägerin habe durch die Erträge aus den Vereinbarungen mit E die Mieteinstandsverpflichtung der Gebrüder C quersubventioniert. Dass sie – anders als bei den im Zusammenhang mit früher aufgelegten Fonds erwirtschafteten Erträgen – nunmehr weitergehend auf ansonsten bei ihr anfallende Erträge habe verzichten und diese stattdessen den Beklagten habe zu Gute bringen wollen, sei nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1) die zur „Verschleierung der Geldflüsse und Umgehung aufsichtsrechtlicher Vorschriften benötigten Gesellschaften zur Verfügung gestellt habe“, reiche insofern nicht aus. Die Beklagten bzw. die Dr. T3 & Partner GmbH seien bereits in erheblichem Umfang für ihre Leistungen vergütet worden. Dass auch auf Seiten des Beklagten zu 1) die Vorstellung und der Wille bestanden hätten, dass die von Q nicht zur Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C und zur Deckung laufender Kosten benötigten Mittel wirtschaftlich der Klägerin zustünden, sei ebenfalls glaubhaft gemacht. Es sei nicht plausibel und nachvollziehbar, warum die Klägerin der Q und damit mittelbar dem Beklagten zu 1) die Chance auf Erträge habe einräumen wollen, die im günstigsten Fall mehrere Millionen Euro betragen haben würden, ohne dafür eine entsprechende Gegenleistung zu erhalten und obwohl Q und die Beklagten kein eigenes Risiko getragen hätten.
7Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung suchen die Beklagten die Aufhebung der Arrestbefehle und Zurückweisung der diesen zu Grunde liegenden Arrestanträge zu erreichen. Die Beklagten machen geltend, dass das Landgericht sowohl in tatsächlicher als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerhaft zu der Erkenntnis gelangt sei, dass es sich bei dem Vermögen der Q um solches der Klägerin gehandelt habe bzw. dass die Klägerin und der Beklagte zu 1) in der gemeinsamen Vorstellung und mit dem übereinstimmenden Willen gehandelt hätten, das Vermögen der Q stehe der Klägerin zu. Der Beklagte zu 1) habe aus diesem Grund auch keine Vermögensbetreuungspflicht verletzen, die Beklagte zu 2) hierzu keine Beihilfe leisten können; ebenso wenig müsse die Beklagte zu 3) sich deshalb eine vermeintliche Beihilfehandlung der Beklagten zu 2) zurechnen lassen. Das erstinstanzliche Urteil verkenne nicht nur die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Treuebruchtatbestandes des 266 StGB (Bl. 684 ff d. A.), sondern auch die „zivilrechtliche Rechtslage“, wie sie sich aus den unstreitig zwischen den an „dem Sachverhalt beteiligten Personen geschlossenen Verträgen“ ergebe. Das Landgericht habe seiner Entscheidung einen von der Klägerin so überhaupt nicht vorgetragenen Sachverhalt zu Grunde gelegt sowie die erhobenen Beweise und vorliegenden Unterlagen fehlerhaft gewürdigt (Bl. 685 ff d. A).
8Die um Zurückweisung der Berufung antragende Klägerin verteidigt demgegenüber das angefochtene Urteil, in dem das Landgericht sowohl im Ergebnis als auch in dessen Begründung zutreffend die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen eines unter dem Aspekt der Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht begründeten Schadensersatzanspruchs in jedenfalls arrestgesicherter Höhe bejaht habe.
9Von der Darstellung der weiteren tatbestandlichen Entscheidungsgrundlage im Sinne von § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird nach Maßgabe der §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO i. V. mit § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.
10II.
11Die – zulässige – Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.
12Soweit das Landgericht die Voraussetzungen eines der Klägerin wegen des Entzugs der in der Q zunächst verbliebenen Überschüsse gegen die Beklagten zustehenden Schadensersatzanspruchs in einer die Aufrechterhaltung des Arrestes rechtfertigenden Weise für hinreichend glaubhaft gemacht erachtet, hält das den Angriffen der Berufung sowie weitergehender, nach Maßgabe von § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorzunehmender berufungsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
131. Mit ihren gegen die Zulässigkeit der Arrestgesuche vorgebrachten Beanstandungen dringen die Beklagten allerdings nicht durch:
14a) Nach Auffassung der Beklagten stellen sich die Arrestgesuche bereits als unzulässig dar, weil die Klägerin jeweils nur Teilbeträge der vermeintlichen Ansprüche im Wege des Arrests sichern lassen wolle, die sich gegenüber dem Beklagten zu 1) auf insgesamt 8.532.454,72 € addierten und gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) auf die Summe von jeweils 4,8 Mio. €, ohne deutlich zu machen, mit welchem Anteil bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Ansprüche geprüft werden sollen. Ohne eine solche Abgrenzung seien die Arrestgesuche mangels Individualisierung des Streitgegenstands aber unzulässig (Bl. 685 d. A.).
15Diesem Einwand der Beklagten ist im Ergebnis kein Erfolg beschieden.
16Im Ausgangspunkt dieser Beurteilung trifft es allerdings zu, dass eine Teilklage, die mehrere prozessual selbständige Ansprüche zum Gegenstand hat, dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur dann genügt, wenn der Kläger die Reihenfolge angibt, in der das Gericht diese Ansprüche prüfen soll. Sonst könnte es zu unüberwindlichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Streitgegenstandes und damit der materiellen Rechtskraft kommen (BGH, NJW 2000, 3718 f; BGHZ 124, 164, 166 f.; BGH, NJW 1990, 2068 f. und NJW 1984, 2346; Zöller/Greger; ZPO, 30. Auflage § 253 RdNr. 15 m. w. Nachw.). Es ist kein Grund ersichtlich, von dieser Anforderung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Abstand zu nehmen. Entscheidungen im Arrestverfahren erlangen zwar nur in eingeschränktem Umfang materielle Rechtskraft. In materielle Rechtskraft erwachsen kann nur der Anspruch auf Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen eines materiellen Anspruchs, nicht aber dieser materielle Anspruch selbst, weil dieser selbst nicht Gegenstand des Arrestverfahrens ist (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 916 Rdn. 13 und Walker in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 922 Rdn. 35 – jew. m. w. Nachw.). Auch wegen der die Zwangsvollstreckung sichernden Funktion besteht aber ein Interesse an der Klarstellung, hinsichtlich welchen Teils einer aus mehreren selbständigen Ansprüchen zusammengesetzten Arrestforderung eine Sicherung bewirkt werden soll oder bewirkt ist, andernfalls der Gläubiger wegen ein und desselben Anspruchsteils entgegen der auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geltenden Bestimmung des § 261 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 916 RdNrn. 5 und 13) noch während der Rechtshängigkeit des ersten Antrags ein weiteres Arrestgesuch einreichen oder im Falle des bereits erwirkten Arrestes bei unveränderten Verhältnissen wiederholt einen Arrest erwirken könnte. Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand der Klägerin, sie mache mit der Arrestforderung nur Teilbeträge eines aus unselbständigen Rechnungsposten zusammengesetzten einheitlichen Schadensersatzanspruchs geltend (Bl. 775 d. A.), überzeugt nicht. Denn es handelt sich bei den hier in Rede stehenden einzelnen Beträgen nicht um bezifferte Teile eines einheitlichen Gesamtschadens, sondern um Teile von aus selbständigen Verletzungshandlungen entstandenen Schadensersatzansprüchen, die jeweils als solche geltend gemacht und im Wege des Arrestes gesichert werden könnten, mithin – soweit der Gesamtschadensbetrag in Rede steht - um einen Fall der objektiven Anspruchshäufung. Einem Kläger ist es indessen noch bis in die Revisionsinstanz möglich, die nach den vorstehenden Maßstäben geforderte Abgrenzung nachträglich vorzunehmen und damit den Mangel der nicht hinreichenden Individualisierung des Streitgegenstands rückwirkend zu heilen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 253 RdNr. 15 m. w. Nachw.). Eine solche nachträgliche Abgrenzung hat die Klägerin hier – hilfsweise - vorgenommen (Bl. 776 ff d. A.). Sie hat in Bezug auf alle drei Beklagten aufgeführt, welche selbständigen Einzelansprüche sie in welcher Reihenfolge (in Höhe eines Teilbetrags von maximal 1 Mio. € bzw. 3 Mio. €) zur Prüfung stellt bzw. im Wege des Arrestes gesichert wissen will mit der Folge, dass der zunächst gegebene Zulässigkeitsmangel auf diese Weise rückwirkend geheilt worden ist.
