Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 3 StR 17/15

bei uns veröffentlicht am26.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 17/15
vom
26. November 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz
2
1. Ein Mitglied des Aufsichtsrats einer GmbH trifft die Pflicht im Sinne des Untreuetatbestands
, das Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Es verletzt
diese Pflicht u.a. dann, wenn es mit einem leitenden Angestellten der Gesellschaft
bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden, die Grenzen
der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschreitenden Fehlverhalten
zusammenwirkt.
2. § 39 Ziff. 5 Satz 2 der Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung
Rheinland-Pfalz schützt die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers.
3. Zu der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem Eintritt eines
Vermögensnachteils bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen für
ein Bundesland durch dessen Finanzminister.
4. Ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von
Beihilfen begründet keine Pflichtverletzung im Sinne des UntreuetatbestanECLI
:DE:BGH:2015:261115B3STR17.15.0
des; denn diese Regelungen dienen nicht dem Schutz des Vermögens des
Beihilfegebers, sondern dem des europäischen Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen.
5. Zu den Darlegungsanforderungen bezüglich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
, wenn dem Angeklagten eine Handlungsvollmacht für die
Gesellschaft erteilt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Untreue u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten D. , K. und N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - mit Ausnahme der Aufhebung des Urteils
in den Fällen IV.2 und 7 der Urteilsgründe auf dessen Antrag - am
26. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. April 2014 aufgehoben
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.8 und 9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
b) soweit es den Angeklagten K. betrifft, aa) im Fall IV.2 der Urteilsgründe und der Angeklagte insoweit freigesprochen; die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe ; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
c) soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und zum Vermögensnachteil aufrecht erhalten;
d) soweit es die Mitangeklagten M. und W. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe. Im Umfang der Aufhebung - mit Ausnahme des Teilfreispruchs des Angeklagten K. - wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten K. und N. hat die Strafkammer wegen Untreue in sieben ( K. ) bzw. vier (N. ) Fällen Bewährungsstrafen verhängt und sie im Übrigen freigesprochen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und W. hat das Landgericht jeweils unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in neun Fällen verwarnt und die Verurteilung von Geldstrafen vorbehalten. Mit ihren Revisionen wenden sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten D. und K. beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen waren die revidierenden Angeklagten im Tatzeitraum in unterschiedlicher Funktion bei der Nürburgring GmbH tätig. Der Angeklagte K. war deren Geschäftsführer; der Angeklagte D. war damals Finanzminister des Landes Rheinland -Pfalz und seit dem Jahr 2006 Vorsitzender des satzungsmäßig eingerichteten Aufsichtsrats. Der Angeklagte N. war Leiter der Controlling-Abteilung. Er war direkt dem gesondert verfolgten Finanzdirektor und Prokuristen L. unterstellt sowie selbst Vorgesetzter unter anderem des Zeugen De. . Ihm war "Handlungsvollmacht nach § 54 HGB" erteilt. Nach internen Regelungen durfte er Verpflichtungen - mit entsprechender Befugnis zur Freigabe - bis zu einem Umfang von 20.000 € eingehen, bei Beträgen über 5.000 € allerdings nur ge- meinsam mit einem Direktor wie etwa L. . Zu seinem Aufgabenkreis gehörte es weiter, die inhaltliche und sachliche Richtigkeit von eingehenden Rechnungen zu überprüfen. Die Geschäftsanteile an der Nürburgring GmbH hielten zu 90% das Land Rheinland-Pfalz und zu 10% der Landkreis Ahrweiler. Den Verurteilungen liegen Vorgänge zugrunde, die sich im Rahmen des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" zutrugen:
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1. Der Nürburgring ist eine traditionsreiche, in einer strukturschwachen Region des Landes Rheinland-Pfalz gelegene Rennstrecke, die von der Nürburgring GmbH verwaltet wird. Bereits seit Jahrzehnten wurde versucht, das Angebot am Nürburgring um andere Freizeitmöglichkeiten neben dem Rennbetrieb zu erweitern. Aus diesen Bestrebungen entstand das Ausbauprojekt "Nürburgring 2009", mit dem der Nürburgring zu einem Freizeit-, Business- und Erlebniszentrum mit ganzjährigen, wetterunabhängigen Angeboten entwickelt werden sollte. Das Ausbauprojekt gliederte sich in zwei Bereiche: Bereich I umfasste die Bauprojekte "ringBoulevard", "Warsteiner-Event Center", "ringWerk" und "ringArena"; das Teilprojekt Bereich II betraf den Ausbau der Hotel- und Gastronomieanlagen. Finanziert werden sollte das Vorhaben durch private Investoren , wobei sich die geschätzten Investitionskosten zunächst auf 135 Mio. € für Bereich I und auf 95 Mio. € für den Bereich II beliefen. Die Suche nach Privatinvestoren gestaltete sich allerdings für beide Teilprojekte schwierig.
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Mitte des Jahre 2006 stellten die Zeugen B. und Me. ein Finanzierungskonzept für den Bereich I des Ausbauprojektes vor. Dieses hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die von den Zeugen gehaltene I. (I. ) S.A. (im Folgenden: I. S.A.) zahlt an die Nürburg- ring GmbH 135 Mio. €. Im Gegenzug wird der I. E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der I. S.A., ein Nießbrauchsrecht an den bebauten Grundstücken und Betriebseinrichtungen eingeräumt, welche sie sodann an die Nürburgring GmbH rückvermietet. Der Mietvertrag läuft über 27 Jahre; die Grundmiete beträgt pro Jahr 5 Mio. €, so dass die Investitionssumme am Ende der Gesamtlaufzeit den Grundmieteinnahmen entspricht. Eine Kündigung durch die Nürburgring GmbH ist frühestens nach elf Jahren möglich, wobei in diesem Fall eine "Optionsgebühr" und auf Grundlage einer festgelegten Formel eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Wesentlichen der noch offe- nen Mietzinszahlung für die verbleibende Laufzeit entspricht. Der wirtschaftliche Vorteil dieses Konzepts lag für die Nürburgring GmbH darin, dass ihr die Investitionssumme zinsfrei zur Verfügung gestellt würde. Rein rechnerisch ergab sich bereits bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung nach elf Jahren ein Zinsvorteil von 33 Mio. €. Zusätzlich garantierte die I. S.A.auf die im Falle einer vorzeitigen Kündigung zu leistenden Entschädigung einen festen Abzugs- betrag in Höhe von 30 Mio. €. Wirtschaftlich betrachtet wären der I. S.A.da- mit im Fall einer Kündigung nach elf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 33 Mio. € entgangen und zusätzlich ein Verlust von 30 Mio. € entstanden.
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Die I. S.A. bzw. die hinter dieser stehenden B. und Me. wollten ihre Gewinne durch eine Refinanzierung des Investitionskapitals erwirtschaften. Hierzu planten sie, nach dem sog. Senior-Life-Settlements-Modell auf dem USMarkt in einem Volumen von 1,2 Mrd. US-Dollar notleidend gewordene Lebensversicherungen zu einem Bruchteil von deren Nominalablaufwert aufzukaufen. Nach US-amerikanischem Versicherungsrecht erhält der Versicherungsnehmer bei einer Einstellung der Prämienzahlungen keine Leistungen aus dem Vertrag, weshalb es bei drohendem Zahlungsausfall günstiger ist, die Versicherung an einen Aufkäufer zu übertragen, der die restlichen Prämienzahlungen übernimmt. Da der Ausfall der Prämienzahlung seitens der Versicherungen bereits in die Prämienhöhe einkalkuliert wird, erlangt der Investor bei erfolgreicher Durchführung einen im Verhältnis zur Prämienzahlung relativ hohen Betrag. Allerdings sahen die US-amerikanischen Bestimmungen vor, dass ein Aufkauf derartiger Lebensversicherungspolicen durch NichtVersicherungsunternehmen wie der I. S.A. nur in Verbindung mit einem Immobiliengeschäft rechtlich zulässig war. Als ein solches werteten B. und Me. die Beteiligung am Ausbauprojekt "Nürburgring 2009". Da die I. S.A.
die Investitionssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar nicht aufbringen konnte, benötigte sie ihrerseits einen Investor, der bereit war, das Projekt zu finanzieren.
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Im August 2006 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. einen Projektfinanzierungs- und Entwicklungsvertrag, dessen Gegenstand unter anderem die Vermittlung eines Investors durch die I. S.A. war. Dies gelang B. und Me. zunächst allerdings nicht. Im weiteren Verlauf schlossen die Nürburgring GmbH und die I. Gesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), eine Tochtergesellschaft der I. S.A., am 27. März 2007 einen Vorvertrag. Hierin verpflichtete sich die Nürburgring GmbH zur pauschalen Erstattung von Vorlaufkosten, die der I. GmbH durch die Suche nach einem Investor bzw. durch die Vermittlung der Finanzierung entstehen würden. Der Vertrag sah monatliche Pauschalzahlungen in Höhe von 20.000 € vor und war zunächst bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In der Folgezeit wurde er durch vier Nachträge bis zum 30. September 2008 verlängert , wobei die monatliche Zahlungsverpflichtung zuletzt 40.000 € betrug. Am 2. September 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. zudem eine Provisionsvereinbarung, wonach die I. S.A. für die erfolgreiche Vermittlung der Projektfinanzierung ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 Mio. € erhalten sollte. Der Vertrag sah u.a. vor, dass die erste Rate in Höhe von 1 Mio. € des Erfolgshonorars erst nach dem tatsächlichen Eingang der ersten Finanzierungsrate fällig war; die aufgrund des Vorvertrages vom 27. März 2007 von der Nürburgring GmbH erbrachten Zahlungen sollten auf die Provision angerechnet werden.
7
Im Jahr 2008 zeigte sich der gesondert verfolgte Ba. , der in der Folgezeit unter seiner Firma B&B (im Folgenden: B&B ) handelte, an einem Engagement in dem Teilprojekt Bereich I interessiert und unterbreitete verschiedene Finanzierungsangebote. Das dritte Finanzierungsangebot war gerichtet an die I. S.A. und sah eine Investition über 1,2 Mrd. US-Dollar vor, die unter der Bedingung stand, dass die I. S.A. eine Einlage über 10% der Finanzierungssumme - mithin 120 Mio. US-Dollar - für eine Laufzeit von 14 Monaten erbringt. Dieses Finanzierungskonzept verfolgten die Beteiligten weiter, wobei die von der I. S.A. zu leistende Bareinlage schließlich 80 Mio. € betragen sollte. Im Juni 2008 unterrichtete D. den Auf- sichtsrat umfassend über das geplante Finanzierungskonzept. Ende Juni 2008 übermittelte die Geschäftsführung den Aufsichtsratsmitgliedern Entwürfe eines Nießbrauchsvertrages, eines Generalübernehmervertrages, eines Mietvertrages und eines Optionsvertrages; hiermit verbunden war der Antrag auf Zustimmung zum Abschluss des Vertragswerks. Am 1. Juli 2008 fasste der Aufsichtsrat folgenden Beschluss: "Der Aufsichtsrat beauftragt und ermächtigt die Geschäftsführung, alle notwendigen Verträge und sonstigen Vereinbarungen mit der I. , deren Vertretern oder mit der I. verbundenen Gesellschaften abzuschließen, um eine Finanzierung des Projektes Nürburgring 2009 zu realisieren…"
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Grundlage des Beschlusses war § 7 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH (im Folgenden: GesV). § 7 GesV lautete: "§ 7 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Abs. 1: Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinaus gehenden Handlungen ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen.

Abs. 2: Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen in jedem Fall: … Abs. 3: Der Aufsichtsrat kann sich die vorherige Zustimmung zu bestimmten anderen Arten von Geschäften vorbehalten. Er kann widerruflich seine Einwilligung zu Geschäften, die seiner Zustimmung bedürfen , allgemein unter der Voraussetzung erteilen, dass die von ihm gemachten Auflagen erfüllt sind."
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Am 31. Juli 2008 entschied D. im Rahmen eines Gesprächs im Finanzministerium mit weiteren an der Finanzierung beteiligten Personen , dass die nach den bisherigen Verträgen von der I. S.A. zu leistende Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € von der Nürburgring GmbH erbracht werden sollte, da die I. S.A. hierzu finanziell nicht in der Lage war; die mit der erforderlichen Darlehensaufnahme verbundenen Zinsen sowie die mit der Anlage der Bareinlage verbundenen Bankspesen sollten nach seiner Entscheidung ebenfalls von der Nürburgring GmbH übernommen werden. Den für die Zahlung der Bareinlage erforderlichen Betrag sollte die Nürburgring GmbH darlehensweise aus Landesmitteln über den sog. Liquiditätspool erhalten, der bei dem Kreditreferat des Ministeriums für Finanzen eingerichtet war; diesbezüglich gab D. einem Mitarbeiter des Finanzministeriums vor, dass die Zahlung aus dem Liquiditätspool "unter Bilanzebene" abgewickelt werden sollte ; dementsprechend fand das Darlehen in der Bilanz der Nürburgring GmbH keine Erwähnung.
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2. Vor dem geschilderten Hintergrund kam es u.a. zu den folgenden Handlungen:
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a) In die Vorgänge um die Zahlung der von der I. S.A. geschuldeten, jedoch von der Nürburgring GmbH erbrachten Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € war die Rechtsanwaltskanzlei C. eingebunden. Ende August 2008 regte sie wegen der verschärften Regelungen zur Geldwäsche an, das Landeskriminalamt einzubinden und prüfen zu lassen, ob es Erkenntnisse oder Verdachtsmomente gegen die an der geplanten Anlage des Bardepots über 80 Mio. € Beteiligten gebe. D. bat daraufhin den damaligen Landesinnenminister Br. um eine entsprechende Überprüfung. Zudem stellte er eigene Internetrecherchen an; dabei stieß er auf Gerüchte einer Verbindung zwischen der I. S.A. und einem mexikanischen Drogenkartell. Dies teilte er am Rande einer Aufsichtsratssitzung am 2. September 2008 K. mit. Am Morgen des 8. September 2008 bestätigte Innenminister Br. D. den Verdacht, dass die I. S.A. zum Umfeld eines mexikanischen Drogenkartells gehöre. Hintergrund war, dass im Handelsregister von Luxemburg zwei irische Firmen als Aktionäre der I. S.A. eingetragen waren; beide Firmen waren auch Aktionäre einer Gesellschaft, in der eine zu den wichtigsten Drahtziehern der mexikanischen Drogenmafia zählende Familie ihre Geschäfte bündelte.
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Es folgte eine Sitzung im Finanzministerium, an der D. , der Zeuge Dr. von der Kanzlei C. und L. teilnahmen. Die Beteiligten kamen überein, dass ein sofortiges Ende der Geschäftsbeziehung zur I. S.A. erforderlich sei, wenn die Gerüchte über deren Beziehung zur mexikanischen Drogenmafia nicht zügig und umfassend widerlegt werden könnten. D. befürchtete bei deren Ausbreitung einen großen Imageschaden für das Land Rheinland-Pfalz und das Projekt "Nürburgring 2009". Konfrontiert mit den Vorwürfen bestritt Me. jedoch eine bestehende Verbindung zu einem Drogenkartell; die beiden irischen Firmen seien - was sich zehn Tage später bestätigte - lediglich Aktionäre des erworbenen Firmenmantels gewesen. Die Forderung, neue und von dem Verdacht unbelastete Gesellschaften zu gründen, die in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge eintreten sollten, lehnte er wegen der entstehenden Gründungskosten ab. Daraufhin fassten K. sowie L. den Entschluss, die Nürburgring GmbH die Kosten der gewünschten Neugründung einer Gesellschaft, der P. S.A., tragen zu lassen.
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Noch am 8. September 2008 unterschrieb Me. für die I. GmbH einen Vertrag, nach dem die Nürburgring GmbH die Gründungskosten für die "P. S.A." in Höhe von netto 45.000 € tragen sollte. Die Kosten sollten im Falle einer erfolgreichen Vermittlung der Finanzierung auf den Provisionsanspruch aus dem mit der I. S.A. geschlossenen Vertrag vom 2. September 2007 angerechnet werden. Am selben Tage stellte Me. der Nürburgring GmbH für die I. GmbH den Betrag von 53.550 € (45.000 € netto) in Rechnung. Der Betrag wurde ausgezahlt, nachdem K. und L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch richtig" abgezeichnet hatten. Einen Tag später gründeten Me. und B. vereinbarungsgemäß die P. S.A. und darüber hinaus nach deutschem Recht die P. GmbH. Die Gesellschaften traten kurze Zeit später für die I. S.A. und die I. E. GmbH in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge ein (Fall IV.2 der Urteilsgründe).
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b) Während dieser Vorgänge wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes weiter vorangetrieben. So kündigte N. am 22. September 2008 gegenüber der Schweizer Bank LLB die Überweisung von 80 Mio. € an. Am selben Tag stellte die I. GmbH der Nürburgring GmbH "… gemäß dem ge- schlossenen Vorvertrag" für den Monat Oktober 2008 eine Aufwandsentschä- digung in Höhe von 40.000 € nebst 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Nach Ein- gang der Rechnung am 23. September 2008 fassten K. und N. sowie L. den Entschluss, diese Rechnung durch die Nürburgring GmbH begleichen zu lassen. Ihnen war bewusst, dass keine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten bestand, da der Vorvertrag bis zum Monat September 2008 begrenzt war und auch der vierte Nachtrag zum Vorvertrag eine Aufwandsentschädigung nur bis zum 30. September 2008 vorgesehen hatte. Gleichwohl zeichneten alle drei die Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig ab. In weiterer Ausführung des Tatplans veranlassten K. und L. die Auszahlung der in Rechnung gestellten Aufwandsentschädigung. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst. Erstattungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. bzw. die I. GmbH im Oktober 2008 nicht (Fall IV.3 der Urteilsgründe).
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c) Obwohl die von Ba. geforderte Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € am 24. September 2008 bei der LLB/Schweiz verbucht und angelegt worden war, kam die Finanzierung nicht zustande: Zunächst hielt Ba. unter anderem eine vertraglich vereinbarte Frist von drei Tagen zum Nachweis eines Investors nicht ein; sodann verschwand er zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 spurlos. Schließlich wurde die erste Finanzierungsrate auch nach seinem Wiederauftauchen trotz mehrfacher Aufforderung nicht gezahlt.
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Noch im Jahr 2008 präsentierte Ba. jedoch weitere angebliche Investoren , so u.a. die Ölgesellschaft T. und die A. AG. Eine Überprüfung der Gesellschaften durch die RechtsanwaltskanzleiR. ergab jedoch in beiden Fällen Bedenken, weil sich die ermittelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen nicht so wie von Ba. vorge- geben darstellten. Die Bestrebungen zur Finanzierung des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" konkretisierten sich gleichwohl wieder. Dabei forderte Ba. erneut, dass eine Bareinlage in Höhe von nunmehr 95 Mio. € erbracht werden müsse. Diese wurde ebenfalls von der Nürburgring GmbH geleistet , durch die darlehensweise Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanziert und im März 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank angelegt.
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Ende April 2009 fand eine Telefonkonferenz zwischen D. und N. sowie L. , B. und Me. statt. Hintergrund war eine zuvor durchgeführte Prüfung des Finanzierungskonzeptes durch eine Schweizer Wirtschaftskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierbei hatte sich ergeben, dass der im Rahmen des Finanzierungskonzeptes zwischen der P. S.A. und B&B zu schließende Darlehensvertrag über 165 Mio. € negative ertragssteuerliche Konsequenzen für die P. S.A. gehabt hätte. Me. forderte daraufhin, dass die Ertragssteuer entweder vom Land Rheinland-Pfalz oder der Nürburgring GmbH übernommen werden müsse. Dies lehnte D. ab; er ging aber auf den Vorschlag ein, dass zum Erhalt steuerlicher Vorteile seitens B. und Me. eine Schweizer Aktiengesellschaft gegründet werden sollte. Die Gründungskosten in Höhe von 100.000 € sollte die Nürburgring GmbH tragen. Dabei erklärte D. , dass der Betrag von 100.000 € nicht in Verbindung mit der Gesellschaftsgrün- dung gebracht werden dürfe; auch müsse der Betrag auf das später etwaig zu zahlende Erfolgshonorar angerechnet werden.
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Unter dem 30. April 2009 ging daraufhin eine Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein, mit der die I. GmbH "für erbrachte Leistungen in den Monaten Juni, Juli und August 2008" ein "Honorar" von netto 100.000 € berechnete. Die Rechnung zeichneten K. und L. entsprechend ih- rem zuvor gefassten gemeinsamen Entschluss als sachlich und rechnerisch richtig ab und gaben sie zur Zahlung frei. Im Juni 2009 gründeten B. und Me. nach schweizerischem Recht die G. AG. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst (Fall IV.5 der Urteilsgründe

).


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d) Im Mai 2009 sprach Me. anlässlich eines Treffens in der Schweiz L. auf die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 50.000 € an. L. unterrichtete hierüber telefonisch D. ; gemeinsam entschieden beide, dass die Nürburgring GmbH den Betrag zahlen solle. Daraufhin ging am 22. Mai 2009 eine Rechnung der sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Liquidationsstadium befindlichen I. GmbH ein; die Rechnung lautete auf netto 50.000 € und wies als Gegenstand "erbrachte Leistungen in den Monaten September 2008" aus, obwohl die nach dem Vorvertrag geschuldete Aufwandsentschädigung für den Monat September 2008 bereits im August 2008 gezahlt worden war. Gleichwohl zeichneten K. , der in Kenntnis aller Umstände ebenfalls zur Zahlung entschlossen war, sowie L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch geprüft" ab und veranlassten hierdurch die Auszahlung (Fall IV.6 der Urteilsgründe).
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e) Anfang Juni 2009 hielten sich B. , Me. , L. und N. im Hotel Do. in Z. auf. Im Laufe eines gemeinsamen Gesprächs rief Me. D. an und begehrte unter Hinweis auf nicht näher spezifi- zierte Aufwendungen eine Zahlung in Höhe von 150.000 €. D. stimmte der Zahlung zu. Hierauf machte N. gegenüber L. deutlich, dass der pauschale Aufwendungsersatz aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei, zumal die Nürburgring GmbH bereits bisher angefallene Kosten für Flug, Hotel und Spesen in Höhe von 78.000 € für B. und Me. beglichen habe. L.
reagierte jedoch unwirsch und verwies auf die Zustimmung von D. .
21
Bereits vor Eingang einer Rechnung rief N. darauf den ihm bei der Nürburgring GmbH unterstehenden Zeugen De. an und "wies ihn an, den Betrag per Blitzüberweisung auf das bekannte Konto der I. GmbH zu überweisen". De. ließ daraufhin von der entsprechenden Abteilung die Überweisung zur Unterschrift durch K. vorbereiten. Hiernach legteN. K. die Auszahlungsanordnung zur Unterschrift vor, wies jedoch erneut auf seine Bedenken hin. Dieser unterschrieb gleichwohl die Auszahlungsanordnung und veranlasste hierdurch die Zahlung. Erst danach ging am 20. Juli 2009 die auf den 15. Juni 2009 datierende und auf den Nettobetrag von 150.000 € lautende Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein. Als Gegenstand wurden dort seitens der I. GmbH "erbrachte Leistungen in den Monaten Oktober und November 2008" ausgewiesen. Gesondert abrechnungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. indes nicht gehabt (Fall IV.7 der Urteilsgründe

).


22
f) Nachdem B. und Me. die G. AG gegründet hatten , sollte die Finanzierung mit Ba. umgesetzt werden. Bereits im Mai 2009 hatte Ba. als neuen Investor die amerikanische Gesellschaft G. A. (im Folgenden: GA. ) ins Spiel gebracht und die Kopie eines Kontoauszugs überreicht, wonach die Gesellschaft die Anweisung erteilt hatte, 100 Mio. US-Dollar auf ein mit der Bezeichnung "B&B Nürburgring" geführtes Unter-Konto zu überweisen. Hinter der GA. sollte ein Investor namens Du. stehen. Du. war nach den Angaben Ba. s auch "Geschäftsführer" der M. A. (im Folgenden: MA. ), die im weiteren Verlauf neben der GA. zusätzlich in die Finanzierung einge- bunden würde. Im Zuge der abschließenden Verträge fertigte der von der Nürburgring GmbH beauftragte Rechtsanwalt Lü. eine Zahlungsvereinbarung , mit der die genaue Zahlungshöhe und -weise des durch Ba. zur Verfügung gestellten bzw. beschafften Finanzierungskapitals an die Nürburgring GmbH und die Gesellschaften der I. - bzw. P. -Gruppe geregelt werden sollte. Am 29. Juni 2009 übermittelte Rechtsanwalt Lü. L. per E-Mail einen zweiten Entwurf dieser Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt stand D. unter hohem Zeitdruck, da im Hinblick auf das am 12. Juli 2009 stattfindende Formel-1-Rennen die Eröffnungsfeier für den 9. Juli 2009 vorgesehen und noch kein Privatinvestor gefunden worden war. Zudem hatte ihm der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Be. , eine Frist bis zu diesem Tage gesetzt, um die Finanzierung des Projektes mit Ba. umzusetzen. Im Falle eines Scheiterns sollte das Bardepot über 95 Mio. € wieder abgezogen werden.
23
Noch am 29. Juni 2009 folgte im Hotel Do. in Z. ein Treffen , an dem für die Nürburgring GmbH N. und L. , daneben B. , Me. sowie Ba. teilnahmen. Letzterer übergab dabei einen auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 67 Mio. USDollar , der zugunsten der Nürburgring GmbH ausgestellt war und die ursprünglich vorgesehene Überweisung der ersten Finanzierungsrate ersetzen sollte. Hierauf diskutierten N. , L. , B. und Me. über die Zahlung der nach dem Vertrag vom 2. September 2007 vereinbarten Provision, welche die Nürburgring GmbH für die erfolgreiche Vermittlung der Finanzierung an die - für die I. S.A. in den Vertrag eingetretene - P. S.A. zahlen sollte. B. und Me. vertraten die Auffassung, ihre vertraglichen Pflichten erfüllt zu haben, weshalb die Provision mit der Übergabe des Schecks fällig sei. Auf Forderung des L. änderte N. daraufhin den von Rechtsanwalt L. übermittel- ten Entwurf der Zahlungsvereinbarung dergestalt ab, dass nach Gutschrift des Schecks über 67 Mio. US-Dollar eine Provision in Höhe von 4 Mio. € an die G. AG zu zahlen sei. Weshalb die Beteiligten in Abweichung vom Vertrag vom 2. September 2007 nur über eine Provision in Höhe von 4 Mio. €, statt wie ursprünglich vereinbart 5 Mio. € debattierten, hat die Strafkammer nicht klären können.
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B. und Me. ging der neue Entwurf jedoch nicht weit genug. Sie forderten eine Zahlung innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, insbesondere N. hielt die Forderung für unangemessen. Im weiteren Verlauf telefonierte Me. mit D. und konfrontierte nun diesen mit seiner Forderung. Vor dem Hintergrund seines Zeitdrucks entschied D. , dem Ansinnen von B. und Me. nachzukommen, wobei ihm bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, binnen der kurzen Zeitspanne von 48 Stunden zu überprüfen, ob der von Ba. übergebene Scheck gedeckt war. Telefonisch vereinbarten D. und Me. weiter, dass ein Teilbetrag von 1,2 Mio. € zur Begleichung von "Vorlaufkosten" unmittelbar an die Nürburgring GmbH zurücküberwiesen werden und weitere 2 Mio. € unangetastet auf dem Konto der G. AG verbleiben sollten; der Restbetrag von 800.000 € sollte zur freien Verfügung der G. AG bzw. B. und Me. stehen.
25
Auf Aufforderung des L. änderte N. am frühen Morgen des 30. Juni 2009 den Entwurf der Zahlungsvereinbarung erneut ab. Dieser mittlerweile vierte Entwurf lautete nun auszugsweise wie folgt: "Präambel: Zwischen den Parteien bestehen verschiedene vertragliche Beziehungen. Diese umfassen u.a. Verträge zwischen P. und NG zur Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" (gemeinsam das "NG/P. Vertragswerk Projekt NG 2009"). … NG zahlt 4 Mio. € an G. /P. alsVorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009. … § 1 Leistung von Zahlungen 1.2. B&B wird im unmittelbaren Anschluss an die Unterzeichnung dieser Zahlungsvereinbarung einen Betrag in Höhe von 67,0 Mio. US$ …zahlen, und zwar durch Übergabe eines Orderschecks… 1.3. NG wird innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks gemäß § 1.2 einen Betrag in Höhe von 4 Mio. € … an G. /P. zahlen und zwar durch Überweisung auf ein von der G. /P. zu benennendes Konto."
26
Der Entwurf sah im Unterschriftsfeld für die Nürburgring GmbH neben der Unterschrift von L. als Prokuristen der Gesellschaft auch diejenige von N. vor. L. , Me. und Ba. unterschrieben diese Zahlungsvereinbarung.
27
N. begab sich daraufhin mit L. auf den Weg nach Mainz, um dort den - tatsächlich nicht gedeckten - Scheck über 67 Mio. US-Dollar bei der Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) einzulösen. Er hatte die Zahlungsvereinbarung noch nicht unterschrieben, weil er diese nach wie vor für unangemessen hielt, und machte gegenüber L. seine Unterschrift von einer entsprechenden Weisung von D. und K. abhängig. In dem darauf folgenden Telefonat forderte D. N. mit dem Bemerken , niemand könne so verrückt sein, einen Scheck in dieser Größenordnung zu unterschreiben, der nicht gedeckt sei, zur Unterschrift auf. Nachdem auch K. N. telefonisch hierzu angewiesen hatte, zeichnete dieser die Zahlungsvereinbarung ab und stimmte "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH dem Inhalt der Vereinbarung" zu.
28
Nach der Scheckeinreichung bei der LBBW flogen N. und L. noch am selben Tage wieder nach Z. . Am Vormittag des 3. Juli 2009 forderte N. den Leiter der Buchhaltung der Nürburgring GmbH, Ke. , auf, die Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu veranlassen, nachdem Me. ihm gegenüber auf der Zahlung bestanden hatte. Ke. informierte hierauf die für die Ausführung der Überweisung zuständige Zeugin La. , die einen Überweisungsauftrag fertigte. Aufgrund vorgebrachter Bedenken des bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Justitiars Pa. hinsichtlich des mit der Zahlung verbundenen Risikos, weil die Deckung des übergebenen Schecks noch unklar war, unterschrieb K. den Überweisungsauftrag allerdings zunächst nicht.
29
Währenddessen hatten sich Ba. , N. und B. gemeinsam zur P. -Bank nach Liechtenstein begeben. Dort sollte Ba. einer vorherigen Absprache entsprechend einen Kontoauszug abholen, der belegte, dass die B&B über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Mio. € verfügte. Vor der Bank teilte er N. und B. dann allerdings für diese überraschend mit, dass die P. -Bank wegen der schlechten Reputation der Nürburgring GmbH keinen von deren Vertretern empfangen wolle und auch keinen Kontoauszug über- reichen werde. Etwa eine Stunde später kam Ba. wieder heraus und er- klärte wahrheitswidrig, dass der Betrag von 100 Mio. € auf dem Konto der B&B als frei verfügbares Guthaben vorhanden sei, die Bank sich aber sowohl geweigert habe, einen entsprechenden Kontoauszug auszuhändigen, als auch, eine Überweisung auf ein Konto der Nürburgring GmbH auszuführen. N. und B. reagierten zunächst empört und äußerten den Verdacht, dass Ba. eine Hinhaltetaktik verfolge. Ba. schlug daraufhin vor, zunächst einen weiteren Scheck über 33 Mio. US-Dollar auszustellen und übergab N. im Laufe des Tages einen erneut auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 33 Mio. €.
30
Am Nachmittag desselben Tages entschloss sich K. , den Auftrag zur Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu erteilen, obwohl ihm bewusst war, dass die Werthaltigkeit des Schecks über 67 Mio. US-Dollar noch nicht überprüft war. Gegen 16:00 Uhr unterschrieb er den Überweisungsträger und übergab ihn der Zeugin La. zur Ausführung. Diese übermittelte um 17:17 Uhr den Überweisungsträger nach vorheriger telefonischer Ankündigung per Telefax mit der Bitte um "schnellstmögliche Ausführung" an die Kreissparkasse Ahrweiler. Kurze Zeit später übermittelte La. einen weiteren Auftrag per Telefax, der eine Umbuchung von 4 Mio. € von einem Tagesgeldkonto der Nür- burgring GmbH zur Deckung des mit der Auslandsüberweisung belasteten Kontos zum Gegenstand hatte. Bei der Kreissparkasse Ahrweiler kamen den Zeugen St. und Ki. jedoch Bedenken, ob die Überweisung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche darstellen könnte, weil der Überweisungsträger als Empfänger nur die Buchstaben-ZahlenKombination "G7 5165" enthielt. Aufgrund dessen führten sie die Überweisung zunächst nicht aus.
31
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die Rechtsanwälte Lü. und Di. K. aufgesucht. Lü. hatte am Vortag von dem gegenüber seinen Vertragsentwürfen geänderten Inhalt der Zahlungsvereinbarung erfahren und bewertete deren Inhalt als Untreue. Im Beisein von L. kam es daraufhin zu einem Telefonat zwischen K. und D. . Letzterer blieb trotz der von Lü. vorgebrachten Bedenken und Hinweise auf die bisherige Unzuverlässigkeit des Ba. bei seiner Auffassung, dass der Betrag von 4 Mio. € gezahlt werden solle. Daraufhin wies L. K. auf dessen persönliche Verantwortung als Geschäftsführer hin, worauf D. erklärte, er könne dem Geschäftsführer als Aufsichtsratsvorsitzender keine Weisungen erteilen; zugleich betonte er aber, dass das Risiko des Scheiterns der Finanzierung dann auch bei der Geschäftsleitung läge. K. erklärte schließlich seiner Sekretärin, dass mit der Überweisung gewartet werden sollte; gegen 18:00 Uhr wurde eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse Ahrweiler per Telefax informiert.
32
Noch am Abend des 3. Juli 2009 unterrichtete ein Mitarbeiter der LBBW das Finanzministerium über Erkenntnisse zu dem von Ba. ausgestellten Scheck. Nach Mitteilung der Wells Fargo Bank in London stimmten die Daten auf dem Scheck nicht mit den Kontodaten überein; das bezeichnete Konto habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Deckung über 67 Mio. € aufgewiesen. An dem sich anschließenden Wochenende traten weitere Ungereimtheiten auf, sodass D. bereits am Sonntag, den 5. Juli 2009, L. den Auftrag erteilte, die Folgen einer Vertragsauflösung zu prüfen. Am Montag, den 6. Juli 2009, übermittelte La. im Auftrag des K. der Kreissparkasse Ahrweiler ein Telefax, mit dem der Überweisungsauftrag vom 3. Juli 2009 endgültig zurückgenommen wurde. Einen Tag später trat D. von sei- nem Amt als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zurück (Fall IV.8 der Urteilsgründe).
33
g) Zeitgleich zu den vorstehend geschilderten Ereignissen um die Finanzierung des Bereichs I von "Nürburgring 2009" wurde der Ausbau des Bereichs II (Hotel- und Gastronomieanlagen) vorangetrieben. Nach den Planungen und den öffentlichen Aussagen der Landesregierung hatte dieser Teil des Ausbauprojektes ausschließlich privat finanziert werden sollen. Weil bis Mitte des Jahres 2007 jedoch trotz Verhandlungen mit zahlreichen Hotelbetreibern kein privater Investor gefunden worden war, wurde schließlich die MS. GmbH als Projektentwicklungsgesellschaft gegründet. 10% ihrer Gesellschaftsanteile hielt die Nürburgring GmbH; 49,5% entfielen auf die später unter dem Namen Med. GmbH firmierende Medi. GmbH. Daneben waren an der MS. GmbH beteiligt die G. & T. GmbH (33,8%) und mit 6,7% die We. -GmbH. Geschäftsführer der MS. GmbH waren die Zeugen Ri. , seinerseits zugleich Geschäftsführer der Med. GmbH, und G. , der Geschäftsführer der G. & T. GmbH.
34
Die M. GmbH betrieb als Bauherrin in der Folgezeit den Ausbau der unter Bereich II fallenden Projekte. Da sie allerdings nicht über die erforderlichen Eigenmittel verfügte, war sie auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Deren Umsetzung gestaltete sich in der Folgezeit schwierig, so dass es u.a. zu folgenden Handlungen kam (Fälle IV.9 a) ff. der Urteilsgründe):
35
Zum Planbereich II gehörte der Bau eines 4-Sterne-Hotels, wegen dessen Finanzierung der Zeuge Ri. Verhandlungen mit der Bank für Tirol und Voralberg (im Folgenden: BTV) führte. Diese war bereit, einen Kredit in Höhe von 26 Mio. € zu gewähren, forderte allerdings, dass die Errichtung des Hotels von einer Gesellschaft betrieben würde, deren einziger Gesellschaftszweck hierin bestand, und daneben einen Eigenkapitalnachweis dieser Gesellschaft in Höhe von6 Mio. €. Die erste Forderung führte zur Gründung der C. M. GmbH (im Folgenden: CM. GmbH). Zur Erbringung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises war die MS. GmbH indes nicht in der Lage. Dieser sollte daher von ihren Gesellschaftern entsprechend der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse aufgebracht werden. Da der Geschäftsführer der We. GmbH allerdings nicht bereit war, sich an dem Projekt finanziell zu beteiligen, sollte deren Anteil von der Med. GmbH übernommen werden; diese hatte somit einen Gesamtanteil von 3,4 Mio. € zu tragen. Hierzu war sie nicht fähig.
36
Anfang Mai 2008 wies Ri. gegenüber D. darauf hin, dass ein Baustopp drohe, falls der Eigenkapitalnachweis nicht geführt werden könne. Dieser empfahl Ri. , sich an die I. und S. bank GmbH (im Folgenden: ISB GmbH) zu wenden. Bei dieser handelt es sich um eine Landesbank, deren alleiniger Gesellschafter das Land Rheinland-Pfalz ist und deren Gesellschaftszweck zu diesem Zeitpunkt insbesondere darin lag, Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz zu fördern. Geschäftsführer der ISB GmbH war der Mitangeklagte M. . Diesen bat D. , die Finanzierung des Bauprojektes zu begleiten.
37
Am 7. Mai 2008 kam es daraufhin zu einem Gespräch in den Räumen der ISB GmbH. An diesem nahmen neben M. der Zeuge Ri. , die Wirtschafts- und Bürgschaftsreferentin des Finanzministeriums Ty. und der Mitangeklagte W. als Geschäftsführer der R.
GmbH (im Folgenden: RIM GmbH) teil. Die RIM GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ISB GmbH; nach ihrem Gesellschaftszweck sollte sie das Land Rheinland-Pfalz in seiner Wirtschafts- und Strukturpolitik im Rahmen der Aufgabenstellung der ISB GmbH unterstützen. Die Überlegung, die Med. GmbH für die Finanzierung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises durch eine Landesbürgschaft zu unterstützen, wurde verworfen, weil hierdurch ein finanzielles Engagement des Landes im Bereich II des Ausbauprojektes öffentlich bekannt geworden wäre. Hieraus entwickelte sich der Vorschlag, dass die RIM GmbH befristet eine stille Beteiligung an der Med. GmbH eingehen und in diesem Rahmen eine stille Einlage in Höhe des benötigten Kapitals zur Verfügung stellen solle. Diese Einlage sollte die Med. GmbH sodann der MS. GmbH als Darlehen weiter reichen. Die RIM GmbH ihrerseits refinanzierte sich über ein Darlehen, welches ihr die ISB GmbH zur Verfügung stellte. Weil der ISB GmbH diese Darlehensgewährung aufgrund geltender Bestimmungen ohne die Absicherung durch entsprechende Bürgschaften nicht möglich gewesen wäre, sollte das Land Rheinland-Pfalz den Kredit in voller Höhe durch eine Landesbürgschaft absichern. Dies bot zugleich den Vorteil, dass die grundsätzlich nach § 18 KWG erforderliche Offenlegung von Kreditunterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4 KWG entfiel. Die Absicherung des Darlehens durch das Land sollte D. als Finanzminister ermöglichen. Dieser entschied, nachdem er über das Konzept informiert worden war, dass in der vorgeschlagenen Weise vorgegangen werde sollte.
38
Am 16. Mai 2008 schlossen die ISB GmbH und die RIM GmbH einen Darlehensvertrag über 3,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2009. Am 19. Mai 2008 erstellte W. eine Beschlussvorlage für die Geschäftsführung der ISB GmbH, in der er u.a. ausführte, dass die nach dem Ver- trag als Sicherheit an die RIM GmbH zu verpfändenden Geschäftsanteile der Med. GmbH an der MS. GmbH nur bedingt werthaltig seien. Gleichwohl stufte er die Med. GmbH in Ratingklasse 1 ein, was der besten Bonität entsprach, obwohl ihm, M. , und D. bekannt war, dass die Med. GmbH tatsächlich keinerlei Finanzkraft aufwies. Sodann schlossen W. und Ri. am 29. Mai 2008 den Vertrag über die stille Beteiligung in Höhe von 3,4 Mio. €, welche zum 30. September 2009 zurückgezahlt werden sollte. Danach wurde die Einlage erbracht.
39
Auch die Nürburgring GmbH konnte den von ihr zu stellenden Eigenkapitalnachweis in Höhe von 600.000 € nicht aufbringen. D. entschied daraufhin, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende stille Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH um diesen Betrag aufgestockt und letztere auch den von der Nürburgring GmbH zu erbringenden Teil des Eigenkapitalnachweises übernehmen sollte. Wie zuvor sollte sich die RIM GmbH über ein Darlehen der ISB GmbH refinanzieren und eine Landesbürgschaft diesen Kredit absichern. Dementsprechend wurden in der Folgezeit Verträge über eine weitere stille Beteiligung zwischen der RIM GmbH und der Med. GmbH (Vertrag vom 26. September 2008) und das Darlehen der ISB GmbH an die RIM GmbH in Höhe von 600.000 € (Vertrag vom 30. September 2008) geschlossen.
40
Schon zuvor - nämlich am 28. August 2008 - hatte D. eine "globale Bürgschaftserklärung" des Landes gegenüber der ISB GmbH über ei- nen Bürgschaftsrahmen von 50 Mio. € unterzeichnet; diese sah unter anderem eine Besicherungsquote von "in der Regel 80% des einzelnen Engagements" vor. Daneben war in Ziff. 7 der Erklärung bestimmt, dass der Ausfall als eingetreten gelte, wenn und soweit die Darlehensnehmerin mit fälligen Leistungen aus den Darlehensverträgen länger als drei Monate seit Fälligkeit in Verzug ist und eine zur Abhilfe bestimmte Frist erfolglos abgelaufen oder aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten ist. Diese Bürgschaftserklärung wurde nunmehr durch D. entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss dahin modifiziert , dass das Land die Bürgschaft in voller Höhe auf die beiden von der ISB GmbH gewährten Darlehen erstreckte. Die entsprechende Erklärung gegenüber der ISB GmbH wurde auf seine Weisung durch Ty. mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 abgegeben.
41
Nachdem die MS. GmbH den Eigenkapitalnachweis erbracht hatte, ge- währte die BTV den zugesagten Kredit in Höhe von 26 Mio. € (Fall IV.9 a) der Urteilsgründe).
42
Anfang November 2008 drohte Ri. erneut mit einem Baustopp, wenn nicht kurzfristig Gelder in Höhe von 10 Mio. € zur Bezahlung der Bauhandwerker zur Verfügung gestellt würden. D. entschied hierauf, dass der Betrag nach dem bereits zuvor praktizierten Modell einer stillen Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH zur Verfügung gestellt werden sollte und das von der ISB GmbH zu vergebende Refinanzierungsdarlehen durch eine Landesbürgschaft zu 100% abgesichert werden sollte. Dementsprechend wurden in der Folgezeit die erforderlichen Verträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH sowie der RIM GmbH und der Med. GmbH geschlossen. Des Weiteren ließ das Finanzministerium auf Weisung von D. erklären, dass die Bürgschaftsquote über die Bestimmungen in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinaus auf 100% erhöht werde. Sodann wurden die 10 Mio. € ausgezahlt, wobei in die Weiterleitung der Gelder von der Med. GmbH an die MS. GmbH in diesem Fall - um die Herkunft der Gel- der aus öffentlichen Mitteln weiter zu verschleiern - noch die P. GmbH zwischengeschaltet war (Fall IV.9 b) der Urteilsgründe).
43
Im November 2008 forderte die Bank für Trient und Bozen im Rahmen von Verhandlungen über deren Beteiligung am Ausbauprojekt, dass die RIM GmbH ihre Beteiligung an der Med. GmbH um 15 Mio. € aufstocken sollte und diese Mittel entsprechend dem Baufortschritt verwendet werden müssten. Auch diese Forderung wurde auf die Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligung umgesetzt; dies schloss - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung vom 28. August 2008 vorgesehene Besicherung von 80% hinaus - die volle Absicherung des Refinanzierungskredites durch das Land ein. Das Gesamtobligo der mittlerweile auch durch die Absicherung anderer Vorhaben ausgeschöpften globalen Bürgschaftserklärung wurde in diesem Rahmen auf 80 Mio. € erhöht. Zu der geplanten Finanzierung durch die Bank für Trient und Bozen kam es indes nicht (Fall IV.9 c) der Urteilsgründe

).


44
Von April bis Juli 2009 meldeten die Geschäftsführer der MS. GmbH in sieben weiteren Fällen jeweils dringenden Liquiditätsbedarf in Höhe von 5,5 Mio. € bis zu 13,63 Mio. €. Die jeweils benötigten Gelder wurden daraufhin auf jeweilige Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligungen von der ISB GmbH finanziert und schließlich als Darlehen von der Med. GmbH an die MS. GmbH weitergereicht (Fälle IV.9 d) bis j) der Urteilsgründe ); in allen Fällen erklärte das Finanzministerium auf Weisung von D. - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinausgehend - die volle Absicherung des von der ISB GmbH bewilligten Refinanzierungskredits. In den Fällen IV.9 b) und IV.9 d) der Urteilsgründe wurden der RIM GmbH zur Absicherung ihres jeweiligen Rückzahlungsan- spruchs Briefgrundschulden an einem Grundstück und einem Erbbaurecht der MS. GmbH bestellt. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurden Eigentümergrundschulden an Grundstücken und Erbbaurechten der MS. GmbH sowie an einem Erbbaurrecht der CM. GmbH bestellt und an die RIM GmbH übertragen. Dass nunmehr Eigentümergrundschulden zur Absicherung dienten, geschah zu Verschleierungszwecken, da zuvor die Eintragung einer Briefgrundschuld über 10 Mio. € bekannt geworden und dadurch der Verdacht aufgekommen war, das Land Rheinland-Pfalz engagiere sich finanziell im privat zu finanzierenden Bereich II des Ausbauprojektes. Aufgrund der Absicherung durch Eigentümergrundschulden war die RIM GmbH als Berechtigte nunmehr nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich. Die Anträge auf Eintragung der Briefgrundschulden gingen im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe nur wenige Wochen nach der Auszahlung der Beteiligungsgelder bei den Grundbuchämtern ein, im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe am Tage der Auszahlung. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurde der jeweils erste Grundschuldbrief spätestens knapp vier Monate nach Zahlung der Beteiligungssumme übergeben. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Grundschulden jeweils in voller Höhe ihres Nominalwertes werthaltig waren, da sie "keine sicheren Feststellungen" über die Werthaltigkeit zum Zeitpunkt ihrer Bestellung, "also während der Bauphase" zu treffen vermochte.
45
Keine der stillen Beteiligungen wurde von der Med. GmbH zurückgezahlt. Daraufhin wurden die stillen Beteiligungen teilweise prolongiert; die Darlehensverträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH liefen im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe ursprünglich bis zum 30. September 2009 und wurden noch vor Ablauf unbefristet verlängert. Die übrigen Refinanzierungsverträge waren von vornherein "bis auf Weiteres" geschlossen worden. Im März 2010 erwarb die Nürburgring GmbH schließlich sämtliche Geschäftsanteile an der MS. GmbH. Sodann wurden die gesamten Verbindlichkeiten der Nürburgring GmbH gegenüber dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz für die Baukosten im Bereich I des Ausbauprojekts sowie der MS. GmbH hinsichtlich der Rückzahlung der Beteiligungsgelder und der CM. GmbH aus deren notleidend gewordenen Kreditverbindlichkeiten gegenüber der BTV in einen Dar- lehensvertrag über 330 Mio. € zusammengefasst. Darlehensgeber war die ISB GmbH, Darlehensnehmerin die Nürburgring GmbH und als weitere Gesamtschuldnerinnen die MS. GmbH sowie die CM. GmbH. Die ISB GmbH wurde abgesichert durch eine "Garantie- und Freistellungserklärung" des Landes Rheinland-Pfalz.
46
3. Am 2. Juli 2010 fand eine Sitzung des im Zusammenhang mit der Nürburgring-Finanzierung durch den Landtag des Landes Rheinland-Pfalz eingesetzten Untersuchungsausschusses statt. Beweisthema dieser Sitzung war der Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 30. Juni 2009 über die Zahlung der Provision in Höhe von 4 Mio. € (vgl. Fall IV.8 der Urteilsgründe). D. sagte hierzu als Zeuge, zuvor über die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage sowie nach § 55 StPO belehrt, aus. Hierbei stellte der Abgeordnete Ey. folgende Frage: "…In Bezug auf die 48-Stunden-Regelung wurde in den Raum gestellt, dass diese 48-Stunden-Regelung im Vorfeld bereits mit Ihnen abgestimmt worden ist. Die Frage ist nur, ob das stimmt und zwar von HerrnMe. und Herrn B. wäre das abgestimmt gewesen mit Ihnen. Die Frage ist, ob Sie das bestätigen können oder nicht." Hierauf antwortete D. : "Kann ich nicht bestätigen. Ich kann nur bestätigen, dass Herr Me. und Herr B. gegenüber Herrn L. häufig behauptet hatten, sie hätten eine bestimmte Sache mit mir besprochen, und wenn Herr L. mich drauf angesprochen hat, habe ich gesagt, stimmt überhaupt nicht. Die haben mir erzählt, was sie gerne hätten. Ich habe mir das angehört, habe aber keineswegs gesagt, ich, Aufsichtsratsvorsitzender D. , habe das zur Kenntnis genommen, kann erledigt werden. Haken drunter. Das habe ich nie gemacht. Aber Me. und B. haben das immer mal versucht."
47
II. Revision des Angeklagten D.
48
1. Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH im Fall IV.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung auf die Sachrüge nicht stand.
49
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seines - im Einzelnen näher dargestellten - Auftretens im Zusammenhang mit der Umsetzung von "Nürburgring 2009" sowie der von ihm in diesem Rahmen getroffenen Entscheidungen als faktischen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH angesehen und hieraus dessen Vermögensbetreuungspflicht gefolgert. Deren Verletzung liege in dem Abschluss der Zahlungsvereinbarung, soweit sich die Nürburgring GmbH dort verpflichtet habe, 4 Mio. € innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar an "G. /P. " zu zahlen. Angesichts der zurückliegenden gescheiterten Finanzierungsversuche im Zusammenhang mit der Einschaltung von Ba. sei es unvertretbar und auch nicht mehr durch den der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum gedeckt gewesen, die Nürburg- ring GmbH hinsichtlich der Zahlung der Provision in einer Höhe von 4 Mio. € in Vorleistung treten zu lassen. Da mit dem Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein einklagbarer Zahlungsanspruch entstanden sei, sei das Vermögen der Nürburgring GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 4 Mio. € gefährdet gewesen. Die Vermögensgefährdung sei mit der Erteilung des Überweisungsauftrages nur noch vertieft worden und habe am 6. Juli 2009 mit der Rücknahme des Überweisungsauftrags geendet.
50
b) Diese Erwägungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Im Ergebnis rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass D. eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Indes genügen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts nicht den an die Darstellung des Vermögensnachteils in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zu stellenden Anforderungen. Im Einzelnen:
51
aa) Es kann offen bleiben, ob die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts tragen, D. habe die Geschäfte der Nürburgring GmbH faktisch geführt. Seine nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen, folgte jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
52
Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52).
53
Die hiernach erforderliche hervorgehobene Stellung von D. ergab sich aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Dessen wesentliche Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG). Hieraus folgt die Pflicht, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Leitungsorgans abzuwenden. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maßnahmen (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 39 f.; Henssler/Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 111 AktG Rn. 9; Krause, NStZ 2011, 57, 58).
54
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, wenn ein Aufsichtsratsmitglied ein strafbares Verhalten des Leitungsorgans feststellt. Aus der jedem Mitglied des Aufsichtsrats obliegenden Verpflichtung, den durch das Verhalten der Geschäftsführung drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden, ergibt sich notwendigerweise die Pflicht, die Geschäftsführung nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die es aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müsste. Eine Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verstoß gegen eine spezifische Treuepflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB dar (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 201 f.). Diese Grundsätze beschränken sich nicht auf Konstellationen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Geschäftsführer zu von ihm abzuwendenen Handlungen bestimmt, sondern gelten gleichermaßen für die sonstige Mitwirkung des Aufsichtsratsmitglieds an entsprechenden Pflichtverletzungen der Geschäftsführung. In den sich aus der Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) ergebenden Pflichtenkanon ist die Prüfung, dass sich der Geschäftsführer nicht in unzulässiger Weise seiner Leitungsfunktion begibt, ebenso eingeschlossen wie die Verpflichtung , Hinweisen auf Fehlverhalten leitender Angestellter nachzugehen und zu ermitteln, ob die Geschäftsführung ihrer Organisations- und Überwachungspflicht nachgekommen ist (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 21, 25 mwN). Eine untreuerelevante Pflichtverletzung liegt daher zumindest auch dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit einem leitenden Angestellten - wie hier K. als Geschäftsführer und L. als Finanzdirektor und Prokurist der Nürburgring GmbH - bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden Fehlverhalten zusammenwirkt.
55
bb) D. hat seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er der Forderung von Me. , die Provision binnen 48 Stunden nach Übergabe des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar auszuzahlen, zustimmte und hierdurch das weitere Verhalten von L. entscheidend beeinflusste, N. aufforderte, die Zahlungsvereinbarung zu unterschreiben, sowie im weiteren Verlauf versuchte, K. zur Überweisung der Provision zu veranlassen.
56
(1) Die getroffene Vereinbarung über die Modalitäten der Provisionszahlung lag außerhalb des freien unternehmerischen Gestaltungsspielraums, der dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zuzubilligen war; damit handelte es sich zugleich um eine L. und N. verwehrte Maßnahme, die D. als Mitglied des Aufsichtsrats zu verhindern hatte.
57
(1.1) Nach den ursprünglich zum Aktienrecht entwickelten (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253) Grundsätzen muss dem Geschäftsführer einer GmbH bei der Leitung der Geschäfte des Unternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes , ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Geschäftsführer einer GmbH (BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284; vgl. auch RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BRDrucks. 3/05, S. 21) und sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336).
58
(1.2) Danach wurden mit dem Abschluss der Vorauszahlungsvereinbarung die Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschritten: Angesichts des bisherigen Verlaufs der Finanzierungsversuche mit Ba. war die Wahrscheinlichkeit evident hoch, dass der von diesem übergebene Scheck nicht gedeckt sein könnte, die Finanzierung erneut nicht zustande kommen würde und damit die von Me. begehrte Erfüllung des Provisionsanspruchs keine Grundlage hatte (zur gesellschaftsrechtlichen Einstufung von Risikogeschäften als pflichtwidrig vgl. etwa Michalski-Haas/Ziemons, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 81).
59
Zutreffend hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abgestellt , dass der vermeintliche Investor Du. nicht offen in Erscheinung getreten war, was nach den Erfahrungen mit den bisher von Ba. vorgestellten Investoren Anlass zur Zurückhaltung hätte geben müssen; darüber hinaus ließ auch das sonstige Verhalten von Ba. an seiner Seriosität zweifeln. Bereits seine wechselnden Forderungen im Rahmen des ersten Versuchs, die Finanzierung umzusetzen, waren auffällig: Während er zunächst die Umsetzung des verfolgten Finanzierungskonzeptes davon abhängig gemacht hatte, dass seitens der I. S.A. eine Bareinlage in Höhe von 120 Mio. US-Dollar erbracht werde, verzichtete er in seiner Kreditzusage vom 15. Mai 2008 auf diese und forderte stattdessen eine Landesbürgschaft in entsprechender Höhe, um nur wenige Tage später die Landesbürgschaft nebst der Bareinlage einzufordern. Deutliche Hinweise auf seine Unredlichkeit ergaben sich weiter, als er im August 2008 gegenüber N. preisgab, aus "Nebengeschäften" mit den Anlagegeldern Zinseinnahmen erwirtschaften zu wollen, weshalb er aufgrund eintretender Zinsnachteile die von D. gewünschte Verkürzung der Anlagefrist von vierzehn auf zwölf Monate ablehnte. Auch hatte Ba. schon während des ersten Finanzierungsversuchs - bei dem der vermeintliche Investor ebenfalls bereits im Hintergrund geblieben war - vereinbarte Fristen nicht eingehalten, so etwa die Verpflichtung, binnen drei Banktagen nach "Einbuchung der Staatsbürgschaft" bzw. nach "Eingang" der Bareinlage bei der Bank eine definitive Finanzierungszusage des Investors nachzuweisen. Dass Ba. in diesem Zusammenhang zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 von der Bildfläche verschwunden war - mithin ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, als die erste Finanzierungsrate gezahlt werden sollte -, stellte seine Zuverlässigkeit zusätzlich in Frage; der von ihm hierzu später genannte Grund, er habe sich in Dubai in Untersuchungshaft befunden, unterstrich diese Zweifel - unabhängig von den verschiedenen von ihm hierzu genannten Hintergründen - ebenso wie der Umstand, dass er schließlich von sich aus gegenüber der P. S.A. die Vertragsbeziehungen gekündigt hatte. Den Beteiligten war ferner bekannt, dass Ba. wiederholt zweifelhafte Investoren ins Spiel gebracht hatte: So hatte die Ölgesellschaft T. nach den Rechercheergebnissen der Rechtsanwaltskanzlei R. nicht über die behaupteten Mittel von 1,2 Mrd. US-Dollar verfügt; auch die Prüfung der A. AG durch die Rechtsanwaltskanzlei R. hatte ergeben, dass deren behauptete Beteiligung an Geothermieprojekten nicht belegbar war und jeglicher Nachweis über die Finanzkraft der Gesellschaft fehlte. Hinsichtlich der T. hatte Ba. im Übrigen erneut eine von ihm in Aussicht gestellte Frist zum Finanzierungsnachweis nicht eingehalten. Schließlich hatte es auch bereits mit dem zuletzt von Ba. präsentierten Investor Du. Ungereimtheiten gegeben, indem etwa zunächst anvisierte Zahlungen des Investors nicht erbracht worden waren.
60
(2) Die Pflichtverletzung stellt sich auch als gravierend im Sinne der zur Ausformung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals der Untreue entwickelten Rechtsprechung dar, da diese Einschränkung der Sache nach nur den - hier wie dargelegt überschrittenen - weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum widerspiegelt , ohne den unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN).
61
cc) Die Urteilsgründe tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, in der Zeit vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2009 sei das Vermögen der Nürburgring GmbH in einer Höhe von 4 Mio. € konkret (schadensgleich) gefährdet gewesen.
62
(1) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Da es sich bei der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens nicht um eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten handelt, sondern auch in diesem Fall die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten sein muss (kritisch daher zur Terminologie BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 224 f.; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331 [zu § 263 StGB]), reicht es nicht aus, lediglich die bloße (konkrete) Gefährdung des Vermögens festzustellen. Dies birgt je nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahr einer Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensschadens; ebenso ist ein solches Vorgehen aufgrund einer undifferenzierten Gleichsetzung von zukünftiger Verlustgefahr und gegenwärtigem Schaden geeignet, die gesetzgeberische Entscheidung, den Versuch der Untreue nicht unter Strafe zu stellen, zu unterlaufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228). Daher dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten auch nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Der Vermögensnachteil ist daher eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228; zu § 263 StGB vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, 458; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331). Voraussetzung ist dabei, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113; BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384 f.), wobei deren Annahme die rechtliche Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung - insbesondere aufgrund des mit der Schaffung der Urkundslage verbundenen erhöh- ten Prozessrisikos (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 f. [zu § 253 StGB]) - nicht zwingend voraussetzt.
63
(2) An einer solchen Darlegung des Vermögensnachteils fehlt es in dem angefochtenen Urteil. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 48 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 StR 302/13, NStZ 2014, 578 [jeweils zu § 263 StGB]); insbesondere ist der durch die Gefährdung eingetretene Vermögensverlust auf Grundlage der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres mit 4 Mio. € anzusetzen.
64
Nicht zu folgen ist der Erwägung der Strafkammer, durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung sei ein einklagbarer Anspruch und aufgrund dessen die "Gefährdungslage" entstanden. Eine vom Zustandekommen der Finanzierung - und damit auch von der Werthaltigkeit des von Ba. übergebenen Schecks - losgelöste Zahlungsverpflichtung wurde durch die 4. Zahlungsvereinbarung nicht begründet. Hiergegen spricht bereits die Bezeichnung der Zahlung als "Vorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009" und damit die Bezugnahme auf den Vertrag vom 2. September 2007. Da die Prüfung des Schecks nach den getroffenen Feststellungen in vierzehn Tagen hätte abgeschlossen sein können - tatsächlich waren die Unstimmigkeiten von den beteiligten Banken sogar schon nach drei Tagen aufgedeckt worden -, wäre selbst bei unmittelbarer Anstrengung eines Urkundsverfahrens (§§ 592 ff. ZPO) seitens B. und Me. davon auszugehen gewesen , dass die Nürburgring GmbH ihre Einwendungen gegen den Provisionsanspruch mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 598 ZPO) hätte geltend machen können.

65
Auch soweit hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensnachteils auf die Übermittlung des Überweisungsauftrags an die Kreissparkasse Ahrweiler abgestellt wird, tragen die Urteilsgründe nicht die Wertung des Landgerichts. Insoweit war - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die die Nürburgring GmbH beratenden Rechtsanwälte Lü. und Di. etwa zeitgleich zur Übersendung des Zahlungsauftrags um 17:17 Uhr K. auf die strafrechtliche Dimension seines Handelns hinwiesen und die Überweisung zu verhindern suchten sowie dass seitens der LBBW gegenüber dem Finanzministerium noch am 3. Juli 2009 um 19:19 Uhr und 20:14 Uhr Zweifel an der Werthaltigkeit des Schecks geäußert worden waren - in die erforderliche Bewertung einzustellen, dass nach seinerzeitiger Rechtslage der Überweisungsauftrag seitens der Nürburgring GmbH bis zu dem Zeitpunkt kündbar war, in dem der Überweisungsbetrag dem Kreditinstitut der G. AG endgültig zur Verfügung gestellt worden wäre (§ 676a Abs. 4 BGB aF).
66
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
67
aa) Entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Januar 2015 wird im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche Bewertung der tatsächlichen Vermögenseinbuße die Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erwägen sein.
68
bb) Sollten sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung belegen lassen, wird bei der erforderlichen Bezifferung des Vermögensnachteils in den Blick zu nehmen sein, dass sich D. mit Me. anlässlich des Telefonats vom 29. Juni 2009 auf eine unmittelbare Rücküberweisung von 1,2 Mio. € an die Nürburgring GmbH verständigt hatte. Soweit hierdurch oder vor dem Hintergrund dieser Abmachung durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein vertraglicher Anspruch der Nürburgring GmbH auf Rücküberweisung in der verabredeten Höhe entstanden sein sollte, könnte der Vermögensnachteil durch den vertraglichen Gegenanspruch teilweise kompensiert worden sein.
69
2. Auch der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) kann nicht bestehen bleiben.
70
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seiner Stellung als Finanzminister und der hiermit einhergehenden, unter anderem aus § 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. 2009/2010 folgenden Befugnisse als gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vermögensbetreuungspflichtig angesehen. Mit der Übernahme von Landesbürgschaften in voller Höhe der jeweils von der ISB GmbH der RIM GmbH gewährten Darlehen habe er gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz , § 7 Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz [im Folgenden : LHO]) verstoßen, weil die Bürgschaftsübernahmen erklärt worden waren , obwohl sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO im Rahmen der eingegangenen stillen Beteiligung bei der Med. GmbH keinen angemessenen Einfluss gesichert habe, die Beteiligungsgelder ohne vorherige Bestellung wirksamer grundpfandrechtlicher Sicherheiten gezahlt worden seien und auch ansonsten keine ausreichende Besicherung gegeben gewesen sei. Die Med. GmbH sei auch niemals in der Lage gewesen, die Beteiligungsgelder fristgerecht zurückzuzahlen. Aufgrund der hieraus folgenden Ausfallgefährdungen habe jeweils die "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Eintritt des Bürgschaftsfalls bestanden. Aufgrund dessen sei das Landesvermögen bereits mit der Bürgschaftsübernahme schadensgleich gefährdet gewesen. Soweit in den Einzelfällen zugunsten der RIM GmbH nach diesem Zeitpunkt Grundschulden bestellt worden seien, um die jeweiligen Ansprüche auf Rückzahlung der Beteiligungsgelder abzusichern, sei von deren vollen Werthaltigkeit auszugehen. Im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe habe die Vermögensgefährdung daher mit dem Eingang des jeweiligen Antrags auf Eintragung der Briefgrundschuld geendet, in den Fällen bestellter Eigentümergrundschulden (Fälle IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe) sei dies mit Eingang des Grundschuldbriefes bei der RIM GmbH anzunehmen. Im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mangels eingetretenen Vermögensnachteils freigesprochen, da die Beteiligungssumme an dem Tag ausgezahlt wurde, an dem die Anträge auf Eintragung der Grundschulden bei den Grundbuchämtern eingingen.
71
b) Die Feststellungen tragen eine Strafbarkeitvon D. wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz bereits deshalb nicht, weil die Strafkammer ihre Annahme, mit der Übernahme der Bürgschaften sei das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz schadensgleich gefährdet worden, nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
72
aa) Die Übernahme einer Bürgschaft stellt einen den Bürgen verpflichtenden Rechtsakt dar. Mangels eines unmittelbaren Zahlungsabflusses liegt in der Bürgschaft zunächst nur eine abstrakt wirkende Belastung, die die Gefahr der späteren Inanspruchnahme in sich trägt. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nur dann, wenn sich die künftige Verlustgefahr aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles schon zu diesem Zeitpunkt so weit verdichtet hat, dass sie als schadensgleich zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378 mwN). Wie bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe ausgeführt ist dies eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren. Mit der vollen Höhe der Bürgschaftssumme kann ein Gefährdungsschaden nur angesetzt werden, wenn mit einer Inanspruchnahme von vornherein zu rechnen ist oder es sich bei dem durch die Bürgschaft ermöglichten Vorhaben um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelt (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378).
73
bb) Nach diesen Maßstäben belegt das angefochtene Urteil einen Vermögensnachteil nicht. Eine an den Maßstäben des Wirtschaftslebens ausgerichtete Darstellung und Bezifferung des Vermögensnachteils ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Rückzahlungsansprüche der ISB GmbH gegen die RIM GmbH "höchst ausfallgefährdet" waren und die Vermögensgefährdung mit den jeweiligen Bürgschaftssummen gleichzusetzen wäre; denn dieser Schluss wird von den Feststellungen nicht getragen.
74
(1) In den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe hat sich die Strafkammer zutreffend mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit der Bestellung der jeweiligen Grundpfandrechte eine Sicherung der RIM GmbH in Höhe der jeweils geleisteten stillen Einlagen eingetreten war. Die Annahme, die Grundschulden seien in sämtlichen Fällen ausreichend werthaltig gewesen, um im Falle einer Verwertung die RIM GmbH in Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche zu befriedigen, widerspricht jedoch der Bewertung der Bürgschaften als "höchst ausfallgefährdet". Das Landgericht hat hierbei insbesondere unberücksichtigt gelassen, dass der Ausfall der durch die Bürgschaft abgesicherten Hauptforderung gemäß Ziff. 7 der jeweils zugrundeliegenden globalen Bürgschaftserklä- rungen daran geknüpft war, dass die RIM GmbH als Darlehensnehmerin mit ihrer Rückzahlungsverpflichtung länger als drei Monate in Verzug war und aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten war. Da der längste Zeitraum zwischen Auszahlung der stillen Beteiligung und Bestellung der Grundschuld nur rund vier Monate betrug (Fall IV.9 g) der Urteilsgründe), die Rückzahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen aber erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, war innerhalb dieses kurzen "ungesicherten" Zeitraums mit einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu rechnen. Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die stillen Beteiligungen ausgezahlt wurden, bevor die Anträge auf Bestellung der Grundschulden bei den jeweiligen Grundbuchämtern eingegangen waren. Dies wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prognose nur dann bedeutsam, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu der Bestellung nicht kommen würde. Dies hat das Landgericht jedoch weder ausdrücklich festgestellt noch geben die getroffenen Feststellungen in ihrem Zusammenhang hierfür einen Anhalt.
75
Aufgrund der Annahme des Landgerichts, die bestellten Grundschulden seien im Zeitpunkt ihrer Bestellung hinsichtlich der abgesicherten Forderungen werthaltig gewesen, ist die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen IV.9 a) und c) der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Die Validität der Grundschulden hing maßgeblich von der Rentabilität des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" und der auf den belasteten Grundstücken errichteten Anlagen ab. Von diesen Faktoren war gleichermaßen auch die Wirtschaftskraft der Med. GmbH und der MS. GmbH abhängig, so dass die positive Bewertung der bestellten Sicherheiten für die Annahme spricht, dass die Beteiligungsgelder seitens der Med. GmbH bei deren Fälligkeit bzw. im Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz - ge- mäß der jeweiligen Sicherungsabrede frühestens drei Monate nach Verzug der RIM GmbH - hätten bedient werden können.
76
(2) Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bürgschaften eine Einstandspflicht des Landes Rheinland-Pfalz zu erwarten gewesen sei, zudem im Wesentlichen auf die Darstellung der Vermögensverhältnisse der Med. GmbH als Vertragspartnerin der Hauptschuldnerin RIM GmbH beschränkt. Da die Bürgschaften im Zeitpunkt ihrer Vergabe nach dem Vertragswerk frühestens drei Monate nach Zahlungsverzug der RIM GmbH in Anspruch genommen werden konnten, hätte die erforderliche Ausfallprognose auf diesen Zeitpunkt bezogen werden müssen. Insoweit war auch zu belegen, ob bzw. in welchem Umfange davon auszugehen war, dass die MS. GmbH die ihrerseits von der Med. GmbH erhaltenen Darlehen nicht zurückzahlen werde. Dass die Strafkammer die seitens der Med. GmbH an die RIM GmbH verpfändeten Geschäftsanteile an der MS. GmbH als wertlos angesehen hat, führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis ; die Begründung, die MS. GmbH sei vollständig fremdfinanziert gewesen und als Gegenwert für die zur Verfügung gestellten Gelder habe lediglich eine unvollendete Baustelle gegenübergestanden, lässt besorgen, dass das Landgericht den Wert der Anteile lediglich bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Verpfändung bewertet hat. Der bloße Umstand der Fremdfinanzierung besagt als solcher aber noch nichts über die im Tatzeitpunkt zu erwartende Unrentabilität der geförderten Bauvorhaben. Diese liegt im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe auch nicht nahe; hiergegen spricht, dass die in diesem Fall eingegangenen stillen Beteiligungen der RIM GmbH dazu dienten, eine Kreditvergabe der BTV in Höhe von 26 Mio. € zu ermöglichen, was schließlich auch gelang, wobei die BTV ihr Engagement naheliegend erst nach eigener umfassender Prüfung und Bewertung des Projektes eingegangen war.

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c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zu diesen Anklagepunkten auf Folgendes hin:
78
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass D. schon angesichts der in den jeweiligen Landeshaushaltsgesetzen eingeräumten weiten Befugnisse, über das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz zu verfügen und dieses zu verpflichten (vgl. etwa §§ 9, 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 und Landeshaushaltsgesetz 2009/2010), eine hervorgehobene Verantwortung gegenüber dem Land und dessen Vermögen zukam, er mithin vermögensbetreuungspflichtig war.
79
Durch die jeweils hundertprozentige Absicherung der von der ISB GmbH gewährten Darlehen könnte er gegen die Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) verstoßen haben. Gemäß § 39 Ziff. 5 Satz 2 VVLHO dürfen Bürgschaften nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Landes zu rechnen ist. Gemäß Satz 3 sind in diesem Fall Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen (§ 23 LHO) erforderlich (vgl. hierzu Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 1275; Nebel in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 47. EL, § 39 BHO Rn. 1 f.; Graf in: Heuer, KHR, Rn. 3 zu § 39 BHO). Der Regelung in § 39 Ziff. 5 Sätze 2 und 3 VV-LHO kommt eine die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers schützende Bedeutung zu, da die Differenzierung nach der Gewissheit der späteren Inanspruchnahme der hierdurch einhergehenden Beschränkung des künftigen Haushaltsgesetzgebers Rechnung trägt.
80
Sollte ein Verstoß gegen § 39 Ziff. 5 Satz 2 VV-LHO vorliegen, könnte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob D. zusätzlich pflichtwidrig den aus § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2008/2009 folgenden Parlamentsvorbehalt umging, wonach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen einer institutionellen Förderung unter den dort genannten Voraussetzungen gesperrt waren und die Aufhebung der Sperre einer Einwilligung des Landtages bedurfte, wenn - wie hier - die Zuwendung den Betrag von 150.000 € überschritt. In Bezug auf die der ISB GmbH ermöglichten Darlehensvergabe bzw. der der RIM GmbH ermöglichten Beteiligungen an der Med. GmbH handelte es sich zwar um eine Projektförderung (vgl. hierzu Dommach in: Heuer, KHR, Rn. 5 zu § 26 BHO; Heller, Haushaltsgrundsätze, 2. Aufl., Rn. 1398 ff.), weil die - dies unterstellt - nach § 39 Ziff. 5 Satz 3 VV-LHO als Zuwendung zu veranschlagenden Landesbürgschaften der Deckung von Ausgaben für ein einzeln abgegrenztes, genau bestimmtes Vorhaben der RIM GmbH dienten. Eine (mittelbare) globale Förderung im Sinne einer institutionellen Förderung gemäß § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 lag aber in den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe gegenüber der MS. GmbH vor; denn insoweit wurden die Gelder jeweils zur Begleichung nicht näher dargestellter Forderungen transferiert, bei deren Nichtbegleichung ein Baustopp gedroht hätte.
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bb) Soweit die Strafkammer demgegenüber eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch einen Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) angenommen hat, ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher grundsätzlich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 89; vgl. auch BVerfG, Be- schluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 217 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 236; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 261; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b, 44; aA Munz, Haushaltsuntreue, S. 162 ff.). Die getroffenen Feststellungen belegen einen derartigen Verstoß indes nicht. Hierzu gilt:
82
(1) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen (Ziff. 1 VV-LHO zu § 7; v.Lewinski/Burbat, BHO, § 7 Rn. 3). Er bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 16 zu § 7 BHO [Teil 1]; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll (Ziff. 1.2 zu § 7 VV-LHO) und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 1 ff. zu § 7 BHO [Teil 2]; Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 711; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Inhaltliche Aufgabenprioritäten lassen sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch nicht ableiten; dieses trifft - anders als der Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO) - keine Aussage über das verfolgte Ziel (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 110 Rn. 154; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144; aA Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 49. EL, § 7 Rn. 3 [der Grundsatz der Notwendigkeit als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots]); es ist mithin zwar eine Verfahrensmaxime, aber kein Maßstab, der an das politischgestalterische Ziel anzulegen ist (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Schließlich stellt das Gebot - nicht zuletzt auch deswegen, weil sich Maximal- und Minimalprinzip im Einzelfall gegenseitig ausschließen können - nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84 mwN; vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 88).
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(2) Bei ihrer Erwägung, der Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei darin begründet, dass sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO keine hinreichenden Kontrollbefugnisse und damit keinen angemessenen Einfluss bei der Med. GmbH gesichert habe, hat die Strafkammer verkannt, dass sich das Land Rheinland-Pfalz nicht unmittelbar an der Med. GmbH beteiligte. Vielmehr lag - vermittelt über ISB GmbH und RIM GmbH - nur ein Fall der sog. mittelbaren Beteiligung vor. Für diese gilt die Vorgabe des § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO gemäß § 65 Abs. 3 Sätze 1 und 3 LHO jedoch nur, wenn eine Beteiligung von mehr als 25% erworben wird (Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 46. EL, § 65 Rn. 13; vgl. auch Ziff. 2.3 zu § 65 VV-LHO). Ein Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Med. GmbH war mit den stillen Beteiligungen der RIM GmbH nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht verbunden.
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In den Fällen IV.9 b), e) bis j) der Urteilsgründe ist eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch nicht darin begründet , dass die Bürgschaften bereits vor der Bestellung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten übernommen wurden. Zwar lässt sich am Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich messen, ob durch ein kurzfristiges Handeln vermeidbare finanzielle Nachteile entstehen. Dass D. allein durch die zeitliche Komponente seines Handelns den ihm zuzubilligenden Gestaltungsspiel- raum überschritt, belegen die Urteilsgründe jedoch nicht: Diesen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass die spätere Bestellung der Grundpfandrechte ernsthaft in Zweifel hätte gezogen werden müssen. Einer Inanspruchnahme des Landes vor diesem Zeitpunkt standen bereits die in den globalen Bürgschaftserklärungen enthaltenen Fälligkeitsbestimmungen entgegen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass ein Baustopp unabhängig von politischen Erwägungen nachteilige Konsequenzen für das Bauprojekt und insbesondere die Geschäftsbeziehung mit den die Bauarbeiten ausführenden Firmen bis hin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hätte nach sich ziehen können.
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Schließlich belegen die getroffenen Feststellungen auch nicht, dass aus anderen Gründen durch die gewählte Konstruktion mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr vereinbare finanzielle Nachteile entstanden, etwa durch hohe Transaktionskosten, die bei einer unmittelbaren Darlehensvergabe der ISB GmbH an die MS. GmbH und einer entsprechenden Landesbürgschaft nicht angefallen wären.
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cc) Soweit die Strafkammer angenommen hat, dass in dem von den Beteiligten gewählten Vorgehen ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen (Art. 107 ff. AEUV) lag (vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 - IP/14/1067), ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass dies keine untreuerelevante Pflichtverletzung darstellte. Nicht jeder Verstoß gegen die Rechtsordnung begründet zugleich eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB relevante Pflichtverletzung. Der erforderliche untreuespezifische Zusammenhang liegt vielmehr nur dann vor, wenn der unmittelbar verletzten Rechtsnorm selbst vermögensschützender Charakter zukommt (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91 f.). Dies ist bei den europäischen Beihilfevorschriften , deren Zweck im Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen liegt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755, 757; G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, AEUV, Art. 107 Rn. 10; Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3550 f.), nicht der Fall.
87
In der Nichtbeachtung der Art. 107 ff. AEUV lag auch nicht deshalbein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit , weil eine europarechtswidrige Ausgabe nicht geleistet werden dürfe und damit zwangsläufig haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verletze. Die Gegenmeinung (vgl. Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3551) stützt sich auf die Erwägung, die eine Ausgabe zur Beihilfe qualifizierende Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setze voraus, dass das Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, marktübliche Gegenleistung erlange und sich damit aus Sicht des "market economy investors" als unwirtschaftlich darstelle. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine EUbeihilferechtswidrige Leistung verletze zugleich haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Die Unwirtschaftlichkeit einer Maßnahme der öffentlichen Hand verstößt nicht zwangsläufig gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil dieses nur eine relative Betrachtung gemessen am selbst nicht zu bewertenden, mit der Leistung verfolgten Zweck verlangt (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102); sie bewirkt auch nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen den Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO). Aus diesem Grunde stehen beide Haushaltsgebote - was die Gegenmeinung nicht in Frage stellt - auch nicht der Gewährung von mit dem EU-Recht vereinbaren Beihilfen (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV) entgegen, die ebenfalls an die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV anknüpfen (G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, Art. 107 Rn. 16 f.; von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 107 Rn. 196, 212).
88
dd) Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung der Höhe des eingetretenen Vermögensnachteils gilt:
89
(1) Sollte das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich auf die Bürgschaften bzw. auf die diese im Rahmen des Umschuldungskonzeptes ersetzende Garantie- und Freistellungserklärung finanzielle Leistungen erbracht haben, käme es in dieser Höhe auf die exakte Bezifferung des Gefährdungsschadens im Tatzeitpunkt nicht mehr an. In diesem Fall hätte sich der ursprüngliche Eingehungsschaden in einem Erfüllungsschaden materialisiert und würde sich nach dessen Wert bemessen (vgl. insoweit zur Schadensbestimmung im Rahmen von § 263 StGB: BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341).
90
(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, in einer Bürgschaftsvergabe liege mangels Unmittelbarkeit zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil dann keine Untreue, wenn - wie hier - der Eintritt des Bürgschaftsfalls den Verzug des Schuldners über einen längeren Zeitraum voraussetze (vgl. Schneider, wistra 2015, 369, 374). Zutreffend ist zwar, dass die Tathandlung im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB den Vermögensnachteil unmittelbar bewirken muss (vgl. BGH, Urteile vom 7. September 2011 - 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529; vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115 f.; umfassend SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 84, 62 mwN; aA Rübenstahl /Wasserburg NStZ 2004, 521, 526). Besteht dieser im Tatzeitpunkt aber schon aufgrund der durch die Rahmenumstände gegebenen sicheren Erwartung , dass der Bürgschaftsfall eintreten wird, so ist die aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit schon durch Eingehen der Verbindlichkeit bewirkte Vermögensminderung in diesem Sinne unmittelbar. Unerheblich ist dann, ob der Erfüllungsschaden isoliert betrachtet eine derartige sachliche und zeitliche Nähe zu der Pflichtverletzung aufweist, dass er dem Unmittelbarkeitserfordernis genügen könnte.
91
(3) Die Haftung der RIM GmbH gegenüber der ISB GmbH war nach den jeweiligen Darlehensverträgen begrenzt auf die Geldeingänge aus der refinanzierten Beteiligung sowie auf die Erlöse der für diese Beteiligung bestellten Sicherheiten , wobei nach weiterer Vereinbarung die Haftungsfreistellung einer Inanspruchnahme des Bürgen durch die ISB GmbH nicht entgegenstehen durfte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB wird gegebenenfalls zu erörtern sein, ob - was naheliegend erscheint - in den ausgegebenen globalen Bürgschaftserklärungen oder den Schreiben, mit denen D. die Bürgschaft auf die volle Darlehenssumme erstrecken ließ, diesbezügliche Erklärungen des Landes enthalten waren (zur Abdingbarkeit von § 768 vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278, 288 f.; MüKoBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 3) oder ob entsprechende Einschränkungen sonst aus der Sicherungsabrede folgten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, 1352; Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 7).
92
(4) Von seiner Annahme ausgehend, dass bereits in dem Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung lag, hat sich das Landgericht konsequent mit der den Schuldgehalt der Tat betreffenden Frage befasst, ob die angenommene Vermögensgefährdung durch spätere Umstände entfallen war. Soweit es den "Gefährdungszeitraum" im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe allerdings - D. insoweit nicht beschwerend - auf den "Zeitraum der zugelassenen Anklage" begrenzt hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Mit dem erstmaligen Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, ist das Delikt der Untreue vollendet (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00, NStZ 2001, 650; vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Spätere Entwicklungen, die den Schaden vertiefen oder entfallen lassen, wirken sich allerdings auf das Maß der Schuld aus. Sie sind daher für die Beurteilung von Tat und Täter von Bedeutung und vom Gericht - im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) - zu ermitteln. Der Grundsatz , dass sich Untersuchung und Entscheidung auf die in der Anklage bezeichnete Tat beschränken (§§ 155, 264 StPO), steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99 mwN).
93
ee) Das neue Tatgericht wird auch zu prüfen haben, ob sich D. wegen Anstiftung zur Untreue durch die Mitangeklagten M. und/oder W. strafbar gemacht hat. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt , dass gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßende Rechtsgeschäfte gemäß § 134 BGB unwirksam sein können (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755 ff. mwN), wird zu prüfen sein, inwieweit bewusst Leistungen rechtsgrundlos oder ohne rechtswirksame Absicherung erbracht wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403).
94
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.8, 9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen , mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil, von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen bleiben möglich. In den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe hebt der Senat die Feststellungen über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus vollständig auf, da der Angeklagte im Hinblick auf die vom Senat erteilten Hinweise noch keine Möglichkeit der Verteidigung hatte und um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
95
4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils in den Fällen IV.9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe auf die Mitangeklagten M. und W. zu erstrecken.
96
5. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil von D. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
97
a) Es kann auch in den Fällen IV.5, 6, 7 und 10 der Urteilsgründe offen bleiben, ob D. als faktischer Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zu qualifizieren ist, da sich dessen Vermögensbetreuungspflicht - wie zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargelegt - jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats ergab.
98
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe lagen schon die Vereinbarungen zu den einzelnen Zahlungen - wie das Landgericht hinsichtlich Fall IV.6 der Urteilsgründe zutreffend ergänzend dargelegt hat - außerhalb des der Geschäftsführung zuzubilligenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums, da die Zahlungen nicht im Unternehmenswohl der Nürburgring GmbH lagen:
99
Im Fall IV.5 der Urteilsgründe entstanden der Nürburgring GmbH durch die Übernahme der Gründungskosten für die G. AG nach den getroffenen Feststellungen keine auch nur im Ansatz erkennbaren Vorteile. Deren Gründung kam ausschließlich B. und Me. entgegen, die sich hierdurch steuerliche Vorteile versprachen. Auch in den Fällen IV.6 und 7 der Urteilsgründe widersprachen die Zahlungen den Unternehmensinteressen. Sie waren nicht durch den Vorvertrag vom 27. März 2007 bzw. dessen Nachträge gedeckt; zudem hatten weder die I. -GmbH noch die P. GmbH "wie auch immer geartete Leistungen" oder "abrechnungsfähige Aufwendungen" erbracht. Bei dieser Sachlage besteht nach den bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargestellten Maßstäben die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit von D. darin, dass er gemeinsam mit L. (Fall IV.6) bzw. in dessen Anwesenheit (Fälle IV.5 und 7) den Entschluss zur jeweiligen Zahlung fasste und diese hierdurch veranlasste. Es bedarf damit keiner näheren Betrachtung, ob - wie vom Landgericht angenommen - mit der Zahlung auch deshalb eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde, weil dieser kein wirksamer Rechtsgrund zugrunde lag. Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen stellen zwar jedenfalls dann eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes dar, wenn das den Rechtsgrund bildende Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 402). Angesichts der den § 125 Satz 2, § 134 BGB zugrundeliegenden unterschiedlichen Normzwecke ist jedoch zweifelhaft, ob dies in gleicher Weise generell auch dann anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgrundes aus einem Verstoß gegen ein - wie hier - rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis folgt.
100
c) Die Verurteilung im Fall IV.11 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) erweist sich aus den vom Landgericht in seinem Urteil dargelegten Gründen als rechtsfehlerfrei. Diesen wird auch nicht deshalb die Grundlage entzogen, weil das Urteil im Fall IV.8 der Urteilsgründe aufzuheben ist. Zwar knüpft die Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage inhaltlich an die dortigen Vorkommnisse an. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind jedoch weitgehend rechtsfehlerfrei getroffen und können in dem bereits dargelegten Umfang bestehen bleiben. Soweit die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe in Bezug auf die Bestimmung des Vermögensnachteils und hinsichtlich der subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind, ist dies ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die von D. am 2. Juli 2010 vor dem Untersuchungsausschuss getätigte Aussage falsch war und dieser vorsätzlich handelte.
101
6. Zu den erhobenen Verfahrensrügen gilt das Folgende:
102
a) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen unbegründet.
103
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO, weil das Landgericht der Verteidigung die Akteneinsicht in rechtlich bedenklicher Weise erschwert habe, indem es eine Spiegelung sichergestellter Datenträger abgelehnt und Einblick in diese lediglich in den Räumen der Staatsanwaltschaft gewährt habe, ist unzulässig. Dabei kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den Datenträgern um Beweismittel oder Aktenbestandteile handelte, nicht an. Selbst wenn die von der Revision vertretene Einstufung als Aktenbestandteil zutreffen sollte, betreffen die mit der Rüge angegriffenen Entscheidungen des Vorsitzenden und der Strafkammer lediglich die Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht. Diese Entscheidung ist gemäß § 336 Satz 2, § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht revisibel (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 336 Rn. 18). Ob für die Fälle einer willkürlichen Beschneidung des Einsichts- und Besichtigungsrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2011 - 2 BvR 449/11, NJW 2012, 141, 142) etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Ein sachfremdes Handeln hat die Revision nicht dargelegt; insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus den angegriffenen Entscheidungen.
104
c) Auf die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kommt es nicht an. Sie betrifft ausschließlich die Beweiswürdigung zu den Fällen IV.9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe; insoweit ist der Schuldspruch mit den dazugehörigen Feststellungen schon auf die Sachrüge aufzuheben.
105
7. Durch die Teilaufhebung des Urteils ist die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde von D. gegenstandslos, da bereits die Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang der Kostenentscheidung die Grundlage entzieht (KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 464 Rn. 20, LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn. 42)
106
III. Revision des Angeklagten K.
107
1. Der Schuldspruch kann im Fall IV.2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat sich K. keiner Untreue schuldig gemacht; insoweit ist er freizusprechen. Im Einzelnen:
108
a) Das Landgericht ist der Auffassung, die Entscheidung von K. zur Übernahme der Kosten für die Gründung der P. S.A. sei nicht mehr von der ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gedeckt gewesen. Er habe auch Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats verletzt, weil es sich um eine nach § 7 Abs. 1 GesV zustimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe. Soweit der Aufsichtsrat die Geschäftsführung bereits mit Beschluss vom 1. Juli 2008 zu Vertragsabschlüssen im Rahmen der Finanzierung von "Nürburgring 2009" ermächtigt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss sei auf Grundlage der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV ergangen, die dahin ausgelegt werden müsse, dass eine im Vorfeld erteilte Zustimmung nur dann zulässig sei, wenn der Aufsichtsrat diese an bestimmte Auflagen binde. Dies folge daraus, dass sich der Aufsichtsrat nach der Gesamtkonstruktion des § 7 GesV nicht jeglicher Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Geschäftsführung begeben dürfe. An entsprechenden Auflagen habe es in dem Beschluss vom 1. Juli 2008 gefehlt. Überdies sei die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. auch nicht "notwendig" im Sinne des Aufsichtsratsbeschlusses gewesen.
109
b) Dies hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass K. als Geschäftsführer der Nürburgring GmbH vermögensbetreuungspflichtig war (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 274). In dem von der Strafkammer festgestellten Verhalten von K. lag jedoch keine Verletzung einer das Vermögen der Nürburgring GmbH schützenden Pflicht; weder überschritt er den ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraum noch umging er Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
110
aa) Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. lag innerhalb des K. als Geschäftsführer eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessensspielraums.
111
Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, liegt eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Im Rahmen des der unternehmerischen Entscheidung vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozesses sind die möglichen negativen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen , wie etwa ein Ansehensverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit, ebenso in die Überlegungen einzustellen wie die mit imagepflegenden Maßnahmen einhergehenden positiven Folgen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 231,

233).


112
Gemessen hieran bewegte sich K. mit seiner Entscheidung, die Kosten für die Gründung der P. S.A. zu übernehmen, noch innerhalb des ihm zustehenden weiten Ermessensspielraums. Hinsichtlich der Verbindung der I. S.A. zu einem mexikanischen Drogenkartell lag aufgrund der im luxemburgischen Handelsregister enthaltenen Eintragungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ein verifizierbarer und nicht lediglich vager oder offensichtlich haltloser Verdacht vor. Angesichts dessen war es aus unternehmenspolitischen Gründen - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung des Ausbauprojekts auch im Bereich II noch nicht sichergestellt war und dort Privatinvestoren gesucht wurden - im Interesse der Gesellschaft, diesen Schein einer Verbindung kurzfristig zu beseitigen. Dass die I. S.A. oder die hinter ihr stehenden B. und Me. hierzu vertraglich verpflichtet waren, belegen die Urteilsgründe auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht. Allein der Umstand, dass eine gute Reputation naheliegend auch im eigenen Interesse der I. S.A. lag, begründete einen vertraglichen Anspruch nicht. Die Höhe der mit der Neugründung der P. S.A. verbundenen Kosten, war zwar in die Abwägung der insoweit gegenläufigen Unternehmensinteressen einzustellen ; dieser Gesichtspunkt wurde allerdings dadurch relativert, dass die Kosten bei erfolgreichem Zustandekommen der Finanzierung auf den dann fälligen Provisionsanspruch angerechnet werden konnten. Bei dieser Sachlage ist ein strafrechtlicher Vorwurf auch nicht deshalb begründet, weil K. seine Entscheidung traf, bevor die Angaben von Me. zum Erwerb der I. S.A. - die sich nur zehn Tage nach Vertragsschluss als zutreffend herausstellten - überprüft worden waren. Denn der durch die Registerlage hervorgerufene Schein blieb bestehen; Dritte hätten weiterhin den Schluss auf eine Verbindung zur mexikanischen Drogenmafia ziehen und mit den etwaigen negativen Folgen für das Ansehen der Nürburgring GmbH bzw. das Ausbauprojekt öffentlich machen können. Dass es sich hierbei nicht nur um ein fernliegendes Szenario handelte, zeigt sich daran, dass auch D. bei seinen eigenen Recherchen im Internet bereits auf entsprechende Gerüchte gestoßen war.
113
bb) K. verstieß mit seiner Entscheidung zur vertraglichen Kostenübernahme und deren Umsetzung auch nicht gegen seine Pflicht zur Einbeziehung des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs. 1 GesV.
114
(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Maßnahme grundsätzlich zustimmungsbedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 GesV war. Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A zählte angesichts des Ausnahmecharakters des Geschäfts sowie seiner finanziellen und unternehmenspolitischen Tragweite im Sinne der Satzung nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
115
Die Satzungsbestimmung war auch wirksam und verstieß nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bei einer GmbH bestellt, so gilt gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend, wonach die Satzung bestimmte Arten von Geschäften einem Zustimmungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat unterwerfen kann. Soweit in der Kommentarliteratur zu § 52 GmbHG unter Rückgriff auf aktienrechtliche Grundsätze die Auffassung vertreten wird, satzungsmäßig bestimmte Zustimmungsvorbehalte seien aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig, wenn sie - wie hier - generalklauselartig ausgestaltet sind (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229 mwN; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361, 369, 371; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110), ist dem jedenfalls für die hier zu bewertende Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nicht zu folgen. Die zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten aktienrechtlichen Grundsät- ze sind auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nicht ohne weiteres übertragbar , da § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gemäß § 52 Abs.1 GmbHG nur anzuwenden ist, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag anderes bestimmt ist (sog. Satzungsautonomie , vgl. etwa Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 52 Rn. 24; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 16; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 9 ff.). Es ist daher anerkannt, dass die Satzung im Fall des fakultativen Aufsichtsrats die aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Pflichten sowohl einschränken als auch ausweiten kann (BeckHdbGmbH/Müller, 5. Aufl., § 6 Rn. 52; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 13; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 378; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110). Angesichts des im Recht der GmbH bestehenden Satzungsvorrangs kann der Ausschluss generalklauselartiger Zustimmungsvorbehalte somit nicht auf den Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ("bestimmte Arten von Geschäften") gestützt werden (so aber Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229). Angesichts der unterschiedlichen Strukturen von GmbH und AG, wonach dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Einflusses der Gesellschaftsversammlung als oberstem Organ eine schwächere Stellung in der Gesellschaft zukommt als dem Vorstand einer AG (vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 19), bestehen gegen eine generelle Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung keine Bedenken; unerheblich ist, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nach aktienrechtlichen Maßstäben als unwirksam zu qualifizieren wäre (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 111 Rn. 66; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 85; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 123 f.; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, § 111 Rn. 46). Die hier zu bewertende, nur Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfassende Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV beschneidet die Kompetenzen der Geschäftsführung auch nicht derart, dass deren Führungsbefugnis im Kernbereich betroffen ist (vgl. zu dieser Grenze MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 368). Da der Terminus des "gewöhnlichen" Geschäftsverkehrs zudem in handelsrechtlichen Bestimmungen über die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis verwendet wird (vgl. etwa § 54 Abs. 1, § 116 Abs. 1 HGB), schafft dieser ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff für den Geschäftsführer auch keinen Zustand untragbarer Rechtsunsicherheit (vgl. zu diesem Aspekt MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361).
116
(2) K. verstieß jedoch nicht gegen § 7 Abs. 1 GesV, weil sein Vorgehen durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 gedeckt war und es damit einer weiteren Einbeziehung des Aufsichtsrats nicht mehr bedurfte.
117
(a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch im Fall der satzungsmäßig bestimmten Zustimmungsvorbehalte im Vorfeld erteilte Globalbeschlüsse (auch "Generalzustimmung", "Rahmenzustimmung", "Vorwegeinwilligung" ) des Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig sind, wenn die Satzung solche - wie hier in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV - zulässt (vgl. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 203; Hopt/Roth in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 111 Rn. 665 f.; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 109; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 126). Rechtsfehlerhaft ist allerdings der von der Strafkammer gezogene Schluss, der Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 sei unwirksam, da eine im Vorfeld erteilte generelle Zustimmung zwingend mit Auflagen hätte verbunden werden müssen.
118
Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV lässt sich die Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung ausdrücklich mit Auflagen zu verbinden , nicht entnehmen. Systematisch bezieht sich die Regelung auf die "zustimmungspflichtigen Geschäfte" und erfasst damit sowohl die in § 7 Abs. 2 GesV konkretisierten als auch alle anderen unter die Generalklausel des Abs. 1 fallenden Geschäfte. Könnte der Aufsichtsrat seine Zustimmung einschränkungslos und spiegelbildlich zur Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV allgemein zu sämtlichen von Abs. 1 erfassten Geschäften erteilen, bestünde die Gefahr, dass er die ihm vom Satzungsgeber zugewiesene Funktion als Kontrollorgan unterliefe. Dies bedingt - wie das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat -, dass er den Umfang und die Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert. Weitergehende Beschränkungen - auch in inhaltlicher Sicht - folgen hieraus für die Ausgestaltung des Zustimmungsbeschlusses allerdings nicht: Dass der Aufsichtsrat mit jeder Rahmenzustimmung die Kontrolle über die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Geschäfte in einem gewissen Maße verliert , liegt in der Natur solcher Rahmenbeschlüsse; dies wird jedoch insbesondere dadurch kompensiert, dass es dem Aufsichtsrat jederzeit möglich ist, die Geschäftsführung zur Berichtserteilung anzuhalten (vgl. hierzu Koppensteiner /Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Rn. 32) und seine Generalzustimmung zu widerrufen. Schließlich verlangen weder die aus der Satzung folgende Funktion des Aufsichtsrats noch sonstige Gesichtspunkte , dass der Aufsichtsrat die für die Zulässigkeit einer Vorwegeinwilligung erforderlichen Konkretisierungen an die Geschäftsführung ausdrücklich als "Auflage" bezeichnet.
119
Nach diesen Maßstäben bestehen an der Wirksamkeit des Aufsichtsratsbeschlusses vom 1. Juli 2008 keine Bedenken. Die von der Zustimmung des Aufsichtsrats erfassten Geschäfte waren dadurch in dem erforderlichen Maße präzisiert, dass der sachliche Bezug der bewilligten Geschäfte zur Finanzierung des Ausbauprojektes hergestellt war und abzuschließenden Vereinbarungen unter der Voraussetzung eines "notwendigen" funktionalen Zusammenhangs standen.
120
(b) Die mit der Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" eng verbundene Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. war schließlich auch von dem Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 umfasst. Insbesondere handelte es sich um eine im Sinne des - von der Strafkammer insoweit nicht näher ausgelegten - Aufsichtsratsbeschlusses zur Finanzierung des Projektes "notwendige" Vereinbarung.
121
Bei verständiger Würdigung beschränkte der Aufsichtsrat seine Zustimmung hiermit nicht auf den Abschluss solcher Verträge und Vereinbarungen, ohne die das Finanzierungskonzept objektiv nicht umsetzbar gewesen wäre, insbesondere die vor der Beschlussfassung seitens der Geschäftsführung vorgelegten Entwürfe des Nießbrauchs-, Generalübernehmer-, Miet- und Optionsvertrages. Vielmehr umfasste die Zustimmung auch solche Vereinbarungen, die - wie hier - in Zusammenhang mit der Finanzierung des Bereichs I standen und seitens der Geschäftsführung in vertretbarer Weise als erforderlich angesehen wurden. Dies folgt daraus, dass der Aufsichtsrat im Beschlusszeitpunkt über die Einzelheiten des verfolgten Finanzierungskonzeptes unterrichtet war und dieses umgesetzt wissen wollte; hätte er der Geschäftsführung hierbei keinen eigenen Gestaltungsspielraum einräumen oder seine Zustimmung auf die ihm vor der Entscheidung vorgelegten Vertragsentwürfe beschränken wollen, hätte es nahegelegen, entweder die Vertragsentwürfe ausdrücklich im Beschluss zu benennen oder von vornherein auf eine Generalzustimmung zu verzichten. In der stattdessen verwendeten Formulierung "Verträge und sonstigen Vereinbarun- gen" kommt die im Beschlusszeitpunkt bestehende Ungewissheit über den Umfang und die Art der für die Umsetzung der Finanzierung erforderlichen Geschäfte deutlich zum Ausdruck.
122
Die von D. befürchteten negativen Folgen auf die - zu diesem Zeitpunkt nicht sichergestellte - Finanzierung des Ausbauprojekts für den Fall, dass sich die Gerüchte um die Verbindung der I. S.A. zur mexikanischen Drogenmafia ausbreiten sollten, lagen nahe und waren von einer sachlichen Grundlage getragen. Dass K. dies anders beurteilt und aus sachfremden Erwägungen heraus gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war es im Sinne der dargelegten Maßstäbe vertretbar, die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. als für die weitere Durchführung des Projektes notwendig anzusehen.
123
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung von K. wegen Untreue zu tragen vermögen. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
124
2. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die getroffenen Feststellungen aus den bereits zur Revision von D. dargelegten Gründen nicht den Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH.
125
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall IV.8 der Urteilsgründe entzieht der insoweit verhängten Einzelstrafe die Grundlage; dies und der durch den Freispruch im Fall IV.2 der Urteilsgründe bedingte Wegfall der in diesem Fall festgesetzten Einzelstrafe führen zur Aufhebung des Gesamtstrafenaus- spruchs. Die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe können allerdings in dem zur Revision von D. dargelegten Umfang bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
126
4. Weitere zum Nachteil von K. wirkende Rechtsfehler hat die auf die Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung nicht ergeben. Über die in der Begründungsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Juni 2015 dargelegten Gründe hinaus bedarf nur Folgendes der näheren Erörterung:
127
a) Im Fall IV.3 der Urteilsgründe überschritt K. mit der von ihm veranlassten Zahlung den ihm zukommenden unternehmerischen Entscheidungsfreiraum. Die Maßnahme lag nicht im Unternehmenswohl: Nach der - durch die Nachträge modifizierten - Vertragslage zum Vorvertrag vom 27. März 2007 bestand keine Verpflichtung der Nürburgring GmbH zum Aufwendungsersatz über September 2008 hinaus. Es war auch nicht erkennbar, dass die I. GmbH im Oktober 2008 noch wesentliche Leistungen im Hinblick auf die angestrebte Umsetzung des mit Ba. angestrebten Finanzierungskonzeptes erbringen musste; die für die Anlage der von Ba. geforderten Bareinlage erforderlichen Voraussetzungen waren bereits geschaffen. Bereits am 24. September 2008 - nur zwei Tage nach der Rechnungsstellung - wurde der Betrag von 80 Mio. € absprachegemäß angelegt; die weiteren Schritte waren von Ba. zu erbringen. Weder für die Zahlung noch für eine etwaige mündliche Vereinbarung hierüber - für deren Vorliegen die Urteilsgründe überdies keine konkreten Anhaltspunkte geben; insb. bezog sich die gegenständliche Rechnung auf § 2 des "geschlossenen Vorvertrag[s]" - bestand damit eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Da die Maßnahme mithin außerhalb des unternehmerischen Gestaltungsspielraums lag, handelte es sich um eine Pflichtverletzung , ohne dass es auf weitere Wertungen noch ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN). Ob K. aufgrund einer Umgehung des Aufsichtsrats zusätzlich noch ein Verstoß gegen die Satzung der Nürburgring GmbH vorzuwerfen ist, bedarf keiner weitergehenden Betrachtung. Ebenso kann offen bleiben, ob Zahlungen auf eine formunwirksame Forderung stets untreuerelevant sind.
128
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe liegt die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch K. ebenfalls darin, dass die gegenständlichen Zahlungen - wie im Rahmen der Revision von D. ausgeführt - unter keinem Gesichtspunkt im Unternehmenswohl und damit außerhalb des dem Geschäftsführer einzuräumenden freien Gestaltungsspielraums lagen.
129
5. Die auf Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrügen bleiben aus den zur Revision von D. dargelegten Gründen ohne Erfolg.
130
IV. Revision des Angeklagten N.
131
1. Der Schuldspruch wegen Untreue im Fall IV.7 der Urteilsgründe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die getroffenen Feststellungen belegen kein täterschaftliches Handeln des Angeklagten N. , da sich aus ihnen weder die konkrete Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht noch die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft (§ 25 StGB) ergeben.
132
a) Täter der Untreue kann aufgrund des Sonderdeliktscharakters nur derjenige sein, dem eine in Bezug auf das geschädigte Vermögen bestehende Betreuungspflicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472, 473). Der Schluss des Landgerichts, dass N. einer derartigen Pflicht zuwider handelte, wird von den Urteilsgründen nicht getragen.
133
aa) Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellt, auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, NJW 2013, 1615). Nicht jede vermögensmindernde Pflichtverletzung eines Vermögensbetreuungspflichtigen ist demnach bereits untreuerelevant, sondern nur der Verstoß gegen eine Pflicht, die gerade spezifisch dem Vermögensschutz dient (MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 40; ders. in Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201, 204). Maßgebend für die Abgrenzung sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

22).


134
bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Angeklagten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses eine im vorstehenden Sinne qualifizierte Stellung hinsichtlich des Vermögens der Nürburgring GmbH zukam. Diese folgte aus seiner Verpflichtungs- und Freigabebefugnis für Forderungen gegen die Nürburgring GmbH bis zu maximal 20.000 € und aus seiner Aufgabe, eingehende Rechnungen auf ihre inhaltliche und sachliche Richtigkeit zu prüfen, sowie der hiermit einhergehenden Möglichkeit, auf deren Auszahlung wesentlichen Einfluss zu nehmen.
135
Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass N. im Fall IV.7 der Urteilsgründe in diesem Pflichtenkreis tätig wurde: In die mit Me. getroffene Vereinbarung über die Erstattung des Aufwendungsersatzes, war N. nicht eingebunden. Soweit der Angeklagte im Rahmen der Zahlung des Betrages von 150.000 € involviert war, belegen die - missverständlich formulierten - Fest- stellungen lediglich, dass er diese vorbereiten ließ; freigegeben wurde die Auszahlung durch K. , der die auf Veranlassung von N. erstellte Auszahlungsanordnung unterschrieb. Dass N. über eine möglicherweise nur im Innenverhältnis zur Nürburgring GmbH wirkende Beschränkung die Zahlung von Beträgen über 20.000 € wirksam anweisen konnte, belegen die Urteilsgründe nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang N. Handlungsvollmacht eingeräumt war; denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen , dass der Angeklagte mit der "Anweisung" gegenüber De. , den Geldbetrag "zu überweisen", in dem ihm hierdurch eröffneten Aufgabenbereich agierte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass N. Leiter der von ihm aufgebauten Controlling-Abteilung der Nürburgring GmbH war; die Feststellungen lassen offen, welche konkreten Aufgaben und Entscheidungsspielräume sich für den Angeklagten hierdurch ergaben.

136
Da die inhaltlich unrichtige Rechnung der I. GmbH vom 15. Juni 2009 erst nach der Überweisung bei der Nürburgring GmbH einging, kann schließlich auch eine inhaltliche Bestätigung der Rechnung durch N. - ungeachtet der hierzu fehlenden Feststellungen - nicht ursächlich für die Auszahlung geworden sein; da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und ggf. durch wen die Rechnung vom 15. Juni 2009 inhaltlich und sachlich bestätigt worden war, ergibt sich schon deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer von N. (mit)bewirkten falschen Buchführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, NJW 2010, 3458, 3460 mwN; BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00, BGHSt 47, 8, 11 mwN; Urteil vom 7. Dezember 1965 - 5 StR 312/65, BGHSt 20, 304; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 191, 227) keine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
137
b) Die getroffenen Feststellungen belegen darüber hinaus auch nicht die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft.
138
aa) Auch wenn man annimmt, N. habe in dem seine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Pflichtenkreis gehandelt, verwirklichte er die Tat nicht im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB selbst. Soweit er De. zu der sog. Blitzüberweisung aufforderte, lag hierin keine Aufforderung, die Überweisung unmittelbar auszuführen. Diese setzte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vielmehr das Vorhandensein einer unterschriebenen Auszahlungsanordnung voraus. Dass De. diese Unterschrift leisten konnte oder nach der Vorstellung von N. hätte leisten sollen, zeigen die Urteilsgründe nicht auf; hiergegen spricht auch, dass angesichts der Höhe der Zahlung auch der De. in der Hierarchie übergeordnete N. zur Unterschrift weder befugt noch willens war. Mit der bloßen Aufforderung an De. , die Überweisung vorzubereiten, war die Wahrscheinlichkeit einer späteren Auszahlung indes noch nicht in einem Maße gestiegen, dass hierin bereits eine tatbestandliche schadensgleiche Vermögensgefährdung gesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die spätere Vorlage der Auszahlungsanordnung von N. an K. zur Unterschrift, zumal N. hierbei noch explizit auf seine Bedenken gegen den Vorgang hinwies und gegenüber seinem Vorgesetzten die Auszahlung zu verhindern suchte. Dass N. nach der Vorlage der Auszahlungsanordnung noch an dem weiteren Geschehen beteiligt war, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach alledem erschöpfte sich der eigene Beitrag von N. in bloßen Unterstützungshandlungen.
139
bb) Auch eine Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von N. wird von den Urteilsgründen nicht belegt. Ein mittäterschaftliches Handeln ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14, BGHR VStGB § 6 Mittäter 1; vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
140
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein seine Kenntnis von der Tatbegehung durch D. und K. kann eine Mittäterschaft nicht begründen. Die festgestellten Tatbeiträge bestanden ausschließlich in Unterstützungshandlungen, welche L. oder K. ohne weiteres selbst hätten vornehmen können. Schließlich ist in den Blick zu nehmen , dass N. ersichtlich kein eigenes Interesse am Taterfolg verfolgte; denn er stellte sich von Beginn an gegen die Forderung von Me. und tat dies sowohl seinem Vorgesetzen L. als auch dem in der Unternehmenshierarchie an der Spitze stehenden K. unter Darstellung seiner Bedenken kund. Selbst wenn N. eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen haben sollte, führt dies weder allein (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, 10. Aufl., § 45 Rn. 21; MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 186; SK-StGB/Hoyer, 32. EL, § 25 Rn. 21 ff.; aA Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 355 ff.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 39 ff., 43 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor § 25 Rn. 82; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 107) noch in der Zusammenschau mit den weiteren seine Beteiligung kennzeichnenden Umstände zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurtei- lungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
141
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass trotz des Charakters der Untreue als Sonderdelikt nicht offenbleiben können wird, ob einer täterschaftlichen Verurteilung von N. bereits die allgemeinen Voraussetzungen der (Mit-)Täterschaft oder auch seine im konkreten Fall möglicherweise fehlende qualifizierte Stellung zum Vermögen der Nürburgring GmbH entgegenstehen. Die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 - 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53); ihr Fehlen begründet einen zwingenden Strafmilderungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten , wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein darauf beruht, dass das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, wistra 2015, 146; vom 6. März 2013 - 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
142
2. Auch im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Untreue nicht, weil sie weder eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung von N. noch einen hierdurch eingetretenen Vermögensnachteil belegen. Hinsichtlich des von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegten Vermögensnachteils gelten die insoweit zur Revision von D. dargelegten Gründe entsprechend. Zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gilt Folgendes:
143
Wie bereits ausgeführt, liegt eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur vor, wenn dem Täter eine zum Schutz des Vermögens des Geschädigten hervorgehobene Stellung zukommt und die von ihm konkret verletzte Pflicht auf den Pflichtenkreis zurückgeht, der diese Stellung begründet. Letzteres lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese teilen nicht mit, aufgrund welcher Umstände N. überhaupt an der Zahlungsvereinbarung beteiligt war. Ihnen ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem Grunde N. mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, die Nürburgring GmbH durch die Zahlungsvereinbarung zu verpflichten. Dies könnte aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Fall gewesen sein, ebenso könnte er durch eine einzelfallbezogene Entscheidung seiner Vorgesetzten hinzugezogen und ihm (ggf. konkludent ) Einzelvollmacht erteilt worden sein. Hinsichtlich der bestehenden Handlungsvollmacht bleibt jedoch in den Urteilsgründen offen, ob der Abschluss der Zahlungsvereinbarung von dieser überhaupt umfasst sein konnte. Der Begriff der Handlungsvollmacht ist inhaltlich offen und enthält keinen aus sich heraus bestimmbaren Umfang der Vollmacht. Dieser wird alleine vom Vollmachtgeber festgelegt. Auch § 54 HGB kodifiziert lediglich eine speziell geregelte Rechtsscheinhaftung (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 9; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 1), deren Umfang indes vom Inhalt der erteilten Vollmacht abhängt (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 10), und unterscheidet drei typisierte, in ihrem Umfang wesentlich differierende Varianten der Handlungsvollmacht (Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 10 ff.). Nähere Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Sie lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen und ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass N. mit seiner Unterschrift unter die Zahlungsvereinbarung "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH" der Vereinbarung zustimmte. Sollte N. hingegen aufgrund einer (konkludent) erteilten Einzelvollmacht tätig geworden sein, belegt auch dies angesichts des Zusammenwirkens mit L. als seinem Vorgesetzten noch nicht ohne weiteres den im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB erforderlichen eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum.
144
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe bedingt den Wegfall der verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es im Fall IV.8 der Urteilsgründe über den sich aus den Revisionen von D. und K. ergebenden Umfang hinaus auch im Hinblick auf die Umstände, welche die Vermögensbetreuungspflicht von N. begründen.
145
4. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene sachlichrechtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil von N. ergeben. Über die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründe hinaus bedarf es lediglich im Fall IV.3 der Urteilsgründe des im Rahmen der Revision von K. näher ausgeführten Hinweises, dass die Begleichung der Rechnung der I. GmbH vom 22. September 2008 und damit auch deren sachliche und inhaltliche Bestätigung bereits außerhalb des einem Geschäftsführer einzuräumenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums lag. Auf die Frage, ob N. bewusst war, dass der Aufsichtsrat bei der Entscheidung übergangen worden war, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
Becker RiBGH Pfister ist in den Schäfer Ruhestand getreten und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

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Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

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(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

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Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 125 Nichtigkeit wegen Formmangels


Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Aktiengesetz - AktG | § 93 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder


(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung v

Strafprozeßordnung - StPO | § 55 Auskunftsverweigerungsrecht


(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafprozeßordnung - StPO | § 147 Akteneinsichtsrecht, Besichtigungsrecht; Auskunftsrecht des Beschuldigten


(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. (2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 768 Einreden des Bürgen


(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet. (2) Der Bürge verliert eine Einred

Aktiengesetz - AktG | § 111 Aufgaben und Rechte des Aufsichtsrats


(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen. (2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehe

Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

Bundeshaushaltsordnung - BHO | § 7 Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, Kosten- und Leistungsrechnung


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(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so

Kreditwesengesetz - KredWG | § 18 Kreditunterlagen


Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750 000 Euro oder 10 Prozent seines Kernkapitals nach Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, in

Strafgesetzbuch - StGB | § 153 Falsche uneidliche Aussage


Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 52 Aufsichtsrat


(1) Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 107 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absat

Strafprozeßordnung - StPO | § 336 Überprüfung der dem Urteil vorausgegangenen Entscheidungen


Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch die Entscheidungen, die dem Urteil vorausgegangen sind, sofern es auf ihnen beruht. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die ausdrücklich für unanfechtbar erklärt oder mit der sofortigen Beschwerd

Strafprozeßordnung - StPO | § 155 Umfang der gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung


(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt sich nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen. (2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu einer selbständigen Tätigkeit berechtigt und verpf

Handelsgesetzbuch - HGB | § 116


(1) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt. (2) Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gese

Völkerstrafgesetzbuch - VStGB | § 6 Völkermord


(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören, 1. ein Mitglied der Gruppe tötet,2. einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 676a Ausgleichsanspruch


(1) Liegt die Ursache für die Haftung eines Zahlungsdienstleisters gemäß den §§ 675u, 675y und 675z im Verantwortungsbereich eines anderen Zahlungsdienstleisters, eines Zahlungsauslösedienstleisters oder einer zwischengeschalteten Stelle, so kann der

Strafprozeßordnung - StPO | § 199 Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens


(1) Das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht entscheidet darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder das Verfahren vorläufig einzustellen ist. (2) Die Anklageschrift enthält den Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen. Mit ihr werden di

Kreditwesengesetz - KredWG | § 21 Begriff des Kredits für die §§ 15 bis 18


(1) Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 sind1.Gelddarlehen aller Art, entgeltlich erworbene Geldforderungen, Akzeptkredite sowie Forderungen aus Namensschuldverschreibungen mit Ausnahme der auf den Namen lautenden Pfandbriefe und Kommunalschuldverschre

Zivilprozessordnung - ZPO | § 598 Zurückweisung von Einwendungen


Einwendungen des Beklagten sind, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuwe

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 3 StR 17/15 zitiert oder wird zitiert von 45 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 3 StR 17/15 zitiert 30 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11

bei uns veröffentlicht am 28.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 156/11 vom 28. Juli 2011 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja StGB § 266 Abs. 1 Dem mit einem Zwangsverwaltungsverfahren befassten Rechtspfleger obliegt e

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2011 - 2 StR 600/10

bei uns veröffentlicht am 07.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 600/10 vom 7. September 2011 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Untreue Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. September 2011, an der teilgenommen haben: Richter am

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2009 - 5 StR 521/08

bei uns veröffentlicht am 17.09.2009

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 266 Abs. 1 BetrVG § 119 Abs. 2 1. Zur Untreuestrafbarkeit von Zuwendungen an Betriebsräte. 2. Ist eine Aktiengesellschaft strafantragsberechtigter Unternehmer im Sinne des § 119 Abs.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2014 - 3 StR 347/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 3 4 7 / 1 3 vom 4. Februar 2014 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2012 - 2 StR 591/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 591/11 vom 10. Oktober 2012 in der Strafsache gegen wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 26. September 2012 in

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2009 - 1 StR 731/08

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 731/08 vom 18. Februar 2009 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja nur 1. Veröffentlichung: ja ___________________________ § 263 Abs. 1 StGB 1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Aug. 2014 - 3 StR 326/14

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 3 2 6 / 1 4 vom 19. August 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Betruges u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 19.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Okt. 2014 - 1 StR 359/13

bei uns veröffentlicht am 08.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 S t R 3 5 9 / 1 3 vom 8. Oktober 2014 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _________________________ StGB § 263 Abs. 1 1. Beim Straftatbestand des Betruges (§ 263 Abs.

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2011 - 2 StR 616/10

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 616/10 vom 14. April 2011 Nachschlagewerk: ja BGHR: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja StGB § 263 Abs. 1 Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2002 - II ZR 224/00

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 224/00 Verkündet am: 4. November 2002 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Aug. 2007 - 5 StR 103/07

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5 StR 103/07 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 29. August 2007 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Bestechlichkeit u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August 2007, an der teilgenommen haben:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL XI ZR 145/08 Verkündet am: 16. Juni 2009 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 768

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. März 2013 - 3 StR 438/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 438/12 vom 5. März 2013 in der Strafsache gegen wegen Untreue Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. März 2013 gemäß § 349 Ab

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. März 2013 - 5 StR 66/13

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5 StR 66/13 (alt: 5 StR 363/12) BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 6. März 2013 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2013 beschlossen:

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2013 - 2 StR 474/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 474/12 vom 13. März 2013 in der Strafsache gegen wegen räuberischer Erpressung u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. März 2013 ge

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2001 - 1 StR 215/01

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Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ____________________ StGB § 266 Vergibt der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus deren Vermögen Zuwendungen zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die Anna

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2001 - 5 StR 587/00

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Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StGB § 266; AO 1977 §§ 370 Abs. 1, 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 1. Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann nur dann eine im Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung b

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Dez. 2013 - 3 StR 302/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 3 0 2 / 1 3 vom 11. Dezember 2013 in der Strafsache gegen wegen Betruges Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00

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BUNDESGERICHTSHOF 04229 Leipzig, den 07.08. 2001 - 5. Strafsenat - Karl-Heine-Straße 12 Geschäftsstelle Fernruf: 0341 /4 87 37-22 Telefax: 0341/4 87 37 97 5 StR 530/00 B e r i c h t i g u n g in der Strafsache gegen 1. 2. wegen U

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Apr. 2008 - 3 StR 493/07

bei uns veröffentlicht am 01.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 493/07 vom 1. April 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen Untreue u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 7. auf de

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07

bei uns veröffentlicht am 10.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 331/07 Verkündet am: 10. Juni 2008 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2013 - 1 StR 234/12

bei uns veröffentlicht am 22.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 234/12 vom 22. Januar 2013 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja _____________________________ StGB § 283, § 28 Abs. 1 1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2006 - 4 StR 117/06

bei uns veröffentlicht am 17.08.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 117/06 vom 17. August 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen Untreue Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Dez. 2010 - 3 StR 434/10

bei uns veröffentlicht am 07.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 434/10 vom 7. Dezember 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1. und 3.: gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a. zu 2.: Betruges u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des.

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2012 - I ZR 92/11

bei uns veröffentlicht am 05.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 92/11 Verkündet am: 5. Dezember 2012 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGH

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2010 - 1 StR 220/09

bei uns veröffentlicht am 13.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 220/09 vom 13. September 2010 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB § 266 Abs. 1 BetrVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 EStG § 4 Abs. 5 Nr. 10 1. Eine nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt.

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14

bei uns veröffentlicht am 23.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 5 1 8 / 1 4 vom 23. Juli 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen zu 1.: Bankrottes u.a. zu 2.: Betruges u.a. zu 3.: Betruges u.a. hier: Revisionen der Angeklagten Am. und M. Der 3. Strafsenat des Bundes

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14

bei uns veröffentlicht am 21.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 5 7 5 / 1 4 vom 21. Mai 2015 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Völkermord Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 30. April 2015 in der Sitzung vom 21.

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2015 - 4 StR 476/14

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR476/14 vom 27. Januar 2015 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Untreue u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Janua

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2014 - 3 StR 265/14

bei uns veröffentlicht am 11.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 2 6 5 / 1 4 vom 11. Dezember 2014 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ StGB § 266 PartG § 25 Abs. 2 und 4, § 31c, § 31d Werden Gelder, di
15 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2015 - 3 StR 17/15.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2020 - 5 StR 366/19

bei uns veröffentlicht am 08.01.2020

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja StGB § 266 a) Ein Entscheidungsträger handelt im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots wählt. Beim Unterlas

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2017 - 2 StR 24/16

bei uns veröffentlicht am 07.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 24/16 vom 7. September 2017 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB § 266 Abs. 1 Zur Untreue eines Finanzbeamten bei Entscheidungen im Zusammenhang mit dem InvZulG 1999. BGH

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2019 - 4 StR 36/19

bei uns veröffentlicht am 04.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 36/19 vom 4. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. ECLI:DE:BGH:2019:040719B4STR36.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2018 - 3 StR 430/17

bei uns veröffentlicht am 22.03.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 430/17 vom 22. März 2018 in der Strafsache gegen wegen Untreue ECLI:DE:BGH:2018:220318B3STR430.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers

Referenzen

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750 000 Euro oder 10 Prozent seines Kernkapitals nach Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. Das Kreditinstitut kann hiervon absehen, wenn das Verlangen nach Offenlegung im Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder auf die Mitverpflichteten offensichtlich unbegründet wäre. Das Kreditinstitut kann von der laufenden Offenlegung absehen, wenn

1.
der Kredit durch Grundpfandrechte auf Wohneigentum, das vom Kreditnehmer selbst genutzt wird, gesichert ist,
2.
der Kredit vier Fünftel des Beleihungswertes des Pfandobjektes im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes nicht übersteigt und
3.
der Kreditnehmer die von ihm geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen störungsfrei erbringt.
Eine Offenlegung ist nicht erforderlich bei Krediten an
1.
Zentralregierungen oder Zentralnotenbanken im Ausland, den Bund, die Deutsche Bundesbank oder ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes, wenn sie ungesichert ein Kreditrisiko-Standardansatz-Risikogewicht (KSA-Risikogewicht) von 0 Prozent erhalten würden,
2.
multilaterale Entwicklungsbanken oder internationale Organisationen, wenn sie ungesichert ein KSA-Risikogewicht von 0 Prozent erhalten würden, oder
3.
Regionalregierungen oder örtliche Gebietskörperschaften in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder Einrichtungen des öffentlichen Bereichs, wenn sie ungesichert ein KSA-Risikogewicht von 0 Prozent erhalten würden.

(1) Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 sind

1.
Gelddarlehen aller Art, entgeltlich erworbene Geldforderungen, Akzeptkredite sowie Forderungen aus Namensschuldverschreibungen mit Ausnahme der auf den Namen lautenden Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen;
2.
die Diskontierung von Wechseln und Schecks;
3.
Geldforderungen aus sonstigen Handelsgeschäften eines Instituts, ausgenommen die Forderungen aus Warengeschäften der Kreditgenossenschaften, sofern diese nicht über die handelsübliche Frist hinaus gestundet werden;
4.
Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen eines Instituts sowie die Haftung eines Instituts aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten;
5.
die Verpflichtung, für die Erfüllung entgeltlich übertragener Geldforderungen einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben;
6.
der Besitz eines Instituts an Aktien oder Geschäftsanteilen eines anderen Unternehmens, der mindestens ein Viertel des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Beteiligungsunternehmens erreicht, ohne daß es auf die Dauer des Besitzes ankommt;
7.
Gegenstände, über die ein Institut als Leasinggeber Leasingverträge abgeschlossen hat, abzüglich bis zum Buchwert des ihm zugehörigen Leasinggegenstandes solcher Posten, die wegen der Erfüllung oder der Veräußerung von Forderungen aus diesen Leasingverträgen gebildet werden.
Zugunsten des Instituts bestehende Sicherheiten sowie Guthaben des Kreditnehmers bei dem Institut bleiben außer Betracht.

(2) Als Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 gelten nicht

1.
Kredite an den Bund, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes oder eines Landes, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband;
2.
ungesicherte Forderungen an andere Institute aus bei diesen unterhaltenen, nur der Geldanlage dienenden Guthaben, die spätestens in drei Monaten fällig sind; Forderungen eingetragener Genossenschaften an ihre Zentralbanken, von Sparkassen an ihre Girozentralen sowie von Zentralbanken und Girozentralen an ihre Zentralkreditinstitute können später fällig gestellt sein;
3.
von anderen Instituten angekaufte Wechsel, die von einem Institut angenommen, indossiert oder als eigene Wechsel ausgestellt sind, eine Laufzeit von höchstens drei Monaten haben und am Geldmarkt üblicherweise gehandelt werden;
4.
abgeschriebene Kredite.
(3) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 bis 11 und § 18 gelten nicht für
1.
Kredite, soweit sie den Erfordernissen des § 14 und des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes entsprechen (Realkredite);
2.
Kredite mit Laufzeiten von höchstens 15 Jahren gegen Bestellung von Schiffshypotheken, soweit sie den Erfordernissen des § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 3, des § 23 Abs. 1 und 4 sowie des § 24 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 des Pfandbriefgesetzes entsprechen;
3.
Kredite an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht in Absatz 2 Nr. 1 genannt ist, die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft oder die Europäische Investitionsbank;
4.
Kredite, soweit sie vom Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband verbürgt oder in anderer Weise gesichert sind (öffentlich verbürgte Kredite).

(4) Als Kredite im Sinne des § 18 gelten nicht

1.
Kredite auf Grund des entgeltlichen Erwerbs einer Forderung aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften, wenn
a)
Forderungen aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften gegen den jeweiligen Schuldner laufend erworben werden,
b)
der Veräußerer der Forderung nicht für deren Erfüllung einzustehen hat und
c)
die Forderung innerhalb von drei Monaten, vom Tage des Ankaufs an gerechnet, fällig ist;
2.
Kredite, soweit sie gedeckt sind durch Sicherheiten in Form von
a)
Bareinlagen bei dem kreditgewährenden Institut oder bei einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, oder Barmitteln, die das Institut im Rahmen der Emission einer Credit Linked Note erhält, oder
b)
Einlagenzertifikaten oder ähnlichen Papieren, die von dem kreditgewährenden Institut oder einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, ausgegeben wurden und bei diesen hinterlegt sind und die näheren Bestimmungen der Artikel 192 bis 241 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Kreditrisikominderung erfüllt werden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 493/07
vom
1. April 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 7. auf dessen Antrag - am
1. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Dem Angeklagten W. wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. Mai 2007 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 4. Oktober 2007, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.
2. Die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Die Revision des Angeklagten We. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.2. der Urteilsgründe nicht der Beihilfe zur Untreue, sondern der Untreue schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.4. der Urteilsgründe nicht der Untreue in 118 Fällen , sondern der Untreue in 107 Fällen (Fälle 194-270 der Anklageschrift), der Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Unterschlagung (Fall 279 der Anklageschrift) und der Unterschlagung in zehn Fällen (Fälle 271-278, 280-281 der Anklageschrift) schuldig ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen zu Fall A.III.2. der Urteilsgründe und zu den Fällen 271-281 der Anklageschrift innerhalb des Falls A.III.4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
5. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.1. der Urteilsgründe nicht der Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen und der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen, sondern der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen, und im Fall A.III.2. der Urteilsgründe nicht der Untreue, sondern der Beihilfe zur Untreue schuldig ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen zu den Fällen A.III.1. und A.III.2. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
7. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten D. und K. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht, wegen Untreue und vorsätzlichen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, den Angeklagten We. wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in 102 Fällen und Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren, den Angeklagten D. wegen Untreue in 186 Fällen und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten K. wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in zwei Fällen und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Revisionen aller Angeklagten mit materiell-rechtlichen Bean- standungen; die Angeklagten We. , D. und K. rügen außerdem die Verletzung formellen Rechts.

I.


2
Die Verfahrensrügen der Angeklagten We. , D. und K. bleiben ohne Erfolg. Der Senat nimmt insoweit auf die jeweiligen Antragsschriften des Generalbundesanwalts Bezug. Zu der Rüge des Angeklagten We. , das Landgericht habe unzulässig Erkenntnisse verwertet, die aus Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen die anderweitig Verfolgte M. gewonnen worden sind, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass das Urteil auf einem etwaigen Verstoß gegen ein Verwertungsverbot nicht beruhen könnte; denn das Landgericht hat die fraglichen Vorgänge schon aufgrund anderer Beweisergebnisse für erwiesen gehalten (s. UA S. 96).

II.


