Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2020 - 5 StR 366/19

bei uns veröffentlicht am08.01.2020
vorgehend

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja

a) Ein Entscheidungsträger handelt im Bereich der öffentlichen
Verwaltung nicht stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste
im Sinne des niedrigsten Angebots wählt. Beim Unterlassen
eines Preisvergleichs oder einer Ausschreibung
kommt eine Strafbarkeit nur bei evidenten und schwerwiegenden
Pflichtverstößen in Betracht.

b) Ein Vermögensnachteil kann bei der Haushaltsuntreue auch
nach den Grundsätzen des persönlichen Schadenseinschlags
eintreten.
BGH, Beschluss vom 8. Januar 2020 – 5 StR 366/19
LG Saarbrücken –
BESCHLUSS
5 StR 366/19
vom
8. Januar 2020
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2020:080120B5STR366.19.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Januar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 21. Februar 2019 mit den Feststellungen aufgehoben; ausgenommen bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zum Untreueschaden.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten ist mit derSachrüge – wie aus der Beschlussformel ersichtlich – überwiegend erfolgreich, im Übrigen aber im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts ).

I.


2
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
a) Der Angeklagte war seit 1. Oktober 2014 verbeamteter Oberbürgermeister der Kreisstadt H. . Diese beschäftigt etwa 450 Mitarbeiter und verwaltet einen Haushalt in Höhe von 90 bis 100 Millionen Euro. Nach der Geschäftsordnung des Stadtrats der Stadt H. war der Angeklagte zur eigenständigen Vergabe von Aufträgen bis zu einer Höhe von 25.000 Euro berechtigt. Höhere Ausgaben hatten der Stadtrat oder ein Ausschuss zu beschließen.
4
Seit mehreren Jahren gab es Hinweise darauf, dass Mitarbeiter des städtischen Baubetriebshofs während der Arbeitszeit private Tätigkeiten verrichteten , insbesondere im Staatsforst Holz fällten und auf eigene Rechnung verkauften. In seinem Wahlkampf 2014 hatte der Angeklagte versprochen, diese Missstände als Oberbürgermeister zu beseitigen; er wurde gewählt und trat am 1. Oktober 2014 sein Amt an.
5
Im Jahr 2015 verdichteten sich die Hinweise auf straf- und arbeitsrechtliches Fehlverhalten. Der Angeklagte bat den Leiter des Rechtsamts J. um Prüfung, ob die Überwachung von Mitarbeitern durch eine Detektei rechtmäßig sei, was dieser nach Recherche bejahte. In einer Fachbereichsleiterbesprechung Anfang September 2015 kamen die Beteiligten (Leiter der Kämmerei W. , Hauptamtsleiter M. , Leiter des Rechtsamts J. und der Angeklagte ) überein, eine Detektei zu suchen und die Beauftragung geheim zu halten; die Kosten sollten aus dem Haushaltstitel „Personalbudget“ bezahlt werden. Aufgrund einer Anzeige in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) vereinbarte der Zeuge J. mit der in D. ansässigen Detektei K. C. einen Termin mit deren Geschäftsführer L. und dem Angeklagten am 1. Oktober 2015.
6