17b) Auch mit ihrem weiteren, die Unverhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Arrestbefehle und die Unzumutbarkeit der damit verbundenen Pfändungen rügenden Berufungsangriff dringen die Beklagten nicht durch.
18Die Beklagten bringen hierzu vor, dass die von der Klägerin erwirkte Sicherung ihrer nur vermeintlichen Ansprüche vor dem Hintergrund der auf unabsehbare Zeit nicht stattfindenden Klärung des tatsächlichen Bestehens dieser Ansprüche im Rahmen des Adhäsionsverfahrens außer Verhältnis zu der Dauer und der Intensität der mit dem jeweiligen dinglichen Arrest verbundenen Beeinträchtigungen stehe. Denn die in dem Strafverfahren am 03.05.2013 angebrachten Adhäsionsanträge der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) würden mindestens ebenso lange nicht bearbeitet werden können, wie das Strafverfahren selbst, so dass sich die in der Hauptsacheklage ergehenden Entscheidungen unangemessen verzögerten.
19Ungeachtet des Umstandes, dass der vorstehende Einwand keine Geltung im Verhältnis der Beklagten zu 3) gegenüber entfalten kann, weil insoweit – da sich das Strafverfahren nur gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) als natürliche Personen richtet - kein Adhäsionsantrag mit der Wirkung einer (Hauptsache-)Klage (§§ 403, 404 Abs. 2 StPO) gestellt wurde, vermag er auch in der Sache selbst nicht zu überzeugen. Dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit von Arrestanordnung und deren Folgen kann und ist ggf. bereits im Rahmen der zur Glaubhaftmachung erforderlichen Sicherheit der Feststellungen Rechnung zu tragen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 294 RdNr. 6 m. w. Nachweisen; i. d. S. auch Schuschke in Schuschke/Walker, a.a.O., § 935 RdNr. 9). Sind nach diesem Maßstab die Voraussetzungen eines Arrestanspruchs und eines Arrestgrunds glaubhaft gemacht, so besteht aber kein Grund, den Arrest wegen der u. U. langen Dauer der Herbeiführung einer Entscheidung in der Hauptsache und der entsprechend langen Dauer der für den Arrestschuldner beeinträchtigenden Wirkungen zu befristen. Dem Arrestschuldner sind mit dem zwingenden Erfordernis der Festsetzung einer Lösungssumme (§ 923 ZPO), ferner mit den Möglichkeiten des § 927 ZPO Instrumente in die Hand gegeben, sich von den mit der Vollstreckung des Arrestes verbundenen Beeinträchtigungen zu befreien bzw. - im Fall des Widerspruchs – über die Erwirkung einer Anordnung gemäß § 707 ZPO (§ 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO) weitere Beeinträchtigungen zu verhindern.
202. Soweit sich die Beklagten gegen die Begründetheit der Arrestgesuche wenden, dringen sie mit ihrem Rechtsmittel indessen durch. Denn die Klägerin hat die Voraussetzungen eines unter den Umständen des gegebenen Falls allein aus den §§ 823 Abs. 2, 852 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB i. V. mit § 266 Abs. 1Satz 1, 2. Altern. StGB in Betracht kommenden Arrestanspruchs nicht glaubhaft zu machen vermocht.
21a) Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch (§§ 280, 281 BGB) wegen Verletzung eines zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) in Bezug auf die Konten der Q angeblich zu Stande gekommenen treuhänderischen Geschäftsbesorgungsverhältnisses, scheidet von vorherein aus den in dem Beschluss des Landgerichts vom 24.07.2013 (Bl. 263 ff d. A.) aufgezeigten überzeugenden Gründen, die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich in Bezug nimmt, wegen Verjährung aus, auf welche die Beklagten sich bereits vorprozessual und erneut im vorliegenden Verfahren berufen haben.
22b) Die Voraussetzungen eines aus den §§ 823 Abs. 2, 852 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB i. V. mit § 266 Abs. 1 StGB herzuleitenden deliktischen Schadensersatzanspruchs sind nicht glaubhaft gemacht.
23aa) Einem solchen Schadensersatzanspruch steht zwar nicht die beklagtenseits erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Wohl hat sich aus den die Verjährung des vertraglichen Schadensersatzanspruchs tragenden Gründen auch die regelmäßige Verjährungsfrist eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 BGB vollendet. Der Klägerin steht jedoch die Regelung des § 852 Satz 1 BGB zur Seite, die gerade dann Bedeutung erlangt, wenn der Geschädigte die von subjektiven Voraussetzungen abhängige Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB hat verstreichen lassen. Dem Geschädigten soll es damit ermöglicht werden, trotz Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der haftungsbegründenden Umstände und der Person des Schädigers länger als drei Jahre (§ 195 BGB) zuzuwarten und von der alsbaldigen gerichtlichen Geltendmachung des Deliktsanspruchs abzusehen, etwa weil das Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen oder die Rechtslage zweifelhaft, der Streitwert hoch und das Prozessrisiko deshalb erheblich ist (vgl. Wagner in Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 852 RdNrn. 3 und 4 m. w. Nachw.). Dem Gläubiger steht es nach der in § 852 Satz 2 BGB getroffenen Bestimmung, bei der es sich um eine eigenständige Sonderregelung handelt (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 852 RdNr. 2 a. E.), frei, binnen 10 Jahren auf den Anspruch zurückzukommen (Wagner in Münchener Kommentar, a.a.O.). Obwohl der Schadensersatzanspruch wegen der Vollendung der geltenden Regelverjährung verjährt ist, bleibt er innerhalb der 10-Jahresfrist des § 852 S. 2 BGB als solcher erhalten bzw. handelt es sich bei dem Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB um eben diesen ursprünglichen Schadensersatzanspruch. Die Vollendung der für den Schadensersatzanspruch geltenden Regelverjährung bewirkt lediglich i. S. einer Rechtsfolgenverweisung eine Beschränkung des Ersatzumfangs auf die dem Schädiger aus der unerlaubten Handlung verbliebene Bereicherung.
