Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2011 - 1 StR 302/11

published on 09/11/2011 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2011 - 1 StR 302/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 302/11
vom 9. November 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Bestechlichkeit u.a.
zu 2. und 3.: Bestechung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. November 2011, in der Sitzung am 9. November 2011, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Hebenstreit,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
- sämtliche Verteidiger nur am 8. November 2011 - ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Generalstaatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 19. Januar 2011 jeweils mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch zu den Taten II. 1. bis 3. des Urteils (Nr. 1 und 2 der Anklageschrift vom 23. August 2010),
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch. 2. Die weitergehende Revision hinsichtlich des Angeklagten H. wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dresden zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Leipzig hat den Angeklagten H. wegen Bestechlichkeit in drei Fällen (II. 1. bis 3. der Urteilsgründe = Nr. 1 b, 1 c und 2 b der Anklageschrift vom 23. August 2010), Untreue (II. 4. der Urteilsgründe = Nr. 3 der Anklageschrift), Bilanzfälschung in drei Fällen (II. 5. bis 7. der Urteilsgründe = Nr. 4 bis 6 der Anklageschrift) und Steuerhinterziehung in vier Fällen (II. 8. bis 11. der Urteilsgründe = Nr. 7 bis 10 der Anklageschrift) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und elf Monaten sowie die Angeklagten B. und S. jeweils wegen Bestechung in drei Fällen (II. 1. bis 3. der Urteilsgründe = Nr. 1 b, 1 c und 2 b der Anklageschrift) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten bzw. von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Betreffend allein den Angeklagten H. hat es einen Wertersatzverfall in Höhe von 2.561.874,26 € nur deshalb nicht angeordnet, weil dem Ansprüche von Verletzten entgegenstehen.
2
An einer Aburteilung der von der Generalstaatsanwaltschaft darüber hinaus erhobenen Vorwürfe der in zwei Fällen durch den Angeklagten H. (tateinheitlich jeweils mit einer - verurteilten - Bestechlichkeit) begangenen Untreue bzw. der durch die Angeklagten B. und S. hierzu geleisteten Beihilfe (Nr. 1 a und 2 a der Anklageschrift) hat sich das Landgericht jeweils gehindert gesehen, weil die Anklageschrift insofern unwirksam sei und sich der staatsanwaltschaftliche Verfolgungswille bei der zweiten Tat nicht auf die genannten Vorwürfe beziehe. Mit ihrer Revision wendet sich die Generalstaatsanwaltschaft gegen die Annahme fehlender Verfahrensvoraussetzungen, die Verurteilung wegen Untreue im Fall II. 4. der Urteilsgründe, die Strafzumessung insgesamt und die Nichtanordnung des Verfalls betreffend die Angeklagten B. und S. . Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat im tenorierten Umfang bereits mit der Sachrüge Erfolg. Auf die zudem erhobenen Verfahrensrü- gen kommt es danach nicht mehr an; zu ihnen hat jedoch der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Juni 2011 zutreffend Stellung genommen.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der Angeklagte H. war im Tatzeitraum kaufmännischer Geschäftsführer der K. W. L. GmbH (KWL), die - wie auch die Mitangeklagten B. und S. wussten - ausschließlich im Bereich der Daseinsvorsorge, vor allem der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung tätig ist. Die beiden Mitangeklagten waren wirtschaftlich Berechtigter (B. ) bzw. Geschäftsführer (S. ) der Fa. V. P. G. (VPG). Unter Vermittlung der VPG wurde Ende Januar 2005 ein Leasingvertrag zwischen der Bayerischen Landesbank und der KWL über Teile von deren Abwassernetz abgeschlossen. Ein Teil des von der KWL für die Vertragsvermittlung zu zahlenden Provisionsbetrages in Höhe von 1.295.000 britische Pfund (GBP) floss vor dem 12. Mai 2005 an die im Frühjahr desselben Jahres von den Angeklagten B. und S. gegründete Fa. A. S. L. (ASL).
5
Bereits im März 2005 hatte der Angeklagte H. - ohne hierauf einen entsprechenden Anspruch zu haben - von den Mitangeklagten die Hälfte der an die ASL zu zahlenden Provision gefordert. Diese hatten ihm daraufhin eine Zuwendung in Höhe von 945.945 € zugesagt, die der Angeklagte H. am 12. Mai 2005 in Vaduz (Lichtenstein) bar erhielt und auf ein Konto der Fa. F. , deren wirtschaftlich Berechtigter er war, bei der Volksbank Vaduz einzahlte. Die Zuwendung erfolgte nach der Vorstellung der drei Beteiligten für die erfolgreiche Leasing-Transaktion; darüber hinaus sollte der Angeklagte H. , dem dies klar war, im Zusammenhang mit dem Abschluss künftiger Verträge im Rahmen des ihm als KWL-Geschäftsführer zustehenden weiten Ermessens zugunsten der VPG beeinflusst werden (Fall II. 1. der Urteilsgründe = Nr. 1 b der Anklageschrift).