3
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der von den Angeklagten W. und We. erhobenen Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil dieser Angeklagten erbracht; sie führt lediglich zu einer geringfügigen Änderung des Schuldspruchs gegen den Angeklagten We. . Die Schuldsprüche wegen mehrfacher Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue bedürfen indessen näherer Erörterung.
4
1. Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
5
Der Angeklagte W. war zunächst Mit- und seit 1996 Alleingesellschafter aller Gesellschaften, die unter der Sammelbezeichnung H. - Unternehmensgruppe auftraten. Bis 1992 war er auch deren alleiniger Ge- schäftsführer. Bei der N. Geldbearbeitungs GmbH (im Folgenden: N. ) übernahm der Angeklagte We. zum 1. Dezember 1992 die Stellung des Alleingeschäftsführers. Der Angeklagte W. traf aber auch für diese Gesellschaft weiterhin die maßgeblichen geschäftlichen Grundentscheidungen. Die Betriebe der H. -Gruppe führten in erheblichem Umfang Geldtransporte für Banken und Handelsunternehmen durch. Für letztere übernahm die H. - Gruppe auch die "Geldbearbeitung", d. h. die Zählung und Aufarbeitung von Hart- und Notengeld sowie dessen Auskehrung durch Überweisung von Eigenkonten bei der Bundesbank, auf die das Bargeld nach Aufarbeitung und Zählung eingezahlt worden war; die Konten waren sämtlich für die N. eingerichtet , wenn auch der Kontoinhaber des bei der Bundesbankfiliale Mö. geführten Kontos die H. Transport GmbH Ha. war. Für die Banken erbrachte die H. -Gruppe neben den Geldtransporten sonstige Dienstleistungen bis hin zur Befüllung von Geldautomaten. Die Geldbearbeitung und die Automatenbefüllung führte die N. aus.
6
Da die Einkünfte der Gesellschaften "nicht auskömmlich waren", entwickelte der Angeklagte W. spätestens ab Mitte der 1990er Jahre als ständigen Finanzierungsmechanismus ein Schneeballsystem. Er veranlasste, dass Geld der Kunden zur Begleichung von Löhnen und Gehältern, Steuern und Sozialversicherungsabgaben sowie sonstiger Verbindlichkeiten seiner Unternehmen genutzt wurde. Die entnommenen Beträge wurden einen Tag oder auch erst mehrere Tage später durch das zwischenzeitlich abgeholte Geld anderer Kunden ersetzt, so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar verzögerte , die Fehlbeträge aber nicht auffielen. Der Angeklagte We. war darüber informiert und wirkte bei der Durchführung dieser Entnahmen mit. Im Anklagezeitraum wurden an 156 Tagen von den für die N. bei der Bun- desbank eingerichteten Konten insgesamt über 179 Mio. € an Gesellschaften der Unternehmensgruppe überwiesen.
7
Nachdem den Angeklagten wegen der Kündigung eines Großkunden Ende 2005 klar geworden war, dass sie das Schneeballsystem nicht länger aufrecht erhalten konnten, fassten die Angeklagten W. und K. Mitte Februar 2006 den Entschluss, in einer groß angelegten Umverteilungsaktion erhebliche Beträge, die von Banken zur Befüllung von Geldautomaten zur Verfügung gestellt worden waren, nicht zu diesem Zweck, sondern dazu zu verwenden, zumindest einen Teil der Verbindlichkeiten gegenüber kleineren Handelsunternehmen zu begleichen, um deren ansonsten zu befürchtende Insolvenz zu vermeiden. Sie informierten auch die Angeklagten D. und We. über diesen Plan. Der Angeklagte We. widersprach dem nicht, beteiligte sich aber auch nicht an der Umsetzung.
8
2. a) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen im Ergebnis die Verurteilungen der Angeklagten W. und We. wegen Untreue hinsichtlich der geschilderten Überweisungen im Rahmen des Schneeballsystems.
9
aa) Rechtlich zutreffend ist die - wenn auch nicht ausdrücklich dargelegte , so doch dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen zu entnehmende - Annahme des Landgerichts, dass die von den Angeklagten W. und We. veranlassten Überweisungen der Kundengelder auf Geschäftskonten der Gesellschaften der H. -Unternehmensgruppe jeweils eine vertraglich begründete Pflicht zur Betreuung fremder Vermögensinteressen im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzten und es dadurch in jedem Einzelfall zumindest zu einem Vermögensgefährdungsschaden der Kunden gekommen ist, weil die Fehlbeträge im Fall der Aufdeckung des Schneeballsystems und der infolge- dessen zu erwartenden Kündigungen zahlreicher Kunden nicht mehr hätten ausgeglichen werden können.
10
Voraussetzung des Treubruchstatbestandes gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist die tatsächliche Einwirkungsmacht auf fremdes Vermögen, der ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Wegen der Weite des Tatbestandes sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken , in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Diese muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit (Fischer, StGB, 55. Aufl. § 266 Rdn. 28 m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung ist erforderlich, dass sich die Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Beteiligten sie als solche bezeichnen. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird (BGH NJW 1991, 2574 m. w. N.). Das Merkmal der Selbständigkeit bzw. des Handlungsspielraums dient dazu, die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB von bloßen Diensten der Handreichung abzugrenzen, wie sie etwa von Lieferanten und Boten erbracht werden. Hierbei ist aber nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten , ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 85; Fischer aaO Rdn. 29).
11
Nach diesen Grundsätzen begründeten die vertraglich geschuldeten Dienstleistungen der Geldbearbeitung sowie die Bankdienstleistungen in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB. Dadurch, dass die abgeholten Kundengelder in denNiederlassungen der N. nach ihrer Zählung und Erfassung des ausgezählten Betrages in der EDV mit dem Geld anderer Kunden vermischt, nach Noten gebündelt und sodann auf die eingerichteten Bundesbankkonten eingezahlt wurden, verloren die Kunden das Eigentum an dem abgeholten Geld und erwarben gegenüber ihrem Vertragspartner lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auskehrung eines entsprechenden Betrages. Soweit mit einigen Kunden abweichende Vereinbarungen bestanden, duldeten diese nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen die von der N. praktizierte Vorgehensweise. Da Inhaber der Konten die N. bzw. die H. Transport GmbH Ha. , Niederlassung V. waren, hatten nur diese Gesellschaften einen direkten Auszahlungsanspruch gegenüber der Bundesbank. Die N. , die für die Konten verantwortlich war, verwaltete damit zumindest für einen kurzen Zeitraum, der zwischen der Vermischung des Geldes und der Auskehrung der geschuldeten Beträge lag, das Vermögen der Kunden treuhänderisch. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Geldbeträge, die ihr zur Befüllung von Geldautomaten zur Verfügung gestellt wurden: Diese wurden von den Banken entweder direkt auf die von der N. verwalteten Bundesbankkonten oder auf Treuhandkonten überwiesen, für die einzelne Mitarbeiter der N. eingeschränkt zeichnungsberechtigt waren. Von diesen Konten wurde das Bargeld abgehoben, um die Geldkassetten in den Niederlassungen der N. befüllen zu können. Durch diese Praxis hatte die N. Verfügungsmacht über die abgeholten Bargeldbeträge, so dass wiederum ein Treuhandverhältnis entstand.
12
Zwar ist den - zu den einzelnen Regelungen der Kundenverträge nur kursorischen - Feststellungen zu entnehmen, dass die Kunden ihrem Vertragspartner über die Einzahlung auf das Bundesbankkonto hinaus nur einen sehr geringen Handlungsspielraum ließen, wie mit dem eingesammelten Geld zu verfahren war, was bei Verträgen über Geldtransporte und die anschließende Geldbearbeitung auch in der Natur der Sache liegt; dies steht der Annahme einer qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht jedoch nicht entgegen. Das Einkassieren, Verwalten und Abliefern von Geld für den Auftraggeber wird in der Rechtsprechung regelmäßig als herausgehobene Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen angesehen und die Veruntreuung so eingenommener Gelder als Untreue im Sinne des § 266 StGB bewertet (BGHSt 2, 324; 13, 315; 18, 312; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Treubruch 1; Missbrauch 2). So verfügen etwa Rechtsanwälte, die für ihren Mandanten Fremdgeld entgegennehmen, nur über einen geringen Handlungsspielraum zum Umgang mit dem empfangenen Geld; gleichwohl wird bei ihnen eine herausgehobene Treuepflicht bejaht (BGH NJW 1957, 596, 597; 1960, 1629; 2006, 3219, 3221). Denn der Grad der Selbständigkeit des Verpflichteten stellt neben anderen Kriterien wie Dauer und Umfang der Tätigkeit nur ein Indiz dafür dar, dass es sich - in Abgrenzung zu bloßen Boten- und Handlangerdiensten - um Vorgänge handelt, denen die Bedeutung der qualifizierten Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt (BGHSt 13, 315, 317). Schon Dauer und Umfang der Betreuung der Vermögen der Kunden - allein die unberechtigten Entnahmen im Tatzeitraum beliefen sich auf fast 180 Mio. € - sprechen hier für eine über die bloße Verrichtung von Handreichungen hinausgehende Tätigkeit. Darüber hinaus wurde ein besonderes Vertrauen in die H. -Unternehmen durch das Vorhandensein von Eigenkonten bei der Bundesbank begründet, die üblicherweise überprüften und zertifizierten Finanzdienstleistern vorbehalten sind. Dieses gesteigerte Vertrauen erlaubte den von den Kunden nicht kontrollierten und in der Zeit zwischen Ab- holung des Geldes und Auskehrung der ihnen zustehenden Beträge auch nicht kontrollierbaren Zugriff auf deren Vermögen durch die abredewidrige Überweisung des Geldes auf eigene Geschäftskonten der Gesellschaften.
13
bb) Das angefochtene Urteil leidet allerdings unter dem Mangel, dass es die vertraglichen Beziehungen zwischen den Kunden und den Unternehmen der H. -Gruppe nicht näher darstellt, so dass ihm nicht einmal zu entnehmen ist, ob die Verträge über die Geldbearbeitung unmittelbar mit der N. geschlossen wurden oder ob Vertragspartner ein anderes Unternehmen der H. -Gruppe war, das die Erledigung der Geldbearbeitung auf die N. übertrug. Dies gefährdet die Verurteilung der Angeklagten W. und We. wegen Untreue jedoch nicht; denn nach beiden denkbaren Sachvarianten war die Vermögensbetreuungspflicht auch für diese beiden Angeklagten begründet.
14
War Vertragspartner der Kunden ein anderes Unternehmen der H. - Gruppe, war der Angeklagte W. schon als dessen Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB treuepflichtig. Durch die Übertragung der Geldbearbeitungsdienstleistungen auf die N. traf die qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht auch diese Gesellschaft (vgl. BGHSt 2, 324; BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31), die als juristische Person mit einer eigenen Betriebsorganisation auch die im Verhältnis zu dem beauftragenden anderen Unternehmen erforderliche Selbständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben besaß (vgl. BGHSt 13, 330, 331 f.). Für den Angeklagten We. folgt die Treuepflicht als Geschäftsführer der N. ebenfalls aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
15
Wurden die die qualifizierte Treuepflicht begründenden Geldbearbeitungsdienstleistungen hingegen durch die Kunden unmittelbar bei der N.
in Auftrag gegeben, traf die Treuepflicht den Angeklagten We. als deren Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und den Angeklagten W. als deren faktischen Geschäftsführer (vgl. BGHSt 13, 330, 331). Dazu ist den Feststellungen hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte W. nicht nur die geschäftlichen Grundentscheidungen für die N. traf, sondern auch im operativen Geschäft gegenüber dem Angeklagten We. Weisungen durchsetzen konnte und damit ihm gegenüber eine dominierende Stellung einnahm.
16
b) Bezüglich der "Umverteilung des Geldes" der Großbanken (Fall A.III.2. der Urteilsgründe) ist die Verurteilung des Angeklagten W. wegen Untreue aus den unter a) dargelegten Gründen im Ergebnis ebenfalls rechtsfehlerfrei; bei dem Angeklagten We. war der Schuldspruch dagegen von Beihilfe zur Untreue auf Untreue umzustellen. Die Angeklagten W. und We. verletzten die ihnen gegenüber den Kunden obliegende Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB auch dadurch, dass sie die zur Befüllung von Geldautomaten abgeholten Bargeldbeträge Kleinkunden zukommen ließen. Soweit die Kammer den Angeklagten We. wegen seiner fehlenden Mitwirkung an der Umsetzung dieses Tatentschlusses nur wegen psychischer Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, ist dies allerdings rechtsfehlerhaft. Psychische Beihilfe leistet, wer durch aktives Tun oder garantenpflichtwidriges Unterlassen den Täter in seinem Tatentschluss bestärkt oder bei der Tatausführung unterstützt. In jedem Fall muss eine objektiv fördernde Funktion festgestellt werden (Fischer aaO § 27 Rdn. 13). Daran fehlt es hier.
17
Dies führt indes nicht zu einer Aufhebung seiner Verurteilung, vielmehr war der Schuldspruch auf Untreue zu ändern. Aus der Treuepflicht des Angeklagten We. gegenüber den Banken resultierte auch seine Pflicht, die drohende Schädigung, von der er Kenntnis erhielt, von diesen Kunden abzuwenden. Er hatte diese zumindest zu melden (BGHSt 5, 187, 190) und beging die Verletzung der Treuepflicht damit durch sein pflichtwidriges Unterlassen (vgl. BGHSt 36, 227). Die zugemessene Einzelstrafe wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt (vgl. § 13 Abs. 1 StGB einerseits, § 27 Abs. 2 StGB andererseits).
18
3. Die Verurteilung des Angeklagten We. wegen Untreue in 102 Fällen aufgrund der vom Angeklagten D. geforderten und von diesem durchgeführten Entnahme von Kundengeldern in den Jahren 2001 bis 2006, die der Angeklagte We. für sich selbst verbrauchte, begegnet aufgrund der getroffenen Feststellungen keinen Bedenken. Durch diese Entnahmen verletzte er seine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Kunden; zudem wurde die N. gegenüber den Kunden gemäß §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. §§ 266 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB schadensersatzpflichtig, so dass der Angeklagte We. auch gegenüber seiner Arbeitgeberin die ihm aus dem Anstellungsvertrag obliegende Treuepflicht verletzte.

III.


19
Die Revision des Angeklagten D. hat auf die Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
20
Der Angeklagte D. war seit dem Jahr 1995 Leiter der Niederlassung der N. in V. . Er war bereits nach kurzer Zeit bereit, an dem Schneeballsystem mitzuwirken, stellte ab dem Jahr 1996 auf Anforderung der Angeklagten W. und We. Kundenbargelder bereit und führte zur Verschleierung bzw. zum möglichst schnellen und unauffälligen Ausgleich der Geldentnahmen eine sog. Prioritätenliste, nach der entschieden wurde, in wel- chem Umfang und mit welcher zeitlichen Verzögerung bei welchem Kunden die Überweisung der abgeholten Gelder "gestreckt" werden konnte. Ab Juli 1996 erhielt er Gesamtprokura für die N. und war außerdem für das für sie bei der Bundesbankfiliale in Mö. eingerichtete Konto einzelzeichnungsberechtigt.
21
1. Er beteiligte sich an den unter I.1. dargestellten Überweisungen, indem er in 68 Fällen die Überweisungsträger selbst unterschrieb und in weiteren 43 Fällen seinen Mitarbeitern durch beanstandungsfreie Übernahme der Überweisungsbeträge in die Buchhaltung und in seine Prioritätenliste den Eindruck vermittelte, sie könnten die angeforderten Überweisungen auf Konten der Gesellschaften der Unternehmensgruppe vornehmen. Nach dem 7. Juni 2005 zog er sich aus dem Tagesgeschäft zurück und kündigte seinen Arbeitsvertrag, worauf eine neue Niederlassungsleiterin eingesetzt wurde. Seine Bestellung zum Prokuristen blieb indes im Handelsregister eingetragen; auch behielt er die Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto.
22
Die Verurteilung wegen Untreue in 68 Fällen sowie Beihilfe zur Untreue in 43 rechtlich zusammentreffenden Fällen hat im Ergebnis Bestand. Insoweit trägt zwar die Begründung, der Angeklagte D. habe als Prokurist eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die Verurteilung nicht, weil sich aus der Stellung als Prokurist allein die Übertragung einer Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber den Kunden nicht ergibt. Ist die Treuepflicht einem Unternehmen übertragen worden, so kann ein Angestellter neben dem Unternehmensinhaber oder - bei juristischen Personen - deren gesetzlichen Vertreter jedoch dann Träger der qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht sein, wenn ihm die diese Pflicht begründenden Tätigkeiten übertragen werden und er aufgrund der ihm eingeräumten Befugnisse bei der Erfüllung dieser Aufgaben hin- reichend selbständig agieren kann (BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31). Dazu muss ihm auch die Möglichkeit eingeräumt sein, über das der Firma anvertraute Treugut selbständig zu verfügen (BGHSt 13, 330, 332). Dass der Angeklagte D. diese Voraussetzungen erfüllte, ist den Feststellungen des Urteils zu entnehmen: Er leitete die Niederlassung der N. mit dem höchsten Bargeldaufkommen und war für die Erfüllung der die Treuepflicht maßgeblich begründenden Vertragspflichten verantwortlich. Er war dabei gegenüber den Angeklagten W. und We. auch hinreichend eigenständig und konnte aufgrund seiner Einzelzeichnungsberechtigung von sich aus über die der N. anvertrauten Kundengelder verfügen.
23
2. Soweit die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten D. bei der geschilderten "Umverteilung" als Beihilfe zur Untreue gewertet hat, begegnet der Schuldspruch keinen Bedenken. Der Strafausspruch war jedoch aufzuheben. Denn die Strafkammer hat nicht bedacht, dass der Angeklagte D. ,nachdem er seinen Arbeitsvertrag gekündigt hatte und nicht mehr als Niederlassungsleiter tätig war, die Vermögensinteressen der Kunden nicht mehr wahrzunehmen hatte und ihn deshalb eine durch Rechtsgeschäft begründete Treuepflicht nicht mehr traf. Damit fehlte dem Angeklagten ein die Strafbarkeit begründendes persönliches Merkmal, so dass die Strafe nicht nur nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB, sondern auch nach § 28 Abs. 1 StGB zu mildern war. Die Einzelstrafe für diesen Fall muss daher neu zugemessen werden.
24
3. Soweit die Kammer den Angeklagten D. wegen der von ihm nach dem 7. Juni 2005 in der Niederlassung in V. entnommenen Bargeldbeträge (Fälle 271-281 der Anklageschrift) wegen Untreue verurteilt hat, hat der Schuldspruch keinen Bestand. Aufgrund der Kündigung endete auch die durch den Arbeitsvertrag begründete Treuepflicht des Angeklagten D. gegenüber der N. . Der Umstand, dass die Bestellung zum Prokuristen im Handelsregister und seine Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto nicht gelöscht wurden, steht dem ebenso wenig entgegen, wie seine nach wie vor bestehende faktische Möglichkeit, von Mitarbeitern große Bargeldbeträge ausgehändigt zu bekommen. Denn über diese tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten hinaus hat die Kammer keine Feststellungen zu einer vertraglichen Verpflichtung des Angeklagten D. getroffen. Die rein tatsächliche Möglichkeit, auf fremdes Vermögen zuzugreifen, reicht zur Begründung einer Treuepflicht indes nicht aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 28).
25
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können, und ändert den Schuldspruch in den Fällen, in denen der Angeklagte D. ohne Wissen des Angeklagten We. nur für sich Bargeld entnahm und sich so rechtswidrig zueignete (Fälle 271-278, 280-281 der Anklageschrift), dahin, dass der Angeklagte der Unterschlagung gemäß § 246 StGB schuldig ist. Im Fall 279 der Anklageschrift entnahm der Angeklagte D. auf die Aufforderung des Angeklagten We. ,ihm zur finanziellen Absicherung seiner Familie 500.000 € aus Kundengeldern auszuhändigen, insgesamt 750.000 €, gab davon 400.000 € an den Angeklagten We. weiter und behielt - womit der Angeklagte We. rechnete - 350.000 € für sich. Dieses Verhalten ist mangels einer vertraglichen Treuepflicht des Angeklagten D. lediglich als Beihilfe zur Untreue des Angeklagten We. und - hinsichtlich des Betrages, den der Angeklagte D. sich selbst zueignete - als Unterschlagung zu werten. Auch insoweit stellt der Senat den Schuldspruch entsprechend um.
26
Die Änderung des Schuldspruchs in diesen Fällen führt zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen. Der Wegfall mehrerer Einzelstrafen hat zur Folge, dass auch die gegen den Angeklagten D. verhängte Gesamtstrafe keinen Bestand haben kann. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch können jedoch insgesamt bestehen bleiben. Ergänzende weitere Feststellungen darf der neue Tatrichter nur treffen, soweit sie nicht in Widerspruch hierzu stehen.

IV.


27
Auch die Revision des Angeklagten K. hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.
28
1. Der Angeklagte K. , der die Verantwortung für die Geldtransporte und die Logistik aller H. -Gesellschaften hatte und dazu eigenständig Fahrzeuge leasen oder kaufen, Standorte für Niederlassungen festlegen und diesbezügliche Mietverträge abschließen konnte, unterstützte das Schneeballsystem , indem er u. a. dafür Sorge trug, dass die bei Kunden abgeholten Beträge so schnell wie möglich auf die Bundesbankkonten eingezahlt werden konnten, weil es nur so möglich war, die vermehrt auftretenden Fehlbeträge zu kompensieren. Außerdem half er ab 2004/2005 dabei, Geldanforderungen aus der Ham. er Zentrale der N. gegenüber Mitarbeitern von anderen Niederlassungen durchzusetzen. In der Zeit vom 14. Juni bis Ende Juli 2001 war der Angeklagte K. nicht für H. -Gruppe tätig.
29
Diese Feststellungen belegen nicht die Pflicht des Angeklagten K. , die Vermögensinteressen der Kunden der H. -Gesellschaften zu wahren. Er war mit den die qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht begründenden Geschäftsbereichen der Geldbearbeitung und der Bankdienstleistungen nicht betraut und hatte keinerlei Möglichkeit, über die Kundengelder zu verfügen. Dass seine Tätigkeit - wie die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt hat - für die Aufrechterhaltung des Schneeballsystems von großer Bedeutung war, führt zu keiner anderen Bewertung. Auch durch die - rechtlich ohnehin nicht nachvollziehbare - Wendung, der Angeklagte K. sei der "faktische Prokurist fast aller H. - Gesellschaften" gewesen, wird eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht belegt.
30
Soweit die Kammer ihn ab Erlangung einer sicheren Kenntnis von den Fehlbeträgen der H. -Unternehmensgruppe als Täter einer Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen angesehen hat, konnte der Schuldspruch folglich nicht bestehen bleiben; vielmehr lag lediglich Beihilfe zur Untreue der Angeklagten W. und We. vor. Diese Beihilfehandlungen bilden mit der von der Kammer ausgeurteilten Beihilfe zur Untreue für die Zeit ab der Rückkehr des Angeklagten K. im August 2001 nur eine Tat, so dass im Tatkomplex A.III.1. der Urteilsgründe lediglich zwei Fälle der Beihilfe zur Untreue vorlagen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Dies führt zur Aufhebung sämtlicher insoweit ausgesprochener Einzelstrafen. Zwar hat das Landgericht den Angeklagten K. im ersten Teil dieses Tatkomplexes zutreffend nur wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt. Es hat jedoch dabei die zwingende Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB nicht berücksichtigt.
31
2. Auch im Fall A.III.2. der Urteilsgründe war der Schuldspruch wegen der fehlenden Treuepflicht des Angeklagten K. auf Beihilfe zur Untreue zu ändern und die verhängte Einzelstrafe aufzuheben. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass aufgrund des rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbeitrags des Angeklagten K. allein die fehlende Treuepflicht zur Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue führt, so dass ihm die Milderung nach 28 Abs. 1, § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nur einmal zu Gute kommt (BGHSt 26, 53).
32
3. Im Fall A.III.5. der Urteilsgründe hat die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Untreue hingegen Bestand. Die Strafkammer hat hierzu festgestellt , dass er Mitte 2005 Geld für ein Immobiliengeschäft benötigte und deshalb an den Ausstatter für die Geldtransporter der H. -Unternehmensgruppe herantrat , der wegen der für ihn lukrativen Geschäftsbeziehung bereits seit Jahren für seine jeweiligen Jahresumsätze eine Rückvergütungsprovision an die H. Transport GmbH Ha. zahlte. Der Angeklagte K. forderte ihn auf, die bereits angefallenen, aber erst zum Jahresende fälligen Provisionen unmittelbar an ihn zu zahlen, was dieser in Höhe von 36.000 € auch tat. Der Angeklagte K. verwendete den Betrag wie geplant für sich.
33
Zwar vermag auch hier die Begründung der Strafkammer, der Angeklagte K. habe als "faktischer Prokurist" eine vertragliche Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht zu belegen. Aus den Feststellungen ergibt sich indes, dass der Angeklagte bei der Beschaffung von Fahrzeugen selbständig schalten und walten, insbesondere eigenständig Verträge abschließen konnte, so dass für diesen Bereich seine Verpflichtung, die Vermögensinteressen der H. Transport GmbH zu wahren, zu bejahen ist. Diese verletzte er, indem er den seiner Arbeitgeberin zustehenden Anspruch in Höhe der 36.000 € einzog. Denn dadurch wurde der (zukünftige ) Provisionsanspruch der H. Transport GmbH in dieser Höhe zumindest gefährdet, weil der Ausstatter nach den Feststellungen des Urteils zum Fälligkeitszeitpunkt nur noch den verbleibenden Restbetrag abzüglich der an den Angeklagten K. geleisteten Zahlung an die H. Transport GmbH auskehren wollte.
34
Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen A.III.1. und A.III.2. der Urteilsgründe und die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen führt auch beim Angeklagten K. zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch haben dagegen Bestand; weitere, dazu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen kann der neue Tatrichter auch hier treffen.

V.


35
Soweit der Senat Schuldsprüche geändert hat, steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders hätten verteidigen können, bzw. dem Angeklagten We. im Fall A.III.2. der Urteilsgründe bereits mit der Anklageschrift der Vorwurf der täterschaftlich begangenen Untreue gemacht worden war. Die Verschärfung des Schuldspruchs in diesem Fall scheitert auch nicht an § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO (Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18 m. w. N.).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 220/09
vom
13. September 2010
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
1. Eine nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 BetrVG
strafbare Beeinflussung der Wahl des Betriebsrats liegt jedenfalls
dann vor, wenn der Arbeitgeber einer Wahlvorschlagsliste durch
die Zuwendung von Geldmitteln ermöglicht, sich im Zusammenhang
mit der Wahl nachhaltiger als sonst möglich zu präsentieren,
und wenn dabei die finanzielle Unterstützung der Kandidaten
durch den Arbeitgeber verschleiert wird.
2. Eine Normverletzung ist in der Regel nur dann pflichtwidrig i.S.d.
§ 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm ihrerseits - hier der
Straftatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - wenigstens auch,
und sei es mittelbar vermögensschützenden Charakter für das zu
betreuende Vermögen hat, mag die Handlung auch nach anderen
Normen pflichtwidrig sein und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche
gegenüber dem Treupflichtigen begründen.
BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09 - LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2010 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. November 2008 wird
a) die Verfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO auf den Vorwurf des Betruges beschränkt, soweit der Angeklagte S. im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Betrug in vier tateinheitlich begangenen Fällen verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten S. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen,
b) der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte S. des Betruges, der Steuerhinterziehung in fünf Fällen und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 20 Fällen schuldig ist,
c) das genannte Urteil, soweit es den Angeklagten S. betrifft, aufgehoben aa) im Ausspruch über die Einzelstrafen (1) im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe (Betrug ), (2) in den Fällen des Tatkomplexes III. 4 der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung in fünf Fällen) sowie bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. der „Beihilfe zur Untreue mit Betrug in vier hierzu tateinheitlichen Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer in dreizehn Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Gewerbesteuer in drei Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer in drei Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer mit Hinterziehung des Solidaritätszuschlags und mit Hinterziehung der Gewerbesteuer sowie der Hinterziehung von Einkommensteuer in fünf Fällen, jeweils mit Hinterziehung des Solidaritätszuschlags, von Gewerbesteuer und von Umsatzsteuer“ schuldig gesprochen und ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Den nicht revidierenden Mitangeklagten Fe. hat das Landgericht wegen Untreue, Hinterziehung von Umsatzsteuer in dreizehn Fällen , von Körperschaftsteuer in drei Fällen, von Gewerbesteuer in drei Fällen und von Körperschaftsteuer in Tateinheit mit Hinterziehung des Solidaritätszuschlags und von Gewerbesteuer zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.
2
Der Angeklagte S. wendet sich mit seiner Revision gegen seine Verurteilung und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision führt zu einer Verfolgungsbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO und hat darüber hinaus mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie - auch soweit sie auf Verfahrensrügen gestützt wird - unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
1. Vorgeschichte der verfahrensgegenständlichen Zahlungen an die „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger - AUB - die Unabhängigen e.V.“
5
Der Angeklagte S. war seit 1975 bei der Siemens AG als Vertriebskaufmann beschäftigt und seit 1982 als Kandidat der „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsräte (AUB)“ freigestelltes Betriebsratsmitglied. Ende des Jahres 1983 ging unter Beibehaltung der Abkürzung AUB aus der „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsräte“ die „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger“ hervor, für die der Angeklagte S. im Jahr 1984 am Siemens-Standort Erlangen Betriebsratsvorsitzender wurde. Die- se Funktion übte er bis kurz vor seinem offiziellen Ausscheiden aus der Siemens AG Ende des Jahres 1990 aus.
6
Im November 1985 wurde der Verein „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger - AUB e.V.“ gegründet, der später in „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger - AUB - die Unabhängigen e.V.“ (im Folgenden: AUB) umbenannt wurde und in dem die bisherige „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger“ aufging. Sitz des Vereins AUB war Nürnberg, Vorsitzender war seit der Vereinsgründung der Angeklagte S. .
7
Im Anschluss an die Aufsichtsratswahl 1988 setzten auf Initiative des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Siemens AG, N. , zweier namentlich nicht mehr ermittelbarer Mitglieder des Zentralvorstandes und des damaligen Leiters des Gesamtsprecherausschusses der leitenden Angestellten, D. , Planungen ein, wie über die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in den Betriebsräten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Siemens AG zum Nachteil der dort vertretenen Mitglieder der IG Metall, die zur damaligen Zeit sämtliche Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat stellten, verändert werden könnte. Im Jahr 1990 kamen „Verantwortliche der Firma Siemens aus dem obersten Führungskreis“ und der Angeklagte S. überein, dass die IG Metall im Aufsichtsrat und den Betriebsräten durch Unterstützung des AUB zurückgedrängt werden sollte. Der Plan sah vor, dass der Angeklagte S. aus dem Unternehmen ausscheiden und die AUB mit Geldern, die er von Siemens zur Verfügung gestellt bekommen sollte, ausbauen sollte. Die Siemens AG sollte darüber hinaus Personal für die AUB-Geschäftsstelle zur Verfügung stellen und bezahlen, während der Angeklagte S. in den Personalabteilungen des Unternehmens dafür sorgen sollte, dass die dortigen Leiter geeignete AUBKandidaten für Betriebsratswahlen auswählten und förderten. Eingebunden in diese Planung waren neben anderen auch Dr. F. , der zu dieser Zeit „die eigentliche ‚Nr. 1’ der Siemens AG war“, und der damals noch dem Bereichsvorstand angehörende Dr. W. .
8
In Ausführung dieses Plans schloss die Siemens AG, vertreten durch den Betriebsleiter des Standorts Erlangen, Dr. K. , und den Leiter der Abteilung Leasingfinanzierung, Fl. , im August 1990 mit dem Angeklagten S. zunächst eine Vereinbarung über das Ausscheiden des Angeklagten S. aus dem Unternehmen. Dieser Vereinbarung ging ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Absichtsschreiben voraus, das für die Siemens AG von Dr. F. und Dr. W. unterschrieben worden war. Daneben wurde zwischen der Siemens AG, wiederum vertreten durch Dr. K. und Fl. , und dem Angeklagten S. eine Zusatzvereinbarung getroffen. Diese sah insbesondere vor, dass der Angeklagte S. mit einer Fremdfirma einen Beratungs - und Schulungsvertrag schließen sollte. Auf der Grundlage dieser Zusatzvereinbarung wurde im Dezember 1990 zwischen der neu gegründeten Einzelfirma des Angeklagten S. „ S. Unternehmensberatung und Mitarbeiterschulung“ und der Firma SI. Holding für Grundbesitz GmbH (im Folgenden: SI. GmbH) zum Schein ein Beratungs- und Schulungsvertrag geschlossen, auf dessen Grundlage die SI. GmbH ab dem Jahr 1991 zunächst 52.000 DM monatlich und ab April 1992 monatlich 57.000 DM an das Unternehmen des Angeklagten S. zahlte. Diesen Zahlungen lagen keine Leistungen des Angeklagten S. zu Grunde. Vielmehr dienten sie allein der Verschleierung der Zahlungen der Siemens AG an ihn, damit er absprachegemäß die AUB weiter ausbauen konnte. Die SI. GmbH stellte der Siemens AG die an den Angeklagten S. geleisteten Zahlungen in Rechnung, was aufgrund anderweitiger geschäftlicher Verbindungen der beiden Gesellschaften unauffällig möglich war.
9
In der Folgezeit wurden zunächst auf der Grundlage dieses Scheinvertrages bis zum Jahr 1995 durch Scheinrechnungen Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. in Höhe von insgesamt 8,5 Millionen DM verschleiert ; eine Kontrolle der Mittelverwendung durch die Siemens AG fand dabei nicht statt. Absprachegemäß wurden darüber hinaus Mitarbeiter der Siemens AG in der Bundesgeschäftsstelle der AUB eingesetzt. Parallel dazu warb der Angeklagte S. in den Personalabteilungen der Siemens AG für Kandidaturen auf der AUB-Liste, wobei er die jeweils Verantwortlichen animierte, geeignete Mitarbeiter auszuwählen und diesen klarzumachen, dass eine Kandidatur von Siemens gefördert werde.
10
Aufgrund geänderter geschäftlicher Strukturen war seit dem Jahr 1995 die Verschleierung der Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Förderung des Ausbaus der AUB unter Zwischenschaltung der SI. GmbH nicht mehr möglich. An deren Stelle trat die G. Leasing GmbH & Co KG (im Folgenden: G. Leasing), zur damaligen Zeit eine 100%ige Tochtergesellschaft der Siemens AG, als neuer Vertragspartner in die zum Schein geschlossenen Vereinbarungen ein. Zudem wurden die zwischen dem Angeklagten S. und der Siemens AG geschlossenen Vereinbarungen, die zunächst bis zum Jahr 1995 befristet waren, verlängert. Die Siemens AG wurde hierbei vom Mitglied des Zentralvorstands Dr. W. sowie dem ebenfalls dem Zentralvorstand angehörenden Leiter der Zentralabteilung Personal, G. , vertreten. Bis zum Jahr 2000 flossen auf diesem Weg verschleiert weitere 17,7 Millionen DM von der Siemens AG an den Angeklagten S. . Im Jahr 1998 kam es zu Unstimmigkeiten über den Zahlungsweg, weil der Geschäftsführer der G. Leasing diesen für problematisch hielt („er wolle den ‚Schweinkram‘ nicht mehr in seinen Abschlüssen sehen“). In der Folge führte der Angeklagte S. mit dem neuen Leiter der Zentralabteilung Finanzen, Ne. , der ebenfalls dem Zentralvorstand angehörte, ein Gespräch über diese Problematik. Ergebnis des Gesprächs war, dass der Geschäftsführer der G. Leasing in einem Schreiben darüber informiert wurde, die bisherige Form der Zahlung solle mit Einverständnis von Herrn Ne. beibehalten werden.
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2. Die verfahrensgegenständlichen Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Verwendung für die AUB und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Tätigkeit der AUB für die Siemens AG (Tatkomplexe III.1/2 der Urteilsgründe)
12
a) Im Hinblick auf die Unstimmigkeiten über die bisherige Zahlungsabwicklung mit dem Geschäftsführer der G. Leasing bemühte sich der Angeklagte S. darum, eine anderweitige Möglichkeit zur Verschleierung der Zahlungen zu finden. Unter Beteiligung des Zentralvorstands Dr. W. wurde im Herbst des Jahres 2000 ein Treffen des Angeklagten S. mit dem kaufmännischen Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen, dem Mitangeklagten Fe. , mit dem Ziel vereinbart, einen neuen Zahlungsweg zur Verschleierung der Zahlungen der Siemens AG an die AUB zu finden. Bei diesem Treffen wurde der Mitangeklagte Fe. über die Hintergründe der Zahlungen informiert. Unter der Bedingung, dass das Ergebnis seines Bereiches durch die Zahlungen nicht beeinträchtigt werde, war der Mitangeklagte Fe. mit der verschleierten Abwicklung der Zahlungen an die AUB über seinen Bereich einverstanden.
13
Im weiteren Verlauf wurde am 22. Januar 2001 eine Rahmenvereinbarung zwischen der Siemens AG, Geschäftsbereich „Automation and Drives“ - vertreten durch den Mitangeklagten Fe. - und dem Angeklagten S. unter seiner Firma „W. Unternehmensberatung und Mitarbeiter- schulung“ getroffen. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung rechnete der Angeklagte S. tatsächlich nicht erbrachte Leistungen ab, um zum Schein eine Grundlage für die Zahlungen der Siemens AG an die AUB zu schaffen. Die Rechnungen wurden jeweils an die Privatadresse des Mitangeklagten Fe. geschickt. Zwischen Januar 2001 und November 2006 erstellte der Angeklagte S. auf Grundlage der Rahmenvereinbarung insgesamt 44 Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer über einen Gesamtbetrag von netto 30,3 Millionen Euro, der auf Veranlassung des Mitangeklagten Fe. durch die Siemens AG an die Unternehmensberatung des Angeklagten S. gezahlt wurde. Beiden war dabei bewusst, dass die finanzielle Unterstützung der AUB nicht offen gelegt und transparent gestaltet wurde, sondern ohne Unterrichtung des Vorstandes und des Aufsichtsrates, zudem ohne ausreichende Kontrolle der Mittelverwendung durchgeführt wurde (UA S. 37). Wie von dem Angeklagten S. und dem Mitangeklagten Fe. zumindest billigend in Kauf genommen, wurden die Rechnungen von der Zentralen Abrechnungseinheit der Siemens AG (ARE) mit dem Nettobetrag als Betriebsausgaben verbucht und hinsichtlich der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer zum Vorsteuerabzug verwendet (UA S. 38).
14
Bei Abschluss der Rahmenvereinbarung unterließ es der Mitangeklagte Fe. entgegen den bei der Siemens AG bestehenden Vertretungsregeln, eine zweite Unterschrift eines hierzu bevollmächtigten weiteren Mitarbeiters der Siemens AG einzuholen. Auch informierte er den Vorstand und den Aufsichtsrat der Siemens AG nicht über den Abschluss der Rahmenvereinbarung. Nach Eingang der auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung vom Angeklagten S. erstellten Rechnungen veranlasste der Mitangeklagte Fe. zunächst bis zu seinem Ausscheiden als kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen die Zahlungen selbst. Danach sorgte er in seinen Funktionen als Leiter einer Hauptabteilung für Konzernstrategie und als Mitglied des Gesamtvorstands, zuletzt als Mitglied des Zentralvorstands dafür, dass die Rechnungen weiter durch den Bereich „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen beglichen wurden. Hierzu informierte er seinen Nachfolger am Standort Erlangen über den Hintergrund der Rechnungen, damit dieser in der Folge die Rechnungen - wie dann auch tatsächlich geschehen - anerkannte. Eine inhaltliche Kontrolle der Rechnungen nahm der Mitangeklagte Fe. weder selbst vor, noch ließ er die Rechnungen von anderen Stellen prüfen. Als bei einer am Ende des Jahres 2005 von der Abteilung „Corporate Finance Financial Audit“ durchgeführten Routineüberprüfung Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Bezahlung der Rechnung der Unternehmensberatung des Angeklagten S. beanstandet wurden, erreichte der Mitangeklagte Fe. , dass die Beanstandungen der Revisoren nicht mehr weiterverfolgt wurden („vom Radarschirm der Revisoren gebracht“).
15
b) Mit den Geldbeträgen, die auf die beschriebene Weise von der Siemens AG verschleiert an die Unternehmensberatung des Angeklagten S. überwiesen wurden, bestritt der Angeklagte S. unmittelbar von den Konten seines Einzelunternehmens die Ausgaben, die bei der Tätigkeit und bei Werbemaßnahmen der AUB anfielen.
16
Ohne die Zahlungen der Siemens AG, die für die Finanzierung der Ausgaben der AUB verwendet wurden, wäre die AUB als Verein nicht überlebensfähig gewesen. Sie hätte die Kosten für Werbe- und Informationsmaterial sowie die Kosten ihrer Infrastruktur und für die von ihr angebotenen Leistungen aus ihren satzungsmäßigen Einnahmequellen nicht tragen können.
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Die langjährige Unterstützung bei Aufbau, Stabilisierung und Erhalt der AUB hatte für die Siemens AG erhebliche wirtschaftliche Vorteile: Durch die Zusammenarbeit des Angeklagten S. mit den Leitern der Personalabteilungen konnten interessierte „zukunftsfähige“ Mitarbeiter gefunden werden, denen verdeutlicht werden konnte, dass eine Kandidatur als Betriebsrat für die AUB auch für sie selbst mit Vorteilen im Hinblick auf einen Aufstieg in der Organisation der Siemens AG verbunden war. An den Standorten, an denen die AUB im Betriebsrat vertreten war, konnte auf betrieblicher Ebene eine Vielzahl von Vereinbarungen geschlossen werden, die aus Arbeitgebersicht erhebliche wirtschaftliche Vorteile einbrachten und firmenstrategische Maßnahmen erleichterten.
18
c) Durch mindestens vier Rechnungsstellungen im Jahr 2006, mit denen - was auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung grundsätzlich möglich war - „Zusatzaufwand“ in Höhe von jeweils 800.000 Euro netto abgerechnet wurde, veranlasste der Angeklagte S. die Siemens AG zu Zahlungen, die er nicht für die Förderung, den Aufbau und die Stabilisierung der AUB verwenden wollte, sondern für die von ihm im eigenen Interesse betriebene Sportförderung, für sonstige private Zwecke und für andere Unternehmen. Mit der bei der Rechnungsstellung vorgenommenen Bezugnahme auf die mit der Siemens AG getroffenen Rahmenvereinbarung erklärte der Angeklagte S. bewusst wahrheitswidrig, dass er die abgerechneten Beträge für die AUB verwenden würde. Im Vertrauen darauf, dass der Angeklagte S. die Gelder für die vereinbarten Zwecke einsetzen würde, wurden die Zahlungen durch die Siemens AG angewiesen. Bei Kenntnis von der tatsächlich vom Angeklagten S. geplanten Verwendung der Gelder, wäre dies nicht der Fall gewesen.
19
d) Das Landgericht hat die Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Verwendung für die Tätigkeit der AUB seitens des Mitangeklagten Fe. als Untreue (§ 266 StGB) und als Beihilfe hierzu durch den Angeklagten S. angesehen. Durch die Zahlungen habe der Mitangeklagte Fe. gegen die Vorschrift des § 119 BetrVG verstoßen und dadurch die ihm gegenüber der Siemens AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Der Siemens AG sei hierdurch ein Vermögensnachteil in Höhe der gezahlten 30,3 Millionen Euro entstanden, weil den Zahlungen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil der Siemens AG gegenüber gestanden habe (UA S. 37).
20
Die Täuschung der Verantwortlichen der Siemens AG über die Erforderlichkeit weiterer Zahlungen für die AUB durch den Angeklagten S. mit dem Ziel der Verwendung für eigene Zwecke hat das Landgericht als Betrug (§ 263 StGB) des Angeklagten S. zum Nachteil der Siemens AG eingestuft.
21
3. Steuerrechtliche Behandlung der Zahlungen an die AUB bei der Siemens AG (Tatkomplex III.3 der Urteilsgründe)
22
Als kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen bewirkte der Mitangeklagte Fe. durch die firmeninterne Weiterleitung der vom Angeklagten S. hierzu vorgelegten 44 Rechnungen, dass die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer bei Abgabe der jeweiligen Umsatzsteuererklärungen der Siemens AG als Vorsteuer geltend gemacht und die jeweiligen Nettobeträge als Betriebsausgaben bei den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen in Abzug gebracht wurden.
23
Nach Auffassung des Landgerichts verstießen die Zahlungen mit dem Verwendungszweck AUB gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und unterlagen daher dem ertragsteuerlichen Abzugsverbot des § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG. Ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen sei nicht gemäß § 15 Abs. 1 UStG zulässig gewesen, weil die in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht worden seien. Indem der Mitangeklagte Fe. die Rechnungsbeträge ohne Hinweis auf die fehlende Abzugsfähigkeit firmenintern weiterbelastete , bewirkte er für die Netto-Rechnungsbeträge einen unzulässigen Betriebsausgabenabzug i.S.v. § 4 Abs. 5 EStG und hinsichtlich der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer einen nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzug. Hierdurch habe er nach Berechnung des Landgerichts - unterstützt durch den Angeklagten S. mit der Zurverfügungstellung der Rechnungen - zugunsten der Siemens AG für die Jahre 2001 bis 2006 Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt mehr als 4,8 Millionen Euro und für das Jahr 2004 Körperschaftsteuer mit Solidaritätszuschlag in Höhe von mehr als 500.000 Euro verkürzt (UA S. 48). Zudem hat die Siemens AG hierdurch nach der Berechnung des Landgerichts in den Jahren 2001 bis 2004 bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer Steuervorteile in Form ungerechtfertigter Verlustvorträge in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro erlangt (UA S. 47, 48).
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4. Steuerliche Behandlung der von der Siemens AG erhaltenen Zahlungen und weitere unrichtige Angaben gegenüber dem Finanzamt durch den Angeklagten S. (Tatkomplex III.4 der Urteilsgründe)
25
Der Angeklagte S. machte die Ausgaben, die er für Zwecke der AUB von den Konten seines Unternehmens tätigte, als eigene Betriebsausgaben geltend. Darüber hinaus verbuchte er in den Jahren 2000 bis 2004 zu Unrecht auch noch anderweitige Ausgaben für Sportförderung, private Zwecke und andere Unternehmen in Höhe von insgesamt mehr als 12,7 Millionen Euro als Betriebsausgaben seiner Unternehmensberatung. Nach Auffassung des Landgerichts hat er dadurch und durch weitere unzutreffende Angaben in seinen persönlichen Einkommensteuererklärungen (u.a. 1.275 Euro für den Eiltransport einer toten Biberratte zu einem Tierpräparator in Österreich) für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2004 Einkommensteuer in Höhe von insgesamt mehr als 7 Millionen Euro, Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt mehr als 380.000 Euro und Gewerbesteuer in Höhe von insgesamt mehr als 3,4 Millionen Euro verkürzt. Zudem hat er nach Berechnung des Landgerichts Umsatzsteuer von insgesamt mehr als 220.000 Euro verkürzt, indem er zu Unrecht Vorsteuern aus Rechnungen geltend machte, denen keine Leistungen an seine Unternehmensberatung zu Grunde lagen. Hierdurch habe er sich jeweils der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) schuldig gemacht.

II.


26
Der Senat beschränkt mit Zustimmung des Generalbundesanwalts im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe die Verfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf die Strafbarkeit wegen Betruges. Die bisher getroffenen Feststellungen des Landgerichts ermöglichen keine umfassende Prüfung des Schuldspruchs zur Untreue. Selbst wenn noch weitere Feststellungen sollten getroffen werden können, erscheint es fraglich, ob diese einen Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue rechtfertigen könnten. Die Verfahrensbeschränkung ist daher aus verfahrensökonomischen Gründen angebracht.
27
1. Der Senat hat nämlich Bedenken, ob der Mitangeklagte Fe. dem Vermögen der Siemens AG - und zwar durch pflichtwidrige Handlungen i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB - einen Vermögensnachteil zugefügt hat, indem er die http://www.juris.de/jportal/portal/t/r5u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE005768020&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/r5u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE006838044&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/r5u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE018798036&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - verfahrensgegenständlichen Zahlungen in der konkreten Art und Weise veranlasste. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue.
28
a) Der Mitangeklagte Fe. hat aufgrund seiner beruflichen Stellung eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.v. § 266 StGB gegenüber der Siemens AG.
29
aa) Eine Vermögensbetreuungspflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Der Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung , ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1951 - 1 StR 171/51, BGHSt 1, 186, 188 f.; BGH, Urteil vom 4. November 1952 - 1 StR 441/52, BGHSt 3, 289, 294; BGH, Urteil vom 3. März 1953 - 1 StR 5/53, BGHSt 4, 170, 172; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1957 - 2 StR 481/57, BGHSt 13, 315, 317; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 92 f., 108 mwN).
30
bb) Sowohl zunächst als kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen als auch in der Folgezeit als Leiter einer Hauptabteilung für Konzernstrategie, als Mitglied des Gesamtvorstands und zuletzt als Mitglied des Zentralvorstands war der Mitangeklagte Fe. in diesem Sinne verpflichtet, die Vermögensinteressen der Siemens AG wahrzunehmen.
31
b) Es erscheint - jedenfalls aufgrund der bisherigen Feststellungen - fraglich , ob der Mitangeklagte Fe. dadurch pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB gehandelt hat, dass er unter Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die AUB finanziell förderte.
32
aa) Nach Auffassung des Landgerichts hat es der Mitangeklagte Fe. zunächst bei Abschluss des Vertrages vom 22. Januar 2001 - entgegen den bei der Siemens AG zur Tatzeit bestehenden Vertretungsregelungen - pflichtwidrig unterlassen, die für die Vertretung der Gesellschaft erforderliche zweite Unterschrift eines entsprechend bevollmächtigten weiteren Mitarbeiters der Siemens AG einzuholen. Den Inhalt der insoweit maßgeblichen Vertretungsregeln teilt die Strafkammer indes nicht mit, obwohl es die verfahrensgegenständliche Rahmenvereinbarung als einen „wesentlichen Vertrag“, der eine zweite Unterschrift erforderlich mache, charakterisiert. Dem Senat ist aber ohne Mitteilung des in Bezug genommenen Inhaltes „der bei der Siemens AG damals bestehenden Vertretungsregelungen“ (UA S. 34) nicht möglich, zu beurteilen, ob tatsächlich eine zweite Unterschrift erforderlich war, was der frühere Mitangeklagte Fe. bestritten hat (UA S. 76). Eine auf das Fehlen einer zweiten Unterschrift gestützte Pflichtwidrigkeit wird daher nicht tragfähig durch Tatsachen belegt.
33
bb) Die Strafkammer begründet die Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Mitangeklagten Fe. darüber hinaus damit, dass er es unterlassen habe, die zuständigen Organe der Siemens AG von dem abgeschlossenen Vertrag zu informieren. Diese Wertung ist jedenfalls ohne nähere Erörterung nicht mit der Feststellung zu vereinbaren, dass der Abschluss der verfahrensgegenständlichen Rahmenvereinbarung durch den Mitangeklagten Fe. auf Veranlassung eines damaligen Mitglieds des Zentralvorstandes zurückging. Zudem stellt das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung fest, dass „nach dem Ergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung von der Kammer ausgeschlossen werden kann, dass sich damals ein Bereichsvorstand wie der Mitangeklagte Fe. ohne ‚Absegnung von oben’ auf so etwas wie die schriftliche Rahmenvereinbarung vom 22. Januar 2001 eingelassen hätte“ (UA S. 92). Dies legt nahe, dass die Strafkammer davon ausging, dass der Abschluss der getroffenen Vereinbarung und die darauf zurückgehenden Zahlungen an den Angeklagten S. von einer Einwilligung des Zentralvorstandes der Siemens AG gedeckt waren. Dann bedurfte es aber näherer Begründung, warum das Unterlassen der Unterrichtung des Vorstandes geeignet war, die Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Mitangeklagten Fe. zu begründen.
34
cc) Der Senat hat jedenfalls Bedenken, dass die Annahme des Landgerichts zutrifft, der Mitangeklagte Fe. habe die ihn treffende Vermögensbetreuungspflicht auch deshalb verletzt, weil die Zahlungen an das Unternehmen des Angeklagten S. gegen die Strafvorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verstoßen. Denn bei dieser Norm handelt es sich nicht um eine das zu betreuende Vermögen - hier der Siemens AG - schützende Vorschrift. Schutzzweck dieser Strafvorschrift ist vielmehr - allein - die Integrität der Wahl des Betriebsrats , namentlich die Freiheit der Willensbetätigung der Wahlbeteiligten i.S.d § 20 BetrVG.
35
(1) § 266 StGB ist ein Vermögensdelikt; die Norm schützt das zu betreuende Vermögen im Sinne der Gesamtheit der geldwerten Güter einer Person (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301). Umfang und Grenzen der im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevanten Pflichten richten sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Es besteht daher eine Anbindung an die zivil- oder öffentlichrechtlichen Grundlagen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187; BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 297; BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 155; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 335; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 95 sowie Fischer, StGB, 57. Aufl., § 266 Rn. 58 und SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 31 mwN). Das Pflichtwidrigkeitsmerkmal erschöpft sich dabei aber nicht nach Art eines Blankettmerkmals in der Weiterverweisung auf genau bezeichnete Vorschriften (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 97); es handelt sich vielmehr um ein komplexes normatives Tatbestandsmerkmal (vgl. BVerfG aaO mwN). Bei dessen Auslegung ist es von Verfassungs wegen geboten, die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken, Wertungswidersprüche zur Ausgestaltung spezifischer Sanktionsregelungen zu vermeiden und - was hier ausschlaggebend ist - den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1955 - 3 StR 234/55, BGHSt 8, 254, 257 ff.; BGH, Urteil vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 297; vgl. auch BVerfG aaO Rn. 110).
36
Im Hinblick auf die tatbestandliche Weite des § 266 Abs. 1 StGB kann daher nicht in jedem (strafbewehrten) Verstoß gegen die Rechtsordnung auch eine i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevante Pflichtverletzung erblickt werden. Das folgt aus dem Schutzzweck des § 266 Abs. 1 StGB, der das zu betreuende Vermögen schützt. Eine Normverletzung - hier eine Straftat i.S.d. § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - ist deshalb in der Regel nur dann pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm ihrerseits - wenigstens auch, und sei es mittelbar - vermögensschützenden Charakter für das zu betreuende Vermögen hat, mag die Handlung auch nach anderen Normen pflichtwidrig sein und unter Umständen sogar Schadensersatzansprüche gegenüber dem Treuepflichtigen auslösen. Nur dann, wenn die unmittelbar verletzte Rechtsnorm selbst vermögensschützenden Charakter hat, liegt der untreuespezifische Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und geschütztem Rechtsgut i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB vor. Fehlt es daran, kann der Gesetzesverstoß, soweit er für sich sanktionsbewehrt ist, nach Maßgabe des diesbezüglichen Sanktionstatbestandes geahndet werden. Der Gesetzesverstoß kann darüber hinaus auch geeignet sein, Schadensersatzansprüche zu begründen. Eine - daneben tretende - Pflichtwidrigkeit i.S.d § 266 StGB wegen Untreue kann allein aus diesem Gesetzesverstoß aber grundsätzlich noch nicht abgeleitet werden. Ob etwas anderes gilt, wenn an die Verletzung einer solchen Rechtsnorm eine spezifische, sich vermögensmindernd auswirkende Sanktion anknüpft, lässt der Senat offen. Das BetrVG jedenfalls sieht eine solche sich vermögensmindernd auswirkende Sanktion nicht vor.
37
(2) Bei einer Aktiengesellschaft bestimmen sich Umfang und Grenzen der Vermögensbetreuungspflichten der Organe grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 76, 93, 116 AktG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 335 f. für den Aufsichtsrat; BGH, Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, BGHSt 54, 148 Rn. 36 für den Vorstand). Die den Organen einer Aktiengesellschaft angehörenden Personen haben deshalb - auch gegenüber der Aktiengesellschaft selbst - die rechtlichen Pflichten und Vorgaben der Rechtsordnung einzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1993 - II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127; Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 63 ff. mwN). Die somit für die Organe einer Aktiengesellschaft bestehende Legalitätspflicht bedingt, dass kein aktienrechtlich geschützter Handlungsspielraum für „profitable Pflichtverletzungen“ besteht (vgl. Fleischer, ZIP 2005, 141, 145 mwN). Verstöße gegen die Legalitätspflicht können auch im Verhältnis zur Gesellschaft selbst nicht mit dem Vorbringen gerechtfertigt werden , sie lägen in deren Interesse; die Bindung an gesetzliche Vorschriften hat vielmehr Vorrang (BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09 mwN). Gesetzesverstöße , wie hier der Verstoß gegen § 119 BetrVG, stellen daher - in aktienrechtlicher Hinsicht - eine Verletzung der in § 93 Abs. 1 und § 116 Satz 1 AktG statuierten Pflichten dar und können zivilrechtliche Rechtsfolgen begründen.
38
Dies hat aber nicht zur Folge, dass die primär verletzte Rechtsnorm, wenn sie nicht das betreute Vermögen schützt, allein dadurch vermögensschützend wird, dass ihre Verletzung zugleich eine Verletzung aktienrechtlicher Vorschriften darstellt. Anders gewendet heißt dies: Liegt der Verstoß gegen die §§ 93, 116 AktG allein darin, dass eine nicht vermögensschützende Norm außerhalb des Aktiengesetzes verletzt wird, führt dies nicht dazu, dass die Verletzung einer vermögensschützenden Norm im Sinne einer Pflichtverletzung gemäß § 266 Abs. 1 StGB vorläge, nur weil die primär verletzte Pflicht durch die §§ 93, 116 AktG zu einer aktienrechtlichen Pflicht der Organe der Aktiengesellschaft wird. Denn auch die §§ 93, 116 AktG sind Vorschriften von erheblicher Unbestimmtheit und generalklauselartigem Charakter (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 97). Eine allein auf die Verletzung dieser Vorschriften abstellende Auslegung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGB wäre daher nicht geeignet, die verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung der Anwendung des Untreuetatbestands auf evidente Fälle pflicht- widrigen Handelns zu beschränken und damit den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren. Wollte man dies anders sehen , würde letztlich jeder Gesetzesverstoß (etwa auch die Beauftragung einer Werbeagentur mit einer i.S.v. § 3 UWG unlauteren Werbung) gleichzeitig eine pflichtwidrige Handlung i.S.v. § 266 StGB darstellen und - bei Vorliegen eines Vermögensnachteils - den Tatbestand der Untreue erfüllen. Dies würde nicht nur dem Untreuetatbestand jegliche Kontur nehmen; es wäre bei weniger gewichtigen Verstößen gegen selbst nicht strafbewehrte Normen vielfach auch nicht mehr mit der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts zu vereinbaren.
39
Maßgeblich ist daher auch bei Verstößen gegen die §§ 93, 116 AktG, ob die primär verletzte Rechtsnorm, deren Verletzung zugleich den Verstoß gegen diese aktienrechtlichen Vorschriften bildet, vermögensschützenden Charakter hat. Dies ist bei der Strafnorm des § 119 BetrVG nicht der Fall. Die Vorschrift des § 119 BetrVG dient allein dem Schutz der Wahl und der Funktionsfähigkeit der im Gesetz aufgeführten betriebsverfassungsrechtlichen Organe (vgl. Oetker in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 119 Rn. 6). Der Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG ist daher für sich allein nicht geeignet, eine Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Mitangeklagten Fe. i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB zu begründen. Das dadurch verwirklichte Unrecht kann im vorliegenden Fall strafrechtlich allein nach Maßgabe des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG geahndet werden. Eine eventuelle, sich aus dem Verstoß gegen aktienrechtliche Vorschriften ergebende zivilrechtliche Haftung bleibt davon unberührt.
40
dd) Demnach kann ein i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB pflichtwidriges und zudem vermögensschädigendes Verhalten des Mitangeklagten Fe. allein darin erblickt werden, dass er die Zahlungen auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung veranlasste, ohne selbst eine ausreichende inhaltliche Kontrolle http://www.juris.de/jportal/portal/t/msz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE045903307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 22 - durchzuführen oder zumindest dafür Sorge zu tragen, dass Dritte eine inhaltliche Kontrolle durchführen. Überprüfungen wurden zudem dadurch erschwert, dass die tatsächlichen Rechtsverhältnisse durch Scheinrechnungen verschleiert wurden. Ein solches Vorgehen ist mit den - insoweit fraglos vermögensschützenden - Pflichten, die den Mitangeklagten Fe. allgemein aufgrund seiner Stellung innerhalb der Siemens AG und im Speziellen bei Abwicklung der zwischen der Siemens AG und dem Angeklagten S. getroffenen Vereinbarung trafen, nicht zu vereinbaren. Denn dadurch wurde bereits die Prüfung durch die zuständigen Stellen vereitelt, ob die Leistungen der Siemens AG in einem äquivalenten Verhältnis zu den mit der Vereinbarung erlangten Vermögensvorteilen des Unternehmens stehen. Insoweit belegen die bisherigen Feststellungen aber nicht, dass der Siemens AG durch diese Verletzung der dem Mitangeklagten Fe. obliegenden Vermögensbetreungspflicht auch ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB entstanden ist.
41
Ein dem betreuten Vermögen zugefügter Nachteil i.S.d. § 266 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist dabei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung (Vermögensvergleich ) festzustellen (BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301; BGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - 1 StR 93/00, wistra 2000, 384, 386 mwN; BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379 mwN). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Werterhöhend kann auch eine vermögenswerte realistische Gewinnerwartung wirken (BGH, Beschluss vom 29. November 1995 - 5 StR 495/95, NStZ 1996, 191; BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310702008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310702008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE090052076&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 23 -
42
Beim Vermögen als Rechtsgut und Bezugspunkt des anzustellenden Vergleichs handelt es sich allerdings nicht um einen der sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar zugänglichen Gegenstand, sondern um eine wirtschaftliche Größe, deren Umfang zu einem bestimmten Zeitpunkt sich erst aus einer Bewertung ergibt. In deren Rahmen bedarf es der Entscheidung, welche Vermögenspositionen in die Wertbestimmung einfließen und wie deren Wert zu ermitteln ist. Hierbei können normative Erwägungen eine Rolle spielen. Sie dürfen aber, soll der Charakter der Untreue als Vermögensdelikt und Erfolgsdelikt bewahrt bleiben, wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen. Stets ist zu prüfen , ob das verbotene Geschäft - wirtschaftlich betrachtet - nachteilig war (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379 mwN; BGH, Beschluss vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07, NJW 2008, 2451, 2452; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a. Rn. 102, 114).
43
Der Vermögensnachteil stellt hierbei ein selbständiges neben dem der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal dar, das nicht in dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit aufgehen darf. Deswegen sind eigenständige Feststellungen zum Vorliegen eines Nachteils geboten (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07, NJW 2008, 2451, 2452; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331; BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 StR 410/09, NStZ 2010, 329, 330; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a. Rn. 112, 113 f. mwN).
44
An diesen Grundsätzen gemessen erweisen sich die Wertungen des Landgerichts, nach denen die auf Grundlage der Scheinrechnung erfolgenden Zahlungen der Siemens AG an die AUB einen endgültigen Schaden i.S.v. § 266 StGB verursachten, da kein den Geldabfluss kompensierender Vermögensvor- teil bei der Siemens AG gegeben sei (UA S. 128), aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht als tragfähig. Das Landgericht stellt zwar fest, dass der Siemens AG infolge der Zusammenarbeit mit der AUB finanzielle Vorteile erwachsen seien. Diese Vorteile stellen nach Auffassung des Landgerichts indes keinen unmittelbaren Vermögenszuwachs dar, sondern vielmehr lediglich eine „vage Chance“, die nicht konkret messbar sei.
45
Das Landgericht hat dabei nicht hinreichend bedacht, dass ein unmittelbarer , den Vermögensnachteil kompensierender Vermögensvorteil nicht nur dann gegeben ist, wenn die schadensausschließende Kompensation in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung steht. Denn „unmittelbar“ heißt insoweit nicht zeitgleich bzw. sofort oder auch nur bald. Eine unmittelbare Schadenskompensation ist vielmehr dann gegeben, wenn keine weitere, selbstständige Handlung mehr hinzutreten muss, damit der kompensationsfähige Vermögenszuwachs entsteht (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 266 Rn. 166 mwN).
46
Mit den im Tatzeitraum geleisteten Zahlungen an den Angeklagten S. , die den Fortbestand der AUB sicherstellten, wurde aus Sicht der Verantwortlichen der Siemens AG - jedenfalls im Tatzeitraum - der mit den Zahlungen angestrebte wirtschaftliche Vorteil, auf den bei der Gesamtsaldierung allein abzustellen ist (BGH, Urteil vom 28. Januar 1983 - 1 StR 820/81, BGHSt 31, 232, 234 f.; BGH, Urteil vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 298; BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323 Rn. 45 ff.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 142, 153, 150), bereits erreicht. Angesichts der nach den Feststellungen zu diesem Zeitpunkt gegebenen Etablierung der AUB hätte es weitergehender Darlegung bedurft, warum die Zahlungen lediglich zu einer vagen Chance, nicht aber zu einem bereits messbaren Vermögenszuwachs geführt hätten. Aufgrund des zur Tatzeit etablierten und „bewährten“ Systems sind die Zuwendungen auch nicht mit Fällen vergleichbar, bei denen durch Einsatz von Bestechungsgeldern in nicht konkretisierten zukünftigen Fällen dem Vermögensinhaber günstige Vertragsabschlüsse erreicht werden sollen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323 Rn. 45).
47
2. Eine Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue würde daher weitergehende als die bisher getroffenen Feststellungen erfordern. Namentlich wären die seitens des Landgerichts festgestellten wirtschaftlichen Vorteile, welche die Siemens AG aufgrund der mit dem Angeklagten S. getroffenen Vereinbarung erzielte, in betriebswirtschaftlicher Hinsicht - erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen - zu bewerten und mit den von der Siemens AG geleisteten Zahlungen zu saldieren. Dies gebietet aus verfahrensökonomischen Gründen die Beschränkung des Verfahrens im Fall III. 1 und 2 der Urteilsgründe gemäß § 154a Abs. 2 auf den Vorwurf des Betruges des Angeklagten S. zum Nachteil der Siemens AG.

III.


48
Der Schuldspruch im Übrigen hat Bestand.
49
1. Der Schuldspruch des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Haupttäters Fe. seitens der Siemens AG in 20 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Indem S. an dem zur Verschleierung der Zahlungen an die AUB ersonnenen System von Scheinverträ- gen und -rechnungen mitwirkte, leistete er jeweils Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 27 Abs. 1 StGB.
50
a) Die getroffenen Feststellungen belegen die Wertung des Landgerichts , der Mitangeklagte Fe. habe bewirkt, dass durch unrichtige Angaben gegenüber den Finanzbehörden von der Siem ens AG geschuldete Ertragssteuern verkürzt wurden und die Gesellschaft nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangte. Denn die Scheinrechnungen berechtigten die Siemens AG nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG, da ihnen keine Leistungen zu Grunde lagen. Zudem waren die durch die Scheinrechnungen des Angeklagten S. verschleierten Zahlungen an das Unternehmen des Angeklagten S. nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht als Betriebsausgaben abziehbar, da es sich bei diesen Zahlungen um die Zuwendung von Vorteilen handelte, die als rechtswidrige Handlungen den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichten. Sie erfüllen den Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG.
51
Der Senat teilt nicht die vom Beschwerdeführer und teilweise in der Literatur erhobenen Bedenken gegen eine weite Auslegung des Begriffs der Beeinflussung der Wahl (vgl. dazu Joecks in MünchKommStGB, § 119 BetrVG; Kudlich in Festschrift für Heinz Stöckel, 2009, S. 93 ff.; das gilt auch für die von Prof. Dr. Joecks in einem Rechtsgutachten im Auftrag des Angeklagten S. in diesem Verfahren vor dem Landgericht vorgebrachten Bedenken). Er ist insbesondere der Auffassung, dass diese Strafnorm hinreichend klar und bestimmt im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG ist, so dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 BetrVG das steuerliche Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG ausgelöst wird.
52
aa) Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG macht sich strafbar, wer eine Wahl des Betriebsrats eines Unternehmens durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst. Hierdurch werden Verstöße gegen das Verbot des § 20 Abs. 2 BetrVG sanktioniert. § 20 Abs. 2 BetrVG schützt - zusammen mit dem Verbot des § 20 Abs. 1 BetrVG, das nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BetrVG strafbewehrt ist - umfassend die Integrität der Wahl (vgl. Fitting, BetrVG, 25. Aufl. § 20 Rn. 20). Dadurch soll eine Beeinflussung des Wahlergebnisses in einer nicht von der Rechtsordnung gebilligten Weise ausgeschlossen werden (so auch OVG Münster, Beschluss vom 10. November 2005 - 1 A 5076/04, BeckRS, 2006, 20067 zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 21 Abs. 1 LPVG NRW).
53
Das Verbot in § 20 Abs. 1 BetrVG gewährleistet dabei die Freiheit der Willensbetätigung der Wahlbeteiligten (vgl. Vogt BB 1987, 189, 190 mwN; Kreutz in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 20 Rn. 24). Der vorliegend maßgebliche § 20 Abs. 2 BetrVG zielt demgegenüber auf die Sicherung der freien Willensbildung der Wahlbeteiligten ab (Kreutz aaO mwN). Vor diesem Hintergrund erfasst das Verbot des § 20 Abs. 2 BetrVG - und ihm folgenden der Straftatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG (vgl. Oetker in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 119 Rn. 12 mwN) - nicht nur die unmittelbare Beeinflussung des - aktiv oder passiv - Wahlberechtigten, sein Wahlrecht in der einen oder anderen Art und Weise auszuüben (z.B. in Form des Stimmenkaufs oder durch Vorteilsgewährung, wenn sich ein Arbeitnehmer nicht als Wahlkandidat aufstellen lässt). Vielmehr ist - sowohl nach dem Wortsinn, als auch nach dem Zweck der Vorschrift - auch die Gewährung solcher Vorteile erfasst, die sich mittelbar auf die Wahl auswirken , indem sie die innere Willensbildung der Wahlberechtigten beeinflussen.
54
Insoweit ist anerkannt, dass sich der Arbeitgeber grundsätzlich nicht in die Wahlpropaganda einschalten, insbesondere nicht für einen Kandidaten werben darf (vgl. Thüsing in Richardi BetrVG, 12. Aufl., § 20 Rn. 18 mwN; Fitting BetrVG, 25. Aufl., § 20 Rn. 24; Koch in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht , 10. Aufl., BetrVG § 20 Rn. 6 f.). Denn dies ist nicht mit dem den Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl treffenden Neutralitätsgebot zu vereinbaren, das daraus folgt, dass die Betriebsratswahl der Legitimation der betrieblichen Arbeitnehmerrepräsentanten dient, die im Verhältnis zum Arbeitgeber die Beteiligungsrechte der Belegschaft ausüben (vgl. Thüsing aaO). Die Vorteilsgewährung muss dabei nicht zwingend gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer erfolgen, eine unzulässige Wahlbeeinflussung liegt vielmehr auch dann vor, wenn einer Gruppe von Arbeitnehmern ein Vorteil zugesagt wird (vgl. Thüsing aaO Rn. 17 mwN, auch zur Gegenauffassung).
55
Davon ausgehend ist auch die finanzielle oder sonstige tatsächliche Unterstützung von Wahlpropaganda einer Vorschlagsliste durch den Arbeitgeber nach § 20 Abs. 2 BetrVG verboten (BAGE 53, 385; ebenso Koch aaO; Fitting aaO; aA Kreutz aaO Rn. 30; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 10. November 2005 - 1 A 5076/04, BeckRS 2006, 20067 zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 21 Abs. 1 LPVG NRW). Denn auch dadurch, dass einer Vorschlagsliste durch die Zuwendung von Geldmitteln ermöglicht wird, sich im Zusammenhang mit der Wahl nachhaltiger als sonst möglich zu präsentieren, wird die Willensbildung der Wahlberechtigten mittelbar beeinflusst. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die finanzielle Unterstützung einzelner Kandidaten oder einer bei der Betriebsratswahl zur Wahl stehenden Liste durch den Arbeitgeber verschleiert wird. Die tatbestandsmäßige Beeinflussung der Betriebsratswahl besteht insoweit nicht allein - worauf in der Literatur teilweise abgestellt wird (Joecks in MünchKommStGB, § 119 BetrVG Rn. 16; Kudlich in Fest- schrift für Heinz Stöckel, 2009, S. 93 , 110 f.) - in der infrastrukturellen Unterstützung einer betriebsverfassungsrechtlichen Wahlliste, sondern auch in der damit einhergehenden Verschleierung der Finanzierung, die zudem nicht mit dem Neutralitätsgebot des § 75 BetrVG zu vereinbaren ist. Die aktiv Wahlberechtigten können unter diesen Voraussetzungen eine von Willensmängeln freie Wahlentscheidung nicht treffen.
56
bb) Nach diesen Maßstäben wurde vorliegend durch die Zahlungen an den Angeklagten S. , die dieser zum Ausbau der AUB verwenden sollte, gegen § 20 Abs. 2 BetrVG verstoßen. Denn mit den Geldern wurde plangemäß erreicht, dass Kandidaten, die auf der Liste der AUB bei Betriebsratswahlen antraten, in die Betriebsräte gewählt werden konnten, um so über die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in den Betriebsräten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Siemens AG zum Nachteil der dort vertretenen Mitglieder der IG Metall zu verändern.
57
Die Urteilsfeststellungen belegen hinreichend, dass durch die Vorteilsgewährungen an die AUB und die Karriereversprechen gegenüber deren Kandidaten die durchgeführten Betriebsratswahlen auch tatsächlich beeinflusst wurden. Bei dem Vorgehen handelte es sich nicht lediglich um eine gezielte Einflussnahme auf bestimmte einzelne Betriebsratswahlen; vielmehr wurde über Jahre hinweg das Gesamtkonzept verfolgt, mittels der Unterstützung der AUB alle anstehenden Betriebsratswahlen zu beeinflussen, um später Arbeitgeberinteressen leichter durchsetzen zu können.
58
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestand bei der Siemens AG bereits seit dem Jahr 1990 die Absicht, ein Gegengewicht zur IG Metall zu schaffen und eine Betriebsräteorganisation zu fördern, die sich koope- rativer gegenüber der Arbeitgeberseite zeigt (UA S. 14). Einzelne Verantwortliche der Siemens AG kamen deshalb mit dem Angeklagten S. überein, dass die IG Metall in den Gremien des Aufsichtsrats und der Betriebsräte durch Unterstützung der AUB zurückgedrängt werden sollte (UA S. 20). Abredegemäß stellte die Siemens AG eigenes Personal für die Tätigkeit bei der AUB bereit und unterstützte den Aufbau der AUB durch Zahlungen in Millionenhöhe , deren Grundlage fingierte Beratungs- und Schulungsverträge waren (UA S. 24).
59
Entsprechend der Vereinbarung warb der Angeklagte S. in den Personalabteilungen für die Kandidatur auf der Liste der AUB, auch mit dem Argument, dass die Kandidatur von der Siemens AG mit Vorteilen für deren weiteren Aufstieg verbunden sei. Durch die Zusammenarbeit zwischen den Personalabteilungen konnten dann auch tatsächlich „zukunftsfähige“ Kandidaten gefunden werden (UA S. 24, 42). Die Vorauswahl der Kandidaten trafen der Angeklagte S. und die Personalabteilungen (UA S. 105). Von den Mitgliedern der AUB waren im Jahr 2006 ca. ein Drittel bis die Hälfte in Betriebsräte - wenn auch nicht nur bei der Siemens AG - gelangt (UA S. 43). Dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn die AUB von der Siemens AG nicht unterstützt worden wäre. Vielmehr wäre die AUB ohne die erhebliche finanzielle Unterstützung der Siemens AG nicht überlebensfähig gewesen (UA S. 95). Damit ist die Beeinflussung der Betriebsratswahlen bereits durch das Wahlergebnis belegt. Die Beeinflussung der Betriebsratswahlen liegt aber unabhängig vom konkreten Wahlergebnis schon darin, dass die Zahlungen der Siemens AG für die Finanzierung der Wahlwerbung der AUB verwendet wurden.
60
Auch durch die Zahlungen an die AUB, die nicht unmittelbar in die Finanzierung von Wahlkampfwerbung flossen, wurden die anstehenden Betriebs- ratswahlen beeinflusst. Bereits in den 1990er Jahren hätte der Verein die Kosten für Werbe- und Informationsmaterial sowie seiner Infrastruktur und für die von ihm angebotenen Leistungen aus seinen satzungsmäßigen Einnahmequellen nicht tragen können. Dies hätte aber zur Folge gehabt, dass der von den Verantwortlichen der Siemens AG verfolgte und vom Angeklagten S. unterstützte Plan, die Kandidaten der AUB bei den Betriebsratswahlen als Gegenpol zu den Kandidaten der IG Metall zu etablieren, gescheitert wäre. Seitens der AUB hätten ohne die finanzielle Unterstützung durch die Siemens AG bereits keine Gegenkandidaten aufgestellt werden können. Damit liegt auch in der nach außen nicht erkennbaren Gewährleistung der auf die Kandidatenaufstellung gerichteten Tätigkeit der AUB eine Beeinflussung der Wahlen. Durch das kollusive Zusammenwirken von Verantwortlichen der Siemens AG mit dem Angeklagten S. wurden immer wieder der Firma Siemens genehme Betriebsratskandidaten auf einer angeblich „unabhängigen“ Liste (AUB) platziert, deren Hintergrund und Motivation die Wahlberechtigten der Betriebsratswahlen nicht kannten (UA S. 134). Der Angeklagte S. selbst hat vorgetragen, dass die AUB Probleme bekommen hätte, wenn bekannt geworden wäre, dass sie von der Siemens AG gefördert wurde. Allein dies hätte gereicht, dass „die Leute uns nicht mehr gewählt hätten“ (UA S. 78).
61
Diese Wahlbeeinflussung führte unter anderem dazu, dass an den Standorten, an denen die AUB im Betriebsrat vertreten war und auch den in von der „AUB dominierten Betriebsräten“ firmenstrategische Maßnahmen der Siemens AG u.a. durch Betriebsvereinbarungen erleichtert wurden und dieser wirtschaftliche Vorteile brachten (UA S. 24, 42, 43).
62
Der Umstand, dass das Urteil keine Feststellungen dazu enthält, wie Betriebsratswahlen mit welchem konkreten Wahlergebnis durch die Zahlungen (kausal) beeinflusst wurden, ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unerheblich. Der Kausalitätsnachweis lässt sich in der Regel schon deshalb nicht führen, weil der Betriebsrat in geheimer Wahl gewählt wird (§ 14 Abs. 1 BetrVG). Ausreichend ist vielmehr schon der Umstand, dass sich wegen der Vorteilsgewährungen tatsächlich der Siemens AG genehme Gegenkandidaten für die Betriebsratswahlen gefunden haben. Allein dies hat schon die Wahl beeinflusst.
63
Auch kann für die Frage, ob eine Zahlung gegen das Verbot des § 20 Abs. 2 BetrVG verstößt, nicht auf den jeweiligen Zeitpunkt der Zahlung abgestellt und gefordert werden, dass die Zahlung unmittelbar zeitlich zur Betriebsratswahl erfolgt. Gerade die hier gewählte Strategie, die Mitbestimmungsverhältnisse nachhaltig zu verändern, erforderte ein längerfristiges Vorgehen, das „notwendigerweise“ schon im Vorfeld des eigentlichen Wahlvorgangs angelegt sein musste. So sahen es ersichtlich auch der Angeklagte S. und die Verantwortlichen der Siemens AG, was - von deren Standpunkt aus - folgerichtig und deshalb auch erfolgreich war. Hinzu kommt: Wollte man dies anders sehen, könnten die Beteiligten das Wahlbeeinflussungsverbot des § 20 Abs. 2 BetrVG dadurch umgehen, dass sie die Vorteile in einem zeitlichen Abstand zu der Wahl gewähren.
64
b) Da demnach ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 BetrVG gegeben ist und der Mitangeklagte Fe. diesbezüglich auch vorsätzlich handelte, hat er, indem er die Zahlungen veranlasste, auch den Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG erfüllt. Dies ergibt sich daraus, dass diese Norm den Wortlaut des § 20 Abs. 2 BetrVG übernimmt und zwischen beiden Vorschriften ein systematischer und teleologischer Zusammenhang besteht (vgl. Oetker in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 119 Rn. 12 mwN). Der für die Verwirklichung des Tatbe- standes notwendige Erfolg (vgl. Oetker aaO Rn. 13 mwN) ist nach den vorstehenden Ausführungen eingetreten. Die Zahlungen der Siemens AG haben die freie Willensbildung bei den jeweiligen Betriebsratswahlen und damit deren Integrität beeinflusst.
65
Bei der gegebenen Sachlage muss der Senat nicht abschließend entscheiden , ob es - wie teilweise vertreten wird (vgl. Sax, Die Strafbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, Diss. 1975 S. 73 f.; Dannecker in Festschrift für Gitter, 1995, 167, 179) - verfassungsrechtlich geboten ist, den Anwendungsbereich von § 119 BetrVG im Wege der teleologischen Reduktion auf solche Verstöße zu beschränken, die sich als erheblich erweisen. Denn die verfahrensgegenständlichen Zahlungen, die über mehrere Jahre unter Verschleierung ihres tatsächlichen Zwecks und unter nachhaltigem Verstoß gegen das dem Arbeitgeber nach dem Betriebsverfassungsgesetz in Bezug auf die Betriebsratswahlen treffende Neutralitätsgebot geleistet wurden, um - im Ergebnis auch erfolgreich - zur einseitigen Förderung der Arbeitgeberinteressen, über die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in den Betriebsräten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Siemens AG zum Nachteil der dort vertretenen Mitglieder der IG Metall, die ihrerseits Schutz nach Art. 9 Abs. 3 GG genießt, zu verändern , erweisen sich sowohl im Hinblick auf den Wortlaut, insbesondere aber auch mit Blick auf den von § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG i.V.m. § 20 Abs. 2 BetrVG verfolgten Zweck als ein erheblicher Verstoß.
66
c) Erfüllten die Zahlungen mithin den Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG, unterfielen sie dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG (vgl. Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, 201. Aktualisierung September 2009, § 4 Rn. Q 60). Auf die eigenständige Verfolgbarkeit der Straftat kommt es nicht an. Es ist daher auch unbeachtlich, ob der nach § 119 Abs. 2 BetrVG er- forderliche Strafantrag gestellt wurde oder ob hinsichtlich dieser Straftat Verfolgungsverjährung eingetreten ist (Söhn aaO Rn. Q 68 mwN). Indem die Zahlungen gleichwohl als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden, wurden von der Siemens AG geschuldete Steuern verkürzt bzw. ungerechtfertigte Verlustvorträge erlangt.
67
d) Insbesondere im Hinblick darauf, dass die vom Angeklagten S. erstellen Scheinrechnungen mit Wissen des Mitangeklagten Fe. in der Buchhaltung der Siemens AG erfasst wurden, erweist sich auch der Schluss des Landgerichts, dass der Mitangeklagte Fe. die Verkürzung von Steuern zumindest billigend in Kauf nahm, zumindest als möglich, eher sogar als nahe liegend und ist damit rechtlich nicht zu beanstanden.
68
2. Auch soweit der Angeklagte S. hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2000 bis 2004 (Tatkomplex III.4 der Urteilsgründe) wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen (jeweils in gleichartiger Tateinheit von Hinterziehung von Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer ) verurteilt wurde, wird der Schuldspruch von den Feststellungen getragen.

IV.


69
Die Verfolgungsbeschränkung gemäß § 154a StPO im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe führt zu einer Änderung und Neufassung des Schuldspruchs. Dabei sieht der Senat davon ab, in den Fällen, in denen sich der Angeklagte S. zugleich mehrfach wegen Steuerhinterziehung, Beihilfe zur Steuerhinterziehung oder Betrug strafbar gemacht hat, die jeweils gleichartige Tateinheit im Tenor zum Ausdruck zu bringen. Nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO genügt die Angabe der rechtlichen Bezeichnung der Tat; daher reicht hier die Bezeichnung „Steuerhinterziehung“, „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ und „Betrug“ aus. Zwar kann es sich grundsätzlich auch bei gleichartiger Tateinheit empfehlen, dieses Konkurrenzverhältnis im Urteilsspruch kenntlich zu machen. Davon kann aber abgesehen werden, wenn - wie hier - der Tenor unübersichtlich würde. Denn dies widerspräche dem auch zu berücksichtigenden Gebot der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2007 - 5 StR 127/07, wistra 2007, 388, 391; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 5 StR 525/05; BGH, Beschluss vom 27. Juni 1996 - 4 StR 3/96, NStZ 1996, 610, 611). Für die Bezeichnung der Tat gemäß § 260 Abs. 4 StPO genügt bei einer Straftat nach § 370 AO im Übrigen die Angabe „Steuerhinterziehung“. Die Angabe der Steuerart gehört nicht zur Deliktsbezeichnung gemäß § 370 AO (BGH, Beschluss vom 13. September 2007 - 5 StR 292/07, BGHR, StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 9).
70
Die vom Landgericht angenommene Klammerwirkung der nach § 154a StPO von der Verfolgung ausgenommenen Beihilfe zur Untreue im Hinblick auf sonst an sich rechtlich selbständige Taten des Betruges beschwert den Angeklagten S. nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1983 - 5 StR 319/83, StV 1983, 457; BGH, Beschluss vom 6. September 1988 - 1 StR 481/88, NStZ 1989, 20).

V.


71
Die rechtsfehlerfrei gebildeten Einzelstrafen im Tatkomplex III.3 der Urteilsgründe können bestehen bleiben. Im Übrigen haben die Strafaussprüche allerdings keinen Bestand.
72
1. Soweit der Angeklagte S. im Tatkomplex III.4 der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, hält der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn das Landgericht hat den Schuldumfang zu Lasten des Angeklagten S. falsch bestimmt. Der Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer und des hinterzogenen Solidaritätszuschlages wurde ein zu hohes zu versteuerndes Einkommen, der Berechnung der hinterzogenen Gewerbesteuer ein zu hoher Gewerbeertrag zu Grunde gelegt. Entgegen der Auffassung der Strafkammer unterfielen die Aufwendungen für die Zwecke der AUB, die der Angeklagte S. von den Konten seines Unternehmens, aber aus Mitteln der Siemens AG tätigte, nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG.
73
Zwar hat der Generalbundesanwalt zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage, ob ein Abzugsverbot eingreift, für jeden Steuerpflichtigen gesondert zu behandeln ist. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG würde hier aber bei dem Angeklagten S. im Ergebnis zu einer Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips und des in § 40 AO verankerten Grundsatzes der Wertneutralität der Besteuerung (Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, 201. Aktualisierung September 2009, § 4 Rn. Q 15) führen. Dies gebietet eine restriktive Auslegung des Abzugsverbots. Namentlich dann, wenn - wie hier - die Zuwendung i.S.v. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG unter Zwischenschaltung eines Dritten gewährt wird, der selbst mit der Zuwendung und bei deren Weiterleitung keine weitergehenden Ziele verfolgt als der eigentliche Vorteilsgeber, greift das Abzugsverbot lediglich bei diesem, nicht aber bei dem - letztlich als (Geld-)Bote fungierenden - Mittler. In solchen Fällen ist die Vorteilszuwendung allein dem eigentlichen Vorteilsgeber zuzurechnen, in dessen Interesse sie auch erfolgt. Nur so kann zudem verhindert werden, dass es zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung des für die Zuwendung aufgewandten Betrages kommt. Ein ande- res Ergebnis ist auch im Hinblick auf den Zweck des Abzugsverbotes i.S.v. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG - die Bekämpfung der Korruption (BT-Drucks. 13/1686 S. 18; 14/265 S. 170) - nicht geboten. Diesem wird vielmehr hinreichend durch das Abzugsverbot bei dem eigentlichen Vorteilsgeber Rechnung getragen.
74
Der Schuldspruch wird von der fehlerhaften Bestimmung des Schuldumfangs bei den Ertragsteuern nicht berührt, weil - auch im Hinblick auf die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen - auszuschließen ist, dass eine Steuerverkürzung insgesamt entfallen könnte. Auch soweit der Angeklagte S. tateinheitlich zur Hinterziehung der Umsatzsteuer wegen Hinterziehung der Einkommen - und Gewerbesteuer sowie des Solidaritätszuschlags verurteilt wurde, hat der Schuldspruch Bestand. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen kann ausgeschlossen werden, eine Neuberechnung der Höhe der hinterzogenen Ertragsteuern könnte zu einer derartigen Minderung der Hinterziehungsbeträge führen, dass insoweit der Schuldspruch entfiele (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 313 mwN).
75
Der Umstand, dass das Landgericht die gebotene Gewerbesteuerrückstellung mit Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13. Februar 2008 - I B 175/07 noch nicht bei der Bestimmung des tatbestandsmäßigen Schuldumfangs, sondern erst bei der Strafzumessung berücksichtigt hat, beschwert den Angeklagten S. nicht. Es bleibt daher für ihn ohne nachteilige Auswirkung, dass die vom Landgericht herangezogene Entscheidung nicht die vorliegende Rechtsfrage betrifft. Im Steuerstrafrecht ist bei Bestimmung des tatbestandsmäßigen Verkürzungsumfangs als Vergleichsgröße zur festgesetzten Steuer die Steuer zugrunde zu legen, die der Steuerpflichtige geschuldet hätte, wenn er zutreffende Angaben gemacht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04, wistra 2005, 144, 145). Dem steht vorliegend auch nicht das Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) entgegen, weil die Bildung der Gewerbesteuerrückstellung in unmittelbarem Zusammenhang mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen steht. Der Vorteil hätte dem Angeklagten S. bei wahrheitsgemäßen Angaben ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 312 mwN).
76
2. Im Hinblick auf die Verfolgungsbeschränkung gemäß § 154a StPO kann auch der Einzelstrafausspruch im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Durch die Verfolgungsbeschränkung hat sich der Schuldumfang in diesem Tatkomplex verringert. Der Senat kann nicht ausschließen , dass das Landgericht ohne den Vorwurf der Beihilfe zur Untreue und damit allein für den Betrug gegenüber der Siemens AG eine niedrigere - wenn auch, schon wegen des verübten Betrugs in Millionenhöhe, nicht unangemessen erscheinende - Einzelstrafe als drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe verhängt hätte. Dies und die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen des Tatkomplexes III. 4 der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung in fünf Fällen; vgl. vorstehend V.1.) zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
77
3. Die Urteilsfeststellungen können bestehen bleiben, da sie von den Fehlern in der Rechtsanwendung, die zur Teilaufhebung des Strafausspruchs führen, nicht betroffen sind. Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen.

VI.


78
Eine Erstreckung der Schuldspruchänderung und der Aufhebung des Strafausspruchs auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten Fe. findet nicht statt, weil sich die Änderung des Schuldspruchs allein aus der Verfolgungsbeschränkung ergibt (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 359/08 mwN).
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 156/11
vom
28. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Dem mit einem Zwangsverwaltungsverfahren befassten Rechtspfleger obliegt
eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber Gläubigern und Schuldner.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 – 4 StR 156/11 – LG Halle
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Juli 2011,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt für den Angeklagten Sch. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten N.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 22. September 2010 werden verworfen. 2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die durch die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bedingten notwendigen Auslagen der Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Untreue in Tateinheit mit Vorteilsgewährung unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von acht Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen den Angeklagten Sch. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Vorteilsannahme eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35 € verhängt. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit sachlich-rechtlichen Beanstandungen; der Angeklagte N. hat zudem Verfahrensrügen erhoben. Die Staatsanwaltschaft , deren Rechtsmittel vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, beanstandet mit Sachrügen (nunmehr) allein die Rechtsfolgenaussprüche. Keines der Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte N. ist Rechtsanwalt; er ist seit dem Jahr 2002 im Bereich der Zwangsverwaltung tätig. Der Angeklagte Sch. war von 1996 bis Ende 2007 als Rechtspfleger beim Amtsgericht N. beschäftigt; dort bearbeitete er vor allem Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren.
4
Am 4. Dezember 2002 beantragte eine Gläubigerin von Johann-Christian T. beim Amtsgericht N. unter anderem die Zwangsverwaltung über dessen Grundstück in L. , str. . Mit Beschluss vom 14. Januar 2003 ordnete der Angeklagte Sch. , in dessen Zuständigkeit die Bearbeitung dieses Antrags fiel, die Zwangsverwaltung an und bestellte den Angeklagten N. zum Zwangsverwalter, obwohl ihm in diesem Anwesen bereits zuvor vom Eigentümer unentgeltlich eine Dachgeschoßwohnung zur Nutzung überlassen worden war, die er auch in der Folgezeit - bis mindestens Ende 2007 - nutzte, ohne hierfür Miete bzw. eine sonstige Nutzungsentschädigung und Betriebskosten an den Zwangsverwalter zu bezahlen. Der Angeklagte N. nahm das Grundstück am 21. Januar 2003 in Besitz und übte seine Verwaltertätigkeit aus. Dabei war ihm bekannt, dass der Angeklagte Sch. , der in dem Haus "nach dem Rechten sah", die Dachgeschosswohnung unentgeltlich nutzte. Dies gestattete er im Einvernehmen mit dem Angeklagten Sch. auch weiterhin, obwohl beide Angeklagte wussten, dass der Angeklagte Sch. auch unter Berücksichtigung seiner Dienste Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung zu entrichten und die Betriebskosten zu tragen gehabt hätte. Der Angeklagte Sch. hielt den Angeklagten N. zu keinem Zeitpunkt dazu an, ihn als Nutzer der Immobilie zu erfassen und bei ihm Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung und die Betriebskosten einzufordern. Der Angeklagte N. sah von der Geltendmachung dieser Ansprüche ab, "weil er sich hierfür ein Gewogensein des Angeklagten Sch. im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach. Davon ging auch der Angeklagte Sch. aus." Eine Umsetzung dieser "stillschweigenden Übereinkunft" über die kostenlose Überlassung der Wohnung hinaus vermochte die Strafkammer allerdings nicht festzustellen.
5
Zwischen Februar 2003 und November 2007 entgingen dem Zwangsverwalter bzw. der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst infolge der kostenlosen Nutzung der Wohnung durch den Angeklagten Sch. insgesamt 8.408,84 € (108,50 €/Monat Kaltmiete und 36,48 €/Monat Betriebs- kosten).

II.


6
Die Rechtsmittel der Angeklagten haben keinen Erfolg. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in den Antragsschriften vom 26. April 2011 bemerkt der Senat:
7
1. Die Schuldsprüche wegen Untreue weisen keinen Rechtsfehler auf. Insbesondere ist das Landgericht bei beiden Angeklagten zu Recht vom Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht ausgegangen.
8
a) Nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte N. nach § 266 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
9
Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben , wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflicht zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung, ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN).
10
Eine solche Vermögensbetreuungspflicht - wie auch seine Garantenstellung gegenüber der Gläubigerin von Johann-Christian T. und diesem selbst - bestand für den Angeklagten N. aufgrund von §§ 152, 154 ZVG in Verbindung mit dem Beschluss über seine Bestellung zum Zwangsverwalter.
11
Bereits das Reichsgericht (Urteil vom 16. Oktober 1905 - Rep. 426/05, RGSt 38, 190) hat den Zwangsverwalter zu den "kraft öffentlichrechtlicher Verpflichtung zu besonderer Treue verbundenen Personen" gerechnet und ihm eine Vermögensbetreuungspflicht auferlegt. Hieran hat sich nichts geändert. Denn aus §§ 152, 154 ZVG ergibt sich, dass der Zwangsverwalter eines Grundstücks fremdes Vermögen im Interesse aller Beteiligten, also insbesondere der Gläubiger und Schuldner (§ 9 ZVG), treuhänderisch verwaltet (vgl. Böttcher/Keller in Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 152 Rn. 5; ebenso zur Stellung des Vergleichsverwalters: BGH, Urteil vom 26. Juli 1960 - 1 StR 248/60; zum Kon- kurs- und Insolvenzverwalter: BGH, Urteile vom 14. Februar 1955 - 3 StR 459/54; vom 14. Januar 1998 - 1 StR 504/97, NStZ 1998, 246, 247; zu diesen auch SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 13, 33, Borchardt in Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 2. Aufl., § 266 StGB Rn. 1, 9 ff. jeweils mwN). Diesen gegenüber ist er - selbständig und nach pflichtgemäßem Ermessen handelnd (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003, BGBl. I S. 2804 [gültig ab 1. Januar 2004] - im Folgenden: ZwVwV, bzw. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970, BGBl. I S. 185 [gültig bis 31. Dezember 2003] - im Folgenden: ZVwVergV) - für die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen verantwortlich (§ 154 Satz 1 ZVG). Zu diesen Pflichten gehört es auch und insbesondere, das Grundstück "ordnungsgemäß zu benutzen" (§ 152 Abs. 1 ZVG). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, unterlässt er es also, alle möglichen Nutzungen zu ziehen (OLG Köln, Beschluss vom 25. Juni 2006 - 2 U 39/07; Böttcher/Keller aaO § 152 Rn. 19), also beispielsweise das Grundstück durch Vermietung nutzbar zu machen (Böttcher /Keller aaO § 152 Rn. 20, 32; zur Umwandlung von unentgeltlichen Überlassungsverträgen in ein Miet- oder Pachtverhältnis: Drasdo NJW 2011, 1782, 1784 mwN) und den Mietzins einzuziehen (OLG Köln aaO) oder zu niedrige Mieten anzuheben (KG, Urteil vom 12. Januar 1978 - 12 U 2661/77, MDR 1978, 586; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, § 152 Rn. 3), so haftet er für den hierdurch den Gläubigern bzw. dem Schuldner entstandenen Schaden nach § 154 ZVG (vgl. OLG Köln aaO, KG aaO; ferner Böttcher/Keller aaO § 154 Rn. 3b).
12
Auf dieser Grundlage hat der Angeklagte N. durch das Unterlassen des Forderns und Einziehens des Mietzinses bzw. einer Nutzungsentschädigung und der Betriebskosten beim Angeklagten Sch. seine Pflichten als Zwangsverwalter verletzt, hierdurch seine Vermögensbetreuungspflicht missachtet und die Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesen selbst geschädigt (vgl. OLG Köln aaO, ferner HansOLG Bremen, Urteil vom 5. Dezember 1988 - Ss 85/87, NStZ 1989, 228; SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 33 mwN).
13
b) Auch die Verurteilung des Angeklagten Sch. wegen Untreue weist keinen Rechtsfehler auf.
14
aa) Ihm oblag ebenfalls eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst.
15
Nach § 153 ZVG hat der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 Buchst. i RPflG) des Vollstreckungsgerichts unter anderem die Geschäftsführung des Verwalters zu beaufsichtigen. Ihm kommt diesem gegenüber eine "verfahrensbeherrschende Stellung" zu (Böttcher/Keller aaO § 153 Rn. 1). Zwar handelt der Verwalter grundsätzlich selbständig und eigenverantwortlich, jedoch ist das Vollstreckungsgericht berechtigt und verpflichtet, den Verwalter zu leiten und im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit festgestellte Pflichtwidrigkeiten abzustellen (vgl. Böttcher/Keller aaO § 153 Rn. 5). Diese Pflichten berühren nicht nur allgemeine Interessen der Gläubiger und Schuldner; sie betreffen vielmehr auch deren Vermögensinteressen. Denn die Aufsichtspflicht des Rechtspflegers bezieht sich insbesondere auf die treuhänderische Tätigkeit des Zwangsverwalters und die diesem obliegende Pflicht zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen der Gläubiger und des Schuldners. Hierzu kann und muss der Rechtspfleger dem Zwangsverwalter gegebenenfalls auch (Einzel-)Anweisungen erteilen, die - wie der Generalbundesanwalt mit zahlreichen weiteren Beispielen ausgeführt hat - etwa Mietverträge betreffen können (§§ 6, 10 Abs. 1 Nr. 2 ZwVwV bzw. § 6 ZVwVergV). Solchen Anweisungen muss der Zwangsverwalter folgen, er ist an sie gebunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV bzw. § 1 Abs. 1 Satz 2 ZVwVergV).
16
Angesichts dieser Stellung und Aufgaben des Rechtspflegers in Zwangsverwaltungsverfahren oblag dem Angeklagten Sch. gegenüber der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB (vgl. zum Rechtspfleger in Nachlasssachen ebenso BGH, Urteil vom 25. Februar 1988 - 1 StR 466/87, BGHSt 35, 224, 227, 229 = JZ 1988, 881 m. Anm. Otto; zum Gerichtsvollzieher: RGSt 61, 228, 229 ff.; BGH, Beschluss vom 7. Januar 2011 - 4 StR 409/10, NStZ 2011, 281, 282). Dem steht nicht entgegen, dass der Angeklagte Sch. - weil selbst betroffen (vgl. § 10 RPflG i.V.m. § 41 Nr. 1 ZPO) - in dem Zwangsverwaltungsverfahren gar nicht hätte tätig werden dürfen; denn das Verbot, in eigener Sache tätig zu werden, schließt ein gleichwohl bestehendes Treueverhältnis nicht aus (so bereits RGSt 72, 347, 348).
17
bb) Gegen die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht hat der Angeklagte Sch. verstoßen, da er den Zwangsverwalter nicht dazu anhielt, bei ihm selbst Miete bzw. Nutzungsentschädigung und Betriebskosten einzufordern.
18
Zwar genügt die bloße Verletzung einer nicht zumindest auch den fremden Vermögensinteressen dienenden Dienstpflicht nicht für eine Verurteilung wegen Untreue (vgl. RGSt 61, 228, 231 [zum Gerichtsvollzieher]; SSWStGB /Saliger § 266 Rn. 32 mwN; für den Nachlassrechtspfleger auch Otto JZ 1988, 883, 884). Jedoch ist eine Normverletzung pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm wie hier - wenigstens auch, und sei es mittelbar - vermögensschützenden Charakter hat (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 300 f.).
19
cc) Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch den Angeklagten Sch. hat bei der Gläubigerin von Johann-Christian T. bzw. diesem selbst auch zu einem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geführt.
20
Insofern ist ohne Bedeutung, dass es - wie die Revision einwendet - denkbar ist, dass der Zwangsverwalter Anweisungen des Rechtspflegers entgegen seiner Pflicht nicht folgt. Bei einer - wie vorliegend - rechtmäßigen und in der Sache gebotenen Anweisung steht eine solche ohne jeglichen Anhaltspunkt in den Raum gestellte, lediglich denkbare Annahme der Bejahung des erforderlichen Zusammenhangs zwischen dem pflichtwidrigem Tun und dem Erfolg nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087, 1091).
21
Auch soweit für eine Verurteilung wegen Untreue gefordert wird (dies in Frage stellend: BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, NJW 2011, 1747, 1751; dagegen beispielsweise SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 83, 84), dass der Vermögensnachteil unmittelbar durch die Pflichtverletzung ausgelöst worden sein muss, fehlt es hieran nicht. Denn ein über den Zurechnungszusammenhang hinausgehendes Unmittelbarkeitserfordernis zwischen Pflichtwidrigkeit und Nachteil steht weder in Fällen der mittelbaren Täterschaft noch in dem hier vom Landgericht angenommenen Fall der Mittäterschaft in Frage. Auch bei der vom Generalbundesanwalt angenommenen Alleintäterschaft des Angeklagten Sch. liegt in dem Unterlassen der Anweisung an den Zwangsverwalter , die gegen ihn selbst bestehenden Forderungen geltend zu machen, aufgrund der Bindung des Zwangsverwalters an eine solche Anweisung zumindest eine unmittelbare schadensgleiche Vermögensgefährdung (vgl. für Schäden , die sich gleichsam von selbst vollstrecken: SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 75; zur Untreue durch Nicht-Erfüllung von Aufsichtspflichten: ders. Rn. 33 jeweils mwN).
22
2. Die Verurteilungen der Angeklagten wegen Vorteilsgewährung bzw. Vorteilsannahme weisen ebenfalls keine Rechtsfehler auf.
23
Die nach §§ 331, 333 StGB erforderliche Unrechtsvereinbarung liegt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vor. Denn nach der Neufassung dieser Tatbestände werden auch die Fälle erfasst, in denen durch einen Vorteil nur das generelle Wohlwollen und die Geneigtheit des Amtsträgers erkauft bzw. "allgemeine Klimapflege" betrieben wird, wobei allerdings zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen muss, dass der Vorteil nach dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat, also Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die künftige Dienstausübung Einfluss zu nehmen und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 15 f. mwN).
24
Dies ist vorliegend gegeben, weil sich der Angeklagte N. ein "Gewogensein des Angeklagten Sch. [gerade] im Rahmen dessen dienstlicher Tätigkeit versprach" (UA 47). Im Einvernehmen hiermit sollte der Angeklagte Sch. als für das Zwangsverwaltungsverfahren zuständiger Rechtspfleger , mithin als "das Vollstreckungsgericht" und als Amtsträger, handeln (vgl.
auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1988 - 1 StR 466/87, BGHSt 35, 224, 230 f. = JZ 1988, 881 m. Anm. Otto).
25
Der gewährte bzw. entgegengenommene Vorteil, nämlich die unentgeltliche Nutzung der Wohnung während der von ihm angeordneten Zwangsverwaltung , stellt auch einen Vorteil im Sinne der §§ 331, 333 StGB dar. Denn hierunter ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 StR 260/08, BGHSt 53, 6, 11 mwN).

III.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls keinen Erfolg.
26
Der Revisionsführerin ist zwar zuzugeben, dass die gegen die Angeklagten verhängten Strafen außerordentlich milde sind. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist jedoch in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung , gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN). Auch die Frage, welchen Umständen der Tatrichter bei der Strafrahmenwahl bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2010 - 2 StR 498/09).
27
Die Grenze des Vertretbaren und damit den ihm eingeräumten Spielraum hat das Landgericht bei der Festsetzung der Strafen gegen die Angeklagten noch nicht überschritten. Einen durchgreifenden Rechtsfehler weist die Strafzumessung - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 26. April 2011 dargelegt hat - letztlich nicht auf. Dies gilt auch für die NichtVerhängung eines Berufsverbots gegen den Angeklagten N. .
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 438/12
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. März 2013 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 25. April 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Rostock zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Beanstandungen des Verfahrens kommt es deshalb nicht an.
2
1. Das Landgericht hält den Angeklagten, einen Rechtsanwalt, einer Untreue zum Nachteil der Sparkasse S. (im Folgenden: S. ) für schuldig, weil er eine von vorneherein aussichtslose Widerklage erhoben habe. Zusammengefasst hat es folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Die Rechtsanwaltskanzlei des Angeklagten nahm seit dem Jahre 2001 regelmäßig Mandate für die S. wahr. Diese geriet im Jahre 2003 in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Die Meinungsverschiedenheiten, die sich auf der Suche nach einem Weg aus der Krise daraus zwischen dem Verwaltungsrat und den damaligen Vorständen der S. , den Zeugen B. und St. , entwickelten, endeten damit, dass der Verwaltungsrat die Abberufung der Vorstände B. und St. beschloss. Mit Schreiben vom 27. November 2003 erklärte der hierzu vom Verwaltungsrat ermächtigte Verwaltungsratsvorsitzende, der gesondert verfolgte L. , die fristlose Kündigung der Anstellungsverträge. Hiergegen setzten sich die Zeugen B. und St. vor dem Landgericht Stralsund zur Wehr.
4
In der Folgezeit beauftragten L. und der neue Vorstandsvorsitzende der S. Ba. die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. & T. GmbH (im Folgenden: D & T) mit der Überprüfung des Kredit- und Wertpapiergeschäfts sowie der personalpolitischen Maßnahmen der früheren Vorstände B. und St. . In ihrem Gutachten vom 15. Dezember 2004 kam die D & T zu dem Ergebnis, dass der S. unter den Vorständen B. und St. in den genannten Geschäftsbereichen seit dem Jahre 2002 jeweils Verluste in Höhe von mehreren Millionen Euro entstanden seien. Eventuelle zivil- und strafrechtliche Konsequenzen seien einer rechtlichen Prüfung vorzubehalten.
5
Auf der Grundlage dieses Gutachtens erteilten L. sowie die Vorstände der S. Dr. Sch. und K. , dieser als Vertreter für den Vorstandsvorsitzenden Ba. , der Kanzlei des Angeklagten die Vollmacht zur Erhebung einer auf den Ausgleich der insgesamt entstandenen Verluste gerichteten Widerklage gegen die Zeugen B. und St. . Unter dem 27. Dezember 2004 erhob der Angeklagte dementsprechend eine Widerklage auf Zahlung von 18.748.000 €. In seiner Widerklageschrift übernahm der Angeklagte weitge- hend nahezu wörtlich die Ausführungen aus dem Gutachten von D & T. Mit Anwaltsschreiben an den neuen Vorstandsvorsitzenden H. vom 22. August 2005 boten B. und St. einen Vergleich an. Dieser wurde von der Sparkasse ohne Mitwirkung des Angeklagten abgelehnt. Mit Urteil vom 13. Juni 2007 wies das Landgericht Stralsund die Widerklage ab. Zur Begründung führte es aus, es fehle an einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht des Angeklagten ; hierfür sei ein Beschluss des Verwaltungsrats der S. erforderlich gewesen. Im Übrigen sei die Widerklage auch unbegründet, da keine Pflichtverletzungen der ehemaligen Vorstände B. und St. festgestellt werden könnten.
6
Die Sparkasse entzog dem Angeklagten sodann das Mandat. Der Verwaltungsrat beschloss am 14. September 2007, die Erhebung der Widerklage zu genehmigen und gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund Berufung einzulegen , jedoch auf Vorschlag des neuen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt F. begrenzt auf eine Schadenssumme von 5.000.000 €. Mit Beschluss vom 30. Mai 2008 wies das Oberlandesgericht Rostock das Rechtsmittel zurück. Die geänderte Schadensberechnung stelle eine unzulässige Klageänderung dar. Der Schadensersatzanspruch sei im Übrigen auch in der Sache nicht begründet.
7
Das Landgericht ist der Auffassung, dass sich der Angeklagte danach der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB strafbar gemacht. Er habe, wie die Strafkammer weiter festgestellt hat, die Widerklage erhoben, obwohl er gewusst habe, dass diese keine Aussicht auf Erfolg gehabt und zudem nicht die Möglichkeit bestanden habe, im Falle des Obsiegens die Forderung über den von einer Versicherung abgedeckten Betrag von 5.000.000 DM hinaus zu reali- sieren. Dem Angeklagten, dem gegenüber der S. aufgrund seiner Stellung als weitgehend selbständig für diese tätiger Rechtsanwalt eine Vermögensfürsorgepflicht oblegen habe, sei es darum gegangen, durch die Erhebung der Widerklage Gebühreneinkünfte zu erzielen, auf die er in einer äußerst schwierigen finanziellen Situation dringend angewiesen gewesen sei.
8
2. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn die Voraussetzungen des hier allein in Betracht kommenden § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB sind durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht belegt. Diesen lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass den Angeklagten bei Erhebung der Widerklage eine hierauf bezogene Vermögensbetreuungspflicht im Sinne der Vorschrift gegenüber der S. traf.
9
a) Voraussetzung des Treubruchstatbestandes gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist die tatsächliche Einwirkungsmacht auf fremdes Vermögen, der ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Wegen der Weite des Tatbestandes sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Diese muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist, dass sich die Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spiel- raums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 208 ff.; BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN).
10
Der nähere Inhalt des so umschriebenen Treueverhältnisses ergibt sich, wenn er - wie hier allein in Betracht kommend - auf einem Rechtsgeschäft beruht , regelmäßig aus dem allgemeinen Zivil- oder Gesellschaftsrecht (BGH, Urteil vom 13. April 2010 - 5 StR 428/09, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 47). Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 darstellt, Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird. Maßgebend für die Abgrenzung sind insoweit Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 22).
11
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Rechtsprechung die zivilrechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB einzuordnende Rechtsbeziehung zwischen einem mit der Führung eines bürgerlichen Rechtsstreits beauftragten Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber grundsätzlich als Rechtsverhältnis angesehen, das für den Rechtsanwalt Treuepflichten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründen kann. Sie hat jedoch ausdrücklich offen gelassen , ob dies immer der Fall ist und im Zusammenhang mit der Beauftragung des Rechtsanwalts zur Einziehung und Durchsetzung von Forderungen auf den Einzelfall abgestellt (BGH, Urteile vom 29. April 1960 - 4 StR 544/59, NJW 1960, 1629; vom 6. Februar 1961 - AnwSt (R) 3/60, BGHSt 15, 372; vom 11. November 1982 - 4 StR 406/82, NJW 1983, 461). Danach wurde eine strafbewehrte Pflicht zur Betreuung fremden Vermögens etwa unter der Voraussetzung angenommen, dass der Rechtsanwalt eine Geldforderung von beträchtlicher Höhe geltend zu machen hatte, er damit wegen seiner besonderen Sachkunde betraut war, es ihm überlassen war, wie er die Forderung durchsetzte, er an besondere Weisungen oder Beschränkungen nicht gebunden und zum Abschluss eines Vergleichs ermächtigt war (BGH, Urteil vom 11.November 1982 - 4 StR 406/82, NJW 1983, 461).
12
b) Nach diesen Maßstäben, von denen auch das Landgericht ausgeht, belegen die Feststellungen die Verletzung einer selbständigen Pflicht des Angeklagten , das Vermögen der S. zu betreuen, nicht.
13
Die Urteilsgründe teilen bereits Näheres zu Zustandekommen, Inhalt und Ausgestaltung des Mandatsverhältnisses zwischen dem Angeklagten und der S. nicht mit. Ihnen ist daher nicht zu entnehmen, dass dem Angeklagten die Entscheidung über das "ob" und "wie" der Widerklage zur selbstverantwortlichen Umsetzung nach eigener Beurteilung übertragen worden war. Eine derartige Selbständigkeit ergibt sich auch nicht aus ihrem Zusammenhang. Der festgestellte Kontext der Widerklageerhebung spricht im Gegenteil eher dagegen, dass der Angeklagte im Zusammenhang hiermit über einen Freiraum verfügte, der ausreichte, um eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB begründen zu können. So holte die S. vor Erhebung der Widerklage ein Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein. Der Inhalt der Widerklage beruhte sodann nicht auf Vorgaben des Angeklagten, sondern folgte ganz weit- gehend den dortigen Ausführungen. Hinzu kommt, dass die S. mit den Widerbeklagten während des erstinstanzlichen Zivilverfahrens über eine einverständliche Beendigung des Rechtsstreits verhandelte, ohne dass der Angeklagte hiervon überhaupt wusste und in die Vergleichsverhandlungen eingebunden war.
14
Demgegenüber tragen die vom Landgericht für eine selbständige Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten angeführten Argumente nicht. Der Umstand, dass der Angeklagte bis Ende 2004 in zumindest acht weiteren Verfahren für die S. tätig war und dort als "Haus- und Hofanwalt" angesehen wurde, verliert vor dem Hintergrund des herausragenden Umfangs und der besonderen Bedeutung der hier in Rede stehenden Widerklage sowie der konkreten Umstände ihres Zustandekommens, Inhalts und der Betreibung des Verfahrens durch die S. entscheidend an Bedeutung. Mit Blick hierauf wird auch weder eine enge Einbindung des Angeklagten in die Abläufe vor der Erhebung der Widerklage noch gar eine Selbständigkeit allein dadurch belegt, dass der Angeklagte an einem Gespräch teilnahm, in dem die ausreichende Bevollmächtigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft diskutiert wurde. Ein eigener Freiraum des Angeklagten bei der Verfolgung der widerklagend geltend gemachten Schadensersatzansprüche lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Zeuge Dr. Sch. die Vollmacht für die Erhebung der Widerklage nur deshalb unterzeichnete, weil der gesondert verfolgte L. ihm erklärte, dies sei nicht mit besonderen Kosten verbunden; denn es ist nicht einmal festgestellt , dass dem Angeklagten - der an diesem Gespräch nicht teilnahm - diese Aussage überhaupt bekannt war, geschweige denn, dass sie auf seine Initiative hin getätigt wurde. Schließlich belegt auch der nach Auffassung der Strafkammer unzutreffende Hinweis des Angeklagten auf eine drohende Verjährung der Schadensersatzansprüche dessen selbständigen Beurteilungs- spielraum nicht. Diesem Umstand lässt sich eher entnehmen, dass die Entscheidung über das Ob der Widerklage in der Sache von den Verantwortlichen der S. getroffen wurde. Sollte der Hinweis des Angeklagten tatsächlich inhaltlich unrichtig gewesen sein, ist dieser Umstand gegebenenfalls in erster Linie bei der Beurteilung von Bedeutung, ob das Verhalten des Angeklagten als pflichtwidrig anzusehen ist.
15
3. Danach kann dahinstehen, ob die Mandatierung der Kanzlei des Angeklagten durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrats und zwei Vorstandsmitglieder der S. die Voraussetzungen eines den Tatbestand ausschließenden Einverständnisses erfüllt, wie die Ablehnung des während des erstinstanzlichen Verfahrens unterbreiteten Vergleichsangebots rechtlich zu würdigen und ob der Vorsatz des Angeklagten rechtsfehlerfrei dargetan ist. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 18. Januar 2013. Das neue Tatgericht wird allerdings gegebenenfalls auch diese Gesichtspunkte in den Blick und daneben Bedacht darauf zu nehmen haben, wie sich die Genehmigung der Erhebung der Widerklage durch den Verwaltungsrat der S. sowie die Fortführung des Rechtsstreits in zweiter Instanz - wenn auch mit Modifizierungen bei der Höhe des geltend gemachten Schadens - auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat auswirken.
16
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2 StPO Gebrauch.
Tolksdorf Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

(1) Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 107 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4, §§ 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 des Aktiengesetzes, § 124 Abs. 3 Satz 2, §§ 170, 171, 394 und 395 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.

(2) Ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt die Gesellschafterversammlung für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest, es sei denn, sie hat dem Aufsichtsrat diese Aufgabe übertragen. Ist nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Wird für den Aufsichtsrat oder unter den Geschäftsführern die Zielgröße Null festgelegt, so ist dieser Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

(3) Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gilt § 37 Abs. 4 Nr. 3 und 3a des Aktiengesetzes entsprechend. Die Geschäftsführer haben bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einzureichen; das Gericht hat nach § 10 des Handelsgesetzbuchs einen Hinweis darauf bekannt zu machen, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist.

(4) Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
____________________
Vergibt der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus deren Vermögen Zuwendungen
zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die Annahme
einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB
nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese muß vielmehr gravierend
sein.
Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer Gesamtschau
insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: Fehlende
Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags
- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen
sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liegt
eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor.
BGH, Urt. vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01 - LG Offenburg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 215/01
vom
6. Dezember 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. Dezember 2001 in der Sitzung am 6. Dezember 2001, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten K.
- in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Justizangestellte und
Justizangestellte
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 29. Dezember 2000 im Ausspruch über die Gesamtgeldstrafen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Untreue in zehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 150 DM verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen Untreue in vier Fällen und wegen Anstiftung zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 200 DM verurteilt und ihn wegen eines weiteren Teilkomplexes freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Eine im Revisionsverfahren vorgenommene
Verfahrensbeschränkung führt zur Aufhebung der Gesamtgeldstrafen; im übrigen sind die Revisionen nicht begründet.

A.


Der Angeklagte K. war von 1973 bis Oktober 1998 Vorstandsvorsitzender der Südwestdeutschen Verkehrs AG (künftig: SWEG) mit Sitz in Lahr. Alleinaktionär der Gesellschaft ist das Land Baden-Württemberg. Das Tätigkeitsgebiet des Verkehrsunternehmens erstreckt sich von Lörrach über die Ortenau und das Rhein-Neckar-Gebiet bis nach Bad Mergentheim. Zur wirtschaftlichen Lage hat das Landgericht festgestellt:
Das Stammkapital betrug am 14. September 1971 5.081.000,00 DM. Im Dezember 1991 erfolgte eine Erhöhung auf 10.081.000,00 DM. 1992 und 1993 wies die SWEG ausweislich den Gewinn- und Verlustrechnungen jährliche Fehlbeträge von 10 bzw. 5,4 Mio. DM auf, 1994 wurde dann ein Jahresüberschuß von 253.000,00 DM erwirtschaftet, der 1995 auf 284.000,00 DM und 1996 auf 351.000,00 DM gesteigert werden konnte. 1992 betrug die ausgewiesene Bilanzsumme 166 Mio. DM, 1996 173 Mio. DM. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte jährliche Bilanzverlust verringerte sich von 13,5 Mio. DM im Jahr 1992 über 8,6 Mio. DM auf rd. 4 Mio. DM zum Jahresende 1996.
Der Angeklagte S. war seit 1989 Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, wechselte 1992 als Minister ins Verkehrsministerium und wurde ab 1996 nach der Vereinigung zweier Ministerien Umwelt- und Ver-
kehrsminister. In seiner Eigenschaft als Verkehrsminister wurde er turnusmäßig zum 1. Januar 1996 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der SWEG gewählt. Von dem Ministeramt trat er im Oktober 1998 zurück und ist heute als Rechtsanwalt in Reutlingen tätig.
Der Angeklagte S. war seit November 1995 auch Präsident des Sportvereins SSV Reutlingen. Der Verein hatte seit 1993 finanzielle Probleme. Bereits in den 80er Jahren hatte der Angeklagte eine Vielzahl von Sponsoren aus dem Bereich der Wirtschaft dazu gebracht, dem Verein Darlehen oder Spenden zukommen zu lassen.

B.


I.


Zu dem Komplex II. 1a bis c (SSV Reutlingen) hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
1. Mitte des Jahres 1995 trat der Angeklagte S. an den Angeklagten K. als Vorstandsvorsitzenden der SWEG heran und forderte ihn zu einer Spende für den SSV Reutlingen auf. Zu dieser Zeit stand bereits fest, daß der Angeklagte S. in absehbarer Zeit turnusmäßig den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden bei der SWEG übernehmen würde. Der Angeklagte K. ließ daraufhin einen Betrag von 25.000 DM von der Hauptkasse der SWEG auf das Konto der Sekretariatskasse überweisen, die überwiegend für Barausgaben für die Mitglieder des Aufsichtsrats und ähnliche Aufwendungen
bestimmt war. Die Sekretariatskasse lief nicht über die Hauptbuchhaltung. Seine Sekretärin hob einen Betrag von 20.000 DM ab und der AngeklagteK. übergab dem Angeklagten S. das Geld, das - wie dieser wuûte - aus dem Vermögen der SWEG stammte, in einem neutralen Briefumschlag in einem Hotel in Reutlingen. Dem Angeklagten S. war bewuût, daû allein seine Aufforderung den Angeklagten K. zu der Spende veranlaûte, weil K. sich ihm als Verkehrsminister und künftigen Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewogen zeigen und ihm einen Gefallen erweisen wollte. Der Angeklagte K. lieû zur Verbuchung des Betrages für die Hauptkasse einen Beleg mit dem Vermerk: “Zuwendung für Jugendarbeit des SSV Reutlingen” erstellen. Der Angeklagte S. hinterlegte die 20.000 DM in zwei Briefumschlägen in dem Hotel in Reutlingen, wo sie von einer Mitarbeiterin des Reutlinger Wochenblattes , dessen Anzeigenleiter für die Herausgabe der Stadionzeitung und Werbemaûnahmen verantwortlich war, abgeholt wurde. Die Briefe wurden in den Verlagsräumen in das Fach des SSV Reutlingen gelegt, wo sie von nicht näher festzustellenden Verantwortlichen des Vereins abgeholt wurden. Die weitere Verwendung der Gelder konnte nicht aufgeklärt werden; in den Geschäftsbüchern des Vereins erfolgte keine Verbuchung.
2. Im Januar 1996 war der Angeklagte S. zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der SWEG gewählt worden. Er erbat vom Angeklagten K. eine weitere Zahlung von 15.000 DM für den Sportverein. Der Angeklagte K. wollte dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden wiederum einen Gefallen erweisen. Die Beschaffung des Betrages erfolgte erneut über das Konto der Sekretariatskasse. Der Angeklagte K. übergab das Geld in bar an den Angeklagten S. in einem Restaurant in Freudenstadt. Auf dem Beleg für die Buchhaltung war als Zweck auch diesmal die Jugendarbeit des SSV Reutlin-
gen vermerkt. Tatsächlich kam der Betrag dem Verein nur auf Umwegen zugute. Der Angeklagte S. schenkte den Betrag einem Gönner des Vereins , der dem Verein Darlehen in groûer Höhe gewährt hatte. Da dieser Förderer sein Engagement 1995 deutlich reduziert hatte, dienten die 15.000 DM dazu , den Mäzen dem Verein gegenüber wieder geneigter zu stimmen.
3. Im Juni 1997 trat der Angeklagte S. an den Angeklagten K. erneut wegen einer Spende von 10.000 DM heran, die auch diesmal vom Angeklagten K. aus der Hauptkasse über das Konto der Sekretariatskasse beschafft wurde. In einem weiteren Vermerk hielt er fest, daû 10.000 DM dem SSV Reutlingen für die Jugendarbeit zugewendet worden seien. Tatsächlich händigte der Angeklagte S. den Betrag einem weiteren Mäzen aus, um diesen dem Verein gegenüber wieder geneigter zu stimmen, da auf ein gewährtes Darlehen vom Verein keine Rückzahlungen geleistet worden waren. Die anderen Funktionäre des Vereins erfuhren von dieser Zahlung nichts, in der Buchhaltung des Vereins ist der Betrag als teilweise Kreditrückführung nicht enthalten.

II.


Den strafrechtlichen Vorwurf der Untreue leitet die Strafkammer hinsichtlich des Angeklagten K. daraus her, daû er seine Befugnisse als Vorstandsvorsitzender der SWEG miûbraucht habe. Er habe die Zahlungen an den SSV Reutlingen aus Mitteln der SWEG nur deshalb getätigt, um dem damaligen Verkehrsminister und späteren Aufsichtsratsvorsitzenden einen Gefallen zu tun; deshalb sei die von ihm vertretene SWEG bei keiner Geldübergabe in Erscheinung getreten und die Empfänger der Gelder hätten von der
wahren Person des Spenders nichts erfahren. Dem Angeklagten stehe zwar aufgrund seiner Leitungsbefugnis als Vorstand einer Aktiengesellschaft für sein unternehmerisches Handeln ein Ermessensspielraum zu (§ 76 AktG). Dazu könnten auch Spenden der Aktiengesellschaft für wissenschaftliche, künstlerische oder sportliche Zwecke u.a. gehören. Dabei müûten immer die Interessen der Anteilseigner der Gesellschaft gewahrt sein. Dies sei aber nur der Fall, wenn die Zuwendungen einen betrieblichen Bezug hätten.
Der Angeklagte S. sei im Fall II. 1a der Anstiftung zur Untreue schuldig, weil er den Angeklagten K. zu der ersten Zahlung bestimmt habe. Dieser habe sich zu der Zahlung verleiten lassen, weil der seinerzeitige Verkehrsminister und Angeklagte S. als Vorsitzender des Aufsichtsrats vorgesehen und für das Verkehrsunternehmen SWEG von erheblicher Bedeutung gewesen sei. Nachdem der Angeklagte S. Aufsichtsratsvorsitzender geworden war und den Angeklagten K. zu zwei weiteren Zahlungen veranlaût habe, habe er gegen seine Aufsichtsratspflichten nach § 116 AktG verstoûen , indem er kollusiv mit dem Vorstandsvorsitzenden zum Nachteil der Gesellschaft zusammengewirkt habe.

III.


Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten, die Auffassung der Strafkammer , wonach Ausgaben der SWEG für unternehmensfremde Zwecke nur dann statthaft seien, wenn ihnen ein betrieblicher Bezug jedenfalls unter dem Aspekt von ”public relations” für das Unternehmen zukomme, werde dem Geschäftsführungsermessen des Vorstands nicht gerecht. Es sei selbstverständlich , daû eine Aktiengesellschaft unter Werbeaspekten auch hohe Ausgaben
für das Sponsoring von Sportlern oder Sportvereinen tätigen dürfe. Der Aspekt des Vorteils für das Unternehmen sei jedoch nicht allein maûgeblich. Eine Aktiengesellschaft dürfe auch “non-profit-Ausgabenº tätigen, und zwar auch dann, wenn sie nicht nach auûen in Erscheinung trete. Dabei dürften auch persönliche Präferenzen eine Rolle spielen.
Hiervon unabhängig habe jedenfalls die erste Zahlung von 20.000 DM zugunsten des SSV Reutlingen nicht zu einem Vermögensschaden bei der SWEG geführt, weil nach der festgestellten Gesamtsituation die “Landschaftspflegeº im politischen Bereich der Gesellschaft wirtschaftliche Vorteile bringen konnte, die die eingesetzten Mittel aufgewogen oder sogar weit übertroffen hätten.
Die Beanstandungen haben keinen Erfolg.

IV.