Bei diesem Termin erteilte der Angeklagte der Detektei den Überwachungsauftrag. Als Nettopreise wurden für jeden eingesetzten Detektiv 100 Euro pro Stunde zwischen 8 und 18 Uhr an Werktagen sowie 150 Euro pro Stunde für die sonstige Zeit und an Samstagen und Sonntagen, die Übernahme von Sachkosten und Übernachtungskosten nach Aufwand sowie 15 Euro „Bereit- stellungspauschale“ für jeden eingesetzten Pkw proStunde zuzüglich einer Kilometerpauschale von 1,30 Euro vereinbart. Zusätzlich waren für die Abwicklung des Auftrags 25 % des Rechnungsnettobetrages als „Besondere Verwaltungs - und Bearbeitungskosten“ vorgesehen. Der Vertrag konnte ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist jederzeit beendet werden. Eine Überprüfung der Marktüblichkeit dieser Preise erfolgte nicht.
7
In Umsetzung des Vertrages begann am 1. November 2015 die Überwachung von drei Mitarbeitern des Baubetriebshofs durch zunächst zwei Detektive. Am 4. November 2015 wurde sie durch den Angeklagten auf Anraten des Zeugen L. auf drei Detektive erweitert. Dieser informierte den Angeklagten telefonisch regelmäßig über den Sachstand. Am 3. Dezember 2015 kam es auf Wunsch von L. zu einer Besprechung zwischen ihm, dem Angeklagten und den Zeugen M. und W. . Dabei wurden als Ergebnis der bisherigen Überwachung Videosequenzen gezeigt, auf denen Mitarbeiter der Stadt dabei waren, im Wald Holz zu sammeln und zu verladen. Eine Abschlagszahlung für die bisherigen Leistungen in Höhe von 100.000 Euro wurde vereinbart und am 6. Dezember 2015 nebst Umsatzsteuer gezahlt.
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Der Angeklagte ließ die Überwachung bis 18. Dezember 2015 fortführen. Anschließend stellte die Detektei eine Rechnung über 276.762,43 Euro netto (328.157,29 Euro brutto), die der Angeklagte im Januar 2016 als sachlich und rechnerisch richtig abzeichnete und zur Zahlung freigab. Die Stadt H. zahlte in der Folgezeit darauf lediglich weitere 140.004,26 Euro, einschließlich der Abschlagzahlung also insgesamt 259.004,26 Euro brutto. Bezüglich des Restbetrages in Höhe von knapp 70.000 Euro berief sich der Zeuge J. darauf , dass die Vereinbarung des pauschalen Aufschlags in Höhe von 25 % unwirksam , die erbrachte Leistung teilweise mangelhaft und der Einsatz der Detektive nicht wirtschaftlich erfolgt sei. Die Detektei macht den Restbetrag klageweise gegen die Stadt H. geltend.
9
b) Zum Vorsatz des Angeklagten hat das Landgericht festgestellt, die Überwachung habe nach seiner Vorstellung von vornherein mindestens bis zum 18. Dezember 2015 erfolgen sollen. Er sei sich bei der Beauftragung bewusst gewesen, dass er damit den ihm eingeräumten Verfügungsrahmen von 25.000 Euro überschreite. Zudem habe er bei Abschluss des Vertrages billigend in Kauf genommen, dass die Preise der Detektei über dem üblichen Marktpreis lägen, die Stadt H. deshalb mit unnötig hohen Kosten belastet würde und ihr in Höhe der Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und dem Marktpreis ein Schaden entstehe.
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c) Nach Auffassung der Strafkammer ist der Stadt H. ein „Vermögens (gefährdungs)schaden“ in Höhe von mindestens 133.633,95 Euro entstanden. In diesem Umfang lägen die von der Detektei verlangten Preise über dem von einem Sachverständigen durch verdeckte Befragung von Marktteilnehmern ermittelten durchschnittlichen Marktpreis. Da die Stadt bislang nur einen Teil der Schlussrechnung bezahlt habe, habe sich der Schaden bislang lediglich in Höhe von 64.480,92 Euro realisiert.