6
Auf Vermittlung der Angeklagten B. und S. übernahm die durch den Angeklagten H. vertretene KWL durch am 8. Juni und 8. September 2006 sowie am 28. März 2007 abgeschlossene Verträge (Collateralized Debt Obligations – CDO) Kreditausfallrisiken im dreistelligen Millionenbereich. Der Angeklagte H. sorgte dafür, dass die Vertragsschlüsse ohne die eigentlich erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrates erfolgten. Hierfür hatte er schon spätestens im Juni 2006 wiederum eine Beteiligung an der für die Vermittlung an die VPG zu zahlenden Provision gefordert. Ein Anteil wurde ihm von den beiden Mitangeklagten zugesagt und am 21. Juni 2006 auf deren Veranlassung in Höhe von 3.243.700 US-$ (= 2.567.843 €) auf das bereits zuvor verwendete Konto der Fa. F. in Vaduz eingezahlt (Fall II. 3. der Urteilsgründe = Nr. 2 b der Anklageschrift).
7
Weiterhin forderte der Angeklagte H. ebenfalls für vergangene bzw. künftige pflichtwidrige Diensthandlungen im Zusammenhang mit Transak- tionen von den beiden Mitangeklagten eine Zahlung von 150.000 € an den Fußballverein FC L. , dessen Aufsichtsratsmitglied er war. Der Betrag wurde am 9. Mai, 24. Mai und 10. Juni 2005 in drei Raten à 50.000 € jeweils als Spende deklariert von Konten der VPG auf ein Konto eines vom Angeklagten H. benannten Rechtsanwalts überwiesen; von dort wurden bis 10. August 2005 141.000 € auf ein Spendenkonto des genannten Vereins weitergeleitet (Fall II. 2. der Urteilsgründe = Nr. 1 c der Anklageschrift).
8
Der Angeklagte H. verwendete außerdem ein Verrechnungskonto bei der UBS-Bank in London, welches auf seine Veranlassung im Zusammenhang mit in den Jahren 2006 und 2007 für die KWL GmbH abgeschlossenen Finanzgeschäften (CDO) eingerichtet worden war, als sog. schwarze Kasse. Die vom 28. März 2007 bis Ende September 2008 dort eingegangenen Gelder in Höhe von insgesamt 10.635.146,29 € waren - wie das Konto selbst - bei der KWL GmbH niemandem außer dem Angeklagten bekannt, so dass dieser sie nach seinen Vorstellungen verwenden und zwischen Oktober 2008 bis Juni 2009 vollständig verbrauchen konnte (Fall II. 4. der Urteilsgründe = Nr. 3 der Anklageschrift).
9
Die CDO-Geschäfte fanden in den Jahren 2006 bis 2008 zudem keinen Eingang in die vom Angeklagten H. unterzeichneten Bilanzen der KWL GmbH, und zwar weder die gezahlten Prämien noch die entstandenen Überschüsse in Höhe von 7.600.000 € sowie 34.700.000 US-$. Dennoch versicherte er wahrheitswidrig, derivative Finanzinstrumente seien in den Büchern der Gesellschaft vollständig erfasst und den Wirtschaftsprüfern offen gelegt worden (Fälle II. 5. bis 7. der Urteilsgründe = Nr. 4 bis 6 der Anklageschrift).
10
Der Angeklagte H. erklärte schließlich weder die aus den Provisionen erlangten Beträge als sonstige Einkünfte noch die daraus in den Jahren 2005 bis 2008 erzielten Kapitalerträge in seinen Einkommensteuererklärungen für die betreffenden Jahre und verursachte hierdurch einen vom Landgericht im Einzelnen dargelegten Hinterziehungsschaden von insgesamt 1.644.195 € (Fälle II. 8. bis 11. der Urteilsgründe = Nr. 7 bis 10 der Anklageschrift).

II.

11
Der Senat ist für die Entscheidung über die Revision zuständig (1.). Die danach eröffnete Prüfung des Urteils ergibt, dass sich das Landgericht weder wegen Unwirksamkeit der Anklageschrift (2.) noch wegen fehlenden staatsanwaltschaftlichen Verfolgungswillens (3.) an einer Aburteilung der in der Anklageschrift unter Nr. 1 a und 2 a erhobenen Untreue-Vorwürfe gehindert sehen durfte. Es hätte daher über diese bzw. den Vorwurf der Beteiligung hieran entscheiden müssen. Indem es dies nicht getan hat, hat es seiner Kognitionspflicht (§ 264 StPO) nicht entsprochen und die angeklagten Taten nicht erschöpfend gewürdigt; dies stellt zugleich einen sachlich-rechtlichen Mangel dar (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN). Dem steht auch nicht entgegen , dass das Landgericht in seinem Eröffnungsbeschluss vom 9. November 2010 insoweit einen hinreichenden Tatverdacht verneint hat, weil hierdurch die Eröffnung des Hauptverfahrens und Zulassung der Anklageschrift die beiden prozessualen Taten insgesamt betreffend nicht gehindert wurde.
12
Während der Schuldspruch wegen der als Fall II. 4. der Urteilsgründe festgestellten Untreue des Angeklagten H. (4.) und die Strafzumessung für sich genommen nicht zu beanstanden sind (5.), wäre die unterbliebene Prüfung des Verfalls hinsichtlich der Angeklagten B. und S. ebenfalls rechtlich geboten gewesen (6.). Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im tenorierten Umfang (7.).
13
1. Nach einem entsprechenden Hinweis des Senats hat der Verteidiger des Angeklagten B. schriftlich und - ebenso wie der Verteidiger des Angeklagten S. - in der Hauptverhandlung die Zuständigkeit des Senats gerügt. Der Einwand greift nicht durch.
