Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2016 - 5 StR 313/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:091116U5STR313.15.0
09.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
EGBGB Art. 233 § 2 Abs. 3
Zur Untreue bei behördlichen Entscheidungen im Zusammenhang
mit gesetzlicher Vertretung nach Art. 233 § 2 Abs. 3
EGBGB.
BGH, Urteil vom 9. November 2016 – 5 StR 313/15
LG Leipzig –
ECLI:DE:BGH:2016:091116U5STR313.15.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 313/15
vom 9. November 2016 in der Strafsache gegen

1.



2.



3.



4.



wegen Untreue u.a. ECLI:DE:BGH:2016:091116U5STR313.15.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. November 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander als Vorsitzender, Richter Dölp, Richter Prof. Dr. König, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwältin R. als Verteidigerin der Angeklagten D. , Rechtsanwältin G. als Verteidigerin der Angeklagten H. , Rechtsanwalt K. als Verteidiger des Angeklagten M. , Rechtsanwalt W. als Verteidiger der Angeklagten T. , Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 17. Dezember 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit freigesprochen worden sind
a) die Angeklagte D. im Fall 2.5 des ersten Tatkomplexes der Urteilsgründe,
b) die Angeklagten H. und M. in den Fällen 2.1, 2.2 und 2.5 des ersten Tatkomplexes der Urteilsgründe.
Die weitergehenden Revisionen betreffend diese Angeklagten und die Revision betreffend die Angeklagte T. werden verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels betreffend die Angeklagte T. sowie die dieser Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten von Untreue- und Betrugsvorwür1 fen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützten Revisionen. Das die Angeklagte T. betreffende Rechtsmittel bleibt erfolglos; die Revisionen hinsichtlich der Angeklagten D. , H. und M. haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.

A.


I. Den Angeklagten liegt Folgendes zur Last:
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1. Den Angeklagten D. , H. und M. wird vorgeworfen,
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gemeinschaftlich handelnd zwischen Juli 2006 und Mai 2009 in insgesamt fünf Fällen als Mitarbeiter des Rechtsamts der Stadt nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB ohne ausreichende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen und unter billigender Inkaufnahme der Verletzung entsprechender Prüfpflichten gesetzliche Vertreter für vermeintlich unbekannte Grundstückseigentümer bestellt bzw. an deren Bestellung mitgewirkt zu haben und von den bestellten Vertretern vorgenommene Grundstücksveräußerungen genehmigt bzw. an diesen Genehmigungen mitgewirkt zu haben. Der Angeklagten D. wird insoweit ihr Tätigwerden im Rahmen der Fälle 2.4 und 2.5, der Angeklagten H. werden ihre Handlungen bei den Taten 2.1, 2.2, 2.4 sowie 2.5 und dem Angeklagten M. sein Handeln bei den Taten 2.1 bis 2.5 zum Vorwurf gemacht. Der Angeklagten T. als im Fall 2.4 zur gesetzlichen Vertreterin bestellten Rechtsanwältin wird vorgeworfen, die Grundstücksveräußerung vorgenommen zu haben, obwohl ihr ein Miteigentümer des Grundstücks und damit das Fehlen der Vertretungsvoraussetzungen bekannt gewesen seien (Tatkomplex

1).


2. Weiter wird den Angeklagten D. , H. und M. vor4 geworfen, die im Zuge der Grundstücksveräußerungen für (vermeintlich) unbekannte Grundstückseigentümer vereinnahmten und auf städtischen Konten verwahrten Erlöse in insgesamt 43 Fällen entgegen den gesetzlichen Vorschriften ohne die aufgelaufenen Zinsen an die Berechtigten ausgekehrt zu haben. Auch hierbei hätten die Angeklagten die Verletzung ihrer Pflicht zur Zinsauskehr und die Schädigung der Auskehrberechtigten billigend in Kauf genommen. Den Angeklagten D. und M. wird hier zudem vorgeworfen, in jeweils einem Fall zugleich Anspruchsberechtigten gegenüber bewusst wahrheitswidrig eine Verzinsungspflicht in Abrede gestellt und diese dadurch getäuscht zu haben (Tatkomplex 2).
3. Schließlich liegt dem Angeklagten M. zur Last, in 173 Fällen be5 dingt vorsätzlich entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung für die städtische Verwaltungstätigkeit im Zusammenhang mit der Bestellung gesetzlicher Vertreter gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB keine Verwaltungsgebühr nach der Tarifstelle 3.3. des kommunalen Kostenverzeichnisses (KommKVz) der Stadt in Höhe von jeweils 125 bis 1.000 Euro festgesetzt zu haben (Tatkomplex

3).


II. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getrof6 fen:
1. In den 1990er und 2000er Jahren ließen sich Grundstückseigentümer
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in den neuen Ländern vielfach nur schwer ermitteln, weil in der DDR zahlreiche Immobilien im Volkseigentum gestanden hatten, Grundbücher nicht oder nur unvollständig geführt worden und zudem Restitutions- und Entschädigungsansprüche zu klären waren. Überdies lagen viele Grundstücke, deren eigentumsrechtliche Zuordnung unklar war, gänzlich brach oder waren mit leerstehenden oder stark sanierungsbedürftigen Gebäuden bebaut; dies führte für die verkehrssicherungspflichtigen Kommunen zu finanziellen und organisatorischen Belastungen. Zu deren Verringerung und um eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zu ermöglichen, in der es eine große Nachfrage nach Immobilien gab, bestand bei der Stadtverwaltung ein erhebliches Interesse an einem funktionierenden städtischen Grundstücksmarkt.
Seit Ende 1993 galt mit Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB eine gesetzliche Re8 gelung, die es Kommunen erlaubte, in Fällen der Nichtfeststellbarkeit eines Grundstückseigentümers oder seines Aufenthalts bei Bestehen eines Bedürfnisses für diesen einen gesetzlichen Vertreter zu bestellen. Die Wirksamkeit der von solchen Vertretern vorgenommenen Grundstücksveräußerungen hing von der Genehmigung durch die Bestellungsbehörde ab.
Im zuständigen Rechtsamt der Stadt nahm die inzwischen ver9 storbene frühere Rechtsamtsleiterin B. bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand Ende Oktober 2006 die Bestellung gesetzlicher Vertreter vor und traf Entscheidungen über Genehmigungsersuchen bestellter Vertreter für von ihnen vorgenommene Grundstücksveräußerungen. Sie hinterließ ihren Nach- folgern „chaotische Verhältnisse“ (UA S. 34) insoweit, als Arbeitsabläufe zum Teil nicht organisiert waren, keine schriftlichen Dienstanweisungen existierten und Akten teilweise gar nicht oder falsch registriert bzw. unvollständig waren oder ihr Ablageort unklar war.
Nachdem der Zeuge L. kurzzeitig das Rechtsamt geleitet hatte, nahm
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seit Februar 2007 die Angeklagte H. übergangsweise die Aufgaben der Rechtsamtsleiterin wahr. Sie hatte in der DDR ein juristisches Studium absolviert und war seit Mitte 1996 stellvertretende Rechtsamtsleiterin. Am 7. Mai 2007 übernahm die Angeklagte D. , eine Volljuristin, die Leitung des Rechtsamts und damit auch die interne Zuständigkeit für die Bestellung von gesetzlichen Vertretern sowie für Genehmigungsentscheidungen. Für die jeweiligen Leiter des Rechtsamts bereitete seit November 2001 der Angeklagte M. , ein Verwaltungsmitarbeiter ohne juristische Ausbildung, die Bestellungs - und Genehmigungsentscheidungen inhaltlich vor.
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde im Rechtsamt der Be11 reich der gesetzlichen Vertretung regulär von nur zwei Mitarbeitern bearbeitet – nämlichdem jeweiligen Rechtsamtsleiter unterstützt durch den Angeklagten M. . Im Zeitpunkt des tatgerichtlichen Urteils waren zur Erfüllung derselben Aufgaben insgesamt neun Verwaltungsangehörige nach einem von Justiziaren erstellten Prüfschema tätig.
2. In insgesamt fünf Fällen (Tatkomplex 1) bestellten die frühere Rechts12 amtsleiterin B. (Fall 2.1), der Zeuge L. als ihr Vertreter (Fälle 2.1 und 2.2), die Angeklagte D. als Rechtsamtsleiterin (Fälle 2.3, 2.4 und 2.5) und die Angeklagte H. als stellvertretende Rechtsamtsleiterin (Fall 2.4) Rechtsanwälte als gesetzliche Vertreter gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB. Die Angeklagte D. genehmigte in zwei Fällen (Fälle 2.3 und 2.4), die Angeklagte H. in vier Fällen (Fälle 2.1, 2.2, 2.4 und 2.5) von gesetzlichen Vertretern vorgenommene Grundstücksveräußerungen.
Die Bestellungen der gesetzlichen Vertreter bereitete jeweils der Ange13 klagte M. inhaltlich vor. In vier Fällen (Fälle 2.1, 2.2, 2.3 und 2.5) führte er
vor der Bestellungsentscheidung keine eigenen Recherchen zur Feststellung des Grundstückseigentümers, seiner Erben oder deren Aufenthalt durch, sondern vertraute auf die Angaben der die gesetzliche Vertretung beantragenden Erwerbsinteressenten, die Grundstückseigentümer seien unbekannt.
In einem Fall (Fall 2.4) wurde dem Angeklagten M. durch eine von
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ihm veranlasste Anfrage bei der Stadtkämmerei der mögliche Mitberechtigte He. bekannt, der angab, Erbe eines Anteils an einer einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück haltenden BGB-Gesellschaft zu sein. Der Angeklagte M. bereitete aber in Abstimmung mit der Angeklagten T. als bereits für andere Berechtigte bestellter gesetzlicher Vertreterin unter Hinweis auf Zweifel an der Rechtsstellung des möglichen Erben auch insoweit eine Vertreterbestellung vor. Das Landgericht hat hier das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB bejaht. Denn da der ermittelte mögliche Mitberechtigte seine Miterbenstellung nicht ausreichend nachgewiesen hatte, insbesondere keinen ihn legitimierenden Erbschein vorgelegt hatte, sei der Grundstückseigentümer hier unbekannt gewesen.
Auch die Genehmigungen der durch die gesetzlichen Vertreter vorge15 nommenen Grundstücksveräußerungen bereitete der Angeklagte M. vor. In einem Fall (Fall 2.1) konnte nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Angeklagte dabei zur Prüfung des Verkaufspreises auf wirtschaftliche Angemessenheit telefonisch beim Amt für Geoinformation und Bodenordnung kundig gemacht hatte. In den übrigen Fällen lagen dem Angeklagten Verkehrswertgutachten vor, die dem später festgelegten Verkaufspreis entsprechende Grundstückswerte auswiesen. In den Fällen 2.1 bis 2.4 führte der Angeklagte M. vor den Genehmigungsentscheidungen keine weiteren Ermittlungen zu den vertretenen Eigentümern durch. Im Fall 2.5 wartete er das Ergebnis nachträglich
veranlasster Ermittlungen nicht ab; diese hatten allerdings keinen konkreten Hinweis auf einen Eigentümer zum Hintergrund.
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Der Angeklagte M. hielt sich für berechtigt, keine (Fälle 2.1, 2.2 und 2.3) bzw. nur in geringem Maße (Fälle 2.4, 2.5) Eigentümer- oder Erbenermittlungen anzustellen. Er wollte entsprechend den Instruktionen durch die frühere Rechtsamtsleiterin B. und seinem Verständnis der Vertretungsregelung des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB als Beschleunigungsnorm möglichst schnell die Bestellung der gesetzlichen Vertreter vorbereiten. Mit einer Schädigung der Berechtigten rechnete er nicht. Auch betreffend die Vorbereitung der Genehmigungsentscheidungen ging er nicht von einer Schädigung der Eigentümer aus, da er entweder durch Verkehrswertgutachten oder in einem Fall nicht ausschließbar infolge von Informationen des Amtes für Geoinformation und Bodenordnung den Verkaufspreis geprüft hatte.
Die Angeklagten D. und H. verließen sich auf die ord17 nungsgemäße und fehlerfreie Zuarbeit des Angeklagten M. und rechneten nicht damit, dass für die vorbereiteten Vertreterbestellungen und Genehmigungserklärungen die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen könnten. Die Angeklagte T. ging davon aus, dass auch hinsichtlich des möglichen Mitberechtigten He. die Voraussetzungen für eine Vertreterbestellung vorlagen, da dieser nur eine Mitberechtigung als Mit-Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft durch Erbfolge vorgetragen und ein entsprechendes Erbrecht nicht nachgewiesen hatte. Eine Schädigung von Berechtigten hielten die genannten Angeklagten nicht für möglich.
Während in den Fällen 2.1 und 2.2 die Veräußerungserlöse seitens des
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Rechtsamts nach Abzug insbesondere der für die Tätigkeit der gesetzlichen Vertreter angefallenen Kosten später an die Berechtigten ausgekehrt wurden, traf dies in den übrigen Fällen nicht zu. Im Fall 2.3 gingen die Berechtigten auf dem Zivilrechtsweg gegen die vorgenommene Grundstücksveräußerung vor und erstritten die Zahlung von Schadensersatz durch die Stadt. Der mögliche Mitberechtigte He. im Fall 2.4 meldete sich nach Vollzug des Kaufvertrags nicht mehr bei der Stadt, weswegen es auch nicht zu einer Auskehrung des Veräußerungserlöses kam. Im Fall 2.5, bei dem irrtümlich nicht für den Eigentümer Z. , sondern für „die Erben nach dem unbekannten Eigentümer Z. “ ein gesetzlicher Vertreter bestellt worden und in deren Namen ein Kaufvertrag geschlossen worden war, erwirkte der Eigentümer auf dem Zivilrechtsweg die Rückübertragung des Grundstücks und die Zahlung von Schadensersatz; eine Belastung mit Vertretungskosten erfolgte nicht.
3. Im Tatkomplex 2 wiesen die insoweit intern zuständigen Angeklagten
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D. , H. und M. in insgesamt 43 Fällen die Auszahlung von Veräußerungserlösen an berechtigte Eigentümer der durch gesetzliche Vertreter im Sinne von Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB veräußerten Grundstücke abzüglich entstandener Kosten ohne Auskehrung der erwirtschafteten Zinsen an. In jeweils einem der Fälle teilten die Angeklagten D. (Fall II.44 der Anklageschrift ) und M. (Fall II.45 der Anklageschrift) Bevollmächtigten der Berechtigten schriftlich mit, dass eine Verzinsungspflicht für verwahrte Kaufpreiserlöse nicht bestehe.
Dem war eine rechtliche Auseinandersetzung innerhalb der
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Stadtverwaltung vorausgegangen. Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt hatte in den Jahren 1999 und 2002 die bisherige Verfahrensweise beanstandet und die Auffassung vertreten, dass die der Stadt zugeflossenen Kaufpreiserlöse zu Gunsten der Berechtigten verzinslich anzulegen seien. Demgegenüber hatte die frühere Rechtsamtsleiterin B. unter Verweis auf die Regelungen der Hinterlegungsordnung weiterhin die gegenteilige Rechtsauffassung vertreten und etwa im Jahr 2003 die Angeklagten H. und M. angewiesen, die Kaufpreiserlöse generell ohne Zinsen an die Berechtigten auszuzahlen. Dieser Rechtsauffassung folgend führten die Angeklagten die langjährig geübte Praxis fort.
4. In 173 Fällen (Tatkomplex 3) setzte der Angeklagte M. gegenüber
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den gesetzlich vertretenen früheren Grundstückseigentümern für das Tätigwerden der Stadtverwaltung im Rahmen der gesetzlichen Vertretung lediglich eine Gebühr nach Ziffer 3.1. KommKVz, nicht jedoch eine zweite Gebühr gemäß Ziffer 3.1. KommKVz (nach dem Zusammenhang wohl richtig: 3.3. KommKVz) fest.
Das Kostenverzeichnis sah folgende Tarifstellen vor:
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Ziffer 3.1. KommKVz Genehmigung der Veräußerung des Grundstücks durch den gesetzlichen Vertreter: 150 bis 1.000 € Ziffer 3.2. KommKVz Verwaltung des Kaufpreiserlöses: 1,5 % des verwahrten Geldes, höchstens 2.500 € Ziffer 3.3. KommKVz Verwaltungstätigkeit im Zusammenhang mit der Bestellung einer Person zum gesetzlichen Vertre- ter: 125 bis 1.000 €
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Der Angeklagte hatte Anfang der 2000er Jahre an der Überarbeitung dieser Vorschriften mitgewirkt. Er ging bei der Festsetzung der Gebühren davon aus, dass eine Gebühr nach 3.1. KommKVz (nach dem Zusammenhang wohl richtig: 3.3. KommKVz) nicht entstanden sei. Nach seinem Verständnis war dieser Gebührentatbestand nur als Auffangtatbestand geschaffen worden für (hier nicht vorliegende) Fälle, in denen der gesetzliche Vertreter bereits vor Abschluss des Kaufvertrages abberufen wurde. Er war der Ansicht, dass der Stadt Gebühren nach dem genannten Tatbestand nicht zustünden.
III. Das Landgericht hat hinsichtlich eines Tatvorwurfs des ersten Tat25 komplexes (Fall 2.4) und betreffend sämtliche Tatvorwürfe des zweiten Tatkomplexes bereits eine Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Untreue bzw. des Betruges verneint. In diesen Fällen wie auch im Übrigen hat es (jedenfalls ) ein vorsätzliches Handeln der Angeklagten nicht feststellen können.

B.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben nur hinsichtlich der Ange26 klagten D. , H. und M. teilweise Erfolg. Die Revision betreffend die Angeklagte T. bleibt erfolglos.
I. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.
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1. Die Staatsanwaltschaft beanstandet in verfahrensrechtlicher Hinsicht
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die nicht erschöpfende Würdigung von in die Beweisaufnahme eingeführten Urkunden – insbesondere eines Berichts des Rechnungsprüfungsamts der Stadt vom 20. März 2012 – und der Angaben eines als Zeugen vernommenen Staatsanwalts.
Diese Rügen sind unzulässig, da das Revisionsvorbringen den Anforde29 rungen aus § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO jeweils nicht gerecht wird. Die Revisions-
führerin hat den Inhalt der in Bezug genommenen Urkunden nur punktuell und damit nicht ausreichend mitgeteilt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14, PharmR 2015, 127, 129; LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 344 Rn. 78, 82 ff.; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 39). Gleiches gilt für die zeugenschaftlichen Angaben, deren Inhalt die Revision nicht vorträgt, sondern insoweit nur auf die Bestätigung von Vorhalten aus dem inhaltlich nicht mitgeteilten Protokoll einer vom Zeugen durchgeführten Vernehmung verweist.
2. Auch die seitens der Staatsanwaltschaft erhobene weitere Inbegriffs30 rüge (§ 261 StPO), das Landgericht habe in seine Beweiswürdigung den „Ver- waltungsvorgang L. Markt “ einbezogen, der in Form der Dokumente der entsprechenden Verwaltungsakte nicht Gegenstand der Beweisaufnahme gewesen sei, greift nicht durch. Die Verfahrensbeanstandung ist bereits unzu- lässig, da die Beschwerdeführerin lediglich behauptet, die „Urkunden zum L. Markt “ seien auch nicht in anderem Zusammenhang in die Beweisaufnahme eingeführt worden, sie sich aber nicht zu der naheliegenden Möglichkeit verhält, dass im Rahmen von Einlassungen oder Zeugenaussagen entsprechende Beweiserkenntnisse erlangt wurden (KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 58; BeckOK-StPO/Wiedner, § 344 Rn. 50.1, 58, jeweils mwN).
II. Die Freisprüche der Angeklagten D. , H. und M.
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halten nicht in vollem Umfang sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Gegen die Freisprechung der Angeklagten T. ist hingegen aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
1. Im Tatkomplex 1 hat die Strafkammer zwar im Ergebnis rechtlich zu32 treffend festgestellt, dass sich die Angeklagten in den Fällen 2.3 und 2.4 nicht strafbar gemacht haben, weil insoweit bereits die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen (dazu Buchst. a, b). Sie hat jedoch in den übri-
gen Fällen, in denen es nach den – allerdings zum Teil lückenhaften – Feststellungen des Landgerichts jedenfalls möglich erscheint, dass das Handeln der Angeklagten die objektiven Voraussetzungen der Untreue erfüllt, in subjektiver Hinsicht eine Strafbarkeit der Angeklagten D. in dem ihr zur Last gelegten Fall 2.5 und eine Strafbarkeit der Angeklagten H. und M. in den Fällen 2.1, 2.2 und 2.5 nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen (dazu Buchst. c).

a) Untreue setzt sowohl in der Variante des Missbrauchs- als auch derje33 nigen des Treubruchstatbestands voraus, dass dem Täter eine Vermögensbetreuungspflicht obliegt und er diese verletzt. Eine solche Pflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit hinausgehen. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des ihm eingeräumten Spielraums abzustellen , sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschlüsse vom 1. April 2008 – 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f.; vom 5. März 2013 – 3 StR 438/12,
BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585, 2590 f.; vom 16. August 2016 – 4 StR 163/16, jeweils mwN).
aa) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob für die Angeklagten
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D. und H. bei der Bestellung gesetzlicher Vertreter eine Vermögensbetreuungspflicht bestand. Denn eine solche traf sie, als sie zeitlich nach der Vertreterbestellung – ggf. auf der Grundlage eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses – Grundstücksveräußerungen genehmigten, die von den bestellten Vertretern vorgenommen worden waren. Die Angeklagte D. genehmigte die Grundstücksveräußerung im Fall 2.3, der ihr indes nicht zur Last gelegt wird, die Angeklagte H. genehmigte die Veräußerungen in den Fällen 2.1, 2.2 und 2.5.
(1) Die Genehmigungsentscheidung nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4
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EGBGB, § 16 Abs. 4 VwVfG, § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB stand im pflichtgemäßen Ermessen der jeweils handelnden Angeklagten (vgl. zur Vormundschaft BayObLG, Beschluss vom 16. April 1957 – 1 Z 190/1956; MüKo-BGB/Wagenitz , 6. Aufl., § 1821 Rn. 50). Hier bestand für sie nicht nur die Pflicht zu prüfen, ob das vom Vertreter vorgenommene Veräußerungsgeschäft nach wirtschaftlicher Betrachtung dem Interesse des Vertretenen entsprach (vgl. LKStGB /Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 129; MüKo-BGB/Wagenitz, aaO). Sie hatten vielmehr auch dafür Sorge zu tragen, dass sie Genehmigungen nicht in Fällen erteilten, in denen die Vertretungsvoraussetzungen überhaupt nicht vorlagen , also die Grundstückseigentümer oder deren Erben als Geschäftsherren bekannt oder unschwer ermittelbar waren.
(2) Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde diese Pflicht in den
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Fällen 2.1, 2.2, 2.3 und 2.5 verletzt.
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(a) Allerdings bietet die Genehmigung der Veräußerungen zum attestierten – bzw. jedenfalls nicht ausschließbar durch Nachfrage des Angeklagten M. beim Amt für Geoinformation und Bodenordnung schlüssig erscheinenden (Fall 2.1) – Grundstückswert für sich genommen keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer Verletzung der bestehenden Vermögensbetreuungspflicht. Denn der vereinbarte Kaufpreis war nach den den Angeklagten vorliegenden Erkenntnissen marktgerecht, weswegen die Veräußerung zu diesem Preis bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht in einer die Vermögensbetreuungspflicht verletzenden Weise den Vermögensinteressen des Vertretenen zuwiderlief. Dass in zwei Fällen Sachverständige im Rahmen neuer Begutachtungen einen höheren Grundstückswert ermittelten (im Fall 2.3 im Rahmen eines Zivilrechtsstreits und im Fall 2.5 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens im Auftrag der Staatsanwaltschaft ), rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Eingedenk des Charakters der gesetzlichen Vertretungsregelung als Beschleunigungsnorm bestand für die Angeklagten keine Pflicht, über die eingeholten Erkenntnisse hinaus – etwa durch Zweitbegutachtung – den Wert der veräußerten Grundstücke noch weitergehend aufzuklären.
(b) Pflichtwidrig waren die Genehmigungsentscheidungen aber deshalb,
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weil die nach den anzulegenden rechtlichen Maßstäben (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 9 C 12/14, juris Rn. 18 ff.) defizitären (Fall 2.5) bzw. gänzlich unterbliebenen (Fälle 2.1, 2.2 und 2.3) Eigentümer- bzw. Erbenermittlungen durch den Angeklagten M. keine tragfähige Grundlage für die nachfolgend getroffenen Genehmigungsentscheidungen bildeten und in diesen Fällen gesetzliche Vertreter bestellt und Genehmigungserklärungen für die von diesen vorgenommenen Grundstücksveräußerungen erteilt wurden, obwohl die Eigentümer nicht unbekannt im Sinne von Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB waren. Denn das Rechtsamt hätte zumindest naheliegende Ermittlungsmöglichkeiten ergrei- fen müssen, nämlich solche, die mit einem vertretbaren Aufwand an Mühe, Zeit und Kosten verbunden sind; insbesondere ein vollständiger Ermittlungsverzicht war nicht rechtmäßig (vgl. BVerwG aaO, juris Rn. 18 ff.).
Eine dem Anklagevorwurf entsprechende mittäterschaftliche Zurechnung
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der Pflichtverletzungen zu der insoweit im Fall 2.5 nicht selbst handelnden Angeklagten D. (Genehmigung durch die Angeklagte H. ) erscheint nicht gänzlich ausgeschlossen, wenngleich weder die Anklageschrift noch die Feststellungen des Landgerichts auf tatsächliche Anhaltspunkte für ein gemeinschaftliches Vorgehen im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB hinweisen. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird ggf. die Prüfung des Vorliegens eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses in den Blick zu nehmen haben.
(c) Im Fall 2.4 verletzten die Angeklagten D. und H.
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durch die Bestellung der gesetzlichen Vertreterin T. und durch die Abgabe der Genehmigungserklärungen hingegen keine ihnen obliegende Pflicht. Gleiches gilt für den Angeklagten M. , der diese Entscheidungen vorbereitete.
Denn die Voraussetzungen für die Bestellung der Angeklagten T.
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zur gesetzlichen Vertreterin lagen vor. Der am Grundstück A. Straße möglicherweise Mitberechtigte He. – dem dies oblegen hätte (vgl. LG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1232; Böhringer, NJ 2015, 492, 494) – hatte trotz mehrfacher Aufforderung durch den Angeklagten M. die behauptete Rechtsstellung in keiner Weise belegt (vgl. BVerwG aaO, juris Rn. 24; Eickmann /Böhringer, Sachenrechtsbereinigung, 23. EL, Art. 233 § 2 Rn. 23 aE). Zudem war er allenfalls Gesellschafter eines unbekannten Gesellschaftsanteils einer einen hälftigen Miteigentumsanteil des Grundstücks haltenden BGBGesellschaft , deren übrige Gesellschafter unbekannt waren (UA S. 97). Durch seine etwaige Namhaftmachung als Gesellschafter war die BGB-Gesellschaft – eine Gesamthandsgemeinschaft (§ 719 BGB) – als Miteigentümerin des Grundstücks keineswegs bekannt im Sinne von Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB (vgl. für die Erbengemeinschaft als Gesamthand: BVerwG aaO, juris Rn. 22, 24).
bb) Vor diesem tatsächlichen Hintergrund scheidet im Fall 2.4 auch eine
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Strafbarkeit der Angeklagten T. als in dieser Angelegenheit bereits für andere unbekannte Berechtigte bestellte gesetzliche Vertreterin aus. Zwar war sie nach den oben dargestellten Maßstäben betreuungspflichtig in Bezug auf das Vermögen der von ihr vertretenen Grundstückseigentümer. Sie handelte jedoch nicht pflichtwidrig, als sie in Abstimmung mit dem Angeklagten M. und unter Hinweis auf Zweifel an der Rechtsstellung des möglichen Mitberechtigten He. auf ihre Vertreterbestellung hinwirkte. Denn die in Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB normierten Voraussetzungen lagen vor.
cc) Anders als die Angeklagten D. und H. – die Rechts43 amtsleiterin und ihre Stellvertreterin – traf den Angeklagten M. in den Fällen des Tatkomplexes 1 selbst keine Vermögensbetreuungspflicht. Er war bei der Vertreterbestellung und der Veräußerungsgenehmigung in untergeordneter Stellung tätig, arbeitete den Angeklagten D. und H. lediglich zu und bereitete die von diesen zu treffenden Entscheidungen ohne eigene Entscheidungskompetenz vor; er konnte förmliche Rechtswirkungen selbst nicht auslösen. Schon deswegen war er nicht vermögensbetreuungspflichtig (vgl. BVerfGE 126, 170, 209 mwN; LK-StGB/Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 42 ff.), so dass wegen Fehlens dieses besonderen persönlichen Merkmals (§ 28 Abs. 1 StGB) nur eine Beteiligung als Gehilfe an etwaigen Taten der Angeklagten D. und H. in Betracht käme (vgl. BGH, Urteil vom
26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585, 2600 mwN; vgl. MüKoStGB /Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 286).

b) In den Fällen 2.1, 2.2 und 2.5 – nicht jedoch im Fall 2.3 – kommt auf
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der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts auch die Verwirklichung der übrigen Merkmale des objektiven Tatbestands – die durch die Pflichtverletzung hervorgerufene Zufügung eines Vermögensnachteils – in Betracht.
Die Nachteilszufügung ist bei der Untreue als Vermögensdelikt allein
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durch einen Vergleich des Vermögens, das der Betreute ohne die Pflichtverletzung des Täters hätte, mit dem Vermögen festzustellen, über das er infolge der Pflichtverletzung verfügt. Dabei ist jeder Vorteil zu berücksichtigen, der durch die pflichtwidrige Handlung erzielt worden ist. Zum Vermögen gehört nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise alles, was in Geldwert messbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 27. Februar 1975 – 4 StR 571/74, NJW 1975, 1234 mwN; vom 12. Oktober 2016 – 5 StR 134/15).
aa) Daraus folgt, dass in den Fällen 2.1, 2.2 und 2.3, in denen den Ver46 tretenen durch die Genehmigung der Grundstücksveräußerung im Gegenzug für den Verlust des Grundstückseigentums ein dem Verkehrswert entsprechender Kaufpreisanspruch erwuchs, ein Vermögensnachteil nicht ohne Weiteres vorlag. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift hinsichtlich der Fälle 2.1 und 2.2 zutreffend ausgeführt hat, kann der nach dem Untreuetatbestand vorausgesetzte Vermögensnachteil jedoch in dem hier vom Veräußerungserlös vorgenommenen Abzug der Kosten für das Tätigwerden des gesetzlichen Vertreters liegen. Mit Blick auf den nach § 266 Abs. 1 StGB verlangten Ursächlichkeitszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteilsentstehung setzt dies jedoch voraus, dass durch die pflichtwidrig erteilte Genehmigung der Vermögensnachteil entstand oder vertieft wurde.
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Aus dem Urteil ergibt sich für die Fälle 2.1 und 2.2 lediglich die Höhe der vom Veräußerungserlös abgezogenen Beträge, die auch die für die gesetzliche Vertretung angefallenen Kosten umfassen. Jedoch ist bislang nicht festgestellt, nach welchen Kriterien die Vergütung der bestellten gesetzlichen Vertreter tatsächlich erfolgt ist, wie hoch sie war und auf welche Weise sie ggf. vom Veräu- ßerungserlös „abgezogen“ wurde (vgl. auch Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB, § 16 Abs. 3 VwVfG). Dies wird das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht aufzuklären haben.
bb) Demgegenüber kam es im Fall 2.3 nach den Feststellungen des
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Landgerichts nicht zu einer Belastung der Vertretenen mit Kosten für das Tätigwerden des gesetzlichen Vertreters, sodass hier ein Vermögensnachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB nicht vorliegt und insoweit eine Strafbarkeit der Angeklagten ausscheidet.
cc) Im Fall 2.5 hingegen erscheint – jedenfalls in objektiver Hinsicht –
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das Vorliegen eines Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB möglich. Denn hier verlor der Grundstückseigentümer Z. durch die vom gesetzlichen Vertreter der „Erben nach Z. “ vorgenommene Verfü- gung mit Grundbucheintragung des Erwerbers das Grundstückseigentum. Aus dem genehmigten Grundstücksverkauf erwuchs ihm aber nicht unmittelbar ein einen Vermögensnachteil ausschließender Kaufpreisanspruch. Ob mit Blick auf das Vorstellungsbild der Angeklagten ein (bedingter) Vorsatz auch in Bezug auf diesen Vermögensnachteil vorlag, wird das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht zu prüfen haben.

c) Hinsichtlich der hiernach im Tatkomplex 1 verbleibenden Fälle 2.1, 2.2
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und 2.5 hält die Beweiswürdigung des Landgerichts dahin, dass die Angeklagten nicht vorsätzlich handelten, revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft. Denn das Landgericht hat für die Vorsatzprüfung bedeutsame Umstände nicht festgestellt und in seine Würdigung einbezogen.
aa) Für die Würdigung, ob die Angeklagten D. und H. mit
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Vorsatz in Bezug auf die Merkmale des objektiven Tatbestands handelten, war mit Blick auf die Feststellungen des Landgerichts zu den Verfahrensabläufen bei den Vertreterbestellungen und Genehmigungen insbesondere von Bedeutung , ob und ggf. inwiefern die jeweiligen Angeklagten Kenntnis von den Abläufen der Antragstellung und davon hatten, dass Ermittlungen zu den Grundstückseigentümern oder ihren Erben entweder defizitär (Fall 2.5) oder gänzlich unterblieben waren (Fälle 2.1, 2.2).
(1) Die Strafkammer hätte hier insbesondere Feststellungen dazu treffen
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müssen, welche Unterlagen den Angeklagten D. und H. bei den Genehmigungsentscheidungen vorlagen. Denn sollte aus den ihnen vorgelegten Unterlagen hervorgegangen sein, dass der Angeklagte M. die rechtlich gebotenen Ermittlungsbemühungen (vgl. hierzu BVerwG aaO, Rn. 18 ff.; Eickmann /Böhringer, Sachenrechtsbereinigung, 23. EL, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 24a) nicht entfaltet hatte, würde dies gegen ein Vorstellungsbild der Angeklagten sprechen, M. habe die Entscheidungen ordnungsgemäß vorbereitet. Auch wäre es in die Beweiswürdigung einzubeziehen gewesen, wenn diese Angeklagten die Vorlagen des Angeklagten M. ohne entsprechenden Ver- waltungsvorgang gleichsam „blind“ unterschrieben hätten. Demgegenüber wür- de eine – bislang nicht in Rede stehende – wahrheitswidrige „Dokumentation“ von tatsächlich nicht vorgenommenen Ermittlungen in den Verwaltungsakten gegen einen Vorsatz der Angeklagten D. und H. im Hinblick auf die Verletzung ihrer Pflichten sprechen. Zu diesen Fragen verhält sich das angefochtene Urteil nicht mit der nötigen Klarheit.
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(2) Das Landgericht hätte hinsichtlich eines möglichen Vorsatzes der Angeklagten im Fall 2.5 zudem erkennbar in seine Würdigung einbeziehen müssen , dass die Angeklagten D. und H. , wie es festgestellt bzw. in anderem Zusammenhang in der Beweiswürdigung ausgeführt hat, jeweils dadurch für ein mögliches Fehlverhalten des Angeklagten M. sensibilisiert waren, dass dieser im Rahmen seines Tätigwerdens im Fall 2.3 nicht die gebotenen Ermittlungen durchgeführt hatte (UA S. 42 f., 87 unten).
bb) Im Rahmen der Prüfung eines (Gehilfen-)Vorsatzes des Angeklagten
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M. hat es die Strafkammer versäumt, dessen Einlassung kritisch zu hinterfragen , er sei davon ausgegangen, keinerlei eigene Ermittlungen zu den Eigentümern bzw. Erben der Grundstücke vornehmen zu müssen. Angesichts der Verpflichtung der Behörde, das Vorliegen der Voraussetzungen der Vorschrift des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB zu prüfen, und des mit der Vertreterbestellung und Genehmigung offensichtlich verbundenen erheblichen Eingriffs in die Rechtsposition des Grundstückseigentümers versteht sich die Richtigkeit dieser Einlassung nicht von selbst.
cc) Die Strafkammer hätte ferner in ihre Beweiswürdigung für alle Fälle
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miteinbeziehen müssen, dass der Angeklagte hinsichtlich des Falles 2.3 im Ermittlungsverfahren angegeben hatte, er habe auch deswegen vor der Vertreterbestellung keine eigenen Ermittlungen vorgenommen und auf die Angaben des ihm bekannten Maklers vertraut, weil er zwei bis drei Tage später habe zur Kur fahren und „den ganzen Vorgang vom Tisch haben“ wollen (UA S. 63). Dieser Gesichtspunkt ist erörterungsbedürftig, weil der Angeklagte insoweit selbst angab , (auch) aus sachfremden Erwägungen – und nicht allein infolge seiner (evident unzutreffenden) Rechtsauffassung – keine Eigentümer- bzw. Erbenermitt- lungen durchgeführt zu haben; dies ist auch für die Würdigung seiner Einlassung im Übrigen bedeutsam.
dd) Auch hätte das Landgericht bei Fall 2.5 erkennbar würdigen müssen,
56
dass der Angeklagte M. sich im Ermittlungsverfahren dahin eingelassen hatte, ihm sei nach Fall 2.3 (L. straße ) – mithin mehr als ein Jahr vor seinem Tätigwerden im Fall 2.5 – bewusst gewesen, dass die bisher geübte Ermittlungspraxis nicht ausreichend gewesen sei (UA S. 64 f.). Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird andererseits mit Blick auf den Umstand, dass der Angeklagte M. keine juristische Ausbildung durchlaufen hat, jedoch auch die Möglichkeit in ihre Überlegungen miteinbeziehen müssen, dass der Angeklagte infolge der „gerötelten“ Grundbucheintragung tatsächlich davon ausging, der Aufenthalt des Grundstückseigentümers sei unbekannt.
2. Die Freisprüche der Angeklagten D. , H. und M. in
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den Fällen des Tatkomplexes 2 halten im Ergebnis revisionsgerichtlicher Prüfung stand. Zwar begegnet die Rechtsansicht des Landgerichts Bedenken, insoweit hätten die Angeklagten jeweils schon nicht den objektiven Tatbestand der Untreue bzw. des Betrugs verwirklicht; jedoch hat das Landgericht rechtsfehlerfrei die Verwirklichung des subjektiven Tatbestands ausgeschlossen.

a) Die vom Landgericht angeführte Wertung, die Angeklagten hätten bei
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kritischer Überprüfung der Verwaltungspraxis zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass die Auszahlung der Veräußerungserlöse ohne Zinsen vertretbar und damit rechtmäßig sei (UA S. 114), trägt die Verneinung des objektiven Tatbestands nicht. Maßgeblich ist allein, dass eine Pflicht zur Verzinsung zu Gunsten der Berechtigten gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB, § 16 Abs. 4 Var. 2 VwVfG, § 1915 Abs. 1 Satz 1 und § 1806 BGB bestand. Gegen diese Pflicht haben die für die Anordnung entsprechender Auszahlungen zuständigen und insoweit vermögensbetreuungspflichtigen Angeklagten in objektiver Hinsicht verstoßen bzw. hierzu objektiv unrichtige Angaben gemacht.

b) Jedoch fußt die vom Landgericht hilfsweise angeführte Annahme, die
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Angeklagten D. , H. und M. hätten bei den Fällen des Tatkomplexes 2 nicht vorsätzlich gehandelt, auf einer tragfähigen und lückenlosen Beweiswürdigung. Das Landgericht hat das Vorstellungsbild der Angeklagten zwar nicht ausdrücklich an den Voraussetzungen des § 16 StGB gemessen. Es hat jedoch in der Sache die Voraussetzungen eines Tatbestandsirrtums dargestellt und mit im Ergebnis zutreffenden Erwägungen das Vorliegen von Untreuebzw. Betrugsvorsatz ausgeschlossen.
aa) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht das Vorstellungsbild der Ange60 klagten dahin festgestellt, dass sie bei ihren Auszahlungsentscheidungen bzw. bei den schriftlichen Mitteilungen an Anspruchsteller der langjährig geübten Praxis folgend davon ausgingen, dass die Zinserträge in Anwendung der Hinterlegungsordnung nicht zugunsten der Berechtigten auszuzahlen seien.
Entgegen der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft hat das
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Landgericht die entlastenden Einlassungen der Angeklagten nicht ohne Weiteres als unwiderlegt hingenommen, sondern sie seiner Entscheidung tatsächlich erst nach umfänglicher Würdigung unter Einbeziehung der weiteren Beweiserkenntnisse zugrunde gelegt (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Urteile vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, NJW 2006, 522, 537; vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14, PharmR 2015, 127, 130). Es ist von der Einlassung des Angeklagten M. ausgegangen, dass es im Rechtsamt ständige Übung gewesen sei, die er selbst auch für richtig erachtet habe, in Anwendung der Hinterlegungsordnung keine Zinsen für auf städtischen Konten verwahrte Verkaufserlöse an Berechtigte auszuzahlen. Diese Einlassung hat das Landgericht in Auswertung von Fortbildungsunterlagen und insbesondere der Aussage der Zeugen Su. und Hi. für unwiderlegbar erachtet und im Rahmen dieser Zeugenaussagen auch die Hinweise des Rechnungsprüfungsamts der Stadt in den Jahren 1999 und 2002 in seine Würdigung miteinbezogen.
Es stellt dabei keinen durchgreifenden Mangel der Beweiswürdigung dar,
62
dass das Landgericht nicht ausdrücklich darauf eingegangen ist, dass die Angeklagten im Jahr 2011 selbst von einer Pflicht zur Auskehr von Zinserträgen ausgingen (UA S. 106). Denn Rückschlüsse aus einer von ihnen weit nach dem Tatzeitraum als richtig erkannten Rechtsauffassung auf ihr Vorstellungsbild zum Zeitpunkt der Tatbegehung liegen fern.
bb) Bei dem festgestellten Vorstellungsbild der Angeklagten handelt es
63
sich um einen Irrtum über Tatumstände im Sinne von § 16 StGB.
Die vom Landgericht festgestellte Fehlbewertung der Angeklagten bezog
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sich darauf, ob eine Pflicht zur Verzinsung und Auskehr aufgelaufener Zinsen an die Berechtigten bestand, mithin auf das Tatbestandsmerkmal der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht (Untreue) und – vorgelagert – namentlich auf das Merkmal der Täuschung (Betrug). Bei normativen Tatbestandsmerkmalen genügt die Kenntnis der die objektive Pflichtwidrigkeit des Handelns begründenden Umstände für die Begründung des Vorsatzes nicht. Der Täter muss zusätzlich die unter das normative Tatbestandsmerkmal zu subsumierenden Sachverhaltselemente in ihrem für die Unrechtsbegründung wesentlichen Bedeutungsgehalt erfasst haben (vgl. MüKo-StGB/Joecks, 2. Aufl., § 16 Rn. 69 ff.; LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 16 Rn. 25 f.; KK-OWiG/Rengier, 4. Aufl., § 11 Rn. 15, 19).
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Gemessen hieran handelte es sich bei der Fehlbewertung der Angeklagten nicht lediglich um einen den Vorsatz unberührt lassenden Subsumtions-, sondern um einen Tatbestandsirrtum: Sie irrten nicht über den Begriffsinhalt eines Tatbestandsmerkmals der §§ 263, 266 StGB, sondern über den rechtlichen Umstand, dass gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB, § 16 Abs. 4 Var. 2 VwVfG, § 1915 Abs. 1 Satz 1 und § 1806 BGB eine Pflicht zur Auskehr der aufgelaufenen Zinserträge bestand. Zwar kannten die Angeklagten die weiteren tatsächlichen Gegebenheiten, namentlich die Verwahrung der Kaufpreiserlöse für die Berechtigten und das Auflaufen von Zinserträgen und die Nichtauszahlung der Zinsen. Jedoch erfassten sie nicht, dass sie mit der Nichtauszahlung gegen ihre Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB verstießen. Hinsichtlich des Betruges erkannten sie wegen ihrer Fehlvorstellung die Unwahrheit ihrer Angaben gegenüber den Berechtigten nicht. Die Einschätzung des Landgerichts, dass die rechtliche Fehlbewertung der Angeklagten (jedenfalls ) den Tatvorsatz entfallen lässt, ist daher von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
3. Das Landgericht hat gleichermaßen tragfähig begründet, warum es ein
66
vorsätzliches Handeln des Angeklagten M. in den Fällen des Tatkomplexes 3 nicht hat feststellen können. Es hat auch hier das Vorliegen der Voraussetzungen eines Tatbestandsirrtums im Sinne von § 16 StGB dargestellt und daran anknüpfend im Ergebnis zutreffend den Vorsatz des Angeklagten verneint.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte M.
67
im Hinblick auf die Erhebung von Gebühren für das Verwaltungshandeln der Stadt in Anwendung der Vertretungsvorschriften vermögensbetreuungspflichtig nach den dargestellten rechtlichen Maßstäben (vgl. oben B.II.1.a). Indem er trotz Vorliegens der Voraussetzungen des Gebührentatbestands Nr. 3.3. KommKVz keine entsprechenden Gebühren festsetzte, verletzte er diese Pflicht.