II.


11
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur überwiegenden Aufhebung des Urteils. Das Landgericht ist für die Frage einer Untreuestrafbarkeit teils von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen, teils sind die Feststellungen nicht durch eine tragfähige Beweiswürdigung belegt.
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1. Dem Angeklagten kam, wie die Strafkammer zutreffend festgestellt hat, als vertretungsberechtigtem Oberbürgermeister (vgl. § 59 des saarländischen Kommunalselbstverwaltungsgesetzes, KSVG) eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Stadt H. zu (vgl. zur Treupflicht von Bürgermeistern nur BGH, Urteile vom 8. April 2003 – 5 StR 448/02, NStZ 2003, 541; vom 8. Mai 2003 – 4 StR 550/02, NStZ 2003, 540; vom 9. Dezember 2004 – 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, und vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15, NStZ 2016, 600; Beschlüsse vom 25. April 2006 – 1 StR 539/05, wistra 2006, 306; vom 13. Februar 2007 – 5 StR 400/06, NStZ 2007, 579; vom 13. April 2011 – 1 StR 592/10, NStZ 2011, 520, und vom 19. September 2018 – 1 StR 194/18, NJW 2019, 378; vgl. zu Untreuehandlungen im Rahmen kommunaler Tätigkeit auch BGH, Beschluss vom 25. April 2019 – 1 StR 427/18, ZWH 2019, 282; Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16; AnwK-StGB/Esser, 2. Aufl., § 266 Rn. 271 ff.; Meyer, KommJur 2010, 81; Mandsörfer, DVBl 2010, 479; Kiethe, NStZ 2005, 529; Allgaier, DÖD 2003, 121; Fabricius, NStZ 1993, 414; Neye, NStZ 1981, 369, je mwN).
13
2. Der Inhalt der Treupflicht des Angeklagten wurde durch die rechtlichen Rahmenbedingungen seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister bestimmt. Zum einen durfte er nach der Geschäftsordnung des H. er Stadtrats eigen- ständig nur Aufträge bis zu einer Höhe von 25.000 Euro vergeben. Zum anderen musste er bei der eigenen Auftragsvergabe die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten. Beide Pflichten, die das Landgericht jeweils als verletzt ansieht, galten unabhängig voneinander.
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3. Ein nach § 266 StGB strafbarer Pflichtverstoß durch die Beauftragung der Detektei zu überhöhten Preisen wird durch die Feststellungen nicht getragen (a), während andererseits die Feststellung, der Angeklagte habe von vornherein einen Auftrag im Wert von über 25.000 Euro vergeben wollen und deshalb seine Treupflicht verletzt, nicht durch eine tragfähige Beweiswürdigung belegt ist (b).
15
a) Soweit das Landgericht von einer strafbaren Treupflichtverletzung des Angeklagten durch die ungeprüfte Erteilung des Auftrags zu marktunüblich hohen Preisen ausgegangen ist, hat es jedenfalls teilweise einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt.
16
aa) Rechtsfehlerfrei ist allerdings der Ausgangspunkt der Strafkammer, dass der Angeklagte bei der Auftragsvergabe an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. § 7 LHO, § 82 Abs. 2 KSVG) gebunden war. Es ist anerkannt, dass ein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48, 70 mwN). Dieses Gebot soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen und bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird. Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll, und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mittelein- satz zu erreichen ist. Es stellt dabei nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (vgl. zu alledem BGH, aaO, S. 70 f. mwN).
17
Der Sparsamkeitsgrundsatz verpflichtet deshalb nicht zur Kostensenkung um jeden Preis (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, und vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15, NStZ 2016, 600). Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn er nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots wählt (BGH, Urteil vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07 aaO; AnwK-StGB/Esser, 2. Aufl., § 266 Rn. 272). Eine Untreue kommt bei derartigen Ermessensentscheidungen vielmehr nur bei einem evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstoß, also dann in Betracht, wenn die Pflichtverletzung gravierend ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Oktober 2016 – 5 StR 134/15, NJW 2017, 578; BVerfGE 126, 170, 217 f.; zusammenfassend Wegner, ZStW 2019, 319, je mwN).
18
Gerade bei der Beauftragung einer Detektei durch die öffentliche Hand wird der Auftraggeber angesichts der Ungeregeltheit des Berufsbildes (es gibt weder einen anerkannten Ausbildungsgang noch eine Berufsordnung noch eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung) und der vom Landgericht geschilderten großen Unterschiede zwischen den Detekteien ganz wesentlich auf Faktoren wie Seriosität, Auftreten am Markt, Größe, Dauer des Bestehens, Empfehlungen , Bewertungen und den persönlichen Eindruck abstellen dürfen. Gibt der öffentliche Auftraggeber diesen Faktoren gegenüber dem Preis den Vorrang, liegt ein evidenter und schwerwiegender Pflichtverstoß fern.
19
bb) Dafür, dass es dem Angeklagten und den übrigen Beteiligten vorliegend vor allen Dingen um die Auftragsvergabe an einen seriösen und am Markt anerkannten Anbieter ging, spricht die Feststellung des Landgerichts, der Zeuge J. sei aufgrund einer in der NJW geschalteten Anzeige auf die Detektei aufmerksam geworden und nach Recherche im Internet zu dem Schluss gekommen , dass sie seriös und geeignet sei. Auf dieser Grundlage habe er einen Termin mit dem Zeugen L. und dem Angeklagten für den 1. Oktober 2015 in

H.

vereinbart. Die vereinbarten Preise waren nach dem eingeholten Sachverständigengutachten angesichts des pauschalen Aufschlags von 25 % zwar höher als die Preise anderer Detekteien (tagsüber anfallende Stundensätze dort zwischen 49 und 98 Euro gegenüber 125 Euro bei K. C. ), aber nicht derart überhöht, dass sie wirtschaftlich völlig aus dem Rahmen fielen.
20
Dass der Angeklagte vor der Auftragsvergabe gleichwohl nicht mehrere Angebote vergleichbar seriöser Detekteien eingeholt, sondern sich auf die Recherche des Zeugen J. verlassen hat, lässt sein Handeln – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – zwar pflichtwidrig erscheinen (vgl. zum Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auch Art. 97 Abs. 1 GWB; vgl. zur möglichen Untreuestrafbarkeit bei Verstößen gegen das Vergaberecht Simonis, CCZ 2016, 70, 74 f.; Kretschmer, ZWH 2013, 355). Ein evidenter und schwerwiegender Pflichtverstoß im Sinne einer gravierenden Pflichtverletzung ist damit aber angesichts der Besonderheiten der beauftragten Dienstleistung (noch) nicht belegt.
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b) Dass der Angeklagte seine Vermögensbetreuungspflicht dadurch verletzt hat, dass er schon bei der Vertragsunterzeichnung am 1. Oktober 2015 bewusst die 25.000-Euro-Grenze für eigene Auftragsvergaben überschritt, wird nicht durch eine tragfähige Beweiswürdigung belegt (vgl. zum Maßstab der revisionsgerichtlichen Kontrolle nur BGH, Urteil vom 4. Juli 2018 – 5 StR 46/18 mwN).