14
a) Der Senat ist zur Entscheidung über die den Angeklagten H. betreffende Revision zuständig, denn ihm sind nach dem Geschäftsplan des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2011 (vgl. www.bundesgerichtshof.de) namentlich die Revisionen in Steuerstrafsachen zugewiesen. Allerdings hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Juni 2011 zutreffend dargelegt, dass der - bei Zweifeln über den Umfang einer Revision maßgeblichen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11) - Begründung der Revision trotz des umfassenden Aufhebungsantrages zu entnehmen ist, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Verurteilung des Angeklagten H. wegen der Bilanzfälschungs- und Steuerhinterziehungsdelikte nicht angreifen möchte (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 - 4 StR 571/10 = StV 2011, 453).
15
Die Auslegung des Rechtsmittels ergibt, dass jedoch die insofern verhängten Einzelstrafen angefochten sind. Denn die Generalstaatsanwaltschaft hat im Rahmen der Rüge sachlichen Rechts näher dargelegt, weshalb das Landgericht nach ihrer Ansicht im Urteil rechtsfehlerhaft nicht alle für seine Strafzumessung bestimmenden Umstände angeführt hat. Der geltend gemachte Einwand, das Landgericht habe durch - außerhalb einer formgerechten Absprache - zugesicherte Strafobergrenzen „den gesetzlichen Strafrahmen nicht ausschöpfen“ können, bezieht sich auf die verhängten Einzelstrafen insgesamt, also auch auf die wegen der Steuerhinterziehungen ausgesprochenen. Da somit die deliktsspezifische Strafzumessung und nicht lediglich noch die Bildung einer Gesamtstrafe (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2010 - 1 StR 614/10) Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, handelt es sich bei dem eingelegten Rechtsmittel um ein solches in einer Steuerstrafsache. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Rüge mit Aussicht auf Erfolg vorgetragen wird (hierzu 5.).
16
b) Aus der Zuständigkeit des Senats für die Revision hinsichtlich des Angeklagten H. folgt wegen des bestehenden Sachzusammenhangs (§ 3 StPO; vgl. Ullenbruch in Radtke/Hohmann, StPO, § 3 Rn. 7 f.) auch seine Zuständigkeit für die Entscheidung über die Revisionen gegen das angefochtene Urteil, soweit dieses die Angeklagten B. und S. betrifft.
17
c) Der Senat bemerkt, dass - zumal bei einer Revision der Generalstaatsanwaltschaft - der Revisionsantrag deckungsgleich mit den Ausführungen zur Revisionsbegründung sein sollte. Das Revisionsverfahren wird nicht unerheblich erleichtert, wenn der Umfang der Anfechtung nicht erst durch Auslegung der Revisionsbegründung ermittelt werden muss (BGH, Urteil vom 8. November 2006 - 1 StR 441/06 mwN).
18
2. Das Landgericht hat hinsichtlich der von ihm nicht geprüften Untreuedelikte bzw. der hierzu geleisteten Beihilfe zu Unrecht das Verfahrenshindernis einer insoweit unwirksamen Anklageschrift angenommen.
19
a) Die Generalstaatsanwaltschaft hat dem Angeklagten H. mit ihrer Anklageschrift vom 23. August 2010 einerseits (dort Nr. 1 a) zur Last gelegt, als Geschäftsführer der KWL Teile des Abwassernetzes durch vom 31. Januar bis 15. Juni 2005 geschlossene Verträge in ein sog. UK-Lease eingebracht und dabei dem Aufsichtsrat pflichtwidrig insbesondere die Zwischengesellschaften - die als Briefkastenfirmen fungierenden „Hu. “ und „Co. “ - einbeziehende Leasingstruktur und den Umstand verheimlicht zu haben, dass in die Transaktion ein überflüssiger „Credit Default Swap“ eingebunden war, mit dem die KWL ge- genüber der Bayerischen Landesbank für einen Ausfall der Hu. , deren Zahlungsverpflichtungen wenigstens 134.000.000 GBP betrugen, bürgte. Aus den Verträgen an sich der KWL als sog. Barwertvorteil zustehende Gelder von 5.140.560 € seien bis Mitte 2005 über ein als „schwarze Kasse“ dienendes Transaktionskostenkonto der „Co. “ auf Konten anderer Firmen „umgeleitet“ worden. Hinter den beiden Briefkastenfirmen hätte die von den Angeklagten B. und S. beherrschte VPG gestanden.
20
Zum anderen hat die Generalstaatsanwaltschaft dem Angeklagten H. vorgeworfen (Nr. 2 a der Anklageschrift), die für die KWL höchst risikobehafteten , mit dem Unternehmenszweck nicht vereinbaren CDO-Verträge am 8. Juni und 8. September 2006 sowie am 28. März 2007 satzungswidrig, nämlich ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung und des Aufsichtsrats abgeschlossen, ferner eine „Wette“ auf einen geringen Risikoaus- fall zulasten der KWL in mehrstelliger Millionenhöhe eingegangen sowie am 14. Juni 2006 völlig überhöhte Provisionen von 21,1 Millionen US-$ und 6,4 Mil- lionen € vereinbart und diese Summen an der KWL vorbei am 9. Juni bzw. 12. September 2006 auf zwei Konten der Wilmington-Trust-Bank in die USA geleitet zu haben. Auf diese Konten hätten die Angeklagten B. und S. , die beim Abschluss der CDO-Verträge beratend und unterstützend tätig geworden seien, aufgrund einer u.a. von ihrem Mitangeklagten unterschriebenen Vollmacht ungehindert Zugriff gehabt. Letztlich sei der KWL allein durch die Provisionsvereinbarungen ein Schaden von umgerechnet mindestens 13.662.900 € entstanden.