24bb) Ein mit dieser Maßgabe unverjährter deliktischer Schadensersatzanspruch scheitert jedoch, weil der Senat die für die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen dieses Anspruchs zu fordernde Überzeugung von dem Bestehen einer in Bezug auf das Vermögen und/oder die Überschüsse der Q begründeten Berechtigung der Klägerin nicht zu gewinnen vermochte.
25(1) Anders als in Konstellationen, in denen eine Partei den (vollen) Beweis für eine Behauptung zu erbringen hat, ist eine Glaubhaftmachung zwar selbst bei Vorliegen vernünftiger Zweifel nicht ausgeschlossen. Nach den zu § 294 ZPO entwickelten Grundsätzen genügt zur Glaubhaftmachung ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung. An die Stelle des Vollbeweises tritt eine Wahrscheinlichkeitsfeststellung. Die Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl.BGH, NJW-RR 2011, 136 – RdNr. 7 gem. Juris; BGH, NJW-RR 2007, 776/777 – jew. m. w. Nachw.). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGH, a.a.O.; BGHZ 156, 139/143). Im Grundsatz gilt hierbei kein anderer Maßstab, als dies im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO der Fall ist. Da auch die Beantwortung der Frage, ob eine Behauptung glaubhaft gemacht ist, einen Akt wertender Erkenntnis darstellt, die sich jedenfalls in ihrem wesentlichen Kern von der Beweiswürdigung nur hinsichtlich des Beweismaßes, also von dem Grad der Überzeugungsbildung unterscheidet, kommt auch insofern der Grundsatz der freien richterlichen Überzeugungsbildung zum Tragen (vgl. BGH, a.a.O. m.w.N). Die Last der Glaubhaftmachung trägt nach der klaren Regelung des § 920 Abs. 2 ZPO bei alledem der um den Erlass/die Bestätigung des Arrestes nachsuchende Antragsteller/Arrestkläger. Erweist sich der von ihm behauptete Geschehensablauf nicht als überwiegend wahrscheinlich, ist sein Arrestgesuch zurückzuweisen. Eine solche Situation liegt vor, wenn das Gericht den widerstreitenden Mitteln der Glaubhaftmachung exakt den gleichen Beweiswert beimisst (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 136 – RdNr. 11 gem. Juris). Eben dies ist hier der Fall:
26(2) Der Treuebruchtatbestand des § 266 Abs. 1, 2. Altern. StGB setzt voraus, dass der „Täter“ bzw. in Anspruch Genommene in einem Treueverhältnis zu dem Geschädigten steht, aus dem sich eine inhaltlich qualifizierte Pflichtenstellung im Sinne einer Vermögensbetreuungspflicht ergibt. Das wiederum erfordert, dass der in Anspruch Genommene innerhalb eines nicht unbedeutenden Pflichtenkreises die ihm aufgegebene Tätigkeit nicht nach nur eng begrenzten Vorgaben ohne eigenständigen Entscheidungsspielraum auszuführen hat, sondern ihm im Rahmen seines Obhutsbereichs eine gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit mit verschiedenen Handlungsalternativen zusteht, ihm also Ermessensspielraum, Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit zur fremdnützigen Vermögensfürsorge eingeräumt ist (vgl. BGH, NStZ 2006, 38 – RdNr. 7 gem. Juris; vgl. auch Dierlamm in Münchener Kommentar, StGB, § 266 Rdn. 163 ff und 40 ff/46 f - jew. m. w. Nachw.). Seine nach diesen Maßstäben begründete Vermögensbetreuungspflicht ist verletzt, wenn er die ihm übertragene Geschäftsbesorgung nicht oder nicht ordnungsgemäß ausführt, wobei er gerade eine solche Pflicht verletzt haben muss, die Teil seiner spezifischen Pflichtenstellung als Vermögensbetreuungspflichtiger ist (Dierlamm, a.a.O., § 266 Rdn. 170).
27(3) Dass sich der Beklagte zu 1) nach diesen Vorgaben hinsichtlich des Vermögens der Q und den hiervon nach Abzug der für die Mieteinstandsverpflichtung sowie die Gesellschaftskosten verbrauchten Mittel verbliebenen Überschüssen im Verhältnis der Klägerin gegenüber „treuebrüchig“ verhalten hat , ferner die Beklagten zu 2) und zu 3) ihm hierzu Beihilfe geleistet haben, lässt sich jedoch nicht mit der für eine Glaubhaftmachung ausreichenden, aber auch erforderlichen Gewissheit erkennen.
28Voraussetzung einer im Sinne des vorbezeichneten Treuebruchtatbestandes zu verlangenden Vermögensbetreuungsverpflichtung ist unter den Umständen des gegebenen Falls, dass zwischen dem Beklagten zu 1) und dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, Herrn T2, eine Übereinkunft dahin bestand, dass die der Q zufließenden Mittel sowie die auf deren Konten nach Abzug der Alimentierung der M und der Gesellschaftskosten verbliebenen Guthaben bzw. „Überschüsse“ der Klägerin zustehen sollten. Nur auf der Basis einer solchen Vereinbarung hatte dann der Beklagte zu 1), dem die alleinige Verfügungsbefugnis hinsichtlich der Gesellschaftskonten der Q eingeräumt war, im Verhältnis der Klägerin gegenüber eine Pflichtenstellung zur Wahrnehmung „fremder“ Vermögensinteressen inne, die er – wenn er Mittel der Q bzw. verbliebene Überschüsse anderweitig verwenden ließ – verletzt hat. Eine solche, zwischen den vorbezeichneten maßgeblichen Beteiligten bestehende Übereinkunft ist indessen auch bei einer das Zusammenspiel der die Gründung der Q und die sodann mit ihr geschlossenen Verträge begleitenden Umstände würdigenden Gesamtschau nicht im Sinne der erforderlichen Glaubhaftmachung überwiegend wahrscheinlich, mithin glaubhaft gemacht.