22
Die Beweiswürdigung zu der Feststellung, dass der Angeklagte entgegen seiner Einlassung nicht von einer Überwachungsdauer von etwa zwei Wochen, sondern bereits bei Unterzeichnung des jederzeit mit sofortiger Wirkung kündbaren Vertrages von einem Überwachungszeitraum „mindestens bis 18. Dezember 2015“ und deshalb angesichts der ihm bekannten Stundensätze von einem größeren Auftragsvolumen als 25.000 Euro ausgegangen ist, erweist sich als lückenhaft.
23
Das Landgericht hat seine Überzeugungsbildung damit begründet, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei, keine Wiedervorlagefrist habe gefunden werden können, der Vertrag schließlich bis zum 18. Dezember 2015 durchgeführt worden sei, ohne dass der Angeklagte Maßnahmen zur Beendigung der Überwachung getroffen habe, der Termin am 3. Dezember 2015 auf Betreiben des Zeugen L. zustande gekommen sei, der Angeklagte trotz fast täglicher Telefonate mit der Detektei nicht über die Kosten des Einsatzes gesprochen, sondern gesagt habe, man solle weitermachen, und er erst im Laufe des Novembers 2015 dem Zeugen L. mitgeteilt habe, dass die Überwachung wegen der anstehenden Weihnachtsferien am 18. Dezember 2015 enden solle.
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Bei dieser Würdigung hat das Landgericht gegenläufige Argumente nicht in seine Überzeugungsbildung eingestellt. So hat es nicht erkennbar bedacht, dass das Erreichen des Ziels des Vertrages – die beweiskräftige Überführung mehrerer Mitarbeiter – auch weit vor dem 18. Dezember 2015 möglich war. Überdies hat die Strafkammer nicht erörtert, dass der Angeklagte bei Vertragsschluss gerade nicht mit dem Zeugen L. vereinbart hatte, dass die Überwachung von vornherein bis 18. Dezember 2015 durchgeführt werden sollte. Zudem ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb die – angesichts des Auftragsinhalts naheliegende – unbestimmte Dauer des Vertrages mit jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit, die tägliche Kontaktaufnahme mit der Detektei und schließlich die Mitteilung an den Zeugen L. erst im Laufe des November 2015, die Überwachung solle am 18. Dezember 2015 enden, dafür sprechen sollen, dass der Angeklagte bereits am 1. Oktober 2015 vorhatte, den Vertrag erst zum 18. Dezember 2015 enden zu lassen.
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4. Dem Senat ist es verwehrt, den Schuldspruch auf durch Unterlassen begangene Untreue umzustellen.
26
a) Zwar sind die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Treupflichtverletzung durch Unterlassen nach den Feststellungen jedenfalls ab 3. Dezember 2015 belegt. Aufgrund der internen Begrenzung seiner Vergabemöglichkeit auf Aufträge bis 25.000 Euro hätte der Angeklagte entweder den Vertrag von vornherein bis zum Erreichen dieser Summe begrenzen oder durch fortlaufende Nachfrage bei der Detektei sicherstellen müssen, dass die Summe nicht überschritten würde. Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts erkannte der Angeklagte spätestens in der Besprechung am 3. Dezember 2015 durch die Forderung einer Abschlagszahlung in Höhe von 100.000 Euro, dass der Rahmen eigenständiger Auftragsvergabe weit überschritten worden war. Die ihm obliegende und durch die Geschäftsordnung des Stadtrats der Stadt H. konkretisierte Treupflicht hätte spätestens in diesem Zeitpunkt gefordert, dass er den Vertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt und die Frage einer weitergehenden Beauftragung dem Stadtrat oder dem zuständigen Ausschuss überlassen hätte. Dass der Angeklagte angesichts des seit Jahren bestehenden Verdachts gegen städtische Mitarbeiter insoweit keine Eilkompetenz (vgl. auch § 61 KSVG) in Anspruch nehmen konnte, hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt. Eine Kündigung mit sofortiger Wirkung war nach dem Vertrag rechtlich möglich und dem Angeklagten auch ohne weiteres zumutbar.
27
b) Es liegt nicht fern, dass durch diese – auch von der Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift angenommene – durch Unterlassen begangene gravierende Treupflichtverletzung ein Schaden in voller Höhe der ab 3. Dezember 2015 angefallenen Kosten entstanden ist. In diesem Fall käme es auf die Frage, ob der Angeklagte eine vergleichbar seriöse Detektei zu günstigeren Bedingungen hätte beauftragen können, nicht an.
28
aa) Hätte der Angeklagte pflichtgemäß spätestens am 3. Dezember 2015 den Vertrag mit der Detektei mit sofortiger Wirkung gekündigt, wären weitere Kosten vermieden worden (hypothetische Kausalität). Anders wäre es nur, wenn der Stadtrat oder der zuständige Ausschuss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Vertrag zu den vereinbarten Bedingungen bis mindestens 18. Dezember 2015 (oder einen ähnlich langen Zeitraum) fortgeführt hätte, die Kosten also ohnehin angefallen wären. Dazu hat das Landgericht bislang – von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent – keine Feststellungen getroffen.
29
bb) Die als Gegenleistung für die Zahlungsverpflichtung ab 4. Dezember 2015 erbrachten Dienstleistungen der Detektei könnten für die Stadt H. unter dem Gesichtspunkt des – auch bei der Haushaltsuntreue relevanten (vgl. BVerfG, NJW 2013, 365, 367 mwN) – persönlichen Schadenseinschlags dann ohne kompensierbaren Wert gewesen sein, wenn sie aus Sicht der Stadt aufgrund der konkreten Situation subjektiv wertlos gewesen wären (vgl. zur Problematik ausführlich auch Schünemann, Leipziger Praxiskommentar Untreue , § 266 Rn. 293 ff. mwN). Dafür könnte etwa sprechen, dass – wie die Ahndung des Geschehens durch den saarländischen Datenschutzbeauftragten mittels Bußgeldbescheides nahelegt – die Grenzen zulässiger Mitarbeiterüberwachung dadurch überschritten worden sein könnten (vgl. zur arbeitsrechtlichen Zulässigkeit von Observationen BAG, NJW 2015, 2749 mwN; vgl. auch BAGE 157, 69 und BAGE 156, 370 sowie zur Rechtsprechung des EGMR Hembach NJW 2020, 128). Rechtswidrige Ermittlungshandlungen sind für eine an Recht und Gesetz gebundene Kommune regelmäßig subjektiv ohne Wert. Dies könnte der Angeklagte womöglich spätestens ab 3. Dezember 2015 auch erkannt haben (vgl. Anklageschrift). Eine anderweitige – hier angesichts der Dienstleistung allerdings nicht naheliegende – Kompensation der Ausgaben durch verwertbare Vermögenszuwächse ist bislang nicht geprüft worden.
30
5. Die aufgezeigten Rechtsfehler nötigen somit zur Aufhebung der getroffenen Feststellungen, soweit es den Untreueschaden und den Vorsatz des Angeklagten betrifft (§ 353 Abs. 2 StPO). Die sonstigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen sind. Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