21
Das Verhalten des Angeklagten H. hat die Generalstaatsanwaltschaft als jeweils in Tateinheit mit den unter Nr. 1 b und c bzw. 2 b der Anklageschrift beschriebenen und vom Landgericht festgestellten Bestechlichkeitstaten begangene Untreuehandlungen bewertet. Hierzu hätten die Angeklagten B. und S. - tateinheitlich zu ihren Bestechungen - Beihilfe geleistet.
22
b) Hinsichtlich der bezeichneten Untreuevorwürfe liegt nach Auffassung des Landgerichts „wegen Verstoßes gegen § 184 GVG keine wirksame Ankla- ge“ vor. Da die Gerichtssprache deutsch sei, dürften „keinem Angeklagten Beweismittel in einer fremden Sprache … aufgezwungen werden …, auch nicht durch fremdsprachige Urkunden“, die daher „mit der Anklageerhebung … in deutscher Sprache vorzuliegen“ hätten. Eine Anklageschrift, die Passagen fremdsprachiger Schriftstücke enthalte oder sich zumindest teilweise auf nicht übersetzte fremdsprachige Schriftstücke stütze, sei mit einem Verfahrensman- gel behaftet. Dieser „funktionale Mangel“ führe jedenfalls dann zu einem Verfahrenshindernis , wenn sich die Anklageschrift mit dem Inhalt der Urkunden auseinandersetze oder dieser von hohem Belang für die Bewertung der Vorwür- fe sei, also wenn „die Staatsanwaltschaft aus dem Inhalt und dem Wortlaut der Urkunden selbst die Unrechtsvorwürfe herleiten“ wolle.
23
Diese Voraussetzungen hat das Landgericht vorliegend als erfüllt angesehen. Die Unterlagen zu dem Leasinggeschäft sowie zu den Provisionsvereinbarungen seien ausschließlich in englischer Sprache vorgelegt worden (Nr. 1 a der Anklageschrift). Von den in den Jahren 2006 und 2007 abgeschlossenen CDO-Verträgen habe die Staatsanwaltschaft nur zwei in die deutsche Sprache übersetzen lassen. Jedoch seien auch die englischsprachigen Verträge „in der Auflistung der Beweismittel enthalten, die nur die für die Aufklärung des Sachverhaltes und für die Beurteilung des Angeklagten wesentlichen Beweismittel aufführen soll (vgl. Nr. 111 Abs. 1 RiStBV)“.
24
c) Diese Bewertung war rechtsfehlerhaft. Denn die Anklageschrift wird nicht nur ihrer Umgrenzungsfunktion gerecht, sondern sie leidet auch sonst an keinem zu einem Verfahrenshindernis führenden Mangel.
25
Ein Verfahrenshindernis wegen Nichterfüllung der Umgrenzungsfunktion liegt nicht vor. Nach der den Anforderungen des § 200 Abs. 1 StPO entsprechenden Anklage stehen die angeschuldigten Personen und die historischen Geschehen, die Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung sein sollen, und damit der Prozessgegenstand hinreichend deutlich fest (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 - 1 StR 94/98 = BGHSt 44, 153, 154 f.; Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN). Das gilt insbesondere für die wesentlichen Abläufe der verschiedenen Taten und deren zeitliche Eingrenzung. Insofern verweist der Senat auf die oben zu a) dargelegten Einzelheiten, die sämtlich dem noch weitaus ausführlicheren konkreten Anklagesatz (dort S. 5 f., 7 f.) der Anklageschrift vom 23. August 2010 entnommen sind.
26
Einer Anklageschrift kommt darüber hinaus eine Informationsfunktion zu. Im Hinblick darauf wäre es vorliegend beispielsweise geboten gewesen, die näheren Umstände der Abschlüsse der Verträge, insbesondere deren genaue Ausgestaltung darzulegen. Es ist jedoch anerkannt, dass insoweit bestehende Defizite grundsätzlich nicht zu einem Verfahrenshindernis führen, diese vielmehr im weiteren Verfahrensverlauf insbesondere durch gerichtliche Hinweise zur Gewährung rechtlichen Gehörs behoben werden können (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 - 1 StR 94/98 = BGHSt 44, 153, 156).
27
Sonstige Mängel, etwa im Aufbau, in der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen oder im Äußeren der Anklageschrift machen diese ebenfalls nicht unwirksam und begründen deshalb kein Verfahrenshindernis (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 200 Rn. 27).
28
Aber auch gemessen an den Anforderungen des - vom Landgericht als verletzt angesehenen - § 184 GVG leidet die vorliegende Anklageschrift unter keinem Mangel, der zudem von besonderem Gewicht sein müsste, um die An- nahme eines Verfahrenshindernisses rechtfertigen und damit dem Fortgang des Verfahrens insgesamt entgegenstehen zu können.
