Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Sept. 2016 - 7 C 1/15

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2016:280916U7C1.15.0
bei uns veröffentlicht am28.09.2016

Tatbestand

1

Der Kläger, eine anerkannte Vereinigung im Sinne von § 3 Abs. 1 UmwRG, wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10. August 2009 zur Errichtung und zum Betrieb einer Schweinemastanlage, gegen eine mit Bescheid vom 30. Mai 2012 ergänzend angeordnete Auflage sowie gegen drei Bescheide vom 20. Oktober 2011, 5. September 2013 und 8. Juni 2015, mit denen die Frist zur Inbetriebnahme des Vorhabens jeweils verlängert wurde, zuletzt bis zum 31. Dezember 2016.

2

Der Standort des genehmigten Vorhabens befindet sich in der Nähe eines Ortsteils der Stadt J., benachbart zu einem FFH-Gebiet. Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erfolgte, waren unter anderem eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung und eine Immissionsprognose. Einwendungen des Klägers gingen erst nach Ablauf der Einwendungsfrist bei dem Beklagten ein. Nach Durchführung des Erörterungstermins forderte der Beklagte von der Vorhabenträgerin eine FFH-Verträglichkeitsstudie, einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und eine Beeinträchtigungsprognose nach. Zu diesen Unterlagen erhielt der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

3

Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen die Bescheide vom 10. August 2009, vom 20. Oktober 2011 und vom 30. Mai 2012 als unzulässig ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Weder § 42 Abs. 2 VwGO noch die Vorschriften über die Zulässigkeit von Verbandsklagen vermittelten dem Kläger ein Klagerecht. Im Hinblick auf die angefochtene Genehmigung sei der Kläger mit allen Einwendungen ausgeschlossen, da er sie nicht innerhalb der Frist des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG erhoben habe. Die in § 2 Abs. 3 UmwRG geregelte Präklusion, deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt seien, stehe mit Unionsrecht im Einklang. Die Bescheide vom 20. Oktober 2011 und vom 30. Mai 2012 gehörten nicht zu den Entscheidungen, die nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz im Wege einer Verbandsklage anfechtbar seien.

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Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision, zu deren Gegenstand er auch die Bescheide vom 5. September 2013 und vom 8. Juni 2015 gemacht hat, trägt der Kläger im Wesentlichen vor: § 2 Abs. 3 UmwRG sei mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren und daher nicht anwendbar. Die Genehmigung sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und auch materiell rechtswidrig, namentlich wegen einer Verletzung von § 34 Abs. 2 BNatSchG. Hinsichtlich der weiteren angefochtenen Bescheide stehe ihm ein Klagerecht nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz zu. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts leide zudem unter mehreren Verfahrensfehlern.

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Der Kläger beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 28. November 2013, das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 28. August 2012, den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 10. August 2009, den Ergänzungsbescheid vom 30. Mai 2012 und den Verlängerungsbescheid vom 8. Juni 2015 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Verlängerungsbescheide vom 20. Oktober 2011 und 5. September 2013 rechtswidrig gewesen sind.

6

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Die Beigeladene ist der Auffassung, die Vorschriften über die Präklusion von Einwendungen im gerichtlichen Verfahren seien aus verfassungsrechtlichen Gründen unbeschadet der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anwendbar.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Soweit das angefochtene Urteil die Berufung gegen das die Klage gegen den Bescheid vom 10. August 2009 abweisende erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen hat, beruht es auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), denn für eine abschließende Entscheidung bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen (1.). Die weitergehende Revision ist unbegründet (2.).

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1. a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger unterliege bei der Anfechtung des Genehmigungsbescheids vom 10. August 2009 einem Einwendungsausschluss nach § 2 Abs. 3 Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069), weil er es unterlassen habe, innerhalb der Frist des § 10 Abs. 3 Satz 4 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1839) schriftlich Einwendungen zu erheben, steht mit revisiblem Recht nicht im Einklang. Der Ausschluss von Einwendungen, die nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist geltend gemacht worden sind, und die daran anknüpfende Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle durch § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG sind mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - UVP-Richtlinie (ABl. L 26 S. 1) und Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334 S. 17) nicht vereinbar (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683] - NJW 2015, 3495 Rn. 78 ff.). Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU ist zwar erst nach Erlass des Bescheids vom 10. August 2009 in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt galt mit Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175 S. 40) in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten geänderten Fassung eine Vorschrift, die Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU entspricht; die Neukodifikation durch die Richtlinie 2011/92/EU hat am Regelungsgehalt der zuvor geltenden Norm nichts geändert. Die Ausführungen des Gerichtshofs zum Anwendungsvorrang des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU sind somit auf Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG übertragbar.

10

Eine Präklusion des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG. Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall der Einwendungsausschluss allein auf die speziellere Norm des § 2 Abs. 3 UmwRG zu stützen wäre, ist auch § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG wegen seiner Unvereinbarkeit mit den genannten unionsrechtlichen Vorschriften nicht anwendbar, da sich sein Regelungsgehalt mit demjenigen des § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG deckt.

11

b) Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber § 2 Abs. 3 UmwRG und § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ist nicht von Verfassungs wegen ausgeschlossen. Zwar reicht der Anwendungsvorrang nur so weit, wie das Grundgesetz und das Zustimmungsgesetz die Übertragung von Hoheitsrechten erlauben oder vorsehen; er wird demnach durch die in Art. 79 Abs. 3 GG niedergelegte Verfassungsidentität des Grundgesetzes begrenzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 - BVerfGE 140, 317 Rn. 40). Die Verfassungsidentität, namentlich im Hinblick auf das von Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärte Prinzip der Gewaltenteilung (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 2015 - 2 BvF 1/69 u.a. - BVerfGE 30, 1 <27>), ist durch die Unanwendbarkeit der Präklusionsvorschriften jedoch nicht berührt. Denn dies führt lediglich dazu, dass der Regelfall wirkungsvollen Rechtsschutzes, wie er in Art. 19 Abs. 4 GG vorgesehen ist, eintritt. Danach ist - unbeschadet normativ eröffneter Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie der Tatbestandswirkung von Hoheitsakten - eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <111>). Mit der Präklusion fällt eine - ihrerseits rechtfertigungsbedürftige - Ausnahme von dieser Regel weg, ohne dass dies die von Art. 79 Abs. 3 GG garantierten Grundsätze berührte.

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c) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich nicht als anderweitig richtig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO). Entgegen der Auffassung des Klägers scheidet eine abschließende Sachentscheidung jedoch aus. Ohne weitere Tatsachenaufklärung lässt sich nicht beurteilen, ob der Genehmigungsbescheid rechtmäßig ist.

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aa) Dies gilt zunächst für die von der Revision geltend gemachten Fehler des Verwaltungsverfahrens.

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aaa) Das Vorhaben der Beigeladenen bedarf einer Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Die hierfür geltenden Verfahrensvorschriften finden sich in § 10 BImSchG und der 9. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über das Genehmigungsverfahren (BImSchV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. Mai 1992 (BGBl. I S. 1001), zuletzt geändert durch Art. 5 der Verordnung vom 28. April 2015 (BGBl. I S. 670), nicht aber in den von der Revision herangezogenen Normen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und des Unionsrechts. Insbesondere enthält die 9. BImSchV abschließende Regelungen über die in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung, wie sich aus § 1 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV ergibt. Ein ergänzender Rückgriff auf die Verfahrensvorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung kommt daher nicht in Betracht (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, § 1 der 9. BImSchV Rn. 9; Czajka, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, § 1 der 9. BImSchV Rn. 17; Gallas, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, § 4 UVPG Rn. 24 f.).

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Anderes folgt entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Diese Vorschrift legt Rechtsfolgen bestimmter Verstöße gegen § 9 UVPG oder § 10 BImSchG fest, ordnet aber nicht an, dass diese beiden Vorschriften in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nebeneinander anzuwenden sind. Schließlich sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die UVP-Richtlinie hinsichtlich des hier in Rede stehenden Verfahrensrechts im deutschen Recht unzureichend umgesetzt ist, so dass sich schon aus diesem Grund eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie verbietet.

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bbb) Die Beurteilung der Frage, ob die Genehmigungsbehörde ihrer Pflicht genügt hat, gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV nach Antragseingang die Vollständigkeit der - auch als Grundlage der Öffentlichkeitsbeteiligung dienenden - Antragsunterlagen zu prüfen, setzt weitere tatsächliche Feststellungen voraus.

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Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren wird nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BImSchG durch einen schriftlichen Antrag eingeleitet. Ihm sind gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG die zur Prüfung nach § 6 BImSchG erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen, welche gegebenenfalls zu ergänzen sind (§ 10 Abs. 1 Satz 3 BImSchG). Weitere Bestimmungen über den Umfang der vorzulegenden Unterlagen enthalten §§ 4 ff. der 9. BImSchV; in § 4e der 9. BImSchV finden sich Regelungen über zusätzliche Angaben, die der Antragsteller bei einem UVP-pflichtigen Vorhaben zu machen hat. Ob die vorgelegten Unterlagen diesen Anforderungen entsprechen, ist nicht rückblickend auf der Grundlage der bis zur Entscheidung über die Genehmigung gewonnenen Erkenntnisse, sondern aus der Perspektive der Genehmigungsbehörde vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zu beurteilen. Von den Vorinstanzen sind keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen worden, die dem Senat diese Beurteilung erlauben würden.

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ccc) Die Revision hält außerdem die durchgeführte Öffentlichkeitsbeteiligung für fehlerhaft. Auch insoweit ist dem Senat eine abschließende Sachentscheidung verwehrt.

19

Im Hinblick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung bestimmen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG und § 10 Abs. 1 der 9. BImSchV den Umfang der auszulegenden Unterlagen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG sind der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, zur Einsicht auszulegen. § 10 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV konkretisiert den Umfang dieser Unterlagen. Auszulegen sind die dem Antrag beigefügten Unterlagen, die die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit enthalten. Ferner sind die vom Antragsteller zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zusätzlich beigefügten Unterlagen auszulegen, wenn das Vorhaben - wie hier - eine UVP-pflichtige Anlage betrifft (§ 10 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 1 der 9. BImSchV). Diese Vorschrift knüpft an § 4e der 9. BImSchV an, wonach bei UVP-pflichtigen Vorhaben zusätzliche Angaben zur Prüfung der Umweltverträglichkeit zu machen sind. Die erwähnten Regelungen beziehen sich ihrem Wortlaut nach auf die tatsächlich vorgelegten Unterlagen. Im systematischen Zusammenhang mit dem Erfordernis des § 7 Abs. 1 der 9. BImSchV, die Unterlagen vor Durchführung des weiteren Verfahrens auf Vollständigkeit zu prüfen und gegebenenfalls auf ihre Vervollständigung hinzuwirken, ist aber davon auszugehen, dass Fehler auf dieser vorgängigen Verfahrensstufe auf die nachfolgende Auslegung der Planunterlagen durchschlagen können mit der Folge, dass ein solcher Mangel der Auslegung sich nur durch Einholung ergänzender Unterlagen und erneute Beteiligung der Öffentlichkeit ausräumen ließe. Auch insoweit fehlt es bisher an ausreichenden Feststellungen für die gebotene Überprüfung.

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Soweit der Kläger eine unzureichende Öffentlichkeitsbeteiligung daraus ableitet, dass der betroffenen Öffentlichkeit nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. a der UVP-Richtlinie alle im Laufe des Verfahrens gemäß Art. 5 der Richtlinie eingeholten Informationen zugänglich zu machen seien, ist ihm nicht zu folgen. Hierfür findet sich in der Richtlinie kein Anhalt. Vielmehr stellen die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie sicher, dass nachträglich zugänglich gewordene Unterlagen der betroffenen Öffentlichkeit in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Umweltinformations-Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABI. L 41 S. 26) zugänglich gemacht werden. Diese Verpflichtung hat der nationale Gesetzgeber in § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG und § 10 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV umgesetzt. Danach sind der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegende Unterlagen der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Daraus folgt zugleich, dass nachgereichte Unterlagen die Genehmigungsbehörde nicht ohne Weiteres verpflichten, einen weiteren Erörterungstermin durchzuführen, zumal Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 2011/92/EU die Festlegung der genauen Vorkehrungen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die Anhörung der betroffenen Öffentlichkeit den Mitgliedstaaten überlässt. Entsprechendes gilt für die von der Revision ebenfalls in Bezug genommene Richtlinie 2010/75/EU. Nach deren Anhang IV Nr. 2 Buchst. b stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der betroffenen Öffentlichkeit nachgereichte Unterlagen in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Umweltinformations-Richtlinie zugänglich gemacht werden.

21

ddd) Ein Verfahrensfehler könnte zudem nur dann zum Erfolg der Klage führen, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 1a UmwRG vorliegen, zu denen es gegebenenfalls weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

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bb) Ohne zusätzliche tatrichterliche Feststellungen kann auch kein Verstoß des Genehmigungsbescheids gegen materielles Recht, insbesondere § 34 Abs. 2 BNatSchG, bejaht werden.

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aaa) Entgegen der Auffassung der Revision ist ein Verstoß gegen § 34 Abs. 2 BNatSchG nicht schon dem angefochtenen Bescheid selbst zu entnehmen. Der Senat kann den Genehmigungsbescheid mangels tatrichterlicher Feststellungen zu seinem Erklärungsinhalt selbst auslegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 - NVwZ 2016, 308 Rn. 33). Dabei ist entsprechend §§ 133, 157 BGB der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger verstehen konnte. Eine daran orientierte Auslegung des Genehmigungsbescheids ergibt, dass sich der Beklagte der Naturschutzbehörde angeschlossen hat, die unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers zu der Einschätzung gelangt ist, an dem bisherigen Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung sei festzuhalten. Dies kann nur so interpretiert werden, dass erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG verneint werden. Ein gegenteiliges Verständnis erscheint fernliegend, denn es unterstellte dem Beklagten, er habe die Genehmigung erteilt, obwohl er selbst davon ausgegangen sei, dass eine Voraussetzung hierfür nicht vorliege.

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bbb) Letzteres folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte der Genehmigung die Nebenbestimmung 10.1 beigefügt hat. Die Anordnung eines Monitorings beruht nicht darauf, dass der Beklagte von der praktischen Möglichkeit bestimmter erheblicher Beeinträchtigungen im Sinne des § 34 Abs. 2 BNatSchG ausgegangen wäre. Vielmehr wollte er lediglich ergänzend für den Fall vorsorgen, dass sich später prognostisch nicht absehbare Beeinträchtigungen der näher bezeichneten Lebensraumtypen einstellen sollten.

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ccc) Die Revision meint außerdem, der angefochtene Bescheid lege einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde, weil er verkenne, dass auch eine "noch tolerierbare Beeinträchtigung" eines Erhaltungsziels als Beeinträchtigung im Rechtssinne zu werten sei. Der Bescheid geht indes aufgrund des angewendeten Prüfungsschemas auch bei einer als noch tolerierbare Beeinträchtigung bezeichneten Einwirkung davon aus, dass die betroffenen Lebensräume ihre Funktion in vollem Umfang erfüllen können. Es handelt sich - wie in der von der Revision zitierten Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 - 9 A 12.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13 Rn. 85) - um eine nicht präzise Wortwahl. Der Beklagte hat aber nicht verkannt, dass es darauf ankommt, ob die Einwirkungen den Erhaltungszielen zuwiderlaufen.

26

ddd) Soweit die Revision sich darauf beruft, der Genehmigungsbescheid habe eine Beeinträchtigung des LRT 3150 durch anlagebedingte Stickstoffeinträge nicht ausgeschlossen, die vorhabenbedingten Einwirkungen könnten zu einer Erheblichkeit hinsichtlich des Erhaltungsziels und damit zu einem Verstoß gegen § 34 Abs. 2 BNatSchG führen, hängt die Beurteilung von tatsächlichen Fragen ab, die sich einer Würdigung im Revisionsverfahren entziehen.

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eee) Schließlich vermag der Senat die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmungen 10.1.3 und 10.1.4 nicht abschließend zu beurteilen. Eine Rechtsgrundlage für einen Vorbehalt nachträglicher Auflagen, wie er in Nr. 10.1.3 sinngemäß, in Nr. 10.1.4 ausdrücklich enthalten ist, bietet § 12 Abs. 2a Satz 1 BImSchG. Danach kann die Genehmigung mit Einverständnis des Antragstellers unter dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ohne darauf bezogene Feststellungen jedoch nicht beurteilt werden.

28

2. Die weitergehende Revision des Klägers ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die Anfechtung des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2012 zu Recht zurückgewiesen (a). Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den Verlängerungsbescheid vom 20. Oktober 2011 ist unzulässig (b). Soweit der Kläger die Verlängerungsbescheide vom 5. September 2013 und vom 8. Juni 2015 zum Gegenstand eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens gemacht bzw. angefochten hat, liegt eine gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung vor (c). Die Verfahrensrügen greifen nicht durch (d).

29

a) Die Klage gegen den Bescheid vom 30. Mai 2012, mit dem der Beklagte eine Nebenbestimmung zur Ablufthöhe (3.1.2.3 a) nachträglich in den Genehmigungsbescheid aufgenommen hat, ist mangels Klagebefugnis unzulässig. Ein Klagerecht nach § 2 UmwRG steht dem Kläger nicht zu. Die nachträgliche Hinzufügung einer weiteren (belastenden) Nebenbestimmung zu einer Genehmigung nach § 4 BImSchG ist keine Entscheidung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UVPG, die im Wege einer Verbandsklage anfechtbar ist. Nach dem hier allein in Frage kommenden § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG zählen zu den Entscheidungen die Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden. Damit kommen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren als Gegenstand der Umweltverbandsklage nach § 2 Abs. 1 UmwRG die Zulassungsentscheidung nach § 4 BImSchG, die Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG und der Vorbescheid nach § 9 BImSchG in Betracht (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, § 1 UmwRG Rn. 8), nicht jedoch eine nachträgliche Nebenbestimmung zu einer Genehmigung; denn diese entfaltet weder eine Zulassungswirkung noch enthält sie wenigstens Elemente einer Zulassungsentscheidung. Dieses Normverständnis steht mit Unionsrecht im Einklang. Art. 11 Abs. 1 der UVP-Richtlinie stellt zwar auf "Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen" ab, worunter grundsätzlich auch nachträgliche Maßnahmen in Bezug auf ein genehmigtes Vorhaben fallen. Allerdings muss für diese Maßnahmen in der UVP-Richtlinie eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen sein. Aus Art. 2 Abs. 2 der UVP-Richtlinie 2011/92/EU folgt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durchzuführen ist (vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, § 1 UmwRG Rn. 15). Einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung bedarf es vor Erlass nachträglicher Nebenbestimmungen danach nicht.

30

b) Soweit die Revision das Fortsetzungsfeststellungsbegehren hinsichtlich des Verlängerungsbescheids vom 20. Oktober 2011 betrifft, bleibt sie ohne Erfolg.

31

Nachdem dieser Bescheid sich durch Zeitablauf erledigt hat, durfte der Kläger sein Klagebegehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umstellen. Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO) steht dem nicht entgegen. Der Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO) und deshalb auch in der Revisionsinstanz noch zulässig (stRspr, z.B. BVerwG, Urteile vom 26. August 2010 - 3 C 35.09 - NVwZ 2011, 368 Rn. 10 und vom 20. November 2014 - 3 C 25.13 - NVwZ 2015, 749 Rn. 11).

32

Der Kläger hat aber - ungeachtet der Frage seines Klagerechts - nicht das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Es kommt darauf an, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 20 m.w.N.). Das ist im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz nicht der Fall. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich nicht unter dem hier allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr begründen. Daran fehlt es, weil der Beklagte in dem Verlängerungsbescheid vom 8. Juni 2015 die Frist letztmalig bis zum 31. Dezember 2016 verlängert hat. Der Erlass eines vergleichbaren Bescheids erscheint daher ausgeschlossen.