b) Der Angeklagte handelte nach den Feststellungen jedoch nicht vor68 sätzlich. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten vor dem Hintergrund der übrigen Beweiserkenntnisse gewürdigt und seine Darstellung für nicht widerlegbar und plausibel erachtet, er sei – im Ergebnis rechtsirrig – davon ausgegangen, eine Gebühr gemäß Nr. 3.3. KommKVz sei in den ihm zum Vorwurf gemachten Fällen nicht entstanden. Er selbst habe den Gebührentatbestand im Jahr 2002 als Auffangregelung entworfen und diesem Verständnis entsprechend eine Gebührenerhebung in den Fällen des Tatkomplexes 3 unterlassen. Das Landgericht hat infolge dieser Fehlvorstellung des Angeklagten M. dessen Vorsatz verneint, die ihn betreffende Vermögensbetreuungspflicht zu verletzen und der Stadt einen Nachteil zuzufügen.
Der Irrtum des Angeklagten M. über das Bestehen eines (weiterge69 henden) Gebührenanspruchs der Stadt stellt eine Fehlvorstellung dar, die ihn den sozialen Bedeutungsgehalt seines Tuns – die pflichtwidrige Nichterhebung angefallener Gebühren – nicht erkennen ließ. Dieser normative Tatbestandselemente betreffende Irrtum schließt den Untreuevorsatz aus (vgl. oben B.II.2.b, bb).
70
III. Der Senat regt für den neuen Rechtsgang die Prüfung einer Einstellung des Verfahrens (§§ 153, 153a StPO) an. Hierfür könnte sprechen, dass Gewicht und Umfang des noch in Rede stehenden strafrechtlich bedeutsamen Fehlverhaltens im unteren Bereich liegen, die Taten lange zurückliegen und insbesondere keinem der Angeklagten vorgeworfen wird, sich selbst bereichert zu haben.
Sander Dölp König
Bellay Feilcke

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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR136/14
vom
10. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verdachts des Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2014 aufgrund der Hauptverhandlung vom 26. November 2014, an der teilgenommen
haben:
Richter Prof. Dr. Sander,
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt S. ,
Rechtsanwalt K.
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt H.
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 29. August 2013 werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
– Von Rechts wegen –

Gründe:


1
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten aus tatsächlichen Gründen jeweils von den Vorwürfen freigesprochen, in insgesamt 161 Fällen durch dieselbe Handlung Fertigarzneimittel, die nicht über eine nach § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) für Deutschland erforderliche Zulassung verfügten und die entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG (idF vom 12. Dezember 2005) hinsichtlich ihrer Herkunft falsch gekennzeichnet waren, zur Versorgung krebskranker Patienten in den Verkehr gebracht und ohne Verschreibung abgegeben (§ 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG aF, § 96 Nr. 5 und 13 AMG) sowie in 161 weiteren Fällen die Gesetzlichen Krankenkassen betrogen zu haben (§ 263 StGB), indem sie die preisgünstiger erworbenen nicht für Deutschland bestimmten Medikamente wie hier zugelassene abrechneten, ohne dies kenntlich zu machen. Hiergegen richten sich die mit Verfahrensrügen und ausgeführten Sachrügen begründeten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die ohne Erfolg bleiben.
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Dem Kreiskrankenhaus R. war eine Krankenhausapotheke angegliedert, dessen Leiter im Tatzeitraum der Angeklagte P. war. In der Apotheke waren mehrere approbierte Apotheker und zahlreiche pharmazeutisch -technische Assistentinnen angestellt. Zu den angestellten Apothekern zählte auch der Angeklagte K. , dem als Leiter der Zytostatika-Abteilung die Leitung und Überwachung der Zytostatika-Herstellung oblag. Die von der Krankenhausapotheke hierzu verwandten Medikamente werden Patienten nach individueller Dosierung in einer Kochsalzlösung als Infusion verabreicht. Die Präparate werden in Fläschchen gehandelt, die eine bestimmte Menge des gefriergetrockneten Zytostatikums in Pulverform enthalten. Die Arzneimittel verfügen über eine Zulassung in Deutschland, aber auch über Zulassungen in vielen anderen Ländern des europäischen und außereuropäischen Auslandes. Die Zusammensetzung der Zytostatika ist für alle Länder gleich, wobei ihre Herstellung häufig für die ganze Welt in einer Fabrik erfolgt. Die Chargen für verschiedene Länder unterscheiden sich in der Umverpackung der Flasche (einer Faltschachtel ) und in dem auf der Flasche aufgeklebten Etikett. Für Deutschland ist beides in deutscher Sprache beschriftet; die Chargen für ausländische Märkte sind in der jeweiligen Landessprache oder auf Englisch beschriftet.
4
Zytostatika wurden in der Apotheke des Kreiskrankenhauses als Infusionslösung in einem mit einer Sicherheitsschleuse und einer Sicherheitswerkbank versehenen Reinraum unter speziellen Bedingungen zubereitet, welche die notwendige Sterilität der Zubereitung gewährleisten sollten und den toxischen Eigenschaften dieser Arzneimittel Rechnung trugen. Nach anschließender Etikettierung und Kontrolle der Infusionsbeutel wurden die Lösungen in der verordneten Dosierung an die Patienten zu Händen der behandelnden Onkolo- gen abgegeben. Die zur Zubereitung verwendeten Zytostatika bezog die Krankenhausapotheke von den herstellenden Unternehmen. Die bei den Herstellern bestellten Medikamente waren für den deutschen Markt bestimmt; dementsprechend waren die Umverpackung und das Etikett auf den Flaschen in deutscher Sprache beschriftet. Die Preise für die gelieferten Zytostatika richteten sich nach den Konditionen, die ein Einkaufsverbund, dem das Kreiskrankenhaus angehörte, mit den Herstellern ausgehandelt hatte.
5
Im Zeitraum von Januar 2006 bis Februar 2007 deckte die Krankenhausapotheke ihren Bedarf an den für die Zytostatika-Zubereitungen verwendeten Medikamenten nicht vollständig durch Einkäufe bei den herstellenden Unternehmen , sondern erwarb sie zu einem geringen Teil auf Veranlassung der beiden Angeklagten bei zwei Arzneimittelgroßhändlern mit Sitz in Dänemark und einem deutschen Arzneimittelgroßhändler. Die von diesen Großhändlern gelieferten Medikamente waren nicht für den deutschen Markt, sondern für das Ausland bestimmt. Die Umverpackungen und Flaschen dieser Chargen waren in der jeweiligen Landessprache oder auf Englisch beschriftet. Bei diesen Medikamenten handelte es sich um Originalpräparate, welche die Großhändler direkt vom Hersteller bezogen hatten. In ihrer inhaltlichen Zusammensetzung waren die für den ausländischen Markt bestimmten Präparate identisch mit den für Deutschland bestimmten Medikamenten. Rechtliche Bedenken gegen den Bezug und die Verwendung der für den ausländischen Markt bestimmten Zytostatika hatten beide Angeklagte nicht. Sie hielten den Einsatz der Präparate für zulässig, weil sie davon ausgingen, dass es sich bei den ZytostatikaZubereitungen um die Herstellung von zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln handele, bei der die von den Vertriebsunternehmen bezogenen Zytostatika lediglich als in Deutschland zulassungsfreie Ausgangsstoffe benutzt würden.
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Die Abrechnung der Arzneimittel, die an ambulant behandelte Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben wurden, war in Arzneilieferverträgen zwischen den Gesetzlichen Krankenkassen und dem Kreiskrankenhaus geregelt. Diese Verträge sahen vor, dass bei Fertigarzneimitteln der für den Tag der Abgabe maßgebliche Apothekeneinkaufspreis gemäß Lauer-Taxe abzüglich eines bestimmten prozentualen Abschlags abrechnungsfähig war. Bei Rezepturen waren die für den Tag der Abgabe maßgeblichen Apothekeneinkaufspreise gemäß Lauer-Taxe abzüglich eines bestimmten prozentualen Abschlags zuzüglich eines Arbeitspreises gemäß Hilfstaxe pro applikationsfertiger Einheit abrechnungsfähig. Zum Begriff der Rezeptur hieß es dabei sowohl in dem Arzneiliefervertrag zwischen den Verbänden der Angestelltenkrankenkassen sowie der Arbeiterersatzkassen und dem Kreiskrankenhaus als auch in dem Vertrag zwischen dem BKK-Landesverband N. mit der Krankenhausgesellschaft S. : „Als Rezepturen sind nur solche individuell herzustellenden Arzneimittel abrechnungsfähig, bei denen arbeitsschutzrechtlich eine Herstellung mit besonderer apparativer Ausstattung zwingend erforderlich ist. Dies betrifft insbesondere Zytostatika-Rezepturen.“ Auf den Verordnungen (Rezepten), die gegenüber den Gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen waren, wurde in der Apotheke des Kreiskrankenhauses jeweils der sich danach ergebende Preis aufgedruckt. Zudem wurde eine Sonder-Pharmazentralnummer für zytostatische Zubereitungen aufgedruckt, auf deren Verwendung sich die Spitzenverbände zur Kennzeichnung der Rezeptabrechnung für sämtliche zytostatikahaltige Lösungen in der Technischen Anlage 1 zur Vereinbarung über die Übermittlung von Daten gemäß § 300 SGB V festgelegt hatten.
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Die Zytostatika-Rezepte wurden zur Abrechnung von der Krankenhausapotheke an eine von dem Kreiskrankenhaus beauftragte Apothekenverrechnungsstelle übersandt und von dort an die Gesetzlichen Krankenkassen über- mittelt. Die für die Rechnungsbegleichung zuständigen Mitarbeiter der Krankenkassen gingen bei der Bezahlung davon aus, dass die ihnen vorliegenden Rechnungen insgesamt „in Ordnung“ waren. Da es sich bei den Zytostatika- Verordnungen um sehr hochpreisige Rezepte handelte, wurden sämtliche von dem Kreiskrankenhaus eingereichten Rechnungen betreffend ZytostatikaZubereitungen bei den Krankenkassen innerhalb von zehn Monaten nach Eingang der Rezepte geprüft. Die Prüfungen waren auch materieller Art, insbesondere dahingehend, ob der berechnete Preis dem vertraglich Vereinbarten entsprach. Eine Prüfung daraufhin, ob für die abgerechneten Zytostatika in Deutschland zugelassene Arzneimittel verwandt wurden, konnte nicht erfolgen, weil Zytostatika-Zubereitungen durchgehend unter der Sonder-Pharmazentralnummer abgerechnet wurden und die Herkunft der verwendeten Arzneimittel nicht ersichtlich war. Soweit die Prüfung einen Fehler ergab, etwa eine Abweichung des berechneten Preises von dem vereinbarten Preis, erfolgte eine nachträgliche Berichtigung (Retaxierung).
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2. Das Landgericht hat im Anschluss an das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 4. September 2012 (1 StR 534/11, BGHSt 57, 312) angenommen, dass es sich bei den in der Krankenhausapotheke fertiggestellten Zytostatika-Lösungen nicht um Rezepturarzneimittel, sondern um Fertigarzneimittel gehandelt habe, die der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG unterlagen. Durch die Beifügung der Trägerlösung seien aus den an die Krankenhausapotheke gelieferten Fertigarzneimitteln keine neuen Arzneimittel geworden , weshalb es bei der Zulassungspflicht verblieben sei und bei der Etikettierung der Originalhersteller der Zytostatika habe angegeben werden müssen. Das Landgericht hat demgemäß in objektiver Hinsicht neben den Tatbeständen der den Angeklagten zur Last gelegten arzneimittelrechtlichen Vergehen auch den Tatbestand des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB als verwirklicht angese- hen. Mit der Übersendung der Rechnungen an die Krankenkassen sei die konkludente Behauptung eines tatsächlich nicht vorhandenen sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs verbunden gewesen, weil den abgerechneten Arzneimitteln als Fertigarzneimitteln die erforderliche Zulassung gefehlt habe. Da die mit der Rechnungsbegleichung befassten Mitarbeiter der Krankenkassen bei der Bezahlung fälschlicherweise die Rechnungen für ordnungsgemäß gehalten hätten, seien sie insoweit einem Irrtum erlegen, der zu der objektiv nicht gerechtfertigten Bezahlung der Rechnungen als Schaden geführt habe. Die Angeklagten hätten aber ohne Vorsatz gehandelt, weil sie irrtümlich die Zubereitung der Zytostatika -Lösungen als Rezepturarzneimittelherstellung angesehen und angenommen hätten, als solche sei sie zulassungsfrei, weil die Zytostatika lediglich als Ausgangsstoffe für die Rezepturherstellung verwendet würden. Dieser Irrtum der Angeklagten über die rechtliche Bewertung der Zytostatika-Zubereitungen stelle einen Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB dar. Hinsichtlich des Betrugstatbestandes hätten die Angeklagten insoweit schon ohne Täuschungsvorsatz gehandelt, weil sie vom Bestehen eines sozialrechtlichen Erstattungsanspruches gegenüber den Krankenkassen ausgegangen seien. In jedem Fall liege aber aufgrund einer Verkennung der Rechtslage ein als Tatbestandsirrtum zu behandelnder Irrtum über die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils vor.
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II. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt hinsichtlich der Sachrügen in Bezug auf die noch nicht der Verjährung unterfallenen Vorwürfe des Betrugs (§ 263 StGB) und des Inverkehrbringens von hinsichtlich ihrer Herkunft falsch gekennzeichneten Arzneimitteln (§ 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG aF) vertreten worden sind, bleiben ohne Erfolg.
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1. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.
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a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet die Ablehnung von Beweisanträgen auf Vernehmung von zwei als Inhaber bzw. Leiter von Apotheken tätigen sachverständigen Zeugen jeweils zum Beweis dafür, es habe im Tatzeitraum zum Diskussionsstand im Apothekenwesen gehört, dass bezüglich der gegenständlichen Fertigarzneimittel nicht die Situation einer fehlenden Verfügbarkeit von im Wirkstoff identischen und in der Wirkungsstärke vergleichbaren bereits zugelassenen Fertigarzneimitteln bestanden habe, dass die Verwendung von nicht zugelassenen Fertigarzneimitteln bei der Aufbereitung von ZytostatikaLösungen nicht mit der guten fachlichen Praxis eines Apothekers zu vereinbaren gewesen sei und dass bei Herstellung von Rezepturarzneimitteln unter Verwendung von nicht zugelassenen Fertigarzneimitteln eine über eine Sinnesprüfung hinausgehende Prüfung der ordnungsgemäßen Qualität des Fertigarzneimittels vorzunehmen gewesen sei. Das Landgericht ist diesen Anträgen nicht nachgekommen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).
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Die Beweisantragsrügen sind unbegründet, da das Landgericht schon aus den Gründen des angegriffenen Beschlusses vom 29. August 2013 die beantragte Zeugenvernehmung zu Recht wegen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache abgelehnt hat. Auch aus dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft erhellt sich nicht, weshalb der behauptete Diskussionsstand im Apothekenwesen hätte geeignet sein können, die Einlassung der Angeklagten zur subjektiven Seite der ihnen zur Last gelegten Taten zu widerlegen.
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Die in Bezug auf die benannten Zeugen zugleich erhobenen Aufklärungsrügen , wonach sich das Landgericht durch deren Vernehmung ein objektives Bild von den Gepflogenheiten und Qualitätsanforderungen bei der Zytosta- tika-Aufbereitung bzw. Herstellung von Rezepturarzneimitteln hätte verschaffen müssen, greift daher ebenfalls nicht durch. Die Frage einer Einhaltung von Qualitätsprüfungsstandards war nicht (unmittelbar) Gegenstand der Anklagevorwürfe. Ihr kommt für die subjektive Seite der hier in Rede stehenden Tatbestände aber auch nicht mittelbar eine maßgebliche Indizwirkung zu: Selbst eine von der Staatsanwaltschaft angenommene Nichterfüllung der Voraussetzungen einer fachlich ordnungsgemäßen Rezepturherstellung ließe die Erklärung der Angeklagten , sie hätten geglaubt, ein Rezepturarzneimittel zu erstellen, nicht schon als Schutzbehauptung erscheinen. Insofern läge im Übrigen ein Beruhen des Freispruchs auf der beanstandeten unterbliebenen Beweiserhebung aus den zur Sachrüge ausgeführten Gründen fern.
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b) Die Staatsanwaltschaft rügt weiter die Ablehnung eines Beweisantrags , der auf die Vernehmung eines Sachverständigen und hilfsweise auf die Verlesung eines von ihm herrührenden Schreibens vom 12. November 2008 zum Beweis der Tatsachen gerichtet war, dass im Tatzeitraum bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung für ein in Deutschland zugelassenes Fertigarzneimittel dann eine sogenannte Rekonstitution – und keine Rezeptur – vorgelegen habe, wenn lediglich eine getrocknete Wirksubstanz in seine vom pharmazeutischen Unternehmer vorgegebene flüssige Form überführt worden sei, und dass eine abrechnungsfähige Rezeptur nur dann vorgelegen habe, wenn diese nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt und geprüft worden sei, zu ihrer Herstellung nur Ausgangsstoffe verwendet worden seien, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt worden sei, hierüber Aufzeichnungen gemacht worden seien und bei Verwendung importierter Arzneimittel als Ausgangsstoff wenigstens die Identität des Wirkstoffs festgestellt worden sei. Das Landgericht hat den Beweisantrag nach § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung abgelehnt, da die Beweisbehauptungen Be- stand und Auslegung des inländischen Rechts beträfen. Auch diese Ablehnung erfolgte zu Recht.
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c) Soweit die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die unterbliebene Verlesung des Schreibens vom 12. November 2008 eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend macht, hat sie diese Aufklärungsrüge nicht in der gehörigen Form erhoben. Ihr Vortrag ist nicht vollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), da aus dem betreffenden Schreiben lediglich auszugsweise zwei Passagen zitiert worden sind.
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d) Jedenfalls unbegründet ist schließlich die Rüge, das Landgericht habe einen Beweisantrag auf Verlesung mehrerer höchstrichterlicher Sozialgerichtsentscheidungen zum Beweis der Tatsache abgelehnt, dass den Angeklagten bekannt gewesen sei, dass die von ihnen unter Verwendung nicht zugelassener Fertigarzneimittel zubereiteten Zytostatika-Lösungen nicht abrechnungsfähig gewesen seien. Das Landgericht hat diesen Beweisantrag zu Recht wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels abgelehnt und hierzu zutreffend ausgeführt , dass sich aus einer Verlesung der benannten Sozialgerichtsurteile keine diesbezügliche Kenntnis der Angeklagten ergäbe und die Urteile auch nicht die vorliegende Problematik (sondern eine Abrechnungsfähigkeit neuer Behandlungsmethoden ) betroffen hätten.
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2. Die angefochtenen Freisprüche halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Es liegt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kein Darstellungsmangel dahingehend vor, dass es zusätzlicher Feststellungen zur Verfahrensweise bei der Abrechnung der Zytostatika-Lösungen bedurft hätte.
Dem nicht schematisch anzuwendenden Grundsatz, dass das Tatgericht bei freisprechenden Urteilen zunächst die Umstände feststellen muss, die es für erwiesen erachtet, und dazu die Begründung so abzufassen hat, dass dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht wird (BGH, Urteile vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2; vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2325; vom 6. April2005 – 5 StR 441/04, NStZ-RR 2005, 211, und vom 27. Januar 2011 – 4 StR487/10, NStZ-RR 2011, 275), ist hier genügt. Insbesondere war keine Beschreibung erforderlich, „welche Medikamente genau in der Lauer-Taxegelistet waren“. Zur revisionsgerichtlichen Überprüfung der Beweiswürdigungbe- durfte es auch keiner ausdrücklichen Feststellung, dass in der Datenbank der Lauer-Taxe diejenigen Fertigarzneimittel, Medizinprodukte und apothekenüblichen Waren aufgelistet sind, die in Deutschland für den Handel zugelassen sind. Den Urteilsgründen ist hierzu jedenfalls zu entnehmen, dass sämtliche hier in Rede stehenden Zytostatika, welche die Krankenhausapotheke unter ihren internationalen Handelsnamen ganz überwiegend als für den deutschen Markt bestimmte Medikamente direkt vom Hersteller bezogen hat (UA S. 9), nach dem in den Arzneilieferverträgen beschriebenen Verfahren abgerechnet worden sind (UA S. 27, 37) – und damit auf Grundlage der Daten der LauerTaxe für die in Deutschland zugelassenen Präparate.
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b) Gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bestehen keine rechtlichen Bedenken.
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aa) Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beur- teilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – 5 StR 564/07, NStZ-RR 2008, 180, 181). Hieran gemessen weist die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorstellungsbild der beiden Angeklagten, sie hätten die erworbenen Zytostatika lediglich als Ausgangsstoffe für die Herstellung einer Rezeptur angesehen und die zubereiteten ZytostatikaLösungen für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel gehalten, die als solche auch abzurechnen gewesen seien, keine Rechtsfehler auf.
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bb) Entgegen der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die entlastenden Einlassungen der Angeklagten nicht ohne weiteres als unwiderlegt hingenommen, sondern sie seiner Entscheidung tatsächlich erst nach umfänglicher Würdigung unter Einbeziehung der weiteren Beweisergebnisse zugrunde gelegt (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Urteile vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34; vom 12. September 2001 – 2 StR172/01, NStZ 2002, 48, und vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, NJW 2006, 522, 527). So hat das Landgericht näher ausgeführt (UA S. 47), dass nach den von den Angeklagten benutzten Standardwerken der pharmazeutischen Literatur eine Zytostatika-Zubereitung seinerzeit durchweg als Herstellung eines Rezepturarzneimittels nach der einschlägigen Vorschrift des § 7 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) bezeichnet wurde. Ebenso als Herstellung eines Rezepturarzneimittels eingestuft wurde die Herstellung applikationsfertiger Zytostatika-Lösungen in Apotheken in einer hierzu 1998 ergangenen Richtlinie der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG), die im Bundesgesundheitsblatt (Heft 9/1998, S. 404) veröffentlicht wurde, und in den 2003 von der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie mit Kommentierung in dritter Fassung herausgegebenen Qualitätsstandards für den pharmazeutisch-onkologischen Service (QuapoS 3). Als gewichtiges Indiz, das die übereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten bestätigte , hat das Landgericht seiner Überzeugungsbildung auch die zwischen dem Krankenhausträger und den Gesetzlichen Krankenkassen vereinbarte Abrechnungsweise zugrunde gelegt; danach sind beide Seiten davon ausgegangen , dass die in der Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika-Lösungen als Rezepturarzneimittel abzurechnen sind (vgl. zum Gewicht dieses Aspekts auch Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13). Weiter hat das Landgericht die allgemeine langjährige Praxis einer Kennzeichnung der Zubereitungen nach der für Rezepturarzneimittel geltenden Vorschrift des § 14 ApBetrO indiziell gewürdigt. Nicht zuletzt durfte das Landgericht bei der Vielzahl der Indizien auch berücksichtigen, dass die patientenindividuelle Herstellung der Zubereitungen (auf die inzwischen auch die Definition der Rezepturarzneimittel in § 1a Abs. 8 ApBetrO in der Fassung vom 5. Juni 2012 abstellt) und der hierbei erforderliche erhebliche Arbeitsaufwand das festgestellte Vorstellungsbild der Angeklagten nachvollziehbar machten.
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Soweit die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen auch im Zusammenhang mit der vom Landgericht vorgenommenen Gesamtwürdigung (weitere) Aufklärungsmängel behauptet hat, kann sie damit im Rahmen der Sachrüge nicht gehört werden; zulässige Aufklärungsrügen sind insofern nicht erhoben worden.
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cc) Das Vorbringen der Staatsanwaltschaft, die Angeklagten hätten die Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung zur Herstellung von Rezepturen nicht befolgt, dies auch gewusst und damit die tatsächlichen Umstände ge- kannt, die einer Verkehrs- und Erstattungsfähigkeit selbst bei deren Bewertung als Rezepturarzneimittel entgegengestanden hätten, ist bereits urteilsfremd. Im Übrigen ist den von der Revision angeführten Vorschriften der §§ 6, 11 ApBetrO aber auch nicht zu entnehmen, dass die hier als Ausgangsstoffe verwendeten Fertigarzneimittel mehreren intensiven Identitäts- und Qualitätsprüfungen hätten unterzogen werden müssen, um den Pflichten eines herstellenden Apothekers zu genügen. Denn nach § 12 Abs. 1 ApBetrO müssen Fertigarzneimittel, die nicht in der Apotheke hergestellt worden sind, nur stichprobenweise geprüft werden. Dabei darf von einer über die Sinnesprüfung hinausgehenden Prüfung abgesehen werden, wenn sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Qualität des Arzneimittels begründen. Diese Voraussetzung einer vereinfachten Qualitätsprüfung soll gewährleisten, dass die Regelung des § 12 ApBetrO, die nach ihrem Wortlaut nicht auf in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel beschränkt ist (vgl. auch Blume in Pfeil/Pieck/Blume, ApBetrO, 10. Ergänzungslieferung 2013, § 12 Rn. 2; Cyran/Rotta, ApBetrO, 5. Aufl., § 12 Rn. 5), zu keiner Schutzlücke bei der Arzneimittelsicherheit führt, die der Gesetzgeber zur Gewährleistung der Verbrauchergesundheit bei der Arzneimittelherstellung einerseits durch die Zulassungspflicht bei industrieller Herstellung und andererseits durch diverse Prüfungs- und Dokumentationspflichten bei Apothekenherstellung sicherstellt (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2012 – 1 StR 534/11, BGHSt 57, 312, 318 f. Rn. 31). Dass hier Anhaltspunkte für Qualitätsmängel vorgelegen hätten, die zu einer über die vom Landgericht festgestellte visuelle Prüfung der verwendeten Fertigprodukte (UA S. 43, 45) hinausgehenden Analyse hätte führen müssen, ist nicht ersichtlich. Bei den Zytostatika handelte es sich durchweg um Originalpräparate der Herstellerunternehmen , deren inhaltliche Zusammensetzung identisch mit den hier zugelassenen für Deutschland bestimmten Medikamenten war. Allein die fremdsprachige Kennzeichnung der Verpackung der Ausgangsstoffe, die bei Abgabe der Infusionslösungen nicht an deren Empfänger gelangte, vermag einen Qualitätsmangel des Arzneimittels nicht zu begründen.
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dd) Der Generalbundesanwalt hat mit seiner Beanstandung einer mangelhaften Darstellung der Verfahrensweise bei der Abrechnung der ZytostatikaLösungen einen Rechtsfehler auch nicht insoweit aufgezeigt, als er hierzu ausgeführt hat, für die von den Angeklagten bezogenen für das Ausland bestimmten Medikamente habe in der Lauer-Taxe kein Eintrag zur Verfügung gestanden , so dass auch keine Abrechnungsmöglichkeit bestanden habe. Diese Ansicht wird dem Charakter der Lauer-Taxe nicht gerecht: Bei ihr handelt es sich um eine privatunternehmerisch unterhaltene Datenbank, die lediglich deklaratorisch unter anderem Anhaltspunkte für die Abrechnung von auf dem deutschen Markt erhältlichen in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln gibt, aber keine normative Bestimmung der überhaupt nur abrechnungsfähigen Arzneimittel enthält. Sie ist ein technisches Hilfsmittel, um unter anderem das für öffentliche Apotheken geltende gesetzgeberische Gebot einheitlicher Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Medikamente (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG) umzusetzen , ohne etwas über die ohnehin nur durch Rechtsnormen zu regelnde Verkehrsfähigkeit bestimmter Rezepturen zu besagen (vgl. zur Bedeutung der Lauer-Taxe näher BSGE 114, 36, 43 Rn. 21 f.; Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13). Auch die Arzneimittellieferverträge zwischen dem Kreiskrankenhaus bzw. dessen Träger und den Gesetzlichen Krankenkassen legten nach ihrem vom Landgericht festgestellten Inhalt mit der Bezugnahme auf die Lauer-Taxe nicht die Art der abrechnungsfähigen Medikamente, sondern nur den rechnerisch maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Preisbildung fest. Die Angeklagten erklärten daher mit ihrem Rückgriff auf Preise aus der Lauer-Taxe auch nicht konkludent, die dort gelisteten Fertigarzneimittel nur aus für den deutschen Markt bestimmten Chargen derselben vom Originalhersteller erzeugten Ausgangsmenge verwendet zu haben (vgl. zur gesetzlichen Definition der Charge § 4 Abs. 16 AMG).
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c) Der Senat kann auch in dieser Sache offen lassen (vgl. schon Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13), ob er sich der vom 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 4. September 2012 (1 StR 534/11, BGHSt 57, 312, mit insoweit jeweils abl. Anmerkungen von Kölbel, JZ 2013, 849, 850 f.; Wesser, A&R 2012, 243 ff.; Brand/Unseld, ZWH 2012, 482, 484 ff.; zust. Rehmann, AMG, 4. Aufl., § 4 Rn. 1, vgl. auch Blume in Pfeil/Pieck/Blume, ApBetrO, 10. Ergänzungslief. 2013, § 7 Rn. 5 f., 9) vertretenen Ansicht anschließt , wonach es sich bei den in Apotheken hergestellten ZytostatikaLösungen (weiterhin) um Fertigarzneimittel handelt, oder ob es vorzugswürdig erscheint, derartige Zubereitungen als Rezepturarzneimittel einzustufen. Denn hierauf kommt es – ungeachtet der Frage, ob den Rezeptabrechnungen nach dem durch die Verkehrsanschauung objektivierten Empfängerhorizont überhaupt ein täuschungsrelevanter konkludenter Erklärungsinhalt beizumessen ist (dazu eingehend Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13) – auch hier nicht entscheidend an. Jedenfalls hat das Landgericht jeweils den subjektiven Tatbestand hinsichtlich der hier noch in Rede stehenden Tatvorwürfe des Abrechnungsbetruges und des arzneimittelrechtlichen Vergehens nach § 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG aF bei beiden Angeklagten rechtsfehlerfrei verneint, weil es aufgrund des festgestellten Vorstellungsbildes der Angeklagten – bei der (auch vom Senat als Prämisse seiner sachlich-rechtlichen Überprüfung zugrunde zu legenden) Wertung, es habe sich bei den Infusionslösungen tatsächlich um nicht verkehrsfähige Fertigarzneimittel gehandelt – zutreffend jeweils von einem Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB ausgegangen ist. Die hiergegen gerichteten, allerdings nicht substantiiert begründeten Angriffe der Revisionen können nicht durchdringen.
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aa) Ist in objektiver Hinsicht für eine Tatbestandsverwirklichung die arzneimittelrechtliche Einordnung der zubereiteten Zytostatika-Lösungen ausschlaggebend , so lässt sich der diesbezügliche Irrtum der Angeklagten jedenfalls im Rahmen des Betrugsvorwurfs nicht als ein für den Vorsatz unbeachtlicher Subsumtionsirrtum einstufen, da der Irrtum nicht den Begriffsinhalt eines Tatbestandsmerkmals des § 263 StGB betrifft (vgl. zur Umschreibung des Subsumtionsirrtums NK-Puppe, StGB, 4. Aufl., § 16 Rn. 42 f.; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 16 Rn. 13 mwN); eine Kenntnis der Angeklagten von Tatsachen, die anknüpfend an die arzneimittelrechtliche Abgrenzung der Begriffe von Fertigund Rezepturarzneimittel das (Fort-)Bestehen einer Zulassungspflicht für den Ausgangsstoff der erworbenen Zytostatika und damit eine fehlende Verkehrsfähigkeit des Endprodukts der Zubereitungen begründen könnten, reicht hier für den Vorsatz nicht aus. Vielmehr handelt es sich bei einer aus der fehlenden Zulassung der verarbeiteten Zytostatika resultierenden Nichtabrechenbarkeit um eine rechtliche Tatsache, die unmittelbares Bezugsobjekt der Tatbestandsmerkmale Täuschung und Irrtum und zugleich Bedingung für die Rechtswidrigkeit der mit der Abrechnung erstrebten Bereicherung ist. Sie stellt somit einen den gesetzlichen Tatbestand des § 263 StGB in mehrfacher Hinsicht ausfüllenden Umstand dar. Da die Angeklagten die abgegebenen Arzneimittel für Rezepturarzneimittel hielten, fehlte es ihnen schon an dem Vorsatz, eine tatsächlich nicht bestehende Verkehrsfähigkeit vorzutäuschen, wie das Landgericht zutreffend unter vergleichender Bezugnahme auf die Senatsentscheidung zum fehlenden Täuschungsvorsatz bei einem Irrtum über die rechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelversorgung erkannt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 5 StR 581/12, NStZ-RR 2013, 313). Zugleich bestand kein Vorsatz hinsichtlich eines Vermögensschadens und einer Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung im gesamten Abrechnungsumfang (vgl. insoweit zu einem von st. Rspr. angenommenen Tatbestandsirrtum über die Rechtswidrigkeit erstrebter Vermögensvorteile bzw. Bereicherung bei irriger Annahme eines tatsächlich nicht bestehenden Anspruchs BGH, Urteile vom 20. März 1953 – 2 StR60/53, BGHSt 4, 105, 106 f.; vom 17. Oktober 1996 – 4 StR 389/96, BGHSt 42, 268, 272; vom 7. August 2003 – 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322, 328 f., und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 402/10, NStZ 2011, 519; Beschlüsse vom 9. Juli 2003 – 5 StR 65/02, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vorsatz 4, und vom 16. Juli 2013 – 2 StR 163/13, StV 2014, 283; zusammenfassend zur Irrtumsproblematik bzgl. dieses Tatbestandsmerkmals beim Betrug LK-Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 268 f.; NK-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 370; Hefendehl in MüKoStGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 812).
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bb) Eine Verwirklichung des Betrugstatbestands durch die Angeklagten ist entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Angeklagten bei den in den Anklagefällen abgerechneten Rezepten die für die Zubereitung der Zytostatika-Lösungen verwendeten Fertigarzneimittel nicht mit den hierfür tatsächlich gezahlten niedrigeren Einkaufspreisen angesetzt, sondern wie auch bei allen übrigen ZytostatikaAbrechnungen Preise zugrunde gelegt haben, die sich für entsprechende Ausgangsstoffe aus der Lauer-Taxe ergaben.
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Zwar liegt hier in der Rezeptabrechnung neben der Behauptung eines sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs auch die konkludent miterklärte Aussage der Angeklagten, die Berechnung unter Einhaltung der abrechnungsrechtlichen Maßgaben vorgenommen zu haben (vgl. schon RGSt 42, 147, 150 zur Abrechnung nach einer Arzneimittel-Taxe; siehe auch BGH, Urteile vom 2. November 1951 – 4 StR 27/51, LM Nr. 5 zu § 263 StGB, und vom 10. März 1993 – 3 StR 461/92, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 12; eingehend Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13 mwN). Auch in- soweit setzt jedoch schon eine (konkludente) Täuschung durch die Angeklagten voraus, dass der nicht mitgeteilte tatsächliche Einkaufspreis für die Höhe des jeweils geltend gemachten Erstattungsanspruchs nach der Verkehrsanschauung objektiv insoweit von Belang war, als der von ihm erzielte Einkaufsvorteil an die Gesetzlichen Krankenkassen weiterzugeben gewesen wäre. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Den Gesetzlichen Krankenkassen hätten selbst im Falle einer Offenlegung der Einkaufsvorteile durch die Angeklagten keine Abschläge auf ihre geltend gemachten Erstattungsansprüche zugestanden.
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Grundlage der Berechnung des Apothekenabgabepreises der von den Angeklagten zubereiteten Zytostatika-Lösungen waren die auf § 129a, § 300 Abs. 3 SGB V (jeweils idF vom 1. Januar 2004) basierenden Normenverträge, die den gegen die Gesetzlichen Krankenkassen bestehenden Vergütungsanspruch der Krankenhausapotheke ausgestalteten; diese ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) von der sonst über die AMPreisV sichergestellten Arzneimittelpreisbindung (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG) befreit (vgl. zum hierdurch bewirkten Krankenhausprivileg, nach dem die krankenhausversorgenden Apotheken seit jeher deutlich unter den für öffentliche Apotheken geltenden Bezugspreisen beliefert werden, BGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 5 StR 1/12, NStZ 2012, 628 mwN). Nach diesen Arzneimittellieferverträgen zwischen dem Kreiskrankenhaus bzw. der Krankenhausträger und den Gesetzlichen Krankenkassen durften für die zur Herstellung der Zytostatika -Lösungen als Ausgangsstoffe verwendeten Fertigarzneimittel die Preise zugrunde gelegt werden, die in der Lauer-Taxe für ein entsprechendes Präparat genannt waren. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts verwiesen die Arzneimittellieferverträge ohne Einschränkung auf die Referenzpreise der Lauer -Taxe. Die Vereinbarungen über abrechnungsfähige Einkaufspreise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen haben weder eine abweichende Bestimmung zur Abrechnung von zytostatikahaltigen Lösungen in Fällen wie dem vorliegenden getroffen, in denen die zur Herstellung der Zubereitung verwendeten Originalpräparate nur in Form der für den deutschen Markt bestimmten und hier zugelassenen Chargen in der Lauer-Taxe aufgeführt sind, noch sonst Kostenvorteile aufgrund günstiger Einkaufsbedingungen der Krankenhausapotheke geregelt. Dementsprechend sind – unbeanstandet – bei den ganz überwiegend unmittelbar beim Hersteller erfolgten Einkäufen der für den deutschen Markt bestimmten Zytostatika auch nicht die niedrigeren Preise zur Grundlage der Preisbildung gemacht worden, die über die besonderen Konditionen des Einkaufsverbundes erreicht wurden (UA S. 10), sondern die nach der Lauer-Taxe ermittelbaren.
30
Eine mögliche Regelung solcher individueller Fallgestaltungen bei der Abrechnung von Zytostatika-Zubereitungen durch Krankenhausapotheken – etwa durch ein allerdings zu erheblichem Verwaltungsaufwand führendes Ab- stellen auf tatsächliche Einkaufspreise – hat der Gesetzgeber erst mit der AMGNovelle vom 17. Juli 2009 in den Blick genommen und erleichtert. Er hielt „die Regelungen zur Abrechnung von onkologischen Rezepten“ für änderungsbedürftig , „weil erhebliche Rabatte und Einkaufsvorteile nicht an die Krankenkassen fließen“ (BT-Drucks. 16/12256, S. 2) und hat für den Bereich der Arzneimit- telversorgung durch Krankenhausapotheken mit der in § 129a Satz 4 SGB V neu eingefügten Verweisungsnorm nunmehr ein Auskunftsrecht der Gesetzlichen Krankenkassen geschaffen. Diese können gemäß § 129 Abs. 5 Satz 4 SGB V von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen.
31
cc) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht schließlich auch eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Inverkehrbringens von gefälschten Arzneimitteln gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3a, § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG (idF vom 12. Dezember 2005, nunmehr § 8 Abs. 2 AMG) verneint. Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob das den Angeklagten zur Last gelegte Verhalten, die in der Krankenhausapotheke zubereiteten Zytostatika-Lösungen nach der Bestimmung für Rezepturen (§ 14 ApBetrO) kennzeichnen zu lassen, überhaupt in objektiver Hinsicht den Verbotstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF erfüllt, wie das Landgericht angenommen hat. Zweifel bestehen insofern, als die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF wie die übrigen Verbote des § 8 AMG „zum Schutz vor Täuschung“ der Verbraucher dienen soll.Nach diesem schon in der amtlichen Gesetzesüberschrift zum Ausdruck gekommenen Schutzzweck der Norm wird eine falsche Bezeichnung der Herkunft (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF) bzw. eine falsche Angabe über die Herkunft von Arzneimitteln (§ 8 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 40 Ziff. 2 AMG) vom Verbot nur erfasst, wenn der Herkunftsangabe eine Täuschungseignung zukommt (siehe auch Heßhaus in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 8 AMG Rn. 6; Freund in MüKoStGB, 2. Aufl., § 8 AMG Rn. 4; Volkmer in Körner, BtmG, 7. Aufl., § 95 AMG Rn. 175). Eine derartige Täuschungseignung der von den Angeklagten auch sonst geübten Praxis, Zytostatika -Lösungen als Rezepturen zu kennzeichnen und als ihren Hersteller die Krankenhausapotheke anzugeben, liegt eher fern. Denn auch ungeachtet der zur Tatzeit herrschenden Ansicht über eine arzneimittelrechtliche Einstufung solcher Zubereitungen als Rezepturen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13 mwN) muss jedenfalls den behandelnden Onkologen als Empfängern der Infusionsbeutel klar gewesen sein, dass mit der Herstellerbezeichnung auf dem erst nach ihrer Verschreibung zubereiteten Arzneimittel nicht die Herkunft des verarbeiteten Fertigarzneimittels gemeint gewesen sein kann.
32
Jedenfalls hat das Landgericht im Hinblick auf die Vorstellung der Angeklagten , dass es sich bei den Zytostatika-Zubereitungen um Rezepturarzneimittel handele, als deren Hersteller die Krankenhausapotheke anzusehen sei, einen Vorsatz zu Recht verneint. Indem die Strafvorschrift des § 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG auf die Verbotsnorm des § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF verweist, ist das in dem Verbot enthaltene Merkmal falscher Herkunftskennzeichnung selbst Merkmal des Straftatbestands, das vom Vorsatz des Täters erfasst sein muss. Danach lag hier – weiterhin unter der Prämisse, dass die ZytostatikaZubereitungen die arzneimittelrechtliche Zuordnung der verarbeiteten Fertigarzneimittel behielten – ein Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB vor, so dass das Landgericht zumindest in subjektiver Hinsicht auch eine Verurteilung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG ohne Rechtsfehler abgelehnt hat.
Sander Schneider Dölp
Berger Bellay

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 156/11
vom
28. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Dem mit einem Zwangsverwaltungsverfahren befassten Rechtspfleger obliegt
eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber Gläubigern und Schuldner.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11 – LG Halle
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Juli 2011,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt für den Angeklagten Sch. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten N.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 22. September 2010 werden verworfen. 2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bedingten notwendigen Auslagen der Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Untreue in Tateinheit mit Vorteilsgewährung unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von acht Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen den Angeklagten Sch. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Vorteilsannahme eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35 € verhängt. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit sachlich-rechtlichen Beanstandungen; der Angeklagte N. hat zudem Verfahrensrügen erhoben. Die Staatsanwaltschaft , deren Rechtsmittel vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, beanstandet mit Sachrügen (nunmehr) allein die Rechtsfolgenaussprüche. Keines der Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte N. ist Rechtsanwalt; er ist seit dem Jahr 2002 im Bereich der Zwangsverwaltung tätig. Der Angeklagte Sch. war von 1996 bis Ende 2007 als Rechtspfleger beim Amtsgericht N. beschäftigt; dort bearbeitete er vor allem Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren.
4
Am 4. Dezember 2002 beantragte eine Gläubigerin von Johann-Christian T. beim Amtsgericht N. unter anderem die Zwangsverwaltung über dessen Grundstück in L. , str. . Mit Beschluss vom 14. Januar 2003 ordnete der Angeklagte Sch. , in dessen Zuständigkeit die Bearbeitung dieses Antrags fiel, die Zwangsverwaltung an und bestellte den Angeklagten N. zum Zwangsverwalter, obwohl ihm in diesem Anwesen bereits zuvor vom Eigentümer unentgeltlich eine Dachgeschoßwohnung zur Nutzung überlassen worden war, die er auch in der Folgezeit - bis mindestens Ende 2007 - nutzte, ohne hierfür Miete bzw. eine sonstige Nutzungsentschädigung und Betriebskosten an den Zwangsverwalter zu bezahlen. Der Angeklagte N. nahm das Grundstück am 21. Januar 2003 in Besitz und übte seine Verwaltertätigkeit aus. Dabei war ihm bekannt, dass der Angeklagte Sch. , der in dem Haus "nach dem Rechten sah", die Dachgeschosswohnung unentgeltlich nutzte. Dies gestattete er im Einvernehmen mit dem Angeklagten Sch. auch weiterhin, obwohl beide Angeklagte wussten, dass der Angeklagte Sch. auch unter Berücksichtigung seiner Dienste Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung zu entrichten und die Betriebskosten zu tragen gehabt hätte. Der Angeklagte Sch. hielt den Angeklagten N. zu keinem Zeitpunkt dazu an, ihn als Nutzer der Immobilie zu erfassen und bei ihm Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung und die Betriebskosten einzufordern. Der Angeklagte N. sah von der Geltendmachung dieser Ansprüche ab, "weil er sich hierfür ein Gewogensein des Angeklagten Sch. im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach. Davon ging auch der Angeklagte Sch. aus." Eine Umsetzung dieser "stillschweigenden Übereinkunft" über die kostenlose Überlassung der Wohnung hinaus vermochte die Strafkammer allerdings nicht festzustellen.
5
Zwischen Februar 2003 und November 2007 entgingen dem Zwangsverwalter bzw. der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst infolge der kostenlosen Nutzung der Wohnung durch den Angeklagten Sch. insgesamt 8.408,84 € (108,50 €/Monat Kaltmiete und 36,48 €/Monat Betriebs- kosten).