29
Gemäß § 184 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Die Regelung betrifft auch Zuschriften an das Gericht und namentlich staatsanwaltschaftliche Anklageschriften (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 184 GVG Rn. 3). Die Generalstaatsanwaltschaft hat jedoch dieser gesetzlichen Vorgabe hinreichend entsprochen. Die Anklageschrift vom 23. Oktober 2010 ist in allen maßgeblichen Teilen in deutscher Sprache verfasst worden. Dies gilt speziell für den gesamten Anklagesatz und das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen. In diese werden weder nichtdeutsche Texte durch ausdrückliche Bezugnahme quasi integriert noch enthalten sie gar eigenständig englisch- oder sonst fremdsprachige Passagen. Soweit die drei folgenden Ausnahmen bestehen, stellen diese unter dem Gesichtspunkt des § 184 GVG keinen Mangel der Anklageschrift dar:
30
Bei den an den diversen relevanten Verträgen und Vorgängen Beteiligten handelt es sich häufig um im englischen Sprachraum angesiedelte Firmen. Soweit sie in der Anklageschrift ausdrücklich benannt werden, wird der von ihnen gewählte Name verwendet (z.B. „G. “, „V. P. G. “, „Co. “, „F. “). Es versteht sich - wie bei in Anklagen bezeichneten Privatpersonen, deren Name schon zur Vermeidung von Missverständnissen nicht übersetzt werden muss (z.B. „Blackwood“ oder „Whitehouse“) - von selbst, dass es insofern selbst dann kei- ner Übersetzung ins Deutsche bedurfte, wenn diese möglich gewesen wäre.
31
Nichts anderes gilt für in der Anklageschrift erwähnte Ortsangaben (etwa „British Virgin Islands“), die zweckmäßigerweise unübersetzt bleiben durften.
32
Schließlich wird ein Teil der durchgeführten Geschäfte bzw. der dabei verwendeten Papiere mit englischen Bezeichnungen beschrieben (z.B. „Cross- Border-Leasing“, „UK-Lease“, „Credit Default Swap“, „Collateralized Debt Obli- gations“). Insoweit kann offen bleiben, ob es sich bei den verwendeten Begriffen nicht schon um im deutschen Wirtschafts- und Bankbereich ohnehin gängige Bezeichnungen handelt, deren Übersetzung bereits deshalb nicht geboten oder gar zu vermeiden war. Jedenfalls werden sämtliche relevanten Vorgänge schon im konkreten Anklagesatz in deutscher Sprache unmissverständlich klar erläutert, so dass keiner der - bezüglich der vom Landgericht festgestellten Taten im Übrigen geständigen - Angeklagten über die Art der in Rede stehenden wirtschaftlichen Vorgänge und über die vor diesem Hintergrund erhobenen Vorwürfe im Zweifel und in seiner Verteidigung beeinträchtigt sein konnte (zu diesem Gesichtspunkt BGH, Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00 = BGHSt 46, 130, 134).
33
Ist die Anklageschrift somit in allen wesentlichen Teilen in Deutsch verfasst , so verstößt es nicht gegen § 184 GVG, wenn sie inhaltlich auf in einer fremden Sprache errichteten Urkunde fußt. Diese werden hierdurch nicht etwa zu ihrem „integralen Bestandteil“ mit der Folge, dass die Anklageschrift wegen eines „funktionalen“ Mangels als Prozessvoraussetzung unwirksam ist (vgl. Eschelbach, HRRS 2007, 466, 469 f.). Die Bestimmung betrifft vielmehr außerhalb des Verfahrens entstandene, ggf. als Beweismittel in Betracht kommende Schriftstücke gerade nicht (Wickern in Löwe/Rosenberg, 26. Aufl., § 184 GVG Rn. 5). Sie zwingt die Staatsanwaltschaft insbesondere nicht dazu, derartige Urkunden bei Erhebung der Anklage nicht nur in der Ursprungssprache, sondern zudem in deutscher Übersetzung vorzulegen (vgl. Wickern in Löwe/ Rosenberg, 26. Aufl., § 184 GVG Rn. 5 und 17 a.E.; Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht , 3. Aufl., § 184 GVG Rn. 5).
34
Dies wäre in vielen Fällen zudem wenig prozessökonomisch. Denn zu diesem Zeitpunkt ist es offen, ob sie im Wege des Strengbeweises in die Hauptverhandlung eingeführt werden müssen. Häufig wird das Tatgericht aufgrund der (namentlich geständigen) Angaben des Angeklagten oder auf der Basis der im Übrigen erzielten Beweislage gar nicht oder nur zu einem Teil auf die den erhobenen Vorwurf betreffenden Urkunden zurückgreifen müssen. Erst wenn dies von der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) geboten wird, sind sie von einem Sachverständigen zu übersetzen (Wickern in Löwe/Rosenberg, 26. Aufl., § 184 GVG Rn. 5; s. auch BGH, Urteil vom 29. Mai 1985 - 2 StR 804/84 = NStZ 1985, 466; BGH, Urteil vom 9. Juli 1991 - 1 StR 666/90; jeweils zur - erst - in der Hauptverhandlung erfolgten Übersetzung von Mitschnitten in ausländischer Sprache geführten Telefonaten). § 184 GVG selbst verlangt jedenfalls nicht, sämtliche anfallenden Aktenteile von Amts wegen in die deutsche Sprache übersetzen zu lassen (BGH, Urteil vom 22. Juli 1980 - 1 StR 804/79; s. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. März 1986 - 1 Ws 182/86 = JZ 1986, 508).