33

c) Soweit der Kläger die Verlängerungsbescheide vom 5. September 2013 und vom 8. Juni 2015 zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht hat, liegt eine nach § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässige Klageänderung vor. Insoweit hat der Kläger den bisherigen Klageanträgen weitere Klageanträge hinzugefügt, und damit den Streitgegenstand des Verfahrens geändert. Das führt auf eine Klageänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO; denn ein Fall des § 264 ZPO i.V.m. § 173 VwGO ist nicht gegeben. Eine nach § 264 Nr. 2 ZPO statthafte Klageerweiterung setzt voraus, dass der Klagegrund unverändert bleibt. Dies trifft hier nicht zu. Denn die Verlängerungsbescheide vom 5. September 2013 und vom 8. Juni 2015 betreffen andere Zeiträume als der Verlängerungsbescheid vom 20. Oktober 2011.

34

d) Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch. Von einer Begründung sieht der Senat ab (§ 144 Abs. 7 Satz 1 VwGO).

35

Die Sache ist auf Anregung aller Beteiligten an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Eine Erörterung in der Sache hat bislang nicht stattgefunden; sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht haben die Klage als unzulässig abgewiesen (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 1967 - 4 C 147.65 - BVerwGE 28, 317 und vom 18. November 1982 - 1 C 62.81 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 11).

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

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Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes1.die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;2.der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert od

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 4 Verfahrensfehler


(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn 1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 73 Anhörungsverfahren


(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundst

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 34 Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten; Ausnahmen


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erh

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen: 1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 2 Rechtsbehelfe von Vereinigungen


(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,2. Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,3. Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,4. kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie5.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 82


(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Wid

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 3 Anerkennung von Vereinigungen


(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung 1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorüber

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 12 Nebenbestimmungen zur Genehmigung


(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absat

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 9 Vorbescheid


(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 9 UVP-Pflicht bei Änderungsvorhaben


(1) Wird ein Vorhaben geändert, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn 1. allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemä

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 79


(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau ein

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 61 Freihaltung von Gewässern und Uferzonen


(1) Im Außenbereich dürfen an Bundeswasserstraßen und Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit einer Größe von mehr als 1 Hektar im Abstand bis 50 Meter von der Uferlinie keine baulichen Anlagen errichtet oder wesentlich geändert wer

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 142


(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 65 Abs. 2. (2) Ein im Revisionsverfahren nach § 65 Abs. 2 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zust

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 8 Teilgenehmigung


Auf Antrag soll eine Genehmigung für die Errichtung einer Anlage oder eines Teils einer Anlage oder für die Errichtung und den Betrieb eines Teils einer Anlage erteilt werden, wenn1.ein berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Teilgenehmigung be

Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG | § 4 Umweltverträglichkeitsprüfung


Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die Zulassungsentscheidungen dienen.

Neunte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV

Referenzen - Urteile

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Sept. 2016 - 7 C 1/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Sept. 2016 - 7 C 1/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 15. Dez. 2015 - 2 BvR 2735/14

bei uns veröffentlicht am 15.12.2015

Tenor 1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. November 2014 - III - 3 Ausl 108/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, so
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Sept. 2016 - 7 C 1/15.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 28. Sept. 2017 - 6 A 107/16

bei uns veröffentlicht am 28.09.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2) sind erstattungsfähig. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladenen

Referenzen

(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung

1.
nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2.
im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
3.
die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung, insbesondere für eine sachgerechte Beteiligung an behördlichen Entscheidungsverfahren, bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Vereinigung zu berücksichtigen,
4.
gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgt und
5.
jeder Person den Eintritt als Mitglied ermöglicht, die die Ziele der Vereinigung unterstützt; Mitglieder sind Personen, die mit dem Eintritt volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung der Vereinigung erhalten; bei Vereinigungen, deren Mitgliederkreis zu mindestens drei Vierteln aus juristischen Personen besteht, kann von der Voraussetzung nach Halbsatz 1 abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen diese Voraussetzung erfüllt.
In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen; dabei sind insbesondere anzugeben, ob die Vereinigung im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, sowie der räumliche Bereich, auf den sich die Anerkennung bezieht. Die Anerkennung kann, auch nachträglich, mit der Auflage verbunden werden, dass Satzungsänderungen mitzuteilen sind. Sie ist von der zuständigen Behörde im Internet zu veröffentlichen.

(2) Für eine ausländische Vereinigung sowie für eine Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch das Umweltbundesamt ausgesprochen. Bei der Anerkennung einer Vereinigung nach Satz 1, die im Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege fördert, ergeht diese Anerkennung im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Naturschutz. Für die Anerkennung werden keine Gebühren und Auslagen erhoben.

(3) Für eine inländische Vereinigung mit einem Tätigkeitsbereich, der nicht über das Gebiet eines Landes hinausgeht, wird die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes ausgesprochen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.

(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.

(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.

(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.

(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist;
2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind;
3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann;
4.
dass
a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können,
b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
Nicht ortsansässige Betroffene, deren Person und Aufenthalt bekannt sind oder sich innerhalb angemessener Frist ermitteln lassen, sollen auf Veranlassung der Anhörungsbehörde von der Auslegung mit dem Hinweis nach Satz 2 benachrichtigt werden.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.

(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.

(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.

(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. November 2014 - III - 3 Ausl 108/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er die Auslieferung des Beschwerdeführers für zulässig erklärt; er wird in diesem Umfang aufgehoben. Damit wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. November 2014 - III - 3 Ausl 108/14 - gegenstandslos.

2. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

3. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslieferung des Beschwerdeführers nach Italien auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls, der zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Beschwerdeführers ergangenen Strafurteils erlassen wurde.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit rechtskräftigem Urteil der Corte di Appello von Florenz aus dem Jahr 1992 wurde er in Abwesenheit wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung sowie der Einfuhr und des Besitzes von Kokain zu einer Freiheitsstrafe von 30 Jahren verurteilt. Im Jahr 2014 wurde er aufgrund eines Auslieferungsersuchens der Italienischen Republik, das sich auf einen Europäischen Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft bei der Corte di Appello von Florenz aus demselben Jahr stützt, in Deutschland festgenommen.

3

a) Mit dem Europäischen Haftbefehl wird die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe begehrt. Aus dem Europäischen Haftbefehl geht hervor, dass dem Beschwerdeführer das zugrunde liegende Urteil aus dem Jahr 1992 nicht persönlich zugestellt wurde. Das Formblatt zum Europäischen Haftbefehl lautet insoweit:

d) Geben Sie an, ob die Person zu der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, persönlich erschienen ist:

1. Ja, die Person ist zu der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, persönlich erschienen.

2. Nein, die Person ist zu der Verhandlung, die zur Entscheidung geführt hat, nicht persönlich erschienen.

3. Bitte geben Sie zu der unter Nummer 2 angekreuzten Möglichkeit an, dass eine der folgenden Möglichkeiten zutrifft:

3.4 der Person wurde die Entscheidung nicht persönlich zugestellt, aber

- sie wird die Entscheidung unverzüglich nach der Übergabe zugestellt erhalten, und

- sie wird bei der Zustellung der Entscheidung ausdrücklich von ihrem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren in Kenntnis gesetzt werden, an dem die Person teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft werden und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann, und

- sie wird von der Frist in Kenntnis gesetzt werden, über die sie verfügt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. ein Berufungsverfahren zu beantragen, die … Tage beträgt.

4

Punkt 3.4 hatte die Generalstaatsanwaltschaft Florenz angekreuzt. Punkt 2, wonach die ersuchende Behörde bestätigt, dass die auszuliefernde Person zu der Verhandlung, die zu der Entscheidung geführt hat, nicht persönlich erschienen ist, ließ sie hingegen offen. Die Länge der in Punkt 3.4 des Formblatts zum Europäischen Haftbefehl genannten Antragsfrist gab die Generalstaatsanwaltschaft Florenz ebenfalls nicht an.

5

b) Buchstabe d, Punkt 3.4 des Formblatts zum Europäischen Haftbefehl geht auf Art. 4a Abs. 1 Buchstabe d Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl EU Nr. L 190 vom 18. Juli 2002, S. 1) in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 (ABl EU Nr. L 81 vom 27. März 2009, S. 24) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl bzw. RbEuHb) zurück. Art. 4a Abs. 1 RbEuHb lautet:

Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die Person nicht persönlich erschienen ist

(1) Die vollstreckende Justizbehörde kann die Vollstreckung eines zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung ausgestellten Europäischen Haftbefehls auch verweigern, wenn die Person nicht persönlich zu der Verhandlung erschienen ist, die zu der Entscheidung geführt hat, es sei denn, aus dem Europäischen Haftbefehl geht hervor, dass die Person im Einklang mit den weiteren verfahrensrechtlichen Vorschriften des einzelstaatlichen Rechts des Ausstellungsmitgliedstaats

a) rechtzeitig

i) entweder persönlich vorgeladen wurde und dabei von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung in Kenntnis gesetzt wurde, die zu der Entscheidung geführt hat, oder auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort dieser Verhandlung in Kenntnis gesetzt wurde, und zwar auf eine Weise, dass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass sie von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte,

und

ii) davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass eine Entscheidung auch dann ergehen kann, wenn sie zu der Verhandlung nicht erscheint;

oder

b) in Kenntnis der anberaumten Verhandlung ein Mandat an einen Rechtsbeistand, der entweder von der betroffenen Person oder vom Staat bestellt wurde, erteilt hat, sie bei der Verhandlung zu verteidigen, und bei der Verhandlung von diesem Rechtsbeistand tatsächlich verteidigt worden ist;

oder

c) nachdem ihr die Entscheidung zugestellt und sie ausdrücklich von ihrem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren in Kenntnis gesetzt worden ist, an dem die Person teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft werden und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann:

i) ausdrücklich erklärt hat, dass sie die Entscheidung nicht anficht;

oder

ii) innerhalb der geltenden Frist keine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. kein Berufungsverfahren beantragt hat;

oder

d) die Entscheidung nicht persönlich zugestellt erhalten hat, aber

i) sie unverzüglich nach der Übergabe persönlich zugestellt erhalten wird und ausdrücklich von ihrem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren in Kenntnis gesetzt werden wird, an dem die Person teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft werden und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann

und

ii) von der Frist in Kenntnis gesetzt werden wird, über die sie gemäß dem einschlägigen Europäischen Haftbefehl verfügt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens bzw. ein Berufungsverfahren zu beantragen.

6

Italien hat eine nach Artikel 8 Absatz 3 des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI zulässige Erklärung abgegeben (ABl Nr. L 97 vom 16. April 2009, S. 26), infolge derer der Rahmenbeschluss spätestens ab dem 1. Januar 2014 Anwendung findet auf die Anerkennung und Durchführung von Entscheidungen der zuständigen italienischen Behörden, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, bei der die betroffene Person nicht anwesend war.

7

c) Die für die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls maßgeblichen nationalen Vorschriften finden sich im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG - (BGBl I 1982 S. 2071). In der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1721) lauteten § 73 und § 83:

§ 73 Grenze der Rechtshilfe

Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten und Zehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.

§ 83 Ergänzende Zulässigkeitsvoraussetzungen

Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

3. bei Ersuchen zur Vollstreckung das dem Ersuchen zugrunde liegende Urteil in Abwesenheit des Verfolgten ergangen ist und der Verfolgte zu dem Termin nicht persönlich geladen oder nicht auf andere Weise von dem Termin, der zu dem Abwesenheitsurteil geführt hat, unterrichtet worden war, es sei denn, dass der Verfolgte in Kenntnis des gegen ihn gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder ihm nach seiner Überstellung das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren, in dem der gegen ihn erhobene Vorwurf umfassend überprüft wird, und auf Anwesenheit bei der Gerichtsverhandlung eingeräumt wird … .

8

d) Mit Beschluss vom 14. August 2014 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass mit Blick auf das Vorliegen eines Abwesenheitsurteils die sich aus § 83 Nr. 3 IRG ergebenden Voraussetzungen derzeit nicht feststellbar seien.

9

Aus den Angaben der italienischen Behörden folge nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass der Beschwerdeführer nach seiner Überstellung die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit habe, nachträglich eine umfassende gerichtliche Überprüfung der in seiner Abwesenheit erfolgten Verurteilung im Sinne einer neuen tatsächlichen Überprüfung der Feststellungen zum Schuldvorwurf und der erkannten Rechtsfolge zu erreichen. Dem Europäischen Haftbefehl lasse sich nicht entnehmen, dass der Beschwerdeführer dies durch einen einfachen Rechtsbehelf erreichen könne, der nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft sei und der ihm keine Beweislast auferlege. Die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Art. 630 ff. CPP (Codice di procedura penale - italienische Strafprozessordnung) sei als außerordentlicher Rechtsbehelf ein Instrument mit Ausnahmecharakter und als solches an streng geregelte Wiederaufnahmegründe - insbesondere das Vorliegen neuer Beweise - gebunden. Das Oberlandesgericht forderte von den italienischen Behörden deshalb ergänzende Auskünfte zur tatsächlichen Kenntnis des Beschwerdeführers vom Verhandlungstermin und seiner anwaltlichen Vertretung sowie eine Zusicherung, dass ihm nach seiner Überstellung vorbehaltlos das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren in seiner Anwesenheit eingeräumt werde, in dem der gegen ihn erhobene Vorwurf umfassend geprüft werde.

10

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 teilte die Generalstaatsanwaltschaft Florenz mit, dass nach Art. 175 CPP der Verurteilte innerhalb von dreißig Tagen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Rechtsmittelfrist beantragen könne, welche im Fall der Auslieferung aus dem Ausland mit dem Datum der Überstellung beginne. Über diesen Antrag werde der Richter entscheiden, der bei Antragstellung tätig sei, im Falle einer Verurteilung der Richter, der für die Rechtsmitteleinlegung zuständig sei. Gegen die Anordnung, die den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückweise, könne Kassationsbeschwerde eingelegt werden. Ferner heißt es (zitiert nach der im Ausgangsverfahren in Auftrag gegebenen Übersetzung):

Falls dem Antrag stattgegeben wird, muss erneut eine Hauptverhandlung gegen den Verurteilten stattfinden, welcher erneut durch Anordnung geladen wird. Dem Verurteilten wird sein Verteidigungsrecht ohne Vorbehalt zugesichert.

11

Außerdem fügte die Generalstaatsanwaltschaft den Wortlaut des Art. 175 CPP in der Fassung des Gesetzes Nr. 60 vom 22. April 2005, also in der vor der Strafprozessreform aus dem Jahr 2014 geltenden Fassung, bei. Dieser lautet auszugsweise (zitiert nach der im Ausgangsverfahren in Auftrag gegebenen Übersetzung):

2. Falls ein Versäumnisurteil oder ein Strafbefehl erlassen wurde, wird der Verurteilte auf seinen Antrag in die Rechtmittelfristen oder Einspruchsfristen wiedereingesetzt, es sei denn, dass dieser in Kenntnis des Verfahrens oder der Verfügung war und freiwillig auf Einspruch oder Rechtsmittel verzichtet hat. Zu diesem Zwecke wird die Justizbehörde jede erforderliche Prüfung vornehmen.

12

Über die Kenntnis des Beschwerdeführers vom Verhandlungstermin und seine anwaltliche Vertretung gab die Generalstaatsanwaltschaft Florenz keine näheren Auskünfte.

13

e) Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 machte der Beschwerdeführer geltend, er sei in Abwesenheit und ohne seine Kenntnis verurteilt worden. Ferner trug er unter Berufung auf deutschsprachige Literatur vor, die Wiedereinsetzung zur Einlegung eines Rechtsmittels stehe einem Recht auf das entzogene erstinstanzliche Verfahren nicht gleich. Die "verspätete" Berufung genüge wegen der beschränkten Prüfungskompetenz grundsätzlich nicht den Anforderungen an eine nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs. Im Regelfall finde in der Hauptverhandlung keine erneute Beweisaufnahme statt. Es handele sich um ein reines Aktenverfahren, in dem eine Beweisaufnahme nur in Ausnahmefällen möglich sei. Nach aktueller Gesetzeslage sei eine erneute Beweisaufnahme im Falle einer Abwesenheitsverurteilung nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer teilte dem Oberlandesgericht den Inhalt des einschlägigen Art. 603 CPP in italienischer und deutscher Sprache mit. Dieser ist in seinen Absätzen 1 bis 3 seit seinem Inkrafttreten 1988 unverändert und lautet (Italienische Strafprozeßordnung, Zweisprachige Ausgabe, Bauer/König/Kreuzer/Riz/Zanon, 1991):

1. Hat eine Partei in der Berufungsschrift oder in den gemäß Artikel 585 Absatz 4 hinterlegten Gründen die neuerliche Aufnahme von Beweisen, die bereits im Verfahren erster Instanz aufgenommen worden sind, oder die Aufnahme neuer Beweise beantragt, so ordnet das Gericht, wenn es der Ansicht ist, dass es auf Grund der Aktenlage nicht entscheiden kann, die Erneuerung des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung an.

2. Sind die neuen Beweise erst nach dem Verfahren erster Instanz entstanden oder aufgefunden worden, so ordnet das Gericht in den in Artikel 495 Absatz 1 vorgesehenen Grenzen die Erneuerung des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung an.

3. Die Erneuerung des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung wird von Amts wegen angeordnet, wenn das Gericht sie für unumgänglich notwendig erachtet (604 Abs. 6).

14

Der Beschwerdeführer machte geltend, nach dem möglicherweise anwendbaren (mittlerweile allerdings durch Gesetz vom 28. April 2014 abgeschafften) Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 werde eine neue Gerichtsverhandlung nur durchgeführt, wenn der Verurteilte nachweise, dass er von dem gegen ihn geführten Verfahren in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt Kenntnis gehabt und diesen Umstand auch nicht zu vertreten habe. Der Beschwerdeführer teilte auch den Inhalt von Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 in italienischer und deutscher Sprache mit. Dieser lautet (Italienische Strafprozeßordnung, Zweisprachige Ausgabe, Bauer/König/Kreuzer/Riz/Zanon, 1991):

4. Das Gericht ordnet außerdem die Erneuerung des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung an, wenn der in erster Instanz säumige Angeklagte einen entsprechenden Antrag stellt und den Beweis erbringt, dass er wegen Zufalls, wegen höherer Gewalt oder deswegen, weil er keine Kenntnis vom Ladungsdekret erhalten hatte, nicht erscheinen konnte, freilich vorausgesetzt, dass dieser Umstand im gegebenen Fall nicht auf sein Verschulden zurückzuführen ist oder dass er sich, wenn die Ladung zum Verfahren erster Instanz durch Aushändigung an den Verteidiger in den in Artikeln 159, 161, Absatz 4, und 169 vorgesehenen Fällen erfolgt ist, nicht willentlich der Kenntnisnahme von den Verfahrenshandlungen entzogen hat.

15

Die in Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 geregelte Beweis- und Darlegungslast sei identisch mit der Regelung in den früheren (vor 2005 geltenden) Fassungen des Art. 175 Abs. 2 CPP. Diese hätten dem Verurteilten die Beweis- und Darlegungslast hinsichtlich seiner Nichtkenntnis über das Verfahren auferlegt, was nach der einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ein Auslieferungshindernis begründet habe. Es liege nahe, dass Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 auf ihn anwendbar sei, weil nach einer Entscheidung der italienischenCorte di Cassazione vom 17. Juli 2014 (No. 36848) auf Abwesenheitsverfahren, die vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 28. April 2014 durchgeführt worden seien, die alte Rechtslage Anwendung finde. Die Entscheidung der Corte di Cassazione teilte der Beschwerdeführer dem Oberlandesgericht im Wortlaut mit. Dass Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 auf ihn anwendbar sei, werde auch dadurch belegt, dass die Generalstaatsanwaltschaft Florenz den Wortlaut des Art. 175 CPP in der vor der Strafprozessreform des Jahres 2014 geltenden Fassung von 2005 übersandt habe.