III.


31
Die weitergehende Revision ist unbegründet.
32
1. Verfahrenshindernisse bestehen nicht.
33
a) Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es nicht an der Identität der abgeurteilten mit der angeklagten Tat.
34
aa) Gegenstand der Urteilsfindung ist gemäß § 264 Abs. 1 StPO die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Tat im Sinne dieser Vorschrift ist ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Die Tat als Prozessgegenstand ist dabei nicht nur der in der Anklage umschriebene und dem Angeklagten darin zur Last gelegte Geschehensablauf; vielmehr gehört dazu das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorgang nach der Auffassung des Lebens ein einheitliches Vorkommnis bildet. Die prozessuale Tat wird in der Regel durch Tatort, Tatzeit und das Tatbild umgrenzt und insbesondere durch das Täterverhalten sowie die ihm innewohnende Angriffsrichtung sowie durch das Tatopfer bestimmt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Februar 2019 – 4 StR 555/18, NStZ 2019, 428 mwN).
35
bb) Gemessen hieran ist die abgeurteilte Untreue Gegenstand der zugelassenen Anklage. Diese legt dem Angeklagten zwar eine Untreue (durch Unterlassen ) erst durch Fortführung des Detektivauftrags ab der Besprechung am 3. Dezember 2015 zur Last. Der in der Anklage ebenfalls geschilderte Vertragsschluss am 1. Oktober 2015 ist damit aber derart eng verknüpft, dass er mit der Fortführung des Vertrages nach der Auffassung des Lebens einen untrennbaren Zusammenhang bildet, dessen getrennte Aburteilung als unnatürliche Abspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden würde (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. Juni 1970 – 4 StR 80/70, BGHSt 23, 270, 273 mwN).
36