II.


6
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben keinen Erfolg. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in den Antragsschriften vom 26. April 2011 bemerkt der Senat:
7
1. Die Schuldsprüche wegen Untreue weisen keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere ist das Landgericht bei beiden Angeklagten zu Recht vom Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht ausgegangen.
8
a) Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte N. nach § 266 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
9
Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben , wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflicht zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN).
10
Eine solche Vermögensbetreuungspflicht - wie auch seine Garantenstellung gegenüber der Gläubigerin von Johann-Christian T. und diesem selbst - bestand für den Angeklagten N. aufgrund von §§ 152, 154 ZVG in Verbindung mit dem Beschluss über seine Bestellung zum Zwangsverwalter.
11
Bereits das Reichsgericht (Urteil vom 16. Oktober 1905 - Rep. 426/05, RGSt 38, 190) hat den Zwangsverwalter zu den "kraft öffentlichrechtlicher Verpflichtung zu besonderer Treue verbundenen Personen" gerechnet und ihm eine Vermögensbetreuungspflicht auferlegt. Hieran hat sich nichts geändert. Denn aus §§ 152, 154 ZVG ergibt sich, dass der Zwangsverwalter eines Grundstücks fremdes Vermögen im Interesse aller Beteiligten, also insbesondere der Gläubiger und Schuldner (§ 9 ZVG), treuhänderisch verwaltet (vgl. Böttcher/Keller in Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 152 Rn. 5; ebenso zur Stellung des Vergleichsverwalters: BGH, Urteil vom 26. Juli 1960 - 1 StR 248/60; zum Kon- kurs- und Insolvenzverwalter: BGH, Urteile vom 14. Februar 1955 - 3 StR 459/54; vom 14. Januar 1998 - 1 StR 504/97, NStZ 1998, 246, 247; zu diesen auch SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 13, 33, Borchardt in Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Aufl., § 266 StGB Rn. 1, 9 ff. jeweils mwN). Diesen gegenüber ist er - selbständig und nach pflichtgemäßem Ermessen handelnd (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003, BGBl. I S. 2804 [gültig ab 1. Januar 2004] - im Folgenden: ZwVwV, bzw. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970, BGBl. I S. 185 [gültig bis 31. Dezember 2003] - im Folgenden: ZVwVergV) - für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen verantwortlich (§ 154 Satz 1 ZVG). Zu diesen Pflichten gehört es auch und insbesondere, das Grundstück "ordnungsgemäß zu benutzen" (§ 152 Abs. 1 ZVG). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, unterlässt er es also, alle möglichen Nutzungen zu ziehen (OLG Köln, Beschluss vom 25. Juni 2006 - 2 U 39/07; Böttcher/Keller aaO § 152 Rn. 19), also beispielsweise das Grundstück durch Vermietung nutzbar zu machen (Böttcher /Keller aaO § 152 Rn. 20, 32; zur Umwandlung von unentgeltlichen Überlassungsverträgen in ein Miet- oder Pachtverhältnis: Drasdo NJW 2011, 1782, 1784 mwN) und den Mietzins einzuziehen (OLG Köln aaO) oder zu niedrige Mieten anzuheben (KG, Urteil vom 12. Januar 1978 - 12 U 2661/77, MDR 1978, 586; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 152 Rn. 3), so haftet er für den hierdurch den Gläubigern bzw. dem Schuldner entstandenen Schaden nach § 154 ZVG (vgl. OLG Köln aaO, KG aaO; ferner Böttcher/Keller aaO § 154 Rn. 3b).
12
Auf dieser Grundlage hat der Angeklagte N. durch das Unterlassen des Forderns und Einziehens des Mietzinses bzw. einer Nutzungsentschädigung und der Betriebskosten beim Angeklagten Sch. seine Pflichten als Zwangsverwalter verletzt, hierdurch seine Vermögensbetreuungspflicht missachtet und die Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesen selbst geschädigt (vgl. OLG Köln aaO, ferner HansOLG Bremen, Urteil vom 5. Dezember 1988 - Ss 85/87, NStZ 1989, 228; SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 33 mwN).
13
b) Auch die Verurteilung des Angeklagten Sch. wegen Untreue weist keinen Rechtsfehler auf.
14
aa) Ihm oblag ebenfalls eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst.
15
Nach § 153 ZVG hat der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 Buchst. i RPflG) des Vollstreckungsgerichts unter anderem die Geschäftsführung des Verwalters zu beaufsichtigen. Ihm kommt diesem gegenüber eine "verfahrensbeherrschende Stellung" zu (Böttcher/Keller aaO § 153 Rn. 1). Zwar handelt der Verwalter grundsätzlich selbständig und eigenverantwortlich, jedoch ist das Vollstreckungsgericht berechtigt und verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit festgestellte Pflichtwidrigkeiten abzustellen (vgl. Böttcher/Keller aaO § 153 Rn. 5). Diese Pflichten berühren nicht nur allgemeine Interessen der Gläubiger und Schuldner; sie betreffen vielmehr auch deren Vermögensinteressen. Denn die Aufsichtspflicht des Rechtspflegers bezieht sich insbesondere auf die treuhänderische Tätigkeit des Zwangsverwalters und die diesem obliegende Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Gläubiger und des Schuldners. Hierzu kann und muss der Rechtspfleger dem Zwangsverwalter gegebenenfalls auch (Einzel-)Anweisungen erteilen, die - wie der Generalbundesanwalt mit zahlreichen weiteren Beispielen ausgeführt hat - etwa Mietverträge betreffen können (§§ 6, 10 Abs. 1 Nr. 2 ZwVwV bzw. § 6 ZVwVergV). Solchen Anweisungen muss der Zwangsverwalter folgen, er ist an sie gebunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV bzw. § 1 Abs. 1 Satz 2 ZVwVergV).
16
Angesichts dieser Stellung und Aufgaben des Rechtspflegers in Zwangsverwaltungsverfahren oblag dem Angeklagten Sch. gegenüber der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB (vgl. zum Rechtspfleger in Nachlasssachen ebenso BGH, Urteil vom 25. Februar 1988 - 1 StR 466/87, BGHSt 35, 224, 227, 229 = JZ 1988, 881 m. Anm. Otto; zum Gerichtsvollzieher: RGSt 61, 228, 229 ff.; BGH, Beschluss vom 7. Januar 2011 - 4 StR 409/10, NStZ 2011, 281, 282). Dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte Sch. - weil selbst betroffen (vgl. § 10 RPflG i.V.m. § 41 Nr. 1 ZPO) - in dem Zwangsverwaltungsverfahren gar nicht hätte tätig werden dürfen; denn das Verbot, in eigener Sache tätig zu werden, schließt ein gleichwohl bestehendes Treueverhältnis nicht aus (so bereits RGSt 72, 347, 348).
17
bb) Gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht hat der Angeklagte Sch. verstoßen, da er den Zwangsverwalter nicht dazu anhielt, bei ihm selbst Miete bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten einzufordern.
18
Zwar genügt die bloße Verletzung einer nicht zumindest auch den fremden Vermögensinteressen dienenden Dienstpflicht nicht für eine Verurteilung wegen Untreue (vgl. RGSt 61, 228, 231 [zum Gerichtsvollzieher]; SSWStGB /Saliger § 266 Rn. 32 mwN; für den Nachlassrechtspfleger auch Otto JZ 1988, 883, 884). Jedoch ist eine Normverletzung pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm wie hier - wenigstens auch, und sei es mittelbar - vermögensschützenden Charakter hat (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 300 f.).
19
cc) Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch den Angeklagten Sch. hat bei der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst auch zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geführt.
20
Insofern ist ohne Bedeutung, dass es - wie die Revision einwendet - denkbar ist, dass der Zwangsverwalter Anweisungen des Rechtspflegers entgegen seiner Pflicht nicht folgt. Bei einer - wie vorliegend - rechtmäßigen und in der Sache gebotenen Anweisung steht eine solche ohne jeglichen Anhaltspunkt in den Raum gestellte, lediglich denkbare Annahme der Bejahung des erforderlichen Zusammenhangs zwischen dem pflichtwidrigem Tun und dem Erfolg nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087, 1091).
21
Auch soweit für eine Verurteilung wegen Untreue gefordert wird (dies in Frage stellend: BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, NJW 2011, 1747, 1751; dagegen beispielsweise SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 83, 84), dass der Vermögensnachteil unmittelbar durch die Pflichtverletzung ausgelöst worden sein muss, fehlt es hieran nicht. Denn ein über den Zurechnungszusammenhang hinausgehendes Unmittelbarkeitserfordernis zwischen Pflichtwidrigkeit und Nachteil steht weder in Fällen der mittelbaren Täterschaft noch in dem hier vom Landgericht angenommenen Fall der Mittäterschaft in Frage. Auch bei der vom Generalbundesanwalt angenommenen Alleintäterschaft des Angeklagten Sch. liegt in dem Unterlassen der Anweisung an den Zwangsverwalter , die gegen ihn selbst bestehenden Forderungen geltend zu machen, aufgrund der Bindung des Zwangsverwalters an eine solche Anweisung zumindest eine unmittelbare schadensgleiche Vermögensgefährdung (vgl. für Schäden , die sich gleichsam von selbst vollstrecken: SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 75; zur Untreue durch Nicht-Erfüllung von Aufsichtspflichten: ders. Rn. 33 jeweils mwN).
22
2. Die Verurteilungen der Angeklagten wegen Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme weisen ebenfalls keine Rechtsfehler auf.
23
Die nach §§ 331, 333 StGB erforderliche Unrechtsvereinbarung liegt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vor. Denn nach der Neufassung dieser Tatbestände werden auch die Fälle erfasst, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird, wobei allerdings zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen muss, dass der Vorteil nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat, also Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 15 f. mwN).
24
Dies ist vorliegend gegeben, weil sich der Angeklagte N. ein "Gewogensein des Angeklagten Sch. [gerade] im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach" (UA 47). Im Einvernehmen hiermit sollte der Angeklagte Sch. als für das Zwangsverwaltungsverfahren zuständiger Rechtspfleger , mithin als "das Vollstreckungsgericht" und als Amtsträger, handeln (vgl.
auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1988 - 1 StR 466/87, BGHSt 35, 224, 230 f. = JZ 1988, 881 m. Anm. Otto).
25
Der gewährte bzw. entgegengenommene Vorteil, nämlich die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der von ihm angeordneten Zwangsverwaltung , stellt auch einen Vorteil im Sinne der §§ 331, 333 StGB dar. Denn hierunter ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 11 mwN).

III.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls keinen Erfolg.
26
Der Revisionsführerin ist zwar zuzugeben, dass die gegen die Angeklagten verhängten Strafen außerordentlich milde sind. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist jedoch in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung , gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN). Auch die Frage, welchen Umständen der Tatrichter bei der Strafrahmenwahl bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - 2 StR 498/09).
27
Die Grenze des Vertretbaren und damit den ihm eingeräumten Spielraum hat das Landgericht bei der Festsetzung der Strafen gegen die Angeklagten noch nicht überschritten. Einen durchgreifenden Rechtsfehler weist die Strafzumessung - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 26. April 2011 dargelegt hat - letztlich nicht auf. Dies gilt auch für die NichtVerhängung eines Berufsverbots gegen den Angeklagten N. .
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 17/15
vom
26. November 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz
2
1. Ein Mitglied des Aufsichtsrats einer GmbH trifft die Pflicht im Sinne des Untreuetatbestands
, das Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Es verletzt
diese Pflicht u.a. dann, wenn es mit einem leitenden Angestellten der Gesellschaft
bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden, die Grenzen
der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschreitenden Fehlverhalten
zusammenwirkt.
2. § 39 Ziff. 5 Satz 2 der Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung
Rheinland-Pfalz schützt die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers.
3. Zu der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem Eintritt eines
Vermögensnachteils bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen für
ein Bundesland durch dessen Finanzminister.
4. Ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von
Beihilfen begründet keine Pflichtverletzung im Sinne des UntreuetatbestanECLI
:DE:BGH:2015:261115B3STR17.15.0
des; denn diese Regelungen dienen nicht dem Schutz des Vermögens des
Beihilfegebers, sondern dem des europäischen Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen.
5. Zu den Darlegungsanforderungen bezüglich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
, wenn dem Angeklagten eine Handlungsvollmacht für die
Gesellschaft erteilt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Untreue u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten D. , K. und N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - mit Ausnahme der Aufhebung des Urteils
in den Fällen IV.2 und 7 der Urteilsgründe auf dessen Antrag - am
26. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. April 2014 aufgehoben
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.8 und 9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
b) soweit es den Angeklagten K. betrifft, aa) im Fall IV.2 der Urteilsgründe und der Angeklagte insoweit freigesprochen; die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe ; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
c) soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und zum Vermögensnachteil aufrecht erhalten;
d) soweit es die Mitangeklagten M. und W. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe. Im Umfang der Aufhebung - mit Ausnahme des Teilfreispruchs des Angeklagten K. - wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten K. und N. hat die Strafkammer wegen Untreue in sieben ( K. ) bzw. vier (N. ) Fällen Bewährungsstrafen verhängt und sie im Übrigen freigesprochen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und W. hat das Landgericht jeweils unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in neun Fällen verwarnt und die Verurteilung von Geldstrafen vorbehalten. Mit ihren Revisionen wenden sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten D. und K. beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen waren die revidierenden Angeklagten im Tatzeitraum in unterschiedlicher Funktion bei der Nürburgring GmbH tätig. Der Angeklagte K. war deren Geschäftsführer; der Angeklagte D. war damals Finanzminister des Landes Rheinland -Pfalz und seit dem Jahr 2006 Vorsitzender des satzungsmäßig eingerichteten Aufsichtsrats. Der Angeklagte N. war Leiter der Controlling-Abteilung. Er war direkt dem gesondert verfolgten Finanzdirektor und Prokuristen L. unterstellt sowie selbst Vorgesetzter unter anderem des Zeugen De. . Ihm war "Handlungsvollmacht nach § 54 HGB" erteilt. Nach internen Regelungen durfte er Verpflichtungen - mit entsprechender Befugnis zur Freigabe - bis zu einem Umfang von 20.000 € eingehen, bei Beträgen über 5.000 € allerdings nur ge- meinsam mit einem Direktor wie etwa L. . Zu seinem Aufgabenkreis gehörte es weiter, die inhaltliche und sachliche Richtigkeit von eingehenden Rechnungen zu überprüfen. Die Geschäftsanteile an der Nürburgring GmbH hielten zu 90% das Land Rheinland-Pfalz und zu 10% der Landkreis Ahrweiler. Den Verurteilungen liegen Vorgänge zugrunde, die sich im Rahmen des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" zutrugen:
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1. Der Nürburgring ist eine traditionsreiche, in einer strukturschwachen Region des Landes Rheinland-Pfalz gelegene Rennstrecke, die von der Nürburgring GmbH verwaltet wird. Bereits seit Jahrzehnten wurde versucht, das Angebot am Nürburgring um andere Freizeitmöglichkeiten neben dem Rennbetrieb zu erweitern. Aus diesen Bestrebungen entstand das Ausbauprojekt "Nürburgring 2009", mit dem der Nürburgring zu einem Freizeit-, Business- und Erlebniszentrum mit ganzjährigen, wetterunabhängigen Angeboten entwickelt werden sollte. Das Ausbauprojekt gliederte sich in zwei Bereiche: Bereich I umfasste die Bauprojekte "ringBoulevard", "Warsteiner-Event Center", "ringWerk" und "ringArena"; das Teilprojekt Bereich II betraf den Ausbau der Hotel- und Gastronomieanlagen. Finanziert werden sollte das Vorhaben durch private Investoren , wobei sich die geschätzten Investitionskosten zunächst auf 135 Mio. € für Bereich I und auf 95 Mio. € für den Bereich II beliefen. Die Suche nach Privatinvestoren gestaltete sich allerdings für beide Teilprojekte schwierig.
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Mitte des Jahre 2006 stellten die Zeugen B. und Me. ein Finanzierungskonzept für den Bereich I des Ausbauprojektes vor. Dieses hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die von den Zeugen gehaltene I. (I. ) S.A. (im Folgenden: I. S.A.) zahlt an die Nürburg- ring GmbH 135 Mio. €. Im Gegenzug wird der I. E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der I. S.A., ein Nießbrauchsrecht an den bebauten Grundstücken und Betriebseinrichtungen eingeräumt, welche sie sodann an die Nürburgring GmbH rückvermietet. Der Mietvertrag läuft über 27 Jahre; die Grundmiete beträgt pro Jahr 5 Mio. €, so dass die Investitionssumme am Ende der Gesamtlaufzeit den Grundmieteinnahmen entspricht. Eine Kündigung durch die Nürburgring GmbH ist frühestens nach elf Jahren möglich, wobei in diesem Fall eine "Optionsgebühr" und auf Grundlage einer festgelegten Formel eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Wesentlichen der noch offe- nen Mietzinszahlung für die verbleibende Laufzeit entspricht. Der wirtschaftliche Vorteil dieses Konzepts lag für die Nürburgring GmbH darin, dass ihr die Investitionssumme zinsfrei zur Verfügung gestellt würde. Rein rechnerisch ergab sich bereits bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung nach elf Jahren ein Zinsvorteil von 33 Mio. €. Zusätzlich garantierte die I. S.A.auf die im Falle einer vorzeitigen Kündigung zu leistenden Entschädigung einen festen Abzugs- betrag in Höhe von 30 Mio. €. Wirtschaftlich betrachtet wären der I. S.A.da- mit im Fall einer Kündigung nach elf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 33 Mio. € entgangen und zusätzlich ein Verlust von 30 Mio. € entstanden.
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Die I. S.A. bzw. die hinter dieser stehenden B. und Me. wollten ihre Gewinne durch eine Refinanzierung des Investitionskapitals erwirtschaften. Hierzu planten sie, nach dem sog. Senior-Life-Settlements-Modell auf dem USMarkt in einem Volumen von 1,2 Mrd. US-Dollar notleidend gewordene Lebensversicherungen zu einem Bruchteil von deren Nominalablaufwert aufzukaufen. Nach US-amerikanischem Versicherungsrecht erhält der Versicherungsnehmer bei einer Einstellung der Prämienzahlungen keine Leistungen aus dem Vertrag, weshalb es bei drohendem Zahlungsausfall günstiger ist, die Versicherung an einen Aufkäufer zu übertragen, der die restlichen Prämienzahlungen übernimmt. Da der Ausfall der Prämienzahlung seitens der Versicherungen bereits in die Prämienhöhe einkalkuliert wird, erlangt der Investor bei erfolgreicher Durchführung einen im Verhältnis zur Prämienzahlung relativ hohen Betrag. Allerdings sahen die US-amerikanischen Bestimmungen vor, dass ein Aufkauf derartiger Lebensversicherungspolicen durch NichtVersicherungsunternehmen wie der I. S.A. nur in Verbindung mit einem Immobiliengeschäft rechtlich zulässig war. Als ein solches werteten B. und Me. die Beteiligung am Ausbauprojekt "Nürburgring 2009". Da die I. S.A.
die Investitionssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar nicht aufbringen konnte, benötigte sie ihrerseits einen Investor, der bereit war, das Projekt zu finanzieren.
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Im August 2006 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. einen Projektfinanzierungs- und Entwicklungsvertrag, dessen Gegenstand unter anderem die Vermittlung eines Investors durch die I. S.A. war. Dies gelang B. und Me. zunächst allerdings nicht. Im weiteren Verlauf schlossen die Nürburgring GmbH und die I. Gesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), eine Tochtergesellschaft der I. S.A., am 27. März 2007 einen Vorvertrag. Hierin verpflichtete sich die Nürburgring GmbH zur pauschalen Erstattung von Vorlaufkosten, die der I. GmbH durch die Suche nach einem Investor bzw. durch die Vermittlung der Finanzierung entstehen würden. Der Vertrag sah monatliche Pauschalzahlungen in Höhe von 20.000 € vor und war zunächst bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In der Folgezeit wurde er durch vier Nachträge bis zum 30. September 2008 verlängert , wobei die monatliche Zahlungsverpflichtung zuletzt 40.000 € betrug. Am 2. September 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. zudem eine Provisionsvereinbarung, wonach die I. S.A. für die erfolgreiche Vermittlung der Projektfinanzierung ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 Mio. € erhalten sollte. Der Vertrag sah u.a. vor, dass die erste Rate in Höhe von 1 Mio. € des Erfolgshonorars erst nach dem tatsächlichen Eingang der ersten Finanzierungsrate fällig war; die aufgrund des Vorvertrages vom 27. März 2007 von der Nürburgring GmbH erbrachten Zahlungen sollten auf die Provision angerechnet werden.
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Im Jahr 2008 zeigte sich der gesondert verfolgte Ba. , der in der Folgezeit unter seiner Firma B&B (im Folgenden: B&B ) handelte, an einem Engagement in dem Teilprojekt Bereich I interessiert und unterbreitete verschiedene Finanzierungsangebote. Das dritte Finanzierungsangebot war gerichtet an die I. S.A. und sah eine Investition über 1,2 Mrd. US-Dollar vor, die unter der Bedingung stand, dass die I. S.A. eine Einlage über 10% der Finanzierungssumme - mithin 120 Mio. US-Dollar - für eine Laufzeit von 14 Monaten erbringt. Dieses Finanzierungskonzept verfolgten die Beteiligten weiter, wobei die von der I. S.A. zu leistende Bareinlage schließlich 80 Mio. € betragen sollte. Im Juni 2008 unterrichtete D. den Auf- sichtsrat umfassend über das geplante Finanzierungskonzept. Ende Juni 2008 übermittelte die Geschäftsführung den Aufsichtsratsmitgliedern Entwürfe eines Nießbrauchsvertrages, eines Generalübernehmervertrages, eines Mietvertrages und eines Optionsvertrages; hiermit verbunden war der Antrag auf Zustimmung zum Abschluss des Vertragswerks. Am 1. Juli 2008 fasste der Aufsichtsrat folgenden Beschluss: "Der Aufsichtsrat beauftragt und ermächtigt die Geschäftsführung, alle notwendigen Verträge und sonstigen Vereinbarungen mit der I. , deren Vertretern oder mit der I. verbundenen Gesellschaften abzuschließen, um eine Finanzierung des Projektes Nürburgring 2009 zu realisieren…"
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Grundlage des Beschlusses war § 7 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH (im Folgenden: GesV). § 7 GesV lautete: "§ 7 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Abs. 1: Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinaus gehenden Handlungen ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen.

Abs. 2: Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen in jedem Fall: … Abs. 3: Der Aufsichtsrat kann sich die vorherige Zustimmung zu bestimmten anderen Arten von Geschäften vorbehalten. Er kann widerruflich seine Einwilligung zu Geschäften, die seiner Zustimmung bedürfen , allgemein unter der Voraussetzung erteilen, dass die von ihm gemachten Auflagen erfüllt sind."
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Am 31. Juli 2008 entschied D. im Rahmen eines Gesprächs im Finanzministerium mit weiteren an der Finanzierung beteiligten Personen , dass die nach den bisherigen Verträgen von der I. S.A. zu leistende Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € von der Nürburgring GmbH erbracht werden sollte, da die I. S.A. hierzu finanziell nicht in der Lage war; die mit der erforderlichen Darlehensaufnahme verbundenen Zinsen sowie die mit der Anlage der Bareinlage verbundenen Bankspesen sollten nach seiner Entscheidung ebenfalls von der Nürburgring GmbH übernommen werden. Den für die Zahlung der Bareinlage erforderlichen Betrag sollte die Nürburgring GmbH darlehensweise aus Landesmitteln über den sog. Liquiditätspool erhalten, der bei dem Kreditreferat des Ministeriums für Finanzen eingerichtet war; diesbezüglich gab D. einem Mitarbeiter des Finanzministeriums vor, dass die Zahlung aus dem Liquiditätspool "unter Bilanzebene" abgewickelt werden sollte ; dementsprechend fand das Darlehen in der Bilanz der Nürburgring GmbH keine Erwähnung.
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2. Vor dem geschilderten Hintergrund kam es u.a. zu den folgenden Handlungen:
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a) In die Vorgänge um die Zahlung der von der I. S.A. geschuldeten, jedoch von der Nürburgring GmbH erbrachten Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € war die Rechtsanwaltskanzlei C. eingebunden. Ende August 2008 regte sie wegen der verschärften Regelungen zur Geldwäsche an, das Landeskriminalamt einzubinden und prüfen zu lassen, ob es Erkenntnisse oder Verdachtsmomente gegen die an der geplanten Anlage des Bardepots über 80 Mio. € Beteiligten gebe. D. bat daraufhin den damaligen Landesinnenminister Br. um eine entsprechende Überprüfung. Zudem stellte er eigene Internetrecherchen an; dabei stieß er auf Gerüchte einer Verbindung zwischen der I. S.A. und einem mexikanischen Drogenkartell. Dies teilte er am Rande einer Aufsichtsratssitzung am 2. September 2008 K. mit. Am Morgen des 8. September 2008 bestätigte Innenminister Br. D. den Verdacht, dass die I. S.A. zum Umfeld eines mexikanischen Drogenkartells gehöre. Hintergrund war, dass im Handelsregister von Luxemburg zwei irische Firmen als Aktionäre der I. S.A. eingetragen waren; beide Firmen waren auch Aktionäre einer Gesellschaft, in der eine zu den wichtigsten Drahtziehern der mexikanischen Drogenmafia zählende Familie ihre Geschäfte bündelte.
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Es folgte eine Sitzung im Finanzministerium, an der D. , der Zeuge Dr. von der Kanzlei C. und L. teilnahmen. Die Beteiligten kamen überein, dass ein sofortiges Ende der Geschäftsbeziehung zur I. S.A. erforderlich sei, wenn die Gerüchte über deren Beziehung zur mexikanischen Drogenmafia nicht zügig und umfassend widerlegt werden könnten. D. befürchtete bei deren Ausbreitung einen großen Imageschaden für das Land Rheinland-Pfalz und das Projekt "Nürburgring 2009". Konfrontiert mit den Vorwürfen bestritt Me. jedoch eine bestehende Verbindung zu einem Drogenkartell; die beiden irischen Firmen seien - was sich zehn Tage später bestätigte - lediglich Aktionäre des erworbenen Firmenmantels gewesen. Die Forderung, neue und von dem Verdacht unbelastete Gesellschaften zu gründen, die in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge eintreten sollten, lehnte er wegen der entstehenden Gründungskosten ab. Daraufhin fassten K. sowie L. den Entschluss, die Nürburgring GmbH die Kosten der gewünschten Neugründung einer Gesellschaft, der P. S.A., tragen zu lassen.
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Noch am 8. September 2008 unterschrieb Me. für die I. GmbH einen Vertrag, nach dem die Nürburgring GmbH die Gründungskosten für die "P. S.A." in Höhe von netto 45.000 € tragen sollte. Die Kosten sollten im Falle einer erfolgreichen Vermittlung der Finanzierung auf den Provisionsanspruch aus dem mit der I. S.A. geschlossenen Vertrag vom 2. September 2007 angerechnet werden. Am selben Tage stellte Me. der Nürburgring GmbH für die I. GmbH den Betrag von 53.550 € (45.000 € netto) in Rechnung. Der Betrag wurde ausgezahlt, nachdem K. und L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch richtig" abgezeichnet hatten. Einen Tag später gründeten Me. und B. vereinbarungsgemäß die P. S.A. und darüber hinaus nach deutschem Recht die P. GmbH. Die Gesellschaften traten kurze Zeit später für die I. S.A. und die I. E. GmbH in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge ein (Fall IV.2 der Urteilsgründe).
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b) Während dieser Vorgänge wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes weiter vorangetrieben. So kündigte N. am 22. September 2008 gegenüber der Schweizer Bank LLB die Überweisung von 80 Mio. € an. Am selben Tag stellte die I. GmbH der Nürburgring GmbH "… gemäß dem ge- schlossenen Vorvertrag" für den Monat Oktober 2008 eine Aufwandsentschä- digung in Höhe von 40.000 € nebst 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Nach Ein- gang der Rechnung am 23. September 2008 fassten K. und N. sowie L. den Entschluss, diese Rechnung durch die Nürburgring GmbH begleichen zu lassen. Ihnen war bewusst, dass keine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten bestand, da der Vorvertrag bis zum Monat September 2008 begrenzt war und auch der vierte Nachtrag zum Vorvertrag eine Aufwandsentschädigung nur bis zum 30. September 2008 vorgesehen hatte. Gleichwohl zeichneten alle drei die Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig ab. In weiterer Ausführung des Tatplans veranlassten K. und L. die Auszahlung der in Rechnung gestellten Aufwandsentschädigung. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst. Erstattungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. bzw. die I. GmbH im Oktober 2008 nicht (Fall IV.3 der Urteilsgründe).
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c) Obwohl die von Ba. geforderte Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € am 24. September 2008 bei der LLB/Schweiz verbucht und angelegt worden war, kam die Finanzierung nicht zustande: Zunächst hielt Ba. unter anderem eine vertraglich vereinbarte Frist von drei Tagen zum Nachweis eines Investors nicht ein; sodann verschwand er zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 spurlos. Schließlich wurde die erste Finanzierungsrate auch nach seinem Wiederauftauchen trotz mehrfacher Aufforderung nicht gezahlt.
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Noch im Jahr 2008 präsentierte Ba. jedoch weitere angebliche Investoren , so u.a. die Ölgesellschaft T. und die A. AG. Eine Überprüfung der Gesellschaften durch die RechtsanwaltskanzleiR. ergab jedoch in beiden Fällen Bedenken, weil sich die ermittelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen nicht so wie von Ba. vorge- geben darstellten. Die Bestrebungen zur Finanzierung des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" konkretisierten sich gleichwohl wieder. Dabei forderte Ba. erneut, dass eine Bareinlage in Höhe von nunmehr 95 Mio. € erbracht werden müsse. Diese wurde ebenfalls von der Nürburgring GmbH geleistet , durch die darlehensweise Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanziert und im März 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank angelegt.
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Ende April 2009 fand eine Telefonkonferenz zwischen D. und N. sowie L. , B. und Me. statt. Hintergrund war eine zuvor durchgeführte Prüfung des Finanzierungskonzeptes durch eine Schweizer Wirtschaftskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierbei hatte sich ergeben, dass der im Rahmen des Finanzierungskonzeptes zwischen der P. S.A. und B&B zu schließende Darlehensvertrag über 165 Mio. € negative ertragssteuerliche Konsequenzen für die P. S.A. gehabt hätte. Me. forderte daraufhin, dass die Ertragssteuer entweder vom Land Rheinland-Pfalz oder der Nürburgring GmbH übernommen werden müsse. Dies lehnte D. ab; er ging aber auf den Vorschlag ein, dass zum Erhalt steuerlicher Vorteile seitens B. und Me. eine Schweizer Aktiengesellschaft gegründet werden sollte. Die Gründungskosten in Höhe von 100.000 € sollte die Nürburgring GmbH tragen. Dabei erklärte D. , dass der Betrag von 100.000 € nicht in Verbindung mit der Gesellschaftsgrün- dung gebracht werden dürfe; auch müsse der Betrag auf das später etwaig zu zahlende Erfolgshonorar angerechnet werden.
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Unter dem 30. April 2009 ging daraufhin eine Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein, mit der die I. GmbH "für erbrachte Leistungen in den Monaten Juni, Juli und August 2008" ein "Honorar" von netto 100.000 € berechnete. Die Rechnung zeichneten K. und L. entsprechend ih- rem zuvor gefassten gemeinsamen Entschluss als sachlich und rechnerisch richtig ab und gaben sie zur Zahlung frei. Im Juni 2009 gründeten B. und Me. nach schweizerischem Recht die G. AG. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst (Fall IV.5 der Urteilsgründe

).


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d) Im Mai 2009 sprach Me. anlässlich eines Treffens in der Schweiz L. auf die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 50.000 € an. L. unterrichtete hierüber telefonisch D. ; gemeinsam entschieden beide, dass die Nürburgring GmbH den Betrag zahlen solle. Daraufhin ging am 22. Mai 2009 eine Rechnung der sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Liquidationsstadium befindlichen I. GmbH ein; die Rechnung lautete auf netto 50.000 € und wies als Gegenstand "erbrachte Leistungen in den Monaten September 2008" aus, obwohl die nach dem Vorvertrag geschuldete Aufwandsentschädigung für den Monat September 2008 bereits im August 2008 gezahlt worden war. Gleichwohl zeichneten K. , der in Kenntnis aller Umstände ebenfalls zur Zahlung entschlossen war, sowie L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch geprüft" ab und veranlassten hierdurch die Auszahlung (Fall IV.6 der Urteilsgründe).
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e) Anfang Juni 2009 hielten sich B. , Me. , L. und N. im Hotel Do. in Z. auf. Im Laufe eines gemeinsamen Gesprächs rief Me. D. an und begehrte unter Hinweis auf nicht näher spezifi- zierte Aufwendungen eine Zahlung in Höhe von 150.000 €. D. stimmte der Zahlung zu. Hierauf machte N. gegenüber L. deutlich, dass der pauschale Aufwendungsersatz aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei, zumal die Nürburgring GmbH bereits bisher angefallene Kosten für Flug, Hotel und Spesen in Höhe von 78.000 € für B. und Me. beglichen habe. L.
reagierte jedoch unwirsch und verwies auf die Zustimmung von D. .
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Bereits vor Eingang einer Rechnung rief N. darauf den ihm bei der Nürburgring GmbH unterstehenden Zeugen De. an und "wies ihn an, den Betrag per Blitzüberweisung auf das bekannte Konto der I. GmbH zu überweisen". De. ließ daraufhin von der entsprechenden Abteilung die Überweisung zur Unterschrift durch K. vorbereiten. Hiernach legteN. K. die Auszahlungsanordnung zur Unterschrift vor, wies jedoch erneut auf seine Bedenken hin. Dieser unterschrieb gleichwohl die Auszahlungsanordnung und veranlasste hierdurch die Zahlung. Erst danach ging am 20. Juli 2009 die auf den 15. Juni 2009 datierende und auf den Nettobetrag von 150.000 € lautende Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein. Als Gegenstand wurden dort seitens der I. GmbH "erbrachte Leistungen in den Monaten Oktober und November 2008" ausgewiesen. Gesondert abrechnungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. indes nicht gehabt (Fall IV.7 der Urteilsgründe

).