16

f) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 7. November 2014 erklärte das Oberlandesgericht die Auslieferung für zulässig. § 83 Nr. 3 IRG stehe ihr nicht entgegen. Nach den ergänzenden Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 gehe der Senat davon aus, dass der Beschwerdeführer nach seiner Überstellung das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren habe, in dem der gegen ihn erhobene Vorwurf umfassend überprüft werde und in dem ihm auch ein Recht auf Anwesenheit zustehe. Eine solche Überprüfung des Anklagevorwurfs sei durch den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 175 CPP in der dort mitgeteilten Fassung gewährleistet. Danach werde der Verurteilte "auf seinen Antrag in die Rechtsmittel- oder Einspruchsfristen wieder eingesetzt, es sei denn, dass dieser in Kenntnis des Verfahrens oder der Verfügung" gewesen sei "und freiwillig auf den Einspruch oder Rechtsmittel verzichtet" habe.

17

Es sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer ein tatsächlich wirksamer, von seinem Antrag abhängiger und nicht im Ermessen der italienischen Justizbehörden stehender Rechtsbehelf auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Verfügung stehe. Zugleich sei eine umfassende Überprüfung des Abwesenheitsurteils gewährleistet. Offen bleiben könne, ob diese Prüfung im Rahmen einer Berufungshauptverhandlung oder in einem neuen erstinstanzlichen Verfahren stattfinde. Es sei schon fraglich, ob der Einwand des Beschwerdeführers, das Berufungsverfahren nach italienischem Recht biete keine umfassende Überprüfung im Sinne des § 83 Nr. 3 IRG, überhaupt durchgreifen könne. Selbst wenn - wie vom Beschwerdeführer vorgetragen - im Rahmen des italienischen Berufungsverfahrens ("appello", Art. 593 ff. CPP) in der Hauptverhandlung im Regelfall keine erneute Beweisaufnahme stattfinde, so handele es sich doch um ein Rechtsmittel, mit dem sowohl die Tat- als auch die Rechtsfrage der erneuten Prüfung unterworfen würden (unter Verweis auf Maiwald, Einführung in das italienische Strafrecht und Strafprozessrecht, 2009, S. 237). Daraus ergebe sich, dass in der Sache eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung des Abwesenheitsurteils stattfinde, in deren Rahmen eine erneute Beweisaufnahme "jedenfalls nicht ausgeschlossen" sei.

18

Ein solches Verfahren genüge den Anforderungen des § 83 Nr. 3 IRG. Die Vorschrift gehe auf Art. 5 Nr. 1 RbEuHb (in der Fassung vom 13. Juni 2002, ABl EU Nr. L 190 vom 18. Juli 2002, S. 1) zurück. Bei dessen Umsetzung in deutsches Recht seien (zwar) die Voraussetzungen, unter denen ein Abwesenheitsurteil Grundlage der Auslieferung sein könne, an die von Rechtsprechung und Schrifttum zu § 73 IRG entwickelten Grundsätze angenähert worden. Aus den zu § 73 IRG entwickelten Grundsätzen ergebe sich indes kein Anspruch auf ein neues Gerichtsverfahren im Sinne einer vollständigen ersten Tatsachen- und Rechtsinstanz. Vielmehr reiche die Möglichkeit, sich nach Erlangung der Kenntnis von dem Urteil rechtliches Gehör verschaffen und wirksam verteidigen zu können. Dass mit der Einführung von § 83 Nr. 3 IRG eine Anhebung des zu § 73 IRG entwickelten Standards habe verbunden werden sollen, sei nicht ersichtlich.

19

Unabhängig von diesen allgemeinen Erwägungen ergebe sich für den vorliegenden Fall auch aus dem Antwortschreiben der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 hinreichend deutlich, dass der Vorwurf gegen den Beschwerdeführer in einem neuen Gerichtsverfahren umfassend überprüft werde. Nach diesem Schreiben bestehe im Falle der Wiedereinsetzung ausdrücklich ein Anspruch auf eine neue Hauptverhandlung und eine erneute Ladung; auch werde dem Beschwerdeführer sein Verteidigungsrecht ohne Vorbehalt zugesichert. Auf die Frage, ob dieser gegebenenfalls einen Anspruch auf Nichtigkeitsfeststellung und/oder auf eine Wiederaufnahme gemäß Art. 603 Abs. 4 CPP habe, komme es nach alledem nicht mehr an. Die Einholung eines Rechtsgutachtens zur aktuellen Rechtslage in Italien sei nicht erforderlich gewesen.

20

2. a) Mit Gegenvorstellung vom 13. November 2014 machte der Beschwerdeführer geltend, mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 175 CPP könne er nach italienischem Strafprozessrecht überhaupt nur erreichen, in die Rechtsmittelfrist einer Berufung eingesetzt zu werden. Das ergebe sich bereits aus dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft vortrage, es werde erneut eine Hauptverhandlung gegen den Verurteilten stattfinden, könne damit nur die Durchführung einer Berufungshauptverhandlung (Art. 593 ff. CPP) gemeint sein, da Art. 175 CPP lediglich die Wiedereinsetzung in eine Rechtsmittelfrist der Berufung ermögliche. Das Recht, Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen oder die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten, hätte der Beschwerdeführer nach italienischem Strafprozessrecht nur ganz ausnahmsweise, da er die Beweislast dafür trage, dass er von dem damaligen Verfahren keine Kenntnis gehabt habe. Ob eine erneute Beweisaufnahme stattfinde oder nicht, stehe zudem im Ermessen des Richters.

21

b) Mit Beschluss vom 27. November 2014 wies das Oberlandesgericht die Gegenvorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet zurück. Der Senat halte an seiner Auffassung fest, dass dem Beschwerdeführer bereits mit der - effektiv gegebenen - Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist des italienischen Berufungsverfahrens die Möglichkeit einer umfassenden Überprüfung des gegen ihn gerichteten Vorwurfs im Sinne von § 83 Nr. 3 IRG zur Verfügung stehe, da auf diese Weise eine vollständige Überprüfung der Stichhaltigkeit des gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurfs nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht gewährleistet sei. Dass die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers gemäß Art. 6 Abs. 3 EMRK im Rahmen der Berufungshauptverhandlung eingeschränkt wären, vermöge der Senat mit Blick auf die ergänzende Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 nicht zu erkennen. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestehe im Übrigen bei einem in erster Instanz ergangenen Abwesenheitsurteil kein Anspruch auf Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens; vielmehr solle eine Neuverhandlung vor einem Rechtsmittelgericht genügen.

22

Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahre 1985 die verspätete Berufung nach italienischem Recht als nicht ausreichende Überprüfungsmöglichkeit angesehen habe, führe vorliegend zu keiner anderen Beurteilung. Nach den damals maßgeblichen Vorschriften habe das Berufungsgericht über die Stichhaltigkeit der Anklage unter tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten nur entscheiden dürfen, wenn es der Ansicht gewesen sei, dass ein Verstoß der zuständigen Behörden gegen die bei der Erklärung einer strafverfolgten Person für "latitante" (untergetaucht) oder gegen die bei der Zustellung von Verfahrensdokumenten zu beachtenden Bestimmungen vorgelegen habe; zudem habe der Angeklagte beweisen müssen, dass er sich der Gerechtigkeit nicht habe entziehen wollen.

23

Eine derartige Beschränkung des italienischen Berufungsgerichts vermöge der Senat jedoch auch unter Berücksichtigung der von dem Beschwerdeführer vorgebrachten Bedenken für das auf diesen nunmehr anwendbare Berufungsverfahren nicht zu erkennen. Die danach jedenfalls bestehende Möglichkeit einer erneuten Erhebung bereits in erster Instanz erhobener Beweise bei der Überprüfung des Abwesenheitsurteils genüge den vom Senat in seinem Beschluss vom 7. November 2014 bereits ausführlich dargelegten Anforderungen an eine umfassende Überprüfung des Anklagevorwurfs im Sinne des § 83 Nr. 3 IRG. Die konkrete Ausgestaltung und Praxis des Berufungsverfahrens nach deutschem Recht könne im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung an einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union insoweit kein Maßstab sein.

II.

24

Auf den mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die 3. Kammer des Zweiten Senats mit Beschluss vom 27. November 2014 entschieden, die Übergabe des Beschwerdeführers an die Behörden der Italienischen Republik bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, einstweilen auszusetzen. Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat die 3. Kammer des Zweiten Senats und mit Beschluss vom 3. November 2015 der Zweite Senat die einstweilige Anordnung vom 27. November 2014 für die Dauer von jeweils weiteren sechs Monaten, längstens jedoch bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, wiederholt (§ 32 Abs. 6 Satz 2 BVerfGG).

III.

25

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2, Art. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG, seines Grundrechts auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 3 EMRK), eine Verletzung der nach Art. 25 GG verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandards sowie einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 EMRK. Er habe zu keinem Zeitpunkt davon Kenntnis gehabt, dass in Italien ein Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahren gegen ihn geführt worden sei. Zudem sei nicht gewährleistet, dass ihm nach seiner Auslieferung das Recht auf ein Gerichtsverfahren eingeräumt werde, in dem die Tatvorwürfe in seiner Anwesenheit erneut in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft würden.

26

Eine ausreichende Zusicherung der italienischen Regierung liege insoweit nicht vor. Dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 komme nicht die notwendige völkerrechtliche Verbindlichkeit zu. Das Oberlandesgericht habe die fehlende ausdrückliche Zusicherung nicht durch eine eigenständige Würdigung des Schreibens der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 ersetzen dürfen. Es hätte überprüfen müssen, ob dieser Zusicherung mit absoluter Sicherheit vertraut werden könne. Bestehende Aufklärungsmöglichkeiten, etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, habe es nicht ausgeschöpft.

27

Dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Florenz lasse sich auch nicht entnehmen, in welcher Weise und in welchem Rechtszug neu verhandelt würde. Da Art. 175 CPP nur die Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gewähre, sei nach italienischem Strafverfahrensrecht (Art. 593 ff. CPP) eine erneute Beweisaufnahme nicht garantiert. Das Berufungsverfahren sei ein reines "Aktenverfahren", bei dem es nur in Ausnahmefällen zu einer erneuten Beweisaufnahme komme. Dies hänge davon ab, ob dem Beschwerdeführer der Nachweis der Unkenntnis von dem in Abwesenheit gegen ihn geführten Verfahren gelinge. Ob eine neue Beweisaufnahme durchgeführt werde, stehe zudem im Ermessen des Richters. Dem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft lasse sich nicht entnehmen, dass mit der neuen Verhandlung eine erstinstanzliche Hauptverhandlung gemeint sei.

IV.

28

Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Senat vorgelegen. Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung, alle Landesregierungen, der Generalbundesanwalt und die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hatten Gelegenheit zur Äußerung. Von den Äußerungsberechtigten hat nur der Generalbundesanwalt Stellung genommen. Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

29

Die Rechtsanwendung durch das Oberlandesgericht sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Die fachgerichtliche Würdigung der Erklärungen der italienischen Strafverfolgungsbehörden sei jedenfalls vertretbar. Die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 habe das Oberlandesgericht als völkerrechtlich verbindliche Zusicherung eines neuen Verfahrens unter Wahrung der vollständigen Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers verstehen dürfen. Die Erklärung enthalte sowohl die Zusicherung eines Verfahrens, in welchem der Tatvorwurf in tatsächlicher Hinsicht geprüft werde, als auch der Wahrung der Verteidigungsrechte.

30

Das Oberlandesgericht sei verfassungsrechtlich nicht gehalten gewesen, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht der Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vertraue. Italien sei ein Mitgliedstaat der Europäischen Union, der bei der Anwendung seiner nationalen Rechtsnormen an die Vorgaben der Rahmenbeschlüsse der Europäischen Union und die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden sei. Dass Italien die eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen verletzen würde, habe das Oberlandesgericht nicht unterstellen müssen, zumal dies dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zuwiderlaufe, der das Recht der Europäischen Union präge.

31

Der Einwand des Beschwerdeführers, das Oberlandesgericht habe die Regelungen des italienischen Strafverfahrensrechts unzureichend interpretiert, gehe fehl. Die Behauptung, aus der Rechtsprechung der italienischen Corte di Cassazione ergebe sich, dass auf Verurteilungen, die vor dem 28. April 2014 erfolgt seien, Art. 175 CPP in seiner früheren Fassung anzuwenden sei, greife nicht durch. Eine solche Lesart sei im Antragsvorbringen nicht belegt. Dass die italienische Corte di Cassazione - unter eklatantem Bruch der Europäischen Menschenrechtskonvention und entgegen dem eindeutigen Willen des italienischen Gesetzgebers - zu der vor 2005 geltenden Rechtslage zurückgekehrt sei, erscheine derart fernliegend, dass es keiner weiteren Ausführungen hierzu bedurft habe. Zudem bezögen sich die Darlegungen des Beschwerdeführers primär auf die - offenbar im Jahr 2014 aufgehobene - Regelung zum Nichtigkeitsverfahren.

32

Der vom Beschwerdeführer behaupteten Umkehr der Beweislast zu seinen Lasten stehe jedenfalls die Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 entgegen, die die Anwendbarkeit der Beweislastregeln in der seit 2005 geltenden Fassung von Art. 175 CPP bestätigt habe. Dieser Fassung sei eine Beweislast zum Nachteil des Angeklagten nicht zu entnehmen. Das Oberlandesgericht habe deshalb keinen Grund zu der Annahme gehabt, der Antragsteller müsse - im Wiederaufnahmeverfahren - seine fehlende Kenntnis von dem gegen ihn in Abwesenheit geführten Verfahren beweisen.

33

In Anbetracht der Zusicherung der italienischen Behörden habe das Oberlandesgericht auch nicht der Frage nachgehen müssen, ob dem Beschwerdeführer die neue Hauptverhandlung in einem erstinstanzlichen Verfahren oder - bei mangelndem Erfolg eines Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit des Abwesenheitsurteils aus dem Jahre 1992 - in einem Berufungsverfahren eröffnet würde. Es habe entscheidend darauf abstellen dürfen, dass der gegen den Beschwerdeführer erhobene Tatvorwurf nach seiner Überstellung in einer Tatsacheninstanz unter Wahrung sämtlicher Verteidigungsrechte geprüft werde. Die Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 sichere dies unter Buchstabe d zu. Im Übrigen genüge es den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wenn der Beschwerdeführer nach seiner Überstellung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und wirksame Verteidigung in einem Verfahren wahrnehmen könne. Die Einhaltung dieser Mindestvoraussetzungen habe das Oberlandesgericht angesichts der vorliegenden Zusicherung als gewährleistet betrachten dürfen.

B.

34

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Die strengen Voraussetzungen für eine Identitätskontrolle (vgl. Rn. 49) sind erfüllt. Im Kern zutreffend setzt sich die Beschwerdeschrift mit den verfassungsrechtlichen Aspekten von in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen Strafurteilen sowie mit den damit zusammenhängenden Aufklärungspflichten der Gerichte auseinander. Aus der Verfassungsbeschwerde ergibt sich nachvollziehbar die Möglichkeit, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Überstellung nach Italien kein Rechtsbehelf zur Verfügung stehen wird, durch den das in seiner Abwesenheit ergangene Strafurteil in einer Weise angefochten werden kann, die seine nach dem Grundgesetz unabdingbaren und von der Garantie der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG umfassten Verteidigungsrechte gewährleistet (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Wird die Verletzung der Menschenwürdegarantie geltend gemacht, so prüft das Bundesverfassungsgericht - ungeachtet der bisherigen Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Verfassungsbeschwerden und Vorlagen, mit denen die Verletzung in Grundrechten des Grundgesetzes durch sekundäres Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht gerügt wurde (vgl. BVerfGE 73, 339 <378 ff.>; 102, 147 <161 ff.>) - einen solchen schwerwiegenden Grundrechtsverstoß im Rahmen der Identitätskontrolle (vgl. BVerfGE 113, 273 <295 ff.>; 123, 267 <344, 353 f.>; 126, 286 <302 f.>; 129, 78 <100>; 134, 366 <384 f. Rn. 27>; dazu sogleich unter C.I.2.bis 5.).

C.

35

Die Verfassungsbeschwerde ist auch begründet. Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Art. 79 Abs. 3 GG.

I.

36

Hoheitsakte der Europäischen Union und - soweit sie durch das Unionsrecht determiniert werden - Akte der deutschen öffentlichen Gewalt sind mit Blick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts grundsätzlich nicht am Maßstab der im Grundgesetz verankerten Grundrechte zu messen (1.). Der Anwendungsvorrang findet seine Grenze jedoch in den durch Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Grundsätzen der Verfassung (2.). Dazu gehören namentlich die Grundsätze des Art. 1 GG einschließlich des in der Menschenwürdegarantie verankerten Schuldprinzips im Strafrecht (3.). Die Gewährleistung dieser Grundsätze ist auch bei der Anwendung des Rechts der Europäischen Union oder unionsrechtlich determinierter Vorschriften durch die deutsche öffentliche Gewalt im Einzelfall sicherzustellen (4.). Eine Verletzung dieses unabdingbaren Maßes an Grundrechtsschutz kann vor dem Bundesverfassungsgericht allerdings nur gerügt werden, wenn substantiiert dargelegt wird, dass die Würde des Menschen im konkreten Fall tatsächlich beeinträchtigt wird (5.).

37

1. Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG wirkt die Bundesrepublik Deutschland an der Gründung und Fortentwicklung der Europäischen Union mit. Für den Erfolg der Europäischen Union ist die einheitliche Geltung ihres Rechts von zentraler Bedeutung (vgl. BVerfGE 73, 339 <368>; 123, 267 <399>; 126, 286 <301 f.>). Als Rechtsgemeinschaft von derzeit 28 Mitgliedstaaten könnte sie nicht bestehen, wenn die einheitliche Geltung und Wirksamkeit ihres Rechts nicht gewährleistet wäre (vgl. grundlegend EuGH, Urteil vom 15. Juli 1964, Costa/ENEL, 6/64, Slg. 1964, S. 1251 <1269 f.>). Art. 23 Abs. 1 GG enthält insoweit auch ein Wirksamkeits- und Durchsetzungsversprechen für das unionale Recht (vgl. BVerfGE 126, 286 <302>).

38

Mit der in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltenen Ermächtigung, Hoheitsrechte auf die Europäische Union zu übertragen, billigt das Grundgesetz daher die im Zustimmungsgesetz zu den Verträgen enthaltene Einräumung eines Anwendungsvorrangs zugunsten des Unionsrechts. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts vor nationalem Recht gilt grundsätzlich auch mit Blick auf entgegenstehendes nationales Verfassungsrecht (vgl. BVerfGE 129, 78 <100>) und führt bei einer Kollision im konkreten Fall in aller Regel zu dessen Unanwendbarkeit (vgl. BVerfGE 126, 286 <301>).

39

Auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 GG kann der Integrationsgesetzgeber nicht nur Organe und Stellen der Europäischen Union, soweit sie in Deutschland öffentliche Gewalt ausüben, von einer umfassenden Bindung an die Grundrechte und andere Gewährleistungen des Grundgesetzes freistellen, sondern auch deutsche Stellen, die Recht der Europäischen Union vollziehen (vgl. Streinz, Bundesverfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz und Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1989, S. 247 ff.). Das gilt nicht zuletzt für die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene, wenn diese Sekundär- oder Tertiärrecht umsetzen, ohne dabei über einen Gestaltungsspielraum zu verfügen (vgl. BVerfGE 118, 79 <95>; 122, 1 <20>). Umgekehrt sind die bei Bestehen eines Gestaltungsspielraums zur Ausfüllung erlassenen Rechtsakte einer verfassungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (vgl. BVerfGE 122, 1 <20 f.>; 129, 78 <90 f.>).