29Im Ausgangspunkt dieser Würdigung verkennt der Senat nicht die spezifische Problemlage des hier zu beurteilenden Sachverhalts, der zum einen dadurch gekennzeichnet ist, dass die entscheidende Frage, wem das Vermögen der Q samt der nach Abzug der Beträge für die Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung und Kosten verbleibenden Überschüsse „gehören“ bzw. zustehen sollten, nicht auf der Grundlage einer zwischen den Beteiligten ausdrücklich getroffenen Beschlusslage oder einer anlässlich eines bestimmten Termins anderweitig zustande gekommenen Einigung zu beantworten ist, sondern – wenn überhaupt - aus dem Zusammenwirken verschiedener Umstände extrahiert werden muss, die in der Gesamtwürdigung auf eine übereinstimmende Willensrichtung und Übereinkunft der maßgeblichen Beteiligten, des damalige Vorstandsvorsitzenden Schröder der Klägerin und des Beklagten zu 1), schließen lassen. Der Sachverhalt weist zum anderen die Besonderheit auf, dass eine Regelung in Frage steht, die im nicht eigens zu formulierenden oder herbeizuführenden Einverständnis der von vornherein sachkundigen Beteiligten mit Blick auf die Bestimmung des § 7 Abs. 3 SpkVO a. F. i. V. m § 1 Abs. 7 KWG und den sich daraus ergebenden unerwünschten bilanziellen sowie steuerrechtlichen Folgen nach außen hin „verborgen“ worden sein soll, die Klägerin damit eine Übereinkunft behauptet und glaubhaft zu machen hat, die gegen vorhandene, anderslautende Dokumente bzw. die existierende sog. „Papierlage“ bestanden haben soll. Die Klägerin behauptet danach keine bestimmte Gelegenheit und keinen bestimmten Termin, bei der/dem eine Übereinkunft zwischen ihrem damaligen Vorstandsvorsitzenden Schröder und dem Beklagten zu 1) erzielt worden sei, dass die der Q zufließenden Mittel und verbliebenen Überschüsse nicht der erwähnten Gesellschaft gebühren, sondern der Klägerin überlassen werden sollten. Sie verficht vielmehr den Standpunkt, dass den Beteiligten nach der Art der eingegangenen konkreten Geschäftsverbindung und den diese begleitenden Umständen von vornherein - sozusagen als auf der Hand liegende Selbstverständlichkeit - klar gewesen sei, dass die der Q zufließenden Mittel in Wirklichkeit der Klägerin zuzuordnen sein sollten und die hieraus verbleibenden Überschüsse dieser bzw. dem „T-Konzern“ zustehen würden. Bereits im Zeitpunkt des Eingehens der konkreten Geschäftsverbindung, hier schon der Einschaltung der M und dann auch der eigens für ihre Alimentierung gegründeten Q, soll dem die unausgesprochene – stillschweigende – Übereinkunft des vorstehenden Inhalts zu Grunde gelegen haben, die wegen der aufsichtsrechtlichen Bestimmung des § 7 Abs. 3 SpkVO a. F. und der zu vermeidenden „Konsolidierung“ in den Büchern der Klägerin durch die geschaffene „Papierlage“ lediglich überdeckt worden sei. Der Vortrag der Klägerin ist infolgedessen so zu verstehen, dass anhand der gesamten Umstände – selbst unter Einbezug der „Papierlage“ - auf eine solche Übereinkunft geschlossen werden müsse. Hieraus folgt zugleich, dass das auf eben diese Umstände abstellende angefochtene Urteil entgegen dem Berufungsangriff der Beklagten (Bl. 711 d. A.) keinen von der Klägerin so nicht vorgetragenen Sachverhalt zu Grund legt, wenn es aus den mit den eingereichten Unterlagen dokumentierten Umständen und der Einschaltung der M und der Q zur Erfüllung der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C darauf geschlossen hat, dass die in der Q nach der Erfüllung ihrer Aufgabe der Alimentierung der M sowie nach Abzug der für den Gesellschaftsbetrieb aufgewandten Kosten verbliebenen Überschüsse der Klägerin zustehen bzw. „gehören“ sollten.
30Die sich aus den aufgezeigten Umständen ergebende Schwierigkeit der von der Klägerin zu leistenden Glaubhaftmachung der von ihr behaupteten Vereinbarung kann indessen nicht zu einer Herabsetzung des Überzeugungsgrades führen, ab dem von der Richtigkeit ihrer Behauptung auszugehen ist. Das Maß der für die Überzeugungsbildung, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der klägerseits behaupteten Vereinbarung spricht, zu fordernden Gewissheit hat vielmehr gleichermaßen den einschneidenden Folgen des von der Klägerin begehrten dinglichen Arrestes Rechnung zu tragen, so dass kein Anlass besteht, die Anforderungen der Glaubhaftmachung eben wegen der für die Klägerin bestehenden Schwierigkeit zu senken.
31Der Klägerin ist es danach nicht gelungen, eine im Verhältnis zwischen ihrem damaligen Vorstandsvorsitzenden T2 und dem Beklagten zu 1) getroffene Vereinbarung glaubhaft zu machen, dass das Vermögen und die Überschüsse der Q der Klägerin gebühren sollten.
32Dabei ist es nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob „das Vermögen“ der Q in Wirklichkeit solches der Klägerin sein bzw. dieser zustehen sollte oder ob es allein um die Überschüsse ging, die der Q nach Abzug der für die Alimentierung der M und den Betrieb der Gesellschaft aufgewandten Kosten von den von ihr vereinnahmten Provisionen verblieben, und sie nur diese der Klägerin bzw. dem „Sparkassen-Konzern“ zur Verfügung stellen bzw. an diese abführen sollte. Da die Q (mit Ausnahme der Geschäftsverbindung zur H und zur Q2) keinen anderen Aufgabenbereich wahrnahm und wahrzunehmen hatte, als die Alimentierung der M bzw. Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung, würde es sich bei Letzterem in der Sache um die Abrede einer „Gewinnabführung“ handeln, welche die grundsätzliche Zuordnung des Vermögens der Q zu dieser selbst unberührt lässt. Ob der Verstoß gegen eine solche Gewinnabführungsabrede den objektiven Voraussetzungen nach von vornerein überhaupt den Untreuetatbestand des § 266 StGB erfüllen könnte, begegnet zwar Bedenken, da allein die vertragliche Verpflichtung, das Vermögen eines anderen nicht durch Leistungsstörungen oder in sonstiger Weise zu schädigen, keine Vermögensbetreuungspflicht i. S. des strafrechtlichen Untreuetatbestands begründet (vgl. Dierlamm, a.a.O., § 266 RdNr. 45 und 49 m. w. N.). Dies kann hier jedoch offenbleiben, weil die Klägerin jedenfalls (auch) eine in diesem Sinne zu verstehende Regelung zwischen ihrem früheren Vorstandsvorsitzenden Schröder und dem Beklagten zu 1) schon nicht glaubhaft zu machen vermochte.