b) Es ist auch kein Strafklageverbrauch dadurch eingetreten, dass der Saarländische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit am 3. Januar 2017 gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen das saarländische Datenschutzgesetz durch Überwachung städtischer Mitarbeiter in der Zeit vom 2. November bis 18. Dezember 2015 einen Bußgeldbescheid erlassen und ein Bußgeld in Höhe von 1.500 Euro verhängt hat.
37
aa) Zwar handelt es sich bei den Vorwürfen im Bußgeldbescheid und im vorliegenden Verfahren um eine Tat im Sinne von § 264 StPO. Denn die Beauftragung der Detektei mit der Überwachung der Bauamtsmitarbeiter ist der einheitliche geschichtliche Vorgang, an den sowohl der Vorwurf der Untreue als auch der Bußgeldbescheid anknüpfen.
38
bb) Es ist aber durch das Bußgeldverfahren kein Strafklageverbrauch eingetreten. Nach § 84 Abs. 2 OWiG stehen lediglich ein rechtskräftiges Urteil im Bußgeldverfahren, der Beschluss nach § 72 OWiG oder Beschlüsse des Beschwerdegerichts (§ 79 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 OWiG) der Verfolgung einer durch Bußgeldbescheid geahndeten Tat als Straftat entgegen. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte gegen den Bußgeldbescheid zwar Einspruch eingelegt. Anschließend hat die Staatsanwaltschaft aber das Verfahren zutreffend nach § 40 OWiG an sich gezogen, weil sie die prozessuale Tat auch als Straftat verfolgt hat.
39
2. Die Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
40
a) Die Rüge nach § 338 Nr. 1 und 5 StPO wegen Überschreitung zulässiger Dienstzeiten aufgrund der Durchführung einer Hauptverhandlung von 9:08 Uhr bis 22:18 Uhr ist unbegründet. Der Senat teilt schon nicht den Aus- gangspunkt der Revision, ein überobligatorischer zeitlicher Einsatz des ursprünglich zutreffend bestimmten gesetzlichen Richters könne zu einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG führen. Es kann dahinstehen, ob der Senat der Auffassung des 2. Strafsenats folgen könnte, wonach dies bei dem absoluten Dienstleistungsverbot des Mutterschutzes anders sein soll (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2016 – 2 StR 9/15, BGHSt 61, 296). Denn die vorliegende Konstellation einer möglichen Überschreitung der zulässigen Tagesarbeitszeit von Richtern, Staatsanwälten und Urkundsbeamten ist damit nicht vergleichbar.
41
Die Arbeitszeitvorschriften dienen zudem nicht dem Schutz des Beschuldigten , sondern dem der in der Justiz tätigen Personen. Der Angeklagte kann sich demnach auf ihre Verletzung nicht berufen, weil sein Rechtskreis dadurch nicht berührt ist. Dass er aufgrund der Dauer der Verhandlung selbst nicht in der Lage gewesen wäre, ihr zu folgen, trägt er nicht vor.
42
b) Ein Verstoß gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO liegt nicht vor. Zwar dürften auch Gespräche über eine vollständige Einstellung des Verfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO der Mitteilungspflicht unterfallen (vgl. BVerfG, NStZ 2016, 422, 424; BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 1 StR 571/15, NStZ 2016, 743, 744). Im vorliegenden Fall handelte es sich aber lediglich um ein Ansinnen des Verteidigers, das ausweislich des Gesprächsinhalts nicht auf Zustimmung stieß. Einseitige Wünsche und Anregungen stellen noch keine verständigungsbezogenen Erörterungen dar, sondern sollen solche lediglich vorbereiten (näher KK-StPO/Schneider, 8. Aufl., § 243 Rn. 42 f. mwN). Der Rüge steht auch entgegen , dass die Verfahrensbeteiligten nach der Mitteilung des Vorsitzenden gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO, es habe bislang keine Erörterungen mit dem Ziel der Verständigung gegeben, erklärt haben, dass dieser Hinweis zutreffend sei und keiner Ergänzung bedürfe.
43
c) Die Rüge nach § 74 StPO (Befangenheit des Sachverständigen) ist unbegründet. Das Landgericht hat sich in seinem ablehnenden Beschluss mit den wesentlichen Ablehnungsgründen beschäftigt und diese in rechtlich zutreffender Weise beschieden. Gegen die Methode der Marktpreisermittlung durch eine simulierte Ausschreibung (verdeckte Befragung von Marktteilnehmern un- ter Vorgabe einer „Legende“) ist aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Etwa- ige Rechtsverstöße gegenüber den befragten Unternehmen betreffen den Rechtskreis des Angeklagten ohnehin nicht. Dass das Gericht den Sachverständigen bei seiner Tätigkeit anzuleiten und mit ihm deshalb Kontakt aufzunehmen hat, kann die Besorgnis der Befangenheit ohnehin nicht begründen, denn dazu ist das Gericht verpflichtet (§ 78 StPO).
Sander Schneider Berger
Mosbacher Köhler
Vorinstanz:
Saarbrücken, LG, 21.02.2019 - 5 Js 138/17 4 KLs 3/18 2 AR 25/19