40

2. Der Anwendungsvorrang reicht jedoch nur soweit, wie das Grundgesetz und das Zustimmungsgesetz die Übertragung von Hoheitsrechten erlauben oder vorsehen (vgl. BVerfGE 73, 339 <375 f.>; 89, 155 <190>; 123, 267 <348 ff.>; 126, 286 <302>; 129, 78 <99>; 134, 366 <384 Rn. 26>). Der im Zustimmungsgesetz enthaltene Rechtsanwendungsbefehl kann nur im Rahmen der geltenden Verfassungsordnung erteilt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 <402>). Grenzen für die Öffnung deutscher Staatlichkeit ergeben sich - jenseits des im Zustimmungsgesetz niedergelegten Integrationsprogramms in seiner konkreten Ausgestaltung - aus der in Art. 79 Abs. 3 GG niedergelegten Verfassungsidentität des Grundgesetzes (a). Dies ist mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) vereinbar (b) und wird auch dadurch bestätigt, dass sich im Verfassungsrecht der meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vergleichbare Grenzen finden (c).

41

a) Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts wird im Wesentlichen durch die in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG verfassungsänderungs- und integrationsfest ausgestaltete Verfassungsidentität des Grundgesetzes begrenzt (aa). Zu deren Sicherstellung dient die Identitätskontrolle durch das Bundesverfassungsgericht (bb).

42

aa) Soweit Maßnahmen eines Organs oder einer sonstigen Stelle der Europäischen Union Auswirkungen zeitigen, die die durch Art. 79 Abs. 3 GG in Verbindung mit den in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätzen geschützte Verfassungsidentität berühren, gehen sie über die grundgesetzlichen Grenzen offener Staatlichkeit hinaus. Auf einer primärrechtlichen Ermächtigung kann eine derartige Maßnahme nicht beruhen, weil auch der mit der Mehrheit des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 GG entscheidende Integrationsgesetzgeber der Europäischen Union keine Hoheitsrechte übertragen kann, mit deren Inanspruchnahme eine Berührung der von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Verfassungsidentität einherginge (vgl. BVerfGE 113, 273 <296>; 123, 267 <348>; 134, 366 <384 Rn. 27>). Auf eine Rechtsfortbildung zunächst verfassungsmäßiger Einzelermächtigungen kann sie ebenfalls nicht gestützt werden, weil das Organ oder die Stelle der Europäischen Union damit ultra vires handelte (vgl. BVerfGE 134, 366 <384 Rn. 27>).

43

bb) Im Rahmen der Identitätskontrolle ist zu prüfen, ob die durch Art. 79 Abs. 3 GG für unantastbar erklärten Grundsätze durch eine Maßnahme der Europäischen Union berührt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 <344, 353 f.>; 126, 286 <302>; 129, 78 <100>; 134, 366 <384 f. Rn. 27>). Diese Prüfung kann - wie der Solange-Vorbehalt (vgl. BVerfGE 37, 271 <277 ff.>; 73, 339 <387>; 102, 147 <161 ff.>) oder die Ultra-vires-Kontrolle (BVerfGE 58, 1 <30 f.>; 75, 223 <235, 242>; 89, 155 <188>; 123, 267 <353 ff.>; 126, 286 <302 ff.>; 134, 366 <382 ff. Rn. 23 ff.>) - im Ergebnis dazu führen, dass Unionsrecht in Deutschland in eng begrenzten Einzelfällen für unanwendbar erklärt werden muss. Um zu verhindern, dass sich deutsche Behörden und Gerichte ohne weiteres über den Geltungsanspruch des Unionsrechts hinwegsetzen, verlangt die europarechtsfreundliche Anwendung von Art. 79 Abs. 3 GG zum Schutz der Funktionsfähigkeit der unionalen Rechtsordnung und bei Beachtung des in Art. 100 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens aber, dass die Feststellung einer Verletzung der Verfassungsidentität dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten bleibt (vgl. BVerfGE 123, 267 <354>). Dies wird auch durch die Regelung des Art. 100 Abs. 2 GG unterstrichen, nach der bei Zweifeln, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt, das Bundesverfassungsgericht angerufen werden muss (vgl. BVerfGE 37, 271 <285>). Mit der Identitätskontrolle kann das Bundesverfassungsgericht auch im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG) befasst werden (vgl. BVerfGE 123, 267 <354 f.>).

44

b) Die Identitätskontrolle verstößt nicht gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 4 Abs. 3 EUV. Sie ist vielmehr in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV der Sache nach angelegt (vgl. zur Berücksichtigung der nationalen Identität auch EuGH, Urteil vom 2. Juli 1996, Kommission/Luxemburg, C-473/93, SIg. 1996, I-3207, Rn. 35; Urteil vom 14. Oktober 2004, Omega, C-36/02, Slg. 2004, I-9609, Rn. 31 ff.; Urteil vom 12. Juni 2014, Digibet und Albers, C-156/13, EU:C:2014:1756, Rn. 34) und entspricht insoweit auch den besonderen Gegebenheiten der Europäischen Union. Die Europäische Union ist ein Staaten-, Verfassungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungsverbund, der seine Grundlagen letztlich in völkerrechtlichen Verträgen der Mitgliedstaaten findet. Als Herren der Verträge entscheiden diese durch nationale Geltungsanordnungen darüber, ob und inwieweit das Unionsrecht im jeweiligen Mitgliedstaat Geltung und Vorrang beanspruchen kann (vgl. BVerfGE 75, 223 <242>; 89, 155 <190>; 123, 267 <348 f., 381 ff.>; 126, 286 <302 f.>; 134, 366 <384 Rn. 26>). Nicht entscheidend ist, ob die Geltungsanordnung - wie in Frankreich (Art. 55 FrzVerf.), Österreich (Bundesverfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, BGBl für die Republik Österreich Nr. 744/1994) oder Spanien (Art. 96 Abs. 1 SpanVerf.) - im nationalen Verfassungsrecht oder - wie in Großbritannien - im Zustimmungsgesetz (European Communities Act 1972; vgl. Court of Appeal, Macarthys v. Smith, <1981> 1 All ER 111 <120>; Macarthys v. Smith, <1979> 3 All ER 325 <329>; House of Lords, Garland v. British Rail Engineering, <1982> 2 All ER 402 <415>) ausdrücklich niedergelegt ist, ob sie - wie in Deutschland - aufgrund einer systematischen, teleologischen und historischen Auslegung dem Zustimmungsgesetz entnommen oder ob die Nachrangigkeit des nationalen Rechts gegenüber dem Unionsrecht - wie in Italien - durch eine einzelfallbezogene Handhabung des nationalen Rechts erreicht wird (vgl. Corte Costituzionale, Entscheidung Nr. 170/1984, Granital, EuGRZ 1985, S. 98).

45

Es bedeutet daher keinen Widerspruch zur Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (Präambel, Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG), wenn das Bundesverfassungsgericht unter eng begrenzten Voraussetzungen die Maßnahme eines Organs oder einer Stelle der Europäischen Union für in Deutschland ausnahmsweise nicht anwendbar erklärt (vgl. BVerfGE 37, 271 <280 ff.>; 73, 339 <374 ff.>; 75, 223 <235, 242>; 89, 155 <174 f.>; 102, 147 <162 ff.>; 123, 267 <354, 401>).

46

Eine substantielle Gefahr für die einheitliche Anwendung des Unionsrechts ergibt sich daraus nicht. Zum einen wird gerade im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Grundsätze des Art. 1 GG eine Verletzung schon deshalb nur selten vorkommen, weil Art. 6 EUV, die Charta der Grundrechte und die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Regel einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union gewährleisten (vgl. nur EuGH, Urteil vom 9. November 2010, Schecke und Eifert, C-92/09 und C-93/09, Slg. 2010, I-11063, Rn. 43 ff.; Urteil vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland und Seitlinger, C-293/12 und C-594/12, EU:C:2014:238, Rn. 23 ff.; Urteil vom 13. Mai 2014, Google Spain und Google, C-131/12, EU:C:2014:317, Rn. 42 ff., 62 ff., 89 ff.; Urteil vom 6. Oktober 2015, Schrems, C-362/14, EU:C:2015:650, Rn. 91 ff.). Zum anderen sind die dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Kontrollbefugnisse zurückhaltend und europarechtsfreundlich auszuüben (vgl. BVerfGE 126, 286 <303>). Soweit erforderlich, legt es seiner Prüfung dabei die Maßnahme in der Auslegung zugrunde, die ihr in einem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV durch den Gerichtshof der Europäischen Union gegeben wurde. Das gilt nicht nur im Rahmen der Ultra-vires-Kontrolle, sondern auch vor der Feststellung der Unanwendbarkeit einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in Deutschland wegen einer Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 1 und 20 GG geschützten Verfassungsidentität (vgl. BVerfGE 123, 267 <353>; 126, 286 <304>; 134, 366 <385 Rn. 27>).

47

c) Die Vereinbarkeit der verfassungsgerichtlichen Identitätskontrolle mit dem Unionsrecht wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass sich, mit Modifikationen im Detail, auch im Verfassungsrecht zahlreicher anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union Vorkehrungen zum Schutz der Verfassungsidentität und der Grenzen der Übertragung von Souveränitätsrechten auf die Europäische Union finden (vgl. insoweit BVerfGE 134, 366 <387 Rn. 30>). Die weitaus überwiegende Zahl der Verfassungs- und Obergerichte der anderen Mitgliedstaaten teilt für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, dass der (Anwendungs-)Vorrang des Unionsrechts nicht unbegrenzt gilt, sondern dass ihm durch das nationale (Verfassungs-)Recht Grenzen gezogen werden (vgl. für das Königreich Dänemark: Højesteret, Urteil vom 6. April 1998 - I 361/1997 -, Abschn. 9.8; für die Republik Estland: Riigikohus, Urteil vom 12. Juli 2012 - 3-4-1-6-12 -, Abs.-Nr. 128, 223; für die Französische Republik: Conseil Constitutionnel, Entscheidung Nr. 2006-540 DC vom 27. Juli 2006, 19. Erwägungsgrund; Entscheidung Nr. 2011-631 DC vom 9. Juni 2011, 45. Erwägungsgrund; Conseil d'État, Urteil vom 8. Februar 2007, Nr. 287110 , Société Arcelor Atlantique et Lorraine, EuR 2008, S. 57 <60 f.>; für Irland: Supreme Court of Ireland, Crotty v. An Taoiseach, <1987>, I.R. 713 <783>; S.P.U.C. Ltd. v. Grogan, <1989>, I.R. 753 <765>; für die Italienische Republik: Corte Costituzionale, Entscheidung Nr. 98/1965, Acciaierie San Michele, EuR 1966, S. 146; Entscheidung Nr. 183/1973, Frontini, EuR 1974, S. 255; Entscheidung Nr. 170/1984, Granital, EuGRZ 1985, S. 98; Entscheidung Nr. 232/1989, Fragd; Entscheidung Nr. 168/1991; Entscheidung Nr. 117/1994, Zerini; für die Republik Lettland: Satversmes tiesa, Urteil vom 7. April 2009 - 2008-35-01 -, Abs.-Nr. 17; für die Republik Polen: Trybunal Konstytucyjny, Urteile vom 11. Mai 2005 - K 18/04 -, Rn. 4.1., 10.2.; vom 24. November 2010 - K 32/09 -, Rn. 2.1. ff.; vom 16. November 2011 - SK 45/09 -, Rn. 2.4., 2.5.; für das Königreich Spanien: Tribunal Constitucional, Erklärung vom 13. Dezember 2004, DTC 1/2004, Punkt 2 der Entscheidungsgründe, EuR 2005, S. 339 <343> und Entscheidung vom 13. Februar 2014, STC 26/2014, Punkt 3 der Entscheidungsgründe, HRLJ 2014, S. 475 <477 f.>; für die Tschechische Republik: Ústavni Soud, Urteil vom 8. März 2006, Pl. ÚS 50/04, Abschn. VI.B.; Urteil vom 3. Mai 2006, Pl. ÚS 66/04, Rn. 53; Urteil vom 26. November 2008, Pl. ÚS 19/08, Rn. 97, 113, 196; Urteil vom 3. November 2009, Pl. ÚS 29/09, Rn. 110 ff.; Urteil vom 31. Januar 2012, Pl. ÚS 5/12, Abschn. VII.; für das Vereinigte Königreich: High Court, Urteil vom 18. Februar 2002, Thoburn v. Sunderland City Council, <2002> EWHC 195 , Abs.-Nr. 69; UK Supreme Court, Urteil vom 22. Januar 2014, R v. The Secretary of State for Transport, <2014> UKSC 3, Abs.-Nr. 79, 207; Urteil vom 25. März 2015, Pham v. Secretary of State for the Home Department, <2015> UKSC 19, Abs.-Nr. 54, 58, 72 bis 92).

48

3. Zu den Schutzgütern der in Art. 79 Abs. 3 GG niedergelegten Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt sind, gehören die Grundsätze des Art. 1 GG, also die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG), aber auch der in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 123, 267 <413>).

49

4. Die in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Schutzgüter dulden auch keine Relativierung im Einzelfall (vgl. BVerfGE 113, 273 <295 ff.>; 123, 267 <344>; 126, 286 <302 f.>; 129, 78 <100>; 129, 124 <177 ff.>; 132, 195 <239 ff. Rn. 106 ff.>; 134, 366 <384 ff. Rn. 27 ff.>). Dies gilt insbesondere mit Blick auf Art. 1 Abs. 1 GG. Die Menschenwürde stellt den höchsten Rechtswert innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar (vgl. BVerfGE 27, 1 <6>; 30, 173 <193>; 32, 98 <108>; 117, 71 <89>). Ihre Achtung und ihr Schutz gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 131, 268 <286>; stRspr), denen auch der in der Präambel und in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommende Integrationsauftrag und die Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 123, 267 <354>; 126, 286 <303>; 129, 124 <172>; 132, 287 <292 Rn. 11>) Rechnung tragen müssen. Vor diesem Hintergrund gewährleistet das Bundesverfassungsgericht im Wege der Identitätskontrolle den gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 und Art. 1 Abs. 1 GG unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz uneingeschränkt und im Einzelfall.

50

5. Die strengen Voraussetzungen für eine Aktivierung der Identitätskontrolle schlagen sich in erhöhten Zulässigkeitsanforderungen an entsprechende Verfassungsbeschwerden nieder. Es muss im Einzelnen substantiiert dargelegt werden, inwieweit im konkreten Fall die durch Artikel 1 GG geschützte Garantie der Menschenwürde verletzt ist.

II.

51

Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts überschreitet die durch Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 Satz 3 und Art. 79 Abs. 3 GG gezogenen Grenzen. Der Vollzug des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl betrifft das Schuldprinzip, das in der Garantie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) wurzelt und Teil der unverfügbaren Verfassungsidentität des Grundgesetzes ist (1.). Dies rechtfertigt und gebietet eine auf dieses Schutzgut beschränkte Prüfung der Entscheidung des Oberlandesgerichts am Maßstab des Grundgesetzes, obwohl diese unionsrechtlich determiniert ist (2.). Zwar genügen die der Entscheidung zugrunde liegenden Vorgaben des Unionsrechts und das zu dessen Umsetzung ergangene deutsche Recht den Anforderungen des Art. 1 Abs. 1 GG, da sie die notwendigen Rechte des Verfolgten bei Auslieferungen zur Vollstreckung von in Abwesenheit ergangenen Strafurteilen gewährleisten und eine angemessene Sachverhaltsaufklärung der mit der Auslieferung befassten Gerichte nicht nur zulassen, sondern fordern (3.). Ihre Anwendung durch das Oberlandesgericht verletzt das Schuldprinzip und damit den Beschwerdeführer jedoch in seinem Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG, weil sie der Bedeutung und Tragweite der Menschenwürde bei der Auslegung der Bestimmungen des Rahmenbeschlusses und des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen nicht hinreichend Rechnung trägt (4.).

52

1. Durch den Vollzug des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl kann Art. 1 Abs. 1 GG verletzt werden, weil bei einer Auslieferung zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen Strafurteils eine strafrechtliche Reaktion auf ein sozialethisches Fehlverhalten durchgesetzt wird, die ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar wäre (a). Auch in dem unionsrechtlich determinierten Verfahren der Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls müssen daher die der Ermittlung des wahren Sachverhalts dienenden rechtsstaatlichen Mindestgarantien an Verfahrensrechten des Beschuldigten sichergestellt sein, die zur Verwirklichung des materiellen Schuldprinzips erforderlich sind (b).

53

a) Das Strafrecht beruht auf dem Schuldgrundsatz (BVerfGE 123, 267 <413>; 133, 168 <197 Rn. 53>). Dieser den gesamten Bereich staatlichen Strafens beherrschende Grundsatz ist in der Garantie der Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert (vgl. BVerfGE 45, 187 <259 f.>; 86, 288 <313>; 95, 96 <140>; 120, 224 <253 f.>; 130, 1 <26>; 133, 168 <197 Rn. 53>). Mit seiner Grundlage in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG gehört der Schuldgrundsatz zu der wegen Art. 79 Abs. 3 GG unverfügbaren Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt ist (vgl. BVerfGE 123, 267 <413>). Er muss daher auch bei einer Auslieferung zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen Strafurteils gewahrt werden.

54

aa) Der Grundsatz "Keine Strafe ohne Schuld" (nulla poena sine culpa) setzt die Eigenverantwortung des Menschen voraus, der sein Handeln selbst bestimmt und sich kraft seiner Willensfreiheit zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann. Dem Schutz der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten (vgl. BVerfGE 45, 187 <227>; 123, 267 <413>; 133, 168 <197 Rn. 54>). Deshalb bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG auf dem Gebiet der Strafrechtspflege die Auffassung vom Wesen der Strafe und dem Verhältnis von Schuld und Sühne (vgl. BVerfGE 95, 96 <140>) sowie den Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 80, 367 <378>; 90, 145 <173>; 123, 267 <413>; 133, 168 <197 f. Rn. 54>). Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 110, 1 <13>; 133, 168 <198 Rn. 54>). Das damit verbundene Unwerturteil berührt den Betroffenen in seinem in der Menschenwürde wurzelnden Wert- und Achtungsanspruch (vgl. BVerfGE 96, 245 <249>; 101, 275 <287>). Eine solche staatliche Reaktion wäre ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit der Garantie der Menschenwürde und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 95, 96 <140>; 133, 168 <198 Rn. 54>).

55

bb) Der Schuldgrundsatz ist somit zugleich ein zwingendes Erfordernis des Rechtsstaatsprinzips. Das Rechtsstaatsprinzip ist eines der elementaren Prinzipien des Grundgesetzes (BVerfGE 20, 323 <331>; 133, 168 <198 Rn. 55>). Es sichert den Gebrauch der Freiheitsrechte, indem es Rechtssicherheit gewährt, die Staatsgewalt an das Gesetz bindet und Vertrauen schützt (BVerfGE 95, 96 <130>). Das Rechtsstaatsprinzip umfasst als eine der Leitideen des Grundgesetzes auch die Forderung nach materieller Gerechtigkeit (vgl. BVerfGE 7, 89 <92>; 7, 194 <196>; 45, 187 <246>; 74, 129 <152>; 122, 248 <272>) und schließt den Grundsatz der Rechtsgleichheit als eines der grundlegenden Gerechtigkeitspostulate ein (vgl. BVerfGE 84, 90 <121>). Für den Bereich des Strafrechts werden diese rechtsstaatlichen Anliegen in dem Grundsatz aufgenommen, dass keine Strafe ohne Schuld verwirkt wird (BVerfGE 95, 96 <130 f.>; 133, 168 <198 Rn. 55>). Gemessen an der Idee der Gerechtigkeit müssen Straftatbestand und Rechtsfolge sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 25, 269 <286>; 27, 18 <29>; 50, 205 <214 f.>; 120, 224 <241>; stRspr). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 20, 323 <331>; 45, 187 <228>; 50, 5 <12>; 73, 206 <253>; 86, 288 <313>; 96, 245 <249>; 109, 133 <171>; 110, 1 <13>; 120, 224 <254>; 133, 168 <198 Rn. 55>). In diesem Sinne hat die Strafe die Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BVerfGE 45, 187 <253 f.>; 109, 133 <173>; 120, 224 <253 f.>; 133, 168 <198 Rn. 55>).