35
Daraus folgt zugleich, dass fremdsprachige Urkunden - wie hier - in ihrer Originalbezeichnung in der Liste der Beweismittel aufgeführt werden dürfen. Denn die Aufnahme eines Beweismittels zeigt nur, dass die Staatsanwaltschaft es als entscheidungserheblich ansieht, und gewährleistet nicht seine spätere Verwendung in der mündlichen Hauptverhandlung.
36
Allerdings werden in anderen Prozessordnungen und anderen strafprozessualen Verfahrensarten an ein Gericht adressierte Schriftsätze wegen Verstoßes gegen § 184 GVG als unzulässig angesehen, wenn sie auf ihnen beigefügte nichtdeutsche Urkunden verweisen. Dies findet aber seinen Grund in den abweichenden Verfahrensregelungen. Diese Handhabung lässt sich folglich auf die Anklageschrift nicht übertragen. Denn diese zielt auf die spätere, insbesondere durch das Mündlichkeitsprinzip und die gerichtliche Pflicht zu umfassender Aufklärung geprägte Hauptverhandlung ab. Hierin besteht ein wesentlicher Un- terschied beispielsweise zum Klageerzwingungsverfahren, das mit einem Beschluss endet (§§ 174, 175 StPO). In diesem herrscht zudem - wie insbesondere auch im Zivilprozessverfahren, in dem das Gericht von einer Partei eine Übersetzung verlangen kann (§ 142 Abs. 3 ZPO) - der Beibringungsgrundsatz mit der Folge, dass ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig ist, wenn zur Ergänzung des Sachvortrags nicht in Deutsch verfasste Urkunden in Bezug genommen werden (vgl. ausdrücklich OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Februar 2007 - 1 Ws 47/07 = NStZ 2007, 664).
37
3. Darüber hinaus hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, es brauche nicht zu entscheiden, ob es sich bei den unter Nr. 2 a der Anklageschrift angesprochenen zwei Konten bei der Wilmington-Trust-Bank um eine vom Angeklagten H. mit Hilfe der beiden Mitangeklagten eingerichtete „schwarze Kasse“ handele und die Angeklagten dadurch eine Untreue began- gen bzw. hierzu Beihilfe geleistet haben. Denn das die Einrichtung und Nutzung dieser Konten betreffende Geschehen war vom staatsanwaltschaftlichen Verfolgungswillen umfasst.
38
Im konkreten Anklagesatz wird dargelegt (S. 8 der Anklageschrift), dass die „im Zusammenhang mit dem Abschluss der ersten beiden CDS/CDO- Transaktionen entstandenen Überschüsse … komplett als Provisionen von 21,1 Mio. US-$ am 09.06.2006 und von 6,4 Mio. EUR am 12.09.2006 auf zwei Konten der Wilmington-Trust-Bank in den USA“ geflossen seien. Für diese „formal“ der KWL zugeordneten Konten hätten die Angeklagten B. und S. eine umfangreiche Vollmacht u.a. des Angeklagten H. besessen, „mit der sie beliebig und unkontrolliert über die Gelder verfügen konnten“. Der KWL sei „allein durch die Provisionsvereinbarungen ein Schaden … zwischen 13.662.900 EUR und 22.868.900 EUR“ entstanden.
39
Mit der Aufnahme eines tatsächlichen Geschehens in den Anklagesatz bringt die Staatsanwaltschaft regelmäßig zum Ausdruck, dieses Geschehen verfolgen zu wollen. Die gesamten im Anklagesatz beschriebenen geschichtlichen Vorgänge bilden daher den Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung. Etwas anderes gilt namentlich dann, wenn dem Anklagesatz oder den Ausführungen zum wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen eindeutig entnehmen lässt, dass die Staatsanwaltschaft ein bestimmtes, als selbständige prozessuale Tat (§ 264 StPO) zu wertendes Geschehen gerade nicht der Kognition des Gerichts unterwerfen will (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 - 2 StR 157/95 = NStZ 1995, 500).
40
Ein derartiger Ausnahmefall ist nicht gegeben. Er lässt sich entgegen der landgerichtlichen Ansicht (UA S. 38 f.) insbesondere nicht aus der für den An- klagepunkt 2 a) gewählten Überschrift „CDS-/CDO-Transaktionen - Provisionen“ ableiten. Denn die in der Überschrift durch den Gedankenstrich vorge- nommene Differenzierung zwischen den bezeichneten Transaktionen einerund den Provisionen andererseits deutet vielmehr darauf hin, dass es der Generalstaatsanwaltschaft auf die Verfolgung beider Komplexe ankommt. Dafür spricht außerdem, dass die Vorgänge um die Provisionen im konkreten Anklagesatz nahezu ebenso ausführlich dargestellt werden wie die Umstände und Folgen der CDS-/CDO-Transaktionen.