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f) Nachdem B. und Me. die G. AG gegründet hatten , sollte die Finanzierung mit Ba. umgesetzt werden. Bereits im Mai 2009 hatte Ba. als neuen Investor die amerikanische Gesellschaft G. A. (im Folgenden: GA. ) ins Spiel gebracht und die Kopie eines Kontoauszugs überreicht, wonach die Gesellschaft die Anweisung erteilt hatte, 100 Mio. US-Dollar auf ein mit der Bezeichnung "B&B Nürburgring" geführtes Unter-Konto zu überweisen. Hinter der GA. sollte ein Investor namens Du. stehen. Du. war nach den Angaben Ba. s auch "Geschäftsführer" der M. A. (im Folgenden: MA. ), die im weiteren Verlauf neben der GA. zusätzlich in die Finanzierung einge- bunden würde. Im Zuge der abschließenden Verträge fertigte der von der Nürburgring GmbH beauftragte Rechtsanwalt Lü. eine Zahlungsvereinbarung , mit der die genaue Zahlungshöhe und -weise des durch Ba. zur Verfügung gestellten bzw. beschafften Finanzierungskapitals an die Nürburgring GmbH und die Gesellschaften der I. - bzw. P. -Gruppe geregelt werden sollte. Am 29. Juni 2009 übermittelte Rechtsanwalt Lü. L. per E-Mail einen zweiten Entwurf dieser Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt stand D. unter hohem Zeitdruck, da im Hinblick auf das am 12. Juli 2009 stattfindende Formel-1-Rennen die Eröffnungsfeier für den 9. Juli 2009 vorgesehen und noch kein Privatinvestor gefunden worden war. Zudem hatte ihm der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Be. , eine Frist bis zu diesem Tage gesetzt, um die Finanzierung des Projektes mit Ba. umzusetzen. Im Falle eines Scheiterns sollte das Bardepot über 95 Mio. € wieder abgezogen werden.
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Noch am 29. Juni 2009 folgte im Hotel Do. in Z. ein Treffen , an dem für die Nürburgring GmbH N. und L. , daneben B. , Me. sowie Ba. teilnahmen. Letzterer übergab dabei einen auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 67 Mio. USDollar , der zugunsten der Nürburgring GmbH ausgestellt war und die ursprünglich vorgesehene Überweisung der ersten Finanzierungsrate ersetzen sollte. Hierauf diskutierten N. , L. , B. und Me. über die Zahlung der nach dem Vertrag vom 2. September 2007 vereinbarten Provision, welche die Nürburgring GmbH für die erfolgreiche Vermittlung der Finanzierung an die - für die I. S.A. in den Vertrag eingetretene - P. S.A. zahlen sollte. B. und Me. vertraten die Auffassung, ihre vertraglichen Pflichten erfüllt zu haben, weshalb die Provision mit der Übergabe des Schecks fällig sei. Auf Forderung des L. änderte N. daraufhin den von Rechtsanwalt L. übermittel- ten Entwurf der Zahlungsvereinbarung dergestalt ab, dass nach Gutschrift des Schecks über 67 Mio. US-Dollar eine Provision in Höhe von 4 Mio. € an die G. AG zu zahlen sei. Weshalb die Beteiligten in Abweichung vom Vertrag vom 2. September 2007 nur über eine Provision in Höhe von 4 Mio. €, statt wie ursprünglich vereinbart 5 Mio. € debattierten, hat die Strafkammer nicht klären können.
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B. und Me. ging der neue Entwurf jedoch nicht weit genug. Sie forderten eine Zahlung innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, insbesondere N. hielt die Forderung für unangemessen. Im weiteren Verlauf telefonierte Me. mit D. und konfrontierte nun diesen mit seiner Forderung. Vor dem Hintergrund seines Zeitdrucks entschied D. , dem Ansinnen von B. und Me. nachzukommen, wobei ihm bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, binnen der kurzen Zeitspanne von 48 Stunden zu überprüfen, ob der von Ba. übergebene Scheck gedeckt war. Telefonisch vereinbarten D. und Me. weiter, dass ein Teilbetrag von 1,2 Mio. € zur Begleichung von "Vorlaufkosten" unmittelbar an die Nürburgring GmbH zurücküberwiesen werden und weitere 2 Mio. € unangetastet auf dem Konto der G. AG verbleiben sollten; der Restbetrag von 800.000 € sollte zur freien Verfügung der G. AG bzw. B. und Me. stehen.
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Auf Aufforderung des L. änderte N. am frühen Morgen des 30. Juni 2009 den Entwurf der Zahlungsvereinbarung erneut ab. Dieser mittlerweile vierte Entwurf lautete nun auszugsweise wie folgt: "Präambel: Zwischen den Parteien bestehen verschiedene vertragliche Beziehungen. Diese umfassen u.a. Verträge zwischen P. und NG zur Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" (gemeinsam das "NG/P. Vertragswerk Projekt NG 2009"). … NG zahlt 4 Mio. € an G. /P. alsVorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009. … § 1 Leistung von Zahlungen 1.2. B&B wird im unmittelbaren Anschluss an die Unterzeichnung dieser Zahlungsvereinbarung einen Betrag in Höhe von 67,0 Mio. US$ …zahlen, und zwar durch Übergabe eines Orderschecks… 1.3. NG wird innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks gemäß § 1.2 einen Betrag in Höhe von 4 Mio. € … an G. /P. zahlen und zwar durch Überweisung auf ein von der G. /P. zu benennendes Konto."
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Der Entwurf sah im Unterschriftsfeld für die Nürburgring GmbH neben der Unterschrift von L. als Prokuristen der Gesellschaft auch diejenige von N. vor. L. , Me. und Ba. unterschrieben diese Zahlungsvereinbarung.
27
N. begab sich daraufhin mit L. auf den Weg nach Mainz, um dort den - tatsächlich nicht gedeckten - Scheck über 67 Mio. US-Dollar bei der Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) einzulösen. Er hatte die Zahlungsvereinbarung noch nicht unterschrieben, weil er diese nach wie vor für unangemessen hielt, und machte gegenüber L. seine Unterschrift von einer entsprechenden Weisung von D. und K. abhängig. In dem darauf folgenden Telefonat forderte D. N. mit dem Bemerken , niemand könne so verrückt sein, einen Scheck in dieser Größenordnung zu unterschreiben, der nicht gedeckt sei, zur Unterschrift auf. Nachdem auch K. N. telefonisch hierzu angewiesen hatte, zeichnete dieser die Zahlungsvereinbarung ab und stimmte "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH dem Inhalt der Vereinbarung" zu.
28
Nach der Scheckeinreichung bei der LBBW flogen N. und L. noch am selben Tage wieder nach Z. . Am Vormittag des 3. Juli 2009 forderte N. den Leiter der Buchhaltung der Nürburgring GmbH, Ke. , auf, die Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu veranlassen, nachdem Me. ihm gegenüber auf der Zahlung bestanden hatte. Ke. informierte hierauf die für die Ausführung der Überweisung zuständige Zeugin La. , die einen Überweisungsauftrag fertigte. Aufgrund vorgebrachter Bedenken des bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Justitiars Pa. hinsichtlich des mit der Zahlung verbundenen Risikos, weil die Deckung des übergebenen Schecks noch unklar war, unterschrieb K. den Überweisungsauftrag allerdings zunächst nicht.
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Währenddessen hatten sich Ba. , N. und B. gemeinsam zur P. -Bank nach Liechtenstein begeben. Dort sollte Ba. einer vorherigen Absprache entsprechend einen Kontoauszug abholen, der belegte, dass die B&B über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Mio. € verfügte. Vor der Bank teilte er N. und B. dann allerdings für diese überraschend mit, dass die P. -Bank wegen der schlechten Reputation der Nürburgring GmbH keinen von deren Vertretern empfangen wolle und auch keinen Kontoauszug über- reichen werde. Etwa eine Stunde später kam Ba. wieder heraus und er- klärte wahrheitswidrig, dass der Betrag von 100 Mio. € auf dem Konto der B&B als frei verfügbares Guthaben vorhanden sei, die Bank sich aber sowohl geweigert habe, einen entsprechenden Kontoauszug auszuhändigen, als auch, eine Überweisung auf ein Konto der Nürburgring GmbH auszuführen. N. und B. reagierten zunächst empört und äußerten den Verdacht, dass Ba. eine Hinhaltetaktik verfolge. Ba. schlug daraufhin vor, zunächst einen weiteren Scheck über 33 Mio. US-Dollar auszustellen und übergab N. im Laufe des Tages einen erneut auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 33 Mio. €.
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Am Nachmittag desselben Tages entschloss sich K. , den Auftrag zur Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu erteilen, obwohl ihm bewusst war, dass die Werthaltigkeit des Schecks über 67 Mio. US-Dollar noch nicht überprüft war. Gegen 16:00 Uhr unterschrieb er den Überweisungsträger und übergab ihn der Zeugin La. zur Ausführung. Diese übermittelte um 17:17 Uhr den Überweisungsträger nach vorheriger telefonischer Ankündigung per Telefax mit der Bitte um "schnellstmögliche Ausführung" an die Kreissparkasse Ahrweiler. Kurze Zeit später übermittelte La. einen weiteren Auftrag per Telefax, der eine Umbuchung von 4 Mio. € von einem Tagesgeldkonto der Nür- burgring GmbH zur Deckung des mit der Auslandsüberweisung belasteten Kontos zum Gegenstand hatte. Bei der Kreissparkasse Ahrweiler kamen den Zeugen St. und Ki. jedoch Bedenken, ob die Überweisung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche darstellen könnte, weil der Überweisungsträger als Empfänger nur die Buchstaben-ZahlenKombination "G7 5165" enthielt. Aufgrund dessen führten sie die Überweisung zunächst nicht aus.
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Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die Rechtsanwälte Lü. und Di. K. aufgesucht. Lü. hatte am Vortag von dem gegenüber seinen Vertragsentwürfen geänderten Inhalt der Zahlungsvereinbarung erfahren und bewertete deren Inhalt als Untreue. Im Beisein von L. kam es daraufhin zu einem Telefonat zwischen K. und D. . Letzterer blieb trotz der von Lü. vorgebrachten Bedenken und Hinweise auf die bisherige Unzuverlässigkeit des Ba. bei seiner Auffassung, dass der Betrag von 4 Mio. € gezahlt werden solle. Daraufhin wies L. K. auf dessen persönliche Verantwortung als Geschäftsführer hin, worauf D. erklärte, er könne dem Geschäftsführer als Aufsichtsratsvorsitzender keine Weisungen erteilen; zugleich betonte er aber, dass das Risiko des Scheiterns der Finanzierung dann auch bei der Geschäftsleitung läge. K. erklärte schließlich seiner Sekretärin, dass mit der Überweisung gewartet werden sollte; gegen 18:00 Uhr wurde eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse Ahrweiler per Telefax informiert.
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Noch am Abend des 3. Juli 2009 unterrichtete ein Mitarbeiter der LBBW das Finanzministerium über Erkenntnisse zu dem von Ba. ausgestellten Scheck. Nach Mitteilung der Wells Fargo Bank in London stimmten die Daten auf dem Scheck nicht mit den Kontodaten überein; das bezeichnete Konto habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Deckung über 67 Mio. € aufgewiesen. An dem sich anschließenden Wochenende traten weitere Ungereimtheiten auf, sodass D. bereits am Sonntag, den 5. Juli 2009, L. den Auftrag erteilte, die Folgen einer Vertragsauflösung zu prüfen. Am Montag, den 6. Juli 2009, übermittelte La. im Auftrag des K. der Kreissparkasse Ahrweiler ein Telefax, mit dem der Überweisungsauftrag vom 3. Juli 2009 endgültig zurückgenommen wurde. Einen Tag später trat D. von sei- nem Amt als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zurück (Fall IV.8 der Urteilsgründe).
33
g) Zeitgleich zu den vorstehend geschilderten Ereignissen um die Finanzierung des Bereichs I von "Nürburgring 2009" wurde der Ausbau des Bereichs II (Hotel- und Gastronomieanlagen) vorangetrieben. Nach den Planungen und den öffentlichen Aussagen der Landesregierung hatte dieser Teil des Ausbauprojektes ausschließlich privat finanziert werden sollen. Weil bis Mitte des Jahres 2007 jedoch trotz Verhandlungen mit zahlreichen Hotelbetreibern kein privater Investor gefunden worden war, wurde schließlich die MS. GmbH als Projektentwicklungsgesellschaft gegründet. 10% ihrer Gesellschaftsanteile hielt die Nürburgring GmbH; 49,5% entfielen auf die später unter dem Namen Med. GmbH firmierende Medi. GmbH. Daneben waren an der MS. GmbH beteiligt die G. & T. GmbH (33,8%) und mit 6,7% die We. -GmbH. Geschäftsführer der MS. GmbH waren die Zeugen Ri. , seinerseits zugleich Geschäftsführer der Med. GmbH, und G. , der Geschäftsführer der G. & T. GmbH.
34
Die M. GmbH betrieb als Bauherrin in der Folgezeit den Ausbau der unter Bereich II fallenden Projekte. Da sie allerdings nicht über die erforderlichen Eigenmittel verfügte, war sie auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Deren Umsetzung gestaltete sich in der Folgezeit schwierig, so dass es u.a. zu folgenden Handlungen kam (Fälle IV.9 a) ff. der Urteilsgründe):
35
Zum Planbereich II gehörte der Bau eines 4-Sterne-Hotels, wegen dessen Finanzierung der Zeuge Ri. Verhandlungen mit der Bank für Tirol und Voralberg (im Folgenden: BTV) führte. Diese war bereit, einen Kredit in Höhe von 26 Mio. € zu gewähren, forderte allerdings, dass die Errichtung des Hotels von einer Gesellschaft betrieben würde, deren einziger Gesellschaftszweck hierin bestand, und daneben einen Eigenkapitalnachweis dieser Gesellschaft in Höhe von6 Mio. €. Die erste Forderung führte zur Gründung der C. M. GmbH (im Folgenden: CM. GmbH). Zur Erbringung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises war die MS. GmbH indes nicht in der Lage. Dieser sollte daher von ihren Gesellschaftern entsprechend der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse aufgebracht werden. Da der Geschäftsführer der We. GmbH allerdings nicht bereit war, sich an dem Projekt finanziell zu beteiligen, sollte deren Anteil von der Med. GmbH übernommen werden; diese hatte somit einen Gesamtanteil von 3,4 Mio. € zu tragen. Hierzu war sie nicht fähig.
36
Anfang Mai 2008 wies Ri. gegenüber D. darauf hin, dass ein Baustopp drohe, falls der Eigenkapitalnachweis nicht geführt werden könne. Dieser empfahl Ri. , sich an die I. und S. bank GmbH (im Folgenden: ISB GmbH) zu wenden. Bei dieser handelt es sich um eine Landesbank, deren alleiniger Gesellschafter das Land Rheinland-Pfalz ist und deren Gesellschaftszweck zu diesem Zeitpunkt insbesondere darin lag, Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz zu fördern. Geschäftsführer der ISB GmbH war der Mitangeklagte M. . Diesen bat D. , die Finanzierung des Bauprojektes zu begleiten.
37
Am 7. Mai 2008 kam es daraufhin zu einem Gespräch in den Räumen der ISB GmbH. An diesem nahmen neben M. der Zeuge Ri. , die Wirtschafts- und Bürgschaftsreferentin des Finanzministeriums Ty. und der Mitangeklagte W. als Geschäftsführer der R.
GmbH (im Folgenden: RIM GmbH) teil. Die RIM GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ISB GmbH; nach ihrem Gesellschaftszweck sollte sie das Land Rheinland-Pfalz in seiner Wirtschafts- und Strukturpolitik im Rahmen der Aufgabenstellung der ISB GmbH unterstützen. Die Überlegung, die Med. GmbH für die Finanzierung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises durch eine Landesbürgschaft zu unterstützen, wurde verworfen, weil hierdurch ein finanzielles Engagement des Landes im Bereich II des Ausbauprojektes öffentlich bekannt geworden wäre. Hieraus entwickelte sich der Vorschlag, dass die RIM GmbH befristet eine stille Beteiligung an der Med. GmbH eingehen und in diesem Rahmen eine stille Einlage in Höhe des benötigten Kapitals zur Verfügung stellen solle. Diese Einlage sollte die Med. GmbH sodann der MS. GmbH als Darlehen weiter reichen. Die RIM GmbH ihrerseits refinanzierte sich über ein Darlehen, welches ihr die ISB GmbH zur Verfügung stellte. Weil der ISB GmbH diese Darlehensgewährung aufgrund geltender Bestimmungen ohne die Absicherung durch entsprechende Bürgschaften nicht möglich gewesen wäre, sollte das Land Rheinland-Pfalz den Kredit in voller Höhe durch eine Landesbürgschaft absichern. Dies bot zugleich den Vorteil, dass die grundsätzlich nach § 18 KWG erforderliche Offenlegung von Kreditunterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4 KWG entfiel. Die Absicherung des Darlehens durch das Land sollte D. als Finanzminister ermöglichen. Dieser entschied, nachdem er über das Konzept informiert worden war, dass in der vorgeschlagenen Weise vorgegangen werde sollte.
38
Am 16. Mai 2008 schlossen die ISB GmbH und die RIM GmbH einen Darlehensvertrag über 3,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2009. Am 19. Mai 2008 erstellte W. eine Beschlussvorlage für die Geschäftsführung der ISB GmbH, in der er u.a. ausführte, dass die nach dem Ver- trag als Sicherheit an die RIM GmbH zu verpfändenden Geschäftsanteile der Med. GmbH an der MS. GmbH nur bedingt werthaltig seien. Gleichwohl stufte er die Med. GmbH in Ratingklasse 1 ein, was der besten Bonität entsprach, obwohl ihm, M. , und D. bekannt war, dass die Med. GmbH tatsächlich keinerlei Finanzkraft aufwies. Sodann schlossen W. und Ri. am 29. Mai 2008 den Vertrag über die stille Beteiligung in Höhe von 3,4 Mio. €, welche zum 30. September 2009 zurückgezahlt werden sollte. Danach wurde die Einlage erbracht.
39
Auch die Nürburgring GmbH konnte den von ihr zu stellenden Eigenkapitalnachweis in Höhe von 600.000 € nicht aufbringen. D. entschied daraufhin, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende stille Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH um diesen Betrag aufgestockt und letztere auch den von der Nürburgring GmbH zu erbringenden Teil des Eigenkapitalnachweises übernehmen sollte. Wie zuvor sollte sich die RIM GmbH über ein Darlehen der ISB GmbH refinanzieren und eine Landesbürgschaft diesen Kredit absichern. Dementsprechend wurden in der Folgezeit Verträge über eine weitere stille Beteiligung zwischen der RIM GmbH und der Med. GmbH (Vertrag vom 26. September 2008) und das Darlehen der ISB GmbH an die RIM GmbH in Höhe von 600.000 € (Vertrag vom 30. September 2008) geschlossen.
40
Schon zuvor - nämlich am 28. August 2008 - hatte D. eine "globale Bürgschaftserklärung" des Landes gegenüber der ISB GmbH über ei- nen Bürgschaftsrahmen von 50 Mio. € unterzeichnet; diese sah unter anderem eine Besicherungsquote von "in der Regel 80% des einzelnen Engagements" vor. Daneben war in Ziff. 7 der Erklärung bestimmt, dass der Ausfall als eingetreten gelte, wenn und soweit die Darlehensnehmerin mit fälligen Leistungen aus den Darlehensverträgen länger als drei Monate seit Fälligkeit in Verzug ist und eine zur Abhilfe bestimmte Frist erfolglos abgelaufen oder aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten ist. Diese Bürgschaftserklärung wurde nunmehr durch D. entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss dahin modifiziert , dass das Land die Bürgschaft in voller Höhe auf die beiden von der ISB GmbH gewährten Darlehen erstreckte. Die entsprechende Erklärung gegenüber der ISB GmbH wurde auf seine Weisung durch Ty. mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 abgegeben.
41
Nachdem die MS. GmbH den Eigenkapitalnachweis erbracht hatte, ge- währte die BTV den zugesagten Kredit in Höhe von 26 Mio. € (Fall IV.9 a) der Urteilsgründe).
42
Anfang November 2008 drohte Ri. erneut mit einem Baustopp, wenn nicht kurzfristig Gelder in Höhe von 10 Mio. € zur Bezahlung der Bauhandwerker zur Verfügung gestellt würden. D. entschied hierauf, dass der Betrag nach dem bereits zuvor praktizierten Modell einer stillen Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH zur Verfügung gestellt werden sollte und das von der ISB GmbH zu vergebende Refinanzierungsdarlehen durch eine Landesbürgschaft zu 100% abgesichert werden sollte. Dementsprechend wurden in der Folgezeit die erforderlichen Verträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH sowie der RIM GmbH und der Med. GmbH geschlossen. Des Weiteren ließ das Finanzministerium auf Weisung von D. erklären, dass die Bürgschaftsquote über die Bestimmungen in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinaus auf 100% erhöht werde. Sodann wurden die 10 Mio. € ausgezahlt, wobei in die Weiterleitung der Gelder von der Med. GmbH an die MS. GmbH in diesem Fall - um die Herkunft der Gel- der aus öffentlichen Mitteln weiter zu verschleiern - noch die P. GmbH zwischengeschaltet war (Fall IV.9 b) der Urteilsgründe).
43
Im November 2008 forderte die Bank für Trient und Bozen im Rahmen von Verhandlungen über deren Beteiligung am Ausbauprojekt, dass die RIM GmbH ihre Beteiligung an der Med. GmbH um 15 Mio. € aufstocken sollte und diese Mittel entsprechend dem Baufortschritt verwendet werden müssten. Auch diese Forderung wurde auf die Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligung umgesetzt; dies schloss - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung vom 28. August 2008 vorgesehene Besicherung von 80% hinaus - die volle Absicherung des Refinanzierungskredites durch das Land ein. Das Gesamtobligo der mittlerweile auch durch die Absicherung anderer Vorhaben ausgeschöpften globalen Bürgschaftserklärung wurde in diesem Rahmen auf 80 Mio. € erhöht. Zu der geplanten Finanzierung durch die Bank für Trient und Bozen kam es indes nicht (Fall IV.9 c) der Urteilsgründe

).


44
Von April bis Juli 2009 meldeten die Geschäftsführer der MS. GmbH in sieben weiteren Fällen jeweils dringenden Liquiditätsbedarf in Höhe von 5,5 Mio. € bis zu 13,63 Mio. €. Die jeweils benötigten Gelder wurden daraufhin auf jeweilige Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligungen von der ISB GmbH finanziert und schließlich als Darlehen von der Med. GmbH an die MS. GmbH weitergereicht (Fälle IV.9 d) bis j) der Urteilsgründe ); in allen Fällen erklärte das Finanzministerium auf Weisung von D. - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinausgehend - die volle Absicherung des von der ISB GmbH bewilligten Refinanzierungskredits. In den Fällen IV.9 b) und IV.9 d) der Urteilsgründe wurden der RIM GmbH zur Absicherung ihres jeweiligen Rückzahlungsan- spruchs Briefgrundschulden an einem Grundstück und einem Erbbaurecht der MS. GmbH bestellt. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurden Eigentümergrundschulden an Grundstücken und Erbbaurechten der MS. GmbH sowie an einem Erbbaurrecht der CM. GmbH bestellt und an die RIM GmbH übertragen. Dass nunmehr Eigentümergrundschulden zur Absicherung dienten, geschah zu Verschleierungszwecken, da zuvor die Eintragung einer Briefgrundschuld über 10 Mio. € bekannt geworden und dadurch der Verdacht aufgekommen war, das Land Rheinland-Pfalz engagiere sich finanziell im privat zu finanzierenden Bereich II des Ausbauprojektes. Aufgrund der Absicherung durch Eigentümergrundschulden war die RIM GmbH als Berechtigte nunmehr nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich. Die Anträge auf Eintragung der Briefgrundschulden gingen im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe nur wenige Wochen nach der Auszahlung der Beteiligungsgelder bei den Grundbuchämtern ein, im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe am Tage der Auszahlung. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurde der jeweils erste Grundschuldbrief spätestens knapp vier Monate nach Zahlung der Beteiligungssumme übergeben. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Grundschulden jeweils in voller Höhe ihres Nominalwertes werthaltig waren, da sie "keine sicheren Feststellungen" über die Werthaltigkeit zum Zeitpunkt ihrer Bestellung, "also während der Bauphase" zu treffen vermochte.
45
Keine der stillen Beteiligungen wurde von der Med. GmbH zurückgezahlt. Daraufhin wurden die stillen Beteiligungen teilweise prolongiert; die Darlehensverträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH liefen im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe ursprünglich bis zum 30. September 2009 und wurden noch vor Ablauf unbefristet verlängert. Die übrigen Refinanzierungsverträge waren von vornherein "bis auf Weiteres" geschlossen worden. Im März 2010 erwarb die Nürburgring GmbH schließlich sämtliche Geschäftsanteile an der MS. GmbH. Sodann wurden die gesamten Verbindlichkeiten der Nürburgring GmbH gegenüber dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz für die Baukosten im Bereich I des Ausbauprojekts sowie der MS. GmbH hinsichtlich der Rückzahlung der Beteiligungsgelder und der CM. GmbH aus deren notleidend gewordenen Kreditverbindlichkeiten gegenüber der BTV in einen Dar- lehensvertrag über 330 Mio. € zusammengefasst. Darlehensgeber war die ISB GmbH, Darlehensnehmerin die Nürburgring GmbH und als weitere Gesamtschuldnerinnen die MS. GmbH sowie die CM. GmbH. Die ISB GmbH wurde abgesichert durch eine "Garantie- und Freistellungserklärung" des Landes Rheinland-Pfalz.
46
3. Am 2. Juli 2010 fand eine Sitzung des im Zusammenhang mit der Nürburgring-Finanzierung durch den Landtag des Landes Rheinland-Pfalz eingesetzten Untersuchungsausschusses statt. Beweisthema dieser Sitzung war der Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 30. Juni 2009 über die Zahlung der Provision in Höhe von 4 Mio. € (vgl. Fall IV.8 der Urteilsgründe). D. sagte hierzu als Zeuge, zuvor über die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage sowie nach § 55 StPO belehrt, aus. Hierbei stellte der Abgeordnete Ey. folgende Frage: "…In Bezug auf die 48-Stunden-Regelung wurde in den Raum gestellt, dass diese 48-Stunden-Regelung im Vorfeld bereits mit Ihnen abgestimmt worden ist. Die Frage ist nur, ob das stimmt und zwar von HerrnMe. und Herrn B. wäre das abgestimmt gewesen mit Ihnen. Die Frage ist, ob Sie das bestätigen können oder nicht." Hierauf antwortete D. : "Kann ich nicht bestätigen. Ich kann nur bestätigen, dass Herr Me. und Herr B. gegenüber Herrn L. häufig behauptet hatten, sie hätten eine bestimmte Sache mit mir besprochen, und wenn Herr L. mich drauf angesprochen hat, habe ich gesagt, stimmt überhaupt nicht. Die haben mir erzählt, was sie gerne hätten. Ich habe mir das angehört, habe aber keineswegs gesagt, ich, Aufsichtsratsvorsitzender D. , habe das zur Kenntnis genommen, kann erledigt werden. Haken drunter. Das habe ich nie gemacht. Aber Me. und B. haben das immer mal versucht."
47
II. Revision des Angeklagten D.
48
1. Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH im Fall IV.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung auf die Sachrüge nicht stand.
49
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seines - im Einzelnen näher dargestellten - Auftretens im Zusammenhang mit der Umsetzung von "Nürburgring 2009" sowie der von ihm in diesem Rahmen getroffenen Entscheidungen als faktischen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH angesehen und hieraus dessen Vermögensbetreuungspflicht gefolgert. Deren Verletzung liege in dem Abschluss der Zahlungsvereinbarung, soweit sich die Nürburgring GmbH dort verpflichtet habe, 4 Mio. € innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar an "G. /P. " zu zahlen. Angesichts der zurückliegenden gescheiterten Finanzierungsversuche im Zusammenhang mit der Einschaltung von Ba. sei es unvertretbar und auch nicht mehr durch den der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum gedeckt gewesen, die Nürburg- ring GmbH hinsichtlich der Zahlung der Provision in einer Höhe von 4 Mio. € in Vorleistung treten zu lassen. Da mit dem Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein einklagbarer Zahlungsanspruch entstanden sei, sei das Vermögen der Nürburgring GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 4 Mio. € gefährdet gewesen. Die Vermögensgefährdung sei mit der Erteilung des Überweisungsauftrages nur noch vertieft worden und habe am 6. Juli 2009 mit der Rücknahme des Überweisungsauftrags geendet.
50
b) Diese Erwägungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Im Ergebnis rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass D. eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Indes genügen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts nicht den an die Darstellung des Vermögensnachteils in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zu stellenden Anforderungen. Im Einzelnen:
51
aa) Es kann offen bleiben, ob die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts tragen, D. habe die Geschäfte der Nürburgring GmbH faktisch geführt. Seine nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen, folgte jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
52
Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52).
53
Die hiernach erforderliche hervorgehobene Stellung von D. ergab sich aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Dessen wesentliche Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG). Hieraus folgt die Pflicht, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Leitungsorgans abzuwenden. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maßnahmen (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 39 f.; Henssler/Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 111 AktG Rn. 9; Krause, NStZ 2011, 57, 58).
54
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, wenn ein Aufsichtsratsmitglied ein strafbares Verhalten des Leitungsorgans feststellt. Aus der jedem Mitglied des Aufsichtsrats obliegenden Verpflichtung, den durch das Verhalten der Geschäftsführung drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden, ergibt sich notwendigerweise die Pflicht, die Geschäftsführung nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die es aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müsste. Eine Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verstoß gegen eine spezifische Treuepflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB dar (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 201 f.). Diese Grundsätze beschränken sich nicht auf Konstellationen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Geschäftsführer zu von ihm abzuwendenen Handlungen bestimmt, sondern gelten gleichermaßen für die sonstige Mitwirkung des Aufsichtsratsmitglieds an entsprechenden Pflichtverletzungen der Geschäftsführung. In den sich aus der Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) ergebenden Pflichtenkanon ist die Prüfung, dass sich der Geschäftsführer nicht in unzulässiger Weise seiner Leitungsfunktion begibt, ebenso eingeschlossen wie die Verpflichtung , Hinweisen auf Fehlverhalten leitender Angestellter nachzugehen und zu ermitteln, ob die Geschäftsführung ihrer Organisations- und Überwachungspflicht nachgekommen ist (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 21, 25 mwN). Eine untreuerelevante Pflichtverletzung liegt daher zumindest auch dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit einem leitenden Angestellten - wie hier K. als Geschäftsführer und L. als Finanzdirektor und Prokurist der Nürburgring GmbH - bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden Fehlverhalten zusammenwirkt.
55
bb) D. hat seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er der Forderung von Me. , die Provision binnen 48 Stunden nach Übergabe des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar auszuzahlen, zustimmte und hierdurch das weitere Verhalten von L. entscheidend beeinflusste, N. aufforderte, die Zahlungsvereinbarung zu unterschreiben, sowie im weiteren Verlauf versuchte, K. zur Überweisung der Provision zu veranlassen.
56
(1) Die getroffene Vereinbarung über die Modalitäten der Provisionszahlung lag außerhalb des freien unternehmerischen Gestaltungsspielraums, der dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zuzubilligen war; damit handelte es sich zugleich um eine L. und N. verwehrte Maßnahme, die D. als Mitglied des Aufsichtsrats zu verhindern hatte.
57
(1.1) Nach den ursprünglich zum Aktienrecht entwickelten (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253) Grundsätzen muss dem Geschäftsführer einer GmbH bei der Leitung der Geschäfte des Unternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes , ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Geschäftsführer einer GmbH (BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284; vgl. auch RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BRDrucks. 3/05, S. 21) und sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336).
58
(1.2) Danach wurden mit dem Abschluss der Vorauszahlungsvereinbarung die Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschritten: Angesichts des bisherigen Verlaufs der Finanzierungsversuche mit Ba. war die Wahrscheinlichkeit evident hoch, dass der von diesem übergebene Scheck nicht gedeckt sein könnte, die Finanzierung erneut nicht zustande kommen würde und damit die von Me. begehrte Erfüllung des Provisionsanspruchs keine Grundlage hatte (zur gesellschaftsrechtlichen Einstufung von Risikogeschäften als pflichtwidrig vgl. etwa Michalski-Haas/Ziemons, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 81).
59
Zutreffend hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abgestellt , dass der vermeintliche Investor Du. nicht offen in Erscheinung getreten war, was nach den Erfahrungen mit den bisher von Ba. vorgestellten Investoren Anlass zur Zurückhaltung hätte geben müssen; darüber hinaus ließ auch das sonstige Verhalten von Ba. an seiner Seriosität zweifeln. Bereits seine wechselnden Forderungen im Rahmen des ersten Versuchs, die Finanzierung umzusetzen, waren auffällig: Während er zunächst die Umsetzung des verfolgten Finanzierungskonzeptes davon abhängig gemacht hatte, dass seitens der I. S.A. eine Bareinlage in Höhe von 120 Mio. US-Dollar erbracht werde, verzichtete er in seiner Kreditzusage vom 15. Mai 2008 auf diese und forderte stattdessen eine Landesbürgschaft in entsprechender Höhe, um nur wenige Tage später die Landesbürgschaft nebst der Bareinlage einzufordern. Deutliche Hinweise auf seine Unredlichkeit ergaben sich weiter, als er im August 2008 gegenüber N. preisgab, aus "Nebengeschäften" mit den Anlagegeldern Zinseinnahmen erwirtschaften zu wollen, weshalb er aufgrund eintretender Zinsnachteile die von D. gewünschte Verkürzung der Anlagefrist von vierzehn auf zwölf Monate ablehnte. Auch hatte Ba. schon während des ersten Finanzierungsversuchs - bei dem der vermeintliche Investor ebenfalls bereits im Hintergrund geblieben war - vereinbarte Fristen nicht eingehalten, so etwa die Verpflichtung, binnen drei Banktagen nach "Einbuchung der Staatsbürgschaft" bzw. nach "Eingang" der Bareinlage bei der Bank eine definitive Finanzierungszusage des Investors nachzuweisen. Dass Ba. in diesem Zusammenhang zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 von der Bildfläche verschwunden war - mithin ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, als die erste Finanzierungsrate gezahlt werden sollte -, stellte seine Zuverlässigkeit zusätzlich in Frage; der von ihm hierzu später genannte Grund, er habe sich in Dubai in Untersuchungshaft befunden, unterstrich diese Zweifel - unabhängig von den verschiedenen von ihm hierzu genannten Hintergründen - ebenso wie der Umstand, dass er schließlich von sich aus gegenüber der P. S.A. die Vertragsbeziehungen gekündigt hatte. Den Beteiligten war ferner bekannt, dass Ba. wiederholt zweifelhafte Investoren ins Spiel gebracht hatte: So hatte die Ölgesellschaft T. nach den Rechercheergebnissen der Rechtsanwaltskanzlei R. nicht über die behaupteten Mittel von 1,2 Mrd. US-Dollar verfügt; auch die Prüfung der A. AG durch die Rechtsanwaltskanzlei R. hatte ergeben, dass deren behauptete Beteiligung an Geothermieprojekten nicht belegbar war und jeglicher Nachweis über die Finanzkraft der Gesellschaft fehlte. Hinsichtlich der T. hatte Ba. im Übrigen erneut eine von ihm in Aussicht gestellte Frist zum Finanzierungsnachweis nicht eingehalten. Schließlich hatte es auch bereits mit dem zuletzt von Ba. präsentierten Investor Du. Ungereimtheiten gegeben, indem etwa zunächst anvisierte Zahlungen des Investors nicht erbracht worden waren.
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(2) Die Pflichtverletzung stellt sich auch als gravierend im Sinne der zur Ausformung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals der Untreue entwickelten Rechtsprechung dar, da diese Einschränkung der Sache nach nur den - hier wie dargelegt überschrittenen - weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum widerspiegelt , ohne den unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN).
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cc) Die Urteilsgründe tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, in der Zeit vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2009 sei das Vermögen der Nürburgring GmbH in einer Höhe von 4 Mio. € konkret (schadensgleich) gefährdet gewesen.
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(1) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Da es sich bei der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens nicht um eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten handelt, sondern auch in diesem Fall die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten sein muss (kritisch daher zur Terminologie BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 224 f.; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331 [zu § 263 StGB]), reicht es nicht aus, lediglich die bloße (konkrete) Gefährdung des Vermögens festzustellen. Dies birgt je nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahr einer Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensschadens; ebenso ist ein solches Vorgehen aufgrund einer undifferenzierten Gleichsetzung von zukünftiger Verlustgefahr und gegenwärtigem Schaden geeignet, die gesetzgeberische Entscheidung, den Versuch der Untreue nicht unter Strafe zu stellen, zu unterlaufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228). Daher dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten auch nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Der Vermögensnachteil ist daher eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228; zu § 263 StGB vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, 458; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331). Voraussetzung ist dabei, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113; BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384 f.), wobei deren Annahme die rechtliche Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung - insbesondere aufgrund des mit der Schaffung der Urkundslage verbundenen erhöh- ten Prozessrisikos (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 f. [zu § 253 StGB]) - nicht zwingend voraussetzt.
63
(2) An einer solchen Darlegung des Vermögensnachteils fehlt es in dem angefochtenen Urteil. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 48 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 StR 302/13, NStZ 2014, 578 [jeweils zu § 263 StGB]); insbesondere ist der durch die Gefährdung eingetretene Vermögensverlust auf Grundlage der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres mit 4 Mio. € anzusetzen.
64
Nicht zu folgen ist der Erwägung der Strafkammer, durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung sei ein einklagbarer Anspruch und aufgrund dessen die "Gefährdungslage" entstanden. Eine vom Zustandekommen der Finanzierung - und damit auch von der Werthaltigkeit des von Ba. übergebenen Schecks - losgelöste Zahlungsverpflichtung wurde durch die 4. Zahlungsvereinbarung nicht begründet. Hiergegen spricht bereits die Bezeichnung der Zahlung als "Vorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009" und damit die Bezugnahme auf den Vertrag vom 2. September 2007. Da die Prüfung des Schecks nach den getroffenen Feststellungen in vierzehn Tagen hätte abgeschlossen sein können - tatsächlich waren die Unstimmigkeiten von den beteiligten Banken sogar schon nach drei Tagen aufgedeckt worden -, wäre selbst bei unmittelbarer Anstrengung eines Urkundsverfahrens (§§ 592 ff. ZPO) seitens B. und Me. davon auszugehen gewesen , dass die Nürburgring GmbH ihre Einwendungen gegen den Provisionsanspruch mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 598 ZPO) hätte geltend machen können.

65
Auch soweit hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensnachteils auf die Übermittlung des Überweisungsauftrags an die Kreissparkasse Ahrweiler abgestellt wird, tragen die Urteilsgründe nicht die Wertung des Landgerichts. Insoweit war - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die die Nürburgring GmbH beratenden Rechtsanwälte Lü. und Di. etwa zeitgleich zur Übersendung des Zahlungsauftrags um 17:17 Uhr K. auf die strafrechtliche Dimension seines Handelns hinwiesen und die Überweisung zu verhindern suchten sowie dass seitens der LBBW gegenüber dem Finanzministerium noch am 3. Juli 2009 um 19:19 Uhr und 20:14 Uhr Zweifel an der Werthaltigkeit des Schecks geäußert worden waren - in die erforderliche Bewertung einzustellen, dass nach seinerzeitiger Rechtslage der Überweisungsauftrag seitens der Nürburgring GmbH bis zu dem Zeitpunkt kündbar war, in dem der Überweisungsbetrag dem Kreditinstitut der G. AG endgültig zur Verfügung gestellt worden wäre (§ 676a Abs. 4 BGB aF).
66
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
67
aa) Entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Januar 2015 wird im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche Bewertung der tatsächlichen Vermögenseinbuße die Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erwägen sein.
68
bb) Sollten sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung belegen lassen, wird bei der erforderlichen Bezifferung des Vermögensnachteils in den Blick zu nehmen sein, dass sich D. mit Me. anlässlich des Telefonats vom 29. Juni 2009 auf eine unmittelbare Rücküberweisung von 1,2 Mio. € an die Nürburgring GmbH verständigt hatte. Soweit hierdurch oder vor dem Hintergrund dieser Abmachung durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein vertraglicher Anspruch der Nürburgring GmbH auf Rücküberweisung in der verabredeten Höhe entstanden sein sollte, könnte der Vermögensnachteil durch den vertraglichen Gegenanspruch teilweise kompensiert worden sein.
69
2. Auch der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) kann nicht bestehen bleiben.
70
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seiner Stellung als Finanzminister und der hiermit einhergehenden, unter anderem aus § 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. 2009/2010 folgenden Befugnisse als gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vermögensbetreuungspflichtig angesehen. Mit der Übernahme von Landesbürgschaften in voller Höhe der jeweils von der ISB GmbH der RIM GmbH gewährten Darlehen habe er gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz , § 7 Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz [im Folgenden : LHO]) verstoßen, weil die Bürgschaftsübernahmen erklärt worden waren , obwohl sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO im Rahmen der eingegangenen stillen Beteiligung bei der Med. GmbH keinen angemessenen Einfluss gesichert habe, die Beteiligungsgelder ohne vorherige Bestellung wirksamer grundpfandrechtlicher Sicherheiten gezahlt worden seien und auch ansonsten keine ausreichende Besicherung gegeben gewesen sei. Die Med. GmbH sei auch niemals in der Lage gewesen, die Beteiligungsgelder fristgerecht zurückzuzahlen. Aufgrund der hieraus folgenden Ausfallgefährdungen habe jeweils die "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Eintritt des Bürgschaftsfalls bestanden. Aufgrund dessen sei das Landesvermögen bereits mit der Bürgschaftsübernahme schadensgleich gefährdet gewesen. Soweit in den Einzelfällen zugunsten der RIM GmbH nach diesem Zeitpunkt Grundschulden bestellt worden seien, um die jeweiligen Ansprüche auf Rückzahlung der Beteiligungsgelder abzusichern, sei von deren vollen Werthaltigkeit auszugehen. Im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe habe die Vermögensgefährdung daher mit dem Eingang des jeweiligen Antrags auf Eintragung der Briefgrundschuld geendet, in den Fällen bestellter Eigentümergrundschulden (Fälle IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe) sei dies mit Eingang des Grundschuldbriefes bei der RIM GmbH anzunehmen. Im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mangels eingetretenen Vermögensnachteils freigesprochen, da die Beteiligungssumme an dem Tag ausgezahlt wurde, an dem die Anträge auf Eintragung der Grundschulden bei den Grundbuchämtern eingingen.
71
b) Die Feststellungen tragen eine Strafbarkeitvon D. wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz bereits deshalb nicht, weil die Strafkammer ihre Annahme, mit der Übernahme der Bürgschaften sei das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz schadensgleich gefährdet worden, nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
72
aa) Die Übernahme einer Bürgschaft stellt einen den Bürgen verpflichtenden Rechtsakt dar. Mangels eines unmittelbaren Zahlungsabflusses liegt in der Bürgschaft zunächst nur eine abstrakt wirkende Belastung, die die Gefahr der späteren Inanspruchnahme in sich trägt. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nur dann, wenn sich die künftige Verlustgefahr aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles schon zu diesem Zeitpunkt so weit verdichtet hat, dass sie als schadensgleich zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378 mwN). Wie bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe ausgeführt ist dies eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren. Mit der vollen Höhe der Bürgschaftssumme kann ein Gefährdungsschaden nur angesetzt werden, wenn mit einer Inanspruchnahme von vornherein zu rechnen ist oder es sich bei dem durch die Bürgschaft ermöglichten Vorhaben um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelt (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378).
73
bb) Nach diesen Maßstäben belegt das angefochtene Urteil einen Vermögensnachteil nicht. Eine an den Maßstäben des Wirtschaftslebens ausgerichtete Darstellung und Bezifferung des Vermögensnachteils ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Rückzahlungsansprüche der ISB GmbH gegen die RIM GmbH "höchst ausfallgefährdet" waren und die Vermögensgefährdung mit den jeweiligen Bürgschaftssummen gleichzusetzen wäre; denn dieser Schluss wird von den Feststellungen nicht getragen.
74
(1) In den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe hat sich die Strafkammer zutreffend mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit der Bestellung der jeweiligen Grundpfandrechte eine Sicherung der RIM GmbH in Höhe der jeweils geleisteten stillen Einlagen eingetreten war. Die Annahme, die Grundschulden seien in sämtlichen Fällen ausreichend werthaltig gewesen, um im Falle einer Verwertung die RIM GmbH in Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche zu befriedigen, widerspricht jedoch der Bewertung der Bürgschaften als "höchst ausfallgefährdet". Das Landgericht hat hierbei insbesondere unberücksichtigt gelassen, dass der Ausfall der durch die Bürgschaft abgesicherten Hauptforderung gemäß Ziff. 7 der jeweils zugrundeliegenden globalen Bürgschaftserklä- rungen daran geknüpft war, dass die RIM GmbH als Darlehensnehmerin mit ihrer Rückzahlungsverpflichtung länger als drei Monate in Verzug war und aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten war. Da der längste Zeitraum zwischen Auszahlung der stillen Beteiligung und Bestellung der Grundschuld nur rund vier Monate betrug (Fall IV.9 g) der Urteilsgründe), die Rückzahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen aber erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, war innerhalb dieses kurzen "ungesicherten" Zeitraums mit einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu rechnen. Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die stillen Beteiligungen ausgezahlt wurden, bevor die Anträge auf Bestellung der Grundschulden bei den jeweiligen Grundbuchämtern eingegangen waren. Dies wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prognose nur dann bedeutsam, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu der Bestellung nicht kommen würde. Dies hat das Landgericht jedoch weder ausdrücklich festgestellt noch geben die getroffenen Feststellungen in ihrem Zusammenhang hierfür einen Anhalt.
75
Aufgrund der Annahme des Landgerichts, die bestellten Grundschulden seien im Zeitpunkt ihrer Bestellung hinsichtlich der abgesicherten Forderungen werthaltig gewesen, ist die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen IV.9 a) und c) der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Die Validität der Grundschulden hing maßgeblich von der Rentabilität des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" und der auf den belasteten Grundstücken errichteten Anlagen ab. Von diesen Faktoren war gleichermaßen auch die Wirtschaftskraft der Med. GmbH und der MS. GmbH abhängig, so dass die positive Bewertung der bestellten Sicherheiten für die Annahme spricht, dass die Beteiligungsgelder seitens der Med. GmbH bei deren Fälligkeit bzw. im Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz - ge- mäß der jeweiligen Sicherungsabrede frühestens drei Monate nach Verzug der RIM GmbH - hätten bedient werden können.
76
(2) Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bürgschaften eine Einstandspflicht des Landes Rheinland-Pfalz zu erwarten gewesen sei, zudem im Wesentlichen auf die Darstellung der Vermögensverhältnisse der Med. GmbH als Vertragspartnerin der Hauptschuldnerin RIM GmbH beschränkt. Da die Bürgschaften im Zeitpunkt ihrer Vergabe nach dem Vertragswerk frühestens drei Monate nach Zahlungsverzug der RIM GmbH in Anspruch genommen werden konnten, hätte die erforderliche Ausfallprognose auf diesen Zeitpunkt bezogen werden müssen. Insoweit war auch zu belegen, ob bzw. in welchem Umfange davon auszugehen war, dass die MS. GmbH die ihrerseits von der Med. GmbH erhaltenen Darlehen nicht zurückzahlen werde. Dass die Strafkammer die seitens der Med. GmbH an die RIM GmbH verpfändeten Geschäftsanteile an der MS. GmbH als wertlos angesehen hat, führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis ; die Begründung, die MS. GmbH sei vollständig fremdfinanziert gewesen und als Gegenwert für die zur Verfügung gestellten Gelder habe lediglich eine unvollendete Baustelle gegenübergestanden, lässt besorgen, dass das Landgericht den Wert der Anteile lediglich bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Verpfändung bewertet hat. Der bloße Umstand der Fremdfinanzierung besagt als solcher aber noch nichts über die im Tatzeitpunkt zu erwartende Unrentabilität der geförderten Bauvorhaben. Diese liegt im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe auch nicht nahe; hiergegen spricht, dass die in diesem Fall eingegangenen stillen Beteiligungen der RIM GmbH dazu dienten, eine Kreditvergabe der BTV in Höhe von 26 Mio. € zu ermöglichen, was schließlich auch gelang, wobei die BTV ihr Engagement naheliegend erst nach eigener umfassender Prüfung und Bewertung des Projektes eingegangen war.