33Es liegt einerseits zwar eine Reihe von Umständen vor, denen in Bezug auf die Behauptung, das Vermögen der Q und/oder die hieraus verbliebenen Überschüsse seien der Klägerin zuzuordnen gewesen, indizielle Funktion zukommt:
34Die Einschaltung der eigens für die Alimentierung der M gegründeten Q geschah unverkennbar im Interesse der Klägerin, um die Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C zu bedienen und damit die Insolvenz der N abzuwenden, wobei es letztlich auch um die Sicherung des Ertrags der Fondsimmobilie und damit die Werthaltigkeit des Fonds I als Anlageobjekt ging, dessen Finanzierung die Klägerin mit einem Finanzierungsvolumen von rund ¼ Milliarde Euro und den sich daraus ergebenden Risisken trug. Die der Q verschafften Einkünfte, mittels deren die Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C bedient werden sollte und bedient wurde, stammten ausschließlich aus Mitteln der Klägerin. Soweit die Beklagten sich darauf berufen, die Einkünfte der Q hinsichtlich des Fonds VIII‒Projektes seien aus den Verträgen mit E erzielt worden, folgt daraus nichts Abweichendes. Denn E zahlte die aus den Verträgen mit der Q vom 12.12.2002 geschuldeten Provisionen bzw. die hierauf geleisteten Vorschüsse unstreitig in der Weise, dass der Kaufpreis, den der Fonds VIII für den Erwerb des Fondsgrundstücks C3 an die T als Verkäuferin zu zahlen hatte, an die Q umgeleitet wurde (vgl. Anlage AG 3, dort S. 12, Punkt 1.4.2), mithin aus Mitteln, die „an sich“ einer Tochtergesellschaft der Klägerin zustanden. Die Q hatte aus dem Vertrag auch nahezu keine eigene Leistung zu erbringen, weil die gemäß den Verträgen vom 12.12.2002 von ihr geschuldeten maßgeblichen Leistungen im Wesentlichen bereits von der T als dem Sparkassen-Konzern zugehöriges Unternehmen erbracht worden waren. Das Grundstück war bereits gekauft, dass S die Mieterin werden würde, stand fest. Ein eigenes wirtschaftliches Risiko war für die Q mit den Verträgen nicht verbunden, da die T die Einstandsverpflichtung für die Erfüllung der Verpflichtungen der Q aus den Verträgen übernommen hatte. Das Risiko, dass die T im Wege eines etwaigen Regresses die Q in Anspruch nehmen würde, war angesichts der bereits erbrachten erheblichen Vorleistungen der T denkbar gering. Gleichlaufend stellte sich die Situation bei den später hinsichtlich des Fonds S2 am 19.05.2005 zwischen der Q und E geschlossenen Verträgen dar. Die M (später firmierend als T4 Vermögensanlage‒und Verwaltungsgesellschaft), eine Tochter der Klägerin, hatte das Grundstück bereits im August 2004 von der Stadt L erworben (vgl. Anlage AG 3 in Anlagenordner IV, dort S. 24, 32 ff und 43 ff). Am 19.05.2005, also am selben Tag, an dem die Verträge zwischen Q und E geschlossen wurden, veräußerte M das Grundstück an den Fonds S2 bzw. die S2 GbR. Dass die Q zu diesem Grundstücksgeschäft einen Beitrag geleistet hätte, liegt angesichts der vorstehenden Zeitfolge fern. Nämliches ergibt sich hinsichtlich der in Bezug auf das Projekt Fonds S2 übernommenen sonstigen Leistungen. Die M hatte bereits 2003 einen Bauvorbescheid erwirkt sowie Projektplanungs‒ und ‒steuerungsleistungen erheblichen Umfangs vorbereitet (vgl. Anlage AG 3 in Anlagenordner IV, S. 43). Darauf, dass seitens Q keine eigenen Leistungen zu erbringen waren, weist ebenfalls der Umstand hin, dass der in § 4 des Vertrages über Projektentwicklungs‒und Garantieleistungen vom 19.05.2005 festgesetzte Termin, ab dem das Grundstück spätestens in der Art und in dem Umfang bebaut werden können sollte, wie dies vorher in den §§ 1 und 3 des Vertrages festgelegt worden war, bereits auf den 01.12.2005 festgelegt wurde. Dass die Q innerhalb dieser kurzen Frist die umfangreichen Projektentwicklungsarbeiten zu leisten im Stande war, liegt fern. Sie selbst war weder personell noch sachlich hinreichend ausgestattet. Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand der Beklagten, dass die M von der Q als Subunternehmerin herangezogen worden sei, führt nicht zu einer abweichenden Würdigung. Das gilt zum einen deshalb, weil die M in erheblichem Umfang tätig geworden war, noch bevor die Q sich zu den Leistungen für das Fondsprojekt S2 verpflichtete. Zum anderen haben die Beklagten insoweit auch keinen der M erteilten Auftrag der Q und keine der Q erteilte Rechnung vorgelegt. Aus der zwischen ihr und M geschlossenen Vereinbarung vom 11.08.2005 (Anlage 81 in Anlagenordner II) ergibt sich insoweit nichts. Denn darin verpflichtete sich M, an Q für deren hinsichtlich der Projektentwicklung das Fondsprojekt S4 angeblich geleistete Unterstützung eine Vergütung zu zahlen.
35Den vorbezeichneten Umständen stehen jedoch andererseits gleich schwer wiegende Anhaltspunkte gegenüber, die gegen die behauptete Übereinkunft einer Zuordnung des Vermögens der Q und hieraus verbliebener Überschüsse zur Klägerin sprechen:
36Die Einschaltung zunächst der M und später der Q war dem Umstand geschuldet, dass die Klägerin sowohl der aufsichtsrechtlichen Vorschrift des § 7 Abs. 3 SpkVO a. F. als auch der im Falle der Zurechnung zum Konzern greifenden buchmäßigen Konsolidierung entgehen wollte. Beide Gesellschaften sollten vor diesem Hintergrund explizit gesellschaftsrechtlich nicht mit der Klägerin verbunden und ihr auch wirtschaftlich nicht zuzurechnen sein. Gemäß dem der Gründung der Q vorangegangenen ursprünglichen Konzept, wie es in dem Protokoll über die Vorstandssitzung der Klägerin am 16.04.2002 festgehalten ist (vgl. Anlage 25 in Anlagenordner I), sollte es sich bei der seinerzeit noch mit dem Arbeitstitel „O II“ bezeichneten Gesellschaft zunächst um eine durch die E initiierte und mit Stammkapital ausgestattete Gesellschaft mit dem Zweck u.a. der Übernahme der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C und der Generierung der erforderlichen Beträge handeln, an welcher eine Beteiligung der Klägerin nicht vorgesehen war. Der protokollierte Einwand des Vorstands F2, wonach ein Teil der Erträge aus Grundstücksgeschäften durch die mit O II in Erwägung gezogene Absprache zur Ertragsgenerierung nicht in der vorgesehenen Höhe bei der T anfallen würden, dokumentiert zudem, dass eine irgendwie geartete Beteiligung der Klägerin oder ihrer Töchter an den von O II erwirtschafteten Erträgen nicht vorgesehen war. Dem entspricht die der Vorlage des Informationspapiers für den Gesamtvorstand vom 18.03.2002 (Anlage 