Soweit der Angeklagte K. aus dem Vermögen der SWEG Zuwendungen an den SSV Reutlingen getätigt hat, hat die Strafkammer seine Strafbarkeit nach dem Miûbrauchstatbestand des § 266 StGB beurteilt.
Als Vorstandsvorsitzender hatte der Angeklagte K. die Befugnis, über das Vermögen der SWEG zu verfügen. Zwar ist nicht ausdrücklich festgestellt, daû er im Auûenverhältnis alleinvertretungsbefugt war (vgl. § 78 Abs. 2 AktG). Das kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben. Die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten K. im Sinne des Miûbrauchstatbestands und seine Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes stimmten
hier überein (vgl. BGH NJW 1984, 2539, 2540). Hat er bei im Auûenverhältnis wirksamen Verfügungen gegen seine Vermögensbetreuungspflicht verstoûen, so hätten die Maûnahmen auch einen Verstoû gegen seine Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestands dargestellt.
1. Die gesellschaftsrechtlichen internen Pflichten des Vorstands sind von §§ 76, 93 AktG umschrieben. Nach § 76 AktG hat der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten; gemäû § 93 AktG hat er dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Weiter ins einzelne gehende Regelungen enthält das Aktiengesetz dagegen nicht. Satzungsrechtliche Konkretisierungen dieser Pflichten hat das Landgericht nicht festgestellt.

a) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Frage der Schadensersatzpflicht des Vorstandes gegenüber der Aktiengesellschaft dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens einen weiten Handlungsspielraum zugebilligt. Ohne ihn sei eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar (BGH, Urteil vom 21. April 1997 – II ZR 175/95 = BGHZ 135, 244, 253 ªARAG"; Henze NJW 1998, 3309, 3310).

b) Dieser weite Handlungsspielraum gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Vorstand als Ganzes oder einzelne seiner Mitglieder Zuwendungen leisten zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport.
In der aktienrechtlichen Diskussion ist es heute unumstritten, daû eine Beteiligung am Sozialleben durch mildtätige, politische, kulturelle oder an den Sport gerichtete Zuwendungen auch für Aktiengesellschaften im Rahmen ihrer
Geschäftstätigkeit gesellschaftsrechtlich grundsätzlich zulässig ist (nur beiläufig BGHZ 23, 150, 157; Hüffer, AktG 4. Aufl. § 76 Rdn. 14; Hopt in Groûkomm. AktG 4. Aufl. § 93 Rdn. 120; Mertens in Kölner Kommentar zum AktG 2. Aufl. § 76 Rdn. 32; Fleischer AG 2001, 171, 175; Mertens AG 2000, 157 ff. zur Beteiligung von Aktiengesellschaften an der Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft: ªErinnerung, Verantwortung und Zukunft"; Kind NZG 2000, 567 ff. zur Zulässigkeit von Parteispenden durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft ; H.P. Westermann ZIP 1990, 771 ff.; Vorderwülbecke BB 1989, 505 ff. jeweils m.w.N.). Die Erscheinungsformen dieser Unternehmensförderung werden generell nach dem jeweils primär verfolgten eigennützigen, steuerlichen oder altruistischen Zweck in drei groûe Gruppen eingeteilt.
aa) Beim klassischen Sponsoring werden Geld oder geldwerte Vorteile durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen oder ähnlichen bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen vergeben, damit aber zugleich eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt. Häufig werden die gegenseitigen Leistungen von Sponsor und Gesponsortem vertraglich vereinbart (Bruhn-Mehlinger, Rechtliche Gestaltung des Sponsoring 2. Aufl. 1995 Bd I S. 3 ff.; Krome DB 1999, 2030).
bb) Dagegen erfolgt die Spendenvergabe an gemeinnützige Organisationen in der Regel ohne die Erwartung auf eine unmittelbare Gegenleistung. Die Gesellschaft kann die Aufwendung jedoch steuerlich absetzen (§ 10b EStG, § 9 KStG oder § 9 Nr. 5 GewStG).
cc) Beim Mäzenatentum erwartet der Mäzen regelmäûig keine Gegenleistung für seine Unterstützung; häufig verzichtet er auch darauf, über seine Förderung öffentlich zu sprechen.

c) Für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlich zulässigen Förderaktivitäten eines Unternehmens kommt es nicht auf die Bezeichnung an. Maûgeblich ist, wie sich die Maûnahme aufgrund der gesamten Umstände, unter denen sie vorgenommen wurde, darstellt. Dabei werden insbesondere die Motive der betroffenen Personen oder Organisationen, der Umfang der Leistungen und der Gegenleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie erbracht wurden, eine Rolle spielen (vgl. Bruhn-Mehlinger aaO S. 7).
aa) Welche Geschäftsstrategien der Vorstand einer Aktiengesellschaft bei der Vergabe derartiger Leistungen einschlagen und welche Ziele er zur Förderung des Unternehmenszweckes anstreben darf, regelt das Aktiengesetz nicht im Detail.
Gewinnstreben und Freigebigkeit werden dabei aber nicht stets als sich widersprechende, sondern durchaus als komplementäre Ziele angesehen. Würden unentgeltliche Zuwendungen ausschlieûlich wegen ihrer direkt gewinnsteigernden Zielsetzung zugelassen, so käme der Vorstand nicht umhin, die eigennützige Motivation hinter jeder Fördertätigkeit herauszustellen, weil sich deren vielberufene Werbewirkung keineswegs immer in Mark und Pfennig beziffern und schon gar nicht bilanziell abbilden läût (Fleischer aaO S. 174).
Unternehmen nutzen deshalb heute die Förderung von Kultur- oder Sportveranstaltungen für Werbezwecke, ohne daû der wirtschaftliche Nutzen
im einzelnen genau bestimmt werden kann. Gerade das Sportsponsoring dient zu einem groûen Teil der Imagewerbung von Groûunternehmen (DaimlerBenz , BMW, Deutsche Post und ihr Engagement im Automobilsport; Deutsche Telekom und der Mannschaftsradsport). So erkennt der Bundesgerichtshof unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten die Kompetenz des Vorstands des Sportartikelherstellers Adidas für das entgeltliche Sponsoring ausdrücklich an, aufgrund dessen die Gesellschaft durch den Abschluû von Lizenzverträgen mit Sportvereinen deren Namen und Logos verwerten darf, um dann einen Werbeeffekt für die eigenen Produkte zu erzielen (BGHZ 144, 290). Durch das Auftreten eines Unternehmens als Sponsor, etwa des Fuûballvereins ªBayer Leverkusenº, soll die Öffentlichkeitswirksamkeit gerade dieser Dauerverbindung genutzt werden. Auch solche Zuwendungen an Sportvereine, die nicht offen zu Werbezwecken eingesetzt werden, können als verdecktes Sponsoring den ªpublic relationsº dienen, wenn sie nach dem Grundsatz eingesetzt werden : ªTue Gutes und rede darüber" (vgl. Rittner, FS Gessler [1971] S. 139, 155; ähnlich Kind aaO S. 568).
Darüber hinaus kann und darf sich der Vorstand als Träger der Unternehmensfunktion nicht der Einsicht verschlieûen, daû die Aktiengesellschaft für ein dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften auf den Rückhalt aller Bezugsgruppen angewiesen ist. Zwischen einem rein altruistischen und einem – langfristig – egoistischen Verhalten, das auf eine für den Erfolg des Unternehmens wesentliche Umweltstabilisierung – ªgood will-Verfestigung" – zielt, wird sich daher kaum je eine scharfe Unterscheidung treffen lassen. Es ist mit den Verhaltenspflichten des Vorstands als eines ordentlichen Geschäftsleiters daher durchaus vereinbar, daû er unentgeltliche Zuwendungen allein mit dem Ziel ausreicht, die soziale Akzeptanz der Aktiengesellschaft zu verbessern, sie als
ªgood corporate citizenº darzustellen und dadurch indirekt ihr wirtschaftliches Fortkommen zu verbessern (vgl. Westermann, ZIP 1990, 771, 774). § 93 Abs. 1 AktG gewährt dabei einen breiten Spielraum unternehmerischen Ermessens dafür, auf welche Art der Vorstand Loyalität für die Gesellschaft und deren gutes Ansehen zu gewinnen trachtet. Ebensowenig wie Werbemaûnahmen für einzelne Produkte unterliegt daher die Frage, welche Form der Imagewerbung für das Gesamtunternehmen als erfolgversprechend anzusehen ist, einer gerichtlichen Kontrolle (Fleischer aaO S. 175). Dem Vorstand ist damit in der Frage, welchen Aufwand er für soziale Zwecke treibt, auf welche Gewinne er aus ethischen Gründen verzichtet und für welche sozialen, politischen und kulturellen Zwecke er Mittel der Gesellschaft einsetzt, ein breiter Ermessensspielraum zuzuerkennen.
bb) Allerdings ergibt sich für die aus der Leitungsbefugnis abgeleitete Vorstandskompetenz zur Ausreichung von Unternehmensspenden kein unbegrenzter Freiraum; vielmehr sind seinem Ermessen äuûere Grenzen gesetzt. Zu erwarten ist, daû der Vorstand auch soziale Entscheidungen mit der Sorgfalt eines pflichtbewuûten Unternehmers trifft und Vermögensopfer mit der Sorgfalt eines Treuhänders erbringt, der über Geld verfügt, das ihm nicht gehört , sondern der juristischen Person. Insbesondere darf er privaten Präferenzen (ªpet charitiesº, vgl. Fleischer aaO S. 179) keinen unangemessenen Raum geben, er hat auch insofern sorgsam zu wirtschaften, und er muû seine Entscheidung jeweils in Abwägung der ihm obliegenden Verantwortung für den Unternehmenserfolg treffen (vgl. BGHZ 135, 244, 253).
cc) Die Abgrenzung, inwieweit im Einzelfall Unternehmensinteressen verfolgt oder ob mit dem Geld der Gesellschaft ausschlieûlich Privatbelange
gefördert werden, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Vorstands. Zwar darf er mit dem Geld der Gesellschaft auch seine eigene politische Überzeugung , private Liebhaberei für Kunst und Wissenschaft oder seine Begeisterung für eine bestimmte Sparte des Sports verfolgen. Hier gilt aber: Je loser die Verbindung zwischen dem Geförderten und dem Unternehmensgegenstand, desto enger ist der Handlungsspielraum des Vorstands und desto gröûer sind die Anforderungen an die interne Publizität. Bei unentgeltlichen, nicht erkennbar mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Zuwendungen an Dritte muû sich der Vorstand an dem möglichen Nutzen orientieren, den ein solches Verhalten der sozialen Akzeptanz ± dem ªstanding" ± des Unternehmens in der allgemeinen oder auch nur in der interessierten Öffentlichkeit sowie dem Ansehen der Unternehmensleitung bei der Belegschaft und dergleichen bringt (Breuer [FAZ Nr. 273 vom 23. November 2000] spricht bei der finanziellen Förderung des Fuûballvereins Eintracht Frankfurt durch die Deutsche Bank vom ªVierklang der Interessen von Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit").
dd) Bestehen bei bedeutsameren Zuwendungen Zweifel, ob sie im Interesse des Unternehmens liegen, oder erfüllt das einzelne Vorstandsmitglied damit seine ganz persönlichen Vorlieben oder Interessen, so kann das betroffene Vorstandsmitglied die Entscheidung nicht allein treffen, auch wenn es nach der internen Geschäftsverteilung für die Vergabe von Fördermitteln zuständig wäre (vgl. Hopt aaO § 93 Rdn. 132 ff.). Darüber hinaus ist der Vorstand ± als Kehrseite seines Ermessensspielraums ± gegenüber den anderen Gesellschaftsorganen zur Offenheit verpflichtet, um ihnen Kontroll- und Rügemöglichkeiten zu eröffnen für den Fall, daû ihrer Meinung nach Mittel der Gesellschaft ausschlieûlich für andere als durch den Gesellschaftsgegenstand vor-
gegebene Zwecke verwendet werden (vgl. Westermann aaO S. 776; Mertens FS Goerdeler [1987] S. 349, 358). Dies folgt auch aus dem sich aus § 77 AktG ergebenden Prinzip der Gesamtverantwortung des Vorstandes für die Geschäftsleitung und der nicht delegierbaren Pflicht des Gesamtorgans zur Selbstkontrolle (Hüffer aaO § 77 Rdn. 15, 18).
ee) Hinsichtlich des Spendenvolumens gilt das Gebot der Angemessenheit : Die korporative Freigebigkeit muû sich insgesamt im Rahmen dessen halten, was nach Gröûenordnung und finanzieller Situation des Unternehmens als angemessen angesehen werden kann (vgl. nur Mertens AG 2000 S. 157, 162 Fn. 28). Dafür bieten der Zuschnitt und die Ertragslage der Aktiengesellschaft wichtige Anhaltspunkte. Besondere Beurteilungsschwierigkeiten ergeben sich schlieûlich bei einer angespannten Finanzlage. So wie es in Krisenzeiten nicht tunlich sein kann, den Werbeetat drastisch zu kürzen, wird man vom Vorstand in Verlustjahren weder ökonomisch noch juristisch verlangen können, auf Unternehmensspenden gänzlich zu verzichten. Allerdings ist bei dauerhafter oder längerfristiger Ertragsschwäche eine sorgfältige Prüfung der Spendenpraxis unter dem Gesichtspunkt des Unternehmensinteresses erforderlich.
2. Vergibt der Vorstand aus dem Vermögen einer Aktiengesellschaft Zuwendungen zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese muû vielmehr gravierend sein.
Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor.
3. Nach diesen Maûstäben hat der Angeklagte K. mit den Verfügungen im Komplex II. 1a bis c zu Lasten des Vermögens der SWEG seine Befugnisse als Vorstandsvorsitzender in gravierender Weise miûbraucht. Die Zuwendungen waren pflichtwidrig i. S. des § 266 StGB, weil der Angeklagte K. mit der Ausreichung der Zahlungen die Grenzen seines Ermessens nach den oben genannten Kriterien überschritten hat.

a) Es handelte sich um unentgeltliche, nicht erkennbar mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängende Zuwendungen an Dritte. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Zahlungen jedenfalls kein offenes oder verdecktes Sportsponsoring des SSV Reutlingen. Weder wurde eine vertragliche Vereinbarung oder sonstige Abrede über eine Gegenleistung getroffen , noch erbrachte der SSV Reutlingen tatsächlich eine Gegenleistung.
Da das altruistische Motiv der Sportförderung nur äuûerst mittelbar zum Tragen kam, waren die Zuwendungen bereits aus diesem Grund kaum geeignet , zumindest das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit oder bei
interessierten Sportkreisen zu stärken. Nach den festgestellten Umständen ist auch objektiv kein Bezug der Unternehmenstätigkeit der SWEG zum SSV Reutlingen erkennbar.

b) Die mit dem Unternehmensgegenstand nicht zusammenhängenden Zuwendungen waren angesichts der wirtschaftlichen Lage der SWEG sowohl dem Grunde nach als auch in der Höhe nicht angemessen. Das öffentliche Unternehmen erwirtschaftete zwar in den Jahren 1992 bis 1996 Überschüsse, jedoch muûte das Land Baden-Württemberg der SWEG auch in diesen Jahren zum Ausgleich des jährlichen Bilanzverlustes jeweils mehrere Millionen DM zuführen. Diese Spendenpraxis hat auch der Landesrechnungshof im Jahr 1998 beanstandet.

c) Ihrem eigentlichen Sinn nach dienten die Zuwendungen den privaten Interessen des Angeklagten S. , der Verantwortlichen des Vereins angeboten hatte, Gelder von potenten Gönnern zu besorgen. Er verfügte nach eigenem Belieben über die Beträge und verwendete sie ± ohne daû sie in der Buchhaltung des Vereins auftauchten ± zum Stopfen finanzieller Löcher im Fall II. 1a und zur Beeinflussung der Mäzene in den Fällen II. 1b und c. Die Beschaffung und die Verwendung der Zuwendungen gingen damit sogar über die Verfolgung privater Interessen hinaus, denn sie waren durchaus eigennützig, weil sie dazu dienten, die Stellung des Angeklagten S. im Verein und im örtlichen Umfeld als Beschaffer von dringend benötigten Hilfen und damit als möglichem Retter des Vereins zu unterstreichen.
Die Verfügung über das Vermögen des landeseigenen Unternehmens war auch nicht durch das von der Revision für den Fall II. 1a (Zahlung von
20.000 DM) herangezogene Motiv der ªLandschaftspflege im politischen Bereich" gerechtfertigt. Soweit die Revision vorträgt, die erste Spende von 20.000 DM habe dazu gedient, dem Unternehmen das ªWohlwollen des Ministers" zu erhalten, kann dieses ªMotiv" die Pflichtwidrigkeit nicht ausräumen. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob und inwieweit sich ein landeseigenes Unternehmen durch Spenden zugunsten von politischen Parteien oder Politikern überhaupt an der ªpolitischen Landschaftspflege" beteiligen darf. Auf die Beurteilung der Zuwendung bei der Prüfung der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB kann dieses Motiv hier jedenfalls keinen Einfluû haben. Es gehört zu den ureigenen Aufgaben des Verkehrsministers, selbst wenn er noch nicht Mitglied des Aufsichtsrats ist, die wirtschaftlichen Interessen der SWEG als öffentlichem Verkehrsunternehmen zu wahren. Für ªpolitische Landschaftspflege" gegenüber dem Minister war deshalb kein Raum.

d) Obwohl es offenkundig war, daû die Zuwendungen privaten Zwecken des Angeklagten S. dienten, hat der Angeklagte K. die Angelegenheit lediglich allein entschieden.

e) Die Zuwendungen wurden verschleiert. Sie wurden nicht in einer Art unternehmensintern offengelegt, die eine Kontrolle durch die Gesellschaftsorgane ermöglicht hätte. Die Auszahlung erfolgte nicht auf dem üblichen Weg über die Hauptbuchhaltung, um einen Erklärungsbedarf gar nicht erst aufkommen zu lassen, und auf dem Beleg über die Auszahlung wurde die Verwendung unzutreffend angegeben.
4. Durch die Vermögensverfügung des Angeklagten K. ist der SWEG auch ein Schaden entstanden. Sowohl das Fehlen objektiver Gesichtspunkte
für die Annahme einer der Formen des Sponsoring, erst recht aber die Umstände der Beschaffung und der Verwendung der 45.000 DM schlieûen es aus, daû die Zuwendungen einen ideellen Wert in sich trugen, der für das Unternehmen einen auch nur annähernd gleichwertigen Vermögensvorteil erbracht hat. Der Senat schlieût aus, daû sich aus der Sicht des durchschnittlichen, informierten Betrachters der ªgood willº des Unternehmens verbessert hat. Eher legen die Umstände nahe, daû zu der eingetretenen Vermögensminderung zusätzlich eine vorhersehbare Ansehensminderung eingetreten ist.
5. Bei dieser Sachlage ist auch die Annahme des Landgerichts tragfähig , dem Angeklagten K. sei die Pflichtwidrigkeit seines Handelns und der dadurch bei der SWEG entstandene Schaden bewuût gewesen.

a) Dies belegen die Einlassungen des Angeklagten K. . Er hat eingeräumt , daû es im Kern nicht um eine im Interesse der SWEG vereinbarte offene oder verdeckte Unterstützung des SSV Reutlingen ging, sondern um die Erfüllung privater Interessen des Angeklagten S. . Er hat angegeben, er habe die Zuwendungen allein deshalb veranlaût, weil er dem Vorsitzenden dieses Vereins, der auch Verkehrsminister und aufgrund dieser Position Aufsichtsratsvorsitzender der SWEG wurde, einen persönlichen Gefallen erweisen wollte, damit dieser seine dem Verein gegebenen Zusagen einhalten konnte, Gelder zur Unterstützung bei Mäzenen zu besorgen. Diese Einlassungen rechtfertigen den Schluû, der Angeklagte K. habe gewuût, daû der AngeklagteS. nur deshalb die SWEG eingeschaltet hatte, weil keiner der von ihm sonst angesprochenen potentiellen Mäzene sein Privatvermögen angreifen wollte und er annahm, der Angeklagte K. werde ihm die Bitte nicht abschlagen, die benötigten Gelder aus dem Vermögen der Gesellschaft zu nehmen. Der Ange-
klagte K. stand in einem beruflichen Abhängigkeitsverhältnis zum Angeklagten S. . Als Verkehrsminister und designiertes, später gewähltes Aufsichtsratsmitglied hatte er aufgrund seiner Organstellung und seiner daraus herzuleitenden Kontrollbefugnisse, einschlieûlich der Berufung, der Verlängerung und der Entlassung von Vorstandsmitgliedern, wesentlichen Einfluû auf das Unternehmen.

b) Dies wird auch dadurch belegt, daû der Angeklagte K. die Angelegenheit nicht dem Gesamtvorstand zur Entscheidung vorgelegt oder den Aufsichtsrat angerufen hat. Der Angeklagte K. wuûte, daû er von den übrigen Mitgliedern des Vorstands keine Genehmigung dafür erhalten hätte, zur Erfüllung der privaten Interessen des Angeklagten S. Zuwendungen aus dem Vermögen des Unternehmens auszureichen.
Deshalb wies der Angeklagte K. seine Sekretärin an, die einzelnen Beträge aus der Hauptkasse der SWEG auf das Konto der Sekretariatskasse zu transferieren, um dann nach Barabhebung das Geld in Briefumschlägen an den AngeklagtenS. zu dessen freier Verfügung weiterzugeben. Mit diesem Umweg über die Sekretariatskasse und den unzutreffenden Belegen ªZuwendung für Jugendarbeit des SSV Reutlingen" sorgte er dafür, daû die Vorgänge nicht über die Hauptbuchhaltung liefen und es keinen Erklärungsbedarf gab. Die Vorgänge wurden auch erst durch eine Prüfung des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg im Oktober 1997 aufgedeckt. Insbesondere die persönlichen Interessenverflechtungen und die Art und Weise der Geldtransfers erlauben den Schluû, daû es gerade nicht um Werbemaûnahmen oder um Sponsoring ging, sondern um die heimliche Beschaffung von Geldern bei der
SWEG, die möglichst unentdeckt durch die Bücher der Zuwendungsgeberin gehen sollten.

V.


Auch die Verurteilung des Angeklagten S. im Komplex II. 1a bis c (SSV Reutlingen) ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Der Angeklagte S. hatte noch keine Vermögensbetreuungspflicht für die Gesellschaft, als er den Angeklagten K. im Juni 1995 allein aufgrund seiner Stellung als Minister und zukünftiges Aufsichtsratsmitglied dazu bestimmte, die erste Zahlung in Höhe von 20.000 DM aus dem Vermögen der SWEG an ihn auszubezahlen. Zutreffend hat die Strafkammer den Angeklagten S. im Fall II. 1a deshalb wegen Anstiftung zur Untreue des Angeklagten K. nach §§ 266, 26 StGB verurteilt.
2. Soweit der Angeklagte S. in den Fällen II. 1b und c (zweite und dritte Spende an den SSV Reutlingen) als Aufsichtsratsmitglied der SWEG das Vorstandsmitglied K. veranlaûte, aus dem Vermögen der Gesellschaft Zuwendungen an ihn auszureichen, beurteilt die Kammer seine Strafbarkeit zutreffend nach dem Treubruchtatbestand des § 266 StGB.

a) Als Aufsichtsratsvorsitzender hatte der Angeklagte S. zwar nicht die Rechtsmacht, in der geschehenen Weise über das Vermögen der SWEG zu verfügen. Eine Strafbarkeit aus dem Miûbrauchstatbestand scheidet daher aus. Jedoch verletzte er die aus seiner Stellung als Aufsichtsratsvorsit-
zender folgende Vermögensfürsorgepflicht, indem er den Angeklagten K. zu Untreuehandlungen gegenüber der Gesellschaft bestimmte.
Nach § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen. Nach § 116 AktG gilt für die Sorgfaltspflicht und die Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder § 93 AktG über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäû.
Dem Aufsichtsrat obliegt gegenüber der Aktiengesellschaft eine Vermögensfürsorgepflicht (BGH wistra 1999, 418 lfd. Nr. 2; BGHSt 9, 203, 217 zu § 81a GmbHG aF; Tiedemann in FS für Tröndle [1989] S. 319, 327, Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl. § 31 Rdn. 75, 97; vgl. auch Lenckner-Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 35a, Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 60). Den Umfang dieser Pflichten regelt das Aktiengesetz in § 116 AktG durch einen Verweis auf die sinngemäûe Anwendung der Vorschriften über die Sorgfalt der Vorstandsmitglieder (§ 93 AktG).
Im gegebenen Fall kann dahinstehen, ob die gesellschaftsrechtliche Treupflicht des Aufsichtsrates zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft bei einer Betätigung auûerhalb der Geschäftssphäre der Gesellschaft und bei Rechtsgeschäften mit ihr nur in einem beschränkten Umfang gilt, weil in Rechnung gestellt werden muû, daû die Tätigkeit dort eine typische Nebentätigkeit ist, so daû Interessenkollisionen mit anderen Tätigkeiten des Aufsichtsratsmitglieds absehbar sind und mitunter zwangsläufig eintreten (Hüffer aaO § 116 Rdn. 1, Tiedemann aaO S. 319, 320, Fleck in FS für Heinsius [1991] S. 89, 90). Denn das Verhalten des Angeklagten S. berührt den eigent-
lichen Aufgabenbereich und die Hauptpflicht des Aufsichtsrates, die gemäû § 111 Abs. 1 AktG in der Überwachung der Geschäftsführung besteht. Grundsätzlich wird danach vom Aufsichtsrat verlangt, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Vorstandes abzuwenden. Die Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maûnahmen (Henze, Aktienrecht 4. Aufl. Rdn. 620). Zwar mag auch in diesem Zusammenhang nicht eindeutig feststehen, welche Einzelmaûnahmen zu ergreifen sind, ob der Aufsichtsrat etwa Anzeige erstatten muû, wenn er ein strafbares Verhalten des Vorstandes feststellt. Aus der Überwachungspflicht des Aufsichtsrates ergibt sich jedoch notwendig die Pflicht, den Vorstand nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die er aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müûte (BGH NJW 1980, 1629). Eine Verletzung dieser Pflicht stellt damit den Verstoû gegen eine spezifische Treupflicht im Sinne von § 266 StGB dar (vgl. dazu zuletzt nur BGH wistra 2001 , 304, 305).

b) Der Angeklagte S. verletzte diese Pflicht, als er an das Vorstandsmitglied K. herantrat und ihn vor dem Hintergrund seiner Einwirkungsmöglichkeiten als Aufsichtsratsvorsitzender zu ªSpenden" aus dem Vermögen der SWEG an den SSV Reutlingen aufforderte. Er veranlaûte damit Untreuehandlungen des Vorstands (dazu oben B IV.), die der Angeklagte S. aufgrund seiner Überwachungspflicht als Aufsichtsrat hätte verhindern müssen.
3. Der SWEG entstand durch das vom Angeklagten S. veranlaûte pflichtwidrige Verhalten des Angeklagten K. bei der ersten Zuwendung
an den SSV Reutlingen und durch das eigene pflichtwidrige Verhalten des Angeklagten S. bei der zweiten und dritten Zuwendung auch ein Schaden.
4. Auch der Schluû der Kammer, der Angeklagte S. habe seine Vermögensfürsorgepflicht vorsätzlich verletzt, ist nicht zu beanstanden. Nach ihren Feststellungen war dem Angeklagten bewuût, daû die Leistungen des Vorstands K. keinerlei Bezug zur Geschäftstätigkeit der SWEG hatten und dieser die Zahlungen ausschlieûlich in seinem, des Angeklagten S. , Interesse vornahm. Auch wurde die Übergabe der beträchtlichen Beträge bar und ohne Quittungen abgewickelt, so daû der Geldfluû nicht mehr nachvol lziehbar war. Diese Umstände belegen rechtsfehlerfrei die Annahme, daû der Angeklagte sich der Pflichtwidrigkeit auch seiner eigenen Handlung bewuût war.
5. Der Angeklagte S. erfüllte bei der zweiten und dritten Zuwendung an den SSV Reutlingen durch sein eigenes Handeln sämtliche Tatbestandsmerkmale der Untreue in der Treubruchsalternative und ist bereits deshalb insoweit Täter (Tiedemann aaO S. 322, 325; vgl. auch BGHSt 38, 315, 317). Weil daher eine Zurechnung von Tatbeiträgen des Angeklagten K. nach § 25 Abs. 2 StGB nicht erforderlich ist, kann die Frage dahinstehen, ob sich die Tat des Angeklagten S. im Verhältnis zu der des Angeklagten K. als Mit- oder Nebentäterschaft darstellt. Zwar verwirklichte die Aufforderung des Angeklagten S. daneben in beiden Fällen zugleich den Tatbestand einer Anstiftung des Angeklagten K. zu einer Untreue in der Miûbrauchsalternative. Da aber insoweit jeweils eine Tat i. S. d. § 52 StGB vorliegt, geht diese Anstiftung nach ständiger Rechtsprechung in der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handelns auf, das die schwerere Tat darstellt (vgl. BGH
NStZ 2000, 421; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. vor § 25 Rdn. 12).

C.


Die Tatkomplexe II. 4. bis 6. betreffen ausschlieûlich Verfügungen des Angeklagten K. über das Vermögen der SWEG, mit denen er private Zwecke verfolgte.

I.


Das Landgericht hat hierzu folgendes festgestellt:
1. Auf Veranlassung des Angeklagten wurden am 20. Mai 1996 aus Mitteln der SWEG 899,36 DM überwiesen, um die Kosten für die Miete eines Kleinbusses mit Chauffeur zu begleichen, den der Angeklagte bei einem Aufenthalt in Rostock Ende April 1996 zusammen mit seiner Ehefrau und zwei befreundeten Familien ausschlieûlich privat genutzt hatte.
2. Der Angeklagte lieû sämtliche Aufwendungen seiner Sekretärin bei einem privaten Erholungsaufenthalt im Juni 1996 auf Norderney, insgesamt 6.308,50 DM, aus Mitteln der SWEG zahlen.
3. Kosten in Höhe von 892,10 DM für eine Reparatur am privaten Pkw seiner Sekretärin lieû der Angeklagte am 11. November 1996 aus Mitteln der SWEG überweisen.

II.


Die Kammer hat auch in diesen drei Verfügungen des Angeklagten K. ohne Rechtsfehler ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des § 266 StGB gesehen. Sie hat überzeugend dargelegt, weshalb sie den Einlassungen des Angeklagten nicht gefolgt ist, die Kosten für das Mietfahrzeug auf der Reise nach Rostock seien betrieblich veranlaût gewesen. Ebenso ist eine betriebliche Veranlassung für die Übernahme der Kosten des Erholungsurlaubs der Sekretärin und der Reparaturkosten für ihr Fahrzeug selbst dann nicht ersichtlich, wenn die Stellung des Angeklagten K. als Vorstandsvorsitzender berücksichtigt wird.

D.


Die nach der Verfahrenseinstellung verbleibenden Einzelgeldstrafen weisen keinen Rechtsfehler auf.
Auch im Komplex SSV Reutlingen kann die gegen den Angeklagten S. verhängte Einzelstrafe im Fall II.1a (Anstiftung zur Untreue) bestehen bleiben. Zwar hätte das Landgericht den Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB gemäû § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB mildern müssen. Das Treueverhältnis nach § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH StV 1995, 73 m.w.N.). Dieses Merkmal fehlte beim Angeklagten S. , der zum Zeitpunkt dieser Tat noch nicht Aufsichtsratsvorsitzender war und damit nicht Täter einer Untreue sein konnte. Aufgrund der besonderen Umstände der Tat durfte die verhängte Strafe jedoch nicht niedriger ausfallen. Der Angeklagte stand zwar zu der ge-
schädigten Gesellschaft nicht in einem spezifischen Treuverhältnis gemäû § 266 StGB, bei der Strafzumessung war jedoch zu berücksichtigen, daû er aufgrund seiner Stellung als Minister dem landeseigenen Unternehmen in besonderer Weise verpflichtet war.
Wegen des Wegfalls von Einzelstrafen aufgrund der Verfahrensbeschränkung ist die Gesamtgeldstrafe aufzuheben. Der Senat hat davon abgesehen , die Gesamtgeldstrafe selbst festzusetzen. Getroffene Feststellungen können bestehen bleiben; ergänzende Feststellungen sind möglich.
Nack Boetticher Schluckebier Kolz Hebenstreit

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 224/00 Verkündet am:
4. November 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Eine GmbH trifft im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren
Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG - entsprechend den Grundsätzen
zu §§ 93 Abs. 2 AktG, 34 Abs. 2 GenG - die Darlegungs- und Beweislast nur
dafür, daß und inwieweit ihr durch ein Verhalten des Geschäftsführers in dessen
Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr die Erleichterungen des
§ 287 ZPO zugute kommen können. Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen
und erforderlichenfalls zu beweisen, daß er seinen Sorgfaltspflichten gemäß
§ 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder ihn kein Verschulden trifft,
oder daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten
wäre.
BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 4. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette,
Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das "Teil-Anerkenntnisurteil und Urteil" des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Juli 2000 insoweit aufgehoben, als die Klage auf die Berufung der Beklagten in Höhe von 720.571,72 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 2. September 1997 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte war ab 1. Januar 1978 zunächst Mitgeschäftsführerin, ab Februar 1991 Alleingeschäftsführerin der klagenden GmbH, die an zwei benachbarten Standorten Maschinen produziert. Alleingesellschafter der Klägerin war ursprünglich der Lebensgefährte der Beklagten, der am 31. Januar 1992
verstarb. Kurz zuvor hatte er seine Tochter aus früherer Ehe als Alleinerbin und die Beklagte als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. In den folgenden Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin zunehmend, was zum Streit zwischen der Beklagten und der nunmehrigen Alleingesellschafterin der Klägerin führte. Am 12. Dezember 1996 wurde die Beklagte als Geschäftsführerin abberufen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte in erster Instanz auf Schadensersatz in Höhe von 777.743,63 DM, zum Teil wegen angeblich zweckwidriger Verwendung von Gesellschaftsmitteln, in Anspruch genommen. In Höhe eines Teilbetrages von 740.524,60 DM hat sie die Klage - insoweit für die Revisionsinstanz noch von Belang - unter Vorlage eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens darauf gestützt, daß die Beklagte auf die ungenügende Auslastung der Fertigungskapazitäten beider Betriebsstätten pflichtwidrig nicht rechtzeitig reagiert und es versäumt habe, im Zeitraum von August 1995 bis August 1996 Kurzarbeit anzumelden (§ 72 AFG). Dadurch sei der Klägerin ein Schaden in Form unnötiger Lohnkosten von 740.524,60 DM entstanden. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 728.995,81 DM stattgegeben, wovon 720.571,72 DM auf den Lohnkostenschaden der Klägerin entfallen. Hinsichtlich dieses Betrages hat das Oberlandesgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung scheitert die Klage nicht an fehlendem Vortrag der Klägerin zu dem Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG als materiell-rechtlicher Voraussetzung (vgl. BGHZ 97, 382, 390) für die Erhebung von Ersatzansprüchen auch gegenüber ausgeschiedenen Geschäftsführern (vgl. BGHZ 28, 355, 357; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 236/96, ZIP 1998, 332). Die Revisionserwiderung weist selbst auf den - vermeintlich "pauschalen" - Vortrag der Klägerin hin, ihre Gesellschafterversammlung habe am 29. Mai 1997 die Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen die Beklagte beschlossen. Da ein Bestreiten dieses Vortrags durch die Beklagte nicht ersichtlich ist, bedurfte es keiner näheren Angaben oder Nachweise zu dem Gesellschafterbeschluß. Ebensowenig brauchte die Klägerin ausdrücklich vorzutragen, daß sie keinen besonderen Prozeßvertreter (anstelle ihres Geschäftsführers) gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG bestellt habe (vgl. Sen.Urt. v. 24. Februar 1992 - II ZR 79/91, ZIP 1992, 760).
II. Das Berufungsgericht hält die geltend gemachten Schadensersatzansprüche schon deshalb für unbegründet, weil die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, daß die Beklagte mit der Nichtanmeldung von Kurzarbeit ab August 1995 die Grenzen des ihr zustehenden unternehmerischen Ermessens (vgl. BGHZ 135, 244) überschritten und damit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG zuwider gehandelt habe. Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsgericht stelle mit seiner Ansicht nahezu unerfüllbare Substantiierungsanforderungen und verkenne vor allem die hier maßgebenden Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast.
1. Nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 93 Abs. 2 Satz 2, 116 AktG und der §§ 34 Abs. 2 Satz 2, 41 GenG trifft die betreffenden Organmitglieder im Streitfall die (Darlegungs- und) Beweislast dafür, daß sie "die Sorgfalt eines or-
dentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben". Diese Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände (vgl. Hüffer, AktG 5. Aufl. § 93 Rdn. 16) rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre (vgl. Müller, GenG 2. Aufl. § 34 Rdn. 49). Für den Geschäftsführer einer GmbH kann jedenfalls dann, wenn er nach eigenem Gutdünken und nicht auf konkrete Weisung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6 GmbHG) gehandelt hat, im Ergebnis nichts anderes gelten, mag auch das GmbHG für ihn (in § 43 GmbHG) keine ausdrückliche entsprechende Regelung enthalten.

a) Bereits das Reichsgericht hat lange vor Einfügung des § 34 Abs. 2 Satz 2 GenG (durch Gesetz vom 9. Oktober 1973, BGBl. I, S. 1451) entsprechende Grundsätze auf den Vorstand einer Genossenschaft angewendet (RGZ 13, 43) und in späteren Entscheidungen ausgeführt, eine Genossenschaft brauche zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen ihre Verwaltungsträger nur darzutun, "daß ihr aus deren Geschäftsgebarung im Rahmen des ihnen obliegenden Pflichtenkreises ein Schaden erwachsen ist"; sei dieser Nachweis geführt, obliege dem Vorstand der Nachweis, daß er trotz entgegenstehenden Anscheins seine Pflichten erfüllt, also alles getan habe, um die Genossenschaft vor Schaden zu bewahren, oder daß ihm die Erfüllung dieser Pflicht ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (RG DR 1939, 723 m.N.; weitere Nachweise bei Goette, ZGR 1995, 648, 650 ff.). Für den Geschäftsführer einer GmbH folgert RGZ 98, 98 Entsprechendes daraus, daß er der Gesellschaft aufgrund seines Dienstvertrages auskunfts- und rechenschaftspflichtig sei (§§ 259, 666, 675 BGB).


b) Auf der gleichen Linie liegt es, daß auch der Senat von dem Ge- schäftsführer einer GmbH insbesondere in den Fällen eines ungeklärten Kassen - oder Warenfehlbestandes den Nachweis verlangt, daß er die gebotene Sorgfalt zur Verhinderung des Fehlbestandes angewandt hat oder unverschuldet dazu nicht imstande war (vgl. Sen.Urt. v. 26. November 1990 - II ZR 223/89, ZIP 1991, 159 m.w.N.). Zwar hat der Senat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 1991 (II ZR 43/91, ZIP 1992, 108) und vom 21. März 1994 (II ZR 260/92, ZIP 1994, 872) ausgeführt, die Gesellschaft müsse nachweisen, daß ihr infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsführers ein Schaden entstanden sei. In beiden Fällen ging es aber nicht um den Nachweis der von der Gesellschaft behaupteten Pflichtwidrigkeit, sondern um deren Kausalität für einen Schaden der Gesellschaft. Auch nach den Grundsätzen des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG trifft die Gesellschaft - ggf. mit der Erleichterung des § 287 ZPO (vgl. unten III) - die Darlegungs- und Beweislast für einen Schaden und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsleiters in seinem Pflichtenkreis, das als pflichtwidrig überhaupt in Betracht kommt, sich also insofern als "möglicherweise" pflichtwidrig darstellt (vgl. Goette, ZGR 1995, 648, 671 ff.; Hüffer aaO, § 93 Rdn. 16). Ebenso wie der Vorstand nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG muß aber auch der Geschäftsführer einer GmbH - entsprechend der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der überwiegenden Ansicht im neueren Schrifttum (vgl. die Nachweise bei Goette aaO, S. 649; Hüffer aaO; Scholz/Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 167 c) - sich dahin entlasten, daß er nach den Umständen , die er darzulegen und zu beweisen hat, seinen (mit § 93 Abs. 1 AktG gleichlautenden) Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist oder schuldlos nicht nachkommen konnte, oder daß der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Das schließt ggf. den Nachweis der Einhaltung seines - grundsätzlich weiten - unternehmerischen
Ermessensspielraums (vgl. hierzu BGHZ 135, 244, 253) ein. All dies gilt auch dann, wenn dem Geschäftsführer das (pflichtwidrige) Unterlassen einer bestimmten Maßnahme vorgeworfen wird, zumal die Abgrenzung gegenüber der Pflichtwidrigkeit einer statt dessen vorgenommenen Handlung häufig fließend ist.
Gegenüber einem ausgeschiedenen Geschäftsführer (wie hier der Beklagten ) gilt im wesentlichen nichts anderes. Vor einer Überspannung seiner Darlegungs- und Beweislast ist er dadurch geschützt, daß die Gesellschaft die angebliche Pflichtverletzung im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu bezeichnen hat. Soweit zu seiner Verteidigung erforderlich, hat die Gesellschaft ihm Einsicht in die dafür maßgeblichen Unterlagen zu gewähren.
2. Nach diesen Grundsätzen scheitert die vorliegende Klage nicht an fehlenden Darlegungen der Klägerin zur Pflichtwidrigkeit der Unterlassung der Beklagten, Kurzarbeit anzumelden.

a) Die Klägerin hat, wie die Revision im einzelnen ausführt, unter Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers mit zusätzlichen Beweisantritten detailliert dargelegt, daß die Auslastung ihrer Betriebe im Sommer 1995 zum Teil um mehr als die Hälfte zurückgegangen und die Beklagte sogar von Betriebsratsmitgliedern ab Mitte 1995 aufgefordert worden sei, Kurzarbeit anzumelden, weil die Mitarbeiter sich "die Beine in den Bauch gestanden" hätten. Weiter hat die Klägerin anhand einer Mitarbeiterliste 63 von 75 Mitarbeitern namentlich bezeichnet, die Kurzarbeitergeld hätten beanspruchen können. Sie hat darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen der §§ 63 ff. AFG (in damaliger Fassung) spätestens ab August 1995 vorgelegen hätten, die Beklagte schließlich selbst auf erhebliches Drängen des Betriebsrats Ende Mai
1996 - zu spät - Kurzarbeit bei dem Arbeitsamt angemeldet und daß für den Erfolg dieser Maßnahme die schlichte Begründung "Auftragsmangel" genügt habe.

b) Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast mehr als genügt, so daß es Sache der Beklagten gewesen wäre, den gegen sie erhobenen Vorwurf zu entkräften. Unzureichend ist dafür ihr von dem Berufungsgericht herangezogener , völlig unbestimmter Vortrag, daß die schlechte Auftragslage der Klägerin nicht zu einer Unterbeschäftigung der Mitarbeiter habe führen müssen, weil es auch andere wertschöpfende Tätigkeiten in den Betrieben gegeben haben könne. Zu ihrem Vortrag, sie habe das Risiko gescheut, von den Mitarbeitern bereits bezogenes Kurzarbeitergeld bei kurzfristiger Aufhebung der Kurzarbeit wegen plötzlichen Arbeitsanfalls an das Arbeitsamt zurückzahlen zu müssen (vgl. BAG DB 1991, 392), entgegnet die Revision zu Recht, daß die Klägerin in diesem Fall nur den betreffenden Teil des Kurzarbeitergeldes hätte zurückzahlen müssen und damit immer noch besser gestanden hätte, als bei durchgängiger Zahlung des vollen Lohns an die unterbeschäftigten Mitarbeiter. Sonstige übergeordnete Gesichtspunkte, welche das Abwarten der Beklagten als eine vertretbare unternehmerische Ermessensentscheidung erscheinen lassen könnten, sind nicht festgestellt.
Die Tatenlosigkeit der Beklagten läßt sich - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch nicht damit rechtfertigen, daß es für die Kurzarbeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG einer Vereinbarung mit dem - nach dem Vortrag der Klägerin überdies dazu bereiten - Betriebsrat bedurft hätte und die Bewilligung von Kurzarbeitergeld zusätzlich von einer Entscheidung des Arbeitsamtes (§§ 63 ff. AFG) abhing. Ebenso wie ein Geschäftsführer bei Vertragsverhandlungen mit einem Geschäftspartner der Gesellschaft jedenfalls versuchen
muß, deren Interessen zur Geltung zu bringen, muß er bei einer deutlichen Unterbeschäftigung der Arbeitnehmer infolge Auftragsmangels zumindest den Versuch machen, eine Kostenentlastung durch Kurzarbeit nach den gesetzlichen Möglichkeiten zu erreichen. Unterläßt er dies ohne überzeugenden Grund, liegt bereits darin eine Pflichtwidrigkeit. Davon ist im vorliegenden Fall nach den bisherigen Feststellungen revisionsrechtlich auszugehen.
III. Das Berufungsgericht hält die Klage weiter auch deshalb für unbegründet , weil die Klägerin die Höhe des behaupteten Schadens und dessen Verursachung durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit nicht substantiiert dargelegt habe. Auch das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zwar trifft die aus § 43 Abs. 2 GmbHG klagende Gesellschaft im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden und dessen Verursachung durch das Verhalten des Geschäftsführers (vgl. oben II 1). Für das Beweismaß gelten jedoch insoweit nicht die strengen Voraussetzungen des § 286 ZPO, sondern diejenigen des § 287 ZPO, der auch die Substantiierungslast der klagenden Partei erleichtert. Danach genügt es, daß sie Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO hinreichende Anhaltspunkte bieten (vgl. BGH, Urteile v. 3. Dezember 1999 - IX ZR 332/98, NJW 2000, 509; v. 1. Dezember 2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340). Unter § 287 ZPO fällt auch die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Gesellschaft durch das dem Geschäftsführer vorgeworfene Verhalten ein Schaden entstanden ist. Denn bei einem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung gehört der Ursachenzusammenhang mit einem daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschaden nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur haftungsbegründenden, sondern zur haftungsausfüllenden Kausalität, für deren Nachweis ebenfalls die in § 287 ZPO
vorgesehenen Erleichterungen gelten (vgl. BGH, Urteil v. 3. Dezember 1999 aaO, m.N.). Gegenüber einem Geschäftsführer, der - wovon hier revisionsrechtlich auszugehen ist - nicht einmal den Versuch einer schadensabwendenden Maßnahme unternommen und die Gesellschaft dadurch in die Schwierigkeit des Nachweises der hypothetischen Entwicklung gebracht hat, ist diese Darlegungs- und Beweiserleichterung um so mehr gerechtfertigt.
2. Wie die Revision zu Recht rügt, läßt das angefochtene Urteil die Beachtung obiger Grundsätze nicht erkennen.

a) Soweit die Klägerin mit der von ihr vorgelegten betriebswirtschaftlichen Analyse eines Wirtschaftsprüfers die Auslastungsquoten ihrer Betriebe für die einzelnen Monate tabellarisch dargestellt und zu den gesamten Lohnkosten in Beziehung gesetzt hat, ergeben sich daraus zwar nur die auf die Unterbeschäftigung entfallenden Lohnkosten. Inwieweit diese durch Kurzarbeit hätten eingespart werden können, hängt von den gesetzlichen Voraussetzungen hierfür ab, worauf das Berufungsgericht die Klägerin durch Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 hingewiesen hat. Soweit die Revisionserwiderung insoweit auf das Erfordernis einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verweist, geht dies daran vorbei, daß der Betriebsrat hierzu nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin grundsätzlich bereit war und auf sein Drängen Ende Mai 1996 tatsächlich auch Kurzarbeit in gewissem Umfang angeordnet wurde. Da der Vortrag der Klägerin der Sache nach dahin ging, daß der Betriebsrat mit Kurzarbeit im Umfang der jeweiligen Unterbeschäftigung einverstanden gewesen wäre, brauchte sie im Rahmen des § 287 ZPO - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht zusätzlich vorzutragen, wann und mit welchem Inhalt die hypothetische Betriebsvereinbarung zustande gekommen wäre.

Was die Voraussetzung eines vorübergehenden Arbeitsausfalls mit der Erwartung eines Erhalts der Arbeitsplätze gemäß § 63 Abs. 1 AFG angeht, so hat die Klägerin, worauf die Revision hinweist, vorgetragen, daß der Auftragsbestand sich ab Juni 1996 wieder gebessert habe. Dies ist im Rahmen des § 287 ZPO - entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung - durchaus ein Indiz dafür, daß eine entsprechende Prognose auch schon im August 1995 zu stellen war. Soweit die Revisionserwiderung demgegenüber auf den Vortrag der Klägerin verweist, wonach die Klägerin im Jahr 1995 überschuldet und im September 1996 konkursreif gewesen sei, wird verkannt, daß gerade dies nach dem Vortrag der Klägerin durch Kurzarbeit hätte abgewendet werden sollen. Entgegen der Behauptung der Revisionserwiderung betrug die Höchstdauer für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach der gemäß § 67 Abs. 2 AFG erlassenen KurzArbGeldfristVO vom 30. November 1994 (BGBl. I, S. 3574) für die Zeit bis 30. Juni 1996 nicht sechs sondern zwölf Monate - vorbehaltlich der Voraussetzung des § 67 Abs. 4 AFG, wonach der Empfänger von Kurzarbeitergeld nach Ablauf von sechs Monaten für eine anderweitige Beschäftigung verfügbar sein mußte, was aber bei der damaligen Arbeitsmarktlage kaum praktische Bedeutung hatte (vgl. Breunig in: Schönefelder /Kranz/Wanka, AFG 2. Aufl. § 67 Rdn. 23).

b) Da der Klägerin auf der Grundlage ihres Vorbringens durch die Nichtanmeldung von Kurzarbeit jedenfalls ein Schaden entstanden ist, durfte das Berufungsgericht die Klage nicht ohne weiteres wegen evtl. noch fehlender Substantiierung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und der geltend gemachten Schadenshöhe insgesamt abweisen , sondern hatte zu prüfen, ob und in welchem Umfang wenigstens ein von der Beklagten verursachter Mindestschaden geschätzt werden konnte, wobei
es zur Klärung der Schätzungsgrundlage auch von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen hatte (vgl. BGH, Urteil v. 1. Dezember 2000, aaO). Das Berufungsgericht hat die Klägerin in seiner Aufklärungsverfügung vom 16. Mai 2000 zwar darauf hingewiesen, daß die Höhe des geltend gemachten Schadens noch "näherer Erläuterung" bedürfe und die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 63 ff. AFG) darzulegen seien. Die Klägerin hat daraufhin in ihrer Berufungserwiderung vom 19. Juni 2000 geltend gemacht, daß die in der Aufklärungsverfügung geforderten Nachweise bis zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2000 vermutlich nicht mehr zu beschaffen seien. Aufgrund der folgenden Mitteilung des Berufungsgerichts vom 22. Juni 2000, der Senat erwäge ein Teilurteil hinsichtlich einer anderen Schadensposition und empfehle insoweit einen im Termin zu besprechenden Teilvergleich, durfte die Klägerin, wie die Revision zu Recht rügt, davon ausgehen, daß das Berufungsgericht die Sache im übrigen nicht für entscheidungsreif halte und die Klägerin sich deshalb mit den geforderten Nachweisen noch Zeit lassen könne. Die Möglichkeit zur Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung nützte der Klägerin unter den gegebenen Umständen nichts. Ebensowenig wurde ihr durch das ihr eingeräumte Schriftsatzrecht zur Erwiderung auf neues Vorbringen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 27. Juni 2000 Gelegenheit gegeben, der Aufklärungsverfügung nachzukommen. Soweit das Berufungsgericht die hiernach geforderte Substantiierung im Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 2000 gemäß § 528 Abs. 2 a.F. ZPO als verspätet zurückgewiesen hat, wird das im Hinblick auf das erstinstanzliche Obsiegen der Klägerin ohnehin durch diese Vorschrift nicht gedeckt (vgl. BGH, Urt. v. 28. Oktober 1982 - III ZR 128/81, NJW 1983, 931 f.). Vielmehr hätte das Berufungsgericht auf die nunmehrige, der Klägerin offenbar nicht früher mögliche Substantiierung ihres Vortrags die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen (§ 156 ZPO; vgl. auch BGH, Urteil v. 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 f.), wie die Revision
zu Recht rügt. Davon abgesehen kann das angefochtene Urteil aber auch schon wegen der Verkennung des § 287 ZPO nicht bestehenbleiben.
IV. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, sondern bedarf noch tatrichterlicher Würdigung des Vorbringens der Klägerin im Hinblick auf § 287 ZPO. Zum anderen muß der Beklagten noch Gelegenheit gegeben werden, ihrer - von dem Berufungsgericht verkannten - Beweislast zur Frage der Pflichtwidrigkeit der unterlassenen Anmeldung von Kurzarbeit zu genügen. Die Sache ist daher zur Nachholung der noch erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/06
vom
17. August 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. September 2005 in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) mit den Feststellungen aufgehoben. II. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. wird das vorgenannte Urteil im Hinblick auf die beiden Fälle II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift

)

1. dahin geändert, dass die Angeklagten B. und Sch. jeweils einer Untreue schuldig sind, 2. in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben. III. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten B. und Sch. werden verworfen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. und Sch. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in vier Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagten J. und N. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten B. , J. und N. beanstanden zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die nur die Fälle II. 2 a und b der Urteilsgründe betreffenden Verfahrensrügen nicht bedarf. Die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. sind im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) wegen gemeinschaftlicher Untreue in zwei Fällen schuldig gesprochen hat, vermögen die getroffenen Feststellungen die Annahme der Strafkammer nicht zu belegen, dass der Wohnungsbaugenossenschaft e.G. (im Folgenden: WBG) durch das Verhalten der Angeklagten ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt worden ist.
4
1. Nach den Feststellungen waren die Angeklagten B. undSch. Vorstandsmitglieder, der Angeklagte J. war Aufsichtsratsvorsitzender und der Angeklagte N. Mitglied des Aufsichtsrats der WBG, die zu 51 % an dem Stammkapital der Wohn- und Baugesellschaft mbH (im Folgenden : WuB) beteiligt war. Die übrigen 49 % des Stammkapitals hielt die N. Verwaltungs GmbH, an der alle Angeklagten als stille Gesellschafter beteiligt waren. Auf Sitzungen am 10. Oktober und 5. November 1996 kamen die Angeklagten überein, dass die WuB ein Wohnbebauungsprojekt durchführen solle, das Investitionen in Höhe von (mindestens) 6,7 Millionen DM erfordern würde (UA 14). Um die hierzu benötigten Darlehen zu erhalten, sollte die WBG entsprechende Bürgschaftserklärungen gegenüber Kreditinstituten abgeben. Absprachegemäß gingen die Angeklagten B. und Sch. als vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder der WBG, ohne zuvor den erforderlichen (§ 49 GenG, § 34 Abs. 1 Buchst. n der Satzung der WBG) zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung der WBG eingeholt zu haben, am 5. Mai 1997 gegenüber der A. -Bank eine selbstschuldnerische, unbefristete und einredefreie Höchstbetragsbürgschaft über 6,642 Millionen DM zu Lasten der WBG ein. Hierauf gewährte die Bank der WuB ein Darlehen über 5,535 Millionen DM. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der WuB wurde die WBG im Jahre 2000 aus der Bürgschaft in Höhe von zwei Millionen DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 a der Urteilsgründe).
5
Um eine Ausweitung der Kredite der Stadtsparkasse an die WuB um 900.000 DM zu erreichen, schlossen die Angeklagten B. und Sch. , wiederum für die WBG handelnd und wiederum ohne zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung, nach Absprache mit den Angeklagten N. und J. am 16. September bzw. 6. November 1997 einen Bürgschaftsvertrag mit der Sparkasse, in der eine bereits bestehende selbstschuld- nerische Bürgschaft über 631.000 DM auf 1.531.000 DM erweitert wurde. Aus dieser Bürgschaft wurde die WBG in der Folgezeit in Höhe von 900.000 DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 b der Urteilsgründe).
6
2. Das Landgericht ist hinsichtlich des Falles II. 2 a der Urteilsgründe von einer Vermögensgefährdung der WBG in voller Bürgschaftshöhe ausgegangen (UA 31). Die Behauptung der Angeklagten, dass das mit dem Darlehen finanzierte Bauprojekt der WuB "realistisch und kaufmännisch ordnungsgemäß kalkuliert" worden war, "so dass aus damaliger Sicht gar nicht die Gefahr bestanden habe, dass die Bürgschaft der WBG in Anspruch genommen werde", hat die Strafkammer lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob das Verhalten der Angeklagten pflichtwidrig war, erörtert und hier als rechtlich bedeutungslos angesehen, da die Pflichtwidrigkeit bereits aus dem Fehlen der Zustimmung der Vertreterversammlung zur Eingehung der Bürgschaft folge (UA 32). Dabei hat das Landgericht verkannt, dass die Einlassung der Angeklagten für die Frage, ob die WBG infolge der Übernahme der Bürgschaft im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geschädigt wurde, von Relevanz ist. Ob nämlich ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen ex-ante vorzunehmenden Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHSt 47, 295, 301 f.; BGH wistra 2000, 384, 386; NStZ-RR 2001, 241, 242). An einem Nachteil fehlt es regelmäßig, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren, zu denen auch Gewinnerwartungen zählen können (BGH NStZ 1996, 191), sich gegenseitig aufheben.
7
Durch die Bürgschaftsverpflichtung wurde das Vermögen der WBG belastet , wobei wirtschaftlich gesehen die Höhe der Belastung von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Bürgschaft abhing (vgl. Hoyos/M. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. § 249 HGB Rdn. 100). Da die Bürgschaft zur Finanzierung eines Bauprojekts der WuB diente, an der die WBG zu 51 % beteiligt war, sie deshalb an der Wertschöpfung durch das Bauvorhaben teilhatte, muss geklärt werden, ob der Vermögenseinbuße durch die Bürgschaftsgewährung damals ein diese ausgleichender Vermögenszuwachs durch das in Aussicht genommene Bauprojekt gegenüber stand. Der vom Landgericht angenommene Gefährdungsschaden mit der vollen Bürgschaftssumme wäre nur dann zutreffend, wenn - was nicht festgestellt ist - das Bauprojekt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre oder es sich um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelte (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1236; GA 1977, 342, 343; NStZ 1996, 191).
8
Hinsichtlich des Falles II. 2 b der Urteilsgründe ist dem Urteil schon nicht zu entnehmen, welchem Zweck die Kreditausweitung bei der Sparkasse gedient hat. Es liegt aber nahe, dass auch sie im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der WuB erfolgt ist (vgl. UA 14, 15 f.), so dass zu der Frage eines Vermögensschadens der WBG aus den oben dargelegten Gründen weitere Feststellungen erforderlich sind.

II.


9
Soweit das Landgericht die Angeklagten B. und Sch. in den beiden Fällen II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift) jeweils wegen gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass nur eine Untreue vorliegt.
10
1. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen schlossen die Angeklagten B. und Sch. , für die WBG handelnd, mit der als Maklerin nicht besonders qualifizierten (vgl. UA 21) Lebensgefährtin eines Gesellschafters der N. Verwaltungs GmbH, Petra H. , am 10. Juni 1996 einen Maklervertrag , in dem sie diese mit dem Nachweis von Kaufinteressenten und/oder der Vermittlung eines Kaufvertragsabschlusses im Hinblick auf das im Eigentum der WBG stehende Anwesen Z. beauftragten. Die Provision von 8 % sollte entweder auf den Verkaufspreis aufgeschlagen und der Maklerin ausgezahlt oder im Direktgeschäft zwischen Maklerin und Käufer erzielt – also in jedem Fall letztlich vom Käufer entrichtet – werden (UA 23, 34). Am 27. August 1996 wurde der Maklervertrag u.a. auf das ebenfalls zu verkaufende Objekt R. erweitert, wobei die Provision auf 4 % herabgesetzt wurde. Noch am selben Tag wurde auf Veranlassung von Frau H. in einem den Maklervertrag ergänzenden "Protokoll" mit der WBG, diese vertreten durch die Angeklagten B. und Sch. , in Abänderung der vorgenannten Vereinbarung festgehalten, dass die Provision in jedem Falle von der WBG bezahlt werden solle; der bisher vertraglich vorgesehene Aufschlag der Provision auf den Verkaufspreis oder die direkte Bezahlung der Maklerin durch den Käufer wurden gestrichen. Zugleich wurde der Begriff der "Vermittlung" als Herstellung von Erstkontakten mit Kaufinteressenten oder alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten wie u.a. die Übergabe von Unterlagen definiert, selbst wenn der Erstkontakt nicht von der Maklerin, sondern über die WBG oder Dritte hergestellt worden war. Die Angeklagten beabsichtigten damit, der Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit den Provisionsanspruch gegen die WBG zu sichern, ohne dass die Genossenschaft hieran ein wirtschaftliches Interesse haben konnte. Ihnen war bewusst, dass sie mit der Regelung Frau H. "für ihren Provisionsanspruch einen 'Blanko-Scheck' ausstellten" (UA 23).
11
Auf Grund der Vereinbarung zahlte die WBG jeweils auf Veranlassung der Angeklagten B. und Sch. an die Maklerin nach Verkauf des Objektes Z. am 4. November 1997 181.240 DM und nach Verkauf des Anwesens R. am 23. April 1998 weitere 193.200 DM, wobei ein Provisionsanspruch jeweils nur auf der Grundlage des "Protokolls" bestand (UA 24, 35).
12
2. Das Landgericht hat zwei Untreuehandlungen der Angeklagten B. und Sch. zum Nachteil der WBG darin gesehen, dass die Angeklagten mit der Maklerin durch das "Protokoll" eine Vereinbarung trafen, die - abweichend von der damals geltenden Vertragslage - die WBG dazu zwang, die Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit aus eigenem Vermögen zu vergüten, sie dadurch das Vermögen der WBG “missbräuchlich gefährdet(en)“ (UA 35) und sie auf der Grundlage des "Protokolls" schließlich die beiden Maklerprovisionen auszahlen ließen (UA 34).
13
Diese Würdigung hält insoweit rechtlicher Prüfung nicht stand, als - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nur ein Fall der Untreue vorliegt; denn bereits mit der nunmehr die WBG als Zahlungspflichtige bestimmenden Vereinbarung in dem Protokoll trat ein - zur Vollendung des Tatbestands ausreichender (vgl. BGH NStZ 2001, 650) - konkreter Gefährdungsschaden zum Nachteil der WBG ein, der durch die späteren, auf Grund des "Protokolls" erfolgten Auszahlungen der Maklerprovisionen nur vertieft wurde (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 81).
14
Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher hätten verteidigen können.
15
Mit der Schuldspruchänderung entfallen auch die für den Fall II. 3 der Urteilsgründe erkannten beiden Einzelstrafen; der neue Tatrichter wird insoweit eine Strafe festzusetzen haben.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien und Maatz Kuckein Ri'inBGH Solin-Stojanović sind infolge urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert zu unterschreiben. Maatz Sost-Scheible

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 4 7 / 1 3
vom
4. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
4. Februar 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 14. Mai 2013 im Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung der Strafen aus zwei vorangegangenen Verurteilungen zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, von der "wegen überlanger Verfahrensdauer" drei Monate als vollstreckt gelten. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die in allgemeiner Form erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die von einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragenen Feststellungen belegen, dass sich der Angeklagte wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig gemacht hat.
3
a) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte die zuständigen Mitarbeiter der Sparkasse D. nicht darüber in Kenntnis setzte, dass seine Verhandlungen über den von ihm geplanten Kauf eines Unternehmensteils , mit dem er sich selbständig machen wollte, im Juli 2007 gescheitert waren, sondern weiterhin den Eindruck erweckte, der Abschluss dieses - teilweise von der Sparkasse zu finanzierenden - Geschäfts stehe unmittelbar bevor. Im November 2007 ließ er sich zunächst - angeblich zur Leistung einer Anzahlung - die Überziehung eines Kontos in Höhe von 178.500 € genehmigen und im Dezember 2007 - nach Vorlage eines von ihm gefälschten Kaufvertrages - die weitere Überziehung um 1.011.500 €, welche angeblich der Restzahlung des von der Sparkasse finanzierten Teils des Kaufpreises diente. Die Negativsalden der beiden Konten sollten später mit den Auszahlungsbeträgen aus noch abzuschließenden Darlehensverträgen verrechnet werden. Tatsächlich verwendete der Angeklagte den an ihn ausgezahlten Betrag in Höhe von insgesamt 1.190.000 € teils für private Zwecke, insbesondere aber zum Erwerb eines anderen Unternehmens, das sich - dem Angeklagten bekannt - in einer kritischen wirtschaftlichen Lage befand und offene Verbindlichkeiten in Höhe von über 2 Mio. € aufwies. Der Angeklagte war sich der "sehr großen Ge- fahr" bewusst, dass der tatsächlich von ihm getätigte Unternehmenskauf ein wirtschaftlicher Misserfolg werden würde und er die ihm zur Verfügung gestellten Beträge nicht würde zurückzahlen können. Gleichwohl verschwieg er diese Risiken, die sich in der Folgezeit verwirklichten; der Angeklagte zahlte nichts an die Sparkasse zurück, diese konnte allerdings aus der Verwertung von Sicher- heiten Erlöse in Höhe von ca. 88.000 € erzielen.
4
b) Danach ergeben sich keine Zweifel hinsichtlich des Vorliegens einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB sowie - mit Blick auf den Tatbestand des Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB - der Merkmale der Täuschung, des Irrtums sowie der Vermögensverfügung. Angesichts der im Verhältnis zur Darlehenssumme geringen Höhe, in der die Verwertung von Sicherheiten Erlöse erbracht hat, schließt der Senat aus, dass der Wert dieser Sicherheiten, der - sollten sie zu diesem Zeitpunkt bereits ausgereicht worden sein - zur Feststellung des Schadens zum Stichtag der Zahlungen zu ermitteln und mit den ausgezahlten Beträgen zu saldieren gewesen wäre, letztere vollständig hätte kompensieren und damit den Minderwert des Rückzahlungsanspruchs der Sparkasse bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise voll hätten abdecken können (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1996 - 1 StR 705/95, StV 1997, 416, 417). Mit Blick auf die sich aus den Entnahmen zu privaten Zwecken ergebende teilweise Zahlungsunwilligkeit und im Übrigen - aufgrund der festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und des von ihm übernommenen, hoch verschuldeten Unternehmens - jedenfalls zu bejahende Zahlungsunfähigkeit ist danach sicher davon auszugehen, dass der Sparkasse bereits bei Auszahlung der Darlehensbeträge an den Angeklagten ein Schaden entstanden ist. Auch die weiteren Voraussetzungen des Betrugstatbestandes sind gegeben.
5
2. Der Strafausspruch kann indes insoweit keinen Bestand haben, als die Strafkammer für die verfahrensgegenständliche Tat des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verhängt hat. Denn die Strafkammer hat - wie dargelegt - die konkrete Schadenshöhe, die beim Betrug den Schuldumfang bestimmt und damit ein ganz wesentliches Strafzumessungskriterium darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 1999 - 4 StR 626/98, NStZ 1999, 244, 245), nicht ermittelt. Ausdrücklich teilt sie die Schadenshöhe, von der sie ausgegangen ist, in den Urteilsgründen nicht mit. Soweit sie möglicherweise von den ausgezahlten Beträgen lediglich die Verwertungserlöse abgezogen und so den Schaden berechnet hat, wäre dies schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es nicht darauf ankommt , was aus den Sicherheiten später erlöst werden konnte, sondern darauf, welchen Wert sie im Zeitpunkt der schädigenden Vermögensverfügung hatten. Dieser Zeitpunkt ist für die bei der Schadensberechnung vorzunehmende Saldierung der Vermögenswerte der maßgebliche; spätere Entwicklungen haben für die strafrechtliche Beurteilung außer Betracht zu bleiben (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 1961 - 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; vom 23. Februar 1982 - 5 StR 685/81, BGHSt 30, 388, 389 f.; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 122).
6
Da der Senat - schon in Ermangelung von Feststellungen, worum es sich bei den Sicherheiten handelte und wann diese ausgereicht wurden - nicht ausschließen kann, dass die vom Angeklagten bestellten im Zeitpunkt der Auszahlungen an ihn tatsächlich einen höheren Wert als den späteren Verwertungserlös hatten und deshalb möglicherweise von einer niedrigeren - betrugsbedingten - Schadenssumme auszugehen ist, beruht der Einzelstrafenausspruch auf diesem Rechtsfehler.
7
Die Aufhebung der Einzelfreiheitsstrafe, die gleichzeitig die Einsatzstrafe dargestellt hat, bedingt auch die Aufhebung der - für sich betrachtet rechtsfehlerfrei gebildeten - Gesamtfreiheitsstrafe.
8
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
9
Auch wenn der förmliche Darlehensvertrag zwischen dem Angeklagten und der Sparkasse erst zu einem späteren Zeitpunkt geschlossen werden sollte , stellte die Auszahlung der verfahrensgegenständlichen Geldbeträge, die vom Angeklagten zurückgezahlt werden sollten, ein Darlehen im Sinne von § 488 Abs. 1 BGB dar. Die Darlehensgewährung ist ein Risikogeschäft. Der betrugsbedingte Vermögensschaden ist deshalb bei diesen Fallgestaltungen durch die Bewertung des täuschungsbedingten Risikoungleichgewichts zu ermitteln , für dessen Berechnung maßgeblich ist, ob und in welchem Umfang die das Darlehen ausreichende Bank ein höheres Ausfallrisiko trifft, als es bestanden hätte, wenn die risikobestimmenden Faktoren vom Täter zutreffend angegeben worden wären (BGH, Beschluss vom 13. April 2012 - 5 StR 442/11, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 76 mwN). Mit Blick darauf wird das neue Tatgericht auch das Ausfallrisiko zu ermitteln haben, das die Sparkasse bei Finanzierung des ursprünglich geplanten Unternehmenskaufs eingegangen wäre.
10
Der festzustellende Schaden, der hier mithin in einer erhöhten Verlustwahrscheinlichkeit zu sehen ist, muss grundsätzlich nachvollziehbar dargelegt werden und es ist ein Mindestschaden zu beziffern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 1857/10, BVerfGE 130, 1, 48 f.). Hierbei können die banküblichen Bewertungsansätze für Wertberichtigungen Anwendung finden (BGH aaO).
Becker Schäfer Mayer
Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 3 0 2 / 1 3
vom
11. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Dezember 2013
gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 16. Mai 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen B. 2. und B. 26. der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in 38 Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die der Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 40 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt, eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Dagegen richtet sich die Revision des Beschwerdeführers, mit der er ein Verfahrenshindernis geltend macht und die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts erhebt.
2
I. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen B. 2. und B. 26. der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt worden ist. Dies hat die Änderung des Schuldspruches und den Wegfall der für diese beiden Taten verhängten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und zwei Monaten zur Folge.
3
II. Im nach der Einstellung verbleibenden Umfang des Verfahrens erweist sich die Verurteilung des Angeklagten jedenfalls im Ergebnis als rechtsfehlerfrei , das Rechtsmittel des Beschwerdeführers hat demnach insoweit keinen Erfolg.
4
1. Das Verfahrenshindernis der fehlenden Anklage besteht - wie sowohl in den Gründen des angefochtenen Urteils als auch in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführt ist - nicht.
5
2. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) und deshalb unzulässig.
6
3. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge hat im Ergebnis keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
7
a) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Betruges in 38 Fällen. Hierzu gilt:
8
aa) Nach den Feststellungen des Landgerichts organisierte der Angeklagte Verkaufsveranstaltungen in Form von sog. Kaffeefahrten, zu denen er überwiegend ältere Personen mit Einladungsschreiben anwarb, in denen Geldgeschenke oder Gewinnausschüttungen in Aussicht gestellt und kostenlose Mahlzeiten oder diverse Unterhaltungsprogramme angekündigt wurden. Nachdem sie sich angemeldet hatten, wurden die Teilnehmer am frühen Morgen des Veranstaltungstages mit dem Bus abgeholt und in Gruppen von bis zu etwa 50 Personen in die von dem Angeklagten als Veranstaltungsort ausgewählten Gasthäuser gebracht. Dort erwartete sie eines der vier Verkaufsteams des Angeklagten , die aus einem Verkaufsleiter und weiteren Mitarbeitern bestanden. Deren Aufgabe war es, in zumeist reißerischer Weise die vom Angeklagten für den Verkauf vorgesehenen Artikel zu bewerben und sie anschließend zu in der Regel überteuerten Preisen an die Anwesenden zu verkaufen.
9
In den verfahrensgegenständlichen Fällen ließ der Angeklagte "Magnet- feldmatratzenauflagen" zum Preis von 899 € veräußern. Die Kunden mussten beim Erwerb für den Abschluss des Kaufvertrages, die Bestätigung des Erhalts der Ware, die Widerrufsbelehrung und die Einziehungsermächtigung insgesamt vier Unterschriften auf dem Kaufvertragsformular leisten. Der Angeklagte hatte seine Mitarbeiter aber außerdem angewiesen, sich von jedem Kunden zusätzlich einen bereits vorbereiteten Überweisungsträger unterschreiben zu lassen, durch den die Kunden ihr Geldinstitut anwiesen, den Kaufpreis auf ein Konto des Angeklagten zu überweisen. Die Verkaufsteams erklärten den Kunden, die Unterschrift auf dem Überweisungsträger sei zur Abwicklung des geschlossenen Kaufvertrages technisch notwendig; die Kunden glaubten aufgrund der Angaben der Mitarbeiter des Angeklagten, sie berechtigten diesen zum einmaligen Einzug des Kaufpreises. Tatsächlich beabsichtigte der Angeklagte indes von Anfang an, die Überweisungsträger abredewidrig zu einem späteren Zeitpunkt einzusetzen, um sich den Kaufpreis ein weiteres Mal bezahlen zu lassen und sich so eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen.
10
Die Kaffeefahrten fanden von montags bis donnerstags statt, an den Freitagen bestellte der Angeklagte seine Verkaufsteams ein und rechnete mit ihnen ab; bei dieser Gelegenheit übergaben diese die Vertragsunterlagen und die unterschriebenen Überweisungsträger. Wenige Tage später ließ der Angeklagte mittels der Einziehungsermächtigungen die jeweiligen Kaufpreise von den Konten der Kunden abbuchen und vereinnahmte sie. In den nach der Teileinstellung noch verfahrensgegenständlichen 38 Fällen wurden die Kaufverträge zwischen Februar 2010 und Februar 2011 geschlossen und die Kaufpreise in der beschriebenen Art zeitnah dazu vereinnahmt. In der Zeit von April bis Juli 2012 sandte der Angeklagte alsdann wie von vornherein geplant die ausgefüllten Überweisungsträger an die Geldinstitute der Kunden, die die Überweisungen ausführten und damit die jeweiligen Kaufpreise ein weiteres Mal an den Angeklagten überwiesen.
11
bb) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Tatbestand des Betruges in 38 Fällen als erfüllt angesehen. Die Geschädigten wurden durch die Mitarbeiter des Angeklagten über die Notwendigkeit der Unterschrift auf den Überweisungsträgern getäuscht und erlagen einem entsprechenden Irrtum.
12
(1) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme der Strafkammer , der Betrug sei bereits durch das von dem Angeklagten veranlasste Unterschreibenlassen der Überweisungsträger vollendet gewesen, weil dadurch eine konkrete, einer Schädigung des Vermögens der Kunden gleichzusetzende , Vermögensgefährdung eingetreten sei, ohne dass es noch der Vornahme weiterer Handlungen des Angeklagten bedurft hätte. Dabei hat das Landgericht - im Ausgangspunkt zutreffend - wesentlich darauf abgestellt, dass die Weisung des Bankkunden an seine Bank, den einer Überweisung zugrundeliegenden Zahlungsauftrag auszuführen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 675f Rn. 17, 29), grundsätzlich unwiderruflich ist. Der Angeklagte habe deshalb ein weiteres urkundliches Mittel in der Hand gehabt, das es ihm ermöglicht habe, die Zahlung ein weiteres Mal zu veranlassen, ohne dass die Geschädigten darauf noch hätten Einfluss nehmen können. Diese rechtliche Beurteilung begegnet durchgreifenden Bedenken, weil die Strafkammer dabei die - verfassungsrechtlich gebotene - Bezifferung und Darlegung eines Mindestschadens (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 1857/10, BVerfGE 130, 1, 48 f.) nicht vorgenommen hat. Dies war auch mit Blick auf die Unwiderruflichkeit der Weisung nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (vgl. zu sog. Evidenzfällen BVerfG aaO): Bei der Weisung handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Kontoinhabers an sein Geldinstitut (vgl. Palandt/Sprau, aaO, § 675f Rn. 17, § 665 Rn. 2). Wird diese - wie hier - in Abwesenheit des Erklärungsempfängers abgegeben, wird sie erst mit dem Zugang bei ihm wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB) und ist bis dahin frei widerruflich (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Hatten damit aber die Geschädigten nach dem Unter- schreiben der Überweisungsträger mehr als ein Jahr - teilweise auch mehr als zwei Jahre - Zeit und die Gelegenheit, ihre Weisung gegenüber ihrem jeweiligen Geldinstitut zu widerrufen, bevor die darin liegende Willenserklärung durch den vom Angeklagten bewirkten Zugang der Überweisungsträger wirksam wurde , erscheint es nicht gerechtfertigt, einen Vermögensgefährdungsschaden etwa in Höhe der später durch den Angeklagten vereinnahmten Beträge bereits in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem die Geschädigten die Überweisungsträger unterschrieben. Denn der Schaden sollte nach dem Tatplan des Angeklagten durch das Einreichen der Überweisungsträger erst wesentlich später verwirklicht werden und war wegen der Widerruflichkeit der Weisung durch die Geschädigten jederzeit abwendbar.
13
(2) Dieser Rechtsfehler gefährdet den Bestand des Urteils in den 38 noch verfahrensgegenständlichen Fällen nicht, weil sich aus den Feststellungen des Landgerichts der Eintritt eines unmittelbar auf einer Vermögensverfügung der Geschädigten beruhenden Vermögensschadens und damit ein vollendeter Betrug jedenfalls aus Folgendem ergibt:
14
Durch das Unterschreiben und die Übergabe der Überweisungsträger händigten die Geschädigten dem Angeklagten jeweils eine Weisung an ihr Geldinstitut aus, welche grundsätzlich eine Vermögensverfügung zu seinen Gunsten darstellte. Zu ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit bedurfte dieWeisung - wie dargelegt - indes noch des Zugangs bei den Geldinstituten, den der Angeklagte nach Belieben herbeiführen konnte, nach seinem Tatplan aber erst etliche Zeit nach der Erlangung der Überweisungsträger herbeiführen wollte. Der effektive Verlust des von der Verfügung der Geschädigten betroffenen Vermögenswertes trat damit erst durch die von dem Angeklagten durchgeführte Übermittlung der Überweisungsträger an die Geldinstitute und die anschließen- de Ausführung des Zahlungsauftrags ein. Es handelte sich mithin um eine mehraktige Verfügung, an der mehrere Personen dergestalt beteiligt waren, dass erst die letzte Teilverfügung zur endgültigen Schädigung führte (vgl. zum Begriff LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 111, der insoweit auch von "gestreckten Verfügungen" spricht; S/S-Cramer/Perron, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 62). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Auffassung im Schrifttum können solche mehraktigen Verfügungen zur Verwirklichung des Betrugstatbestandes ausreichen; insbesondere steht dem nicht notwendig entgegen, dass die Vermögensverfügung den Vermögensschaden unmittelbar herbeiführen muss (BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 - 2 StR 421/90, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29; S/SCramer /Perron aaO; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 202; Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 263 Rn. 25; Matt/Renzikowski/Saliger, StGB, § 263 Rn. 123; s. auch OLG Köln, Urteil vom 3. April 1962 - Ss 62/62, JMBl. NW 1962, 176; kritisch LK/Tiedemann aaO). Dies wird insbesondere angenommen, wenn die Kette der Verfügungen zwingende oder wirtschaftliche Folge des durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums und der Teilakt, der zum Vermögensverlust führt, dem Getäuschten zuzurechnen ist (BGH aaO; NK-StGBKindhäuser aaO; Lackner/Kühl aaO). So verhält es sich hier:
15
Die bei den Geldinstituten eingehenden Überweisungsträger waren Weisungen der Geschädigten und damit deren Vermögensverfügungen zu Gunsten des Angeklagten, nicht aber Verfügungen des Angeklagten, der - ohne nach außen in Erscheinung zu treten - lediglich den Zugang dieser Erklärungen bewirkte. Die Auszahlung der Überweisungsbeträge durch die Geldinstitute war auch die vom Angeklagten von vornherein bezweckte wirtschaftliche Folge des durch die Täuschung der Geschädigten hervorgerufenen Irrtums, die ausgefüll- ten und über seine Mitarbeiter dem Angeklagten überlassenen Überweisungsträger würden zur technischen Abwicklung der Kaufverträge benötigt.
16
Soweit vertreten wird, in Fällen der erschwindelten Herausgabe einer Bankanweisung liege bereits in deren Übergabe die maßgebliche Vermögensverfügung (LK/Tiedemann aaO; S/S-Cramer/Perron aaO; Matt/Renzikowski /Saliger aaO; vgl. auch OLG Köln aaO), steht dies dem gefundenen Ergebnis hier nicht entgegen: Insoweit wird argumentiert, eine Vermögensgefahr und damit letztlich auch eine Vermögensverfügung seien so lange zu verneinen , wie die Ausführung der Anweisung in der Einfluss- oder Herrschaftssphäre des Opfers stattfinde, weil der Getäuschte dann die Vermögensminderung unproblematisch verhindern könne; gebe der Getäuschte das Geschehen aber aus der Hand, so dass er die Ausführung der Anweisung nicht mehr oder nur noch unter günstigen Umstände verhindern könne, liege bereits eine konkrete Vermögensgefährdung vor, so dass bereits der erste Teilakt der Verfügung unmittelbar zu einer Vermögensminderung führe (LK/Tiedemann aaO; S/SCramer /Perron aaO; Matt/Renzikowski/Saliger aaO). Dies mag in Fällen zutreffen , in denen der Täter die erschwindelte Anweisung zeitnah verwendet oder verwenden will, um die Auszahlung zu erreichen. Dies war hier indes mit Blick auf den - dem Tatplan des Angeklagten entsprechenden - langen zeitlichen Abstand zwischen Übergabe der Überweisungsträger und deren Zugang bei den Geldinstituten nicht der Fall. Aufgrund der aufgezeigten freien Widerruflichkeit der Weisungen und der damit über einen langen Zeitraum bestehenden jederzeitigen Möglichkeit der Geschädigten, die endgültige Vermögensminderung durch einfache Erklärung gegenüber ihrem Geldinstitut abzuwenden, ist die Annahme einer konkreten, der Vermögensminderung gleichzusetzenden Vermögensgefahr hier bei wertender Betrachtung (noch) nicht gerechtfertigt.
17
Lag die endgültig zur Vermögensminderung führende Verfügung hier demgemäß erst mit dem Zugang der Überweisungsträger bei den Geldinstituten vor, besteht der Schaden in der Auszahlung der angewiesenen Beträge. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte in jedem Fall persönlich für den Zugang der Überweisungsträger sorgte, begegnet die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Strafkammer, ungeachtet der einheitlichen Anweisung des Angeklagten an seine Mitarbeiter, wie sie die Geschädigten auf den Verkaufsveranstaltungen täuschen sollten, jeweils von tatmehrheitlich begangenen Betrugstaten auszugehen, keinen Bedenken.
18
b) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht in den verbliebenen 38 Fällen die Einzelstrafen gegen den Angeklagten festgesetzt hat, sind rechtsfehlerfrei. Der durch die Einstellung der Fälle B. 2. und B. 26. der Urteilsgründe bedingte Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen (jeweils Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten) lässt den Gesamtstrafenausspruch unberührt. Angesichts der Einsatzstrafe von zwei Jahren und vier Monaten und den weiteren verbliebenen Einzelfreiheitsstrafen (34 mal zwei Jahre und drei mal ein Jahr und fünf Monate) schließt der Senat aus, dass die Strafkammer ohne diese beiden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Einwendungen des Beklagten sind, wenn der dem Beklagten obliegende Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt ist, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen.

(1) Liegt die Ursache für die Haftung eines Zahlungsdienstleisters gemäß den §§ 675u, 675y und 675z im Verantwortungsbereich eines anderen Zahlungsdienstleisters, eines Zahlungsauslösedienstleisters oder einer zwischengeschalteten Stelle, so kann der Zahlungsdienstleister von dem anderen Zahlungsdienstleister, dem Zahlungsauslösedienstleister oder der zwischengeschalteten Stelle den Ersatz des Schadens verlangen, der ihm aus der Erfüllung der Ansprüche eines Zahlungsdienstnutzers gemäß den §§ 675u, 675y und 675z entsteht.

(2) Ist zwischen dem kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers und einem Zahlungsauslösedienstleister streitig, ob ein ausgeführter Zahlungsvorgang autorisiert wurde, muss der Zahlungsauslösedienstleister nachweisen, dass in seinem Verantwortungsbereich eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.

(3) Ist zwischen dem kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers und einem Zahlungsauslösedienstleister streitig, ob ein Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt wurde, muss der Zahlungsauslösedienstleister nachweisen, dass

1.
der Zahlungsauftrag dem kontoführenden Zahlungsdienstleister gemäß § 675n zugegangen ist und
2.
der Zahlungsvorgang im Verantwortungsbereich des Zahlungsauslösedienstleisters ordnungsgemäß aufgezeichnet sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/06
vom
17. August 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. September 2005 in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) mit den Feststellungen aufgehoben. II. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. wird das vorgenannte Urteil im Hinblick auf die beiden Fälle II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift

)

1. dahin geändert, dass die Angeklagten B. und Sch. jeweils einer Untreue schuldig sind, 2. in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben. III. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten B. und Sch. werden verworfen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. und Sch. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in vier Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagten J. und N. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten B. , J. und N. beanstanden zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die nur die Fälle II. 2 a und b der Urteilsgründe betreffenden Verfahrensrügen nicht bedarf. Die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. sind im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) wegen gemeinschaftlicher Untreue in zwei Fällen schuldig gesprochen hat, vermögen die getroffenen Feststellungen die Annahme der Strafkammer nicht zu belegen, dass der Wohnungsbaugenossenschaft e.G. (im Folgenden: WBG) durch das Verhalten der Angeklagten ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt worden ist.
4
1. Nach den Feststellungen waren die Angeklagten B. undSch. Vorstandsmitglieder, der Angeklagte J. war Aufsichtsratsvorsitzender und der Angeklagte N. Mitglied des Aufsichtsrats der WBG, die zu 51 % an dem Stammkapital der Wohn- und Baugesellschaft mbH (im Folgenden : WuB) beteiligt war. Die übrigen 49 % des Stammkapitals hielt die N. Verwaltungs GmbH, an der alle Angeklagten als stille Gesellschafter beteiligt waren. Auf Sitzungen am 10. Oktober und 5. November 1996 kamen die Angeklagten überein, dass die WuB ein Wohnbebauungsprojekt durchführen solle, das Investitionen in Höhe von (mindestens) 6,7 Millionen DM erfordern würde (UA 14). Um die hierzu benötigten Darlehen zu erhalten, sollte die WBG entsprechende Bürgschaftserklärungen gegenüber Kreditinstituten abgeben. Absprachegemäß gingen die Angeklagten B. und Sch. als vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder der WBG, ohne zuvor den erforderlichen (§ 49 GenG, § 34 Abs. 1 Buchst. n der Satzung der WBG) zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung der WBG eingeholt zu haben, am 5. Mai 1997 gegenüber der A. -Bank eine selbstschuldnerische, unbefristete und einredefreie Höchstbetragsbürgschaft über 6,642 Millionen DM zu Lasten der WBG ein. Hierauf gewährte die Bank der WuB ein Darlehen über 5,535 Millionen DM. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der WuB wurde die WBG im Jahre 2000 aus der Bürgschaft in Höhe von zwei Millionen DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 a der Urteilsgründe).
5
Um eine Ausweitung der Kredite der Stadtsparkasse an die WuB um 900.000 DM zu erreichen, schlossen die Angeklagten B. und Sch. , wiederum für die WBG handelnd und wiederum ohne zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung, nach Absprache mit den Angeklagten N. und J. am 16. September bzw. 6. November 1997 einen Bürgschaftsvertrag mit der Sparkasse, in der eine bereits bestehende selbstschuld- nerische Bürgschaft über 631.000 DM auf 1.531.000 DM erweitert wurde. Aus dieser Bürgschaft wurde die WBG in der Folgezeit in Höhe von 900.000 DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 b der Urteilsgründe).
6
2. Das Landgericht ist hinsichtlich des Falles II. 2 a der Urteilsgründe von einer Vermögensgefährdung der WBG in voller Bürgschaftshöhe ausgegangen (UA 31). Die Behauptung der Angeklagten, dass das mit dem Darlehen finanzierte Bauprojekt der WuB "realistisch und kaufmännisch ordnungsgemäß kalkuliert" worden war, "so dass aus damaliger Sicht gar nicht die Gefahr bestanden habe, dass die Bürgschaft der WBG in Anspruch genommen werde", hat die Strafkammer lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob das Verhalten der Angeklagten pflichtwidrig war, erörtert und hier als rechtlich bedeutungslos angesehen, da die Pflichtwidrigkeit bereits aus dem Fehlen der Zustimmung der Vertreterversammlung zur Eingehung der Bürgschaft folge (UA 32). Dabei hat das Landgericht verkannt, dass die Einlassung der Angeklagten für die Frage, ob die WBG infolge der Übernahme der Bürgschaft im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geschädigt wurde, von Relevanz ist. Ob nämlich ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen ex-ante vorzunehmenden Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHSt 47, 295, 301 f.; BGH wistra 2000, 384, 386; NStZ-RR 2001, 241, 242). An einem Nachteil fehlt es regelmäßig, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren, zu denen auch Gewinnerwartungen zählen können (BGH NStZ 1996, 191), sich gegenseitig aufheben.
7
Durch die Bürgschaftsverpflichtung wurde das Vermögen der WBG belastet , wobei wirtschaftlich gesehen die Höhe der Belastung von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Bürgschaft abhing (vgl. Hoyos/M. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. § 249 HGB Rdn. 100). Da die Bürgschaft zur Finanzierung eines Bauprojekts der WuB diente, an der die WBG zu 51 % beteiligt war, sie deshalb an der Wertschöpfung durch das Bauvorhaben teilhatte, muss geklärt werden, ob der Vermögenseinbuße durch die Bürgschaftsgewährung damals ein diese ausgleichender Vermögenszuwachs durch das in Aussicht genommene Bauprojekt gegenüber stand. Der vom Landgericht angenommene Gefährdungsschaden mit der vollen Bürgschaftssumme wäre nur dann zutreffend, wenn - was nicht festgestellt ist - das Bauprojekt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre oder es sich um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelte (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1236; GA 1977, 342, 343; NStZ 1996, 191).
8
Hinsichtlich des Falles II. 2 b der Urteilsgründe ist dem Urteil schon nicht zu entnehmen, welchem Zweck die Kreditausweitung bei der Sparkasse gedient hat. Es liegt aber nahe, dass auch sie im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der WuB erfolgt ist (vgl. UA 14, 15 f.), so dass zu der Frage eines Vermögensschadens der WBG aus den oben dargelegten Gründen weitere Feststellungen erforderlich sind.

II.


9
Soweit das Landgericht die Angeklagten B. und Sch. in den beiden Fällen II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift) jeweils wegen gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass nur eine Untreue vorliegt.
10
1. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen schlossen die Angeklagten B. und Sch. , für die WBG handelnd, mit der als Maklerin nicht besonders qualifizierten (vgl. UA 21) Lebensgefährtin eines Gesellschafters der N. Verwaltungs GmbH, Petra H. , am 10. Juni 1996 einen Maklervertrag , in dem sie diese mit dem Nachweis von Kaufinteressenten und/oder der Vermittlung eines Kaufvertragsabschlusses im Hinblick auf das im Eigentum der WBG stehende Anwesen Z. beauftragten. Die Provision von 8 % sollte entweder auf den Verkaufspreis aufgeschlagen und der Maklerin ausgezahlt oder im Direktgeschäft zwischen Maklerin und Käufer erzielt – also in jedem Fall letztlich vom Käufer entrichtet – werden (UA 23, 34). Am 27. August 1996 wurde der Maklervertrag u.a. auf das ebenfalls zu verkaufende Objekt R. erweitert, wobei die Provision auf 4 % herabgesetzt wurde. Noch am selben Tag wurde auf Veranlassung von Frau H. in einem den Maklervertrag ergänzenden "Protokoll" mit der WBG, diese vertreten durch die Angeklagten B. und Sch. , in Abänderung der vorgenannten Vereinbarung festgehalten, dass die Provision in jedem Falle von der WBG bezahlt werden solle; der bisher vertraglich vorgesehene Aufschlag der Provision auf den Verkaufspreis oder die direkte Bezahlung der Maklerin durch den Käufer wurden gestrichen. Zugleich wurde der Begriff der "Vermittlung" als Herstellung von Erstkontakten mit Kaufinteressenten oder alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten wie u.a. die Übergabe von Unterlagen definiert, selbst wenn der Erstkontakt nicht von der Maklerin, sondern über die WBG oder Dritte hergestellt worden war. Die Angeklagten beabsichtigten damit, der Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit den Provisionsanspruch gegen die WBG zu sichern, ohne dass die Genossenschaft hieran ein wirtschaftliches Interesse haben konnte. Ihnen war bewusst, dass sie mit der Regelung Frau H. "für ihren Provisionsanspruch einen 'Blanko-Scheck' ausstellten" (UA 23).
11
Auf Grund der Vereinbarung zahlte die WBG jeweils auf Veranlassung der Angeklagten B. und Sch. an die Maklerin nach Verkauf des Objektes Z. am 4. November 1997 181.240 DM und nach Verkauf des Anwesens R. am 23. April 1998 weitere 193.200 DM, wobei ein Provisionsanspruch jeweils nur auf der Grundlage des "Protokolls" bestand (UA 24, 35).
12
2. Das Landgericht hat zwei Untreuehandlungen der Angeklagten B. und Sch. zum Nachteil der WBG darin gesehen, dass die Angeklagten mit der Maklerin durch das "Protokoll" eine Vereinbarung trafen, die - abweichend von der damals geltenden Vertragslage - die WBG dazu zwang, die Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit aus eigenem Vermögen zu vergüten, sie dadurch das Vermögen der WBG “missbräuchlich gefährdet(en)“ (UA 35) und sie auf der Grundlage des "Protokolls" schließlich die beiden Maklerprovisionen auszahlen ließen (UA 34).
13
Diese Würdigung hält insoweit rechtlicher Prüfung nicht stand, als - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nur ein Fall der Untreue vorliegt; denn bereits mit der nunmehr die WBG als Zahlungspflichtige bestimmenden Vereinbarung in dem Protokoll trat ein - zur Vollendung des Tatbestands ausreichender (vgl. BGH NStZ 2001, 650) - konkreter Gefährdungsschaden zum Nachteil der WBG ein, der durch die späteren, auf Grund des "Protokolls" erfolgten Auszahlungen der Maklerprovisionen nur vertieft wurde (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 81).
14
Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher hätten verteidigen können.
15
Mit der Schuldspruchänderung entfallen auch die für den Fall II. 3 der Urteilsgründe erkannten beiden Einzelstrafen; der neue Tatrichter wird insoweit eine Strafe festzusetzen haben.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien und Maatz Kuckein Ri'inBGH Solin-Stojanović sind infolge urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert zu unterschreiben. Maatz Sost-Scheible
5 StR 103/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
alsVerteidigerfürden Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwalt Wi.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten R. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. September 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt entfällt. Der Angeklagte S. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte R. verurteilt worden ist, einschließlich der Feststellungen zum Vermögensnachteil der Stadt Dresden und zum Untreuevorsatz. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang und zum Vorsatz der Bankrottbeihilfe bleiben aufrechterhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten R. verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten R. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, wegen Bankrotts sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten R. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott schuldig gesprochen und gegen ihn eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme hat das Landgericht den Angeklagten R. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Die beiden Angeklagten haben ihre Verurteilungen umfassend angefochten. Im Ergebnis hat nur die Revision des Angeklagten R. einen Teilerfolg.

A.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte R. war Oberbürgermeister der Stadt Dresden , der Angeklagte S. hat dem Angeklagten R. zugearbeitet. Der Angeklagte S. , der ein enger Vertrauter des Angeklagten R. aus Zeiten früherer gemeinsamer kommunalpolitischer Tätigkeit war, geriet spätestens im Sommer 2002 in massive finanzielle Schwierigkeiten. In Kenntnis eines gegen ihn bevorstehenden Insolvenzverfahrens leitete er von seinen Konten bei der Stadtsparkasse Dresden, der Deutschen Bank und der Advance Bank insgesamt etwa 45.000 Euro auf andere Konten, um die Gelder so vor dem Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Inhaber dieser Konten waren seine Mutter, die mit ihm persönlich eng verbundene H sowie er selbst mit einem Konto bei der Deutschen Bank 24.
Der Angeklagte S. beantragte im Oktober 2002 beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diesem Antrag fügte er die Ausfertigung einer vor dem Notar B. in Radebeul abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bei, in der er die vorgenannten Transaktionen verschwieg und lediglich das Konto bei der Deutschen Bank 24 angab. Auch nachdem das Insolvenzverfahren im Februar 2003 eröffnet war, offenbarte er gegenüber dem zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalt Mo. weder das Konto seiner Mutter noch das Konto von H , obwohl die Guthaben wirtschaftlich allein ihm zur Verfügung standen. Auf seine Kinder lautende Konten, die ihm ebenfalls allein zuzuordnen waren , verschwieg er gleichfalls.
4
Zwischen dem Angeklagten S. und dem Angeklagten R. bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Für den Angeklagten R. , den – zwischenzeitlich suspendierten – Oberbürgermeister der Stadt Dresden, war der Angeklagte S. ein wichtiger Mitarbeiter und Berater. Als gesetzlicher Vertreter der Stadt Dresden vereinbarte er zunächst mit dem Angeklagten S. einen bis 31. Dezember 2001 laufenden, dann um ein Jahr verlängerten Dienstvertrag, der eine Dienstverpflichtung für 110 Arbeitstage im Jahr und eine tägliche Vergütung von 460 Euro (900 DM) pro Arbeitstag vorsah. In der Folge des Hochwassers im Jahr 2002, das zu erheblichen Flutschäden in Dresden geführt hatte, setzte der Angeklagte R. den Angeklagten S. im Februar 2003 als „Flutkoordinator“ ein und übertrug ihm die Leitung des „Büros Hochwasserschadenabwicklung“.
5
Der Angeklagte R. , der um die finanziellen Probleme des Angeklagten S. wusste, schloss am 17. April 2003 mit dem Angeklagten S. , der unter der Geschäftsbezeichnung „A. C. , vertreten durch S. “ handelte, einen bis 30. Juni 2005 befristeten Vertrag, der eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500 Euro brutto vorsah. Nach diesem Vertrag oblag dem Angeklagten S. die Koordination der Hochwasserschadensabwicklung im Auftrag des Oberbürgermeisters. Anfang 2004 gab der Angeklagte R. dem Drängen des Angeklagten S. nach und änderte den Vertrag ab. Vertragspartner wurde nunmehr die „A. C. , vertreten durch H. “, wobei allerdings bestimmt wurde, dass die Leistungen von dem Angeklagten S. als „alleinigem Erfüllungsgehilfen“ erbracht werden sollten. Zugleich wurde die monatliche Vergütung rückwirkend ab Januar 2004 bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages am 30. Juni 2005 auf etwa 9.000 Euro brutto erhöht. Nach den Feststellungen des Landgerichts diente diese Vertragskonstellation dazu, die Gelder zu erheblichen Teilen dem Insolvenzverwalter zu entziehen und dem Angeklagten S. über H. zukommen zu lassen. Die Vergütung war nach Annahme des Landgerichts (UA S. 28, 62) im Hinblick auf die vom Angeklagten S. erbrachten Leistungen objektiv angemessen und nicht überhöht. Nachdem dem Angeklagten R. im Juli 2004 vom Regierungspräsidium durchgreifende Bedenken gegen die weitere Möglichkeit, die Vergütung des Angeklagten S. zu 90 % zu subventionieren, wegen deren Erhöhung eröffnet worden waren, erneuerte der Angeklagte R. gleichwohl unter dem 28. Juli 2004 den mit der „A. C. , vertreten durch H. “ geschlossenen Änderungsvertrag und beendete zugleich in einem „Überleitungsvertrag“ vorbehaltlos den vorangegangenen Vertrag vom 17. April 2003.
6
Der Angeklagte S. hatte sich Anfang Februar 2003, als die Beauftragung der G. , einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Sächsischen Landesbank, als Generalübernehmerin für den Wiederaufbau wichtiger Verkehrsanlagen ins Auge gefasst wurde, an Verantwortliche der G. gewandt. Unter Hinweis auf seine Nähe zum Oberbürgermeister brachte der Angeklagte S. dabei den Wunsch vor, einen mit mehreren Tausend Euro monatlich dotierten Beratervertrag zu erhalten. Wie er erkannte, war seinen Verhandlungspartnern von der G. dabei klar, dass der Angeklagte S. erheblichen Einfluss auf die Beauftragung hatte. Zum Abschluss eines Beratervertrages kam es nicht, weil die Beauftragung der G. aus anderen Gründen scheiterte. An den später stattfindenden Verhandlungen mit der B. , die prinzipiell bereits im Februar 2003 den Zuschlag als externer Projektsteuerer erhielt, war der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt. Als die Verhandlungen über den Vertrag im Einzelnen ins Stocken gerieten, ging der Angeklagte S. mehrmals zwischen März und Ende 2003 auf die Verantwortlichen der B. zu, um sie zum Abschluss eines Beratervertrages mit ihm zu veranlassen. Auch hier wollte der Angeklagte S. seine Stellung innerhalb der Stadtverwaltung und insbesondere zum Angeklagten R. dazu nutzen, um für die B. möglichst günstig und reibungslos die Projektsteuerung umzusetzen. Letztlich ging jedoch die B. auf das Ansinnen des Angeklagten S. nicht ein.
7
2. Das Landgericht hat im Fordern eines Beratervertrages gegenüber Mitarbeitern der G. und der B. bei dem Angeklagten S. jeweils ein Vergehen der Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs. 1 StGB gesehen. Jedenfalls aus Sicht der potenziellen Vertragspartner habe er seinen Einfluss auf die Vergabe oder Ausgestaltung der Aufträge von dem geforderten Vorteil abhängig gemacht. Aufgrund seiner Funktion als „Flutkoordinator“ sei der Angeklagte S. Amtsträger gewesen, auch wenn er nicht unmittelbar weisungsbefugt gegenüber städtischen Bediensteten gewesen sei. Als verlängerter Arm des Oberbürgermeisters habe er öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Dieses sei ihm auch bewusst geworden. Wenn der Angeklagte S. sich selbst nicht als Amtsträger gesehen habe, führe dies lediglich zu einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
8
Die Verheimlichung der Kontenguthaben gegenüber dem Insolvenzverwalter hat das Landgericht als eine einheitliche Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB angesehen, wozu die strafbare Handlung der falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit stehe. Da das Amtsgericht Chemnitz hierfür zuständig gewesen sei, kam es nach Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, dass der Angeklagte S. eine eidesstattliche Versicherung unaufgefordert von sich aus abgegeben habe.
9
Der Abschluss des Vertrages mit der Stadt Dresden unter dem Namen H. erfüllt nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls den Tatbestand einer weiteren selbständigen Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Hierzu habe der Angeklagte R. Beihilfe geleistet , da er die desolate finanzielle Situation des Angeklagten S. gekannt habe und ihm die Einkünfte ungeschmälert habe zukommen lassen wollen. Zugleich liege bei dem Angeklagten R. noch eine (tateinheitliche ) Untreue vor, weil er gegenüber der Stadt seine Verfügungsbefugnis missbraucht habe. In der deutlichen Erhöhung der Vergütung liege ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot. Der mit H. geschlossene Vertrag sei sittenwidrig; allein der Abschluss dieses Vertrages begründe deshalb eine Vermögensgefährdung. Die Gefährdung habe sich in den ausgezahlten Monatsraten abzüglich der Raten aus dem alten Vertrag realisiert. Dieser tatsächlich entstandene Schaden in Höhe von etwa 75.000 Euro stelle einen Vermögensverlust großen Ausmaßes dar.
10
3. Das Landgericht hat den Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch das gegenüber der G. bei den Vertragsverhandlungen vorgebrachte Begehren des Abschlusses eines Beratervertrages mit dem Angeklagten S. mangels Nachweises einer bewussten Unrechtsvereinbarung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B.


11
Lediglich die Revision des Angeklagten R. ist begründet. Die Revisionen des Angeklagten S. und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.


12
Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
13
1. Die Verfahrensrüge, mit der die vom Strafkammervorsitzenden im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnete Einführung einer früheren Aussage des Zeugen Sch. als Verstoß gegen § 250 StPO beanstandet wird, hat keinen Erfolg. Die Konstanz der Aussagen des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Sch. konnte bereits durch dessen eigene Angaben zu seiner früheren Aussage, gegebenenfalls nach deren Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt werden (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 9; BGH StV 1996, 412). Ergänzend zu seiner Aussage – nicht sie im Sinne des § 251 StPO ersetzend – durfte dann, auch zur maßgeblichen Abrundung der Beweiswürdigung zur Aussagekonstanz (UA S. 46), die Niederschrift über die frühere Aussage verlesen werden (MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 250 Rdn. 12).
14
2. Die Verurteilungen wegen Bestechlichkeit halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat den Angeklagten S. zutreffend als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Begründung einer Amtsträgerstellung im Sinne der §§ 331 ff. StGB erforderlich, dass der Betreffende zum Amtsträger bestellt wurde. Die Bestellung ist von der bloßen privatrechtlichen Beauftragung zu unterscheiden. Sie setzt voraus , dass der Betreffende über den Einzelfall hinaus mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut und in die behördliche Organisation eingebunden wird (vgl. BGHSt 43, 96, 105; 46, 310, 313). Hieran kann beim Angeklagten S. – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen.
16
aa) Mit Beginn der Flutschadensabwicklung war der Angeklagte seit Ende 2002 befasst, ab Februar 2003 sogar in einer Leitungsfunktion tätig. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte er im Außenverhältnis die Verhandlungen und leitete das „Büro Hochwasserschadenabwicklung“. Ihm standen eine Sekretärin und ein Büroraum zur Verfügung. Selbst wenn er formal kein Weisungsrecht gegenüber den kommunalen Bediensteten hatte, übte er jedoch faktisch Leitungsfunktionen gegenüber den Mitarbeitern des Büros aus. Dessen Aufgabenbereich war auch öffentlich-rechtlich geprägt. Gegenstand der Tätigkeiten des Büros war der Wiederaufbau kommunaler Verkehrs- und Infrastrukturanlagen und die Verwaltung von Fördermitteln. Das Büro hat damit unmittelbar öffentliche Aufgaben (vgl. hierzu BGH wistra 2007, 302, 304), teilweise sogar hoheitlicher Art wahrgenommen.
17
bb) Entgegen der Auffassung der Verteidigung war der Angeklagte S. auch bestellt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Hierzu bedarf es keines förmlichen Bestellungsaktes. Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Rechtsfrage ohnehin nur für die Bestechlichkeitshandlung gegenüber der G. zu. Bei den Handlungen gegenüber der B. bestand die Besonderheit , dass der Angeklagte bei seinen späteren Vorstößen, für sich einen Beratervertrag zu erlangen, durch den Angeklagten R. förmlich verpflichtet war. Eine solche förmliche Verpflichtung fand bei Abschluss des Beratervertrages am 17. April 2003 statt. Nach diesem Zeitpunkt erfolgten weitere Anläufe des Angeklagten S. , für sich den Abschluss eines Beratervertrages zu erreichen. Jedenfalls für diese Handlungen wäre er dann zumindest als besonders Verpflichteter im Sinne des § 332 StGB tätig gewesen.
18
Das Landgericht hat darüber hinaus ohne Rechtsverstoß für sämtliche Bestechlichkeitshandlungen und insbesondere für die gegenüber der G. , die zwischen Januar und März 2003 stattfanden, eine Amtsträgereigenschaft angenommen. In diesem Zeitraum bestand kein vertragsloser Zustand. Zwar war der ursprünglich geschlossene Beratervertrag zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen und ein neuer Beratervertrag noch nicht geschlossen worden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Angeklagte S. insoweit ohne Rechtsgrund gearbeitet hätte. Vielmehr ist noch Anfang 2003 der ursprüngliche Beratervertrag stillschweigend verlängert worden (§ 625 BGB). Ein entsprechender Rechtsbindungswille war sowohl auf Seiten des Angeklagten R. als auch des Angeklagten S. vorhanden. Beide Angeklagten wollten, dass S. , der seit Anfang Februar mit der Leitung des Büros beauftragt wurde, für die Stadtverwaltung tätig blieb. Dass dies nicht unentgeltlich erfolgen sollte, war offensichtlich. Soweit nicht stillschweigend das ursprüngliche Honorar vereinbart war, wäre im Übrigen die ortsübliche Vergütung geschuldet gewesen (§ 612 Abs. 2 BGB).
19
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass eine Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB auch formfrei erfolgen kann. Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (BGHSt 43, 96, 102 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ). Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich mit der Begriffsbestimmung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, welche die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten betrifft. Bei diesem Personenkreis rechtfertigt der formale Akt der Verpflichtung die Gleichstellung mit Amtsträgern in strafrechtlicher Hinsicht. Ein solcher formaler Akt, der im Übrigen regelmäßig die Betreffenden zu besonders Verpflichteten machen würde, ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit c. StGB nicht erforderlich. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4). Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Sie beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4).
20
b) Das Landgericht hat bei dem Angeklagten S. auch den entsprechenden Vorsatz eines Amtsträgers rechtsfehlerfrei bejaht. Dies ist unproblematisch , soweit es sich um die Tat gegenüber der B. handelte, weil der Angeklagte S. spätestens auf Grund der von ihm abverlangten Verpflichtungserklärung über den öffentlich-rechtlichen Bezug seines Tätigkeitsfeldes unterrichtet wurde. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung und liegt – wie hier – kein anderer förmlicher Bestellungsakt vor, sind allerdings an den Nachweis in subjektiver Hinsicht besondere Anforderungen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht übersehen. Dabei reicht es nicht aus, dass der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Er muss auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben.
21
Hieran kann aber bei der gegebenen Sachlage kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte S. ausweislich der Feststellungen seine Einbeziehung in die Verwaltungstätigkeit der Stadt Dresden kannte und um seinen Einfluss wusste. Hiermit warb er sowohl gegenüber der G. als auch gegenüber der B. . Insoweit war ihm die gesetzliche Wertung bewusst, die Grundlage der Strafvorschriften über Amtsträger ist. Dagegen brauchte der Angeklagte S. seine Tätigkeit nicht juristisch zutreffend einzuordnen. Ein solcher Subsumtionsirrtum lässt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – den Vorsatz unberührt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedurfte es hier keiner Ausführungen zu einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein die Anwendbarkeit des § 17 StGB begründendes fehlendes Unrechtsbewusstsein hat der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen nicht einmal behauptet. Die bloße falsche Einordnung seines Verhaltens beinhaltet dies nicht notwendigerweise. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten S. , wäre er nicht als Amtsträger anzusehen , jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB strafbar wäre. Namentlich unter Berücksichtigung dieses Umstandes brauchte das Landgericht die Möglichkeit nicht zu erörtern, der Angeklagte habe sein Verhalten als rechtmäßig angesehen und sich deshalb in einem Verbotsirrtum befunden.
22
3. Während die Schuldsprüche wegen Bankrotts – auch zur vertretbar vorgenommenen Bestimmung des Schuldumfangs – keinen Rechtsfehler aufweisen, kann die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt keinen Bestand haben. Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB setzt voraus, dass die Behörde, vor der diese Versicherung abgegeben wird, hierfür auch zuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit nicht nur auf die allgemeine Zuständigkeit der Behörde. Vielmehr muss die eidesstattliche Versicherung auch über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, und in dem Verfahren, zu dem sie eingereicht wird, abgegeben werden dürfen und darf rechtlich nicht wirkungslos sein (BGH StV 1985, 505). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, ist im Insolvenzverfahren die eidesstattliche Versicherung vom Schuldner zu Protokoll zu erklären (§ 98 Abs. 1 InsO). Diese Regelung gilt bereits im Eröffnungsverfahren (§ 20 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann die Erklärung nur in Person und mündlich abgeben. Diese eindeutige Rechtslage wird noch durch den Verweis in § 98 Abs.1 Satz 2 InsO auf § 478 ZPO unterstrichen, der die Eidesleistung von dem Eidespflichtigen in Person verlangt. Mithin muss also auch die Versicherung an Eides Statt vom Schuldner persönlich erfolgen. Eine schriftliche Erklärung genügt diesem Formerfordernis nicht. Sie ist damit rechtlich wirkungslos. Die vom Landgericht aufgeworfene (und bejahte) Frage, ob auch eine unaufgefordert abgegebene falsche Versicherung an Eides Statt eine Strafbarkeit nach § 156 StGB begründen kann, stellt sich somit nicht, weil im Rahmen des Verfahrens über die Insolvenzeröffnung eine schriftliche Erklärung als Grundlage für eine Versicherung an Eides Statt nicht genügt.
23
4. Der Strafausspruch kann dennoch bestehen bleiben.
24
a) Die rechtsfehlerhafte Annahme einer Strafbarkeit nach § 156 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt. Dieser Straftatbestand stand in Tateinheit zu einer mehraktigen Bankrotthandlung, die zu einer Verheimlichung von über 45.000 Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter geführt hat. Schon wegen des deutlich höheren Gewichts dieses Delikts und angesichts des Umstands, dass die, wenngleich nicht gesondert strafbare, Einreichung einer von einem Notar beurkundeten inhaltlich unrichtigen eidesstattlichen Versi- cherung ein allgemein strafschärfend zu wertendes Fehlverhalten war und das Landgericht die rechtsfehlerhaft angenommene idealkonkurrierende Tat wegen der unaufgeforderten Abgabe der Erklärung geringer gewichtet hat (UA S. 74), schließt der Senat sicher aus, dass die für die Tat verhängte maßvolle Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten von dem Fehler beeinflusst war.
25
b) Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei. Das Landgericht durfte die Tatwiederholung und die Gesamttatdauer ebenso strafschärfend werten wie den Gesamtumfang der Vergütungen, die an H. geflossen sind. Diese hätten nämlich – wie oben ausgeführt – dem Angeklagten S. zugestanden und sind deshalb der Gläubigergemeinschaft zunächst umfassend entzogen worden. Die Höhe der Summe kann mithin als verschuldete Auswirkung der Tat einen für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt bilden.

II.


26
Die Revision des Angeklagten R. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, allerdings unter weitgehender Aufrechterhaltung den Beschwerdeführer auch belastender Feststellungen.
27
1. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Ohne entsprechende Antragstellung von Seiten des Beschwerdeführers war das Landgericht nicht gedrängt, von diesem behaupteten, nicht realisierten Plänen über die im Vergleich zur durchgeführten Vertragsänderung andersartig gelagerte Einschaltung einer Anwaltskanzlei nachzugehen, die den Angeklagten S. anstellen und dann an seiner Stelle von der Stadt Dresden mit der Fluthilfekoordinierung betraut werden sollte.
28
2. Der Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB hält jedoch sachlich-rechtlich revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
29
a) Das Landgericht sieht den Pflichtverstoß des Angeklagten R. darin, dass er die Vergütung für den Angeklagten S. um das Dreifache erhöht habe, obwohl der Angeklagte S. auch für den ursprünglichen Betrag seine Dienstleistung hätte erbringen müssen und auch erbracht hätte. Damit habe der Angeklagte R. gegen das Sparsamkeitsgebot verstoßen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
30
aa) Das Landgericht kommt aufgrund einer rechtsfehlerhaften Auslegung zu der Annahme, dass der vom Angeklagten S. geschuldete Leistungsumfang durch die Vergütungserhöhung unberührt geblieben ist. Dem Tatrichter steht zwar bei der Auslegung von Verträgen ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Deshalb beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2004, 2248, 2250 m.w.N.).
31
Die Auslegung des Landgerichts lässt drei Gesichtspunkte außer Betracht und begegnet deshalb durchgreifenden Bedenken.
32
Das Landgericht stützt seine Wertung, der Leistungsumfang habe sich nicht geändert, darauf, dass der Angeklagte S. schon auf der Grundlage des alten Vertrages einen „Fulltimejob“ ausgeübt habe und fast rund um die Uhr tätig gewesen sei (UA S. 56). Dieser tatsächlich von dem Angeklagten S. erbrachte Einsatz belegt nicht zwingend den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das Landgericht hätte sich auch mit der nicht gänzlich fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Arbeitseinsatz des Angeklagten S. unter Umständen überobligatorisch erfolgte. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte weder einen werkvertraglichen Erfolg schuldete noch sein Tätigkeitsfeld über Stunden oder einen fest umrissenen Arbeitsanfall messbar war, hätte das Landgericht auch bedenken müssen, was Bezugsmaßstab für die Vergütung war. Da die dienstvertragliche Vergütung immer in einer Beziehung zum Umfang der Tätigkeit steht, beeinflusst die Vergütungshöhe naturgemäß auch die Bestimmung des zu erwartenden Aufwands. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Angeklagte S. seine Tätigkeit als „Flutkoordinator“ nach Weisung des Oberbürgermeisters zu erbringen hatte. Deshalb ist bei einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden interessenkonformen Auslegung die Vergütungshöhe als Maßstab für die Auslegung des geschuldeten Tätigkeitsumfangs heranzuziehen. Hilfsweise muss analog § 612 Abs. 2 BGB die Ortsüblichkeit eines entsprechenden synallagmatischen Verhältnisses zwischen Dienstverpflichtung und Vergütungshöhe ermittelt werden.
33
Bedenklich ist zudem die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte S. habe nicht mit der Kündigung des Altvertrags gedroht. Abgesehen davon, dass wegen der geringen Vergütung eine solche Kündigungsdrohung nahe lag und diese von zwei weiteren Zeugen bestätigt wurde, ist die Nichterwähnung dieses Umstandes in einem Gespräch des Angeklagten R. mit dem Zeugen B. allein keine tragfähige Grundlage, um eine solche Kündigungsdrohung auszuschließen. Dabei hätte zumindest dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen eine solche Information für die in diesem Gespräch abgehandelte Thematik gehabt hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das besagte Gespräch fünf Monate nach der erfolgten Erhöhung der Vergütung stattgefunden hat.
34
Insbesondere hat es das Landgericht unterlassen, sich mit der naheliegenden Variante ausdrücklich auseinanderzusetzen, dass die niedrige Dotierung beim ursprünglichen Vertragsabschluss der Erwartung geschuldet war, der Angeklagte S. werde für seine Gesamttätigkeit bei der Flutkoordinierung ergänzend über einen gut dotierten Beratervertrag des Generalübernehmers entlohnt werden und dass eine – für den Umfang seines Einsatzes angemessene – Erhöhung erst dann vereinbart wurde, als sich diese Erwartung im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zerschlagen hatte.
35
bb) Das Landgericht leitet die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB aus einem Verstoß gegen das kommunalrechtliche Sparsamkeitsgebot ab. Diese Auffassung ist selbst dann nicht frei von rechtlichen Bedenken, wenn man unterstellt, dass der Leistungsumfang der Dienstverpflichtung des Angeklagten S. sich durch den Vertrag mit erhöhter Vergütung nicht verändert hat. Der Sparsamkeitsgrundsatz (§ 72 Abs. 2 SächsGO), der ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich darstellt (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO), verpflichtet nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Das Sparsamkeitsgebot ist als rechtliche Steuerungsnorm dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeinsamen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahingehend zu bilden , solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH wistra 2005, 178, 180).
36
Das Sparsamkeitsgebot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Helm in Piduch, BHO 41. Lfg. § 7 Rdn. 1; v. Köckritz, BHO 36. Lfg. § 7 Rdn. 2.2). Beide bedingen einander, weil letztlich die wirtschaftlichste Lösung auch insgesamt gesehen die sparsamste ist. Deshalb ist es etwa bei Vergabeentscheidungen nach § 97 GWB anerkannt, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der Zuschlag dann nicht erfolgen kann, wenn das Angebot unangemessen niedrig ist (vgl. Wagner in Langen/Bunte, Kartellrecht 10. Aufl. § 97 GWB Rdn. 85).
37
Für die Entscheidung, welche Vergütungshöhe zu bezahlen ist (vgl. für Wirtschaftsunternehmen BGHSt 50, 331, 336), ist im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz , wonach Vergütungserhöhungen durch den Sparsamkeitsgrundsatz gehindert sind, wenn der Betreffende auch zu den ursprünglichen Bedingungen seine Leistung zu erbringen hat, kennt das deutsche Recht nicht. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum grundsätzlich nicht, soweit ihn keine öffentlich -rechtlichen Vorschriften begrenzen, wenn er eine angemessene Vergütung – unter Umständen auch in Abänderung eines bestehenden Vertrages zugunsten des bislang nicht angemessen entlohnten Beschäftigten – bezahlt. Dies gilt sogar, wenn der Vertragspartner aufgrund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden nur eine äußere Grenze. Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots gewählt wurde. Vielmehr können im Interesse einer effektiven und qualitativ befriedigenden Aufgabenerfüllung auch Gesichtspunkte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Verantwortungsbewusstsein , Fortbildungsbereitschaft oder innerbetriebliche Harmonie zulässige Gesichtspunkte für die Bemessung der Vergütung bilden. Regelmäßig liegt deshalb eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird.
38
cc) Die Annahme des Landgerichts, die getroffene Vergütungserhöhung , die auf der Grundlage des mit H. geschlossenen Vertrages erfolgt ist, sei sittenwidrig, unterliegt ebenso durchgreifenden Bedenken. Zwar trifft es zu, dass Vertragsgestaltungen, die darauf gerichtet sind, in der Insolvenz der Gläubigergemeinschaft Vermögenswerte zu entziehen , gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder auch sittenwidrig sein können. Nach den Urteilsfeststellungen liegt im gegebenen Fall jedoch nahe, dass die Einschaltung von H. lediglich zum Schein erfolgen sollte. Wie das Landgericht nämlich unter Würdigung der vorhandenen Beweismittel zutreffend dargelegt hatte, diente die Einschaltung von H. allein dazu, die aus der Dienstleistung vereinnahmten Gelder dem Angeklagten S. unter Umgehung des Insolvenzverwalters unmittel- bar zukommen zu lassen. Die dienstvertraglichen Pflichten sollte allein und ausschließlich der Angeklagte S. erfüllen. Diesem sollte letztlich wirtschaftlich auch das Entgelt zukommen. Eine primäre Verpflichtung von H. war dagegen nicht ernsthaft gewollt; vielmehr sollte sie lediglich die Adresse für die Vereinnahmung der Gelder liefern. Da eine dienstvertragliche Pflichtenstellung mit H. nach der Willensübereinstimmung der Parteien nicht angestrebt war, liegt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB vor (vgl. BAG NJW 1993, 2767).
39
Bei einem Scheingeschäft gelten dann nach § 117 Abs. 2 BGB die Regeln des verdeckten Geschäftes. Dieses war ein Dienstvertrag, wenn nicht sogar aufgrund des ausgeprägten Umfangs der Eingliederung des Angeklagten S. in die Stadtverwaltung Dresden ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag war weder nach § 134 BGB noch nach § 138 BGB nichtig. Solches ergibt sich schon zwangsläufig aus dem Schutzzweck, der darin besteht, dem Insolvenzverwalter die erarbeitete Vergütung auch zukommen zu lassen. Entfiele nämlich eine vertragliche Bindung und mithin eine Vergütungspflicht, liefe dies darauf hinaus, dass die zu schützende Gläubigergemeinschaft gleichfalls keinen Anspruch hätte.
40
b) In Betracht kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Untreue, weil der Angeklagte R. die Auszahlungen als „sachlich richtig“ zeichnete und so die Auszahlungen an H. veranlasste. Bestand das eigentliche Leistungsverhältnis zwischen der Stadt Dresden und dem Angeklagten S. als Person, war der Angeklagte S. als wirklicher Vertragspartner auch Gläubiger der Vergütungsansprüche hieraus. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren die Leistungen dann gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen. Den Auszahlungen an H. fehlte deshalb der rechtfertigende Grund. Infolge des gegen den Angeklagten S. eröffneten Insolvenzverfahrens hatten die Zahlungen an H. keine befreiende Wirkung, weil der Angeklagte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannte (§ 82 InsO).
41
Diese unter Missachtung des laufenden Insolvenzverfahrens veranlassten Zahlungen an H. waren pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB. Da sie nicht zu einem Erlöschen der Verbindlichkeiten der Stadt Dresden aus dem Dienstvertrag mit dem Angeklagten S. führten, war die Stadt um diesen Betrag geschädigt. Dies begründet einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB.
42
Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB würde jedoch voraussetzen , dass der Angeklagte R. insoweit vorsätzlich gehandelt hat. Zwar kannte er alle zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Dies reicht jedoch für die Vorsatzfeststellung nicht aus. Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend hätte erfassen müssen. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1).


43
Die subjektive Tatseite bedarf mithin neuer tatrichterlicher Aufklärung. Dabei reicht es nicht aus, allein auf ein Unrechtsbewusstsein des Angeklagten R. im Blick auf die Verheimlichung der Vergütungen gegenüber dem Insolvenzverwalter abzustellen. Dies schließt nämlich nicht zwangsläufig mit ein, dass er ebenso gegenüber der Stadt Dresden, zu der er als Oberbürgermeister in einem Treueverhältnis stand, eine Vermögensschädigung billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 157; 48, 331, 346). Er muss erkannt haben, dass die mit H. geschlossene Vereinbarung als eine mit dem Angeklagten S. getroffene anzusehen ist und dass Zahlungen an sie keine schuldbefreiende Wirkung haben konnten, zumindest aber damit gerechnet haben, dass die Stadt Dresden sich durch die entsprechenden Zahlungen einer Haftung gegenüber S. s Gläubigern oder dem Konkursverwalter aussetzt. Nur wenn der Angeklagte R. diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat, kann von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Dies ist bislang nicht – auch nicht etwa durch die Annahme seiner Kenntnis von einer Nichtigkeit des Vertrages – inzident vom Landgericht mitgeprüft worden und versteht sich als Ergebnis einer entsprechenden tatgerichtlichen Prüfung nicht ohne weiteres von selbst.
44
c) Gleichfalls neuer tatrichterlicher Prüfung bedarf als möglicherweise weiterer eine Untreue begründender Aspekt der Gesichtspunkt der Subventionierung durch das Regierungspräsidium, das endgültig im Juli 2004, nachdem die ersten Auszahlungen der höheren Vergütung an S. bereits erfolgt waren, für den Fall der Vertragsänderung mit höherer Entlohnung des Angeklagten S. eine Einstellung von deren 90-prozentiger Subventionierung sicher angekündigt hatte. Das Landgericht würdigt mögliche Auszahlungen des Subventionsgebers ersichtlich allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Zahlungen bei der für die Nachteilsbestimmung vorzunehmenden Gesamtsaldierung den anzusetzenden Schaden ganz oder teilweise entfallen lassen könnten. Dies ist rechtlich im Ansatz bedenkenfrei (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55), wobei es jedoch nicht auf das tatsächliche Verhalten des Regierungspräsidiums als des Subventionsgebers ankommt, sondern darauf, ob ein Anspruch auf Subventionierung bestanden hätte. Hierzu fehlen Feststellungen, zumal die Grundlagen der Subventionierung nicht näher dargelegt sind. Anknüpfungspunkt für die nunmehr zu treffenden Feststellungen muss der damals bestehende Rechtszustand sein, einschließlich der die Subventionierung regelnden untergesetzlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, soweit diese rechtmäßig sind.
45
Es liegt allerdings nahe, dass das Verhalten des Angeklagten R. gegenüber dem Regierungspräsidium als dem Subventionsgeber pflichtwidrig war, schon weil der Angeklagte R. das Regierungspräsidium nicht vollständig informiert hat. Im Zusammenhang mit der Subventionierung könnte ihm ein Untreuevorwurf jedoch nur gemacht werden, wenn er vorsätzlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte, Subventionszahlungen für den Stadthaushalt zu erlangen. Dies setzt voraus, dass – sofern die Verweigerung der Subventionierung der weiteren Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt rechtmäßig bzw. nicht nur auf einen rein formalen oder behebbaren Mangel zurückzuführen gewesen sein sollte – eine Möglichkeit bestanden hätte, die Funktionen, die der Angeklagte S. ausgeübt hat, anderen ebenfalls geeigneten Personen zu übertragen und hierfür Subventionen zu erlangen. Der Angeklagte R. könnte daher eine Untreue auch begangen haben, indem er – unsubventioniert – den Angeklagten S. für höheres Entgelt beschäftigte, anstatt eine Lösung gewählt zu haben, die im Rahmen der Hochwasserschadensabwicklung eine Subventionierung ermöglicht hätte.
46
d) Die neue tatrichterliche Prüfung kann dabei auch die vorgelagerte Frage umfassen, ob eine Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt erforderlich war oder die Hochwasserschadensabwicklung durch den vorhandenen Personalbestand der Stadtverwaltung hätte abgewickelt werden können. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte – wobei dem Angeklagten R. ein weiter Ermessensspielraum zukam –, wäre zu prüfen, ob der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung etwa unter Verletzung von Beteiligungsvorschriften insbesondere für kommunale Stellen erfolgt ist.
47
Ergäbe die insoweit vorzunehmende Prüfung eine Pflichtwidrigkeit des Angeklagten R. , käme eine Strafbarkeit wegen Untreue dennoch nur dann in Betracht, wenn die Stadt Dresden auch tatsächlich geschädigt wäre. Insoweit finden die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N.) Anwendung, weil auch hier eine Fallgestaltung vorliegt, bei der es um die Schädigung des haushaltsrechtlich gebundenen Vermögens eines öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts geht. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß eine Untreue. Vielmehr muss tatsächlich ein Vermögensnachteil entstanden sein (vgl. auch BGH wistra 2006, 307,

308).


48
e) Die bislang getroffenen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Vertragsgestaltungen, -abschlüsse und -änderungen, zu begleitenden Besprechungen sowie zu S. s Leistungen und zu den erfolgten Zahlungen sind rechtsfehlerfrei und bedürfen keiner Aufhebung. Auf ihrer Grundlage, gegebenenfalls unter Heranziehung diesen Feststellungen nicht widersprechender ergänzender Feststellungen, insbesondere zur Auslegung der vorgenannten Verträge, wird die Frage der Pflichtwidrigkeit vom neuen Tatgericht zu prüfen sein und werden neue Feststellungen zu einem möglichen Untreuevorsatz zu treffen sein. Bei einer erneuten Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue bedürfte es je nach der konkreten Fallgestaltung einer neuen tatrichterlichen Bestimmung des Schuldumfangs als Grundlage für den Strafausspruch.
49
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Untreue lässt auch die hierzu in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott entfallen.
50
a) Allerdings bestehen an sich gegen die Annahme dieses Straftatbestands keine Bedenken. Die vertragliche Konstruktion über die Beauftragung der H. , die der Angeklagte R. als Vertreter der Stadt Dresden mitgetragen hat, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB, weil sie darauf angelegt war, die hieraus erhaltenen Vergütungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Das hat das Landgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt. Die vom Angeklagten R. insoweit geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen sind unbegründet. Die Einlassung des Angeklagten R. ist in wesentlichen Grundzügen mitgeteilt worden. Aufgrund der Gesamtumstände hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß bei ihm den Vorsatz bejaht. Die Ausführungen der Revision hierzu erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
51
b) Gleichwohl kann der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben (§ 353 Abs. 1 StPO). Da das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend die im Vertragsschluss liegende Untreue und die hierin auch zu sehende Beihilfehandlung zum Bankrott als tateinheitliche Begehung gewertet hat, konnte der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott nicht gesondert aufrecht erhalten bleiben. Bei Tateinheit steht nämlich die Einheitlichkeit einer Tat der Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 353 Rdn. 7a). Allerdings bleiben sämtliche diesen Schuldspruch tragende Feststellungen aufrechterhalten. Erfolgt keine Verurteilung wegen der tateinheitlich angeklagten Untreue, wäre der Angeklagte R. ohne weiteres allein auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erneut wegen Beihilfe zum Bankrott zu bestrafen.

III.


52
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme richtet, ist unbegründet.
53
1. Die Anklage legt dem Angeklagten R. zur Last, dass er vom Zeugen N. den Abschluss eines Beratervertrages zwischen der G. und dem Angeklagten S. als Gegenleistung für den Generalübernehmervertrag mit der Stadt Dresden verlangt habe. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft eine Vorteilsannahme des Angeklagten R. .
54
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. gegenüber dem Zeugen N. geäußert hat, er wünsche, dass der Angeklagte S. als Koordinator gegenüber der Stadt Dresden eingesetzt werde, sollte es zum Vertragsschluss zwischen der G. und der Stadt Dresden kommen. Hieraus hat das Landgericht zwar geschlossen, dass der Zeuge den Eindruck gewinnen durfte, der Angeklagte R. fordere die Be- schäftigung des Angeklagten S. als Gegenleistung für den Vertragsabschluss. Das Landgericht hat sich jedoch nicht davon zu überzeugen vermocht , dass der Angeklagte R. erkannt hat, sein Wunsch nach einer Beschäftigung S. s könnte in einem Bedingungszusammenhang mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrags gestanden haben.
55
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand.
56
a) Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH wistra 2005, 304, 305; NStZ 2002, 48 m.w.N.).
57
b) Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht auf.
58
aa) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stehen die Zweifel des Landgerichts am Vorsatz des Angeklagten im Einklang mit den getroffenen Feststellungen. Dass das Landgericht dabei seine Zweifel an einer konkreten Tatsache festmacht oder sie gerade aus ihr herleitet, ist aus Rechtsgründen nicht geboten. Vielmehr ist der Tatrichter gehalten, aus dem Gesamtzusammenhang der von ihm objektiv festgestellten Tatsachen Schlüsse auf die Willensrichtung des Angeklagten zu ziehen. Ein solcher Schluss ist rechtsfehlerfrei, wenn er möglich und jedenfalls vertretbar erscheint , also die richterliche Überzeugungsbildung nicht überspannt wird. Dies ist hier der Fall.
59
bb) Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob dieser Erklärung schon der vom Landgericht beigemessene Erklärungswert zukommt, dass der vom Angeklagten R. geäußerte Wunsch, dem Angeklagten S.
einen Beratervertrag einzuräumen, als Bedingung für die Beauftragung der G. angesehen werden konnte. Insoweit ist diese Auslegung nicht unmittelbar durch Tatsachen belegt. Nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen mitgeteilten Aussage des Zeugen N. hat der Angeklagte seinen Wunsch so formuliert, dass S. den Beratervertrag erhalten sollte, sofern es zum Vertragsschluss komme. Der Angeklagte R. hat nach den Urteilsfeststellungen weder vorab einen Beratervertrag für S. verlangt, noch lässt sich dieser Erklärung ihrem Wortsinn nach ein Bedingungszusammenhang entnehmen. Der Zeuge N. hat dies ausweislich der Urteilsfeststellungen auch nicht so verstanden. Wenn schon der Erklärungswert der Aussage nicht zwingend war, dann gibt dies auf der subjektiven Ebene einen umso größeren Spielraum für die Auslegung. Je weniger eindeutig sich die Gesprächssituation konkretisieren lässt, desto größere Zweifel können auch entstehen, wie der Angeklagte R. seine eigene Erklärung verstanden wissen wollte.
60
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt die Auslegung des Landgerichts auch nicht etwa ein mit den Sprach- und Denkgesetzen unvereinbares Ergebnis dar, das einen revisiblen Rechtsverstoß begründen könnte. Der Generalbundesanwalt will dabei entscheidend darauf abheben , dass der Angeklagte R. von „sich“ gesprochen habe und damit nicht die „Stadt Dresden“ gemeint haben könnte. Es entspricht aber der Lebenswirklichkeit , dass der Vertreter, bei Erklärungen für den Interessenkreis des Vertretenen auf die für jedermann offensichtliche Hervorhebung seiner Vertreterstellung verzichtet.
61
cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Auslegung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte. Das Landgericht hat sowohl die Interessenlage des Angeklagten, der S. auch als persönlichen Berater nicht verlieren wollte, als auch die besonderen Schwierigkeiten , die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten S. ergeben , gesehen und ersichtlich in die Würdigung der subjektiven Tatseite beim Angeklagten R. einbezogen. Namentlich angesichts der eigenen Verstrickung des Angeklagten S. in gleichem Zusammenhang und des engen Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden Angeklagten erscheint eine abweichende Beurteilung der Frage, ob hinreichende Tatsachen auch für eine strafbare korruptive Verstrickung des Angeklagten R. vorlagen , nicht fernliegend. Dies reicht indes nicht aus, einen Rechtsfehler für die noch vertretbare Auffassung des Landgerichts zu begründen.
62
4. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung nach § 331 StGB ausgegangen. Es trifft allerdings zu, dass nach der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) erfolgten Neufassung des § 331 StGB eine Ausdehnung der Strafbarkeit insoweit eingetreten ist, als kein Zusammenhang mehr zwischen dem Vorteil und einer bestimmten Dienstausübung vorhanden sein muss. Es reicht aus, wenn der Amtsträger den Vorteil für irgendeine dienstliche Tätigkeit verlangt. Damit soll einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden, mit dem ein böser Schein möglicher Käuflichkeit erweckt wird (BGHR StGB § 331 Unrechtsvereinbarung

2).


63
Diese Gesetzeslage hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt. Abgesehen davon, dass als mögliche Diensthandlung hier allein der Vertragsschluss mit der G. in Betracht kam, hat das Landgericht angenommen , der Angeklagte R. habe subjektiv eine solche Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung weder erkannt noch gewollt. Wenn dem Angeklagten nicht bewusst geworden ist, dass diese Erklärung so verstanden werden könnte, dann fehlte ihm zwangsläufig auch das Bewusstsein, den bösen Schein möglicher Käuflichkeit hervorzurufen. Solches ist aber erforderlich , weil auch im Rahmen des Tatbestands des § 331 StGB der Angeklagte diesen Zusammenhang erkennen oder mindestens billigend in Kauf nehmen muss (BGHSt 49, 275, 296). Dies hat das Landgericht aber gerade rechtsfehlerfrei verneint.
Basdorf Gerhardt Raum Schaal Jäger

(1) Bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Diese Grundsätze verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können.

(2) Für alle finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Dabei ist auch die mit den Maßnahmen verbundene Risikoverteilung zu berücksichtigen. In geeigneten Fällen ist privaten Anbietern die Möglichkeit zu geben darzulegen, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten nicht ebenso gut oder besser erbringen können (Interessenbekundungsverfahren).

(3) In geeigneten Bereichen ist eine Kosten- und Leistungsrechnung einzuführen.

5 StR 103/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
alsVerteidigerfürden Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwalt Wi.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten R. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. September 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt entfällt. Der Angeklagte S. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte R. verurteilt worden ist, einschließlich der Feststellungen zum Vermögensnachteil der Stadt Dresden und zum Untreuevorsatz. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang und zum Vorsatz der Bankrottbeihilfe bleiben aufrechterhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten R. verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten R. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, wegen Bankrotts sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten R. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott schuldig gesprochen und gegen ihn eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme hat das Landgericht den Angeklagten R. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Die beiden Angeklagten haben ihre Verurteilungen umfassend angefochten. Im Ergebnis hat nur die Revision des Angeklagten R. einen Teilerfolg.