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 338 Absolute Revisionsgründe


Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 79 Rechtsbeschwerde


(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich

Strafprozeßordnung - StPO | § 153a Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen


(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen u

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 72 Entscheidung durch Beschluß


(1) Hält das Gericht eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich, so kann es durch Beschluß entscheiden, wenn der Betroffene und die Staatsanwaltschaft diesem Verfahren nicht widersprechen. Das Gericht weist sie zuvor auf die Möglichkeit eines solch

Strafprozeßordnung - StPO | § 74 Ablehnung des Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Das Ab

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 84 Wirkung der Rechtskraft


(1) Ist der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden oder hat das Gericht über die Tat als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat rechtskräftig entschieden, so kann dieselbe Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. (2) Das rechtskräftige U

Strafprozeßordnung - StPO | § 78 Richterliche Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen


Der Richter hat, soweit ihm dies erforderlich erscheint, die Tätigkeit der Sachverständigen zu leiten.

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 40 Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft


Im Strafverfahren ist die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung der Tat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zuständig, soweit ein Gesetz nichts anderes bestimmt.

Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG | § 61


(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. Januar 1983 in Kraft. (2) Am Tag nach der Verkündung treten in Kraft: 1. der zweite Teil,2. § 28 Satz 3,3.

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 571/15 vom 10. Mai 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs u.a. zu 2.: Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug u.a. ECLI:DE:BGH:2016:100516B1STR571.15.0 Der

Referenzen

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
1. Möglichkeit der "Haushaltsuntreue" auch bei zweckentsprechender
Subventionsgewährung unter Verstoß
gegen Vergaberichtlinien.
2. Subventionsbetrug durch gemeinnützigen Verein.
BGH, Urt. v. 8. April 2003 - 5 StR 448/02
LG Potsdam –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 8. April 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
7. und 8. April 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt G ,
Rechtsanwalt V
als Verteidiger des Angeklagten Z ,
Rechtsanwältin Dr. S
als Verteidigerin des Angeklagten Dr. D ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 8. April 2003 für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Februar 2002 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten Z und Dr. D betrifft.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten Z vom Vorwurf der Untreue in Tateinheit mit Betrug und den Angeklagten Dr. D vom Vorwurf der Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die Be- schwerdeführerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrüge kommt es nicht an.

I.