2 in Anlagenordner I) vorangegangene Entwicklung: Das erwähnte Informationspapier befasst sich unter Punkt 6 mit der Übernahme der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C seinerzeit noch durch die M und wiederum mit deren „Einnahmequellen“. Die in dem Entwurf dieses Informationspapiers ursprünglich vorgesehene Passage, wonach „…zu bedenken ist, dass diese Erträge auch im T-Konzern vereinnahmt werden können, so dass Rückflussmöglichkeiten von M zur T geprüft werden müssen, sofern Überschüsse verbleiben“ (vgl. Anlagen B 19 und B 20) wurde durch den damaligen Vorstandsvorsitzenden T2 gestrichen, welcher überdies an anderer Stelle den handschriftlichen Zusatz „Eine Verpflichtung der T für die N3 der Herren C ist nicht vorgesehen“ angebracht hat, der in der korrigierten Leseabschrift mit „Eine direkte Verpflichtung der T/T für die N3 der Herren C ist nicht vorgesehen“ in den Text eingearbeitet wurde (vgl. Anlagen B 20 und B 21 sowie die Anlage 2 in Anlagenordner I). Eine Zuordnung des Vermögen der damals für die Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C herangezogenen M liegt danach fern, was aber darauf hinweist, dass auch für die später in die Position der O II einrückende Q nichts anderes gelten sollte. Aus dem Protokoll über die spätere Sitzung des Kreditausschusses vom 24.06.2002 (Anlage B 22), wonach hinsichtlich der Übernahme der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C eine Regelung dergestalt angestrebt war, dass diese durch eine neue, nicht mit der Klägerin oder deren Tochtergesellschaften verbundene Gesellschaft übernommen werden sollte, folgt nichts Abweichendes. In der als Anlage 3 (Anlagenordner I) vorgelegten Präsentation „Information für den Kreditausschuss 24.06.2002“, wonach abweichend von dem in der Sitzung des Vorstands am 16.04.2002 gefassten Beschluss für O II nunmehr eine Vorratsgesellschaft des Beklagten zu 1) herangezogen werden soll, „an welcher der T-Konzern in keiner Weise bei der Aufbringung von Kapital, Liquidität engagiert sei und über die er auch keine anderweitige Kontrolle“ ausübe, ist zwar an anderer Stelle ausgeführt, dass die nicht zur Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung benötigten Erträge im T-Konzern anfallen sollen bzw. dass auf eine entsprechende Gestaltung der Verträge mit O II hingewirkt werden soll. Dies steht allerdings in offenem Widerspruch zu den vorherigen Ausführungen die wirtschaftliche Selbständigkeit und auch anderweitiger Kontrolle des T-Konzerns entzogene Rolle von O II betreffend. Dass der Kreditausschuss in seiner Sitzung am 24.06.2002 eine solche, der Selbständigkeit der Q entgegenstehende Regelung beschlossen oder auch nur befürwortet hat, ist nicht zu erkennen. Der Umstand, dass das Protokoll über die Sitzung des Kreditausschusses am 24.06.2002 zu diesem, in der Vorlage formulierten Punkt schweigt, weist vielmehr vor dem Hintergrund der im Übrigen erwähnten fehlenden Verbindung der heranzuziehenden O II mit der Klägerin und deren Tochtergesellschaften darauf hin, dass hinsichtlich der Zuordnung des Vermögens der seinerzeit als O II bezeichneten Gesellschaft, an deren Stelle sodann die Q trat, keine Regelung dergestalt in Erwägung gezogen wurde, dass dieses in Wirklichkeit solches der Klägerin sei und ihr zustehen solle. Hinzu kommt, dass man ausweislich des Statusberichts für die Sitzung des Beteiligungsausschusses am 08.04.2003 (Anlage 48 in Anlagenordner I) davon ausgegangen ist, Q werde zwar insgesamt 25,6 Mio. € an Einnahmen erzielen, indessen würden für die Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung der Gebr. C voraussichtlich 25,7 Mio. € benötigt. Ist man danach aber davon ausgegangen, dass Q aller Voraussicht nach keine Überschüsse erzielen werde, liegt es eher fern, dass die Beteiligten – der damalige Vorstandsvorsitzende T2 sowie der Beklagte zu 1) – hinsichtlich der Frage, wem das Vermögen der Q und etwa verbliebene Überschüsse „gehöre“ – einen Regelungsbedarf gesehen und hierzu eine Vereinbarung getroffen haben.
37Die Bekundungen der erstinstanzlich hierzu vernommenen Zeugen G, W (vormals T5) und Dr. T6 sind nicht geeignet, in der sich aus den vorbezeichneten Erwägungen ergebenden widersprüchlichen Situation eine für die Richtigkeit der Behauptung der Klägerin sprechende Klärung herbeizuführen.
38Soweit in von den vorbezeichneten Zeugen erstellten Unterlagen sowie Vorlagen für den Vorstand und den Kreditausschuss zum Ausdruck gebracht wurde, dass Erträge der Q dem T-Konzern zufließen sollten, und dass es sich bei der Q bzw. deren Mitteln um treuhänderisch für die Klägerin verwaltetes Vermögen handele bzw. der Beklagte zu 1) insoweit als „Sachwalter“ für die Klägerin agiere, gründet dies nicht auf eine in der Gegenwart der Zeugen gefallene oder anderweitig von ihnen in Erfahrung gebrachte Äußerung der unmittelbar beteiligten Protagonisten, nämlich des früheren Vorstandsvorsitzenden T2 sowie des Beklagten zu 1). Sowohl der Beklagte zu 1) als auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende T2 der Klägerin stellen die Vereinbarung einer in Bezug auf das Vermögen der Q samt verbliebenen Überschüssen bestehenden treugeberischen Position oder sonstigen Berechtigung der Klägerin in Abrede. In dem Ermittlungsverfahren 114 Js 10/09 hat sich Herr T2 über seine Verteidigerin vielmehr dahingehend geäußert, dass die „Q-Gelder“ zu keinem Zeitpunkt seiner Verfügungsbefugnis unterstanden und ist überdies der Annahme entgegen getreten, dass die Weisungsbefugnis für das bei der Q liegende Vermögen bei ihm gelegen habe und damit der Klägerin zuzuordnen sei (vgl. Anlage AG 9, dort S. 7 ff/ 8, 11 f). Soweit die Zeugen die Position des Beklagten zu 1) und der über seine Person in das Konzept zur „Rettung“ der N eingebrachten Q als treuhänderisch gebunden bzw. als Sachwalter der Klägerin bezeichnet haben, handelt es sich vielmehr um eine Beurteilung des ihnen bekannt gewordenen Sachverhalts, die im Wesentlichen auf ihrer subjektiven Würdigung gründet. So hat der Zeuge G im Rahmen seiner Vernehmung durch das Landgericht u.a. angegeben, es sei für ihn „völlig klar gewesen“, dass Überschüsse bei der Q dem Sparkassenkonzern zufließen sollten, obwohl er keine Erinnerung dazu hatte, ob in einem Gespräch am 26.09.2002 mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden T2 überhaupt auf dieses Thema eingegangen worden