A.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte R. war Oberbürgermeister der Stadt Dresden , der Angeklagte S. hat dem Angeklagten R. zugearbeitet. Der Angeklagte S. , der ein enger Vertrauter des Angeklagten R. aus Zeiten früherer gemeinsamer kommunalpolitischer Tätigkeit war, geriet spätestens im Sommer 2002 in massive finanzielle Schwierigkeiten. In Kenntnis eines gegen ihn bevorstehenden Insolvenzverfahrens leitete er von seinen Konten bei der Stadtsparkasse Dresden, der Deutschen Bank und der Advance Bank insgesamt etwa 45.000 Euro auf andere Konten, um die Gelder so vor dem Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Inhaber dieser Konten waren seine Mutter, die mit ihm persönlich eng verbundene H sowie er selbst mit einem Konto bei der Deutschen Bank 24.
Der Angeklagte S. beantragte im Oktober 2002 beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diesem Antrag fügte er die Ausfertigung einer vor dem Notar B. in Radebeul abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bei, in der er die vorgenannten Transaktionen verschwieg und lediglich das Konto bei der Deutschen Bank 24 angab. Auch nachdem das Insolvenzverfahren im Februar 2003 eröffnet war, offenbarte er gegenüber dem zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalt Mo. weder das Konto seiner Mutter noch das Konto von H , obwohl die Guthaben wirtschaftlich allein ihm zur Verfügung standen. Auf seine Kinder lautende Konten, die ihm ebenfalls allein zuzuordnen waren , verschwieg er gleichfalls.
4
Zwischen dem Angeklagten S. und dem Angeklagten R. bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Für den Angeklagten R. , den – zwischenzeitlich suspendierten – Oberbürgermeister der Stadt Dresden, war der Angeklagte S. ein wichtiger Mitarbeiter und Berater. Als gesetzlicher Vertreter der Stadt Dresden vereinbarte er zunächst mit dem Angeklagten S. einen bis 31. Dezember 2001 laufenden, dann um ein Jahr verlängerten Dienstvertrag, der eine Dienstverpflichtung für 110 Arbeitstage im Jahr und eine tägliche Vergütung von 460 Euro (900 DM) pro Arbeitstag vorsah. In der Folge des Hochwassers im Jahr 2002, das zu erheblichen Flutschäden in Dresden geführt hatte, setzte der Angeklagte R. den Angeklagten S. im Februar 2003 als „Flutkoordinator“ ein und übertrug ihm die Leitung des „Büros Hochwasserschadenabwicklung“.
5
Der Angeklagte R. , der um die finanziellen Probleme des Angeklagten S. wusste, schloss am 17. April 2003 mit dem Angeklagten S. , der unter der Geschäftsbezeichnung „A. C. , vertreten durch S. “ handelte, einen bis 30. Juni 2005 befristeten Vertrag, der eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500 Euro brutto vorsah. Nach diesem Vertrag oblag dem Angeklagten S. die Koordination der Hochwasserschadensabwicklung im Auftrag des Oberbürgermeisters. Anfang 2004 gab der Angeklagte R. dem Drängen des Angeklagten S. nach und änderte den Vertrag ab. Vertragspartner wurde nunmehr die „A. C. , vertreten durch H. “, wobei allerdings bestimmt wurde, dass die Leistungen von dem Angeklagten S. als „alleinigem Erfüllungsgehilfen“ erbracht werden sollten. Zugleich wurde die monatliche Vergütung rückwirkend ab Januar 2004 bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages am 30. Juni 2005 auf etwa 9.000 Euro brutto erhöht. Nach den Feststellungen des Landgerichts diente diese Vertragskonstellation dazu, die Gelder zu erheblichen Teilen dem Insolvenzverwalter zu entziehen und dem Angeklagten S. über H. zukommen zu lassen. Die Vergütung war nach Annahme des Landgerichts (UA S. 28, 62) im Hinblick auf die vom Angeklagten S. erbrachten Leistungen objektiv angemessen und nicht überhöht. Nachdem dem Angeklagten R. im Juli 2004 vom Regierungspräsidium durchgreifende Bedenken gegen die weitere Möglichkeit, die Vergütung des Angeklagten S. zu 90 % zu subventionieren, wegen deren Erhöhung eröffnet worden waren, erneuerte der Angeklagte R. gleichwohl unter dem 28. Juli 2004 den mit der „A. C. , vertreten durch H. “ geschlossenen Änderungsvertrag und beendete zugleich in einem „Überleitungsvertrag“ vorbehaltlos den vorangegangenen Vertrag vom 17. April 2003.
6
Der Angeklagte S. hatte sich Anfang Februar 2003, als die Beauftragung der G. , einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Sächsischen Landesbank, als Generalübernehmerin für den Wiederaufbau wichtiger Verkehrsanlagen ins Auge gefasst wurde, an Verantwortliche der G. gewandt. Unter Hinweis auf seine Nähe zum Oberbürgermeister brachte der Angeklagte S. dabei den Wunsch vor, einen mit mehreren Tausend Euro monatlich dotierten Beratervertrag zu erhalten. Wie er erkannte, war seinen Verhandlungspartnern von der G. dabei klar, dass der Angeklagte S. erheblichen Einfluss auf die Beauftragung hatte. Zum Abschluss eines Beratervertrages kam es nicht, weil die Beauftragung der G. aus anderen Gründen scheiterte. An den später stattfindenden Verhandlungen mit der B. , die prinzipiell bereits im Februar 2003 den Zuschlag als externer Projektsteuerer erhielt, war der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt. Als die Verhandlungen über den Vertrag im Einzelnen ins Stocken gerieten, ging der Angeklagte S. mehrmals zwischen März und Ende 2003 auf die Verantwortlichen der B. zu, um sie zum Abschluss eines Beratervertrages mit ihm zu veranlassen. Auch hier wollte der Angeklagte S. seine Stellung innerhalb der Stadtverwaltung und insbesondere zum Angeklagten R. dazu nutzen, um für die B. möglichst günstig und reibungslos die Projektsteuerung umzusetzen. Letztlich ging jedoch die B. auf das Ansinnen des Angeklagten S. nicht ein.
7
2. Das Landgericht hat im Fordern eines Beratervertrages gegenüber Mitarbeitern der G. und der B. bei dem Angeklagten S. jeweils ein Vergehen der Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs. 1 StGB gesehen. Jedenfalls aus Sicht der potenziellen Vertragspartner habe er seinen Einfluss auf die Vergabe oder Ausgestaltung der Aufträge von dem geforderten Vorteil abhängig gemacht. Aufgrund seiner Funktion als „Flutkoordinator“ sei der Angeklagte S. Amtsträger gewesen, auch wenn er nicht unmittelbar weisungsbefugt gegenüber städtischen Bediensteten gewesen sei. Als verlängerter Arm des Oberbürgermeisters habe er öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Dieses sei ihm auch bewusst geworden. Wenn der Angeklagte S. sich selbst nicht als Amtsträger gesehen habe, führe dies lediglich zu einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
8
Die Verheimlichung der Kontenguthaben gegenüber dem Insolvenzverwalter hat das Landgericht als eine einheitliche Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB angesehen, wozu die strafbare Handlung der falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit stehe. Da das Amtsgericht Chemnitz hierfür zuständig gewesen sei, kam es nach Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, dass der Angeklagte S. eine eidesstattliche Versicherung unaufgefordert von sich aus abgegeben habe.
9
Der Abschluss des Vertrages mit der Stadt Dresden unter dem Namen H. erfüllt nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls den Tatbestand einer weiteren selbständigen Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Hierzu habe der Angeklagte R. Beihilfe geleistet , da er die desolate finanzielle Situation des Angeklagten S. gekannt habe und ihm die Einkünfte ungeschmälert habe zukommen lassen wollen. Zugleich liege bei dem Angeklagten R. noch eine (tateinheitliche ) Untreue vor, weil er gegenüber der Stadt seine Verfügungsbefugnis missbraucht habe. In der deutlichen Erhöhung der Vergütung liege ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot. Der mit H. geschlossene Vertrag sei sittenwidrig; allein der Abschluss dieses Vertrages begründe deshalb eine Vermögensgefährdung. Die Gefährdung habe sich in den ausgezahlten Monatsraten abzüglich der Raten aus dem alten Vertrag realisiert. Dieser tatsächlich entstandene Schaden in Höhe von etwa 75.000 Euro stelle einen Vermögensverlust großen Ausmaßes dar.
10
3. Das Landgericht hat den Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch das gegenüber der G. bei den Vertragsverhandlungen vorgebrachte Begehren des Abschlusses eines Beratervertrages mit dem Angeklagten S. mangels Nachweises einer bewussten Unrechtsvereinbarung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B.


11
Lediglich die Revision des Angeklagten R. ist begründet. Die Revisionen des Angeklagten S. und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.


12
Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
13
1. Die Verfahrensrüge, mit der die vom Strafkammervorsitzenden im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnete Einführung einer früheren Aussage des Zeugen Sch. als Verstoß gegen § 250 StPO beanstandet wird, hat keinen Erfolg. Die Konstanz der Aussagen des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Sch. konnte bereits durch dessen eigene Angaben zu seiner früheren Aussage, gegebenenfalls nach deren Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt werden (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 9; BGH StV 1996, 412). Ergänzend zu seiner Aussage – nicht sie im Sinne des § 251 StPO ersetzend – durfte dann, auch zur maßgeblichen Abrundung der Beweiswürdigung zur Aussagekonstanz (UA S. 46), die Niederschrift über die frühere Aussage verlesen werden (MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 250 Rdn. 12).
14
2. Die Verurteilungen wegen Bestechlichkeit halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat den Angeklagten S. zutreffend als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Begründung einer Amtsträgerstellung im Sinne der §§ 331 ff. StGB erforderlich, dass der Betreffende zum Amtsträger bestellt wurde. Die Bestellung ist von der bloßen privatrechtlichen Beauftragung zu unterscheiden. Sie setzt voraus , dass der Betreffende über den Einzelfall hinaus mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut und in die behördliche Organisation eingebunden wird (vgl. BGHSt 43, 96, 105; 46, 310, 313). Hieran kann beim Angeklagten S. – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen.
16
aa) Mit Beginn der Flutschadensabwicklung war der Angeklagte seit Ende 2002 befasst, ab Februar 2003 sogar in einer Leitungsfunktion tätig. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte er im Außenverhältnis die Verhandlungen und leitete das „Büro Hochwasserschadenabwicklung“. Ihm standen eine Sekretärin und ein Büroraum zur Verfügung. Selbst wenn er formal kein Weisungsrecht gegenüber den kommunalen Bediensteten hatte, übte er jedoch faktisch Leitungsfunktionen gegenüber den Mitarbeitern des Büros aus. Dessen Aufgabenbereich war auch öffentlich-rechtlich geprägt. Gegenstand der Tätigkeiten des Büros war der Wiederaufbau kommunaler Verkehrs- und Infrastrukturanlagen und die Verwaltung von Fördermitteln. Das Büro hat damit unmittelbar öffentliche Aufgaben (vgl. hierzu BGH wistra 2007, 302, 304), teilweise sogar hoheitlicher Art wahrgenommen.
17
bb) Entgegen der Auffassung der Verteidigung war der Angeklagte S. auch bestellt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Hierzu bedarf es keines förmlichen Bestellungsaktes. Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Rechtsfrage ohnehin nur für die Bestechlichkeitshandlung gegenüber der G. zu. Bei den Handlungen gegenüber der B. bestand die Besonderheit , dass der Angeklagte bei seinen späteren Vorstößen, für sich einen Beratervertrag zu erlangen, durch den Angeklagten R. förmlich verpflichtet war. Eine solche förmliche Verpflichtung fand bei Abschluss des Beratervertrages am 17. April 2003 statt. Nach diesem Zeitpunkt erfolgten weitere Anläufe des Angeklagten S. , für sich den Abschluss eines Beratervertrages zu erreichen. Jedenfalls für diese Handlungen wäre er dann zumindest als besonders Verpflichteter im Sinne des § 332 StGB tätig gewesen.
18
Das Landgericht hat darüber hinaus ohne Rechtsverstoß für sämtliche Bestechlichkeitshandlungen und insbesondere für die gegenüber der G. , die zwischen Januar und März 2003 stattfanden, eine Amtsträgereigenschaft angenommen. In diesem Zeitraum bestand kein vertragsloser Zustand. Zwar war der ursprünglich geschlossene Beratervertrag zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen und ein neuer Beratervertrag noch nicht geschlossen worden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Angeklagte S. insoweit ohne Rechtsgrund gearbeitet hätte. Vielmehr ist noch Anfang 2003 der ursprüngliche Beratervertrag stillschweigend verlängert worden (§ 625 BGB). Ein entsprechender Rechtsbindungswille war sowohl auf Seiten des Angeklagten R. als auch des Angeklagten S. vorhanden. Beide Angeklagten wollten, dass S. , der seit Anfang Februar mit der Leitung des Büros beauftragt wurde, für die Stadtverwaltung tätig blieb. Dass dies nicht unentgeltlich erfolgen sollte, war offensichtlich. Soweit nicht stillschweigend das ursprüngliche Honorar vereinbart war, wäre im Übrigen die ortsübliche Vergütung geschuldet gewesen (§ 612 Abs. 2 BGB).
19
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass eine Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB auch formfrei erfolgen kann. Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (BGHSt 43, 96, 102 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ). Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich mit der Begriffsbestimmung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, welche die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten betrifft. Bei diesem Personenkreis rechtfertigt der formale Akt der Verpflichtung die Gleichstellung mit Amtsträgern in strafrechtlicher Hinsicht. Ein solcher formaler Akt, der im Übrigen regelmäßig die Betreffenden zu besonders Verpflichteten machen würde, ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit c. StGB nicht erforderlich. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4). Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Sie beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4).
20
b) Das Landgericht hat bei dem Angeklagten S. auch den entsprechenden Vorsatz eines Amtsträgers rechtsfehlerfrei bejaht. Dies ist unproblematisch , soweit es sich um die Tat gegenüber der B. handelte, weil der Angeklagte S. spätestens auf Grund der von ihm abverlangten Verpflichtungserklärung über den öffentlich-rechtlichen Bezug seines Tätigkeitsfeldes unterrichtet wurde. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung und liegt – wie hier – kein anderer förmlicher Bestellungsakt vor, sind allerdings an den Nachweis in subjektiver Hinsicht besondere Anforderungen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht übersehen. Dabei reicht es nicht aus, dass der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Er muss auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben.
21
Hieran kann aber bei der gegebenen Sachlage kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte S. ausweislich der Feststellungen seine Einbeziehung in die Verwaltungstätigkeit der Stadt Dresden kannte und um seinen Einfluss wusste. Hiermit warb er sowohl gegenüber der G. als auch gegenüber der B. . Insoweit war ihm die gesetzliche Wertung bewusst, die Grundlage der Strafvorschriften über Amtsträger ist. Dagegen brauchte der Angeklagte S. seine Tätigkeit nicht juristisch zutreffend einzuordnen. Ein solcher Subsumtionsirrtum lässt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – den Vorsatz unberührt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedurfte es hier keiner Ausführungen zu einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein die Anwendbarkeit des § 17 StGB begründendes fehlendes Unrechtsbewusstsein hat der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen nicht einmal behauptet. Die bloße falsche Einordnung seines Verhaltens beinhaltet dies nicht notwendigerweise. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten S. , wäre er nicht als Amtsträger anzusehen , jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB strafbar wäre. Namentlich unter Berücksichtigung dieses Umstandes brauchte das Landgericht die Möglichkeit nicht zu erörtern, der Angeklagte habe sein Verhalten als rechtmäßig angesehen und sich deshalb in einem Verbotsirrtum befunden.
22
3. Während die Schuldsprüche wegen Bankrotts – auch zur vertretbar vorgenommenen Bestimmung des Schuldumfangs – keinen Rechtsfehler aufweisen, kann die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt keinen Bestand haben. Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB setzt voraus, dass die Behörde, vor der diese Versicherung abgegeben wird, hierfür auch zuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit nicht nur auf die allgemeine Zuständigkeit der Behörde. Vielmehr muss die eidesstattliche Versicherung auch über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, und in dem Verfahren, zu dem sie eingereicht wird, abgegeben werden dürfen und darf rechtlich nicht wirkungslos sein (BGH StV 1985, 505). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, ist im Insolvenzverfahren die eidesstattliche Versicherung vom Schuldner zu Protokoll zu erklären (§ 98 Abs. 1 InsO). Diese Regelung gilt bereits im Eröffnungsverfahren (§ 20 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann die Erklärung nur in Person und mündlich abgeben. Diese eindeutige Rechtslage wird noch durch den Verweis in § 98 Abs.1 Satz 2 InsO auf § 478 ZPO unterstrichen, der die Eidesleistung von dem Eidespflichtigen in Person verlangt. Mithin muss also auch die Versicherung an Eides Statt vom Schuldner persönlich erfolgen. Eine schriftliche Erklärung genügt diesem Formerfordernis nicht. Sie ist damit rechtlich wirkungslos. Die vom Landgericht aufgeworfene (und bejahte) Frage, ob auch eine unaufgefordert abgegebene falsche Versicherung an Eides Statt eine Strafbarkeit nach § 156 StGB begründen kann, stellt sich somit nicht, weil im Rahmen des Verfahrens über die Insolvenzeröffnung eine schriftliche Erklärung als Grundlage für eine Versicherung an Eides Statt nicht genügt.
23
4. Der Strafausspruch kann dennoch bestehen bleiben.
24
a) Die rechtsfehlerhafte Annahme einer Strafbarkeit nach § 156 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt. Dieser Straftatbestand stand in Tateinheit zu einer mehraktigen Bankrotthandlung, die zu einer Verheimlichung von über 45.000 Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter geführt hat. Schon wegen des deutlich höheren Gewichts dieses Delikts und angesichts des Umstands, dass die, wenngleich nicht gesondert strafbare, Einreichung einer von einem Notar beurkundeten inhaltlich unrichtigen eidesstattlichen Versi- cherung ein allgemein strafschärfend zu wertendes Fehlverhalten war und das Landgericht die rechtsfehlerhaft angenommene idealkonkurrierende Tat wegen der unaufgeforderten Abgabe der Erklärung geringer gewichtet hat (UA S. 74), schließt der Senat sicher aus, dass die für die Tat verhängte maßvolle Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten von dem Fehler beeinflusst war.
25
b) Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei. Das Landgericht durfte die Tatwiederholung und die Gesamttatdauer ebenso strafschärfend werten wie den Gesamtumfang der Vergütungen, die an H. geflossen sind. Diese hätten nämlich – wie oben ausgeführt – dem Angeklagten S. zugestanden und sind deshalb der Gläubigergemeinschaft zunächst umfassend entzogen worden. Die Höhe der Summe kann mithin als verschuldete Auswirkung der Tat einen für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt bilden.

II.


26
Die Revision des Angeklagten R. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, allerdings unter weitgehender Aufrechterhaltung den Beschwerdeführer auch belastender Feststellungen.
27
1. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Ohne entsprechende Antragstellung von Seiten des Beschwerdeführers war das Landgericht nicht gedrängt, von diesem behaupteten, nicht realisierten Plänen über die im Vergleich zur durchgeführten Vertragsänderung andersartig gelagerte Einschaltung einer Anwaltskanzlei nachzugehen, die den Angeklagten S. anstellen und dann an seiner Stelle von der Stadt Dresden mit der Fluthilfekoordinierung betraut werden sollte.
28
2. Der Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB hält jedoch sachlich-rechtlich revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
29
a) Das Landgericht sieht den Pflichtverstoß des Angeklagten R. darin, dass er die Vergütung für den Angeklagten S. um das Dreifache erhöht habe, obwohl der Angeklagte S. auch für den ursprünglichen Betrag seine Dienstleistung hätte erbringen müssen und auch erbracht hätte. Damit habe der Angeklagte R. gegen das Sparsamkeitsgebot verstoßen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
30
aa) Das Landgericht kommt aufgrund einer rechtsfehlerhaften Auslegung zu der Annahme, dass der vom Angeklagten S. geschuldete Leistungsumfang durch die Vergütungserhöhung unberührt geblieben ist. Dem Tatrichter steht zwar bei der Auslegung von Verträgen ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Deshalb beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2004, 2248, 2250 m.w.N.).
31
Die Auslegung des Landgerichts lässt drei Gesichtspunkte außer Betracht und begegnet deshalb durchgreifenden Bedenken.
32
Das Landgericht stützt seine Wertung, der Leistungsumfang habe sich nicht geändert, darauf, dass der Angeklagte S. schon auf der Grundlage des alten Vertrages einen „Fulltimejob“ ausgeübt habe und fast rund um die Uhr tätig gewesen sei (UA S. 56). Dieser tatsächlich von dem Angeklagten S. erbrachte Einsatz belegt nicht zwingend den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das Landgericht hätte sich auch mit der nicht gänzlich fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Arbeitseinsatz des Angeklagten S. unter Umständen überobligatorisch erfolgte. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte weder einen werkvertraglichen Erfolg schuldete noch sein Tätigkeitsfeld über Stunden oder einen fest umrissenen Arbeitsanfall messbar war, hätte das Landgericht auch bedenken müssen, was Bezugsmaßstab für die Vergütung war. Da die dienstvertragliche Vergütung immer in einer Beziehung zum Umfang der Tätigkeit steht, beeinflusst die Vergütungshöhe naturgemäß auch die Bestimmung des zu erwartenden Aufwands. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Angeklagte S. seine Tätigkeit als „Flutkoordinator“ nach Weisung des Oberbürgermeisters zu erbringen hatte. Deshalb ist bei einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden interessenkonformen Auslegung die Vergütungshöhe als Maßstab für die Auslegung des geschuldeten Tätigkeitsumfangs heranzuziehen. Hilfsweise muss analog § 612 Abs. 2 BGB die Ortsüblichkeit eines entsprechenden synallagmatischen Verhältnisses zwischen Dienstverpflichtung und Vergütungshöhe ermittelt werden.
33
Bedenklich ist zudem die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte S. habe nicht mit der Kündigung des Altvertrags gedroht. Abgesehen davon, dass wegen der geringen Vergütung eine solche Kündigungsdrohung nahe lag und diese von zwei weiteren Zeugen bestätigt wurde, ist die Nichterwähnung dieses Umstandes in einem Gespräch des Angeklagten R. mit dem Zeugen B. allein keine tragfähige Grundlage, um eine solche Kündigungsdrohung auszuschließen. Dabei hätte zumindest dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen eine solche Information für die in diesem Gespräch abgehandelte Thematik gehabt hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das besagte Gespräch fünf Monate nach der erfolgten Erhöhung der Vergütung stattgefunden hat.
34
Insbesondere hat es das Landgericht unterlassen, sich mit der naheliegenden Variante ausdrücklich auseinanderzusetzen, dass die niedrige Dotierung beim ursprünglichen Vertragsabschluss der Erwartung geschuldet war, der Angeklagte S. werde für seine Gesamttätigkeit bei der Flutkoordinierung ergänzend über einen gut dotierten Beratervertrag des Generalübernehmers entlohnt werden und dass eine – für den Umfang seines Einsatzes angemessene – Erhöhung erst dann vereinbart wurde, als sich diese Erwartung im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zerschlagen hatte.
35
bb) Das Landgericht leitet die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB aus einem Verstoß gegen das kommunalrechtliche Sparsamkeitsgebot ab. Diese Auffassung ist selbst dann nicht frei von rechtlichen Bedenken, wenn man unterstellt, dass der Leistungsumfang der Dienstverpflichtung des Angeklagten S. sich durch den Vertrag mit erhöhter Vergütung nicht verändert hat. Der Sparsamkeitsgrundsatz (§ 72 Abs. 2 SächsGO), der ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich darstellt (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO), verpflichtet nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Das Sparsamkeitsgebot ist als rechtliche Steuerungsnorm dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeinsamen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahingehend zu bilden , solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH wistra 2005, 178, 180).
36
Das Sparsamkeitsgebot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Helm in Piduch, BHO 41. Lfg. § 7 Rdn. 1; v. Köckritz, BHO 36. Lfg. § 7 Rdn. 2.2). Beide bedingen einander, weil letztlich die wirtschaftlichste Lösung auch insgesamt gesehen die sparsamste ist. Deshalb ist es etwa bei Vergabeentscheidungen nach § 97 GWB anerkannt, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der Zuschlag dann nicht erfolgen kann, wenn das Angebot unangemessen niedrig ist (vgl. Wagner in Langen/Bunte, Kartellrecht 10. Aufl. § 97 GWB Rdn. 85).
37
Für die Entscheidung, welche Vergütungshöhe zu bezahlen ist (vgl. für Wirtschaftsunternehmen BGHSt 50, 331, 336), ist im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz , wonach Vergütungserhöhungen durch den Sparsamkeitsgrundsatz gehindert sind, wenn der Betreffende auch zu den ursprünglichen Bedingungen seine Leistung zu erbringen hat, kennt das deutsche Recht nicht. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum grundsätzlich nicht, soweit ihn keine öffentlich -rechtlichen Vorschriften begrenzen, wenn er eine angemessene Vergütung – unter Umständen auch in Abänderung eines bestehenden Vertrages zugunsten des bislang nicht angemessen entlohnten Beschäftigten – bezahlt. Dies gilt sogar, wenn der Vertragspartner aufgrund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden nur eine äußere Grenze. Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots gewählt wurde. Vielmehr können im Interesse einer effektiven und qualitativ befriedigenden Aufgabenerfüllung auch Gesichtspunkte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Verantwortungsbewusstsein , Fortbildungsbereitschaft oder innerbetriebliche Harmonie zulässige Gesichtspunkte für die Bemessung der Vergütung bilden. Regelmäßig liegt deshalb eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird.
38
cc) Die Annahme des Landgerichts, die getroffene Vergütungserhöhung , die auf der Grundlage des mit H. geschlossenen Vertrages erfolgt ist, sei sittenwidrig, unterliegt ebenso durchgreifenden Bedenken. Zwar trifft es zu, dass Vertragsgestaltungen, die darauf gerichtet sind, in der Insolvenz der Gläubigergemeinschaft Vermögenswerte zu entziehen , gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder auch sittenwidrig sein können. Nach den Urteilsfeststellungen liegt im gegebenen Fall jedoch nahe, dass die Einschaltung von H. lediglich zum Schein erfolgen sollte. Wie das Landgericht nämlich unter Würdigung der vorhandenen Beweismittel zutreffend dargelegt hatte, diente die Einschaltung von H. allein dazu, die aus der Dienstleistung vereinnahmten Gelder dem Angeklagten S. unter Umgehung des Insolvenzverwalters unmittel- bar zukommen zu lassen. Die dienstvertraglichen Pflichten sollte allein und ausschließlich der Angeklagte S. erfüllen. Diesem sollte letztlich wirtschaftlich auch das Entgelt zukommen. Eine primäre Verpflichtung von H. war dagegen nicht ernsthaft gewollt; vielmehr sollte sie lediglich die Adresse für die Vereinnahmung der Gelder liefern. Da eine dienstvertragliche Pflichtenstellung mit H. nach der Willensübereinstimmung der Parteien nicht angestrebt war, liegt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB vor (vgl. BAG NJW 1993, 2767).
39
Bei einem Scheingeschäft gelten dann nach § 117 Abs. 2 BGB die Regeln des verdeckten Geschäftes. Dieses war ein Dienstvertrag, wenn nicht sogar aufgrund des ausgeprägten Umfangs der Eingliederung des Angeklagten S. in die Stadtverwaltung Dresden ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag war weder nach § 134 BGB noch nach § 138 BGB nichtig. Solches ergibt sich schon zwangsläufig aus dem Schutzzweck, der darin besteht, dem Insolvenzverwalter die erarbeitete Vergütung auch zukommen zu lassen. Entfiele nämlich eine vertragliche Bindung und mithin eine Vergütungspflicht, liefe dies darauf hinaus, dass die zu schützende Gläubigergemeinschaft gleichfalls keinen Anspruch hätte.
40
b) In Betracht kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Untreue, weil der Angeklagte R. die Auszahlungen als „sachlich richtig“ zeichnete und so die Auszahlungen an H. veranlasste. Bestand das eigentliche Leistungsverhältnis zwischen der Stadt Dresden und dem Angeklagten S. als Person, war der Angeklagte S. als wirklicher Vertragspartner auch Gläubiger der Vergütungsansprüche hieraus. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren die Leistungen dann gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen. Den Auszahlungen an H. fehlte deshalb der rechtfertigende Grund. Infolge des gegen den Angeklagten S. eröffneten Insolvenzverfahrens hatten die Zahlungen an H. keine befreiende Wirkung, weil der Angeklagte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannte (§ 82 InsO).
41
Diese unter Missachtung des laufenden Insolvenzverfahrens veranlassten Zahlungen an H. waren pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB. Da sie nicht zu einem Erlöschen der Verbindlichkeiten der Stadt Dresden aus dem Dienstvertrag mit dem Angeklagten S. führten, war die Stadt um diesen Betrag geschädigt. Dies begründet einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB.
42
Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB würde jedoch voraussetzen , dass der Angeklagte R. insoweit vorsätzlich gehandelt hat. Zwar kannte er alle zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Dies reicht jedoch für die Vorsatzfeststellung nicht aus. Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend hätte erfassen müssen. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1).


43
Die subjektive Tatseite bedarf mithin neuer tatrichterlicher Aufklärung. Dabei reicht es nicht aus, allein auf ein Unrechtsbewusstsein des Angeklagten R. im Blick auf die Verheimlichung der Vergütungen gegenüber dem Insolvenzverwalter abzustellen. Dies schließt nämlich nicht zwangsläufig mit ein, dass er ebenso gegenüber der Stadt Dresden, zu der er als Oberbürgermeister in einem Treueverhältnis stand, eine Vermögensschädigung billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 157; 48, 331, 346). Er muss erkannt haben, dass die mit H. geschlossene Vereinbarung als eine mit dem Angeklagten S. getroffene anzusehen ist und dass Zahlungen an sie keine schuldbefreiende Wirkung haben konnten, zumindest aber damit gerechnet haben, dass die Stadt Dresden sich durch die entsprechenden Zahlungen einer Haftung gegenüber S. s Gläubigern oder dem Konkursverwalter aussetzt. Nur wenn der Angeklagte R. diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat, kann von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Dies ist bislang nicht – auch nicht etwa durch die Annahme seiner Kenntnis von einer Nichtigkeit des Vertrages – inzident vom Landgericht mitgeprüft worden und versteht sich als Ergebnis einer entsprechenden tatgerichtlichen Prüfung nicht ohne weiteres von selbst.
44
c) Gleichfalls neuer tatrichterlicher Prüfung bedarf als möglicherweise weiterer eine Untreue begründender Aspekt der Gesichtspunkt der Subventionierung durch das Regierungspräsidium, das endgültig im Juli 2004, nachdem die ersten Auszahlungen der höheren Vergütung an S. bereits erfolgt waren, für den Fall der Vertragsänderung mit höherer Entlohnung des Angeklagten S. eine Einstellung von deren 90-prozentiger Subventionierung sicher angekündigt hatte. Das Landgericht würdigt mögliche Auszahlungen des Subventionsgebers ersichtlich allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Zahlungen bei der für die Nachteilsbestimmung vorzunehmenden Gesamtsaldierung den anzusetzenden Schaden ganz oder teilweise entfallen lassen könnten. Dies ist rechtlich im Ansatz bedenkenfrei (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55), wobei es jedoch nicht auf das tatsächliche Verhalten des Regierungspräsidiums als des Subventionsgebers ankommt, sondern darauf, ob ein Anspruch auf Subventionierung bestanden hätte. Hierzu fehlen Feststellungen, zumal die Grundlagen der Subventionierung nicht näher dargelegt sind. Anknüpfungspunkt für die nunmehr zu treffenden Feststellungen muss der damals bestehende Rechtszustand sein, einschließlich der die Subventionierung regelnden untergesetzlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, soweit diese rechtmäßig sind.
45
Es liegt allerdings nahe, dass das Verhalten des Angeklagten R. gegenüber dem Regierungspräsidium als dem Subventionsgeber pflichtwidrig war, schon weil der Angeklagte R. das Regierungspräsidium nicht vollständig informiert hat. Im Zusammenhang mit der Subventionierung könnte ihm ein Untreuevorwurf jedoch nur gemacht werden, wenn er vorsätzlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte, Subventionszahlungen für den Stadthaushalt zu erlangen. Dies setzt voraus, dass – sofern die Verweigerung der Subventionierung der weiteren Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt rechtmäßig bzw. nicht nur auf einen rein formalen oder behebbaren Mangel zurückzuführen gewesen sein sollte – eine Möglichkeit bestanden hätte, die Funktionen, die der Angeklagte S. ausgeübt hat, anderen ebenfalls geeigneten Personen zu übertragen und hierfür Subventionen zu erlangen. Der Angeklagte R. könnte daher eine Untreue auch begangen haben, indem er – unsubventioniert – den Angeklagten S. für höheres Entgelt beschäftigte, anstatt eine Lösung gewählt zu haben, die im Rahmen der Hochwasserschadensabwicklung eine Subventionierung ermöglicht hätte.
46
d) Die neue tatrichterliche Prüfung kann dabei auch die vorgelagerte Frage umfassen, ob eine Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt erforderlich war oder die Hochwasserschadensabwicklung durch den vorhandenen Personalbestand der Stadtverwaltung hätte abgewickelt werden können. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte – wobei dem Angeklagten R. ein weiter Ermessensspielraum zukam –, wäre zu prüfen, ob der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung etwa unter Verletzung von Beteiligungsvorschriften insbesondere für kommunale Stellen erfolgt ist.
47
Ergäbe die insoweit vorzunehmende Prüfung eine Pflichtwidrigkeit des Angeklagten R. , käme eine Strafbarkeit wegen Untreue dennoch nur dann in Betracht, wenn die Stadt Dresden auch tatsächlich geschädigt wäre. Insoweit finden die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N.) Anwendung, weil auch hier eine Fallgestaltung vorliegt, bei der es um die Schädigung des haushaltsrechtlich gebundenen Vermögens eines öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts geht. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß eine Untreue. Vielmehr muss tatsächlich ein Vermögensnachteil entstanden sein (vgl. auch BGH wistra 2006, 307,

308).


48
e) Die bislang getroffenen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Vertragsgestaltungen, -abschlüsse und -änderungen, zu begleitenden Besprechungen sowie zu S. s Leistungen und zu den erfolgten Zahlungen sind rechtsfehlerfrei und bedürfen keiner Aufhebung. Auf ihrer Grundlage, gegebenenfalls unter Heranziehung diesen Feststellungen nicht widersprechender ergänzender Feststellungen, insbesondere zur Auslegung der vorgenannten Verträge, wird die Frage der Pflichtwidrigkeit vom neuen Tatgericht zu prüfen sein und werden neue Feststellungen zu einem möglichen Untreuevorsatz zu treffen sein. Bei einer erneuten Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue bedürfte es je nach der konkreten Fallgestaltung einer neuen tatrichterlichen Bestimmung des Schuldumfangs als Grundlage für den Strafausspruch.
49
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Untreue lässt auch die hierzu in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott entfallen.
50
a) Allerdings bestehen an sich gegen die Annahme dieses Straftatbestands keine Bedenken. Die vertragliche Konstruktion über die Beauftragung der H. , die der Angeklagte R. als Vertreter der Stadt Dresden mitgetragen hat, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB, weil sie darauf angelegt war, die hieraus erhaltenen Vergütungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Das hat das Landgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt. Die vom Angeklagten R. insoweit geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen sind unbegründet. Die Einlassung des Angeklagten R. ist in wesentlichen Grundzügen mitgeteilt worden. Aufgrund der Gesamtumstände hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß bei ihm den Vorsatz bejaht. Die Ausführungen der Revision hierzu erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
51
b) Gleichwohl kann der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben (§ 353 Abs. 1 StPO). Da das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend die im Vertragsschluss liegende Untreue und die hierin auch zu sehende Beihilfehandlung zum Bankrott als tateinheitliche Begehung gewertet hat, konnte der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott nicht gesondert aufrecht erhalten bleiben. Bei Tateinheit steht nämlich die Einheitlichkeit einer Tat der Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 353 Rdn. 7a). Allerdings bleiben sämtliche diesen Schuldspruch tragende Feststellungen aufrechterhalten. Erfolgt keine Verurteilung wegen der tateinheitlich angeklagten Untreue, wäre der Angeklagte R. ohne weiteres allein auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erneut wegen Beihilfe zum Bankrott zu bestrafen.

III.


52
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme richtet, ist unbegründet.
53
1. Die Anklage legt dem Angeklagten R. zur Last, dass er vom Zeugen N. den Abschluss eines Beratervertrages zwischen der G. und dem Angeklagten S. als Gegenleistung für den Generalübernehmervertrag mit der Stadt Dresden verlangt habe. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft eine Vorteilsannahme des Angeklagten R. .
54
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. gegenüber dem Zeugen N. geäußert hat, er wünsche, dass der Angeklagte S. als Koordinator gegenüber der Stadt Dresden eingesetzt werde, sollte es zum Vertragsschluss zwischen der G. und der Stadt Dresden kommen. Hieraus hat das Landgericht zwar geschlossen, dass der Zeuge den Eindruck gewinnen durfte, der Angeklagte R. fordere die Be- schäftigung des Angeklagten S. als Gegenleistung für den Vertragsabschluss. Das Landgericht hat sich jedoch nicht davon zu überzeugen vermocht , dass der Angeklagte R. erkannt hat, sein Wunsch nach einer Beschäftigung S. s könnte in einem Bedingungszusammenhang mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrags gestanden haben.
55
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand.
56
a) Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH wistra 2005, 304, 305; NStZ 2002, 48 m.w.N.).
57
b) Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht auf.
58
aa) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stehen die Zweifel des Landgerichts am Vorsatz des Angeklagten im Einklang mit den getroffenen Feststellungen. Dass das Landgericht dabei seine Zweifel an einer konkreten Tatsache festmacht oder sie gerade aus ihr herleitet, ist aus Rechtsgründen nicht geboten. Vielmehr ist der Tatrichter gehalten, aus dem Gesamtzusammenhang der von ihm objektiv festgestellten Tatsachen Schlüsse auf die Willensrichtung des Angeklagten zu ziehen. Ein solcher Schluss ist rechtsfehlerfrei, wenn er möglich und jedenfalls vertretbar erscheint , also die richterliche Überzeugungsbildung nicht überspannt wird. Dies ist hier der Fall.
59
bb) Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob dieser Erklärung schon der vom Landgericht beigemessene Erklärungswert zukommt, dass der vom Angeklagten R. geäußerte Wunsch, dem Angeklagten S.
einen Beratervertrag einzuräumen, als Bedingung für die Beauftragung der G. angesehen werden konnte. Insoweit ist diese Auslegung nicht unmittelbar durch Tatsachen belegt. Nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen mitgeteilten Aussage des Zeugen N. hat der Angeklagte seinen Wunsch so formuliert, dass S. den Beratervertrag erhalten sollte, sofern es zum Vertragsschluss komme. Der Angeklagte R. hat nach den Urteilsfeststellungen weder vorab einen Beratervertrag für S. verlangt, noch lässt sich dieser Erklärung ihrem Wortsinn nach ein Bedingungszusammenhang entnehmen. Der Zeuge N. hat dies ausweislich der Urteilsfeststellungen auch nicht so verstanden. Wenn schon der Erklärungswert der Aussage nicht zwingend war, dann gibt dies auf der subjektiven Ebene einen umso größeren Spielraum für die Auslegung. Je weniger eindeutig sich die Gesprächssituation konkretisieren lässt, desto größere Zweifel können auch entstehen, wie der Angeklagte R. seine eigene Erklärung verstanden wissen wollte.
60
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt die Auslegung des Landgerichts auch nicht etwa ein mit den Sprach- und Denkgesetzen unvereinbares Ergebnis dar, das einen revisiblen Rechtsverstoß begründen könnte. Der Generalbundesanwalt will dabei entscheidend darauf abheben , dass der Angeklagte R. von „sich“ gesprochen habe und damit nicht die „Stadt Dresden“ gemeint haben könnte. Es entspricht aber der Lebenswirklichkeit , dass der Vertreter, bei Erklärungen für den Interessenkreis des Vertretenen auf die für jedermann offensichtliche Hervorhebung seiner Vertreterstellung verzichtet.
61
cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Auslegung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte. Das Landgericht hat sowohl die Interessenlage des Angeklagten, der S. auch als persönlichen Berater nicht verlieren wollte, als auch die besonderen Schwierigkeiten , die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten S. ergeben , gesehen und ersichtlich in die Würdigung der subjektiven Tatseite beim Angeklagten R. einbezogen. Namentlich angesichts der eigenen Verstrickung des Angeklagten S. in gleichem Zusammenhang und des engen Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden Angeklagten erscheint eine abweichende Beurteilung der Frage, ob hinreichende Tatsachen auch für eine strafbare korruptive Verstrickung des Angeklagten R. vorlagen , nicht fernliegend. Dies reicht indes nicht aus, einen Rechtsfehler für die noch vertretbare Auffassung des Landgerichts zu begründen.
62
4. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung nach § 331 StGB ausgegangen. Es trifft allerdings zu, dass nach der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) erfolgten Neufassung des § 331 StGB eine Ausdehnung der Strafbarkeit insoweit eingetreten ist, als kein Zusammenhang mehr zwischen dem Vorteil und einer bestimmten Dienstausübung vorhanden sein muss. Es reicht aus, wenn der Amtsträger den Vorteil für irgendeine dienstliche Tätigkeit verlangt. Damit soll einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden, mit dem ein böser Schein möglicher Käuflichkeit erweckt wird (BGHR StGB § 331 Unrechtsvereinbarung

2).


63
Diese Gesetzeslage hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt. Abgesehen davon, dass als mögliche Diensthandlung hier allein der Vertragsschluss mit der G. in Betracht kam, hat das Landgericht angenommen , der Angeklagte R. habe subjektiv eine solche Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung weder erkannt noch gewollt. Wenn dem Angeklagten nicht bewusst geworden ist, dass diese Erklärung so verstanden werden könnte, dann fehlte ihm zwangsläufig auch das Bewusstsein, den bösen Schein möglicher Käuflichkeit hervorzurufen. Solches ist aber erforderlich , weil auch im Rahmen des Tatbestands des § 331 StGB der Angeklagte diesen Zusammenhang erkennen oder mindestens billigend in Kauf nehmen muss (BGHSt 49, 275, 296). Dies hat das Landgericht aber gerade rechtsfehlerfrei verneint.
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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 220/09
vom
13. September 2010
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
1. Eine nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 BetrVG
strafbare Beeinflussung der Wahl des Betriebsrats liegt jedenfalls
dann vor, wenn der Arbeitgeber einer Wahlvorschlagsliste durch
die Zuwendung von Geldmitteln ermöglicht, sich im Zusammenhang
mit der Wahl nachhaltiger als sonst möglich zu präsentieren,
und wenn dabei die finanzielle Unterstützung der Kandidaten
durch den Arbeitgeber verschleiert wird.
2. Eine Normverletzung ist in der Regel nur dann pflichtwidrig i.S.d.
§ 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm ihrerseits - hier der
Straftatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - wenigstens auch,
und sei es mittelbar vermögensschützenden Charakter für das zu
betreuende Vermögen hat, mag die Handlung auch nach anderen
Normen pflichtwidrig sein und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche
gegenüber dem Treupflichtigen begründen.
BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09 - LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2010 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. November 2008 wird
a) die Verfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO auf den Vorwurf des Betruges beschränkt, soweit der Angeklagte S. im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Betrug in vier tateinheitlich begangenen Fällen verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten S. dadurch entstandenen notwendigen Auslagen,
b) der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte S. des Betruges, der Steuerhinterziehung in fünf Fällen und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 20 Fällen schuldig ist,
c) das genannte Urteil, soweit es den Angeklagten S. betrifft, aufgehoben aa) im Ausspruch über die Einzelstrafen (1) im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe (Betrug ), (2) in den Fällen des Tatkomplexes III. 4 der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung in fünf Fällen) sowie bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. der „Beihilfe zur Untreue mit Betrug in vier hierzu tateinheitlichen Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Umsatzsteuer in dreizehn Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Gewerbesteuer in drei Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer in drei Fällen, der Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer mit Hinterziehung des Solidaritätszuschlags und mit Hinterziehung der Gewerbesteuer sowie der Hinterziehung von Einkommensteuer in fünf Fällen, jeweils mit Hinterziehung des Solidaritätszuschlags, von Gewerbesteuer und von Umsatzsteuer“ schuldig gesprochen und ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Den nicht revidierenden Mitangeklagten Fe. hat das Landgericht wegen Untreue, Hinterziehung von Umsatzsteuer in dreizehn Fällen , von Körperschaftsteuer in drei Fällen, von Gewerbesteuer in drei Fällen und von Körperschaftsteuer in Tateinheit mit Hinterziehung des Solidaritätszuschlags und von Gewerbesteuer zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.
2
Der Angeklagte S. wendet sich mit seiner Revision gegen seine Verurteilung und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision führt zu einer Verfolgungsbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO und hat darüber hinaus mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie - auch soweit sie auf Verfahrensrügen gestützt wird - unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
1. Vorgeschichte der verfahrensgegenständlichen Zahlungen an die „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger - AUB - die Unabhängigen e.V.“
5
Der Angeklagte S. war seit 1975 bei der Siemens AG als Vertriebskaufmann beschäftigt und seit 1982 als Kandidat der „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsräte (AUB)“ freigestelltes Betriebsratsmitglied. Ende des Jahres 1983 ging unter Beibehaltung der Abkürzung AUB aus der „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsräte“ die „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger“ hervor, für die der Angeklagte S. im Jahr 1984 am Siemens-Standort Erlangen Betriebsratsvorsitzender wurde. Die- se Funktion übte er bis kurz vor seinem offiziellen Ausscheiden aus der Siemens AG Ende des Jahres 1990 aus.
6
Im November 1985 wurde der Verein „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger - AUB e.V.“ gegründet, der später in „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger - AUB - die Unabhängigen e.V.“ (im Folgenden: AUB) umbenannt wurde und in dem die bisherige „Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger“ aufging. Sitz des Vereins AUB war Nürnberg, Vorsitzender war seit der Vereinsgründung der Angeklagte S. .
7
Im Anschluss an die Aufsichtsratswahl 1988 setzten auf Initiative des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Siemens AG, N. , zweier namentlich nicht mehr ermittelbarer Mitglieder des Zentralvorstandes und des damaligen Leiters des Gesamtsprecherausschusses der leitenden Angestellten, D. , Planungen ein, wie über die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in den Betriebsräten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Siemens AG zum Nachteil der dort vertretenen Mitglieder der IG Metall, die zur damaligen Zeit sämtliche Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat stellten, verändert werden könnte. Im Jahr 1990 kamen „Verantwortliche der Firma Siemens aus dem obersten Führungskreis“ und der Angeklagte S. überein, dass die IG Metall im Aufsichtsrat und den Betriebsräten durch Unterstützung des AUB zurückgedrängt werden sollte. Der Plan sah vor, dass der Angeklagte S. aus dem Unternehmen ausscheiden und die AUB mit Geldern, die er von Siemens zur Verfügung gestellt bekommen sollte, ausbauen sollte. Die Siemens AG sollte darüber hinaus Personal für die AUB-Geschäftsstelle zur Verfügung stellen und bezahlen, während der Angeklagte S. in den Personalabteilungen des Unternehmens dafür sorgen sollte, dass die dortigen Leiter geeignete AUBKandidaten für Betriebsratswahlen auswählten und förderten. Eingebunden in diese Planung waren neben anderen auch Dr. F. , der zu dieser Zeit „die eigentliche ‚Nr. 1’ der Siemens AG war“, und der damals noch dem Bereichsvorstand angehörende Dr. W. .
8
In Ausführung dieses Plans schloss die Siemens AG, vertreten durch den Betriebsleiter des Standorts Erlangen, Dr. K. , und den Leiter der Abteilung Leasingfinanzierung, Fl. , im August 1990 mit dem Angeklagten S. zunächst eine Vereinbarung über das Ausscheiden des Angeklagten S. aus dem Unternehmen. Dieser Vereinbarung ging ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Absichtsschreiben voraus, das für die Siemens AG von Dr. F. und Dr. W. unterschrieben worden war. Daneben wurde zwischen der Siemens AG, wiederum vertreten durch Dr. K. und Fl. , und dem Angeklagten S. eine Zusatzvereinbarung getroffen. Diese sah insbesondere vor, dass der Angeklagte S. mit einer Fremdfirma einen Beratungs - und Schulungsvertrag schließen sollte. Auf der Grundlage dieser Zusatzvereinbarung wurde im Dezember 1990 zwischen der neu gegründeten Einzelfirma des Angeklagten S. „ S. Unternehmensberatung und Mitarbeiterschulung“ und der Firma SI. Holding für Grundbesitz GmbH (im Folgenden: SI. GmbH) zum Schein ein Beratungs- und Schulungsvertrag geschlossen, auf dessen Grundlage die SI. GmbH ab dem Jahr 1991 zunächst 52.000 DM monatlich und ab April 1992 monatlich 57.000 DM an das Unternehmen des Angeklagten S. zahlte. Diesen Zahlungen lagen keine Leistungen des Angeklagten S. zu Grunde. Vielmehr dienten sie allein der Verschleierung der Zahlungen der Siemens AG an ihn, damit er absprachegemäß die AUB weiter ausbauen konnte. Die SI. GmbH stellte der Siemens AG die an den Angeklagten S. geleisteten Zahlungen in Rechnung, was aufgrund anderweitiger geschäftlicher Verbindungen der beiden Gesellschaften unauffällig möglich war.
9
In der Folgezeit wurden zunächst auf der Grundlage dieses Scheinvertrages bis zum Jahr 1995 durch Scheinrechnungen Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. in Höhe von insgesamt 8,5 Millionen DM verschleiert ; eine Kontrolle der Mittelverwendung durch die Siemens AG fand dabei nicht statt. Absprachegemäß wurden darüber hinaus Mitarbeiter der Siemens AG in der Bundesgeschäftsstelle der AUB eingesetzt. Parallel dazu warb der Angeklagte S. in den Personalabteilungen der Siemens AG für Kandidaturen auf der AUB-Liste, wobei er die jeweils Verantwortlichen animierte, geeignete Mitarbeiter auszuwählen und diesen klarzumachen, dass eine Kandidatur von Siemens gefördert werde.
10
Aufgrund geänderter geschäftlicher Strukturen war seit dem Jahr 1995 die Verschleierung der Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Förderung des Ausbaus der AUB unter Zwischenschaltung der SI. GmbH nicht mehr möglich. An deren Stelle trat die G. Leasing GmbH & Co KG (im Folgenden: G. Leasing), zur damaligen Zeit eine 100%ige Tochtergesellschaft der Siemens AG, als neuer Vertragspartner in die zum Schein geschlossenen Vereinbarungen ein. Zudem wurden die zwischen dem Angeklagten S. und der Siemens AG geschlossenen Vereinbarungen, die zunächst bis zum Jahr 1995 befristet waren, verlängert. Die Siemens AG wurde hierbei vom Mitglied des Zentralvorstands Dr. W. sowie dem ebenfalls dem Zentralvorstand angehörenden Leiter der Zentralabteilung Personal, G. , vertreten. Bis zum Jahr 2000 flossen auf diesem Weg verschleiert weitere 17,7 Millionen DM von der Siemens AG an den Angeklagten S. . Im Jahr 1998 kam es zu Unstimmigkeiten über den Zahlungsweg, weil der Geschäftsführer der G. Leasing diesen für problematisch hielt („er wolle den ‚Schweinkram‘ nicht mehr in seinen Abschlüssen sehen“). In der Folge führte der Angeklagte S. mit dem neuen Leiter der Zentralabteilung Finanzen, Ne. , der ebenfalls dem Zentralvorstand angehörte, ein Gespräch über diese Problematik. Ergebnis des Gesprächs war, dass der Geschäftsführer der G. Leasing in einem Schreiben darüber informiert wurde, die bisherige Form der Zahlung solle mit Einverständnis von Herrn Ne. beibehalten werden.
11
2. Die verfahrensgegenständlichen Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Verwendung für die AUB und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Tätigkeit der AUB für die Siemens AG (Tatkomplexe III.1/2 der Urteilsgründe)
12
a) Im Hinblick auf die Unstimmigkeiten über die bisherige Zahlungsabwicklung mit dem Geschäftsführer der G. Leasing bemühte sich der Angeklagte S. darum, eine anderweitige Möglichkeit zur Verschleierung der Zahlungen zu finden. Unter Beteiligung des Zentralvorstands Dr. W. wurde im Herbst des Jahres 2000 ein Treffen des Angeklagten S. mit dem kaufmännischen Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen, dem Mitangeklagten Fe. , mit dem Ziel vereinbart, einen neuen Zahlungsweg zur Verschleierung der Zahlungen der Siemens AG an die AUB zu finden. Bei diesem Treffen wurde der Mitangeklagte Fe. über die Hintergründe der Zahlungen informiert. Unter der Bedingung, dass das Ergebnis seines Bereiches durch die Zahlungen nicht beeinträchtigt werde, war der Mitangeklagte Fe. mit der verschleierten Abwicklung der Zahlungen an die AUB über seinen Bereich einverstanden.
13
Im weiteren Verlauf wurde am 22. Januar 2001 eine Rahmenvereinbarung zwischen der Siemens AG, Geschäftsbereich „Automation and Drives“ - vertreten durch den Mitangeklagten Fe. - und dem Angeklagten S. unter seiner Firma „W. Unternehmensberatung und Mitarbeiter- schulung“ getroffen. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung rechnete der Angeklagte S. tatsächlich nicht erbrachte Leistungen ab, um zum Schein eine Grundlage für die Zahlungen der Siemens AG an die AUB zu schaffen. Die Rechnungen wurden jeweils an die Privatadresse des Mitangeklagten Fe. geschickt. Zwischen Januar 2001 und November 2006 erstellte der Angeklagte S. auf Grundlage der Rahmenvereinbarung insgesamt 44 Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer über einen Gesamtbetrag von netto 30,3 Millionen Euro, der auf Veranlassung des Mitangeklagten Fe. durch die Siemens AG an die Unternehmensberatung des Angeklagten S. gezahlt wurde. Beiden war dabei bewusst, dass die finanzielle Unterstützung der AUB nicht offen gelegt und transparent gestaltet wurde, sondern ohne Unterrichtung des Vorstandes und des Aufsichtsrates, zudem ohne ausreichende Kontrolle der Mittelverwendung durchgeführt wurde (UA S. 37). Wie von dem Angeklagten S. und dem Mitangeklagten Fe. zumindest billigend in Kauf genommen, wurden die Rechnungen von der Zentralen Abrechnungseinheit der Siemens AG (ARE) mit dem Nettobetrag als Betriebsausgaben verbucht und hinsichtlich der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer zum Vorsteuerabzug verwendet (UA S. 38).
14
Bei Abschluss der Rahmenvereinbarung unterließ es der Mitangeklagte Fe. entgegen den bei der Siemens AG bestehenden Vertretungsregeln, eine zweite Unterschrift eines hierzu bevollmächtigten weiteren Mitarbeiters der Siemens AG einzuholen. Auch informierte er den Vorstand und den Aufsichtsrat der Siemens AG nicht über den Abschluss der Rahmenvereinbarung. Nach Eingang der auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung vom Angeklagten S. erstellten Rechnungen veranlasste der Mitangeklagte Fe. zunächst bis zu seinem Ausscheiden als kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen die Zahlungen selbst. Danach sorgte er in seinen Funktionen als Leiter einer Hauptabteilung für Konzernstrategie und als Mitglied des Gesamtvorstands, zuletzt als Mitglied des Zentralvorstands dafür, dass die Rechnungen weiter durch den Bereich „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen beglichen wurden. Hierzu informierte er seinen Nachfolger am Standort Erlangen über den Hintergrund der Rechnungen, damit dieser in der Folge die Rechnungen - wie dann auch tatsächlich geschehen - anerkannte. Eine inhaltliche Kontrolle der Rechnungen nahm der Mitangeklagte Fe. weder selbst vor, noch ließ er die Rechnungen von anderen Stellen prüfen. Als bei einer am Ende des Jahres 2005 von der Abteilung „Corporate Finance Financial Audit“ durchgeführten Routineüberprüfung Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Bezahlung der Rechnung der Unternehmensberatung des Angeklagten S. beanstandet wurden, erreichte der Mitangeklagte Fe. , dass die Beanstandungen der Revisoren nicht mehr weiterverfolgt wurden („vom Radarschirm der Revisoren gebracht“).
15
b) Mit den Geldbeträgen, die auf die beschriebene Weise von der Siemens AG verschleiert an die Unternehmensberatung des Angeklagten S. überwiesen wurden, bestritt der Angeklagte S. unmittelbar von den Konten seines Einzelunternehmens die Ausgaben, die bei der Tätigkeit und bei Werbemaßnahmen der AUB anfielen.
16
Ohne die Zahlungen der Siemens AG, die für die Finanzierung der Ausgaben der AUB verwendet wurden, wäre die AUB als Verein nicht überlebensfähig gewesen. Sie hätte die Kosten für Werbe- und Informationsmaterial sowie die Kosten ihrer Infrastruktur und für die von ihr angebotenen Leistungen aus ihren satzungsmäßigen Einnahmequellen nicht tragen können.
17
Die langjährige Unterstützung bei Aufbau, Stabilisierung und Erhalt der AUB hatte für die Siemens AG erhebliche wirtschaftliche Vorteile: Durch die Zusammenarbeit des Angeklagten S. mit den Leitern der Personalabteilungen konnten interessierte „zukunftsfähige“ Mitarbeiter gefunden werden, denen verdeutlicht werden konnte, dass eine Kandidatur als Betriebsrat für die AUB auch für sie selbst mit Vorteilen im Hinblick auf einen Aufstieg in der Organisation der Siemens AG verbunden war. An den Standorten, an denen die AUB im Betriebsrat vertreten war, konnte auf betrieblicher Ebene eine Vielzahl von Vereinbarungen geschlossen werden, die aus Arbeitgebersicht erhebliche wirtschaftliche Vorteile einbrachten und firmenstrategische Maßnahmen erleichterten.
18
c) Durch mindestens vier Rechnungsstellungen im Jahr 2006, mit denen - was auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung grundsätzlich möglich war - „Zusatzaufwand“ in Höhe von jeweils 800.000 Euro netto abgerechnet wurde, veranlasste der Angeklagte S. die Siemens AG zu Zahlungen, die er nicht für die Förderung, den Aufbau und die Stabilisierung der AUB verwenden wollte, sondern für die von ihm im eigenen Interesse betriebene Sportförderung, für sonstige private Zwecke und für andere Unternehmen. Mit der bei der Rechnungsstellung vorgenommenen Bezugnahme auf die mit der Siemens AG getroffenen Rahmenvereinbarung erklärte der Angeklagte S. bewusst wahrheitswidrig, dass er die abgerechneten Beträge für die AUB verwenden würde. Im Vertrauen darauf, dass der Angeklagte S. die Gelder für die vereinbarten Zwecke einsetzen würde, wurden die Zahlungen durch die Siemens AG angewiesen. Bei Kenntnis von der tatsächlich vom Angeklagten S. geplanten Verwendung der Gelder, wäre dies nicht der Fall gewesen.
19
d) Das Landgericht hat die Zahlungen der Siemens AG an den Angeklagten S. zur Verwendung für die Tätigkeit der AUB seitens des Mitangeklagten Fe. als Untreue (§ 266 StGB) und als Beihilfe hierzu durch den Angeklagten S. angesehen. Durch die Zahlungen habe der Mitangeklagte Fe. gegen die Vorschrift des § 119 BetrVG verstoßen und dadurch die ihm gegenüber der Siemens AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Der Siemens AG sei hierdurch ein Vermögensnachteil in Höhe der gezahlten 30,3 Millionen Euro entstanden, weil den Zahlungen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil der Siemens AG gegenüber gestanden habe (UA S. 37).
20
Die Täuschung der Verantwortlichen der Siemens AG über die Erforderlichkeit weiterer Zahlungen für die AUB durch den Angeklagten S. mit dem Ziel der Verwendung für eigene Zwecke hat das Landgericht als Betrug (§ 263 StGB) des Angeklagten S. zum Nachteil der Siemens AG eingestuft.
21
3. Steuerrechtliche Behandlung der Zahlungen an die AUB bei der Siemens AG (Tatkomplex III.3 der Urteilsgründe)
22
Als kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen bewirkte der Mitangeklagte Fe. durch die firmeninterne Weiterleitung der vom Angeklagten S. hierzu vorgelegten 44 Rechnungen, dass die in diesen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer bei Abgabe der jeweiligen Umsatzsteuererklärungen der Siemens AG als Vorsteuer geltend gemacht und die jeweiligen Nettobeträge als Betriebsausgaben bei den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen in Abzug gebracht wurden.
23
Nach Auffassung des Landgerichts verstießen die Zahlungen mit dem Verwendungszweck AUB gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und unterlagen daher dem ertragsteuerlichen Abzugsverbot des § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG. Ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen sei nicht gemäß § 15 Abs. 1 UStG zulässig gewesen, weil die in Rechnung gestellten Leistungen nicht erbracht worden seien. Indem der Mitangeklagte Fe. die Rechnungsbeträge ohne Hinweis auf die fehlende Abzugsfähigkeit firmenintern weiterbelastete , bewirkte er für die Netto-Rechnungsbeträge einen unzulässigen Betriebsausgabenabzug i.S.v. § 4 Abs. 5 EStG und hinsichtlich der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer einen nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzug. Hierdurch habe er nach Berechnung des Landgerichts - unterstützt durch den Angeklagten S. mit der Zurverfügungstellung der Rechnungen - zugunsten der Siemens AG für die Jahre 2001 bis 2006 Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt mehr als 4,8 Millionen Euro und für das Jahr 2004 Körperschaftsteuer mit Solidaritätszuschlag in Höhe von mehr als 500.000 Euro verkürzt (UA S. 48). Zudem hat die Siemens AG hierdurch nach der Berechnung des Landgerichts in den Jahren 2001 bis 2004 bei der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer Steuervorteile in Form ungerechtfertigter Verlustvorträge in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro erlangt (UA S. 47, 48).
24
4. Steuerliche Behandlung der von der Siemens AG erhaltenen Zahlungen und weitere unrichtige Angaben gegenüber dem Finanzamt durch den Angeklagten S. (Tatkomplex III.4 der Urteilsgründe)
25
Der Angeklagte S. machte die Ausgaben, die er für Zwecke der AUB von den Konten seines Unternehmens tätigte, als eigene Betriebsausgaben geltend. Darüber hinaus verbuchte er in den Jahren 2000 bis 2004 zu Unrecht auch noch anderweitige Ausgaben für Sportförderung, private Zwecke und andere Unternehmen in Höhe von insgesamt mehr als 12,7 Millionen Euro als Betriebsausgaben seiner Unternehmensberatung. Nach Auffassung des Landgerichts hat er dadurch und durch weitere unzutreffende Angaben in seinen persönlichen Einkommensteuererklärungen (u.a. 1.275 Euro für den Eiltransport einer toten Biberratte zu einem Tierpräparator in Österreich) für die Veranlagungszeiträume 2000 bis 2004 Einkommensteuer in Höhe von insgesamt mehr als 7 Millionen Euro, Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt mehr als 380.000 Euro und Gewerbesteuer in Höhe von insgesamt mehr als 3,4 Millionen Euro verkürzt. Zudem hat er nach Berechnung des Landgerichts Umsatzsteuer von insgesamt mehr als 220.000 Euro verkürzt, indem er zu Unrecht Vorsteuern aus Rechnungen geltend machte, denen keine Leistungen an seine Unternehmensberatung zu Grunde lagen. Hierdurch habe er sich jeweils der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) schuldig gemacht.

II.


26
Der Senat beschränkt mit Zustimmung des Generalbundesanwalts im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe die Verfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf die Strafbarkeit wegen Betruges. Die bisher getroffenen Feststellungen des Landgerichts ermöglichen keine umfassende Prüfung des Schuldspruchs zur Untreue. Selbst wenn noch weitere Feststellungen sollten getroffen werden können, erscheint es fraglich, ob diese einen Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue rechtfertigen könnten. Die Verfahrensbeschränkung ist daher aus verfahrensökonomischen Gründen angebracht.
27
1. Der Senat hat nämlich Bedenken, ob der Mitangeklagte Fe. dem Vermögen der Siemens AG - und zwar durch pflichtwidrige Handlungen i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB - einen Vermögensnachteil zugefügt hat, indem er die http://www.juris.de/jportal/portal/t/r5u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE005768020&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/r5u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE006838044&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/r5u/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE018798036&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 15 - verfahrensgegenständlichen Zahlungen in der konkreten Art und Weise veranlasste. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue.
28
a) Der Mitangeklagte Fe. hat aufgrund seiner beruflichen Stellung eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.v. § 266 StGB gegenüber der Siemens AG.
29
aa) Eine Vermögensbetreuungspflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Der Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung , ob die fremdnützige Vermögensfürsorge den Hauptgegenstand der Rechtsbeziehung bildet und ob dem Verpflichteten bei deren Wahrnehmung ein gewisser Spielraum, eine gewisse Bewegungsfreiheit oder Selbständigkeit, mit anderen Worten die Möglichkeit zur verantwortlichen Entscheidung innerhalb eines gewissen Ermessensspielraums verbleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 1951 - 1 StR 171/51, BGHSt 1, 186, 188 f.; BGH, Urteil vom 4. November 1952 - 1 StR 441/52, BGHSt 3, 289, 294; BGH, Urteil vom 3. März 1953 - 1 StR 5/53, BGHSt 4, 170, 172; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1957 - 2 StR 481/57, BGHSt 13, 315, 317; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 92 f., 108 mwN).
30
bb) Sowohl zunächst als kaufmännischer Vorstand des Bereichs „Automation and Drives“ des Standorts Erlangen als auch in der Folgezeit als Leiter einer Hauptabteilung für Konzernstrategie, als Mitglied des Gesamtvorstands und zuletzt als Mitglied des Zentralvorstands war der Mitangeklagte Fe. in diesem Sinne verpflichtet, die Vermögensinteressen der Siemens AG wahrzunehmen.
31
b) Es erscheint - jedenfalls aufgrund der bisherigen Feststellungen - fraglich , ob der Mitangeklagte Fe. dadurch pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB gehandelt hat, dass er unter Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die AUB finanziell förderte.
32
aa) Nach Auffassung des Landgerichts hat es der Mitangeklagte Fe. zunächst bei Abschluss des Vertrages vom 22. Januar 2001 - entgegen den bei der Siemens AG zur Tatzeit bestehenden Vertretungsregelungen - pflichtwidrig unterlassen, die für die Vertretung der Gesellschaft erforderliche zweite Unterschrift eines entsprechend bevollmächtigten weiteren Mitarbeiters der Siemens AG einzuholen. Den Inhalt der insoweit maßgeblichen Vertretungsregeln teilt die Strafkammer indes nicht mit, obwohl es die verfahrensgegenständliche Rahmenvereinbarung als einen „wesentlichen Vertrag“, der eine zweite Unterschrift erforderlich mache, charakterisiert. Dem Senat ist aber ohne Mitteilung des in Bezug genommenen Inhaltes „der bei der Siemens AG damals bestehenden Vertretungsregelungen“ (UA S. 34) nicht möglich, zu beurteilen, ob tatsächlich eine zweite Unterschrift erforderlich war, was der frühere Mitangeklagte Fe. bestritten hat (UA S. 76). Eine auf das Fehlen einer zweiten Unterschrift gestützte Pflichtwidrigkeit wird daher nicht tragfähig durch Tatsachen belegt.
33
bb) Die Strafkammer begründet die Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Mitangeklagten Fe. darüber hinaus damit, dass er es unterlassen habe, die zuständigen Organe der Siemens AG von dem abgeschlossenen Vertrag zu informieren. Diese Wertung ist jedenfalls ohne nähere Erörterung nicht mit der Feststellung zu vereinbaren, dass der Abschluss der verfahrensgegenständlichen Rahmenvereinbarung durch den Mitangeklagten Fe. auf Veranlassung eines damaligen Mitglieds des Zentralvorstandes zurückging. Zudem stellt das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung fest, dass „nach dem Ergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung von der Kammer ausgeschlossen werden kann, dass sich damals ein Bereichsvorstand wie der Mitangeklagte Fe. ohne ‚Absegnung von oben’ auf so etwas wie die schriftliche Rahmenvereinbarung vom 22. Januar 2001 eingelassen hätte“ (UA S. 92). Dies legt nahe, dass die Strafkammer davon ausging, dass der Abschluss der getroffenen Vereinbarung und die darauf zurückgehenden Zahlungen an den Angeklagten S. von einer Einwilligung des Zentralvorstandes der Siemens AG gedeckt waren. Dann bedurfte es aber näherer Begründung, warum das Unterlassen der Unterrichtung des Vorstandes geeignet war, die Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Mitangeklagten Fe. zu begründen.
34
cc) Der Senat hat jedenfalls Bedenken, dass die Annahme des Landgerichts zutrifft, der Mitangeklagte Fe. habe die ihn treffende Vermögensbetreuungspflicht auch deshalb verletzt, weil die Zahlungen an das Unternehmen des Angeklagten S. gegen die Strafvorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verstoßen. Denn bei dieser Norm handelt es sich nicht um eine das zu betreuende Vermögen - hier der Siemens AG - schützende Vorschrift. Schutzzweck dieser Strafvorschrift ist vielmehr - allein - die Integrität der Wahl des Betriebsrats , namentlich die Freiheit der Willensbetätigung der Wahlbeteiligten i.S.d § 20 BetrVG.
35
(1) § 266 StGB ist ein Vermögensdelikt; die Norm schützt das zu betreuende Vermögen im Sinne der Gesamtheit der geldwerten Güter einer Person (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301). Umfang und Grenzen der im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevanten Pflichten richten sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Es besteht daher eine Anbindung an die zivil- oder öffentlichrechtlichen Grundlagen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187; BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 297; BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 155; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 335; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 95 sowie Fischer, StGB, 57. Aufl., § 266 Rn. 58 und SSW-StGB/Saliger § 266 Rn. 31 mwN). Das Pflichtwidrigkeitsmerkmal erschöpft sich dabei aber nicht nach Art eines Blankettmerkmals in der Weiterverweisung auf genau bezeichnete Vorschriften (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 97); es handelt sich vielmehr um ein komplexes normatives Tatbestandsmerkmal (vgl. BVerfG aaO mwN). Bei dessen Auslegung ist es von Verfassungs wegen geboten, die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken, Wertungswidersprüche zur Ausgestaltung spezifischer Sanktionsregelungen zu vermeiden und - was hier ausschlaggebend ist - den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1955 - 3 StR 234/55, BGHSt 8, 254, 257 ff.; BGH, Urteil vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 297; vgl. auch BVerfG aaO Rn. 110).
36
Im Hinblick auf die tatbestandliche Weite des § 266 Abs. 1 StGB kann daher nicht in jedem (strafbewehrten) Verstoß gegen die Rechtsordnung auch eine i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevante Pflichtverletzung erblickt werden. Das folgt aus dem Schutzzweck des § 266 Abs. 1 StGB, der das zu betreuende Vermögen schützt. Eine Normverletzung - hier eine Straftat i.S.d. § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - ist deshalb in der Regel nur dann pflichtwidrig i.S.v. § 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm ihrerseits - wenigstens auch, und sei es mittelbar - vermögensschützenden Charakter für das zu betreuende Vermögen hat, mag die Handlung auch nach anderen Normen pflichtwidrig sein und unter Umständen sogar Schadensersatzansprüche gegenüber dem Treuepflichtigen auslösen. Nur dann, wenn die unmittelbar verletzte Rechtsnorm selbst vermögensschützenden Charakter hat, liegt der untreuespezifische Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und geschütztem Rechtsgut i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB vor. Fehlt es daran, kann der Gesetzesverstoß, soweit er für sich sanktionsbewehrt ist, nach Maßgabe des diesbezüglichen Sanktionstatbestandes geahndet werden. Der Gesetzesverstoß kann darüber hinaus auch geeignet sein, Schadensersatzansprüche zu begründen. Eine - daneben tretende - Pflichtwidrigkeit i.S.d § 266 StGB wegen Untreue kann allein aus diesem Gesetzesverstoß aber grundsätzlich noch nicht abgeleitet werden. Ob etwas anderes gilt, wenn an die Verletzung einer solchen Rechtsnorm eine spezifische, sich vermögensmindernd auswirkende Sanktion anknüpft, lässt der Senat offen. Das BetrVG jedenfalls sieht eine solche sich vermögensmindernd auswirkende Sanktion nicht vor.
37
(2) Bei einer Aktiengesellschaft bestimmen sich Umfang und Grenzen der Vermögensbetreuungspflichten der Organe grundsätzlich nach Maßgabe der §§ 76, 93, 116 AktG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 335 f. für den Aufsichtsrat; BGH, Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, BGHSt 54, 148 Rn. 36 für den Vorstand). Die den Organen einer Aktiengesellschaft angehörenden Personen haben deshalb - auch gegenüber der Aktiengesellschaft selbst - die rechtlichen Pflichten und Vorgaben der Rechtsordnung einzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1993 - II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 127; Spindler in MünchKomm-AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 63 ff. mwN). Die somit für die Organe einer Aktiengesellschaft bestehende Legalitätspflicht bedingt, dass kein aktienrechtlich geschützter Handlungsspielraum für „profitable Pflichtverletzungen“ besteht (vgl. Fleischer, ZIP 2005, 141, 145 mwN). Verstöße gegen die Legalitätspflicht können auch im Verhältnis zur Gesellschaft selbst nicht mit dem Vorbringen gerechtfertigt werden , sie lägen in deren Interesse; die Bindung an gesetzliche Vorschriften hat vielmehr Vorrang (BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09 mwN). Gesetzesverstöße , wie hier der Verstoß gegen § 119 BetrVG, stellen daher - in aktienrechtlicher Hinsicht - eine Verletzung der in § 93 Abs. 1 und § 116 Satz 1 AktG statuierten Pflichten dar und können zivilrechtliche Rechtsfolgen begründen.
38
Dies hat aber nicht zur Folge, dass die primär verletzte Rechtsnorm, wenn sie nicht das betreute Vermögen schützt, allein dadurch vermögensschützend wird, dass ihre Verletzung zugleich eine Verletzung aktienrechtlicher Vorschriften darstellt. Anders gewendet heißt dies: Liegt der Verstoß gegen die §§ 93, 116 AktG allein darin, dass eine nicht vermögensschützende Norm außerhalb des Aktiengesetzes verletzt wird, führt dies nicht dazu, dass die Verletzung einer vermögensschützenden Norm im Sinne einer Pflichtverletzung gemäß § 266 Abs. 1 StGB vorläge, nur weil die primär verletzte Pflicht durch die §§ 93, 116 AktG zu einer aktienrechtlichen Pflicht der Organe der Aktiengesellschaft wird. Denn auch die §§ 93, 116 AktG sind Vorschriften von erheblicher Unbestimmtheit und generalklauselartigem Charakter (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 97). Eine allein auf die Verletzung dieser Vorschriften abstellende Auslegung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGB wäre daher nicht geeignet, die verfassungsrechtlich gebotene Beschränkung der Anwendung des Untreuetatbestands auf evidente Fälle pflicht- widrigen Handelns zu beschränken und damit den Charakter des Untreuetatbestands als eines Vermögensdelikts zu bewahren. Wollte man dies anders sehen , würde letztlich jeder Gesetzesverstoß (etwa auch die Beauftragung einer Werbeagentur mit einer i.S.v. § 3 UWG unlauteren Werbung) gleichzeitig eine pflichtwidrige Handlung i.S.v. § 266 StGB darstellen und - bei Vorliegen eines Vermögensnachteils - den Tatbestand der Untreue erfüllen. Dies würde nicht nur dem Untreuetatbestand jegliche Kontur nehmen; es wäre bei weniger gewichtigen Verstößen gegen selbst nicht strafbewehrte Normen vielfach auch nicht mehr mit der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts zu vereinbaren.
39
Maßgeblich ist daher auch bei Verstößen gegen die §§ 93, 116 AktG, ob die primär verletzte Rechtsnorm, deren Verletzung zugleich den Verstoß gegen diese aktienrechtlichen Vorschriften bildet, vermögensschützenden Charakter hat. Dies ist bei der Strafnorm des § 119 BetrVG nicht der Fall. Die Vorschrift des § 119 BetrVG dient allein dem Schutz der Wahl und der Funktionsfähigkeit der im Gesetz aufgeführten betriebsverfassungsrechtlichen Organe (vgl. Oetker in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 119 Rn. 6). Der Verstoß gegen § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG ist daher für sich allein nicht geeignet, eine Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Mitangeklagten Fe. i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB zu begründen. Das dadurch verwirklichte Unrecht kann im vorliegenden Fall strafrechtlich allein nach Maßgabe des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG geahndet werden. Eine eventuelle, sich aus dem Verstoß gegen aktienrechtliche Vorschriften ergebende zivilrechtliche Haftung bleibt davon unberührt.
40
dd) Demnach kann ein i.S.v. § 266 Abs. 1 StGB pflichtwidriges und zudem vermögensschädigendes Verhalten des Mitangeklagten Fe. allein darin erblickt werden, dass er die Zahlungen auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung veranlasste, ohne selbst eine ausreichende inhaltliche Kontrolle http://www.juris.de/jportal/portal/t/msz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE045903307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 22 - durchzuführen oder zumindest dafür Sorge zu tragen, dass Dritte eine inhaltliche Kontrolle durchführen. Überprüfungen wurden zudem dadurch erschwert, dass die tatsächlichen Rechtsverhältnisse durch Scheinrechnungen verschleiert wurden. Ein solches Vorgehen ist mit den - insoweit fraglos vermögensschützenden - Pflichten, die den Mitangeklagten Fe. allgemein aufgrund seiner Stellung innerhalb der Siemens AG und im Speziellen bei Abwicklung der zwischen der Siemens AG und dem Angeklagten S. getroffenen Vereinbarung trafen, nicht zu vereinbaren. Denn dadurch wurde bereits die Prüfung durch die zuständigen Stellen vereitelt, ob die Leistungen der Siemens AG in einem äquivalenten Verhältnis zu den mit der Vereinbarung erlangten Vermögensvorteilen des Unternehmens stehen. Insoweit belegen die bisherigen Feststellungen aber nicht, dass der Siemens AG durch diese Verletzung der dem Mitangeklagten Fe. obliegenden Vermögensbetreungspflicht auch ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB entstanden ist.
41
Ein dem betreuten Vermögen zugefügter Nachteil i.S.d. § 266 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist dabei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung (Vermögensvergleich ) festzustellen (BGH, Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301; BGH, Urteil vom 11. Juli 2000 - 1 StR 93/00, wistra 2000, 384, 386 mwN; BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379 mwN). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Werterhöhend kann auch eine vermögenswerte realistische Gewinnerwartung wirken (BGH, Beschluss vom 29. November 1995 - 5 StR 495/95, NStZ 1996, 191; BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310702008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310702008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302822009&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/u7n/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=JURE090052076&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 23 -
42
Beim Vermögen als Rechtsgut und Bezugspunkt des anzustellenden Vergleichs handelt es sich allerdings nicht um einen der sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar zugänglichen Gegenstand, sondern um eine wirtschaftliche Größe, deren Umfang zu einem bestimmten Zeitpunkt sich erst aus einer Bewertung ergibt. In deren Rahmen bedarf es der Entscheidung, welche Vermögenspositionen in die Wertbestimmung einfließen und wie deren Wert zu ermitteln ist. Hierbei können normative Erwägungen eine Rolle spielen. Sie dürfen aber, soll der Charakter der Untreue als Vermögensdelikt und Erfolgsdelikt bewahrt bleiben, wirtschaftliche Überlegungen nicht verdrängen. Stets ist zu prüfen , ob das verbotene Geschäft - wirtschaftlich betrachtet - nachteilig war (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379 mwN; BGH, Beschluss vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07, NJW 2008, 2451, 2452; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a. Rn. 102, 114).
43
Der Vermögensnachteil stellt hierbei ein selbständiges neben dem der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal dar, das nicht in dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit aufgehen darf. Deswegen sind eigenständige Feststellungen zum Vorliegen eines Nachteils geboten (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07, NJW 2008, 2451, 2452; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331; BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 3 StR 410/09, NStZ 2010, 329, 330; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a. Rn. 112, 113 f. mwN).
44
An diesen Grundsätzen gemessen erweisen sich die Wertungen des Landgerichts, nach denen die auf Grundlage der Scheinrechnung erfolgenden Zahlungen der Siemens AG an die AUB einen endgültigen Schaden i.S.v. § 266 StGB verursachten, da kein den Geldabfluss kompensierender Vermögensvor- teil bei der Siemens AG gegeben sei (UA S. 128), aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht als tragfähig. Das Landgericht stellt zwar fest, dass der Siemens AG infolge der Zusammenarbeit mit der AUB finanzielle Vorteile erwachsen seien. Diese Vorteile stellen nach Auffassung des Landgerichts indes keinen unmittelbaren Vermögenszuwachs dar, sondern vielmehr lediglich eine „vage Chance“, die nicht konkret messbar sei.
45
Das Landgericht hat dabei nicht hinreichend bedacht, dass ein unmittelbarer , den Vermögensnachteil kompensierender Vermögensvorteil nicht nur dann gegeben ist, wenn die schadensausschließende Kompensation in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Pflichtverletzung steht. Denn „unmittelbar“ heißt insoweit nicht zeitgleich bzw. sofort oder auch nur bald. Eine unmittelbare Schadenskompensation ist vielmehr dann gegeben, wenn keine weitere, selbstständige Handlung mehr hinzutreten muss, damit der kompensationsfähige Vermögenszuwachs entsteht (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 266 Rn. 166 mwN).
46
Mit den im Tatzeitraum geleisteten Zahlungen an den Angeklagten S. , die den Fortbestand der AUB sicherstellten, wurde aus Sicht der Verantwortlichen der Siemens AG - jedenfalls im Tatzeitraum - der mit den Zahlungen angestrebte wirtschaftliche Vorteil, auf den bei der Gesamtsaldierung allein abzustellen ist (BGH, Urteil vom 28. Januar 1983 - 1 StR 820/81, BGHSt 31, 232, 234 f.; BGH, Urteil vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 298; BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323 Rn. 45 ff.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 142, 153, 150), bereits erreicht. Angesichts der nach den Feststellungen zu diesem Zeitpunkt gegebenen Etablierung der AUB hätte es weitergehender Darlegung bedurft, warum die Zahlungen lediglich zu einer vagen Chance, nicht aber zu einem bereits messbaren Vermögenszuwachs geführt hätten. Aufgrund des zur Tatzeit etablierten und „bewährten“ Systems sind die Zuwendungen auch nicht mit Fällen vergleichbar, bei denen durch Einsatz von Bestechungsgeldern in nicht konkretisierten zukünftigen Fällen dem Vermögensinhaber günstige Vertragsabschlüsse erreicht werden sollen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323 Rn. 45).
47
2. Eine Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue würde daher weitergehende als die bisher getroffenen Feststellungen erfordern. Namentlich wären die seitens des Landgerichts festgestellten wirtschaftlichen Vorteile, welche die Siemens AG aufgrund der mit dem Angeklagten S. getroffenen Vereinbarung erzielte, in betriebswirtschaftlicher Hinsicht - erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen - zu bewerten und mit den von der Siemens AG geleisteten Zahlungen zu saldieren. Dies gebietet aus verfahrensökonomischen Gründen die Beschränkung des Verfahrens im Fall III. 1 und 2 der Urteilsgründe gemäß § 154a Abs. 2 auf den Vorwurf des Betruges des Angeklagten S. zum Nachteil der Siemens AG.

III.


48
Der Schuldspruch im Übrigen hat Bestand.
49
1. Der Schuldspruch des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des Haupttäters Fe. seitens der Siemens AG in 20 Fällen hält rechtlicher Nachprüfung stand. Indem S. an dem zur Verschleierung der Zahlungen an die AUB ersonnenen System von Scheinverträ- gen und -rechnungen mitwirkte, leistete er jeweils Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 27 Abs. 1 StGB.
50
a) Die getroffenen Feststellungen belegen die Wertung des Landgerichts , der Mitangeklagte Fe. habe bewirkt, dass durch unrichtige Angaben gegenüber den Finanzbehörden von der Siem ens AG geschuldete Ertragssteuern verkürzt wurden und die Gesellschaft nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangte. Denn die Scheinrechnungen berechtigten die Siemens AG nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG, da ihnen keine Leistungen zu Grunde lagen. Zudem waren die durch die Scheinrechnungen des Angeklagten S. verschleierten Zahlungen an das Unternehmen des Angeklagten S. nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht als Betriebsausgaben abziehbar, da es sich bei diesen Zahlungen um die Zuwendung von Vorteilen handelte, die als rechtswidrige Handlungen den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichten. Sie erfüllen den Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG.
51
Der Senat teilt nicht die vom Beschwerdeführer und teilweise in der Literatur erhobenen Bedenken gegen eine weite Auslegung des Begriffs der Beeinflussung der Wahl (vgl. dazu Joecks in MünchKommStGB, § 119 BetrVG; Kudlich in Festschrift für Heinz Stöckel, 2009, S. 93 ff.; das gilt auch für die von Prof. Dr. Joecks in einem Rechtsgutachten im Auftrag des Angeklagten S. in diesem Verfahren vor dem Landgericht vorgebrachten Bedenken). Er ist insbesondere der Auffassung, dass diese Strafnorm hinreichend klar und bestimmt im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG ist, so dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 119 BetrVG das steuerliche Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG ausgelöst wird.
52
aa) Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG macht sich strafbar, wer eine Wahl des Betriebsrats eines Unternehmens durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst. Hierdurch werden Verstöße gegen das Verbot des § 20 Abs. 2 BetrVG sanktioniert. § 20 Abs. 2 BetrVG schützt - zusammen mit dem Verbot des § 20 Abs. 1 BetrVG, das nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BetrVG strafbewehrt ist - umfassend die Integrität der Wahl (vgl. Fitting, BetrVG, 25. Aufl. § 20 Rn. 20). Dadurch soll eine Beeinflussung des Wahlergebnisses in einer nicht von der Rechtsordnung gebilligten Weise ausgeschlossen werden (so auch OVG Münster, Beschluss vom 10. November 2005 - 1 A 5076/04, BeckRS, 2006, 20067 zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 21 Abs. 1 LPVG NRW).
53
Das Verbot in § 20 Abs. 1 BetrVG gewährleistet dabei die Freiheit der Willensbetätigung der Wahlbeteiligten (vgl. Vogt BB 1987, 189, 190 mwN; Kreutz in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 20 Rn. 24). Der vorliegend maßgebliche § 20 Abs. 2 BetrVG zielt demgegenüber auf die Sicherung der freien Willensbildung der Wahlbeteiligten ab (Kreutz aaO mwN). Vor diesem Hintergrund erfasst das Verbot des § 20 Abs. 2 BetrVG - und ihm folgenden der Straftatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG (vgl. Oetker in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 119 Rn. 12 mwN) - nicht nur die unmittelbare Beeinflussung des - aktiv oder passiv - Wahlberechtigten, sein Wahlrecht in der einen oder anderen Art und Weise auszuüben (z.B. in Form des Stimmenkaufs oder durch Vorteilsgewährung, wenn sich ein Arbeitnehmer nicht als Wahlkandidat aufstellen lässt). Vielmehr ist - sowohl nach dem Wortsinn, als auch nach dem Zweck der Vorschrift - auch die Gewährung solcher Vorteile erfasst, die sich mittelbar auf die Wahl auswirken , indem sie die innere Willensbildung der Wahlberechtigten beeinflussen.
54
Insoweit ist anerkannt, dass sich der Arbeitgeber grundsätzlich nicht in die Wahlpropaganda einschalten, insbesondere nicht für einen Kandidaten werben darf (vgl. Thüsing in Richardi BetrVG, 12. Aufl., § 20 Rn. 18 mwN; Fitting BetrVG, 25. Aufl., § 20 Rn. 24; Koch in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht , 10. Aufl., BetrVG § 20 Rn. 6 f.). Denn dies ist nicht mit dem den Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl treffenden Neutralitätsgebot zu vereinbaren, das daraus folgt, dass die Betriebsratswahl der Legitimation der betrieblichen Arbeitnehmerrepräsentanten dient, die im Verhältnis zum Arbeitgeber die Beteiligungsrechte der Belegschaft ausüben (vgl. Thüsing aaO). Die Vorteilsgewährung muss dabei nicht zwingend gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer erfolgen, eine unzulässige Wahlbeeinflussung liegt vielmehr auch dann vor, wenn einer Gruppe von Arbeitnehmern ein Vorteil zugesagt wird (vgl. Thüsing aaO Rn. 17 mwN, auch zur Gegenauffassung).
55
Davon ausgehend ist auch die finanzielle oder sonstige tatsächliche Unterstützung von Wahlpropaganda einer Vorschlagsliste durch den Arbeitgeber nach § 20 Abs. 2 BetrVG verboten (BAGE 53, 385; ebenso Koch aaO; Fitting aaO; aA Kreutz aaO Rn. 30; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 10. November 2005 - 1 A 5076/04, BeckRS 2006, 20067 zum im Wesentlichen inhaltsgleichen § 21 Abs. 1 LPVG NRW). Denn auch dadurch, dass einer Vorschlagsliste durch die Zuwendung von Geldmitteln ermöglicht wird, sich im Zusammenhang mit der Wahl nachhaltiger als sonst möglich zu präsentieren, wird die Willensbildung der Wahlberechtigten mittelbar beeinflusst. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die finanzielle Unterstützung einzelner Kandidaten oder einer bei der Betriebsratswahl zur Wahl stehenden Liste durch den Arbeitgeber verschleiert wird. Die tatbestandsmäßige Beeinflussung der Betriebsratswahl besteht insoweit nicht allein - worauf in der Literatur teilweise abgestellt wird (Joecks in MünchKommStGB, § 119 BetrVG Rn. 16; Kudlich in Fest- schrift für Heinz Stöckel, 2009, S. 93 , 110 f.) - in der infrastrukturellen Unterstützung einer betriebsverfassungsrechtlichen Wahlliste, sondern auch in der damit einhergehenden Verschleierung der Finanzierung, die zudem nicht mit dem Neutralitätsgebot des § 75 BetrVG zu vereinbaren ist. Die aktiv Wahlberechtigten können unter diesen Voraussetzungen eine von Willensmängeln freie Wahlentscheidung nicht treffen.
56
bb) Nach diesen Maßstäben wurde vorliegend durch die Zahlungen an den Angeklagten S. , die dieser zum Ausbau der AUB verwenden sollte, gegen § 20 Abs. 2 BetrVG verstoßen. Denn mit den Geldern wurde plangemäß erreicht, dass Kandidaten, die auf der Liste der AUB bei Betriebsratswahlen antraten, in die Betriebsräte gewählt werden konnten, um so über die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in den Betriebsräten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Siemens AG zum Nachteil der dort vertretenen Mitglieder der IG Metall zu verändern.
57
Die Urteilsfeststellungen belegen hinreichend, dass durch die Vorteilsgewährungen an die AUB und die Karriereversprechen gegenüber deren Kandidaten die durchgeführten Betriebsratswahlen auch tatsächlich beeinflusst wurden. Bei dem Vorgehen handelte es sich nicht lediglich um eine gezielte Einflussnahme auf bestimmte einzelne Betriebsratswahlen; vielmehr wurde über Jahre hinweg das Gesamtkonzept verfolgt, mittels der Unterstützung der AUB alle anstehenden Betriebsratswahlen zu beeinflussen, um später Arbeitgeberinteressen leichter durchsetzen zu können.
58
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestand bei der Siemens AG bereits seit dem Jahr 1990 die Absicht, ein Gegengewicht zur IG Metall zu schaffen und eine Betriebsräteorganisation zu fördern, die sich koope- rativer gegenüber der Arbeitgeberseite zeigt (UA S. 14). Einzelne Verantwortliche der Siemens AG kamen deshalb mit dem Angeklagten S. überein, dass die IG Metall in den Gremien des Aufsichtsrats und der Betriebsräte durch Unterstützung der AUB zurückgedrängt werden sollte (UA S. 20). Abredegemäß stellte die Siemens AG eigenes Personal für die Tätigkeit bei der AUB bereit und unterstützte den Aufbau der AUB durch Zahlungen in Millionenhöhe , deren Grundlage fingierte Beratungs- und Schulungsverträge waren (UA S. 24).
59
Entsprechend der Vereinbarung warb der Angeklagte S. in den Personalabteilungen für die Kandidatur auf der Liste der AUB, auch mit dem Argument, dass die Kandidatur von der Siemens AG mit Vorteilen für deren weiteren Aufstieg verbunden sei. Durch die Zusammenarbeit zwischen den Personalabteilungen konnten dann auch tatsächlich „zukunftsfähige“ Kandidaten gefunden werden (UA S. 24, 42). Die Vorauswahl der Kandidaten trafen der Angeklagte S. und die Personalabteilungen (UA S. 105). Von den Mitgliedern der AUB waren im Jahr 2006 ca. ein Drittel bis die Hälfte in Betriebsräte - wenn auch nicht nur bei der Siemens AG - gelangt (UA S. 43). Dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn die AUB von der Siemens AG nicht unterstützt worden wäre. Vielmehr wäre die AUB ohne die erhebliche finanzielle Unterstützung der Siemens AG nicht überlebensfähig gewesen (UA S. 95). Damit ist die Beeinflussung der Betriebsratswahlen bereits durch das Wahlergebnis belegt. Die Beeinflussung der Betriebsratswahlen liegt aber unabhängig vom konkreten Wahlergebnis schon darin, dass die Zahlungen der Siemens AG für die Finanzierung der Wahlwerbung der AUB verwendet wurden.
60
Auch durch die Zahlungen an die AUB, die nicht unmittelbar in die Finanzierung von Wahlkampfwerbung flossen, wurden die anstehenden Betriebs- ratswahlen beeinflusst. Bereits in den 1990er Jahren hätte der Verein die Kosten für Werbe- und Informationsmaterial sowie seiner Infrastruktur und für die von ihm angebotenen Leistungen aus seinen satzungsmäßigen Einnahmequellen nicht tragen können. Dies hätte aber zur Folge gehabt, dass der von den Verantwortlichen der Siemens AG verfolgte und vom Angeklagten S. unterstützte Plan, die Kandidaten der AUB bei den Betriebsratswahlen als Gegenpol zu den Kandidaten der IG Metall zu etablieren, gescheitert wäre. Seitens der AUB hätten ohne die finanzielle Unterstützung durch die Siemens AG bereits keine Gegenkandidaten aufgestellt werden können. Damit liegt auch in der nach außen nicht erkennbaren Gewährleistung der auf die Kandidatenaufstellung gerichteten Tätigkeit der AUB eine Beeinflussung der Wahlen. Durch das kollusive Zusammenwirken von Verantwortlichen der Siemens AG mit dem Angeklagten S. wurden immer wieder der Firma Siemens genehme Betriebsratskandidaten auf einer angeblich „unabhängigen“ Liste (AUB) platziert, deren Hintergrund und Motivation die Wahlberechtigten der Betriebsratswahlen nicht kannten (UA S. 134). Der Angeklagte S. selbst hat vorgetragen, dass die AUB Probleme bekommen hätte, wenn bekannt geworden wäre, dass sie von der Siemens AG gefördert wurde. Allein dies hätte gereicht, dass „die Leute uns nicht mehr gewählt hätten“ (UA S. 78).
61
Diese Wahlbeeinflussung führte unter anderem dazu, dass an den Standorten, an denen die AUB im Betriebsrat vertreten war und auch den in von der „AUB dominierten Betriebsräten“ firmenstrategische Maßnahmen der Siemens AG u.a. durch Betriebsvereinbarungen erleichtert wurden und dieser wirtschaftliche Vorteile brachten (UA S. 24, 42, 43).
62
Der Umstand, dass das Urteil keine Feststellungen dazu enthält, wie Betriebsratswahlen mit welchem konkreten Wahlergebnis durch die Zahlungen (kausal) beeinflusst wurden, ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unerheblich. Der Kausalitätsnachweis lässt sich in der Regel schon deshalb nicht führen, weil der Betriebsrat in geheimer Wahl gewählt wird (§ 14 Abs. 1 BetrVG). Ausreichend ist vielmehr schon der Umstand, dass sich wegen der Vorteilsgewährungen tatsächlich der Siemens AG genehme Gegenkandidaten für die Betriebsratswahlen gefunden haben. Allein dies hat schon die Wahl beeinflusst.
63
Auch kann für die Frage, ob eine Zahlung gegen das Verbot des § 20 Abs. 2 BetrVG verstößt, nicht auf den jeweiligen Zeitpunkt der Zahlung abgestellt und gefordert werden, dass die Zahlung unmittelbar zeitlich zur Betriebsratswahl erfolgt. Gerade die hier gewählte Strategie, die Mitbestimmungsverhältnisse nachhaltig zu verändern, erforderte ein längerfristiges Vorgehen, das „notwendigerweise“ schon im Vorfeld des eigentlichen Wahlvorgangs angelegt sein musste. So sahen es ersichtlich auch der Angeklagte S. und die Verantwortlichen der Siemens AG, was - von deren Standpunkt aus - folgerichtig und deshalb auch erfolgreich war. Hinzu kommt: Wollte man dies anders sehen, könnten die Beteiligten das Wahlbeeinflussungsverbot des § 20 Abs. 2 BetrVG dadurch umgehen, dass sie die Vorteile in einem zeitlichen Abstand zu der Wahl gewähren.
64
b) Da demnach ein Verstoß gegen § 20 Abs. 2 BetrVG gegeben ist und der Mitangeklagte Fe. diesbezüglich auch vorsätzlich handelte, hat er, indem er die Zahlungen veranlasste, auch den Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG erfüllt. Dies ergibt sich daraus, dass diese Norm den Wortlaut des § 20 Abs. 2 BetrVG übernimmt und zwischen beiden Vorschriften ein systematischer und teleologischer Zusammenhang besteht (vgl. Oetker in GK-BetrVG, 9. Aufl., § 119 Rn. 12 mwN). Der für die Verwirklichung des Tatbe- standes notwendige Erfolg (vgl. Oetker aaO Rn. 13 mwN) ist nach den vorstehenden Ausführungen eingetreten. Die Zahlungen der Siemens AG haben die freie Willensbildung bei den jeweiligen Betriebsratswahlen und damit deren Integrität beeinflusst.
65
Bei der gegebenen Sachlage muss der Senat nicht abschließend entscheiden , ob es - wie teilweise vertreten wird (vgl. Sax, Die Strafbestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, Diss. 1975 S. 73 f.; Dannecker in Festschrift für Gitter, 1995, 167, 179) - verfassungsrechtlich geboten ist, den Anwendungsbereich von § 119 BetrVG im Wege der teleologischen Reduktion auf solche Verstöße zu beschränken, die sich als erheblich erweisen. Denn die verfahrensgegenständlichen Zahlungen, die über mehrere Jahre unter Verschleierung ihres tatsächlichen Zwecks und unter nachhaltigem Verstoß gegen das dem Arbeitgeber nach dem Betriebsverfassungsgesetz in Bezug auf die Betriebsratswahlen treffende Neutralitätsgebot geleistet wurden, um - im Ergebnis auch erfolgreich - zur einseitigen Förderung der Arbeitgeberinteressen, über die Verschiebung der Kräfteverhältnisse in den Betriebsräten die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Siemens AG zum Nachteil der dort vertretenen Mitglieder der IG Metall, die ihrerseits Schutz nach Art. 9 Abs. 3 GG genießt, zu verändern , erweisen sich sowohl im Hinblick auf den Wortlaut, insbesondere aber auch mit Blick auf den von § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG i.V.m. § 20 Abs. 2 BetrVG verfolgten Zweck als ein erheblicher Verstoß.
66
c) Erfüllten die Zahlungen mithin den Tatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG, unterfielen sie dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG (vgl. Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, 201. Aktualisierung September 2009, § 4 Rn. Q 60). Auf die eigenständige Verfolgbarkeit der Straftat kommt es nicht an. Es ist daher auch unbeachtlich, ob der nach § 119 Abs. 2 BetrVG er- forderliche Strafantrag gestellt wurde oder ob hinsichtlich dieser Straftat Verfolgungsverjährung eingetreten ist (Söhn aaO Rn. Q 68 mwN). Indem die Zahlungen gleichwohl als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden, wurden von der Siemens AG geschuldete Steuern verkürzt bzw. ungerechtfertigte Verlustvorträge erlangt.
67
d) Insbesondere im Hinblick darauf, dass die vom Angeklagten S. erstellen Scheinrechnungen mit Wissen des Mitangeklagten Fe. in der Buchhaltung der Siemens AG erfasst wurden, erweist sich auch der Schluss des Landgerichts, dass der Mitangeklagte Fe. die Verkürzung von Steuern zumindest billigend in Kauf nahm, zumindest als möglich, eher sogar als nahe liegend und ist damit rechtlich nicht zu beanstanden.
68
2. Auch soweit der Angeklagte S. hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2000 bis 2004 (Tatkomplex III.4 der Urteilsgründe) wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen (jeweils in gleichartiger Tateinheit von Hinterziehung von Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer ) verurteilt wurde, wird der Schuldspruch von den Feststellungen getragen.

IV.


69
Die Verfolgungsbeschränkung gemäß § 154a StPO im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe führt zu einer Änderung und Neufassung des Schuldspruchs. Dabei sieht der Senat davon ab, in den Fällen, in denen sich der Angeklagte S. zugleich mehrfach wegen Steuerhinterziehung, Beihilfe zur Steuerhinterziehung oder Betrug strafbar gemacht hat, die jeweils gleichartige Tateinheit im Tenor zum Ausdruck zu bringen. Nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO genügt die Angabe der rechtlichen Bezeichnung der Tat; daher reicht hier die Bezeichnung „Steuerhinterziehung“, „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ und „Betrug“ aus. Zwar kann es sich grundsätzlich auch bei gleichartiger Tateinheit empfehlen, dieses Konkurrenzverhältnis im Urteilsspruch kenntlich zu machen. Davon kann aber abgesehen werden, wenn - wie hier - der Tenor unübersichtlich würde. Denn dies widerspräche dem auch zu berücksichtigenden Gebot der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2007 - 5 StR 127/07, wistra 2007, 388, 391; BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 5 StR 525/05; BGH, Beschluss vom 27. Juni 1996 - 4 StR 3/96, NStZ 1996, 610, 611). Für die Bezeichnung der Tat gemäß § 260 Abs. 4 StPO genügt bei einer Straftat nach § 370 AO im Übrigen die Angabe „Steuerhinterziehung“. Die Angabe der Steuerart gehört nicht zur Deliktsbezeichnung gemäß § 370 AO (BGH, Beschluss vom 13. September 2007 - 5 StR 292/07, BGHR, StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 9).
70
Die vom Landgericht angenommene Klammerwirkung der nach § 154a StPO von der Verfolgung ausgenommenen Beihilfe zur Untreue im Hinblick auf sonst an sich rechtlich selbständige Taten des Betruges beschwert den Angeklagten S. nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1983 - 5 StR 319/83, StV 1983, 457; BGH, Beschluss vom 6. September 1988 - 1 StR 481/88, NStZ 1989, 20).

V.


71
Die rechtsfehlerfrei gebildeten Einzelstrafen im Tatkomplex III.3 der Urteilsgründe können bestehen bleiben. Im Übrigen haben die Strafaussprüche allerdings keinen Bestand.
72
1. Soweit der Angeklagte S. im Tatkomplex III.4 der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde, hält der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn das Landgericht hat den Schuldumfang zu Lasten des Angeklagten S. falsch bestimmt. Der Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer und des hinterzogenen Solidaritätszuschlages wurde ein zu hohes zu versteuerndes Einkommen, der Berechnung der hinterzogenen Gewerbesteuer ein zu hoher Gewerbeertrag zu Grunde gelegt. Entgegen der Auffassung der Strafkammer unterfielen die Aufwendungen für die Zwecke der AUB, die der Angeklagte S. von den Konten seines Unternehmens, aber aus Mitteln der Siemens AG tätigte, nicht dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG.
73
Zwar hat der Generalbundesanwalt zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage, ob ein Abzugsverbot eingreift, für jeden Steuerpflichtigen gesondert zu behandeln ist. Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG würde hier aber bei dem Angeklagten S. im Ergebnis zu einer Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips und des in § 40 AO verankerten Grundsatzes der Wertneutralität der Besteuerung (Söhn in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG, 201. Aktualisierung September 2009, § 4 Rn. Q 15) führen. Dies gebietet eine restriktive Auslegung des Abzugsverbots. Namentlich dann, wenn - wie hier - die Zuwendung i.S.v. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG unter Zwischenschaltung eines Dritten gewährt wird, der selbst mit der Zuwendung und bei deren Weiterleitung keine weitergehenden Ziele verfolgt als der eigentliche Vorteilsgeber, greift das Abzugsverbot lediglich bei diesem, nicht aber bei dem - letztlich als (Geld-)Bote fungierenden - Mittler. In solchen Fällen ist die Vorteilszuwendung allein dem eigentlichen Vorteilsgeber zuzurechnen, in dessen Interesse sie auch erfolgt. Nur so kann zudem verhindert werden, dass es zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung des für die Zuwendung aufgewandten Betrages kommt. Ein ande- res Ergebnis ist auch im Hinblick auf den Zweck des Abzugsverbotes i.S.v. § 4 Abs. 5 Nr. 10 EStG - die Bekämpfung der Korruption (BT-Drucks. 13/1686 S. 18; 14/265 S. 170) - nicht geboten. Diesem wird vielmehr hinreichend durch das Abzugsverbot bei dem eigentlichen Vorteilsgeber Rechnung getragen.
74
Der Schuldspruch wird von der fehlerhaften Bestimmung des Schuldumfangs bei den Ertragsteuern nicht berührt, weil - auch im Hinblick auf die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen - auszuschließen ist, dass eine Steuerverkürzung insgesamt entfallen könnte. Auch soweit der Angeklagte S. tateinheitlich zur Hinterziehung der Umsatzsteuer wegen Hinterziehung der Einkommen - und Gewerbesteuer sowie des Solidaritätszuschlags verurteilt wurde, hat der Schuldspruch Bestand. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen kann ausgeschlossen werden, eine Neuberechnung der Höhe der hinterzogenen Ertragsteuern könnte zu einer derartigen Minderung der Hinterziehungsbeträge führen, dass insoweit der Schuldspruch entfiele (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 313 mwN).
75
Der Umstand, dass das Landgericht die gebotene Gewerbesteuerrückstellung mit Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13. Februar 2008 - I B 175/07 noch nicht bei der Bestimmung des tatbestandsmäßigen Schuldumfangs, sondern erst bei der Strafzumessung berücksichtigt hat, beschwert den Angeklagten S. nicht. Es bleibt daher für ihn ohne nachteilige Auswirkung, dass die vom Landgericht herangezogene Entscheidung nicht die vorliegende Rechtsfrage betrifft. Im Steuerstrafrecht ist bei Bestimmung des tatbestandsmäßigen Verkürzungsumfangs als Vergleichsgröße zur festgesetzten Steuer die Steuer zugrunde zu legen, die der Steuerpflichtige geschuldet hätte, wenn er zutreffende Angaben gemacht hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04, wistra 2005, 144, 145). Dem steht vorliegend auch nicht das Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO) entgegen, weil die Bildung der Gewerbesteuerrückstellung in unmittelbarem Zusammenhang mit den verschwiegenen steuererhöhenden Umständen steht. Der Vorteil hätte dem Angeklagten S. bei wahrheitsgemäßen Angaben ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - 5 StR 547/07, wistra 2008, 310, 312 mwN).
76
2. Im Hinblick auf die Verfolgungsbeschränkung gemäß § 154a StPO kann auch der Einzelstrafausspruch im Tatkomplex III.1/2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Durch die Verfolgungsbeschränkung hat sich der Schuldumfang in diesem Tatkomplex verringert. Der Senat kann nicht ausschließen , dass das Landgericht ohne den Vorwurf der Beihilfe zur Untreue und damit allein für den Betrug gegenüber der Siemens AG eine niedrigere - wenn auch, schon wegen des verübten Betrugs in Millionenhöhe, nicht unangemessen erscheinende - Einzelstrafe als drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe verhängt hätte. Dies und die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen des Tatkomplexes III. 4 der Urteilsgründe (Steuerhinterziehung in fünf Fällen; vgl. vorstehend V.1.) zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
77
3. Die Urteilsfeststellungen können bestehen bleiben, da sie von den Fehlern in der Rechtsanwendung, die zur Teilaufhebung des Strafausspruchs führen, nicht betroffen sind. Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen.

VI.


78
Eine Erstreckung der Schuldspruchänderung und der Aufhebung des Strafausspruchs auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten Fe. findet nicht statt, weil sich die Änderung des Schuldspruchs allein aus der Verfolgungsbeschränkung ergibt (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 359/08 mwN).
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 92/11 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
CEPS-Pipeline
AEUV Art. 107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3 Satz 3

a) Wird bei der Veräußerung eines nur einmal vorhandenen Gegenstandes
(Unikats) durch die öffentliche Hand auf ein bedingungsfreies Bieterverfahren
verzichtet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein für das Kaufobjekt
tatsächlich gebotener Preis beihilfefrei ist. Vielmehr muss dann eine objektive
Wertermittlung erfolgen.

b) Ein Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot führt weder
nach Unionsrecht noch nach deutschem Recht zwingend zur Gesamtnichtigkeit
des Kaufvertrags, durch den eine Beihilfe gewährt wird. Ist Beihilfeelement
ein zu niedriger Kaufpreis, reicht es zur Beseitigung des rechtswidrig
erlangten Wettbewerbsvorteils aus, wenn vom Beihilfeempfänger die Zahlung
des Unterschiedsbetrags zwischen dem vereinbarten und dem höheren
beihilfefreien Preis zuzüglich des bis zur Rückforderung entstandenen Zinsvorteils
verlangt wird (Klarstellung zu BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR
314/02, EuZW 2003, 444, 445; Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 53/03,
EuZW 2004, 252, 253; Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 256/06, BGHZ 173,
129 Rn. 3; Beschluss vom 13. September 2012 - III ZB 3/12, WM 2012, 2024
Rn. 19).

c) Ein Kaufvertrag, der Beihilfeelemente enthält, kann nicht durch Vereinbarung
einer Erhaltens- und Ersetzungsklausel mit beihilferechtskonformem Inhalt
aufrechterhalten werden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen
, worauf sich die Parteien des Kaufvertrags bei - unterstellter - Nichtigkeit
der Kaufpreisvereinbarung verständigt hätten.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und der Streithelferin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. April 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und die Streithelferin der Beklagten (im Weiteren: Streithelferin ) sind miteinander im Wettbewerb stehende europaweit tätige Energieversorgungsunternehmen. Im Mai 2005 erwarb die Streithelferin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland das von Münster nach Hessisch Oldendorf führende Teilstück des vormals militärisch genutzten Central Europe Pipeline Systems (CEPS) zum Preis von 700.000 €. Zuvor hatte die Beklagte - ohne ein förmliches Bieterverfahren durchzuführen - bei verschiedenen Unternehmen ein mögliches Kaufinteresse abgefragt. Die Klägerin war über die Verkaufsabsichten nicht informiert worden. Nachdem sie auf eigene Initiative Kenntnis davon erlangt hatte, bekundete sie Interesse an dem Erwerb des Teilstücks der Pipeline und gab ebenfalls ein Angebot zu einem Kaufpreis von 700.000 € ab.

2
Die Entscheidung, das Teilstück der Pipeline an die Streithelferin zu veräußern , begründete die Beklagte gegenüber der Klägerin damit, dass das Angebot der Streithelferin günstiger gewesen sei; diese habe unter anderem zusätzlich noch das ansonsten unverkäufliche Teilstück des CEPS von Schacht Rinkerode nach Münster übernommen.
3
§ 6 des Kaufvertrags zwischen der Beklagten und der Streithelferin enthält folgende Regelung: Sollten einzelne Regelungen dieses Vertrages - gleich aus welchem Grund - unwirksam sein oder werden, so soll dadurch die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt werden. Der Bund und die W. verpflichten sich für diesen Fall, eine dem Sinn und Zweck der unwirksamen Regelung wirtschaftlich entsprechende ergänzende Vereinbarung zu treffen. Gleiches gilt für den Fall, dass der Kaufvertrag Lücken enthält oder der Auslegung bedarf.
4
Die Klägerin macht geltend, der Veräußerungspreis unterschreite den Marktwert und stelle damit eine Beihilfe gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV dar. Da die Beihilfe - unstreitig - nicht notifiziert worden sei, sei der Kaufvertrag nach § 134 BGB in Verbindung mit dem beihilferechtlichen Durchführungsverbot (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nichtig.
5
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass der von der Beklagten mit der Streithelferin geschlossene Kaufvertrag über die Veräußerung eines Teilstücks des Central Europe Pipeline Systems betreffend die Strecke Münster - Hessisch Oldendorf nichtig ist.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
7
Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchten die Beklagte und die Streithelferin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die Feststellungsklage sei als beihilferechtliche Konkurrentenklage zulässig. Die Klage sei auch begründet. Der Verkauf des Teilstücks der Pipeline zum Preis von 700.000 € stelle eine Beihilfe dar. Der Marktwert des Teilstücks habe mindestens 870.000 € betragen. Die der Streithelferin gewährte Vergünstigung sei geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen und im Hinblick auf den europaweiten Tätigkeitsbereich der Klägerin und der Streithelferin den Handel zwischen Mitgliedstaaten der EU zu beeinträchtigen.
10
Der Kaufvertrag sei insgesamt nichtig. Eine Teilnichtigkeit komme weder aufgrund der im Vertrag enthaltenen salvatorischen Ersetzungsklausel noch nach den Grundsätzen ergänzender Vertragsauslegung in Betracht. Eine bloße Teilnichtigkeit mit ex tunc wirkender Heilung widerspreche Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV.
11
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen (dazu II 1). Seine Annahme, der Verkauf des Teil- stücks der Pipeline stelle eine Beihilfe dar, ist jedoch von Rechtsfehlern beeinflusst (dazu II 2).
12
1. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage zutreffend als zulässig angesehen.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Gegenstand einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnis zwischen einer Partei und einem Dritten (hier zwischen der Beklagten und der Streithelferin) sein, wenn dieses Rechtsverhältnis zugleich für die Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung dieser Frage hat. Hierfür reicht es aus, wenn der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und dem Dritten in seinem Rechtsbereich nur mittelbar betroffen wird (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 1. Juli 2011 - V ZR 84/10, juris Rn. 36 mwN).
14
So liegt der Fall hier. Das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV, dessen Verletzung die Klägerin rügt, begründet für sie als Konkurrentin der Streithelferin subjektive Rechte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 136/09, BGHZ 188, 326 Rn. 19 ff. - Flughafen Frankfurt-Hahn).
15
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Leistungsklage im Streitfall nicht vorrangig ist, weil zu erwarten ist, dass die Beklagte ein feststellendes Urteil respektieren wird (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445, 447 f.).
16
c) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Feststellungsantrag sei unzulässig, weil er auch dann begründet sein könne, wenn die Beklagte gegen andere Rechtsvorschriften als Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßen hätte, die der Klägerin keine subjektiven Rechte verleihen.
17
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags allein mit der Behauptung, der Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot verletze sie in eigenen Rechten. Sie hat damit den Streitgegenstand der Klage entsprechend beschränkt und eine Prüfung anderer Nichtigkeitsgründe , bezüglich deren es ihr an subjektiven Rechten fehlt, durch das Gericht ausgeschlossen.
18
d) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht - anders als die Revision meint - auch nicht entgegen, dass die Klägerin damit ihr Ziel verfehlte, gerade einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV rechtskräftig feststellen zu lassen, weil die Begründung für die Nichtigkeit nicht an der Rechtskraft des Feststellungsausspruchs teilhätte. Die Beschränkung der Rechtskraft schließt das Rechtsschutzinteresse nicht aus, wenn sich die Klage auf ein Drittrechtsverhältnis bezieht, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2005 - II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 196 f.). Vorliegend kommt hinzu, dass bei einer Verurteilung der Beklagten zulasten der Streithelferin die Bindungswirkung des § 68 ZPO eintritt, die über die Rechtskraft des Urteils hinaus alle entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Beurteilungen umfasst. Wäre der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot nichtig, müsste dieBeklagte daher die Beihilfe zurückfordern (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - C199 /06, Slg. 2008, I-469 = EuZW 2008, 145 Rn. 38 - CELF I), ohne dass die Streithelferin noch einwenden könnte, dass tatsächlich keine Beihilfe vorliegt.
19
e) Da einerseits Konsequenz der Nichtigkeit die Rückforderung der Beihilfe ist und andererseits vorliegend ohne Nichtigkeit keine Rückforderung in Betracht kommt, muss die Klägerin entgegen der Ansicht der Revision die Klage nicht auf die Feststellung einer Pflicht der Beklagten richten, die nach Auffassung der Klägerin rechtswidrig gewährte Beihilfe zu beseitigen. Es kann deshalb dahinstehen, ob ein solcher Antrag dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO widerspräche. Entgegen der Ansicht der Revision wird die Beklagte auch nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beschränkt, wie sie die rechtswidrige Beihilfe beseitigt. Vielmehr beruft sich die Klägerin auf eine Rechtsfolge, die sich ihrer Auffassung nach aus dem Gesetz ergibt und auf die die Beklagte keinen Einfluss hat.
20
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkauf des Teilstücks der Pipeline durch die Beklagte stelle eine Beihilfe dar.
21
a) Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. davon ausgegangen, dass der Verkauf der Pipeline an die Streithelferin zum Preis von 700.000 € eine staatliche Beihilfe darstelle, weil dieser Preis in beihilferechtlich relevanter Weise unter dem Marktpreis gelegen habe. Die von der Beklagten und der Streithelferin erhobenen Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen seien unbegründet. Zwar sei die Ermittlung eines realistischen Marktwertes für eine individuelle Sache wie das Teilstück der Pipeline schwierig bis nahezu unmöglich. Dies führe jedoch nicht dazu, dass eine Marktwertermittlung unterbleiben müsse. Auch die Kommission gehe davon aus, dass eine Wertermittlung durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgen müsse, wenn kein bedingungsfreies Bieterverfahren durchgeführt werde.
22
Der gerichtliche Sachverständige habe in seiner ergänzenden Stellungahme vom 23. Januar 2009 eine Marktwertbetrachtung allein auf der Basis von Netznutzungsentgelten vorgenommen, dabei aber darauf hingewiesen, dass der Marktwert nicht anhand des abgeführten Gewinnertrags einer Tochtergesellschaft der Streithelferin ermittelt werden könne. Der Sachverständige sei bei einem realisierten Anschlusspotential von 10,8% und einer Benutzungsstruktur mit einem Richtwert von 3.500 h/a bei einer Marge von 0,122 ct/kWh zu einem Marktwert von 870.000 € gelangt. Die noch aufrechterhaltenen Einwände der Beklagtenseite zu den vom Sachverständigen herangezogenen Bemessungsfaktoren gingen damit ins Leere.
23
b) Die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht ist nicht frei von Rechtsfehlern.
24
aa) Die Revision rügt insoweit ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe den Marktwert nicht auf der Grundlage eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ermitteln dürfen, weil bei Veräußerung eines nur einmal vorhandenen Gegenstandes (Unikats) nur der tatsächlich erzielte Preis und nicht ein nur hypothetisch ermittelter höherer Wert der Marktpreis sein könne.
25
Zwar ist es beim Verkauf von Unikaten grundsätzlich als ein beihilfefreies Geschäft zum Marktpreis anzusehen, wenn der Verkauf nach einem hinreichend publizierten, allgemeinen und bedingungsfreien Bieterverfahren an den meistbietenden oder einzigen Bieter erfolgt (vgl. Nr. II 1 der Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand, ABl. 1997 Nr. C 209, S. 3; nachfolgend : Mitteilung der Kommission). Die Beklagte hat aber kein transparentes Bieterverfahren für die Pipeline oder deren Teilstücke durchgeführt. Die Klägerin hat nur zufällig von der Verkaufsabsicht Kenntnis erlangt. In einem solchen Fall kann der vereinbarte Kaufpreis, von dem nicht feststeht, dass er sich in ei- nem offenen Bieterwettbewerb gebildet hätte, nicht als Marktwert zugrunde gelegt werden.
26
Das Berufungsgericht hat es daher als zulässig und geboten angesehen, den Marktpreis für das Pipelineteilstück durch einen gerichtlichen Sachverständigen zu ermitteln. Es hat sich in diesem Zusammenhang auf die Mitteilung der Kommission (dort Nr. II 2 Buchst. a) bezogen, nach der bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand dann, wenn - wie hier - kein bedingungsfreies Bieterverfahren durchgeführt wird, vor den Verkaufsverhandlungen eine Bewertung durch unabhängige Sachverständige erfolgen soll; für den Fall der Unverkäuflichkeit sei nach der Mitteilung der Kommission (Nr. II 2 Buchst. b) eine Abweichung von 5% von dem so festgestellten Marktpreis noch als marktkonform anzusehen.
27
Das Berufungsgericht hat damit die Methode für die Prüfung eines möglichen Beihilfeelements zutreffend bestimmt. Wird auf ein bedingungsfreies Bieterverfahren verzichtet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein für das Kaufobjekt tatsächlich gebotener Preis beihilfefrei ist. Vielmehr muss dann eine objektive Wertermittlung erfolgen.
28
bb) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts , das Teilstück der Pipeline habe einen Marktwert in Höhe eines Ertragswerts von zumindest 870.000 €.
29
Das Berufungsgericht hat die Marktwertberechnung des Gutachters im Wege einer Ertragswertermittlung allein auf der Basis von Netznutzungsentgelten , also des erzielbaren Umsatzes, nicht beanstandet. Die Revision rügt zu Recht, dass dabei die Kosten des Gasnetzbetreibers - mit Ausnahme der Kosten der Nutzung des vorgelagerten Netzes - unberücksichtigt geblieben sind.
Zwar durfte, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nichtstatt der Netznutzungsentgelte der von der Netzbetreiberin W. Transport GmbH an ihre Konzernmutter abgeführte Gewinnertrag Grundlage für die Bestimmung des Marktwerts sein, weil die Gewinnabführung innerhalb des Konzerns jedenfalls zum Kaufzeitpunkt im Mai 2005 in weitem Rahmen frei gestaltet werden konnte. Wie die Beklagte und die Streithelferin vorgetragen haben, ist es aber nicht gerechtfertigt, mit Ausnahme der Kosten der Nutzung des vorgelagerten Netzes alle nach der Lebenserfahrung mit dem Netzbetrieb verbundenen Kosten unberücksichtigt zu lassen (§ 286 ZPO).
30
Der gerichtliche Sachverständige Dr. K. ist in seinem Gutachtenvom 13. Mai 2008 davon ausgegangen, dass der Ertragswert des maßgeblichen Teilstücks der Pipeline aus der Differenz zwischen den (Zusatz-)Einnahmen und den Gesamtkosten errechnet wird, wobei er als Kosten den Kaufpreis, die Betriebskosten sowie zusätzliche Erschließungs- und Anschlusskosten erwähnt hat. Demgegenüber hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. Januar 2009 angenommen, dass keine Kosten für den Betrieb des Teilstücks der Pipeline zu berücksichtigen seien. In der in der mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2010 überreichten Präsentation hat er dazu zwar ausgeführt, die Netzentgelte seien so berechnet, dass die Kosten des Netzbetriebs durch den bestehenden Gastransport finanziert würden; die zusätzlich transportierten Mengen lieferten daher in voller Höhe einen Deckungsbeitrag. Diese Aussage steht aber im Gegensatz zur Berücksichtigung (weiterer) Kosten im Gutachten vom 13. Mai 2008, so dass die Ausführungen des Sachverständigen insoweit als widersprüchlich erscheinen.
31
Auch aus dem vom Berufungsgericht erwähnten Verkauf eines anderen Leitungsabschnitts des CEPS für einen Kaufpreis von 5.585 €/km lässt sich nicht ohne weiteres auf den Marktwert des vorliegend maßgeblichen Teilstücks schließen, weil Feststellungen zur Vergleichbarkeit der Pipelineabschnitte fehlen.
32
c) Das Berufungsgericht hätte unter diesen Umständen aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen nicht bereits vom Vorliegen einer Beihilfe ausgehen dürfen. Vielmehr hätte es auf eine Vervollständigung des Gutachtens hinwirken müssen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1995 - VIII ZR 278/94, NJW 1996, 730; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 412 Rn. 2). Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben.
33
III. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es obliegt dem Berufungsgericht, die fehlenden Feststellungen zum Beihilfecharakter des Kaufvertrags zu treffen. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage nicht schon unabhängig vom Vorliegen einer Beihilfe abzuweisen, weil auch ein unterstellter Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot im Hinblick auf die im Streitfall vereinbarte Ersetzungsklausel keine Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags bewirkt. Zwar folgt bei einem Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot weder aus dem Unionsrecht noch aus dem deutschen Recht zwingend die Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags, durch den die Beihilfe gewährt wird (dazu III 1 bis 3). Auch wenn sich die beihilferechtlich gebotene Nichtigkeit aber auf die Kaufpreisvereinbarung beschränkt, ist der Vertrag trotz der im Streitfall vereinbarten Ersetzungsklausel nach deutschem Recht insgesamt nichtig, weil ihm ein wesentlicher Bestandteil fehlt, der auch durch Anwendung der Ersetzungsklausel nicht ersetzt werden kann (dazu III 4).
34
1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot die Unwirksamkeit der betreffenden Beihilfemaßnahme zur Folge. Auch eine spätere Entscheidung der Kommission, mit der die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt wird, führt nicht zur Heilung der ungültigen Rechtsakte (EuGH, Urteil vom 21. November 1991 - C-354/90, Slg. 1991, I-5505 = EuZW 1993, 62 Rn. 16, 17 - FNCE; Urteil vom 11. Juli 1996 - C-39/94, Slg. 1996, I-3547 = EuZW 1996, 564 Rn. 67 - SFEI). Davon ausgehend hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass ein Vertrag, durch den unter Verletzung des beihilferechtlichen Durchführungsverbots eine Beihilfe gewährt worden ist, gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und daher gemäß § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 314/02, EuZW 2003, 444, 445; Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 53/03, EuZW 2004, 252, 253; Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 Rn. 33; Beschluss vom 13. September 2012 - III ZB 3/12, WM 2012, 2024 Rn. 19). Denn Zweck des Durchführungsverbots ist nicht nur, das System der präventiven Beihilfenkontrolle durch die Europäische Kommission zu sichern, sondern auch Wettbewerbsvorteile des Einzelnen zu verhindern, die er aus einer nicht auf dem vorgesehenen Weg gewährten Beihilfe ziehen könnte. Unter Bezug auf die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Fällen FNCE (EuZW 1993, 62 Rn. 16, 17) und SFEI (EuZW 1996, 564 Rn. 67) hat der Bundesgerichtshof angenommen, dieser Zweck des Durchführungsverbots lasse sich nur durch Annullierung der rechtsgeschäftlichen Regelung erreichen, die es verletzt (BGHZ 173, 129 Rn. 34).
35
2. Wie sich insbesondere aus der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, gebietet der Zweck des unionsrechtlichen Durchführungsverbots aber keine Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen, in denen das Beihilfeelement ein zu niedriger Kaufpreis ist (in diesem Sinne auch BGH, WM 2012, 2024 Rn. 16). In solchen Fällen reicht es zur Beseitigung des rechtswidrig erlangten Wettbewerbsvorteils aus, wenn vom Beihilfeempfänger die Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem verein- barten und dem höheren beihilfefreien Preis zuzüglich des bis zur Rückforderung entstandenen Zinsvorteils verlangt wird.
36
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestand bislang kein Anlass für entscheidungserhebliche Ausführungen zur Frage der Teil- oder Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen, die gegen das Durchführungsverbot verstoßen. So ging es in dem vom XI. Zivilsenat entschiedenen Fall um einen Investitionszuschuss , der insgesamt als Beihilfe zu qualifizieren war (BGH, EuZW 2004, 252). In der Sache III ZB 3/12 wurde auf Rückzahlung einer Beihilfe geklagt , die in einem Zinsvorteil bestand (WM 2012, 2024). Der IX. Zivilsenat hatte sich mit einem Darlehen zu befassen, das in vollem Umfang eine Beihilfe darstellte , weil sich das begünstigte Unternehmen am Markt nicht mehr finanzieren konnte (BGHZ 173, 129). Auch hier kam nur eine Gesamtnichtigkeit in Betracht. Der V. Zivilsenat hat zwar die Beihilfen enthaltenden Kaufverträge, die im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG abgeschlossen worden waren, insgesamt als nichtig angesehen. Das war für die Entscheidung indes nicht tragend, weil aufgrund einer gesetzlichen Regelung die fraglichen Kaufverträge als mit einem höheren Kaufpreis bestätigt galten und zwischen den Parteien nur über diesen Differenzbetrag gestritten wurde.
37
b) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mittlerweile klargestellt, dass das nationale Gericht nicht verpflichtet ist, die Rückforderung einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfe anzuordnen, wenn die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat, mit der die genannte Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird. Zum Ausgleich des rechtswidrigen Wettbewerbsvorteils, der dem Beihilfeempfänger durch die Nutzung der Beihilfe vor der positiven Entscheidung der Kommission zugeflossen ist, hat ihm das nationale Gericht aufzugeben, für die Dauer der Rechtswidrigkeit Zinsen ("Rechtswidrigkeitszinsen") zu zahlen. Außerdem kann es gegebenenfalls die Rückzahlung der rechtswidrigen Beihilfe anordnen, unbeschadet des Rechts des Mitgliedstaats, diese später erneut zu gewähren (EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - C-199/06, Slg. 2008, I-469 = EuZW 2008, 145 Rn. 55 - CELF I; Urteil vom 18. Dezember 2008 - C-384/07, Slg. 2008, I-10393 = EWS 2009, 81 Rn. 28 - Wienstrom).
38
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann das jeweilige nationale Recht also die Möglichkeit vorsehen, eine unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährte Beihilfe ("formell rechtswidrige Beihilfe") auch nach einer positiven Entscheidung der Kommission zurückzufordern; ein Zwang dazu besteht nach Unionsrecht aber nicht (vgl. auch bereits EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - C-368/04, Slg. 2006, I-9957 = EuZW 2006, 725 Rn. 56 - Transalpine Ölleitung; ebenso BGH, WM 2012, 2024 Rn. 16). Erforderlich ist in einem solchen Fall allein, die Vorteile aus der rechtswidrigen vorzeitigen Nutzung der Beihilfe abzuschöpfen. Damit wird deutlich, dass sich die vom Gerichtshof erstmals in der Randnummer 16 des Urteils FNCE (EuZW 1993, 62) getroffene Aussage, eine spätere positive Entscheidung der Kommission habe keine Heilung der formell rechtswidrigen Beihilfemaßnahmen zur Folge, allein auf die Möglichkeit einer rückwirkenden Heilung bezieht (Ehlers/Scholz, JZ 2011, 585, 587). Das ergibt sich auch aus der englischen, der niederländischen und der als Verfahrenssprache im Fall FNCE sowie Arbeitssprache des Gerichtshofs besonders aufschlussreichen französischen Sprachfassung dieser Aussage ("effect of regularizing ex post facto", "achteraf wordt gedekt" bzw. "de régulariser a posteriori").
39
Aus diesen Grundsätzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgt, dass die effektive Durchsetzung des Beihilferechts nicht gebietet, den gesamten die Beihilfe gewährenden Vertrag rückabzuwickeln, sondern dass nur der beihilferechtswidrig erlangte Vorteil abgeschöpft werden muss (vgl. Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., AEUV Art. 108 Rn. 15; Heidenhain, EuZW 2005, 135; Bartosch, EuZW 2008, 235, 240). Einen Abschreckungseffekt, der sich effizient durch eine Gesamtnichtigkeit erreichen ließe, bezweckt das Durchführungsverbot nicht (vgl. Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), S. 855, 860; aA Kühling, ZWeR 2003, 498, 504 ff.).
40
c) Vorliegend fehlt es zwar an einer Positiventscheidung der Kommission. Die Parteien streiten aber auch nicht über die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, über die nach Art. 108 Abs. 2 AEUV allein die Kommission zu befinden hat. Vielmehr geht es um die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kaufvertrag über die Pipeline ein notifizierungsbedürftiges Beihilfeelement enthält. Muss aber schon ein festgestelltes Beihilfeelement , das von der Kommission nachträglich mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt wird, nicht allein wegen eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot zurückgefordert werden, so fordert das Unionsrecht erst recht keine Nichtigkeit des beihilfefreien Vertragsinhalts, wenn nur eine bestimmte Klausel eines Vertrags - insbesondere die Kaufpreisregelung - ein Beihilfeelement enthält.
41
Einer späteren Positiventscheidung der Kommission kommt lediglich die Funktion zu, die unionsrechtliche Sanktion des Verstoßes gegen das Durchführungsverbot auf die Erstattung von Rechtswidrigkeitszinsen zu begrenzen. Werden aber nicht nur diese Zinsen, sondern wird darüber hinaus das Beihilfeelement des Kaufvertrags, also die Kaufpreisdifferenz, an die öffentliche Hand gezahlt , ist ein mit dem Gemeinsamen Markt vereinbarer Zustand wiederhergestellt , ohne dass es einer Positiventscheidung der Kommission bedarf. Dabei obliegt es im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot den nationalen Gerichten, den Begriff der Beihilfe auszulegen, solange die Kommission keine verfahrensabschließende Entscheidung nach Art. 108 Abs. 2 AEUV getroffen hat (EuGH, EuZW 1993, 62 Rn. 10 - FNCE, BGHZ 188, 326 Rn. 25).
42
d) Gegen ein unionsrechtliches Gebot der Gesamtnichtigkeit eines Kaufvertrags , dessen Kaufpreisregelung ein nicht notifiziertes Beihilfeelement enthält , spricht auch ein Beschluss des Präsidenten des Gerichts der Europäischen Union vom 6. Dezember 1996 (T-153/96R - Stadt Mainz, Slg. 1996, II-1655 Rn. 26). Diese Sache betraf den Verkauf eines Grundstücks der Stadt Mainz an eine Tochtergesellschaft der Siemens AG zu einem Preis unter Marktwert. Die Kommission stellte eine unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährte Beihilfe in Höhe von knapp 5 Millionen DM fest und ordnete deren Rückforderung an. Den Antrag Deutschlands auf Aussetzung des Vollzugs der Kommissionsentscheidung wies der Präsident des Gerichts während des dagegen betriebenen Rechtsmittelverfahrens zurück. Dabei führte er aus, dass allein das zuständige deutsche Gericht zu entscheiden habe, ob die Rückforderung der angeblichen Beihilfe die völlige oder teilweise Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrags rechtfertige. Der Präsident des Gerichts nahm zudem an, dass Folge der Kommissionsentscheidung eine Erhöhung des Grundstückskaufpreises - also nicht notwendig eine Unwirksamkeit des Kaufvertrags - sei (EuG, Slg. 1996, II-1655 Rn. 23, 26). Dies entspricht auch der Praxis der Kommission (vgl. etwa Art. 2 der Entscheidung der Kommission vom 14. April 1992, ABl. 1992 Nr. L 263/15, S. 25 - Daimler-Benz).
43
e) Für die unionsrechtliche Zulässigkeit einer auf Teile des Rechtsgeschäfts beschränkten Nichtigkeit bei Verträgen, die nicht notifizierte Beihilfeelemente enthalten, spricht auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer vergleichbaren Frage im Bereich des Kartellrechts. Danach ist es ebenfalls Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob die Nichtigkeit einer gegen das Kartellrecht der Union verstoßenden Vertragsklau- sel zu einer Vertragsanpassung oder zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führt (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1986 - C-10/86, Slg. 1986, 4071 Rn. 15 - VAG France; Urteil vom 30. April 1998 - C-230/96, Slg. 1998, I-2055 Rn. 51 - Cabour; Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), 855, 861). In diesem Sinn hat es der Gerichtshof ferner im Bereich des Zollrechts der Union den Gerichten der Mitgliedstaaten überlassen zu entscheiden, ob eine Abgabe, die nur über einen bestimmten Betrag hinaus mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, nur hinsichtlich des übersteigenden Betrags oder insgesamt rechtswidrig ist (EuGH, Urteil vom 4. April 1968 - 34/67, Slg. 1968, 363, 373 - Lück). Es ist kein Grund ersichtlich, warum im Beihilferecht andere Grundsätze gelten sollten.
44
3. Auch das bei der Durchsetzung des Durchführungsverbots maßgebliche deutsche Recht gebietet nicht generell eine über das Unionsrecht hinausgehende Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen, deren Kaufpreisvereinbarung Beihilfeelemente enthält.
45
a) Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ordnet keine Rechtsfolge für den Fall eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot an. In einem solchen Fall sind Sinn und Zweck des Verbots dafür entscheidend, inwieweit Nichtigkeit gemäß § 134 BGB eintritt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Durchführungsverbot nach Wortlaut und systematischer Stellung eindeutig allein an die Mitgliedstaaten als Beihilfegeber und damit nur an eine Vertragspartei richtet. Bei solchen einseitigen Verboten kommt die in § 134 BGB vorgesehene Rechtsfolge nur in Betracht, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 286; Urteil vom 13. Oktober 2009 - KZR 34/06, K&R 2010, 349 Rn. 12 - Teilnehmerdaten I). Der Bundesgerichtshof hat dies zwar bisher für das Durchführungsverbot bejaht. Dem lag allerdings die Annahme zugrunde, die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Eu- ropäischen Union gebiete die Nichtigkeit des privatrechtlichen Vertrags, durch den die Beihilfe gewährt werde (vgl. Bartosch, EuZW 2008, 235, 240). Der Bundesgerichtshof hat sich dabei insbesondere auf die Entscheidungen FNCE (EuZW 1993, 62) und SFEI (EuZW 1996, 564) bezogen (vgl. grundlegend BGH, EuZW 2003, 444, 445). Wie oben (Rn. 37-43) dargelegt, kann aber im Hinblick auf die zwischenzeitliche Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht mehr daran festgehalten werden, dass das Unionsrecht eine Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen fordert, die gegen das Durchführungsverbot verstoßen.
46
Dient die Qualifikation als gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB der effizienten Durchsetzung des unionsrechtlichen Durchführungsverbots, so wird auch die sich daraus ergebende Rechtsfolge durch Sinn und Zweck des Durchführungsverbots bestimmt und begrenzt. Das Durchführungsverbot hat die Funktion zu verhindern, dass durch unangemeldete Beihilfen Benachteiligungen im Wettbewerb entstehen, die sanktionslos bleiben (vgl. BGHZ 188, 326 Rn. 19 - Flughafen Frankfurt-Hahn, mwN). Die durch einen zu niedrigen Kaufpreis hervorgerufene Wettbewerbsverzerrung lässt sich außer durch eine Rückabwicklung des Geschäfts aber auch durch eine Anpassung des Kaufpreises erreichen, wobei für die Kaufpreisdifferenz Zinsen ab dem tatsächlichen Vollzug des Kaufvertrags, regelmäßig also ab der Übergabe der Kaufsache, zu leisten sind. Mehr als die Beseitigung der Beihilfe in Form der mit ihr verbundenen Wettbewerbsverzerrung verlangt das Beihilferecht nicht.
47
Andere Gesichtspunkte, die nach deutschem Recht eine Gesamtnichtigkeit von unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot abgeschlossenen Kaufverträgen erfordern, sind nicht ersichtlich (vgl. Bartosch, EuZW 2008, 235, 240).
48
b) Danach ergibt sich aus Sinn und Zweck des Durchführungsverbots, dass ein Kaufvertrag, der Beihilfeelemente enthält, wegen des Verstoßes gegen dieses Verbot nur insoweit nichtig ist, wie durch ihn eine Beihilfe gewährt wird. Im Streitfall erfasst diese Nichtigkeit allein die Kaufpreisregelung.
49
Der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz kann in Anwendung von § 134 BGB, letzter Halbsatz, dazu führen, dass ein Vertrag nur teilweise nichtig ist (vgl. MünchKomm.BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 134 Rn. 105; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 134 Rn. 29). Dementsprechend ist der Bundesgerichtshof etwa im Fall einer gegen § 12 TKG 1996 verstoßenden Preisvereinbarung von einer Teilnichtigkeit ausgegangen (BGH, K&R 2010, 349 Rn. 13, 49 - Teilnehmerdaten I). Mit dieser Vorschrift wurde der dem Durchführungsverbot im Ziel der Abwehr von Wettbewerbsverfälschungen verwandte Zweck verfolgt, einen chancengleichen Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten herzustellen.
50
Bei Zuwiderhandlungen gegen ein einseitiges gesetzliches Verbot gebietet zudem schon der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die Nichtigkeitsfolge auf den nach Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes erforderlichen Umfang zu beschränken (vgl. Palm/Arnold in Erman, BGB, 13. Aufl., § 134 Rn. 14; Staudinger /Sack, BGB, 2011, § 134 Rn. 58; Jauernig, BGB, 14. Aufl., § 134 Rn. 14). Das hat gerade auch bei Verstößen gegen das Durchführungsverbot Bedeutung (vgl. etwa Quardt/Nielandt, EuZW 2004, 201, 203; Ehlers/Scholz, JZ 2011, 585, 587; Finck/Gurlit, Jura 2011, 87, 90). So kann sich ein Verdacht auf Beihilfen bei Projekten, die die öffentliche Hand mit privaten Partnern verwirklicht, erst nach vielen Jahren ergeben. Es würde oft zu unangemessenen Härten führen , wenn solche Projekte dann noch zwingend vollständig rückabgewickelt werden müssten (vgl. die Beispiele bei Heidenhain, EuZW 2005, 135, 137). Es wird auch nicht immer aus Sicht des privaten Partners Anlass bestehen, sich über mögliche Beihilfeelemente in einem mit der öffentlichen Hand abgeschlossenen Austauschvertrag bereits vor Vertragsschluss Gedanken zu machen.
51
4. Die Nichtigkeit der Kaufpreisvereinbarung führt im Streitfall gleichwohl zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags. Denn der Kaufpreis gehört zu den unverzichtbaren essentialia negotii eines Kaufvertrags.
52
a) Allerdings haben die Beklagte und die Streithelferin für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Regelungen vereinbart, dass ihr Kaufvertrag im Übrigen erhalten bleiben soll, und sich verpflichtet, eine dem Sinn und Zweck der unwirksamen Regelung wirtschaftlich entsprechende ergänzende Vereinbarung zu treffen. Gegen die Wirksamkeit dieser Erhaltens- und Ersetzungsklausel bestehen keine Bedenken. Die Aufrechterhaltung des Kaufvertrags mit beihilferechtskonformem Inhalt verstieße weder gegen beihilferechtliche Bestimmungen , noch läuft die salvatorische Klausel als solche einem Verbotsgesetz zuwider (vgl. Verse/Wurmnest, AcP 204 [2004], 855, 868).
53
b) Die Vereinbarung einer Ersetzungsklausel bewirkt indes nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen. Sie führt vielmehr nur zu einer Umkehrung der Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil. Die Darlegungs - und Beweislast dafür, dass die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten, trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzes für unwirksam hält (BGH, Urteil vom 24. September 2002 - KZR 10/01, GRUR 2004, 353 = WRP 2003, 86; Urteil vom 15. März 2010 - II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 Rn. 8). Ist die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts aber im Einzelfall mit dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen unvereinbar, tritt trotz der salvatorischen Klausel Nichtigkeit des gesamten Vertrages ein.