56

b) Die Verwirklichung des Schuldgrundsatzes ist gefährdet, wenn die Ermittlung des wahren Sachverhalts nicht sichergestellt ist (aa). Die Zumessung einer angemessenen Strafe, die zugleich einen sittlich-ethischen Vorwurf darstellt, setzt die Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Angeklagten und damit grundsätzlich dessen Anwesenheit voraus. Der Schuldgrundsatz macht daher Mindestgarantien von Beschuldigtenrechten im Strafprozess erforderlich, durch die gewährleistet wird, dass der Beschuldigte Umstände vorbringen und prüfen lassen kann, die zu seiner Entlastung führen oder für die Strafzumessung relevant sein können (bb). Diese Garantien müssen auch bei der Auslieferung zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen Strafurteils gewahrt werden (cc).

57

aa) Die Ermittlung des wahren Sachverhalts, ohne den sich das materielle Schuldprinzip nicht verwirklichen lässt, ist zentrales Anliegen des Strafprozesses (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 118, 212 <231>; 122, 248 <270>; 130, 1 <26>; 133, 168 <199 Rn. 56>). Dessen Aufgabe ist es, den Strafanspruch des Staates um des Schutzes der Rechtsgüter Einzelner und der Allgemeinheit willen in einem justizförmigen Verfahren durchzusetzen und dem mit Strafe Bedrohten eine wirksame Sicherung seiner Grundrechte zu gewährleisten. Der Strafprozess hat das aus der Würde des Menschen als eigenverantwortlich handelnder Person und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Prinzip, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt werden darf, zu sichern und entsprechende verfahrensrechtliche Vorkehrungen bereitzustellen (vgl. BVerfGE 122, 248 <270>; 133, 168 <199 Rn. 56>). Dem Täter müssen Tat und Schuld prozessordnungsgemäß nachgewiesen werden (vgl. BVerfGE 9, 167 <169>; 74, 358 <371>; 133, 168 <199 Rn. 56>). Bis zum Nachweis der Schuld wird seine Unschuld vermutet (vgl. BVerfGE 35, 311 <320>; 74, 358 <371>; stRspr).

58

bb) Ziel und Aufgabe des Strafverfahrens ist es, die dem Täter und der Tat angemessene Strafe auszusprechen. Im deutschen Rechtskreis ist mit Strafe weit mehr als ein belastender Rechtseingriff oder ein Übel, das den Täter trifft, gemeint. Als Charakteristikum der Kriminalstrafe wird hier neben einem solchen Eingriff oder Übel mit dem Strafausspruch auch ein Tadel oder Vorwurf zum Ausdruck gebracht. Es handelt sich um einen sozial-ethischen Vorwurf oder um eine besondere sittliche Missbilligung. Mit Strafe im Sinne des Grundgesetzes ist also nicht nur der Vorwurf irgendeiner Rechtsverletzung gemeint, sondern die Verletzung eines Teils des Rechts, das eine tiefere, nämlich eine sozial-ethische Fundierung besitzt (vgl. BVerfGE 25, 269 <286>; 90, 145 <200 - abw. M.>; 95, 96 <140>; 96, 10 <25>; 96, 245 <249>; 109, 133 <167>; 109, 190 <217>; 120, 224 <240>; 123, 267 <408>; siehe im Vergleich hierzu die Bewertung von Geldbußen in BVerfGE 42, 261 <263>; aus der Literatur siehe nur Weigend, in: Leipziger Kommentar, Band 1, 12. Aufl. 2007, Einleitung Rn. 1; Radtke, in: MüKo, StGB, 2. Aufl. 2012, Vorbem. zu §§ 38 ff., Rn. 14; ders., GA 2011, S. 636 <646>; Roxin, Strafrecht AT, Band 1, 4. Aufl. 2006, § 3 Rn. 46, S. 89). Daraus folgt aber, dass eine Strafe, die die Persönlichkeit des Täters nicht umfassend berücksichtigt, keine der Würde des Angeklagten angemessene Strafe sein kann. Dies wiederum setzt grundsätzlich voraus, dass das Gericht in der öffentlichen Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten einen Einblick in seine Persönlichkeit, seine Beweggründe, seine Sicht der Tat, des Opfers und der Tatumstände erhält. Jedenfalls muss für den Angeklagten das Recht gewährleistet sein, insbesondere rechtfertigende, entschuldigende oder strafmildernde Umstände dem Gericht persönlich, im Gegenüber von Angeklagtem und Richter, darzulegen. Denn der Vorwurf eines sozial-ethischen Fehlverhaltens ist ein die Persönlichkeit des Verurteilten treffender Vorwurf (vgl. BVerfGE 96, 245 <249>; 101, 275 <287>), der ihn in seinem Wert- und Achtungsanspruch, der in der Menschenwürde wurzelt, berührt.

59

cc) Die durch den Schuldgrundsatz gebotenen Mindestgarantien von Beschuldigtenrechten im Strafprozess sind auch bei der Entscheidung über die Auslieferung zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen Strafurteils zu beachten (1). Die deutschen Gerichte trifft insoweit eine "Gewährleistungsverantwortung" mit Blick auf den ersuchenden Staat (2).

60

(1) In ständiger Rechtsprechung geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass bei der Auslieferung zur Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 ff.>; BVerfGK 3, 27 <32>; 3, 314 <317>; 6, 13 <18>; 6, 334 <341 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. November 1986 - 2 BvR 1255/86 -, NJW 1987, S. 830 <830>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Januar 1991 - 2 BvR 1704/90 -, NJW 1991, S. 1411 <1411>) beziehungsweise der unverzichtbare Bestand der deutschen öffentlichen Ordnung (BVerfGE 63, 332 <338>) zu beachten sind. Der Senat hat daher die Auslieferung zur Vollstreckung eines in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen ausländischen Strafurteils für unzulässig erklärt, sofern der Verfolgte weder über die Tatsache der Durchführung und des Abschlusses des betreffenden Verfahrens unterrichtet noch ihm eine tatsächlich wirksame Möglichkeit eröffnet war, sich nach Erlangung dieser Kenntnis nachträglich rechtliches Gehör zu verschaffen und effektiv zu verteidigen (vgl. BVerfGE 63, 332 <338>; BVerfGK 3, 27 <32 f.>; 3, 314 <318>; 6, 13 <18>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Januar 1991 - 2 BvR 1704/90 -, NJW 1991, S. 1411 <1411>).

61

Soll der Verfolgte im ersuchenden Staat nicht zum bloßen Objekt eines ihn betreffenden staatlichen Verfahrens gemacht werden, muss er die Möglichkeit haben, auf das Verfahren einzuwirken, sich persönlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, entlastende Umstände vorzutragen sowie deren Nachprüfung und gegebenenfalls auch Berücksichtigung zu erreichen.

62

(2) Die zuständigen Auslieferungsgerichte tragen insoweit auch für die Behandlung des Verfolgten im ersuchenden Staat Verantwortung. Zwar endet die grundrechtliche Verantwortlichkeit der deutschen öffentlichen Gewalt grundsätzlich dort, wo ein Vorgang in seinem wesentlichen Verlauf von einem fremden souveränen Staat nach dessen eigenem, von der Bundesrepublik Deutschland unabhängigen Willen gestaltet wird (vgl. BVerfGE 66, 39 <56 ff., 63 f.>). Gleichwohl darf die deutsche Hoheitsgewalt die Hand nicht zu Verletzungen der Menschenwürde durch andere Staaten reichen (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 f.>; 60, 348 <355 ff.>; 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <19>; 108, 129 <136 f.>; 113, 154 <162 f.>).

63

Das über die Auslieferung entscheidende Gericht trifft deshalb eine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts, die ebenfalls dem Schutz von Art. 1 Abs. 1 GG unterfällt (a). Dies gilt unbeschadet des den europäischen Auslieferungsverkehr beherrschenden Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens (b).

64

(a) Inhalt und Umfang der prozessualen Aufklärungspflicht im gerichtlichen Auslieferungsverfahren lassen sich nicht abstrakt-generell festlegen, sondern hängen von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab.

65

Zu dem von den deutschen Gerichten zu ermittelnden Sachverhalt gehört insbesondere die Behandlung, die der Verfolgte im ersuchenden Staat zu erwarten hat. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung haben sie grundsätzlich die ihnen möglichen Ermittlungen zur Aufklärung einer behaupteten Verletzung der verfassungsrechtlichen Grundsätze von Amts wegen durchzuführen; den Betroffenen trifft insoweit keine Beweislast (vgl. BVerfGE 8, 81 <84 f.>; 52, 391 <406 f.>; 63, 215 <225>; 64, 46 <59>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, EuGRZ 1996, S. 324 <326>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 1996 - 2 BvR 2407/96 -, juris, Rn. 6; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 2000 - 2 BvR 1560/00 -, NJW 2001, S. 3111 <3112>).

66

Umfang und Ausmaß der Ermittlungen, zu deren Vornahme das Gericht im Hinblick auf die Einhaltung des Schuldprinzips verpflichtet ist, richten sich nach Art und Gewicht der vom Verfolgten vorgetragenen Anhaltspunkte für eine Unterschreitung des durch Art. 1 Abs. 1 GG gebotenen Mindeststandards. Als Beweismittel kommen dabei sämtliche Erkenntnismittel in Betracht, die nach den Grundsätzen der Logik, allgemeiner Erfahrung oder wissenschaftlicher Erkenntnis geeignet sind oder geeignet sein können, die Überzeugung des Gerichts vom Vorhandensein entscheidungserheblicher Tatsachen und von der Richtigkeit einer Beurteilung oder Wertung von Tatsachen zu begründen (vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 98 Rn. 3; Lagodny, in: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl. 2012, § 30 Rn. 22). Auch bietet sich eine Anfrage beim ersuchenden Staat an (vgl. § 30 Abs. 1, § 78 Abs. 1 IRG). Gegebenenfalls kann es erforderlich werden, ein Gutachten oder eine amtliche Auskunft einzuholen.

67

(b) Dies bedeutet nicht, dass die Grundlagen eines Auslieferungsersuchens von deutschen Gerichten stets umfassend nachvollzogen werden müssten. Gerade im europäischen Auslieferungsverkehr gilt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens. Dieses Vertrauen kann jedoch erschüttert werden. Die Grundsätze, die den Auslieferungsverkehr auf völkerrechtlicher Grundlage beherrschen (aa), sind auf Auslieferungen im Vollzug des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl im hier in Rede stehenden Umfang übertragbar (bb).

68

(aa) Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und anderen Staaten ist dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen. Dieser Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens kann so lange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen erschüttert wird (vgl. BVerfGE 109, 13 <35 f.>; 109, 38 <61>). Ausnahmen sind nur in besonders gelagerten Fällen gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 60, 348 <355 f.>; 63, 197 <206>; 109, 13 <33>; 109, 38 <59>).

69

Der Verfolgte hat - wie auch im asylrechtlichen Verfahren - eine Darlegungslast, mit der er den an der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung beteiligten Stellen hinreichende Anhaltspunkte für ihre Ermittlungen geben muss (vgl. BVerfGK 6, 334 <342>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, EuGRZ 1996, S. 324 <326>). Anlass zur Prüfung, ob die Auslieferung und die ihr zugrunde liegenden Akte mit dem vom Grundgesetz geforderten Mindeststandard an Grundrechtsschutz vereinbar sind, kann insbesondere bestehen, wenn ein ausländisches Strafurteil, zu dessen Vollstreckung ausgeliefert werden soll, in Abwesenheit des Verfolgten ergangen ist (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 ff.>; 63, 332 <337>; BVerfGK 3, 27 <31 f.>; 6, 13 <17>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Januar 1991 - 2 BvR 1704/90 -, NJW 1991, S. 1411 <1411>).

70

Eine entsprechende, im Auslieferungsverfahren erteilte, völkerrechtlich verbindliche Zusicherung ist grundsätzlich geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2008 - 2 BvR 2386/08 -, juris, Rn. 16).

71

Die von einem Verfolgten behauptete Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung steht einer Auslieferung nicht schon dann entgegen, wenn sie aufgrund eines bekanntgewordenen früheren Vorfalls nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Vielmehr müssen begründete Anhaltspunkte für die Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung vorliegen (vgl. BVerfGE 108, 129 <138>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Juni 1992 - 2 BvR 1901/91 -, juris, Rn. 4; vom 31. Mai 1994 - 2 BvR 1193/93 -, NJW 1994, S. 2883 <2884>; vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, EuGRZ 1996, S. 324 <326>). Es müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die völkerrechtlichen Mindeststandards nicht beachtet werden. Auf konkrete Anhaltspunkte kommt es in der Regel nur dann nicht an, wenn in dem ersuchenden Staat eine ständige Praxis grober, offenkundiger oder massenhafter Verletzungen der Menschenrechte herrscht. Die Auslieferung in Staaten, die eine ständige Praxis umfassender und systematischer Menschenrechtsverletzungen aufweisen, wird regelmäßig die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der elementaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung begründen (vgl. BVerfGE 108, 129 <138 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2007 - 2 BvR 1680/07 -, NVwZ 2008, S. 71 <72>).

72

(bb) Dies gilt, soweit es um die Gewährleistung des Schuldprinzips geht, auch für Auslieferungen, die auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl stattfinden.

73

Zwar ist einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich besonderes Vertrauen entgegenzubringen. Die Europäische Union bekennt sich zur Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören (vgl. Art. 2 EUV). Ihre Mitgliedstaaten haben sich sämtlich der Europäischen Menschenrechtskonvention unterstellt. Soweit sie Unionsrecht durchführen, sind sie überdies an die Gewährleistungen der Charta der Grundrechte gebunden (vgl. Art. 51 Abs. 1 GRCh). Das Vertrauen in die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes umfasst namentlich die im Europäischen Haftbefehl getätigten Angaben des um Auslieferung ersuchenden Mitgliedstaats. Das für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zuständige Gericht ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, bestehende Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen oder positiv festzustellen, dass dem um Auslieferung ersuchenden Mitgliedstaat hinsichtlich der Wahrung des Schuldprinzips vertraut werden kann.

74

Der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens wird jedoch dann erschüttert, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Falle einer Auslieferung die unverzichtbaren Anforderungen an den Schutz der Menschenwürde nicht eingehalten würden. Das über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheidende Gericht trifft insoweit die Pflicht, Ermittlungen hinsichtlich der Rechtslage und der Praxis im ersuchenden Mitgliedstaat vorzunehmen, wenn der Betroffene hinreichende Anhaltspunkte für solche Ermittlungen dargelegt hat. Anlass zur Prüfung, ob die Auslieferung mit der Verfassungsidentität des Grundgesetzes vereinbar ist, besteht nicht allein deswegen, weil das Strafurteil, zu dessen Vollstreckung ausgeliefert werden soll, in Abwesenheit des Verfolgten ergangen ist. Ein Mitgliedstaat, der um die Auslieferung zur Vollstreckung einer in Abwesenheit des Verfolgten ergangenen Entscheidung nach Art. 4a Abs. 1 RbEuHb ersucht, erklärt durch seine ordnungsgemäß getätigten Angaben im Formblatt, dass der Verfolgte entweder tatsächlich von der Verhandlung und davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass eine Entscheidung auch in seiner Abwesenheit ergehen kann (vgl. Art. 4a Abs. 1 Buchstabe a RbEuHb), dass der Verfolgte in Kenntnis der Verhandlung von einem Rechtsbeistand vertreten wurde (vgl. Art. 4a Abs. 1 Buchstabe b RbEuHb) oder dass der Verfolgte berechtigt ist, einen Rechtsbehelf gegen die Verurteilung einzulegen, bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann (vgl. Art. 4a Abs. 1 Buchstabe c und d RbEuHb).

75

Stellt sich nach Abschluss der Ermittlungen heraus, dass der vom Grundgesetz geforderte Mindeststandard vom ersuchenden Mitgliedstaat nicht eingehalten wird, darf das zuständige Gericht die Auslieferung nicht für zulässig erklären.

76

2. Die Absicherung des integrationsfesten Schuldprinzips rechtfertigt und gebietet eine auf diese verfahrensrechtlichen Mindestgarantien beschränkte Prüfung der Entscheidung des Oberlandesgerichts am Maßstab des Grundgesetzes, obwohl diese unionsrechtlich determiniert ist. Dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl kommt in der deutschen Rechtsordnung grundsätzlich Anwendungsvorrang zu (a). Dieser enthält nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Bezug auf die Auslieferung bei Abwesenheitsurteilen eine abschließende Regelung (b). Das entbindet das Oberlandesgericht jedoch nicht von der Verpflichtung, auch bei einer Auslieferung auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls die Grundsätze des Art. 1 Abs. 1 GG in der Ausprägung des Schuldgrundsatzes sicherzustellen (c).

77

a) Am Anwendungsvorrang des Unionsrechts nehmen auch Rahmenbeschlüsse teil. In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung, dass die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von dem Rahmenbeschluss verfolgten Ziel in Einklang steht (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer, C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I-8835, Rn. 115 f.; Urteil vom 5. September 2012, Lopes Da Silva Jorge, C-42/11, EU:C:2012:517, Rn. 56).

78

In der Sache hat der Gerichtshof bereits mehrfach festgestellt, dass die nationalen Justizbehörden die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls nur in den im Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl vorgesehenen Fällen ablehnen können (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008, Leymann und Pustovarov, C-388/08 PPU, Slg. 2008, I-8993, Rn. 51; Urteil vom 30. Mai 2013, F., C-168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 36 m.w.N.). In der Rechtssache Melloni hat er betont, dass die Geltung des Rahmenbeschlusses nicht dadurch beeinträchtigt werden könne, dass ein Staat Vorschriften des nationalen Rechts, und hätten sie auch Verfassungsrang, gegen diesen ins Feld führt (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013, Melloni, C-399/11, EU:C:2013:107, Rn. 59). Grenzen einer rahmenbeschlusskonformen Auslegung des nationalen Rechts hat er bislang nicht thematisiert, obwohl das spanische Tribunal Constitucional seine Vorlage damit begründet hatte, dass die Auslieferung zur Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen eine Verletzung des Wesensgehalts eines fairen Verfahrens im Sinne der spanischen Verfassung in einer Weise darstellen könne, die die Menschenwürde berühre (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 20; das spanische Tribunal Constitucional hat daraufhin allerdings betont, dass für den Fall, dass das Recht der Europäischen Union in seiner weiteren Entwicklung nicht mehr mit der spanischen Verfassung in Einklang zu bringen wäre, die Wahrung der Souveränität des spanischen Volkes und der Vorherrschaft, mit der sich die Verfassung versehen hat, in letzter Instanz verlangen könnten, die Probleme über die einschlägigen verfassungsrechtlichen Verfahren anzugehen, so Entscheidung vom 13. Februar 2014, STC 26/2014, Punkt 3 der Entscheidungsgründe, HRLJ 2014, S. 475 <478>).

79

b) Art. 4a RbEuHb regelt die Bedingungen, von denen Auslieferungen zur Vollstreckung von Abwesenheitsurteilen abhängig gemacht werden können, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs abschließend.

80

Nach Art. 1 Abs. 2 RbEuHb vollstrecken die Mitgliedstaaten einen Europäischen Haftbefehl nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und gemäß den Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses. Sie sind grundsätzlich verpflichtet, einem Europäischen Haftbefehl Folge zu leisten, und dürfen seine Vollstreckung nur in den Fällen an Bedingungen knüpfen, die in den Art. 3 bis 5 des Rahmenbeschlusses aufgeführt sind (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Dezember 2008, Leymann und Pustovarov, C-388/08 PPU, Slg. 2008, I-8993, Rn. 51; Urteil vom 30. Mai 2013, F., C-168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 36 m.w.N.).