sei. Auch im Übrigen lässt sich seinen Angaben entnehmen, dass „aus seiner Sicht“ (vgl. Bl. 468 d. A.) bzw. „nach seinem Verständnis“ (Bl. 472 d. A.) die „Gelder der Q in den Sparkassenkonzern zurückfließen sollten“. Entsprechendes ergibt sich aus den Aussagen des Zeugen G im Rahmen seiner Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft in den Verfahren 115 Js 442/10 (dort S. 8 f Anlage 40 in Anlagenordner I) und 114 Js 220/09, 115 Js 92/10 und 115 Js 36/10 (Anlage 2 – dort S.18 f/ 29 ff; Anlage 1 dort S. 13 ff, und Anlage B 29 – dort S. 14 – jeweils in Anlagenordner IV). Das gleiche Bild ergibt sich aus den Angaben des Zeugen W im Rahmen seiner erstinstanzlichen Vernehmung; danach sei „allen klar“ gewesen, dass die Erträge der Q „letztlich dem Sparkassenkonzern zustehen sollten“ und man sei „immer davon ausgegangen, dass es dort eine ensprechende Abrede“ gegeben habe, „dass die Gelder der Sparkasse zufließen sollten“ (Bl. 479, 485 f d. A.). Soweit der Zeuge weiter angegeben hat, dass „uns stets vermittelt“ worden sei, dass – „wenn bei Q noch Erträge übrig blieben, diese ebenfalls wieder an den Sparkassenkonzern zurückfließen sollten“, sind keine belastbaren Anhaltspunkte genannt, dass dies von Seiten des Vorstands, insbesondere des früheren Vorstandsvorsitzenden T2 oder aber des Beklagten zu 1) vermittelt worden sei. Allein die Angabe, dass dies „seitens des Vorstandsekretariats“ kommuniziert worden sei (Bl. 481 d. A.), lässt keine abweichende Wertung zu. Denn auch die Aussagen des als Assistent des damaligen Vorstandsvorsitzenden T2 tätigen Herrn X im Rahmen seiner Zeugenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft Köln belegen, dass seine Antwort auf die Frage, ob Überschüsse bzw. verbliebende Gelder u.a. von Q dem T-Konzern zustünden, ebenso lediglich die subjektive Wertung des Zeugen zum Ausdruck bringt, wie dies bei seiner Aussage der Fall ist, dass der Beklagte zu 1) als Treuhänder der Sparkasse fungiert habe (vgl. Anlage 69, dort S. 16 und 26 in Anlagenordner II). Die Bekundungen des Zeugen T6, wonach der damalige Vorstandsvorsitzenden Schröder nie einen Zweifel daran gelassen habe, dass es sich bei Geldern, die mit Projektentwicklungen erzielt wurden, um Sparkassengelder handele (Bl. 491 d. A.), lassen nicht erkennen, dass dem eine konkrete Äußerung oder ein konkretes Verhalten des damaligen Vorstandsvorstandvorsitzenden zu Grunde lag, sondern dass es sich letztlich nur um das „Empfinden aller an der Sache Beteiligten“ handelte, dass „das Geld Vermögen der Sparkasse“ gewesen sei (Bl. 496 d. A.).
39Die vorstehenden Umstände in ihrer Gesamtheit würdigend lässt sich nach alledem aber der für die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Zutreffens der Behauptung der Klägerin, das Vermögen der Q und/oder die verbliebenen Überschüsse habe/hätten ihr zugerechnet werden sollen, erforderliche Überzeugungsgrad nicht gewinnen.
40Die Annahme, dass Überschüsse, welche der Q aus den ihr von der Klägerin bzw. dem „Sparkassen-Konzern“ zur Verfügung gestellten Mitteln verblieben, an die „geldgebende“ Klägerin abgeführt werden sollten, mag nach den eingangs aufgezeigten, die Gründung, den Zweck und die Tätigkeit der Q begleitenden Umständen Erwägungen der Wirtschaftlichkeit entsprechen. Dass die nach der „Papierlage“ gewollte rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Q aber in diesem Sinne abweichend gehandhabt wurde und die Klägerin unter bewusster Umgehung der sparkassenaufsichtsrechtlichen Bestimmung des § 7 Abs. 3 SparkVO vorgegangen ist, indem sie die Mittel der Q als eigene eingeordnet hat, ist nicht zu erkennen. Denn hätte die Klägerin tatsächlich mit dem Beklagten zu 1) eine Abrede getroffen, dass die Überschüsse der Q an sie abzuführen sind, so wäre eine solche klandestine Übereinkunft spätestens bei erfolgten Rückführungen publik geworden oder aber zumindest buchungstechnisch zu bewältigen und ggf. ebenfalls wiederum zu verdecken gewesen. Dass insoweit konkrete Maßnahmen – ggf. durch das Erstellen von Scheinrechnungen – seitens der Klägerin oder ihrer Tochtergesellschaften ergriffen wurden, lässt sich allerdings nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Soweit die Q an die T eine Zahlung in Höhe von 3.323.398 € leistete entspricht das im wesentlichen der Summe aus den Beträgen, welche die T für die Bedienung der Mieteinstandsverpflichtung der Gebrüder C verauslagt hat und dem der N2 im Jahr 2000 gewährten Darlehen und ist ein Zusammenhang mit einem seitens der Q erzielten Überschuss nicht ersichtlich. Die Klägerin ist auch erst längere Zeit nach dem Ausscheiden ihres früheren Vorstandsvorsitzenden T2 initiativ geworden, hinsichtlich der in Rede stehenden Überschüsse der Q überhaupt Ansprüche geltend zu machen, obwohl sich jedenfalls aus dem Bericht der internen Revision vom 06.09.2009 (Anlage AG 1 in Anlagenordner IV, dort S. 20 f/148 ff/153 ff) ausreichende Hinweise auf die Rolle der Q und ihre Alimentierung aus Sparkassenmitteln ergaben, die den Schluss darauf nahe legen konnten, dass die der Q aus den generieten Einnahmen verbliebene Mitteln für die Klägerin zu beanspruchen seien. Die Klägerin hat stattdessen noch in dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.02.2012 (Anlage AG 8 in Anlagenordner IV, dort S. 48 f) den Standpunkt vertreten, dass sie keinen Zugriff auf die Gelder von Gesellschaften aus „der Sphäre“ des Beklagten zu 1) gehabt habe und dass die Begründung einer Treuhand in Bezug auf die N-Anteile aus Gründen der SpkVO bewusst vermieden werden sollte, und dass davon auszugehen gewesen sei, dass auch ein treuhänderisch von einem Dritten gehaltener Anteil ihr zugerechnet worden wäre.
41c) Ist der Klägerin die Glaubhaftmachung einer zwischen ihrem früheren Vorstandsvorsitzenden T2 und dem Beklagten zu 1) bestehenden Übereinkunft nicht gelungen, dass das Vermögen der Q und/oder die hieraus verbliebenen Überschüsse in Wirklichkeit der Klägerin bzw. dem „Sparkassen-Konzern“ zuzurechnen sind, scheitert hieran nicht nur ein unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Treuebruchverbots des § 266 Abs. 1 StGB hinsichtlich des Beklagten zu 1) begründeter deliktischer, auf die Herausgabe des Erlangten gerichteter Schadensersatzanspruch, sondern scheitern aus diesem Grund auch die wegen Beihilfe geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten zu 2) und zu 3).