77
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zu diesen Anklagepunkten auf Folgendes hin:
78
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass D. schon angesichts der in den jeweiligen Landeshaushaltsgesetzen eingeräumten weiten Befugnisse, über das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz zu verfügen und dieses zu verpflichten (vgl. etwa §§ 9, 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 und Landeshaushaltsgesetz 2009/2010), eine hervorgehobene Verantwortung gegenüber dem Land und dessen Vermögen zukam, er mithin vermögensbetreuungspflichtig war.
79
Durch die jeweils hundertprozentige Absicherung der von der ISB GmbH gewährten Darlehen könnte er gegen die Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) verstoßen haben. Gemäß § 39 Ziff. 5 Satz 2 VVLHO dürfen Bürgschaften nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Landes zu rechnen ist. Gemäß Satz 3 sind in diesem Fall Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen (§ 23 LHO) erforderlich (vgl. hierzu Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 1275; Nebel in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 47. EL, § 39 BHO Rn. 1 f.; Graf in: Heuer, KHR, Rn. 3 zu § 39 BHO). Der Regelung in § 39 Ziff. 5 Sätze 2 und 3 VV-LHO kommt eine die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers schützende Bedeutung zu, da die Differenzierung nach der Gewissheit der späteren Inanspruchnahme der hierdurch einhergehenden Beschränkung des künftigen Haushaltsgesetzgebers Rechnung trägt.
80
Sollte ein Verstoß gegen § 39 Ziff. 5 Satz 2 VV-LHO vorliegen, könnte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob D. zusätzlich pflichtwidrig den aus § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2008/2009 folgenden Parlamentsvorbehalt umging, wonach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen einer institutionellen Förderung unter den dort genannten Voraussetzungen gesperrt waren und die Aufhebung der Sperre einer Einwilligung des Landtages bedurfte, wenn - wie hier - die Zuwendung den Betrag von 150.000 € überschritt. In Bezug auf die der ISB GmbH ermöglichten Darlehensvergabe bzw. der der RIM GmbH ermöglichten Beteiligungen an der Med. GmbH handelte es sich zwar um eine Projektförderung (vgl. hierzu Dommach in: Heuer, KHR, Rn. 5 zu § 26 BHO; Heller, Haushaltsgrundsätze, 2. Aufl., Rn. 1398 ff.), weil die - dies unterstellt - nach § 39 Ziff. 5 Satz 3 VV-LHO als Zuwendung zu veranschlagenden Landesbürgschaften der Deckung von Ausgaben für ein einzeln abgegrenztes, genau bestimmtes Vorhaben der RIM GmbH dienten. Eine (mittelbare) globale Förderung im Sinne einer institutionellen Förderung gemäß § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 lag aber in den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe gegenüber der MS. GmbH vor; denn insoweit wurden die Gelder jeweils zur Begleichung nicht näher dargestellter Forderungen transferiert, bei deren Nichtbegleichung ein Baustopp gedroht hätte.
81
bb) Soweit die Strafkammer demgegenüber eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch einen Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) angenommen hat, ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher grundsätzlich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 89; vgl. auch BVerfG, Be- schluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 217 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 236; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 261; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b, 44; aA Munz, Haushaltsuntreue, S. 162 ff.). Die getroffenen Feststellungen belegen einen derartigen Verstoß indes nicht. Hierzu gilt:
82
(1) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen (Ziff. 1 VV-LHO zu § 7; v.Lewinski/Burbat, BHO, § 7 Rn. 3). Er bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 16 zu § 7 BHO [Teil 1]; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll (Ziff. 1.2 zu § 7 VV-LHO) und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 1 ff. zu § 7 BHO [Teil 2]; Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 711; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Inhaltliche Aufgabenprioritäten lassen sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch nicht ableiten; dieses trifft - anders als der Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO) - keine Aussage über das verfolgte Ziel (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 110 Rn. 154; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144; aA Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 49. EL, § 7 Rn. 3 [der Grundsatz der Notwendigkeit als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots]); es ist mithin zwar eine Verfahrensmaxime, aber kein Maßstab, der an das politischgestalterische Ziel anzulegen ist (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Schließlich stellt das Gebot - nicht zuletzt auch deswegen, weil sich Maximal- und Minimalprinzip im Einzelfall gegenseitig ausschließen können - nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84 mwN; vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 88).
83
(2) Bei ihrer Erwägung, der Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei darin begründet, dass sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO keine hinreichenden Kontrollbefugnisse und damit keinen angemessenen Einfluss bei der Med. GmbH gesichert habe, hat die Strafkammer verkannt, dass sich das Land Rheinland-Pfalz nicht unmittelbar an der Med. GmbH beteiligte. Vielmehr lag - vermittelt über ISB GmbH und RIM GmbH - nur ein Fall der sog. mittelbaren Beteiligung vor. Für diese gilt die Vorgabe des § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO gemäß § 65 Abs. 3 Sätze 1 und 3 LHO jedoch nur, wenn eine Beteiligung von mehr als 25% erworben wird (Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 46. EL, § 65 Rn. 13; vgl. auch Ziff. 2.3 zu § 65 VV-LHO). Ein Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Med. GmbH war mit den stillen Beteiligungen der RIM GmbH nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht verbunden.
84
In den Fällen IV.9 b), e) bis j) der Urteilsgründe ist eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch nicht darin begründet , dass die Bürgschaften bereits vor der Bestellung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten übernommen wurden. Zwar lässt sich am Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich messen, ob durch ein kurzfristiges Handeln vermeidbare finanzielle Nachteile entstehen. Dass D. allein durch die zeitliche Komponente seines Handelns den ihm zuzubilligenden Gestaltungsspiel- raum überschritt, belegen die Urteilsgründe jedoch nicht: Diesen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass die spätere Bestellung der Grundpfandrechte ernsthaft in Zweifel hätte gezogen werden müssen. Einer Inanspruchnahme des Landes vor diesem Zeitpunkt standen bereits die in den globalen Bürgschaftserklärungen enthaltenen Fälligkeitsbestimmungen entgegen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass ein Baustopp unabhängig von politischen Erwägungen nachteilige Konsequenzen für das Bauprojekt und insbesondere die Geschäftsbeziehung mit den die Bauarbeiten ausführenden Firmen bis hin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hätte nach sich ziehen können.
85
Schließlich belegen die getroffenen Feststellungen auch nicht, dass aus anderen Gründen durch die gewählte Konstruktion mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr vereinbare finanzielle Nachteile entstanden, etwa durch hohe Transaktionskosten, die bei einer unmittelbaren Darlehensvergabe der ISB GmbH an die MS. GmbH und einer entsprechenden Landesbürgschaft nicht angefallen wären.
86
cc) Soweit die Strafkammer angenommen hat, dass in dem von den Beteiligten gewählten Vorgehen ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen (Art. 107 ff. AEUV) lag (vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 - IP/14/1067), ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass dies keine untreuerelevante Pflichtverletzung darstellte. Nicht jeder Verstoß gegen die Rechtsordnung begründet zugleich eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB relevante Pflichtverletzung. Der erforderliche untreuespezifische Zusammenhang liegt vielmehr nur dann vor, wenn der unmittelbar verletzten Rechtsnorm selbst vermögensschützender Charakter zukommt (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91 f.). Dies ist bei den europäischen Beihilfevorschriften , deren Zweck im Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen liegt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755, 757; G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, AEUV, Art. 107 Rn. 10; Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3550 f.), nicht der Fall.
87
In der Nichtbeachtung der Art. 107 ff. AEUV lag auch nicht deshalbein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit , weil eine europarechtswidrige Ausgabe nicht geleistet werden dürfe und damit zwangsläufig haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verletze. Die Gegenmeinung (vgl. Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3551) stützt sich auf die Erwägung, die eine Ausgabe zur Beihilfe qualifizierende Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setze voraus, dass das Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, marktübliche Gegenleistung erlange und sich damit aus Sicht des "market economy investors" als unwirtschaftlich darstelle. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine EUbeihilferechtswidrige Leistung verletze zugleich haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Die Unwirtschaftlichkeit einer Maßnahme der öffentlichen Hand verstößt nicht zwangsläufig gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil dieses nur eine relative Betrachtung gemessen am selbst nicht zu bewertenden, mit der Leistung verfolgten Zweck verlangt (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102); sie bewirkt auch nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen den Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO). Aus diesem Grunde stehen beide Haushaltsgebote - was die Gegenmeinung nicht in Frage stellt - auch nicht der Gewährung von mit dem EU-Recht vereinbaren Beihilfen (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV) entgegen, die ebenfalls an die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV anknüpfen (G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, Art. 107 Rn. 16 f.; von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 107 Rn. 196, 212).
88
dd) Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung der Höhe des eingetretenen Vermögensnachteils gilt:
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(1) Sollte das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich auf die Bürgschaften bzw. auf die diese im Rahmen des Umschuldungskonzeptes ersetzende Garantie- und Freistellungserklärung finanzielle Leistungen erbracht haben, käme es in dieser Höhe auf die exakte Bezifferung des Gefährdungsschadens im Tatzeitpunkt nicht mehr an. In diesem Fall hätte sich der ursprüngliche Eingehungsschaden in einem Erfüllungsschaden materialisiert und würde sich nach dessen Wert bemessen (vgl. insoweit zur Schadensbestimmung im Rahmen von § 263 StGB: BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341).
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(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, in einer Bürgschaftsvergabe liege mangels Unmittelbarkeit zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil dann keine Untreue, wenn - wie hier - der Eintritt des Bürgschaftsfalls den Verzug des Schuldners über einen längeren Zeitraum voraussetze (vgl. Schneider, wistra 2015, 369, 374). Zutreffend ist zwar, dass die Tathandlung im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB den Vermögensnachteil unmittelbar bewirken muss (vgl. BGH, Urteile vom 7. September 2011 - 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529; vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115 f.; umfassend SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 84, 62 mwN; aA Rübenstahl /Wasserburg NStZ 2004, 521, 526). Besteht dieser im Tatzeitpunkt aber schon aufgrund der durch die Rahmenumstände gegebenen sicheren Erwartung , dass der Bürgschaftsfall eintreten wird, so ist die aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit schon durch Eingehen der Verbindlichkeit bewirkte Vermögensminderung in diesem Sinne unmittelbar. Unerheblich ist dann, ob der Erfüllungsschaden isoliert betrachtet eine derartige sachliche und zeitliche Nähe zu der Pflichtverletzung aufweist, dass er dem Unmittelbarkeitserfordernis genügen könnte.
91
(3) Die Haftung der RIM GmbH gegenüber der ISB GmbH war nach den jeweiligen Darlehensverträgen begrenzt auf die Geldeingänge aus der refinanzierten Beteiligung sowie auf die Erlöse der für diese Beteiligung bestellten Sicherheiten , wobei nach weiterer Vereinbarung die Haftungsfreistellung einer Inanspruchnahme des Bürgen durch die ISB GmbH nicht entgegenstehen durfte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB wird gegebenenfalls zu erörtern sein, ob - was naheliegend erscheint - in den ausgegebenen globalen Bürgschaftserklärungen oder den Schreiben, mit denen D. die Bürgschaft auf die volle Darlehenssumme erstrecken ließ, diesbezügliche Erklärungen des Landes enthalten waren (zur Abdingbarkeit von § 768 vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278, 288 f.; MüKoBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 3) oder ob entsprechende Einschränkungen sonst aus der Sicherungsabrede folgten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, 1352; Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 7).
92
(4) Von seiner Annahme ausgehend, dass bereits in dem Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung lag, hat sich das Landgericht konsequent mit der den Schuldgehalt der Tat betreffenden Frage befasst, ob die angenommene Vermögensgefährdung durch spätere Umstände entfallen war. Soweit es den "Gefährdungszeitraum" im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe allerdings - D. insoweit nicht beschwerend - auf den "Zeitraum der zugelassenen Anklage" begrenzt hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Mit dem erstmaligen Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, ist das Delikt der Untreue vollendet (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00, NStZ 2001, 650; vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Spätere Entwicklungen, die den Schaden vertiefen oder entfallen lassen, wirken sich allerdings auf das Maß der Schuld aus. Sie sind daher für die Beurteilung von Tat und Täter von Bedeutung und vom Gericht - im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) - zu ermitteln. Der Grundsatz , dass sich Untersuchung und Entscheidung auf die in der Anklage bezeichnete Tat beschränken (§§ 155, 264 StPO), steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99 mwN).
93
ee) Das neue Tatgericht wird auch zu prüfen haben, ob sich D. wegen Anstiftung zur Untreue durch die Mitangeklagten M. und/oder W. strafbar gemacht hat. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt , dass gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßende Rechtsgeschäfte gemäß § 134 BGB unwirksam sein können (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755 ff. mwN), wird zu prüfen sein, inwieweit bewusst Leistungen rechtsgrundlos oder ohne rechtswirksame Absicherung erbracht wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403).
94
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.8, 9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen , mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil, von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen bleiben möglich. In den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe hebt der Senat die Feststellungen über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus vollständig auf, da der Angeklagte im Hinblick auf die vom Senat erteilten Hinweise noch keine Möglichkeit der Verteidigung hatte und um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
95
4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils in den Fällen IV.9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe auf die Mitangeklagten M. und W. zu erstrecken.
96
5. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil von D. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
97
a) Es kann auch in den Fällen IV.5, 6, 7 und 10 der Urteilsgründe offen bleiben, ob D. als faktischer Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zu qualifizieren ist, da sich dessen Vermögensbetreuungspflicht - wie zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargelegt - jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats ergab.
98
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe lagen schon die Vereinbarungen zu den einzelnen Zahlungen - wie das Landgericht hinsichtlich Fall IV.6 der Urteilsgründe zutreffend ergänzend dargelegt hat - außerhalb des der Geschäftsführung zuzubilligenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums, da die Zahlungen nicht im Unternehmenswohl der Nürburgring GmbH lagen:
99
Im Fall IV.5 der Urteilsgründe entstanden der Nürburgring GmbH durch die Übernahme der Gründungskosten für die G. AG nach den getroffenen Feststellungen keine auch nur im Ansatz erkennbaren Vorteile. Deren Gründung kam ausschließlich B. und Me. entgegen, die sich hierdurch steuerliche Vorteile versprachen. Auch in den Fällen IV.6 und 7 der Urteilsgründe widersprachen die Zahlungen den Unternehmensinteressen. Sie waren nicht durch den Vorvertrag vom 27. März 2007 bzw. dessen Nachträge gedeckt; zudem hatten weder die I. -GmbH noch die P. GmbH "wie auch immer geartete Leistungen" oder "abrechnungsfähige Aufwendungen" erbracht. Bei dieser Sachlage besteht nach den bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargestellten Maßstäben die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit von D. darin, dass er gemeinsam mit L. (Fall IV.6) bzw. in dessen Anwesenheit (Fälle IV.5 und 7) den Entschluss zur jeweiligen Zahlung fasste und diese hierdurch veranlasste. Es bedarf damit keiner näheren Betrachtung, ob - wie vom Landgericht angenommen - mit der Zahlung auch deshalb eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde, weil dieser kein wirksamer Rechtsgrund zugrunde lag. Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen stellen zwar jedenfalls dann eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes dar, wenn das den Rechtsgrund bildende Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 402). Angesichts der den § 125 Satz 2, § 134 BGB zugrundeliegenden unterschiedlichen Normzwecke ist jedoch zweifelhaft, ob dies in gleicher Weise generell auch dann anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgrundes aus einem Verstoß gegen ein - wie hier - rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis folgt.
100
c) Die Verurteilung im Fall IV.11 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) erweist sich aus den vom Landgericht in seinem Urteil dargelegten Gründen als rechtsfehlerfrei. Diesen wird auch nicht deshalb die Grundlage entzogen, weil das Urteil im Fall IV.8 der Urteilsgründe aufzuheben ist. Zwar knüpft die Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage inhaltlich an die dortigen Vorkommnisse an. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind jedoch weitgehend rechtsfehlerfrei getroffen und können in dem bereits dargelegten Umfang bestehen bleiben. Soweit die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe in Bezug auf die Bestimmung des Vermögensnachteils und hinsichtlich der subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind, ist dies ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die von D. am 2. Juli 2010 vor dem Untersuchungsausschuss getätigte Aussage falsch war und dieser vorsätzlich handelte.
101
6. Zu den erhobenen Verfahrensrügen gilt das Folgende:
102
a) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen unbegründet.
103
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO, weil das Landgericht der Verteidigung die Akteneinsicht in rechtlich bedenklicher Weise erschwert habe, indem es eine Spiegelung sichergestellter Datenträger abgelehnt und Einblick in diese lediglich in den Räumen der Staatsanwaltschaft gewährt habe, ist unzulässig. Dabei kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den Datenträgern um Beweismittel oder Aktenbestandteile handelte, nicht an. Selbst wenn die von der Revision vertretene Einstufung als Aktenbestandteil zutreffen sollte, betreffen die mit der Rüge angegriffenen Entscheidungen des Vorsitzenden und der Strafkammer lediglich die Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht. Diese Entscheidung ist gemäß § 336 Satz 2, § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht revisibel (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 336 Rn. 18). Ob für die Fälle einer willkürlichen Beschneidung des Einsichts- und Besichtigungsrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2011 - 2 BvR 449/11, NJW 2012, 141, 142) etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Ein sachfremdes Handeln hat die Revision nicht dargelegt; insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus den angegriffenen Entscheidungen.
104
c) Auf die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kommt es nicht an. Sie betrifft ausschließlich die Beweiswürdigung zu den Fällen IV.9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe; insoweit ist der Schuldspruch mit den dazugehörigen Feststellungen schon auf die Sachrüge aufzuheben.
105
7. Durch die Teilaufhebung des Urteils ist die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde von D. gegenstandslos, da bereits die Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang der Kostenentscheidung die Grundlage entzieht (KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 464 Rn. 20, LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn. 42)
106
III. Revision des Angeklagten K.
107
1. Der Schuldspruch kann im Fall IV.2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat sich K. keiner Untreue schuldig gemacht; insoweit ist er freizusprechen. Im Einzelnen:
108
a) Das Landgericht ist der Auffassung, die Entscheidung von K. zur Übernahme der Kosten für die Gründung der P. S.A. sei nicht mehr von der ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gedeckt gewesen. Er habe auch Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats verletzt, weil es sich um eine nach § 7 Abs. 1 GesV zustimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe. Soweit der Aufsichtsrat die Geschäftsführung bereits mit Beschluss vom 1. Juli 2008 zu Vertragsabschlüssen im Rahmen der Finanzierung von "Nürburgring 2009" ermächtigt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss sei auf Grundlage der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV ergangen, die dahin ausgelegt werden müsse, dass eine im Vorfeld erteilte Zustimmung nur dann zulässig sei, wenn der Aufsichtsrat diese an bestimmte Auflagen binde. Dies folge daraus, dass sich der Aufsichtsrat nach der Gesamtkonstruktion des § 7 GesV nicht jeglicher Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Geschäftsführung begeben dürfe. An entsprechenden Auflagen habe es in dem Beschluss vom 1. Juli 2008 gefehlt. Überdies sei die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. auch nicht "notwendig" im Sinne des Aufsichtsratsbeschlusses gewesen.
109
b) Dies hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass K. als Geschäftsführer der Nürburgring GmbH vermögensbetreuungspflichtig war (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 274). In dem von der Strafkammer festgestellten Verhalten von K. lag jedoch keine Verletzung einer das Vermögen der Nürburgring GmbH schützenden Pflicht; weder überschritt er den ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraum noch umging er Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
110
aa) Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. lag innerhalb des K. als Geschäftsführer eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessensspielraums.
111
Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, liegt eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Im Rahmen des der unternehmerischen Entscheidung vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozesses sind die möglichen negativen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen , wie etwa ein Ansehensverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit, ebenso in die Überlegungen einzustellen wie die mit imagepflegenden Maßnahmen einhergehenden positiven Folgen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 231,

233).


112
Gemessen hieran bewegte sich K. mit seiner Entscheidung, die Kosten für die Gründung der P. S.A. zu übernehmen, noch innerhalb des ihm zustehenden weiten Ermessensspielraums. Hinsichtlich der Verbindung der I. S.A. zu einem mexikanischen Drogenkartell lag aufgrund der im luxemburgischen Handelsregister enthaltenen Eintragungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ein verifizierbarer und nicht lediglich vager oder offensichtlich haltloser Verdacht vor. Angesichts dessen war es aus unternehmenspolitischen Gründen - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung des Ausbauprojekts auch im Bereich II noch nicht sichergestellt war und dort Privatinvestoren gesucht wurden - im Interesse der Gesellschaft, diesen Schein einer Verbindung kurzfristig zu beseitigen. Dass die I. S.A. oder die hinter ihr stehenden B. und Me. hierzu vertraglich verpflichtet waren, belegen die Urteilsgründe auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht. Allein der Umstand, dass eine gute Reputation naheliegend auch im eigenen Interesse der I. S.A. lag, begründete einen vertraglichen Anspruch nicht. Die Höhe der mit der Neugründung der P. S.A. verbundenen Kosten, war zwar in die Abwägung der insoweit gegenläufigen Unternehmensinteressen einzustellen ; dieser Gesichtspunkt wurde allerdings dadurch relativert, dass die Kosten bei erfolgreichem Zustandekommen der Finanzierung auf den dann fälligen Provisionsanspruch angerechnet werden konnten. Bei dieser Sachlage ist ein strafrechtlicher Vorwurf auch nicht deshalb begründet, weil K. seine Entscheidung traf, bevor die Angaben von Me. zum Erwerb der I. S.A. - die sich nur zehn Tage nach Vertragsschluss als zutreffend herausstellten - überprüft worden waren. Denn der durch die Registerlage hervorgerufene Schein blieb bestehen; Dritte hätten weiterhin den Schluss auf eine Verbindung zur mexikanischen Drogenmafia ziehen und mit den etwaigen negativen Folgen für das Ansehen der Nürburgring GmbH bzw. das Ausbauprojekt öffentlich machen können. Dass es sich hierbei nicht nur um ein fernliegendes Szenario handelte, zeigt sich daran, dass auch D. bei seinen eigenen Recherchen im Internet bereits auf entsprechende Gerüchte gestoßen war.
113
bb) K. verstieß mit seiner Entscheidung zur vertraglichen Kostenübernahme und deren Umsetzung auch nicht gegen seine Pflicht zur Einbeziehung des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs. 1 GesV.
114
(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Maßnahme grundsätzlich zustimmungsbedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 GesV war. Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A zählte angesichts des Ausnahmecharakters des Geschäfts sowie seiner finanziellen und unternehmenspolitischen Tragweite im Sinne der Satzung nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
115
Die Satzungsbestimmung war auch wirksam und verstieß nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bei einer GmbH bestellt, so gilt gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend, wonach die Satzung bestimmte Arten von Geschäften einem Zustimmungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat unterwerfen kann. Soweit in der Kommentarliteratur zu § 52 GmbHG unter Rückgriff auf aktienrechtliche Grundsätze die Auffassung vertreten wird, satzungsmäßig bestimmte Zustimmungsvorbehalte seien aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig, wenn sie - wie hier - generalklauselartig ausgestaltet sind (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229 mwN; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361, 369, 371; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110), ist dem jedenfalls für die hier zu bewertende Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nicht zu folgen. Die zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten aktienrechtlichen Grundsät- ze sind auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nicht ohne weiteres übertragbar , da § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gemäß § 52 Abs.1 GmbHG nur anzuwenden ist, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag anderes bestimmt ist (sog. Satzungsautonomie , vgl. etwa Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 52 Rn. 24; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 16; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 9 ff.). Es ist daher anerkannt, dass die Satzung im Fall des fakultativen Aufsichtsrats die aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Pflichten sowohl einschränken als auch ausweiten kann (BeckHdbGmbH/Müller, 5. Aufl., § 6 Rn. 52; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 13; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 378; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110). Angesichts des im Recht der GmbH bestehenden Satzungsvorrangs kann der Ausschluss generalklauselartiger Zustimmungsvorbehalte somit nicht auf den Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ("bestimmte Arten von Geschäften") gestützt werden (so aber Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229). Angesichts der unterschiedlichen Strukturen von GmbH und AG, wonach dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Einflusses der Gesellschaftsversammlung als oberstem Organ eine schwächere Stellung in der Gesellschaft zukommt als dem Vorstand einer AG (vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 19), bestehen gegen eine generelle Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung keine Bedenken; unerheblich ist, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nach aktienrechtlichen Maßstäben als unwirksam zu qualifizieren wäre (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 111 Rn. 66; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 85; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 123 f.; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, § 111 Rn. 46). Die hier zu bewertende, nur Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfassende Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV beschneidet die Kompetenzen der Geschäftsführung auch nicht derart, dass deren Führungsbefugnis im Kernbereich betroffen ist (vgl. zu dieser Grenze MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 368). Da der Terminus des "gewöhnlichen" Geschäftsverkehrs zudem in handelsrechtlichen Bestimmungen über die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis verwendet wird (vgl. etwa § 54 Abs. 1, § 116 Abs. 1 HGB), schafft dieser ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff für den Geschäftsführer auch keinen Zustand untragbarer Rechtsunsicherheit (vgl. zu diesem Aspekt MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361).
116
(2) K. verstieß jedoch nicht gegen § 7 Abs. 1 GesV, weil sein Vorgehen durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 gedeckt war und es damit einer weiteren Einbeziehung des Aufsichtsrats nicht mehr bedurfte.
117
(a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch im Fall der satzungsmäßig bestimmten Zustimmungsvorbehalte im Vorfeld erteilte Globalbeschlüsse (auch "Generalzustimmung", "Rahmenzustimmung", "Vorwegeinwilligung" ) des Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig sind, wenn die Satzung solche - wie hier in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV - zulässt (vgl. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 203; Hopt/Roth in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 111 Rn. 665 f.; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 109; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 126). Rechtsfehlerhaft ist allerdings der von der Strafkammer gezogene Schluss, der Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 sei unwirksam, da eine im Vorfeld erteilte generelle Zustimmung zwingend mit Auflagen hätte verbunden werden müssen.
118
Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV lässt sich die Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung ausdrücklich mit Auflagen zu verbinden , nicht entnehmen. Systematisch bezieht sich die Regelung auf die "zustimmungspflichtigen Geschäfte" und erfasst damit sowohl die in § 7 Abs. 2 GesV konkretisierten als auch alle anderen unter die Generalklausel des Abs. 1 fallenden Geschäfte. Könnte der Aufsichtsrat seine Zustimmung einschränkungslos und spiegelbildlich zur Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV allgemein zu sämtlichen von Abs. 1 erfassten Geschäften erteilen, bestünde die Gefahr, dass er die ihm vom Satzungsgeber zugewiesene Funktion als Kontrollorgan unterliefe. Dies bedingt - wie das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat -, dass er den Umfang und die Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert. Weitergehende Beschränkungen - auch in inhaltlicher Sicht - folgen hieraus für die Ausgestaltung des Zustimmungsbeschlusses allerdings nicht: Dass der Aufsichtsrat mit jeder Rahmenzustimmung die Kontrolle über die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Geschäfte in einem gewissen Maße verliert , liegt in der Natur solcher Rahmenbeschlüsse; dies wird jedoch insbesondere dadurch kompensiert, dass es dem Aufsichtsrat jederzeit möglich ist, die Geschäftsführung zur Berichtserteilung anzuhalten (vgl. hierzu Koppensteiner /Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Rn. 32) und seine Generalzustimmung zu widerrufen. Schließlich verlangen weder die aus der Satzung folgende Funktion des Aufsichtsrats noch sonstige Gesichtspunkte , dass der Aufsichtsrat die für die Zulässigkeit einer Vorwegeinwilligung erforderlichen Konkretisierungen an die Geschäftsführung ausdrücklich als "Auflage" bezeichnet.
119
Nach diesen Maßstäben bestehen an der Wirksamkeit des Aufsichtsratsbeschlusses vom 1. Juli 2008 keine Bedenken. Die von der Zustimmung des Aufsichtsrats erfassten Geschäfte waren dadurch in dem erforderlichen Maße präzisiert, dass der sachliche Bezug der bewilligten Geschäfte zur Finanzierung des Ausbauprojektes hergestellt war und abzuschließenden Vereinbarungen unter der Voraussetzung eines "notwendigen" funktionalen Zusammenhangs standen.
120
(b) Die mit der Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" eng verbundene Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. war schließlich auch von dem Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 umfasst. Insbesondere handelte es sich um eine im Sinne des - von der Strafkammer insoweit nicht näher ausgelegten - Aufsichtsratsbeschlusses zur Finanzierung des Projektes "notwendige" Vereinbarung.
121
Bei verständiger Würdigung beschränkte der Aufsichtsrat seine Zustimmung hiermit nicht auf den Abschluss solcher Verträge und Vereinbarungen, ohne die das Finanzierungskonzept objektiv nicht umsetzbar gewesen wäre, insbesondere die vor der Beschlussfassung seitens der Geschäftsführung vorgelegten Entwürfe des Nießbrauchs-, Generalübernehmer-, Miet- und Optionsvertrages. Vielmehr umfasste die Zustimmung auch solche Vereinbarungen, die - wie hier - in Zusammenhang mit der Finanzierung des Bereichs I standen und seitens der Geschäftsführung in vertretbarer Weise als erforderlich angesehen wurden. Dies folgt daraus, dass der Aufsichtsrat im Beschlusszeitpunkt über die Einzelheiten des verfolgten Finanzierungskonzeptes unterrichtet war und dieses umgesetzt wissen wollte; hätte er der Geschäftsführung hierbei keinen eigenen Gestaltungsspielraum einräumen oder seine Zustimmung auf die ihm vor der Entscheidung vorgelegten Vertragsentwürfe beschränken wollen, hätte es nahegelegen, entweder die Vertragsentwürfe ausdrücklich im Beschluss zu benennen oder von vornherein auf eine Generalzustimmung zu verzichten. In der stattdessen verwendeten Formulierung "Verträge und sonstigen Vereinbarun- gen" kommt die im Beschlusszeitpunkt bestehende Ungewissheit über den Umfang und die Art der für die Umsetzung der Finanzierung erforderlichen Geschäfte deutlich zum Ausdruck.
122
Die von D. befürchteten negativen Folgen auf die - zu diesem Zeitpunkt nicht sichergestellte - Finanzierung des Ausbauprojekts für den Fall, dass sich die Gerüchte um die Verbindung der I. S.A. zur mexikanischen Drogenmafia ausbreiten sollten, lagen nahe und waren von einer sachlichen Grundlage getragen. Dass K. dies anders beurteilt und aus sachfremden Erwägungen heraus gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war es im Sinne der dargelegten Maßstäbe vertretbar, die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. als für die weitere Durchführung des Projektes notwendig anzusehen.
123
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung von K. wegen Untreue zu tragen vermögen. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
124
2. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die getroffenen Feststellungen aus den bereits zur Revision von D. dargelegten Gründen nicht den Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH.
125
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall IV.8 der Urteilsgründe entzieht der insoweit verhängten Einzelstrafe die Grundlage; dies und der durch den Freispruch im Fall IV.2 der Urteilsgründe bedingte Wegfall der in diesem Fall festgesetzten Einzelstrafe führen zur Aufhebung des Gesamtstrafenaus- spruchs. Die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe können allerdings in dem zur Revision von D. dargelegten Umfang bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
126
4. Weitere zum Nachteil von K. wirkende Rechtsfehler hat die auf die Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung nicht ergeben. Über die in der Begründungsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Juni 2015 dargelegten Gründe hinaus bedarf nur Folgendes der näheren Erörterung:
127
a) Im Fall IV.3 der Urteilsgründe überschritt K. mit der von ihm veranlassten Zahlung den ihm zukommenden unternehmerischen Entscheidungsfreiraum. Die Maßnahme lag nicht im Unternehmenswohl: Nach der - durch die Nachträge modifizierten - Vertragslage zum Vorvertrag vom 27. März 2007 bestand keine Verpflichtung der Nürburgring GmbH zum Aufwendungsersatz über September 2008 hinaus. Es war auch nicht erkennbar, dass die I. GmbH im Oktober 2008 noch wesentliche Leistungen im Hinblick auf die angestrebte Umsetzung des mit Ba. angestrebten Finanzierungskonzeptes erbringen musste; die für die Anlage der von Ba. geforderten Bareinlage erforderlichen Voraussetzungen waren bereits geschaffen. Bereits am 24. September 2008 - nur zwei Tage nach der Rechnungsstellung - wurde der Betrag von 80 Mio. € absprachegemäß angelegt; die weiteren Schritte waren von Ba. zu erbringen. Weder für die Zahlung noch für eine etwaige mündliche Vereinbarung hierüber - für deren Vorliegen die Urteilsgründe überdies keine konkreten Anhaltspunkte geben; insb. bezog sich die gegenständliche Rechnung auf § 2 des "geschlossenen Vorvertrag[s]" - bestand damit eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Da die Maßnahme mithin außerhalb des unternehmerischen Gestaltungsspielraums lag, handelte es sich um eine Pflichtverletzung , ohne dass es auf weitere Wertungen noch ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN). Ob K. aufgrund einer Umgehung des Aufsichtsrats zusätzlich noch ein Verstoß gegen die Satzung der Nürburgring GmbH vorzuwerfen ist, bedarf keiner weitergehenden Betrachtung. Ebenso kann offen bleiben, ob Zahlungen auf eine formunwirksame Forderung stets untreuerelevant sind.
128
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe liegt die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch K. ebenfalls darin, dass die gegenständlichen Zahlungen - wie im Rahmen der Revision von D. ausgeführt - unter keinem Gesichtspunkt im Unternehmenswohl und damit außerhalb des dem Geschäftsführer einzuräumenden freien Gestaltungsspielraums lagen.
129
5. Die auf Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrügen bleiben aus den zur Revision von D. dargelegten Gründen ohne Erfolg.
130
IV. Revision des Angeklagten N.
131
1. Der Schuldspruch wegen Untreue im Fall IV.7 der Urteilsgründe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die getroffenen Feststellungen belegen kein täterschaftliches Handeln des Angeklagten N. , da sich aus ihnen weder die konkrete Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht noch die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft (§ 25 StGB) ergeben.
132
a) Täter der Untreue kann aufgrund des Sonderdeliktscharakters nur derjenige sein, dem eine in Bezug auf das geschädigte Vermögen bestehende Betreuungspflicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472, 473). Der Schluss des Landgerichts, dass N. einer derartigen Pflicht zuwider handelte, wird von den Urteilsgründen nicht getragen.
133
aa) Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellt, auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, NJW 2013, 1615). Nicht jede vermögensmindernde Pflichtverletzung eines Vermögensbetreuungspflichtigen ist demnach bereits untreuerelevant, sondern nur der Verstoß gegen eine Pflicht, die gerade spezifisch dem Vermögensschutz dient (MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 40; ders. in Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201, 204). Maßgebend für die Abgrenzung sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

22).


134
bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Angeklagten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses eine im vorstehenden Sinne qualifizierte Stellung hinsichtlich des Vermögens der Nürburgring GmbH zukam. Diese folgte aus seiner Verpflichtungs- und Freigabebefugnis für Forderungen gegen die Nürburgring GmbH bis zu maximal 20.000 € und aus seiner Aufgabe, eingehende Rechnungen auf ihre inhaltliche und sachliche Richtigkeit zu prüfen, sowie der hiermit einhergehenden Möglichkeit, auf deren Auszahlung wesentlichen Einfluss zu nehmen.
135
Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass N. im Fall IV.7 der Urteilsgründe in diesem Pflichtenkreis tätig wurde: In die mit Me. getroffene Vereinbarung über die Erstattung des Aufwendungsersatzes, war N. nicht eingebunden. Soweit der Angeklagte im Rahmen der Zahlung des Betrages von 150.000 € involviert war, belegen die - missverständlich formulierten - Fest- stellungen lediglich, dass er diese vorbereiten ließ; freigegeben wurde die Auszahlung durch K. , der die auf Veranlassung von N. erstellte Auszahlungsanordnung unterschrieb. Dass N. über eine möglicherweise nur im Innenverhältnis zur Nürburgring GmbH wirkende Beschränkung die Zahlung von Beträgen über 20.000 € wirksam anweisen konnte, belegen die Urteilsgründe nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang N. Handlungsvollmacht eingeräumt war; denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen , dass der Angeklagte mit der "Anweisung" gegenüber De. , den Geldbetrag "zu überweisen", in dem ihm hierdurch eröffneten Aufgabenbereich agierte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass N. Leiter der von ihm aufgebauten Controlling-Abteilung der Nürburgring GmbH war; die Feststellungen lassen offen, welche konkreten Aufgaben und Entscheidungsspielräume sich für den Angeklagten hierdurch ergaben.

136
Da die inhaltlich unrichtige Rechnung der I. GmbH vom 15. Juni 2009 erst nach der Überweisung bei der Nürburgring GmbH einging, kann schließlich auch eine inhaltliche Bestätigung der Rechnung durch N. - ungeachtet der hierzu fehlenden Feststellungen - nicht ursächlich für die Auszahlung geworden sein; da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und ggf. durch wen die Rechnung vom 15. Juni 2009 inhaltlich und sachlich bestätigt worden war, ergibt sich schon deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer von N. (mit)bewirkten falschen Buchführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, NJW 2010, 3458, 3460 mwN; BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00, BGHSt 47, 8, 11 mwN; Urteil vom 7. Dezember 1965 - 5 StR 312/65, BGHSt 20, 304; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 191, 227) keine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
137
b) Die getroffenen Feststellungen belegen darüber hinaus auch nicht die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft.
138
aa) Auch wenn man annimmt, N. habe in dem seine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Pflichtenkreis gehandelt, verwirklichte er die Tat nicht im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB selbst. Soweit er De. zu der sog. Blitzüberweisung aufforderte, lag hierin keine Aufforderung, die Überweisung unmittelbar auszuführen. Diese setzte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vielmehr das Vorhandensein einer unterschriebenen Auszahlungsanordnung voraus. Dass De. diese Unterschrift leisten konnte oder nach der Vorstellung von N. hätte leisten sollen, zeigen die Urteilsgründe nicht auf; hiergegen spricht auch, dass angesichts der Höhe der Zahlung auch der De. in der Hierarchie übergeordnete N. zur Unterschrift weder befugt noch willens war. Mit der bloßen Aufforderung an De. , die Überweisung vorzubereiten, war die Wahrscheinlichkeit einer späteren Auszahlung indes noch nicht in einem Maße gestiegen, dass hierin bereits eine tatbestandliche schadensgleiche Vermögensgefährdung gesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die spätere Vorlage der Auszahlungsanordnung von N. an K. zur Unterschrift, zumal N. hierbei noch explizit auf seine Bedenken gegen den Vorgang hinwies und gegenüber seinem Vorgesetzten die Auszahlung zu verhindern suchte. Dass N. nach der Vorlage der Auszahlungsanordnung noch an dem weiteren Geschehen beteiligt war, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach alledem erschöpfte sich der eigene Beitrag von N. in bloßen Unterstützungshandlungen.
139
bb) Auch eine Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von N. wird von den Urteilsgründen nicht belegt. Ein mittäterschaftliches Handeln ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14, BGHR VStGB § 6 Mittäter 1; vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
140
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein seine Kenntnis von der Tatbegehung durch D. und K. kann eine Mittäterschaft nicht begründen. Die festgestellten Tatbeiträge bestanden ausschließlich in Unterstützungshandlungen, welche L. oder K. ohne weiteres selbst hätten vornehmen können. Schließlich ist in den Blick zu nehmen , dass N. ersichtlich kein eigenes Interesse am Taterfolg verfolgte; denn er stellte sich von Beginn an gegen die Forderung von Me. und tat dies sowohl seinem Vorgesetzen L. als auch dem in der Unternehmenshierarchie an der Spitze stehenden K. unter Darstellung seiner Bedenken kund. Selbst wenn N. eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen haben sollte, führt dies weder allein (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, 10. Aufl., § 45 Rn. 21; MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 186; SK-StGB/Hoyer, 32. EL, § 25 Rn. 21 ff.; aA Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 355 ff.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 39 ff., 43 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor § 25 Rn. 82; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 107) noch in der Zusammenschau mit den weiteren seine Beteiligung kennzeichnenden Umstände zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurtei- lungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
141
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass trotz des Charakters der Untreue als Sonderdelikt nicht offenbleiben können wird, ob einer täterschaftlichen Verurteilung von N. bereits die allgemeinen Voraussetzungen der (Mit-)Täterschaft oder auch seine im konkreten Fall möglicherweise fehlende qualifizierte Stellung zum Vermögen der Nürburgring GmbH entgegenstehen. Die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 - 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53); ihr Fehlen begründet einen zwingenden Strafmilderungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten , wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein darauf beruht, dass das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, wistra 2015, 146; vom 6. März 2013 - 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
142
2. Auch im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Untreue nicht, weil sie weder eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung von N. noch einen hierdurch eingetretenen Vermögensnachteil belegen. Hinsichtlich des von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegten Vermögensnachteils gelten die insoweit zur Revision von D. dargelegten Gründe entsprechend. Zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gilt Folgendes:
143
Wie bereits ausgeführt, liegt eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur vor, wenn dem Täter eine zum Schutz des Vermögens des Geschädigten hervorgehobene Stellung zukommt und die von ihm konkret verletzte Pflicht auf den Pflichtenkreis zurückgeht, der diese Stellung begründet. Letzteres lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese teilen nicht mit, aufgrund welcher Umstände N. überhaupt an der Zahlungsvereinbarung beteiligt war. Ihnen ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem Grunde N. mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, die Nürburgring GmbH durch die Zahlungsvereinbarung zu verpflichten. Dies könnte aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Fall gewesen sein, ebenso könnte er durch eine einzelfallbezogene Entscheidung seiner Vorgesetzten hinzugezogen und ihm (ggf. konkludent ) Einzelvollmacht erteilt worden sein. Hinsichtlich der bestehenden Handlungsvollmacht bleibt jedoch in den Urteilsgründen offen, ob der Abschluss der Zahlungsvereinbarung von dieser überhaupt umfasst sein konnte. Der Begriff der Handlungsvollmacht ist inhaltlich offen und enthält keinen aus sich heraus bestimmbaren Umfang der Vollmacht. Dieser wird alleine vom Vollmachtgeber festgelegt. Auch § 54 HGB kodifiziert lediglich eine speziell geregelte Rechtsscheinhaftung (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 9; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 1), deren Umfang indes vom Inhalt der erteilten Vollmacht abhängt (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 10), und unterscheidet drei typisierte, in ihrem Umfang wesentlich differierende Varianten der Handlungsvollmacht (Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 10 ff.). Nähere Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Sie lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen und ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass N. mit seiner Unterschrift unter die Zahlungsvereinbarung "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH" der Vereinbarung zustimmte. Sollte N. hingegen aufgrund einer (konkludent) erteilten Einzelvollmacht tätig geworden sein, belegt auch dies angesichts des Zusammenwirkens mit L. als seinem Vorgesetzten noch nicht ohne weiteres den im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB erforderlichen eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum.
144
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe bedingt den Wegfall der verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es im Fall IV.8 der Urteilsgründe über den sich aus den Revisionen von D. und K. ergebenden Umfang hinaus auch im Hinblick auf die Umstände, welche die Vermögensbetreuungspflicht von N. begründen.
145
4. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene sachlichrechtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil von N. ergeben. Über die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründe hinaus bedarf es lediglich im Fall IV.3 der Urteilsgründe des im Rahmen der Revision von K. näher ausgeführten Hinweises, dass die Begleichung der Rechnung der I. GmbH vom 22. September 2008 und damit auch deren sachliche und inhaltliche Bestätigung bereits außerhalb des einem Geschäftsführer einzuräumenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums lag. Auf die Frage, ob N. bewusst war, dass der Aufsichtsrat bei der Entscheidung übergangen worden war, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
Becker RiBGH Pfister ist in den Schäfer Ruhestand getreten und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 163/16
vom
16. August 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Den Vertragsarzt einer Krankenkasse trifft dieser gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht
im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB, die ihm zumindest gebietet,
Heilmittel nicht ohne jegliche medizinische Indikation in der Kenntnis zu verordnen
, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den
Krankenkassen abgerechnet werden sollen.
BGH, Beschluss vom 16. August 2016 – 4 StR 163/16 – LG Halle
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:160816B4STR163.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 9. November 2015 dahin abgeändert, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug in 217 Fällen entfällt. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 479 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug in 217 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil, dem eine Verständigung gemäß § 257c StPO zugrunde liegt, richtet sich seine auf die Sachrüge gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug in 217 Fällen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte ist Arzt. Er betreibt in Sa. als Chirurg und Durchgangsarzt eine eigene Praxis und ist als sog. „Kassenarzt“ zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit 1999 arbeitet er als „Kooperationsarzt“ mit S. und J. T. zusammen, die ebenfalls in Sa. sowie in L. und in Q. „V. Gesundheitszentren“ führen, in denen sie unter anderem Physiotherapie und Krankengymnastik anbieten. Sie sind zur Abgabe physiotherapeutischer Leistungen von den Krankenkassen zugelassen.
4
In den Jahren 2005 bis 2008 erstellte der Angeklagte in insgesamt 479 Fällen Heilmittelverordnungen für physiotherapeutische Leistungen, insbesondere manuelle Therapie, Wärmepackungen, Unterwasserdruckstrahlmassagen sowie gerätegestützte Krankengymnastik. Diese Heilmittelverordnungen erstellte der Angeklagte für „Patienten“ ohne Untersuchung oder anderweitige Konsultation; eine medizinische Indikation bestand für sie nicht. Vielmehr wurden dem Angeklagten von den Eheleuten T. aufgrund eines gemeinsamen Tatplans Krankenversicherungskarten von Angestellten der „V. Ge- sundheitszentren“ und – unter anderem – den Spielern eines Fußballvereins überlassen, die der Angeklagte als Mannschaftsarzt sowie die Eheleute T. – unentgeltlich – physiotherapeutisch betreuten. Die Heilmittelverordnungen leitete der Angeklagte sodann den Eheleuten T. zu. Diese ließen sich die Erbringung der vom Angeklagten verordneten Leistungen von den „Patienten“ bestätigen, obwohl sie – was der Angeklagte ebenfalls wusste und billigte – in keinem der Fälle erbracht worden waren. Anschließend wurden sie – was ebenfalls Teil des gemeinsamen Tatplanes war – von den Eheleuten T. (kassen - und monatsweise zusammengefasst durch insgesamt 217 Handlungen) bei verschieden Krankenkassen eingereicht und von diesen in der Annahme, die verordneten Leistungen seien erbracht worden, in Höhe von insgesamt 51.245,73 € bezahlt.
5
Von den Zahlungen erhielt der Angeklagte keinen Anteil. Ihm ging es darum, die einträglicheStellung als Kooperationsarzt der „V. Gesundheits- zentren“ zu erhalten und das unberechtigte Gewinnstreben der Eheleute T. zu ermöglichen und zu unterstützen, die sich durch ihr Vorgehen eine Einnahmequelle von einigem Umfang und nicht nur geringer Dauer erschließen sowie – zu einem Teil – ihre für die Vereine kostenlose Betreuung „refinanzie- ren“ wollten.

II.