81

Die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls darf - wie im 10. Erwägungsgrund der Präambel zum Rahmenbeschluss vorgesehen - nach Auffassung des Gerichtshofs daher nur ausgesetzt werden, wenn eine schwere und anhaltende Verletzung der in Art. 6 Abs. 1 EUV enthaltenen Grundsätze durch einen Mitgliedstaat vorliegt und diese vom Rat gemäß Art. 7 Abs. 1 EUV mit den Folgen von Art. 7 Abs. 2 EUV festgestellt worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013, F., C-168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 49). Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruhe auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten darauf, dass die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage seien, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf Unionsebene und insbesondere in der Charta anerkannten Grundrechte zu bieten. Daher müssten Personen, gegen die ein Europäischer Haftbefehl erlassen worden sei, etwaige Rechtsschutzmöglichkeiten im Ausstellungsmitgliedstaat nutzen, um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung oder der Verhängung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung oder auch des strafrechtlichen Hauptverfahrens, das zur Verhängung dieser Strafe oder Maßregel geführt habe, in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010, Aguirre Zarraga, C-491/10 PPU, Slg. 2010, I-14247, Rn. 70 f.).

82

In der Rechtssache Melloni hat der Gerichtshof speziell mit Blick auf Art. 4a RbEuHb entschieden, dass die Vollstreckung eines Haftbefehls nicht von der Bedingung abhängig gemacht werden dürfe, dass die in Abwesenheit ausgesprochene Verurteilung im Ausstellungsmitgliedstaat überprüft werden könne (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013, Melloni, C-399/11, EU:C:2013:107, Rn. 46), wenn der Betroffene einer der vier in dieser Bestimmung aufgeführten Fallgestaltungen unterfalle (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 61). Überdies gestatte es auch Art. 53 GRCh den Mitgliedstaaten nicht, die Übergabe einer in Abwesenheit verurteilten Person von der Bedingung abhängig zu machen, dass die Verurteilung im Ausstellungsmitgliedstaat einer Überprüfung unterworfen werden könne (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 64).

83

c) Diese Vorgaben entbinden deutsche Behörden und Gerichte jedoch nicht von der Verpflichtung, auch bei einer Auslieferung zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls die Grundsätze des Art. 1 Abs. 1 GG sicherzustellen (Art. 23 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG). Sie sind vielmehr gehalten, beim Vollzug des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen sicherzustellen, dass die von Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Mindestgarantien von Beschuldigtenrechten auch im ersuchenden Mitgliedstaat beachtet werden, oder - wo dies nicht möglich ist - von einer Auslieferung abzusehen. Insoweit wird der den europäischen Auslieferungsverkehr beherrschende Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens durch die Garantie der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG begrenzt. In diesem Umfang trifft das Gericht auch die beschriebene verfassungsrechtliche Ermittlungspflicht.

84

3. Einer unter Rückgriff auf Art. 79 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG begründeten Begrenzung des dem Rahmenbeschluss zukommenden Anwendungsvorrangs bedarf es im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht, weil sowohl der Rahmenbeschluss selbst (a) als auch das diesen umsetzende Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (b) eine Auslegung gebieten, die den von Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Mindestgarantien von Beschuldigtenrechten bei einer Auslieferung Rechnung trägt. Insofern genügen die einschlägigen Vorgaben des Unionsrechts den durch das Grundgesetz zur Absicherung des integrationsfesten Schuldprinzips gebotenen Mindestgarantien von Beschuldigtenrechten.

85

a) Die Pflicht, einem Europäischen Haftbefehl Folge zu leisten, ist schon unionsrechtlich begrenzt (vgl. Vogel, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Bd. I, Art. 82 AEUV Rn. 37 ; Gaede, NJW 2013, S. 1279 <1280>). Das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten, das ausweislich des 10. Erwägungsgrundes der Präambel des Rahmenbeschlusses Grundlage für den Mechanismus des Europäischen Haftbefehls ist, kann erschüttert werden; erhebliche Grundrechtsverletzungen im Einzelfall sind selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen grundsätzlich in der Lage sind, einen dem Grundgesetz gleichwertigen und wirksamen Schutz der Grundrechte zu bieten. Einem Europäischen Haftbefehl ist auch nach unionsrechtlichen Maßstäben nicht Folge zu leisten, wenn er den Anforderungen des Rahmenbeschlusses nicht genügt (aa) oder die Auslieferung mit einer Verletzung der unionalen Grundrechte einherginge (bb). Auch aus der Sicht des Unionsrechts gilt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens insoweit nicht unbegrenzt (cc), so dass die Verweigerung der Auslieferung wegen eines Europäischen Haftbefehls zur Vollstreckung eines in Abwesenheit ergangenen Strafurteils unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann (dd).

86

aa) Nach Art. 4a Abs. 1 RbEuHb kann die vollstreckende Justizbehörde die Vollstreckung eines zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgestellten Europäischen Haftbefehls verweigern, wenn nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

87

Art. 4a Abs. 1 Buchstabe a und b RbEuHb sieht eine Pflicht zur Auslieferung zwecks Vollstreckung von Entscheidungen vor, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht persönlich erschienen ist, wenn diese Person tatsächlich offiziell von der Verhandlung und davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass eine Entscheidung auch bei Abwesenheit ergehen kann, beziehungsweise diese Person in Kenntnis der Verhandlung von einem Rechtsbeistand vertreten wurde. Insofern handelt es sich um Fälle, in denen die Person auf ihr persönliches Anwesenheitsrecht aus freiem Willen und unmissverständlich verzichtet hat.

88

Art. 4a Abs. 1 Buchstabe c und d RbEuHb erfasst dagegen Konstellationen, in denen die betroffene Person berechtigt ist, einen Rechtsbehelf gegen die Verurteilung einzulegen, bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft werden und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann. Dem Angeklagten wird es in diesen Fällen also ermöglicht, die ihm zur Last gelegten Vorwürfe durch ein Gericht auch in tatsächlicher Hinsicht überprüfen zu lassen. Das setzt voraus, dass auch das für ein eventuelles Rechtsbehelfsverfahren zuständige Gericht den Angeklagten anhört und prozessrechtlich dazu in der Lage ist, die ihm zur Last gelegten Vorwürfe nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen. Soweit Art. 4a Abs. 1 Buchstabe d (i) RbEuHb ein Verfahren vorschreibt, bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und die ursprüngliche Entscheidung aufgehoben werden "kann", wird dem mit der Sache befassten Gericht damit kein Ermessen eingeräumt. Das in Art. 4a Abs. 1 Buchstabe d (i) RbEuHb verwendete Verb "kann" dient vielmehr der Kennzeichnung der Befugnisse des Gerichts und bedeutet so viel wie "in der Lage ist". Treffender ist in der englischen Fassung von einem "retrial, or an appeal, in which the person has the right to participate and which allows the merits of the case, including fresh evidence, to be re-examined", die Rede oder in der französischen Fassung von einer "nouvelle procédure de jugement ou (…) une procédure d'appel, à laquelle l'intéressé a le droit de participer et qui permet de réexaminer l'affaire sur le fond, en tenant compte des nouveaux éléments de preuve".

89

Dieses Verständnis von Art. 4a Abs. 1 Buchstabe d (i) RbEuHb entspricht auch dem Willen des europäischen Gesetzgebers. Die Regelung wurde durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist (ABl. Nr. L 81 vom 27. März 2009, S. 24 - "Rahmenbeschluss über Abwesenheitsurteile") in den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl eingefügt. Ziel des Rahmenbeschlusses war es gemäß dessen Art. 1 Abs. 1, die Verfahrensrechte von Personen, gegen die ein Strafverfahren anhängig ist, zu stärken, zugleich die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zu erleichtern und insbesondere die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern. Erwägungsgrund 11 des Rahmenbeschlusses über Abwesenheitsurteile lautet:

Die gemeinsamen Lösungen in Bezug auf die Gründe für die Nichtanerkennung in den einschlägigen geltenden Rahmenbeschlüssen sollten den unterschiedlichen Gegebenheiten in Bezug auf das Recht der betroffenen Person auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren Rechnung tragen. Eine solche Wiederaufnahme des Verfahrens oder Berufung bezweckt die Wahrung der Verteidigungsrechte und ist durch folgende Aspekte gekennzeichnet: Die betroffene Person hat das Recht, anwesend zu sein, der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, wird (erneut) geprüft und das Verfahren kann zur Aufhebung der ursprünglich ergangenen Entscheidung führen.

Die Formulierung "der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, wird (erneut) geprüft" zeigt, dass der Rat ersichtlich nicht von einem Ermessen des mit dem Berufungs- oder Wiederaufnahmeverfahren betrauten Richters, sondern davon ausging, dass die betroffene Person einen Anspruch darauf hat, dass die Beweismittel, die sie zu ihrer Entlastung vorbringt, erneut oder erstmals geprüft werden.

90

Teleologische Überlegungen erhärten diesen Befund. Könnte das Gericht von einer erneuten Prüfung des Sachverhalts gegen den Willen des in Abwesenheit Verurteilten absehen, könnte es eine erneute Prüfung der ihm zur Last gelegten Vorwürfe vereiteln. Der Verteidigung würde die Möglichkeit genommen, in einem Wiederaufnahmeverfahren die Zulassung neuer Beweise zu beantragen (vgl. EGMR, Jones v. Vereinigtes Königreich, Entscheidung vom 9. September 2003, Nr. 30900/02; EGMR , Sejdovic v. Italien, Urteil vom 1. März 2006, Nr. 56581/00, § 85). Die prozessuale Möglichkeit, das Abwesenheitsurteil anzufechten, würde sich in diesem Fall als unwirksam erweisen (vgl. auch EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 30; Medenica v. Schweiz, Urteil vom 14. Juni 2001, Nr. 20491/92, § 55).

91

bb) Auch die Bindung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union an die Grundrechte (1), die Ausstrahlungswirkung der Grundrechtecharta auf das Sekundärrecht (2) sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofes für Menschenrechte, die für die Bestimmung der sachlichen Tragweite des Art. 4a Abs. 1 RbEuHb beachtlich ist, sprechen für die dargelegte Auslegung des Art. 4a Abs. 1 Buchstabe d (i) RbEuHb (3).

92

(1) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dürfen - ungeachtet des Art. 7 EUV - einander nicht die Hand zu Menschenrechtsverletzungen reichen (Art. 6 Abs. 1 EUV; vgl. OLG München, Beschluss vom 15. Mai 2013 - OLG Ausl 31 Ausl A 442/13 <119/13> -, StV 2013, S. 710 <711>). Bei der Durchführung des Unionsrechts müssen sie die Unionsgrundrechte beachten (vgl. Art. 51 Abs. 1 GRCh; EuGH, Urteil vom 12. November 1969, Stauder, 29/69, Slg. 1969, S. 419, Rn. 7; Urteil vom 13. Juli 1989, Wachauf, 5/88, Slg. 1989, S. 2609, Rn. 19; Urteil vom 16. Juni 2005, Pupino, C-105/03, Slg. 2005, I-5285, Rn. 58 f.). Diese sind daher auch für die Auslegung (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1983, Kommission/Rat, C-218/82, Slg. 1983, S. 4063, Rn. 15; Urteil vom 16. Juni 2005, Pupino, C-105/03, Slg. 2005, I-5285, Rn. 58 ff.) und Rechtmäßigkeit (vgl. Art. 263, 267 Abs. 1 Buchstabe b AEUV; Art. 51 Abs. 1 GRCh; EuGH, Urteil vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C-303/05, Slg. 2007, I-3633, Rn. 45; Urteil vom 26. Februar 2013, Melloni, C-399/11, EU:C:2013:107, Rn. 48 ff.) des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl maßgeblich.

93

In diesem Sinne heißt es in Art. 1 Abs. 3 RbEuHb ausdrücklich, dass der Rahmenbeschluss nicht die Pflicht berührt, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Art. 6 EUV niedergelegt sind, zu achten. Nach dem 12. Erwägungsgrund achtet der Rahmenbeschluss die Grundrechte und wahrt die in Art. 6 EUV anerkannten Grundsätze, die in der Grundrechtecharta, insbesondere in deren Kapitel VI, zum Ausdruck kommen (Satz 1). Konsequenterweise darf keine Bestimmung des Rahmenbeschlusses in dem Sinne ausgelegt werden, dass eine Pflicht zur Übergabe einer Person besteht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der genannte Haftbefehl zum Zwecke der Verfolgung oder Bestrafung einer Person aus Gründen ihres Geschlechts, ihrer Rasse, Religion, ethnischen Herkunft, Staatsangehörigkeit, Sprache oder politischen Überzeugung oder sexuellen Ausrichtung erlassen wurde oder dass die Stellung dieser Person aus einem dieser Gründe beeinträchtigt werden kann (Satz 2). Gemäß dem 13. Erwägungsgrund soll zudem niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

94

Vor diesem Hintergrund ist ein Europäischer Haftbefehl dann nicht zu vollstrecken, wenn dem die gegenüber dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl vorrangige Grundrechtecharta entgegensteht (vgl. Kommissionsdokumente KOM <2006> 8 endgültig vom 24. Januar 2006, S. 7 und KOM <2011> 175 endgültig vom 11. April 2011, S. 7; BTDrucks 15/1718, S. 14; BRDrucks 70/06, S. 31; Schlussanträge GA Bot zu EuGH, Wolzenburg, C-123/08, Slg. 2009, I-9621, Rn. 147 ff. und zu EuGH, Mantello, C-261/09, Slg. 2010, I-11477, Rn. 87 f.; GA Cruz Villalón zu EuGH, I.B., C-306/09, Slg. 2010, I-10341, Rn. 43 f.; GA Mengozzi zu EuGH, Lopes da Silva Jorge, C-42/11, EU:C:2012:151, Rn. 28; GA Sharpston zu EuGH, Radu, C-396/11, EU:C:2012:648, Rn. 69 ff.).

95

Das wird durch die Entstehungsgeschichte des Rahmenbeschlusses bestätigt. Zwar konnte sich der Vorschlag, als weiteren Ablehnungsgrund vorzusehen, dass das Auslieferungsersuchen mit den Grundprinzipien des Vollstreckungsstaats oder der öffentlichen Ordnung unvereinbar ist, nicht durchsetzen. Dieser Vorschlag fand allerdings nur deshalb keinen Niederschlag im Text des Rahmenbeschlusses, weil sowohl in Art. 1 Abs. 3 RbEuHb als auch in den Erwägungsgründen 10, 12, 13 und 14 darauf verwiesen wird, dass für die strikte Wahrung der Grundrechte und individuellen Freiheiten, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet sind und sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben (Art. 6 Abs. 2 EUV), Sorge zu tragen ist (vgl. RatsDok 14867/01 vom 4. Dezember 2001, S. 3).

96

(2) Die Grundrechtecharta verlangt im Hinblick auf Auslieferungen zur Vollstreckung von Abwesenheitsverurteilungen, dass auch das für ein eventuelles Rechtsbehelfsverfahren zuständige Gericht den Angeklagten hört und prozessrechtlich in der Lage ist, die diesem zur Last gelegten Vorwürfe nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen.

97

Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf ist ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 1986, Johnston, C-222/84, Slg. 1986, S. 1651, Rn. 19; Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, ABl EU Nr. C 303 vom 14. Dezember 2007, S. 17 <29>). Dazu gehört - als Teilgewährleistung - auch der Anspruch auf rechtliches Gehör in einem gerichtlichen Verfahren nach Art. 47 GRCh (vgl. Mayer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, nach Art. 6 EUV Rn. 369 ). Dieser Anspruch gewährleistet, dass der Richter erst nach der Anhörung der Parteien und der Würdigung der Beweismittel über den Antrag entscheidet und seine Entscheidung begründet (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 1998, Schröder und Thamann/Kommission, C-221/97 P, Slg. 1998, I-8255, Rn. 24).

98

(3) Nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh haben die Rechte der Grundrechtecharta, soweit sie den durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Rechten entsprechen, die gleiche Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der Konvention verliehen wird. Das Recht der Union kann zwar einen weitergehenden Schutz gewähren (vgl. Art. 52 Abs. 3 Satz 2 GRCh); das Schutzniveau nach der Grundrechtecharta darf jedoch nicht unter jenes der Konvention sinken. Nach den Erläuterungen zur Grundrechtecharta entspricht Art. 47 Abs. 2 GRCh dem Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 48 GRCh dem Art. 6 Abs. 2 und 3 EMRK (vgl. Erläuterungen zur Charta der Grundrechte, ABl EU Nr. C 303 vom 14. Dezember 2007, S. 17 <30>). Vor diesem Hintergrund stellen die Garantien des Art. 6 EMRK in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Mindestgarantien auch für den Rahmenbeschluss auf, hinter die dieser nicht zurückfallen darf.

99

Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention ist eine Auslieferung unzulässig, wenn begründete Tatsachen ("substantial grounds") für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Falle ihrer Auslieferung einem realen Risiko ("real risk") der Folter, einer unmenschlichen oder herabwürdigenden Behandlung ausgesetzt wird (vgl. EGMR , Soering vs. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 7. Juli 1989, Nr. 14038/88, § 91) oder eine eklatante Verweigerung eines fairen Verfahrens droht ("risks suffering a flagrant denial of a fair trial"; vgl. EGMR , Soering vs. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 7. Juli 1989, Nr. 14038/88, § 113).

100

Insoweit verpflichtet Art. 6 EMRK jedes nationale Gericht zur Prüfung, ob der Verfolgte Kenntnis vom Verfahren erlangt hat (vgl. EGMR, Somogyi v. Italien, Urteil vom 18. Mai 2004, Nr. 67972/01, § 72). Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährt zudem einen Anspruch auf rechtliches Gehör und in der Sache ein Recht auf ein kontradiktorisches Verfahren. Jede Partei muss grundsätzlich die Möglichkeit haben, Beweise anzubieten, und sich zu allen erbrachten Beweisen oder Vorbringen äußern können, die darauf gerichtet sind, die Entscheidung des Gerichts zu beeinflussen (vgl. EGMR, Mantovanelli v. Frankreich, Urteil vom 18. März 1997, Nr. 21497/93, § 33). Das Gericht hat die Pflicht, die Ausführungen und Beweisangebote der Parteien ernsthaft zu prüfen (vgl. EGMR, Van de Hurk v. Niederlande, Urteil vom 19. April 1994, Nr. 16034/90, § 59). In einem Strafverfahren bedeutet dies, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung die Möglichkeit haben müssen, zu Vortrag und Beweismitteln der anderen Seite Stellung zu nehmen (vgl. EGMR, Lietzow v. Deutschland, Urteil vom 13. Februar 2001, Nr. 24479/94, § 44).

101

Für ein faires Strafverfahren ist es von zentraler Bedeutung, dass der Angeklagte persönlich am Verfahren teilnimmt (vgl. EGMR, Poitrimol v. Frankreich, Urteil vom 23. November 1993, Nr. 14032/88, § 35). Das dient nicht nur allgemein seinem Anspruch auf rechtliches Gehör, sondern gibt dem Gericht auch die Möglichkeit, die Stichhaltigkeit seiner Aussagen zu prüfen und sie mit denen des Opfers und der Zeugen zu vergleichen (vgl. EGMR, a.a.O., § 35). Auch wenn dies nicht ausdrücklich in Art. 6 Abs. 1 EMRK angeführt wird, so folgt doch aus Sinn und Zweck dieses Rechts, dass eine Person, die einer Straftat angeklagt ist, das Recht hat, an der Verhandlung teilzunehmen (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 27). Verfahren in Abwesenheit des Angeklagten können allerdings mit der Konvention vereinbar sein, wenn dieser auf sein Anwesenheits- und Verteidigungsrecht verzichtet hat oder ein Gericht die ihm zur Last gelegten Vorwürfe erneut in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüft, nachdem es den Angeklagten gehört hat (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 29 f.; Medenica v. Schweiz, Urteil vom 14. Juni 2001, Nr. 20491/92, § 55).