41
Gegen den Verfolgungswillen der Generalstaatsanwaltschaft spricht schließlich nicht, dass sie bei der von ihr im Rahmen des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen vorgenommenen rechtlichen Würdigung der Untreuedelikte lediglich zwei andere Konten, nicht aber diejenigen bei der Wilmington-Trust-Bank als „schwarze Kassen“ (s. hierzu BGH, Beschluss vom 11. November 2004 - 5 StR 299/03 = BGHSt 49, 317; BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 = BGHSt 52, 323; BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09 = NStZ 2010, 700) kategorisiert hat. Denn abgesehen davon , dass es Aufgabe des Gerichts ist, die ihm zur Beurteilung unterbreitete Tat rechtlich umfassend zu würdigen (§§ 155 Abs. 2, 264 Abs. 2 StPO), ließen die staatsanwaltschaftlichen Rechtsausführungen nicht den Schluss zu, das im konkreten Anklagesatz ausführlich dargelegte Geschehen um die Konten bei der Wilmington-Trust-Bank solle nicht verfolgt werden. Denn dieses wurde dort nicht nur beiläufig oder lediglich zum besseren Verständnis geschildert, sondern betraf den verschleiernden Fluss der Provisionen und damit einen wesentlichen Teil des verwirklichten Unrechts. In Übereinstimmung hiermit beziffert die Generalstaatsanwaltschaft nicht nur am Ende des konkreten Anklagesatzes zu 2 a) den der KWL durch die Provisionsvereinbarungen - und nicht nur durch die vor- und nachher durchgeführten „CDS-/CDO-Transaktionen“ - (tatsächlich) zuge- fügten finanziellen Nachteil, sondern bezeichnet diesen im Rahmen des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen, das zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2011 - 1 StR 194/11 mwN), ausdrücklich als „Untreueschaden“ (S. 21 f.).
42
Unabhängig davon wäre das Landgericht aber schon deshalb verpflichtet gewesen, die Vorgänge - hinsichtlich derer von § 154a Abs. 2 StPO nicht Gebrauch gemacht worden war - um die Provisionszahlungen rechtlich umfassend zu würdigen, weil diese ihm jedenfalls zur Begründung einer Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung zur Beurteilung unterbreitet worden waren (Nr. 2 b der Anklageschrift). Dementsprechend hat es das Fordern einer Provision durch den Angeklagten H. „spätestens im Juni 2006“ und deren durch die Mitangeklagten veranlassten Eingang auf einem ihm zugänglichen Konto am 21. Juni 2006 festgestellt und rechtsfehlerfrei als Bestechlichkeit bzw. Bestechung verurteilt.
43
Zu diesem Lebenssachverhalt gehörten aber auch die Wege, auf denen diese Zuwendung erfolgt ist. Insofern teilt die Anklageschrift mit, es seien am 9. Juni 2006 zunächst 21,1 Mio. US-$ auf die bei der Wilmington-Trust-Bank geführten Konten gelangt (Nr. 2 a der Anklageschrift). Angesichts dieser engen sachlichen und zeitlichen Verknüpfung handelte es sich bei den bezeichneten Abläufen um eine Tat im prozessualen Sinn. Deren einheitliche Untersuchung und Aburteilung war daher nicht nur - wie das Landgericht selbst einräumt - „sinnvoll“ (UA 40), sondern geboten, weil eine prozessuale Tat nicht nach Tat- beständen differenziert, sondern umfassend, hier also auch unter dem Gesichtspunkt der Untreue, zu würdigen ist, um dem verwirklichten Unrechts- und Schuldgehalt gerecht zu werden. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn die in Betracht kommenden Delikte - wovon die Anklageschrift naheliegend ausgeht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00 = BGHSt 47, 22, 26) - aus materiell-rechtlicher Sicht in Tateinheit zueinander verwirklicht worden sein könnten, so dass sich eine Aburteilung in getrennten Verfahren ohnehin verbieten würde (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2001 - 2 StR 513/00 = BGHSt 47, 68,

82).

44
4. Der von der Generalstaatsanwaltschaft ohne Begründung angegriffene Schuldspruch wegen der als Fall II. 4. der Urteilsgründe festgestellten Untreue des Angeklagten H. hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Verfahrensrügen betreffen diesen Teil des Urteils nicht.
45
5. Die Strafzumessung weist für sich genommen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Soweit die Revisionsführerin im Rahmen der Begründung ihrer Sachrüge vorbringt, das Landgericht habe, nachdem Verständigungsbemühungen gemäß § 257c StPO an fehlender Mitwirkung der Staatsanwaltschaft gescheitert waren, den drei Angeklagten jeweils eigenständig Strafobergrenzen zugesagt und dadurch die Obergrenzen der anzuwendenden Strafrahmen zu Unrecht verringert, veranlasst dies den Senat zu folgendem Hinweis: Eine der- artige „informelle“, d.h. außerhalb des gesetzlich geregelten, insbesondere eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft vorsehenden Verfahrens getroffene „Ver- ständigung“ allein zwischen Gericht und Angeklagten widerspräche der Straf- prozessordnung. Sie könnte weder eine gerichtliche Bindung an die in Aussicht gestellte Strafobergrenze noch einen durch den fair-trial-Grundsatz geschützten Vertrauenstatbestand bei den Angeklagten hervorrufen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 StR 274/11 mwN).
46
Das gerügte gerichtliche Vorgehen lässt sich jedoch ausschließlich dem staatsanwaltschaftlichen Revisionsvorbringen, nicht aber dem mit der Sachrüge dem Senat allein zur Prüfung unterbreiteten schriftlichen Urteil entnehmen. Eine Verfahrensrüge ist insoweit nicht ausdrücklich erhoben worden. Einer grundsätzlich möglichen Umdeutung der Sachrüge in eine entsprechende Verfahrensrüge steht entgegen, dass diese bereits unzulässig wäre, weil der diesbezügliche Vortrag nicht alle zur revisionsgerichtlichen Prüfung notwendigen Tatsachen mitteilen und daher den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht entsprechen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 1 StR 153/11; Hanack in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl., § 344 Rn. 72). Beispielsweise wird nicht vorgetragen, mit welcher Begründung die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung den ursprünglichen, dem nunmehr gerügten Procedere vorausgehenden landgerichtlichen Verständigungsvorschlag abgelehnt hat.