54
c) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen zum Parteiwillen getroffen. Die Entscheidung, ob und wie die Vertragspartner die aufgrund des Verstoßes gegen das Durchführungsverbot fehlende Kaufpreisregelung ersetzt hätten, kann indes aufgrund ausreichender tatsächlicher Feststellungen auch durch das Revisionsgericht getroffen werden. Denn es geht hier nicht um die Aufklärung eines - nicht festgestellten - tatsächlichen Parteiwillens, sondern um eine an objektiven Maßstäben orientierte Bewertung , was die Parteien im Falle des Erkennens der Regelungslücke bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1220).
55
aa) Eine Gesamtnichtigkeit trotz salvatorischer Klausel kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrags verändert würde (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1995 - VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773; Urteil vom 4. Dezember 1996 - VIII ZR 360/95, NJW 1997, 933, 935). Das ist hier der Fall.
56
Die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises ist die vertragstypische, wesentliche Leistung des Käufers. Ist sie unwirksam und bliebe der übrige Vertragsinhalt dennoch gültig, würde der Vertrag seinen Charakter als Austauschvertrag verlieren und allein als einseitige Verpflichtung des Käufers fortbestehen (vgl. BGH, NJW 1996, 773, 774). Eine Aufrechterhaltung des Kaufvertrags als nur einseitige Verpflichtung des Verkäufers würden redliche Parteien für den Fall der Nichtigkeit der Kaufpreisabrede aber keinesfalls vereinbaren.
57
bb) Auch die zwischen der Beklagten und der Streithelferin vereinbarte Ersetzungsklausel vermag die Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags nicht abzuwenden. Sie kann nicht dazu führen, dass an die Stelle der - unterstellt - unwirksamen Kaufpreisvereinbarung der höhere, beihilfefreie Preis tritt. Denn eine solche Verpflichtung hätten redliche Vertragspartner bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nicht vereinbart.
58
Zwar wirkt sich die Anpassung des Kaufpreises an den Marktpreis für die Beklagte ausschließlich positiv aus, so dass eine Beeinträchtigung ihrer Interessen bei entsprechender Anpassung des Vertrags nicht ersichtlich ist. Der Streithelferin als Erwerberin des Teilstücks der Pipeline ist aber keineswegs unter allen Umständen ein Festhalten an dem Vertrag zu einem erhöhten Kaufpreis zuzumuten. Vielmehr erscheint fernliegend, dass von der Streithelferin ein Kauf des Teilstücks auf jeden Fall auch zu einem erheblich den vereinbarten Kaufpreis überschreitenden Marktpreis gewollt war. Das gilt umso mehr, als für die Streithelferin bei Abschluss des Kaufvertrags nicht deutlich werden musste, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe in ihm Beihilfeelemente enthalten sind.
59
Weder anderen Rechtsbeziehungen der Parteien des Kaufvertrags noch einer gesetzlichen Regelung lassen sich konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen , worauf sich die Parteien des Kaufvertrags bei - unterstellter - Nichtigkeit der Kaufpreisvereinbarung verständigt hätten (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2008 - V ZR 14/08, NJW 2009, 1135 Rn. 17). Solange von den Vertragsparteien keine Ersatzvereinbarung getroffen worden ist, kann der Eintritt der Gesamtnichtigkeit unter diesen Umständen dann nicht durch eine Ersetzungsklausel verhindert werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1995 - VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773, 774). Insbesondere würde es die Grenze zwischen der Verwirklichung des hypothetischen Parteiwillens und einer unzulässigen richterlichen Vertragsgestaltung überschreiten, wenn der Ersetzungsklausel im vorliegenden Fall eine Pflicht der Parteien entnommen würde, die nichtige Regelung des Kaufpreises durch eine Klausel zu ersetzen, nach der die Streithelferin den Vertrag entweder mit dem erhöhten, dem Marktpreis entsprechenden Kaufpreis zuzüglich Zinsen fortsetzen oder sich binnen bestimmter Frist von dem Vertrag lösen kann (aA Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), S. 855, 868 f.). Der in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Heranziehung des § 3a Abs. 1, 4 AusglLeistG bei Anwendung der Ersetzungsklausel zur vertraglichen Lückenfüllung steht entgegen, dass diese Norm speziell für die Lösung der Schwierigkeiten geschaffen wurde, die sich aus den beihilferechtlichen Bedenken der Kommission gegen das Flächenerwerbsprogramm in den Neuen Bundesländern gemäß § 3 AusglLeistG ergeben hatten. Damit handelt es sich um keine allgemeine Bestimmung, an der sich auch die Beklagte und ihre Streithelferin bei der Regelung ihrer Rechtsbeziehungen orientieren müssten. Ist aber nicht eindeutig , welche Bestimmung die Parteien an die Stelle einer nichtigen Regelung gesetzt hätten, so ist es dem Gericht verwehrt, in Anwendung der Ersetzungsklausel eine bestimmte, ihm interessengerecht erscheinende Klausel zum Vertragsinhalt zu machen (vgl. BGH, NJW 2009, 1135 Rn. 16).
60
5. Sollte der vereinbarte Kaufpreis Beihilfeelemente enthalten, steht der Klägerin somit ein Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags zwischen der Beklagten und der Streithelferin zu.
61
IV. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revisionen der Beklagten und der Streithelferin aufzuheben. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 26.03.2010 - 1 O 510/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.04.2011 - 5 U 51/10 -

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 434/10
vom
7. Dezember 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 3.: gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 7. Dezember 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten S. , K. und Ku. wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 24. Februar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit diese Angeklagten verurteilt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 51 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Angeklagten S. und Ku. hat es des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 35 Fällen schuldig gesprochen und gegen sie Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren (S. ) bzw. zwei Jahren und neun Monaten (Ku. ) verhängt. Von weiteren Tatvorwürfen hat es die Angeklagten S. und Ku. freigesprochen. Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie das Verfahren beanstanden und die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.
2
1. Nach den Feststellungen beschloss der gesondert abgeurteilte frühere Mitangeklagte De. , sich durch Betrugstaten zu Lasten von Mobilfunknetzbetreibern eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte K. , der dies wusste, gewährte De. für den Betrieb eines Geschäfts zum Vertrieb von Mobiltelefonen ein rückzahlbares Darlehen in Höhe von 5.000 - 6.000 € als Gegenleistung für dessen Versprechen , ihn gleichberechtigt an den Gewinnen aus den Betrugstaten zu beteiligen. Auch er wollte sich damit eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen. De. mietete unter Verwendung eines falschen Namens ein Ladenlokal an, stellte einen Geschäftsführer ein, nahm die Gewerbeanmeldung vor und eröffnete ein Geschäftskonto. Außerdem stellte er einem "D. " aus den Niederlanden seinen türkischen Pass zur Verfügung, der nach diesem Muster auf einem Computer Dateien türkischer Ausweispapiere und Debitkarten nicht existenter Personen erstellte.
3
Ab Anfang Dezember 2008 füllte De. zusammen mit einer Angestellten in dem Geschäft Anträge auf Einrichtung von Mobiltelefonanschlüssen aus, wobei sie die Personalien erfundener Personen verwendeten. Für die erforderliche Vorlage einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Antragstellers sowie dessen Debitkarte gebrauchten sie Ausdrucke der von "D. " erstellten Dateien. Die Anträge und Kopien der gefälschten Dokumente übersandten sie an die Mobilfunknetzbetreiber, um Provisionszahlungen zu erhalten und in den Besitz subventionierter Mobiltelefone sowie freigeschalteter SIM-Karten zu gelangen. Die Mobiltelefone und die SIM-Karten wurden an dritte Personen weiterverkauft. Mehrere Erwerber von SIM-Karten verursachten durch die Anwahl so genannter "Mehrwertnummern", die sie vorher angemietet hatten, hohe uneinbringliche Telefongebühren und verschafften sich auf diese Weise vermeintliche Vergütungsansprüche gegen die Mobilfunknetzbetreiber in beträchtlicher Höhe.
4
Als der Angeklagte K. bald bemerkte, dass die Betrugstaten nicht den erwarteten Gewinn abwarfen, gewann er den Angeklagten S. als Abnehmer für einen Teil der durch Täuschung erlangten Mobiltelefone. Der Angeklagte S. und der Angeklagte Ku. vereinbarten mit De. , diesen bei dessen Straftaten zu unterstützen, um sich ebenfalls eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen. Spätestens vom 7. bis 23. Januar 2009 wirkten die Angeklagten S. und Ku. anstelle der Angestellten an den Straftaten mit. Die Ausdrucke der Ausweise und Debitkarten der nicht existenten Personen erstellten in der Folgezeit insbesondere der Angeklagte Ku. und teilweise auch der Angeklagte S. . Der Angeklagte Ku. und der gesondert abgeurteilte frühere Mitangeklagte De. nahmen von den Mobilfunknetzbetreibern - auch gegen Nachnahme - gelieferte Mobiltelefone entgegen. Der Angeklagte S. veräußerte betrügerisch erlangte Mobiltelefone u.a. an einen nicht identifizierten türkischen Staatsangehörigen aus M. . Die freigeschalteten SIM-Karten wurden von De. mit Kenntnis der Angeklagten an den anderweitig verfolgten "Se. " verkauft.
5
Das Landgericht hat mehrere am selben Tag bei demselben Mobilfunknetzbetreiber gestellte Anträge als eine rechtlich selbständige Tat behandelt. Als täuschungsbedingten Vermögensschaden hat es den jeweiligen Vergütungsanspruch der Mobilfunknetzbetreiber auf der Grundlage des vereinbarten und verkehrsüblichen Gebührentarifs angesehen; diesen hat es seiner Schadensberechnung "anteilig" zugrunde gelegt. Außerdem hat es als "reine Telefonie" bezeichnete Schadensbeträge in Ansatz gebracht. Hierbei handelt es sich um Vergütungen vermeintlicher Ansprüche aus der Benutzung von "Mehrwertnummern" durch Erwerber der freigeschalteten SIM-Karten.
6
2. Die Schuldsprüche können keinen Bestand haben; denn die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte K. habe 51, die Angeklagten S. und Ku. hätten 35 tatmehrheitlich zusammentreffende Betrugstaten in Tateinheit mit Urkundenfälschung begangen, hält auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
a) Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden; maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrags oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten der Serie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Erbringt er dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben , ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 3 StR 52/01, wistra 2001, 336; BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840).
8
b) Gemessen an diesen Maßstäben belegen die Feststellungen keine zueinander in Tatmehrheit stehenden 51 (Angeklagter K. ) bzw. 35 (Angeklagte S. und Ku. ) Straftaten des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Ein jeweils individueller konkreter Tatbeitrag der Angeklagten zu jeder einzelnen der Taten, wegen der sie verurteilt worden sind, lässt sich ihnen nicht sicher entnehmen. Danach arbeitete der Angeklagte K. im Handyladen überhaupt nicht mit. Hinsichtlich der Angeklagten S. und Ku. ist nicht festgestellt, dass sie in allen 35 Fällen jeweils die gefälschten Anträge oder Kopien der Ausweispapiere bzw. der Debitkarten erstellten, diese den Mobilfunknetzbetreibern zuschickten, Mobiltelefone entgegennahmen oder diese weiterveräußerten. Die Tatbeiträge der Angeklagten S. und Ku. sind in den Urteilsgründen nur pauschal in der Weise umschrieben, dass ab 7. Januar 2009 insbesondere der Angeklagte Ku. , aber auch der Angeklagte S. - neben De. - die gefälschten Anträge und Dokumente erstellten, der Angeklagte Ku. zum Teil gelieferte Mobiltelefone entgegennahm und der Angeklagte S. solche weiterveräußerte.
9
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind. Zwar lässt sich den Feststellungen entnehmen, dass der Angeklagte K. mit der Hingabe des Darlehens zum Aufbau und zum allgemeinen Betrieb des Handyladens einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag leistete, der zur Verwirklichung jedes der abgeurteilten Einzeldelikte beitrug. Auch ergeben sie ab 7. Januar 2009 wesentliche Beiträge der Angeklagten S. und Ku. zum Betrieb des auf Betrug angelegten Geschäfts. Dennoch kann der Senat den Schuldspruch nicht dahin ändern, dass die Angeklagten des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges nebst gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in 51 (Angeklagter K. ) bzw. in 35 (Angeklagte S. und Ku. ) tateinheitlichen Fällen schuldig sind, und die ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafen als Einzelstrafen für die jeweils einheitliche Tat bestehen lassen. Denn ein solches Vorgehen setzt voraus, dass das Tatgericht den Unrechts- und Schuldgehalt des Tatgeschehens rechtsfehlerfrei festgestellt hat und dieser durch die zutreffende Bewertung des Konkurrenzverhältnisses nicht berührt wird. Schon an der erstgenannten Voraussetzung fehlt es hier, da das Landgericht den entstandenen Betrugsschaden sowie den Gegenstand der vom Angeklagten erstrebten rechtswidrigen Bereicherung in zweifacher Weise unzutreffend bestimmt hat. Im Einzelnen :
10
a) Der vollendete Betrug setzt voraus, dass beim Geschädigten eine Vermögensminderung im wirtschaftlichen Sinne eingetreten ist, die unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung sein muss. Außerdem muss auch der vom Täter erstrebte rechtswidrige Vermögensvorteil unmittelbare Folge der vom Opfer aufgrund seines Irrtums vorgenommenen Vermögensverfügung sein und der dadurch bedingten Vermögenseinbuße des Opfers spiegelbildlich entsprechen (sog. Stoffgleichheit). Der Vermögensschaden ist durch einen Vergleich der Vermögenslage des Geschädigten vor und unmittelbar nach der Verfügung festzustellen (Cramer/Perron in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 99; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 263 Rn. 110). Beim Betrug durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind demnach die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGH, Urteil vom 13. November 2007 - 3 StR 462/06, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 70; Fischer, aaO Rn. 176). Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden ) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt, bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird. An dem Erfordernis, dass der Vermögensschaden unmittelbare Folge der Vermögensverfügung und der erstrebte rechtswidrige Vermögensvorteil wiederum unmittelbare Folge des Vermögensschadens sein muss, fehlt es etwa, wenn der Getäuschte dem Täter - entsprechend dessen Absicht - lediglich die tatsächliche Möglichkeit gibt, den Vermögensschaden durch weitere selbständige deliktische Handlungen herbeizuführen.
11
b) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht den Betrugsschaden sowie den Inhalt der Bereicherungsabsicht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Mit Annahme des gefälschten Antrags auf Abschluss eines Mobilfunkvertrages verpflichtete sich der jeweilige Mobilfunknetzbetreiber in zweifacher Hinsicht. Zum einen versprach er dem angeblichen Neukunden die Lieferung eines kostenlosen oder preisreduzierten Mobiltelefons nebst freigeschalteter SIM-Karte sowie die Möglichkeit des Telefonierens in und aus dem entsprechenden Mobilfunknetz für die Dauer der Vertragslaufzeit. Zum anderen sagte er dem "Inhaber des Handyladens" die Zahlung einer Provision für die Vermittlung des Mobilfunkvertrages sowie die Übersendung des Mobiltelefons nebst freigeschalteter SIMKarte zu, damit dieses dem vermeintlichen neuen Kunden ausgehändigt werden konnte. Dem standen folgende Gegenansprüche gegenüber: Der angebliche Neukunde verpflichtete sich im Falle der Lieferung eines verbilligten Mobiltelefons zur Zahlung des reduzierten Kaufpreises; außerdem sagte er die künftige Begleichung der vereinbarten Telefongebühren während der Vertragslauf- zeit zu. Der "Inhaber des Handyladens" versprach die Übergabe des Mobiltelefons nebst SIM-Karte an den Neukunden sowie eine Zahlung auf das Mobiltelefon , wenn hierauf bei dessen Auslieferung im Wege der Nachnahme Vorkasse zu leisten war. Diese Gegenansprüche waren wegen fehlender Erfüllungsbereitschaft der (angeblichen) Schuldner weitgehend wertlos; eine Ausnahme galt nur hinsichtlich der bei Nachnahmelieferung des Mobiltelefons zu leistenden Vorkasse, da die Angeklagten und ihr Mittäter zu deren Zahlung bereit waren, um in Besitz des Mobiltelefons und der SIM-Karte zu gelangen. Der Eingehungsschaden des Mobilfunknetzbetreibers könnte daher im Grundsatz nach dem vollen wirtschaftlichen Wert der von ihm eingegangenen Verpflichtungen bestimmt werden, allenfalls abzüglich der Höhe des werthaltigen Anspruchs auf Vorkasse.
12
Indes ist zu beachten, dass für die Tatbestandsverwirklichung nur die Vermögenseinbußen relevant sind, auf die spiegelbildlich die Absicht des Täters gerichtet ist, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen; weitergehende Vermögensnachteile, die der Geschädigte aufgrund der irrtumsbedingten Vermögensverfügung erleidet, sind allenfalls verschuldete Tatauswirkungen im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB. Hieraus folgt, dass der Wert der von dem jeweiligen Mobilfunkbetreiber eingegangenen Verpflichtung, dem angeblichen Neukunden während der Vertragslaufzeit das Telefonieren in und aus seinem Mobilfunknetz zu gestatten, hier bei der Berechnung des tatbestandlichen Schadens unberücksichtigt zu bleiben hat; denn den Angeklagten und ihrem Mittäter kam es gerade nicht darauf an, selbst entsprechende Telefongespräche zu führen, ohne hierfür ein Entgelt zu bezahlen. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, ob eine entsprechende Schadensposition - wie das Landgericht meint - nach den für die Vertragslaufzeit vereinbarten Grundgebühren oder gegebenenfalls nach einem Anteil hiervon berechnet werden kann.
13
Der von den Angeklagten und ihrem Mittäter erstrebte Vermögensvorteil bestand tatsächlich in der Auszahlung der Provision sowie der Lieferung der kostenlosen oder verbilligten Mobiltelefone nebst freigeschalteter SIM-Karte, die gewinnbringend veräußert werden sollten. Der entsprechende Eingehungsschaden des jeweiligen Mobilfunknetzbetreibers bemisst sich daher allein nach dem Wert der von ihm insoweit eingegangenen Verpflichtungen, im Einzelfall unter Abzug des Werts des Anspruchs auf Entrichtung der Vorkasse, für die Erfüllungsbereitschaft bestand. Zu den insoweit in Ansatz zu bringenden Beträgen verhält sich das angefochtene Urteil indessen nicht. Demgemäß enthält es weder eine nachvollziehbare Berechnung des mit Vertragsschluss eingetretenen Eingehungsschadens noch legt es den mit der Auszahlung der Provision und der Auslieferung von Mobiltelefonen und SIM-Karten entstandenen Erfüllungsschaden dar.
14
Auch soweit das Landgericht die "reinen Telefoniekosten" als tatbestandliche Schadensbeträge in Ansatz gebracht hat, sind seine Ausführungen von Rechtsirrtum beeinflusst. Diesbezüglich hat es verkannt, dass die Herbeiführung der entsprechenden Vermögensnachteile zwar durch die Übersendung der freigeschalteten SIM-Karten ermöglicht wurde, aber erst durch den betrügerischen Abschluss von Verträgen über die Nutzung von "Mehrwertnummern" und deren Anwahl über die durch Betrug erlangten SIM-Karten, also durch ein selbständiges deliktisches Verhalten, die vermeintlichen Vergütungsansprüche begründet und teilweise Zahlungen ausgelöst wurden. Es fehlt daher an der erforderlichen Unmittelbarkeit zwischen täuschungsbedingter Vermögensverfügung und eingetretenem Vermögensschaden (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2005 - 4 StR 559/04, BGHSt 50, 174, 178). Hinzu kommt, dass sich die Bereicherungsabsicht der Angeklagten und ihres Mittäters auch nicht auf die Erlöse aus dem betrügerischen Ausnutzen von "Mehrwertnummern" erstreckte. Denn die ent- sprechenden Verträge wurden allein von Dritten abgeschlossen, die SIM-Karten von den Angeklagten und ihrem Mittäter erworben hatten, ohne dass diese an den erschwindelten Gebühren beteiligt werden sollten. In Betracht kommt daher insoweit lediglich, dass sich die Angeklagten und ihr Mittäter durch den Verkauf der SIM-Karten in dem Wissen um die von den Erwerbern beabsichtigte missbräuchliche Verwendung an deren Straftaten als Gehilfen beteiligt haben. Ansonsten handelt es sich bei dem Gebührenschaden ebenfalls nur um eine verschuldete Tatfolge im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB.
15
4. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat sieht im Übrigen Anlass zu folgendem Hinweis:
16
Bei einer Serie von Straftaten mehrerer Angeklagter ist sorgfältig auf eine geordnete und übersichtliche Darstellung der einzelnen Taten zu achten, um Fehler zu vermeiden. Dem wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht. Gegen die Angeklagten S. und Ku. hat das Landgericht 51 Einzelstrafen verhängt, obwohl es sie nur wegen 35 Taten schuldig gesprochen hat. Den Angeklagten K. hat es wegen des nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellten Falles 1 der Urteilsgründe (Fall 186 der Anklageschrift) verurteilt. Hinzu kommt, dass dieser Angeklagte in der Urteilsformel zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und nach den Urteilsgründen zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist. Fall 211 der Anklage wurde in den Urteilsgründen als Fall 14 und nochmals als Fall 16 - allerdings mit unterschiedlichen Anmeldedaten und nicht identischen Schadenshöhen - abgeurteilt. Die Fälle 183 und 206 der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage, wurden - soweit ersichtlich - weder nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt noch sind sie Gegenstand der Urteilsgründe. Sie sind also beim Landgericht anhängig geblieben.
17
Die Zusammenfassung mehrerer Straftaten zur rechtlichen Handlungseinheit in der Person des Angeklagten schließt die Annahme gewerbs- und bandenmäßiger Begehungsweise nicht aus (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2842 f.).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 616/10
vom
14. April 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung.
BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10 - LG Köln
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zusammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte Ende der 1990er Jahre die Idee, durch den "Verkauf von Aktien" Geld für einen von ihm geplanten Windkraftpark zu gewinnen. Zu diesem Zweck erwarb er im Jahre 2001 die nicht börsennotierte, vermögenslose L. AG als Alleinak- tionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat der L. AG berief er ab und ersetzte ihn durch ihm nahe stehende Personen. Auf Anraten eines Rechtsanwalts verschaffte sich der auf dem Gebiet des Aktiengeschäfts völlig unerfahrene Angeklagte in der Folgezeit Geld von Anlegern, indem er mehrfach das Grundkapital der L. AG gegen Bareinlage im Wege der Ausgabe von Vorzugsaktien, teils auch Inhaberaktien, erhöhte bzw. zu erhöhen vorgab.
3
Die Aktien ließ er in der Zeit vom 28. Januar 2002 bis 3. Januar 2005 zu jeweils unterschiedlichen Preisen durch Telefonverkäufer an Privatanleger vertreiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Zeichnung von Aktien durch 17 Anleger, denen in 78 Fällen Aktien veräußert wurden. Hierbei vereinnahmte die L. AG 8,258 Mio. €. Während des Tatzeitraums und danach entnahm der Angeklagte in seiner Funktion als Vorstand der L. AGhiervon 7,74 Mio. €. Damit finanzierte er seinen eigenen Lebensunterhalt als Ausgleich für seine Vorstandstätigkeit und zahlte an die Telefonverkäufer Provisionen in Höhe von 12 % der jeweiligen Anlagesumme. Die meisten Anleger erhielten vor allem zu Beginn Dividendenzahlungen in zwei- bis fünfstelliger Höhe.
4
b) Den Kapitalerhöhungen lagen nur am Anfang entsprechende Beschlüsse der Hauptversammlung zugrunde (Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 7. November 2001, 8. März 2002 und 22. November 2002). Für zwei weitere Kapitalerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 fehlten die notwendigen Kapitalerhöhungsbeschlüsse. Lediglich die Durchführung der ersten Kapitalerhöhung vom 7. November 2001 wurde am 24. September 2002 mit einem Betrag von 1,547 Mio. € in das Handelsregister eingetragen. Die handelsrechtliche Eintragung weiterer Kapitalerhöhungen unterblieb, da - was hierfür erforderlich gewesen wäre - die an die L. AG geleisteten Einlagezahlungen der Anleger dem Handelsregister aufgrund der Entnahmen des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnten.
5
c) Der Angeklagte ließ in seiner Funktion als Vorstand einen umfangreichen Emissionsprospekt anfertigen, in dem er nicht nur die L. AG als junges, im Aufbau befindliches Immobilienunternehmen darstellte, sondern auch auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hinwies. Mit dem Emissionsprospekt bzw. einem entsprechenden Kurzexposé warb der Angeklagte über die Telefonverkäufer für den Kauf von Vorzugsaktien der L. AG, deren Börsengang er für die Jahre 2004/05 in Aussicht stellte. Den Emissionsprospekt passte der Angeklagte bei den jeweiligen Kapitalerhöhungen inhaltlich an.
6
Ein operatives Geschäft entfaltete der Angeklagte zunächst nicht. Aufgrund gegen ihn gerichteter polizeilicher Ermittlungen im Mai 2002 erkannte er jedoch die Notwendigkeit, gewisse Bemühungen hinsichtlich des prospektierten Börsengangs und des Immobilienerwerbs gegenüber den Anlegern darstellen zu können. Pläne des Angeklagten, den "Börsenmantel" der K. AG, die nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren von allen Verbindlichkeiten bereinigt war, zu übernehmen, scheiterten. Ende Dezember 2002 kam es zum einzigen Immobilienerwerb der L. AG im Tatzeitraum, als diese 90 % der Anteile der Fa. A. T. GmbH, die Eigentümerin dreier M. -Hotels war, übernahm. Den ratenweise zu zahlenden Kaufpreis von 3,1 Mio. € erbrachte die L. AG nur unvollständig, so dass die C. R. E. AG (ehemals K. AG) im Oktober 2004 die von der L. AG gehaltenen Anteile an der A. T. GmbH erwarb.
7
d) Nach Ablauf der Eintragungsfrist für die zweite Kapitalerhöhung vom 8. März 2002 war die L. AG am 31. März 2003 außerstande, den erforderlichen Bareinlagebetrag nachzuweisen. Infolge dessen entfiel die Wirkung der Zeichnungserklärungen der Anleger, denen deshalb Rückzahlungsansprüche gegen die L. AG in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlungen zustanden.
Hierdurch wurde die L. AG zahlungsunfähig. Um eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, ließ der Angeklagte gleichwohl den Vertrieb von Vorzugsaktien fortsetzen. In den Zeichnungsscheinen der Anleger ließ er mit fiktiven Daten zwei weitere Kapitalerhöhungsbeschlüsse ausweisen, die tatsächlich nie gefasst worden waren.
8
e) In der Folge unterbreitete die Mehrheitseignerin der C. R. E. AG der L. AG ein bedingtes Übernahmeangebot, das letztlich nicht zustande kam. Gleichwohl ließ der Angeklagte weiterhin Anleger mit einer unmittelbar bevorstehenden Übernahme durch die C. R. E. AG werben. Erst am 3. Januar 2005 stellte er schließlich den telefonischen Aktienverkauf ein.
9
f) Am 2. Juni 2005 kam es zu einer Informationsveranstaltung, bei der den Anlegern ein Tausch von L. -Aktien in Aktien einer Tochtergesellschaft der C. R. E. AG in Aussicht gestellt wurde. Tatsächlich wurde ihnen Mitte des Jahres 2006 gegen Rückgabe von L. -Vorzugsaktien im Verhältnis 3:2 Vorzugsaktien der amerikanischen Gesellschaft D.S. I. (DSI) angeboten. Im Gegenzug sollten mit der Übertragung der Aktien sämtliche Ansprüche gegen die L. AG abgegolten sein. Nähere Feststellungen zum wirtschaftlichen Hintergrund dieses Tauschangebots hat das Landgericht nicht getroffen. Nahezu alle Anleger, die sich verpflichten mussten, die Aktien der DSI mindestens 12 Monate zu halten, nahmen das Angebot an. Zum Übertragungszeitpunkt betrug der Kurswert der DSI-Aktie 8,50 €, nach Ablauf der Haltefrist 2,50 €. Zwei Anleger erhielten im Vergleichsweg einen erheblichen Anteil der geleisteten Anlagesummen zurück.
10
2. Das Landgericht hat - ohne dies näher zu erläutern - Betrug in 78 rechtlich zusammentreffenden Fällen angenommen. Hierbei hat es dem Ange- klagten die von den Telefonverkäufern vorgenommenen Täuschungshandlungen mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) zugerechnet. Hinsichtlich des Vermögensschadens hat das Landgericht - auch ohne weitere Darlegung - zu Beginn des Tatzeitraums einen nicht näher bezifferten Vermögensgefährdungsschaden , nach dem Scheitern des Ankaufs der A. T. -Anteile und Einzahlungen der Anleger auf tatsächlich nicht gefasste Kapitalerhöhungsbeschlüsse einen tatsächlichen Vermögensschaden angenommen.

II.

11
Die Verurteilung wegen Betrugs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an der hinreichenden Feststellung eines Vermögensschadens.
12
1. a) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGHSt 30, 388 f.; BGH wistra 1993, 265; wistra 1995, 222; NStZ 1999, 353, 354; BGHSt 53, 199, 201). Bei der - hier vorliegenden - Konstellation eines Betruges durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 10). Ein Schaden liegt demnach vor, wenn die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten (BGHSt 30, 388, 390). Zu be- rücksichtigen ist beim Eingehen von Risikogeschäften dabei auch eine täuschungs - und irrtumsbedingte Verlustgefahr, die über die vertraglich zugrunde gelegte hinausgeht. Ein darin liegender Minderwert des im Synallagma Erlangten ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bewerten (vgl. BGHSt 53, 198, 202 f.; zur Frage der Entbehrlichkeit des Begriffs des Gefährdungsschadens vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 157 f.). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des 2. Senats - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220) ist dieser Minderwert konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern. Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung dieses Risikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen , um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10).
13
b) Gemessen daran ist nach den landgerichtlichen Feststellungen ein Vermögensschaden für Zeichnungen bis März 2003 (anders ab April 2003; s. unten II.1.d) nicht hinreichend nachgewiesen. Für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe bei Abschluss der Zeichnungsverträge ein Schaden eingetreten ist, ist der Wert der erworbenen Vorzugsaktien der L. AG - zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt - maßgebend und dem jeweils zu zahlenden Kaufpreis gegenüberzustellen. Entsprach der Aktienwert dem Gegenwert des Kaufprei- ses, liegt kein Schaden vor. Ob und ggf. in welcher Höhe die gezeichneten Aktien zum Zeitpunkt der jeweiligen Zeichnung tatsächlich einen wirtschaftlichen Wert hatten, lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Senat vermag daher nicht festzustellen, ob das Landgericht zutreffend von einem Schaden ausgegangen ist.
14
Ein Schaden in Höhe der jeweiligen Anlagesumme - wovon das Landgericht trotz Annahme eines Vermögensgefährdungsschadens offenbar ausgeht - besteht nur dann, wenn die Aktie zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt wertlos war. Zu Beginn des Tatzeitraums (Januar 2002) könnte dies der Fall gewesen sein, da die L. AG zunächst kein operatives Geschäft betrieb und die Dividendenzahlungen in erster Linie als Anreiz für den Erwerb weiterer Aktienpakete dienten. Ob zu dieser Zeit unter Berücksichtigung der Angaben im Emissionsprospekt ein Ertragswert des Unternehmens und damit eine sich daraus ergebende Werthaltigkeit der Aktie festgestellt werden kann, erscheint deshalb zweifelhaft. Soweit aufgrund der dauernden Einzahlung von Anlagegeldern, die dem Handelsregister bei der Eintragung auch noch in Höhe von 1,547 Mio. € im Jahr 2002 nachgewiesen werden konnten, Barvermögen der Gesellschaft vorhanden war, könnte dies freilich gegen die vollständige Wertlosigkeit der gezeichneten Aktien sprechen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die durch Täuschung veranlasste Zeichnung von Aktien zur Anfangszeit mit den Fällen sog. Schneeball-Systeme vergleichbar sein könnte, bei denen Neu-Anlagen zumindest auch verwendet werden, um früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Hier nimmt die Rechtsprechung ohne weitere Differenzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten eingezahlten Kapitals an, da ihre Chance sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stütze und ihre Gewinnerwartung daher von vornherein wertlos sei (vgl. BGHSt 53, 199, 204 f.; kritisch hierzu Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 130).
15
Der Senat braucht dies hier nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls ab Mai 2002 ist die Annahme einer vollständigen Wertlosigkeit der Anlage zumindest zweifelhaft. Zu diesem Zeitpunkt begann die L. AG - orientiert an den Planvorgaben des Emissionsprospekts - mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebs , in dessen Folge es im Dezember 2002 zum Erwerb der Anteile an der A. T. GmbH kam. Daneben zahlte die L. AG im August 2002 125.000 € an Do. I. , im September 2002 1,3 Mio. € an F. C. zum Zwecke der (letztlich allerdings gescheiterten) Übernahme des "Börsenmantels" der K. AG und erwarb im November 2002 Aktien der K. AG im Wert von 185.000 €. Hinzu kommt, dass die L. AG für die (vorübergehende ) Übernahme der A. T. -Anteile jedenfalls größere Teile des ratenweise zu zahlenden Kaufpreises aufgebracht hat. Schließlich weisen die spätere Veräußerung der A. T. -GmbH-Anteile und die wirtschaftlich nicht näher nachzuvollziehende Übernahme von werthaltigen DSI-Aktien mit dem darauf erfolgten Tausch von L. -Vorzugsaktien in DSI-Aktien darauf hin, dass die L. AG offenbar nicht ohne Wert war. Dies legt - auch wenn es sich dabei um nach der Zeichnung der Aktien liegende Umstände handelt - nahe, dass jedenfalls ein vollständiger Wertverlust der L. -Aktie ab Mai 2002 nicht gegeben war.
16
Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das - täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte - Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl.
Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen - wie vorliegend der Fall - nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen , unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.
17
c) Die Feststellungen tragen für die Zeit bis März 2003 auch hinsichtlich der Zahlung der Anlagegelder nicht die Annahme eines Vermögensschadens. Zwar ist es ab der 2. Kapitalerhöhung vom 8. März 2002, für die die Eintragungsfrist am 31. März 2003 ablief, nicht mehr zu einer Eintragung in das Handelsregister gekommen, so dass die Anleger keine Aktien erwarben. Erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht bis zum Ende der Eintragungsfrist, entfällt entsprechend § 158 Abs. 2 BGB die Wirkung der Zeichnung (BGH NJW 1999, 1252, 1253; Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 14; Peifer in MüKo AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 25) mit der Folge, dass die Anleger keine Aktionärstellung erlangen und bereits gezahlte Anlagegelder zurückzugewähren sind. Hätte der Angeklagte bereits bei der jeweiligen Zeichnung der Aktien durch die Anleger die Vorstellung gehabt, dass es mangels fehlenden Nachweises gegenüber dem Registergericht nicht zur Eintragung in das Handelsregister kommen könnte, wäre mit der täuschungsbedingten Zahlung der Anlagegelder angesichts eines in Kauf genommenen Entfallens der Gegenleis- tung ein Schaden anzunehmen. Dahingehende Feststellungen lassen sich dem Urteil des Landgerichts jedoch nicht entnehmen.
18
d) Dagegen dürfte die Annahme eines Schadens für die ab April 2003 gezeichneten Anlagen, bei denen der Angeklagte Kapitalerhöhungen vortäuschte , denen kein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung zugrunde lag, im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Es kann dahinstehen, ob die Zeichnungserklärungen der Anleger und die Annahme durch die L. AG vor diesem Hintergrund überhaupt zu wirksamen wechselseitigen Verpflichtungen geführt haben (vgl. hierzu Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 27; Lutter in Kölner Kommentar AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 36; Peifer in MüKo AktG 3. Aufl. § 185 Rn. 62), die im Rahmen der Schadensfeststellung zu saldieren wären. Da der Angeklagte in den Zeichnungsscheinen fiktive Kapitalerhöhungsbeschlüsse angegeben hat und damit erkennbar von Anfang an nicht die Absicht hatte, wirksame Kapitalerhöhungen durchzuführen, ist den Anlegern spätestens mit Erbringung der Zahlungen in dieser Höhe ein endgültiger Schaden entstanden. Sie hatten keine Aussicht, Aktionär zu werden, so dass ein Schaden in Höhe der jeweiligen Zeichnungssumme vorlag. Der den Anlegern zustehende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Einlagen stellt insoweit keine unmittelbare Schadenskompensation, sondern lediglich einen möglichen Schadensausgleich dar, der die Annahme eines Schadens unberührt lässt.
19
Aufgrund der landgerichtlichen Annahme tateinheitlicher Verknüpfung sämtlicher Betrugstaten unterliegt das Urteil jedoch insgesamt der Aufhebung.
20
2. Der Senat weist darauf hin, dass die Verurteilung wegen einer Tat in 78 tateinheitlich zusammen treffenden Betrugsfällen rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat übersehen, dass für jeden Beteiligten von Straftaten selbständig zu ermitteln ist, ob Handlungseinheit oder -mehrheit gegeben ist. Maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrages oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten einer Deliktsserie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag , so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGH NStZ 2010, 103). Erbringt der Täter dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr., vgl. BGHSt 49, 177, 182 ff.).
21
Gemessen daran belegen die Feststellungen jedenfalls keine 78 Straftaten des Betrugs. Der Angeklagte hat nicht mit jeder einzelnen Anlagevermittlung durch die Telefonverkäufer, von der er im Zweifel keine Kenntnis hatte, eine selbständige Tat begangen, sondern mit jedem neuen Entschluss zur täuschenden Werbung von Anlegern, die er durch sein Verhalten gegenüber den Telefonverkäufern initiierte. Nach den bisherigen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte jedenfalls mit jeder neuen Kapitalerhöhung, womöglich aber auch mit weiteren von ihm veranlassten, auf Irreführung ausgelegten Werbungsmaßnahmen, auch äußerlich einen neuen Entschluss fasste, durch Täuschungen mittels des - den einzelnen Kapitalerhöhungen jeweils angepassten - Emissionsprospekts Anleger neu zu werben. Die aufgrund der einzelnen Täuschungsentschlüsse durch die Vermittlung der Telefonverkäufer zustande gekommenen Anlagegeschäfte werden dabei zu einer Tat verbunden. Für eine Verknüpfung dieser selbständigen Taten zu lediglich einer einzigen Tat, etwa im Sinne eines "uneigentlichen Organisationsdelikts", ist kein Raum. Es handelt sich hinsichtlich des als Mittäter agierenden Angeklagten nicht um bloße Handlungen "zur Errichtung, zur Aufrechterhaltung und zum Ablauf eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebes", sondern um solche, die über die Einschaltung von Telefonverkäufern unmittelbar auf den betrügerischen Vertrieb von Aktien gerichtet waren.
22
3. Der neue Tatrichter wird bei der Bemessung der Strafe die erfolgten Schadenskompensationen genauer als bisher erfolgt zu berücksichtigen haben. Neben den gezahlten Dividenden fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, dass die Anleger für ihre L. -Aktien im Tausch Aktien der DSI erhalten haben, deren Wert jedenfalls zum Zeitpunkt des Tauschs (8,50 €/Aktie) im Verhältnis 3:2 regelmäßig über den Anlagebeträgen der Geschädigten lag.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 3 5 9 / 1 3
vom
8. Oktober 2014
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
1. Beim Straftatbestand des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) besteht das Erfordernis
einer „Stoffgleichheit“ nur zwischen dem Vermögensschaden und dem angestrebten
Vermögensvorteil, nicht aber zwischen dem Vermögensschaden und dem Gegenstand
der Täuschung.
2. Beim Betrug gegenüber dem Erwerber einer Immobilie ist bei der Bestimmung
des täuschungsbedingten Vermögensschadens der Vergleich des Kaufpreises mit
dem Verkehrswert der Immobilie auch dann von Bedeutung, wenn für den Erwerber
das unwahre Versprechen niedriger monatlicher finanzieller Belastungen bei gleichzeitiger
Altschuldenbeseitigung kaufentscheidend war.
BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13 - LG Passau
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
16. September 2014, in der Sitzung am 8. Oktober 2014, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger
und die Richterinnen am Bundesgerichtshof
Cirener,
Dr. Fischer,
Richter am Amtsgericht
- in der Verhandlung vom 16. September 2014 - und
Richterin am Landgericht
- bei der Verkündung am 8. Oktober 2014 -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 16. September 2014 -
als Verteidiger des Angeklagten M. S. ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung vom 16. September 2014 -
als Verteidiger des Angeklagten Ma. S. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 13. Dezember 2012 werden verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und Ma. S. jeweils wegen gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betrugs in 15 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren und sechs Monaten (M. S. ) bzw. fünf Jahren und drei Monaten (Ma. S. ) verurteilt. Den nicht revidierenden Mitangeklagten Man. S. hat das Landgericht wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit ihren gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen beanstanden die Angeklagten M. und Ma. S. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel bleiben erfolglos.

A.


2
Den Verurteilungen liegt zugrunde, dass die Angeklagten an überwiegend bereits erheblich verschuldete und ohne Eigenkapital ausgestattete Kunden unter Täuschung über Tatsachen Eigentumswohnungen zu überhöhten Preisen verkauften. Hierzu bedienten sie sich eines auf Überrumpelung und Täuschung der Kunden angelegten Strukturvertriebssystems, das darauf abzielte , die Kunden durch falsche Angaben zu den Immobilien und über deren Finanzierung zum Kauf einer Eigentumswohnung zu bewegen. Die zur Begleichung der Kaufpreisforderung erforderlichen Kredite vermittelten die Angeklagten.

3
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
4
1. Die von den Angeklagten verkauften Eigentumswohnungen standen überwiegend im Eigentum verschiedener von ihnen beherrschter Gesellschaften. Zur Kundengewinnung und Vermarktung der Wohnungen nutzten sie ein vom Angeklagten M. S. geschaffenes weit verzweigtes Vertriebsnetz aus (vom Landgericht so bezeichneten) Haupt- und Untervermittlern, denen die Aufgabe zukam, Kunden anzuwerben. War der Immobilienverkauf erfolgreich, erhielten die Hauptvermittler eine Provision in Höhe von 20 bis 25 Prozent des erzielten Kaufpreises.
5
Der Vertrieb der Wohnungen zu überteuerten Preisen folgte folgendem Grundmuster: Die Vermittler sprachen gezielt potentielle Kunden an, die über wenig Erfahrung in finanziellen Angelegenheiten verfügten oder sich in einer schwierigen finanziellen Lage befanden, weil sie bereits Konsumentenratenkredite in Höhe von mehreren Tausend Euro zu tilgen hatten. Diese Personen hatten in der Regel kein Interesse an dem Erwerb einer Immobilie als Wertanlage; für sie standen geringere monatliche Raten als bisher oder der Erhalt eines weiteren Darlehensbetrages im Vordergrund (UA S. 9). Die Untervermittler unterbreiteten ihnen in einem Erstgespräch die Möglichkeit, durch eine Umschuldung die Darlehensraten zu verringern und darüber hinaus auch noch einen Barbetrag zur freien Verfügung zu erhalten. Die bestehenden Altkredite würden dabei abgelöst. Die Untervermittler hielten sich bei diesem Erstgespräch „hin- sichtlich der Umstände vage“ (UA S. 9). Der Kauf einer Immobilie wurde dabei allenfalls am Rande angesprochen.
6
Nach einer ersten Prüfung, ob die geworbenen Personen als Immobilienerwerber geeignet waren, fand ein zweites Gespräch der Untervermittler mit den Kunden statt. Hierbei wurde ihnen anhand falscher Rechenbeispiele dargelegt , dass sie über ein Finanzierungsmodell die Ablösung der bisherigen Kredite und die Verringerung ihrer monatlichen Belastungen erreichen könnten. Die zukünftigen Belastungen wurden entweder als Festbetrag oder mit einer näher beschriebenen Bandbreite angegeben. Die Untervermittler spiegelten den Kunden anhand der Rechenbeispiele vor, dass sich die verringerte monatliche Belastung nur über den Kauf einer Immobilie erreichen lasse. Sie stützten sich dabei auf unzutreffende Behauptungen. Insbesondere wurden die mit dem Immobilienerwerb verbundenen Steuervorteile zu hoch dargestellt, Laufzeiten von Krediten zu kurz angegeben und anfallende Hausgeldzahlungen unerwähnt gelassen. In Wirklichkeit überstiegen für die Kunden die tatsächlichen monatlichen Belastungen die in Aussicht gestellten auch unter Berücksichtigung von Mieteinnahmen und Steuervorteilen weit. Zudem fand teilweise auch nicht die versprochene Tilgung von Altschulden statt.

7
Die Untervermittler versuchten, den Kunden den „notwendigen“ Kauf ei- ner Immobilie möglichst spät mitzuteilen und als „bloße Formalie“ darzustellen. Einige Kunden erfuhren von der „Notwendigkeit“ eines Immobilienkaufs erst auf der Fahrt zu einem Notar. Vor dem Notar gaben die Kunden dann gegenüber einer der von den Angeklagten beherrschten Immobiliengesellschaften ein bindendes Kaufangebot für eine Eigentumswohnung ab, das dann angenommen wurde, wenn die Finanzierungszusage einer Bank vorlag.
8
Einzelne Kunden hatten – abweichend von dem dargestellten Grundmuster – keine (nennenswerten) offenen Kreditverbindlichkeiten oder suchten sogar eine Anlagemöglichkeit. Den Kunden wurden in diesen Fällen überwiegend finanzielle Vorteile in Form von Barauszahlungen (sog. Kick-BackZahlungen ) versprochen, zum Teil wurde der Wohnungskauf als „gute Geldan- lagemöglichkeit“ oder als Möglichkeit zur „privaten Rentenabsicherung“ darge- stellt. Auch in all diesen Fällen wurden die Kunden mit unzutreffenden Tatsachenbehauptungen getäuscht und zum Kauf einer Wohnung veranlasst. Keiner der Kunden hätte „in Kenntnis der wahren Tatsachen“ den jeweiligen Kaufver- trag abgeschlossen.
9
2. Die Finanzierung erfolgte durch Kreditinstitute, die bereit waren, den Kunden die Immobilienerwerbe vollständig zu finanzieren. Die Kreditvermittlung hierzu übernahmen die Angeklagten. Da die Kunden wegen ihrer angespannten finanziellen Situation die Kreditvoraussetzungen in der Regel nicht erfüllten, spiegelten die Angeklagten den Kreditunternehmen „falsche Kreditparameter“ wie etwa ein höheres Einkommen oder vorhandenes Eigenkapital der Kunden vor (UA S. 11). Die Auszahlung der Kreditsumme durch die kreditgebende Bank erfolgte jeweils unmittelbar an die jeweilige als Verkäuferin der Immobilie auftretende Gesellschaft der Angeklagten.
10
3. Die Angeklagten gingen arbeitsteilig vor. Der Angeklagte M. S. entschied, ob der Kunde für das Geschäft geeignet („machbar“) war, ob bestehende Kredite abgelöst werden konnten, in welcher Höhe Provisionen an die Vermittler zu zahlen waren und zu welchem Kaufpreis die jeweilige Wohnung veräußert werden sollte. Dem Angeklagten Ma. S. fiel die Aufgabe zu, den Kunden die für die Finanzierung der Kaufpreise erforderlichen Darlehen zu vermitteln. Der Mitangeklagte Man. S. erledigte im Zusammenhang mit der Immobilienbeschaffung und -verwaltung anfallende Aufgaben und gab vielfach beim Notar für die jeweilige Gesellschaft, über die die Wohnungen erworben worden waren, die Erklärungen zur Annahme der Kaufangebote der Kunden ab.
11
4. Den Angeklagten waren die Vorgehensweise der Untervermittler und deren unwahre Versprechungen bekannt; sie billigten das Vorgehen der Untervermittler und deren Versprechungen, um sich an der Differenz zwischen Kaufpreis und dem Verkehrswert der Immobilien zu bereichern.
12
II. Das Landgericht hat jeden einzelnen Immobilienverkauf als eigenständige Tat eines gewerbs- und bandenmäßigen Betruges gewertet. Dies hat es damit begründet, dass die Angeklagten jeweils eigene Tatbeiträge erbracht hätten. Die Täuschung der Wohnungskäufer seitens der Untervermittler hat das Landgericht den Angeklagten zugerechnet. Die Täuschungen hätten sich auf Tatsachen (insbesondere über die Finanzierung der Wohnungen) bezogen und nicht in der Forderung eines überhöhten Kaufpreises erschöpft (UA S. 99).
13
Den Vermögensschaden der Käufer sieht das Landgericht in der Differenz zwischen Verkaufspreis und dem mit sachverständiger Hilfe bestimmten Verkehrswert der verkauften Eigentumswohnungen. Soweit Altkredite abgelöst wurden oder Barauszahlungen erfolgten, hat das Landgericht die entsprechenden Beträge bei der Bestimmung der Höhe des entstandenen Vermögensschadens in Abzug gebracht.

B.


14
Die Verfahrensrügen decken keinen den Bestand des Urteils gefährdenden Verfahrensfehler auf. Ihnen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften dargelegten Gründen, die auch durch die ergänzenden schriftlichen sowie in der Revisionshauptverhandlung mündlich vorgetragenen Ausführungen der Verteidigung nicht entkräftet werden, der Erfolg versagt.

C.


15
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch. Auch der Strafausspruch hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
16
I. Der Schuldspruch hat Bestand. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen sowohl eine täuschungs- und irrtumsbedingte Vermögensverfügung der Käufer (nachfolgend unter 1.) als auch den Eintritt eines dadurch verursachten Vermögensschadens i.S.v. § 263 StGB (nachfolgend unter 2.). Die Ausführungen des Landgerichts zur subjektiven Tatseite (nachfolgend unter 3.), zur gewerbs- und bandenmäßigen Begehung (nachfolgend unter 4.) und zu den Konkurrenzen (nachfolgend unter 5.) sind ebenfalls frei von Rechtsfehlern zum Nachteil der Angeklagten.
17
1. Entgegen der Auffassung der Revisionen wird sowohl eine den Angeklagten zurechenbare Täuschung der Käufer über Tatsachen (insbesondere über die monatlich aufzuwendenden Beträge und weitere für den Immobilienerwerb bedeutsame Umstände) als auch die irrtumsbedingte Vermögensverfügung der Käufer von den Urteilsfeststellungen getragen.
18
a) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen die Täuschung der Kunden über Tatsachen seitens der Untervermittler.
19
aa) Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, Rn. 16, NJW 2014, 2595).
20
bb) Tatsachen sind alle gegenwärtigen oder vergangenen Ereignisse oder Zustände, die dem Beweis zugänglich sind (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1986 – 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199; vom 17. Oktober 1972 – 5 StR 281/72, MDR 1973, 18 bei Dallinger; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 9 mwN). Hierzu zählen auch innere Tatsachen wie etwa das Vorhandensein bestimmter Absichten oder Überzeugungen (z.B. die Vorspiegelung nicht vorhandener Zahlungswilligkeit, vgl. bereits BGH, Urteil vom 3. Juni 1960 – 4 StR 121/60, BGHSt 15, 24). Dagegen sind bloße Werturteile, seien es Rechtsauffassungen, Meinungsäußerungen oder reklamehafte Anpreisungen, grundsätzlich keine Tatsachen im Sinne des § 263 StGB. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn diese Werturteile zugleich einen greifbaren, dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern enthalten (BGH, Beschlüsse vom 6. Oktober 2009 - 4 StR 307/09 und vom 26. August 2003 – 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331).
21
Bei einer Äußerung zu zukünftigen Entwicklungen, mithin einer Prognose , hängt die Frage, ob diese tauglicher Täuschungsgegenstand i.S.v. § 263 StGB ist, davon ab, ob sie Behauptungen über konkrete gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse enthält oder nicht (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1972 - 5 StR 281/72, MDR 1973, 18 bei Dallinger). In einer Prognose kann daher trotz ihres Zukunftsbezuges bzw. des mit ihr verbundenen Werturteils eine Täuschung über Tatsachen liegen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Täter seine eigene Überzeugung vom Eintritt dieser Prognose vorspiegelt; denn dann täuscht er über eine gegenwärtige innere Tatsache (vgl. Zieschang in Park, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., § 263 StGB Rn. 30, Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 16). Gleiches gilt, wenn die Prognose eine hinreichend bestimmte Behauptung über gegenwärtige tatsächliche Bedingungen ihres Eintritts enthält (zusammenfassend Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 12 mwN). Täuscht der Täter über von ihm zugrunde gelegte gegenwärtige Prognosegrundlagen, so täuscht er daher ebenfalls über Tatsachen (Zieschang, aaO Rn. 27 ff.).
22
Dementsprechend sind Angaben eines Immobilienvermittlers über die Finanzierungskosten, die monatlich zu leistenden Zahlungen und andere mit dem Kaufobjekt zusammenhängende tatsächliche Umstände wie Mieteinnah- men und Steuervorteile als objektiv nachprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen einzuordnen (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. September 2006 – XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109). Lediglich wenn nur pauschale Angaben – etwa zur gewinnbringenden Wiederverkäuflichkeit von Eigentumswohnun- gen – getätigt werden, die sich letztlich allein als bloße werbende Anpreisungen darstellen, liegen keine Tatsachenbehauptungen vor (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2013 – XI ZR 405/11, BKR 2013, 280 mwN).
23
cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht die gegenüber den Erwerbern gemachte und auf konkrete Berechnungen gestützte Aussage der Untervermittler, die Aufwendungen für den Kaufpreis der jeweiligen Eigentumswohnung würden (bis auf eine näher bezeichnete monatliche Zuzahlung ) durch Steuervorteile und Mieteinnahmen ausgeglichen, rechtsfehlerfrei als Täuschung über Tatsachen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB eingestuft.
24
(1) Nach den Urteilsfeststellungen wurden den Käufern unrichtige Angaben über monatliche Lasten (etwa die Höhe des Hausgeldes), zu erwartende Einnahmen (etwa aufgrund einer Mietgarantie) oder den Umfang von mit dem Erwerb verbundenen steuerlichen Vorteilen gemacht. Die Angaben bezogen sich dabei auf die gegenwärtige Wirtschaftlichkeit des Immobilienkaufs zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 2008 – XI ZR 79/07 mwN). Somit wurden die Käufer über die einer Nachprüfung zu- gänglichen (gegenwärtigen) Prognosegrundlagen, mithin Tatsachen, getäuscht. Der Annahme konkreter Tatsachenbehauptungen steht auch nicht entgegen, dass die Untervermittler nicht auf den jeweiligen Käufer zugeschnittene „Berechnungsbeispiele“ verwendeten. Denn die Vermittler erweckten bei Verwendung dieser Berechnungen gezielt den Eindruck, es handele sich um „sichere“ Finanzierungsmodalitäten (UA S. 61).

25
(2) Auch soweit das Landgericht allein die Angaben der Vermittler über die zukünftig von den Kunden monatlich zu tragende Gesamtbelastung in den Blick genommen hat, ist eine Täuschung über Tatsachen hinreichend belegt.
26
Bei den unzutreffenden Angaben über die Höhe des monatlich zu erbringenden Eigenanteils handelte es sich nicht lediglich um Werturteile oder unverbindliche Anpreisungen. Die Angaben waren hier auch nicht lediglich pauschal (vgl. zu solchen Fallkonstellationen BGH, Urteil vom 19. September 2006 – XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109, kritisch hierzu Junglas, NJOZ 2013, 49, 55 f.; Schmid, Die Rechtsstellung des Verbrauchers bei Mängeln fremdfinanzierter Immobilienkapitalanlagen [Schrottimmobilien], 2009, S. 91 mwN), sondern enthielten für den konkreten Einzelfall feste Beträge oder eng umgrenzte Bandbreiten und waren damit auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbar (vgl. dazu Schmid, aaO). Sie konnten von den Erwerbern einer vermieteten Immobilie auch nur so verstanden werden, dass sie aus der Differenz aller im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb zu erwartender Einkünfte sowiesonstiger finanzieller Vorteilen einerseits und der monatlichen Kosten andererseits errechnet worden waren.
27
(3) Ob im Verschweigen der hohen Innenprovisionen in einer Größenordnung von 20 bis 25 Prozent der Kaufpreissumme eine weitere tatbestandsmäßige Täuschung der Käufer liegen könnte (vgl. hierzu Gallandi, wistra 1996, 323; zu den Auswirkungen überhöhter Innenprovisionen auf die „Werthaltigkeit“ einer Immobilie vgl. auch BGH, Urteile vom 12. Februar 2004 – III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118, 121; vom 9. Februar 2006 – III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5 sowie Schmid, Die Rechtsstellung des Verbrauchers bei Mängeln fremdfinanzierter Immobilienkapitalanlagen [Schrottimmobilien] S. 80), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Das Landgericht hat die Verurteilung hierauf nicht gestützt.
28
b) Die Täuschungshandlungen der Untervermittler sind den Angeklagten zuzurechnen. Dem steht nicht entgegen, dass die Versprechungen der Vermittler untereinander Unterschiede aufwiesen und die Untervermittler zudem wenig direkten Kontakt mit den Angeklagten hatten (UA S. 60). Eine mittäterschaftliche Begehungsweise setzt weder ausdrückliche Absprachen zum gemeinsamen Tatplan (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 StR 191/02, NStZ 2003, 85; Urteil vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289), noch die Kenntnis fremder Handlungen in sämtlichen Einzelheiten voraus (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 25 Rn. 34). Es genügt hier, dass die Untervermittler die Vorgaben der Angeklagten umsetzten.
29
c) Die Urteilsfeststellungen belegen auch eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung der getäuschten Käufer. Diese entschlossen sich jeweils allein im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben der Vermittler über die Verringerung ihrer monatlichen Belastungen oder sonstige finanzielle Vorteile zum Erwerb der jeweiligen Immobilie, zur Entrichtung des geforderten Kaufpreises und zum Abschluss hierauf gerichteter Finanzierungsvereinbarungen. Selbst wenn die Kunden bei kritischer Prüfung hätten erkennen können, dass sie getäuscht werden sollten, schlösse dies eine irrtumsbedingte Fehlvorstellung nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, Rn. 20, NJW 2014, 2595).
30
2. Infolge der Täuschung ist den Käufern aus dem (finanzierten) Immobilienerwerb jeweils ein Vermögensschaden i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB entstanden.
31
a) Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14 Rn. 24; vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; vom 29. Januar 2013 – 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom 25. Januar 2011 – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 113; vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN; Urteil vom 27. Juni 2012 – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77). Wurde der Getäuschte zum Abschluss eines Vertrages verleitet, sind bei der für die Schadensbestimmung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Vertragspartner und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen (Eingehungsschaden). Der Getäuschte ist geschädigt, wenn sich dabei ein Negativsaldo zu seinem Nachteil ergibt (BGH, Beschluss vom 18. Juli 1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 111 f. mwN; BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270). Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollem wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung , soweit – wie hier – eine solche vom Täter erbracht wird (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638; Beschluss vom 7. Dezember 2010 – 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238).
32

b) Die Bewertung des Vermögens und des Vermögensschadens erfolgt nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115). Die Vorschrift des § 263 StGB schützt dabei weder das bloße Affektionsinteresse noch die wirt- schaftliche Dispositionsfreiheit (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1994 – 4 StR331/94, NStZ 1995, 134; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 2; Zieschang in Park, Kapitalmarktstrafrecht, 3. Aufl., § 263 StGB Rn. 61; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 146), noch die Wahrheit im Geschäftsverkehr (vgl. BGH, Beschluss vom 6. September 2000 – 3 StR 326/00, NStZ-RR 2001, 41; Fischer, aaO), sondern allein das Vermögen. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens zwar eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09, 2 BvR 12 BvR 1857/10, Rn. 176, NStZ 2012, 496, 504; BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2014 – 5 StR 182/14, NStZ 2014, 517; vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 114; vom 14. April 2011 – 1 StR 458/10, wistra 2011, 335).
33
Dementsprechend sind Leistung und Gegenleistung zunächst nach ihrem Verkehrs- bzw. Marktwert zu vergleichen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95, 115; vgl. auch Perron in Schönke /Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 109; Tiedemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 163). Ergibt sich danach ein Wertgefälle zum Nachteil des durch die Täuschung Betroffenen, weil er etwa gegen Bezahlung des vollen Kaufpreises eine minderwertige Ware erhält, so liegt ein Vermögensschaden vor (Perron, aaO; zum „Gleichklang“ der Schadensberechnung von Betrug und Untreue vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., Rn. 121, NJW 2010, 3209, 3216 sowie BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09, 2 BvR 12 BvR 1857/10, Rn. 175, NStZ 2013, 496, 504). Auf die subjektive Einschätzung, ob der irrtumsbedingt Verfügende sich geschädigt fühlt, kommt es ebensowenig an (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 80, BGHSt 57, 95) wie auf die Frage, wie hoch der Verfügende subjektiv den Wert der Gegenleistung taxiert (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 16. August 1961 – 4 StR 166/61, BGHSt 16, 321, 325; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. November 2007 – 3 StR 462/06, wistra 2008, 149; Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, BGHSt 58, 102, 111 f. mwN; vgl. auch Albrecht, NStZ 2014, 17).
34
c) Ausgehend von diesen Maßstäben belegen die Urteilsfeststellungen in allen verfahrensgegenständlichen Fällen einen kausalen Vermögensschaden der Käufer i.S. des § 263 Abs. 1 StGB mindestens in der vom Landgericht angenommenen Höhe.
35
aa) Das Landgericht hat die Vermögensschäden rechtsfehlerfrei anhand des objektiven Werts der Eigentumswohnungen und unter Vergleich mit den von den Käufern gezahlten Kaufpreisen bestimmt.
36
(1) Als objektiven Wert der Wohnungen hat das Landgericht ohne Rechtsfehler deren Verkehrswert angesetzt. Mit ihrem Vorbringen, diese Art der Bestimmung der Schadenshöhe durch das Landgericht sei mit dem Urteil des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 20. März 2013 – 5 StR 344/12, BGHSt 58, 205 nicht vereinbar, dringen die Revisionen nicht durch.
37
Der 5. Strafsenat hatte in der genannten Entscheidung für einen Fall der Täuschung eines Käufers über seine Zahlungsbereitschaft die Feststellung des „objektiven Werts“ des Vertragsgegenstandes bei der Bestimmung des Be- trugsschadens nicht grundsätzlich für erforderlich erachtet. Hierzu hatte er aus- geführt, der „von den Parteien – auf der Grundlage übereinstimmender, von Willens- und Wissensmängeln nicht beeinflusster Vorstellungen über Art und Güte des Vertragsgegenstandes – bestimmte Wert“ habe „grundsätzlich auch die Basis der Schadensfeststellung im Rahmen des Betruges zu sein“ (BGH, Urteil vom 20. März 2013 – 5 StR 344/12, BGHSt 58, 205). Der vorliegende Fall ist jedoch anders gelagert, weil die Angeklagten nicht über ihre Leistungswilligkeit täuschten, sondern über wirtschaftlich bedeutsame Tatsachen, die für die Kaufentscheidung der Erwerber wesentlich waren. Demgemäß war hier für den Schadensumfang nicht die Werthaltigkeit eines Zahlungsanspruchs maßgeblich , sondern der Vergleich der objektiven Werte von Leistung und Gegenleistung des Wohnungsverkaufs. Für die Bestimmung des objektiven Werts einer Immobilie ist aber die Feststellung von deren Verkehrswert der zutreffende Ansatz (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 – 5 StR 182/14, NStZ 2014, 517, 519 zur Bestimmung des Untreueschadens bei der notariellen Beurkundung betrügerisch zustande gekommener Immobilienkaufverträge, mit zustimmender Anmerkung Trüg, NStZ 2014, 520: „Schadensermittlung … denkbar einfach“).
38
(2) Die Verkehrswerte der Eigentumswohnungen hat das Landgericht ohne Rechtsfehler festgestellt. Es war sachverständig beraten und hat die von der Rechtsprechung für die Bestimmung des Verkehrswerts von vermieteten Immobilien anerkannten Methoden rechtsfehlerfrei angewendet.
39
bb) Den vertraglichen Leistungen der Erwerber standen hier keine wirtschaftlich gleichwertigen Gegenleistungen gegenüber, denn die Verkehrswerte der Wohnungen lagen erheblich unter den Kaufpreisen.
40
Die den Käufern entstandenen Schäden wurden auch nicht dadurch (vollständig) kompensiert, dass die Angeklagten – wie in einem Teil der Fälle – vereinbarungsgemäß Altschulden der Käufer getilgt oder Barauszahlungen („Kick-Back-Zahlungen“) geleistet hatten. Auch in diesen Fällen verblieb es un- ter Berücksichtigung dieser schadenskompensierenden Leistungen der Angeklagten jeweils bei einem Negativsaldo zum Nachteil der Käufer in der jeweils vom Landgericht festgestellten Höhe. Tatsächlich geleistete „Kick-Back- Zahlungen“ hat das Landgericht jeweils schadensmindernd berücksichtigt.
41
cc) Die Täuschung der Käufer war jeweils für den Immobilienerwerb und damit für den entstandenen Vermögensschaden kausal, weil sie – wären sie nicht getäuscht worden – die Eigentumswohnungen nicht erworben hätten.
42
(1) Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es für die Tatbe- standsverwirklichung keiner „Stoffgleichheit“ zwischen dem Gegenstand der Täuschung und dem entstandenen Vermögensschaden. Das Erfordernis der Stoffgleichheit bezieht sich allein auf das Verhältnis des durch die Tathandlung verursachten Vermögensschadens und des vom Täter erstrebten Vermögensvorteils , sie müssen einander entsprechen. Der Vorteil muss somit die Kehrseite des Schadens, d.h. unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfügung sein und dem Täter direkt aus dem geschädigten Vermögen zufließen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2002 – 2 StR 332/02, wistra 2003, 180 mwN). Dies ist hier der Fall.
43
(2) Soweit die Revisionen geltend machen, diese Schäden könnten den Angeklagten nicht zugerechnet werden, weil die Käufer nicht über die Minderwertigkeit der Immobilien getäuscht worden seien, decken sie ebenfalls keinen Rechtsfehler auf.
44
Die Täuschung bezog sich jeweils auf Tatsachen, die einen Bezug zum Kaufobjekt aufwiesen und für die Kaufentscheidung der Erwerber ausschlaggebend waren. Die sich aus dem im Verhältnis zum Kaufpreis geringeren Wert der Wohnungen ergebenden Schäden hätten allenfalls dann nicht zugerechnet werden können, wenn sich die Käufer beim Erwerb der Immobilie dieses Minderwerts bewusst gewesen wären und somit ein Selbstschädigungsbewusstsein gehabt hätten (vgl. zu Fallgestaltungen der bewussten Selbstschädigung beim Bettel-, Spenden- und Schenkungsbetrug BGH, Urteil vom 10. November 1994 – 4 StR 331/94, NJW 1995, 539; Urteil vom 12. Mai 1992 – 1 StR 133/92, NJW 1992, 2167; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 263 Rn. 101 ff.; zur Verfehlung sozialer Zwecke bei Austauschverträgen vgl. auch BGH, Urteil vom 11. September 2003 – 5 StR 524/02, wistra 2003, 457; zusammenfassend Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 137 ff.). Daran fehlt es hier.
45
Kaufentscheidend war für die Käufer zwar in aller Regel das Versprechen niedriger monatlicher Belastungen im Zuge des vollständig finanzierten Immobilienkaufs bei gleichzeitiger Altschuldenbeseitigung oder der Gewährung von Bargeschenken („Kick-Back-Zahlungen“) bei äußerst günstigen Finanzie- rungskonditionen. Im Mittelpunkt der mit den Vermittlern geführten Gespräche stand dementsprechend insbesondere die Höhe der zu erwartenden Mieterträge , erzielbaren Steuervorteile und der Finanzierungskosten, weil diese Gesichtspunkte maßgeblich für die Finanzierbarkeit des ihnen vorgeschlagenen Wohnungskaufs und damit für die Rentabilität des Geschäfts waren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Käufer bereit gewesen sein könnten, Wohnungen zu einem über dem Verkehrswert liegenden Preis und – somit überteuert – zu erwerben und damit ihr Vermögen objektiv weiter zu vermindern bzw. ihre Überschuldung weiter zu erhöhen. Solches ist nicht festgestellt und liegt auch fern.
46
dd) Der Umstand, dass das Landgericht eventuelle weitergehende Vermögensschäden aus der ebenfalls täuschungsbedingten Mitwirkung der Käufer an der Umschuldung bestehender Darlehen (vgl. dazu Gallandi, wistra 1994, 243) nicht in den Blick genommen hat, beschwert die Angeklagten nicht. Ein Betrug gegenüber den Kreditinstituten wegen der vom Landgericht festgestellten Vorspiegelung falscher Kreditparameter (UA S. 11) ist nicht Gegenstand des Verfahrens (UA S. 8).
47
3. Die Urteilsfeststellungen belegen auch den Tatvorsatz der Angeklagten und deren Absicht rechtswidriger und stoffgleicher Bereicherung.
48
a) Die Angeklagten hatten Kenntnis von den Täuschungshandlungen und wussten, dass der von ihnen für die Eigentumswohnungen geforderte Preis deren Verkehrswert überstieg (UA S. 73). Sie handelten daher mit Tatvorsatz.
49
b) Die Absicht der Angeklagten, sich oder Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, wird ebenfalls durch die Feststellungen belegt.
50
Auch wenn die Kaufpreissummen aus Darlehen von Kreditinstituten stammten und von diesen direkt an die von den Angeklagten beherrschten Firmen ausgezahlt wurden, erfolgte die Bezahlung der Kaufpreise aus dem Vermögen der Käufer und auf deren Anweisung. Gerade auf die Erlangung dieser Beträge kam es den Angeklagten aber an. Damit war der von den Angeklagten erstrebte Vorteil unmittelbare Folge der täuschungsbedingten Vermögensverfü- gung, welche den Schaden bei den Wohnungskäufern herbeiführte. Dies genügt (zum Merkmal der sog. Stoffgleichheit vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 187 mwN aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
51
4. Die rechtsfehlerfreien Urteilsfeststellungen tragen auch die Verurteilung der Angeklagten wegen des Qualifikationstatbestands des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges gemäß § 263 Abs. 5 StGB. Sie belegen eine zumindest stillschweigende Bandenabrede (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 15. Januar 2002 – 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214) zwischen allen Angeklagten und den Hauptvermittlern D. , E. , K. und B. . Zudem ist auch die gewerbs - und bandenmäßige Begehungsweise in den Urteilsgründen hinreichend dargelegt.
52
5. Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei von jeweils selbständigen, in Tatmehrheit stehenden Taten des Betruges zum Nachteil der einzelnen Käufer ausgegangen. Die Voraussetzungen für die Annahme eines uneigentlichen Organisationsdelikts (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177; vom 8. November 1999 – 5 StR 632/98, BGHSt 45, 270, 296 ff.; vom 26. Juli 1994 – 5 StR 98/94, BGHSt 40, 218, 236 ff.) lagen nicht vor. Nach den Urteilsfeststellungen wirkten die Angeklagten in jedem einzelnen Fall an der Tatausführung mit. Eine eigenhändige Tatbegehung setzt der Tatbestand des Betruges nicht voraus.
53
II. Auch der Strafausspruch hat Bestand. Das Landgericht hat der Strafzumessung rechtsfehlerfrei den sich aus § 263 Abs. 5 StGB ergebenden Strafrahmen zu Grunde gelegt. Auch im Übrigen ist die Zumessung der Einzel- sowie der Gesamtstrafen frei von Rechtsfehlern zum Nachteil der Angeklagten. Raum Rothfuß Jäger Cirener Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 5 1 8 / 1 4
vom
23. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Bankrottes u.a.
zu 2.: Betruges u.a.
zu 3.: Betruges u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten Am. und M.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 23. Juli
2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 StPO einstimmig

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten M. und Am. wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. Juni 2014,
a) soweit es den Angeklagten M. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist des Betruges in drei Fällen, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in vier Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 2. b) cc) (1)-(2), III. 2. b) dd) (1)-(2), III. 3. b)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe;
b) soweit es die Angeklagte Am. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass die Angeklagte schuldig ist der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts, bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) und III. 4. a)-b) der Urteilsgründe, über die Gesamtstrafe sowie über die Kompensation wegen Verfahrensverzögerung ;
c) soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Mitangeklagte schuldig ist des Betruges, der Beihilfe zum Betrug, der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in drei Fällen sowie des Bankrotts , bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. unter Freispruch im Übrigen wegen Betruges in fünf Fällen, vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und bestimmt, dass drei Monate der Strafe als bereits vollstreckt gelten. Die Angeklagte Am. hat es der Beihilfe zum Betrug, der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung sowie des vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue schuldig gesprochen und gegen sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und dahin erkannt, dass zwei Monate als bereits vollstreckt gelten. Den nicht revidierenden Mitangeklagten G. hat die Strafkammer wegen Betruges, Beihilfe zum Betrug, Insolvenzverschleppung sowie vorsätzlichen Bankrotts in sechs Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit Untreue, zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt und ebenfalls eine Kompensationsentscheidung getroffen. Die Revisionsführer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Revision des Angeklagten M.
3
1. Der Schuldspruch weist mit Blick auf die konkurrenzrechtliche Bewertung einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. auf, soweit dieser wegen Betruges in fünf Fällen sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit Untreue in fünf Fällen verurteilt worden ist. Im Einzelnen:
4
a) In den Fällen III. 2. b) cc) [S. GmbH] und dd) [h. GmbH & Co. KG] der Urteilsgründe täuschte der Angeklagte zu verschiedenen Zeitpunkten die jeweiligen Vertreter der geschädigten Gesellschaften vorsätzlich und mit Bereicherungsabsicht handelnd über die Leistungsfähigkeit der A. GmbH (im Folgenden: A. ) als Verkäuferin von Solarmodulen und erwirkte hierdurch jeweils den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages. Die S. GmbH zahlte als Käuferin auf eine erstellte Ab- schlagsrechnung zunächst 26.850,51 € und - nach weiteren bewussten Falsch- angaben des Angeklagten - auf eine zweite Abschlagsrechnung weitere 61.830,08 €. Im Fall h. GmbH& Co. KG leistete die getäuschte Käuferin auf eine erstellte Abschlagsrechnung zunächst eine Anzahlung in Höhe von 58.152,91 € und- ebenfalls nach einer weiteren Täuschung durch den Angeklagten - später auch den Restkaufpreis in Höhe von 135.690,12 €. Beide Verträge erfüllte die A. in der Folgezeit nicht.
5
Hiernach hat sich der Angeklagte nicht wegen vier, sondern nur wegen zwei tatmehrheitlich zueinander stehender Taten des Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Mehrere Handlungen während eines Gesamtablaufs, die ebenso wie die erste Täuschung nur auf die Herbeiführung des vom Täter von vornherein ins Auge gefassten endgültigen Erfüllungsschadens gerichtet sind, haben rechtlich keine selbständige Bedeutung, mag sich der Erfüllungsschaden auch nur in Etappen realisieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 1998 - 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110; vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 168). So liegt der Fall hier. Das Vermögen der Geschädigten war bereits durch den jeweiligen Vertragsabschluss geschädigt worden. Mit der Erbringung der versprochenen Leistung in jeweils zwei Raten (Erfüllungsschaden) materialisierte sich der zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertragli- chen Ansprüche zu bestimmende Schaden und bemaß sich - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, da die Gegenleistung völlig ausblieb (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91).
6
b) Auch in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH) hält die konkurrenzrechtliche Beurteilung durch das Landgericht, das drei selbständige Taten des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue angenommen hat, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Bei einer Deliktsserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten "Geschäftsbetriebes", sind diese Tathandlungen als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 - 3 StR 365/14, NStZ 2015, 334; vom 17. September 2013 - 3 StR 259/13, juris Rn. 3).
7
Nach diesen Maßstäben liegen in den Fällen III. 3. a)-c) der Urteilsgründe nur zwei Taten des Angeklagten vor: Die Strafkammer hat lediglich mit der von dem Angeklagten M. durchgeführten Überweisung vom 19. Mai 2008 einen individualisierten, nur diese Einzeltat [Fall III. 3. a) der Urteilsgründe] för- dernden Tatbeitrag dieses Angeklagten festgestellt. Im Übrigen hat sie keine Feststellungen dahin getroffen, welcher der Angeklagten den gemeinsam gefassten Tatentschluss hinsichtlich der im Einzelnen dargestellten Zahlungen zum Vorteil der P. GmbH jeweils umsetzte. Der Beitrag desAngeklagten erschöpfte sich insoweit neben seiner Mitwirkung an der Tatabrede darin, dass er sich weiter um die Kundenakquise kümmerte und hierdurch half, den Geschäftsbetrieb der A. , aus dem heraus die Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH getätigt wurden, aufrecht zu erhalten. Zu dem durch die Überweisung vom 19. Mai 2008 verwirklichten Delikt des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue tritt somit lediglich eine weitere Tat des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue als uneigentliches Organisationdelikt hinzu.
8
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 15 mwN) ab. Es ist auszuschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die eine andere konkurrenzrechtliche Beurteilung tragen. Zusammen mit Fall III. 2. b) "cc)" (richtig "ee"), Fall 17 der Anklage) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei selbständige Delikte des Betruges und mit den Fällen III. 4. a)-b) vier Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Neufassung des Schuldspruchs hatte die Bezeichnung des Bankrotts und der Insolvenzverschleppung als "vorsätzlich" zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1992 - 3 StR 61/92, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung

7).


9
2. Zum Strafausspruch gilt:
10
a) Die Änderung der Konkurrenzverhältnisse führt zum Wegfall der für die Fälle III. 2. b) cc) (1)-(2) und dd) (1)-(2) sowie für die Fälle III. 3. b) und c) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Die im Fall II. 3. a) festgesetzte Einzelstrafe kann bestehen bleiben, weil sie angesichts des von der Kammer festgestellten individualisierten Tatbeitrages des Angeklagten von dem Rechtsfehler nicht betroffen ist.
11
b) Keinen Bestand haben auch die Einzelstrafen für die Fälle III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die AngeklagtenM. und G. ). Die Strafkammer hat insoweit das Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB mit der Erwägung bejaht, dass der Angeklagte bei beiden Taten gewerbsmäßig gehandelt habe. Diese Annahme tragen die Urteilsgründe nicht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Zu der hiernach erforderlichen Wiederholungsabsicht verhalten sich die Urteilsgründe - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht.
12
c) Die Aufhebung der vorstehend genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
13
3. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten M. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
14
a) Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO strafbar gemacht hat.
15
aa) Nach den diesbezüglichen Feststellungen waren die Angeklagten und der nicht revidierende Mitangeklagte G. Geschäftsführer und Gesellschafter der A. . Ab Dezember 2007 kam es mangels Deckung der auf Guthabenbasis geführten Geschäftskonten zu näher dargestellten Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 €. Am 31. Dezember 2007 betrug "das Ver- mögen derA. … 177.753,42 €", während sich "die Schulden auf 275.279,57 €" beliefen, "so dass sich ein negatives Reinvermögen und damit eine rechnerische Überschuldung in Höhe von 97.526,15 € ergaben. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Angeklagten zumindest, dass die A. ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen konnte." In der Folgezeit besserte sich die Situation nicht. Mit Versäumnisurteil vom 2. Januar 2008 titulierte das Landgericht Traunstein gegen die A. einen Zahlungsanspruch in Höhe von 63.592,89 €, es folgten weitere - in den Urteilsgründen näher dargelegte - Rückbuchungen, eine Kontenpfändung seitens des Finanzamtes, die Anmahnung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für die Monate August bis Oktober 2007 sowie am 18. April 2008 eine erneute Pfändungsandrohung durch das Finanzamt. In der Gesellschafterversammlung vom 27. April 2008 beschlossen die Angeklagten mit dem Mitangeklagten G. , dass die vollen Geschäftsführer-Gehälter zunächst nur noch anteilsmäßig gezahlt würden, wenn Geld auf dem Firmenkonto vorhanden sei. Einen Insolvenzantrag stellten die Angeklagten nicht; erst am 13. Januar 2009 wurde das Insolvenzverfahren aufgrund des Insolvenzantrags einer Gläubigerin eingeleitet.
16
bb) Diese Feststellungen belegen entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht, dass die A. bereits zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig oder überschuldet im Sinne von § 15a Abs. 1 Satz 1 InsO war.
17
Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Sie ist in der Regel durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits festzustellen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547, sog. betriebswirtschaftliche Methode). Eine derartige Gegenüberstellung enthält das Urteil nicht. Soweit dort die am 31. Dezember 2007 bestehenden "Schulden" dem "Vermögen" der A. gegenübergestellt werden, lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang des Urteils - nicht erkennen, dass hiermit ausschließlich fällige Verbindlichkeiten gemeint waren.
18
Die Zahlungsunfähigkeit kann zwar auch durch sogenannte wirtschaftskriminalistische Beweisanzeichen belegt werden (sog. wirtschaftskriminalistische Methode; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 156). Als solche kommen unter anderem in Betracht die ausdrückliche Erklärung, nicht zahlen zu können, das Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen , gescheiterte Vollstreckungsversuche, Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, Scheck- und Wechselproteste oder Insolvenzanträge von Gläubigern (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, BGHR InsO § 15a Abs. 4 Zahlungsunfähigkeit 1; G/J/W/Otte, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 15a InsO Rn. 68 mwN). Auch aufgrund derartiger Indizien lässt sich anhand der Urteilsgründe aber nicht nachvollziehen, dass die A. zum 31. Dezember 2007 zahlungsunfähig war. Festgestellt sind bis zu diesem Tag nur Rückbu- chungen in Höhe von insgesamt 12.716,77 € und eine- durch ein zwei Tage später ergangenes Versäumnisurteil titulierte - Verbindlichkeit in Höhe von 63.592,84 €. Diesen Schulden stand jedoch ein Vermögen in Höhe von 177.753,42 € gegenüber. Angesichts dessen versteht es sich nicht von selbst, dass keine Finanzmittel zur Tilgung der fälligen Verbindlichkeiten bereitstanden , was daher der näheren Begründung bedurft hätte.
19
Auch eine Überschuldung der A. zum 31. Dezember 2007 lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Diese liegt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Um sie zu ermitteln , bedarf es eines Überschuldungsstatus in Form einer Vermögensbilanz, die über die tatsächlichen Werte des Gesellschaftsvermögens Auskunft gibt (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2003 - 3 StR 437/02, NStZ 2003, 546, 547). Eine solche bilanzielle Darstellung des Überschuldungsstatus enthalten die Urteilsgründe nicht. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Tatbestandsalternative der Überschuldung auch ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten nicht festgestellt.
20
cc) Die Urteilsgründe belegen aber eine Zahlungsunfähigkeit der A. jedenfalls zum 27. April 2008. Neben den bereits dargestellten Krisensignalen sind insoweit weitere Rückbuchungen in Höhe von mindestens 15.945,45 €, eine Kontenpfändung in Höhe von 7.695,58 € und eine weitere Pfändungsan- drohung seitens des Finanzamtes in die Bewertung einzustellen, die schließlich in dem Gesellschafterbeschluss vom 27. April 2008 mündeten, wonach die Gehälter für die Geschäftsführung nur noch dann anteilsmäßig ausgezahlt werden sollten, soweit die - auf Guthabenbasis geführten - Gesellschaftskonten entsprechende Guthaben auswiesen. In einer Gesamtschau belegen diese Beweisanzeichen sicher, dass die A. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten kurzfristig zu erfüllen. Soweit die Urteilsgründe an anderer Stelle Zahlungseingänge vom 25. April 2008 (UA S. 19) und vom 30. April 2008 (UA S. 13) in fünf- und sechsstelliger Höhe ausweisen, sind diese nicht geeignet, die Indizwirkung der aufgeführten Beweisanzeichen zu entkräften. Da es sich hierbei um - rechtsfehlerfrei festgestellte - betrügerisch erwirkte Vorauszahlungen der Kunden der A. handelte, bestanden insoweit bereits mit der Zahlung fällige Rückzahlungsansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 31 BGB) in entsprechender Höhe.
21
dd) Soweit entgegen der Auffassung des Landgerichts für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht bereits auf den 31. Dezember 2007, sondern auf den 27. April 2008 abgestellt wird, steht § 265 StPO dem nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich gegen den so gefassten Tatvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können; insbesondere hat die Strafkammer eine vom 31. Dezember 2007 an durchgängig bestehende Zahlungsunfähigkeit angenommen und sich insoweit auch mit Angaben des Angeklagten zu wirtschaftlichen Vorgängen auseinandergesetzt, die zeitlich nach dem 27. April 2008 lagen ("5-Megawatt-Deal").
22
ee) Auch der Strafausspruch bleibt unberührt. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt hat, dass der Insolvenzantrag "über einen langen Zeitraum" nicht gestellt worden ist, trägt diese Erwägung auch hinsichtlich des 27. Aprils 2008 als maßgeblichem Stichtag für die Zahlungsunfähigkeit.
23

b) Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Schuld- und Strafausspruches nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, NStZ 2010, 531, 532).
24
Sie ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil sich das Landgericht bei der Bemessung der Kompensation rechtsfehlerhaft an der Höhe der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe orientiert hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Tatunrechts, der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Sie richtet sich nicht nach der Höhe der Strafe. Auch das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316, 317 mwN; vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138). Der Senat kann aber ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des richtigen Maßstabs auf eine noch höhere Kompensation als drei Monate entschieden hätte.
25
II. Revision der Angeklagten Am.
26
1. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe (Taten zum Vorteil der P. GmbH) durch das Landgericht als drei selbständige Delikte des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue erweist sich auch hinsichtlich der Angeklagten Am. aus den zur Revision des Angeklagten M. dargestellten Gründen als rechtsfehlerhaft. Da die Strafkammer keine nur jeweils eine Einzeltat fördernden Tatbeiträge der Angeklagten Am. festge- stellt hat, ist die - im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte - mittäterschaftliche Mitwirkung der Angeklagten Am. hinsichtlich der Zahlungen zu Gunsten der P. GmbH nach den im Rahmen der Revision des Angeklagten M. dargestellten Maßstäben zum uneigentlichen Organisationsdelikt als eine Tat zu werten.
27
Der Schuldspruch war entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern. Der Senat kann ausschließen, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zu individualisierten Tatbeiträgen der Angeklagten Am. möglich wären. Zusammen mit den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe ergeben sich insgesamt drei Fälle des Bankrotts in Tateinheit mit Untreue. § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, da sich die Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
28
2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses führt zum Wegfall der in den Fällen III. 3. a) bis c) festgesetzten Einzelstrafen.
29
Aufzuheben sind darüber hinaus die in den Fällen III. 4. a) und b) der Urteilsgründe (Darlehensgewährung an die Angeklagten M. und G. ) verhängten Einzelstrafen. Die Strafkammer ist bei der Strafrahmenwahl vom Vorliegen besonders schwerer Fälle gemäß § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Wie bereits dargelegt, handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Die Gewerbsmäßigkeit setzt dabei stets eigennütziges Handeln und damit einen vom Täter erstrebten Zufluss von Vermögensvorteilen an sich selbst voraus; es genügt daher nicht, wenn eine Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215; vom 19. De- zember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282). Dass die AngeklagteAm. aus den Darlehensgewährungen der A. an den Angeklagten M. und den Mitangeklagten G. eigene finanzielle Vorteile gezogen hat oder ziehen wollte, ist nicht festgestellt. Daneben belegen die Urteilsgründe auch nicht, dass die Angeklagte Am. mit der erforderlichen Wiederholungsabsicht handelte.
30
Auch wenn das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung mildernd zu Gunsten der Angeklagten Am. bedacht hat, dass diese von den Darlehen nicht selbst profitierte, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung des Regelstrafrahmens auf eine mildere Rechtsfolge erkannt hätte.
31
Der Wegfall der genannten Einzelstrafen entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
32
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Gewerbsmäßigkeit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB ist. Der Beteiligte, bei dem sie fehlt, kann daher nicht allein deshalb nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB bestraft werden, weil andere Mittäter gewerbsmäßig gehandelt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 4 StR 584/13, StraFo 2014, 215).
33
3. Die Kompensationsentscheidung des Landgerichts kann keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat den Ausgleich für die festgestellten Verfahrensverzögerungen auch bei der Angeklagten Am. unter Berücksichtigung der konkreten Höhe der verhängten Freiheitsstrafen bestimmt. Dies ist aus den zur Revision des Angeklagten M. dargelegten Gründen rechtsfehlerhaft. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Anwendung der zutreffenden Maßstäbe zu einer der Angeklagten Am. günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
34
4. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg. Insbesondere hält auch der Schuldspruch wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO) der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Senat nimmt insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten M. Bezug.
35
III. Nach § 357 StPO ist die Entscheidung im Hinblick auf die fehlerhafte konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle III. 3. a)-c) der Urteilsgründe auf den Mitangeklagten G. zu erstrecken, da insoweit Schuld- und Strafausspruch auf demselben sachlich-rechlichen Mangel (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 5 StR 276/04, NJW 2005, 374, 376) beruhen.
36
Im Übrigen scheidet eine Erstreckung aus: Hinsichtlich der rechtsfehlerhaften Annahme eines gewerbsmäßigen Handelns im Rahmen der Fälle III. 4. a)-b) der Urteilsgründe handelt es sich um einen Darstellungsmangel der Strafzumessung , der bei dem Mitangeklagten G. aufgrund derErleichterungen des § 267 Abs. 4 StPO (vgl. LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 137) nicht gegeben ist. Bei der fehlerhaften Bestimmung der Kompensation kommt eine direkte oder analoge Anwendung von § 357 StPO schließlich ebenfalls nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 364/08, NJW 2009, 307, 308 mwN). Becker Hubert Schäfer RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Mayer Becker

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 600/10
vom
7. September 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. September
2011, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Dr. Berger,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte H. in Person,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
des Landgerichts Bonn vom 24. Februar 2010 dahin ergänzt, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ein Monat Freiheitsstrafe als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt. Die weitergehende Revision wird verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten B. gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 24. Februar 2010 wird verworfen. 3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Bonn hat die Angeklagten wegen Untreue in drei Fällen schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten H. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten B. eine Gesamtfreiheitstrafe von zwei Jahren verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten B. bleibt ohne Erfolg. Die Revision des Angeklagten H. ist im Wesentlichen erfolglos; das Urteil ist lediglich um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß zu ergänzen.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten geschäftsführende Gesellschafter der S. OHG, die zunächst mit der Vermittlung von Versicherungen für den Bildungsaustausch, ab Januar 2006 auch mit dem Prämieneinzug für die A. Krankenversicherung AG beschäftigt war.
3
Im Juni 2006 kam es zu einer vertraglichen Vereinbarung mit der amerikanischen Versicherungsgesellschaft C. , für diese gegen Entgelt als Drittwalter Versicherungen zu vertreiben und die Prämieneinziehung sowie die Schadensbearbeitung zu übernehmen. Die S. OHG hatte monatlich die eingenommenen Versicherungsprämien an die C. weiterzuleiten. Hiervon in Abzug zu bringen waren die Schadensbearbeitungskosten, d.h. die an die Versicherten gezahlten Entschädigungsleistungen sowie die hiermit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen (Kosten für Gutachten etc.) mit Ausnahme der allgemeinen Verwaltungskosten (z.B. Personalkosten, Büromieten), die von der S. OHG zu tragen waren. Zur Schadensbearbeitung war die S. OHG berechtigt , vereinnahmte Prämien bis zur Höhe von einer Mio. € durch Verrechnung als "Schadensfonds" zurückzuhalten. Das Entgelt für die von der S. OHG zu erbringenden Leistungen bestand in einem Prämienaufschlag gegenüber den Versicherungsnehmern. Dieser reichte jedoch nicht aus, um den hohen Kostenaufwand der S. OHG zu decken, weshalb diese von Anfang an monatliche Verluste von mehreren 100.000 € zu verzeichnen hatte. Nachverhandlungen der S. OHG mit der C. über eine zusätzliche Provision scheiterten. Infolge dessen wurden ab Herbst 2006 vorrangig besonders bedürftige Kunden und solche, die sich mehrfach beschwert hatten, entschädigt , während die anderen "hingehalten" wurden. Die S. OHG erstellte unter dem 22. Dezember 2006, 31. Januar 2007 und 8. Februar 2007 Abrechnungen, in die sie die Prämieneinnahmen zutreffend einstellte. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung brachte sie jedoch - was die Angeklagten wussten - nicht nur die tatsächlich gezahlten Entschädigungen, sondern auch die lediglich angemeldeten , noch nicht regulierten Schäden in Abzug. Aufgrund der Höhe dieser vermeintlichen Entschädigungsleistungen und unter Berücksichtigung des von der S. OHG berechtigterweise unterhaltenen Schadensfonds von einer Mio. € führte die Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt Prämien an die C. ab. Die vorenthaltenen Prämien in Höhe von etwa 4.303.040 € verwendeten die Angeklagten zur Deckung ihrer Kosten und zum Aufbau der S. -Gruppe.
4
Das Landgericht hat das Handeln der Angeklagten jeweils als Untreue in drei Fällen - entsprechend den erfolgten drei Abrechnungen - gewertet. Diese hätten ihre gegenüber der C. als Treugeberin bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem sie es unterlassen hätten, entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtung monatlich die Prämienüberschüsse abzuführen. Den der C. entstandenen Schaden hat das Landgericht aufgrund der Abrechnung vom 22. Dezember 2006 (Abrechnungszeitraum Juni bis November 2006) auf 1.434.419,51 €, der Abrechnung vom 31. Januar 2007 (Abrechnungszeitraum Dezember 2006) auf 382.057,36 € und der Abrechnung vom 8. Februar 2007 (Abrechnungszeitraum Januar 2007) auf 431.135,74 € beziffert. Hierbei hat es von den eingenommenen Prämien einen Betrag von einer Mio. € für den Schadensfonds, die von der C. zu tragenden Aufwendungen zur Schadensbearbeitung und die tatsächlich erbrachten Schadenszahlungen in Abzug gebracht und zudem einen Sicherheitsabschlag von 20 % vorgenommen.

II.