42III.
43Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
44Das nach Maßgabe von § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht anfechtbare und daher mit seiner Verkündung rechtskräftige Urteil ist gemäß § 704 ZPO vollstreckbar.
45Wert: 1,69 Mio. € (1/3 der arrestgesicherten Forderungen in Höhe von 5.060.830,00 Mio. €; vgl. Zöller/Herget, ZPO; 30. Auflage, § 3 RdNr. 16, Stichwort „Arrestverfahren“).
(1) Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, oder eines Verfahrens, das Gegenstand des Patents ist, in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(3) Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
(4) § 811 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 140b Abs. 8 gelten entsprechend.
(5) Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat, den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Wer im Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, kann an einem in diesem Gesetz geregelten Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht nur teilnehmen und die Rechte aus einem Patent nur geltend machen, wenn er einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt hat, der zur Vertretung im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem Patentgericht und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die das Patent betreffen, sowie zur Stellung von Strafanträgen befugt und bevollmächtigt ist.
(2) Der Ort, an dem ein nach Absatz 1 bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozessordnung als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet; fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, an dem der Vertreter im Inland seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem das Deutsche Patent- und Markenamt seinen Sitz hat.
(3) Die rechtsgeschäftliche Beendigung der Bestellung eines Vertreters nach Absatz 1 wird erst wirksam, wenn sowohl diese Beendigung als auch die Bestellung eines anderen Vertreters gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht angezeigt wird.
Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und die entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Dasselbe gilt für verzichtbare neue Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, wenn die Partei sie im ersten Rechtszug hätte vorbringen können. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Wer im Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, kann an einem in diesem Gesetz geregelten Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht nur teilnehmen und die Rechte aus einem Patent nur geltend machen, wenn er einen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt hat, der zur Vertretung im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, dem Patentgericht und in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die das Patent betreffen, sowie zur Stellung von Strafanträgen befugt und bevollmächtigt ist.
(2) Der Ort, an dem ein nach Absatz 1 bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozessordnung als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet; fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, an dem der Vertreter im Inland seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem das Deutsche Patent- und Markenamt seinen Sitz hat.
(3) Die rechtsgeschäftliche Beendigung der Bestellung eines Vertreters nach Absatz 1 wird erst wirksam, wenn sowohl diese Beendigung als auch die Bestellung eines anderen Vertreters gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt oder dem Patentgericht angezeigt wird.
(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt führt ein Register, das die Bezeichnung der Patentanmeldungen, in deren Akten jedermann Einsicht gewährt wird, und der erteilten Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie Namen und Wohnort der Anmelder oder Patentinhaber und ihrer etwa nach § 25 bestellten Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten angibt, wobei die Eintragung eines Vertreters oder Zustellungsbevollmächtigten genügt. Auch sind darin Anfang, Ablauf, Erlöschen, Anordnung der Beschränkung, Widerruf, Erklärung der Nichtigkeit der Patente und ergänzender Schutzzertifikate (§ 16a) sowie die Erhebung eines Einspruchs und einer Nichtigkeitsklage zu vermerken. In dem Register sind ferner der vom Europäischen Patentamt mitgeteilte Tag der Eintragung der einheitlichen Wirkung des europäischen Patents sowie der mitgeteilte Tag des Eintritts der Wirkung des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung nach Maßgabe des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes (ABl. L 361 vom 31.12.2012, S. 1; L 307 vom 28.10.2014, S. 83) zu vermerken.
(2) Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts kann bestimmen, daß weitere Angaben in das Register eingetragen werden.
(3) Das Deutsche Patent- und Markenamt vermerkt im Register eine Änderung in der Person, im Namen oder im Wohnort des Anmelders oder Patentinhabers und seines Vertreters sowie Zustellungsbevollmächtigten, wenn sie ihm nachgewiesen wird. Solange die Änderung nicht eingetragen ist, bleibt der frühere Anmelder, Patentinhaber, Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigte nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und verpflichtet. Übernimmt der neu im Register als Anmelder oder als Patentinhaber Eingetragene ein Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, ein Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht oder ein Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof, so ist dafür die Zustimmung der übrigen Verfahrensbeteiligten nicht erforderlich.
(4) Das Deutsche Patent- und Markenamt trägt auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz in das Register ein, wenn ihm die Zustimmung des anderen Teils nachgewiesen wird. Der Antrag nach Satz 1 ist unzulässig, solange eine Lizenzbereitschaft (§ 23 Abs. 1) erklärt ist. Die Eintragung wird auf Antrag des Patentinhabers oder des Lizenznehmers gelöscht. Der Löschungsantrag des Patentinhabers bedarf des Nachweises der Zustimmung des bei der Eintragung benannten Lizenznehmers oder seines Rechtsnachfolgers.
(5) (weggefallen)
Verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und die entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Dasselbe gilt für verzichtbare neue Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, wenn die Partei sie im ersten Rechtszug hätte vorbringen können. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung
- 1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen; - 2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten; - 3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
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der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
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die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
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einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, oder eines Verfahrens, das Gegenstand des Patents ist, in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(3) Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
(4) § 811 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 140b Abs. 8 gelten entsprechend.
(5) Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat, den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.
(1) Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, oder eines Verfahrens, das Gegenstand des Patents ist, in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(3) Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
(4) § 811 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 140b Abs. 8 gelten entsprechend.
(5) Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat, den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.
Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.
(1) Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, oder eines Verfahrens, das Gegenstand des Patents ist, in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(3) Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
(4) § 811 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 140b Abs. 8 gelten entsprechend.
(5) Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat, den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.
(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.
(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.
(1) Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, oder eines Verfahrens, das Gegenstand des Patents ist, in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(3) Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
(4) § 811 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 140b Abs. 8 gelten entsprechend.
(5) Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat, den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.
(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.
(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.
(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.
(1) Wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Rechtsinhaber oder einem anderen Berechtigten auf Vorlage einer Urkunde oder Besichtigung einer Sache, die sich in seiner Verfügungsgewalt befindet, oder eines Verfahrens, das Gegenstand des Patents ist, in Anspruch genommen werden, wenn dies zur Begründung von dessen Ansprüchen erforderlich ist. Besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung, erstreckt sich der Anspruch auch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen. Soweit der vermeintliche Verletzer geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um den im Einzelfall gebotenen Schutz zu gewährleisten.
(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(3) Die Verpflichtung zur Vorlage einer Urkunde oder zur Duldung der Besichtigung einer Sache kann im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden. Das Gericht trifft die erforderlichen Maßnahmen, um den Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung des Gegners erlassen wird.
(4) § 811 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 140b Abs. 8 gelten entsprechend.
(5) Wenn keine Verletzung vorlag oder drohte, kann der vermeintliche Verletzer von demjenigen, der die Vorlage oder Besichtigung nach Absatz 1 begehrt hat, den Ersatz des ihm durch das Begehren entstandenen Schadens verlangen.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.
(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,
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soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist, - 2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist, - 3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist, - 4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist, - 5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist, - 6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder - 7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
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das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.