6
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat nur Erfolg, soweit er wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug in 217 Fällen verurteilt worden ist.
7
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Untreue in 479 Fällen begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
8
a) Dem Angeklagten oblag gegenüber den geschädigten Krankenkassen eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB.
9
aa) Untreue setzt sowohl in der Alternative des Missbrauchs- als auch der des Treubruchtatbestandes voraus, dass dem Täter eine sog. Vermögensbetreuungspflicht obliegt. Diese erfordert, dass der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen, die über für jedermann geltende Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und insbesondere über die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, ebenso hinausgeht wie über einen bloßen Bezug zu fremden Vermögensinteressen oder eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf materielle Güter anderer (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2012 – 2 StR 446/11, NStZ 2013, 40 f., juris Rn. 4; vom 5. März 2013 – 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52, juris Rn. 9; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585, 2590 f., juris Rn. 52; Urteile vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104 f., juris Rn. 26; vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11, NStZ-RR 2011, 374, 375, juris Rn. 9).
10
Eine Strafbarkeit wegen Untreue setzt daher voraus, dass dem Täter die Vermögensbetreuung als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung obliegt (BGH, Beschlüsse vom 5. März 2013 – 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52, juris Rn. 9; Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104 f., juris Rn. 26; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585, 2590 f., juris Rn. 52; weitere Nachweise bei SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 10) und die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird.
Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen , sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2012 – 2 StR 446/11, NStZ 2013, 40 f., juris Rn. 4; vom 5. März 2013 – 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52, juris Rn. 9; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585, 2590 f., juris Rn. 52; Urteile vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104 f., juris Rn. 26; vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11, NStZ-RR 2011, 374, 375, juris Rn. 9; weitere Nachweise bei SSW-StGB/Saliger aaO).
11
bb) Dies zugrunde gelegt, oblag dem Angeklagten eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber den geschädigten Krankenkassen, die ihm zumindest geboten hat, Heilmittel nicht ohne jegliche medizinische Indikation in der Kenntnis zu verordnen, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen.
12
(1) Die Krankenkasse erfüllt mit der Versorgung Versicherter mit vertragsärztlich verordneten Heilmitteln ihre im Verhältnis zum Versicherten bestehende Pflicht zur Krankenbehandlung (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 32 SGB V; BSG, Urteile vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 117, juris Rn. 11; vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, 162, juris Rn. 17). Auf diese Versorgung haben Versicherte einen Anspruch , wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Grundvoraussetzung dieses sog. „Anspruchs auf Krankenbehandlung“ ist das Vorliegen einer „Krankheit“ (für diagnostische Maßnahmen: eines Krankheits- verdachts). Es muss also objektiv eine „regelwidrige Beeinträchtigung der – geistigen, seelischen oder körperlichen – Gesundheit" (§ 1 Satz 1 SGB V) vorliegen (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92, BSGE 73, 271, 279, juris Rn. 36). Verordnete Heilmittel müssen zudem – wie alle anderen Leistungen auch – ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen , dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25, 28, juris Rn. 11; BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 119, juris Rn. 15). Dabei ergibt sich das Wirtschaftlichkeitsgebot insbesondere aus § 12 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 SGB V sowie aus § 2 Abs. 4 SGB V, der den Adressatenkreis des Wirtschaftlichkeitsgebots , das sich nach dem Inhalt des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V unmittelbar nur an die Krankenkasse richtet, auf alle Leistungserbringer und Versicherte erweitert (vgl. BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 119, juris Rn. 15 mwN; vgl. dazu auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 350).
13
(2) Die Verordnung des Vertragsarztes konkretisiert die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten auf Sachleistungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB V; BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11,BGHSt 57, 202, 209, juris Rn. 21). Für ein Heilmittel ist die ordnungsgemäße vertragsärztliche Verordnung Grundvoraussetzung; als Hilfeleistung einer nichtärztlichen Person darf die Leistung nur erbracht werden, wenn sie ärztlich angeordnet und verantwortet ist (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Der Vertragsarzt erklärt mit der Heilmittelverordnung in eigener Verantwortung gegenüber dem Versicherten, dem nichtärztlichen Leistungserbringer und der Krankenkasse, dass alle Anspruchsvoraussetzungen des durch die Krankenversicherungskarte als berechtigt ausgewiesenen Versicherten auf das verordnete Heilmittel nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse aufgrund eigener Überprüfung und Feststellung erfüllt sind: Das verordnete Heilmittel ist danach nach Art und Umfang geeignet, ausreichend, notwendig und wirtschaftlich, um die festgestellte Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder die festgestellten Krankheitsbeschwerden zu lindern (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 118, juris Rn. 13).
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(3) Auf dieser Grundlage eröffnet sich dem Vertragsarzt bei der Verordnung von Heilmitteln nicht nur eine rein tatsächliche Möglichkeit, auf fremdes Vermögen, nämlich das der Krankenkassen, einzuwirken, auch begründet das hierbei von ihm zu beachtende Wirtschaftlichkeitsgebot nicht lediglich eine unter - oder nachgeordnete Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkassen. Ihm obliegt daraus vielmehr – jedenfalls in den hier zu entscheidenden Fällen – eine Vermögensbetreuungspflicht als Hauptpflicht im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB.
15
(a) Auch wenn zwischen dem Vertragsarzt und den Krankenkassen keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen bestehen, gehen die Befugnisse des Vertragsarztes, auf das Vermögen der Krankenkassen einzuwirken, über eine rein tatsächliche Möglichkeit hierzu weit hinaus (vgl. auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 347, 349).
16
Denn der Vertragsarzt erklärt – wie ausgeführt – mit der Heilmittelverordnung in eigener Verantwortung, dass alle Anspruchsvoraussetzungen für das Heilmittel erfüllt sind: Das verordnete Heilmittel geeignet, ausreichend, notwen- dig und wirtschaftlich, um die festgestellte Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder die festgestellten Krankheitsbeschwerden zu lindern (BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 118, juris Rn. 13). Die vertragsärztliche Verordnung eines Heil- oder Arzneimittels dokumentiert, dass es als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben bzw. erbracht wird (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2010 – B 1 KR 3/10 R, BSGE 106, 303, 305, juris Rn. 13). Seine Rechtsmacht zur Konkretisierung des entsprechenden Anspruchs des gesetzlich Versicherten gegen die Krankenkasse umfasst dabei zwar insbesondere das verbindliche Feststellen der medizinischen Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalles mit Wirkung für den Versicherten und die Krankenkasse (BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 215, juris Rn. 37). Da die Verordnung aber auch die an die Krankenkasse gerichtete Feststellung umfasst, das Heilmittel sei notwendig sowie wirtschaftlich und werde zur Erfüllung der Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf Kosten der Krankenkasse erbracht, hat er dieser gegenüber eine Stellung inne, die durch eine besondere Verantwortung für deren Vermögen gekennzeichnet ist. Dies wird auch dadurch belegt, dass sich das dem Vertragsarzt bei der Heilmittelverordnung obliegende Wirtschaftlichkeitsgebot vorrangig als Verpflichtung gegenüber der letztlich die Zahlung bewirkenden Krankenkasse verstehen lässt (vgl. auch Leimenstoll, Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes?, 2012, Rn. 375). Der Vertragsarzt hat mithin eine hervorgehobene Pflichtenstellung mit einem selbstverantwortlichen Entscheidungsbereich gegenüber der Krankenkasse inne; die wirtschaftliche Bedeutung, die der Verordnung unter anderem von Heilmitteln zukommt, begründet daher eine Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen (ebenso Schneider , HRRS 2010, 241, 245 f.; a.A. etwa Ulsenheimer, MedR 2005, 622, 626 f.; Geis, GesR 2006, 345, 352; Leimenstoll, wistra 2013, 121, 127, 128; ders., Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes?, 2012, Rn. 362 mwN, 382).
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(b) Bei dieser Vermögensbetreuungspflicht handelt es sich auch um eine Hauptpflicht in obigem Sinne.
18
(aa) Soweit in der Rechtsprechung gefordert wird, es müsse sich bei der Vermögensbetreuungspflicht um die bzw. eine Hauptpflicht handeln, soll damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Vermögensbetreu- ungspflicht um „die“ (wichtigste oder einzige) Hauptpflicht des Betreffenden handeln muss. Nicht anders als etwa bei dem Finanzminister eines Bundeslandes (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314 ff.), einem Oberbürgermeister (BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15, wistra 2016, 311 ff.) oder dem Vorsitzenden des Landesverbandes einer Partei (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94 ff.) soll damit vielmehr lediglich deren über eine unter- oder nachgeordnete Pflicht hinausgehende Bedeutung betont werden, die diese – wie oben dargelegt – zu einer der Hauptpflichten, also einer zumindest mitbestimmenden Verpflichtung , erhebt (BGH, Beschlüsse vom 5. März 2013 – 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52, juris Rn. 9; Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104, juris Rn. 26; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 320, juris Rn. 52; vgl. auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 349 f.).
19
(bb) Um eine solche Hauptpflicht geht es hier.
20
Dabei ergibt sich die Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsgebots schon daraus , dass es – wie oben dargelegt – für alle Leistungserbringer im Gesund- heitswesen gilt. Es begrenzt die Leistungspflicht der Krankenkassen und das Leistungsrecht der Leistungserbringer (BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 216 mwN, juris Rn. 42) und ist Grundlage für das notwendigerweise auch auf Vertrauen gestützte Abrechnungssystem (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 2 StR 109/14, NStZ 2015, 341, 342, juris Rn. 22, für das Abrechnungssystem der Apotheker; ferner Leimenstoll, Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes?, 2012, Rn. 320). Der – neben anderen – das Wirtschaftlichkeitsgebot normierende § 12 SGB V wird deshalb zu Recht als „Zentralvorschrift des Rechts der GKV“ bezeichnet (so Noftz in Hauck/Noftz, SGB, Stand 01/00, § 12 SGB V Rn. 6 mwN).
21
Dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist mithin „ein hoher Stellenwert“ zuzumes- sen (BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 216 mwN, juris Rn. 42). Es soll – nicht anders als in Fällen der sog. Haushaltsuntreue (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 324, juris Rn. 82; ähnlich: Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15, wistra 2016, 311 ff.) – die bestmögliche Nutzung der vorhande- nen Ressourcen sicherstellen (vgl. auch Noftz, aaO, § 12 SGB V Rn. 11). Bei seiner Wahrung geht es um den Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter, nämlich die Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung (BVerfG, Beschluss vom 28. August 2007 – 1 BvR 1098/07). Dem kommt schon deshalb besondere Bedeutung zu, weil der in einem System der Sozialversicherung Pflichtversicherte typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der ihm im Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistungen hat. In einer solchen Konstellation der einseitigen Gestaltung der Rechte und Pflichten der am Versicherungsverhältnis Beteiligten bedarf es des Schutzes der beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25, 42, juris Rn. 51), was auch dadurch gewährleistet wird, dass die gesetzliche Krankenversicherung den Versicherten Leistungen nur unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellt (BVerfG aaO, juris Rn. 57).
22
Der Bedeutung des Vertragsarztes hierbei Rechnung tragend bezeichnet das Bundesverfassungsgericht den Vertragsarzt als „Sachwalter der Kassen- finanzen insgesamt“ (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2001 – 1 BvR 491/96, BVerfGE 103, 172, 191, juris Rn. 60).
23
Dass es sich bei – wie vorliegend – grober Missachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots um eine gravierende Pflichtverletzung des Arztes handelt, belegt auch die Bedeutung, die das Bundesverwaltungsgericht der Abrechnung tatsächlich nicht erbrachter Leistungen durch einen Arzt (Abrechnungsbetrug) beimisst. Nach dessen Rechtsprechung ist nämlich die Frage, ob ein Abrechnungsbetrug Anlass für den Widerruf der Approbation sein kann, ohne Weiteres zu bejahen, da die korrekte Abrechnung der ärztlichen Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen selbstverständlich zu den Berufspflichten gehört. Dies gilt insbesondere, wenn die Leistungen von solchen Patienten und Kunden in Anspruch genommen werden, die gesetzlichen Krankenkassen angehören und deshalb nicht direkt mit Ärzten und Apothekern abrechnen, sondern vermittelt über ihre Kassenbeiträge und die Abrechnungen der Kassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2002 – 3 C 37/01, NJW 2003, 913 zum Widerruf der Approbation eines Apothekers).
24
(cc) Der Einordnung der Vermögensbetreuungspflicht als Hauptpflicht steht nicht entgegen, dass die Grundpflicht eines Arztes auf die Wahrung der Interessen des Patienten gerichtet ist (vgl. dazu BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 208 ff., juris Rn. 20, 33, 43; ferner Ulsenheimer, MedR 2005, 622, 626; Corts, MPR 2013, 122, 124; Leimenstoll, Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes?, 2012, Rn. 380) und die Pflicht zur Wirtschaftlichkeit den Vertragsarzt „nicht unmittelbar im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen“ treffen soll (so BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 217, juris Rn. 44). Denn die jeden behandelnden Arzt treffende Grundpflicht zur Wahrung der Interessen des Patienten schließt es nicht aus, ihnen – oder wie hier: einem Teil von ihnen – weitere Hauptpflichten aufzuerlegen und Vertragsärzte zur Wahrung der Vermögensinteressen der Krankenkassen im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots zu verpflichten. Ihr Recht, einen freien Beruf auszuüben, wird hierdurch nicht in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt (Noftz, aaO, § 12 SGB V Rn. 13 mwN; vgl. aber auch Geis, wistra 2005, 369, 370; Leimenstoll, wistra 2013, 121, 123 f., 126; ders., Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes ?, 2012, Rn. 211, 379). Soweit der Große Senat des Bundesgerichtshofs ausführt, dass die Pflicht zur Wirtschaftlichkeit den Vertragsarzt „nicht unmittelbar im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen“ träfe, stünde dies der Annahme einer Hauptpflicht zur Vermögensbetreuung ebenfalls nicht entgegen. Denn eine Norm- oder Obliegenheitsverletzung kann selbst dann pflichtwidrig im Sinn von § 266 StGB sein, wenn eine unmittelbare vertragliche Beziehung nicht besteht, die verletzte Rechtsnorm oder Obliegenheit aber wenigstens auch, und sei es mittelbar, vermögensschützenden Charakter hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11, NStZ-RR 2011, 374, 376, juris Rn. 18 mwN).
25
(dd) Ebenso wenig steht der Bewertung der sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Vermögensbetreuungspflicht eines Vertragsarztes als Hauptpflicht entgegen, dass auch der Heilmittelerbringer den Inhalt der ärztlichen Verordnung prüfen muss (vgl. BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 119, juris Rn. 15). Denn dies ändert nichts daran, dass zunächst der Vertragsarzt über die Verordnung und auch deren Wirtschaftlichkeit entscheiden muss und ihm auch die Entscheidung über eine Änderung oder Ergänzung des Therapieplans, eine neue Verordnung oder die Beendigung der Behandlung obliegt (BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 121, juris Rn. 20; vgl. auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 349; Manthey, GesR 2010, 601, 603 f.; Geis, GesR 2006, 345, 352).
26
(ee) Schließlich steht der Annahme einer Hauptpflicht des Vertragsarztes in obigem Sinn auch nicht das Prüfungsrecht der kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen entgegen (ebenso Bülte, NZWiSt 2013, 346, 349; vgl. ferner Manthey, GesR 2010, 601, 603 f.; Geis, GesR 2006, 345, 352; Dann/Scholz, NJW 2016, 2077, 2080; Leimenstoll, wistra 2013, 121, 124, 125).
27
Zwar überwachen die Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Heil- oder Arzneimitteln (§ 106 Abs. 1 und Abs. 4 SGB V; vgl. auch BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, juris Rn. 23 ff.; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 25. November 2003 – 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 23, jeweils mwN). Jedoch können die gesetzlichen Krankenkassen nicht in eigener Verantwortung darüber entscheiden, ob die Einrede der Unwirtschaftlichkeit, der Nichterforderlichkeit oder der Unzweckmäßigkeit einer vertragsärztlichen Verordnung berechtigt ist; sie sind insoweit vielmehr auf die in § 106a Abs. 3, 4 SGB V geregelten Befugnisse beschränkt (vgl. BGH, Großer Senat, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 217, juris Rn. 44). Jedenfalls vor diesem Hintergrund steht das Prüfungsrecht der Krankenkassen und der kas- senärztlichen Vereinigung der Annahme einer – zeitlich früher relevanten – Hauptpflicht der Vertragsärzte zur Vermögensbetreuung bei der Verordnung von Heilmitteln nicht entgegen.
28
(ff) Eines Eingehens auf die – früher auch vom Bundesgerichtshof vertretene – Ansicht, nach der dem Vertragsarzt eine Vermögensbetreuungspflicht bereits deshalb obliegt, weil er als Vertreter der Krankenkasse handelt, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht (vgl. zu dieser Rechtsprechung etwa BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 – 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 24; vom 27. April 2004 – 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 569, juris Rn. 20; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2004 – 3 Ss 431/04, NStZ-RR 2006, 13 ff.; ausführlich dazu Leimenstoll, Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes?, 2012, Rn. 147 ff.). Daher bedürfen auch die diesbezüglichen Ausführungen in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2012 (Großer Senat, GSSt 2/11, BGHSt 57, 202, 214, juris Rn. 36) und des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 2009 (B 3 KR 13/08 R, BSGE 105, 157, 161, juris Rn. 15; vgl. ferner BSG, Urteile vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116, 117, juris Rn. 11; vom 28. September 2010 – B 1 KR 3/10 R, BSGE 106, 303) keiner weiteren Erörterung. An der Strafbarkeit des Verhaltens des Angeklagten nach § 266 Abs. 1 StGB würde sich bei Nichtanwendung der Vertreterrechtsprechung – abgesehen davon, dass der Treubruchs- anstelle des Missbrauchstatbestands einschlägig wäre – nichts ändern (BGH, Urteil vom 22. August 2006 – 1 StR 547/05, NStZ 2007, 213, 216, juris Rn. 41).
29
(4) Dass ein Vertragsarzt – und damit auch der Angeklagte – die für eine Vermögensbetreuungspflicht erforderliche Eigenständigkeit bei der Verordnung von Heilmitteln hat, steht für den Senat außer Frage (vgl. dazu auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 351; Leimenstoll, wistra 2013, 121, 127; ders., Vermögensbetreuungspflicht des Vertragsarztes?, 2012, Rn. 359).
30
b) Der Angeklagte hat die ihm aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots obliegende Vermögensbetreuungspflicht auch verletzt.
31
Pflichtwidrig im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB sind nur Verstöße gegen vermögensschützende Normen oder Obliegenheiten (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 13. April 2011 – 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 211, juris Rn. 25; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 324, juris Rn. 86). Hierzu gehört auch das Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl. zu diesem „Oberbegriff“ und den „Einzelbegriffen“ des § 12SGB V auch Noftz, aaO, § 12 SGB V Rn. 7, 9, 17), denn dieses zielt auf den bestmöglichen Einsatz der finanziellen Ressourcen der Krankenkassen und erfasst daher jedenfalls auch die Verordnung medizinisch nicht indizierter Heilmittel, die – wie hier – abgerechnet, aber nicht erbracht werden sollen (zu eindeutigen Fällen missbräuchlicher Verschreibung von Medikamenten auch Taschke, StV 2005, 406, 408).
32
Die Pflichtverletzung des Angeklagten stellt sich auch als gravierend dar (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Beschlüsse vom 13. April 2011 – 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 213, juris Rn. 30; vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 321, juris Rn. 60). Denn die Heilmittelverordnungen erfolgten nicht nur ohne medizinische Indikation, sondern auch in der Kenntnis, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen in betrügerischer Weise abgerechnet werden sollen (zur Verordnung nicht notwendiger und daher unwirtschaftlicher Leistungen auch BGH, Beschluss vom 25. November 2003 – 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17, 24; zum Abrechnungsbe- trug ferner BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13, wistra 2015, 226, 227, juris Rn. 11, und 5 StR 136/14, juris Rn. 28).
33
c) Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch den Angeklagten hat auch zu Vermögensnachteilen auf Seiten der betroffenen Krankenkassen geführt.
34
aa) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. September 2010 – 2 StR 600/10, NStZ 2012, 151 f., juris Rn. 8; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 321, juris Rn. 62). Dabei kann ein Nachteil im Sinn von § 266 Abs. 1 StGB als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Jedoch darf dann die Verlustwahrscheinlichkeit nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt. Voraussetzung ist vielmehr, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 321, juris Rn. 62 mwN), etwa weil im Tatzeitpunkt schon aufgrund der Rahmenumstände die sichere Erwartung besteht, dass der Schadensfall auch tatsächlich eintreten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 325, juris Rn. 90; ferner OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 1 Ss 559/12, NStZ-RR 2013, 174, 175; Corsten/Raddatz, MedR 2013, 538, 539 f.).
35
bb) Das ist hier der Fall.
36
Bereits mit Ausstellen der Heilmittelverordnung begründet der Vertragsarzt – wie ausgeführt – eine „Verpflichtung“ für das Vermögen der Krankenkasse (dazu auch Bülte, NZWiSt 2013, 346, 348), da er befugt ist, durch eine solche Verordnung den Anspruch des Patienten gegen seine Krankenkasse auf die Gewährung von Sachmitteln zu konkretisieren (vgl. obige Nachweise sowie OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 1 Ss 559/12, NStZ-RR 2013, 174, 175 für den Fall einer Täuschung des Arztes durch den Patienten).
37
Nach Begründung dieser „Verpflichtung“ durch die Heilmittelverordnung des Angeklagten waren bei gewöhnlichem Gang der Dinge nach dem vom Landgericht festgestellten Tatplan des Angeklagten und der Eheleute T. die Inanspruchnahme der Krankenkassen nahezu sicher zu erwarten und deren Zahlungen insbesondere aufgrund der schon zuvor mit der Überlassung der Krankenversicherungskarte gezeigten Mitwirkungsbereitschaft der „Patienten“ nicht von ungewissen oder unbeherrschbaren Geschehensabläufen abhängig (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 1 Ss 559/12, NStZ-RR 2013, 174, 175; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2004 – 3 Ss 431/04; ferner BGH, Beschluss vom 13. April 2011 – 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 220, juris Rn. 57). Die Heilmittelverordnungen waren mithin nach dem Tatplan trotz der Notwendigkeit des Tätigwerdens des Heilmittelerbringers und der Kontrollmöglichkeiten der Krankenkassen und der kassenärztlichen Vereinigung gleichsam sich selbst vollziehend (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. April 2011 – 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 220, juris Rn. 57; Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115, juris Rn. 49; zu den Kontrollmöglichkeiten auch Dann/Scholz, NJW 2016, 2077, 2080; Leimenstoll, wistra 2013, 121, 124, 125).
38
cc) Auch soweit in der Rechtsprechung gefordert wird, dass über die – hier unzweifelhaft gegebene – reine Kausalität hinaus der Vermögensnachteil unmittelbar auf der Verletzung der vermögensbezogenen Treuepflicht beruhen muss (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. September 2010 – 2 StR 600/10, NStZ 2012, 151 f., juris Rn. 8; ferner Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 325, juris Rn. 90; hiergegen etwa BGH, Beschluss vom 13. April 2011 – 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 220, juris Rn. 59, jeweils mwN), fehlt es hieran nicht.
39
Denn ein über den Zurechnungszusammenhang hinausgehendes Unmittelbarkeitserfordernis zwischen Pflichtwidrigkeit und Nachteil (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11, NStZ-RR 2011, 374, 376, juris Rn. 21) ist auch dann gegeben, wenn im Tatzeitpunkt aufgrund der Rahmenumstände sicher zu erwarten ist, dass der Schadensfall auch tatsächlich eintreten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 325, juris Rn. 90; für Schäden, die sich gleichsam von selbst vollstrecken auch SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 75a). Dies ist – wie oben ausgeführt – der Fall.
40
d) Den Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich dieser Tatbestandsmerkmale hat das Landgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen sowie seines umfassenden Geständnisses rechtsfehlerfrei bejaht.
41
e) Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht jede einzelne Verordnung als eine Tat bewertet hat (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 570, juris Rn. 24).
42
2. Soweit die Strafkammer den Angeklagten auch wegen tateinheitlich begangener 217 Fälle der Beihilfe zum Betrug verurteilt hat, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
43
Denn insofern handelt es sich um mitbestrafte Nachtaten (BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 570, juris Rn. 23; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2004 – 3 Ss 431/04, NStZ-RR 2006, 13, 14, juris Rn. 36). Eine solche liegt auch dann vor, wenn – wie hier – nach dem Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, und damit nach Vollendung der Untreue durch die spätere Entwicklung der Schaden lediglich vertieft wird (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 325, juris Rn. 92; ferner BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568, 570, juris Rn. 23).
44
3. Der Senat kann jedoch angesichts der maßvollen Ahndung der vom Landgericht festgestellten Taten ausschließen, dass die Strafkammer ohne die Verurteilung auch wegen Beihilfe zum Betrug geringere Einzelstrafen oder eine mildere Gesamtstrafe verhängt hätte, zumal die spätere Entwicklung der Schäden sich auf das Maß der Schuld auswirkt und daher ohnehin bei der Strafzumessung zu berücksichtigen war (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 316, 314, 325, juris Rn. 92). Die tateinheitliche Verwirklichung mehrerer Straftatbestände als solche hat die Strafkammer dem Angeklagten nicht strafschärfend angelastet.
45
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StPO. Da der Revisionsführer in den Ausführungen zur Sachrüge allein die Verurteilung wegen Untreue angreift, ist anzunehmen, dass er das Rechtsmittel auch eingelegt hätte, wenn er schon von der Strafkammer lediglich wegen Untreue verurteilt worden wäre (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 473 Rn. 26 mwN). Auch der Umfang des Teilerfolgs gebietet eine Kostenteilung nicht, zumal das Landgericht die Strafen dem Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB entnommen und bei deren Bemessung die tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zum Betrug nicht strafschärfend berücksichtigt hat.
Sost-Scheible Roggenbuck RiBGH Cierniak ist urlaubsbedingt abwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Sost-Scheible
Mutzbauer Quentin

(1) Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat das Betreuungsgericht, für einen minderjährigen Beteiligten das Familiengericht auf Ersuchen der Behörde einen geeigneten Vertreter zu bestellen

1.
für einen Beteiligten, dessen Person unbekannt ist;
2.
für einen abwesenden Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder der an der Besorgung seiner Angelegenheiten verhindert ist;
3.
für einen Beteiligten ohne Aufenthalt im Inland, wenn er der Aufforderung der Behörde, einen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen ist;
4.
für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden;
5.
bei herrenlosen Sachen, auf die sich das Verfahren bezieht, zur Wahrung der sich in Bezug auf die Sache ergebenden Rechte und Pflichten.

(2) Für die Bestellung des Vertreters ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beteiligte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; im Übrigen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die ersuchende Behörde ihren Sitz hat.

(3) Der Vertreter hat gegen den Rechtsträger der Behörde, die um seine Bestellung ersucht hat, Anspruch auf eine angemessene Vergütung und auf die Erstattung seiner baren Auslagen. Die Behörde kann von dem Vertretenen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Sie bestimmt die Vergütung und stellt die Auslagen und Aufwendungen fest.

(4) Im Übrigen gelten für die Bestellung und für das Amt des Vertreters in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 die Vorschriften über die Betreuung, in den übrigen Fällen die Vorschriften über die Pflegschaft entsprechend.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB ein Vertreter des Eigentümers eines Grundstücks für ein Bodenordnungsverfahren bestellt werden kann.

2

Das Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung ordnete durch Beschluss vom 6. Juni 2007 gemäß § 56 LwAnpG i.V.m. § 86 FlurbG das Bodenordnungsverfahren Schraden I an. Das Verfahrensgebiet umfasst unter anderem in der Gemarkung W..., Flur ..., das Flurstück ..., für das im Grundbuch zehn Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen sind; diese sind sämtlich in der Zeit von 1945 bis 2007 verstorben.

3

Der Kläger ist ein Verband i.S.d. § 26a FlurbG, dem die Teilnehmergemeinschaft Schraden I beigetreten ist. Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 17. Juni 2010 unter Bezugnahme auf das o.g. Flurstück bei dem Beklagten die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB für die unbekannten Erben der im Grundbuch eingetragenen Personen. Durchgeführte Recherchen bei Einwohnermeldeämtern, Archiven, Standesämtern und Nachlassgerichten hätten keine Hinweise ergeben. Dem Antrag waren verschiedene Schreiben der genannten Stellen aus den Jahren 2007 bis 2010 beigefügt. Hinsichtlich des Umfangs der Vertretungsmacht des zu bestellenden Vertreters wird in dem Antrag ausdrücklich auf § 125 FlurbG Bezug genommen.

4

Der Beklagte lehnte den Antrag im Juli 2013 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen zur Vertreterbestellung lägen nicht vor, da seine umfangreichen Nachforschungen zur Erbfolge Näheres zu den Erben ergeben hätten. Zur Klärung der restlichen Fragen zur Erbfolge möge der Kläger sich an die Abkömmlinge von drei näher bezeichneten Personen wenden. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte zurück.

5

Das Oberverwaltungsgericht (Flurbereinigungsgericht) hat den Beklagten verpflichtet, für die unbekannten Erben der im Grundbuch von W..., Bl. ..., Gemarkung W..., Flur ..., Flurstück ..., eingetragenen, sämtlich verstorbenen Eigentümer - es folgt unter a) bis j) eine Aufzählung von insgesamt zehn Personen - einen gesetzlichen Vertreter für das Flurbereinigungsverfahren Schraden I gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB zu bestellen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: An die Voraussetzungen zur Vertreterbestellung dürften im Hinblick auf den Normzweck - Verfahrensvereinfachung und Vermeidung einer Überlastung der Vormundschaftsgerichte in den neuen Bundesländern - keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Der Rechtsnachfolger des noch im Grundbuch eingetragenen verstorbenen Eigentümers sei nur dann mit der notwendigen Verlässlichkeit festzustellen, wenn sich die Rechtsnachfolge anhand öffentlicher Urkunden lückenlos nachvollziehen lasse. Dies sei hier nicht der Fall.

6

Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, eine Vertreterbestellung könne wegen des damit verbundenen Eingriffs in die Rechte des unbekannten Eigentümers nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen. Auf welche Weise der Eigentümer feststellbar sei und ob dazu öffentliche Urkunden vorlägen, sei nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nicht erheblich. Im Übrigen sei die Übertragung der Vertreterbestellung auf die Landkreise nicht mehr zeitgemäß, nachdem die Gerichte in den neuen Bundesländern inzwischen über eine ausreichende Anzahl an ausgebildeten Rechtspflegern verfügten.

7

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass für das Grundstück Gemarkung W..., Flur ..., Flurstück ... kein Eigenbesitzer vorhanden ist. Hinsichtlich der Vertreterbestellung für die unbekannten Erben der Frau Bertha N... (Grundstückseigentümerin zu j) haben sie im Hinblick darauf, dass für diese bereits ein Nachlasspfleger bestellt wurde, den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

8

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. April 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich die vom Oberverwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten zur Bestellung eines gesetzlichen Vertreters für das Flurbereinigungsverfahren Schraden I auf die unbekannten Erben der im Tenor genannten Grundstückseigentümer zu a) bis i) beschränkt.

Entscheidungsgründe

10

1. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 10. April 2014 wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).

11

2. Im Übrigen ist die Revision des Beklagten zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

12

a) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage zulässig ist; insbesondere ist die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegeben, die im Revisionsverfahren als Sachurteilsvoraussetzung der Vorinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1985 - 2 C 14.84 - BVerwGE 71, 73 <74 f.>). Der Kläger tritt als Verband i.S.d. § 26a FlurbG nach Maßgabe seiner Satzung an die Stelle der einzelnen Teilnehmergemeinschaften (vgl. § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 26a Abs. 1 Satz 2 FlurbG und § 2 Abs. 1 Buchst. f der Hauptsatzung des Klägers in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. November 2009, ABl. BB 2009 S. 2547), hier also an die Stelle der dem Verband beigetretenen Teilnehmergemeinschaft Schraden I. Diese nimmt nach § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 FlurbG die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Teilnehmer wahr. Hierzu zählt auch der Antrag auf Bestellung eines gesetzlichen Vertreters nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB. Denn dieser Antrag soll im Interesse der gesamten Teilnehmergemeinschaft ein ordnungsgemäßes Verfahren ermöglichen, hier insbesondere die Anhörung der Grundstückseigentümer als Teilnehmer des Bodenordnungsverfahrens vor der Aufstellung des Bodenordnungsplans sicherstellen (vgl. § 56 Abs. 2, § 59 Abs. 2 LwAnpG). Die Teilnehmergemeinschaft, der nach brandenburgischem Landesrecht eine Doppelrolle zukommt, da ihr gewisse Aufgaben und Befugnisse der Flurbereinigungsbehörde übertragen sind (vgl. § 3 des Gesetzes über die ländliche Entwicklung und zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes und des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes im Land Brandenburg vom 29. Juni 2004, GVBl. I S. 298), handelt insoweit auch im eigenen und nicht im übertragenen Wirkungskreis.

13

Soweit das Oberverwaltungsgericht seine sachliche Zuständigkeit als Flurbereinigungsgericht nach § 60 LwAnpG i.V.m. § 140 Satz 1 FlurbG bejaht hat, kommt dem bindende Wirkung für das Rechtsmittelgericht zu (§ 83 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 5 GVG; vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2014, § 83 Rn. 19 sowie Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 83 Rn. 6). Hiervon abgesehen hat der Senat mit Blick auf Anlass und Umfang der Vertreterbestellung, die jeweils einen engen Bezug zum Flurbereinigungsrecht aufweisen, an der Richtigkeit dieser Auffassung keine Zweifel.

14

b) Das Oberverwaltungsgericht ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage begründet ist, weil der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Vertreterbestellung nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB hat.

15

Nach dieser Vorschrift, die zum Übergangsrecht für das Beitrittsgebiet gehört und daher nur in den neuen Bundesländern gilt, bestellt der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dessen oder deren Gebiet sich das Grundstück befindet, auf Antrag der Gemeinde oder eines anderen, der ein berechtigtes Interesse daran hat, einen gesetzlichen Vertreter, wenn der Eigentümer eines Grundstücks oder sein Aufenthalt nicht festzustellen ist und ein Bedürfnis besteht, die Vertretung des Eigentümers sicherzustellen.

16

aa) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Anforderungen an die Nichtfeststellbarkeit des Eigentümers eines Grundstücks nicht überspannt werden dürften, der Umfang der gebotenen Ermittlungstätigkeit sich vielmehr auf naheliegende Möglichkeiten zu beschränken habe.

17

Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB hat seinen jetzigen Wortlaut, insbesondere seine systematische Stellung, durch Art. 13 Nr. 3 Buchst. a des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2211, 2213) erhalten. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass ein Bedürfnis gesehen wurde, die Sonderregelung des Art. 233 § 16 Abs. 3 EGBGB a.F., die durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257 ff.) speziell für Bodenreformgrundstücke eingeführt worden war, generell auf alle Grundstücke im Beitrittsgebiet zu erstrecken. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass Grundbuchumschreibungen aus Anlass von Erbfällen in den neuen Bundesländern aus verschiedenen Gründen unterblieben und auch später nicht nachgeholt worden seien. Für die Vertretung des Grundeigentümers sei die Bestellung von Pflegern notwendig. Diese obliege den Gerichten und dort den Rechtspflegern, die aber in den neuen Bundesländern nicht in hinreichender Zahl vorhanden seien. Deshalb habe man eine vereinfachende Sonderregelung zur Bestellung eines gesetzlichen Vertreters geschaffen (BT-Drs. 12/5553 S. 131 f.). Aus dem Vereinfachungszweck kann mit dem Oberverwaltungsgericht abgeleitet werden, dass an die Nichtfeststellbarkeit des Eigentümers eines Grundstücks keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, da der Gesetzgeber zeitraubende Nachforschungen gerade vermeiden wollte. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass die Gerichte in den neuen Bundesländern inzwischen über eine ausreichende Anzahl an ausgebildeten Rechtspflegern verfügen, mag dies zutreffen. Dies ändert aber nichts an der fortbestehenden Anwendbarkeit des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB. Auch aus dem Charakter als Übergangsvorschrift folgt nichts anderes (ebenso BGH, Beschluss vom 18. April 2012 - XII ZB 623/11 - NJW 2012, 2039 <2040>).

18

Mit Blick auf den mit der Vertreterbestellung verbundenen erheblichen Eingriff in die Rechte des Eigentümers (Art. 14 GG) ist Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB aber einschränkend auszulegen. Zur Feststellung des Eigentümers eines Grundstücks sind zumindest naheliegende Ermittlungsmöglichkeiten zu ergreifen. Hierzu zählen solche, die mit einem vertretbaren Aufwand an Mühe, Zeit und Kosten verbunden sind (ebenso Böhringer, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, Stand Juni 2008, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 24a). Entsprechendes wird nach einhelliger Auffassung auch bei vergleichbaren Regelungen zur Bestellung eines gesetzlichen Vertreters verlangt (BT-Drs. 12/1092 S. 11 zu § 8 VerkPBG, der Vorbild war für Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB, s. BT-Drs. 12/2480 S. 91; vgl. ferner Kuhlmey/Wittmer, in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Stand Februar 2004, § 11b VermG Rn. 2 und 8 m.w.N. und VG Berlin, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 29 A 108.00 - juris Rn. 28 § 11b vermg>; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 16 Rn. 15; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 16 Rn. 12; Dombert, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 16 Rn. 7; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 207 Rn. 4).

19

Der erforderliche Ermittlungsaufwand hängt vom jeweiligen Einzelfall ab; regelmäßig dürfte ein jahrelanger Ermittlungsaufwand ebenso ausscheiden wie ein vollständiger Ermittlungsverzicht; letzteres kann lediglich bei Fällen der Gefahr im Verzug ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. Bendref, ZOV 1992, 250; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 16 Rn. 18; Böhringer, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, Stand Juni 2008, Art. 233 § 2 Rn. 24a). Des Weiteren ist zu beachten, dass die Ermittlung des wahren Eigentümers gerade auch zu den Aufgaben des gesetzlich bestellten Vertreters gehört (ebenso Böhringer, NotBZ 2008, 92 <94>; Bendref, ZOV 1992, 250 und Grabarse, IFLA 2008, 61 <62>; vgl. auch KG Berlin, Beschluss vom 11. Januar 2011 - 1 W 359/10 - juris Rn. 6 f. sowie OLG Brandenburg, Beschluss vom 13. Juni 1995 - 9 Wx 4/95 - juris Rn. 7). Nichts anderes gilt im Übrigen nach den durch Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB i.V.m. § 16 Abs. 4 VwVfG in Bezug genommenen "Vorschriften über die Pflegschaft". Auch bei der Bestellung eines Nachlasspflegers nach § 1960 BGB nimmt das den Pfleger bestellende Gericht, soweit nicht ausnahmsweise durch Landesrecht die Ermittlung der Erben von Amts wegen vorgeschrieben ist (vgl. zur Rechtslage in Baden-Württemberg und Bayern Leipold, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, Einführung zu Buch 5 Rn. 144), umfangreiche Ermittlungen grundsätzlich nicht selbst vor, sondern überlässt sie dem Nachlasspfleger (Leipold, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1960 Rn. 10 m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 23. November 2004 - 20 W 91/04 - OLGR 2005, 442 f.).

20

Entgegen der Auffassung des Beklagten ergeben sich aus dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 24 VwVfG) keine (noch) weitergehenden, sondern identische Anforderungen an die Ermittlung des unbekannten Eigentümers. Denn auch nach dieser Vorschrift hat die Behörde diejenigen Erkenntnismöglichkeiten heranzuziehen, die sich ihr vernünftigerweise bieten. Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung bestimmen sich ebenfalls nach den Erfordernissen des Einzelfalles, wobei auch hier der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist (vgl. nur Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 24 Rn. 26 und 36).

21

bb) Der vorliegende Fall zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus, die bei der Aufstellung konkreter Anforderungen an die Eigentümerfeststellung zu beachten sind: Die Vertreterbestellung soll zu Zwecken der Flurbereinigung (hier: für ein Bodenordnungsverfahren nach § 56 LwAnpG) erfolgen (1) und bei dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer handelt es sich um eine Erbengemeinschaft, deren Mitglieder sämtlich verstorben sind (2). Das Oberverwaltungsgericht hat beiden Umständen zutreffend Rechnung getragen und ist ohne Rechtsverstoß von der Nichtfeststellbarkeit des Eigentümers ausgegangen (3).

22

(1) Der Vertreterbestellung nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB kommt gerade in Bodenordnungs- und Flurbereinigungsverfahren in den neuen Bundesländern eine besondere Bedeutung zu. Dies belegt Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 6 EGBGB, wonach die Vorschrift des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB in ihrem räumlichen Anwendungsbereich und für die Dauer ihrer Geltung auch dann "an die Stelle des § 119 des Flurbereinigungsgesetzes" tritt, wenn auf diese Bestimmung in einem anderen Gesetz, hier § 63 Abs. 2 LwAnpG, verwiesen wird. Wie bereits oben erläutert, wollte der Gesetzgeber wegen der besonderen Verhältnisse in der Nachwendezeit eine vereinfachende Sonderregelung zur Bestellung eines gesetzlichen Vertreters schaffen; das in § 119 Abs. 2 FlurbG für die Vertreterbestellung vorgesehene Betreuungsgericht sollte aus Kapazitätsgründen entlastet werden. Nicht verdrängt werden hingegen die allgemeinen Regelungen des Bodenordnungs- bzw. Flurbereinigungsrechts zur Beteiligtenstellung und zur Ermittlung der Beteiligten. An einem Bodenordnungsverfahren sind die Grundstückseigentümer beteiligt (§ 56 Abs. 2 LwAnpG). Diese sind nach § 57 LwAnpG auf der Grundlage der Eintragungen im Grundbuch zu ermitteln; die Vorschrift knüpft an die Vermutungsregelung des § 891 Abs. 1 BGB an. Soweit das Grundbuch - wie hier wegen Versterbens der eingetragenen Personen - unrichtig ist, gelten nach § 63 Abs. 2 LwAnpG die weiteren Regelungen der §§ 12 bis 14 FlurbG (vgl. Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 12 Rn. 2 und 10 m.w.N.). Diese verlangen entweder eine öffentliche Urkunde (Erbschein oder öffentliches Testament) oder eine Eigenbesitzbescheinigung der Gemeinde, sofern ein unangefochtener Eigenbesitzer i.S.d. § 13 Abs. 1 FlurbG vorhanden ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Demgegenüber reichen bloße behördliche Annahmen zur vermeintlichen Erbfolge nicht aus, denn diese führen - worauf das Oberverwaltungsgericht zutreffend hinweist - nicht zu vergleichbar verlässlichen Ergebnissen. Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts Potsdam (Urteil vom 14. November 2006 - 7 K 4240/02 - UA S. 4; vgl. auch Beschluss vom 4. Mai 2005 - 2 (3) L 248/05 - BA S. 7; beide nicht veröffentlicht), auf die sich der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid ausdrücklich berufen hat, kann daher nicht gefolgt werden.

23

Dass das Flurbereinigungsgesetz neben § 119 FlurbG, der durch Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 6 EGBGB verdrängt wird, mit § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 FlurbG eine weitere Regelung zur Vertreterbestellung enthält, spielt für den vorliegenden Rechtsstreit keine entscheidende Rolle. Hierdurch wird weder der Anwendungsbereich des Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB ausgeschlossen noch entfällt das Sachbescheidungs- bzw. das Rechtsschutzinteresse des Klägers für den von ihm beim Beklagten gestellten Antrag nach Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB. Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 FlurbG kann die Flurbereinigungsbehörde, wenn der Eigenbesitz streitig ist, selbst für die Dauer des Streites dem Berechtigten einen Vertreter bestellen. Das gleiche gilt, wenn ein Eigenbesitzer nicht vorhanden ist (Satz 2). Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Norm - die heutige Regelung entspricht dem früheren, deutlich klarer gefassten § 14 der Reichsumlegungsordnung vom 16. Juni 1937 (RGBl. I S. 629) und sollte ohne inhaltliche Änderung in das Flurbereinigungsgesetz übernommen werden (BT-Drs. 1/3385 S. 35) - sowie den Wortlaut ("für die Dauer des Streites"), so spricht einiges dafür, dass die Vorschrift deshalb nicht anwendbar ist, weil sie nur diejenigen Fälle erfassen soll, in denen ein Streit über den Eigenbesitz oder über sonstige Rechte am Grundstück (vgl. § 13 Abs. 4 FlurbG) besteht, nicht aber, wenn ohne einen derartigen Streit der Eigentümer unbekannt ist. In diesen Fällen dürfte ausschließlich § 119 Abs. 1 FlurbG gelten (a.A. wohl Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, 13 Rn. 3, der ein Wahlrecht der Flurbereinigungsbehörde zwischen dem Verfahren nach § 13 Abs. 2 und § 119 FlurbG annimmt). Jedenfalls steht dem Antrag eines berechtigten Dritten i.S.d. Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB auf Bestellung eines Vertreters für einen unbekannten Eigentümer eine etwaige Befugnis der Flurbereinigungsbehörde zu einer Vertreterbestellung nach § 13 Abs. 2 Satz 2 FlurbG nicht entgegen. Das Verfahren nach der zuletzt genannten Norm, bei dem die in der Hauptsache zuständige Verwaltungsbehörde zugleich den Vertreter bestellt, wird vom Gesetzgeber selbst, was die "nach außen hin gebotene Objektivität" angeht, im Verhältnis zu dem Verfahren nach § 119 FlurbG - bzw. hier des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB - als weniger geeignet eingeschätzt (vgl. BT-Drs. 7/3020 S. 34 mit Hinweis auf die Motive zu § 149 BBauG, s. BT-Drs. 3/336 S. 113 ).

24

(2) Handelt es sich bei dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer - wie im vorliegenden Fall - um eine Erbengemeinschaft, ist der Eigentümer schon dann nicht i.S.d. Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB festgestellt, wenn nur ein Mitglied der Erbengemeinschaft unbekannt ist. Sind nicht sämtliche Mitglieder bekannt, ist folglich ein Vertreter zu bestellen (Böhringer, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, Stand Juni 2008, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 22; vgl. auch Gisselmann, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand Juni 2009, § 11b VermG Rn. 24 und Säcker/Hummert, in: Säcker, Vermögensrecht, 1995, § 11b VermG Rn. 4), und zwar, sofern möglich, aus dem Kreis der bekannten Mitglieder der Gemeinschaft (Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 2 EGBGB). Stehen bekannte und unbekannte Eigentümer nebeneinander, ist nur für die unbekannten ein Vertreter zu bestellen. Die Vorschrift ist zum Schutz der bekannten Mitglieder der Gemeinschaft einschränkend auszulegen (ebenso Böhringer, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, Stand Juni 2008, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 23).

25

(3) Das Oberverwaltungsgericht, das von dem vorstehenden Normverständnis ausgegangen ist, hat ohne Rechtsverstoß angenommen, dass sich die Rechtsnachfolge keines der im Grundbuch eingetragenen verstorbenen Mitglieder der Erbengemeinschaft lückenlos anhand öffentlicher Urkunden nachvollziehen lässt. Eine Verpflichtung zur Bestellung eines Vertreters aus dem Kreis der bekannten Mitglieder (Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 2 EGBGB) kommt deshalb nicht in Betracht. Auf einen Eigenbesitzer (§ 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 FlurbG) kann nicht zurückgegriffen werden. Denn nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, von deren Richtigkeit der Senat auch ohne tatrichterliche Feststellungen ausgehen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 9 C 1.12 - BVerwGE 146, 1 Rn. 21 m.w.N.), ist für das streitige Grundstück ein Eigenbesitzer nicht vorhanden.