102

Die Anwesenheit der Strafverteidigung - sei es im Ausgangsverfahren oder bei nochmaliger Prüfung - gehört zu den wesentlichen Anforderungen von Art. 6 EMRK. Ist es der Verteidigung in einem Wiederaufnahmeverfahren gestattet, an der Verhandlung vor dem (Berufungs-)Gericht teilzunehmen und die Zulassung neuer Beweise zu beantragen, ist eine neue Bewertung des Schuldvorwurfs in faktischer und rechtlicher Hinsicht möglich. Das Verfahren kann dann in seiner Gesamtheit als fair angesehen werden (vgl. EGMR, Jones v. Vereinigtes Königreich, Entscheidung vom 9. September 2003, Nr. 30900/02; EGMR , Sejdovic v. Italien, Urteil vom 1. März 2006, Nr. 56581/00, § 85). Umgekehrt führt die Weigerung des Gerichts, das Verfahren wiederzueröffnen, im Falle einer Abwesenheitsverurteilung - von den erwähnten Ausnahmen abgesehen - regelmäßig zu einem Verstoß gegen Art. 6 EMRK und die ihm zugrunde gelegten Prinzipien (vgl. EGMR, Stoichkov v. Bulgarien, Urteil vom 24. März 2005, Nr. 9808/02, § 56).

103

Ein Rechtsmittel muss in dieser Hinsicht effektiv sein. Deshalb darf dem Angeklagten nicht der Nachweis dafür obliegen, dass er sich einer Verurteilung nicht entziehen wollte oder seine Abwesenheit auf höhere Gewalt zurückgeht (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 30). Den nationalen Behörden bleibt es allerdings unbenommen zu prüfen, ob der Angeklagte gute Gründe für seine Abwesenheit hatte oder ob sich in seiner Prozessakte etwas findet, das eine unverschuldete Abwesenheit stützt (vgl. EGMR, Medenica v. Schweiz, Urteil vom 14. Juni 2001, Nr. 20491/92, § 57; EGMR , Sejdovic v. Italien, Urteil vom 1. März 2006, Nr. 56581/00, § 88).

104

Verzichtet eine Person aus freiem Willen ausdrücklich oder konkludent auf die Garantie eines fairen Verfahrens, stehen dem weder Wortlaut noch Geist von Art. 6 EMRK entgegen (vgl. EGMR, Kwiatkowska v. Italien, Entscheidung vom 30. November 2000, Nr. 52868/99; Sejdovic v. Italien, Urteil vom 1. März 2006, Nr. 56581/00, § 86). Der Verzicht muss allerdings unmissverständlich ausgedrückt werden und gewissen Mindestanforderungen genügen (vgl. EGMR, Jones v. Vereinigtes Königreich, Entscheidung vom 9. September 2003, Nr. 30900/02). Dass ein Angeklagter, der nicht persönlich informiert wurde, auf mangelhafter faktischer Grundlage als flüchtig ("latitante") eingestuft wird, rechtfertigt jedenfalls nicht die Annahme eines freiwilligen Verzichts auf Anwesenheits- und Verteidigungsrechte (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 28; EGMR , Sejdovic v. Italien, Urteil vom 1. März 2006, Nr. 56581/00, § 87).

105

cc) Dass der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens auch nach Unionsrecht nicht schrankenlos ist, bedeutet zugleich, dass die nationalen Justizbehörden bei entsprechenden Anhaltspunkten unionsrechtlich berechtigt und verpflichtet sind, die Einhaltung der rechtsstaatlichen Anforderungen zu prüfen, selbst wenn der Europäische Haftbefehl in formaler Hinsicht den Voraussetzungen des Rahmenbeschlusses entspricht (vgl. Böse, in: Grützner/Pötz/Kreß, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, 3. Aufl., Vor § 78 Rn. 26, 35 ). Das Unionsrecht steht daher Ermittlungen hinsichtlich der Wahrung der in der Grundrechtecharta garantierten rechtsstaatlichen Anforderungen durch die nationalen Justizbehörden nicht nur nicht im Wege, es verlangt sie. Zu Recht entfällt nach Ansicht der Europäischen Kommission die Pflicht zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls, wenn die vollstreckende Justizbehörde unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls davon überzeugt ist, dass die Übergabe zu einem Verstoß gegen die Grundrechte des Betroffenen führen würde (vgl. Kommissionsdokument KOM <2011> 175 endgültig vom 11. April 2011, S. 7). Entstehende Verzögerungen im Auslieferungsverkehr sind hinzunehmen, auch wenn dies dem Ziel des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl zuwiderläuft, die Auslieferung zu beschleunigen (vgl. Erwägungsgrund 1 und 5 Präambel RbEuHb). Dementsprechend sieht der Rahmenbeschluss auch keine starren Fristen für die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls vor (vgl. Art. 17 Abs. 2<"sollte">, Abs. 3 <"sollte">, Abs. 4 <"Sonderfällen">, Abs. 7 <"bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände"> RbEuHb).

106

Ausweislich des 12. Erwägungsgrunds belässt der Rahmenbeschluss den Mitgliedstaaten unter anderem die Freiheit zur Anwendung ihrer verfassungsmäßigen Regelungen über ein ordnungsgemäßes und faires Gerichtsverfahren (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013, F., C-168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 53). Außerdem müssen Entscheidungen zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls einer ausreichenden Kontrolle durch die Gerichte der Mitgliedstaaten unterliegen (8. Erwägungsgrund; vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013, F., C-168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 46). Eine effektive gerichtliche Kontrolle im Sinne der Art. 47, 52 Abs. 3 GRCh, Art. 6, 13 EMRK setzt jedoch auch aus der Sicht des Unionsrechts voraus, dass das zuständige Gericht in der Lage ist, entsprechende Ermittlungen anzustellen, solange nur die praktische Wirksamkeit des durch den Rahmenbeschluss errichteten Auslieferungssystems nicht in Frage gestellt wird (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 53; zum parallelen Problem im Asylrecht: EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011, N. S., C-411/10 und C-493/10, Slg. 2011, I-13905, Rn. 94).

107

dd) Damit bleiben die unionsrechtlichen Anforderungen an die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls nicht hinter denjenigen zurück, die das Grundgesetz als von Art. 1 Abs. 1 GG gebotene Mindestgarantien von Beschuldigtenrechten enthält. Ob und inwieweit zur Auslegung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl auf Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV zurückzugreifen ist, wonach die Europäische Union die jeweilige nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten achtet, und der Rahmenbeschluss daher unter Berücksichtigung der mitgliedstaatlichen Rechtslage auszulegen ist (vgl. v. Bogdandy/Schill, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. I, Art. 4 EUV Rn. 13 ), kann deshalb offen bleiben.

108

b) Auch das den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl umsetzende Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen begegnet im Hinblick auf den Schuldgrundsatz und seine in der Garantie der Menschenwürde verankerten Gewährleistungsinhalte insoweit keinen Bedenken. § 73 Satz 2 IRG sieht vor, dass bei Ersuchen nach dem Achten Teil ("Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union") die Leistung von Rechtshilfe unzulässig ist, wenn die Erledigung zu den in Art. 6 EUV enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde. Wie immer diese Verweisung im Einzelnen zu verstehen sein mag, hindert sie Behörden und Gerichte jedenfalls nicht daran, bei der Auslegung der §§ 78 ff. IRG den norminternen Direktiven des Art. 1 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen (vgl. allgemein BVerfGE 7, 198 <205 ff.>; 115, 320 <367>; stRspr).

109

4. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts wird diesen Anforderungen nicht in vollem Umfang gerecht. Zwar hat es zutreffend gesehen, dass die Auslieferung des Beschwerdeführers nur zulässig ist, wenn ihm nach seiner Überstellung ein effektiver Rechtsbehelf zur Verfügung steht. Es hat jedoch den Umfang der ihm obliegenden Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts und damit Bedeutung und Tragweite von Art. 1 Abs. 1 GG (a) verkannt. Der Beschwerdeführer hat substantiiert dargelegt, dass ihm das italienische Prozessrecht nicht die Möglichkeit eröffne, eine erneute Beweisaufnahme im Berufungsverfahren zu erwirken. Dem ist das Oberlandesgericht nicht in ausreichendem Maße nachgegangen. Es hat sich damit zufrieden gegeben, dass eine erneute Beweisaufnahme in Italien "jedenfalls nicht ausgeschlossen sei". Dies verletzt die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 1 Abs. 1 GG (b).

110

a) Beim Vollzug des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen müssen die Gerichte im Einzelfall sicherstellen, dass die Rechte des Verfolgten zumindest insoweit gewahrt werden, als sie am Schutz des Art. 1 Abs. 1 GG teilhaben. Mit Blick auf den in Art. 1 Abs. 1 GG verankerten Schuldgrundsatz gehört dazu, dass dem Verfolgten, der in Abwesenheit verurteilt wurde und nicht über die Tatsache der Durchführung und des Abschlusses des betreffenden Verfahrens unterrichtet war, zumindest die tatsächliche Möglichkeit eröffnet ist, sich nach Kenntniserlangung wirksam zu verteidigen, insbesondere Umstände vorzubringen und prüfen zu lassen, die zu seiner Entlastung führen können. Das über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheidende Gericht trifft eine Pflicht, Ermittlungen hinsichtlich der Rechtslage und Praxis im ersuchenden Staat vorzunehmen, wenn der Verfolgte hinreichende Anhaltspunkte für entsprechende Ermittlungen dargelegt hat. Inhalt und Umfang dieser Aufklärungspflicht bemessen sich nach den vom Verfolgten vorgebrachten Anhaltspunkten für eine Unterschreitung des durch die Menschenwürde garantierten Mindeststandards. Stellt sich nach Abschluss der Ermittlungen heraus, dass dieser Mindeststandard vom ersuchenden Mitgliedstaat nicht eingehalten wird, darf das zuständige Gericht die Auslieferung nicht für zulässig erklären.

111

b) Zwar ist der Italienischen Republik - wie allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union - auch im Auslieferungsverkehr grundsätzlich Vertrauen im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes entgegenzubringen. Im vorliegenden Fall haben sich jedoch Fragen ergeben, die eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich gemacht hätten.

112

Die Generalstaatsanwaltschaft Florenz hat mit dem Europäischen Haftbefehl erklärt, dass dem Beschwerdeführer die Entscheidung, mit der die Freiheitsstrafe gegen ihn verhängt worden ist, nicht persönlich zugestellt worden sei, er diese aber unverzüglich nach der Übergabe erhalten werde. Der Beschwerdeführer habe zudem ein Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem er teilnehmen könne und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und die ursprünglich ergangene Entscheidung aufgehoben werden könne. Sie hat damit konkludent erklärt, dass es dem Beschwerdeführer ermöglicht werde, die ihm zur Last gelegten Vorwürfe nach Anhörung durch ein Gericht in faktischer und rechtlicher Hinsicht überprüfen zu lassen. Darüber hinaus hat die Generalstaatsanwaltschaft Florenz mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 erklärt, dass der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Rechtsmittelfrist innerhalb von dreißig Tagen beantragen und sich ohne Vorbehalt verteidigen könne.

113

Das allein genügte im vorliegenden Fall jedoch nicht, um den von Art. 1 Abs. 1 GG gebotenen Mindeststandard an Beschuldigtenrechten und damit die Subjektstellung des Beschwerdeführers in dem in Italien durchzuführenden Strafprozess sicherzustellen. Denn der Beschwerdeführer hat begründete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ihm trotz der Zusicherung der Generalstaatsanwaltschaft Florenz keine tatsächlich wirksame Möglichkeit eröffnet sei, sich zu verteidigen, insbesondere Umstände vorzubringen und prüfen zu lassen, die zu seiner Entlastung führen können (aa). Die Begründung des Oberlandesgerichts, es reiche aus, dass im Berufungsverfahren eine erneute Beweisaufnahme "jedenfalls nicht ausgeschlossen" sei, ist nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Bedenken auszuräumen (bb). Auch mit Blick auf weitere Umstände hätte für das Oberlandesgericht Anlass bestanden, die Wahrung des dem Beschwerdeführer zustehenden Mindestbestands an prozessualen Verteidigungsmöglichkeiten eingehender zu prüfen (cc).

114

aa) Der Beschwerdeführer hat gegenüber dem Oberlandesgericht mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 erklärt, dass er in Abwesenheit und ohne seine Kenntnis verurteilt worden sei, ohne auf sein Anwesenheitsrecht aus freiem Willen und unmissverständlich verzichtet zu haben. Dabei hat er plausibel dargelegt, dass er mit der ihm nach italienischem Recht eröffneten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur erreichen könne, in die Rechtsmittelfrist für eine Berufung eingesetzt zu werden. Auch hat er unter Hinweis auf Fundstellen zum italienischen Strafprozessrecht in der deutschsprachigen Literatur vorgetragen, dass die nach italienischem Recht mögliche verspätete Berufung den Anforderungen an eine nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs wegen der beschränkten Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts nicht genüge, weil in der Berufungshauptverhandlung im Regelfall keine erneute Beweisaufnahme stattfinde. Um dies zu belegen, hat er dem Oberlandesgericht den Inhalt von Art. 603 CPP in der Fassung des Gesetzes vom 28. April 2014 wie auch nach der Gesetzeslage vor Inkrafttreten dieses Gesetzes in italienischer und deutscher Sprache mitgeteilt.

115

Aus dem Wortlaut des Art. 603 CPP scheint zu folgen, dass im Berufungsverfahren grundsätzlich keine Erneuerung des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung stattfindet. Nach dessen Absatz 3 wird die erneute Durchführung des Beweisverfahrens von Amts wegen nur angeordnet, wenn sie das Gericht für unbedingt erforderlich hält. Beantragt eine Partei die Erhebung von Beweisen, verfügt das Gericht die Beweisaufnahme, wenn es nicht in der Lage ist, aufgrund der Aktenlage zu entscheiden (Abs. 1), oder die neuen Beweise erst nach dem Verfahren erster Instanz entstanden sind oder entdeckt wurden (Abs. 2). Nach Art. 603 Abs. 4 CPP a.F. (1988), der nach Angaben des Beschwerdeführers erst durch Gesetz vom 28. April 2014 abgeschafft worden ist, verfügt der Richter die Erneuerung des Beweisverfahrens in der Hauptverhandlung nur dann, wenn der in der ersten Instanz abwesende Beschuldigte dies beantragt und nachweist, dass er nicht in der Lage war, vor Gericht zu erscheinen, und zwar aufgrund von Ereignissen zufälligen Charakters oder höherer Gewalt oder weil er keine Kenntnis von der Ladungsschrift erhalten hat, sofern dies nicht durch seine Schuld geschehen ist, oder er sich nicht aus freiem Willen der Kenntnisnahme des Verfahrens entzogen hat. Der Beschwerdeführer hat plausibel dargelegt, dass Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 auf ihn Anwendung finden könnte. Zur Begründung hat er auch auf eine Entscheidung ("Sentenza") der italienischen Corte di Cassazione vom 17. Juli 2014 verwiesen, wonach für Rechtsmittel gegen Verurteilungen in Abwesenheit, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 28. April 2014 ergangen seien, die alte Rechtslage gelte. Diese Entscheidung hat er dem Oberlandesgericht im Wortlaut mitgeteilt. Dass im vorliegenden Fall tatsächlich die alte Rechtslage gelten könnte, erscheint auch deshalb nicht fernliegend, weil die Generalstaatsanwaltschaft Florenz in ihrem Schreiben vom 7. Oktober 2014 den Wortlaut des Art. 175 CPP in der vor der Strafprozessreform des Jahres 2014 geltenden Fassung übersandt hat. Auch hierauf hat der Beschwerdeführer das Oberlandesgericht hingewiesen.

116

Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt daher befürchten, dass ihm die Möglichkeit, eine erneute Beweisaufnahme im Berufungsverfahren zu erwirken, nach italienischem Recht nicht sicher eröffnet ist. Findet Art. 603 Abs. 4 CPP 1988 Anwendung, müsste er den negativen Beweis erbringen, dass er wegen Zufalls, wegen höherer Gewalt oder deswegen, weil er keine Kenntnis von der Ladungsschrift erhalten hat, nicht in der Lage war, vor Gericht zu erscheinen, vorausgesetzt, dass dies nicht durch seine Schuld geschehen ist oder - wenn die Ladungsschrift vom Gericht erster Instanz mittels Übergabe an den Verteidiger zugestellt wurde - er sich nicht aus freiem Willen der Kenntnisnahme des Verfahrens entzogen hat. Diese Formel entspricht jener des Art. 175 CPP in der bis 2005 geltenden Fassung. Hiernach konnte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung eines Rechtsmittels vom Angeklagten beantragt werden, wenn dieser nachwies, dass er von der Verfügung tatsächlich keine Kenntnis erlangt hatte, sofern der Umstand nicht auf eigenes Verschulden zurückzuführen war, oder er sich nicht bewusst der Kenntnisnahme der Verfahrenshandlungen entzogen hatte, wenn das Säumnisurteil durch Aushändigung an den Verteidiger zugestellt worden war (vgl. Italienische Strafprozeßordnung, Zweisprachige Ausgabe, Bauer/König/Kreuzer/Riz/Zanon, 1991). Da ein Beweis von Negativtatsachen kaum zu führen ist, wurde die alte Fassung des Art. 175 CPP von den Oberlandesgerichten (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 19. Dezember 1991 - Ausl A 413/91 -, StV 1993, S. 207; OLG Nürnberg, Beschluss vom 31. Juli 1997 - Ausl. 9/97 -, StV 1997, S. 648 <649>; ThürOLG, Beschluss vom 2. Februar 1998 - Ausl 2/97 -, StV 1999, S. 265 <267 f.>; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. August 1998 - 4 Ausl (A) 201/98 - 259 - 250/98 III -, StV 1999, S. 270 <272>; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28. August 1998 - 1 AK 14/98 -, StV 1999, S. 268 <270>; OLG Köln, Beschluss vom 15. Januar 2003 - Ausl 913/01 -, juris, Rn. 38; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. September 2004 - 1 AK 0/04 -, juris, Rn. 10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13. September 2004 - 1 AK 6/04 -, StV 2004, S. 547 <548>), vom Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 47, 120 <126>) sowie von der Ersten Sektion und der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit Blick auf die hier in Rede stehenden Schutzgüter beanstandet (vgl. EGMR , Sejdovic v. Italien, Urteil vom 10. November 2004, Nr. 56581/00, § 40; EGMR , Sejdovic v. Italien, Urteil vom 1. März 2006, Nr. 56581/00, § 103 ff.). Schon 1985 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Colozza v. Italien die Wirksamkeit des Rechtsmittels der "scheinbar verspäteten Berufung" nach italienischem Recht gerügt, weil das Berufungsgericht unter tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten nur entscheiden durfte, wenn die betreffende Person beweisen konnte, dass sie sich der Justiz nicht habe entziehen wollen (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 31).

117

Selbst wenn Art. 603 CPP in seiner durch Gesetz vom 28. April 2014 geänderten Fassung Anwendung finden sollte, ist denkbar, dass dem Beschwerdeführer keine wirksame Möglichkeit eröffnet wird, sich zu verteidigen. Nach Art. 603 CPP findet eine Beweisaufnahme nämlich nur statt, wenn die Beweise erst nach dem Urteil erster Instanz entstanden oder entdeckt worden sind (Abs. 2), wenn der Richter nicht in der Lage ist, nach dem Stand der Akten zu entscheiden (Abs. 1) oder wenn er die Durchführung einer Beweisaufnahme für unbedingt erforderlich hält (Abs. 3). Der Wortlaut von Art. 603 CPP in der der Entscheidung des Oberlandesgerichts zugrunde gelegten Version legt nahe, dass dem Berufungsgericht ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über eine erneute Beweisaufnahme zukommt. Eine Pflicht des Berufungsgerichts, auf Antrag des Verfolgten überhaupt Beweis zu erheben, ergibt sich daraus nicht. Jedenfalls ist mit Blick auf den wenig bestimmten Wortlaut des Art. 603 Abs. 1 bis 3 CPP unklar, ob der Pflicht zur Ermittlung der Wahrheit im Strafverfahren hinreichend Rechnung getragen wird.