47
6. Die Revision rügt dagegen zu Recht, dass das Landgericht nicht umfassend geprüft hat, ob auch hinsichtlich der Angeklagten B. und S. die Voraussetzungen des Verfalls bzw. des Wertersatzverfalls vorliegen. Denn das Landgericht hat sich dabei infolge seiner - unzutreffenden - Annahme von Verfahrenshindernissen bezüglich der angeklagten Untreuetaten auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Angeklagten B. und S. durch ihre an den Mitangeklagten geleisteten Bestechungszahlungen unmittelbar „etwas“ i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt haben, und dies verneint (UA S. 51). Damit aber hat es jedenfalls die Möglichkeit außer Betracht gelassen, dass die beiden Angeklagten durch die dem Angeklagten H. zur Last gelegten Untreue- handlungen „etwas“, nämlich zumindest Teile der von diesem gezahlten Provi- sionen erlangt haben; nach der Anklageschrift sollen sie hierzu - in Tateinheit zu zwei ihrer Bestechungstaten stehend (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Mai 2001 - 3 StR 549/00 = BGHSt 47, 22, 26; s. auch BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05 = BGHR StGB § 299 Abs. 1 Konkurrenzen 1) - Beihilfe geleistet haben.
48
7. Die bezeichneten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils, soweit das Landgericht über die Beteiligung der Angeklagten an den ihnen zur Last gelegten Untreuedelikten nicht entschieden hat (Nr. 1 a und 2 a der Anklageschrift ). Daher waren auch die - für sich genommen rechtlich nicht zu beanstandenden - Schuldsprüche zu den unter II. 1. bis 3. festgestellten Bestechlichkeits - bzw. Bestechungstaten und die zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben, da insofern - wie oben dargelegt - von zwei einheitlichen prozessualen Taten auszugehen ist.
49
Dies zieht die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen, der gegen den Angeklagten H. ausgesprochenen Verfallsentscheidung sowie der Gesamtstrafen nach sich. Ferner wird das Urteil aufgehoben, soweit eine Entscheidung nach den §§ 73 ff. StGB betreffend die Angeklagten B. und S. unterblieben ist. Darüber hinaus hebt der Senat die gegen den Angeklagten H. für die drei Bilanzfälschungsdelikte (Taten II. 5. bis 7. der Urteilsgründe ), die vier Steuerhinterziehungen (Taten II. 8. bis 11. der Urteilsgründe) sowie die zu II. 4. festgestellte Untreue an sich rechtsfehlerfrei festgesetzten Einzelstrafen wegen des zwischen sämtlichen Taten bestehenden inneren Zusam- menhangs auf, um dem neuen Tatgericht eine umfassende und in sich stimmige neue Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2002 - 2 StR 10/02 = NStZ-RR 2002, 165).

III.

50
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 StPO). Das neue Tatgericht wird Gelegenheit haben, bei seiner Entscheidung die weiteren vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Juni 2011 (S. 7 ff.) erörterten Gesichtspunkte zu beachten und im Übrigen die der Anklageschrift - ungeachtet der oben zur Frage eines Verfahrenshindernisses gemachten Ausführungen - anhaftenden Mängel hinsichtlich ihrer Informationsfunktion durch entsprechende Hinweise zu beheben. Sollte die Beweislage, wie sie den Urteilsgründen zu entnehmen ist, unverändert bleiben, wird die Aufklärungspflicht die Übersetzung der entscheidungserheblichen Urkunden ins Deutsche erfordern. Im Übrigen bemerkt der Senat, dass es zweckmäßig gewesen wäre, wenn die Generalstaatsanwaltschaft bereits bei der Anklageerhebung zumindest die zentralen Schriftstücke ins Deutsche übersetzt mit vorgelegt hätte. Wahl Hebenstreit Graf Jäger Sander
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Annotations

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

Ein Zusammenhang ist vorhanden, wenn eine Person mehrerer Straftaten beschuldigt wird oder wenn bei einer Tat mehrere Personen als Täter, Teilnehmer oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beschuldigt werden.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

(1) Ergibt sich kein genügender Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so verwirft das Gericht den Antrag und setzt den Antragsteller, die Staatsanwaltschaft und den Beschuldigten von der Verwerfung in Kenntnis.

(2) Ist der Antrag verworfen, so kann die öffentliche Klage nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel erhoben werden.

Erachtet das Gericht nach Anhörung des Beschuldigten den Antrag für begründet, so beschließt es die Erhebung der öffentlichen Klage. Die Durchführung dieses Beschlusses liegt der Staatsanwaltschaft ob.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Die Untersuchung und Entscheidung erstreckt sich nur auf die in der Klage bezeichnete Tat und auf die durch die Klage beschuldigten Personen.

(2) Innerhalb dieser Grenzen sind die Gerichte zu einer selbständigen Tätigkeit berechtigt und verpflichtet; insbesondere sind sie bei Anwendung des Strafgesetzes an die gestellten Anträge nicht gebunden.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr einem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens

1.
einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, oder
2.
ohne Einwilligung des Unternehmens einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Handlung vornehme oder unterlasse und dadurch seine Pflichten gegenüber dem Unternehmen verletze.