5
Die Verfahrensrügen haben - mit Ausnahme des von dem Angeklagten H. geltend gemachten Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK (siehe dazu unten II. 2) - aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Auch die Sachrüge ist unbegründet.
6
1. a) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts tragen die Schuldsprüche wegen Untreue in drei Fällen. Die Tathandlung besteht jeweils in einem Unterlassen i.S.v. § 13 StGB, dem Nichtabführen der Prämienüberschüsse zum monatlichen Abrechnungszeitpunkt. Für die Abgrenzung von Tun und Unterlassen kommt es auf den Schwerpunkt des Täterverhaltens an, über das in wertender Würdigung zu entscheiden ist (BGHSt 6, 46, 59; NStZ 1999, 607). Hier liegt - schon mit Blick darauf, dass ins Einzelne gehende Feststellungen zur vertragswidrigen Verwendung der Gelder nicht getroffen sind - der Schwerpunkt des treuwidrigen Verhaltens in der unterbliebenen Weiterleitung der zum Abrechnungszeitpunkt an die C. zu zahlenden Prämiengelder. Demgegenüber tritt die als positives Tun zu betrachtende Erstellung falscher Abrechnungen bei wertender Betrachtung als bloße Vorbereitung der den eigentlichen Schaden herbeiführenden Nichtabführung zu zahlender Prämien zurück. Soweit das Landgericht die treuwidrige Handlung i.S.v. § 266 StGB nicht zum jeweiligen vertraglich vorgesehenen monatlichen Abrechnungsstichtag , sondern zum Zeitpunkt der drei Prämienabrechnungen angenommen hat, belastet dies die Angeklagten nicht, die sich ansonsten wegen acht Untreuestraftaten zu verantworten gehabt hätten.
7
b) Das Landgericht hat auch den eingetretenen Vermögensnachteil zutreffend berechnet.
8
Ein Nachteil i.S.v. § 266 StGB liegt vor, wenn die treuwidrige Handlung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Treugebers führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, BGHSt 15, 342, 343 f.; 47, 295, 301 f.; BGH NStZ 2004, 205, 206; 2010, 330, 331). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der pflichtwidrigen Tathandlung , also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach dieser Handlung.
9
Nach den Feststellungen des Landgerichts nahmen die Angeklagten zu den jeweiligen Abrechnungszeitpunkten eine Abrechnung vor, die die abzuführenden Prämien nach Abzug eines Betrages von einer Mio. € für den Schadensfonds , den von der C. zu tragenden Aufwendungen zur Schadensbearbeitung sowie den tatsächlich von der S. OHG erbrachten Entschädigungszahlungen sowie den lediglich angemeldeten, aber noch nicht regulierten Schadensbeträgen für den jeweiligen Zeitraum verbindlich und abschließend darstellte. Sie reduzierten damit den auszuzahlenden Betrag an eingenommenen Prämien zu Unrecht um Beträge für lediglich angemeldete Schadensposten. Die Angeklagten beabsichtigten nach ihren Vorstellungen nicht, die vorenthaltenen Prämien jemals auszuzahlen; sie wollten vielmehr die vertragswidrig einbehaltenen Geldbeträge durch eine bewusst falsche Abrechnungsweise als berechtigt einbehalten ausweisen und diese zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs nach und nach vertragswidrig für eigene Zwecke verwenden. Damit war zum jeweiligen Abrechnungszeitpunkt ein endgültiger Schaden eingetreten. Der Umstand, dass die S. OHG in Einzelfällen Entschädigungszahlungen , die sie in ihrer Abrechnung zunächst nur zum Schein als bereits ausgezahlt verbucht hat, im Nachhinein bei besonders drängenden oder bedürftigen Versicherungsnehmern tatsächlich noch erbracht hat, steht dem nicht entgegen. Das Erlangen von durch spätere Geschäfte erzielten "Vermögensvorteilen" (Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber den Versicherten) durch die Treugeberin konnte den bereits eingetretenen Schaden nicht mehr beseitigen, sondern stellte eine bloße Schadenswiedergutmachung dar (vgl. BGHSt 55, 266, 284).
10
Der der C. entstandene Vermögensnachteil beläuft sich daher - es ist zu keinerlei Auszahlungen an sie gekommen - auf die Summe der eingenommenen Prämienzahlungen abzüglich des Betrages von einer Mio. € für den Schadensfonds, die von der C. zu tragenden Aufwendungen zur Schadensbearbeitung und die tatsächlich von der S. OHG erbrachten Entschädigungszahlungen. Der hypothetische Umstand, dass jedenfalls ein Teil der angemeldeten und noch nicht regulierten Schäden, die die S. OHG in ihren Abrechnungen als bereits ausgezahlte Schadensersatzleistungen auswies, von der S. OHG hätte erstattet werden müssen und von dieser dann hätte einbehalten werden dürfen, hat bei der Schadensberechnung unberücksichtigt zu bleiben. Eine Kompensation durch Zugrundelegung hypothetischer Sachverhalte findet bei der Schadensberechnung nicht statt (für den Bereich des Sozialversicherungsrechts BGH NStZ 1995, 85, 86; NStZ 2003, 313, 315).
11
2. Schließlich begegnet die von der Strafkammer vorgenommene Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten H. keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht dem Postulat des Bundesgerichtshofs, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen (vgl. zuletzt BGH NJW 2011, 2597 mwN), Rechnung getragen. Es hat bei dem Angeklagten H. eingestellt, dass dieser - im Gegensatz zu dem Angeklagten B. , der keine Vorstrafe aufweist, den Anklagevorwurf weitgehend eingeräumt hat und u.a. angesichts einer eingetragenen Zwangshypothek von 800.000 € wirtschaftlich ruiniert ist - einschlägig hinsichtlich einer in allen Einzelheiten vergleichbaren Tat vorbestraft ist und sich beim Ermittlungsrichter lediglich teilweise geständig eingelassen hat. Angesichts beschränkter revisionsgerichtlicher Kontrolle ist daher das unterschiedliche Strafmaß nicht zu beanstanden.
12
3. Zu Recht beanstandet die Revision des Angeklagten H. mit der Verfahrensrüge nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK allerdings, dass nach der Urteilsverkündung eine der Justiz anzulastende, erhebliche Verfahrensverzögerung eingetreten ist. Dem Angeklagten H. wurde das am 24. Februar 2010 verkündete Urteil am 21. Mai 2010 zugestellt. Diese Urteilszustellung war unwirksam, da das Hauptverhandlungsprotokoll vom 8. Februar 2010 von dem Protokollführer nicht unterschrieben und das Protokoll daher nicht fertiggestellt war. Fertig gestellt i.S.v. § 271 Abs. 1 Satz 2 StPO ist das Protokoll erst mit der letzten Unterschrift der Urkundsperson (BGHSt 23, 115, 117; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 271 Rn. 19). Fehlt es hieran, ist eine vorangegangene Urteilszustellung unwirksam (BGHSt 27, 80, 81). Die deshalb erforderliche erneute Urteilszustellung erfolgte am 10. Dezember 2010. Infolge dessen ist eine unangemessene Verfahrensverzögerung von mehr als sechs Monaten eingetreten. Über die angemessene Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO selbst entscheiden (vgl. BGH NStZRR 2008, 208, 209). Auf der Grundlage der Vollstreckungslösung (BGH NJW 2008, 860) stellt der Senat fest, dass von der verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ein Monat Freiheitsstrafe als Entschädigung für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt.
13
4. Die gegen die Verurteilung insgesamt gerichtete Revision des Angeklagten H. hat nur einen geringen Teilerfolg, so dass es nicht unbillig ist, diesen mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Fischer Schmitt Herr RiBGH Dr. Berger ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 6 5 / 1 4
vom
11. Dezember 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Werden Gelder, die einer Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz aus dem Landeshaushalt
zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugewendet worden sind, gesetzwidrig für
Zwecke der die Fraktion tragenden Partei ausgegeben, so stehen der Würdigung
dieses Vorgangs als Untreue im Sinne des § 266 StGB zum Nachteil der Fraktion
nicht die Bestimmungen des Fraktionsgesetzes Rheinland-Pfalz über die Folgen einer
gesetzwidrigen Verwendung von Fraktionsgeldern entgegen.
Dem Vorsitzenden einer Parlamentsfraktion kann dieser gegenüber eine Pflicht im
Sinne des § 266 StGB zur Betreuung deren Vermögens obliegen, die er verletzt,
wenn er veranlasst, dass das Fraktionsvermögen gesetzeswidrig verwendet wird.
Nimmt eine Partei geldwerte Leistungen aus dem Vermögen einer von ihr getragenen
Parlamentsfraktion entgegen, ohne diese als Spende dem Präsidenten des
Deutschen Bundestages anzuzeigen und deren Wert an diesen weiterzuleiten, so
stehen der Würdigung dieses Vorgangs als Untreue im Sinne des § 266 StGB zum
Nachteil der Partei nicht die Bestimmungen des Parteiengesetzes, insbesondere
dessen § 31c Abs. 1 Satz 1 und § 31d PartG, entgegen.
Dem Vorsitzenden einer Partei kann dieser gegenüber eine Pflicht im Sinne des
§ 266 StGB zur Betreuung deren Vermögens obliegen, die er verletzt, wenn er eine
rechtswidrige Spende annimmt und sie nicht gegenüber dem Präsidenten des Deutschen
Bundestages anzeigt und an diesen weiterleitet.
In diesem Fall wird der notwendige Zusammenhang zwischen der Verletzung der
Treuepflicht und dem Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB nicht dadurch
ausgeschlossen, dass die unrechtmäßige Parteispende zunächst noch entdeckt
werden muss und die Zahlungspflicht der Partei aufgrund der gesetzlichen Sanktion
des § 31c PartG noch einen feststellenden Verwaltungsakt des Bundestagspräsidenten
erfordert.
Zum Verhältnis von gemäß § 266 StGB strafbarer Untreue und einem anschließenden
Verstoß gegen § 31d PartG.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14 - LG Mainz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Untreue u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Untreue
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund derHauptverhandlung
vom 27. November 2014 in der Sitzung am 11. Dezember 2014, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten F. ,
- nur in der Hauptverhandlung am 27. November 2014 -
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und F. gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 3. Dezember 2013 werden verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten Dr. B. und F. freigesprochen worden sind. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. B. wegen Untreue in zwei "besonders schweren" Fällen zum Nachteil der CDU-Fraktion des RheinlandPfälzischen Landtags jeweils in Tateinheit mit Untreue "in besonders schwerem Fall" zum Nachteil des Landesverbandes der CDU Rheinland-Pfalz sowie wegen eines Verstoßes gegen § 31d Abs. 1 Nr. 1 PartG zu einer Gesamtfreiheits- strafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen den Angeklagten F. hat es wegen Beihilfe zur Untreue "in einem besonders schweren Fall" eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 200 € verhängt. Bei den nicht revidierenden Mitangeklagten H. und Sch. hat es wegen Untreue in drei Fällen bzw. wegen Untreue in einem Fall sowie eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz auf Bewährungsstrafen von einem Jahr und drei Monaten bzw. acht Monaten erkannt. Vom Vorwurf, einen versuchten Betrug zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz begangen zu haben, hat es die Angeklagten Dr. B. und F. sowie den Mitangeklagten Sch. freigesprochen. Die Angeklagten wenden sich im Wesentlichen mit der Sachrüge gegen ihre Verurteilungen. Die Staatsanwaltschaft greift mit materiellrechtlichen Einwendungen den Teilfreispruch der Angeklagten Dr. B. und F. an. Die Revisionen der Angeklagten sind nicht begründet; das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Dr. B. von 1996 bis 2006 Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz und von 2002 bis 2006 stellvertretender Vorsitzender der CDU Deutschlands; im November 2004 wurde er zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 26. März 2006 gewählt. Daneben hatte er mit einer kurzen Unterbrechung in den Jahren 1996/1997 von 1994 bis 2006 das Amt des Vorsitzenden der CDU-Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz inne. Geschäftsführer dieser Fraktion war seit April 2003 der Mitangeklagte H. . Dieser war mit dem Angeklagten Dr. B. freundschaftlich verbunden und in den Jahren 2004 bis 2006 dessen engster Mitarbeiter. Der Mitangeklagte Sch. , der den Angeklagten Dr. B. bereits aus gemeinsamen Zeiten bei der Jungen Union kannte, war von 1999 bis 2010 Geschäftsführer und von 1999 bis 2006 Generalsekretär des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz.
Der Angeklagte F. , der bereits als Jugendlicher in die Junge Union eingetreten war, war seit dem Jahre 1997 Gründungspartner und Geschäftsführer der Unterbehmensberatungsagentur C. GmbH (im Folgenden: C. ). Die Verurteilungen gründen im Wesentlichen darauf, dass der Angeklagte Dr. B. sowie die Mitangeklagten H. und Sch. Beratungsleistungen der C. , die im Wahlkampf anlässlich der Landtagswahl im März 2006 für die Partei geleistet wurden, mit Fraktionsgeldern vergüteten. Darüber hinaus wurden diese Leistungen der Fraktion an die Partei in deren Rechenschaftsberichten nicht aufgeführt und nicht an den Präsidenten des Bundestages weitergeleitet , was zu einer Strafzahlung führte. Im Einzelnen hat die Strafkammer hierzu folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte Dr. B. trat im November 2004 an den Angeklagten F. heran und beauftragte diesen mit der Erstellung eines Konzepts für die Strategie im Wahlkampf im Hinblick auf die anstehende Landtagswahl im März 2006 für den CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz. Der Angeklagte F. gewann sodann die Zeugin A. , die eine PR-Agentur betrieb, zur Mitarbeit. Die beiden entwarfen in den nächsten Monaten das gewünschte Konzept, das sie "Wahlsieg 2006" nannten. Mit E-Mail vom 20. Januar 2005 fasste der Angeklagte F. gegenüber dem Angeklagten Dr. B. und dem Mitangeklagten H. die von ihm zu erbringenden Leistungen zusammen. Termin zur Vorlage des Endkonzepts sollte der 19. Februar 2005 sein. Die mündlich bereits ver- einbarten Kosten wurden mit 60.000 € zzgl. 22% Nebenkosten und Mehrwertsteuer , mithin insgesamt 84.912 €, angegeben. Im Innenverhältnis vereinbarten der Angeklagte F. und die Zeugin A. , dass beide jeweils die Hälfte dieses Entgelts erhalten sollten. Sämtliche Abreden wurden mündlich getroffen, schriftliche Verträge wurden weder zwischen dem Angeklagten Dr. B. und dem Angeklagten F. noch zwischen diesem und der Zeugin A. geschlossen. Da dem Angeklagten Dr. B. sowie den Mitangeklagten H.
und Sch. bewusst war, dass der CDU-Landesverband RheinlandPfalz die Gesamtkosten für das Konzept nicht würde finanzieren können, beschlossen sie, dass die Partei nur 25.000 € tragen solle. Der restliche Betrag sollte von der CDU-Fraktion geleistet werden, deren Konto zu dieser Zeit ein Guthaben von mehr als 250.000 € aufwies. Die Beteiligten wussten, dass diese Verfahrensweise gegen die einschlägigen Bestimmungen verstieß. Ihnen war auch bewusst, dass es sich bei dem Auftrag um ein Strategiekonzept für die Werbung für den Spitzenkandidaten Dr. B. handelte. Um zu verschleiern, dass die CDU-Fraktion von den Gesamtkosten einen Teilbetrag in Höhe von 59.912 € tragen würde, kamen der Angeklagte Dr. B. und der Mitangeklagte H. überein, dass C. lediglich eine Rechnung über 25.000 € an die Partei ausstellen solle. Für den restlichen Betrag sollte keine Rechnung gestellt werden. Dem Tatplan entsprechend überwies der Mitangeklagte H. am 14. Februar und 2. März 2005 20.000 € und 39.912 € vom Konto der CDUFraktion bei der Landesbank Rheinland-Pfalz auf eine Bankverbindung der C. und unterschrieb den hierfür fraktionsintern erforderlichen Begleitzettel. Die nach den Regeln der Fraktionssatzung erforderliche zweite Unterschrift wurde in der Form geleistet, dass eine eingescannte Unterschrift des Zeugen J. , dem damaligen parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion, angebracht wurde, ohne dass dieser über den Sachverhalt informiert wurde. Unter dem 4. März 2005 stellte C. mit Wissen des Angeklagten F. dem Landesver- band der CDU eine Rechnung über weitere 25.000 €. Der Mitangeklagte Sch. veranlasste die Überweisung dieses Betrages auf ein Konto der C. . Die Agentur der Zeugin A. und ein Subunternehmer stellten C. im März und April 2005 vier Rechnungen über insgesamt 42.456 €; die Rechnungsbeträge wurden bis zum 11. März 2005 überwiesen. Obwohl der Angeklagte Dr. B. und der Mitangeklagte Sch. wussten, dass die Zahlungen der Fraktion an C. in Höhe von 59.912 € zur Begleichung einer Forde-
rung gegen den Landesverband der CDU geleistet worden waren, zeigten sie diesen Sachverhalt nicht unverzüglich dem Präsidenten des Deutschen Bundestages an. Ihnen war klar, dass sie hierzu nach den Regelungen des Parteiengesetzes verpflichtet waren.
4
Am 15. Februar 2005 besprachen die Angeklagten Dr. B. und F. , dass dieser ein Angebot zur Umsetzung des Konzepts "Wahlsieg 2006" abgeben solle. Ein solches Angebot wurde am 17. Februar 2005 anlässlich eines Medientrainings des Angeklagten Dr. B. erstellt. Es belief sich insgesamt auf 560.419,20 €, die in neun Monatsraten zu je 62.268,80 € gezahlt werden soll- ten. Der Angeklagte F. und die Zeugin A. stellten das Konzept am 19. Februar 2005 bei einer gemeinsamen Klausurtagung des CDULandesvorstandes , der Landtagsfraktion sowie der Landesgruppen im Deutschen Bundestag und im Europäischen Parlament vor. Die Anwesenden waren mit der Beauftragung einverstanden. Sie besprachen nicht, ob der Auftrag für die Partei oder die Fraktion erteilt werden sollte. Auch über die Kosten und die genaue Tätigkeit von C. und der Agentur der Zeugin A. wurde nicht diskutiert. Formelle Beschlüsse zu diesen Punkten wurden nicht gefasst. Am 21. Februar 2005 schrieb der Mitangeklagte Sch. dem Angeklagten Dr. B. , das Angebot des Angeklagten F. sei von der Partei "mit Sicherheit auch nicht einmal ansatzweise aufzubringen. Allein die Honorarforderungen von Herrn F. bis zum Jahresende würden rund 50% des gesamten Wahlkampfetats verzehren!!!" Der Angeklagte Dr. B. und der Mitangeklagte H. beschlossen daraufhin mit Wissen des Mitangeklagten Sch. , die Umsetzung des Konzepts durch die Fraktion zu finanzieren, obwohl ihnen bewusst war, dass es sich dabei um wahlkampfbezogene Leistungen und damit um reine Parteiaufgaben handelte. Den Genannten war - u.a. aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens, das sich an die jeweils hälftige Finanzierung eines Prospekts mit einem Spielplan für die Fußballweltmeisterschaft 1998 durch die Fraktion und die Partei angeschlossen hatte - die Notwendigkeit bekannt, die Trennung von Partei- und Fraktionstätigkeiten einzuhalten und genau zu dokumentieren. Gleichwohl beauftragte der Angeklagte Dr. B. am 28. Februar 2005 C. mündlich mit der Umsetzung des Konzepts "Wahlsieg 2006" gemäß dem Angebot vom 17. Februar 2005. Ein schriftlicher Vertrag wurde bewusst nicht geschlossen. Der Angeklagte F. und die Zeugin A. vereinbarten mündlich, dass diese die Hälfte des Honorars erhalten sollte. Der Angeklagte F. berechnete der CDU-Fraktion für C. am 31. März, 30. April und 31. Mai 2005 jeweils 62.268,80 € mit dem Text: "Für die konzeptionelle Entwicklung parlamentarischer Initiativen berechnen wir vereinbarungsgemäß…". Zweck dieses Rechnungstextes, der auch in den weiteren sechs im Jahre 2005 ausgestellten Rechnungen über jeweils 23.200 € enthalten war, war es, nach außen wider besseres Wissen zu suggerieren, es hätten ausschließlich Beratungsleistungen für die Fraktion stattgefunden. Die Fraktion zahlte diese Beträge in der bereits beschriebenen Weise unter Gebrauch der eingescannten Unterschrift des Zeugen J. ; die Zeugin A. erhielt anschließend vereinbarungsgemäß die Hälfte des Entgelts. Im Juni 2005 stellte der Mitangeklagte H. fest, dass die Fraktion nicht weiter in der Lage sein würde, die vereinbarten monatlichen Honorare pünktlich zu zahlen. Es kam daher am 8. Juni 2005 zu einem persönlichen Gespräch zwischen den Angeklagten Dr. B. und F. sowie dem Mitangeklagten H. . Dabei wurde ein Zahlungsplan vereinbart , der unter anderem vorsah, dass die monatlichen Raten sich nur noch auf 23.200 € belaufen sollten und die Zeugin A. ihren Honoraranteil in Höhe von insgesamt 100.000 €, aufgeteilt auf monatliche Raten von 20.000 € dem CDU-Landesverband in Rechnung stellen sollte. Dieses Vorgehen war zuvor mit dem Mitangeklagten Sch. abgesprochen worden. In Umsetzung dieses Plans erstellte die Zeugin A. ein auf den 3. Juni 2005 rückdatiertes Angebot an den Landesverband der CDU Rheinland-Pfalz, das von dem Mitangeklagten Sch. am 24. August 2005 - und damit nach Ausstellung der ersten Rechnung am 1. August 2005 - angenommen wurde. Insgesamt überwies die Partei an die Agentur der Zeugin A. bis zum 13. Januar 2006 120.000 €. Nachdem der Steuerberater der C. festgestellt hatte, dass für die Zahlungen für die Erstellung des Konzepts in Höhe von 20.000 € und 39.912 € keine Rechnungen vorhanden waren, stellte der Ange- klagte F. der CDU-Fraktion unter dem 30. Juni 2005 eine neue Rechnung über 83.112 €, welche die noch nicht beglichene Juni-Rechnung über 23.200 € mitumfasste. Im Januar 2006 belief sich der Zahlungsrückstand der Fraktion gegenüber C. auf 69.600 €. Deshalb veranlasste der Mitangeklagte H. , dass von dem Konto der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der CDU 70.467,01 € an die Fraktion überwiesen wurden, obwohl diese in Höhe von 52.571,80 € kei- nen Anspruch auf dieses Geld hatte. Der Mitangeklagte H. wurde u.a. wegen dieser Tat durch das Amtsgericht Mainz rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nachdem der Angeklagte F. die Zahlung der noch ausstehenden Forderung bis zum 17. Februar 2006 angemahnt hatte, überwies der Mitangeklagte H. vom Konto der Fraktion am 16. Februar 2006 69.300 €. Auf dem Begleitzettel unterschrieb für diese Anweisung auch der Angeklagte Dr. B. persönlich. Für die Tätigkeiten von C. und der Agentur der Zeugin A. in der Zeit von März 2005 bis Ende Dezember 2005 zahlte die CDU- Fraktion insgesamt 326.006,40 €. Die Agenturen wurden fast ausschließlich in Angelegenheiten tätig, die dem CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz zugutekamen. C. war die "Leadagentur" im Wahlkampf der Partei für die Landtagswahl 2006. Der Angeklagte F. agierte dabei als persönlicher Wahlkampfberater des Spitzenkandidaten, des Angeklagten Dr. B. . Obwohl dieser und der Mitangeklagte Sch. wussten, dass die Zahlungen der CDU-Fraktion an C. tatsächlich Leistungen betrafen, die dem CDU-Landesverband zu- gutegekommen waren, zeigten sie diesen Sachverhalt nicht unverzüglich dem Präsidenten des Deutschen Bundestages an. Ihnen war auch in diesem Zusammenhang klar, dass sie hierzu nach den Regelungen des Parteiengesetzes verpflichtet waren.
5
In der Zeit von Januar bis März 2006 waren der Angeklagte F. und die Zeugin A. weiterhin für den CDU-Landesverband und den Angeklagten Dr. B. tätig. Der Angeklagte F. berechnete der CDU-Fraktion hierfür in vier Rechnungen insgesamt 96.096,59 €. Die Fraktion konnte diese Rechnungen nicht mehr begleichen, da der Kreditrahmen ihres Kontos in Höhe von etwa 300.000 € im Wesentlichen ausgeschöpft war. Nach der Landtagswahl, bei der die CDU weniger als 33% der abgegebenen Stimmen erhielt, fand am 11. April 2006 ein Abschlussgespräch zwischen den Angeklagten Dr. B. und F. sowie dem Mitangeklagten H. statt. In diesem wurde u.a. vereinbart , dass die Zeugin A. die noch nicht beglichene Januar-Rechnung von C. an die Fraktion in Höhe von 24.398,52 € nunmehr neu und an die Partei stellen sollte. Nachdem dies geschehen war, überwies der CDULandesverband Rheinland-Pfalz am 12. Juni 2006 durch den Mitangeklagten Sch. den Rechnungsbetrag an die Agentur der Zeugin A. .
6
Am 12. Juli 2006 fand eine Fraktionssitzung statt, bei der die Fraktionsmitglieder den bisherigen Fraktionsvorstand auf der Grundlage eines Berichts zweier ehrenamtlicher Rechnungsprüfer, welche die Finanzunterlagen der Fraktion lediglich stichpunktartig durchgesehen und keine inhaltliche Überprüfung der Rechnungen vorgenommen hatten, einstimmig die Entlastung erteilten. In dem Rechenschaftsbericht der CDU-Fraktion für das Jahr 2005 wurden unter dem Konto "Gutachten und Honorare" Zahlungen an C. in Höhe von 316.318,40 €, in demjenigen für 2006 solche in Höhe von 69.300 € ausgewie- sen. Beide Berichte wurden bei der Verwaltung des Landtags Rheinland-Pfalz eingereicht. Die noch offenen Rechnungen von C. an die CDU-Fraktion übernahm letztlich die Stiftung K. , deren Geschäftsführer der Mitangeklagte H. geworden war. Die Stiftung überwies im Juli 2006 an die Agentur der Zeugin A. auf zwei fingierte Rechnungen insgesamt 46.400 €, von denen 26.100 € an den Angeklagten F. weitergeleitet wurden. Das in diesem Zusammenhang gegen die Zeugin A. geführte Strafverfahren wurde nach deren Geständnis und Zahlung einer Geldbuße gemäß § 153a StPO eingestellt.
7
Der CDU-Fraktion drohte im Mai 2006 die Zahlungsunfähigkeit. In den nächsten Jahren prüfte der Landesrechnungshof, ob die u.a. an C. gezahlten Gelder tatsächlich für Fraktionsaufgaben verwendet worden waren. Im Verlauf des Verfahrens erklärte der Angeklagte Dr. B. in einem Schreiben vom 12. Juni 2008, das Angebot von C. und der Agentur der Zeugin A. sei in seine Leistungsbestandteile zerlegt und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend zwischen der Fraktion und der Partei aufgeteilt worden. In einem Vermerk vom 9. Oktober 2008 gab er u.a. an, nach seiner Erinnerung habe C. ausschließlich Leistungen für die Landtagsfraktion erbracht. Der Angeklagte F. machte in einem Schreiben vom 21. Juli 2009 ergänzende Angaben und trug ebenfalls vor, nach seinem Verständnis seien im Jahr 2005 alle Leistungen für die CDU-Fraktion erbracht worden. Den Angeklagten war bewusst, dass die Schreiben dem Landesrechnungshof im Rahmen des Prüfungsverfahrens vorgelegt werden würden. Sie hatten sich jedoch nicht abgesprochen und verfolgten zum Zeitpunkt der Absendung der Schreiben ausschließlich das Ziel, ihre eigenen Handlungen zu rechtfertigen. Keiner der Angeklagten dachte an die Möglichkeit, der Fraktion durch ihre Aussagen einen Bescheid der Landtagsverwaltung über die Rückzahlung des Geldes zu ersparen, zumal der Angeklagte F. zu diesem Zeitpunkt in Hamburg seine eigene politische Karriere aufbaute und der Angeklagte Dr. B. im Jahre 2009 aus dem Landtag aus- schied. Der Landesrechnungshof kam in seinem im April 2010 veröffentlichten Bericht zu dem Ergebnis, dass für sämtliche Zahlungen der Fraktion an C. in Höhe von insgesamt 385.918,40 € eine Verwendung für Fraktionszwecke nicht belegt werden konnte. Daraufhin zahlte die damalige Fraktionsführung im Mai 2010 den Betrag vollständig an den Landtag zurück.
8
Am 24. Juni 2006 wurde der Rechenschaftsbericht des CDULandesverbandes Rheinland-Pfalz für das Jahr 2005, unterschrieben durch den Angeklagten Dr. B. und den Mitangeklagten Sch. , eingereicht. In diesem wurden die Zahlungen der Fraktion an C. in Höhe von 316.318,40 € nicht erwähnt, obwohl beide Angeklagten wussten, dass die Tätigkeit von C. nahezu ausschließlich der Partei zugutegekommen waren. Sie unterließen die Angabe bewusst, da ihnen bekannt war, dass es sich bei den von der Fraktion bezahlten Tätigkeiten von C. für die Partei um Spenden der Fraktion an diese handelte und die Partei solche nicht annehmen durfte. Das Gebot des § 25 PartG, keine Spenden von Fraktionen anzunehmen und alle Spenden ordnungsgemäß zu verbuchen, wurde von dem CDU-Landesverband RheinlandPfalz als besonders wichtige Pflicht von Funktionsträgern angesehen und in der Satzung verankert. Der Rechenschaftsbericht des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz für das Jahr 2006 wurde am 11. Mai 2007 von der neuen Parteiführung erstellt. Auch in diesem Bericht wurden die im Jahr 2006 durch die Fraktion an C. gezahlten Beträge in Höhe von 69.600 € nicht aufgeführt; der Angeklagte Dr. B. , der bis März 2006 Parteivorsitzender war, hatte diese nicht angegeben. Nach Veröffentlichung des Berichts des Landesrechnungshofes Rheinland-Pfalz im April 2010 prüfte die Bundestagsverwaltung, ob durch den CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz unzulässige Spenden der Fraktion angenommen worden waren. Der damalige Generalsekretär der CDU Rheinland -Pfalz nahm Einsicht in die Unterlagen und kam zu der Überzeugung, dass es sich bei den Zahlungen der Fraktion an C. um eine unzulässige Parteienfi- nanzierung gehandelt habe. Der Vorstand des CDU-Landesverbandes Rheinland -Pfalz beschloss daraufhin im Dezember 2010 einstimmig, eine durch die Bundestagsverwaltung festgesetzte Strafzahlung zu akzeptieren. Am 23. Dezember 2010 erließ die Bundestagsverwaltung einen Bescheid, in dem sie feststellte, dass u.a. die hier gegenständlichen Zahlungen der Fraktion an C. als Verstoß gegen das Parteiengesetz zu werten seien, und eine Strafzahlung des CDU-Bundesverbandes in Höhe des dreifachen Betrages festsetzte. Der CDU-Bundesvorstand akzeptierte die Anordnung der Strafzahlung und ließ den Bescheid rechtskräftig werden. Am 6. Januar 2011 überwies der CDULandesverband Rheinland-Pfalz den vollen festgesetzten Betrag in Höhe von 1.203.252,96 €, in dem eine Strafzahlung wegen der Überweisungen an C. in Höhe von 1.157.755,20 € enthalten war, an den CDU-Bundesverband; die Summe wurde u.a. durch den Verkauf eines dem Landesverband gehörenden Grundstücks finanziert.
9
Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Landgericht das Verhalten der Angeklagten Dr. B. und F. wie folgt strafrechtlich gewürdigt:
10
Es hat das Veranlassen der Zahlung von 59.912 € durch die Fraktion an C. für den Angeklagten Dr. B. als besonders schweren Fall der Untreue zum Nachteil der CDU-Fraktion gewertet, wobei die zwei Überweisungen von 20.000 € und 39.912 € nur eine Tat darstellten (§ 266 Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB). Tateinheitlich hierzu stehe eine Untreue zu Lasten des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz; die Zahlung durch die Fraktion sei eine Spende an den Landesverband gewesen, die der Angeklagte angenommen habe, ohne sie dem Präsidenten des Bundestages anzuzeigen. Der Angeklagte Dr. B. habe eine weitere Untreue in einem besonders schweren Fall zum Nachteil der Fraktion dadurch begangen, dass er C. für die Fraktion mit der Umsetzung des Konzepts "Wahlsieg 2006" beauftragt habe. Die Zahlung von insgesamt 326.006,40 € in sieben Raten sei als eine Tat zu würdigen. Auch in diesem Fall komme tateinheitlich eine Untreue im besonders schweren Fall zum Nachteil des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz hinzu.
11
Der Angeklagte F. habe sich durch die Ausstellung der Rechnungen im Jahr 2005 mit dem Text "Für die konzeptionelle Entwicklung parlamentari- scher Initiativen berechnen wir vereinbarungsgemäß …" wegen Beihilfe zur Un- treue in einem besonders schweren Fall strafbar gemacht. Unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze sei er als Mittäter einzustufen. Da ihn jedoch keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Fraktion getroffen habe, fehle ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB, so dass er nur als Gehilfe anzusehen sei.
12
Der Angeklagte Dr. B. sei wegen der Einreichung des Rechenschaftsberichts der CDU Rheinland-Pfalz für das Jahr 2005 ohne Angabe der Zahlungen der Fraktion an C. wegen eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz (§ 31d Abs. 1 Satz 1 PartG) strafbar.
13
Soweit den Angeklagten Dr. B. und F. vorgeworfen worden sei, durch ihre falschen Angaben im Rahmen des Prüfungsverfahrens vor dem Landesrechnungshof einen versuchten Betrug begangen zu haben, seien sie freizusprechen gewesen. Die Strafkammer habe nicht feststellen können, dass die Angeklagten bei ihren Äußerungen einen anderen Zweck verfolgt hätten, als ihre eigenen Handlungen zu rechtfertigen. Der Vorsatz, dem Staatshaushalt des Landes Rheinland-Pfalz durch ihre Angaben einen Schaden zuzufügen, habe nicht nachgewiesen werden können.
14
A. Revisionen der Angeklagten
15
I. Revision des Angeklagten Dr. B.
16
Die Revision des Angeklagten Dr. B. ist nicht begründet.
17
1. Die von der Revision "vorsorglich" geltend gemachte Beanstandung der Verletzung formellen Rechts, namentlich des Rechts des Angeklagten auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren, ist ausschließlich auf die zuvor ausgeführten sachlichrechtlichen Einwendungen gegen das Urteil gestützt; sie stellt deshalb keine in zulässiger Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhobene Verfahrensrüge dar.
18
2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ; ein solcher wird auch durch das Vorbringen der Revision nicht aufgezeigt. Der ausdrücklichen Erörterung bedürfen mit Blick auf die Ausführungen des Landgerichts und des Generalbundesanwalts, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, lediglich die folgenden Gesichtspunkte:
19
a) Die Beweiswürdigung ist frei von Rechtsfehlern.
20
aa) Die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatgericht übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt , dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich -rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Liegen solche Rechtsfehler nicht vor, hat das Revisionsge- richt die tatgerichtliche Überzeugungsbildung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise möglich oder sogar näher liegend gewesen wäre (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326; vom 20. September 2012 - 3 StR 140/12, NStZ-RR 2013, 75, 77 und 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89, 90; vom 12. Juni 2014 - 3 StR 154/14, NStZ 2014, 507, 508).
21
bb) Gemessen an diesem Maßstab ist gegen die Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise durch das Landgericht nichts zu erinnern. Das Landgericht hat seine Überzeugung insbesondere auf die umfassende Einlassung des Mitangeklagten H. gestützt, der zu allen Anklagepunkten in vollem Umfang geständig gewesen ist. Dieses Geständnis wird gestützt durch die Aussage der Zeugin A. sowie weitere Beweismittel, etwa mehrere in der Hauptverhandlung verlesene E-Mails. Das Landgericht hat die Einlassungen der Angeklagten Dr. B. und F. , welche die Tatvorwürfe bestritten haben, sowie die erhobenen Beweise, darunter auch die Aussagen zahlreicher Zeugen, ausführlich gewürdigt und nicht nur - was genügen würde - mögliche , sondern jedenfalls weitgehend sogar nahe liegende Schlüsse gezogen. Damit genügen die Urteilsgründe den von Rechts wegen insoweit an sie zu stellenden Anforderungen. Demgegenüber erschöpft sich die Begründung des Rechtsmittels in weiten Teilen in urteilsfremdem und damit im Rahmen der Sachrüge unbeachtlichem Vortrag sowie, etwa soweit darin auf das beigefügte schriftliche Plädoyer des Verteidigers oder die Einlassung des Angeklagten Dr. B. in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht verwiesen wird, in der Vornahme einer eigenen Beweiswürdigung. Damit kann die Revision nicht durchdringen.
22
b) Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der CDU-Fraktion des Landtags Rheinland-Pfalz in Tateinheit mit Untreue zu Lasten des CDULandesverbandes Rheinland-Pfalz im Zusammenhang mit der Vergütung von C. für die Erstellung des Konzepts "Wahlsieg 2006" weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
23
aa) Dies gilt zunächst für die Verurteilung wegen Untreue zum Nachteil der CDU-Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz durch Anweisung der Zah- lung von insgesamt 59.912 € an C. für die Erstellung des Konzepts "Wahlsieg 2006"; die Voraussetzungen der Strafbarkeit nach § 266 StGB sind nach den Feststellungen des Landgerichts erfüllt.
24
(1) Der Untreuetatbestand des § 266 StGB ist auf Sachverhalte der vorliegenden Art anwendbar, die im Wesentlichen durch eine zweckwidrige Verwendung von Fraktionsgeldern geprägt sind. Die Anwendbarkeit der Norm wird in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der Revision nicht durch das Regelungsgefüge des Fraktionsgesetzes Rheinland-Pfalz, insbesondere nicht durch § 6 FraktG RP berührt, wonach eine Landtagsfraktion die ihr aus dem Landeshaushalt zur Finanzierung ihrer Tätigkeit zugewendeten Geldmittel nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung rückzuerstatten hat, wenn sie die Mittel zweckwidrig verwendet (insoweit unklar VGH RP, Urteil vom 19. August 2002 - VGH O 3/02, NVwZ 2003, 75, 80 f.). Für eine derartige Einschränkung eines bundesrechtlichen Strafgesetzes fehlt es bereits an der Kompetenz des Landesgesetzgebers (Art. 31, 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 1 GG). § 6 FraktG RP betrifft außerdem in der Sache allein die finanziellen Beziehungen zwischen Fraktion und Landtag. Die Norm enthält demgegenüber keine Einschränkung des objektiven Tatbestands des § 266 StGB, der im hier relevanten Kontext ausschließlich die Vermögensinteressen der Fraktion im Verhältnis zu denjenigen Personen strafrechtlich schützt, die bezüglich dieses Vermögens verfügungsbefugt oder sonst betreuungspflichtig sind. Soweit die Revision weiter auf in der genannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz enthaltene Ausführungen zur Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 266 Abs. 1 StGB abstellt, sind die insoweit in erster Linie zur Entscheidung berufenen Fachgerichte nicht an die dort geäußerten Rechtsansichten gebunden.
25
(2) Der Angeklagte Dr. B. hatte aufgrund seiner Stellung als Fraktionsvorsitzender eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB gegenüber der CDU-Landtagsfraktion.
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Eine solche Vermögensbetreuungspflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierbei ist in erster Linie von Bedeutung , ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 208 ff.; BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52). Das Treueverhältnis kann auf Gesetz, behördlichem Auftrag oder Rechtsgeschäft beruhen (BGH, Urteil vom 13. April 2010 - 5 StR 428/09, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 47).
27
Diese Voraussetzungen liegen vor, wie bereits das Landgericht in seiner rechtlichen Würdigung zutreffend dargelegt hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 StR 90/10, wistra 2010, 445, 446 für den Vorstand einer Stiftung; Urteil vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 146/13, wistra 2014, 186, 188 für den Vorsteher eines als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Wasserverbandes ). Der Angeklagte war als Fraktionsvorsitzender befugt, über das Vermögen der Fraktion zu verfügen. Er vertrat die Fraktion nach innen und außen (§ 21 Abs. 1 der Satzung für die CDU-Fraktion des Landtags von RheinlandPfalz ) und war gegenüber dem Fraktionsgeschäftsführer und den Fraktionsmitarbeitern weisungsbefugt (§ 25 Abs. 2, § 26 Abs. 1 Satz 2 der Satzung für die CDU-Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz). Er entschied als Mitglied des Fraktionsvorstandes über den Haushaltsplan (§ 18 Nr. 4, § 19 Abs. 1, § 28 Abs. 1 der Satzung für die CDU-Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz). Nach den Feststellungen hatte er auch tatsächlichen Zugriff auf die Finanzen der Fraktion, weil er die gemäß § 28 Abs. 2 der Satzung für die CDU-Fraktion des Landtags von Rheinland-Pfalz bei Zahlungsanweisungen notwendige Unterschrift des Parlamentarischen Geschäftsführers und/oder des Fraktionsge- schäftsführers ersetzen konnte und mit diesen gleichermaßen zeichnungsberechtigt war.
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Bei der Pflicht zur Wahrung der Vermögensinteressen der Fraktion handelte es sich - auch mit Blick auf die weit darüber hinausgehenden Aufgaben eines Fraktionsvorsitzenden - um eine Hauptpflicht in dem umschriebenen Sinne (vgl. schon BGH, Urteil vom 27. Februar 1975 - 4 StR 571/74, NJW 1975, 1234 für einen Vereinsvorsitzenden). Den Angeklagten traf mit Blick auf die große Bedeutung der wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Fraktion für deren parlamentarische Arbeit nicht nur beiläufig die Verpflichtung, bei finanziellen Transaktionen, die das Fraktionsvermögen betrafen, die Belange der Fraktion zu wahren und insbesondere darauf zu achten, dass Fraktionsgelder nicht entgegen den gesetzlichen Vorgaben ausgegeben wurden.
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(3) Der Angeklagte hat diese Hauptpflicht durch die Veranlassung der Zahlungen an C. in klarer, evidenter und schwer wiegender Weise (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, u.a., BVerfGE 126, 170, 210; BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 197; Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 300; Urteil vom 28. Mai 2013 - 5 StR 551/11, NStZ 2013, 715) verletzt. Die an C. gezahlten Gelder dienten der Bezahlung der Erarbeitung des Konzepts "Wahlsieg 2006", bei dem es sich - wie bereits der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat - nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts um ein Strategiekonzept für den CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz im Hinblick auf die Landtagswahl 2006 handelte, das keinen Bezug zur parlamentarischen Arbeit der Fraktion aufwies. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 FraktG RP ist eine Verwendung der Mittel, welche die Fraktion zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erhalten hat, für Parteiaufgaben ausdrücklich untersagt. Diese ein- deutige gesetzliche Regelung setzt die diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Vorgaben um. Fraktionen sind als Gliederungen des Parlaments der organisierten Staatlichkeit eingefügt. Diese Zuordnung rechtfertigt es, ihnen zur Deckung ihrer im Rahmen der parlamentarischen Arbeit entstehenden Aufwendungen Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu gewähren (BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 - 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56, 104 f.; zu den Grundlagen der Fraktionsfinanzierung vgl. auch Lesch, ZRP 2002, 159; Paeffgen, in Festschrift Dahs, 143, 146 ff.). Staatliche finanzielle Mittel, die den Fraktionen über solche Zuschüsse zufließen, werden grundsätzlich von allen Staatsbürgern ohne Ansehung ihrer politischen Anschauungen oder Zugehörigkeiten erbracht und sind dem Staat zur Verwendung für das gemeine Wohl anvertraut. Diese Zweckbindung schließt es aus, dass bei einem so entscheidend auf das Staatsganze bezogenen Vorgang wie der Wahl der Volksvertretung die von der Allgemeinheit erbrachten und getragenen finanziellen Mittel des Staates zu Gunsten oder zu Lasten von politischen Parteien oder Bewerbern in parteiergreifender Weise eingesetzt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 1977 - 2 BvE 1/76, BVerfGE 44, 125, 143, 146). Hieraus folgt, dass es einer Parlamentsfraktion verfassungsrechtlich verwehrt ist, ihr als Teil eines Staatsorgans aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellte Zuschüsse zur Finanzierung des Wahlkampfes einer Partei zu verwenden. Tut sie dies dennoch, so wird damit zugleich das Recht der übrigen Parteien und Wahlbewerber auf gleiche Wettbewerbschancen verletzt. Dieser Grundsatz gilt auch für die Wahlvorbereitung und erstreckt sich in diesem Rahmen auf die Wahlwerbung (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1982 - 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 mwN). Vor diesem verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Hintergrund stellt der Einsatz von Fraktionsgeldern zu Parteizwecken im Vorfeld einer Landtagswahl einen besonders gravierenden Pflichtenverstoß dar. Der vorliegende Fall liegt auch nicht in einem Grenzbereich, in dem die Abgrenzung zwischen Fraktions- und Parteiaufgaben schwierig sein kann (vgl. hierzu etwa BT-Drucks. 14/6710, S. 45 f.). Vielmehr diente die Finanzierung der Wahlkampfaktivitäten eindeutig allein den Interessen des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz und dessen Spitzenkandidaten , nicht aber der Parlamentsarbeit der CDU-Fraktion; sie stellt deshalb einen klaren Fall einer unzulässigen verdeckten Parteienfinanzierung dar (so auch VGH RP aaO, NVwZ 2003, 75, 78 ff.), die auch durch die einschlägigen Vorschriften des Parteiengesetzes gerade verhindert werden soll (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 3 und 4, § 26 Abs. 1 Satz 2, § 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG).
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Im vorliegenden Fall ist es deshalb zum einen ohne entscheidende Bedeutung , ob die in dem genannten Sinne vorgenommene Gewichtung der Pflichtverletzung überhaupt ein nach der ratio legis sinnvolles Kriterium zur Einschränkung des objektiven Tatbestandes des § 266 StGB darstellt (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336; vom 22. November 2005 - 1 StR 571/04, NStZ 2006, 221, 222; vgl. auch Fischer, StGB, 62. Aufl., § 266 Rn. 66 mwN). Zum anderen kommt es nicht darauf an, ob - wovon das Landgericht ausgegangen ist - die Voraussetzungen des Missbrauchstatbestandes (§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB) vorliegen, oder - wie es der Generalbundesanwalt vertritt - diejenigen des Treubruchtatbestandes (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) gegeben sind (zum Verhältnis der beiden Tatbestandsalternativen vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 342).
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(4) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Pflichtwidrigkeit des Handelns des Angeklagten nicht eine "mutmaßliche Einwilligung" der Fraktion in die Zahlung an C. entgegen. Da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen anvertraute fremde Vermögen zu schützen, ist die Vermögensbetreuungspflicht des § 266 Abs. 1 StGB zwar in der Regel nicht verletzt, wenn der Vermögensinhaber sein Einverständnis mit der vermögensschädigenden Pflichtverletzung erklärt hat; eine nachträgliche Genehmigung genügt dagegen nicht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 342 f.; S/S-Perron, 29. Aufl., § 266 Rn. 21). Ein solches zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung vorliegendes Einverständnis wird jedoch durch die Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht belegt. Dort wird insoweit lediglich ausgeführt , die Fraktionsversammlung habe dem Angeklagten und den weiteren handelnden Personen am 12. Juli 2006 - und damit im Nachhinein - eine Entlastung für die Geschäftsjahre 2005 und 2006 erteilt. Diese Entscheidung beruhte zudem lediglich auf dem Bericht zweier ehrenamtlicher Rechnungsprüfer, welche die betreffenden Finanzunterlagen nicht inhaltlich, sondern nur stichpunktartig z.B. darauf durchgesehen hatten, ob überhaupt eine Rechnung für belegte Ausgaben vorlag. Die Art der Tätigkeit von C. wurde auf der Versammlung nicht thematisiert, Nachfragen zur Höhe der an C. gezahlten Gelder beantwortete der Mitangeklagte H. unter Hinweis auf die hohen Kosten der "Baustellenveranstaltungen". Hinzu kommt, dass das Einverständnis der Fraktion gegen die eindeutigen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben verstoßen hätte und deshalb keine tatbestandsausschließende Wirkung hätte entfalten können (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 342; vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, BGHSt 54, 148, 158); selbst die Gesamtheit der Fraktionsmitglieder hätte ihre finanziellen Mittel mit Blick auf § 2 Abs. 1 Satz 2 FraktG RP nicht in rechtlich zulässiger Weise für Parteizwecke einsetzen können.
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(5) Durch die Überweisung der insgesamt 59.912 € aus dem Vermögen der CDU-Fraktion an C. entstand der Fraktion ein entsprechender wirtschaftlicher Nachteil. Da die Leistung der Agentur ausschließlich der Partei zu Gute kam, nicht aber der Erfüllung von Aufgaben der Fraktion diente, ergibt der Ver- gleich der Vermögenslage der Fraktion vor und nach der treuwidrigen Handlung einen Minderwert in der genannten Höhe.
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Der durch die Pflichtverletzung hervorgerufenen Vermögensminderung stand kein Vermögensvorteil gegenüber, welcher den Nachteil vollständig oder auch nur teilweise hätte ausgleichen können. Entgegen der Auffassung der Revision ist ein solcher Vorteil nicht deswegen anzunehmen, weil der Fraktion in Höhe der geleisteten Zahlungen ein Erstattungsanspruch gegen die Partei erwachsen sei. Zwar trifft es im Ausgangspunkt zu, dass nach ständiger Rechtsprechung der Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen ist, so dass es an einem Nachteil im Falle einer schadensausschließenden Kompensation fehlt. Eine solche liegt vor, wenn und soweit der durch die Tathandlung verursachte Nachteil durch zugleich bzw. unmittelbar eintretende wirtschaftliche Vorteile ausgeglichen wird (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379; Urteil vom 23. Mai 2002 - 1 StR 372/01, BGHSt 47, 295, 301 f.). Ein derartiger Vorteil ist allerdings nur dann als wirtschaftlich vollwertig und kompensationsfähig anzusehen, wenn seine Realisierung jederzeit ohne nennenswerte Schwierigkeiten, etwa ohne besonderen Zeit- und Kostenaufwand und ohne Mitwirkung des Schuldners, zu erwarten ist (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 167 mwN). Deshalb kann letztlich offen bleiben, ob - wofür vieles spricht - mit dem Generalbundesanwalt anzunehmen ist, dass zivilrechtlich betrachtet aufgrund des kollusiven Zusammenwirkens des Angeklagten und C. ohnehin lediglich ein nicht in die Bewertung des Vermögensnachteils einzubeziehender Bereicherungsanspruch der CDU-Fraktion gegen C. , nicht aber ein Erstattungsanspruch der Fraktion gegen den CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz entstand. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung brachte die Zahlung an C. für die CDU-Fraktion keinen den Verlust auch nur teilweise auf- wiegenden Vermögenszuwachs. Das Vorgehen des Angeklagten diente nach den Feststellungen des Landgerichts vielmehr gerade dazu, dem CDULandesverband Rheinland-Pfalz Leistungen zukommen zu lassen, die dieser selbst aufgrund seiner damals aktuellen wirtschaftlichen Situation nicht - jedenfalls nicht ohne Weiteres - finanzieren konnte. Danach ist bereits fraglich, ob eine zivilrechtliche Forderung der Fraktion gegen die Partei - ihr Bestehen unterstellt - ausreichend werthaltig gewesen wäre. Maßgebend kommt hinzu, dass es von dem Angeklagten und den übrigen handelnden Personen gerade nicht intendiert war, den CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz nach den Zahlungen durch die CDU-Fraktion in Anspruch zu nehmen und so das Vermögen der Fraktion wieder zu mehren; vielmehr sollte die Fraktion die Ansprüche von C. dauerhaft befriedigen, weil auf andere Weise die Leistungen der Agentur für den Landtagswahlkampf, auf die es der Angeklagte abgesehen hatte, nicht zu erlangen waren. Damit war das Vermögen der CDU-Fraktion auf Dauer in Höhe der geleisteten Zahlungen gemindert; die entsprechenden Gelder standen zur Erfüllung der Fraktionsaufgaben nicht mehr zur Verfügung.
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(6) Die Feststellungen des Landgerichts belegen den Vorsatz des Angeklagten. Die Strafkammer hat im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung insoweit alle wesentlichen Gesichtspunkte abgehandelt und insbesondere rechtsfehlerfrei u.a. darauf abgestellt, dass dem Angeklagten die Notwendigkeit der Trennung der Finanzierung von Partei- und Fraktionsaufgaben aufgrund früherer, eigene Handlungen des Angeklagten betreffende Gerichtsentscheidungen, etwa derjenigen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 19. August 2002 (VGH RP aaO), bewusst war.
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(7) Der Angeklagte ist jedenfalls nicht dadurch beschwert, dass das Landgericht die zwei Zahlungen an C. zu einer Tat im materiellrechtlichen Sin- ne zusammengefasst hat; denn das Landgericht hat auch die Untreue zum Nachteil des Landesverbandes der CDU als hierzu in Tateinheit stehend angesehen (s. sogleich bb), so dass schon deswegen der Strafrahmen der § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 2 StGB eröffnet war.
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bb) Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des CDULandesverbandes Rheinland-Pfalz erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei. Die Voraussetzungen des auch insoweit anwendbaren § 266 StGB sind gegeben , weil der Angeklagte die Zahlung der Fraktion an C. und damit eine Spende im Sinne des Parteiengesetzes für die Partei annahm, nicht in dem Rechenschaftsbericht des Landesverbandes aufführte und auch nicht veranlasste, dass sie unverzüglich an den Präsidenten des Bundestages weitergeleitet wurde , was zu einer Sanktion nach § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG führte (vgl. Bosch in: Kersten/Rixen, PartG, § 31d Rn. 99: "Parteienuntreue im engeren Sinne"). Im Einzelnen:
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(1) § 266 StGB ist auch bezüglich der Untreue zum Nachteil des CDULandesverbandes Rheinland-Pfalz, mithin der Partei, anwendbar.
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(1.1) Der am 1. Juli 2002 in Kraft getretene § 31d PartG ist im Verhältnis zu § 266 StGB kein spezielles, eine abschließende Regelung enthaltendes und die Anwendbarkeit des § 266 StGB ausschließendes Gesetz (BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2006 - 3 StR 240/06, NStZ-RR 2007, 176; vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 222; Lampe in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 180. ErgLfg. 2010, PartG § 31d Rn. 43; Ipsen/Saliger, ParteienG , § 31d Rn. 134; Bosch in: Kersten/Rixen, PartG, § 31d Rn. 98; Lenski, Parteiengesetz, § 31d PartG Rn. 42; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 663 ff.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 202). Bereits die Gesetzesmaterialien sprechen in deutlicher Weise für die uneingeschränkte Anwendbarkeit des allgemeinen Strafrechts. Danach sollten mit der Schaffung des § 31d PartG Strafbarkeitslücken geschlossen werden, die sich daraus ergaben, dass eine angemessene Aufklärung von unerlaubten Handlungen im Rahmen staatlicher Parteienfinanzierung nicht immer möglich war (BT-Drucks. 14/8778 S. 17). Bei dieser Vorschrift handelt es sich auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht um eine gemäß § 2 Abs. 3 StGB zu beachtende Privilegierung gegenüber den Straftatbeständen der Untreue und des Betruges (§ 263 StGB). Vielmehr schützt diese Strafnorm andere Rechtsgüter; sie tritt deshalb neben die genannten Regelungen. § 31d PartG hat das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Richtigkeit der Rechnungslegung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG im Blick (vgl. BT-Drucks. aaO; Lampe in Erbs/Kohlhaas aaO, PartG § 31d Rn. 2); demgegenüber dienen die §§ 266, 263 StGB dem Schutz des Vermögens.
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(1.2) § 31c PartG, der für rechtswidrig erlangte Spenden unter bestimmten Voraussetzungen eine Zahlungspflicht der betreffenden Partei in Höhe des Dreifachen des rechtswidrig erlangten Betrages normiert, lässt trotz seines sanktionsähnlichen Charakters die mögliche strafrechtliche Verantwortlichkeit der vermögensschädigend handelnden treuepflichtigen Personen nach § 266 StGB unberührt. Dies folgt schon daraus, dass die Zahlungspflicht nach § 31c PartG die Partei trifft, der die Spende zugeflossen ist, nicht aber die pflichtwidrig handelnde Person (vgl. Ipsen/Koch, ParteienG, § 31c Rn. 6). Im Übrigen schließt etwa das Erfordernis zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns im Rahmen des subjektiven Tatbestandes die Strafbarkeit wegen Untreue aus, wenn Partei- und Fraktionsaufgaben - anders als im vorliegenden Fall - lediglich in fahrlässiger Weise vermischt werden. Es ist somit auch nicht mit Blick darauf , dass der hier festgestellte Sachverhalt in gewisser Weise im (partei-)politischen Raum zu verorten ist und die Abgrenzung von Partei- und Fraktionsaufgaben nicht immer einfach vorgenommen werden kann, angezeigt oder gar geboten, den strafrechtlichen Anwendungsbereich des § 266 StGB über die ansonsten allgemein geltenden Grenzen hinaus weiter einzuschränken und auf diese Weise gewisse Tätergruppen privilegierende Strafbarkeitslücken zu schaffen.
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(2) Als Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz hatte der Angeklagte eine Betreuungspflicht in dem umschriebenen Sinne für das Vermögen sowohl dieses Landesverbandes als auch des CDUBundesverbandes ; denn ihn traf vor dem Hintergrund der ihm eingeräumten, vom Landgericht im Einzelnen dargelegten, auch für das Vermögen der Parteiorganisationen bedeutsamen Befugnisse die herausgehobene Verpflichtung, die jeweiligen Vermögensinteressen zu wahren (BGH, Beschlüsse vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 210 f.; vom 5. September 2012 - 1 StR 297/12, NJW 2012, 3797, 3798; s. auch Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 37 ff.).
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Hierin inbegriffen war auch die Pflicht zur Beachtung der Vorschriften des Parteiengesetzes zum Umgang mit Parteispenden, um die jeweilige Parteigliederung vor der finanziellen Belastung durch Strafzahlungen wegen der gesetzwidrigen Behandlung von Parteispenden zu bewahren. Dies ergibt sich zwar nicht bereits allein aus den einschlägigen Normen des Parteiengesetzes; denn diese dienen vornehmlich nicht dem Schutz des Parteivermögens, sondern der Sicherung der Transparenz der staatlichen Parteienfinanzierung. Die Beachtung der Vorschriften des Parteiengesetzes war hier im Verhältnis der Partei zu dem Angeklagten gleichwohl Gegenstand einer selbstständigen Hauptpflicht zum Schutze des Parteivermögens; denn die Parteien können etwa durch ihre Satzungen bestimmen, dass die Befolgung dieser Vorschriften für die Funktionsträger der Partei eine selbstständige, das Parteivermögen schützende Hauptpflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB darstellt. Hieran besteht mit Blick auf die bei Verstößen gegen das Parteiengesetz im Raum stehenden erheblichen Folgen ein anerkennenswertes Interesse der Parteien; der hinreichende funktionale Zusammenhang zwischen den Aufgaben der Verpflichteten und dem zu schützenden Parteivermögen ist gegeben (BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 211 f.).
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Von dieser Möglichkeit hatte der CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz Gebrauch gemacht und durch seine Satzung gegenüber seinen mit Finanzen befassten Funktionsträgern die Pflicht, keine Spenden von Fraktionen anzunehmen , unzulässige Spenden dem Präsidenten des Bundestages unverzüglich anzuzeigen und ordnungsgemäße Rechenschaftsberichte abzugeben, als Hauptpflicht ausgestaltet. Bestandteil der Landessatzung ist gemäß Abschnitt VI Bemerkung (5) auch die Finanz- und Beitragsordnung (im Folgenden: FBO) der CDU Deutschlands. § 5 Abs. 2 FBO berechtigt die Partei grundsätzlich zur Annahme von Spenden. Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 FBO jedoch Spenden von Parlamentsfraktionen. Nach § 3 FBO ist ein ordnungsgemäßer Rechenschaftsbericht zu erstellen; nach § 6 Abs. 2 FBO sind alle Spenden unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen einzunehmen und öffentlich zu verzeichnen. Die Einhaltung der Vorschriften des Parteiengesetzes wird in § 6 Abs. 2 FBO ausdrücklich vorgeschrieben. Die besondere Bedeutung dieser Verpflichtung wird auch dadurch betont, dass den jeweiligen Rechenschaftsberichten des Landesverbandes eine gesondert zu unterschreibende Erklärung beizufügen ist, in der die Nichtannahme von unzulässigen Spenden, etwa von Parlamentsfraktionen, ausdrücklich versichert wird. Bei diesem Regelungsgefüge handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um eine bloße inhaltlich nichtssagende Wiederholung der gesetzlichen Vorschriften; es macht vielmehr vor dem Hintergrund der bei einem Verstoß gegen das Parteiengesetz für das Parteivermögen drohenden Sanktionen die große Bedeutung des gesetzeskonformen Umgangs mit den Finanzen der Partei deutlich.
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(3) Gegen die ihm somit auferlegte Hauptpflicht, die Finanzen der Partei in gesetzeskonformer Weise zu betreuen, verstieß der Angeklagte, indem er die Finanzierung der Leistungen von C. an die Partei durch die Fraktion für die Partei als Spende annahm, sie nicht im Rechenschaftsbericht des Landesverbandes als solche aufführte und nicht veranlasste, dass diese Spende unverzüglich an den Präsidenten des Bundestages weitergeleitet wurde (§ 25 Abs. 4 PartG).
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(3.1) Die Finanzierung der Leistungen von C. stellt eine Spende der Fraktion an die Partei dar.
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Parteispenden sind nach § 27 Abs. 1 Satz 3 und 4 PartG alle freiwilligen und unentgeltlichen Zahlungen sowie sonstige geldwerte Zuwendungen aller Art, die über Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge hinausgehen. Der Begriff ist weit auszulegen und umfasst sämtliche Vorgänge, die für die Partei einen wirtschaftlichen , in Geld messbaren Vorteil begründen. Abzustellen ist dabei auf eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise, welche die tatsächlichen Gegebenheiten erfasst; nicht maßgebend ist demgegenüber die zivilrechtliche Wirksamkeit der vorgenommenen Rechtsgeschäfte. Eine geldwerte Zuwendung kann auch in Form selbst erbrachter oder eingekaufter Dienstleistungen der Fraktion an die hinter ihr stehende Partei geleistet werden (vgl. VG Berlin, Urteil vom 26. November 2004 - 2 A 146/03, NVwZ 2005, 1101, 1102; Ipsen/Jochum, ParteienG, § 27 Rn. 8 ff.; Kersten in: Kersten/Rixen, PartG, § 27 Rn. 8 ff.; Lampe in Erbs/Kohlhaas aaO, PartG § 27 Rn. 2 f.; Lenski, Parteiengesetz, § 27 Rn. 5 ff.; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 78 ff.).
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Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die geldwerten (Dienst-)Leistungen von C. kamen ausschließlich der Partei zu Gute. Ihre Finanzierung durch die Fraktion begründete somit einen wirtschaftlichen Vorteil für die Partei in Höhe der an C. gezahlten Vergütung. Die Zahlungen durch die Fraktion wurden freiwillig geleistet; eine Gegenleistung der Partei an die Fraktion war gerade nicht vorgesehen und wurde auch tatsächlich nicht erbracht.
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(3.2) Spenden von Fraktionen sind nach § 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen, ausgeschlossen. Gemäß § 25 Abs. 4 PartG sind derartige unzulässige Spenden unverzüglich, spätestens mit Einreichung des Rechenschaftsberichts für das betreffende Jahr an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weiterzuleiten. Entgegen diesen Vorgaben nahm der Angeklagte als Landesvorsitzender die Spende für den Landesverband an, führte sie nicht im Rechenschaftsbericht des Landesverbandes auf und veranlasste nicht, dass sie an den Präsidenten des Bundestages weitergeleitet wurde.
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(4) Hierdurch ergab sich für den Landesverband ein Vermögensnachteil in Höhe mindestens des Zweifachen des von der Partei rechtswidrig erlangten Betrages, weil diese die Spende unter Verstoß gegen § 25 Abs. 2 PartG angenommen und nicht gemäß § 25 Abs. 4 PartG an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weitergeleitet hatte (§ 31c Abs. 1 Satz 1 PartG).
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(4.1) Soweit in der Rechtsprechung ganz überwiegend gefordert wird, dass über die reine Kausalität hinausgehend der Vermögensnachteil unmittelbar auf der Verletzung der vermögensbezogenen Treuepflicht beruhen muss (vgl. etwa BGH, Urteil vom 25. April 2006 - 1 StR 519/05, BGHSt 51, 29, 33; Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 447/11, juris Rn. 18), ist auch diese Voraussetzung erfüllt. Sie wird insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass die unrechtmäßige Parteispende zunächst noch entdeckt und die Zahlungspflicht aufgrund der parteiengesetzlichen Sanktion des § 31c PartG noch einen feststellenden Verwaltungsakt des Bundestagspräsidenten erfordert. Das Erfordernis der Unmittelbarkeit führt zunächst nicht dazu, dass Pflichtwidrigkeit und Nachteil in einem engen zeitlichen Verhältnis zueinander stehen müssen; denn unmittelbar in diesem Sinne bedeutet nicht zeitgleich, sofort oder auch nur alsbald (BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 221). In der Sache ist mit Blick auf die ratio legis sowie die Struktur des Tatbestands der Untreue nach § 266 StGB der Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteilseintritt auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Sanktion erst verhängt wird und damit der Vollschaden erst eintritt, nachdem die Tathandlung entdeckt worden ist. Für die Bejahung der Unmittelbarkeit maßgebend ist vielmehr, dass der Schadenseintritt nicht von einer Handlung eines Dritten abhängt, dem ein Beurteilungsspielraum oder Ermessen eingeräumt ist. Der Anspruch auf eine Strafzahlung nach § 31c PartG tritt kraft Gesetzes ein; der Bundestagspräsident hat bei Vorliegen der gesetzlich eindeutig umschriebenen Voraussetzungen die Verpflichtung der Partei auf Zahlung des Dreifachen des rechtswidrig erlangten Betrages lediglich durch Verwaltungsakt festzustellen (Kersten in: Kersten/Rixen, PartG, § 31c Rn. 8, 17; Lenski, Parteiengesetz , § 31c Rn. 8; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 670). Die Sanktion des § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG ist sowohl bezüglich des "Ob" als auch bezüglich des "Wie" zwingend. Der Schadenseintritt ist somit dem Grunde und der Höhe nach eine in keiner Weise disponible Folge der vermögensschädigenden Handlung, ohne dass insoweit ein rechtlich bedeutsamer Zwischenschritt notwendig ist; er vollzieht sich trotz der Notwendigkeit des Tätigwerdens des Bundestagspräsidenten in der Sache materiell quasi von selbst (vgl. SSWSaliger , 2. Aufl., § 266 Rn. 75a; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, S. 671 ff.).
50
(4.2) Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ist damit das Vermögen der betroffenen Partei unmittelbar um den sich aus § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG ergebenden und damit bezifferbaren Betrag vermindert (BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 213, 220); der Schaden ist hier auch endgültig bei dem von der zunächst belasteten Bundes-CDU in Regress genommenen Landesverband der CDU Rheinland-Pfalz eingetreten. Es kann dahinstehen, ob der Revision dahin zu folgen ist, dass der aus § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG folgende Betrag in Höhe des Dreifachen der Spende, mithin 179.736 €, unter dem Gesichtspunkt der Schadenskompensation um die Höhe der Spende zu vermindern ist. Hierfür könnte die Regelung des § 31c Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 PartG sprechen, nach der von der Partei bereits abgeführte Spenden auf die Strafzahlung angerechnet werden. Andererseits ist es fraglich, ob durch die Tat unmittelbar bzw. gleichzeitig auch ein Vorteil für die Partei begründet wird; denn die Sanktion des § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG wird nicht schon allein durch die Annahme einer rechtswidrigen Spende ausgelöst. Maßgebende , den Schaden verursachende und die Tat vollendende Handlung ist vielmehr das Nichtweiterleiten der Spende an den Bundestagspräsidenten; denn nur unter dieser Voraussetzung wird ein Verstoß gegen § 25 Abs. 4 PartG begründet , der wiederum Voraussetzung des Anspruchs nach § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG ist (Lenski, Parteiengesetz, § 31c Rn. 3). Jedenfalls wird durch diese Frage der Schuldspruch nicht berührt. Es ist mit Blick auf die übrigen Strafzumessungserwägungen sowie den Umstand, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hier auch wesentlich durch die tateinheitlich begangene Untreue zum Nachteil der Fraktion bestimmt wird, im konkreten Fall auch auszuschließen , dass das Landgericht den sich aus § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 2 StGB ergebenden Strafrahmen nicht angewendet und bzw. oder eine noch geringere Strafe verhängt hätte, wenn es davon ausgegangen wäre, dass die Höhe des Schadens der Partei nicht das Dreifache, sondern das Zweifache der Spende betrug.
51
cc) Der Angeklagte ist nicht dadurch beschwert, dass das Landgericht die Untreue zum Nachteil der Fraktion und die Untreue zum Nachteil der Partei als im Verhältnis der Tateinheit zueinander stehend bewertet hat.
52
c) Die Verurteilung wegen Untreue zum Nachteil der CDU-Fraktion des Landtags Rheinland-Pfalz in Tateinheit mit Untreue zum Nachteil des CDULandesverbandes Rheinland-Pfalz im Zusammenhang mit der Vergütung von C. mit der Umsetzung des Konzepts "Wahlsieg 2006" begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
53
Insoweit wird zunächst auf die obigen Ausführungen zu den im Zusammenhang mit der Erstellung des Konzepts "Wahlsieg 2006" verwirklichten Delikten Bezug genommen, die hier entsprechend gelten. Ergänzend ist auszuführen :
54
aa) Der Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue zum Nachteil der CDU-Fraktion des Landtags Rheinland-Pfalz steht nicht entgegen, dass den Feststellungen nicht eindeutig entnommen werden kann, ob der Angeklagte den Auftrag an C. zur Umsetzung des genannten Konzepts wie bei der Erstellung des Konzepts im Namen der Partei oder abweichend hiervon im Namen der Fraktion erteilte. Ebenso sind die zivilrechtliche Wirksamkeit einer eventuellen Vereinbarung zwischen der Fraktion und C. und die hiermit zusammenhängende Frage, ob die Missbrauchs- oder die Treubruchsalternative des § 266 Abs. 1 StGB gegeben ist, nicht von entscheidender Bedeutung. Maßgebend ist vielmehr, dass die Leistungen von C. in der Sache die Umsetzung des Wahlkampfkonzepts und somit den Wirkungskreis der Partei betrafen; sie dien- ten demgemäß nicht der Erfüllung von Aufgaben der Fraktion. Der Fraktion war es mithin untersagt, sie mit den ihr zugewiesenen Mitteln zu finanzieren. Diese Mittel standen der Fraktion zur Erfüllung der ihr eigentlich im parlamentarischen System obliegenden Aufgaben nicht mehr zur Verfügung. Demnach veranlasste der Angeklagte entweder, dass die Fraktion entgegen den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben eine Verpflichtung gegenüber C. einging und erfüllte, oder seine Handlungen bewirkten, dass die Fraktion auf eine Verpflichtung der Partei gegenüber C. für der Partei zugute gekommene Leistungen zahlte. Der Angeklagte verletzte somit durch seine Handlungen in jeder in Betracht kommenden Alternative die gegenüber der CDU-Fraktion bestehende Treuepflicht und fügte dieser einen Schaden in Höhe der von ihm veranlass- ten Zahlungen von insgesamt 326.006,40 € zu.
55
bb) Die Wertung des Landgerichts, die an C. gezahlten Gelder seien letztlich vollständig dem CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz zu Gute gekommen , ist nicht zu beanstanden. Soweit die Revision insoweit auf Beiträge des Angeklagten F. in Strategiekreisen zu den "Baustellenveranstaltungen" abstellt, kam diesen nach den Urteilsgründen mit Blick auf die im Einzelnen festgestellten umfangreichen Wahlwerbemaßnahmen, die C. als "LeadAgentur" für die Partei und den Angeklagten als deren Spitzenkandidaten leistete , lediglich eine untergeordnete, nicht ins Gewicht fallende und von der Strafkammer zutreffend als "mittelbarer Effekt" qualifizierte Bedeutung zu.
56
cc) Die Zahlungen der Fraktion an C. für Leistungen, die als Wahlwerbemaßnahmen der Partei zu Gute kamen, stellen eine nach § 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG rechtswidrige Spende der Fraktion an die Partei dar. Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 31c Abs. 1 Satz 1 PartG festgestellt sind und der Bundestagspräsident einen entsprechenden feststellenden Bescheid erließ, hat die Strafkammer zutreffend einen Schaden der Partei angenommen. Es kann auch in diesem Fall dahinstehen, ob dieser in Höhe des Dreifachen der Spende, mit- hin 978.019,20 € eintrat, oder ob insoweit der Betrag der Spende in Abzug zu bringen ist; denn auch hier wird der Schuldspruch durch diese Frage nicht berührt und ist u.a. mit Blick auf Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Untreue zum Nachteil der Fraktion ein Beruhen des Strafausspruchs auf einem möglichen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auszuschließen. Insbesondere wäre auch bei einem Schaden der Partei von "lediglich" 652.012,80 € die von der Rechtsprechung bei etwa 50.000 € gezogene Grenze eines Ver- mögensverlustes großen Ausmaßes im Sinne der § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB entsprechend der Wertung der Strafkammer weit übertroffen gewesen.
57
dd) Der Angeklagte ist auch in diesem Zusammenhang unter keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt dadurch beschwert, dass das Landgericht die Zahlungen an C. zu einer Tat im materiellrechtlichen Sinne zusammengefasst und Tateinheit zwischen der Untreue zu Lasten der Fraktion und derjenigen zu Lasten der Partei angenommen hat.
58
d) Die Verurteilung wegen Bewirkens eines falschen Rechenschaftsberichts gemäß § 31d Abs. 1 Nr. 1 PartG ist rechtsfehlerfrei.
59
aa) Der Angeklagte bewirkte, indem er den Rechenschaftsbericht des CDU-Landesverbandes Rheinland-Pfalz für das Jahr 2005 unterschrieb und an die Bundes-CDU weiterleitete, vorsätzlich und in Verschleierungsabsicht, dass in dem anschließend beim Bundestagspräsidenten eingereichten Rechenschaftsbericht der Partei unrichtige Angaben enthalten waren. In dem Rechenschaftsbericht des Landesverbandes waren die Zahlungen der Fraktion in Höhe von 59.912 € für das Konzept "Wahlsieg 2006" und von ebenfalls im Jahre 2005 geleisteten 256.406,40 € für dessen Umsetzung nicht als Einnahmen ver- bucht.
60
bb) Da § 31d PartG das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Richtigkeit der Rechnungslegung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG und somit ein anderes Rechtsgut als der dem Vermögensschutz dienende § 266 StGB schützt, kommt dem Verstoß gegen die Norm ein eigenständiger Unwertgehalt zu, so dass es sich im Verhältnis zur Untreue nicht um eine straflose mitbestrafte Nachtat handelt (zu den diesbezüglichen Voraussetzungen vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - 3 StR 178/13, NStZ 2014, 579, 580) und der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit der Verurteilung nicht entgegen steht (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 116 f.).
61
II. Revision des Angeklagten F.
62
Die Revision des Angeklagten F. hat ebenfalls in der Sache keinen Erfolg.
63
Die Ausführungen der Verteidigung in dem Schriftsatz vom 7. August 2014 sowie in der Hauptverhandlung zeigen einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nach dem im Revisionsverfahren anzulegenden Maßstab auch in Bezug auf den Angeklagten F. nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Haupttat des Angeklagten Dr. B. , der Untreue zu Lasten der CDU-Fraktion des Landtags Rheinland -Pfalz im Zusammenhang mit der Umsetzung des zuvor erstellten Wahlkampfkonzepts , gilt das bereits Ausgeführte. Der Angeklagte F. leistete hierzu Beihilfe, indem er die Rechnungen im Jahre 2005 mit dem Text "Für die konzeptionelle Entwicklung parlamentarischer Initiativen berechnen wir verein- barungsgemäß …" ausstellte, um auf diese Weise zu verbergen, dass die Leis- tungen von C. in Wahrheit der Partei zu Gute kamen. Die Strafkammer hat schließlich mit Blick auf das Gewicht der Tatbeiträge des Angeklagten F. sowie sein großes Interesse am Taterfolg rechtsfehlerfrei angenommen, dass dieser nach allgemeinen Maßstäben als Mittäter gemäß § 25 Abs. 2 StGB zu qualifizieren gewesen wäre und nur deshalb gleichwohl eine Beihilfe angenommen , weil den Angeklagten im Verhältnis zur Fraktion keine besondere Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB traf, ihm somit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB fehlte (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 309/11, NStZ 2012, 630).
64
B. Revision der Staatsanwaltschaft
65
Das wirksam beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, wonach die Angeklagten Dr. B. und F. vom Vorwurf des versuchten Betruges freizusprechen seien, weil ihnen die subjektive Tatseite - insbesondere die Drittbereicherungsabsicht zu Gunsten der CDU-Landtagsfraktion - nicht nachgewiesen werden könne, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
66
Die Strafkammer hat zunächst maßgebend darauf abgestellt, die Angeklagten hätten bei Abgabe der falschen Erklärungen ausschließlich das Ziel verfolgt, ihre eigenen früheren Handlungen zu rechtfertigen. Dabei hat sie nicht bedacht, dass allein dies die erforderliche Absicht, sich oder einen Dritten - hier: die CDU-Fraktion - rechtswidrig zu bereichern, nicht ausschließt. Denn Absicht im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB bedeutet den auf Erlangung des Vorteils zielgerichteten Willen. Nicht erforderlich ist, dass der Vorteil Triebfeder bzw. Endziel, Beweggrund oder Motiv des Täters ist. Die Vorteilserlangung muss weder der einzige, der entscheidende, der überwiegende, noch der in erster Linie verfolgte Zweck gewesen sein. Es genügt vielmehr, wenn der Vor- teil vom Täter neben anderen Zielen oder als notwendiges Mittel für einen dahinter liegenden weiteren Zweck erstrebt wird (st. Rspr.; vgl. schon BGH, Beschluss vom 23. Februar 1961 - 4 StR 7/61, BGHSt 16, 1, 3 ff.; vgl. auch S/SPerron , 29. Aufl., § 263 Rn. 176; Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 263 Rn. 58).
67
Vor dem Hintergrund dieses rechtsfehlerhaften Ansatzes greifen die Ausführungen des Landgerichts zur Beweiswürdigung zu kurz. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, weil es seine Zweifel am Vorliegen der objektiven oder subjektiven Voraussetzungen eines Tatbestandes nicht überwinden kann, so ist dies im Revisionsverfahren zwar grundsätzlich hinzunehmen. Ein durchgreifender Rechtsfehler kann aber darin liegen, dass das Tatgericht überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Sicherheit gestellt hat. Daneben ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte vorhanden sind. Dementsprechend kann ein Rechtsfehler auch darin liegen, dass das Tatgericht nach den Feststellungen nahe liegende Schlussfolgerungen nicht gezogen hat, ohne tragfähige Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - 4 StR 602/11, juris Rn. 10). Schließlich ist es erforderlich, den Inhalt der Einlassung des Angeklagten so darzulegen, dass eine ausreichende revisionsrechtliche Überprüfung dahin ermöglicht wird, ob das Tatgericht den Anklagevorwurf zu Recht für nicht nachweisbar erachtet hat (BGH, Urteile vom 20. Februar 2013 - 1 StR 320/12, juris Rn. 16; vom 4. September 2013 - 5 StR 152/13, NStZ 2014, 325, 326).
68
Hieran gemessen bestehen im vorliegenden Fall durchgreifende rechtliche Bedenken. Die Angeklagten waren langjährige Mitglieder der CDU, der Angeklagte Dr. B. als Landes- und Fraktionsvorsitzender in besonders herausgehobener Funktion. Bereits vor diesem Hintergrund liegt es fern, dass die An- geklagten bei ihren Angaben in dem Prüfungsverfahren des Landesrechnungshofs nicht die Möglichkeit im Blick hatten, dass von dessen Ausgang auch die Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs gegen die Fraktion durch die Landtagsverwaltung abhing und sie diesen Ausgang durch ihre Angaben maßgeblich beeinflussen konnten. Tragfähige Gründe dafür, dass die Strafkammer gleichwohl den subjektiven Tatbestand des Betruges für nicht nachweisbar erachtet hat, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Die Strafkammer hat insoweit in erster Linie pauschal auf die von den Angeklagten anlässlich des Prüfungsverfahrens verfassten Schreiben abgestellt, ohne deren Inhalt näher zu würdigen. Daneben hat sie - ebenfalls lediglich pauschal - die damalige berufliche Situation der Angeklagten benannt. Demgegenüber findet eine substantiierte Auseinandersetzung mit den sonstigen konkreten Umständen des vorliegenden Falles, die für einen Vorsatz der Angeklagten streiten, nicht statt. Insbesondere hat das Landgericht dem Umstand keine Beachtung geschenkt, dass die Angeklagten den festgestellten Endzweck ihres Verhaltens - die Verdeckung des früheren Fehlverhaltens - nur erreichen konnten, wenn die Prüfung zu dem Ergebnis führte, dass Rückforderungsansprüche der Landesverwaltung nicht bestehen und der Landtag infolge dessen keinen Rückzahlungsanspruch gegen die Fraktion nach § 6 FraktG RP geltend machte. Hinzu kommt, dass das Landgericht lediglich mitgeteilt hat, die Angeklagten hätten diesen Tatvorwurf bestritten, ohne Einzelheiten der Einlassungen zu nennen. Auch dies wäre im vorliegenden Fall mit Blick auf die gesamte Beweissituation erforderlich gewesen.
69
Aus diesen Gründen vermag die insgesamt zu diesem Anklagepunkt eher rudimentäre, auf eineinhalb Seiten des schriftlichen Urteils abgehandelte Beweiswürdigung den Teilfreispruch der Angeklagten nicht zu tragen. Die Sache bedarf vielmehr insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Becker Hubert Schäfer Mayer Spaniol

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XI ZR 145/08
Verkündet am:
16. Juni 2009
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 768 Abs. 1; AGBG § 9 Abs. 1 Bf (jetzt BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bf)

a) Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Werkbestellers, die
vorsieht, dass der Werkunternehmer einen Sicherheitseinbehalt von 5% der
Schlussabrechnungssumme nur gegen Stellung einer Bürgschaft ablösen
kann, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthält, benachteiligt
den Werkunternehmer unangemessen und ist nach § 9 Abs. 1
AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam.

b) Die unangemessene Benachteiligung des Werkunternehmers hat zur Folge,
dass die Klausel insgesamt unwirksam ist. Eine formularmäßige Vereinbarung
zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen bildet mit der Ablösungsmöglichkeit
durch eine Gewährleistungsbürgschaft eine untrennbare
Einheit.
BGH, Versäumnisurteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08 - KG Berlin
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2009:160609UXIZR145.08.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Dr. Grüneberg und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. April 2008 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 8 des Landgerichts Berlin vom 28. September 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen, aus einer Gewährleistungsbürgschaft für Malerarbeiten in Anspruch.
2
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) schloss mit der B. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin) am 22./25. Februar 2000 einen Werkvertrag über Malerarbeiten an einem Bauvorhaben in Be. . Die Parteien vereinbarten auf Grundlage eines von der Klägerin gestellten Vertragsmusters unter anderem eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren sowie ergänzend die Geltung der VOB/B. Ferner enthält der Vertrag folgende Regelung: "11. Sicherheitsleistung 11.1 Sämtliche selbstschuldnerische Bankbürgschaften müssen den Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage (§§ 768, 770, 771 BGB) und den Verzicht auf das Recht der Hinterlegung enthalten. Sie müssen weiterhin unbedingt und unbefristet sein. 11.2 … 11.3 … 11.4 Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5% der Schlussabrechnungssumme zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Sicherheit kann durch Stellung einer Bürgschaft abgelöst werden. Der Sicherheitseinbehalt / die Bürgschaft wird auf schriftliches Verlangen nach dem vereinbarten Gewährleistungszeitraum zurückgegeben."
3
Dem vor Vertragsschluss erstellten Verhandlungsprotokoll, das Vertragsbestandteil wurde, war als Anlage ein von der Klägerin vorformulier- tes Muster einer Gewährleistungsbürgschaft beigefügt, das den Verzicht auf "sämtliche Einwendungen und Einreden, insbesondere auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung sowie der Vorausklage gemäß §§ 768, 770, 771 BGB" vorsah. Diesem Muster entsprechend übernahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) am 24. April 2001 eine Bürgschaft für die vertraglichen Gewährleistungsansprüche der Klägerin bis zu einer Höhe von 40.655,12 DM (= 20.786,63 €).
4
Die Arbeiten wurden am 30. März 2001 abgenommen. Im Februar 2005 traten Mängel auf, die ein von der Klägerin beauftragtes Ingenieurbüro mit Schreiben vom 23. März 2005 der Hauptschuldnerin anzeigte verbunden mit der Aufforderung zur Beseitigung. Der inzwischen insolventen Hauptschuldnerin gesetzte Fristen zur Mängelbeseitigung verstrichen erfolglos. Daraufhin nahm die Klägerin mit Schreiben vom 17. Mai 2005 die Beklagte aus der Bürgschaft auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung in Anspruch.
5
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung der Mängel in Höhe von 5.694,21 € nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass die Beklagte auch diesen Betrag bis zu 20% übersteigende Kosten zu tragen hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
7
Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war, war über die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Die Beklagte könne sich nicht auf die Unwirksamkeit der zwischen Klägerin und Hauptschuldnerin getroffenen Sicherungsvereinbarung berufen. Zwar sei sie nicht gehindert, die der Hauptschuldnerin zustehenden Einreden gemäß § 768 BGB geltend zu machen, da der entsprechende formularmäßige Verzicht im Bürgschaftsvertrag gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam sei. Dazu gehöre auch die Einrede, dass die Bürgschaft auf unwirksamer vertraglicher Grundlage gewährt worden sei und daher nach den Regeln über eine ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 BGB) herauszugeben wäre. Die Klägerin habe die Bürgschaft jedoch mit Rechtsgrund erlangt, da die zugrunde liegende Sicherungsvereinbarung wirksam sei. Die Regelung in Ziffer 11.4 in Verbindung mit Ziffer 11.1 des Vertrages benachteilige den Hauptschuldner nicht unangemessen, da er danach den Sicherungseinbehalt durch eine Bürgschaft ablösen könne, die nur den rechtlich unbedenklichen Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit , der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage enthalten müsse. Die Aufnahme von § 768 BGB in den Klammerzusatz von Ziffer 11.1 des Vertrags beruhe auf einem Irrtum, da die vorausgehende wörtliche Aufzählung , deren Erläuterung der Klammerzusatz diene, diese Einreden nicht erwähne. Zumindest führe die Unklarheitenregel des § 5 AGBG zu einem entsprechenden Verständnis.
10
Selbst wenn man annehmen würde, die Sicherungsvereinbarung erfordere auch den Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB, so würde dies - anders als das Erfordernis einer Bürgschaft auf erstes Anfordern - keine unangemessene Benachteiligung des Hauptschuldners darstellen. Zum einen verschaffe sich der Klauselverwender keinen rechtlichen Vorteil , da ein entsprechender Verzicht im Bürgschaftsvertrag unwirksam sei. Zum anderen könne der Hauptschuldner die ihm zustehenden Einreden weiterhin geltend machen mit der Folge, dass auch der Bürge solche vom Hauptschuldner erhobenen Einreden einer Inanspruchnahme entgegenhalten könne. In der Folge könne sich auch der Bürge nach § 242 BGB im Rahmen seines Regressanspruchs gegen den Hauptschuldner nicht auf den Einredeverzicht berufen, so dass der Hauptschuldner nicht gegen seinen Willen belastet werde.

II.

11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Klägerin kann die Beklagte aus der Gewährleistungsbürgschaft nicht nach § 765 BGB in Anspruch nehmen.
12
1. Dabei kann es auf sich beruhen, ob - wie die Revisionvorbringt - die Voraussetzungen für den zuerkannten Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung dadurch entfallen sind, dass die Klägerin nach ihrem unbestrittenen Vortrag die Mängel bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens beseitigen ließ (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 22. Oktober 1981 - VII ZR 142/80, WM 1981, 1386, 1387 und 12. Januar 2006 - VII ZR 73/04, NJW-RR 2006, 669, 670). Dazu hat das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Unabhängig davon kann die Beklagte ihrer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auch in diesem Fall gemäß § 768 Abs. 1 BGB die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 821 BGB) entgegenhalten, da die der Bürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin unwirksam ist und die Klägerin die Bürgschaft daher ohne Rechtsgrund erlangt hat.
13
2. Zutreffend und unangegriffen geht das Berufungsgericht im Ansatz davon aus, dass die Beklagte sich auf die der Hauptschuldnerin nach § 768 Abs. 1 BGB zustehenden Einreden berufen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligt ein - wie hier - formularmäßig erfolgter Verzicht auf die aus dem Akzessorietätsprinzip folgenden Einreden des § 768 Abs. 1 BGB den Bürgen unangemessen. Der Verzicht ist daher gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) unwirksam, lässt jedoch den Bestand des Bürgschaftsvertrages im Übrigen unberührt (vgl. BGHZ 147, 99, 104; BGH, Urteile vom 5. April 2001 - IX ZR 276/98, WM 2001, 1060, 1062 und vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 443/00, WM 2002, 2278, 2280). Zu den Einreden, die der Bürge seiner Inanspruchnahme entgegenhalten kann, gehört auch die Unwirksamkeit der der Bürgschaftsübernahme zugrunde liegenden Sicherungsvereinbarung (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz. 9 m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
14
3. Die Regelung über die Stellung einer Bürgschaft zur Ablösung des Einbehalts in Ziffer 11.4 in Verbindung mit Ziffer 11.1 des Werkvertrags ist nach § 9 Abs. 1 AGBG insgesamt unwirksam. Wie die Revision zu Recht vorbringt, ist diese Klausel des Werkvertrages dahingehend auszulegen , dass der Sicherungseinbehalt nur durch eine Bürgschaft, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthält, abgelöst werden kann. Das benachteiligt den Werkunternehmer unangemessen.
15
a) Der Auslegung des Berufungsgerichts, wonach die Sicherungsvereinbarung keinen umfassenden Verzicht der Bürgin auf Einreden erfordert habe, kann nicht gefolgt werden.
16
aa) Zweifelhaft ist schon, ob überhaupt Raum für eine objektive Auslegung der entsprechenden Klausel ist. Haben die Vertragsparteien eine Klausel übereinstimmend in einem bestimmten Sinne verstanden, so geht dieser übereinstimmende Wille nicht nur der Auslegung einer Individualvereinbarung , sondern auch der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urteil vom 22. März 2002 - V ZR 405/00, WM 2002, 1017, 1018).
17
Alles spricht dafür, dass beide Vertragsparteien die Sicherungsabrede dahingehend verstanden haben, dass sämtliche Einreden der Bürgin ausgeschlossen sein müssen. Die Klägerin hat für den Vollzug der Sicherungsabrede dem Vertrag ein Bürgschaftsformular beigefügt, das einen solchen umfassenden Einredeverzicht vorsah. Die Beklagte hat auf Veranlassung der Hauptschuldnerin dieses für die Stellung einer Bürgschaft zur Ablösung des Einbehalts verwendet. Die Parteien sind damit bei ihrem Verhalten nach Abschluss der Sicherungsvereinbarung, das als Indiz für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und Verständnisses bei Vertragsschluss bedeutsam ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. März 2004 - XI ZR 288/02, WM 2004, 828, 829, vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, NJW 2005, 3205, 3207 und vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, Tz. 16, jeweils m.w.N.), von der Vereinbarung eines umfassenden Einredeverzichts für die Bürgschaft ausgegangen. Einen anderen Vertragswillen hat selbst im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren keine der Parteien geltend gemacht. Gestritten worden ist vielmehr nur darum, ob die Klausel in Ziffer 11.4 und 11.1 des Werkvertrages trotz der zwar gewollten, jedoch rechtlich unwirksamen Verpflichtung zum Ausschluss sämtlicher Einreden durch eine ergänzende Vertragsauslegung teilweise in dem Sinne aufrechterhalten werden kann, dass nur eine "einfache" Bürgschaft geschuldet sei.
18
bb) Zudem enthält - anders als das Berufungsgericht meint - die Sicherungsvereinbarung auch ansonsten keinen eindeutigen Inhalt dahingehend , dass die Hauptschuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft zu stellen hat, die nur den Verzicht auf die Einreden der Aufrechenbarkeit und der Anfechtbarkeit enthalten muss.
19
(1) Die entsprechende Klausel unter Ziffer 11.1 des Werkvertrages, bei der es sich nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, ist nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheit- lich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteile vom 15. November 2006 - VIII ZR 166/06, WM 2007, 1142, Tz. 19 und vom 29. Mai 2008 - III ZR 330/07, WM 2008, 1391, Tz. 19, jeweils m.w.N.).
20
(2) Diese objektive Auslegung, die der Senat wegen der offensichtlichen Verwendung der Klausel über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus selbst vornehmen kann (vgl. BGHZ 121, 173, 178; BGHZ 163, 321, 323 f.), führt hinsichtlich der in der Bürgschaft auszuschließenden Einreden zu keinem eindeutigen Ergebnis. Während der Text lediglich die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage erwähnt , ist im sich anschließenden Klammerzusatz auch die Vorschrift des § 768 BGB aufgeführt. Der Klausel kann hier - anders als das Berufungsgericht meint - auch nicht mit der Begründung ein eindeutiger Inhalt beigemessen werden, dass der Klammerzusatz allgemein nur der Spezifizierung des zuvor wörtlich Ausgeführten diene und daher eine untergeordnete Bedeutung habe. Diesem Verständnis steht entgegen, dass die Klägerin als Anhang des Verhandlungsprotokolls, das auch zum Vertragsbestandteil gemacht wurde, das Muster einer Gewährleistungsbürgschaft mit genau diesem umfassenden Einredeverzicht überreicht hat. Zwar kann der Auftraggeber durch beigefügte Vertragsmuster den abweichenden, eindeutigen Inhalt einer Sicherungsvereinbarung nicht ändern (BGH, Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, WM 2004, 718, 719). Ist die Klausel jedoch - wie hier - nicht eindeutig, so erlangt ein Vertragsmuster, das Bestandteil der Vereinbarung geworden ist, für die Auslegung dieser Klausel Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 269). Dies hat zur Folge, dass vorliegend jeden- falls nicht das eindeutige Auslegungsergebnis erzielt werden kann, § 768 BGB sei irrtümlich in den Vertragstext aufgenommen worden.
21
cc) Wie die Revision zu Recht beanstandet, ergibt sich das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts auch nicht aus der Anwendung der Unklarheitenregel des § 5 AGBG. Das Berufungsgericht verkennt, dass nach dieser Vorschrift in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten ist, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist. Dies gilt nicht nur im Verbandsprozess, sondern auch im Individualprozess (BGHZ 176, 244, Tz. 19). Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden Auslegung als wirksam erweist, kommt die dem Kunden günstigste Auslegung zum Tragen.
22
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die vorsieht, dass der Auftragnehmer einen Sicherungseinbehalt nur gegen Stellung einer Bürgschaft ablösen kann, die den Verzicht auf sämtliche Einreden des § 768 BGB enthält, unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
23
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt ein in einem Vertrag über Bauleistungen formularmäßig vereinbarter Sicherungseinbehalt von 5% der Auftragssumme nur dann nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Werkunternehmers, wenn ein fairer Ausgleich dafür vorgesehen ist, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt erhält, das Bonitätsrisiko des Bestellers für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen muss und ihm die Verzinsung des Werklohns vorenthalten wird (BGHZ 136, 27, 31 f.; BGHZ 157, 29, 31 f.; BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, WM 2007, 1625, Tz. 6). Ausreichend ist es danach, dem Werkunternehmer das Recht einzuräumen, den Einbehalt durch Stellung einer selbstschuldnerischen, unbefristeten Bürgschaft abzulösen (BGHZ 157, 29, 31 f.; BGH, Urteil vom 26. Februar 2004 - VII ZR 247/02, WM 2004, 718, 719 f.). Wird jedoch die Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt, so liegt kein angemessener Ausgleich vor. Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern birgt nämlich die Gefahr , dass dem Auftragnehmer über den Regressanspruch des Bürgen Liquidität für längere Zeit entzogen wird, da Gegenrechte erst in einem Rückforderungsprozess geltend gemacht werden können (BGHZ 136, 27, 32 f.; BGHZ 147, 99, 105; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004, - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 269; BGH, Beschluss vom 24. Mai 2007 - VII ZR 210/06, WM 2007, 1625, Tz. 7).
24
bb) Gemessen an diesen Maßstäben stellt auch die Ablösungsmöglichkeit durch eine Bürgschaft, die den Verzicht auf sämtliche Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis enthalten muss, keinen angemessenen Ausgleich für die Vereinbarung des Sicherheitseinbehalts dar.
25
(1) Zwar muss der Bürgschaftsgläubiger - anders als bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern - das Bestehen der gesicherten Hauptforderung schlüssig darlegen. Während der Bürge jedoch bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern Einreden gemäß § 768 BGB im Rückforderungsprozess geltend machen kann, ist er bei dem hier in der Sicherungsabrede vorgesehenen Verzicht damit endgültig ausgeschlossen. Die in § 768 BGB geregelte Akzessorietät der Bürgenhaftung wird damit in weitem Umfang aufgehoben und die Rechtsnatur dieses Sicherungsmittels einer garantieähnlichen Haftung angenähert.
26
Dies benachteiligt bei formularmäßiger Vereinbarung nicht nur den Bürgen unangemessen, sondern - anders als das Berufungsgericht meint - auch den Auftragnehmer (ebenso OLG Hamm, WM 2004, 2250, 2253; OLG Köln, NJW-RR 2008, 1340, 1341; Hildebrandt, BauR 2007, 203, 210; Kleine-Möller, NZBau 2002, 585, 588; Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien , ibr-online Stand: 21. April 2008, Rn. 127). Das anerkennenswerte Interesse des Gläubigers geht dahin, die Erfüllung der gegenüber dem Auftragnehmer bestehenden Gewährleistungsansprüche abzusichern (BGHZ 136, 27, 31). Ein Verzicht auf die Einreden nach § 768 BGB erleichtert aber dem Werkbesteller darüber hinausgehend die Durchsetzung seiner Gewährleistungsansprüche auch dann, wenn er den zugrunde liegenden materiellrechtlichen Anspruch ansonsten nicht realisieren könnte, da er gegen den Bürgen vorgehen kann, ohne sich die nach dem Bauvertrag begründeten Einreden entgegenhalten lassen zu müssen. Das betrifft beispielsweise die Einrede aus § 320 BGB, wenn der Besteller den Werklohn - über den nach § 641 Abs. 3 BGB zu Recht zurückbehaltenen Betrag hinaus - noch nicht entrichtet hat. Diese Verstärkung der Rechtsstellung des Werkbestellers gegenüber dem Bürgen wirkt auch zu Lasten des Auftragnehmers, der dem Bürgen über § 670 BGB die Aufwendungen zu erstatten hat, die dieser für erforderlich halten durfte. Weitergehend als bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern droht damit dem Werkunternehmer ein endgültiger Verlust der Einreden, da sich kein Rückforderungsprozess aus dem Bürgschaftsverhältnis anschließen kann, der die Möglichkeit einer Korrektur der anfänglichen Bürgenhaftung eröffnet.
27
(2) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts trifft es nicht zu, dass auch bei einem Verzicht des Bürgen auf die Einreden des § 768 BGB dem Hauptschuldner gegen seinen Willen keine Belastung mit dem von Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis befreiten Bürgschaftsrisiko dro- he, da der Bürge seiner Inanspruchnahme entgegenhalten könne, dass der Hauptschuldner die Einreden erhoben habe, und sich dies gemäß § 242 BGB auch auf den Regressanspruch auswirke. Richtig ist zwar, dass den Bürgen die Pflicht treffen kann, bestehende Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis geltend zu machen, und dass sein Regressanspruch ausgeschlossen ist, wenn er diese Pflicht verletzt (Staudinger /Horn, BGB (1997), § 768 Rn. 41). Das Berufungsgericht verkennt jedoch , dass der Bürge bei einem wirksamen Verzicht auf die Rechte aus § 768 BGB die Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis seiner Inanspruchnahme selbst dann nicht entgegenhalten kann, wenn der Hauptschuldner sich auf diese Einreden bereits berufen hat. Der Verzicht auf die Rechte aus § 768 BGB bewirkt gerade eine teilweise Aufhebung der Akzessorietät der Bürgenhaftung, indem dem Bürgen alle Einreden abgeschnitten werden, die er aus dem Hauptschuldverhältnis herleiten könnte (BGHZ 147, 99, 104). Er verzichtet damit umfassend auf die Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis und nicht nur darauf, diese selbst zu erheben. Auch die Klausel in Ziffer 11.1 des Werkvertrags liefert keinen Anhalt für eine Differenzierung danach, ob der Hauptschuldner eine Einrede seinerseits bereits erhoben hat, sondern erfasst unterschiedslos alle Einreden des Bürgen aus dem Hauptschuldverhältnis.
28
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass sich ein Bürge, der auf die Einrede des § 770 BGB verzichtet hat, dennoch auf die vom Hauptschuldner ausgeübten Gestaltungsrechte, die die Hauptschuld zum Erlöschen gebracht haben, berufen kann (BGH, Urteil vom 25. April 2002 - IX ZR 254/00, WM 2002, 1179, 1181). Dies betrifft nur die Umgestaltung der Hauptschuld und folgt aus dem in § 767 Abs. 1 BGB niedergelegten Akzessorietätsgrundsatz. Demgegenüber erfasst § 768 BGB nur Einreden, die sich auf die Durchsetzbarkeit der Hauptforderung beziehen. Zudem durchbricht die die Einreden nach § 768 BGB ausschließende Klausel insoweit gerade den von der Akzessorietät verlangten Gleichlauf von Hauptschuld und Bürgenhaftung und ersetzt diesen durch eine der Garantie angenäherte Einstandspflicht des Bürgen.
29
(3) Anders als das Berufungsgericht meint, steht auch der Umstand, dass der in der Sicherungsabrede verlangte Einredeverzicht in dem später begründeten Bürgschaftsverhältnis nicht wirksam vereinbart worden ist, einer unangemessenen Benachteiligung der Hauptschuldnerin nicht entgegen. Bei der Beurteilung, ob eine Klausel nach § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) unwirksam ist, ist im Individualprozess stets auf die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGHZ 143, 103, 117). Danach könnte die Umsetzbarkeit des vereinbarten Einredeverzichts im Rahmen der Inhaltskontrolle der Sicherungsabrede nur dann Bedeutung erlangen, wenn dieser Verzicht in einem Bürgschaftsverhältnis generell nicht wirksam vereinbart werden könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Eine Regelung, die dem Bürgen den Schutz des § 768 BGB umfassend nimmt, kann nur formularmäßig nicht wirksam vereinbart werden. Dagegen ist eine individualvertragliche Vereinbarung möglich (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77, WM 1980, 10; MünchKommBGB/Habersack , 5. Aufl., § 768 Rn. 3; Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 768 Rn. 8).
30
c) Die unangemessene Benachteiligung der Hauptschuldnerin führt dazu, dass die Klausel insgesamt unwirksam ist und ihr ein Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zusteht. Die Regelung kann nicht in der Weise aufrecht erhalten werden, dass die Hauptschuldnerin berechtigt ist, den Sicherungseinbehalt durch eine selbstschuldnerische, unbefristete Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Einreden des § 768 BGB abzulösen.
31
aa) Ob eine entsprechende Klausel zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede insgesamt führt, ist in der Literatur und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Der überwiegende Teil spricht sich für die vollständige Unwirksamkeit aus (Hildebrandt, BauR 2007, 203, 210; Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., VOB/B § 17 Nr. 4 Rn. 40; Kleine-Möller, NZBau 2002, 585, 588; Leinemann, VOB/BKommentar , 3. Aufl., § 17 Rn. 41; Moufang/Kupjetz, BauR 2002, 1314, 1317 f.; Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online Stand: 21. April 2008, Rn. 130; Vogel, IBR 2007, S. 425 und S. 617; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1241, 1260; ebenso OLG München, NJW-RR 2008, 1342, 1343; KG, BauR 2009, 512; für die Bürgschaft auf erstes Anfordern mit zusätzlichem Einredeverzicht auch Stammkötter, BauR 2001, 1295, 1296). Nach anderer Ansicht ist die Klausel nur hinsichtlich des vereinbarten Einredeverzichts teilweise unwirksam (May, BauR 2007, 187, 201; Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, 3. Aufl. Rn. 500, 502) bzw. ist - zumindest bei entsprechend zu ermittelndem hypothetischen Parteiwillen - eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, dass nur eine einfache, selbstschuldnerische Gewährleistungsbürgschaft ohne den Einredeverzicht geschuldet wird (OLG Frankfurt, Urteil vom 25. März 2008 - 10 U 147/07, juris Tz. 20 f.).
32
bb) In den Fällen, in denen formularmäßig eine Gewährleistungsbürgschaft mit umfassendem Einredeverzicht zur Ablösung eines Sicherungseinbehalts gefordert wird, ist die Sicherungsvereinbarung vollständig unwirksam, da die betreffende Klausel nicht teilbar ist und auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht kommt.
33
(1) Es ist nicht möglich, den Eintritt der Unwirksamkeit der gesamten Klausel durch eine inhaltliche Änderung nur der Regelung zur Austauschsicherheit in Ziffer 11.1 des Vertrags zu verhindern.
34
Für die Teilbarkeit einer solchen Klausel kommt es darauf an, ob die Sicherungsvereinbarung, mit der eine selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht des Bürgen auf die Einreden nach § 768 BGB gefordert wird, als konzeptionelle Einheit zu verstehen ist, was zu einer einheitlichen , die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsparteien berücksichtigenden Gesamtbeurteilung des Regelungsgefüges zwingt (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
35
Für die Vertragserfüllungsbürgschaft hat der Bundesgerichtshof dies verneint und angenommen, dass diese Klausel isoliert betrachtet teilbar ist (BGH, Urteil 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; aA Joussen in Ingenstau/ Korbion, VOB-Kommentar, 16. Aufl., VOB/B § 17 Nr. 4 Rn. 40; Schmitz, Sicherheiten für die Bauvertragsparteien, ibr-online Stand: 21. April 2008, Rn. 129 f.; Stammkötter, BauR 2001, 1295, 1296). Eine Verschränkung des Einbehalts eines Teils des Werklohns mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Bürgschaft besteht bei einer Vertragserfüllungsbürgschaft nicht.
36
Demgegenüber bildet eine Vereinbarung zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen (hier Ziffer 11.4 Satz 1) mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft (hier Ziffer 11.4 Satz 2 und Ziffer 11.1) eine untrennbare Einheit (BGHZ 147, 99, 106; BGH, Urteile vom 22. November 2001 - VII ZR 208/00, WM 2002, 133, 134, vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 269 f., vom 12. Februar 2009 - VII ZR 39/08, WM 2009, 643, Tz. 20, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Der unauflösbare wechselseitige Bezug dieser Teile der Klausel wird dadurch deutlich, dass die Ablösungsbefugnis durch eine Bürgschaft für sich genommen den Auftragnehmer nicht belastet. Ein Nachteil entsteht vielmehr erst dadurch, dass die Ablösungsbefugnis mit einem Einbehalt von Entgelt verknüpft wird und der Auftragnehmer nunmehr die vereinbarte Sicherheit stellen muss, um den davon betroffenen Teil des Werklohns zu erhalten. Die unangemessene Benachteiligung der Hauptschuldnerin durch die in Ziffer 11.1 in Verbindung mit 11.4 des Werkvertrages enthaltene Klausel ergibt sich mithin erst aus dem Zusammenwirken zwischen Sicherungseinbehalt und vereinbarter Ablösungsmöglichkeit.
37
(2) Auch eine ergänzende Auslegung der Sicherungsvereinbarung dahingehend, dass eine Bürgschaft ohne umfassenden Einredeverzicht zu stellen ist, um den Sicherungseinbehalt abzulösen, kommt nicht in Betracht.
38
Um den Vorrang des dispositiven Gesetzesrechts nicht zu umgehen , setzt eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung einer Lücke , die durch den Wegfall einer unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entstanden ist, voraus, dass dispositives Gesetzesrecht nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der Klausel nicht zu einer angemessenen, den typischen Interessen Rechnung tragenden Lösung führt (BGHZ 137, 153, 157; BGHZ 176, 244, Tz. 32; BGHZ 177, 186, Tz. 18).
39
Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob es nach diesen Maßstäben bei Unwirksamkeit des formularmäßigen Sicherungseinbehalts einer ergänzende Vertragsauslegung bedarf, obgleich die gesetzliche Vorschrift zur Fälligkeit des gesamten Werklohns bei Abnahme (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB) diese Lücke schließt (so OLG Hamm, WM 2004, 2250, 2253; OLG Düsseldorf, NZBau 2008, 767, 768). Jedenfalls fehlt vorliegend jeglicher Anhalt dafür, was die Parteien, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel gekannt hätten, bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen typischerweise bestehenden Interessen vereinbart hätten. Es ist offen, ob sie aus der Vielzahl denkbarer Gestaltungsmöglichkeiten gerade die Ablösung eines Sicherheitseinbehalts durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ohne den Verzicht auf die Rechte des § 768 BGB gewählt hätten. Stattdessen wären etwa auch eine Verringerung des Einbehalts, die Verkürzung der Einbehaltsfrist oder die Wahl eines anderen der in § 17 VOB/B genannten Sicherungsmittel in Betracht gekommen (vgl. BGHZ 147, 99, 106; BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 270, vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, WM 2005, 1188, 1189).
40
4. Da die Sicherungsabrede bereits aus diesen Gründen insgesamt unwirksam ist, kommt es auf den weiteren Einwand der Revision, dass auch der vereinbarte umfassende Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit (§ 770 Abs. 2 BGB), der auch unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen erfasst, die Hauptschuldnerin unangemessen benachteilige und zur Unwirksamkeit der Sicherungsabrede insgesamt führe, nicht mehr an (zur Unwirksamkeit eines solchen formularmäßig erfolgten Verzichts im Bürgschaftsvertrag BGHZ 153, 293, 299 f.).

III.

41
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
42
Die Sache ist zur Endentscheidung reif, so dass der Senat die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil zurückweisen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht und die Parteien möglicherweise übersehen haben, dass eine Beseitigung der Mängel den geltend gemachten Vorschussanspruch zum Erlöschengebracht hat. Auch dann stünde die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede jeder Inanspruchnahme der Beklagten als Bürgin entgegen, so dass die Entscheidung des Rechtsstreits von diesem Umstand nicht berührt wird.
Wiechers Müller Ellenberger Grüneberg Matthias
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.09.2006 - 8 O 354/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.04.2008- 21 U 181/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 331/07 Verkündet am:
10. Juni 2008
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Erfasst der Sicherungszweck einer Bürgschaft für ein Gesellschafterdarlehen
auch den Fall, dass die schuldende GmbH in eine Krise gerät, so kann
sich der haftende Bürge nicht auf eine das Eigenkapital der Gesellschaft
sichernde Rückzahlungssperre berufen (im Anschluss an BGH, Urteil vom
15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 590).

b) Fehlende Kenntnis von der Stellung des Darlehensgebers als Gesellschafter
der darlehensnehmenden GmbH kann den Bürgen nur von dem spezifischen
Risiko entlasten, das mit der Einordnung der Hauptschuld als eigenkapitalersetzendes
Gesellschafterdarlehen verbunden ist, steht jedoch
nicht der Bürgenhaftung entgegen, wenn die Gesellschaft als Hauptschuldnerin
vermögenslos wird und deswegen allgemein ihre Verbindlichkeiten
nicht erfüllt.
BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07 - OLG Frankfurt am Main
LG Kassel
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Mai 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Klage in Höhe eines Betrages von 296.498,83 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Die weitergehende Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine GmbH, die sich an einer Vielzahl von Steuerberatungsgesellschaften beteiligt, nimmt den Beklagten auf Zahlung von 510.000 € nebst Prozesszinsen aus einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der F. GmbH (im Folgenden: GmbH) in Anspruch, die auf einem von der Klägerin geführten Verrechnungskonto aufgelaufen sind.
2
Der Beklagte, ein Steuerberater, verkaufte seine Steuerberatungspraxis im Dezember 1998 an eine GmbH, an der er 40% und der Zeuge W. 60% des Stammkapitals von 50.000 DM hielten, für 1,6 Millionen DM, zahlbar in zwei Raten von 1,12 Millionen DM und 480.000 DM. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH wurde der Beklagte. Der Kaufpreis wurde von der Klägerin, die für die GmbH, die über entsprechende Eigenmittel nicht verfügte, in Vorlage trat, gezahlt. Dafür übernahm der Beklagte eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 468.000 DM, die den Anspruch der Klägerin aus der Finanzierung sowohl seiner Stammeinlage von 20.000 DM als auch eines seiner Gesellschaftsbeteiligung von 40% entsprechenden Anteils an der ersten Kaufpreisrate sichern sollte.
3
Am 19. Januar 1999 schloss die Klägerin mit der GmbH in einer Urkunde, in der der Beklagte als "Partner" bezeichnet wurde, eine sogenannte Cash-Clearing-Vereinbarung, die den Tochtergesellschaften der Klägerin den Zugang zu besonders günstigen Kreditkonditionen der Klägerin im Rahmen einer mit der D. Bank geschlossenen Vereinbarung eröffnen sollte. Die Konten der Cash-Clearing-Teilnehmer wurden dabei von der Bank nach Außen wie gewöhnliche Girokonten geführt , im Innenverhältnis wurden sie jedoch buchungstäglich ausgeglichen und der Saldo zugunsten bzw. zulasten des Gesamtkredits der Klägerin umgebucht. Gleichzeitig führte die Klägerin für die GmbH als Teil- nehmerin an dem Cash-Clearing-Verfahren ein Verrechnungskonto, das sämtliche in dieses Verfahren einbezogene, die GmbH betreffende Kontobewegungen erfasste. Dieses durfte die GmbH bis maximal 50.000 DM belasten. In § 5 der Vereinbarung wurde festgelegt, dass der "Partner" gegenüber der Klägerin eine "selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe des vereinbarten Gesamtlimits nebst Zinsen" übernimmt.
4
Am selben Tag schloss der Beklagte mit der Klägerin einen von ihr auch in vergleichbaren Fallgestaltungen verwendeten formularmäßigen Bürgschaftsvertrag, in dem er eine betragsmäßig unbegrenzte selbstschuldnerische Bürgschaft für Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen die GmbH aus der Cash-Clearing-Vereinbarung übernahm.
5
Im Juli 1999 gewährte die D. Bank der GmbH ein Darlehen in Höhe von 1,6 Millionen DM zur Finanzierung des bisher von der Klägerin getragenen Aufwands für den Erwerb der Steuerberaterpraxis des Beklagten, das nach Stellung entsprechender Sicherheiten durch zum Unternehmensverbund der Klägerin gehörende Gesellschaften an die Klägerin ausgezahlt wurde. Für dieses Darlehen übernahm der Beklagte gegenüber der D. Bank entsprechend seiner damaligen Stammeinlage an der GmbH von 35% eine Höchstbetragsbürgschaft über 560.000 DM. Der Aufwand für dieses Darlehen wurde in der Folge über das bei der Klägerin im Rahmen der Cash-Clearing-Vereinbarung geführte Verrechnungskonto der GmbH gebucht. Die Klägerin, die Ende Dezember 2000 den Anteil des Zeugen W. an der GmbH übernahm, erweiterte den der GmbH in dem Cash-Clearing-Verfahren eingeräumten Kreditrahmen laufend, zuletzt mit von dem Beklagten für die GmbH gegengezeichnetem Schreiben vom 28. Januar 2002 auf 510.000 €. Nach Feststellung der bilanziellen Überschuldung der GmbH erklärte die Klägerin mit ihren Ansprüchen in Höhe von 600.000 € einen Rangrücktritt, solange die GmbH überschuldet sei.
6
Nach Auseinandersetzungen der Parteien über die Geschäftsführung der GmbH fasste am 15. Oktober 2003 die Gesellschafterversammlung der GmbH, an der inzwischen die Klägerin zu 60%, der Beklagte zu 35% und der Steuerberater B. zu 5% beteiligt waren, mehrheitlich den Beschluss, den Beklagten aus wichtigem Grund als Geschäftsführer der GmbH abzuberufen und seinen Geschäftsanteil einzuziehen. Am selben Tag stellte die Klägerin das Darlehen aus der Cash-Clearing-Vereinbarung gegenüber der GmbH fällig. Diese leistete keine Zahlungen auf das Darlehen. Die Klägerin nimmt deshalb den Beklagten aus der Bürgschaft vom 19. Januar 1999 in Anspruch.
7
Die Klägerin behauptet, das Verrechnungskonto der GmbH habe zum 31. Dezember 2002 ein Debet von 957.704,87 € aufgewiesen, das in der Folgezeit auf mehr als 1,2 Millionen € angewachsen sei. Der Beklagte habe dafür in Höhe des zuletzt vereinbarten Kreditrahmens von 510.000 € einzustehen, jedenfalls aber für Verbindlichkeiten der GmbH in Höhe von 296.498,83 €, da diese im laufenden, operativen Geschäft der GmbH entstanden seien und nicht auf dem zur Refinanzierung des Erwerbsaufwandes aufgenommenen Darlehen beruhten.
8
Der Beklagte ist der Ansicht, er hafte allenfalls auf den Betrag von 50.000 DM, der in der Verrechnungsvereinbarung als Kreditrahmen vorgesehen sei. Auch in dieser Höhe sei er jedoch mangels Fälligkeit der Bürgschaft nicht zur Zahlung verpflichtet, da das Darlehen der Klägerin als Eigenkapital der GmbH anzusehen sei und deswegen jedenfalls zur Zeit nicht geltend gemacht werden könne.
9
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 510.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


10
Revision Die der Klägerin ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Klage in Höhe von 296.498,83 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

I.


11
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
12
Die Auslegung der Bürgschaft des Beklagten ergebe, dass sie sich nicht auf Verbindlichkeiten der GmbH erstreckte, die im Zusammenhang mit der Refinanzierung des Kaufpreises für den Erwerb der Steuerberatungspraxis entstanden seien. Dagegen spreche zwar die weite formularmäßige Bürgschaftserklärung. Jedoch belegten der Zusammenhang der Bürgschaft mit der zugleich geschlossenen Cash-Clearing-Vereinbarung , die Angaben des Zeugen W. , des früheren Mehrheitsgesellschafters der GmbH und die Übernahme weiterer, der Beteiligung des Beklagten an der GmbH anteilsmäßig entsprechender Bürgschaften für den Finanzierungsaufwand, dass mit der auf das Cash-Clearing-Verfahren bezogenen Bürgschaft nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien keine Ansprüche der Klägerin gegen die GmbH aus dem Kauf der Steuerberatungspraxis hätten gesichert werden sollen. Deswegen bedürfe keiner Entscheidung, ob angesichts der nicht abschließend geklärten Stellung des Beklagten in der GmbH die weite formularmäßig bestellte Bürgschaft wirksam sei. Ebenso wenig sei die weitere Behauptung der Klägerin zu klären, Verbindlichkeiten auf dem durch die Bürgschaft gesicherten Verrechnungskonto in Höhe von 296.498,83 € stünden nicht im Zusammenhang mit der Kaufpreisfinanzierung. Das von der Klägerin über das Verrechnungskonto gewährte Darlehen sei nämlich nach den §§ 30, 31 GmbHG als Eigenkapital der nach Belastung mit der Kaufpreisforderung für den Erwerb der Steuerberatungspraxis überschuldeten GmbH anzusehen und deswegen - jedenfalls derzeit - der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin nicht durchsetzbar. Darauf könne sich der Beklagte berufen, da ihm bei Übernahme der Bürgschaft die künftige Stellung der Klägerin als Gesellschafterin der GmbH nicht bekannt gewesen sei.

II.


13
Ausführungen, Die mit denen das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen hat, halten rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
14
1. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die durch rechtsfehlerfreie Auslegung der Vertragserklärungen der Parteien gewonnene Auffassung des Berufungsgerichts, die von dem Beklagten am 19. Januar 1999 übernommene Bürgschaft sichere auf dem Verrechnungskonto im Rahmen der Cash-Clearing-Vereinbarung verbuchte Verbindlichkeiten der GmbH nicht, soweit diese durch Leistungen auf das an die Klägerin zum Ausgleich für die Kosten des Erwerbs der Steuerberaterpraxis ausgezahlte Darlehen der D. Bank entstanden seien. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Bürgschaft kann entgegen der Ansicht der Revision im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüft werden.
15
a) Der Bürgschaft, die der Beklagte zur Sicherung von Ansprüchen der Klägerin gegen die GmbH aus dem Cash-Clearing-Verfahren bestellt hat, liegen zwar Geschäftsbedingungen zugrunde, die von der Klägerin für entsprechende Verträge mit weiteren Teilnehmern an diesem Verrechnungsverfahren verwendet wurden. Solche Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach objektiven Maßstäben auszulegen, wie die an solchen Geschäften typischerweise beteiligten Verkehrskreise sie verstehen können und müssen (st.Rspr., vgl. BGHZ 51, 55, 58; BGHZ 102, 384, 389 f.). Dies schließt es aus, ein davon abweichendes Verständnis nur einer der Vertragsparteien zum Maßstab der Auslegung zu machen (Se- nat, Urteil vom 23. März 2004 - XI ZR 14/03, WM 2004, 1080, 1082). Soweit die Parteien den Inhalt ihrer Vereinbarungen aber übereinstimmend abweichend vom objektiven Sinngehalt einer Klausel, die in einbezogenen Geschäftsbedingungen enthalten ist, verstanden haben, ist anerkanntermaßen von der gemeinsamen Auffassung der Parteien auszugehen. Nicht nur bei der Auslegung von Individualvereinbarungen, sondern auch von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geht, was die Revision verkennt, der übereinstimmende Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Deutung vor (BGHZ 113, 251, 259; BGH, Urteil vom 9. März 1995 - III ZR 55/94, WM 1995, 874, 876 f., insoweit in BGHZ 129, 90 ff. nicht abgedruckt; BGH, Urteil vom 22. März 2002 - V ZR 405/00, WM 2002, 1017, 1018; Erman/Roloff, BGB 12. Aufl. § 305c Rdn. 20; MünchKomm/Basedow, BGB 5. Aufl. § 305c Rdn. 26; Staudinger/Schlosser, BGB Bearb. 2006, § 305c Rdn. 127; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. § 305b BGB Rdn. 9). Auch individuelle Umstände des konkreten Vertragsschlusses, die Anhaltspunkte für die den Klauseln übereinstimmend beigemessene Bedeutung liefern, sind zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1990 - II ZR 15/89, WM 1990, 679, 681; Staudinger/Schlosser, BGB Bearb. 2006, § 305c Rdn. 130; Lindacher, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 11; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 305c Rdn. 15; Ulmer, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. § 305c BGB Rdn. 84).
16
In b) Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zu der Feststellung gelangt, dass die Bürgschaftserklärung in der Urkunde vom 19. Januar 1999 nach dem von den Parteien übereinstimmend festgelegten Sicherungszweck Verbindlichkeiten der GmbH aus der Finanzierung des Praxiserwerbs nicht umfasst.
17
aa) Es hat dabei - entgegen der Ansicht der Revision - nicht verkannt , dass der mit der Bürgschaft verfolgte Sicherungszweck zunächst anhand des Wortlauts der Bürgschaftsurkunde zu klären ist. Dieser spricht bei objektiver Auslegung dafür, dass die formularmäßige Bürgschaft alle Ausgleichsansprüche der Klägerin aus der Cash-Clearing-Vereinbarung umfasst und damit gegen eine Beschränkung der Haftung des Beklagten.
18
Dabei bb) ist das Berufungsgericht aber zu Recht nicht stehen geblieben, sondern hat anschließend unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Vertragsschlusses und der Interessenlage untersucht , ob die Parteien den Sicherungszweck der Bürgschaft übereinstimmend beschränkt haben. Aus dem Zusammenspiel der verschiedenen zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, insbesondere der gleichzeitig mit der Bürgschaft abgeschlossenen Cash-Clearing-Vereinbarung , nach deren Wortlaut der Beklagte der Klägerin lediglich eine Bürgschaft in Höhe des vereinbarten Gesamtlimits von damals 50.000 DM nebst Zinsen schuldete, sowie unter Berücksichtigung der dem umfangreichen Vertragswerk der Parteien zugrunde liegenden wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten hat das Berufungsgericht die Überzeugung gewonnen, dass die Bürgschaft nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien nicht den Aufwand für die Finanzierung des Praxiserwerbs von mehr als 1 Million DM umfasst. Dabei hat das Berufungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beklagte Bürgschaften für die Darlehen der Klägerin bei der D. Bank über 1,6 Millio- nen DM zur Finanzierung des Kaufpreises der Steuerberaterpraxis nur entsprechend seinem Anteil am Stammkapital der GmbH übernommen hat. Wenn das Berufungsgericht angesichts dessen zu der Feststellung gelangt ist, die Klägerin habe nicht berechtigterweise erwarten dürfen, der Beklagte habe bei der Verbürgung der Ausgleichsansprüche der Klägerin aus der Cash-Clearing-Vereinbarung das volle wirtschaftliche Risiko der GmbH aus dem Praxiskauf allein übernehmen wollen, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und die gegenteilige Ansicht der Revision nicht überzeugend.
19
2. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsurteil dagegen insoweit, als es auch einen Anspruch der Klägerin aus der Bürgschaft verneint, soweit diese Verbindlichkeiten der GmbH aus deren laufendem Geschäftsbetrieb sichert. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen steht einer Inanspruchnahme des Beklagten aus der Bürgschaft nicht entgegen, dass das gesicherte Kontokorrentdarlehen fehlendes Eigenkapital der GmbH ersetzt.
20
a) Dem Bürgen, der für ein Gesellschafterdarlehen haftet, kommt das Verbot der Rückzahlung Eigenkapital ersetzender Darlehen nicht ohne Weiteres zugute.
21
bestimmt Zwar sich die Haftung des Bürgen grundsätzlich nach Inhalt und Beschaffenheit der Hauptschuld (§ 767 BGB). Dies spricht grundsätzlich dafür, dass auch der für ein Gesellschafterdarlehen einstehende Bürge nach § 768 BGB gegenüber dem Gläubiger die Durchsetzungssperre des § 30 GmbHG in Anspruch nehmen kann. Die Akzessorietät findet ihre Grenze jedoch in der Sicherungsabrede der Parteien.
Wird der vereinbarte oder bei Abschluss der Bürgschaft vorausgesetzte Sicherungsfall durch einen Umstand ausgelöst, der zugleich zur eingeschränkten Durchsetzbarkeit der gesicherten Forderung oder gar zu deren Wegfall führt, so kann sich der Bürge darauf nicht berufen. Dies ist in der Rechtsprechung nicht nur für die Durchsetzungssperre bei kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen (BGH, Urteil vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 590) und beim Untergang der Hauptschuldnerin als Rechtsperson wegen Vermögenslosigkeit (vgl. BGHZ 82, 323, 327; Senat BGHZ 153, 337, 340; BGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 443/00, WM 2002, 2278, 2279) anerkannt, sondern auch für die Mithaftungserklärung eines Gesellschafters für ein der GmbH gewährtes Eigenkapitalergänzungsdarlehen (Senat, Urteil vom 27. April 2004 - XI ZR 49/03, WM 2004, 1381, 1384). Erfasst der ausdrücklich oder schlüssig vereinbarte Sicherungszweck den Fall, dass die schuldende Gesellschaft in eine Krise gerät, so kann sich der für ein Gesellschafterdarlehen haftende Bürge nicht auf eine das Eigenkapital der Gesellschaft sichernde Rückzahlungssperre berufen, da sich dabei gerade das mit der Bürgschaft abgesicherte Risiko verwirklicht (vgl. BGHZ 143, 381, 385; BGH, Urteil vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 590 f.; Senat, Urteil vom 27. April 2004 - XI ZR 49/03, WM 2004, 1381, 1383 f.; Erman/Hermann, BGB 12. Aufl. § 768 Rdn. 7; MünchKomm/Habersack, BGB 4. Aufl. § 768 Rdn. 7 und § 765 Rdn. 109; Schmitz/Wassermann/ Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 91 Rdn. 127; a.A. für alle akzessorischen Sicherungsmittel: Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 6.78).
22
b) Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte dennoch nicht für das Kapitalersatzrisiko, da die Klägerin bei Abschluss der Bürg- schaft noch nicht Gesellschafterin der GmbH gewesen sei und der Beklagte deshalb den kapitalersetzenden Charakter des im Rahmen der Cash-Clearing-Vereinbarung eingeräumten Kredits nicht habe erkennen können, ist rechtsfehlerhaft.
23
aa) Dabei geht das Berufungsurteil noch zutreffend davon aus, der Erstreckung der Bürgschaft auf das Kapitalersatzrisiko könne im Einzelfall die fehlende Kenntnis des Bürgen von der Stellung des Darlehensgebers als Gesellschafter der schuldenden GmbH entgegenstehen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 590 f.). Dies folgt aus der Maßgeblichkeit der Sicherungsabrede für die Reichweite der Bürgenhaftung. Besitzt der Bürge aus der objektiven Sicht des Empfängers der Bürgschaftserklärung keine Kenntnis von der Gesellschafterstellung des Gläubigers und ergeben sich auch keine anderen Anhaltspunkte für eine entsprechende Risikoübernahme, so kann dies nach den konkreten Umständen einer Auslegung seiner Sicherungserklärung entgegenstehen, er wolle auch für das Risiko einer die Hauptverbindlichkeit wegen ihrer kapitalersetzenden Funktion treffenden Durchsetzungssperre einstehen.
24
bb) Das Berufungsurteil berücksichtigt jedoch die sachliche Grenze dieser Einschränkung der Bürgenhaftung nicht. Fehlende Kenntnis von der Gesellschafterstellung der Gläubigerin kann den Bürgen nur von dem spezifischen Risiko entlasten, das gerade mit der Einordnung der Hauptschuld als Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen verbunden ist. Die Entlastung des Bürgen von dem Kapitalersatzrisiko rechtfertigt keine darüber hinausgehende Privilegierung. Wird die Gesellschaft als Hauptschuldnerin vermögenslos und erfüllt deswegen allgemein ihre Verbindlichkeit nicht, so ist dieser Sicherungsfall von der Bürgschaft erfasst , ohne dass es auf die Gesellschafterstellung der Gläubigerin oder eine Kenntnis des Bürgen davon ankäme. Das besondere, diesem Bürgen ursprünglich verborgene Risiko der Kapitalersatzhaftung eines Gesellschafterdarlehens wird dann von dem sich für alle Darlehen gleichermaßen verwirklichenden allgemeinen Liquiditätsrisiko der Gesellschaft überlagert. Entsprechend ist in der Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 590) darauf hingewiesen worden, dass der Kapitalersatzcharakter eines Gesellschafterdarlehens wirtschaftlich ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur Zahlungseinstellung darstellen kann und es dann nicht mehr gerechtfertigt sei, die Sicherung der Darlehensverbindlichkeit hinter den Grundsatz der Akzessorietät zurücktreten zu lassen.
25
cc) Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass die GmbH bereits seit Jahren wegen erheblicher Überschuldung insolvenzreif sei. Sie habe seit längerem ihre satzungsgemäße Geschäftstätigkeit eingestellt. Die GmbH sei nicht in der Lage, ihre Verbindlichkeiten auch nur zu einem Teil zu erfüllen. Damit realisiert sich in der Bürgenhaftung des Beklagten nicht das besondere Risiko der Kapitalersatzhaftung für Gesellschafterdarlehen, sondern das allgemeine Bürgenrisiko einer Vermögenslosigkeit der Hauptschuldnerin. Dieses hat ein Bürge, der ohne sein Wissen für ein als Eigenkapital anzusehendes Gesellschafterdarlehen bürgt, ebenso wie alle Bürgen zu tragen, die allgemein für Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen haben.

III.


26
Berufungsurteil Das ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten für von ihm bestrittene Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin über 296.498,83 € aus deren laufendem Geschäftsbetrieb verneint hat. Für weitergehende insoweit bestehende Schulden der GmbH fehlt bereits substantiiertes Vorbringen der Klägerin. Da die Sache danach nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
27
Dieses wird sich gegebenenfalls auch mit der Frage zu befassen haben, ob die Haftung des Beklagten angesichts der Bezugnahme des Bürgschaftsvertrags auf die am selben Tag abgeschlossene Cash-Clearing -Vereinbarung und das darin vereinbarte Gesamtlimit auf 50.000 DM beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1987 - IX ZR 220/86, WM 1987, 1430, 1431), oder der Beklagte angesichts der weiten Sicherungszweckerklärung auch für die nachträgliche Erweiterung des Gesamtkredits der GmbH im Cash-Clearing-Verfahren haftet, weil er darauf als geschäftsführender Gesellschafter der GmbH bestimmenden Einfluss hatte (vgl. hierzu BGHZ 142, 213, 216; 151, 374, 377 f.; 153, 293, 297 f.; BGH, Urteil vom 30. September 1999 - IX ZR 287/98, WM 1999, 2251, 2252; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98, WM 2000, 514, 517; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2158).
Nobbe Müller Ellenberger
Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 08.07.2004 - 11 O 4317/03 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 25.05.2007 - 25 U 120/04 -
BUNDESGERICHTSHOF 04229 Leipzig, den 07.08. 2001
- 5. Strafsenat - Karl-Heine-Straße 12
Geschäftsstelle Fernruf: 0341 /4 87 37-22
Telefax: 0341/4 87 37 97
5 StR 530/00
B e r i c h t i g u n g
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
enthalten die Ausfertigungen des Beschlusses des 5. Strafsenats vom
11. Juli 2001 einen Schreibfehler. Das Aktenzeichen muß richtig heißen:
5 StR 530/00.
Die erste Seite des Beschlusses ist in berichtigter Form beigefügt.
Naumann
Justizhauptsekretärin
5 StR 530/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. Juli 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juli 2001

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 9. März 2000 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

G r ü n d e Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; insoweit wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts verwiesen. Ergänzend bemerkt der Senat: 1. Die Untreue zu Lasten der Verkäuferinnen der Gesellschaftsanteile ist nicht verjährt. Da der Kaufvertrag und der Treuhandvertrag einander bedingen und – wie vom Landgericht rechtsfehlerfrei bewertet – eine Einheit darstellen, war nach § 78a StGB die Tat erst beendet, als der sich aus beiden Verträgen ergebende Schaden vollends eingetreten war. Zwar kann für die Vollendung der Untreue schon eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen. Für die Tatbeendigung ist aber die Realisierung dieser Gefährdung entscheidend. Entsteht nämlich der Nachteil im Sinne des § 266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse oder vergrößert er sich durch diese nach und nach, ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgebend (BGHR StGB § 78a Abs. 1 – Untreue 1; BGH NJW 2001, 2102, 2106). Das in der Vertragsklausel des § 9 Abs. 2 des Kaufvertrages liegende Gefahrenpotential verwirklichte sich, als der Angeklagte K unter Berufung auf die dort festgelegte Gewährleistungsregelung die Zahlung der zweiten Kaufpreisrate in Höhe von 1,25 Millionen DM auf der Grundlage der ihm am 7. Juli 1990 übersandten vorläufigen Bilanz ablehnte, weil diese zum Bilanzstichtag 30. Juni 1989 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 1.661.000 DM aufwies. Durch diese – nach dem 7. Juli 1990 erfolgte – endgültige Verweigerung der Kaufpreiszahlung verfestigte sich der Nachteil für die Verkäuferseite weiter. Deshalb trat vorher jedenfalls keine Beendigung im Sinne des § 78a StGB ein. Durch die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts Freiburg vom 10. November 1994 wurde die Verjährung nach § 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB rechtzeitig unterbrochen. Der Senat kann daher offenlassen, ob die Tatbeendigung nach § 78a StGB – wie das Landgericht und der Generalbundesanwalt annehmen – erst in dem gerichtlichen Vergleich vom 4. Juli 1991 zu sehen wäre, durch den die Verkäuferseite noch die Zahlung der Hälfte der zweiten Kaufpreisrate erreichen konnte, aber andererseits auf die andere Hälfte endgültig verzichtete. Hinsichtlich des als Gehilfen verurteilten Mitangeklagten K ist die Tat ebenfalls nicht verjährt, weil die Verjährung der Teilnahmehandlung erst mit der Beendigung der Haupttat beginnt (BGHSt 20, 227, 228; Jähnke in LK 11. Aufl. § 78a Rdn. 15).
2. Die Verfahrensrügen der Angeklagten dringen nicht durch.

a) Die Beanstandung der Angeklagten, das Landgericht habe den Treuhandvertrag unter Verstoß gegen § 261 StPO nicht ausreichend gewürdigt , bleibt ohne Erfolg. Zwar teilt das Landgericht in den Urteilsgründen nur (auszugsweise) den vom Angeklagten Dr. D s tammenden Entwurf des Treuhandvertrages mit. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lassen sich jedoch ohne weiteres die späteren Ä nderungen in der endgültigen Fassung wie auch die wirtschaftlich wesentlichen Regelungen entnehmen , die für die strafrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes relevant sind.


b) Das Landgericht hat zutreffend die Beweisanträge, die auf eine Sachverständigenbewertung der Anteile hinausliefen, als für die Entscheidung ohne Bedeutung abgelehnt. Auf der Grundlage der Treuhandvereinbarung ergab sich nämlich ein mindestens eingetretener Vermögenszuwachs zu Gunsten des Angeklagten Dr. D . Da ein feststehender Rückkaufspreis eingeräumt war, bildete dieser – abzüglich des Darlehensbetrags und einer Abzinsung – für den Angeklagten jedenfalls den mindestens eingetretenen Ertrag. Wäre der Wert seiner 22,5 % Anteile geringer, hätte der – im übrigen in Wirtschaftsangelegenheiten erfahrene und über den Betrieb informierte Angeklagte – die Anteile veräußert und den Fixkaufpreis realisiert. Wäre der Wert der Anteile größer gewesen, würde die Annahme des niedrigeren Fixpreises den Angeklagten jedenfalls nicht beschweren. Erwägungen , wie der Vermögensstatus der Erbinnen bei einem von der Revision dargestellten Beteiligungsmodell sich entwickelt hätte, sind schon deshalb unerheblich, weil dieses Modell nicht den entsprechenden Bezugspunkt bilden konnte. Maßgeblich im Rahmen der Bestimmung des Nachteils nach § 266 StGB war vielmehr die Überlegung, daß dem Angeklagten Dr. D ein erheblicher Vermögenswert zugeflossen ist, den er als Treupflichtiger seinen Mandantinnen hätte verschaffen müssen. Insoweit entsprach der Gewinn des Angeklagten Dr. D spiegelbildlich dem Verlust der Erbinnen.
Den Revisionen ist zuzugeben, daß die Ablehnung der jeweiligen Beweisanträge sich hier allein in einer Wiederholung des Gesetzeswortlauts erschöpfte. Dies reicht grundsätzlich nicht aus, weil die Ablehnungsbegründung erkennen lassen muß, ob die Ablehnung auf rechtlichen oder tatsächlichen Gründen beruht (vgl. Herdegen in KK 4. Aufl. StPO § 244 Rdn. 45). Damit soll insbesondere der Antragsteller in die Lage versetzt werden, sich auf die durch die Ablehnung des Beweisantrages geschaffene Prozeßlage einzustellen. Aufgrund der im vorliegenden Fall konkret gegebenen prozessualen Situation vermag der Senat indes auszuschließen, daß auf seiten der Angeklagten Unklarheiten infolge der Ablehnung der Beweisanträge bestehen konnten. Wie im übrigen aus der Begründung der Beweisanträge selbst als auch aus dem rechtlichen Hinweis des Gerichts nach § 265 StPO deutlich wird, hat das Landgericht den Nachteil jedenfalls in dem Vermögensvorteil gesehen, der dem Angeklagten Dr. D im Falle des Rückkaufs der Anteile durch den Angeklagten K zugeflossen wäre.
3. Die Sachrügen der Angeklagten führen gleichfalls nicht zum Erfolg.

a) Zutreffend hat das Landgericht die Einräumung der Garantieklausel als Untreuehandlung gewertet.
aa) Die Beweiswürdigung hierzu ist nicht lückenhaft. Insbesondere hat das Landgericht gesehen, daß der Vorschlag von dem Steuerberater

G

kam, den der Angeklagte K zu den Verkaufsverhandlungen beigezogen hatte. Dem steht allerdings nicht entgegen, daß der Angeklagte Dr. D in seinem Bestreben, den Kaufpreis möglichst gering zu halten, diesen Vorschlag aufgriff, weil er – ebenso wie der Mitangeklagte K – die Möglichkeit erkannte, aufgrund dieser Klausel den Kaufpreis sogar unter die ursprünglich anvisierte Marke von 2 Millionen DM weiter zu drücken. Die auf eine ausreichende Tatsachengrundlage gestützte Annahme des Landgerichts , daß beide Angeklagte in Nachteilsabsicht zu Lasten der Verkäuferseite handelten, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
bb) Selbst wenn – wie die Revision hervorhebt – solche Garantieklauseln im Rahmen von Unternehmensverkäufen üblich sein sollten, läßt sich hieraus gleichfalls kein für die Angeklagten günstiges Ergebnis herleiten. Im konkreten Fall ergibt der Gesamtzusammenhang, daß der Einbau einer solchen Klausel jedenfalls in diesem Fall pflichtwidrig war und – schon im Hinblick auf den Wissens- und Kenntnisvorsprung der Angeklagten – von der
Sache her im Sinne eines Risikoausschlusses nicht geboten war. Allein der Umstand, daß eine Klausel üblich ist, besagt für sich genommen wenig. Auch eine – in vielen Fällen sinnvolle – Klausel kann für eine pflichtwidrige Nachteilszufügung instrumentalisiert werden, was hier das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat.
cc) Schließlich ist kein Rechtsfehler darin zu sehen, daß das Landgericht den “richtigen” Bilanzverlust zum Stichtag 30. Juni 1989 nicht festgestellt und hierzu auch kein Gutachten erholt hat. Die Vollendung der Untreue trat durch den Vertragsabschluß mit der Garantieklausel ein, weil dadurch die schadensgleiche Vermögensgefährdung begründet wurde. Dies verdeutlicht gerade der weitere Geschehensablauf. Die Garantieklausel stellte für die Zahlungsverweigerung des Angeklagten K die Bezugsgrundlage dar und führte letztlich dazu, daß es im Vergleichswege zu einer Reduzierung des Kaufpreises um 625.000 DM kam. Damit ist ein endgültiger Nachteil in gleicher Höhe entstanden. Abgesehen davon, daß die Bilanzierung auch hier grundsätzlich Wertungsmöglichkeiten eröffnete, kam es bei dem dargestellten Schadensverlauf auf die Ermittlung eines “richtigen” Bilanzverlustes letztlich gar nicht mehr an.

b) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei den Nachteil der Verkäuferinnen in dem Vermögenswert gesehen, der dem Angeklagten Dr. D durch den Abschluß des Treuhandvertrages zugeflossen ist. Diese Leistung hat der Angeklagte nur deshalb erhalten, weil er dem Angeklagten K die Gelegenheit zu einem günstigen Anteilskauf verschafft hat. Dies hat das Landgericht rechtlich unbedenklich aus den Umständen gefolgert, daß mit dem Treuhandvertrag der Angeklagte Dr. D keinerlei wirtschaftlich annähernd gleichwertige Verpflichtung übernommen hatte, der Treuhandvertrag im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Kaufvertrag abgeschlossen und gegenüber den Verkäuferinnen verheimlicht wurde. Insoweit ist die Zuwendung der Firmenbeteiligung nicht anders zu beurteilen als der Erhalt von
Schmiergeldern. Jedenfalls wenn der zugewendete Vermögensvorteil eine gewisse Höhe erreicht, liegt es nahe, daß dieser Vermögenswert demjenigen entzogen wurde, für den der Schmiergeldempfänger als Treuepflichtiger eigentlich hätte tätig werden sollen (vgl. BGH NJW 2001, 2102, 2104 f.). Ange-
sichts der Größenordnung des hier dem Angeklagten Dr. D zugewendeten Vermögenswerts, der mindestens den Kaufpreis der ihm übertragenen Anteile erreicht hatte, ist die Annahme des Landgerichts, dieser Vermögensvorteil entspreche spiegelbildlich dem Nachteil der Verkäuferseite, naheliegend und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

c) Ebensowenig läßt die steuerstrafrechtliche Beurteilung des Beteiligungserwerbs einen Rechtsfehler erkennen.
aa) Zutreffend geht das Landgericht dabei von sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus. Dabei sieht es die vom Angeklagten Dr. D erbrachten Leistungen in der Vermittlung des Anteilskaufvertrages , der für den Mitangeklagten K sehr günstig gestaltet war. Die Einräumung einer Inhaberstellung an den Gesellschaftsanteilen war – wovon das Landgericht rechtlich bedenkenfrei ausgeht – die Gegenleistung für die erfolgte Vermittlung des für den Angeklagten K günstigen Kaufes der Geschäftsanteile.
bb) Hinsichtlich 22,5 % der Anteile fungierte der Erwerber, der Mitangeklagte K , als Treuhänder für den Angeklagten Dr. D . Als Treugut waren nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO die Anteile wirtschaftlich dem Treugeber, mithin also dem Angeklagten Dr. D z uzurechnen. An der Ernstlichkeit der Treuhandabrede (vgl. BFH BStBl. II 1998, 152, 156) konnte im vorliegenden Fall kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte Dr. D auf diese Weise an dem wirtschaftlichen Wert der Unternehmen partizipieren wollte. Entgegen der Auffassung der Revision stellte die durch den Treuhandvertrag eingeräumte Rechtsstellung nicht nur eine bloße Option auf die dem Angeklagten Dr. D übertragenen Geschäftsanteile dar. Vielmehr wurde dieser mit Abschluß des Treuhandvertrages wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 AO.
cc) Den in der wirtschaftlichen Eigentümerstellung liegenden Vermögensvorteil des Angeklagten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bewertet. Insoweit konnte es von dem durch die Parteien des Treuhandverhältnisses ausgehandelten Rückkaufpreis ausgehen, weil dieser die Festlegung des von den Parteien angenommenen Wertes darstellt. Der hier von den Angeklagten angesetzte Rückverkaufspreis (abzüglich einer angemessenen Abzinsung ) bildete insoweit auch eine taugliche Bemessungsgrundlage. Anhaltspunkte dafür, daß dieser ausgehandelte Preis nicht dem eigentlichen Wert entsprach, bestehen angesichts der beiderseits bei den Angeklagten bestehenden Fachkenntnisse nicht. Vielmehr liegt es sogar nach der Interessenlage nahe, daß der Angeklagte Dr. D im Falle der Beendigung der Treuhand jedenfalls den tatsächlichen Wert der Anteile – so wie er ihn bei Abschluß des Treuhandvertrages einschätzte – liquidieren wollte, andererseits – und hierfür diente vor allem die Möglichkeit der Wahl einer formellen Übertragung der Anteile – auch an einem darüber hinausgehenden Wertzuwachs teilnehmen wollte.
Harms Häger Tepperwien Raum Brause

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/06
vom
17. August 2006
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 17. August 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 26. September 2005 in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) mit den Feststellungen aufgehoben. II. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. wird das vorgenannte Urteil im Hinblick auf die beiden Fälle II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift

)

1. dahin geändert, dass die Angeklagten B. und Sch. jeweils einer Untreue schuldig sind, 2. in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben. III. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten B. und Sch. werden verworfen. IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. und Sch. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in vier Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten, die Angeklagten J. und N. wegen "gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten B. , J. und N. beanstanden zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, so dass es eines Eingehens auf die nur die Fälle II. 2 a und b der Urteilsgründe betreffenden Verfahrensrügen nicht bedarf. Die Revisionen der Angeklagten B. und Sch. sind im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen II. 2 a und b der Urteilsgründe (= Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) wegen gemeinschaftlicher Untreue in zwei Fällen schuldig gesprochen hat, vermögen die getroffenen Feststellungen die Annahme der Strafkammer nicht zu belegen, dass der Wohnungsbaugenossenschaft e.G. (im Folgenden: WBG) durch das Verhalten der Angeklagten ein Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zugefügt worden ist.
4
1. Nach den Feststellungen waren die Angeklagten B. undSch. Vorstandsmitglieder, der Angeklagte J. war Aufsichtsratsvorsitzender und der Angeklagte N. Mitglied des Aufsichtsrats der WBG, die zu 51 % an dem Stammkapital der Wohn- und Baugesellschaft mbH (im Folgenden : WuB) beteiligt war. Die übrigen 49 % des Stammkapitals hielt die N. Verwaltungs GmbH, an der alle Angeklagten als stille Gesellschafter beteiligt waren. Auf Sitzungen am 10. Oktober und 5. November 1996 kamen die Angeklagten überein, dass die WuB ein Wohnbebauungsprojekt durchführen solle, das Investitionen in Höhe von (mindestens) 6,7 Millionen DM erfordern würde (UA 14). Um die hierzu benötigten Darlehen zu erhalten, sollte die WBG entsprechende Bürgschaftserklärungen gegenüber Kreditinstituten abgeben. Absprachegemäß gingen die Angeklagten B. und Sch. als vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder der WBG, ohne zuvor den erforderlichen (§ 49 GenG, § 34 Abs. 1 Buchst. n der Satzung der WBG) zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung der WBG eingeholt zu haben, am 5. Mai 1997 gegenüber der A. -Bank eine selbstschuldnerische, unbefristete und einredefreie Höchstbetragsbürgschaft über 6,642 Millionen DM zu Lasten der WBG ein. Hierauf gewährte die Bank der WuB ein Darlehen über 5,535 Millionen DM. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der WuB wurde die WBG im Jahre 2000 aus der Bürgschaft in Höhe von zwei Millionen DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 a der Urteilsgründe).
5
Um eine Ausweitung der Kredite der Stadtsparkasse an die WuB um 900.000 DM zu erreichen, schlossen die Angeklagten B. und Sch. , wiederum für die WBG handelnd und wiederum ohne zustimmenden Beschluss der Vertreterversammlung, nach Absprache mit den Angeklagten N. und J. am 16. September bzw. 6. November 1997 einen Bürgschaftsvertrag mit der Sparkasse, in der eine bereits bestehende selbstschuld- nerische Bürgschaft über 631.000 DM auf 1.531.000 DM erweitert wurde. Aus dieser Bürgschaft wurde die WBG in der Folgezeit in Höhe von 900.000 DM in Anspruch genommen (Fall II. 2 b der Urteilsgründe).
6
2. Das Landgericht ist hinsichtlich des Falles II. 2 a der Urteilsgründe von einer Vermögensgefährdung der WBG in voller Bürgschaftshöhe ausgegangen (UA 31). Die Behauptung der Angeklagten, dass das mit dem Darlehen finanzierte Bauprojekt der WuB "realistisch und kaufmännisch ordnungsgemäß kalkuliert" worden war, "so dass aus damaliger Sicht gar nicht die Gefahr bestanden habe, dass die Bürgschaft der WBG in Anspruch genommen werde", hat die Strafkammer lediglich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob das Verhalten der Angeklagten pflichtwidrig war, erörtert und hier als rechtlich bedeutungslos angesehen, da die Pflichtwidrigkeit bereits aus dem Fehlen der Zustimmung der Vertreterversammlung zur Eingehung der Bürgschaft folge (UA 32). Dabei hat das Landgericht verkannt, dass die Einlassung der Angeklagten für die Frage, ob die WBG infolge der Übernahme der Bürgschaft im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB geschädigt wurde, von Relevanz ist. Ob nämlich ein Vermögensnachteil eingetreten ist, muss grundsätzlich durch einen ex-ante vorzunehmenden Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft werden (BGHSt 47, 295, 301 f.; BGH wistra 2000, 384, 386; NStZ-RR 2001, 241, 242). An einem Nachteil fehlt es regelmäßig, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren, zu denen auch Gewinnerwartungen zählen können (BGH NStZ 1996, 191), sich gegenseitig aufheben.
7
Durch die Bürgschaftsverpflichtung wurde das Vermögen der WBG belastet , wobei wirtschaftlich gesehen die Höhe der Belastung von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der Bürgschaft abhing (vgl. Hoyos/M. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 6. Aufl. § 249 HGB Rdn. 100). Da die Bürgschaft zur Finanzierung eines Bauprojekts der WuB diente, an der die WBG zu 51 % beteiligt war, sie deshalb an der Wertschöpfung durch das Bauvorhaben teilhatte, muss geklärt werden, ob der Vermögenseinbuße durch die Bürgschaftsgewährung damals ein diese ausgleichender Vermögenszuwachs durch das in Aussicht genommene Bauprojekt gegenüber stand. Der vom Landgericht angenommene Gefährdungsschaden mit der vollen Bürgschaftssumme wäre nur dann zutreffend, wenn - was nicht festgestellt ist - das Bauprojekt von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wäre oder es sich um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelte (vgl. BGH NJW 1975, 1234, 1236; GA 1977, 342, 343; NStZ 1996, 191).
8
Hinsichtlich des Falles II. 2 b der Urteilsgründe ist dem Urteil schon nicht zu entnehmen, welchem Zweck die Kreditausweitung bei der Sparkasse gedient hat. Es liegt aber nahe, dass auch sie im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der WuB erfolgt ist (vgl. UA 14, 15 f.), so dass zu der Frage eines Vermögensschadens der WBG aus den oben dargelegten Gründen weitere Feststellungen erforderlich sind.

II.


9
Soweit das Landgericht die Angeklagten B. und Sch. in den beiden Fällen II. 3 der Urteilsgründe (= Ziffern 4 und 5 der Anklageschrift) jeweils wegen gemeinschaftlich begangener Untreue in zwei Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass nur eine Untreue vorliegt.
10
1. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen schlossen die Angeklagten B. und Sch. , für die WBG handelnd, mit der als Maklerin nicht besonders qualifizierten (vgl. UA 21) Lebensgefährtin eines Gesellschafters der N. Verwaltungs GmbH, Petra H. , am 10. Juni 1996 einen Maklervertrag , in dem sie diese mit dem Nachweis von Kaufinteressenten und/oder der Vermittlung eines Kaufvertragsabschlusses im Hinblick auf das im Eigentum der WBG stehende Anwesen Z. beauftragten. Die Provision von 8 % sollte entweder auf den Verkaufspreis aufgeschlagen und der Maklerin ausgezahlt oder im Direktgeschäft zwischen Maklerin und Käufer erzielt – also in jedem Fall letztlich vom Käufer entrichtet – werden (UA 23, 34). Am 27. August 1996 wurde der Maklervertrag u.a. auf das ebenfalls zu verkaufende Objekt R. erweitert, wobei die Provision auf 4 % herabgesetzt wurde. Noch am selben Tag wurde auf Veranlassung von Frau H. in einem den Maklervertrag ergänzenden "Protokoll" mit der WBG, diese vertreten durch die Angeklagten B. und Sch. , in Abänderung der vorgenannten Vereinbarung festgehalten, dass die Provision in jedem Falle von der WBG bezahlt werden solle; der bisher vertraglich vorgesehene Aufschlag der Provision auf den Verkaufspreis oder die direkte Bezahlung der Maklerin durch den Käufer wurden gestrichen. Zugleich wurde der Begriff der "Vermittlung" als Herstellung von Erstkontakten mit Kaufinteressenten oder alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeiten wie u.a. die Übergabe von Unterlagen definiert, selbst wenn der Erstkontakt nicht von der Maklerin, sondern über die WBG oder Dritte hergestellt worden war. Die Angeklagten beabsichtigten damit, der Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit den Provisionsanspruch gegen die WBG zu sichern, ohne dass die Genossenschaft hieran ein wirtschaftliches Interesse haben konnte. Ihnen war bewusst, dass sie mit der Regelung Frau H. "für ihren Provisionsanspruch einen 'Blanko-Scheck' ausstellten" (UA 23).
11
Auf Grund der Vereinbarung zahlte die WBG jeweils auf Veranlassung der Angeklagten B. und Sch. an die Maklerin nach Verkauf des Objektes Z. am 4. November 1997 181.240 DM und nach Verkauf des Anwesens R. am 23. April 1998 weitere 193.200 DM, wobei ein Provisionsanspruch jeweils nur auf der Grundlage des "Protokolls" bestand (UA 24, 35).
12
2. Das Landgericht hat zwei Untreuehandlungen der Angeklagten B. und Sch. zum Nachteil der WBG darin gesehen, dass die Angeklagten mit der Maklerin durch das "Protokoll" eine Vereinbarung trafen, die - abweichend von der damals geltenden Vertragslage - die WBG dazu zwang, die Maklerin unabhängig vom Erfolg ihrer Tätigkeit aus eigenem Vermögen zu vergüten, sie dadurch das Vermögen der WBG “missbräuchlich gefährdet(en)“ (UA 35) und sie auf der Grundlage des "Protokolls" schließlich die beiden Maklerprovisionen auszahlen ließen (UA 34).
13
Diese Würdigung hält insoweit rechtlicher Prüfung nicht stand, als - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nur ein Fall der Untreue vorliegt; denn bereits mit der nunmehr die WBG als Zahlungspflichtige bestimmenden Vereinbarung in dem Protokoll trat ein - zur Vollendung des Tatbestands ausreichender (vgl. BGH NStZ 2001, 650) - konkreter Gefährdungsschaden zum Nachteil der WBG ein, der durch die späteren, auf Grund des "Protokolls" erfolgten Auszahlungen der Maklerprovisionen nur vertieft wurde (vgl. Tröndle /Fischer, StGB 53. Aufl. § 266 Rdn. 81).
14
Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als bisher hätten verteidigen können.
15
Mit der Schuldspruchänderung entfallen auch die für den Fall II. 3 der Urteilsgründe erkannten beiden Einzelstrafen; der neue Tatrichter wird insoweit eine Strafe festzusetzen haben.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien und Maatz Kuckein Ri'inBGH Solin-Stojanović sind infolge urlaubsbedingter Abwesenheit verhindert zu unterschreiben. Maatz Sost-Scheible

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt sich nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen.

(2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu einer selbständigen Tätigkeit berechtigt und verpflichtet; insbesondere sind sie bei Anwendung des Strafgesetzes an die gestellten Anträge nicht gebunden.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 92/11 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
CEPS-Pipeline
AEUV Art. 107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3 Satz 3

a) Wird bei der Veräußerung eines nur einmal vorhandenen Gegenstandes
(Unikats) durch die öffentliche Hand auf ein bedingungsfreies Bieterverfahren
verzichtet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein für das Kaufobjekt
tatsächlich gebotener Preis beihilfefrei ist. Vielmehr muss dann eine objektive
Wertermittlung erfolgen.

b) Ein Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot führt weder
nach Unionsrecht noch nach deutschem Recht zwingend zur Gesamtnichtigkeit
des Kaufvertrags, durch den eine Beihilfe gewährt wird. Ist Beihilfeelement
ein zu niedriger Kaufpreis, reicht es zur Beseitigung des rechtswidrig
erlangten Wettbewerbsvorteils aus, wenn vom Beihilfeempfänger die Zahlung
des Unterschiedsbetrags zwischen dem vereinbarten und dem höheren
beihilfefreien Preis zuzüglich des bis zur Rückforderung entstandenen Zinsvorteils
verlangt wird (Klarstellung zu BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR
314/02, EuZW 2003, 444, 445; Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 53/03,
EuZW 2004, 252, 253; Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 256/06, BGHZ 173,
129 Rn. 3; Beschluss vom 13. September 2012 - III ZB 3/12, WM 2012, 2024
Rn. 19).

c) Ein Kaufvertrag, der Beihilfeelemente enthält, kann nicht durch Vereinbarung
einer Erhaltens- und Ersetzungsklausel mit beihilferechtskonformem Inhalt
aufrechterhalten werden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen
, worauf sich die Parteien des Kaufvertrags bei - unterstellter - Nichtigkeit
der Kaufpreisvereinbarung verständigt hätten.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und der Streithelferin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. April 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und die Streithelferin der Beklagten (im Weiteren: Streithelferin ) sind miteinander im Wettbewerb stehende europaweit tätige Energieversorgungsunternehmen. Im Mai 2005 erwarb die Streithelferin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland das von Münster nach Hessisch Oldendorf führende Teilstück des vormals militärisch genutzten Central Europe Pipeline Systems (CEPS) zum Preis von 700.000 €. Zuvor hatte die Beklagte - ohne ein förmliches Bieterverfahren durchzuführen - bei verschiedenen Unternehmen ein mögliches Kaufinteresse abgefragt. Die Klägerin war über die Verkaufsabsichten nicht informiert worden. Nachdem sie auf eigene Initiative Kenntnis davon erlangt hatte, bekundete sie Interesse an dem Erwerb des Teilstücks der Pipeline und gab ebenfalls ein Angebot zu einem Kaufpreis von 700.000 € ab.