26

cc) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB auch das Bedürfnis bejaht, die Vertretung des Eigentümers sicherzustellen. Seine Annahme, ein Bedürfnis liege jedenfalls dann vor, wenn rechtliche Interessen des Eigentümers oder eines Dritten betroffen sind, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

27

Das Tatbestandsmerkmal des Bedürfnisses, die Vertretung sicherzustellen, steht in einem engen Zusammenhang mit dem weiteren in der Norm genannten Erfordernis eines Antrags desjenigen, der ein berechtigtes Interesse an der Vertreterbestellung hat. Es sollen nur solche Personen antragsberechtigt sein, die in einer Rechtsbeziehung zu dem Eigentümer stehen, nicht also etwa bloße potentielle Investoren, die an dem Grundstück interessiert sind (ebenso Kiethe, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand Oktober 2013, § 11b VermG Rn. 8 und Hahn/Giese, ZOV 1993, 149, jeweils zur ähnlichen Vorschrift des § 11b VermG). Eine solche Rechtsbeziehung besteht hier zwischen dem Kläger, der - wie oben ausgeführt - an die Stelle der Teilnehmergemeinschaft Schraden I tritt und dem (unbekannten) Grundstückseigentümer, dessen Grundstück zum Verfahrensgebiet des Bodenordnungsverfahrens gehört. Dass gerade in einem solchen Fall ein Bedürfnis für eine Vertreterbestellung besteht, ergibt sich im Übrigen aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG, an dessen Stelle Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB tritt.

28

dd) Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich zu Recht den Beklagten verpflichtet, einen gesetzlichen Vertreter für das (in der Urteilsformel gemäß dem Sprachgebrauch in Nr. 3 des Anordnungsbeschlusses vom 6. Juni 2007 "Flurbereinigungsverfahren" genannte) Bodenordnungsverfahren Schraden I zu bestellen. Der genaue Umfang der Vertretungsmacht ergibt sich aus Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 6 EGBGB i.V.m. § 63 Abs. 2 LwAnpG, § 119 sowie § 125 Abs. 1 und 2 FlurbG; sie erstreckt sich danach auf alle das Verfahren betreffenden Handlungen, die Bestellung eines Vertreters für einzelne Handlungen, den Abschluss von Vereinbarungen, die Übernahme von Verpflichtungen und den Verzicht auf eine Sache oder ein Recht. Die Beschränkung des diesbezüglichen Verpflichtungsausspruchs war hier schon deshalb geboten, weil der Kläger einen entsprechenden Antrag gestellt hatte; über dieses Klagebegehren durfte das Gericht gemäß § 88 VwGO nicht hinausgehen. Abgesehen davon ist Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB dahin auszulegen, dass die Vertretungsmacht eines für ein bestimmtes Verwaltungsverfahren bestellten gesetzlichen Vertreters auf das betreffende Verwaltungsverfahren beschränkt werden muss, wenn das "Bedürfnis, die Vertretung des Eigentümers sicherzustellen" nur insoweit besteht. Eine solche Auslegung erfordert der Schutz des unbekannten Eigentümers. Sie entspricht im Übrigen der Handhabung bei vergleichbaren Vertretungsregelungen (vgl. etwa Säcker/Hummert, in: Säcker, Vermögensrecht, 1995, § 11b VermG Rn. 29; Ritgen, in: Knack/Henneke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, § 16 Rn. 41; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 207 Rn. 10; Kalb, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, § 207 Rn. 35).

29

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Ein Gesellschafter kann nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Teilung zu verlangen.

(2) Gegen eine Forderung, die zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 134/15
vom
12. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Untreue u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:121016U5STR134.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Oktober 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt D.
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt K.
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwältin Vo. , Rechtsanwalt Sch.
als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger des Angeklagten N. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger des Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt Pa.
als Verteidiger des Angeklagten V. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Die Staatsanwaltschaft hat den Angeklagten, die im Dezember 2007 den Gesamtvorstand der H. (im Weiteren: H. ) bildeten, vorgeworfen , sich einer Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB schuldig gemacht zu haben, indem sie im Dezember 2007 auf Grundlage unzureichender Informationen dem Abschluss eines der Verbesserung der bankaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquote dienenden Finanzgeschäfts mit der französischen B. (im Weiteren: B. ), der „Omega 55“-Transaktion, zustimm- ten und dadurch der H. einen Vermögensnachteil zufügten.
2
Die Angeklagten N. und F. sind darüber hinaus angeklagt, gemeinschaftlich gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG die Verhält- nisse des H. -Konzerns in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand unrichtig wiedergegeben zu haben, indem sie in dem Quartals -Zwischenbericht zum 31. März 2008 und in einer Pressemitteilung vom 20. Juni 2008 fehlerhaft einen Überschuss in Höhe von 81 Millionen Euro auswiesen , während tatsächlich ein Fehlbetrag in Höhe von 31 Millionen Euro vorlag.
3
Das Landgericht hat die Angeklagten freigesprochen. lm Hinblick auf den Vorwurf der Untreue habe die Hauptverhandlung zwar ergeben, dass die Angeklagten durch ihre Zustimmung ihre Vorstandspflichten aus § 93 Abs. 1 AktG verletzt und hierdurch einen Vermögensnachteil der H. herbeigeführt hätten. Die festgestellten Pflichtverletzungen seien jedoch nicht so „offensichtlich“ und „gravierend“, dass sie im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- gerichts und des Bundesgerichtshofs den Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB erfüllten. Betreffend den Vorwurf nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG habe die Hauptverhandlung ergeben, dass in den genannten Darstellungen des Vermögensstandes der H. zwar fälschlich der bezeichnete Überschuss anstelle des genannten Fehlbetrages ausgewiesen worden sei; die Unrichtigkeit sei jedoch nicht erheblich. Deshalb fehle es bereits an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes.
4
Gegen die Freisprüche richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung formellen und – insoweit vom Generalbundesanwalt vertreten – materiellen Rechts. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben mit der Sachrüge Erfolg.

I.


5
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
6
Zum Vorwurf der Untreue:
7
a) Nach einer erheblichen Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit in den Jahren davor hatte die H. insbesondere im Laufe des Jahres 2007 in großem Umfang Kredite vergeben. Dabei wurden bankintern festgelegte Obergrenzen für den Umfang der durch Eigenkapital abzusichernden gewichteten Risikoaktiva (sog. RWA-Grenzen, „Risk Weighted Assets“) teils deutlich überschritten; dies führte zu einer unterhalb der Planung liegenden Eigenkapitalquote. Auch wenn keine Gefahr bestand, feste aufsichtsrechtlich bedeutsame Eigenkapitalgrenzen zu unterschreiten oder auch nur in eine bedrohliche Nähe zu solchen Grenzen zu geraten, wurde der Absenkung der überplanmäßigen RWABelastungen zum Jahresende 2007 von den Angeklagten, aber auch vom Aufsichtsrat , überragende strategische Bedeutung beigemessen. Die Angeklagten gingen davon aus, dass es dem Auftreten der Bank am Kapitalmarkt erheblichen Schaden zufügen würde, wenn die selbst gesetzten und auch nach außen kommunizierten Eigenkapitalziele nicht eingehalten würden. Dieser Umstand wurde schon deshalb als besonders bedeutungsvoll eingeschätzt, weil die H. ohnehin über eine am Markt bekannte eher schwache Eigenkapitalausstattung verfügte. Als mögliche Folgen einer Nichterreichung der geplanten Eigenkapitalquoten wurden negative Auswirkungen auf die künftig zu erwartenden Kosten der Bank für die Geldaufnahme am Kapitalmarkt („Refinanzierungskosten“) und auf die Einstufung der H. durch die Ratingagenturen sowie eine Verminde- rung ihrer „Kapitalmarktfähigkeit“ im Hinblick auf einen geplanten Börsengang befürchtet. Insbesondere mit Blick auf die Refinanzierungskosten wurde bei einer Nichterreichung der angestrebten Eigenkapitalquote eine Gefährdung des bisherigen Geschäftsmodells erwartet. Denn erhöhte Refinanzierungskosten hätten unmittelbar die Marge aus Kosten und Erträgen der betriebenen (Kredit-) Geschäfte abgesenkt und insofern nicht nur den Ertrag geschmälert, sondern auch bestimmte Geschäfte mit ohnehin schon knappen Margen künftig sinnlos werden lassen. Eine weitere mittelfristige Gefahr einer geringen Eigenkapital- quote bestand darin, bei dem „DSGV-Monitoring“ (d.h. der Risikoüberwachung durch den Haftungsverbund des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, dem die H. angehörte) auf die Stufe „Gelb“ gesetzt zu werden, wobei ein Unterschreiten des Schwellenwerts nicht unmittelbar drohte. Diese Einstufung hätte zu erweiterten Berichtspflichten geführt und wäre voraussichtlich mit einer weiteren negativen Außenwirkung verbunden gewesen.
8
Aufgrund der im Jahr 2007 fortschreitenden Subprime-Krise und des steigenden Marktmisstrauens gegenüber vielen „herkömmlichen“ Möglichkeiten der Abgabe von Risiken im Kapitalmarkt (wie Syndizierungsgeschäften und Weiterverkäufen von Krediten) konnten Geschäfte, die der Eigenkapitalentlastung durch Weitergabe wirtschaftlicher Risiken dienten, nur noch schwer zu – aus Sicht der H. – ökonomisch vertretbaren Konditionen am Kapitalmarkt abgeschlossen werden. Da mit dem Zuschießen weiteren Eigenkapitals nicht zu rechnen war, sollte der Abbau der Risiken über „RWA-spezifische Entlastungstransaktionen“ erfolgen. Hierbei sollte durch Ausnutzung bestimmter Besonder- heiten der aufsichtsrechtlichen Vorschriften ermöglicht werden, die Eigenkapitalquote zu erhöhen, ohne dabei den Umfang der wirtschaftlichen Risiken maßgeblich oder überhaupt zu verändern. Obwohl hierdurch die grundsätzliche Zielsetzung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalvorschriften – nämlich sicherzustellen , dass Finanzinstitute zur Absicherung der von ihnen übernommenen wirtschaftlichen Risiken ausreichend Eigenkapital vorhielten – offensichtlich un- terlaufen wurde, war die Anerkennung der eigenkapitalentlastenden Wirkung solcher Geschäfte durch die Aufsichtsbehörden nicht generell ausgeschlossen.
9
Vor diesem Hintergrund wurden im zweiten Halbjahr 2007 umfangreich Angebote für RWA-Entlastungsmaßnahmen am Markt gesichtet. Nachdem eine andere annähernd bis zur Abschlussreife vorbereitete Transaktion, der die Vorstandsmitglieder der H. bereits zugestimmt hatten, nach einem Rückzug des Vertragspartners kurzfristig gescheitert war, entstand in der RWA- Entlastungsplanung eine Lücke, die durch die Transaktion „Omega 55“ mit der B. geschlossen werden sollte. Die hierüber seit Mitte November geführten Verhandlungen erfolgten unter Zeitdruck, da die RWA-Entlastung noch zum Jahresende 2007 wirksam werden sollte und daher ein vorheriger Geschäftsabschluss erforderlich war.
10
b) Die Gesamttransaktion „Omega 55“ bestand aus zwei Teilgeschäften („A-Teil“ und „B-Teil“), die durch eine Vielzahl vertraglicher Regelungen mitei- nander verbunden waren.
11
Gegenstand des A-Teils war im Wesentlichen, dass die H. unter Einschaltung einer Zweckgesellschaft die Risiken aus zu einem Portfolio zusammengestellten Kreditforderungen im Nominalwert von ca. zwei Milliarden Euro an die B. im Wege von CDS-Geschäften („credit default swap“, wirtschaftlich : Kreditausfallversicherung; vgl. zum Begriff LG Hamburg, Urteil vom 9. Juli 2014 – 608 KLs 12/11, juris Rn. 120 ff.) abgab. Im Ergebnis bewirkte das Vertragswerk zum A-Teil bei wirtschaftlicher Betrachtung, dass die H. das Risiko aus dem abgesicherten Kreditportfolio gegen Zahlung einer Prämie auf die B. übertrug. Damit waren die im A-Teil abgeschlossenen Geschäfte für sich genommen grundsätzlich geeignet, eine Verbesserung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquote in Höhe von 128 Millionen Euro zu erreichen.
12
Im Wege einer komplexen vertraglichen Konstruktion und unter formeller Zwischenschaltung weiterer Zweckgesellschaften, u.a. der in Irland ansässigen O. (nachfolgend: O. ), bewirkte demgegenüber der B-Teil der Transaktion in einem ersten Teil („B-Teil 1“) eine Rückübertragung des im A-Teil zunächst an die B. abgegebenen Kreditrisikos auf die H. : Die zuvor zu sogenannten CLNs („credit linked notes“) verbrieften CDS wurden auf die O. übertragen, die zur Finanzierung ihres Erwerbs mit der B. sogenannte Repo-Geschäfte („repurchase agreement“; vgl. zur Begriffserklärung LG Hamburg aaO, Rn. 153 ff.) abschloss. Tatsächlich diente der Abschluss der Repo-Vereinbarungen allerdings der Steuerung einer Weitergabe von in den CLNs liegenden Risiken auf die H. . Als alternative „Finanzierungsmöglichkeit“ für die CLNs wurden der O. „Liquiditätsfazilitäten“ (wirt- schaftlich: Einräumung von Kreditlinien; vgl. LG Hamburg aaO, Rn. 167) zur Verfügung gestellt, zu deren Gewährung sich die H. – formell anteilig neben der B. – unter bestimmten vertraglichen Voraussetzungen verpflichtete. Die B. verfügte indes über die Möglichkeit, gewillkürt die Voraussetzungen der Inanspruchnahme der „Liquiditätsfazilitäten“ durch die insolvenzfern ausgestal- tete O. zu schaffen. Letztlich führte die Konstruktion im B-Teil 1 dazu, dass die B. in jedem Einzelfall, in dem sie für Ausfälle in dem im A-Teil abgesicherten Kreditportfolio hätte einstehen müssen, aus dem B-Teil 1 Gegenansprüche in gleicher Höhe erwarb, so dass sie im Ergebnis die Risiken aus dem H. -Kreditportfolio zu keiner Zeit wirtschaftlich zu tragen hatte.
13
Im zweiten Teil des am 24. Januar 2008 unterzeichneten B-Teils des Vertragswerkes („B-Teil 2“) übernahm die H. darüber hinaus ein neues Risiko in Form einer weiteren Liquiditätsfazilität im Nominalwert von 400 Millionen Eu- ro für einen STCDO („Single Tranche Collateralised Debt Obligation” = Variante des CDO-Geschäftes, das seinerseits der Weitergabe von Kredit- oder sonsti- gen Risiken gegen Zahlung entsprechender Prämien dient; vgl. LG Hamburg aaO, Rn. 189 ff., 203 f.). Aufgrund dessen konnte sie ständig für aktuelle Marktwertverluste dieses Finanzprodukts in Anspruch genommen werden. Dieses Teilgeschäft stellte sich im Gesamtzusammenhang als Teil der von der H. an die B. zu gewährenden Vergütung dar.
14
c) Den Angeklagten waren zur Information und Entscheidung über den Abschluss der Transaktion in der Woche ab dem 17. Dezember 2007 vier Do- kumente („Kreditvorlage“ vom 13. Dezember 2007, eine weitere „Kreditvorlage“ vom 14. Dezember 2007, ein dieser Kreditvorlage beigefügtes „Zweitvotum“ vom 17. Dezember 2007 sowie ein „NPNM-Votum“ [Neue Produkte, Neue Märkte] vom 14. Dezember 2007, wiedergegeben im Urteil des LG Hamburg aaO, Rn. 708 ff.) mit der Bitte um alsbaldige Entscheidung vorgelegt worden. Das konkrete Vertragswerk als solches war den Angeklagten hingegen nicht bekannt. Der Vorgang war als Eilvorlage gekennzeichnet, da es eines Vertragsschlusses noch vor Jahresende 2007 bedurfte, um die mit der Transaktion bezweckten aufsichtsrechtlichen Vorteile im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2007 gegenüber der (Kapitalmarkt-)Öffentlichkeit darstellen zu können. Die Angeklagten stimmten dem Geschäftsabschluss jeweils durch Unterzeichnung der Vorlagen in der Zeit vom 17. bis 20. Dezember 2007 zu. Die Entscheidung wurde im schriftlichen Umlaufverfahren getroffen, eine mündliche Vorstandsberatung fand nicht statt.
15
Nach den Wertungen des Landgerichts enthielten die den Angeklagten vorgelegten Unterlagen in der Darstellung der Transaktion verschiedene Lücken und Unklarheiten. So war nicht ausreichend ersichtlich, in welchem Umfang eine Rechtsprüfung unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten stattgefunden hatte. Entgegen den bankinternen Regularien war eine Gesamtprüfung der Transaktion durch die Rechtsabteilung der H. tatsächlich nicht erfolgt; insbesondere war von ihr nicht die Frage geprüft worden, ob das Geschäft in seiner konkreten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der im B-TeiI 1 bewirkten Rückübernahme des im A-Teil abgesicherten Kreditrisikos die bezweckte Entlastung der risikogewichteten Aktiva der H. erzielen konnte. Aus den Voten war auch nicht erkennbar, aufgrund welcher rechtlicher Erwägungen die Transaktion zu einer aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalentlastung führen sollte, obwohl sich durch sie das wirtschaftliche Risiko nicht minderte und ihr Zweck damit in offensichtlichem Widerspruch zu aufsichtsrechtlichen Grundprinzipien stand (Ermöglichung einer „Plausibilitätsprüfung“). Auch die Ertrags- und Kostensitua- tion der Transaktion war nur unzureichend dargestellt. Dem NPNM-Votum vom 14. Dezember 2007 ließ sich zudem nicht eindeutig entnehmen, ob die aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorgaben erforderliche Überprüfung von für das Institut neuen Finanzprodukten nur für den A-Teil der Transaktion oder für die Gesamttransaktion durchgeführt worden war.
16
d) Entgegen der mit ihr verfolgten (aufsichts-)rechtlichen Zielsetzung führte die Gesamttransaktion „Omega 55“ bei zutreffender Anwendung der auf- sichtsrechtlichen Vorschriften nicht zu einer RWA-Entlastung und damit auch nicht zu Vorteilen bei der aufsichtsrechtlichen Bestimmung der Eigenkapitalquote. Denn bei den von der H. mit einer Ursprungslaufzeit von 364 Tagen übernommenen und damit an sich RWA-neutralen „Liquiditätsfazilitäten“ handelte es sich tatsächlich nicht um Kreditzusagen. Vielmehr haftete die H. – wie oben ausgeführt – aufgrund der besonderen vertraglichen Gestaltung der Transaktion im B-Teil 1 über die Gewährung der „Liquiditätsfazilitäten“ unmittelbar und endgültig für Wertverluste, die in dem auf die B. übertragenen Kreditportfolio eintraten (siehe LG Hamburg aaO, Rn. 488 ff.).
17
e) Da die Transaktion allein dem – nicht erreichten – Zweck der Entlastung der aufsichtsrechtlich zu bestimmenden Eigenkapitalerfordernisse diente und darüber hinaus Kosten verursachte, war sie für die H. insgesamt sinnlos; sie führte zu Vermögensverlusten, denen weder ein aufsichtsrechtlicher noch ein sonstiger Nutzen gegenüberstand. Der Transaktion wohnten bereits mit Abschluss der beiden Teilgeschäfte am 21. Dezember 2007 und am 24. Januar 2008 Vermögensnachteile für die H. in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro inne.
18
f) In der Folge wurde die Transaktion bereits im April 2008 hinsichtlich des A-Teils sowie des B-Teils 1 beendet. Die H. hatte schon zum 21. April 2008 die Kündigung veranlasst. Aus der im B-Teil 2 vereinbarten Risikoübernahme für einen STCDO erlitt die Bank in der Folgezeit erhebliche Verluste. Diese waren maßgeblich auf das für die Angeklagten nicht vorhersehbare Ausmaß der Subprime- bzw. Finanzkrise im Jahr 2008 und danach zurückzuführen. Die Marktwertverluste dieses STCDO erreichten in den Jahren 2008/2009 zeitweise mehr als drei Viertel des ursprünglichen Nominalwerts von 400 Millionen Euro. Nach einer Erholung der Verhältnisse am Kapitalmarkt, die auch eine teilweise Werterholung des STCDO bewirkt hatte, machte die H. im Frühjahr 2010 von der Möglichkeit Gebrauch, sich zu Marktkonditionen von diesem letz- ten Teil der Transaktion „Omega 55“ zu trennen. Sie erzielte in diesem Zusam- menhang einen Erlös in Höhe von ca. 254 Millionen Euro, entsprechend einem Verlust in Höhe von knapp 146 Millionen Euro des ursprünglichen Gesamtinvestments von 400 Millionen Euro.
19
Zum Vorwurf der unrichtigen Darstellung (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG):
20
Die H. veröffentlichte am 20. Juni 2008 den Quartals-Zwischenbericht für den H. -Konzern zum 31. März 2008 und eine hierauf bezogene Presse- mitteilung. In beiden Dokumenten wurde zum Stichtag 31. März 2008 ein Kon- zernüberschuss bzw. „Konzernbilanzgewinn“ von 81 Millionen Euro bei einer Bilanzsumme von 203,9 Milliarden Euro und einem Geschäftsvolumen des Konzerns von 252,1 Milliarden Euro ausgewiesen. Beide Publikationen hatten im Hinblick auf den darin ausgewiesenen Überschuss einen falschen Inhalt; fehlerhaft blieben Verluste unberücksichtigt, die sich bei zutreffender Bewertung aus der auf den STCDO bezogenen Liquiditätsfazilität aus der Transaktion „Omega 55“ ergaben. Dies beruhte wiederum auf einer fehlerhaften Anwendung der einschlägigen internationalen Rechnungslegungsvorschriften und einer daraus folgenden unzutreffenden Bilanzierung der Liquiditätsfazilität. Bei richtiger Bewertung hätte die Liquiditätsfazilität zum genannten Stichtag aufgrund der zwischenzeitlichen Marktwertverluste des STCDO und entsprechender Ziehungen der Liquiditätsfazilität mit einem Verlust von rund 112 Millionen Euro bewertet werden müssen. Anstelle eines Konzernüberschusses hätte dementsprechend im Quartals-Zwischenbericht zum 31. März 2008 und der begleitenden Pressemitteilung für den Konzern ein Verlust in Höhe von ca. 31 Millionen Euro anstelle eines Überschusses von ca. 81 Millionen Euro ausgewiesen werden müssen.
21
2. a) Das Landgericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die Angeklagten durch ihre aufgrund nicht hinreichender Informationsgrundlage erteilte Zu- stimmung zum Abschluss der Transaktion „Omega 55“ zumindest bedingt vor- sätzlich in mehrfacher Hinsicht gegen ihre Pflichten aus § 93 Abs. 1 AktG verstoßen hätten. Gleichwohl liege keine Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor, da sich die Pflichtverletzungen der Angeklagten weder einzeln noch bei einer Gesamtbetrachtung als „offensicht- lich“ oder „gravierend“ darstellten.
22
b) Im Hinblick auf den gegen die Angeklagten F. und N. erhobenen Vorwurf der unrichtigen Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG fehle es an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes , da die Abweichung der im Quartalsbericht zum 31. März 2008 und der zugehörigen Pressemitteilung dargestellten Ertragslage von der sich bei richtiger Verbuchung der auf den STCDO bezogenen Liquiditätsfazilität aus der Transaktion „Omega 55“ ergebenden Ertragslage nicht erheblich gewesen sei. Bezogen auf die Bilanzsumme mache die Abweichung einen Anteil von lediglich ca. 0,0549 % und bezogen auf das Geschäftsvolumen einen Anteil von 0,0444 % aus. Vor diesem Hintergrund sei die Unrichtigkeit der Darstellung aus der unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm maßgeblichen Perspektive eines vernünftigen Beobachters bei seiner Entscheidung über das Eingehen rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehungen zur H. nicht von Bedeu- tung und daher nicht „erheblich“ oder „wesentlich“.

II.


23
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg, so dass es auf die erhobene Verfahrensbeanstandung nicht mehr ankommt.
24
1. Der Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat, nachdem es einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 93 Abs. 1 AktG bejaht hat, zu Unrecht in einem zweiten Schritt geprüft, ob sich die Pflichtverletzungen der Angeklagten als „gravierend“ bzw. „evident“ darstellen (siehe nachfolgend a bis c). Als durchgreifender Rechtsfehler erweist sich, dass die Begründung, mit der das Landgericht einerseits eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG bejaht, die es andererseits als nicht gravierend einstuft, Darstellungs- und Erörterungsmängel enthält (siehe nachfolgend d).
25
a) Im Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend bedacht, dass die Anwendung des Untreuetatbestands auf „klare und deutliche“ Fälle pflichtwidri- gen Handelns zu beschränken ist; gravierende Pflichtverletzungen lassen sich nur dann bejahen, wenn die Pflichtverletzung evident ist (BVerfGE 126, 170 Rn. 110 f.; BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – 5 StR 551/11, NStZ 2013, 715). Allerdings liegt bei einem Verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG stets eine „gra- vierende“ bzw. „evidente“ Pflichtverletzung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung vor.
26
Als Vorstandsmitglieder unterlagen die Angeklagten gesellschaftsrechtlich den in §§ 76, 82, 93 AktG umschriebenen Pflichten. Danach hat der Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten, wobei die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG). Trotz der Weisungsunabhängigkeit unterliegt das Leitungsermessen rechtlichen Grenzen. So sind nach § 82 Abs. 2 AktG der durch die Satzung festgelegte Unternehmensgegenstand, die Geschäftsordnung sowie die Zuständigkeiten anderer Organe zu beachten. Über diese Regelungen hinaus wird den Geschäftsleitern bei unternehmerischen Entscheidungen ein weiter wirtschaftlicher Entscheidungsspielraum eingeräumt, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist.
27
Sind jedoch – wie vom Landgericht angenommen – diese in § 93 Abs. 1 AktG normierten äußersten Grenzen unternehmerischen Ermessens überschritten und ist damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletzt worden, so liegt eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten vor, die (gleichsam „automatisch“) so gravierend ist, dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB begründet (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2005 – 1 StR 571/04, NStZ 2006, 221). Angesichts des durch § 93 Abs. 1 AktG eingeräumten weiten unternehmerischen Entscheidungsspielraums ist für eine gesonderte Prüfung der Pflichtverletzung als „gravierend“ bzw. „evident“ kein Raum (vgl. auch LK-StGB/Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 100; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b mwN).
28
b) Allerdings sind die vom Landgericht in seinem „zweiten Prüfungsschritt“ herangezogenen Gesichtspunkte bereits im Rahmen der Prüfung, ob überhaupt ein Verstoß gegen § 93 Abs. 1 AktG gegeben ist, zu würdigen. Ein solcher liegt nur bei einer Überschreitung des dem Vorstand eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessens vor. Zu diesem gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen; denn derartige Entscheidungen müssen regelmäßig aufgrund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung von Chancen und Risiken getroffen werden, die die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen enthält (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331).
29
Eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG liegt vor, wenn die Grenzen , in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen , in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss (BGH, Urteile vom 21. April 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 Rn. 22, und vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, aaO). Diese mittlerweile als sogenannte Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze (vgl. RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BR-Drucks. 3/05, S. 20 f.) sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585 Rn. 57).
30
c) Allein aus der vom Landgericht bejahten Verletzung einer Informationspflicht folgt nicht ohne weiteres auch ein Pflichtenverstoß im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG.
31
Paragraph 93 Abs. 1 Satz 2 AktG definiert einen „sicheren Hafen“; d.h., die Einhaltung seiner Voraussetzungen schließt eine Pflichtverletzung aus. Umgekehrt begründet die Überschreitung seiner Grenzen durch einen Verstoß gegen Informationspflichten allein noch keine Pflichtverletzung. Vielmehr ist auch dann pflichtgemäßes Handeln nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG möglich; allerdings indiziert der Verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG eine Pflichtverletzung (hM; vgl. Krieger/Sailer-Coceani in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 14; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 93 Rn. 12; MüKo-AktG/Spindler, 4. Aufl., AktG § 93 Rn. 40 mit zahlreichen wN; aA Scholz AG 2015, 222, 227). Letztlich ist eine Verletzung der Sorgfaltspflichten aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG immer nur dann zu bejahen, wenn ein schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1997, aaO; Hüffer/Koch aaO, Rn. 8); der Leitungsfehler muss sich auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen (vgl. MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 56 mwN).
32
d) Der von der Wirtschaftsstrafkammer gewählte fehlerhafte Prüfungsansatz würde demnach allein nicht zur Aufhebung des Urteils nötigen, wenn zum einen eine Informationspflichtverletzung zu verneinen gewesen wäre; dies vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen allerdings nicht zu beurteilen (siehe nachfolgend aa). Der Freispruch der Angeklagten könnte zum anderen auch bestehen bleiben, wenn das Landgericht in seinem „zweiten Prü- fungsschritt“ hinreichend alle bei der Prüfung einer Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG zu beachtenden tatsächlichen Gesichtspunkte erörtert hätte; dies ist indes nicht der Fall (siehe nachfolgend bb).
33
aa) Das Landgericht hat es unterlassen, das Maß der Informationspflichten der Angeklagten hinreichend zu bestimmen, um ausgehend hiervon die tatsächlichen Anforderungen zu klären, denen die Vorstandsvorlagen hätten genügen müssen.
34
(1) Hinsichtlich des Maßes der Informationspflichten gilt: Um Informationspflichten zu genügen, müssen grundsätzlich in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausgeschöpft werden, um auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2008 – II ZR 202/07, NJW 2008, 3361). Die konkrete Entscheidungssituation ist danach der Bezugsrahmen des Ausmaßes der Informationspflichten. Dementsprechend ist es notwendig, aber auch ausreichend, dass sich der Vorstand eine unter Berücksichtigung des Faktors Zeit und unter Abwägung der Kosten und Nutzen weiterer Informationsgewinnung „angemessene“ Tatsachenbasis verschafft (Krieger/Sailer-Coceani aaO, Rn. 17); je nach Bedeutung der Entscheidung ist eine breitere Informationsbasis rechtlich zu fordern (MüKoAktG /Spindler aaO, Rn. 50). Dem Vorstand steht danach letztlich ein dem konkreten Einzelfall angepasster Spielraum zu, den Informationsbedarf zur Vorbe- reitung seiner unternehmerischen Entscheidung selbst abzuwägen (vgl. auch BR-Drucks. 3/05 aaO). Ausschlaggebend ist dabei nicht, ob die Entscheidung tatsächlich auf der Basis angemessener Informationen erfolgte und dem Wohle der Gesellschaft diente, sondern es reicht aus, dass der Vorstand dies vernünftigerweise annehmen durfte (Henssler/Strohn/Dauner-Lieb, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., AktG § 93 Rn. 22 mwN; MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 48; Krieger /Sailer-Coceani aaO). Die Beurteilung des Vorstands im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung muss aus der Sicht eines ordentlichen Geschäftsleiters ver- tretbar erscheinen („vernünftigerweise“).
35
(2) Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben hätte das Landgericht – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – zunächst bestimmen müssen, welchen tatsächlichen Anforderungen eine die Angeklagten hinreichend informierende Vorlage hätte genügen müssen. So hätte insbesondere geklärt werden müssen, in welcher Form eine Beteiligung der Rechtsabteilung mitzuteilen gewesen wäre, um als hinreichend zuverlässige Information zu gelten, und welche Informationen zu fordern waren, um den Angeklagten eine Plausibilitätsprüfung im Hinblick auf die Erreichung der aufsichtsrechtlichen Ziele und einen ausreichenden Eindruck von der Ertrags- und Kostensituation sowie der Risiken der Transaktion zu ermöglichen. Die bisherigen Feststellungen reichen deshalb nicht aus, um dem Senat die Beurteilung zu ermöglichen, dass die Angeklagten – entgegen der Bewertung des Landgerichts – ihren Informationspflichten genügt haben.
36
bb) Bei der Abwägung des Maßes der Pflichtverletzung (LG Hamburg aaO, Rn. 1521 ff.) erörtert das Landgericht nicht alle wesentlichen tatsächlichen Gesichtspunkte, die im Rahmen der Prüfung einer Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG zu beachten gewesen wären.
37
(1) Nach den Erwägungen des Landgerichts spricht für eine gravierende Pflichtverletzung zwar, dass die Angeklagten sich vor ihrer Zustimmung in mehrfacher Hinsicht unvollständig informiert und für eine „nicht sicher erfolgver- sprechende“ Transaktion erhebliche Kosten in Kauf genommen hätten. Jedoch hätten sie uneigennützig und in Verfolgung wichtiger strategischer Ziele gehandelt und bei der Entscheidung ihre Befugnisse nicht überschritten. Unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen seien nicht gemacht worden. Auch eine Überschreitung von Kredit- oder Risikoobergrenzen habe nicht vorgelegen. Das Maß der Verletzung der Informationspflicht sei zudem nicht „sehr schwerwie- gend“ gewesen. In der Kreditvorlage vom 14. Dezember 2007 sei die – tatsäch- lich jedoch nicht erfolgte – aufsichtsrechtliche Prüfung und Freigabe der Transaktion durch die Rechtsabteilung behauptet worden. Diese Angabe sei nur deshalb als nicht hinreichend zuverlässig anzusehen, weil es insoweit an „entspre- chend eindeutigen“ Informationen aus den Voten des (kontrollierenden) Markt- folgebereichs (Zweitvotum und NPNM-Votum) sowie an einer Erläuterung gefehlt habe, auf welchem rechtlichen Wege die RWA-Entlastung trotz fehlender Abgabe wirtschaftlicher Risiken erreicht werde. Auch in den Marktfolgevoten sei eine Befassung der Rechtsabteilung mit der Transaktion – wenn auch nicht deren abschließende Prüfung und Freigabe – bekundet worden, so dass die Angeklagten das Risiko der Nichterreichung der aufsichtsrechtlichen Transaktionsziele für gering hätten halten können. Hinsichtlich des mit der Transaktion eingegangenen erheblichen finanziellen Risikos sei zu berücksichtigen, dass den Angeklagten zwar keine verwertbaren Informationen über den Wert der auf den STCDO bezogenen Liquiditätsfazilität zur Verfügung gestanden hätten. Angesichts der in der Kreditvorlage vom 14. Dezember 2007 ausgewiesenen „AAA“-Bewertung des STCDO sowie der projizierten Ratingszenarien unter Be- rücksichtigung von Ausfällen im Referenzportfolio sei aber eine Aussage über die (geringe) Ausfallwahrscheinlichkeit der Tranche getroffen worden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass in sämtlichen den Angeklagten zur Verfügung gestellten Voten – trotz der darin enthaltenen unzureichenden Informationen – im Ergebnis der Abschluss der Transaktion empfohlen worden sei. Nach umfassender Abwägung sämtlicher Umstände sei daher das Maß einer „gravie- renden“ und „evidenten“ Pflichtverletzung nicht erreicht.
38
(2) Das Landgericht hätte indes darüber hinaus Folgendes berücksichtigen müssen:
39
(a) Insbesondere aus dem Zweitvotum vom 17. Dezember 2007 und dem NPNM-Votum vom 14. Dezember 2007 ließ sich ablesen, dass die Bewertungen der zuständigen Mitarbeiter auf unzureichender Tatsachengrundlage beruhten und ausdrücklich vorläufigen Charakter hatten. So wies das NPNM- Votum darauf hin, dass die Würdigung „vorbehaltlich einer abschließenden Prü- fung und Verifizierung der getroffenen Aussagen im Nachgang auf Basis sämt- licher finaler Unterlagen“ erfolgt sei (LG Hamburg aaO, Rn. 711, S. 1 des NPNM-Votums). Beide Voten machten unmissverständlich klar, dass sie unter erheblichem Zeitdruck angefertigt wurden („Der Zeitrahmen der zweiten Risiko- bewertung war außerordentlich eng und in Anbetracht der Komplexität sowie der zugrundeliegenden Beträge unangemessen knapp bemessen“, LG Hamburg aaO, Rn. 710, S. 5 des Zweitvotums). Sie enthielten damit „Warnsignale“, die Anlass zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der jeweils vorgenommenen Gesamtbewertung hätten geben müssen. Selbst dem Erstvotum des mit der Entwicklung der Transaktion befassten Marktbereichs vom 14. Dezember 2007, mit der das Geschäft vorgestellt und befürwortet wurde, ließen sich derartige Warnhinweise entnehmen (LG Hamburg aaO, Rn. 708 unter 5.8.2: „Zeichnungen [in zutreffender Übersetzung des englischen Originaltextes: Ziehungen] gemäß der BLF hängen weitgehend von intransparenten Repo-Preisen ab, die durch die B. gestellt werden.“). Es wäre deshalb zu erörtern gewesen, in- wieweit diese Umstände die Angeklagten – wiederum unter Berücksichtigung des Zeitfaktors (vgl. Krieger/Sailer-Coceani aaO) – zunächst zu weiteren Nachfragen hätten bewegen müssen und einer Entscheidung im Umlaufverfahren entgegengestanden hätten. Gegebenenfalls hätte das Landgericht zu prüfen gehabt, ob die Angeklagten unter Würdigung der Risiken des Unterlassens der Transaktion „Omega 55“ sogar von deren Genehmigung hätten absehen müssen.
40
(b) Als weitere Gesichtspunkte, die zugunsten der Angeklagten, aber auch zu ihren Lasten hätten sprechen können, wären mögliche Vorinformationen über RWA-Entlastungstransaktionen der Art von „Omega 55“ zu würdigen gewesen. So hatte die H. im Dezember 2007 noch weitere, teils ebenfalls komplex gestaltete RWA-Entlastungsmaßnahmen vorbereitet (LG Hamburg aaO, Rn. 31). Der Transaktion „Ruby“ hatte der Vorstand zudem bereits zuge- stimmt, bevor das Geschäft unerwartet scheiterte, wodurch die Lücke in der RWA-Entlastungsplanung entstand, die durch die Transaktion „Omega 55“ geschlossen werden sollte (LG Hamburg aaO, Rn. 31, 579 f.). Tragfähige Vorinformationen aus diesen Transaktionen hätten einerseits das Informationsbedürfnis der Angeklagten mindern können; andererseits hätten die Angeklagten aus ihnen aber auch Kenntnisse über aufsichtsrechtliche Probleme und Risiken des Geschäfts erlangt haben können.
41
(c) Soweit das Landgericht auf die „Uneigennützigkeit“ des Handelns der Angeklagten abstellt, hätte es sein Augenmerk auch darauf richten müssen, ob diese sich von der Einhaltung der bankinternen RWA-Grenzen finanzielle Vor- teile (z.B. „Boni“) versprechen konnten oder bei Verfehlung dieser Ziele ent- sprechende Nachteile zu erwarten gehabt hätten.
42
2. Auch der Freispruch der Angeklagten F. und N. vom Vorwurf eines Verstoßes gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat angenommen, dass die Veröffentlichung des Quartals-Zwischenberichts für den H. -Konzern zum 31. März 2008 und die hierauf bezogene Pressemitteilung am 20. Juni 2008 nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sei, weil die Abweichung in der Mitteilung über die Ertragslage nicht als erheblich anzusehen sei; dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
43
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG einer einschränkenden Auslegung bedarf. Die Vorschrift dient dem Schutz von Aktionären und dritten Personen, die zu der Aktiengesellschaft in rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehung stehen oder in eine solche Beziehung treten wollen und deshalb an dem Vermögensstand, den Verhältnissen und der Vertrauenswürdigkeit der Gesellschaft interessiert sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381; Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Ergänzungslieferung September 2016, AktG § 400 Rn. 2). Angesichts dieses Schutzzwecks sind Erklärungen aus dem Tatbestand auszuschließen , die bei abstrakter Betrachtungsweise für eine Entscheidung der geschützten Personen, mit der Gesellschaft in rechtliche oder wirtschaftliche Beziehungen zu treten, nicht relevant sind (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2002, 275).
44
b) Zu Recht weisen die Revisionen jedoch darauf hin, dass dem Verhältnis der fehlerhaft dargestellten Ertragslage von insgesamt rund 112 Millionen Euro (Gewinn in Höhe von 81 Millionen Euro statt Verlust in Höhe von 31 Millio- nen Euro) zur Bilanzsumme und zum Gesamtgeschäftsvolumen im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen kann. Dieser Bezugsrahmen ist für Banken wenig geeignet, da diese aufgrund ihres Geschäftszwecks – Entgegennahme von Fremdgeldern zwecks Ausreichung von Darlehen im Aktivgeschäft – regelmäßig über besonders hohe Bilanzsummen verfügen , mithin sich die Relation in den meisten Fällen als geringfügig darstellen wird.
45
c) Ohnehin können quantitative Grenzen, wie sie in der Literatur diskutiert werden (vgl. Beck Bil-Komm/Schellhorn/Winkeljohann HGB, § 264 Rn. 56), nur Anhaltspunkte für die Erheblichkeit liefern. Sie stellen lediglich Indikatoren dar und sind durch qualitative Beurteilungskriterien zu ergänzen. Insbesondere in Zweifelsfällen ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände unverzichtbar (vgl. Dannecker in Staub, Großkommentar HGB, 5. Aufl., § 331 Rn. 64 mwN).
46
Eine solche Gesamtbetrachtung hätte das Landgericht hier vornehmen müssen. Dabei hätte etwa eingestellt werden müssen, dass die Ertragslage der H. für die Kapitalmarktöffentlichkeit unter dem Eindruck der Subprime-Krise und des durch sie hervorgerufenen allgemeinen Misstrauens gegenüber Finanzinstituten von großer Bedeutung war. Soweit das Landgericht ergänzend ausführt, dass es für die Erheblichkeit keinen Unterschied mache, ob die unrichtige Darstellung der Ertragslage zu einem Wechsel vom Verlust- in den Gewinnbereich führe, vermag dies im vorliegenden Fall nicht zu überzeugen. Vor dem Hintergrund der Subprime-Krise war es – worauf die Revision ebenfalls zu Recht hinweist – vielmehr von nicht geringem Belang, ob die H. trotz angespannter Kapitalmarktlage einen (kleinen) Quartalsgewinn erreichen konnte oder ob sie – von dieser getroffen – einen Verlust hinzunehmen hatte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund des (ursprünglich) geplanten Börsengangs.
Insoweit hätte das Landgericht auch näher darlegen müssen, ob dieser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Quartalsberichtes und der Pressemitteilung am 20. Juni 2008 noch beabsichtigt war. Gerade für (potentielle) Anleger war die Frage bedeutsam, ob trotz angespannter Kapitalmarktlage ein Gewinn erzielt werden konnte.
47
3. Der Senat hebt die an sich rechtsfehlerfreien Feststellungen des Urteils auf, da die freigesprochenen Angeklagten keine rechtliche Möglichkeit hatten , diese anzugreifen.
48
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
49
a) Für die Prüfung einer Strafbarkeit der Angeklagten nach § 266 StGB (zusätzlich zu den Hinweisen unter oben II.1.):
50
Das Landgericht hat mit nachvollziehbaren Erwägungen angenommen, dass durch die Transaktion „Omega 55“ aufsichtsrechtlich keine RWA- entlastende Wirkung erzielt wurde (LG Hamburg aaO, Rn. 482 ff.). Soweit es jedoch davon ausgegangen ist, dass die Transaktion angesichts des Ziels einer RWA-Entlastung insgesamt sinnlos gewesen und deshalb ein Vermögensnachteil in Höhe der Gesamtkosten der Transaktion eingetreten sei (LG Hamburg aaO, Rn. 991 ff.), wird das neue Tatgericht auch den „Kapitalmarkterfolg“ als möglichen Gegenwert des Vermögensverlusts in Betracht zu ziehen haben. Die Urteilsbegründung spricht bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Transaktion für das Bestehen nicht geringer Chancen, dass das Geschäft aufsichtsrechtlich nicht beanstandet worden wäre, deshalb das verfolgte Ziel, die RWA-Entlastung gegenüber der Kapitalmarktöffentlichkeit geltend zu machen, hätte erreicht werden können und Nachteile für die H. am Kapitalmarkt vermieden worden wären (siehe insbesondere LG Hamburg aaO, Rn. 1211, 1418).
Die Transaktion stellte sich wegen ihres (aufsichts-)rechtlich nicht garantierten, sondern nur faktisch erzielbaren wirtschaftlichen Erfolgs als ein „Risikogeschäft“ dar, bei dem unter besonderen Umständen die Erwartung künftiger Vorteile einen Nachteil schon bei seiner Entstehung ausgleichen und wirtschaftlich aufheben kann (BGH, Urteile vom 19. Januar 1954 – 1 StR 579/53, und vom 6. Oktober 1959 – 1 StR 203/59; so bereits RG JW 1934, 2923, Nr. 29; 1936, 882, Nr. 27).
51
Dem steht nicht entgegen, dass das Geschäft – bei nicht gegebener aufsichtsrechtlicher Anerkennungsfähigkeit – zumindest objektiv auf eine moralisch bemakelte Irreführung des Kapitalmarkts hinausgelaufen wäre. § 266 StGB hat als Vermögensschädigungsdelikt nicht die Aufgabe, Recht und Moral in geschäftlichen Beziehungen zu garantieren, sondern das Individualvermögen vor Beeinträchtigungen zu schützen (Rönnau, ZStW 2006, 887, 921). Bei der Untreue ist die Nachteilszufügung nur durch einen Vergleich des Vermögens, das der Betreute ohne die Pflichtverletzung des Täters hätte, mit dem Vermögen, über das er infolge der Pflichtverletzung verfügt, festzustellen. Dabei ist jeder Vorteil zu berücksichtigen, der durch die pflichtwidrige Handlung erzielt worden ist. Zum Vermögen gehört nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise alles, was in Geldwert messbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1975 – 4 StR 571/74, NJW 1975, 1234 mwN). Dementsprechend sind die Chancen eines „Kapitalmarkterfolges“ des Geschäfts als möglicher Ausgleich des Vermögensverlusts in Betracht zu ziehen. Dies gilt erst dann nicht mehr, wenn die Angeklagten mit der Genehmigung des Geschäfts gegen ihre Legalitätspflicht (§ 93 Abs. 1 AktG) verstoßen hätten, wofür sich aus den Feststellungen aber keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben (vgl. zur Legalitätspflicht BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09 mwN; MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 73 ff. mwN).
52
b) Für die Prüfung einer Strafbarkeit der Angeklagten F. und N. nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG gilt:
53
Im angefochtenen Urteil fehlt es zum einen an einer nachvollziehbaren Darlegung der bilanziellen Falschverbuchung, die dem Quartalzwischenbericht und der hierzu ergangenen Pressemitteilung zugrunde lag. Diese wird das neue Tatgericht zu leisten haben. Im Rahmen der Prüfung des subjektiven Tatbestandes wird es sein Augenmerk darauf zu richten haben, dass nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des angefochtenen Urteils die fehlerhafte Bi- lanzierung erst im November 2008 „entdeckt“ wurde (LG Hamburg aaO, Rn. 686 ff.).
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat das Betreuungsgericht, für einen minderjährigen Beteiligten das Familiengericht auf Ersuchen der Behörde einen geeigneten Vertreter zu bestellen

1.
für einen Beteiligten, dessen Person unbekannt ist;
2.
für einen abwesenden Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt ist oder der an der Besorgung seiner Angelegenheiten verhindert ist;
3.
für einen Beteiligten ohne Aufenthalt im Inland, wenn er der Aufforderung der Behörde, einen Vertreter zu bestellen, innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen ist;
4.
für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden;
5.
bei herrenlosen Sachen, auf die sich das Verfahren bezieht, zur Wahrung der sich in Bezug auf die Sache ergebenden Rechte und Pflichten.