118

Die vom Beschwerdeführer mit Blick auf das italienische Berufungsverfahren vorgetragenen Bedenken werden dadurch verstärkt, dass in der Vergangenheit mehrere Oberlandesgerichte die Auslieferung nach Italien aufgrund einer Abwesenheitsverurteilung mit der Begründung abgelehnt haben, dass nach italienischem Recht in der Berufungsinstanz eine erneute umfassende gerichtliche Überprüfung der Sachentscheidung nicht stattfinde (vgl. OLG Frankfurt, 2 Ausl. 54/82, 2. September 1983, Nr. U 75, in: Eser/Lagodny/Wilkitzki, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtsprechungssammlung 1949-1992, 2. Aufl. 1993, S. 285 <288 f.>; OLG München, OLG Ausl. 77/85, 26. Juni 1985, Nr. U 112, in: Eser/Lagodny/Wilkitzki, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtsprechungssammlung 1949-1992, 2. Aufl. 1993, S. 412 <416>; KG Berlin, (4) Ausl. A. 277/85 (143/85), 24. März 1986, Nr. U 123, in: Eser/Lagodny/Wilkitzki, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Rechtsprechungssammlung 1949-1992, 2. Aufl. 1993, S. 435 <438>; SchlHOLG, Beschluss vom 14. Januar 1994 - 1 Ausl 8/93 -, StV 1996, S. 102 <103>). Die damit verbundenen Bedenken werden auch in der Literatur geteilt (vgl. Schomburg/Hackner und Lagodny, jeweils in: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl. 2012, § 15 IRG Rn. 33e bzw. § 73 IRG Rn. 86).

119

bb) Den substantiierten und plausiblen Einwänden des Beschwerdeführers hätte das Oberlandesgericht nachgehen müssen. Seine Ermittlungen stellen sich als unzureichend dar.

120

Das Oberlandesgericht versucht, die Bedenken des Beschwerdeführers mit dem Argument auszuräumen, es genüge, wenn im italienischen Berufungsverfahren in der Sache eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Abwesenheitsverurteilung stattfinde, im Rahmen derer eine erneute Beweisaufnahme "jedenfalls nicht ausgeschlossen" sei. Damit ist jedoch nicht sichergestellt, dass dem Beschwerdeführer tatsächlich eine Möglichkeit eröffnet ist, sich nach Erlangung der Kenntnis von der Abwesenheitsverurteilung wirksam zu verteidigen, insbesondere entlastende Umstände vorzutragen und deren umfassende und erschöpfende Nachprüfung und gegebenenfalls Berücksichtigung zu erreichen.

121

Der Einwand, dass es sich, selbst wenn im italienischen Berufungsverfahren im Regelfall keine erneute Beweisaufnahme stattfinde, doch um ein Rechtsmittel handele, mit dem sowohl die Tat- als auch die Rechtsfrage der erneuten Prüfung unterworfen würden, vermag ebenso wenig zu überzeugen. Wie eine umfassende Überprüfung der Tatfrage ohne Beweisaufnahme erfolgen soll, erschließt sich nicht. Darüber hinaus stützt sich das Oberlandesgericht für seine Ansicht lediglich auf eine einzige Quelle (Maiwald, Einführung in das italienische Strafrecht und Strafprozessrecht, 2009, S. 237). Eine genaue Darstellung des strafrechtlichen Berufungsverfahrens nach italienischem Recht lässt sich dieser Fundstelle nicht entnehmen. Vielmehr wird auch hier darauf hingewiesen, dass das Verfahren in zweiter Instanz grundsätzlich ein Aktenverfahren sei und keine erneute Beweisaufnahme stattfinde. Wie sich dieser Umstand mit einer erneuten Prüfung der Tatfrage vereinbaren lässt, wird nicht erläutert. Dass in der Sache eine umfassende tatsächliche Überprüfung des Abwesenheitsurteils stattfinde und die uneingeschränkte Möglichkeit einer erneuten Erhebung von bereits in erster Instanz erhobenen Beweisen bestehe, wie vom Oberlandesgericht angenommen, ergibt sich aus der zitierten Quelle nicht.

122

Der Hinweis des Oberlandesgerichts in seinem Beschluss vom 27. November 2014, dass bei einem in erster Instanz ergangenen Abwesenheitsurteil kein Anspruch auf Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens bestehe, vielmehr eine Neuverhandlung vor einem Rechtsmittelgericht ausreiche, trägt seine Entscheidung ebenfalls nicht. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die bei der Auslegung auch der Grundrechte des Grundgesetzes zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 83, 119 <128>; 111, 307 <317>; 120, 180 <200 f.>; 128, 326 <367 f.>), ist geklärt, dass das Gericht verpflichtet ist, die dem Verurteilten zur Last gelegten Vorwürfe erneut in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen, nachdem es diesen gehört hat (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 29; Einhorn v. Frankreich, Entscheidung vom 16. Oktober 2001, Nr. 71555/01, § 33). Zudem müssen sich die prozeduralen Möglichkeiten nach Recht und Praxis des Vertragsstaates als effektiv erweisen (vgl. EGMR, Colozza v. Italien, Urteil vom 12. Februar 1985, Nr. 9024/80, § 30; Medenica v. Schweiz, Urteil vom 14. Juni 2001, Nr. 20491/92, § 55). Zwar folgt aus der Entscheidung in der Sache Colozza v. Italien, wie das Oberlandesgericht zutreffend feststellt, dass bei einem in erster Instanz ergangenen Abwesenheitsurteil kein Anspruch auf Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens besteht. Der Entscheidung kann allerdings nicht entnommen werden, dass dem in Abwesenheit Verurteilten, der keine Kenntnis von dem erstinstanzlichen Verfahren hatte, von vornherein kein Recht auf Durchführung einer Beweisaufnahme zustünde. Vielmehr betont der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung das aus Art. 6 Abs. 1 EMRK fließende Recht, Beweis anzubieten und sich zu allen erbrachten Beweisen oder Vorbringen, die darauf gerichtet sind, die Entscheidung des Gerichts zu beeinflussen, äußern zu können (vgl. EGMR, Mantovanelli v. Frankreich, Urteil vom 18. März 1997, Nr. 21497/93, § 33; Lietzow v. Deutschland, Urteil vom 13. Februar 2001, Nr. 24479/94, § 44).

123

Die Auffassung des Oberlandesgerichts, es genüge, wenn im italienischen Berufungsverfahren in der Sache eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung des Abwesenheitsurteils stattfinde, im Rahmen derer eine erneute Beweisaufnahme "jedenfalls nicht ausgeschlossen" sei, greift insoweit zu kurz.

124

cc) Darüber hinaus ist mit Blick auf die Aufklärungspflicht des Oberlandesgerichts zu bedenken, dass die Rechtslage in Italien angesichts der in der Vergangenheit erfolgten Beanstandungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und der zahlreichen Änderungen des italienischen Codice Penale für einen deutschen Richter nicht ohne weiteres zu überblicken ist. Auch hat die Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Florenz vom 7. Oktober 2014 nur wenig zur Aufklärung beigetragen. Die italienischen Justizbehörden wurden vom Oberlandesgericht gebeten, ergänzende Auskunft über die tatsächliche Kenntnis des Beschwerdeführers vom Verhandlungstermin und dessen anwaltlicher Vertretung beziehungsweise eine Zusicherung zu erteilen, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Überstellung vorbehaltlos das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren in seiner Anwesenheit eingeräumt wird, in dem der gegen ihn erhobene Vorwurf umfassend geprüft werden wird. Ergänzende Auskunft über die Kenntnis des Beschwerdeführers vom Verhandlungstermin und dessen anwaltlicher Vertretung gab die Generalstaatsanwaltschaft Florenz nicht, obwohl sie im Europäischen Haftbefehl nicht angegeben hatte, ob der Beschwerdeführer zu der Verhandlung, die zu seiner Verurteilung geführt hat, persönlich erschienen war oder nicht. Eine Zusicherung, dass dem Beschwerdeführer nach seiner Überstellung vorbehaltlos das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren in seiner Anwesenheit eingeräumt wird, in dem der gegen ihn erhobene Vorwurf umfassend geprüft werden wird, erteilte sie ebenfalls nicht. Trotz des präzisen Ersuchens um Auskunft und Zusicherung durch das Oberlandesgericht wies sie lediglich abstrakt darauf hin, dass unter der Bedingung, dass "dem Antrag stattgegeben wird", erneut eine Hauptverhandlung gegen den Verurteilten stattfinden werde. Dem Verurteilten wurde sein Verteidigungsrecht zwar ohne Vorbehalt zugesichert; der Umfang dieses Verteidigungsrechts blieb jedoch unklar.

D.

125

Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedarf es nicht. Die richtige Anwendung des Unionsrechts ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt ("acte clair", vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, C.I.L.F.I.T., C-283/81, Slg. 1982, S. 3415, Rn. 16 ff.). Das Unionsrecht gerät mit dem Menschenwürdeschutz des Grundgesetzes nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG im vorliegenden Fall nicht in Konflikt. Der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl verpflichtet, wie dargelegt, deutsche Gerichte und Behörden nicht, einen Europäischen Haftbefehl ohne Prüfung auf seine Vereinbarkeit mit den aus Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen zu vollstrecken. Dass die Grenzen der Ermittlungspflicht, insbesondere mit Blick auf den Umfang der nach Unionsrecht zulässigen Ermittlungen und der hiermit verbundenen Verzögerungen beim Vollzug des Haftbefehls in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht geklärt sind, ändert daran nichts. Jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall ist kein Anhaltspunkt erkennbar, dass Unionsrecht einer Pflicht des Oberlandesgerichts, die Wahrung der Rechte des Beschwerdeführers eingehender zu prüfen, entgegen stand. Das gilt vor allem mit Blick auf die substantiierten Anhaltspunkte, die der Beschwerdeführer dem Oberlandesgericht dafür vorgetragen hat, dass ihm nach italienischem Prozessrecht keine Möglichkeit eröffnet sei, sich wirksam zu verteidigen.

E.

126

Da die Verfassungsbeschwerde zulässig und begründet ist, sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG vollständig zu erstatten.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die Zulassungsentscheidungen dienen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Wird ein Vorhaben geändert, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn

1.
allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte für eine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder überschreitet oder
2.
die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 durchgeführt. Wird ein Vorhaben der Anlage 1 Nummer 18.1 bis 18.8 geändert, so wird die allgemeine Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 2 nur durchgeführt, wenn allein durch die Änderung der jeweils für den Bau des entsprechenden Vorhabens in Anlage 1 enthaltene Prüfwert erreicht oder überschritten wird.

(2) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so besteht für das Änderungsvorhaben die UVP-Pflicht, wenn das geänderte Vorhaben

1.
den Größen- oder Leistungswert für die unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erstmals erreicht oder überschreitet oder
2.
einen in Anlage 1 angegebenen Prüfwert für die Vorprüfung erstmals oder erneut erreicht oder überschreitet und eine Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.
Wird ein Städtebauprojekt oder eine Industriezone nach Anlage 1 Nummer 18.5, 18.7 und 18.8 geändert, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass allein durch die Änderung der Größen- oder Leistungswert nach Satz 1 Nummer 1 oder der Prüfwert nach Satz 1 Nummer 2 erreicht oder überschritten wird.

(3) Wird ein Vorhaben geändert, für das keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, so wird für das Änderungsvorhaben eine Vorprüfung durchgeführt, wenn für das Vorhaben nach Anlage 1

1.
eine UVP-Pflicht besteht und dafür keine Größen- oder Leistungswerte vorgeschrieben sind oder
2.
eine Vorprüfung, aber keine Prüfwerte vorgeschrieben sind.
Die UVP-Pflicht besteht, wenn die Vorprüfung ergibt, dass die Änderung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann.

(4) Für die Vorprüfung bei Änderungsvorhaben gilt § 7 entsprechend.

(5) Der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand bleibt hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oder Leistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Im Außenbereich dürfen an Bundeswasserstraßen und Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit einer Größe von mehr als 1 Hektar im Abstand bis 50 Meter von der Uferlinie keine baulichen Anlagen errichtet oder wesentlich geändert werden. An den Küstengewässern ist abweichend von Satz 1 ein Abstand von mindestens 150 Metern von der mittleren Hochwasserlinie an der Nordsee und von der Mittelwasserlinie an der Ostsee einzuhalten. Weiter gehende Vorschriften der Länder bleiben unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
bauliche Anlagen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtmäßig errichtet oder zugelassen waren,
2.
bauliche Anlagen, die in Ausübung wasserrechtlicher Erlaubnisse oder Bewilligungen oder zum Zwecke der Überwachung, der Bewirtschaftung, der Unterhaltung oder des Ausbaus eines oberirdischen Gewässers errichtet oder geändert werden,
3.
Anlagen des öffentlichen Verkehrs einschließlich Nebenanlagen und Zubehör, des Rettungswesens, des Küsten- und Hochwasserschutzes sowie der Verteidigung.
Weiter gehende Vorschriften der Länder über Ausnahmen bleiben unberührt.

(3) Von dem Verbot des Absatzes 1 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn

1.
die durch die bauliche Anlage entstehenden Beeinträchtigungen des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes, insbesondere im Hinblick auf die Funktion der Gewässer und ihrer Uferzonen, geringfügig sind oder dies durch entsprechende Maßnahmen sichergestellt werden kann oder
2.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist; in diesem Fall gilt § 15 entsprechend.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Die Genehmigung kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung auferlegt werden.

(1a) Für den Fall, dass eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 für die jeweilige Anlagenart keine Anforderungen vorsieht, ist bei der Festlegung von Emissionsbegrenzungen für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie in der Genehmigung sicherzustellen, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten.

(1b) Abweichend von Absatz 1a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
eine Bewertung ergibt, dass wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Bei der Festlegung der Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten. Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten und keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen.

(2) Die Genehmigung kann auf Antrag für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden. Sie kann mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn die genehmigungsbedürftige Anlage lediglich Erprobungszwecken dienen soll.

(2a) Die Genehmigung kann mit Einverständnis des Antragstellers mit dem Vorbehalt nachträglicher Auflagen erteilt werden, soweit hierdurch hinreichend bestimmte, in der Genehmigung bereits allgemein festgelegte Anforderungen an die Errichtung oder den Betrieb der Anlage in einem Zeitpunkt nach Erteilung der Genehmigung näher festgelegt werden sollen. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch für den Fall, dass eine beteiligte Behörde sich nicht rechtzeitig äußert.

(2b) Im Falle des § 6 Absatz 2 soll der Antragsteller durch eine Auflage verpflichtet werden, der zuständigen Behörde unverzüglich die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes innerhalb der genehmigten Betriebsweise mitzuteilen.

(2c) Der Betreiber kann durch Auflage verpflichtet werden, den Wechsel eines im Genehmigungsverfahren dargelegten Entsorgungswegs von Abfällen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das gilt ebenso für in Abfallbehandlungsanlagen erzeugte Abfälle. Bei Abfallbehandlungsanlagen können außerdem Anforderungen an die Qualität und das Schadstoffpotential der angenommenen Abfälle sowie der die Anlage verlassenden Abfälle gestellt werden.

(3) Die Teilgenehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder mit dem Vorbehalt erteilt werden, dass sie bis zur Entscheidung über die Genehmigung widerrufen oder mit Auflagen verbunden werden kann.

(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 65 Abs. 2.

(2) Ein im Revisionsverfahren nach § 65 Abs. 2 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beiladungsbeschlusses rügen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

Auf Antrag soll eine Genehmigung für die Errichtung einer Anlage oder eines Teils einer Anlage oder für die Errichtung und den Betrieb eines Teils einer Anlage erteilt werden, wenn

1.
ein berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Teilgenehmigung besteht,
2.
die Genehmigungsvoraussetzungen für den beantragten Gegenstand der Teilgenehmigung vorliegen und
3.
eine vorläufige Beurteilung ergibt, dass der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen.
Die Bindungswirkung der vorläufigen Gesamtbeurteilung entfällt, wenn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage oder Einzelprüfungen im Rahmen späterer Teilgenehmigungen zu einer von der vorläufigen Gesamtbeurteilung abweichenden Beurteilung führen.

(1) Auf Antrag soll durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.

(2) Der Vorbescheid wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit die Genehmigung beantragt; die Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert werden.

(3) Die Vorschriften der §§ 6 und 21 gelten sinngemäß.

(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:

1.
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a)
dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung,
b)
der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder
c)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
2.
Genehmigungen für Anlagen, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen mit dem Buchstaben G gekennzeichnet sind, gegen Entscheidungen nach § 17 Absatz 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach § 8 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für Gewässerbenutzungen, die mit einem Vorhaben im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) verbunden sind, sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 35 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftgesetzes;
2a.
Genehmigungen für Anlagen nach § 23b Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder Zulassungen für Betriebspläne nach § 57d Absatz 1 des Bundesberggesetzes;
2b.
Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die benachbarte Schutzobjekte im Sinne des § 3 Absatz 5d des Bundes-Immissionsschutzgesetzes darstellen und die innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands zu einem Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes verwirklicht werden sollen und einer Zulassung nach landesrechtlichen Vorschriften bedürfen;
3.
Entscheidungen nach dem Umweltschadensgesetz;
4.
Entscheidungen über die Annahme von Plänen und Programmen im Sinne von § 2 Absatz 7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und im Sinne der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, für die nach
a)
Anlage 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
landesrechtlichen Vorschriften
eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann; ausgenommen hiervon sind Pläne und Programme, über deren Annahme durch formelles Gesetz entschieden wird;
5.
Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge, durch die andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union zugelassen werden, und
6.
Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nummern 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen.
Dieses Gesetz findet auch Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Entscheidung nach Satz 1 getroffen worden ist. Unberührt bleiben
1.
§ 44a der Verwaltungsgerichtsordnung,
2.
§ 17 Absatz 3 Satz 3 bis 5 und § 19 Absatz 2 Satz 5 bis 7 des Standortauswahlgesetzes sowie
3.
§ 15 Absatz 3 Satz 2 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, § 17a Absatz 5 Satz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes, § 6 Absatz 9 Satz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, § 47 Absatz 4 und § 49 Absatz 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und andere entsprechende Rechtsvorschriften.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Entscheidung im Sinne dieses Absatzes auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Dieses Gesetz gilt auch im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone oder des Festlandsockels im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799, 1995 II S. 602).

(3) Soweit in Planfeststellungsverfahren, die Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 5 unterfallen, Rechtsbehelfe nach diesem Gesetz eröffnet sind, wird § 64 Absatz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes nicht angewendet.

(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.
den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2.
Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes
beziehen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 65 Abs. 2.

(2) Ein im Revisionsverfahren nach § 65 Abs. 2 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beiladungsbeschlusses rügen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 65 Abs. 2.

(2) Ein im Revisionsverfahren nach § 65 Abs. 2 Beigeladener kann Verfahrensmängel nur innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beiladungsbeschlusses rügen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht

1.
in der Sache selbst entscheiden,
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der im Revisionsverfahren nach § 142 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 49 Nr. 2 und nach § 134 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht anhängig geworden wäre.

(6) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(7) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit das Bundesverwaltungsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend hält. Das gilt nicht für Rügen nach § 138 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Abschrift beigefügt werden.

(2) Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der nach § 21g des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Berufsrichter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in Absatz 1 Satz 1 genannten Erfordernisse fehlt. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt § 60 entsprechend.