2
Die Entscheidung, das Teilstück der Pipeline an die Streithelferin zu veräußern , begründete die Beklagte gegenüber der Klägerin damit, dass das Angebot der Streithelferin günstiger gewesen sei; diese habe unter anderem zusätzlich noch das ansonsten unverkäufliche Teilstück des CEPS von Schacht Rinkerode nach Münster übernommen.
3
§ 6 des Kaufvertrags zwischen der Beklagten und der Streithelferin enthält folgende Regelung: Sollten einzelne Regelungen dieses Vertrages - gleich aus welchem Grund - unwirksam sein oder werden, so soll dadurch die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt werden. Der Bund und die W. verpflichten sich für diesen Fall, eine dem Sinn und Zweck der unwirksamen Regelung wirtschaftlich entsprechende ergänzende Vereinbarung zu treffen. Gleiches gilt für den Fall, dass der Kaufvertrag Lücken enthält oder der Auslegung bedarf.
4
Die Klägerin macht geltend, der Veräußerungspreis unterschreite den Marktwert und stelle damit eine Beihilfe gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV dar. Da die Beihilfe - unstreitig - nicht notifiziert worden sei, sei der Kaufvertrag nach § 134 BGB in Verbindung mit dem beihilferechtlichen Durchführungsverbot (Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV) nichtig.
5
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass der von der Beklagten mit der Streithelferin geschlossene Kaufvertrag über die Veräußerung eines Teilstücks des Central Europe Pipeline Systems betreffend die Strecke Münster - Hessisch Oldendorf nichtig ist.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
7
Mit ihren vom Senat zugelassenen Revisionen, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchten die Beklagte und die Streithelferin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat den Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die Feststellungsklage sei als beihilferechtliche Konkurrentenklage zulässig. Die Klage sei auch begründet. Der Verkauf des Teilstücks der Pipeline zum Preis von 700.000 € stelle eine Beihilfe dar. Der Marktwert des Teilstücks habe mindestens 870.000 € betragen. Die der Streithelferin gewährte Vergünstigung sei geeignet, den Wettbewerb zu verfälschen und im Hinblick auf den europaweiten Tätigkeitsbereich der Klägerin und der Streithelferin den Handel zwischen Mitgliedstaaten der EU zu beeinträchtigen.
10
Der Kaufvertrag sei insgesamt nichtig. Eine Teilnichtigkeit komme weder aufgrund der im Vertrag enthaltenen salvatorischen Ersetzungsklausel noch nach den Grundsätzen ergänzender Vertragsauslegung in Betracht. Eine bloße Teilnichtigkeit mit ex tunc wirkender Heilung widerspreche Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV.
11
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zwar ist das Berufungsgericht zu Recht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen (dazu II 1). Seine Annahme, der Verkauf des Teil- stücks der Pipeline stelle eine Beihilfe dar, ist jedoch von Rechtsfehlern beeinflusst (dazu II 2).
12
1. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage zutreffend als zulässig angesehen.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Gegenstand einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO auch das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnis zwischen einer Partei und einem Dritten (hier zwischen der Beklagten und der Streithelferin) sein, wenn dieses Rechtsverhältnis zugleich für die Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung dieser Frage hat. Hierfür reicht es aus, wenn der Kläger vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und dem Dritten in seinem Rechtsbereich nur mittelbar betroffen wird (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 1. Juli 2011 - V ZR 84/10, juris Rn. 36 mwN).
14
So liegt der Fall hier. Das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV, dessen Verletzung die Klägerin rügt, begründet für sie als Konkurrentin der Streithelferin subjektive Rechte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 136/09, BGHZ 188, 326 Rn. 19 ff. - Flughafen Frankfurt-Hahn).
15
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Leistungsklage im Streitfall nicht vorrangig ist, weil zu erwarten ist, dass die Beklagte ein feststellendes Urteil respektieren wird (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445, 447 f.).
16
c) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Feststellungsantrag sei unzulässig, weil er auch dann begründet sein könne, wenn die Beklagte gegen andere Rechtsvorschriften als Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßen hätte, die der Klägerin keine subjektiven Rechte verleihen.
17
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags allein mit der Behauptung, der Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot verletze sie in eigenen Rechten. Sie hat damit den Streitgegenstand der Klage entsprechend beschränkt und eine Prüfung anderer Nichtigkeitsgründe , bezüglich deren es ihr an subjektiven Rechten fehlt, durch das Gericht ausgeschlossen.
18
d) Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht - anders als die Revision meint - auch nicht entgegen, dass die Klägerin damit ihr Ziel verfehlte, gerade einen Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV rechtskräftig feststellen zu lassen, weil die Begründung für die Nichtigkeit nicht an der Rechtskraft des Feststellungsausspruchs teilhätte. Die Beschränkung der Rechtskraft schließt das Rechtsschutzinteresse nicht aus, wenn sich die Klage auf ein Drittrechtsverhältnis bezieht, das Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2005 - II ZR 291/03, BGHZ 165, 192, 196 f.). Vorliegend kommt hinzu, dass bei einer Verurteilung der Beklagten zulasten der Streithelferin die Bindungswirkung des § 68 ZPO eintritt, die über die Rechtskraft des Urteils hinaus alle entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Beurteilungen umfasst. Wäre der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot nichtig, müsste dieBeklagte daher die Beihilfe zurückfordern (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - C199 /06, Slg. 2008, I-469 = EuZW 2008, 145 Rn. 38 - CELF I), ohne dass die Streithelferin noch einwenden könnte, dass tatsächlich keine Beihilfe vorliegt.
19
e) Da einerseits Konsequenz der Nichtigkeit die Rückforderung der Beihilfe ist und andererseits vorliegend ohne Nichtigkeit keine Rückforderung in Betracht kommt, muss die Klägerin entgegen der Ansicht der Revision die Klage nicht auf die Feststellung einer Pflicht der Beklagten richten, die nach Auffassung der Klägerin rechtswidrig gewährte Beihilfe zu beseitigen. Es kann deshalb dahinstehen, ob ein solcher Antrag dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO widerspräche. Entgegen der Ansicht der Revision wird die Beklagte auch nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit beschränkt, wie sie die rechtswidrige Beihilfe beseitigt. Vielmehr beruft sich die Klägerin auf eine Rechtsfolge, die sich ihrer Auffassung nach aus dem Gesetz ergibt und auf die die Beklagte keinen Einfluss hat.
20
2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkauf des Teilstücks der Pipeline durch die Beklagte stelle eine Beihilfe dar.
21
a) Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. davon ausgegangen, dass der Verkauf der Pipeline an die Streithelferin zum Preis von 700.000 € eine staatliche Beihilfe darstelle, weil dieser Preis in beihilferechtlich relevanter Weise unter dem Marktpreis gelegen habe. Die von der Beklagten und der Streithelferin erhobenen Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen seien unbegründet. Zwar sei die Ermittlung eines realistischen Marktwertes für eine individuelle Sache wie das Teilstück der Pipeline schwierig bis nahezu unmöglich. Dies führe jedoch nicht dazu, dass eine Marktwertermittlung unterbleiben müsse. Auch die Kommission gehe davon aus, dass eine Wertermittlung durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgen müsse, wenn kein bedingungsfreies Bieterverfahren durchgeführt werde.
22
Der gerichtliche Sachverständige habe in seiner ergänzenden Stellungahme vom 23. Januar 2009 eine Marktwertbetrachtung allein auf der Basis von Netznutzungsentgelten vorgenommen, dabei aber darauf hingewiesen, dass der Marktwert nicht anhand des abgeführten Gewinnertrags einer Tochtergesellschaft der Streithelferin ermittelt werden könne. Der Sachverständige sei bei einem realisierten Anschlusspotential von 10,8% und einer Benutzungsstruktur mit einem Richtwert von 3.500 h/a bei einer Marge von 0,122 ct/kWh zu einem Marktwert von 870.000 € gelangt. Die noch aufrechterhaltenen Einwände der Beklagtenseite zu den vom Sachverständigen herangezogenen Bemessungsfaktoren gingen damit ins Leere.
23
b) Die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht ist nicht frei von Rechtsfehlern.
24
aa) Die Revision rügt insoweit ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe den Marktwert nicht auf der Grundlage eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens ermitteln dürfen, weil bei Veräußerung eines nur einmal vorhandenen Gegenstandes (Unikats) nur der tatsächlich erzielte Preis und nicht ein nur hypothetisch ermittelter höherer Wert der Marktpreis sein könne.
25
Zwar ist es beim Verkauf von Unikaten grundsätzlich als ein beihilfefreies Geschäft zum Marktpreis anzusehen, wenn der Verkauf nach einem hinreichend publizierten, allgemeinen und bedingungsfreien Bieterverfahren an den meistbietenden oder einzigen Bieter erfolgt (vgl. Nr. II 1 der Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand, ABl. 1997 Nr. C 209, S. 3; nachfolgend : Mitteilung der Kommission). Die Beklagte hat aber kein transparentes Bieterverfahren für die Pipeline oder deren Teilstücke durchgeführt. Die Klägerin hat nur zufällig von der Verkaufsabsicht Kenntnis erlangt. In einem solchen Fall kann der vereinbarte Kaufpreis, von dem nicht feststeht, dass er sich in ei- nem offenen Bieterwettbewerb gebildet hätte, nicht als Marktwert zugrunde gelegt werden.
26
Das Berufungsgericht hat es daher als zulässig und geboten angesehen, den Marktpreis für das Pipelineteilstück durch einen gerichtlichen Sachverständigen zu ermitteln. Es hat sich in diesem Zusammenhang auf die Mitteilung der Kommission (dort Nr. II 2 Buchst. a) bezogen, nach der bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand dann, wenn - wie hier - kein bedingungsfreies Bieterverfahren durchgeführt wird, vor den Verkaufsverhandlungen eine Bewertung durch unabhängige Sachverständige erfolgen soll; für den Fall der Unverkäuflichkeit sei nach der Mitteilung der Kommission (Nr. II 2 Buchst. b) eine Abweichung von 5% von dem so festgestellten Marktpreis noch als marktkonform anzusehen.
27
Das Berufungsgericht hat damit die Methode für die Prüfung eines möglichen Beihilfeelements zutreffend bestimmt. Wird auf ein bedingungsfreies Bieterverfahren verzichtet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein für das Kaufobjekt tatsächlich gebotener Preis beihilfefrei ist. Vielmehr muss dann eine objektive Wertermittlung erfolgen.
28
bb) Nicht frei von Rechtsfehlern ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts , das Teilstück der Pipeline habe einen Marktwert in Höhe eines Ertragswerts von zumindest 870.000 €.
29
Das Berufungsgericht hat die Marktwertberechnung des Gutachters im Wege einer Ertragswertermittlung allein auf der Basis von Netznutzungsentgelten , also des erzielbaren Umsatzes, nicht beanstandet. Die Revision rügt zu Recht, dass dabei die Kosten des Gasnetzbetreibers - mit Ausnahme der Kosten der Nutzung des vorgelagerten Netzes - unberücksichtigt geblieben sind.
Zwar durfte, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nichtstatt der Netznutzungsentgelte der von der Netzbetreiberin W. Transport GmbH an ihre Konzernmutter abgeführte Gewinnertrag Grundlage für die Bestimmung des Marktwerts sein, weil die Gewinnabführung innerhalb des Konzerns jedenfalls zum Kaufzeitpunkt im Mai 2005 in weitem Rahmen frei gestaltet werden konnte. Wie die Beklagte und die Streithelferin vorgetragen haben, ist es aber nicht gerechtfertigt, mit Ausnahme der Kosten der Nutzung des vorgelagerten Netzes alle nach der Lebenserfahrung mit dem Netzbetrieb verbundenen Kosten unberücksichtigt zu lassen (§ 286 ZPO).
30
Der gerichtliche Sachverständige Dr. K. ist in seinem Gutachtenvom 13. Mai 2008 davon ausgegangen, dass der Ertragswert des maßgeblichen Teilstücks der Pipeline aus der Differenz zwischen den (Zusatz-)Einnahmen und den Gesamtkosten errechnet wird, wobei er als Kosten den Kaufpreis, die Betriebskosten sowie zusätzliche Erschließungs- und Anschlusskosten erwähnt hat. Demgegenüber hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. Januar 2009 angenommen, dass keine Kosten für den Betrieb des Teilstücks der Pipeline zu berücksichtigen seien. In der in der mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2010 überreichten Präsentation hat er dazu zwar ausgeführt, die Netzentgelte seien so berechnet, dass die Kosten des Netzbetriebs durch den bestehenden Gastransport finanziert würden; die zusätzlich transportierten Mengen lieferten daher in voller Höhe einen Deckungsbeitrag. Diese Aussage steht aber im Gegensatz zur Berücksichtigung (weiterer) Kosten im Gutachten vom 13. Mai 2008, so dass die Ausführungen des Sachverständigen insoweit als widersprüchlich erscheinen.
31
Auch aus dem vom Berufungsgericht erwähnten Verkauf eines anderen Leitungsabschnitts des CEPS für einen Kaufpreis von 5.585 €/km lässt sich nicht ohne weiteres auf den Marktwert des vorliegend maßgeblichen Teilstücks schließen, weil Feststellungen zur Vergleichbarkeit der Pipelineabschnitte fehlen.
32
c) Das Berufungsgericht hätte unter diesen Umständen aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen nicht bereits vom Vorliegen einer Beihilfe ausgehen dürfen. Vielmehr hätte es auf eine Vervollständigung des Gutachtens hinwirken müssen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1995 - VIII ZR 278/94, NJW 1996, 730; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 412 Rn. 2). Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben.
33
III. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es obliegt dem Berufungsgericht, die fehlenden Feststellungen zum Beihilfecharakter des Kaufvertrags zu treffen. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Klage nicht schon unabhängig vom Vorliegen einer Beihilfe abzuweisen, weil auch ein unterstellter Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot im Hinblick auf die im Streitfall vereinbarte Ersetzungsklausel keine Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags bewirkt. Zwar folgt bei einem Verstoß gegen das beihilferechtliche Durchführungsverbot weder aus dem Unionsrecht noch aus dem deutschen Recht zwingend die Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags, durch den die Beihilfe gewährt wird (dazu III 1 bis 3). Auch wenn sich die beihilferechtlich gebotene Nichtigkeit aber auf die Kaufpreisvereinbarung beschränkt, ist der Vertrag trotz der im Streitfall vereinbarten Ersetzungsklausel nach deutschem Recht insgesamt nichtig, weil ihm ein wesentlicher Bestandteil fehlt, der auch durch Anwendung der Ersetzungsklausel nicht ersetzt werden kann (dazu III 4).
34
1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot die Unwirksamkeit der betreffenden Beihilfemaßnahme zur Folge. Auch eine spätere Entscheidung der Kommission, mit der die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt wird, führt nicht zur Heilung der ungültigen Rechtsakte (EuGH, Urteil vom 21. November 1991 - C-354/90, Slg. 1991, I-5505 = EuZW 1993, 62 Rn. 16, 17 - FNCE; Urteil vom 11. Juli 1996 - C-39/94, Slg. 1996, I-3547 = EuZW 1996, 564 Rn. 67 - SFEI). Davon ausgehend hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass ein Vertrag, durch den unter Verletzung des beihilferechtlichen Durchführungsverbots eine Beihilfe gewährt worden ist, gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und daher gemäß § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 314/02, EuZW 2003, 444, 445; Urteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 53/03, EuZW 2004, 252, 253; Urteil vom 5. Juli 2007 - IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 Rn. 33; Beschluss vom 13. September 2012 - III ZB 3/12, WM 2012, 2024 Rn. 19). Denn Zweck des Durchführungsverbots ist nicht nur, das System der präventiven Beihilfenkontrolle durch die Europäische Kommission zu sichern, sondern auch Wettbewerbsvorteile des Einzelnen zu verhindern, die er aus einer nicht auf dem vorgesehenen Weg gewährten Beihilfe ziehen könnte. Unter Bezug auf die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Fällen FNCE (EuZW 1993, 62 Rn. 16, 17) und SFEI (EuZW 1996, 564 Rn. 67) hat der Bundesgerichtshof angenommen, dieser Zweck des Durchführungsverbots lasse sich nur durch Annullierung der rechtsgeschäftlichen Regelung erreichen, die es verletzt (BGHZ 173, 129 Rn. 34).
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2. Wie sich insbesondere aus der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt, gebietet der Zweck des unionsrechtlichen Durchführungsverbots aber keine Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen, in denen das Beihilfeelement ein zu niedriger Kaufpreis ist (in diesem Sinne auch BGH, WM 2012, 2024 Rn. 16). In solchen Fällen reicht es zur Beseitigung des rechtswidrig erlangten Wettbewerbsvorteils aus, wenn vom Beihilfeempfänger die Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem verein- barten und dem höheren beihilfefreien Preis zuzüglich des bis zur Rückforderung entstandenen Zinsvorteils verlangt wird.
36
a) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestand bislang kein Anlass für entscheidungserhebliche Ausführungen zur Frage der Teil- oder Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen, die gegen das Durchführungsverbot verstoßen. So ging es in dem vom XI. Zivilsenat entschiedenen Fall um einen Investitionszuschuss , der insgesamt als Beihilfe zu qualifizieren war (BGH, EuZW 2004, 252). In der Sache III ZB 3/12 wurde auf Rückzahlung einer Beihilfe geklagt , die in einem Zinsvorteil bestand (WM 2012, 2024). Der IX. Zivilsenat hatte sich mit einem Darlehen zu befassen, das in vollem Umfang eine Beihilfe darstellte , weil sich das begünstigte Unternehmen am Markt nicht mehr finanzieren konnte (BGHZ 173, 129). Auch hier kam nur eine Gesamtnichtigkeit in Betracht. Der V. Zivilsenat hat zwar die Beihilfen enthaltenden Kaufverträge, die im Rahmen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 AusglLeistG abgeschlossen worden waren, insgesamt als nichtig angesehen. Das war für die Entscheidung indes nicht tragend, weil aufgrund einer gesetzlichen Regelung die fraglichen Kaufverträge als mit einem höheren Kaufpreis bestätigt galten und zwischen den Parteien nur über diesen Differenzbetrag gestritten wurde.
37
b) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mittlerweile klargestellt, dass das nationale Gericht nicht verpflichtet ist, die Rückforderung einer unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährten Beihilfe anzuordnen, wenn die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat, mit der die genannte Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird. Zum Ausgleich des rechtswidrigen Wettbewerbsvorteils, der dem Beihilfeempfänger durch die Nutzung der Beihilfe vor der positiven Entscheidung der Kommission zugeflossen ist, hat ihm das nationale Gericht aufzugeben, für die Dauer der Rechtswidrigkeit Zinsen ("Rechtswidrigkeitszinsen") zu zahlen. Außerdem kann es gegebenenfalls die Rückzahlung der rechtswidrigen Beihilfe anordnen, unbeschadet des Rechts des Mitgliedstaats, diese später erneut zu gewähren (EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - C-199/06, Slg. 2008, I-469 = EuZW 2008, 145 Rn. 55 - CELF I; Urteil vom 18. Dezember 2008 - C-384/07, Slg. 2008, I-10393 = EWS 2009, 81 Rn. 28 - Wienstrom).
38
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann das jeweilige nationale Recht also die Möglichkeit vorsehen, eine unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährte Beihilfe ("formell rechtswidrige Beihilfe") auch nach einer positiven Entscheidung der Kommission zurückzufordern; ein Zwang dazu besteht nach Unionsrecht aber nicht (vgl. auch bereits EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - C-368/04, Slg. 2006, I-9957 = EuZW 2006, 725 Rn. 56 - Transalpine Ölleitung; ebenso BGH, WM 2012, 2024 Rn. 16). Erforderlich ist in einem solchen Fall allein, die Vorteile aus der rechtswidrigen vorzeitigen Nutzung der Beihilfe abzuschöpfen. Damit wird deutlich, dass sich die vom Gerichtshof erstmals in der Randnummer 16 des Urteils FNCE (EuZW 1993, 62) getroffene Aussage, eine spätere positive Entscheidung der Kommission habe keine Heilung der formell rechtswidrigen Beihilfemaßnahmen zur Folge, allein auf die Möglichkeit einer rückwirkenden Heilung bezieht (Ehlers/Scholz, JZ 2011, 585, 587). Das ergibt sich auch aus der englischen, der niederländischen und der als Verfahrenssprache im Fall FNCE sowie Arbeitssprache des Gerichtshofs besonders aufschlussreichen französischen Sprachfassung dieser Aussage ("effect of regularizing ex post facto", "achteraf wordt gedekt" bzw. "de régulariser a posteriori").
39
Aus diesen Grundsätzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union folgt, dass die effektive Durchsetzung des Beihilferechts nicht gebietet, den gesamten die Beihilfe gewährenden Vertrag rückabzuwickeln, sondern dass nur der beihilferechtswidrig erlangte Vorteil abgeschöpft werden muss (vgl. Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., AEUV Art. 108 Rn. 15; Heidenhain, EuZW 2005, 135; Bartosch, EuZW 2008, 235, 240). Einen Abschreckungseffekt, der sich effizient durch eine Gesamtnichtigkeit erreichen ließe, bezweckt das Durchführungsverbot nicht (vgl. Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), S. 855, 860; aA Kühling, ZWeR 2003, 498, 504 ff.).
40
c) Vorliegend fehlt es zwar an einer Positiventscheidung der Kommission. Die Parteien streiten aber auch nicht über die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, über die nach Art. 108 Abs. 2 AEUV allein die Kommission zu befinden hat. Vielmehr geht es um die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Kaufvertrag über die Pipeline ein notifizierungsbedürftiges Beihilfeelement enthält. Muss aber schon ein festgestelltes Beihilfeelement , das von der Kommission nachträglich mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt wird, nicht allein wegen eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot zurückgefordert werden, so fordert das Unionsrecht erst recht keine Nichtigkeit des beihilfefreien Vertragsinhalts, wenn nur eine bestimmte Klausel eines Vertrags - insbesondere die Kaufpreisregelung - ein Beihilfeelement enthält.
41
Einer späteren Positiventscheidung der Kommission kommt lediglich die Funktion zu, die unionsrechtliche Sanktion des Verstoßes gegen das Durchführungsverbot auf die Erstattung von Rechtswidrigkeitszinsen zu begrenzen. Werden aber nicht nur diese Zinsen, sondern wird darüber hinaus das Beihilfeelement des Kaufvertrags, also die Kaufpreisdifferenz, an die öffentliche Hand gezahlt , ist ein mit dem Gemeinsamen Markt vereinbarer Zustand wiederhergestellt , ohne dass es einer Positiventscheidung der Kommission bedarf. Dabei obliegt es im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot den nationalen Gerichten, den Begriff der Beihilfe auszulegen, solange die Kommission keine verfahrensabschließende Entscheidung nach Art. 108 Abs. 2 AEUV getroffen hat (EuGH, EuZW 1993, 62 Rn. 10 - FNCE, BGHZ 188, 326 Rn. 25).
42
d) Gegen ein unionsrechtliches Gebot der Gesamtnichtigkeit eines Kaufvertrags , dessen Kaufpreisregelung ein nicht notifiziertes Beihilfeelement enthält , spricht auch ein Beschluss des Präsidenten des Gerichts der Europäischen Union vom 6. Dezember 1996 (T-153/96R - Stadt Mainz, Slg. 1996, II-1655 Rn. 26). Diese Sache betraf den Verkauf eines Grundstücks der Stadt Mainz an eine Tochtergesellschaft der Siemens AG zu einem Preis unter Marktwert. Die Kommission stellte eine unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot gewährte Beihilfe in Höhe von knapp 5 Millionen DM fest und ordnete deren Rückforderung an. Den Antrag Deutschlands auf Aussetzung des Vollzugs der Kommissionsentscheidung wies der Präsident des Gerichts während des dagegen betriebenen Rechtsmittelverfahrens zurück. Dabei führte er aus, dass allein das zuständige deutsche Gericht zu entscheiden habe, ob die Rückforderung der angeblichen Beihilfe die völlige oder teilweise Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrags rechtfertige. Der Präsident des Gerichts nahm zudem an, dass Folge der Kommissionsentscheidung eine Erhöhung des Grundstückskaufpreises - also nicht notwendig eine Unwirksamkeit des Kaufvertrags - sei (EuG, Slg. 1996, II-1655 Rn. 23, 26). Dies entspricht auch der Praxis der Kommission (vgl. etwa Art. 2 der Entscheidung der Kommission vom 14. April 1992, ABl. 1992 Nr. L 263/15, S. 25 - Daimler-Benz).
43
e) Für die unionsrechtliche Zulässigkeit einer auf Teile des Rechtsgeschäfts beschränkten Nichtigkeit bei Verträgen, die nicht notifizierte Beihilfeelemente enthalten, spricht auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer vergleichbaren Frage im Bereich des Kartellrechts. Danach ist es ebenfalls Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob die Nichtigkeit einer gegen das Kartellrecht der Union verstoßenden Vertragsklau- sel zu einer Vertragsanpassung oder zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führt (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Dezember 1986 - C-10/86, Slg. 1986, 4071 Rn. 15 - VAG France; Urteil vom 30. April 1998 - C-230/96, Slg. 1998, I-2055 Rn. 51 - Cabour; Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), 855, 861). In diesem Sinn hat es der Gerichtshof ferner im Bereich des Zollrechts der Union den Gerichten der Mitgliedstaaten überlassen zu entscheiden, ob eine Abgabe, die nur über einen bestimmten Betrag hinaus mit dem Unionsrecht unvereinbar ist, nur hinsichtlich des übersteigenden Betrags oder insgesamt rechtswidrig ist (EuGH, Urteil vom 4. April 1968 - 34/67, Slg. 1968, 363, 373 - Lück). Es ist kein Grund ersichtlich, warum im Beihilferecht andere Grundsätze gelten sollten.
44
3. Auch das bei der Durchsetzung des Durchführungsverbots maßgebliche deutsche Recht gebietet nicht generell eine über das Unionsrecht hinausgehende Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen, deren Kaufpreisvereinbarung Beihilfeelemente enthält.
45
a) Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ordnet keine Rechtsfolge für den Fall eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot an. In einem solchen Fall sind Sinn und Zweck des Verbots dafür entscheidend, inwieweit Nichtigkeit gemäß § 134 BGB eintritt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Durchführungsverbot nach Wortlaut und systematischer Stellung eindeutig allein an die Mitgliedstaaten als Beihilfegeber und damit nur an eine Vertragspartei richtet. Bei solchen einseitigen Verboten kommt die in § 134 BGB vorgesehene Rechtsfolge nur in Betracht, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 286; Urteil vom 13. Oktober 2009 - KZR 34/06, K&R 2010, 349 Rn. 12 - Teilnehmerdaten I). Der Bundesgerichtshof hat dies zwar bisher für das Durchführungsverbot bejaht. Dem lag allerdings die Annahme zugrunde, die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Eu- ropäischen Union gebiete die Nichtigkeit des privatrechtlichen Vertrags, durch den die Beihilfe gewährt werde (vgl. Bartosch, EuZW 2008, 235, 240). Der Bundesgerichtshof hat sich dabei insbesondere auf die Entscheidungen FNCE (EuZW 1993, 62) und SFEI (EuZW 1996, 564) bezogen (vgl. grundlegend BGH, EuZW 2003, 444, 445). Wie oben (Rn. 37-43) dargelegt, kann aber im Hinblick auf die zwischenzeitliche Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht mehr daran festgehalten werden, dass das Unionsrecht eine Gesamtnichtigkeit von Kaufverträgen fordert, die gegen das Durchführungsverbot verstoßen.
46
Dient die Qualifikation als gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB der effizienten Durchsetzung des unionsrechtlichen Durchführungsverbots, so wird auch die sich daraus ergebende Rechtsfolge durch Sinn und Zweck des Durchführungsverbots bestimmt und begrenzt. Das Durchführungsverbot hat die Funktion zu verhindern, dass durch unangemeldete Beihilfen Benachteiligungen im Wettbewerb entstehen, die sanktionslos bleiben (vgl. BGHZ 188, 326 Rn. 19 - Flughafen Frankfurt-Hahn, mwN). Die durch einen zu niedrigen Kaufpreis hervorgerufene Wettbewerbsverzerrung lässt sich außer durch eine Rückabwicklung des Geschäfts aber auch durch eine Anpassung des Kaufpreises erreichen, wobei für die Kaufpreisdifferenz Zinsen ab dem tatsächlichen Vollzug des Kaufvertrags, regelmäßig also ab der Übergabe der Kaufsache, zu leisten sind. Mehr als die Beseitigung der Beihilfe in Form der mit ihr verbundenen Wettbewerbsverzerrung verlangt das Beihilferecht nicht.
47
Andere Gesichtspunkte, die nach deutschem Recht eine Gesamtnichtigkeit von unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot abgeschlossenen Kaufverträgen erfordern, sind nicht ersichtlich (vgl. Bartosch, EuZW 2008, 235, 240).
48
b) Danach ergibt sich aus Sinn und Zweck des Durchführungsverbots, dass ein Kaufvertrag, der Beihilfeelemente enthält, wegen des Verstoßes gegen dieses Verbot nur insoweit nichtig ist, wie durch ihn eine Beihilfe gewährt wird. Im Streitfall erfasst diese Nichtigkeit allein die Kaufpreisregelung.
49
Der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz kann in Anwendung von § 134 BGB, letzter Halbsatz, dazu führen, dass ein Vertrag nur teilweise nichtig ist (vgl. MünchKomm.BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 134 Rn. 105; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 134 Rn. 29). Dementsprechend ist der Bundesgerichtshof etwa im Fall einer gegen § 12 TKG 1996 verstoßenden Preisvereinbarung von einer Teilnichtigkeit ausgegangen (BGH, K&R 2010, 349 Rn. 13, 49 - Teilnehmerdaten I). Mit dieser Vorschrift wurde der dem Durchführungsverbot im Ziel der Abwehr von Wettbewerbsverfälschungen verwandte Zweck verfolgt, einen chancengleichen Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten herzustellen.
50
Bei Zuwiderhandlungen gegen ein einseitiges gesetzliches Verbot gebietet zudem schon der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die Nichtigkeitsfolge auf den nach Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes erforderlichen Umfang zu beschränken (vgl. Palm/Arnold in Erman, BGB, 13. Aufl., § 134 Rn. 14; Staudinger /Sack, BGB, 2011, § 134 Rn. 58; Jauernig, BGB, 14. Aufl., § 134 Rn. 14). Das hat gerade auch bei Verstößen gegen das Durchführungsverbot Bedeutung (vgl. etwa Quardt/Nielandt, EuZW 2004, 201, 203; Ehlers/Scholz, JZ 2011, 585, 587; Finck/Gurlit, Jura 2011, 87, 90). So kann sich ein Verdacht auf Beihilfen bei Projekten, die die öffentliche Hand mit privaten Partnern verwirklicht, erst nach vielen Jahren ergeben. Es würde oft zu unangemessenen Härten führen , wenn solche Projekte dann noch zwingend vollständig rückabgewickelt werden müssten (vgl. die Beispiele bei Heidenhain, EuZW 2005, 135, 137). Es wird auch nicht immer aus Sicht des privaten Partners Anlass bestehen, sich über mögliche Beihilfeelemente in einem mit der öffentlichen Hand abgeschlossenen Austauschvertrag bereits vor Vertragsschluss Gedanken zu machen.
51
4. Die Nichtigkeit der Kaufpreisvereinbarung führt im Streitfall gleichwohl zur Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags. Denn der Kaufpreis gehört zu den unverzichtbaren essentialia negotii eines Kaufvertrags.
52
a) Allerdings haben die Beklagte und die Streithelferin für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Regelungen vereinbart, dass ihr Kaufvertrag im Übrigen erhalten bleiben soll, und sich verpflichtet, eine dem Sinn und Zweck der unwirksamen Regelung wirtschaftlich entsprechende ergänzende Vereinbarung zu treffen. Gegen die Wirksamkeit dieser Erhaltens- und Ersetzungsklausel bestehen keine Bedenken. Die Aufrechterhaltung des Kaufvertrags mit beihilferechtskonformem Inhalt verstieße weder gegen beihilferechtliche Bestimmungen , noch läuft die salvatorische Klausel als solche einem Verbotsgesetz zuwider (vgl. Verse/Wurmnest, AcP 204 [2004], 855, 868).
53
b) Die Vereinbarung einer Ersetzungsklausel bewirkt indes nicht, dass die vom Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen als wirksam behandelt werden sollen. Sie führt vielmehr nur zu einer Umkehrung der Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil. Die Darlegungs - und Beweislast dafür, dass die Parteien das teilnichtige Geschäft als Ganzes verworfen hätten, trifft denjenigen, der entgegen der Erhaltensklausel den Vertrag als Ganzes für unwirksam hält (BGH, Urteil vom 24. September 2002 - KZR 10/01, GRUR 2004, 353 = WRP 2003, 86; Urteil vom 15. März 2010 - II ZR 84/09, NJW 2010, 1660 Rn. 8). Ist die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts aber im Einzelfall mit dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen unvereinbar, tritt trotz der salvatorischen Klausel Nichtigkeit des gesamten Vertrages ein.

54
c) Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen zum Parteiwillen getroffen. Die Entscheidung, ob und wie die Vertragspartner die aufgrund des Verstoßes gegen das Durchführungsverbot fehlende Kaufpreisregelung ersetzt hätten, kann indes aufgrund ausreichender tatsächlicher Feststellungen auch durch das Revisionsgericht getroffen werden. Denn es geht hier nicht um die Aufklärung eines - nicht festgestellten - tatsächlichen Parteiwillens, sondern um eine an objektiven Maßstäben orientierte Bewertung , was die Parteien im Falle des Erkennens der Regelungslücke bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1220).
55
aa) Eine Gesamtnichtigkeit trotz salvatorischer Klausel kommt insbesondere in Betracht, wenn nicht nur eine Nebenabrede, sondern eine wesentliche Vertragsbestimmung unwirksam ist und durch die Teilnichtigkeit der Gesamtcharakter des Vertrags verändert würde (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1995 - VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773; Urteil vom 4. Dezember 1996 - VIII ZR 360/95, NJW 1997, 933, 935). Das ist hier der Fall.
56
Die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises ist die vertragstypische, wesentliche Leistung des Käufers. Ist sie unwirksam und bliebe der übrige Vertragsinhalt dennoch gültig, würde der Vertrag seinen Charakter als Austauschvertrag verlieren und allein als einseitige Verpflichtung des Käufers fortbestehen (vgl. BGH, NJW 1996, 773, 774). Eine Aufrechterhaltung des Kaufvertrags als nur einseitige Verpflichtung des Verkäufers würden redliche Parteien für den Fall der Nichtigkeit der Kaufpreisabrede aber keinesfalls vereinbaren.
57
bb) Auch die zwischen der Beklagten und der Streithelferin vereinbarte Ersetzungsklausel vermag die Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags nicht abzuwenden. Sie kann nicht dazu führen, dass an die Stelle der - unterstellt - unwirksamen Kaufpreisvereinbarung der höhere, beihilfefreie Preis tritt. Denn eine solche Verpflichtung hätten redliche Vertragspartner bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nicht vereinbart.
58
Zwar wirkt sich die Anpassung des Kaufpreises an den Marktpreis für die Beklagte ausschließlich positiv aus, so dass eine Beeinträchtigung ihrer Interessen bei entsprechender Anpassung des Vertrags nicht ersichtlich ist. Der Streithelferin als Erwerberin des Teilstücks der Pipeline ist aber keineswegs unter allen Umständen ein Festhalten an dem Vertrag zu einem erhöhten Kaufpreis zuzumuten. Vielmehr erscheint fernliegend, dass von der Streithelferin ein Kauf des Teilstücks auf jeden Fall auch zu einem erheblich den vereinbarten Kaufpreis überschreitenden Marktpreis gewollt war. Das gilt umso mehr, als für die Streithelferin bei Abschluss des Kaufvertrags nicht deutlich werden musste, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe in ihm Beihilfeelemente enthalten sind.
59
Weder anderen Rechtsbeziehungen der Parteien des Kaufvertrags noch einer gesetzlichen Regelung lassen sich konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen , worauf sich die Parteien des Kaufvertrags bei - unterstellter - Nichtigkeit der Kaufpreisvereinbarung verständigt hätten (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2008 - V ZR 14/08, NJW 2009, 1135 Rn. 17). Solange von den Vertragsparteien keine Ersatzvereinbarung getroffen worden ist, kann der Eintritt der Gesamtnichtigkeit unter diesen Umständen dann nicht durch eine Ersetzungsklausel verhindert werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1995 - VIII ZR 25/94, NJW 1996, 773, 774). Insbesondere würde es die Grenze zwischen der Verwirklichung des hypothetischen Parteiwillens und einer unzulässigen richterlichen Vertragsgestaltung überschreiten, wenn der Ersetzungsklausel im vorliegenden Fall eine Pflicht der Parteien entnommen würde, die nichtige Regelung des Kaufpreises durch eine Klausel zu ersetzen, nach der die Streithelferin den Vertrag entweder mit dem erhöhten, dem Marktpreis entsprechenden Kaufpreis zuzüglich Zinsen fortsetzen oder sich binnen bestimmter Frist von dem Vertrag lösen kann (aA Verse/Wurmnest, AcP 204 (2004), S. 855, 868 f.). Der in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Heranziehung des § 3a Abs. 1, 4 AusglLeistG bei Anwendung der Ersetzungsklausel zur vertraglichen Lückenfüllung steht entgegen, dass diese Norm speziell für die Lösung der Schwierigkeiten geschaffen wurde, die sich aus den beihilferechtlichen Bedenken der Kommission gegen das Flächenerwerbsprogramm in den Neuen Bundesländern gemäß § 3 AusglLeistG ergeben hatten. Damit handelt es sich um keine allgemeine Bestimmung, an der sich auch die Beklagte und ihre Streithelferin bei der Regelung ihrer Rechtsbeziehungen orientieren müssten. Ist aber nicht eindeutig , welche Bestimmung die Parteien an die Stelle einer nichtigen Regelung gesetzt hätten, so ist es dem Gericht verwehrt, in Anwendung der Ersetzungsklausel eine bestimmte, ihm interessengerecht erscheinende Klausel zum Vertragsinhalt zu machen (vgl. BGH, NJW 2009, 1135 Rn. 16).
60
5. Sollte der vereinbarte Kaufpreis Beihilfeelemente enthalten, steht der Klägerin somit ein Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags zwischen der Beklagten und der Streithelferin zu.
61
IV. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revisionen der Beklagten und der Streithelferin aufzuheben. Da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 26.03.2010 - 1 O 510/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.04.2011 - 5 U 51/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 591/11
vom
10. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. September 2012 in der Sitzung am 10. Oktober 2012, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte und
- in der Verhandlung vom 26. September 2012 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 30. November 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer festgestellt wird. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen, Untreue in drei Fällen und Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten führt lediglich zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte nach vorangegangener Beschäftigung bei der B. bis 2008 als lei- tender Angestellter bei der D. T. AG (im folgenden DT AG genannt ) tätig. Dort war er im Tatzeitraum von 2004 bis 2006 im Bereich der Konzernsicherheit als Leiter der Unterabteilung "K. " tätig. Aufgrund seiner Position konnte er eigenverantwortlich finanzielle Verpflichtungen eingehen; ihm oblag die Verwaltung mehrerer Kostenstellen und er war für die ordnungsgemäße Verwendung des ihm zugewiesenen Budgets verantwortlich.
3
1. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor dem 18. Februar 2004 gab der in Geldnot befindliche Angeklagte gegenüber der Finanzbuchhaltung der DT AG wahrheitswidrig an, für verdeckte Ermittlungen der Konzernsicherheit einen Vorschuss von 25.000 € zu benötigen. Ihm wurde dieser Betrag mit dem Überweisungszweck "Maßnahme der Konzernsicherheit" auf sein Gehaltskonto überwiesen, das zu diesem Zeitpunkt ein Soll von 4.592,37 € auswies. Spätestens nach Eingang des Geldes entschloss sich der Angeklagte, das nach dem Kontoausgleich verbliebene Guthaben von 20.407,63 € für eigene Zwecke zu verwenden (Fall B. I).
4
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB angenommen und einen Schaden in Höhe von 20.407,63 € zugrunde gelegt.
5
2. Nachdem sich seine finanzielle Situation nicht verbessert hatte, beantragte der Angeklagte im Mai 2005 bei der Finanzbuchhaltung der DT AG einen weiteren Vorschuss von 150.000 € und täuschte hierzu einen Ermittlungsbedarf im Bereich von Telefonkartenmanipulationen vor. Er stellte gegenüber dem Unternehmen den Rückkauf aufladbarer und damit manipulierbarer Telefonkarten als wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme zur Schadensbegrenzung dar und gab wahrheitswidrig vor, diese Summe zuzüglich des bereits gewährten Vorschusses von 25.000 € für den Rückkauf von etwa 140.000 Telefonkarten zu benötigen. Auch den Betrag von 150.000 € ließ er sich auf sein Gehaltskonto über- weisen und verwendete den Betrag in der Folgezeit für eigene Zwecke (Fall B. II).
6
Das Landgericht hat diese Tat als Betrug im besonders schweren Fall gemäß § 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet.
7
3. Am 20. Januar 2005 erschien in der Zeitschrift "Capital" ein Artikel mit Details der vertraulichen Mittelfristplanung der D. T. AG, die bis dahin nur dem Unternehmensvorstand und den Aufsichtsratsmitgliedern bekannt war. Bei dem daraufhin einberufenen Treffen der Konzernspitze, an der der Angeklagte als Vertreter des erkrankten Leiters der Abteilung Konzernsicherheit teilnahm, erteilte der damalige Vorstandsvorsitzende R. der Konzernsicherheit den Auftrag, den Urheber der Indiskretionen zu identifizieren und geeignete Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung neuerlicher Indiskretionen zu ergreifen, ohne insoweit konkrete Maßnahmen zu benennen. Dies nahm der Angeklagte zum Anlass, sich über eine Mitarbeiterin im Vorstandsbüro die Mobilfunknummern der Aufsichtsratsmitglieder zu beschaffen. Zudem beauftragte er die N. GmbH, vertreten durch den gesondert verfolgten Geschäftsführer K. , mit einer Auswertung der Pressemeldungen und die T. GmbH mit der Durchführung entsprechender Ermittlungen. Letztere ermittelte als vermeintliche Quelle der Indiskretionen eine Person mit den Initialen "WW" und eine dieser zuzuordnende Mobilfunknummer. Im Juni 2005 stellte der Angeklagte der Konzernspitze die von der Fa. N. erstellte Presseauswertung vor und erklärte, es bestehe der Verdacht, dass es sich bei dem Informationsgeber um das Aufsichtsratsmitglied W. handele. Als ihm seitens des Vorstandes signalisiert wurde, dass für einen derartigen Verdacht "gerichtsverwertbare Beweise" erforderlich seien, beauftragte er u.a. die Fa. N. , unter dem Projektnamen "R. " eine Identifizierung des Informanten über den Abgleich von noch zu beschaffenden Telefonverbindungsdaten zu versuchen, obgleich ihm die Strafbarkeit dieses Vorgehens bekannt war. Zu diesem Zweck veranlasste er mit der wahrheitswidrigen Behauptung, der Vorstandsvorsitzende R. habe einen entsprechenden Auftrag erteilt, unter Mithilfe des auf absolute Vertraulichkeit eingeschworenen Unternehmensangehörigen G. über mehrere Monate die Erhebung der MobilfunkVerbindungsdaten der Aufsichtsratsmitglieder T. und W. sowie der Journalisten K. und P. . Die Überwachung umfasste zunächst alle ein- und ausgehenden Anrufe der betreffenden Anschlüsse. Systembedingt wurden darüber hinaus auch die Nummern der Anrufer, soweit es sich um Teilnehmer aus dem Netz der T- handelte, "auf Überwachung gelegt". Dies hatte zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt alle ein- und abgehenden Verbindungen dieser Anschlüsse ebenfalls erfasst und gespeichert wurden. Der Angeklagte ließ sich die Verbindungsdaten in der Regel auf Datenträgern übergeben und leitete diese zur Auswertung an den Geschäftsführer K. der Fa. N. weiter bzw. ließ sie in einer kennwortgeschützten, der Fa. N. zugänglichen "dropzone" im Internet speichern. K. speicherte die Verbindungsdaten anschließend in den Computersystemen der N. GmbH und veranlasste die anschließende Auswertung, welche der erhobenen Verbindungen als "verdächtig" einzustufen seien (UA S. 29).
8
Parallel dazu wandte sich der Angeklagte zur Erfassung der Verbindungsdaten aus dem Festnetz der zu überwachenden Personen an den Unternehmensangehörigen C. . Er veranlasste diesen in gleicher Weise unter Vorspiegelung einer entsprechenden Auftragserteilung durch den Vorstandsvorsitzenden R. zur Erhebung und Weiterleitung von Verbindungsdaten an ihn selbst oder die Fa. N. direkt.
9
Nachdem im September 2005 ein telefonischer Kontakt zwischen W. und K. nachgewiesen und W. als der (vermeintliche) Informant identifiziert worden war, beendete der Angeklagte die Auswertung und Erhebung von Verbindungsdaten durch den Zeugen G. (Fall B. III). Die Überwachung der Festnetz-Verbindungsdaten durch den Zeugen C. hielt der Angeklagte aufrecht. Um in Fällen zukünftiger Indiskretionen gegenüber der Presse zeitnah den Informanten identifizieren zu können, ließ er die N. GmbH weiterhin die Presseberichterstattung auswerten, um den Kreis derjenigen Journalisten zu bestimmen, die regelmäßig über Betriebsinterna der DT AG berichteten. Anschließend sollte die N. GmbH durch die Auswertung der noch zu erhebenden Telefon-Verbindungsdaten dieser Journalisten ermitteln, zu welchen Angehörigen der DT AG diese Kontakte pflegten.
10
Spätestens Anfang des Jahres 2006 beauftragte der Angeklagte die Fa. N. mit entsprechenden Arbeiten, die unter dem Projektnamen "C. " geführt wurden. Zusätzlich zu den bereits im Rahmen des Projekts "R. " überwachten Journalisten K. und P. ließ der Angeklagte die Festnetz- bzw. Mobilfunk-Verbindungsdaten von drei weiteren Journalisten über mehrere Monate erheben und in der Internet-"dropzone" abspeichern , wo sie von Mitarbeitern der Fa. N. zur Auswertung abgeholt wurden. Im Juni 2006 beendete der Angeklagte die Erhebung und Auswertung der Verbindungsdaten (Fall B. V).
11
Das Landgericht hat diese Taten als Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen gemäß § 206 Abs. 1 StGB gewertet.
12
4. Am 19. Oktober 2005 stellte der Geschäftsführer K. der Fa. N. der DT AG für das Projekt "R. " einen Betrag in Höhe von 334.394,88 € in Rechnung, wobei - jeweils pauschal und ohne weitere Angaben - ein Betrag von 279.898 € zzgl. MwSt. als Honorar und der Restbetrag von 8.373,45 € zzgl. MwSt. als Reise- und Nebenkosten aufgeführt wurde. In Kenntnis der Strafbarkeit der erfolgten Erhebung von Verbindungsdaten und deren verbotswidriger Auswertung bestätigte der Angeklagte, dem als Leiter der Abteilung K. ein eigenständiger Verfügungsrahmen in entsprechender Höhe für Ermittlungen eingeräumt war, trotz der ihm bekannten (Teil)Nichtigkeit des Zahlungsanspruchs der Fa. N. die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Rechnung, so dass diese seitens der DT AG in voller Höhe beglichen wurde (Fall B. IV).
13
Am 23. November 2006 stellte die Fa. N. der DT AG für ihre Tätigkeit im Rahmen des Projekts "C. " ein Pauschalhonorar in Höhe von 358.440 € in Rechnung. Der Angeklagte entwarf daraufhin ein Memorandum, mit dem er den Zahlungsbetrag als "richtig berechnet, angemessen und fällig" bestätigte, so dass auch diese Rechnung von der DT AG in voller Höhe beglichen wurde (Fall B. VI).
14
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue in zwei Fällen angenommen und ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass sich der Großteil der Rechnungssumme jeweils auf die Auswertung der Presseartikel bezog und sich der auf die Auswertung der Verbindungsdaten entfallende Zahlungsanspruch jeweils auf einen Betrag noch unter 50.000 € belief.

II.

15
Die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Auch die Sachrüge bleibt zum Schuld- und Strafausspruch erfolglos:
16
1. Soweit das Landgericht im Fall B. I einen Untreueschaden in Höhe von lediglich 20.407,63 € angenommen hat, statt die volle Schadenssumme von 25.000 € zugrunde zu legen, beschwert dies den Angeklagten nicht. Im Fall B. II hat das Landgericht den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen Betruges verurteilt und einen besonders schweren Fall angenommen (§ 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB). Auch die Verurteilung in den Fällen B. III und V wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen (§ 206 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 und 3 StGB) lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Dass die Strafkammer insoweit keine Verurteilung wegen eines tateinheitlich begangenen Delikts nach § 44 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erwogen hat, beschwert den Angeklagten nicht.
17
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht in den Fällen B. IV und VI jeweils eine Untreue angenommen (§ 266 Abs. 1 StGB). Auf Veranlassung des Angeklagten nämlich hat die DT AG die Rechnungen der Fa. N. - teilweise rechtsgrundlos - in voller Höhe beglichen und dadurch einen entsprechenden Schaden erlitten.
18
a) Zutreffend hat das Landgericht eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB angenommen. Als Verwalter mehrerer Kostenstellen war er befugt, eigenverantwortlich Verträge für die DT AG abzuschließen und Zahlungen zu deren Lasten anzuweisen.
19
b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht gemäß § 134 BGB die Teilnichtigkeit der zwischen der DT AG und der N. GmbH geschlossenen Verträge hinsichtlich der Auswertung der Verbindungsdaten mit der Folge angenommen , dass ein vertraglicher Vergütungsanspruch für diese Tätigkeit nicht bestand.
20
aa) Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Ergibt sich aus dem Verbotsgesetz keine Rechtsfolge, ist eine normbezogene Abwägung vorzunehmen, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen. Richtet sich das Verbot gegen beide Vertragsparteien, ist in der Regel anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft nichtig sein soll (st. Rspr., BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 286 f.).
21
bb) Hier hatte der von den Parteien geschlossene Vertrag unter anderem die Auswertung der von der DT AG übermittelten Verbindungsdaten zum Gegenstand , somit die Begehung einer mit Strafe bedrohten rechtswidrigen Tat.
22
Die von dem Angeklagten veranlasste Überlassung der Verbindungsdaten an die Fa. N. stellte eine Straftat gemäß § 206 Abs. 1 StGB dar und verstieß zudem gegen das Verbot des § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG), anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis von den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen.
23
Die von der Fa. N. vorgenommene Speicherung der Verbindungsdaten stellte eine Straftat gemäß § 44 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG dar. Danach ist u.a. das unbefugte Verarbeiten von personenbezogenen Daten gegen Entgelt strafbewehrt. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG unterfällt dem Verarbeiten auch das Speichern von Daten, d.h. das Erfassen, Aufnehmen und Aufbewahren der Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BDSG). Indem die N. GmbH die ihr übermittelten Verbindungsdaten ihrerseits zum Zwecke der Auswertung in ihren Computersystemen speicherte, hat sie unbefugt Daten verarbeitet. Die Speicherung der Daten als notwendige Vorarbeit zu ihrer Auswertung erfolgte auch entgeltlich. Die anschließende Auswertung der Verbindungsdaten verstieß gegen das unter Erlaubnisvorbehalt stehende Verbot des § 4 Abs. 1 BDSG. Danach ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Die Auswertung der Verbindungsdaten stellt eine Verwendung personenbezogener Daten und damit eine Nutzung dar (§ 3 Abs. 5 BDSG), die ohne Kenntnis der Betroffenen erfolgte und von keiner Rechtsvorschrift erlaubt oder angeordnet wird.
24
Da die Verträge nach alledem für beide Teile gesetzeswidrig waren und ihre Durchführung strafbewehrt war, hat die Strafkammer zutreffend deren Nichtigkeit angenommen, soweit sie über die - erlaubte - Auswertung der Presseartikel hinaus die Auswertung der Verbindungsdaten zum Gegenstand hatten.
25
c) Es bestanden - anders als die Revision meint - auch keine bereicherungsrechtlichen Zahlungsansprüche der N. GmbH gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., § 818 Abs. 2 BGB.
26
aa) Infolge der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts könnte zwar die N. GmbH grundsätzlich die Herausgabe des seitens der DT AG zu Unrecht Erlangten - Auswertung der Verbindungsdaten - verlangen. Da insoweit eine Herausgabe der Sache nach nicht möglich ist, wäre der Anspruch auf Ersatz des Wertes der geleisteten Dienste gerichtet. Die Kondiktion ist jedoch gemäß § 817 Satz 2 BGB gesperrt. Danach ist die Rückforderung u.a. ausgeschlossen , wenn der Leistungsempfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand. § 817 Satz 2 BGB verkörpert den Grundsatz, dass bei der Rückabwicklung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann, wer sich selbst durch ge- setzes- oder sittenwidriges Handeln außerhalb der Rechtsordnung stellt (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381, 2383).
27
bb) Hier war zum einen die Auswertung der Verbindungsdaten durch die N. GmbH als Leistende gesetzeswidrig. Die Fa. N. , vertreten durch ihren Geschäftsführer K. , als Leistende war sich auch - wie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen ist - der Verbotswidrigkeit entweder bewusst (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1968 - VII ZR 9/66, BGHZ 50, 90, 92) oder hat sich der Rechtswidrigkeit ihres Handelns zumindest leichtfertig verschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310, 311; BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490, 1491). Dem gesondert verfolgten K. war bekannt, dass für die Erhebung der Verbindungsdaten in dem konkreten Fall keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestand und insbesondere eine richterliche Anordnung gemäß § 100g StPO nicht vorlag. Aus der Art des Auftrags - Identifizierung eines Presseinformanten - ergab sich zwangsläufig, dass die betroffenen Personen selbst keine Kenntnis von der Maßnahme hatten und daher nicht eingewilligt haben konnten. Dass die Verantwortlichen der N. GmbH dies billigend in Kauf nahmen, belegt auch die Art der Rechnungsstellung, die keinen Hinweis auf die erbrachten - teilweise verbotenen - Leistungen beinhaltete, sondern lediglich Pauschalbeträge auswies. Schließlich mahnte der deswegen gesondert verfolgte K. im Jahr 2008 die Zahlung von angeblich noch offenstehenden Forderungen der N. GmbH gegenüber der DT AG u.a. für das Projekt "C. " an verbunden mit der Drohung, die Beträge "politisch" realisieren zu wollen und sich andernfalls "medienwirksam zu wehren". Dies belegt, dass er um die fehlende gerichtliche Durchsetzbarkeit der Forderungen wegen deren Nichtigkeit wusste.
28
cc) Zum anderen verstieß auch die DT AG durch die Entgegennahme der von dem Angeklagten in Auftrag gegebenen Datenauswertung gegen § 88 Abs. 3 TKG, da es ihr als Dienstanbieter untersagt ist, sich auf diese Weise über das für die Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den Umständen der Telekommunikation zu verschaffen.
29
dd) Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hindert hier die Anwendung von § 817 Satz 2 BGB nicht (hierzu näher Lorenz in Staudinger BGB Neubearbeitung 2007 § 817 Rn. 11 ff.). Anders als in Fällen eines wirtschaftlichen oder sozialen Gefälles (etwa bei der Schwarzarbeit; vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 313) bedarf die N. GmbH keines erhöhten Schutzes, der die Nichtanwendung von § 817 Satz 2 BGB unter Billigkeitsgesichtspunkten verlangen würde. Vielmehr verdienen beide Parteien im Hinblick auf das verbotswidrige Geschäft und ihr kriminelles Handeln nicht den Schutz der Rechtsordnung.
30
d) Der Angeklagte hat die ihm gegenüber der DT AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er im Rahmen der ihm von der Treugeberin übertragenen Geschäftsbesorgung Zahlungen in Höhe von 334.394,88 € und 358.440 € auf die beiden Rechnungen vom 19. Oktober 2005 und 23. November 2006 angewiesen hat und hierdurch jeweils in Höhe von unter 50.000 € Leistungen der Fa. N. vergütete, die in der Begehung von Straftaten bestanden (vgl. dazu auch Fischer in Lüderssen/Kempf/Volk, Die Finanzkrise , das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, 2011, S. 190, 193; Kindhäuser in NK 3. Aufl., § 266 Rn. 81; Brand JR 2011, 394, 402). Die Forderungen, deren Bezahlung durch die Treugeberin der Angeklagte durch die Bestätigung als sachlich und rechnerisch richtig unmittelbar veranlasste, hatten in Höhe von jeweils "unter 50.000 €" keinen rechtlich anerkannten wirtschaftlichen Wert, weil sie insoweit auf gemäß § 134 BGB nichtige Verträge gestützt waren und auch bereicherungsrechtliche Ansprüche der Rechnungsstellerin nicht bestanden. Die Bezahlung der beiden Rechnungen, soweit diese die Vergütung für die Begehung von Straftaten einforderten, bewirkte einen Vermögensnachteil für die Treugeberin, der nicht durch einen gleichwertigen Vorteil - Erlöschen wirksamer Forderungen - kompensiert wurde.
31
Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht liegt demnach in der Begleichung einer nichtigen Forderung, in einer rechtsgrundlosen Zahlung. Anknüpfungspunkt für das strafbare Verhalten ist damit nicht die vor den Zahlungsvorgängen liegende Auftragserteilung an die N. GmbH, die zu einer missbräuchlichen Mitteilung der Telefonverbindungsdaten durch den Angeklagten und damit zu einem (strafbaren) Verstoß gegen die nicht vermögensschützende Norm des § 206 StGB geführt hat. Dieser von der treuwidrigen Pflichtverletzung abzugrenzende Verstoß ist lediglich Auslöser der Untreuestrafbarkeit , indem er zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages und damit zur Rechtsgrundlosigkeit darauf erbrachter Leistungen führt. Auf den vermögensschützenden Charakter eines "Primärverstoßes" (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 211; BGH, Beschluss vom 5. September 2012 - 1 StR 297/12 als Rückläufer zu BGHSt 56, 203) kommt es nicht an.
32
Auch der 1. Strafsenat ist trotz seines Ausgangspunktes, dass der Verstoß gegen eine nicht vermögensschützende Norm als solche nicht zu einer treuwidrigen Pflichtverletzung führen kann, davon ausgegangen, dass gleichwohl eine Strafbarkeit wegen Untreue in Betracht kommt, wenn sich - ohne Rückgriff auf den Verstoß gegen die nicht vermögensschützende Norm - die Verletzung von Pflichten feststellen lässt, die das Vermögen des Treugebers schützen sollen (BGH, aaO, BGHSt 55, 288, 303 ff.; BGH, aaO, BGHSt 56, 203, 210). Damit steht es in Einklang, wenn der Senat ungeachtet eines Verstoßes gegen die nicht vermögensschützende Norm des § 206 StGB allein mit Blick auf die rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen ohne Gegenleistung zu einer Strafbarkeit wegen Untreue gelangt.
33
e) Soweit das Landgericht jeweils eine Schadenhöhe von jedenfalls unter 50.000 € angenommen hat, begegnet dies im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Zwar ist in der Regel der Schaden konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220). Sofern genaue Feststellungen nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Das Landgericht, das den Schaden aufgrund der nicht näher aufgeschlüsselten Rechnungslegung nicht näher beziffern konnte, ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die Presseauswertungen den ganz überwiegenden Teil der Forderungen von 334.394,88 € und 358.440 € betrafen und das Honorar für die Auswertung der Verbindungsdaten noch unter 50.000 € lag. Erkennbar wollte die Strafkammer damit zugunsten des Angeklagten nicht in den Anwendungsbereich des Regelbeispiels gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB gelangen, wonach ein Vermögensverlust großen Ausmaßes regelmäßig ab einem Betrag von etwa 50.000 € gegeben ist (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 - 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360, 361). Das Landgericht wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass diese Wertgrenze wesentlich unterschritten sein könnte. Angesichts der Feststellungen zu Dauer und Umfang sowie Auswertung der Verbindungsdaten ist dagegen nichts zu erinnern.
34
3. Die Strafzumessung ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts frei von Rechtsfehlern. Jedoch war festzustellen, dass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 10. März 2011 ist es zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) gekommen. Bis zur Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft Bonn mit Verfügung vom 28. Oktober 2011 ist das Verfahren ohne sachlichen Grund nicht hinreichend gefördert worden. Insbesondere rechtfertigt weder die zwischenzeitlich erfolgte Bearbeitung des Kostenfestsetzungsantrags des Verteidigers O. noch das Erfordernis der Anfertigung einer Doppelakte zur Durchführung des abgetrennten Verfahrens gegen den früheren Mitangeklagten K. den zeitlichen Umfang der Verzögerung. Durch das Versäumnis ist eine der Justiz anzulastende , unangemessene Verfahrensverzögerung von jedenfalls sechs Monaten eingetreten. Diesen Umstand hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die Verfahrensverzögerung nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingetreten ist und der Angeklagte diese Gesetzesverletzung nicht form- und fristgerecht rügen konnte (st. Rspr., BGH, Beschluss vom 3. November 2011 - 2 StR 302/11, NJW 2012, 1463, 1464). Über die Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO selbst entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 - 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208, 209). Angesichts des begrenzten Umfangs der Verzögerung und des Umstandes , dass sich der Angeklagte nicht in Untersuchungshaft befand, erweist sich die Feststellung der rechtstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hier als ausreichend (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 StR 128/09, NStZ-RR 2009, 248).
Becker Fischer Appl Krehl Ott

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 591/11
vom
10. Oktober 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. September 2012 in der Sitzung am 10. Oktober 2012, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte und
- in der Verhandlung vom 26. September 2012 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 30. November 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer festgestellt wird. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen, Untreue in drei Fällen und Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten führt lediglich zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte nach vorangegangener Beschäftigung bei der B. bis 2008 als lei- tender Angestellter bei der D. T. AG (im folgenden DT AG genannt ) tätig. Dort war er im Tatzeitraum von 2004 bis 2006 im Bereich der Konzernsicherheit als Leiter der Unterabteilung "K. " tätig. Aufgrund seiner Position konnte er eigenverantwortlich finanzielle Verpflichtungen eingehen; ihm oblag die Verwaltung mehrerer Kostenstellen und er war für die ordnungsgemäße Verwendung des ihm zugewiesenen Budgets verantwortlich.
3
1. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor dem 18. Februar 2004 gab der in Geldnot befindliche Angeklagte gegenüber der Finanzbuchhaltung der DT AG wahrheitswidrig an, für verdeckte Ermittlungen der Konzernsicherheit einen Vorschuss von 25.000 € zu benötigen. Ihm wurde dieser Betrag mit dem Überweisungszweck "Maßnahme der Konzernsicherheit" auf sein Gehaltskonto überwiesen, das zu diesem Zeitpunkt ein Soll von 4.592,37 € auswies. Spätestens nach Eingang des Geldes entschloss sich der Angeklagte, das nach dem Kontoausgleich verbliebene Guthaben von 20.407,63 € für eigene Zwecke zu verwenden (Fall B. I).
4
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB angenommen und einen Schaden in Höhe von 20.407,63 € zugrunde gelegt.
5
2. Nachdem sich seine finanzielle Situation nicht verbessert hatte, beantragte der Angeklagte im Mai 2005 bei der Finanzbuchhaltung der DT AG einen weiteren Vorschuss von 150.000 € und täuschte hierzu einen Ermittlungsbedarf im Bereich von Telefonkartenmanipulationen vor. Er stellte gegenüber dem Unternehmen den Rückkauf aufladbarer und damit manipulierbarer Telefonkarten als wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme zur Schadensbegrenzung dar und gab wahrheitswidrig vor, diese Summe zuzüglich des bereits gewährten Vorschusses von 25.000 € für den Rückkauf von etwa 140.000 Telefonkarten zu benötigen. Auch den Betrag von 150.000 € ließ er sich auf sein Gehaltskonto über- weisen und verwendete den Betrag in der Folgezeit für eigene Zwecke (Fall B. II).
6
Das Landgericht hat diese Tat als Betrug im besonders schweren Fall gemäß § 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet.
7
3. Am 20. Januar 2005 erschien in der Zeitschrift "Capital" ein Artikel mit Details der vertraulichen Mittelfristplanung der D. T. AG, die bis dahin nur dem Unternehmensvorstand und den Aufsichtsratsmitgliedern bekannt war. Bei dem daraufhin einberufenen Treffen der Konzernspitze, an der der Angeklagte als Vertreter des erkrankten Leiters der Abteilung Konzernsicherheit teilnahm, erteilte der damalige Vorstandsvorsitzende R. der Konzernsicherheit den Auftrag, den Urheber der Indiskretionen zu identifizieren und geeignete Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung neuerlicher Indiskretionen zu ergreifen, ohne insoweit konkrete Maßnahmen zu benennen. Dies nahm der Angeklagte zum Anlass, sich über eine Mitarbeiterin im Vorstandsbüro die Mobilfunknummern der Aufsichtsratsmitglieder zu beschaffen. Zudem beauftragte er die N. GmbH, vertreten durch den gesondert verfolgten Geschäftsführer K. , mit einer Auswertung der Pressemeldungen und die T. GmbH mit der Durchführung entsprechender Ermittlungen. Letztere ermittelte als vermeintliche Quelle der Indiskretionen eine Person mit den Initialen "WW" und eine dieser zuzuordnende Mobilfunknummer. Im Juni 2005 stellte der Angeklagte der Konzernspitze die von der Fa. N. erstellte Presseauswertung vor und erklärte, es bestehe der Verdacht, dass es sich bei dem Informationsgeber um das Aufsichtsratsmitglied W. handele. Als ihm seitens des Vorstandes signalisiert wurde, dass für einen derartigen Verdacht "gerichtsverwertbare Beweise" erforderlich seien, beauftragte er u.a. die Fa. N. , unter dem Projektnamen "R. " eine Identifizierung des Informanten über den Abgleich von noch zu beschaffenden Telefonverbindungsdaten zu versuchen, obgleich ihm die Strafbarkeit dieses Vorgehens bekannt war. Zu diesem Zweck veranlasste er mit der wahrheitswidrigen Behauptung, der Vorstandsvorsitzende R. habe einen entsprechenden Auftrag erteilt, unter Mithilfe des auf absolute Vertraulichkeit eingeschworenen Unternehmensangehörigen G. über mehrere Monate die Erhebung der MobilfunkVerbindungsdaten der Aufsichtsratsmitglieder T. und W. sowie der Journalisten K. und P. . Die Überwachung umfasste zunächst alle ein- und ausgehenden Anrufe der betreffenden Anschlüsse. Systembedingt wurden darüber hinaus auch die Nummern der Anrufer, soweit es sich um Teilnehmer aus dem Netz der T- handelte, "auf Überwachung gelegt". Dies hatte zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt alle ein- und abgehenden Verbindungen dieser Anschlüsse ebenfalls erfasst und gespeichert wurden. Der Angeklagte ließ sich die Verbindungsdaten in der Regel auf Datenträgern übergeben und leitete diese zur Auswertung an den Geschäftsführer K. der Fa. N. weiter bzw. ließ sie in einer kennwortgeschützten, der Fa. N. zugänglichen "dropzone" im Internet speichern. K. speicherte die Verbindungsdaten anschließend in den Computersystemen der N. GmbH und veranlasste die anschließende Auswertung, welche der erhobenen Verbindungen als "verdächtig" einzustufen seien (UA S. 29).
8
Parallel dazu wandte sich der Angeklagte zur Erfassung der Verbindungsdaten aus dem Festnetz der zu überwachenden Personen an den Unternehmensangehörigen C. . Er veranlasste diesen in gleicher Weise unter Vorspiegelung einer entsprechenden Auftragserteilung durch den Vorstandsvorsitzenden R. zur Erhebung und Weiterleitung von Verbindungsdaten an ihn selbst oder die Fa. N. direkt.
9
Nachdem im September 2005 ein telefonischer Kontakt zwischen W. und K. nachgewiesen und W. als der (vermeintliche) Informant identifiziert worden war, beendete der Angeklagte die Auswertung und Erhebung von Verbindungsdaten durch den Zeugen G. (Fall B. III). Die Überwachung der Festnetz-Verbindungsdaten durch den Zeugen C. hielt der Angeklagte aufrecht. Um in Fällen zukünftiger Indiskretionen gegenüber der Presse zeitnah den Informanten identifizieren zu können, ließ er die N. GmbH weiterhin die Presseberichterstattung auswerten, um den Kreis derjenigen Journalisten zu bestimmen, die regelmäßig über Betriebsinterna der DT AG berichteten. Anschließend sollte die N. GmbH durch die Auswertung der noch zu erhebenden Telefon-Verbindungsdaten dieser Journalisten ermitteln, zu welchen Angehörigen der DT AG diese Kontakte pflegten.
10
Spätestens Anfang des Jahres 2006 beauftragte der Angeklagte die Fa. N. mit entsprechenden Arbeiten, die unter dem Projektnamen "C. " geführt wurden. Zusätzlich zu den bereits im Rahmen des Projekts "R. " überwachten Journalisten K. und P. ließ der Angeklagte die Festnetz- bzw. Mobilfunk-Verbindungsdaten von drei weiteren Journalisten über mehrere Monate erheben und in der Internet-"dropzone" abspeichern , wo sie von Mitarbeitern der Fa. N. zur Auswertung abgeholt wurden. Im Juni 2006 beendete der Angeklagte die Erhebung und Auswertung der Verbindungsdaten (Fall B. V).
11
Das Landgericht hat diese Taten als Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen gemäß § 206 Abs. 1 StGB gewertet.
12
4. Am 19. Oktober 2005 stellte der Geschäftsführer K. der Fa. N. der DT AG für das Projekt "R. " einen Betrag in Höhe von 334.394,88 € in Rechnung, wobei - jeweils pauschal und ohne weitere Angaben - ein Betrag von 279.898 € zzgl. MwSt. als Honorar und der Restbetrag von 8.373,45 € zzgl. MwSt. als Reise- und Nebenkosten aufgeführt wurde. In Kenntnis der Strafbarkeit der erfolgten Erhebung von Verbindungsdaten und deren verbotswidriger Auswertung bestätigte der Angeklagte, dem als Leiter der Abteilung K. ein eigenständiger Verfügungsrahmen in entsprechender Höhe für Ermittlungen eingeräumt war, trotz der ihm bekannten (Teil)Nichtigkeit des Zahlungsanspruchs der Fa. N. die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Rechnung, so dass diese seitens der DT AG in voller Höhe beglichen wurde (Fall B. IV).
13
Am 23. November 2006 stellte die Fa. N. der DT AG für ihre Tätigkeit im Rahmen des Projekts "C. " ein Pauschalhonorar in Höhe von 358.440 € in Rechnung. Der Angeklagte entwarf daraufhin ein Memorandum, mit dem er den Zahlungsbetrag als "richtig berechnet, angemessen und fällig" bestätigte, so dass auch diese Rechnung von der DT AG in voller Höhe beglichen wurde (Fall B. VI).
14
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue in zwei Fällen angenommen und ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass sich der Großteil der Rechnungssumme jeweils auf die Auswertung der Presseartikel bezog und sich der auf die Auswertung der Verbindungsdaten entfallende Zahlungsanspruch jeweils auf einen Betrag noch unter 50.000 € belief.

II.

15
Die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Auch die Sachrüge bleibt zum Schuld- und Strafausspruch erfolglos:
16
1. Soweit das Landgericht im Fall B. I einen Untreueschaden in Höhe von lediglich 20.407,63 € angenommen hat, statt die volle Schadenssumme von 25.000 € zugrunde zu legen, beschwert dies den Angeklagten nicht. Im Fall B. II hat das Landgericht den Angeklagten rechtsfehlerfrei wegen Betruges verurteilt und einen besonders schweren Fall angenommen (§ 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB). Auch die Verurteilung in den Fällen B. III und V wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses in sieben Fällen (§ 206 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 und 3 StGB) lässt keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Dass die Strafkammer insoweit keine Verurteilung wegen eines tateinheitlich begangenen Delikts nach § 44 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erwogen hat, beschwert den Angeklagten nicht.
17
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht in den Fällen B. IV und VI jeweils eine Untreue angenommen (§ 266 Abs. 1 StGB). Auf Veranlassung des Angeklagten nämlich hat die DT AG die Rechnungen der Fa. N. - teilweise rechtsgrundlos - in voller Höhe beglichen und dadurch einen entsprechenden Schaden erlitten.
18
a) Zutreffend hat das Landgericht eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB angenommen. Als Verwalter mehrerer Kostenstellen war er befugt, eigenverantwortlich Verträge für die DT AG abzuschließen und Zahlungen zu deren Lasten anzuweisen.
19
b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht gemäß § 134 BGB die Teilnichtigkeit der zwischen der DT AG und der N. GmbH geschlossenen Verträge hinsichtlich der Auswertung der Verbindungsdaten mit der Folge angenommen , dass ein vertraglicher Vergütungsanspruch für diese Tätigkeit nicht bestand.
20
aa) Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Ergibt sich aus dem Verbotsgesetz keine Rechtsfolge, ist eine normbezogene Abwägung vorzunehmen, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen. Richtet sich das Verbot gegen beide Vertragsparteien, ist in der Regel anzunehmen, dass das Rechtsgeschäft nichtig sein soll (st. Rspr., BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283, 286 f.).
21
bb) Hier hatte der von den Parteien geschlossene Vertrag unter anderem die Auswertung der von der DT AG übermittelten Verbindungsdaten zum Gegenstand , somit die Begehung einer mit Strafe bedrohten rechtswidrigen Tat.
22
Die von dem Angeklagten veranlasste Überlassung der Verbindungsdaten an die Fa. N. stellte eine Straftat gemäß § 206 Abs. 1 StGB dar und verstieß zudem gegen das Verbot des § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG), anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis von den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen.
23
Die von der Fa. N. vorgenommene Speicherung der Verbindungsdaten stellte eine Straftat gemäß § 44 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG dar. Danach ist u.a. das unbefugte Verarbeiten von personenbezogenen Daten gegen Entgelt strafbewehrt. Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG unterfällt dem Verarbeiten auch das Speichern von Daten, d.h. das Erfassen, Aufnehmen und Aufbewahren der Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung (§ 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BDSG). Indem die N. GmbH die ihr übermittelten Verbindungsdaten ihrerseits zum Zwecke der Auswertung in ihren Computersystemen speicherte, hat sie unbefugt Daten verarbeitet. Die Speicherung der Daten als notwendige Vorarbeit zu ihrer Auswertung erfolgte auch entgeltlich. Die anschließende Auswertung der Verbindungsdaten verstieß gegen das unter Erlaubnisvorbehalt stehende Verbot des § 4 Abs. 1 BDSG. Danach ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Die Auswertung der Verbindungsdaten stellt eine Verwendung personenbezogener Daten und damit eine Nutzung dar (§ 3 Abs. 5 BDSG), die ohne Kenntnis der Betroffenen erfolgte und von keiner Rechtsvorschrift erlaubt oder angeordnet wird.
24
Da die Verträge nach alledem für beide Teile gesetzeswidrig waren und ihre Durchführung strafbewehrt war, hat die Strafkammer zutreffend deren Nichtigkeit angenommen, soweit sie über die - erlaubte - Auswertung der Presseartikel hinaus die Auswertung der Verbindungsdaten zum Gegenstand hatten.
25
c) Es bestanden - anders als die Revision meint - auch keine bereicherungsrechtlichen Zahlungsansprüche der N. GmbH gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., § 818 Abs. 2 BGB.
26
aa) Infolge der Nichtigkeit des Kausalgeschäfts könnte zwar die N. GmbH grundsätzlich die Herausgabe des seitens der DT AG zu Unrecht Erlangten - Auswertung der Verbindungsdaten - verlangen. Da insoweit eine Herausgabe der Sache nach nicht möglich ist, wäre der Anspruch auf Ersatz des Wertes der geleisteten Dienste gerichtet. Die Kondiktion ist jedoch gemäß § 817 Satz 2 BGB gesperrt. Danach ist die Rückforderung u.a. ausgeschlossen , wenn der Leistungsempfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstößt und dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand. § 817 Satz 2 BGB verkörpert den Grundsatz, dass bei der Rückabwicklung Rechtsschutz nicht in Anspruch nehmen kann, wer sich selbst durch ge- setzes- oder sittenwidriges Handeln außerhalb der Rechtsordnung stellt (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381, 2383).
27
bb) Hier war zum einen die Auswertung der Verbindungsdaten durch die N. GmbH als Leistende gesetzeswidrig. Die Fa. N. , vertreten durch ihren Geschäftsführer K. , als Leistende war sich auch - wie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen ist - der Verbotswidrigkeit entweder bewusst (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1968 - VII ZR 9/66, BGHZ 50, 90, 92) oder hat sich der Rechtswidrigkeit ihres Handelns zumindest leichtfertig verschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310, 311; BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490, 1491). Dem gesondert verfolgten K. war bekannt, dass für die Erhebung der Verbindungsdaten in dem konkreten Fall keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestand und insbesondere eine richterliche Anordnung gemäß § 100g StPO nicht vorlag. Aus der Art des Auftrags - Identifizierung eines Presseinformanten - ergab sich zwangsläufig, dass die betroffenen Personen selbst keine Kenntnis von der Maßnahme hatten und daher nicht eingewilligt haben konnten. Dass die Verantwortlichen der N. GmbH dies billigend in Kauf nahmen, belegt auch die Art der Rechnungsstellung, die keinen Hinweis auf die erbrachten - teilweise verbotenen - Leistungen beinhaltete, sondern lediglich Pauschalbeträge auswies. Schließlich mahnte der deswegen gesondert verfolgte K. im Jahr 2008 die Zahlung von angeblich noch offenstehenden Forderungen der N. GmbH gegenüber der DT AG u.a. für das Projekt "C. " an verbunden mit der Drohung, die Beträge "politisch" realisieren zu wollen und sich andernfalls "medienwirksam zu wehren". Dies belegt, dass er um die fehlende gerichtliche Durchsetzbarkeit der Forderungen wegen deren Nichtigkeit wusste.
28
cc) Zum anderen verstieß auch die DT AG durch die Entgegennahme der von dem Angeklagten in Auftrag gegebenen Datenauswertung gegen § 88 Abs. 3 TKG, da es ihr als Dienstanbieter untersagt ist, sich auf diese Weise über das für die Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den Umständen der Telekommunikation zu verschaffen.
29
dd) Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hindert hier die Anwendung von § 817 Satz 2 BGB nicht (hierzu näher Lorenz in Staudinger BGB Neubearbeitung 2007 § 817 Rn. 11 ff.). Anders als in Fällen eines wirtschaftlichen oder sozialen Gefälles (etwa bei der Schwarzarbeit; vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 313) bedarf die N. GmbH keines erhöhten Schutzes, der die Nichtanwendung von § 817 Satz 2 BGB unter Billigkeitsgesichtspunkten verlangen würde. Vielmehr verdienen beide Parteien im Hinblick auf das verbotswidrige Geschäft und ihr kriminelles Handeln nicht den Schutz der Rechtsordnung.
30
d) Der Angeklagte hat die ihm gegenüber der DT AG obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er im Rahmen der ihm von der Treugeberin übertragenen Geschäftsbesorgung Zahlungen in Höhe von 334.394,88 € und 358.440 € auf die beiden Rechnungen vom 19. Oktober 2005 und 23. November 2006 angewiesen hat und hierdurch jeweils in Höhe von unter 50.000 € Leistungen der Fa. N. vergütete, die in der Begehung von Straftaten bestanden (vgl. dazu auch Fischer in Lüderssen/Kempf/Volk, Die Finanzkrise , das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, 2011, S. 190, 193; Kindhäuser in NK 3. Aufl., § 266 Rn. 81; Brand JR 2011, 394, 402). Die Forderungen, deren Bezahlung durch die Treugeberin der Angeklagte durch die Bestätigung als sachlich und rechnerisch richtig unmittelbar veranlasste, hatten in Höhe von jeweils "unter 50.000 €" keinen rechtlich anerkannten wirtschaftlichen Wert, weil sie insoweit auf gemäß § 134 BGB nichtige Verträge gestützt waren und auch bereicherungsrechtliche Ansprüche der Rechnungsstellerin nicht bestanden. Die Bezahlung der beiden Rechnungen, soweit diese die Vergütung für die Begehung von Straftaten einforderten, bewirkte einen Vermögensnachteil für die Treugeberin, der nicht durch einen gleichwertigen Vorteil - Erlöschen wirksamer Forderungen - kompensiert wurde.
31
Die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht liegt demnach in der Begleichung einer nichtigen Forderung, in einer rechtsgrundlosen Zahlung. Anknüpfungspunkt für das strafbare Verhalten ist damit nicht die vor den Zahlungsvorgängen liegende Auftragserteilung an die N. GmbH, die zu einer missbräuchlichen Mitteilung der Telefonverbindungsdaten durch den Angeklagten und damit zu einem (strafbaren) Verstoß gegen die nicht vermögensschützende Norm des § 206 StGB geführt hat. Dieser von der treuwidrigen Pflichtverletzung abzugrenzende Verstoß ist lediglich Auslöser der Untreuestrafbarkeit , indem er zur Nichtigkeit des abgeschlossenen Vertrages und damit zur Rechtsgrundlosigkeit darauf erbrachter Leistungen führt. Auf den vermögensschützenden Charakter eines "Primärverstoßes" (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 94/10, BGHSt 56, 203, 211; BGH, Beschluss vom 5. September 2012 - 1 StR 297/12 als Rückläufer zu BGHSt 56, 203) kommt es nicht an.
32
Auch der 1. Strafsenat ist trotz seines Ausgangspunktes, dass der Verstoß gegen eine nicht vermögensschützende Norm als solche nicht zu einer treuwidrigen Pflichtverletzung führen kann, davon ausgegangen, dass gleichwohl eine Strafbarkeit wegen Untreue in Betracht kommt, wenn sich - ohne Rückgriff auf den Verstoß gegen die nicht vermögensschützende Norm - die Verletzung von Pflichten feststellen lässt, die das Vermögen des Treugebers schützen sollen (BGH, aaO, BGHSt 55, 288, 303 ff.; BGH, aaO, BGHSt 56, 203, 210). Damit steht es in Einklang, wenn der Senat ungeachtet eines Verstoßes gegen die nicht vermögensschützende Norm des § 206 StGB allein mit Blick auf die rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen ohne Gegenleistung zu einer Strafbarkeit wegen Untreue gelangt.
33
e) Soweit das Landgericht jeweils eine Schadenhöhe von jedenfalls unter 50.000 € angenommen hat, begegnet dies im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Zwar ist in der Regel der Schaden konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220). Sofern genaue Feststellungen nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen, um den eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Das Landgericht, das den Schaden aufgrund der nicht näher aufgeschlüsselten Rechnungslegung nicht näher beziffern konnte, ist zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass die Presseauswertungen den ganz überwiegenden Teil der Forderungen von 334.394,88 € und 358.440 € betrafen und das Honorar für die Auswertung der Verbindungsdaten noch unter 50.000 € lag. Erkennbar wollte die Strafkammer damit zugunsten des Angeklagten nicht in den Anwendungsbereich des Regelbeispiels gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB gelangen, wonach ein Vermögensverlust großen Ausmaßes regelmäßig ab einem Betrag von etwa 50.000 € gegeben ist (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2003 - 1 StR 274/03, BGHSt 48, 360, 361). Das Landgericht wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass diese Wertgrenze wesentlich unterschritten sein könnte. Angesichts der Feststellungen zu Dauer und Umfang sowie Auswertung der Verbindungsdaten ist dagegen nichts zu erinnern.
34
3. Die Strafzumessung ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts frei von Rechtsfehlern. Jedoch war festzustellen, dass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 10. März 2011 ist es zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) gekommen. Bis zur Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft Bonn mit Verfügung vom 28. Oktober 2011 ist das Verfahren ohne sachlichen Grund nicht hinreichend gefördert worden. Insbesondere rechtfertigt weder die zwischenzeitlich erfolgte Bearbeitung des Kostenfestsetzungsantrags des Verteidigers O. noch das Erfordernis der Anfertigung einer Doppelakte zur Durchführung des abgetrennten Verfahrens gegen den früheren Mitangeklagten K. den zeitlichen Umfang der Verzögerung. Durch das Versäumnis ist eine der Justiz anzulastende , unangemessene Verfahrensverzögerung von jedenfalls sechs Monaten eingetreten. Diesen Umstand hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Erhebung einer Verfahrensrüge bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die Verfahrensverzögerung nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingetreten ist und der Angeklagte diese Gesetzesverletzung nicht form- und fristgerecht rügen konnte (st. Rspr., BGH, Beschluss vom 3. November 2011 - 2 StR 302/11, NJW 2012, 1463, 1464). Über die Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 a Satz 2 StPO selbst entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 - 3 StR 376/07, NStZ-RR 2008, 208, 209). Angesichts des begrenzten Umfangs der Verzögerung und des Umstandes , dass sich der Angeklagte nicht in Untersuchungshaft befand, erweist sich die Feststellung der rechtstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hier als ausreichend (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 StR 128/09, NStZ-RR 2009, 248).
Becker Fischer Appl Krehl Ott

Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht entscheidet darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder das Verfahren vorläufig einzustellen ist.

(2) Die Anklageschrift enthält den Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen. Mit ihr werden die Akten dem Gericht vorgelegt.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch die Entscheidungen, die dem Urteil vorausgegangen sind, sofern es auf ihnen beruht. Dies gilt nicht für Entscheidungen, die ausdrücklich für unanfechtbar erklärt oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 107 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4, §§ 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 des Aktiengesetzes, § 124 Abs. 3 Satz 2, §§ 170, 171, 394 und 395 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.

(2) Ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt die Gesellschafterversammlung für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest, es sei denn, sie hat dem Aufsichtsrat diese Aufgabe übertragen. Ist nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Wird für den Aufsichtsrat oder unter den Geschäftsführern die Zielgröße Null festgelegt, so ist dieser Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

(3) Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gilt § 37 Abs. 4 Nr. 3 und 3a des Aktiengesetzes entsprechend. Die Geschäftsführer haben bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einzureichen; das Gericht hat nach § 10 des Handelsgesetzbuchs einen Hinweis darauf bekannt zu machen, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist.

(4) Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

(1) Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 107 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4, §§ 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 des Aktiengesetzes, § 124 Abs. 3 Satz 2, §§ 170, 171, 394 und 395 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.

(2) Ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt die Gesellschafterversammlung für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest, es sei denn, sie hat dem Aufsichtsrat diese Aufgabe übertragen. Ist nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Wird für den Aufsichtsrat oder unter den Geschäftsführern die Zielgröße Null festgelegt, so ist dieser Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

(3) Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gilt § 37 Abs. 4 Nr. 3 und 3a des Aktiengesetzes entsprechend. Die Geschäftsführer haben bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einzureichen; das Gericht hat nach § 10 des Handelsgesetzbuchs einen Hinweis darauf bekannt zu machen, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist.

(4) Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

(1) Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 107 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4, §§ 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 des Aktiengesetzes, § 124 Abs. 3 Satz 2, §§ 170, 171, 394 und 395 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.

(2) Ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt die Gesellschafterversammlung für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest, es sei denn, sie hat dem Aufsichtsrat diese Aufgabe übertragen. Ist nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Wird für den Aufsichtsrat oder unter den Geschäftsführern die Zielgröße Null festgelegt, so ist dieser Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

(3) Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gilt § 37 Abs. 4 Nr. 3 und 3a des Aktiengesetzes entsprechend. Die Geschäftsführer haben bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einzureichen; das Gericht hat nach § 10 des Handelsgesetzbuchs einen Hinweis darauf bekannt zu machen, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist.

(4) Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

(1) Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2 und Abs. 5, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 107 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4, §§ 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 des Aktiengesetzes, § 124 Abs. 3 Satz 2, §§ 170, 171, 394 und 395 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist.

(2) Ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt die Gesellschafterversammlung für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest, es sei denn, sie hat dem Aufsichtsrat diese Aufgabe übertragen. Ist nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Wird für den Aufsichtsrat oder unter den Geschäftsführern die Zielgröße Null festgelegt, so ist dieser Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

(3) Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gilt § 37 Abs. 4 Nr. 3 und 3a des Aktiengesetzes entsprechend. Die Geschäftsführer haben bei jeder Änderung in den Personen der Aufsichtsratsmitglieder unverzüglich eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist, zum Handelsregister einzureichen; das Gericht hat nach § 10 des Handelsgesetzbuchs einen Hinweis darauf bekannt zu machen, dass die Liste zum Handelsregister eingereicht worden ist.

(4) Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren.

(1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen.

(2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. Er erteilt dem Abschlußprüfer den Prüfungsauftrag für den Jahres- und den Konzernabschluß gemäß § 290 des Handelsgesetzbuchs. Er kann darüber hinaus eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Berichts (§ 289b des Handelsgesetzbuchs), der nichtfinanziellen Konzernerklärung oder des gesonderten nichtfinanziellen Konzernberichts (§ 315b des Handelsgesetzbuchs) beauftragen.

(3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit.

(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat hat jedoch zu bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. Der Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen.

(5) Der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand.

(6) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.

(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

(1) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt.

(2) Zur Vornahme von Handlungen, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluß sämtlicher Gesellschafter erforderlich.

(3) Zur Bestellung eines Prokuristen bedarf es der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter, es sei denn, daß Gefahr im Verzug ist. Der Widerruf der Prokura kann von jedem der zur Erteilung oder zur Mitwirkung bei der Erteilung befugten Gesellschafter erfolgen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Das für die Hauptverhandlung zuständige Gericht entscheidet darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder das Verfahren vorläufig einzustellen ist.

(2) Die Anklageschrift enthält den Antrag, das Hauptverfahren zu eröffnen. Mit ihr werden die Akten dem Gericht vorgelegt.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 474/12
vom
13. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. März 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. April 2012 im Schuldspruch im Fall II. 11 der Urteilsgründe, im Ausspruch über die Gesamtstrafe , die Kompensationsentscheidung und die Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in vier Fällen, davon in einem Fall im Versuch und in diesem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Erpressung, gefährlicher Körperverletzung , Betrugs in zwei Fällen, davon in einem Fall im Versuch, falscher Verdächtigung , versuchter Nötigung, Bestechung in vier Fällen und Anstiftung zur vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und ausgesprochen, dass hiervon zwei Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Ferner hat das Landgericht festgestellt, dass bei dem Angeklagten A. hinsichtlich eines Betrages von 68.000 € die Ansprüche Verletzter der Anordnung des Verfalls von Werter- satz entgegenstehen.
2
Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu Fall II. 11 der Urteilsgründe fasste der Angeklagte A. spätestens Anfang des Jahres 2009 den Entschluss, einen Kredit zu erschleichen. Hierbei sollte eine scheinbar werthaltige Immobilie durch einen Mittelsmann zunächst angekauft und sodann an den Darlehensnehmer zu einem weit überhöhten und dem Wert der Immobilie nicht entsprechenden Preis weiterveräußert werden. Unter Vorlage des letzten Kaufvertrages sollte die finanzierende Bank zur Auszahlung einer höheren Darlehensvaluta veranlasst werden, wobei der nicht zur Abdeckung des Erstkaufpreises benötigte, überschüssige Darlehensanteil als verdeckte Rückzahlung ("kick-back") an den Angeklagten A. genutzt werden sollte.
4
Der in das Vorhaben eingeweihte gesondert Verfolgte As. , der als Immobilienmakler tätig war, bot dem Angeklagten A. ein aufgrund hohen Sanierungsbedarfs schwer vermittelbares Zweifamilienhaus in D. zum Kauf an. Beide vereinbarten, dass As. das Objekt für 120.000 € ankaufen und für 260.000 € an den Angeklagten A. weiterverkaufen sollte. As. stellte den Kontakt zu dem gesondert Verfolgten L. her, der als Berater für Baufinanzierungen bei der Deutschen Bank in Da. tätig war. Diesem leitete As. gefälschte Gehaltsbelege des Angeklagten A. zu, die einen monatlichen Nettolohn von 1.900 € auswiesen, obgleich der Angeklagte A. in der von ihm und seinem Zwillingsbruder betriebenen Kampfsportschule nur einer 400 €-Beschäftigung nachging. Auf das Konto hatte der Angeklagte A. zweimal entsprechende Beträge in Höhe von 1.900 € eingezahlt und nach dem Ausdrucken eines Kontoauszugs umgehend wieder abgehoben. Von der Unrichtigkeit der Lohnabrechnungen hatte L. keine Kenntnis. Er erkannte jedoch , dass ihm ohne Verfälschungen der Bonität des Angeklagten A. und der Wertigkeit des Objekts eine Kreditgewährung nicht möglich sein würde. Deshalb wies er die ihm von As. übersandten Fotos der Immobilieaufgrund des erkennbar starken Renovierungsbedarfs als unverwendbar zurück und erklärte As. zudem, er brauche einen Nachweis über eine Vermietung der leerstehenden Wohnung im Erdgeschoß. Daraufhin übersandte As. L. Fotos einer neu renovierten anderen Wohnung aus seinem Maklerbestand sowie einen gefälschten Mietvertrag betreffend die Wohnung im Erdgeschoß. L. nahm beides zur Kreditakte und vermerkte wahrheitswidrig, in dem Objekt eine Innenbesichtigung durchgeführt zu haben, um eine höhere Krediteinwertung des Objekts plausibel erscheinen zu lassen. Der Angeklagte A. hatte von diesen Fälschungen keine Kenntnis.
5
Auf der Grundlage dieser falschen wertbildenden Faktoren nahm L. , der nach den internen Richtlinien der Bank keine Kreditkompetenz im Baufinanzierungsbereich hatte, eine Wertermittlung vor, ohne einen Bewerter mit Kreditkompetenz einzuschalten. Hierbei ermittelte er einen Sach- und Beleihungswert des Objekts von 153.825 €. Ferner fertigte er ein internes Analyse- blatt an und stellte in die beabsichtigte Finanzierung ein Kontoguthaben von 19.000 € sowie Eigenmittel in Höhe von 15.870 € ein, obwohl er wusste, dass beides nicht vorhanden war. Der Kreditakte fügte er eine von dem Angeklagten A. blanko unterzeichnete und von diesem bewusst nicht ausgefüllte Selbstauskunft bei. Dem Angeklagten A. war egal, was L. dort eintragen würde, um seine Leistungsfähigkeit vorzutäuschen, da er mit der Vorspiegelung falscher Tatsachen einverstanden war und zugleich seine mangelnde Solvenz verschleiern wollte (UA S. 41). Des Weiteren erstellte er einen Kreditentscheidungsbogen mit dem - jedem Bankmitarbeiter zugänglichen - technischen Kreditbearbeitungsprogramm der Bank, dem sog. Kreditmanager. Dort fügte er neben dem selbst ermittelten Objektwert und dem Einkommen nicht vorhandenes Eigenkapital von 15.900 € ein und erreichte eine Kreditrisikobewertung von knapp unter 50 Punkten. Wie von ihm beabsichtigt, ermöglichte eine solche Risikobewertung eine Kreditgewährung durch einen Bankmitarbeiter und den Kreditmanager "als zweites Augenpaar", ohne einen Vorgesetzten hinzuzuziehen. Nachdem L. auf diese Weise eine technische Freigabe erhalten hatte, ließ er den Darlehensvertrag über die Nettokreditsumme von 257.150 € ausfertigen (UA S. 42).
6
Der Angeklagte A. unterzeichnete den Darlehensvertrag am 5. Juli 2009, obwohl er nicht beabsichtigte, den Kredit zu bedienen und zudem wusste , dass er dadurch eine Kreditauszahlung erreichte, die nicht durch ausreichende Sicherheiten abgedeckt war. Im Rahmen der Refinanzierung des Kreditengagements "A. " lehnte der Kreditmanager nach einer Rekalibrierung Anfang Juli 2009 eine Kreditgewährung ab. Da zu diesem Zeitpunkt der Kreditvertrag bereits gezeichnet und an den Angeklagten A. versandt war, erteilte der in einer höheren Abteilung der Bank tätige Zeuge T. eine weitere technische und kompetenzgerechte Genehmigung, ohne das Kreditengagement inhaltlich zu prüfen.
7
Wie beabsichtigt erhielt der Angeklagte A. nach Auszahlung des Darlehens am 2. September 2009 einen Betrag von 58.000 € als "kick-back"Zahlung , während As. den nach Abzug des Ankaufpreises verbleibenden Restbetrag behielt. Nachdem der Angeklagte A. selbst keine Zahlungen geleistet hatte, kündigte die Deutsche Bank das Darlehen. Das in dem sich anschließenden Zwangsversteigerungsverfahren eingeholte Gutachten bezifferte den Marktwert der Immobilie zum 4. August 2011 mit 133.000 €.
8
Mit der Beurkundung der beiden Kaufverträge beauftragte As. den gesondert Verfolgten W. . Die Beurkundung beider Kaufverträge erfolgt am 22. Juli 2009. Vereinbarungsgemäß erwarb As. das Objekt zum Kaufpreis von 120.000 €, wobei der Kaufvertrag einen Passus enthielt, wonach As. das Objekt "im Auftrag eines Dritten Ak. " erwerbe. Wie beabsichtigt, hatten die Verkäufer des Wohnhauses keine Kenntnis von dem Weiterverkauf an den Angeklagten A. . Im Anschluss daran beurkundete W. den Erwerb der Immobilie durch den Angeklagten A. für 260.000 € sowie die Grundschuldbestellung in gleicher Höhe.
9
2. Das Landgericht hat die Tat hinsichtlich des Angeklagten A. als Betrug gemäß § 263 Abs. 1 StGB gewertet. Als Schaden hat es die Differenz zwischen der Nettokreditsumme von 257.150 € und dem im August 2011 ermittelten Marktwert von 133.000 € sowie einer Wertminderung des Objekts in der Zeit von Juli 2009 bis August 2011 von ca. 24.000 € angenommen und den Schadensbetrag auf 100.000 € geschätzt.

II.

10
Die Revision des Angeklagten A. führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. 11 der Urteilsgründe, der Gesamtstrafe, der Kompensationsentscheidung und der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO.
11
1. a) Die bisherigen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung des Angeklagten A. wegen Betrugs. Der Angeklagte A. und der gesondert Verfolgte As. haben den Bankmitarbeiter L. weder über den Wert der zur Kreditsicherung bestellten Sicherheit in Form der Grundschuld noch über die Kreditwürdigkeit und -willigkeit des Angeklagten getäuscht, sondern mit L. kollusiv zusammengewirkt (UA S. 97). L. kannte den Sanierungsbedarf der Wohnung im Erdgeschoß, legte der Wertermittlung des Wohnobjekts bewusst falsche Lichtbilder einer anderen renovierten Wohnung zugrunde, nachdem er die ursprünglichen Lichtbilder der Wohnung als unverwertbar zurückgewiesen hatte, und vermerkte eine tatsächlich nicht durchgeführte Innenraumbesichtigung , um eine höhere Wertigkeit der Immobilie darstellen zu können. In gleicher Weise stellte er in die Wertermittlung des Anwesens einen gefälschten Mietvertrag für die Wohnung im Erdgeschoß ein, obwohl er wusste, dass ein solcher nicht bestand. Zwar hatte der Angeklagte A. keine Kenntnis von diesen Fälschungen; jedoch wirkte As. insoweit kollusiv mit L. zusammen.
12
Auch hinsichtlich der Bonität des Angeklagten A. unterlag L. keinem betrugsrelevanten Irrtum. Zwar kannte er nicht die Unrichtigkeit der ihm von dem Angeklagten A. und dem gesondert VerfolgtenAs. vorgelegten Lohnabrechnungen. Jedoch war dieser Irrtum nicht ursächlich für die Kreditgewährung , da L. seinerseits die Einkommensverhältnisse des Angeklagten A. maßgeblich verfälschte, indem er der Kreditentscheidung ein - wie er wusste - nicht vorhandenes Eigenkapital von rund 20.000 € zugrunde legte und die von dem Angeklagten A. blanko unterzeichnete Selbstauskunft eigenmächtig entsprechend ausfüllte. Zwar stellt das Landgericht nicht fest, ob L. wusste, dass der Angeklagte A. nicht beabsichtigte, den Kredit zu bedienen (UA S. 42). Dies liegt angesichts des festgestellten kollusiven Zusammenwirkens von L. , As. und dem Angeklagten A. indes nahe. Selbst wenn der Angeklagte A. den Bankmitarbeiter L. jedoch über seine grundsätzliche Unwilligkeit, den Kredit zurückzuführen, getäuscht haben sollte, wäre ein dahingehender Irrtum von L. für die Kreditgewährung nicht kausal, da L. wusste, dass der Angeklagte A. mangels Bonität jedenfalls nicht fähig war, die Darlehensraten zu zahlen und L. gleichwohl das Darlehen bewilligte.
13
Für die Prüfung, ob auf Seiten der Deutschen Bank ein für die Darlehensgewährung ursächlicher Irrtum vorliegt, kommt es allein auf das Vorstellungsbild des Bankmitarbeiters L. an, da dieser die Kreditgenehmigung neben dem Kreditmanager ohne Hinzuziehung eines Vorgesetzten veranlasste und eine weitere inhaltliche Prüfung des Kreditengagements (auch in der Folgezeit ) nicht stattfand.
14
b) Das kollusive Zusammenwirken des Angeklagten A. und der gesondert Verfolgten As. und L. begründet möglicherweise eine Strafbarkeit des Angeklagten A. wegen Beihilfe zu einer Untreuetat des gesondert Verfolgten L. (§§ 266 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB). L. verstieß mit der Kreditgewährung nicht nur gegen interne Kreditvergaberichtlinien der Bank, sondern er stellte bewusst in die Wertermittlung des Wohnobjekts und die Prüfung der Bonität von A. falsche Tatsachen ein, um mit Hilfe des Kreditmanagers und ohne Hinzuziehung eines Vorgesetzten eine Kreditgewährung zu ermöglichen. Dies könnte eine Verletzung der ihm obliegenden Vermögensbetreu- ungspflicht darstellen, die zu einem Vermögensschaden zum Nachteil der Deutschen Bank führte. Bei dem Angeklagten A. käme aufgrund des Sonderdeliktscharakters des Untreuetatbestandes und des Fehlens einer Vermögensbetreuungspflicht trotz der Täterqualität seines Tatbeitrags nur eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Untreue in Betracht.
15
Eine solche rechtliche Bewertung setzt allerdings voraus, dass die Strafkammer mit den Feststellungen, der Bankmitarbeiter L. habe eine Risikokreditbewertung von unter 50 Basispunkten erreicht, "die es ihm - gemäß seiner Absicht - ermöglichte, eine Kreditgenehmigung durch einen Bankmitarbeiter und den Kreditmanager als "zweites Augenpaar" und ohne Hinzuziehung eines Vorgesetzten zu erhalten" (UA S. 41 f.) gemeint hat, dass es sich bei der "Kreditgenehmigung durch einen Bankmitarbeiter" um die Genehmigung desL. selbst handelte. Diese Feststellungen des Landgerichts könnten jedoch auch dahingehend zu verstehen sein, dass es sich hierbei um die Genehmigung durch einen weiteren, ggf. von L. zu täuschenden Bankangestellten handelte , zu der die Einschaltung des Kreditmanagers hinzukam und die Zuziehung eines Vorgesetzten überflüssig machte. Für dieses Verständnis könnten insbesondere die Ausführungen des Landgerichts (UA S. 41) sprechen, wonach L. "über keine Kreditkompetenz im Baufinanzierungsbereich" verfügte. Aufgrund dieser Unklarheit der Feststellungen ist dem Senat eine abschließende Beurteilung, ob die Schädigung der Deutschen Bank durch eine Untreuehandlung und/oder ein betrügerisches Vorgehen des L. herbeigeführt wurde, nicht möglich.
16
Ungeachtet der unklaren Feststellungen steht einer Schuldspruchänderung auch § 265 Abs. 1 StPO entgegen. Der Senat kann bei dem Angeklagten trotz seiner geständigen Einlassung nicht ausschließen, dass dieser sich bei Erteilung eines entsprechenden rechtlichen Hinweises in tatsächlicher Hinsicht anders verteidigt hätte.
17
Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. 11 der Urteilsgründe führt auch zum Fortfall der Gesamtstrafe, der Kompensationsentscheidung und der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO.
18
2. Der Senat weist darauf hin, dass das Landgericht bei der Schadensbestimmung einen unzutreffenden Maßstab angewendet hat, indem es seiner Schätzung die Differenz zwischen der Darlehenssumme und dem Verkehrswert im Fall II. 11 der Urteilsgründe zugrunde gelegt hat. Ob die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 2 StR 422/12 mwN). Der neue Tatrichter wird daher für die vorzunehmende Strafzumessung eine Bewertung des jeweiligen Rückzahlungsanspruchs vorzunehmen haben, wobei hinsichtlich der Bonität allerdings erneut zu berücksichtigen sein wird, dass der Angeklagte A. zur Rückzahlung des Kredits weder bereit noch in der Lage war.
Becker Fischer Appl Berger Krehl

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 438/12
vom
5. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. März 2013 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 25. April 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Rostock zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Beanstandungen des Verfahrens kommt es deshalb nicht an.
2
1. Das Landgericht hält den Angeklagten, einen Rechtsanwalt, einer Untreue zum Nachteil der Sparkasse S. (im Folgenden: S. ) für schuldig, weil er eine von vorneherein aussichtslose Widerklage erhoben habe. Zusammengefasst hat es folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Die Rechtsanwaltskanzlei des Angeklagten nahm seit dem Jahre 2001 regelmäßig Mandate für die S. wahr. Diese geriet im Jahre 2003 in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Die Meinungsverschiedenheiten, die sich auf der Suche nach einem Weg aus der Krise daraus zwischen dem Verwaltungsrat und den damaligen Vorständen der S. , den Zeugen B. und St. , entwickelten, endeten damit, dass der Verwaltungsrat die Abberufung der Vorstände B. und St. beschloss. Mit Schreiben vom 27. November 2003 erklärte der hierzu vom Verwaltungsrat ermächtigte Verwaltungsratsvorsitzende, der gesondert verfolgte L. , die fristlose Kündigung der Anstellungsverträge. Hiergegen setzten sich die Zeugen B. und St. vor dem Landgericht Stralsund zur Wehr.
4
In der Folgezeit beauftragten L. und der neue Vorstandsvorsitzende der S. Ba. die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. & T. GmbH (im Folgenden: D & T) mit der Überprüfung des Kredit- und Wertpapiergeschäfts sowie der personalpolitischen Maßnahmen der früheren Vorstände B. und St. . In ihrem Gutachten vom 15. Dezember 2004 kam die D & T zu dem Ergebnis, dass der S. unter den Vorständen B. und St. in den genannten Geschäftsbereichen seit dem Jahre 2002 jeweils Verluste in Höhe von mehreren Millionen Euro entstanden seien. Eventuelle zivil- und strafrechtliche Konsequenzen seien einer rechtlichen Prüfung vorzubehalten.
5
Auf der Grundlage dieses Gutachtens erteilten L. sowie die Vorstände der S. Dr. Sch. und K. , dieser als Vertreter für den Vorstandsvorsitzenden Ba. , der Kanzlei des Angeklagten die Vollmacht zur Erhebung einer auf den Ausgleich der insgesamt entstandenen Verluste gerichteten Widerklage gegen die Zeugen B. und St. . Unter dem 27. Dezember 2004 erhob der Angeklagte dementsprechend eine Widerklage auf Zahlung von 18.748.000 €. In seiner Widerklageschrift übernahm der Angeklagte weitge- hend nahezu wörtlich die Ausführungen aus dem Gutachten von D & T. Mit Anwaltsschreiben an den neuen Vorstandsvorsitzenden H. vom 22. August 2005 boten B. und St. einen Vergleich an. Dieser wurde von der Sparkasse ohne Mitwirkung des Angeklagten abgelehnt. Mit Urteil vom 13. Juni 2007 wies das Landgericht Stralsund die Widerklage ab. Zur Begründung führte es aus, es fehle an einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht des Angeklagten ; hierfür sei ein Beschluss des Verwaltungsrats der S. erforderlich gewesen. Im Übrigen sei die Widerklage auch unbegründet, da keine Pflichtverletzungen der ehemaligen Vorstände B. und St. festgestellt werden könnten.
6
Die Sparkasse entzog dem Angeklagten sodann das Mandat. Der Verwaltungsrat beschloss am 14. September 2007, die Erhebung der Widerklage zu genehmigen und gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund Berufung einzulegen , jedoch auf Vorschlag des neuen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt F. begrenzt auf eine Schadenssumme von 5.000.000 €. Mit Beschluss vom 30. Mai 2008 wies das Oberlandesgericht Rostock das Rechtsmittel zurück. Die geänderte Schadensberechnung stelle eine unzulässige Klageänderung dar. Der Schadensersatzanspruch sei im Übrigen auch in der Sache nicht begründet.
7
Das Landgericht ist der Auffassung, dass sich der Angeklagte danach der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB strafbar gemacht. Er habe, wie die Strafkammer weiter festgestellt hat, die Widerklage erhoben, obwohl er gewusst habe, dass diese keine Aussicht auf Erfolg gehabt und zudem nicht die Möglichkeit bestanden habe, im Falle des Obsiegens die Forderung über den von einer Versicherung abgedeckten Betrag von 5.000.000 DM hinaus zu reali- sieren. Dem Angeklagten, dem gegenüber der S. aufgrund seiner Stellung als weitgehend selbständig für diese tätiger Rechtsanwalt eine Vermögensfürsorgepflicht oblegen habe, sei es darum gegangen, durch die Erhebung der Widerklage Gebühreneinkünfte zu erzielen, auf die er in einer äußerst schwierigen finanziellen Situation dringend angewiesen gewesen sei.
8
2. Der Schuldspruch hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn die Voraussetzungen des hier allein in Betracht kommenden § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB sind durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht belegt. Diesen lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass den Angeklagten bei Erhebung der Widerklage eine hierauf bezogene Vermögensbetreuungspflicht im Sinne der Vorschrift gegenüber der S. traf.
9
a) Voraussetzung des Treubruchstatbestandes gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist die tatsächliche Einwirkungsmacht auf fremdes Vermögen, der ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Wegen der Weite des Tatbestandes sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Diese muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist, dass sich die Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spiel- raums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 208 ff.; BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN).
10
Der nähere Inhalt des so umschriebenen Treueverhältnisses ergibt sich, wenn er - wie hier allein in Betracht kommend - auf einem Rechtsgeschäft beruht , regelmäßig aus dem allgemeinen Zivil- oder Gesellschaftsrecht (BGH, Urteil vom 13. April 2010 - 5 StR 428/09, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 47). Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 darstellt, Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird. Maßgebend für die Abgrenzung sind insoweit Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober 1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 22).
11
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Rechtsprechung die zivilrechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB einzuordnende Rechtsbeziehung zwischen einem mit der Führung eines bürgerlichen Rechtsstreits beauftragten Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber grundsätzlich als Rechtsverhältnis angesehen, das für den Rechtsanwalt Treuepflichten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründen kann. Sie hat jedoch ausdrücklich offen gelassen , ob dies immer der Fall ist und im Zusammenhang mit der Beauftragung des Rechtsanwalts zur Einziehung und Durchsetzung von Forderungen auf den Einzelfall abgestellt (BGH, Urteile vom 29. April 1960 - 4 StR 544/59, NJW 1960, 1629; vom 6. Februar 1961 - AnwSt (R) 3/60, BGHSt 15, 372; vom 11. November 1982 - 4 StR 406/82, NJW 1983, 461). Danach wurde eine strafbewehrte Pflicht zur Betreuung fremden Vermögens etwa unter der Voraussetzung angenommen, dass der Rechtsanwalt eine Geldforderung von beträchtlicher Höhe geltend zu machen hatte, er damit wegen seiner besonderen Sachkunde betraut war, es ihm überlassen war, wie er die Forderung durchsetzte, er an besondere Weisungen oder Beschränkungen nicht gebunden und zum Abschluss eines Vergleichs ermächtigt war (BGH, Urteil vom 11.November 1982 - 4 StR 406/82, NJW 1983, 461).
12
b) Nach diesen Maßstäben, von denen auch das Landgericht ausgeht, belegen die Feststellungen die Verletzung einer selbständigen Pflicht des Angeklagten , das Vermögen der S. zu betreuen, nicht.
13
Die Urteilsgründe teilen bereits Näheres zu Zustandekommen, Inhalt und Ausgestaltung des Mandatsverhältnisses zwischen dem Angeklagten und der S. nicht mit. Ihnen ist daher nicht zu entnehmen, dass dem Angeklagten die Entscheidung über das "ob" und "wie" der Widerklage zur selbstverantwortlichen Umsetzung nach eigener Beurteilung übertragen worden war. Eine derartige Selbständigkeit ergibt sich auch nicht aus ihrem Zusammenhang. Der festgestellte Kontext der Widerklageerhebung spricht im Gegenteil eher dagegen, dass der Angeklagte im Zusammenhang hiermit über einen Freiraum verfügte, der ausreichte, um eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB begründen zu können. So holte die S. vor Erhebung der Widerklage ein Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein. Der Inhalt der Widerklage beruhte sodann nicht auf Vorgaben des Angeklagten, sondern folgte ganz weit- gehend den dortigen Ausführungen. Hinzu kommt, dass die S. mit den Widerbeklagten während des erstinstanzlichen Zivilverfahrens über eine einverständliche Beendigung des Rechtsstreits verhandelte, ohne dass der Angeklagte hiervon überhaupt wusste und in die Vergleichsverhandlungen eingebunden war.
14
Demgegenüber tragen die vom Landgericht für eine selbständige Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten angeführten Argumente nicht. Der Umstand, dass der Angeklagte bis Ende 2004 in zumindest acht weiteren Verfahren für die S. tätig war und dort als "Haus- und Hofanwalt" angesehen wurde, verliert vor dem Hintergrund des herausragenden Umfangs und der besonderen Bedeutung der hier in Rede stehenden Widerklage sowie der konkreten Umstände ihres Zustandekommens, Inhalts und der Betreibung des Verfahrens durch die S. entscheidend an Bedeutung. Mit Blick hierauf wird auch weder eine enge Einbindung des Angeklagten in die Abläufe vor der Erhebung der Widerklage noch gar eine Selbständigkeit allein dadurch belegt, dass der Angeklagte an einem Gespräch teilnahm, in dem die ausreichende Bevollmächtigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft diskutiert wurde. Ein eigener Freiraum des Angeklagten bei der Verfolgung der widerklagend geltend gemachten Schadensersatzansprüche lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Zeuge Dr. Sch. die Vollmacht für die Erhebung der Widerklage nur deshalb unterzeichnete, weil der gesondert verfolgte L. ihm erklärte, dies sei nicht mit besonderen Kosten verbunden; denn es ist nicht einmal festgestellt , dass dem Angeklagten - der an diesem Gespräch nicht teilnahm - diese Aussage überhaupt bekannt war, geschweige denn, dass sie auf seine Initiative hin getätigt wurde. Schließlich belegt auch der nach Auffassung der Strafkammer unzutreffende Hinweis des Angeklagten auf eine drohende Verjährung der Schadensersatzansprüche dessen selbständigen Beurteilungs- spielraum nicht. Diesem Umstand lässt sich eher entnehmen, dass die Entscheidung über das Ob der Widerklage in der Sache von den Verantwortlichen der S. getroffen wurde. Sollte der Hinweis des Angeklagten tatsächlich inhaltlich unrichtig gewesen sein, ist dieser Umstand gegebenenfalls in erster Linie bei der Beurteilung von Bedeutung, ob das Verhalten des Angeklagten als pflichtwidrig anzusehen ist.
15
3. Danach kann dahinstehen, ob die Mandatierung der Kanzlei des Angeklagten durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrats und zwei Vorstandsmitglieder der S. die Voraussetzungen eines den Tatbestand ausschließenden Einverständnisses erfüllt, wie die Ablehnung des während des erstinstanzlichen Verfahrens unterbreiteten Vergleichsangebots rechtlich zu würdigen und ob der Vorsatz des Angeklagten rechtsfehlerfrei dargetan ist. Der Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 18. Januar 2013. Das neue Tatgericht wird allerdings gegebenenfalls auch diese Gesichtspunkte in den Blick und daneben Bedacht darauf zu nehmen haben, wie sich die Genehmigung der Erhebung der Widerklage durch den Verwaltungsrat der S. sowie die Fortführung des Rechtsstreits in zweiter Instanz - wenn auch mit Modifizierungen bei der Höhe des geltend gemachten Schadens - auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat auswirken.
16
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2 StPO Gebrauch.
Tolksdorf Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann nur dann eine im
Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung begründen
, wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen
und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung
der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
2. Ist wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ein
Strafverfahren anhängig, entfällt während der Dauer des Strafverfahrens
die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung.
BGH, Beschl. v. 26. April 2001 - 5 StR 587/00
LG Bochum -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. April 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2001

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten L wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit dieser Angeklagte wegen Steuerhinterziehung im Hinblick auf die Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 v erurteilt wurde. Insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.
II. Auf die Revisionen der Angeklagten L , Dr. M und B wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO – auch soweit es sich auf den Mitangeklagten S bezieht – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten wegen Untreue bzw. wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt wurden,
b) soweit der Angeklagte Dr. M wegen Betruges verurteilt wurde, hinsichtlich des Strafausspruches,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten L wegen Beihilfe zur Untreue in 195 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten Dr. M hat es wegen Untreue in 93 Fällen, Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn eine – zur Bewährung ausgesetzte – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sowie eine Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen verhängt. Den Angeklagten B hat das Landgericht wegen Untreue in 20 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten belegt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten jeweils im vollen Umfang Revision eingelegt. Ihre Rechtsmittel haben in dem sich aus dem Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Teilaufhebung des Urteils ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten S z u erstrecken, der wegen Untreue in 82 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte L , der ein Umzugsunternehmen betrieb, mit Tochtergesellschaften der Firma K Rahmenverträge abgeschlossen. Im Hinblick auf den dort von ihm ausgehandelten niedrigen Preis rechnete der Angeklagte L über einen erheblichen Zeitraum jeweils (meistens zwei) Träger zusätzlich ab, ohne daß diese auch eingesetzt worden wären. Die Mitangeklagten Dr. M , S
und B , sämtlich Beschäftigte des K -Konzerns, zeichneten die vom Angeklagten L gefertigten Rechnungen in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit als sachlich richtig ab, woraufhin die überhöhten Beträge an den Angeklagten L ausbezahlt wurden. Den Mitangeklagten B und S zahlte der Angeklagte pro Umzugswagen einen Betrag von 100,00 DM. Als der Angeklagte Dr. M s ich bereits im Vorruhestand befand, reaktivierte ihn die Firmenleitung wieder. Um den ungeschmälerten Erhalt seiner sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche nicht zu gefährden, wurden die geleisteten Arbeitsstunden im Einverständnis mit einem Vorstandsmitglied, dem Zeugen Br , über den Angeklagten L abgerechnet. Auch insoweit hat dieser überhöhte Rechnungen gestellt und den Mehrbetrag an den Angeklagten Dr. M weitergeleitet.
Das Landgericht hat die jeweils bestätigte Falschabrechnung als Untreue der Angeklagten Dr. M , S und B s owie als Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten L gewertet. Den Angeklagten Dr. M hat es wegen des Verheimlichens seiner Einkünfte aus der Tätigkeit gegenüber der Arbeitsverwaltung zudem wegen Betruges verurteilt.
Die Angeklagten Dr. M , S und B haben in ihren jeweiligen Einkommensteuererklärungen die von L erhaltenen Geldbeträge nicht angegeben, weshalb eine zu niedrige Steuer festgesetzt wurde. Der Angeklagte L hat in erheblichem Umfang Umsätze nicht verbucht und die Erlöse hieraus in Einkommensteuererklärungen, Gewerbesteuererklärungen sowie in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen auch gegenüber den Finanzbehörden verheimlicht. Für das Jahr 1997 hat er keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgegeben. Insgesamt hinterzog er Einkommensteuer in Höhe von über 1.000.000,00 DM, Gewerbesteuer in Höhe von 490.000,00 DM und für die Jahre 1992 bis 1996 Umsatzsteuer in Höhe von 550.000,00 DM sowie allein für 1997 Umsatzsteuer in Höhe von 540.000,00 DM.

II.


Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils aufgrund der Sachrüge zu einer Teilaufhebung des Schuldspruchs.
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilungen wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue durch die Falschabrechnung weiterer Träger nicht. Nach den Urteilsgründen geht das Landgericht von einem abschließenden Charakter der schriftlichen Rahmenvereinbarung aus, ohne allerdings näher auszuführen, wann und von wem diese Rahmenverträge jeweils auf Seiten der K -Unternehmungen unterzeichnet wurden. Auf der Grundlage der Einlassung des Angeklagten L unterstellt das Landgericht aber zu seinen Gunsten, daß diese Abrechnungspraxis von “verantwortlichen” Mitarbeitern in der Einkaufsabteilung stillschweigend geduldet worden sei. Eine solche Einwilligung habe jedoch keine rechtliche Relevanz erlangt, weil die hierfür zuständigen Mitarbeiter im Einkauf vom Vorstand angewiesen worden seien, keine Preiserhöhungen zuzugestehen. Damit hat das Landgericht die maßgeblichen Vertragsgrundlagen nicht ausreichend aufgeklärt.

a) Das Landgericht läßt bereits offen, ob die “verantwortlichen” Mitarbeiter der Einkaufsabteilung zu einem Vertragsschluß mit dem Angeklagten L bevollmächtigt waren. Läge eine entsprechende Vertretungsmacht vor, könnte in der späteren stillschweigenden Duldung der Abrechnungspraxis, von der das Landgericht ausgeht, eine konkludente Nachtragsvereinbarung gesehen werden, die den ursprünglichen Rahmenvertrag ergänzt und teilweise auch abbedungen hat.
aa) Ob die Begleichung der – gemessen an der Rahmenvereinbarung überhöhten – Rechnungen als Einverständnis in eine konkludente Vertragsänderung angesehen werden durfte, ist nach §§ 133, 157 BGB zu be-
urteilen. Danach ist maßgeblich, inwieweit der Angeklagte L das Verhalten derjenigen Personen, die zum Abschluß einer Vereinbarung befugt sind, als eine entsprechende Willenserklärung ansehen durfte (vgl. BGHZ 109, 171, 177; 91, 324, 328 ff.). Dies wird insbesondere anhand der beiderseitigen Interessenlage und des Verhaltens der Betreffenden im einzelnen zu bestimmen sein.
Für die Frage, in welchem Umfange die Einkaufsabteilung von den einzelnen Geschäftsvorfällen Kenntnis erlangt hat, kann die Feststellung des Landgerichts Bedeutung gewinnen, daß dort die Beschaffungsaufträge im Einzelfall erst ausgelöst wurden, nachdem die Arbeiten bereits durchgeführt waren und die Rechnung vorlag. Gerade diese Vertragspraxis konnte dem Angeklagten L den Eindruck vermitteln, daß diese Form der Gesamtabrechnung insgesamt von einem zum Vertragsschluß Bevollmächtigten aus der Einkaufsabteilung gebilligt werde. Der Annahme einer Ä nderungsvereinbarung würde es im übrigen nicht entgegenstehen, wenn die Vertreter der K -Firmen kein entsprechendes Erklärungsbewußtsein gehabt haben sollten (BGHZ aaO). Insoweit reicht aus, daß sie jedenfalls den ihrem Handeln beizumessenden Erklärungswert hätten erkennen können. Die konkludente Abänderung kann im übrigen auch einen schriftlich abgefaßten Vertrag betreffen, selbst soweit dieser eine Schriftformklausel dergestalt enthalten sollte, zukünftige Ä nderungen oder Ergänzungen nur schriftlich abzufassen (BGHZ 71, 162, 164; 66, 378, 381).
bb) Zwar mag den Schmiergeldzahlungen des Angeklagten L an die Mitangeklagten B und S eine gegen eine konkludente Übereinkunft sprechende indizielle Wirkung entnommen werden können. Dennoch läßt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landgerichts eine Abänderungsvereinbarung nicht ausschließen. Einmal lagen die Preise des Angeklagten L , die längere Zeit im wesentlichen unverändert blieben, erheblich unter Marktniveau, was auch im Zuge der Fusion
K /H deutlich wurde. Bei einem in diesem Zusammenhang vorgenommenen Preisvergleich haben Mitarbeiter von K /H erhebliche Differenzen zu den Preisen von Vertragspartnern der Firma H festgestellt , was schließlich auch zu beträchtlichen Erhöhungen der Vergütungen zugunsten des Angeklagten L führte. Zudem erbrachte der Angeklagte
L
mit seiner Firma noch weitere Arbeiten, nämlich in der Art eines Hausmeisters auch Reparatur-, Wartungs- und Aufbereitungsarbeiten, für die in den Rahmenverträgen keine Vergütung vorgesehen war und die der Angeklagte L auch nicht abrechnete. Nach § 612 Abs. 1, § 632 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung hierfür jedoch stillschweigend als vereinbart, weil bei einem Gewerbebetrieb die unentgeltliche Übernahme solcher Arbeiten nicht zu erwarten und nach § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2 BGB in Ermangelung einer konkreten Vergütung jeweils der marktübliche Preis geschuldet war. Diese Umstände könnten einen Anhalt bilden, daß tatsächlich im Wege einer konkludenten Übereinkunft jeweils zusätzlich zwei Träger abgerechnet werden sollten, zumal auch die Höhe des hierdurch erreichten faktischen Mehrerlöses durchschnittlich jeweils etwa 20 Prozent betrug, mithin also auch die Lücke zu einer marktgerechten Vergütung im wesentlichen geschlossen wäre. Schließlich endete auch die Abrechnung von zwei zusätzlichen Trägern zu dem Zeitpunkt, zu dem die deutlich höheren Vergütungsregelungen zugunsten des Angeklagten L in Zusammenhang mit der Fusion K /H in Kraft traten.

b) Ebenso begegnet die Annahme des Landgerichts erheblichen Bedenken , daß für eine Erhöhung der Vergütung des Angeklagten L aufgrund einer Weisung des Vorstands kein Spielraum bestanden habe.
aa) Bezüglich des Inhalts der Weisung beschränken sich die Urteilsgründe auf die Feststellung, daß “der Vorstand angewiesen habe, möglichst Nullrunden zu fahren, also die Preise nicht zu erhöhen oder aber möglichst niedrig zu halten”. Abgesehen davon, daß diese Weisung weder nach ihrer
Urheberschaft (einzelnes Vorstandsmitglied oder Gesamtvorstand, vom Konzern oder von Tochtergesellschaft) noch datumsmäßig näher konkretisiert wird, läßt sich aus dem mitgeteilten Inhalt auch nicht ohne weiteres eine derartige Beschränkung der Vertretungsmacht der eigentlich zuständigen Einkaufsabteilung entnehmen. Die Auslegung des sachlichen Umfangs einer Vollmacht ist aber anhand der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen (BGH NJW 1991, 3141). Schon aus dem Wortlaut der Anweisung kann – wie sich aus der Einschränkung “möglichst” ergibt – kein absolutes Verbot hergeleitet werden. Ein solches wäre im übrigen auch völlig unpraktikabel, weil eine derart starre Regelung in einem größeren Konzern angesichts der raschen wirtschaftlichen Veränderungen und der zwangsläufigen Preisschwankungen gar nicht durchzuhalten wäre. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dagegen , der Anweisung des Vorstands diesen Erklärungswert beizumessen. Angesichts des Wortlauts und der Interessenlage könnte das Schreiben des Vorstands nicht als inhaltliche Beschränkung der Bevollmächtigung der zuständigen Mitarbeiter der Einkaufsabteilung angesehen werden.
bb) Zwar kann trotz Bestehens einer Vollmacht ein Vertragsschluß unwirksam sein, wenn der Vertragschließende gegen im Innenverhältnis bestehende Weisungen verstößt und der Vertragspartner den Mißbrauch der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte (vgl. BGHZ 113, 315, 320). Das Landgericht hat jedoch nicht ausreichend dargetan, ob überhaupt eine bindende Weisung vorlag. Der allgemein gehaltenen Vorgabe des Vorstands kann nämlich durchaus nur der Charakter eines Appells dergestalt beizumessen sein, nach Möglichkeit Preiserhöhungen mit Lieferanten zu vermeiden und solchen nur in unumgänglichen Fällen zuzustimmen. Ein solches Verständnis der Weisung des Vorstands wäre im übrigen auch naheliegend , weil eine allzu pauschale Einengung der nachgeordneten Einkaufsabteilung letztlich unpraktikabel und kontraproduktiv wäre. Selbst soweit der Vorstand das Eingehen von entsprechenden Verbindlichkeiten mit internen Berichtspflichten verbunden und der Angeklagte L dies gewußt
haben sollte, belegt dies nicht ohne weiteres die Kenntnis vom Mißbrauch einer Vollmacht, wenn sich die – im Nachgang konkludent ausgehandelten – Preise im Rahmen des Marktüblichen halten. Hierbei kann dann weiterhin der Gesichtspunkt Gewicht erlangen, daß Nebenleistungen im Zusammenhang mit Umzügen wie auch einzelne gesondert in Auftrag gegebene Hausmeisterarbeiten auf diese Weise abgegolten werden sollten. Insoweit standen nämlich den zuviel abgerechneten Trägern die nicht abgerechneten sonstigen Arbeiten entgegen, für deren Erbringung der Angeklagte L einen Vergütungsanspruch hatte. Insoweit hätte die Vergütung für zwei zusätzliche Träger auch als Pauschalierung für die vom Angeklagten L z u erbringenden Nebenleistungen verstanden werden können.

c) Da die Vertragsgrundlagen durch das Landgericht nicht rechtlich bedenkenfrei geklärt sind, läßt sich auch nicht feststellen, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB zu Lasten der K -Firmen eingetreten ist. Der Nachteil würde sich nämlich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich abgerechneten und dem vertraglich vereinbarten Preis ergeben. Dies setzt voraus, daß der – gegebenenfalls unter Bedacht auf den Zweifelssatz zu ermittelnde – Vertragspreis für den jeweiligen Zeitraum bestimmt und den tatsächlich abgerechneten Preisen gegenübergestellt wird.

d) Die Schuldsprüche wegen Untreue können auch nicht in den Fällen aufrechterhalten bleiben, in denen der Angeklagte L an die Mitangeklagten S und B Schmiergelder gezahlt hat. Die Zahlung von Schmiergeldern an Mitarbeiter des Vertragspartners begründet nur dann eine Untreue im Sinne des § 266 StGB, wenn sich feststellen läßt, daß jedenfalls diese Geldbeträge über den Preis auf den Vertragspartner umgelegt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 – 5 StR 454/00 –). Ob dies angenommen werden kann, hängt wiederum von dem noch zu klärenden Zustandekommen einer konkludenten Ä nderungsvereinbarung ab. Läge näm-
lich eine solche vor, dann hätte der Angeklagte L die Mitangeklagten B und S aus der ihm insoweit insgesamt zustehenden Vergütung bezahlt, weshalb ein Vermögensnachteil der K -Firmen ausscheidet.
Für die Vertragsgestaltung waren die Mitangeklagten S und B , die nach der innerbetrieblichen Aufgabenverteilung mit Organisations - und Umzugsfragen befaßt waren, auch nicht zuständig. Zahlungen an sie können deshalb auch nicht ohne weiteres die zu vereinbarenden Vergütungen beeinflußt haben. Insoweit sind die Zahlungen – wovon auch das Landgericht auszugehen scheint – zumindest auch erfolgt, um überhaupt Aufträge von den K -Firmen zu erlangen und diese zeitlich möglichst wirtschaftlich für die Firma des Angeklagten L zu staffeln.
2. Das landgerichtliche Urteil war weiterhin auch insoweit aufzuheben, als es die Angeklagten L und Dr. M wegen Untreue im Zusammenhang mit der Vergütung für die Tätigkeit des bereits im Vorruhestand befindlichen Angeklagten Dr. M verurteilt hat. Das Landgericht hat dabei den der jeweiligen K -Firma entstandenen Nachteil darin gesehen, daß deren Vermögen durch diese Abrechnungspraxis gefährdet worden sei. Obwohl der Angeklagte Dr. M über seine geleisteten Arbeiten dem Vorstand Br monatliche Aufstellungen vorgelegt habe, hätten durch diese unkontrollierbare Art der Abrechnung nämlich die K -Firmen die Erfüllung der Ansprüche der Angeklagten L und Dr. M nicht nachweisen können. Dies begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht allerdings nicht schon in dem Zahlungsabfluß bei den K -Firmen einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB gesehen. Der Angeklagte Dr. M konnte nämlich – ungeachtet seines Vorruhestandes – aus seinem Arbeitsverhältnis die ausgehandelte Vergütung beanspruchen. Zwar unterfiel seine Tätigkeit wegen der
Verletzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Mitteilungspficht nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dem Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 6. Februar 1995 (BGBl. I S. 165). Dies führte jedoch nicht zu einem Wegfall seines Vergütungsanspruchs. Anders als bei sonstigen Verstößen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SchwarzarbG, die grundsätzlich die Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses nach § 134 BGB zur Folge haben (BGHZ 111, 308), wird bei einem Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Mitteilungspflichten nicht die Arbeitsleistung an sich mißbilligt, sondern lediglich die Nichterfüllung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten hieraus. Bei derartigen Verstößen gegen sozialversicherungsrechtliche Normen soll lediglich deren Erfüllung sichergestellt , nicht aber die Unwirksamkeit des gesamten Rechtsverhältnisses herbeigeführt werden (Kania in Personalbuch 2000 7. Aufl. “Schwarzarbeit” Rdn. 3; Buchner in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Band 1– Individualarbeitsrecht I 1992 § 37 Rdn. 64 ff.), zumal der Wegfall des Lohnanspruches die Sozialkassen gerade nicht entlasten würde.
Mit der Abrechnung über den Angeklagten L ist hinsichtlich des Gehaltsanspruches, der dem Angeklagten Dr. M aus seiner Tätigkeit für die K -Firmen zustand, Erfüllung gemäß § 362 BGB eingetreten. Der Zahlung seitens der K -Firma an den Angeklagten L s tand somit eine gleichwertige Gegenleistung gegenüber, weil damit deren Verbindlichkeit gegenüber dem Angeklagten Dr. M erloschen ist. Welche Beweissituation im Hinblick auf eine gerichtliche Durchsetzung der Lohnforderung des Angeklagten Dr. M gegeben ist, ist unerheblich, wenn die Forderung tatsächlich existiert (BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 46).

b) Ein Nachteil könnte sich für die K -Firmen deshalb allenfalls daraus ergeben, daß sie ein zweites Mal auf die Begleichung der Forderungen in Anspruch genommen werden könnten. Da sie für die Erfüllung beweisbelastet sind, könnten die K -Firmen bei einer ungerechtfertigten
zweiten Geltendmachung dieser Ansprüche in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt gewesen sein. Dieses beweismäßige Defizit besteht letztlich in einer unzureichenden buchhalterischen Erfassung des Zahlungsflusses durch die K -Firmen. Eine falsche Buchführung begründet aber nicht schon als solche einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB (BGHSt 20, 304; BGH StV 1996, 431). In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in den Fällen unordentlicher Buchführung vielmehr nur einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB angenommen, soweit die Durchsetzung berechtigter Ansprüche erheblich erschwert, wenn nicht verhindert worden ist (BGH aaO; vgl. weiter BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 12). Dieser Ansatz der Rechtsprechung, der in der Literatur weitgehend auf Zustimmung gestoßen ist (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 146; Lenckner/Perron in Schönke /Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 45 jeweils mit umfänglichen Nachweisen ), muß sinngemäß auch für die umgekehrte Sachverhaltskonstellation gelten. Erleichtert eine fehlerhafte Buchführung die Geltendmachung ungerechtfertigter Ansprüche Dritter, begründet dies ebenfalls nicht per se eine schadensgleiche Vermögensgefährdung, die einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB darstellt. Auch hier liegt eine im Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung nur dann vor, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls mit einer ungerechtfertigten Doppelinanspruchnahme zu rechnen und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach den Feststellungen des Landgerichts fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß überhaupt ein solches Vorgehen seitens der Angeklagten L und Dr. M in Aussicht genommen oder gar angedroht war. Vielmehr hätten beide Angeklagte im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung damit rechnen müssen, daß das gesamte – letztlich zum Nachteil der Sozialverwaltung entwickelte – Abrechnungssystem ruchbar geworden wäre. Auf der Grundlage der den Angeklagten ihrerseits zur Verfügung stehenden Be-
weismittel wäre auch eine entsprechende Geltendmachung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Der Angeklagte Dr. M , der im Vorruhestand auf Stundenbasis tätig wurde, hätte kaum überhaupt einen Anspruch, schon gar nicht in diesem Umfang, nachweisen können. Im Hinblick auf den Angeklagten L bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Doppelinanspruchnahme.

c) Allein der Gesichtspunkt, daß ein Abrechnungssystem gewählt wurde, das – was die Festlegung der geleisteten Stunden wie auch die Auszahlung der hierfür entstandenen Vergütung angeht – risikobehaftet war, rechtfertigt nicht die Annahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB. Genau diese Form der Entlohnung war nämlich zwischen dem Angeklagten Dr. M und dem Vorstandsmitglied Br v ereinbart. Die hierdurch für den Angeklagten Dr. M geschaffene Möglichkeit, dieses System zu mißbrauchen, reicht für eine Strafbarkeit nach § 266 StGB nicht aus. Daß er es tatsächlich zu seinem Vorteil und zum Nachteil der K -Firmen ausgenutzt hat, hat das Landgericht nicht festgestellt.

d) Insoweit konnte der Senat die Angeklagten L und Dr. M allerdings nicht schon aus Rechtsgründen nach § 354 Abs. 1 StPO freisprechen. Den jeweiligen Einzelabrechnungen, die das Landgericht als selbständige Untreuehandlungen ausgeurteilt hat, läßt sich nämlich nicht entnehmen , ob die Erhöhung der Transportvergütung allein der absprachegemäßen Finanzierung der Tätigkeit des Angeklagten Dr. M gedient hat. Soweit darüber hinausgehende Falschabrechnungen des Angeklagten L erfolgt sind, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Angeklagte Dr. M dies auch erkannt hat.
3. Die Verurteilung des Angeklagten L wegen Steuerhinterziehung durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 kann aus
Rechtsgründen keinen Bestand haben; insoweit war der Angeklagte freizusprechen.

a) Der Angeklagte L hatte im Jahr 1997 von Januar bis Oktober jeweils inhaltlich unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben , insoweit ist er vom Landgericht auch verurteilt worden. Bereits mit seiner Verhaftung im Dezember 1997 wurde ihm eröffnet, daß ein Steuerstrafverfahren gegen ihn am 9. Dezember 1997 eingeleitet worden war. Die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 1997 waren sodann Gegenstand des Haftbefehles vom 5. März 1998, wobei dieser zusätzlich noch die Umsatzsteuervoranmeldung für November 1997 umfaßte. Angesichts dieser Situation war der Angeklagte L – unter dem steuerstrafrechtlichen Aspekt – nicht mehr verpflichtet, eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 abzugeben.
b) Einer Verurteilung steht hier das in § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO normierte Zwangsmittelverbot (“nemo tenetur se ipsum accusare”) entgegen (vgl. BGH wistra 1993, 66, 68). Danach sind im Besteuerungsverfahren Zwangsmittel im Sinne des § 328 AO gegen den Steuerpflichtigen unzulässig , wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten, insbesondere wenn insoweit bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden ist.
aa) Allerdings kennt die Rechtsordnung kein ausnahmsloses Gebot, daß niemand zu Auskünften gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbaren muß (BVerfGE 56, 37, 42). Ausnahmen können insbesondere dann gegeben sein, wenn – außerhalb eines Strafverfahrens – das Interesse eines gesetzlich Auskunftspflichtigen mit dem berechtigten Informationsbedürfnis anderer, z. B. von Behörden, kollidiert (vgl. BVerfGE aaO S. 45). Die gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und die Steuergerechtigkeit sind ebenso Abwägungskriterien wie die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den
Staat, damit er seinen vielfältigen Aufgaben gerecht werden kann. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, daß die Steuerpflichtigen zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet sind ohne Rücksicht darauf, ob hierdurch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt werden (BVerfG – Kammer – wistra 1988, 302).
bb) Bei divergierenden verfahrensrechtlichen Grundsätzen ist indes auch im Besteuerungsverfahren auf die strafprozessualen Rechte der Betroffenen Bedacht zu nehmen. Andernfalls wäre das berechtigte Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren tangiert. Im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens soll daher dem Betroffenen erspart bleiben, mit Zwangsmitteln zur Abgabe von Erklärungen im Besteuerungsverfahren gezwungen zu werden, mit denen er von ihm begangene Steuerstraftaten offenbaren müßte. Dem wird von Gesetzes wegen durch § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO Rechnung getragen. Auf eine solche Offenbarung früherer eigener Steuerstraftaten liefe es aber hinaus, wenn der Betroffene durch die gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbewehrte Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung gezwungen wäre, mit der er – bei wahrheitsgemäßer Darstellung – vorangegangene Hinterziehungen aufdecken müßte.
cc) In der nach § 18 Abs. 3 UStG abzugebenden Umsatzsteuerjahreserklärung hat der Unternehmer die zu entrichtenden Steuern bzw. den Überschuß selbst zu berechnen. Seine Erklärungspflicht erstreckt sich dabei auf dieselbe Steuerart hinsichtlich eines Gesamtzeitraums, für den er nach § 18 Abs. 1 und 2 UStG bereits Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben hatte. Bei der Pflicht zur Abgabe einer Jahreserklärung handelt es sich um eine gegenüber der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen eigenständige Erklärungspflicht , deren Nichterfüllung einen selbständigen Unrechtsgehalt besitzt (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 – Konkurrenzen 13). Da die von beiden Erklärungspflichten umfaßten Zeiträume bei gleicher Steuerart teilidentisch sind und dasselbe Steueraufkommen betreffen, gerät der Steuerpflichtige,
der keine oder unrichtige bzw. unvollständige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hat, hinsichtlich der Jahreserklärung in eine unauflösbare Konfliktlage , wenn ihm im Hinblick auf die Umsatzsteuervoranmeldungen die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben worden ist. In einem solchen Fall kann der Steuerpflichtige nämlich nicht mehr – wie ansonsten möglich (vgl. BGHR AO § 371 Abs. 1 – Unvollständigkeit 2) – durch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung Straffreiheit für die bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen begangenen Steuerhinterziehungen erlangen (vgl. § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO). Er kann im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung entweder durch eine Korrektur mit den richtigen Umsätzen sich selbst belasten oder den Steuerschaden durch die Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung vertiefen. Diese Konfliktlage will § 393 Abs. 1 AO vermeiden. Dies kann im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens im Hinblick auf Umsatzsteuervoranmeldungen nur bedeuten, daß die Strafbewehrung der Verletzung der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO) jedenfalls solange suspendiert ist, wie das Steuerstrafverfahren andauert (vgl. auch Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 393 Rdn. 36 ff.; Meyer DStR 2001, 461, 465) und soweit sich die Erklärungszeiträume der Steuererklärungen decken.
dd) Dem steht Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht entgegen, wonach eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen oder der Feststellungslast nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO auf eine mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbare Privilegierung des in ein Strafverfahren verwickelten Steuerpflichtigen hinausliefe und deshalb nicht in Betracht komme (BFH/NV 1997, 641; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches FG, EFG 2001, 252; FG Düsseldorf, 12. Mai 1999 – 9 V 2019/99 –; FG München EFG 1996, 570). Der Senat kann offen lassen, ob dem in dieser Allgemeinheit zu folgen ist.
Eine Abweichung liegt jedenfalls nicht vor. Zu differenzieren ist nämlich in zweifacher Hinsicht:
(1) Das Zwangsmittelverbot beeinflußt nicht die bloße Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen und die sich daran anschließenden steuerrechtlichen Folgerungen (z. B. Schätzung im Besteuerungsverfahren nach § 162 AO). Es berührt lediglich die strafrechtliche Sanktionierung dieser Pflicht (vgl. BGH wistra 1999, 385 f.). Da die Androhung von Kriminalstrafe im übrigen häufig in ihren Auswirkungen die in § 393 Abs. 1 Satz 2 AO in Verbindung mit § 328 AO bezeichneten Zwangsmittel übertreffen wird, fordert eine an dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung orientierte Auslegung, den Steuerpflichtigen auch im Falle einer notwendigen Selbstbelastung von einer strafbewehrten Pflicht zur Selbstbezichtigung freizustellen (vgl. HansOLG wistra 1996, 239). Insoweit konkretisiert die Regelung des § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO für das Steuerstrafverfahren nur den allgemeinen Grundsatz , daß eine unzumutbare Handlung nicht erzwungen werden darf, weil die Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bei jedem Unterlassungsdelikt vorliegen muß (Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. Vorbem. §§ 13 ff. Rdn. 155 f.; vgl. auch BGH NStZ 1984, 164).
(2) Zum anderen findet das Zwangsmittelverbot dort seine Grenze, wo es nicht mehr um ein bereits begangenes steuerliches Fehlverhalten des Betroffenen geht, hinsichtlich dessen ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet ist. Selbst wenn die Abgabe der Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren haben sollte, könnte das nicht ihre Unterlassung rechtfertigen, weil andernfalls neues Unrecht geschaffen würde, zu dem das Recht auf Selbstschutz nicht berechtigt (vgl. BGHSt 3, 18, 19; BGH wistra 1993, 66, 68), und gleichzeitig ein Verstoß gegen den steuerlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ermöglicht würde. Diese Einschränkung greift jedoch für das Verhältnis von Umsatzsteuervoranmeldungen zur Umsatzsteuerjahreserklä-
rung wegen der Gleichheit der betroffenen Steuerart und der Teilidentität des von der jeweiligen Erklärungspflicht erfaßten Steueranmeldungszeitraums sowie des betroffenen Steueraufkommens nicht ein. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob steuerliche Erklärungspflichten, die lediglich mittelbar zu einer Selbstbelastung des Steuerpflichtigen in einem Steuerstrafverfahren führen, ein strafrechtliches Verwertungsverbot auslösen können, wie es etwa das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 56, 37, 41 ff.) im Fall von Angaben des Gemeinschuldners im Konkursverfahren ausgesprochen hat (vgl. Rüping/Kopp NStZ 1997, 530, 533 f.).