(2) Für die Bestellung des Vertreters ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beteiligte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; im Übrigen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die ersuchende Behörde ihren Sitz hat.

(3) Der Vertreter hat gegen den Rechtsträger der Behörde, die um seine Bestellung ersucht hat, Anspruch auf eine angemessene Vergütung und auf die Erstattung seiner baren Auslagen. Die Behörde kann von dem Vertretenen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Sie bestimmt die Vergütung und stellt die Auslagen und Aufwendungen fest.

(4) Im Übrigen gelten für die Bestellung und für das Amt des Vertreters in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 die Vorschriften über die Betreuung, in den übrigen Fällen die Vorschriften über die Pflegschaft entsprechend.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR136/14
vom
10. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Verdachts des Betruges u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Dezember
2014 aufgrund der Hauptverhandlung vom 26. November 2014, an der teilgenommen
haben:
Richter Prof. Dr. Sander,
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Dr. Berger,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt S. ,
Rechtsanwalt K.
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt H.
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 29. August 2013 werden verworfen.
Die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
– Von Rechts wegen –

Gründe:


1
Das Landgericht hat die beiden Angeklagten aus tatsächlichen Gründen jeweils von den Vorwürfen freigesprochen, in insgesamt 161 Fällen durch dieselbe Handlung Fertigarzneimittel, die nicht über eine nach § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) für Deutschland erforderliche Zulassung verfügten und die entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG (idF vom 12. Dezember 2005) hinsichtlich ihrer Herkunft falsch gekennzeichnet waren, zur Versorgung krebskranker Patienten in den Verkehr gebracht und ohne Verschreibung abgegeben (§ 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG aF, § 96 Nr. 5 und 13 AMG) sowie in 161 weiteren Fällen die Gesetzlichen Krankenkassen betrogen zu haben (§ 263 StGB), indem sie die preisgünstiger erworbenen nicht für Deutschland bestimmten Medikamente wie hier zugelassene abrechneten, ohne dies kenntlich zu machen. Hiergegen richten sich die mit Verfahrensrügen und ausgeführten Sachrügen begründeten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die ohne Erfolg bleiben.
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Dem Kreiskrankenhaus R. war eine Krankenhausapotheke angegliedert, dessen Leiter im Tatzeitraum der Angeklagte P. war. In der Apotheke waren mehrere approbierte Apotheker und zahlreiche pharmazeutisch -technische Assistentinnen angestellt. Zu den angestellten Apothekern zählte auch der Angeklagte K. , dem als Leiter der Zytostatika-Abteilung die Leitung und Überwachung der Zytostatika-Herstellung oblag. Die von der Krankenhausapotheke hierzu verwandten Medikamente werden Patienten nach individueller Dosierung in einer Kochsalzlösung als Infusion verabreicht. Die Präparate werden in Fläschchen gehandelt, die eine bestimmte Menge des gefriergetrockneten Zytostatikums in Pulverform enthalten. Die Arzneimittel verfügen über eine Zulassung in Deutschland, aber auch über Zulassungen in vielen anderen Ländern des europäischen und außereuropäischen Auslandes. Die Zusammensetzung der Zytostatika ist für alle Länder gleich, wobei ihre Herstellung häufig für die ganze Welt in einer Fabrik erfolgt. Die Chargen für verschiedene Länder unterscheiden sich in der Umverpackung der Flasche (einer Faltschachtel ) und in dem auf der Flasche aufgeklebten Etikett. Für Deutschland ist beides in deutscher Sprache beschriftet; die Chargen für ausländische Märkte sind in der jeweiligen Landessprache oder auf Englisch beschriftet.
4
Zytostatika wurden in der Apotheke des Kreiskrankenhauses als Infusionslösung in einem mit einer Sicherheitsschleuse und einer Sicherheitswerkbank versehenen Reinraum unter speziellen Bedingungen zubereitet, welche die notwendige Sterilität der Zubereitung gewährleisten sollten und den toxischen Eigenschaften dieser Arzneimittel Rechnung trugen. Nach anschließender Etikettierung und Kontrolle der Infusionsbeutel wurden die Lösungen in der verordneten Dosierung an die Patienten zu Händen der behandelnden Onkolo- gen abgegeben. Die zur Zubereitung verwendeten Zytostatika bezog die Krankenhausapotheke von den herstellenden Unternehmen. Die bei den Herstellern bestellten Medikamente waren für den deutschen Markt bestimmt; dementsprechend waren die Umverpackung und das Etikett auf den Flaschen in deutscher Sprache beschriftet. Die Preise für die gelieferten Zytostatika richteten sich nach den Konditionen, die ein Einkaufsverbund, dem das Kreiskrankenhaus angehörte, mit den Herstellern ausgehandelt hatte.
5
Im Zeitraum von Januar 2006 bis Februar 2007 deckte die Krankenhausapotheke ihren Bedarf an den für die Zytostatika-Zubereitungen verwendeten Medikamenten nicht vollständig durch Einkäufe bei den herstellenden Unternehmen , sondern erwarb sie zu einem geringen Teil auf Veranlassung der beiden Angeklagten bei zwei Arzneimittelgroßhändlern mit Sitz in Dänemark und einem deutschen Arzneimittelgroßhändler. Die von diesen Großhändlern gelieferten Medikamente waren nicht für den deutschen Markt, sondern für das Ausland bestimmt. Die Umverpackungen und Flaschen dieser Chargen waren in der jeweiligen Landessprache oder auf Englisch beschriftet. Bei diesen Medikamenten handelte es sich um Originalpräparate, welche die Großhändler direkt vom Hersteller bezogen hatten. In ihrer inhaltlichen Zusammensetzung waren die für den ausländischen Markt bestimmten Präparate identisch mit den für Deutschland bestimmten Medikamenten. Rechtliche Bedenken gegen den Bezug und die Verwendung der für den ausländischen Markt bestimmten Zytostatika hatten beide Angeklagte nicht. Sie hielten den Einsatz der Präparate für zulässig, weil sie davon ausgingen, dass es sich bei den ZytostatikaZubereitungen um die Herstellung von zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln handele, bei der die von den Vertriebsunternehmen bezogenen Zytostatika lediglich als in Deutschland zulassungsfreie Ausgangsstoffe benutzt würden.
6
Die Abrechnung der Arzneimittel, die an ambulant behandelte Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben wurden, war in Arzneilieferverträgen zwischen den Gesetzlichen Krankenkassen und dem Kreiskrankenhaus geregelt. Diese Verträge sahen vor, dass bei Fertigarzneimitteln der für den Tag der Abgabe maßgebliche Apothekeneinkaufspreis gemäß Lauer-Taxe abzüglich eines bestimmten prozentualen Abschlags abrechnungsfähig war. Bei Rezepturen waren die für den Tag der Abgabe maßgeblichen Apothekeneinkaufspreise gemäß Lauer-Taxe abzüglich eines bestimmten prozentualen Abschlags zuzüglich eines Arbeitspreises gemäß Hilfstaxe pro applikationsfertiger Einheit abrechnungsfähig. Zum Begriff der Rezeptur hieß es dabei sowohl in dem Arzneiliefervertrag zwischen den Verbänden der Angestelltenkrankenkassen sowie der Arbeiterersatzkassen und dem Kreiskrankenhaus als auch in dem Vertrag zwischen dem BKK-Landesverband N. mit der Krankenhausgesellschaft S. : „Als Rezepturen sind nur solche individuell herzustellenden Arzneimittel abrechnungsfähig, bei denen arbeitsschutzrechtlich eine Herstellung mit besonderer apparativer Ausstattung zwingend erforderlich ist. Dies betrifft insbesondere Zytostatika-Rezepturen.“ Auf den Verordnungen (Rezepten), die gegenüber den Gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen waren, wurde in der Apotheke des Kreiskrankenhauses jeweils der sich danach ergebende Preis aufgedruckt. Zudem wurde eine Sonder-Pharmazentralnummer für zytostatische Zubereitungen aufgedruckt, auf deren Verwendung sich die Spitzenverbände zur Kennzeichnung der Rezeptabrechnung für sämtliche zytostatikahaltige Lösungen in der Technischen Anlage 1 zur Vereinbarung über die Übermittlung von Daten gemäß § 300 SGB V festgelegt hatten.
7
Die Zytostatika-Rezepte wurden zur Abrechnung von der Krankenhausapotheke an eine von dem Kreiskrankenhaus beauftragte Apothekenverrechnungsstelle übersandt und von dort an die Gesetzlichen Krankenkassen über- mittelt. Die für die Rechnungsbegleichung zuständigen Mitarbeiter der Krankenkassen gingen bei der Bezahlung davon aus, dass die ihnen vorliegenden Rechnungen insgesamt „in Ordnung“ waren. Da es sich bei den Zytostatika- Verordnungen um sehr hochpreisige Rezepte handelte, wurden sämtliche von dem Kreiskrankenhaus eingereichten Rechnungen betreffend ZytostatikaZubereitungen bei den Krankenkassen innerhalb von zehn Monaten nach Eingang der Rezepte geprüft. Die Prüfungen waren auch materieller Art, insbesondere dahingehend, ob der berechnete Preis dem vertraglich Vereinbarten entsprach. Eine Prüfung daraufhin, ob für die abgerechneten Zytostatika in Deutschland zugelassene Arzneimittel verwandt wurden, konnte nicht erfolgen, weil Zytostatika-Zubereitungen durchgehend unter der Sonder-Pharmazentralnummer abgerechnet wurden und die Herkunft der verwendeten Arzneimittel nicht ersichtlich war. Soweit die Prüfung einen Fehler ergab, etwa eine Abweichung des berechneten Preises von dem vereinbarten Preis, erfolgte eine nachträgliche Berichtigung (Retaxierung).
8
2. Das Landgericht hat im Anschluss an das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 4. September 2012 (1 StR 534/11, BGHSt 57, 312) angenommen, dass es sich bei den in der Krankenhausapotheke fertiggestellten Zytostatika-Lösungen nicht um Rezepturarzneimittel, sondern um Fertigarzneimittel gehandelt habe, die der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG unterlagen. Durch die Beifügung der Trägerlösung seien aus den an die Krankenhausapotheke gelieferten Fertigarzneimitteln keine neuen Arzneimittel geworden , weshalb es bei der Zulassungspflicht verblieben sei und bei der Etikettierung der Originalhersteller der Zytostatika habe angegeben werden müssen. Das Landgericht hat demgemäß in objektiver Hinsicht neben den Tatbeständen der den Angeklagten zur Last gelegten arzneimittelrechtlichen Vergehen auch den Tatbestand des Betrugs gemäß § 263 Abs. 1 StGB als verwirklicht angese- hen. Mit der Übersendung der Rechnungen an die Krankenkassen sei die konkludente Behauptung eines tatsächlich nicht vorhandenen sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs verbunden gewesen, weil den abgerechneten Arzneimitteln als Fertigarzneimitteln die erforderliche Zulassung gefehlt habe. Da die mit der Rechnungsbegleichung befassten Mitarbeiter der Krankenkassen bei der Bezahlung fälschlicherweise die Rechnungen für ordnungsgemäß gehalten hätten, seien sie insoweit einem Irrtum erlegen, der zu der objektiv nicht gerechtfertigten Bezahlung der Rechnungen als Schaden geführt habe. Die Angeklagten hätten aber ohne Vorsatz gehandelt, weil sie irrtümlich die Zubereitung der Zytostatika -Lösungen als Rezepturarzneimittelherstellung angesehen und angenommen hätten, als solche sei sie zulassungsfrei, weil die Zytostatika lediglich als Ausgangsstoffe für die Rezepturherstellung verwendet würden. Dieser Irrtum der Angeklagten über die rechtliche Bewertung der Zytostatika-Zubereitungen stelle einen Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB dar. Hinsichtlich des Betrugstatbestandes hätten die Angeklagten insoweit schon ohne Täuschungsvorsatz gehandelt, weil sie vom Bestehen eines sozialrechtlichen Erstattungsanspruches gegenüber den Krankenkassen ausgegangen seien. In jedem Fall liege aber aufgrund einer Verkennung der Rechtslage ein als Tatbestandsirrtum zu behandelnder Irrtum über die Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils vor.
9
II. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt hinsichtlich der Sachrügen in Bezug auf die noch nicht der Verjährung unterfallenen Vorwürfe des Betrugs (§ 263 StGB) und des Inverkehrbringens von hinsichtlich ihrer Herkunft falsch gekennzeichneten Arzneimitteln (§ 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG aF) vertreten worden sind, bleiben ohne Erfolg.
10
1. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.
11
a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet die Ablehnung von Beweisanträgen auf Vernehmung von zwei als Inhaber bzw. Leiter von Apotheken tätigen sachverständigen Zeugen jeweils zum Beweis dafür, es habe im Tatzeitraum zum Diskussionsstand im Apothekenwesen gehört, dass bezüglich der gegenständlichen Fertigarzneimittel nicht die Situation einer fehlenden Verfügbarkeit von im Wirkstoff identischen und in der Wirkungsstärke vergleichbaren bereits zugelassenen Fertigarzneimitteln bestanden habe, dass die Verwendung von nicht zugelassenen Fertigarzneimitteln bei der Aufbereitung von ZytostatikaLösungen nicht mit der guten fachlichen Praxis eines Apothekers zu vereinbaren gewesen sei und dass bei Herstellung von Rezepturarzneimitteln unter Verwendung von nicht zugelassenen Fertigarzneimitteln eine über eine Sinnesprüfung hinausgehende Prüfung der ordnungsgemäßen Qualität des Fertigarzneimittels vorzunehmen gewesen sei. Das Landgericht ist diesen Anträgen nicht nachgekommen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO).
12
Die Beweisantragsrügen sind unbegründet, da das Landgericht schon aus den Gründen des angegriffenen Beschlusses vom 29. August 2013 die beantragte Zeugenvernehmung zu Recht wegen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache abgelehnt hat. Auch aus dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft erhellt sich nicht, weshalb der behauptete Diskussionsstand im Apothekenwesen hätte geeignet sein können, die Einlassung der Angeklagten zur subjektiven Seite der ihnen zur Last gelegten Taten zu widerlegen.
13
Die in Bezug auf die benannten Zeugen zugleich erhobenen Aufklärungsrügen , wonach sich das Landgericht durch deren Vernehmung ein objektives Bild von den Gepflogenheiten und Qualitätsanforderungen bei der Zytosta- tika-Aufbereitung bzw. Herstellung von Rezepturarzneimitteln hätte verschaffen müssen, greift daher ebenfalls nicht durch. Die Frage einer Einhaltung von Qualitätsprüfungsstandards war nicht (unmittelbar) Gegenstand der Anklagevorwürfe. Ihr kommt für die subjektive Seite der hier in Rede stehenden Tatbestände aber auch nicht mittelbar eine maßgebliche Indizwirkung zu: Selbst eine von der Staatsanwaltschaft angenommene Nichterfüllung der Voraussetzungen einer fachlich ordnungsgemäßen Rezepturherstellung ließe die Erklärung der Angeklagten , sie hätten geglaubt, ein Rezepturarzneimittel zu erstellen, nicht schon als Schutzbehauptung erscheinen. Insofern läge im Übrigen ein Beruhen des Freispruchs auf der beanstandeten unterbliebenen Beweiserhebung aus den zur Sachrüge ausgeführten Gründen fern.
14
b) Die Staatsanwaltschaft rügt weiter die Ablehnung eines Beweisantrags , der auf die Vernehmung eines Sachverständigen und hilfsweise auf die Verlesung eines von ihm herrührenden Schreibens vom 12. November 2008 zum Beweis der Tatsachen gerichtet war, dass im Tatzeitraum bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung für ein in Deutschland zugelassenes Fertigarzneimittel dann eine sogenannte Rekonstitution – und keine Rezeptur – vorgelegen habe, wenn lediglich eine getrocknete Wirksubstanz in seine vom pharmazeutischen Unternehmer vorgegebene flüssige Form überführt worden sei, und dass eine abrechnungsfähige Rezeptur nur dann vorgelegen habe, wenn diese nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt und geprüft worden sei, zu ihrer Herstellung nur Ausgangsstoffe verwendet worden seien, deren ordnungsgemäße Qualität festgestellt worden sei, hierüber Aufzeichnungen gemacht worden seien und bei Verwendung importierter Arzneimittel als Ausgangsstoff wenigstens die Identität des Wirkstoffs festgestellt worden sei. Das Landgericht hat den Beweisantrag nach § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung abgelehnt, da die Beweisbehauptungen Be- stand und Auslegung des inländischen Rechts beträfen. Auch diese Ablehnung erfolgte zu Recht.
15
c) Soweit die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die unterbliebene Verlesung des Schreibens vom 12. November 2008 eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend macht, hat sie diese Aufklärungsrüge nicht in der gehörigen Form erhoben. Ihr Vortrag ist nicht vollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), da aus dem betreffenden Schreiben lediglich auszugsweise zwei Passagen zitiert worden sind.
16
d) Jedenfalls unbegründet ist schließlich die Rüge, das Landgericht habe einen Beweisantrag auf Verlesung mehrerer höchstrichterlicher Sozialgerichtsentscheidungen zum Beweis der Tatsache abgelehnt, dass den Angeklagten bekannt gewesen sei, dass die von ihnen unter Verwendung nicht zugelassener Fertigarzneimittel zubereiteten Zytostatika-Lösungen nicht abrechnungsfähig gewesen seien. Das Landgericht hat diesen Beweisantrag zu Recht wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels abgelehnt und hierzu zutreffend ausgeführt , dass sich aus einer Verlesung der benannten Sozialgerichtsurteile keine diesbezügliche Kenntnis der Angeklagten ergäbe und die Urteile auch nicht die vorliegende Problematik (sondern eine Abrechnungsfähigkeit neuer Behandlungsmethoden ) betroffen hätten.
17
2. Die angefochtenen Freisprüche halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Es liegt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kein Darstellungsmangel dahingehend vor, dass es zusätzlicher Feststellungen zur Verfahrensweise bei der Abrechnung der Zytostatika-Lösungen bedurft hätte.
Dem nicht schematisch anzuwendenden Grundsatz, dass das Tatgericht bei freisprechenden Urteilen zunächst die Umstände feststellen muss, die es für erwiesen erachtet, und dazu die Begründung so abzufassen hat, dass dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht wird (BGH, Urteile vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2; vom 9. Juni 2005 – 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2325; vom 6. April2005 – 5 StR 441/04, NStZ-RR 2005, 211, und vom 27. Januar 2011 – 4 StR487/10, NStZ-RR 2011, 275), ist hier genügt. Insbesondere war keine Beschreibung erforderlich, „welche Medikamente genau in der Lauer-Taxegelistet waren“. Zur revisionsgerichtlichen Überprüfung der Beweiswürdigungbe- durfte es auch keiner ausdrücklichen Feststellung, dass in der Datenbank der Lauer-Taxe diejenigen Fertigarzneimittel, Medizinprodukte und apothekenüblichen Waren aufgelistet sind, die in Deutschland für den Handel zugelassen sind. Den Urteilsgründen ist hierzu jedenfalls zu entnehmen, dass sämtliche hier in Rede stehenden Zytostatika, welche die Krankenhausapotheke unter ihren internationalen Handelsnamen ganz überwiegend als für den deutschen Markt bestimmte Medikamente direkt vom Hersteller bezogen hat (UA S. 9), nach dem in den Arzneilieferverträgen beschriebenen Verfahren abgerechnet worden sind (UA S. 27, 37) – und damit auf Grundlage der Daten der LauerTaxe für die in Deutschland zugelassenen Präparate.
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b) Gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bestehen keine rechtlichen Bedenken.
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aa) Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beur- teilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 – 5 StR 564/07, NStZ-RR 2008, 180, 181). Hieran gemessen weist die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorstellungsbild der beiden Angeklagten, sie hätten die erworbenen Zytostatika lediglich als Ausgangsstoffe für die Herstellung einer Rezeptur angesehen und die zubereiteten ZytostatikaLösungen für zulassungsfreie Rezepturarzneimittel gehalten, die als solche auch abzurechnen gewesen seien, keine Rechtsfehler auf.
21
bb) Entgegen der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die entlastenden Einlassungen der Angeklagten nicht ohne weiteres als unwiderlegt hingenommen, sondern sie seiner Entscheidung tatsächlich erst nach umfänglicher Würdigung unter Einbeziehung der weiteren Beweisergebnisse zugrunde gelegt (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Urteile vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34; vom 12. September 2001 – 2 StR172/01, NStZ 2002, 48, und vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, NJW 2006, 522, 527). So hat das Landgericht näher ausgeführt (UA S. 47), dass nach den von den Angeklagten benutzten Standardwerken der pharmazeutischen Literatur eine Zytostatika-Zubereitung seinerzeit durchweg als Herstellung eines Rezepturarzneimittels nach der einschlägigen Vorschrift des § 7 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) bezeichnet wurde. Ebenso als Herstellung eines Rezepturarzneimittels eingestuft wurde die Herstellung applikationsfertiger Zytostatika-Lösungen in Apotheken in einer hierzu 1998 ergangenen Richtlinie der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG), die im Bundesgesundheitsblatt (Heft 9/1998, S. 404) veröffentlicht wurde, und in den 2003 von der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie mit Kommentierung in dritter Fassung herausgegebenen Qualitätsstandards für den pharmazeutisch-onkologischen Service (QuapoS 3). Als gewichtiges Indiz, das die übereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten bestätigte , hat das Landgericht seiner Überzeugungsbildung auch die zwischen dem Krankenhausträger und den Gesetzlichen Krankenkassen vereinbarte Abrechnungsweise zugrunde gelegt; danach sind beide Seiten davon ausgegangen , dass die in der Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika-Lösungen als Rezepturarzneimittel abzurechnen sind (vgl. zum Gewicht dieses Aspekts auch Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13). Weiter hat das Landgericht die allgemeine langjährige Praxis einer Kennzeichnung der Zubereitungen nach der für Rezepturarzneimittel geltenden Vorschrift des § 14 ApBetrO indiziell gewürdigt. Nicht zuletzt durfte das Landgericht bei der Vielzahl der Indizien auch berücksichtigen, dass die patientenindividuelle Herstellung der Zubereitungen (auf die inzwischen auch die Definition der Rezepturarzneimittel in § 1a Abs. 8 ApBetrO in der Fassung vom 5. Juni 2012 abstellt) und der hierbei erforderliche erhebliche Arbeitsaufwand das festgestellte Vorstellungsbild der Angeklagten nachvollziehbar machten.
22
Soweit die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen auch im Zusammenhang mit der vom Landgericht vorgenommenen Gesamtwürdigung (weitere) Aufklärungsmängel behauptet hat, kann sie damit im Rahmen der Sachrüge nicht gehört werden; zulässige Aufklärungsrügen sind insofern nicht erhoben worden.
23
cc) Das Vorbringen der Staatsanwaltschaft, die Angeklagten hätten die Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung zur Herstellung von Rezepturen nicht befolgt, dies auch gewusst und damit die tatsächlichen Umstände ge- kannt, die einer Verkehrs- und Erstattungsfähigkeit selbst bei deren Bewertung als Rezepturarzneimittel entgegengestanden hätten, ist bereits urteilsfremd. Im Übrigen ist den von der Revision angeführten Vorschriften der §§ 6, 11 ApBetrO aber auch nicht zu entnehmen, dass die hier als Ausgangsstoffe verwendeten Fertigarzneimittel mehreren intensiven Identitäts- und Qualitätsprüfungen hätten unterzogen werden müssen, um den Pflichten eines herstellenden Apothekers zu genügen. Denn nach § 12 Abs. 1 ApBetrO müssen Fertigarzneimittel, die nicht in der Apotheke hergestellt worden sind, nur stichprobenweise geprüft werden. Dabei darf von einer über die Sinnesprüfung hinausgehenden Prüfung abgesehen werden, wenn sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, die Zweifel an der ordnungsgemäßen Qualität des Arzneimittels begründen. Diese Voraussetzung einer vereinfachten Qualitätsprüfung soll gewährleisten, dass die Regelung des § 12 ApBetrO, die nach ihrem Wortlaut nicht auf in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel beschränkt ist (vgl. auch Blume in Pfeil/Pieck/Blume, ApBetrO, 10. Ergänzungslieferung 2013, § 12 Rn. 2; Cyran/Rotta, ApBetrO, 5. Aufl., § 12 Rn. 5), zu keiner Schutzlücke bei der Arzneimittelsicherheit führt, die der Gesetzgeber zur Gewährleistung der Verbrauchergesundheit bei der Arzneimittelherstellung einerseits durch die Zulassungspflicht bei industrieller Herstellung und andererseits durch diverse Prüfungs- und Dokumentationspflichten bei Apothekenherstellung sicherstellt (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2012 – 1 StR 534/11, BGHSt 57, 312, 318 f. Rn. 31). Dass hier Anhaltspunkte für Qualitätsmängel vorgelegen hätten, die zu einer über die vom Landgericht festgestellte visuelle Prüfung der verwendeten Fertigprodukte (UA S. 43, 45) hinausgehenden Analyse hätte führen müssen, ist nicht ersichtlich. Bei den Zytostatika handelte es sich durchweg um Originalpräparate der Herstellerunternehmen , deren inhaltliche Zusammensetzung identisch mit den hier zugelassenen für Deutschland bestimmten Medikamenten war. Allein die fremdsprachige Kennzeichnung der Verpackung der Ausgangsstoffe, die bei Abgabe der Infusionslösungen nicht an deren Empfänger gelangte, vermag einen Qualitätsmangel des Arzneimittels nicht zu begründen.
24
dd) Der Generalbundesanwalt hat mit seiner Beanstandung einer mangelhaften Darstellung der Verfahrensweise bei der Abrechnung der ZytostatikaLösungen einen Rechtsfehler auch nicht insoweit aufgezeigt, als er hierzu ausgeführt hat, für die von den Angeklagten bezogenen für das Ausland bestimmten Medikamente habe in der Lauer-Taxe kein Eintrag zur Verfügung gestanden , so dass auch keine Abrechnungsmöglichkeit bestanden habe. Diese Ansicht wird dem Charakter der Lauer-Taxe nicht gerecht: Bei ihr handelt es sich um eine privatunternehmerisch unterhaltene Datenbank, die lediglich deklaratorisch unter anderem Anhaltspunkte für die Abrechnung von auf dem deutschen Markt erhältlichen in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln gibt, aber keine normative Bestimmung der überhaupt nur abrechnungsfähigen Arzneimittel enthält. Sie ist ein technisches Hilfsmittel, um unter anderem das für öffentliche Apotheken geltende gesetzgeberische Gebot einheitlicher Apothekenabgabepreise für verschreibungspflichtige Medikamente (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG) umzusetzen , ohne etwas über die ohnehin nur durch Rechtsnormen zu regelnde Verkehrsfähigkeit bestimmter Rezepturen zu besagen (vgl. zur Bedeutung der Lauer-Taxe näher BSGE 114, 36, 43 Rn. 21 f.; Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13). Auch die Arzneimittellieferverträge zwischen dem Kreiskrankenhaus bzw. dessen Träger und den Gesetzlichen Krankenkassen legten nach ihrem vom Landgericht festgestellten Inhalt mit der Bezugnahme auf die Lauer-Taxe nicht die Art der abrechnungsfähigen Medikamente, sondern nur den rechnerisch maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Preisbildung fest. Die Angeklagten erklärten daher mit ihrem Rückgriff auf Preise aus der Lauer-Taxe auch nicht konkludent, die dort gelisteten Fertigarzneimittel nur aus für den deutschen Markt bestimmten Chargen derselben vom Originalhersteller erzeugten Ausgangsmenge verwendet zu haben (vgl. zur gesetzlichen Definition der Charge § 4 Abs. 16 AMG).
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c) Der Senat kann auch in dieser Sache offen lassen (vgl. schon Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13), ob er sich der vom 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 4. September 2012 (1 StR 534/11, BGHSt 57, 312, mit insoweit jeweils abl. Anmerkungen von Kölbel, JZ 2013, 849, 850 f.; Wesser, A&R 2012, 243 ff.; Brand/Unseld, ZWH 2012, 482, 484 ff.; zust. Rehmann, AMG, 4. Aufl., § 4 Rn. 1, vgl. auch Blume in Pfeil/Pieck/Blume, ApBetrO, 10. Ergänzungslief. 2013, § 7 Rn. 5 f., 9) vertretenen Ansicht anschließt , wonach es sich bei den in Apotheken hergestellten ZytostatikaLösungen (weiterhin) um Fertigarzneimittel handelt, oder ob es vorzugswürdig erscheint, derartige Zubereitungen als Rezepturarzneimittel einzustufen. Denn hierauf kommt es – ungeachtet der Frage, ob den Rezeptabrechnungen nach dem durch die Verkehrsanschauung objektivierten Empfängerhorizont überhaupt ein täuschungsrelevanter konkludenter Erklärungsinhalt beizumessen ist (dazu eingehend Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13) – auch hier nicht entscheidend an. Jedenfalls hat das Landgericht jeweils den subjektiven Tatbestand hinsichtlich der hier noch in Rede stehenden Tatvorwürfe des Abrechnungsbetruges und des arzneimittelrechtlichen Vergehens nach § 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG aF bei beiden Angeklagten rechtsfehlerfrei verneint, weil es aufgrund des festgestellten Vorstellungsbildes der Angeklagten – bei der (auch vom Senat als Prämisse seiner sachlich-rechtlichen Überprüfung zugrunde zu legenden) Wertung, es habe sich bei den Infusionslösungen tatsächlich um nicht verkehrsfähige Fertigarzneimittel gehandelt – zutreffend jeweils von einem Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB ausgegangen ist. Die hiergegen gerichteten, allerdings nicht substantiiert begründeten Angriffe der Revisionen können nicht durchdringen.
26
aa) Ist in objektiver Hinsicht für eine Tatbestandsverwirklichung die arzneimittelrechtliche Einordnung der zubereiteten Zytostatika-Lösungen ausschlaggebend , so lässt sich der diesbezügliche Irrtum der Angeklagten jedenfalls im Rahmen des Betrugsvorwurfs nicht als ein für den Vorsatz unbeachtlicher Subsumtionsirrtum einstufen, da der Irrtum nicht den Begriffsinhalt eines Tatbestandsmerkmals des § 263 StGB betrifft (vgl. zur Umschreibung des Subsumtionsirrtums NK-Puppe, StGB, 4. Aufl., § 16 Rn. 42 f.; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 16 Rn. 13 mwN); eine Kenntnis der Angeklagten von Tatsachen, die anknüpfend an die arzneimittelrechtliche Abgrenzung der Begriffe von Fertigund Rezepturarzneimittel das (Fort-)Bestehen einer Zulassungspflicht für den Ausgangsstoff der erworbenen Zytostatika und damit eine fehlende Verkehrsfähigkeit des Endprodukts der Zubereitungen begründen könnten, reicht hier für den Vorsatz nicht aus. Vielmehr handelt es sich bei einer aus der fehlenden Zulassung der verarbeiteten Zytostatika resultierenden Nichtabrechenbarkeit um eine rechtliche Tatsache, die unmittelbares Bezugsobjekt der Tatbestandsmerkmale Täuschung und Irrtum und zugleich Bedingung für die Rechtswidrigkeit der mit der Abrechnung erstrebten Bereicherung ist. Sie stellt somit einen den gesetzlichen Tatbestand des § 263 StGB in mehrfacher Hinsicht ausfüllenden Umstand dar. Da die Angeklagten die abgegebenen Arzneimittel für Rezepturarzneimittel hielten, fehlte es ihnen schon an dem Vorsatz, eine tatsächlich nicht bestehende Verkehrsfähigkeit vorzutäuschen, wie das Landgericht zutreffend unter vergleichender Bezugnahme auf die Senatsentscheidung zum fehlenden Täuschungsvorsatz bei einem Irrtum über die rechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelversorgung erkannt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 5 StR 581/12, NStZ-RR 2013, 313). Zugleich bestand kein Vorsatz hinsichtlich eines Vermögensschadens und einer Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung im gesamten Abrechnungsumfang (vgl. insoweit zu einem von st. Rspr. angenommenen Tatbestandsirrtum über die Rechtswidrigkeit erstrebter Vermögensvorteile bzw. Bereicherung bei irriger Annahme eines tatsächlich nicht bestehenden Anspruchs BGH, Urteile vom 20. März 1953 – 2 StR60/53, BGHSt 4, 105, 106 f.; vom 17. Oktober 1996 – 4 StR 389/96, BGHSt 42, 268, 272; vom 7. August 2003 – 3 StR 137/03, BGHSt 48, 322, 328 f., und vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 402/10, NStZ 2011, 519; Beschlüsse vom 9. Juli 2003 – 5 StR 65/02, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vorsatz 4, und vom 16. Juli 2013 – 2 StR 163/13, StV 2014, 283; zusammenfassend zur Irrtumsproblematik bzgl. dieses Tatbestandsmerkmals beim Betrug LK-Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 268 f.; NK-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 370; Hefendehl in MüKoStGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 812).
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bb) Eine Verwirklichung des Betrugstatbestands durch die Angeklagten ist entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft schließlich auch nicht darin zu sehen, dass die Angeklagten bei den in den Anklagefällen abgerechneten Rezepten die für die Zubereitung der Zytostatika-Lösungen verwendeten Fertigarzneimittel nicht mit den hierfür tatsächlich gezahlten niedrigeren Einkaufspreisen angesetzt, sondern wie auch bei allen übrigen ZytostatikaAbrechnungen Preise zugrunde gelegt haben, die sich für entsprechende Ausgangsstoffe aus der Lauer-Taxe ergaben.
28
Zwar liegt hier in der Rezeptabrechnung neben der Behauptung eines sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs auch die konkludent miterklärte Aussage der Angeklagten, die Berechnung unter Einhaltung der abrechnungsrechtlichen Maßgaben vorgenommen zu haben (vgl. schon RGSt 42, 147, 150 zur Abrechnung nach einer Arzneimittel-Taxe; siehe auch BGH, Urteile vom 2. November 1951 – 4 StR 27/51, LM Nr. 5 zu § 263 StGB, und vom 10. März 1993 – 3 StR 461/92, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 12; eingehend Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13 mwN). Auch in- soweit setzt jedoch schon eine (konkludente) Täuschung durch die Angeklagten voraus, dass der nicht mitgeteilte tatsächliche Einkaufspreis für die Höhe des jeweils geltend gemachten Erstattungsanspruchs nach der Verkehrsanschauung objektiv insoweit von Belang war, als der von ihm erzielte Einkaufsvorteil an die Gesetzlichen Krankenkassen weiterzugeben gewesen wäre. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Den Gesetzlichen Krankenkassen hätten selbst im Falle einer Offenlegung der Einkaufsvorteile durch die Angeklagten keine Abschläge auf ihre geltend gemachten Erstattungsansprüche zugestanden.
29
Grundlage der Berechnung des Apothekenabgabepreises der von den Angeklagten zubereiteten Zytostatika-Lösungen waren die auf § 129a, § 300 Abs. 3 SGB V (jeweils idF vom 1. Januar 2004) basierenden Normenverträge, die den gegen die Gesetzlichen Krankenkassen bestehenden Vergütungsanspruch der Krankenhausapotheke ausgestalteten; diese ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) von der sonst über die AMPreisV sichergestellten Arzneimittelpreisbindung (§ 78 Abs. 2 Satz 2 AMG) befreit (vgl. zum hierdurch bewirkten Krankenhausprivileg, nach dem die krankenhausversorgenden Apotheken seit jeher deutlich unter den für öffentliche Apotheken geltenden Bezugspreisen beliefert werden, BGH, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 5 StR 1/12, NStZ 2012, 628 mwN). Nach diesen Arzneimittellieferverträgen zwischen dem Kreiskrankenhaus bzw. der Krankenhausträger und den Gesetzlichen Krankenkassen durften für die zur Herstellung der Zytostatika -Lösungen als Ausgangsstoffe verwendeten Fertigarzneimittel die Preise zugrunde gelegt werden, die in der Lauer-Taxe für ein entsprechendes Präparat genannt waren. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts verwiesen die Arzneimittellieferverträge ohne Einschränkung auf die Referenzpreise der Lauer -Taxe. Die Vereinbarungen über abrechnungsfähige Einkaufspreise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen haben weder eine abweichende Bestimmung zur Abrechnung von zytostatikahaltigen Lösungen in Fällen wie dem vorliegenden getroffen, in denen die zur Herstellung der Zubereitung verwendeten Originalpräparate nur in Form der für den deutschen Markt bestimmten und hier zugelassenen Chargen in der Lauer-Taxe aufgeführt sind, noch sonst Kostenvorteile aufgrund günstiger Einkaufsbedingungen der Krankenhausapotheke geregelt. Dementsprechend sind – unbeanstandet – bei den ganz überwiegend unmittelbar beim Hersteller erfolgten Einkäufen der für den deutschen Markt bestimmten Zytostatika auch nicht die niedrigeren Preise zur Grundlage der Preisbildung gemacht worden, die über die besonderen Konditionen des Einkaufsverbundes erreicht wurden (UA S. 10), sondern die nach der Lauer-Taxe ermittelbaren.
30
Eine mögliche Regelung solcher individueller Fallgestaltungen bei der Abrechnung von Zytostatika-Zubereitungen durch Krankenhausapotheken – etwa durch ein allerdings zu erheblichem Verwaltungsaufwand führendes Ab- stellen auf tatsächliche Einkaufspreise – hat der Gesetzgeber erst mit der AMGNovelle vom 17. Juli 2009 in den Blick genommen und erleichtert. Er hielt „die Regelungen zur Abrechnung von onkologischen Rezepten“ für änderungsbedürftig , „weil erhebliche Rabatte und Einkaufsvorteile nicht an die Krankenkassen fließen“ (BT-Drucks. 16/12256, S. 2) und hat für den Bereich der Arzneimit- telversorgung durch Krankenhausapotheken mit der in § 129a Satz 4 SGB V neu eingefügten Verweisungsnorm nunmehr ein Auskunftsrecht der Gesetzlichen Krankenkassen geschaffen. Diese können gemäß § 129 Abs. 5 Satz 4 SGB V von der Apotheke Nachweise über Bezugsquellen und verarbeitete Mengen sowie die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise und vom pharmazeutischen Unternehmer über die vereinbarten Preise für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen verlangen.
31
cc) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht schließlich auch eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Inverkehrbringens von gefälschten Arzneimitteln gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3a, § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG (idF vom 12. Dezember 2005, nunmehr § 8 Abs. 2 AMG) verneint. Es bedarf letztlich keiner Entscheidung, ob das den Angeklagten zur Last gelegte Verhalten, die in der Krankenhausapotheke zubereiteten Zytostatika-Lösungen nach der Bestimmung für Rezepturen (§ 14 ApBetrO) kennzeichnen zu lassen, überhaupt in objektiver Hinsicht den Verbotstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF erfüllt, wie das Landgericht angenommen hat. Zweifel bestehen insofern, als die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF wie die übrigen Verbote des § 8 AMG „zum Schutz vor Täuschung“ der Verbraucher dienen soll.Nach diesem schon in der amtlichen Gesetzesüberschrift zum Ausdruck gekommenen Schutzzweck der Norm wird eine falsche Bezeichnung der Herkunft (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF) bzw. eine falsche Angabe über die Herkunft von Arzneimitteln (§ 8 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 40 Ziff. 2 AMG) vom Verbot nur erfasst, wenn der Herkunftsangabe eine Täuschungseignung zukommt (siehe auch Heßhaus in Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl., § 8 AMG Rn. 6; Freund in MüKoStGB, 2. Aufl., § 8 AMG Rn. 4; Volkmer in Körner, BtmG, 7. Aufl., § 95 AMG Rn. 175). Eine derartige Täuschungseignung der von den Angeklagten auch sonst geübten Praxis, Zytostatika -Lösungen als Rezepturen zu kennzeichnen und als ihren Hersteller die Krankenhausapotheke anzugeben, liegt eher fern. Denn auch ungeachtet der zur Tatzeit herrschenden Ansicht über eine arzneimittelrechtliche Einstufung solcher Zubereitungen als Rezepturen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 405/13 mwN) muss jedenfalls den behandelnden Onkologen als Empfängern der Infusionsbeutel klar gewesen sein, dass mit der Herstellerbezeichnung auf dem erst nach ihrer Verschreibung zubereiteten Arzneimittel nicht die Herkunft des verarbeiteten Fertigarzneimittels gemeint gewesen sein kann.
32
Jedenfalls hat das Landgericht im Hinblick auf die Vorstellung der Angeklagten , dass es sich bei den Zytostatika-Zubereitungen um Rezepturarzneimittel handele, als deren Hersteller die Krankenhausapotheke anzusehen sei, einen Vorsatz zu Recht verneint. Indem die Strafvorschrift des § 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG auf die Verbotsnorm des § 8 Abs. 1 Nr. 1a AMG aF verweist, ist das in dem Verbot enthaltene Merkmal falscher Herkunftskennzeichnung selbst Merkmal des Straftatbestands, das vom Vorsatz des Täters erfasst sein muss. Danach lag hier – weiterhin unter der Prämisse, dass die ZytostatikaZubereitungen die arzneimittelrechtliche Zuordnung der verarbeiteten Fertigarzneimittel behielten – ein Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB vor, so dass das Landgericht zumindest in subjektiver Hinsicht auch eine Verurteilung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3a AMG ohne Rechtsfehler abgelehnt hat.
Sander Schneider Dölp
Berger Bellay

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.