III.


Das landgerichtliche Urteil war weiterhin bezüglich des Angeklagten Dr. M im Ausspruch über die Einzelstrafe hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges aufzuheben. Der Angeklagte Dr. M hat sich des Betruges in der Begehungsform des Unterlassens schuldig gemacht, weil er – entgegen seiner in § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I normierten Offenbarungspflicht – gegenüber den Sozialbehörden den empfangenen Arbeitslohn verschwiegen hat. Hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen eröffnet § 13 Abs. 2 StGB eine Milderungsmöglichkeit nach § 49 Abs. 1 StGB. Die Prüfung, ob eine solche Strafrahmenverschiebung vorzunehmen ist (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 2 – Strafrahmenverschiebung 1, 2), hat das Landgericht verabsäumt.
Soweit der Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils bestätigt wird, können die verhängten Einzelstrafen im übrigen aufrechterhalten bleiben. Der Senat kann ausschließen, daß diese Strafen von den Rechtsfehlern beeinflußt worden sind, die zu einer Teilaufhebung des Urteils geführt haben.

IV.


Die Aufhebung im Schuldspruch wegen Untreue war gemäß § 357 StPO auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten S z u erstrekken , weil der sachlich-rechtliche Mangel in gleicher Weise auch ihn betrifft.
Anhaltspunkte, die eine andere rechtliche Beurteilung ihm gegenüber rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Nichtrevident ist zur Anwendung des § 357 StPO angehört worden und hat ihr nicht widersprochen.
Harms Häger Basdorf Raum Brause

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 5 7 5 / 1 4
vom
21. Mai 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Völkermord
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
30. April 2015 in der Sitzung vom 21. Mai 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwältin - nur in der Verhandlung -
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt - nur in der Verhandlung -
als Nebenklägervertreter,
Justizobersekretärin - in der Verhandlung - ,
Justizamtsinspektor - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Generalbundesanwalts und der Nebenkläger wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Februar 2014 aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Völkermord zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt und festgestellt, dass von dieser sechs Monate als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Generalbundesanwalts und von vier Nebenklägern, die sich mit der Sachrüge dagegen wenden, dass der Angeklagte nur als Gehilfe, nicht aber als (Mit-)Täter des Völkermordes verurteilt worden ist, sowie die auf verfahrensrechtliche Beanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Die Rechtsmittel des Generalbundesanwalts und der Nebenkläger haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie ebenso wie die Revision des Angeklagten unbegründet.
2
I. Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen wurde die in dem zentralafrikanischen Land Ruanda lebende Bevölkerung seit frühester Zeit in die durch ihr Volkstum bestimmten Gruppen der Hutu, der Tutsi und der Twa eingeteilt, wobei die Hutu mit knapp 90% den weitaus größten Bevölkerungsanteil stellten. Gleichwohl bildeten die Tutsi bis zum Beginn der 1960er Jahre die herrschende Gesellschaftsschicht. Sodann übernahm die Gruppe der Hutu die Macht. Wie bereits zuvor ereigneten sich auch in der Folgezeit vielfach ethnisch motivierte Gewalttaten, denen zahlreiche Menschen zum Opfer fielen. Viele Tutsi flohen in die benachbarten Länder. Der 58 Jahre alte, nicht vorbestrafte Angeklagte, welcher der Volksgruppe der Hutu angehört, war seit 1988 Bürgermeister der ca. 65.000 Einwohner zählenden, im Norden Ruandas gelegenen Gemeinde Muvumba. Nachdem am 1. Oktober 1990 die Front Patriotique Rwandais (im Folgenden: FPR), der mehrheitlich Tutsi angehörten, von Uganda aus Ruanda angegriffen hatte, flohen die Bürger Muvumbas in Richtung Süden. 1993 erreichten sie die Gemeinde Murambi, wo sie unter der Ver- waltung des Angeklagten in drei Flüchtlingslagern lebten. In dieser Zeit wurde in Ruanda eine staatlich gelenkte Propaganda betrieben, der zufolge die Angehörigen der durch ihr Volkstum bestimmten Gruppe der Tutsi "Komplizen" der FPR und deshalb Staatsfeinde waren, die sowohl körperlich als auch als soziale Gruppe vernichtet werden müssen. Es hatten sich u.a. extremistische sog. Interahamwe-Milizen gebildet, die Tutsi angriffen und verfolgten.
3
Am Abend des 6. April 1994 wurde das Flugzeug des ruandischen Staatspräsidenten Habyarimana beim Landeanflug auf den Flughafen von Kigali , der Hauptstadt Ruandas, abgeschossen. Dabei fanden Habyarimana sowie der Präsident Burundis und mehrere hohe Offiziere den Tod. Dieses Ereignis war der Anlass für den Beginn eines Genozids, bei dem Angehörige der Hutu in der Zeit vom 6. April 1994 bis zum 18. Juli 1994 zwischen 500.000 und 1.000.000 Menschen töteten, die zum allergrößten Teil der Gruppe der Tutsi angehörten. Ein kleiner Teil der Getöteten waren gemäßigte Hutu, die in Opposition zur Regierung standen oder sich dem Töten widersetzten. Der Angeklagte nahm gegenüber den Tutsi eine ambivalente Haltung ein: Einerseits war ihm die Verfolgung und Vernichtung dieser Gruppe kein besonderes Anliegen; er war auch am Wohlergehen derjenigen Bürger Muvumbas interessiert, die Tutsi waren. Andererseits hielt er auch Reden, in denen er die offizielle gegen die Tutsi gerichtete Propaganda verkündete, welche er auch in die Tat umzusetzen bereit war, wenn es ihm aufgrund der jeweiligen Situation opportun erschien, um seiner Stellung als Funktionsträger des Regimes zu genügen und diese zu erhalten.
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Im Zuge des Genozids an den Tutsi fand u.a. das sog. Kirchenmassaker von Kiziguro statt. Mindestens 450 Menschen, von denen die allermeisten den Tutsi angehörten, hatten vor den Gewalttaten auf dem Gelände der Kirche des in der Gemeinde Murambi gelegenen Ortes Kiziguro Schutz gesucht. Am 11. April 1994 griffen Soldaten, Gendarmen, Gemeindepolizisten, Angehörige der Interahamwe-Milizen sowie Bürger Murambis und Muvumbas diese Personen mit dem Ziel an, sie zu töten. Der Angriff wurde, wie am Vortage bei einer Zusammenkunft im Beisein des Angeklagten besprochen, vom ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde Murambi, Jean-Baptiste Gatete, und anderen Autoritätspersonen befehligt, zu denen auch der Angeklagte gehörte. Die Angreifer töteten mindestens etwa 400 der auf dem Kirchengelände befindlichen Menschen überwiegend mit Macheten, Lanzen, Knüppeln, Äxten, Beilen und Hacken zumeist auf sehr qualvolle und grausame Weise. Viele der Getöteten und einige noch Lebende warfen die Angreifer in eine 350 Meter entfernte tiefe Grube; außerdem vergewaltigten sie Tutsi-Frauen und -Mädchen. Höchstens 60 Personen überlebten das Massaker, teilweise deshalb, weil sie in die Grube sprangen und von dort nach etwa einer Woche befreit wurden.
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Der Angeklagte wusste um die näheren Tatumstände und die Motivation Gatetes und der übrigen Angreifer, welche mit dem Ziel handelten, jedenfalls die in Ruanda lebenden Tutsi auszurotten. Nach dem Tatgeschehen floh er mit vielen Angehörigen seiner Gemeinde und erreichte im April 1994 Tansania. Nach weiterer Flucht lebt er seit dem Jahre 2002 mit seiner Familie in Deutschland.
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Nach der Wertung des Oberlandesgerichts ist der Angeklagte der Beihilfe zum Völkermord gemäß den nach § 2 Abs. 1 StGB anwendbaren § 220a Abs. 1 Nr. 1 aF, § 27 StGB schuldig. Zur Begründung hat es, soweit in diesem Revisionsverfahren von Bedeutung, ausgeführt, der objektive Tatbestand sei erfüllt, weil der Angeklagte sowohl Gatete als auch den übrigen Angreifern Hilfe geleistet habe. Gatete habe die Voraussetzungen des § 220a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alternative 2 StGB) verwirklicht. Aufgrund der bestehenden Hierarchie habe er als "starker Mann" Tatherrschaft gehabt und sei mit Blick auf den ihm zur Verfügung stehenden Machtapparat trotz der voll deliktisch handelnden unmittelbaren Täter als "Täter hinter dem Täter" anzusehen. Der subjektive Tatbestand liege bei ihm vor. Die einzelnen Angreifer hätten als unmittelbare Täter gehandelt. Der Angeklagte habe durch sein Handeln diese Haupttaten gefördert; sein Vorsatz habe die Haupttaten und seine fördernden Handlungen umfasst.
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Die Voraussetzungen einer Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Völkermordes lägen demgegenüber nicht vor. Der Angeklagte habe weder durch seine einzelnen Handlungen noch durch deren Gesamtheit Tatherrschaft gehabt. Dies ergebe sich sowohl bei funktionaler Betrachtung als auch bei einer wertenden Gesamtschau aller Umstände. Der Senat habe nicht festgestellt , dass die Handlungen des Angeklagten aus dessen Sicht derart wesentlich für das Massaker gewesen seien, dass dessen Durchführung aus seiner Sicht maßgeblich von seiner Mitwirkung abgehangen habe. Weiter sei nicht festgestellt, dass der Angeklagte selbst in der Absicht gehandelt habe, die Gruppe der Tutsi ganz oder teilweise zu zerstören.
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II. Revision des Generalbundesanwalts
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Das Rechtsmittel des Generalbundesanwalts hat im Ergebnis weitgehend Erfolg. Die getroffenen Feststellungen belegen - selbst wenn man dem Tatgericht bei der Abgrenzung von (Mit-)Täterschaft und Beihilfe einen Beurteilungsspielraum einräumen will - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands eines mittäterschaftlich vom Angeklagten begangenen Völkermordes (§ 25 Abs. 2, § 220a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF). Soweit das Oberlandesgericht die im Rahmen des subjektiven Tat- bestandes erforderliche Völkermordabsicht des Angeklagten nicht festgestellt hat, hält die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Täter des Völkermordes kann jedermann sein; in Betracht kommen insbesondere nicht lediglich staatliche oder militärische Führungspersonen (MüKoStGB/Kreß, 2. Aufl., § 6 VStGB Rn. 7, 30 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung , von der abzuweichen der vorliegende Fall keinen Anlass gibt, ist die Frage, ob ein Beteiligter eine Tat als (Mit-)Täter oder Gehilfe begeht, nach folgenden Kriterien zu beurteilen: Mittäterschaft ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7; Urteil vom 8. Januar 1992 - 3 StR 391/91, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 12) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
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Vor diesem Hintergrund ist das Oberlandesgericht bereits von einem zu engen Verständnis der (Mit-)Täterschaft ausgegangen, wenn es darauf abgestellt hat, es habe nicht feststellen können, dass die Handlungen des Angeklagten aus seiner Sicht derart wesentlich für das Massaker waren, dass dessen Durchführung maßgeblich von seiner Mitwirkung abhing. Zudem sind seine Erwägungen unvollständig, mit denen es eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an der Tat verneint hat; denn sie beziehen nicht alle festgestellten Umstände des Falles in die gebotene tatrichterliche wertende Betrachtung des Gesamtgeschehens ein. Von Bedeutung ist dabei etwa, dass der Angeklagte, der aufgrund seiner Stellung und Funktion eine herausgehobene Autoritätsund Respektsperson war, bereits in die Vorbereitungen des Massakers eingebunden war. So ist im Einzelnen festgestellt, dass er sich ebenso wie Gatete und andere "Verwalter" am 10. April 1994 zu dem Kirchengelände begab und Gespräche mit den Priestern führte, in denen diesen zu verstehen gegeben wurde, dass auch sie bei dem bevorstehenden Angriff getötet werden würden, wenn sie das Kirchengelände nicht verließen. Am Nachmittag desselben Tages nahm er an einer Zusammenkunft der "Verwalter" teil, bei der der Angriff besprochen und beschlossen wurde, zur Verstärkung Soldaten aus Gabiro herbeizuholen. Auch zu dem unmittelbaren Tatgeschehen leistete der Angeklagte wesentliche Beiträge. Am Vormittag des 11. April begab er sich mit Gatete und anderen Autoritätspersonen zu dem Kirchengelände, um den Angriff zu befehligen und zu koordinieren. Er stand neben Gatete, als dieser befahl, mit dem Angriff zu beginnen, und verlieh auf diese Weise der Aufforderung zusätzliches Gewicht. Auch forderte er die Angreifer persönlich mit Worten wie "Helft!", "Helft mal!", "Arbeitet!" und "Fangt mit Eurer Arbeit an!" dazu auf, die versammelten Tutsi zu töten, was die Angreifer weiter bestärkte. Nachdem er sich sodann für eine Weile entfernt hatte, fuhr er erneut mit Gatete vor und ließ sich über den Stand der andauernden Tötungen berichten. Als er erfuhr, dass es den bislang anwesenden Angreifern nicht gelingen werde, alle Tutsi zu töten, bevor das Eintreffen der herannahenden RPR-Truppen zu erwarten war, sagte er zu, Unterstützung zu bringen, und forderte die Anwesenden auf, das Möglichste zu tun, um die anwesenden Tutsi umzubringen. Sodann fuhr er zu den umliegenden Lagern und befahl einigen der sich dort aufhaltenden Flüchtlingen , sich mit ihm zum Kirchengelände zu begeben und die dort befindlichen Tutsi zu töten. Er transportierte die Betreffenden mit seinem Fahrzeug zum Kirchengelände und setzte sie dort ab. Anschließend ging er in den Innenhof des Kirchengeländes, in dem zahlreiche Leichen lagen und das Blut knöchelhoch stand, und forderte die dort tötenden Angreifer auf, sich mit dem weiteren Töten zu beeilen. Im weiteren Verlauf des Massakers erschien er bei denjenigen Angreifern , die das Gelände umstellten, und wies diese an aufzupassen, dass niemand entkomme. Am Nachmittag des 11. April 1994 begab er sich mit Gatete zu einem in der Nähe gelegenen Krankenhaus und befahl, die dort anwesenden Tutsi herauszuholen; diese wurden sodann in Richtung des Kirchengeländes getrieben.
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Mit diesen zahlreichen und gewichtigen Tätigkeiten förderte der Angeklagte nicht lediglich fremdes Tun, sondern fügte mehrere eigene, vom Willen zur Tatherrschaft getragene, objektiv für die Tat wesentliche Tatbeiträge derart in eine gemeinschaftliche Tat ein, dass diese als Teil der Tätigkeit der anderen und umgekehrt deren Tun als Ergänzung seiner eigenen Tatbeiträge anzusehen sind. Da der Angeklagte sich an dem unmittelbaren Tatgeschehen beteiligte , bedarf es hier entgegen der in der Revisionsbegründung vertretenen Auf- fassung des Generalbundesanwalts nicht des Rückgriffs auf die für andere Fallkonstellationen in der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur der "Tatherrschaft kraft Organisationsherrschaft" (BGH, Urteil vom 26. Juli 1994 - 5 StR 98/94, BGHSt 40, 218 ff.), die zur mittelbaren Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alternative 2 StGB führt; das Verhalten des Angeklagten erfüllt vielmehr die objektiven Voraussetzungen einer unmittelbaren Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB, auch wenn nicht festgestellt ist, dass er eigenhändig Tötungshandlungen vornahm.
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2. Mit Blick auf die insoweit auch in ihrem Zusammenhang eindeutigen Urteilsgründe kann dem Vorbringen in der Revisionsbegründung des Generalbundesanwalts nicht gefolgt werden, die Urteilsgründe würden die nach § 220a Abs. 1 StGB aF erforderliche Völkermordabsicht, das heißt das zielgerichtete Wollen der teilweisen oder vollständigen Zerstörung einer von der Vorschrift geschützten Gruppe (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2001 - 3 StR 244/00, NJW 2001, 2732, 2733) zumindest in deren sozialer Existenz (BGH, Urteil vom 30. April 1999 - 3 StR 215/98, BGHSt 45, 64, 80; vgl. im Einzelnen MüKoStGB/Kreß, 2. Aufl., § 6 VStGB Rn. 71 ff.), positiv belegen. Die Umstellung des Schuldspruchs auf täterschaftlich begangenen Völkermord und die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe durch den Senat kommen deshalb nicht in Betracht. Allerdings weist die der Feststellung, der Angeklagte habe nicht in Völkermordabsicht gehandelt, zugrunde liegende Beweiswürdigung auch mit Blick auf den insoweit im Revisionsverfahren geltenden eingeschränkten Prüfungsmaßstab durchgreifende Rechtsfehler auf.
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a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, oder verurteilt ihn - wie hier - lediglich als Gehilfen der Tat, weil es sich vom Vorliegen eines für dessen Aburteilung als (Mit-)Täter erforderlichen subjektiven Tatbestandsmerkmals nicht zu überzeugen vermag, so ist dies im Revisi- onsverfahren zwar grundsätzlich hinzunehmen. Ein durchgreifender Rechtsfehler kann aber darin liegen, dass die zugrunde liegende Beweiswürdigung lückenhaft ist oder das Tatgericht überspannte Anforderungen an die für die Feststellung des Tatbestandsmerkmals erforderliche Sicherheit stellt. Daneben ist es weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte vorhanden sind. Dementsprechend kann ein Rechtsfehler auch deshalb anzunehmen sein, weil das Tatgericht nach den Feststellungen nahe liegende Schlussfolgerungen nicht gezogen hat, ohne tragfähige Gründe anzuführen, die dieses Ergebnis stützen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - 4 StR 602/11, juris Rn. 10; Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, juris Rn. 67).
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b) Hieran gemessen bestehen im vorliegenden Fall durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Das Oberlandesgericht hat insoweit zur Begründung lediglich ausgeführt, die Verfolgung und Vernichtung der Tutsi seien dem Angeklagten kein besonderes eigenes Anliegen gewesen; er habe diesen gegenüber eine ambivalente Haltung eingenommen. Deshalb könne aus der festgestellten Beteiligung an dem Massaker nicht mit ausreichender Sicherheit auf seine Absicht im Sinne des § 220a Abs. 1 StGB aF geschlossen werden. Diese im Gegensatz zu den sonstigen Ausführungen zur Beweiswürdigung eher rudimentären, auf einer halben Seite der schriftlichen Urteilsgründe abgehandelten Erwägungen greifen in mehrfacher Hinsicht zu kurz:
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Das Oberlandesgericht hat im Zusammenhang mit dem ambivalenten Verhalten des Angeklagten gegenüber den Tutsi auch festgestellt, der Angeklagte habe Reden gehalten, in denen er die offizielle gegen die Volksgruppe der Tutsi gerichtete Propaganda verkündete, welche er auch in die Tat umzu- setzen bereit gewesen sei, wenn es ihm aufgrund der jeweiligen Situation opportun erschienen sei, um seiner Stellung als Funktionsträger des Regimes zu genügen und diese zu erhalten (UA S. 38). Diese ausdrückliche Feststellung hätte Anlass gegeben zu erwägen, ob die Zerstörung zumindest eines Teils der Volksgruppe der Tutsi sich für den Angeklagten als notwendiges Mittel für einen dahinter liegenden weiteren Zweck - die Erhaltung seiner Stellung im staatlichen System Ruandas - darstellte. Denn es genügt, wenn die ganze oder teilweise Zerstörung der Gruppe das Zwischenziel des Täters bildet (Werle, Völkerstrafrecht , 3. Aufl., Rn. 814); sie muss ebenso wie bei den sonstigen Delikten mit einer durch eine besondere Absicht geprägten überschießenden Innentendenz nicht Triebfeder bzw. Endziel, Beweggrund oder Motiv des Täters sein (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, juris Rn. 66 mwN zu § 263 StGB).
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Das Tatgericht hat auch nicht in den Blick genommen, dass die ambivalente Haltung des Angeklagten nach den Feststellungen vor allem für diejenigen Tutsi galt, für die er als Bürgermeister Verantwortung trug. Damit hat es ebenfalls den naheliegenden Erklärungsansatz ausgeblendet, dass es dem Angeklagten vor allem daran gelegen war, in dem Bereich - insbesondere den Flüchtlingslagern -, für den er die administrative Verantwortung trug, keine Unruhen aufkommen zu lassen.
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Soweit sich die Ausführungen zur Beweiswürdigung bezüglich der Völkermordabsicht im Übrigen in der pauschalen Aussage erschöpfen, auf diese könne auch aus der festgestellten Beteiligung an der Tat nicht geschlossen werden, ist zu besorgen, dass das Oberlandesgericht zum einen von einem zu niedrigen Gewicht der objektiven Tathandlungen ausgegangen ist und zum anderen nicht beachtet hat, dass das Massaker Teil eines staatlich geförderten genozidalen Gesamtgeschehens war (vgl. zur diesbezüglichen Indizwirkung für die Völkermordabsicht der Beteiligten Werle, Völkerstrafrecht, 3. Aufl., Rn. 825 mwN). Jedenfalls wären die mehreren, sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden und sich in das Gesamtgeschehen nahtlos einfügenden objektiven Tathandlungen des Angeklagten, die für sich genommen nicht nahelegen, der Angeklagte habe als einziger aller gemeinschaftlich handelnden Tatbeteiligten nicht mit Völkermordabsicht gehandelt, im Einzelnen auf ihre Indizwirkung für deren Vorliegen zu würdigen gewesen. Dies hat das Oberlandesgericht versäumt.
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III. Revisionen der Nebenkläger
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Da der Senat durch gesonderten Beschluss mit in der Hauptverhandlung ausdrücklich erklärter Zustimmung des Generalbundesanwalts und aller Nebenkläger die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO auf den Vorwurf des Völkermordes anlässlich des "Massakers von Kiziguro" beschränkt hat, bedarf es keiner Erörterung , ob die Revisionen der Nebenkläger Erfolg haben könnten, weil das Oberlandesgericht seine Kognitionspflicht verletzt hat, indem es im erstinstanzlichen Verfahren die angeklagten konkreten Tötungsdelikte ohne Zustimmung der Nebenkläger und damit nicht in wirksamer Weise von der Strafverfolgung ausgenommen hat.
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Die Revisionen aller vier Nebenkläger haben mit der Sachrüge aus denselben Gründen und in demselben Umfang Erfolg wie diejenige des Generalbundesanwalts. Insbesondere kommt auch auf die Revision der Nebenkläger die von diesen begehrte Änderung des Schuldspruchs durch den Senat nicht in Betracht.
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IV. Revision des Angeklagten
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1. Die erhobenen Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführten Gründen nicht durch. Der Senat bemerkt insoweit zusammenfassend bzw. ergänzend:
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a) Soweit die Revision eine Verletzung der §§ 261, 52 StPO geltend macht und beanstandet, das Oberlandesgericht habe bei der Würdigung der Aussage der Ehefrau des Angeklagten rechtsfehlerhaft berücksichtigt, dass die Zeugin zunächst von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und sich erst gegen Ende der Hauptverhandlung zu einer Aussage entschlossen habe, zeigt sie zwar einen Rechtsfehler auf (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 1987 - 4 StR 46/87, BGHSt 34, 324, 327; Beschluss vom 27. Januar 2009 - 3 StR 1/09, juris Rn. 2 ff.; Beschluss vom 13. August 2009 - 3 StR 168/09, NStZ 2010, 101, 102). Auf diesem beruht die angefochtene Entscheidung jedoch nicht (§ 337 StPO). Die Zeugin hat insoweit im Wesentlichen lediglich bekundet , am 9. April 1994 - und damit zwei Tage vor dem Massaker - mit dem Angeklagten telefoniert zu haben. Dabei habe dieser angegeben, sich in Kayonza - das etwa 20 km von Kiziguro entfernt liegt - zu befinden. Das Oberlandesgericht hat seine Überzeugung davon, dass der Angeklagte am Tattag in Kiziguro am Tatort war, sorgfältig dargelegt und begründet. Es ist mit Blick auf die zahlreichen Zeugen, die ausgesagt haben, den Angeklagten am Tatort gesehen zu haben, und deren Bekundungen nach der Wertung des Oberlandesgerichts durch die Aussage der Ehefrau des Angeklagten nicht in Frage gestellt werden, ausgeschlossen, dass das Oberlandesgericht zu einem anderen Ergebnis der Beweisaufnahme gekommen wäre, hätte es die rechtsfehlerhafte Erwägung nicht angestellt.
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b) Die Rüge, die Zeugin U. sei vereidigt worden, obwohl sie indem Verfahren gegen Gatete vor dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda (im Folgenden: IStGHR) falsch ausgesagt und deshalb ein Vereidigungsverbot nach § 60 Nr. 2 StPO bestanden habe, dringt nicht durch. Dabei kann dahin stehen, ob anzunehmen ist, ein Verstoß scheide bereits deshalb aus, weil die Vorschrift voraussetzt, dass der Zeuge sich nach deutschen Strafrechtsnormen strafbar gemacht hat. Hält man die Norm auch dann für anwendbar, wenn der Zeuge zuvor gegen eine internationale Strafvorschrift verstoßen hat, so kommt ein Vereidigungsverbot nach § 60 Nr. 2 StPO jedenfalls nur in solchen Fällen in Betracht, in denen die internationale Strafvorschrift inhaltlich einer der in § 60 Nr. 2 StPO genannten Straftaten entspricht, hier also dem § 258 StGB ähnlich ist und die (versuchte) Strafvereitelung unter Strafe stellt. Denn § 60 Nr. 2 StPO führt nicht alle in diesem Zusammenhang denkbaren Straftaten, sondern ausdrücklich nur solche auf, die mit der abzuurteilenden Tat in einem inneren Zusammenhang stehen. Dies entspricht der ratio legis, die nicht in erster Linie dahin geht, den Zeugen vor einem Meineid zu bewahren, sondern in den Blick nimmt, dass der Tatverdächtige seine Stellung als der eines Beschuldigten ähnlich empfindet und der Eid erfahrungsgemäß in einem solchen Fall zur Erhöhung des Beweiswertes nicht geeignet ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 60 Rn. 8 mwN). Die von der Revision angeführte Rule 91 (H) der Rules of Procedure and Evidence des IStGHR, bei der es sich um selbstgesetztes Recht des Strafgerichtshofs handelt, statuiert indes allenfalls ein Aussagedelikt. Aussagedelikte sind in dem Katalog des § 60 Nr. 2 StPO aus den genannten Gründen aber gerade nicht enthalten. Keiner näheren Betrachtung bedarf deshalb auch, ob das Verhalten der Zeugin vor dem IStGHR überhaupt nach dessen Rule 91 strafbar ist.
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c) Die Beanstandung, § 244 Abs. 3 und 6 StPO seien verletzt, weil das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sei, aufgrund von Zeugenschutzmaßnahmen und Sperrerklärungen des IStGHR bestimmte Auslandszeugen nicht vernehmen zu dürfen, so dass diese unerreichbar im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO seien, dringt nicht durch. Dabei ist nicht von Belang , ob das Oberlandesgericht an die diesbezüglichen Entscheidungen des IStGHR gebunden war oder über die Vernehmung der Zeugen ohne entsprechende Bindungswirkung nach Maßgabe allein des deutschen Rechts zu befinden hatte. Denn das Oberlandesgericht hat die Ablehnung des Antrags auf Vernehmung der benannten Auslandszeugen mit näherer rechtsfehlerfreier Begründung auch auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützt, was die Revision nicht angreift.
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d) Die Rüge, es liege ein Verstoß gegen § 55 Abs. 1, § 244 Abs. 2 StPO vor, weil das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft von einer Vernehmung des Zeugen Gatete abgesehen habe, nachdem dieser sich auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht berufen hatte, hat keinen Erfolg. Sie ist bereits nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Beanstandung der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht muss unter anderem eine bestimmte Beweisbehauptung enthalten (KK-Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 51; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 367, jeweils mwN); hieran fehlt es. Die Revision bringt in diesem Zusammenhang lediglich vor, der Zeuge hätte bestätigt, dass der Angeklagte nicht an der Tat in Kiziguro mitwirkte. Dieses auf ein Negativgeschehen bezogene, weit gefasste, pauschale und somit durch Wertungen ausfüllungsbedürftige Vorbringen erfüllt die Anforderungen an eine ausreichend bestimmte Beweisbehauptung nicht; es ist vielmehr lediglich auf die Ermittlung eines Beweisziels, das heißt die Folgerung, die das Gericht ziehen soll (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 96), gerichtet. Die Beanstan- dung ist auch unbegründet, denn dem Zeugen stand aus den vom Oberlandesgericht und dem Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführten Gründen ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Aufgrund der Angaben seines Rechtsbeistandes durfte das Oberlandesgericht auch davon ausgehen, dass der Zeuge von diesem Recht Gebrauch machen würde; weitere Maßnahmen waren insoweit nicht veranlasst.
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2. Die auf die Sachrüge veranlasste materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere ist die Beweiswürdigung, soweit sie das objektive Tatgeschehen betrifft , sorgfältig und frei von Rechtsfehlern. Das Oberlandesgericht hat sich u.a. mit den Besonderheiten des vorliegenden Falles, die sich etwa daraus ergeben, dass die Zeugen überwiegend aus einem fremden Kulturkreis stammen, auseinandergesetzt und die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen nicht nur auf die Aussagen von "Opferzeugen", sondern auch auf die Bekundungen von Personen gestützt, die auf der Seite der Täter an den Straftaten zum Nachteil der Tutsi beteiligt waren.
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V. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen sind als solche rechtsfehlerfrei getroffen worden; sie werden von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht erfasst und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Demgegenüber bedarf die Sache bezüglich des subjektiven Tatbestandes neuer Verhandlung und Entscheidung. Dies gilt auch für den als solchen rechts- fehlerfrei festgestellten Vorsatz des Angeklagten; dieser ist mit der Völkermordabsicht so eng verknüpft, dass der Senat auch die diesbezüglichen Feststellungen aufhebt, um dem neuen Tatgericht zu ermöglichen, insgesamt einheitliche Feststellungen zum subjektiven Tatbestand zu treffen.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,

1.
ein Mitglied der Gruppe tötet,
2.
einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, zufügt,
3.
die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
4.
Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe verhindern sollen,
5.
ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

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a) Das Landgericht hat den Angeklagten E. auch in den Fällen als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) angesehen, in denen der Angeklagte O. die Anträge im Zusammenwirken mit der früheren Mitangeklagten eingereicht hatte. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Zwar erfordert die Annahme von Mittäterschaft nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen der Tat; vielmehr kann für eine Tatbeteiligung als Mittäter auch ein auf der Grundlage gemeinsamen Wollens die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen , der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung be- schränkt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26). Auch einen das tatbestandliche Handeln (allein) der früheren Mitangeklagten und des Angeklagten O. in diesem Sinne wenigstens fördernden Tatbeitrag des Angeklagten E. hat das Landgericht indes nicht festgestellt. Ein solcher kann insbesondere nicht schon aus dem Umstand abgeleitet werden, dass der Angeklagte E. in den gemeinsam gefassten, auf die Begehung zwar gleichartiger, im Einzelnen aber noch unbestimmter Taten gerichteten Tatplan eingebunden war. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt sich deshalb nicht nur die Frage der konkurrenzrechtlichen Behandlung eines einheitlichen, mehrere Einzeltaten eines Mittäters fördernden Tatbeitrags.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 493/07
vom
1. April 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. und 7. auf dessen Antrag - am
1. April 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Dem Angeklagten W. wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 23. Mai 2007 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
Damit ist der Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 4. Oktober 2007, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.
2. Die Revision des Angeklagten W. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Die Revision des Angeklagten We. gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.2. der Urteilsgründe nicht der Beihilfe zur Untreue, sondern der Untreue schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.4. der Urteilsgründe nicht der Untreue in 118 Fällen , sondern der Untreue in 107 Fällen (Fälle 194-270 der Anklageschrift), der Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Unterschlagung (Fall 279 der Anklageschrift) und der Unterschlagung in zehn Fällen (Fälle 271-278, 280-281 der Anklageschrift) schuldig ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen zu Fall A.III.2. der Urteilsgründe und zu den Fällen 271-281 der Anklageschrift innerhalb des Falls A.III.4. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
5. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall A.III.1. der Urteilsgründe nicht der Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen und der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen, sondern der Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen, und im Fall A.III.2. der Urteilsgründe nicht der Untreue, sondern der Beihilfe zur Untreue schuldig ist;
b) in den Einzelstrafaussprüchen zu den Fällen A.III.1. und A.III.2. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
6. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
7. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten D. und K. werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht, wegen Untreue und vorsätzlichen Bankrotts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, den Angeklagten We. wegen Untreue in 156 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in 102 Fällen und Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren, den Angeklagten D. wegen Untreue in 186 Fällen und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten K. wegen Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen, Untreue in zwei Fällen und Beihilfe zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wenden sich die Revisionen aller Angeklagten mit materiell-rechtlichen Bean- standungen; die Angeklagten We. , D. und K. rügen außerdem die Verletzung formellen Rechts.

I.


2
Die Verfahrensrügen der Angeklagten We. , D. und K. bleiben ohne Erfolg. Der Senat nimmt insoweit auf die jeweiligen Antragsschriften des Generalbundesanwalts Bezug. Zu der Rüge des Angeklagten We. , das Landgericht habe unzulässig Erkenntnisse verwertet, die aus Telefonüberwachungsmaßnahmen gegen die anderweitig Verfolgte M. gewonnen worden sind, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass das Urteil auf einem etwaigen Verstoß gegen ein Verwertungsverbot nicht beruhen könnte; denn das Landgericht hat die fraglichen Vorgänge schon aufgrund anderer Beweisergebnisse für erwiesen gehalten (s. UA S. 96).

II.


3
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der von den Angeklagten W. und We. erhobenen Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil dieser Angeklagten erbracht; sie führt lediglich zu einer geringfügigen Änderung des Schuldspruchs gegen den Angeklagten We. . Die Schuldsprüche wegen mehrfacher Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue bedürfen indessen näherer Erörterung.
4
1. Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
5
Der Angeklagte W. war zunächst Mit- und seit 1996 Alleingesellschafter aller Gesellschaften, die unter der Sammelbezeichnung H. - Unternehmensgruppe auftraten. Bis 1992 war er auch deren alleiniger Ge- schäftsführer. Bei der N. Geldbearbeitungs GmbH (im Folgenden: N. ) übernahm der Angeklagte We. zum 1. Dezember 1992 die Stellung des Alleingeschäftsführers. Der Angeklagte W. traf aber auch für diese Gesellschaft weiterhin die maßgeblichen geschäftlichen Grundentscheidungen. Die Betriebe der H. -Gruppe führten in erheblichem Umfang Geldtransporte für Banken und Handelsunternehmen durch. Für letztere übernahm die H. - Gruppe auch die "Geldbearbeitung", d. h. die Zählung und Aufarbeitung von Hart- und Notengeld sowie dessen Auskehrung durch Überweisung von Eigenkonten bei der Bundesbank, auf die das Bargeld nach Aufarbeitung und Zählung eingezahlt worden war; die Konten waren sämtlich für die N. eingerichtet , wenn auch der Kontoinhaber des bei der Bundesbankfiliale Mö. geführten Kontos die H. Transport GmbH Ha. war. Für die Banken erbrachte die H. -Gruppe neben den Geldtransporten sonstige Dienstleistungen bis hin zur Befüllung von Geldautomaten. Die Geldbearbeitung und die Automatenbefüllung führte die N. aus.
6
Da die Einkünfte der Gesellschaften "nicht auskömmlich waren", entwickelte der Angeklagte W. spätestens ab Mitte der 1990er Jahre als ständigen Finanzierungsmechanismus ein Schneeballsystem. Er veranlasste, dass Geld der Kunden zur Begleichung von Löhnen und Gehältern, Steuern und Sozialversicherungsabgaben sowie sonstiger Verbindlichkeiten seiner Unternehmen genutzt wurde. Die entnommenen Beträge wurden einen Tag oder auch erst mehrere Tage später durch das zwischenzeitlich abgeholte Geld anderer Kunden ersetzt, so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar verzögerte , die Fehlbeträge aber nicht auffielen. Der Angeklagte We. war darüber informiert und wirkte bei der Durchführung dieser Entnahmen mit. Im Anklagezeitraum wurden an 156 Tagen von den für die N. bei der Bun- desbank eingerichteten Konten insgesamt über 179 Mio. € an Gesellschaften der Unternehmensgruppe überwiesen.
7
Nachdem den Angeklagten wegen der Kündigung eines Großkunden Ende 2005 klar geworden war, dass sie das Schneeballsystem nicht länger aufrecht erhalten konnten, fassten die Angeklagten W. und K. Mitte Februar 2006 den Entschluss, in einer groß angelegten Umverteilungsaktion erhebliche Beträge, die von Banken zur Befüllung von Geldautomaten zur Verfügung gestellt worden waren, nicht zu diesem Zweck, sondern dazu zu verwenden, zumindest einen Teil der Verbindlichkeiten gegenüber kleineren Handelsunternehmen zu begleichen, um deren ansonsten zu befürchtende Insolvenz zu vermeiden. Sie informierten auch die Angeklagten D. und We. über diesen Plan. Der Angeklagte We. widersprach dem nicht, beteiligte sich aber auch nicht an der Umsetzung.
8
2. a) Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen im Ergebnis die Verurteilungen der Angeklagten W. und We. wegen Untreue hinsichtlich der geschilderten Überweisungen im Rahmen des Schneeballsystems.
9
aa) Rechtlich zutreffend ist die - wenn auch nicht ausdrücklich dargelegte , so doch dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen zu entnehmende - Annahme des Landgerichts, dass die von den Angeklagten W. und We. veranlassten Überweisungen der Kundengelder auf Geschäftskonten der Gesellschaften der H. -Unternehmensgruppe jeweils eine vertraglich begründete Pflicht zur Betreuung fremder Vermögensinteressen im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB verletzten und es dadurch in jedem Einzelfall zumindest zu einem Vermögensgefährdungsschaden der Kunden gekommen ist, weil die Fehlbeträge im Fall der Aufdeckung des Schneeballsystems und der infolge- dessen zu erwartenden Kündigungen zahlreicher Kunden nicht mehr hätten ausgeglichen werden können.
10
Voraussetzung des Treubruchstatbestandes gemäß § 266 Abs. 1 StGB ist die tatsächliche Einwirkungsmacht auf fremdes Vermögen, der ein besonders schützenswertes Vertrauen in die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zugrunde liegt. Wegen der Weite des Tatbestandes sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken , in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Diese muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit (Fischer, StGB, 55. Aufl. § 266 Rdn. 28 m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung ist erforderlich, dass sich die Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Beteiligten sie als solche bezeichnen. Es muss hinzukommen, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird (BGH NJW 1991, 2574 m. w. N.). Das Merkmal der Selbständigkeit bzw. des Handlungsspielraums dient dazu, die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB von bloßen Diensten der Handreichung abzugrenzen, wie sie etwa von Lieferanten und Boten erbracht werden. Hierbei ist aber nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten , ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 85; Fischer aaO Rdn. 29).
11
Nach diesen Grundsätzen begründeten die vertraglich geschuldeten Dienstleistungen der Geldbearbeitung sowie die Bankdienstleistungen in ihrer konkreten Ausgestaltung eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB. Dadurch, dass die abgeholten Kundengelder in denNiederlassungen der N. nach ihrer Zählung und Erfassung des ausgezählten Betrages in der EDV mit dem Geld anderer Kunden vermischt, nach Noten gebündelt und sodann auf die eingerichteten Bundesbankkonten eingezahlt wurden, verloren die Kunden das Eigentum an dem abgeholten Geld und erwarben gegenüber ihrem Vertragspartner lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Auskehrung eines entsprechenden Betrages. Soweit mit einigen Kunden abweichende Vereinbarungen bestanden, duldeten diese nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen die von der N. praktizierte Vorgehensweise. Da Inhaber der Konten die N. bzw. die H. Transport GmbH Ha. , Niederlassung V. waren, hatten nur diese Gesellschaften einen direkten Auszahlungsanspruch gegenüber der Bundesbank. Die N. , die für die Konten verantwortlich war, verwaltete damit zumindest für einen kurzen Zeitraum, der zwischen der Vermischung des Geldes und der Auskehrung der geschuldeten Beträge lag, das Vermögen der Kunden treuhänderisch. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Geldbeträge, die ihr zur Befüllung von Geldautomaten zur Verfügung gestellt wurden: Diese wurden von den Banken entweder direkt auf die von der N. verwalteten Bundesbankkonten oder auf Treuhandkonten überwiesen, für die einzelne Mitarbeiter der N. eingeschränkt zeichnungsberechtigt waren. Von diesen Konten wurde das Bargeld abgehoben, um die Geldkassetten in den Niederlassungen der N. befüllen zu können. Durch diese Praxis hatte die N. Verfügungsmacht über die abgeholten Bargeldbeträge, so dass wiederum ein Treuhandverhältnis entstand.
12
Zwar ist den - zu den einzelnen Regelungen der Kundenverträge nur kursorischen - Feststellungen zu entnehmen, dass die Kunden ihrem Vertragspartner über die Einzahlung auf das Bundesbankkonto hinaus nur einen sehr geringen Handlungsspielraum ließen, wie mit dem eingesammelten Geld zu verfahren war, was bei Verträgen über Geldtransporte und die anschließende Geldbearbeitung auch in der Natur der Sache liegt; dies steht der Annahme einer qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht jedoch nicht entgegen. Das Einkassieren, Verwalten und Abliefern von Geld für den Auftraggeber wird in der Rechtsprechung regelmäßig als herausgehobene Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen angesehen und die Veruntreuung so eingenommener Gelder als Untreue im Sinne des § 266 StGB bewertet (BGHSt 2, 324; 13, 315; 18, 312; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Treubruch 1; Missbrauch 2). So verfügen etwa Rechtsanwälte, die für ihren Mandanten Fremdgeld entgegennehmen, nur über einen geringen Handlungsspielraum zum Umgang mit dem empfangenen Geld; gleichwohl wird bei ihnen eine herausgehobene Treuepflicht bejaht (BGH NJW 1957, 596, 597; 1960, 1629; 2006, 3219, 3221). Denn der Grad der Selbständigkeit des Verpflichteten stellt neben anderen Kriterien wie Dauer und Umfang der Tätigkeit nur ein Indiz dafür dar, dass es sich - in Abgrenzung zu bloßen Boten- und Handlangerdiensten - um Vorgänge handelt, denen die Bedeutung der qualifizierten Wahrnehmung von Vermögensinteressen zukommt (BGHSt 13, 315, 317). Schon Dauer und Umfang der Betreuung der Vermögen der Kunden - allein die unberechtigten Entnahmen im Tatzeitraum beliefen sich auf fast 180 Mio. € - sprechen hier für eine über die bloße Verrichtung von Handreichungen hinausgehende Tätigkeit. Darüber hinaus wurde ein besonderes Vertrauen in die H. -Unternehmen durch das Vorhandensein von Eigenkonten bei der Bundesbank begründet, die üblicherweise überprüften und zertifizierten Finanzdienstleistern vorbehalten sind. Dieses gesteigerte Vertrauen erlaubte den von den Kunden nicht kontrollierten und in der Zeit zwischen Ab- holung des Geldes und Auskehrung der ihnen zustehenden Beträge auch nicht kontrollierbaren Zugriff auf deren Vermögen durch die abredewidrige Überweisung des Geldes auf eigene Geschäftskonten der Gesellschaften.
13
bb) Das angefochtene Urteil leidet allerdings unter dem Mangel, dass es die vertraglichen Beziehungen zwischen den Kunden und den Unternehmen der H. -Gruppe nicht näher darstellt, so dass ihm nicht einmal zu entnehmen ist, ob die Verträge über die Geldbearbeitung unmittelbar mit der N. geschlossen wurden oder ob Vertragspartner ein anderes Unternehmen der H. -Gruppe war, das die Erledigung der Geldbearbeitung auf die N. übertrug. Dies gefährdet die Verurteilung der Angeklagten W. und We. wegen Untreue jedoch nicht; denn nach beiden denkbaren Sachvarianten war die Vermögensbetreuungspflicht auch für diese beiden Angeklagten begründet.
14
War Vertragspartner der Kunden ein anderes Unternehmen der H. - Gruppe, war der Angeklagte W. schon als dessen Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB treuepflichtig. Durch die Übertragung der Geldbearbeitungsdienstleistungen auf die N. traf die qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht auch diese Gesellschaft (vgl. BGHSt 2, 324; BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31), die als juristische Person mit einer eigenen Betriebsorganisation auch die im Verhältnis zu dem beauftragenden anderen Unternehmen erforderliche Selbständigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben besaß (vgl. BGHSt 13, 330, 331 f.). Für den Angeklagten We. folgt die Treuepflicht als Geschäftsführer der N. ebenfalls aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
15
Wurden die die qualifizierte Treuepflicht begründenden Geldbearbeitungsdienstleistungen hingegen durch die Kunden unmittelbar bei der N.
in Auftrag gegeben, traf die Treuepflicht den Angeklagten We. als deren Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und den Angeklagten W. als deren faktischen Geschäftsführer (vgl. BGHSt 13, 330, 331). Dazu ist den Feststellungen hinreichend zu entnehmen, dass der Angeklagte W. nicht nur die geschäftlichen Grundentscheidungen für die N. traf, sondern auch im operativen Geschäft gegenüber dem Angeklagten We. Weisungen durchsetzen konnte und damit ihm gegenüber eine dominierende Stellung einnahm.
16
b) Bezüglich der "Umverteilung des Geldes" der Großbanken (Fall A.III.2. der Urteilsgründe) ist die Verurteilung des Angeklagten W. wegen Untreue aus den unter a) dargelegten Gründen im Ergebnis ebenfalls rechtsfehlerfrei; bei dem Angeklagten We. war der Schuldspruch dagegen von Beihilfe zur Untreue auf Untreue umzustellen. Die Angeklagten W. und We. verletzten die ihnen gegenüber den Kunden obliegende Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB auch dadurch, dass sie die zur Befüllung von Geldautomaten abgeholten Bargeldbeträge Kleinkunden zukommen ließen. Soweit die Kammer den Angeklagten We. wegen seiner fehlenden Mitwirkung an der Umsetzung dieses Tatentschlusses nur wegen psychischer Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, ist dies allerdings rechtsfehlerhaft. Psychische Beihilfe leistet, wer durch aktives Tun oder garantenpflichtwidriges Unterlassen den Täter in seinem Tatentschluss bestärkt oder bei der Tatausführung unterstützt. In jedem Fall muss eine objektiv fördernde Funktion festgestellt werden (Fischer aaO § 27 Rdn. 13). Daran fehlt es hier.
17
Dies führt indes nicht zu einer Aufhebung seiner Verurteilung, vielmehr war der Schuldspruch auf Untreue zu ändern. Aus der Treuepflicht des Angeklagten We. gegenüber den Banken resultierte auch seine Pflicht, die drohende Schädigung, von der er Kenntnis erhielt, von diesen Kunden abzuwenden. Er hatte diese zumindest zu melden (BGHSt 5, 187, 190) und beging die Verletzung der Treuepflicht damit durch sein pflichtwidriges Unterlassen (vgl. BGHSt 36, 227). Die zugemessene Einzelstrafe wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt (vgl. § 13 Abs. 1 StGB einerseits, § 27 Abs. 2 StGB andererseits).
18
3. Die Verurteilung des Angeklagten We. wegen Untreue in 102 Fällen aufgrund der vom Angeklagten D. geforderten und von diesem durchgeführten Entnahme von Kundengeldern in den Jahren 2001 bis 2006, die der Angeklagte We. für sich selbst verbrauchte, begegnet aufgrund der getroffenen Feststellungen keinen Bedenken. Durch diese Entnahmen verletzte er seine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Kunden; zudem wurde die N. gegenüber den Kunden gemäß §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i. V. m. §§ 266 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB schadensersatzpflichtig, so dass der Angeklagte We. auch gegenüber seiner Arbeitgeberin die ihm aus dem Anstellungsvertrag obliegende Treuepflicht verletzte.

III.


19
Die Revision des Angeklagten D. hat auf die Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
20
Der Angeklagte D. war seit dem Jahr 1995 Leiter der Niederlassung der N. in V. . Er war bereits nach kurzer Zeit bereit, an dem Schneeballsystem mitzuwirken, stellte ab dem Jahr 1996 auf Anforderung der Angeklagten W. und We. Kundenbargelder bereit und führte zur Verschleierung bzw. zum möglichst schnellen und unauffälligen Ausgleich der Geldentnahmen eine sog. Prioritätenliste, nach der entschieden wurde, in wel- chem Umfang und mit welcher zeitlichen Verzögerung bei welchem Kunden die Überweisung der abgeholten Gelder "gestreckt" werden konnte. Ab Juli 1996 erhielt er Gesamtprokura für die N. und war außerdem für das für sie bei der Bundesbankfiliale in Mö. eingerichtete Konto einzelzeichnungsberechtigt.
21
1. Er beteiligte sich an den unter I.1. dargestellten Überweisungen, indem er in 68 Fällen die Überweisungsträger selbst unterschrieb und in weiteren 43 Fällen seinen Mitarbeitern durch beanstandungsfreie Übernahme der Überweisungsbeträge in die Buchhaltung und in seine Prioritätenliste den Eindruck vermittelte, sie könnten die angeforderten Überweisungen auf Konten der Gesellschaften der Unternehmensgruppe vornehmen. Nach dem 7. Juni 2005 zog er sich aus dem Tagesgeschäft zurück und kündigte seinen Arbeitsvertrag, worauf eine neue Niederlassungsleiterin eingesetzt wurde. Seine Bestellung zum Prokuristen blieb indes im Handelsregister eingetragen; auch behielt er die Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto.
22
Die Verurteilung wegen Untreue in 68 Fällen sowie Beihilfe zur Untreue in 43 rechtlich zusammentreffenden Fällen hat im Ergebnis Bestand. Insoweit trägt zwar die Begründung, der Angeklagte D. habe als Prokurist eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die Verurteilung nicht, weil sich aus der Stellung als Prokurist allein die Übertragung einer Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB gegenüber den Kunden nicht ergibt. Ist die Treuepflicht einem Unternehmen übertragen worden, so kann ein Angestellter neben dem Unternehmensinhaber oder - bei juristischen Personen - deren gesetzlichen Vertreter jedoch dann Träger der qualifizierten Vermögensbetreuungspflicht sein, wenn ihm die diese Pflicht begründenden Tätigkeiten übertragen werden und er aufgrund der ihm eingeräumten Befugnisse bei der Erfüllung dieser Aufgaben hin- reichend selbständig agieren kann (BGH NJW 1983, 1807; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 31). Dazu muss ihm auch die Möglichkeit eingeräumt sein, über das der Firma anvertraute Treugut selbständig zu verfügen (BGHSt 13, 330, 332). Dass der Angeklagte D. diese Voraussetzungen erfüllte, ist den Feststellungen des Urteils zu entnehmen: Er leitete die Niederlassung der N. mit dem höchsten Bargeldaufkommen und war für die Erfüllung der die Treuepflicht maßgeblich begründenden Vertragspflichten verantwortlich. Er war dabei gegenüber den Angeklagten W. und We. auch hinreichend eigenständig und konnte aufgrund seiner Einzelzeichnungsberechtigung von sich aus über die der N. anvertrauten Kundengelder verfügen.
23
2. Soweit die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten D. bei der geschilderten "Umverteilung" als Beihilfe zur Untreue gewertet hat, begegnet der Schuldspruch keinen Bedenken. Der Strafausspruch war jedoch aufzuheben. Denn die Strafkammer hat nicht bedacht, dass der Angeklagte D. ,nachdem er seinen Arbeitsvertrag gekündigt hatte und nicht mehr als Niederlassungsleiter tätig war, die Vermögensinteressen der Kunden nicht mehr wahrzunehmen hatte und ihn deshalb eine durch Rechtsgeschäft begründete Treuepflicht nicht mehr traf. Damit fehlte dem Angeklagten ein die Strafbarkeit begründendes persönliches Merkmal, so dass die Strafe nicht nur nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB, sondern auch nach § 28 Abs. 1 StGB zu mildern war. Die Einzelstrafe für diesen Fall muss daher neu zugemessen werden.
24
3. Soweit die Kammer den Angeklagten D. wegen der von ihm nach dem 7. Juni 2005 in der Niederlassung in V. entnommenen Bargeldbeträge (Fälle 271-281 der Anklageschrift) wegen Untreue verurteilt hat, hat der Schuldspruch keinen Bestand. Aufgrund der Kündigung endete auch die durch den Arbeitsvertrag begründete Treuepflicht des Angeklagten D. gegenüber der N. . Der Umstand, dass die Bestellung zum Prokuristen im Handelsregister und seine Zeichnungsberechtigung für das Bundesbankkonto nicht gelöscht wurden, steht dem ebenso wenig entgegen, wie seine nach wie vor bestehende faktische Möglichkeit, von Mitarbeitern große Bargeldbeträge ausgehändigt zu bekommen. Denn über diese tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten hinaus hat die Kammer keine Feststellungen zu einer vertraglichen Verpflichtung des Angeklagten D. getroffen. Die rein tatsächliche Möglichkeit, auf fremdes Vermögen zuzugreifen, reicht zur Begründung einer Treuepflicht indes nicht aus (Fischer aaO § 266 Rdn. 28).
25
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können, und ändert den Schuldspruch in den Fällen, in denen der Angeklagte D. ohne Wissen des Angeklagten We. nur für sich Bargeld entnahm und sich so rechtswidrig zueignete (Fälle 271-278, 280-281 der Anklageschrift), dahin, dass der Angeklagte der Unterschlagung gemäß § 246 StGB schuldig ist. Im Fall 279 der Anklageschrift entnahm der Angeklagte D. auf die Aufforderung des Angeklagten We. ,ihm zur finanziellen Absicherung seiner Familie 500.000 € aus Kundengeldern auszuhändigen, insgesamt 750.000 €, gab davon 400.000 € an den Angeklagten We. weiter und behielt - womit der Angeklagte We. rechnete - 350.000 € für sich. Dieses Verhalten ist mangels einer vertraglichen Treuepflicht des Angeklagten D. lediglich als Beihilfe zur Untreue des Angeklagten We. und - hinsichtlich des Betrages, den der Angeklagte D. sich selbst zueignete - als Unterschlagung zu werten. Auch insoweit stellt der Senat den Schuldspruch entsprechend um.
26
Die Änderung des Schuldspruchs in diesen Fällen führt zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen. Der Wegfall mehrerer Einzelstrafen hat zur Folge, dass auch die gegen den Angeklagten D. verhängte Gesamtstrafe keinen Bestand haben kann. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch können jedoch insgesamt bestehen bleiben. Ergänzende weitere Feststellungen darf der neue Tatrichter nur treffen, soweit sie nicht in Widerspruch hierzu stehen.

IV.


27
Auch die Revision des Angeklagten K. hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg.
28
1. Der Angeklagte K. , der die Verantwortung für die Geldtransporte und die Logistik aller H. -Gesellschaften hatte und dazu eigenständig Fahrzeuge leasen oder kaufen, Standorte für Niederlassungen festlegen und diesbezügliche Mietverträge abschließen konnte, unterstützte das Schneeballsystem , indem er u. a. dafür Sorge trug, dass die bei Kunden abgeholten Beträge so schnell wie möglich auf die Bundesbankkonten eingezahlt werden konnten, weil es nur so möglich war, die vermehrt auftretenden Fehlbeträge zu kompensieren. Außerdem half er ab 2004/2005 dabei, Geldanforderungen aus der Ham. er Zentrale der N. gegenüber Mitarbeitern von anderen Niederlassungen durchzusetzen. In der Zeit vom 14. Juni bis Ende Juli 2001 war der Angeklagte K. nicht für H. -Gruppe tätig.
29
Diese Feststellungen belegen nicht die Pflicht des Angeklagten K. , die Vermögensinteressen der Kunden der H. -Gesellschaften zu wahren. Er war mit den die qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht begründenden Geschäftsbereichen der Geldbearbeitung und der Bankdienstleistungen nicht betraut und hatte keinerlei Möglichkeit, über die Kundengelder zu verfügen. Dass seine Tätigkeit - wie die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt hat - für die Aufrechterhaltung des Schneeballsystems von großer Bedeutung war, führt zu keiner anderen Bewertung. Auch durch die - rechtlich ohnehin nicht nachvollziehbare - Wendung, der Angeklagte K. sei der "faktische Prokurist fast aller H. - Gesellschaften" gewesen, wird eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht belegt.
30
Soweit die Kammer ihn ab Erlangung einer sicheren Kenntnis von den Fehlbeträgen der H. -Unternehmensgruppe als Täter einer Untreue in 21 rechtlich zusammentreffenden Fällen angesehen hat, konnte der Schuldspruch folglich nicht bestehen bleiben; vielmehr lag lediglich Beihilfe zur Untreue der Angeklagten W. und We. vor. Diese Beihilfehandlungen bilden mit der von der Kammer ausgeurteilten Beihilfe zur Untreue für die Zeit ab der Rückkehr des Angeklagten K. im August 2001 nur eine Tat, so dass im Tatkomplex A.III.1. der Urteilsgründe lediglich zwei Fälle der Beihilfe zur Untreue vorlagen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Dies führt zur Aufhebung sämtlicher insoweit ausgesprochener Einzelstrafen. Zwar hat das Landgericht den Angeklagten K. im ersten Teil dieses Tatkomplexes zutreffend nur wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt. Es hat jedoch dabei die zwingende Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB nicht berücksichtigt.
31
2. Auch im Fall A.III.2. der Urteilsgründe war der Schuldspruch wegen der fehlenden Treuepflicht des Angeklagten K. auf Beihilfe zur Untreue zu ändern und die verhängte Einzelstrafe aufzuheben. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass aufgrund des rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbeitrags des Angeklagten K. allein die fehlende Treuepflicht zur Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue führt, so dass ihm die Milderung nach 28 Abs. 1, § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nur einmal zu Gute kommt (BGHSt 26, 53).
32
3. Im Fall A.III.5. der Urteilsgründe hat die Verurteilung des Angeklagten K. wegen Untreue hingegen Bestand. Die Strafkammer hat hierzu festgestellt , dass er Mitte 2005 Geld für ein Immobiliengeschäft benötigte und deshalb an den Ausstatter für die Geldtransporter der H. -Unternehmensgruppe herantrat , der wegen der für ihn lukrativen Geschäftsbeziehung bereits seit Jahren für seine jeweiligen Jahresumsätze eine Rückvergütungsprovision an die H. Transport GmbH Ha. zahlte. Der Angeklagte K. forderte ihn auf, die bereits angefallenen, aber erst zum Jahresende fälligen Provisionen unmittelbar an ihn zu zahlen, was dieser in Höhe von 36.000 € auch tat. Der Angeklagte K. verwendete den Betrag wie geplant für sich.
33
Zwar vermag auch hier die Begründung der Strafkammer, der Angeklagte K. habe als "faktischer Prokurist" eine vertragliche Vermögensbetreuungspflicht gehabt, die Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB nicht zu belegen. Aus den Feststellungen ergibt sich indes, dass der Angeklagte bei der Beschaffung von Fahrzeugen selbständig schalten und walten, insbesondere eigenständig Verträge abschließen konnte, so dass für diesen Bereich seine Verpflichtung, die Vermögensinteressen der H. Transport GmbH zu wahren, zu bejahen ist. Diese verletzte er, indem er den seiner Arbeitgeberin zustehenden Anspruch in Höhe der 36.000 € einzog. Denn dadurch wurde der (zukünftige ) Provisionsanspruch der H. Transport GmbH in dieser Höhe zumindest gefährdet, weil der Ausstatter nach den Feststellungen des Urteils zum Fälligkeitszeitpunkt nur noch den verbleibenden Restbetrag abzüglich der an den Angeklagten K. geleisteten Zahlung an die H. Transport GmbH auskehren wollte.
34
Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen A.III.1. und A.III.2. der Urteilsgründe und die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen führt auch beim Angeklagten K. zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch haben dagegen Bestand; weitere, dazu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen kann der neue Tatrichter auch hier treffen.

V.


35
Soweit der Senat Schuldsprüche geändert hat, steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders hätten verteidigen können, bzw. dem Angeklagten We. im Fall A.III.2. der Urteilsgründe bereits mit der Anklageschrift der Vorwurf der täterschaftlich begangenen Untreue gemacht worden war. Die Verschärfung des Schuldspruchs in diesem Fall scheitert auch nicht an § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO (Kuckein in KK 5. Aufl. § 358 Rdn. 18 m. w. N.).
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Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
1. Zur Untreuestrafbarkeit von Zuwendungen an Betriebsräte.
2. Ist eine Aktiengesellschaft strafantragsberechtigter Unternehmer
im Sinne des § 119 Abs. 2 BetrVG, ist eine Vertretung
im Willen durch Prokuristen ausgeschlossen.
BGH, Urteil vom 17. September 2009 – 5 StR 521/08
LG Braunschweig –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 17. September 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 15. und 17. September 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt K. ,
Rechtsanwältin Ku.
alsVerteidigerfürdenAngekl agten G. ,
Rechtsanwalt S. ,
Rechtsanwalt Bö.
alsVerteidigerfürdenAngeklagten V. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 17. September 2009 für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 22. Februar 2008 werden mit der Maßgabe verworfen , dass die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Begünstigung eines Mitglieds eines Betriebsrats sowie eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats (Angeklagter G. ) und wegen Anstiftung hierzu (Angeklagter V. ) entfallen.
2. Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten V. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen, ferner die den Angeklagten durch die Revisionshauptverhandlung entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Im Übrigen tragen die Angeklagten die Kosten ihrer Rechtsmittel.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten V. – unter Freispruch in einem Einzelfall, der nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist – wegen Beihilfe zur Untreue sowie wegen Anstiftung zur Untreue in 46 Fällen, davon in 24 Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Begünstigung eines Mitglieds eines Betriebsrats sowie eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat ferner den Angeklagten G. wegen Untreue in 40 Fällen, davon in 19 Fällen in Tateinheit mit Begünstigung eines Mitglieds eines Betriebsrats sowie eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats und wegen Anstiftung zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
2
Beide Angeklagten greifen ihre Verurteilungen umfassend mit der Sachrüge an, der Angeklagte V. auch mit Verfahrensrügen. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten V. eingelegten, mit der Sachrüge begründeten Revision, die überwiegend vom Generalbundesanwalt vertreten wird, bei diesem Angeklagten insbesondere weitgehend eine Verurteilung wegen täterschaftlicher Untreue. Alle Rechtsmittel dringen – abgesehen von einem geringfügigen Teilerfolg der Angeklagten – nicht durch.

I.


3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte V. arbeitete von 1969 bis zu seiner Verrentung im Dezember 2005 bei der Volkswagen (VW) AG in Wolfsburg, ab 1978 als freigestellter Betriebsrat. 1990 wurde der Angeklagte zum Betriebsratsvorsitzenden des Werkes Wolfsburg, zum Gesamtbetriebsratsvorsitzenden (§ 47 BetrVG) und zum Konzernbetriebsratsvorsitzenden (§ 54 BetrVG) gewählt. Er gehörte als Arbeitnehmervertreter dem Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft an. Als Vorsitzendem des Gesamtbetriebsrats kam dem Angeklagten im Gesamtbetriebsausschuss (GBA), dem geschäftsführenden Gremium des Gesamtbetriebsrats, eine gewichtige Funktion zu. Der Gesamtbetriebsrat wurde durch das „Management“ über die eigentliche Betriebsratstätigkeit hinaus auch an dessen Entscheidungen beteiligt und konnte auf diese Weise seine Erfahrungen einbringen. Der Angeklagte V. wurde 1992 ferner zum Eurokonzernbetriebsratsvorsitzenden und 1999 zum Weltkonzernbetriebsratsvorsitzenden gewählt.
5
Zur Festlegung der Gehälter der freigestellten Betriebsräte wurde 1991 eine Kommission eingesetzt. Diese bestand aus zwei Vertretern des Unternehmens, darunter dem als Arbeitsdirektor tätigen Vorstandsmitglied, und zwei Mitgliedern des Gesamtbetriebsrats, dem Angeklagten V. und dessen Vertreter Su. . Die Vergütung des Angeklagten V. wurde hiernach mehr als verdoppelt. Sie wurde einem in die zweithöchste Gehaltsgruppe (35) eingruppierten Bereichsleiter – einem „Topmanager“ entsprechend – festgesetzt und belief sich 1993 auf – umgerechnet – fast 200.000 Euro, zusammengesetzt aus Fixgehalt und jeweiligem Jahresbonus. Die Kommission setzte die Vergütung des Angeklagten V. zum 1. Juni 2001 entsprechend der höchsten Gehaltsgruppe 36 fest.
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2. 1993 befand sich der VW-Konzern in einer existenzgefährdenden Situation. Zu deren Behebung erschienen Entlassungen von 30.000 Arbeitnehmern in den niedersächsischen Werken unausweichlich. Der auch auf Empfehlung des Angeklagten V. neu in den Vorstand berufene Arbeitsdirektor H. (§ 33 MitbestG) führte zur Vermeidung von Entlassungen und mit Zustimmung des Gesamtbetriebsrats die Vier-TageWoche bei Lohnverzicht ein. Der Vorstandsvorsitzende P. hatte ferner – zu höheren als bis dahin bei VW gezahlten Gehältern – mehrere spanische Manager unter Führung von L. für eine Tätigkeit bei VW gewonnen. Der Angeklagte V. empfand deren Entlohnung im Vergleich mit den übrigen Führungskräften und seiner eigenen als zu hoch. Er brachte deshalb Mitte bis Ende 1994 P. das Anliegen vor, dass die VWFührungskräfte und er selbst besser bezahlt werden mögen. P. verwies den Angeklagten zuständigkeitshalber an H. .
7
Dieser war bereit, „ V. eine Gehaltserhöhung zu bewilligen, da er dessen Arbeit als Betriebsratsvorsitzender schätzte. Er wollte sich dadurch dessen Wohlwollen erhalten, weil er davon ausging, dass dies der VW AG zugute kommen würde“ (UA S. 9). Um keine Begehrlichkeiten zu wecken, kam er auf die Idee, die Gehaltserhöhung über einen jährlich auszuzahlenden am Betriebsergebnis orientierten und nur bei Markenvorständen üblichen Sonderbonus zu gewähren. Damit war V. einverstanden. H. überging dabei die Kommission zur Festlegung der Gehälter freigestellter Betriebsräte. Die weiteren Vorstandsmitglieder wurden nicht unterrichtet. Die Auszahlung erfolgte nicht über die für die Gehälter der Betriebsräte zuständige Abteilung, sondern durch die Abteilung „Gehaltsabrechnung Führungskräfte“ (UA S. 10). H. beauftragte den dort tätigen Zeugen Ho. unter Hinweis auf höchste Vertraulichkeit, die Auszahlung des von ihm jeweils jährlich festgesetzten Sonderbonus vorzunehmen. Ho. besprach mit dem Angeklagten V. die Abwicklung der Zahlung. Dieser stellte Ho. die Lohnsteuerkarte zur Verfügung, deren Eintragungen Ho. handschriftlich ergänzte. Im Gegensatz zu den allen Betriebsratsmitgliedern gewährten üblichen Bonuszahlungen erhielt der Angeklagte V. hierüber keine Abrechnungen. Von 1994 bis 2004 wurden so elf Sonderbonuszahlungen in Höhe von insgesamt 1,95 Mio. Euro brutto geleistet. Das Jahreseinkommen des Angeklagten V. erreichte hierdurch in der Spitze 2002 fast 700.000 Euro. Der Angeklagte V. ließ sich bei seiner Tätigkeit als Vorsitzender der von ihm geleiteten Betriebsräte von den Sonderbonuszahlungen nicht beeinflussen.
8
Das Landgericht hat insoweit eine Untreue des – anderweitig täterschaftlich verurteilten – Personalvorstands H. in Erfüllung des Treubruchtatbestandes angenommen. H. habe vorsätzlich pflichtwidrig gehandelt. Ihm sei die hier gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG strafbare Begünstigung des Betriebsratsmitglieds V. als nicht im Interesse der VW AG stehend bewusst gewesen. Es liege mithin eine verbotene willkürliche Zwecksetzung durch H. vor, der die Sonderbonuszahlungen nur im Blick auf die von ihm gehegte bloße Hoffnung getätigt habe, das Wohlwollen des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden zu erzielen.
9
Das Landgericht hat eine Anstiftung des H. durch den Angeklagten V. beweiswürdigend ausgeschlossen, indes nach Würdigung zahlreicher belastender Indizien (Unzuständigkeit des H. , Vereinbarung einer Verschwiegenheitspflicht, fehlende Abrechnung, Abwicklung über eine unzuständige Gehaltsstelle, begünstigende Sonderbehandlung gegenüber allen Managern und allen Betriebsratsmitgliedern durch Zahlung unüblicher Sonderboni zur dauerhaften Gehaltserhöhung; UA S. 87 f.) bei V. einen Beihilfevorsatz angenommen. Soweit der Angeklagte V. davon ausgegangen sei, er habe die ihm vom Vorstandsmitglied H. angebotenen Zahlungen annehmen dürfen, liege ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor. Die Wirtschaftsstrafkammer hat den Angeklagten V. insoweit aus dem gemäß §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB doppelt gemilderten Strafrahmen des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB zu der Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
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3. Der Angeklagte G. trat 1973 als Volkswirt in die Dienste der VW AG. Nach Tätigkeiten in der Revisionsabteilung, als Vorstandsassistent und im Einkauf war er bis zu seinem Ausscheiden Abteilungsleiter im Personalwesen und dort mit fünf Mitarbeitern dafür zuständig, die Veranstaltungen aller Betriebsräte zu planen und abzuwickeln. H. hatte den Angeklagten G. schon 1993 angewiesen, die Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses großzügig zu behandeln, insbesondere die Wünsche von dessen Vorsitzendem V. zu erfüllen.
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Der Angeklagte V. hatte H. Ende 1993/Anfang 1994 darauf angesprochen, dass er bei Reisekosten selbst disponieren wolle. H. änderte daraufhin die Abrechnungspraxis. Anstatt die einem Betriebsrat entstandenen Kosten weiter mit einem Erstattungsantrag bei der Reisekostenstelle prüfen und abrechnen zu lassen, verfügte H. , dass G. die Kosten der Betriebsratsveranstaltungen zentral über die H. zugeordnete Abteilung „Gehaltsabrechnung Führungskräfte – Kos- tenstelle 1860“ (UA S. 14) ohne Kontrolle durch jene Abteilung abzurechnen habe. Den von den Zeugen Ho. und W. gegenüber G. und H. geäußerten Bedenken begegnete letzterer im Herbst 1997 dadurch , dass er W. durch B. ersetzte und diesen anwies, von Ho. bearbeitete Reisekostenabrechnungen nicht zu überprüfen. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Abrechnungen nur noch von dem Vorgesetzten G. s, dem Leiter des Bereichs „Zentrales Personalmanagement“ Sc. , unterzeichnet. Damit wich H. zudem ohne Berechtigung von dem bei VW praktizierten „Vier-Augen-Prinzip“ ab.
12
H. wiederholte 1997 seine Anweisung gegenüber G. , den Gesamtbetriebsrat großzügig zu behandeln. Dies hatte G. so verstanden , dass er die Wünsche von V. erfüllen sollte, ohne dass dafür eine Begrenzung der Kosten zu beachten sei.
13
Schon ab etwa Ende 1995 bestimmte der Angeklagte V. aus dem Kreis der auf Dienstreisen befindlichen Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses bei abendlichen Barbesuchen diejenigen, die die Dienste von Prostituierten auf Kosten von VW, wofür G. zunächst in Vorlage trat, in Anspruch nehmen durften. G. bediente sich selbst und auch H. entsprechend und rechnete zur Verschleierung derartiger dienstfremder Kosten über Eigenbelege „Ausgaben im Geschäftsinteresse des GBA“ ab (UA S. 15).
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Der Angeklagte V. lernte Anfang 1999 die brasilianische Staatsangehörige Ba. kennen, die ihn bei den monatlichen dienstlichen Auslandsreisen fortan begleitete. V. wies G. an, die jeweils erforderlichen Flüge und Hotelzimmer zu buchen, Mobiltelefone für beide zu besorgen und für diese entstandene und weitere Kosten zu übernehmen. Zudem wurden Ausgaben für private Käufe von Schmuck, Ferienreisen , Bordellrechnungen, Kosten für Flüge und Dienstleistungen von Prostituierten, Miet- und Renovierungskosten für eine Wohnung in Braun- schweig, in der sich die Angeklagten je zweimal und H. einmal mit Prostituierten trafen, und Maßanzüge bezahlt, ferner regelmäßige Bargeldzuwendungen bis 10.000 Euro für private Zwecke an den Angeklagten V. , seinen Stellvertreter Su. und den Geschäftsführer des Gesamtbetriebsrats U. erstattet, die G. verauslagt hatte.
15
Beginnend am 1. Februar 2001 bis zum 12. Dezember 2003 rechnete der Angeklagte G. in 37 Fällen – davon in 32 Fällen im Zusammenhang mit dienstlich veranlassten Betriebsratsreisen – entstandene Kosten zwischen knapp 8.000 Euro und über 105.000 Euro ab, die im Wesentlichen der „bevorzugten Behandlung“ von Betriebsratsmitgliedern, insbesondere des Angeklagten V. gedient hatten. Mit nicht näher spezifizierten Eigenbelegen rechnete der Angeklagte G. aber auch dienstliche Kosten ab; nach wertender Betrachtung des Landgerichts betrafen diese nur einen geringfügigen Teil der geltend gemachten Aufwendungen.
16
Die Zeichnung der Abrechnungen durch den Nachfolger des S. , der zum Jahresbeginn 2001 als Personalvorstand zu Skoda AS Tschechien gewechselt war, war auf Weisung des H. entfallen. Sämtliche Abrechnungen wurden nur noch von G. unterschrieben.
17
Der Angeklagte G. rechnete darüber hinaus aber auch in wenigstens acht Fällen eigene Aufwendungen für private Zwecke und solche für weitere Nichtbetriebsratsmitglieder als im Zusammenhang mit Betriebsratsreisen entstanden ab.
18
Am 21. Januar 2004 berechnete der Angeklagte G. die Kosten einer Privatreise der Angeklagten, der Ba. , des Sc. und zweier betriebsfremder tschechischer Begleiterinnen nach Indien in Höhe von 57.753 Euro, zuzüglich mittels Eigenbelegen weitere 48.000 Euro (Fall 38).
19
Kurz danach fiel der Angeklagte G. in alkoholisiertem Zustand in einem Berliner Hotel unangenehm auf. Dieser Umstand wurde dem Vorstandsvorsitzenden Pi. berichtet, der H. beauftragte, dem nachzugehen. Dieser führte daraufhin die Gegenzeichnung bei den Abrechnungen wieder ein, untersagte G. die Verwendung von Eigenbelegen und wies den Angeklagten an, die in Braunschweig angemietete Wohnung zu kündigen. Die Reisekostenausgaben gingen daraufhin um 85 % zurück. G. ließ sich lediglich noch am 6. Juli 2004 eine Prager Bordellrechnung über 1.114,87 Euro (Fall 39) und am 14. März 2005 Aufwendungen für einen Hotelaufenthalt des Angeklagten V. und der Frau Ba. über 3.267,66 Euro erstatten (Fall 40). Das Landgericht hat einen von G. verursachten Gesamtschaden in Höhe von rund 1,2 Mio. Euro errechnet.
20
Die Wirtschaftsstrafkammer hat die 40 Abrechnungen des Angeklagten G. jeweils als täterschaftliche Untreue im Sinne des Treubruchtatbestandes gewertet. G. habe als Mitglied des Managements eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen, weil ihm der Bereich der Organisation der Betriebsratsreisen und deren eigenverantwortliche finanzielle Abwicklung übertragen worden sei. Mit dieser Aufgabe sei die Vertrauensstellung verbunden gewesen, die gemäß § 40 BetrVG vom Unternehmen zu tragenden Kosten auf den erforderlichen Umfang zu prüfen und zu begrenzen. Mögliche Auswirkungen der Betriebsratsbegünstigungen für das Wohl des Unternehmens hat das Landgericht nicht als kompensationsbegründend angesehen, da es, wie dem Angeklagten bekannt war, an konkret messbaren Gegenleistungen für die Zuwendungen gefehlt habe. Soweit der Angeklagte G. von einem Einverständnis der VW AG mit der jeweiligen Vermögensschädigung durch dessen Vorstandsmitglied H. ausgegangen sei, liege ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor. Das Landgericht hat den Angeklagten G. unter Berücksichtigung der jeweiligen Schadenshöhe zu Geldstrafen zwischen 20 und 120 Tagessätzen und in zwei Fällen zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten verurteilt.
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4. Der Angeklagte V. veranlasste in 27 Fällen bei dem Angeklagten G. die Buchung privater Reisen und Hotelaufenthalte für Ba. und sich, die Übernahme von Telefonkosten, Kosten für Mietfahrzeuge , die Bezahlung eines Maßanzugs und der Dienste von Prostituierten jeweils auf Kosten der VW AG im Umfang von rund 230.000 Euro. Das Landgericht hat den Angeklagten V. dieserhalb wegen 27 Fällen der Anstiftung zur Untreue des Angeklagten G. schuldig gesprochen und – wegen insoweit fehlender eigener Vermögensbetreuungspflicht als Aufsichtsratsmitglied – aus dem gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB je nach Schadenshöhe auf Geldstrafen zwischen 20 und 150 Tagessätzen erkannt.
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5. Der Angeklagte V. bedrängte noch 1999 das Vorstandsmitglied H. , Ba. bei VW zu beschäftigen. H. stellte Frau Ba. nach weiterem Drängen durch V. ohne deren Beteiligung an den Vertragsverhandlungen im Rahmen eines Agenturvertrages an, um V. als wichtigstem Betriebsratsmitglied dessen Wunsch nach Alimentierung seiner Geliebten ohne Gegenleistungsverpflichtung zu erfüllen. Der Angeklagte V. stellte sodann im Namen von Frau Ba. von Oktober 2000 bis 12. Dezember 2004 19 Scheinrechnungen über insgesamt fast 400.000 Euro, die an H. persönlich adressiert waren und von diesem mit „i.O. H. “ handschriftlich abgezeichnet und ebenfalls dem Zeugen Ho. zur Abwicklung über die Kostenstelle 1860 „Gehaltsabrechnung Führungskräfte“ übergeben wurden. Bis zum dritten Quartal 2003 wurden die Rechnungsbeträge auf ein Konto der Frau Ba. in Brasilien überwiesen, anschließend auf ein Konto bei der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg, von dem der Angeklagte G. die Zuflüsse als Bargeld abhob und dieses weisungsgemäß dem Angeklagten V. übergab. Das Landgericht hat den Angeklagten V. insoweit wegen Anstiftung zur Untreue des H. in 19 Fällen unter Annahme einer eigenen Vermögensbetreuungspflicht als Aufsichtsrat zu Geldstrafen von zweimal 90 Tagessätzen, einmal 120 Tagessätzen und zu 16 Freiheitsstrafen von je sechs Monaten verurteilt.
23
6. Der Angeklagte G. sprach spätestens Ende März 2003 seinen ehemaligen Vorgesetzten Sc. auf die Möglichkeit einer Anstellung seiner Partnerin R. ohne Arbeitsleistung an. Sc. sagte dem Angeklagten G. zu, sich bei der Skoda Auto Deutschland GmbH um eine solche bezahlte Anstellung zu kümmern. Sc. erklärte sich am 11. April 2003 für die Skoda AS Tschechien gegenüber der Skoda Deutschland GmbH zur Kostenübernahme bereit. Zwischen Sc. und dem Geschäftsführer der Skoda Deutschland GmbH Si. wurde ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.900 Euro festgelegt. Auf Initiative von Sc. kam es am 27. Mai 2003 in den Räumen des VW Automobilforums in Berlin – der Repräsentanz des VW-Konzerns – zu einem „Vorstellungsgespräch“ mit Frau R. . Diese erhielt einen Schlüssel für einen Büroraum , den sie Ende August 2003 wieder zurückgab. Sie kündigte das „Arbeitsverhältnis“ zum 31. Dezember 2004.
24
Das Landgericht hat sich aufgrund einer Gesamtwürdigung der belastenden Umstände die Überzeugung gebildet, dass Frau R. keine Arbeitsleistungen erbringen sollte und auch nicht gearbeitet hat. Die Skoda Deutschland GmbH unterließ es versehentlich, das 2003 an Frau R. gezahlte Gehalt der Skoda AS Tschechien in Rechnung zu stellen. Dies geschah dann mit den Gehaltszahlungen für 2004 mit Rechnung vom 6. Januar 2005 über insgesamt 48.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Skoda AS Tschechien zahlte indes nicht. Sc. hatte erklärt, dass sein Budget überschritten sei. Nachdem dieser seinen Vorstandsposten Mitte 2005 verloren hatte, schrieb Skoda Deutschland GmbH den Rechnungsbetrag als uneinbringlich ab.
25
Das Landgericht bewertete das Verhalten des Angeklagten G. als Anstiftung zur Untreue des Sc. zum Nachteil der Skoda AS Tschechien durch Erfüllung des Missbrauchstatbestandes. Es erkannte aus dem nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten.
26
7. Das Landgericht hat ferner einen am 28. Juli 2005 von zwei Prokuristen „für die Volkswagen AG“ gestellten Strafantrag wegen Betriebsratsbegünstigung (§ 119 BetrVG) für wirksam erachtet, der sich namentlich gegen den Angeklagten G. wegen dessen Abrechnungen von Aufwendungen (insbesondere Reisekosten) in einem Umfang und einer Art richtet, die den Verdacht begründen, dass die Mittel nicht ordnungsgemäß und ohne nachvollziehbaren Bezug zu Betriebsratstätigkeiten verwendet wurden. Der Antrag richtet sich gegen alle Personen, die in dem zuvor beschriebenen Zusammenhang gegen § 119 BetrVG verstoßen haben. Das Landgericht hat unter Beachtung von Teilverjährung gegen den Angeklagten G. in 19 Fällen auf tateinheitliche täterschaftliche und bei dem Angeklagten V. in 24 Fällen auf tateinheitliche Anstiftung zur Begünstigung eines Betriebsrats sowie eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats erkannt.

II.


27
Zu den Revisionen der Angeklagten
28
1. Die vom Angeklagten V. erhobenen Verfahrensrügen sind, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 20. Februar 2009 zutreffend ausgeführt hat, offensichtlich unbegründet.
29
2. Das Landgericht hat den Angeklagten V. hinsichtlich der Sonderbonuszahlungen zu Recht wegen Beihilfe zur Untreue des H. schuldig gesprochen.
30
a) Die Feststellungen enthalten sämtliche Merkmale des objektiven und subjektiven von H. als Haupttäter verwirklichten Treubruchtatbestandes im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB.
31
aa) Die Anwendung des Missbrauchstatbestandes schied vorliegend aus. Die zwischen dem Vorstandsmitglied H. und dem Gesamtbe- triebsratsvorsitzenden V. vereinbarten Sonderbonuszahlungen waren rechtlich ausgeschlossen.
32
(1) Das Betriebsratsamt ist gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG ein Ehrenamt ohne Entgelt. Die entsprechend der Vorschrift des § 38 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG freigestellten Betriebsräte erhalten – was § 38 Abs. 3 BetrVG bestätigt – ihr ihnen als Arbeitnehmer zustehendes Arbeitsentgelt, das entsprechend § 37 Abs. 4 BetrVG nicht geringer bemessen werden darf als das Arbeitsentgelt für vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Hieraus und aus dem Charakter des Betriebsratsamts als vorübergehend ausgeübtes Wahlamt (vgl. §§ 7 ff. BetrVG) folgt, dass das gewählte Betriebsratsmitglied stets Arbeitnehmer bleibt und als solcher zu vergüten ist. Eine Übernahme von Betriebsräten in die für Vorstände einer Aktiengesellschaft geltende Entlohnung – wie von H. und dem Angeklagten V. durch Übernahme des für Markenvorstände geltenden Sonderbonusprogramms praktiziert – ist ausgeschlossen (vgl. Schweibert/Buse NZA 2007, 1080, 1082). Solche Personen sind gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG keine Arbeitnehmer.
33
(2) Der durch § 37 Abs. 1 BetrVG und § 38 Abs. 3 BetrVG festgelegte Grundsatz, Betriebsräte als Arbeitnehmer zu vergüten, und der in § 37 Abs. 4 BetrVG festgesetzte – freilich in der Praxis weit ausgelegte – Maßstab für das einem Betriebsrat zu zahlende Arbeitsentgelt verbieten es, die Vergütung der Betriebsräte nach der Bewertung ihrer Betriebsratstätigkeit zu bemessen (vgl. Rüthers NJW 2007, 195, 196).
34
(3) Das nach diesen gesetzlichen Vorgaben zu bestimmende Arbeitsentgelt darf aber auch sonst nicht zugunsten des Betriebsrats abgeändert werden. Einem Betriebsratsmitglied darf für die Wahrnehmung seines Amtes in keiner Weise irgendeine Vergütung zufließen, auch nicht in mittelbarer oder verdeckter Form (Fitting, BetrVG 24. Aufl. § 37 Rdn. 8 m.w.N.). Der Charakter des Betriebsratsamts als Ehrenamt und die innere Unabhängigkeit der Amtsführung würde auch hierdurch beeinträchtigt (vgl. Fitting aaO Rdn. 7). Dem tritt das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG entgegen , das ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB darstellt (vgl. BAG AP KSchG 1969 § 1 verhaltensbedingte Kündigung Nr. 1). Die Voraussetzungen dieser Norm greifen hier hinsichtlich der Sonderbonusvereinbarung ein und begründen deren Nichtigkeit (vgl. Schrader in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht 3. Aufl. BetrVG § 78 Rdn. 13; Fitting aaO § 78 Rdn. 23; Kania in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 9. Aufl. BetrVG § 78 Rdn. 9; Kreutz in GK-BetrVG 8. Aufl. § 78 Rdn. 73).
35
(4) Darüber hinaus ergäbe sich die Unwirksamkeit der Vereinbarung daraus, dass H. ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Diese erfasste die Befugnis zur Erhöhung der Gehälter freigestellter Betriebsräte nicht, weil Entscheidungen hierüber einer aus vier Personen bestehenden Kommission schon vor Eintritt des H. in den Vorstand übertragen worden war (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 5).
36
bb) Dem Zeugen H. oblag als Vorstandsmitglied eine sich aus §§ 76, 93 AktG ergebende Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der VW AG (vgl. BGHSt 47, 187, 192; Fischer, StGB 56. Aufl. § 266 Rdn. 36 sub Vorstandsmitglieder m.w.N.), die er durch Festsetzung und Auszahlung der nur für Markenvorstände vorgesehenen Sonderboni objektiv pflichtwidrig verletzte (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 33 und Missbrauch 3; vgl. auch Fischer aaO § 266 Rdn. 46c).
37
Dies folgt daraus, dass selbst der Vermögensinhaber eine solche Zahlungsvereinbarung nicht hätte vornehmen dürfen. Ein von der Gesamtheit der Aktionäre durch einen Beschluss der Hauptversammlung über die Verwendung des Bilanzgewinns zur Sonderbonuszahlung an den Angeklagten V. getroffene Verfügung wäre als ebenso gegen § 78 Satz 2 BetrVG, § 134 BGB verstoßend nichtig gewesen wie die von H. getroffene Vereinbarung (vgl. BGHSt 50, 331, 342 m.w.N.; ferner BGHSt 52, 323, 335).
Zwar folgt aus dem Verbot, zu einem bestimmten Zweck Vermögen des Treugebers zu verwenden, nicht ohne Weiteres – wie es das Landgericht meint – die Pflicht, das Vermögen insoweit auch zu erhalten (Satzger NStZ 2009, 297, 300; anders für den hiesigen Fall U. Fischer BB 2007, 997, 1000). Indes liegt ein pflichtwidriger Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht jedenfalls dann vor, wenn der verbotene Vermögensabfluss zur Erzielung eines nicht kompensationsbegründenden Vorteils eingesetzt wird (vgl. BGHSt 50, 331, 336, 337 f.; Fischer, StGB 56. Aufl. § 266 Rdn. 40). So liegt es hier.
38
Die VW AG hat durch die von H. veranlassten Sonderbonuszahlungen einen Vermögensnachteil im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB erlitten. Die jeweiligen Vermögensabflüsse wurden durch keine kompensierenden Vermögenszuflüsse ausgeglichen (vgl. BGHSt 40, 287, 295; 43, 293, 298; 47, 295, 301 f.; 52, 323, 337 f.). Zwar hat das Landgericht – der Aussage des Zeugen H. folgend – festgestellt, dass er die Arbeit des Angeklagten V. als Betriebsratsvorsitzender geschätzt habe, sich das Wohlwollen dieses Angeklagten durch die Sonderbonuszahlungen habe erhalten wollen und davon ausgegangen sei, dass dies der VW AG zugute kommen würde. Solches belegt aber hier keinen kompensationsbegründenden Vermögensvorteil.
39
Durch die Sonderbonuszahlungen hat H. nämlich einen Vorteil von V. erstrebt, den zu leisten der Angeklagte V. jedenfalls angesichts seiner im Rahmen der VW AG nahezu maximalen Entlohnung als Arbeitnehmer ohne Sonderbonuszahlung bereits verpflichtet war (vgl. Rieble/Klebeck NZA 2006, 758, 762). Der Angeklagte V. war auf der Grundlage der unmittelbar verpflichtenden Vorschrift des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 51 Abs. 5 BetrVG (vgl. Eisemann/Koch in Erfurter Kommentar aaO BetrVG § 2 Rdn. 1 m.w.N.) zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber „zum Wohl“ auch „des Betriebes“ gehalten, soweit er betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrzunehmen hatte (vgl. Gaul in Henss- ler/Willemsen/Kalb aaO BetrVG § 2 Rdn. 1; vgl. auch BAG AP BetrVG § 23 Nr. 3). Eine etwaige Übersteigerung des betriebsverfassungsrechtlich geschuldeten Wohlwollens – gleichsam einen „Verrat“ des V. an den von ihm zu vertretenden Interessen der Arbeitnehmer – hatten ersichtlich weder H. noch der Angeklagte V. erstrebt (UA S. 12 f., 48, 51 f.), wobei auch ein solches sittenwidriges, zudem nicht unmittelbar mit Vermögenszuflüssen für das Unternehmen verbundenes Ziel den Vermögensnachteil nicht hätte beseitigen können.
40
Soweit der Gesamtbetriebsrat und damit auch der Angeklagte V. durch das Management auch bei dessen Entscheidungen über die eigentliche Gesamtbetriebsratstätigkeit hinaus beteiligt worden ist und auf diese Weise seine Erfahrungen einbringen konnte (UA S. 6), wozu H. den Angeklagten V. ersichtlich auch durch die Bonuszahlungen „im Boot halten“ wollte (UA S. 6, 52), war dies für H. und V. nicht handlungsleitend, eine damit notwendigerweise verbundene – indes nicht praktizierte – Aufspaltung zwischen Arbeitsentgelt und Beraterhonorar zudem abwegig. Im Übrigen hätte insoweit auch kein nur annähernd konkretisierbarer Vermögenswert vorgelegen, der zur Saldierung geeignet gewesen wäre (vgl. BGHSt 52, 323, 338; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 52).
41
cc) Das Landgericht hat in der Sache zutreffend den Vorsatz des Haupttäters H. auch bezüglich der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensnachteils bejaht (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4).
42
Die solches begründende Würdigung ist auch nicht lückenhaft. Das Landgericht hat unter anderem aus der Verschleierung der Zahlungswege und dem an den Zeugen Ho. gerichteten Vertraulichkeitsgebot geschlossen , dass H. die Unrechtmäßigkeit (gemeint Pflichtwidrigkeit) seines Tuns klar gewesen sei (UA S. 86). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang die Erörterung des festgestellten Umstands vermisst, H. habe ein heimliches Vorgehen gewählt, um keine Begehrlichkeiten zu we- cken, zeigt sie keinen durchgreifenden Wertungsfehler auf. Der Umstand weist nicht primär auf eine Überzeugung des H. von der Legalität seines Vorgehens hin, weil er selbst nichts über die Legalität der Zuwendungen an mögliche Dritte oder deren Begehrlichkeiten aussagt (vgl. BGH wistra 2002, 260, 262; Brause NStZ 2007, 505, 507); das heimliche Vorgehen durfte daher auch zur indiziellen Begründung des Vorsatzes herangezogen werden (vgl. BGHSt 36, 1, 14). Der Senat schließt angesichts der weiteren vom Landgericht (UA S. 52, 82 f.) herangezogenen Umstände (systemwidrige Bonuszahlung zur Gehaltserhöhung allein bei V. unter Umgehung der zuständigen Kommission; Verstoß gegen das Vier-Augen-Prinzip) aus, dass das Landgericht diesen Gesichtspunkt zum Nachteil des Angeklagten überschätzt haben könnte.
43
Die Annahme des Landgerichts, H. sei nicht von einem kompensationsbegründenden Vermögensvorteil des von ihm erstrebten Wohlwollens des Angeklagten V. ausgegangen (UA S. 86), ist eine tatsachenfundierte nachvollziehbare Schlussfolgerung des Tatgerichts (vgl. BGHSt 36, 1, 14; BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt). Die von H. verfolgten „guten Absichten“ betrafen bei dieser Sachlage keine Umstände, die seinen Vorsatz hätten in Frage stellen können (vgl. BGHSt 51, 100, 113; 52, 323, 339; Fischer aaO § 266 Rdn. 46e).
44
Daraus folgt, dass auch insoweit keine Erörterungslücke vorliegt, als es das Landgericht unterlassen hat zu erwägen, ob der – entsprechend seinem Geständnis bestrafte (UA S. 7) – Zeuge H. nicht an eine mutmaßliche Einwilligung des Vermögensinhabers geglaubt haben könnte (vgl. auch Fischer aaO § 266 Rdn. 46c).
45
b) Die beweiswürdigenden Erwägungen des Landgerichts (UA S. 52 f., 87 f.) tragen dessen Annahme, der Angeklagte V. habe die Haupttat des H. in ihren wesentlichen Merkmalen erkannt und in dem Bewusst- sein gehandelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern (vgl. BGHSt 46, 107, 109 m.w.N.; BGH NJW 2007, 384, 388 insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt).
46
Sie sind auch nicht lückenhaft, soweit sich das Landgericht nicht mit dem Umstand auseinandergesetzt hat, dass der Vorstandsvorsitzende P. den Angeklagten wegen dessen Wunsch „nach einer besseren Bezahlung der übrigen VW-Führungskräfte und der Anhebung seines eigenen Gehalts zuständigkeitshalber an H. “ (UA S. 9) verwiesen hatte. Der Angeklagte hat selbst nicht behauptet, P. habe hierdurch sein grundlegendes Einverständnis mit einer Gehaltserhöhung erklärt. Das Landgericht hat im Gegenteil die weitergehende Einlassung des Angeklagten V. , P. habe ihm eine Vergütung in Höhe der Bezüge eines Markenvorstands zugesagt, beweiswürdigend widerlegt (UA S. 48 bis 51). Der Hinweis des Zeugen P. konnte sich aus Sicht des Angeklagten deshalb vielmehr nur auf das von dem Angeklagten vertretene Anliegen nach Gehaltserhöhung der Führungskräfte bezogen haben, auf das eigene Arbeitsentgelt indes nur insoweit, als H. in der zuständigen Kommission, in der der Angeklagte Mitglied war, für eine Gehaltserhöhung hätte initiativ werden können.
47
Soweit es das Landgericht unterlassen hat, die hingenommene Vorstellung des Angeklagten, er habe sich für berechtigt gehalten, die Sonderbonuszahlungen entgegenzunehmen, weil sie ihm von dem Vorstandsmitglied H. angeboten und zugewandt worden sind, unter dem Gesichtspunkt eines Tatbestandsirrtums zu erörtern (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vorsatz 5, insoweit in BGHSt 50, 331 nicht abgedruckt; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; Fischer aaO § 266 Rdn. 77a), offenbart auch dies keinen Rechtsfehler. Der Angeklagte V. verfügte noch nicht einmal über Anhaltspunkte für ein mit P. oder anderen Vorstandsmitgliedern abgestimmtes Verhalten des H. , das zudem nach der zwingend von dem Angeklagten V. als Mitglied der Kommission über deren Zu- ständigkeit vorzunehmenden Wertung keineswegs den Glauben an eine legale Gehaltserhöhung hätte begründen können. Die Vorstellung des Angeklagten von der Berechtigung des H. implizierte – wie dargelegt – eine grundlegende Verkennung der zwingenden gesetzlich vorgegebenen betriebsverfassungsrechtlichen Struktur zur Entlohnung der Betriebsräte (vgl. Schweibert/Buse NZA 2007, 1080, 1082; Rüthers NJW 2007, 195, 196) und bedeutete lediglich die Inanspruchnahme eines nicht tatsachenfundierten irrigen Erlaubnissatzes, der nicht zur Annahme eines Tatbestandsirrtums berechtigt (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vorsatz 5 insoweit in BGHSt 50, 331 nicht abgedruckt; Fischer aaO § 266 Rdn. 77a). Deshalb war das Landgericht auch nicht genötigt, einen möglichen Glauben des Angeklagten V. an ein Einverständnis des Treugebers zu erwägen (vgl. Fischer aaO § 266 Rdn. 77a). Schon die erfolgte Zubilligung eines Verbotsirrtums lag nach alldem gänzlich fern (vgl. BGHSt 52, 307, 313 m.w.N.).
48
3. Nach diesen Maßstäben sind auch die Verurteilungen des Angeklagten V. wegen Anstiftung zur Untreue des Zeugen H. gerechtfertigt , soweit 19 nicht erbrachte Dienstleistungen der Ba. bzw. dem Angeklagten V. vergütet worden sind. Die Bewertung des Agenturvertrages als Scheingeschäft im Sinne des § 42 Abs. 2 AO durch das zuständige Finanzamt steht der zutreffenden Bewertung der vorgelagerten Zahlungen als Treubruch durch tatsächliche Zuwendungen an eine dritte Person nicht entgegen.
49
Die im Rahmen der Strafzumessung – in Anlehnung an BGHSt 47, 187, 201 f. – angenommene eigene Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten als Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 1 AktG) begegnet keinen Bedenken (vgl. auch Fischer aaO § 266 Rdn. 54a). Die Pflichtenstellung des Angeklagten war nicht deshalb eingeschränkt, weil er als ein von den Arbeitnehmern gewähltes Mitglied entsprechend §§ 5 und 7 MitbestG das Amt eines Aufsichtsrats erlangt hatte (vgl. Hopt/Roth, AktG 4. Aufl. § 116 Rdn. 30 und 41). Die Vorschriften der §§ 25 ff. MitbestG lassen den aktienrechtlichen Grundsatz der individuell gleichen Berechtigung und Verpflichtung aller Aufsichtsratsmitglieder unberührt (vgl. BGHZ 83, 144, 147; Oetker in Erfurter Kommentar aaO MitbestG § 25 Rdn. 11 m.w.N. und § 26 Rdn. 4; vgl. auch BGHSt 50, 331, 336).
50
Auch die Funktion des Angeklagten V. als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats beeinträchtigte seine Rechtsstellung als Aufsichtsrat nicht. Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 MitbestG knüpft lediglich an die Arbeitnehmereigenschaft an, die indes durch das Amt eines – auch freigestellten – Betriebsrats nicht in Frage gestellt wird. Die von einem Aufsichtsratsmitglied gemäß § 116 Satz 1, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG verlangte Förderung des Unternehmenswohls (vgl. BGHZ 135, 244, 253) und die von einem Gesamtbetriebsratsmitglied nach § 51 Abs. 5, § 2 Abs. 1 BetrVG erheischte Förderung des Wohls der Arbeitnehmer und des Betriebes unterscheiden sich nicht in einer Weise, dass hieraus eine die wirksame Kontrolle des Vorstands verhindernde Interessenkollision entstehen könnte.
51
4. Die Verurteilungen des Angeklagten G. wegen täterschaftlicher Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB in 40 Fällen und des Angeklagten V. wegen damit korrespondierender Anstiftung in 27 Fällen halten der sachlichrechtlichen Prüfung stand.
52
a) Soweit der Angeklagte G. in den Fällen 4, 6, 8, 12 bis 14, 16, 19, 20 bis 22, 24 bis 26, 28, 30, 32 bis 35, 37 und 38 Reisen von Nichtbetriebsratsmitgliedern oder Privatreisen des Angeklagten V. bei der Firma A. G. (UA S. 14, 18) buchte und die Zahlung nach den Anweisungsvermerken des Angeklagten von der zuständigen Zahlstelle des Unternehmens durch Überweisung zugunsten der Firma A. erfolgte (UA S. 14), ist der Untreuetatbestand in der Alternative des Missbrauchstatbestandes verwirklicht (vgl. BGHSt 50, 299, 313 m.w.N.).
53
Der Angeklagte verfügte als Leiter der Abteilung, die sämtliche Reisen aller Betriebsräte im Blick auf die sich aus § 40 BetrVG ergebende Kostentragungspflicht des Unternehmens im Sinne einer Dienstleistung des Unternehmens für die Betriebsräte plante und abwickelte, über eine Vollmacht, die hierfür notwendigen Reiseverträge für das Unternehmen abzuschließen. Dies setzt das vom Unternehmen gewählte und praktizierte Servicemodell voraus, das an die Stelle des von § 40 BetrVG an sich vorgesehenen Erstattungssystems (vgl. Reichold in Henssler/Willemsen/Kalb aaO BetrVG § 40 Rdn. 4 bis 6) gesetzt worden ist. Die Vollmacht erfasst darüber hinaus auch die Buchung von Reisen Nichtbetriebsratsangehöriger, indes beschränkt auf betriebliche Anlässe. Dies folgt aus der dem Angeklagten übertragenen und von diesem auch wahrgenommenen Aufgabe, jährlich stattfindende Reisen von Angehörigen des Managements und des Gesamtbetriebsratsausschusses nebst Ehefrauen auf gleiche Weise zu planen und abzuwickeln (UA S. 13). Durch die Buchung von Reisen für Nichtbetriebsratsangehörige und für den Angeklagten V. – allesamt ohne jeden betrieblichen Anlass – hat der Angeklagte G. die ihm eingeräumte, auf betriebliche Reisen beschränkte Befugnis überschritten (vgl. BGHSt 5, 61, 63; 50, 299, 313), die VW AG gegenüber der Firma A. indes gleichwohl rechtlich wirksam verpflichtet.
54
Der Angeklagte G. handelte jeweils unter Verletzung der ihm obliegenden Vermögensbetreuungspflicht. Eine solche läge zwar nicht vor, soweit lediglich die Erfüllung allgemeiner arbeitsvertraglicher Pflichten des Angeklagten im Raum gestanden hätte (vgl. BGHSt 3, 289, 293 f.; 4, 170; 5, 187). So liegt es hier aber nicht. Die arbeitsvertraglichen Pflichten des Angeklagten als Leiter einer allen Betriebsräten eines Großunternehmens zugeordneten Serviceabteilung betrafen hauptsächlich die mit der Führung eines betrieblichen Reisebüros verbundenen, auf den Abschluss und die Abwicklung von Reiseverträgen in erheblichem Umfang gerichteten Aufgaben. Deren Erfüllung beinhaltete die Beachtung der Grundsätze der Betriebsbezogenheit und der Notwendigkeit für die Betriebsratstätigkeit (vgl. Fitting aaO § 40 Rdn. 52) und damit wesentliche Prüfungspflichten. Diese dienten dem Schutz des Vermögens des Arbeitsgebers und waren so bedeutsam, dass sie zur Hauptpflicht des Angeklagten erhoben worden waren (vgl. BGH wistra 1991, 265, 266; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 3; vgl. auch BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4).
55
b) Soweit der Angeklagte G. im Übrigen in den Fällen 1 bis 40 die Erstattung von nicht betrieblich veranlassten Zuwendungen an Betriebsratsmitglieder und Dritte bewirkte, hat er auf gleicher Grundlage gegen die ihm insoweit obliegende Vermögensfürsorgepflicht (vgl. BGH NJW 2006, 453, 454) verstoßen und sich der Untreue im Sinne des Treubruchtatbestandes schuldig gemacht (vgl. BGHSt 50, 299, 314; 331, 342).
56
Der Angeklagte verfügte auch über die erforderliche tatsächliche Einwirkungsmacht auf das Vermögen des Arbeitgebers (vgl. BGH wistra 2008, 427, 428). Der Angeklagte G. hatte in seiner Funktion als kaufmännischer Abteilungsleiter das jede Kontrolle verhindernde Erstattungssystem mittels der Eigenbelege „Ausgaben im Geschäftsinteresse für den GBA“ (UA S. 15) ersonnen, erfolgreich praktiziert und etabliert (UA S. 15/78). Das Abrechnungssystem stieß erst später wegen der damit im Übermaß geltend gemachten Ausgaben auf Bedenken Dritter, die den Vorgesetzten H. , der G. s Vorgehensweise zuvor gebilligt und gefördert hatte, nunmehr zum Eingreifen veranlasste. Dies bedeutet nicht – wie die Revisionen meinen –, dass der Angeklagte G. ohne tatsächliche Einwirkungsmacht auf das Vermögen der VW AG gehandelt hätte. Das Vorliegen der für eine Vermögensfürsorgepflicht maßgeblichen jedenfalls faktischen Einwirkungsmöglichkeiten desjenigen, der unter Ausnutzung fehlender Kontrollen betreutes Vermögen für sich und andere abzweigt, setzt nicht etwa voraus, dass die Kontrollen von einem Dritten beseitigt wurden (vgl. BGH wistra 2008, 427, 428; Fischer aaO § 266 Rdn. 29).
57
c) Die Erfüllung der Pflichten des Angeklagten war nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet (vgl. BGH wistra aaO m.w.N.). Solche lagen offensichtlich nicht vor, soweit der Angeklagte die Nichtbetriebsratsmitglieder Sc. , Ba. , deren drei Familienangehörige (UA S. 21) und ihre Freundin F. , die Prostituierte Ra. (UA S. 36), R. , Ka. und Frau Kaw. und sich selbst in den Kreis der Begünstigten einbezog. Die 1997 wiederholte Anweisung des Vorstandsmitglieds H. , den Gesamtbetriebsrat großzügig zu behandeln (UA S. 13, 16), bezog der Angeklagte G. auf die Erfüllung der Wünsche des Angeklagten V. ; sie erfasste allerdings weder die Bargeldzuwendungen an andere Betriebsratsmitglieder, noch gar solche an Dritte.
58
Aber auch hinsichtlich der Zuwendungen an den Angeklagten V. handelte der Angeklagte G. nicht aufgrund einer rechtfertigenden Weisung des H. . Dieser war nicht befugt, das in §§ 40, 78 Satz 2 BetrVG verankerte Kostenerstattungssystem in ein Begünstigungssystem mit Selbstbedienungscharakter umzuwandeln (UA S. 16). Das Direktionsrecht des Vorstandsmitglieds H. , kraft dessen er den Inhalt des mit G. abgeschlossenen Arbeitsvertrages hätte modifizieren können (vgl. Lembke in Henssler/Willemsen/Kalb aaO GewO § 106 Rdn. 6), hätte eine Weisung an G. , den Angeklagten V. von dem Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG auszunehmen, nicht getragen. Eine solche Weisung wäre ebenfalls wegen Verstoßes gegen § 134 BGB unwirksam (vgl. Schrader in Henssler/Willemsen/Kalb aaO BetrVG § 78 Rdn. 13 „Vereinbarungen oder Regelungen“).
59
d) Dem Angeklagten G. war nach dem Zusammenhang der Urteilsfeststellungen auch bekannt, dass ihn H. pflichtwidrig angewiesen hatte, den Angeklagten V. zu begünstigen. Zwar führt das Landgericht in seiner Subsumtion (UA S. 77) aus, dass die Anweisung des H. für G. (lediglich) „erkennbar pflichtwidrig“ gewesen sei. Indes handelt es sich insoweit ersichtlich um eine bloße missverständliche Formulierung, mit der „erkanntermaßen pflichtwidrig“ gemeint ist. Dies folgt aus den Feststellungen des Landgerichts, dass der Angeklagte G. von den Zeugen Ho. und We. schon am 3. Juni 1997 auf die durch Betriebsratsreisen hervorgerufenen zu hohen Kosten und die Undurchschaubarkeit der Abrechnungen mit Hilfe der Eigenbelege hingewiesen worden war (UA S. 16). Hinzu tritt, dass bereits 1995 Kosten für Prostituierte für Betriebsratsmitglieder – auch für H. und G. – mit Hilfe von Eigenbelegen abgerechnet wurden (UA S. 15) und ein ausgeufertes System der Betriebsratsbegünstigung mit Selbstbedienungscharakter etabliert worden ist; hinsichtlich der damit verbundenen Vermögensabflüsse lag das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit sowohl bei H. als auch beim Angeklagten G. auf der Hand. Weitere Ausführungen des Landgerichts hierzu und auch zum Vorliegen eines Tatbestandsirrtums waren ob der Evidenz der eine Selbstbedienung darstellenden Bereicherung einzelner ohne jeden Bezug zum Unternehmenszweck entbehrlich (vgl. auch Fischer aaO § 266 Rdn. 70b).
60
e) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte G. habe jeweils als Täter gehandelt, hält den Angriffen der Revisionen der Angeklagten stand.
61
Die tatrichterliche Bewertung über das Vorliegen von Täterschaft oder Teilnahme ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle zugänglich (BGH NStZ 2003, 253, 254 m.w.N.). Die Zubilligung eines dem Tatrichter eingeräumten Beurteilungsspielraums mit der Konsequenz, dass die bloße Möglichkeit einer anderen tatrichterlichen Beurteilung das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft macht, setzt eine umfassende Würdigung des Beweisergebnisses als Grundlage der Bewertung voraus (BGH aaO), die das angefochtene Urteil nicht vermissen lässt (UA S. 78).
62
Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe die Tatherrschaft innegehabt, beruht nicht auf einer lückenhaften Beweiswürdigung. Der Umstand , dass der Zeuge H. durch sein Eingreifen 1997 die Bedenken der Zeugen Ho. und We. hinsichtlich des vom Angeklagten G. praktizierten Abrechnungssystems beseitigt hat, bedurfte keiner näheren Betrachtung. Es genügte, dass der Angeklagte ungeachtet der von Ho. und We. im Gespräch vom 3. Juni 1997 geäußerten Bedenken nachfolgend unter Ausnutzung und im Bewusstsein fehlender Kontrollen handeln konnte (vgl. BGH wistra 2008, 427, 428; Fischer aaO § 266 Rdn. 29).
63
Der Angeklagte G. handelte ferner keinesfalls in der Rolle eines dem Zeugen H. ausschließlich untergeordneten bloßen Befehlsempfängers und -ausführers. Er verfolgte auch eigene Tatinteressen. Schon seit 1995 profitierte der Angeklagte G. durch die eigene Inanspruchnahme von Prostituierten auf Kosten von VW; in den Fällen 4, 11, 16, 27, 32, 34, 35 und 38 rechnete er eigene Reisen und solche seiner Lebensgefährtin ab sowie in den Fällen 26, 34 und 38 Reisen weiterer Nichtbetriebsratsmitglieder, ohne dass hierdurch überhaupt Wünsche des Angeklagten V. oder des Zeugen H. erfüllt worden sein konnten.
64
Diese eine selbständige Handlungsweise des Angeklagten G. belegenden Umstände sowie das vom Angeklagten selbständig gestaltete, den Zweck der Auslagen verschleiernde Abrechnungssystem (UA S. 16, 17, 18, 78) widerstreiten der von der Revision des Angeklagten V. bevorzugten Betrachtungsweise, den Angeklagten G. als Gehilfen anzusehen , weil der Angeklagte V. durch seine geäußerten Wünsche nach eigener Bereicherung beim Angeklagten G. lediglich eine auf H. zurückgehende Befehlslage aktualisiert haben könnte.
65
5. Die Verurteilung des Angeklagten G. wegen Anstiftung zur Untreue des Sc. hält den Revisionsangriffen stand.
66
Die Annahme, die Anstellung der Lebensgefährtin des Angeklagten G. sei auf dessen Betreiben von vornherein ohne Arbeitsleistung vereinbart worden, beruht auf einer fehlerfreien Auswertung belastender Beweisanzeichen (vgl. BGH NJW 2007, 384, 387, insoweit nicht in BGHSt 51, 144 abgedruckt: vollständige Abwesenheit vom Arbeitsplatz; Fertigung der Bewerbungsunterlagen und der Arbeitsnachweise durch Sekretärinnen des Angeklagten; volle Kostenübernahme durch Skoda AS Tschechien ohne konkreten Nutzen für dieses Unternehmen; UA S. 70 bis 75).
67
Zwar ist das Landgericht hinsichtlich der angenommenen Haupttat des Sc. von der Erfüllung des Missbrauchstatbestandes des § 266 Abs. 1 StGB ausgegangen, ohne die Einzelvertretungsmacht dieses Vorstandsmitglieds darzulegen (UA S. 80). Dies zieht den Schuldspruch aber nicht in Zweifel, da jedenfalls die Voraussetzungen des Treubruchtatbestandes vorliegen (vgl. BGHSt 50, 299, 314; 331, 342). Aus dem Zusammenhang der Feststellungen ergibt sich, dass Sc. wenigstens faktisch aus dem von ihm verwalteten Budget im Ergebnis zugunsten der Frau R. zu verfügen willens und in der Lage war (UA S. 45). Abgesehen von alldem liegt auf der Hand, dass G. der Anstiftung der für den Mittelabfluss für die Scheinanstellung R. s Verantwortlichen der Skoda Deutschland GmbH schuldig ist.
68
6. Die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Betriebsratsbegünstigung und Begünstigung eines europäischen Betriebsrats (Angeklagter G. ) und wegen Anstiftung hierzu (Angeklagter V. ) müssen entfallen. Insoweit fehlt die Prozessvoraussetzung eines wirksamen Strafantrags (vgl. BGHSt 6, 155), was vom Revisionsgericht bei den hier umfassend erhobenen Sachrügen beider Angeklagter jedenfalls zu beachten ist (vgl. MeyerGoßner NStZ 2003, 169, 171 f. und StPO 52. Aufl. Einl Rdn. 143 und 150).
69
a) Die Vorschrift des § 119 Abs. 2 BetrVG gebietet eine Antragstellung durch den „Unternehmer“, hier nach § 1 Abs. 1 AktG durch die das Unter- nehmen betreibende VW AG, die gemäß § 78 Abs. 1 AktG grundsätzlich organschaftlich von Vorstandsmitgliedern vertreten wird.
70
Diese haben den Strafantrag vom 28. Juli 2005 indes nicht gestellt, sondern zwei Prokuristen, die nach der Fax-Kennung der Abteilung Rechtswesen der VW AG angehören. Urheber des Textes ist nach dem mitgeteilten Diktatzeichen der links unterzeichnende Prokurist Ga. . Die Zeichnung erfolgte in dem durch § 51 HGB vorgesehenen Rahmen. Der auf dem markanten Briefkopf enthaltenen Firma „Volkswagen AG“ haben die Unterzeichner den die Prokura andeutenden Zusatz „ppa.“ über ihre Namen hinzugefügt. Hieraus und aus der Formulierung „stellen wir für die Volkswagen AG Strafantrag“ ergibt sich ein Handeln aus eigenem Willen unter Inanspruchnahme gewillkürter, vom Vorstand erteilter Vollmacht (vgl. Seibt in Schmidt/Lutter, AktG 2008 § 78 Rdn. 14; Spindler in MüKo AktG 3. Aufl. § 78 Rdn. 100). Diese berechtigte vorliegend aber nicht zur Stellung des Strafantrags.
71
Zwar ermächtigt die Prokura gemäß § 49 Abs. 1 HGB zu allen Arten von Geschäften, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Hierzu gehört auch die Befugnis, Strafanträge zu stellen hinsichtlich des Verdachts von Straftaten, aufgrund derer Rechte des Unternehmens verletzt worden sind (vgl. Krebs in Müko HGB 2. Aufl. § 49 Rdn. 19 „bei Delikten von Dritten oder Mitarbeitern gegen das Unternehmen“; Sonnenschein in Heymann , HGB [1995] § 49 Rdn. 7 „in geschäftlichen Angelegenheiten“; Baumbach /Hopt, HGB 33. Aufl. § 49 Rdn. 1 „Strafantrag in geschäftlichen Dingen [unlauterer Wettbewerb]“; vgl. auch RGSt 15, 144, 145 für einen Prokuristen mit Generalvollmacht).
72
Um eine solche Rechtsverletzung handelt es sich vorliegend nicht. Die in § 119 Abs. 1 BetrVG normierten Straftaten „gegen Betriebsverfasssungsorgane und ihre Mitglieder“ bezwecken durchweg die Sicherstellung der im öffentlichen Recht – in der Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips – wur- zelnden Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertreter zur Schaffung eines Ausgleichs zwischen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit auf der einen Seite und dem Recht auf Selbstbestimmung der in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation tätigen Arbeitnehmer auf der anderen Seite (vgl. Gaul in Henssler/Willemsen/Kalb aaO BetrVG Vorbemerkung Rdn. 1; vgl. auch BVerfGE 50, 290, 349 f., 365 f.).
73
Im Fall der Betriebsratsbegünstigung aus dem Innern des Unternehmens zum vermeintlichen Wohl desselben steht für den strafantragsberechtigten Unternehmer sein Interesse in Frage, durch Aufdeckung korruptiver Vorgänge eine bestimmte, auf die Einhaltung der Rechtsordnung gerichtete Unternehmenspolitik zu verwirklichen (vgl. auch Galperin/Löwisch, BetrVG 6. Aufl. § 119 Rdn. 25 „legitimes Interesse“). Bei der Entschließung darüber, ob der Unternehmensträger diesen Weg beschreiten will, handelt es sich nicht mehr um eine – auf Prokuristen übertragbare – Angelegenheit des Betriebs eines Handelsgewerbes im Sinne von § 49 Abs. 1 HGB (vgl. Krebs in MüKo HGB 2. Aufl. § 49 Rdn. 20 a. E.), sondern um eine – zudem wesentlich immaterielle – Grundlagenentscheidung, bei der eine Vertretung des Unternehmensinhabers im Willen unzulässig ist (vgl. Annuß in Richardi, BetrVG 11. Aufl. § 119 Rdn. 31; Oetker in GK-BetrVG 8. Aufl. § 119 Rdn. 47).
74
Dies verdeutlicht im Übrigen schon der Wortlaut des § 119 Abs. 2 BetrVG, der als strafantragsberechtigt den „Unternehmer“ ausweist. Damit setzt sich die Vorschrift schon begrifflich ab von der für die im Wirtschaftsleben Agierenden üblicherweise verwendete Bezeichnung „Unternehmen“ (vgl. exemplarisch nur §§ 1, 3, 117, 118 BetrVG, §§ 1, 2 GWB). Damit bringt die Regelung deutlich zum Ausdruck, dass es sich bei der Strafantragstellung nicht um einen gewöhnlichen (übertragbaren) Geschäftsvorfall im Rahmen des Handelsbetriebs handelt. Vielmehr stellt die Strafantragstellung eine Leitungsentscheidung des Unternehmers dar, mithin also des Betriebsinhabers selbst. Dieser soll im Blick insbesondere auf den Betriebsfrieden unter Abwägung auch seiner wirtschaftlichen Interessen entscheiden, ob er eine straf- rechtliche Verfolgung von Handlungen nach § 119 Abs. 1 BetrVG veranlassen will. Dies schließt aus, dass die dem Leitungsorgan überantwortete Entscheidung durch die nachgeordnete Ebene der Prokuristen wahrgenommen wird.
75
b) Für die vom Landgericht zusätzlich angewandte Strafvorschrift des § 44 Abs. 1 Nr. 2 EBRG – Begünstigung eines Mitglieds eines europäischen Betriebsrats – gilt nichts anderes. Das Strafantragsrecht steht gemäß § 44 Abs. 3 EBRG der „zentralen Leitung“ zu, die nach der in § 1 Abs. 3 des Gesetzes gegebenen Definition als ein gemeinschaftsweit tätiges Unternehmen oder als herrschendes Unternehmen einer gemeinschaftsweit tätigen Unternehmensgruppe zu verstehen ist. Das auf die Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats zurückgehende Gesetz enthält keine Besonderheiten über die Vertretung der Unternehmen, so dass auch insoweit die dargestellten Grundsätze nationalen Rechts anzuwenden sind.
76
c) Der hier vorliegende Rechtsmangel der Strafantragstellung lässt jedes Bedürfnis nach einer dem Revisionsgericht grundsätzlich möglichen freibeweislichen Aufklärung weiterer im Zusammenhang mit der Antragstellung stehender Umstände (vgl. BGHSt 16, 164, 166; 21, 81; 22, 90, 91) entfallen (vgl. BGHSt 6, 155, 157 f.). Diese könnte sich nur darauf richten, eine Willensentschließung des organschaftlichen Vertreters hinsichtlich der Antragstellung zu belegen, die indes nicht durch Offenlegung einer besonderen Bevollmächtigung jenseits der Prokuristenvollmacht innerhalb der Antragsfrist gegenüber der Justiz – wie erforderlich – artikuliert worden ist. Die tateinheitlich ausgeurteilten Schuldsprüche haben mithin zu entfallen.
77
7. Es liegt schon fern, dass es das Landgericht trotz ausdrücklicher entsprechender Feststellung unterlassen haben sollte, in den Eigenbelegsabrechnungen enthaltene dienstliche Aufwendungen in Höhe von rund 15 % vom Schuldumfang auszunehmen. Jedenfalls schließt der Senat aus, das Tatgericht hätte vor dem Hintergrund des zutreffend hervorgehobenen Umstands , dass der Angeklagte G. nur geringfügige eigene Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Schadenshöhe hatte (UA S. 95), und der zutreffenden Erwägung einer dem Angeklagten G. anzulastenden umfassenden Gefährdung des VW-Vermögens durch die Praxis der Eigenbelege noch mildere Strafen als bisher festgesetzt.
78
Gleiches gilt für den Wegfall der tateinheitlichen Betriebsratsbegünstigungen , die das Landgericht in keiner Weise strafschärfend gewürdigt hat. Dies wird schon daraus deutlich, dass es die Einzelfälle, in denen es den Tatbestand als verjährt angesehen hat, nicht milder beurteilt hat als die als tateinheitlich abgeurteilten Taten. Gesetzesverletzungen, die lediglich wegen des Fehlens einer Prozessvoraussetzung nicht verfolgt werden können, dürfen zudem bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden (BGH, Beschluss vom 10. Februar 1993 – 2 StR 608/92; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Tatumstände 12 und Vorleben 11). Dies rechtfertigt die Inanspruchnahme einer analogen Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO insgesamt (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 12), die durch BVerfGE 118, 212 ff. nicht ausgeschlossen wird.
79
8. Letzteres trifft auch für die Bemessung der Strafen des Angeklagten V. in den Fällen 14 bis 28 sowie 40 bis 48 zu, soweit hier die tateinheitlich ausgeurteilten Anstiftungshandlungen zur Betriebsratsbegünstigung entfallen mussten. Auch die hierdurch betroffenen Strafaussprüche können aufrechterhalten bleiben. Der Senat folgt insoweit nicht dem Ansatz der Revision des Angeklagten V. , wonach ein Betriebsratsmitglied wegen einer ihm gewährten Begünstigung stets straflos zu bleiben hätte. Der Wortlaut des § 119 Abs. 3 BetrVG gebietet es nicht, die Betriebsratsmitglieder als Täter oder Teilnehmer auszuschließen. Ohne die hartnäckige Verfolgung der von V. erheischten Vorteile wäre es zu den auch als Betriebsratsbegünstigung ausgeurteilten Zahlungen hier nicht gekommen. Jedenfalls ein über den Bereich einer etwaigen notwendigen Teilnahme hinaus verwirklich- tes Unrecht muss keineswegs sanktionslos bleiben (vgl. BGH NStZ 1993, 239, 240 m.w.N. zu § 283c StGB; ebenso Oetker in GK-BetrVG 8. Aufl. § 119 Rdn. 39 m.w.N.; Annuß in Richardi, BetrVG 11. Aufl. § 119 Rdn. 27; Rieble/Klebeck NZA 2006, 758, 767; Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 4. Aufl. § 35 Rdn. 14; Dannecker in Festschrift für Wolfgang Gitter [1995] S. 167, 171).
80
Auch sonst weist die Strafzumessung keinen Rechtsfehler auf. Dies gilt namentlich im Hinblick auf die anderweitige Bestrafung des nicht zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe verurteilten Zeugen H. , zumal da das Landgericht tragfähige Argumente für dessen mildere Beurteilung trotz noch höheren Verantwortungsgrades im Unternehmen – insbesondere das Fehlen eigener beträchtlicher Tatvorteile – benannt hat. Zu weitergehenden Ausführungen in diesem Zusammenhang war das Tatgericht nicht verpflichtet.

III.


81
Zur Revision der Staatsanwaltschaft
82
Das vom Generalbundesanwalt überwiegend vertretene Rechtsmittel dringt nicht durch.
83
Soweit sich das Landgericht nicht von einem Anstiftungsvorsatz des Angeklagten V. hinsichtlich der Vereinbarung der Sonderbonuszahlungen zu überzeugen vermochte, zeigt die Revision keinen sachlichrechtlich erheblichen Rechtsfehler auf (vgl. BGH NJW 2006, 925, 928, insoweit nicht in BGHSt 50, 299 abgedruckt). Mit den Angriffen auf die Beweiswürdigung wird im Wesentlichen eine aus Sicht der Beschwerdeführerin vorzugswürdige , den Angeklagten stärker belastende Wertung der Gesamtumstände dargelegt , die für das Revisionsgericht unbeachtlich ist (vgl. BGH NJW 2005, 2322; 2326; BGH NStZ-RR 2008, 146, 147). Die Frage nach der von der Re- vision geltend gemachten täterschaftlichen Mitwirkung des Angeklagten stellt sich allein wegen einer eigenen Treupflicht auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht (vgl. BGH NStZ 2003, 253, 254; Fischer aaO vor § 25 Rdn. 4a).
84
Im Übrigen hat das Landgericht im Fall 29 eine Treupflicht des Angeklagten V. in eigenen Vergütungsangelegenheiten zutreffend abgelehnt (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 40, insoweit in BGHSt 50, 331 nicht abgedruckt).
85
Auch hinsichtlich der Reisekostenabrechnungsfälle ist – insoweit in Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalbundesanwalts – die Verneinung einer eigenen Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten V. nicht durchgreifend bedenklich. Für eine Anstiftung auch des Vorstandsmitglieds H. durch den Angeklagten V. fehlt es an tragfähigen Feststellungen.

IV.


86
Im Blick auf den jeweils nur geringen Teilerfolg der Revisionen der Angeklagten ist es grundsätzlich nicht unbillig, die Beschwerdeführer mit den Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Hiervon nimmt der Senat die den Angeklagten durch die Revisionshauptverhandlung entstandenen notwendigen Auslagen aus. Für ihre Revisionen hätte eine Erledigung im Beschlussverfahren nahe gelegen. Es entspricht deshalb der Billigkeit, die durch die Revisionshauptverhandlung ent- standenen notwendigen Auslagen den Angeklagten insgesamt aus der Staatskasse zu erstatten.
Basdorf Raum Brause Schneider Dölp

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR476/14
vom
27. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Januar 2015 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 29. April 2014 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Aus der unterlassenen Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1
StGB ergibt sich kein durchgreifender Rechtsfehler. Zwar stellt die nach § 266 Abs. 1
StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ein strafbegründendes persönliches
Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB dar (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli1994
1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung
neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten, wenn die
Verurteilung wegen Beihilfe allein deshalb erfolgt, weil das strafbarkeitsbegründende
persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom
6. März 2013 – 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, NJW 2013, 949,
Tz. 10; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
Dies ist hier der Fall. Nach den Feststellungen war der Angeklagte an der Firma
B. GmbH & Co. KG maßgeblich mit 38 % beteiligt. Die Firma B.
T. GmbH betrieb er sogar allein. Er hatte als maßgeblicher Mitgesellschafter
bzw. Alleininhaber der Unternehmen und als an der Tatplanung wesentlich
Beteiligter Tatherrschaft über das Geschehen und ein erhebliches Eigeninteresse
am Zustandekommen der verfahrensgegenständlichen Verträge mit der Firma p. .
Die Strafkammer hat den Angeklagten daher ersichtlich nur deshalb (lediglich) wegen
Beihilfe verurteilt, weil er gegenüber der Firma p. nicht vermögensbetreuungspflichtig
war, so dass die unterlassene weitere Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB
nicht zu beanstanden ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
5 StR 66/13
(alt: 5 StR 363/12)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2013

beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2012 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die unterlassene Milderung nach § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB ist nicht zu beanstanden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB dann nicht geboten, wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein deshalb erfolgt, weil das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12 mit umfangreichen Nachweisen).
Nach den Feststellungen war die Angeklagte für den Einsatz der Arbeitskräfte maßgeblich verantwortlich und koordinierte deren Arbeiten vor Ort. Damit erlangte sie – neben dem ohnehin bei ihr bestehenden Tatinteresse – auch Tatherrschaft. Die Tatherrschaft muss sich nicht allein auf die unrichtigen Angaben gegenüber der Sozialbehörde beziehen. Sie umfasst auch die gesamte Organisation der Arbeitnehmertätigkeit, die letztlich die Grundlage für das Vorenthalten der Sozialversicherungsbeiträge bildet. Hierbei arbeitete die Angeklagte arbeitsteilig und in voller Kenntnis des gemeinschaftlichen Tatplans mit ihrem Ehemann zusammen.
Basdorf Raum Schneider Dölp Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht (Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung ist der Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.

(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.