1. Das Landgericht hat folgendes festgestellt: Im Rahmen der in Berlin stattfindenden „Internationalen Grünen Woche 1997“ fand am 20. Januar 1997 eine Unterredung statt zwischen dem Angeklagten Z , damaliger Minister des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF) im Land Brandenburg, dem Angeklagten Dr. D , der im
MELF Leiter des für die Förderpolitik zuständigen Referates war, dem Zeugen R , damals Sachbearbeiter in dessen Referat, und den Vorstandsmitgliedern des Fördervereins D /M e.V. Si und De . Dabei wurde auch über die Möglichkeit der Förderung eines auf dem bäuerlichen Anwesen der Familie Z in Schöna/Kolpien betriebenen Projekts „Holzbackofen“ gesprochen. Bei einer am 12. März 1997 abgehaltenen Vorstandssitzung des Fördervereins veranlaßte der Angeklagte Z die Vorstandsmitglieder Si und Sch , einen Formularantrag auf Gewährung einer Zuwendung des Landes Brandenburg nach der Richtlinie des MELF über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums vom 14. Oktober 1994 (ELR-Richtlinie) blanko , auch ohne Angabe von Zeit und Ort der Antragstellung, zu unterschreiben. Ziel des Antrags war die Unterstützung des Projekts „Holzbackofen“. Sodann beauftragte der Angeklagte Z den Angeklagten Dr. D , sich „vorrangig“ der weiteren Bearbeitung des Förderantrags anzunehmen. In ständigem Kontakt mit dem Angeklagten Z und dem Vereinsvorstand trug der Angeklagte Dr. D Unterlagen zusammen und genehmigte am 22. April 1997 den vorzeitigen Beginn der Maßnahme des Fördervereins. Das entsprechende Schreiben ließ er auf den 22. Januar 1997 zurückdatieren. Nach vollständiger Ausfüllung wurde der Förderantrag dem zuständigen Amt für Agrarordnung zugeleitet, wo er am 22. Mai 1997 einging. Als zu fördernde Maßnahme war die „Wiedereinrichtung und Betreibung einer traditionell-dörflichen Holzbackstube mit integrierter Landschaftspflege“ angegeben. Es wurde unter anderem beantragt, Umbauarbeiten der Firma T sowie den Erwerb und Einbau zweier Backöfen zu fördern. Das Antragsformular enthielt den Hinweis, daß mit dem zu fördernden Projekt noch nicht begonnen sein durfte. Die Rückdatierung des Förderantrags und der schriftlichen Genehmigung zum vorzeitigen Beginn der Maßnahme des Fördervereins erfolgte im Hinblick auf Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Landeshaushaltsordnung (LHO) des Landes Brandenburg, wonach Zuwendungen nur für solche Projekte bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Am 20. August 1997
wurde dem Verein nach Zustimmung durch Dr. D vom für die Förderung zuständigen Amt für Agrarordnung eine Zuwendung in Höhe von 488.768,00 DM gewährt.
2. Der Angeklagte Z hat sich zur Sache nicht eingelassen. Der Angeklagte Dr. D hat sich dahin eingelassen, er habe am 21. Januar 1997 auf Geheiß des Vereinsvorsitzenden S Ort und Datum auf dem Antragsformular eingetragen und am folgenden Tag, nachdem der Mitarbeiter R den Entwurf eines Genehmigungsschreibens zum vorzeitigen Beginn des Fördervorhabens entworfen habe, das Schreiben mit der Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn unterschrieben. Diese Einlassung hat das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aufgrund der Zeugenaussagen einer Sekretärin und einer Registratorin im MELF, für widerlegt erachtet.
Das Landgericht hat die Angeklagten gleichwohl aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil es nicht auszuschließen vermochte, daß alsbald nach dem 21. Januar 1997 „der Angeklagte Dr. D ... den Vorgang mit dem Angeklagten Z erörterte, diesem signalisierte, daß er den Entwurf für richtig halte und einen vorzeitigen Beginn des Vorhabens mündlich genehmige" (UA S. 17). Bei einem solchen Ablauf liege es „dann auch nicht fern, daß der Angeklagte Z darüber alsbald den (verstorbenen ) Vorsitzenden (des Vereins) unterrichtete“ (UA S. 27). Das Verteidigungsverhalten insbesondere des Angeklagten Dr. D stünde „dem als nicht ausschließbare Möglichkeit hier zugrunde gelegten Geschehensablauf nicht entgegen“; der Angeklagte Dr. D „hielt vermutlich eine Änderung seines Verteidigungsvorbringens für schädlich und risikoreich“ (UA S. 28).
Hilfsweise hat das Landgericht die Angeklagten in Ermangelung eines Vermögensschadens aus Rechtsgründen freigesprochen. Die rechtlichen Voraussetzungen eines Subventionsbetruges hat es ebenfalls verneint.

II.


Die für den Freispruch tragenden Erwägungen halten der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Spricht der Tatrichter den Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das durch das Revisionsgericht hinzunehmen, denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt insoweit nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtlich zu beanstanden sind die Beweiserwägungen ferner dann, wenn sie erkennen lassen, daß das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt und dabei nicht beachtet hat, daß eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewißheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zuläßt (st. Rspr.; vgl. BGHSt 10, 208 f.; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25, 33; BGH wistra 2002, 260, 261; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 2 ff. m. w. N.).
Die Urteilsgründe müssen insbesondere erkennen lassen, daß die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Grundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlußfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist (BGH NStZ-RR 2002, 243). Der Tatrichter darf entlastende Angaben des Angeklagten, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine Beweise gibt, nicht ohne weiteres als unwiderlegt hinnehmen. Er muß sich vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob diese Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6; Engelhardt aaO § 261
Rdn. 28 m. w. N.). Der Zweifelssatz gebietet es nicht etwa, zugunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1995, 2300; 2002, 1057, 1059; 2002, 2188, 2189). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.

a) Für die Erteilung der vom Landgericht angenommenen mündlichen Genehmigung enthalten die Urteilsgründe keine konkreten Anhaltspunkte. Sie ist nicht von der Einlassung des Angeklagten Dr. D erfaßt, der eine schriftliche Genehmigung vom 21. Januar 1997 behauptet hat. Eine solche ist aber nach der insoweit fehlerfrei gebildeten Überzeugung des Landgerichts gerade nicht erfolgt. Der Angeklagte hat die schriftliche Genehmigung unter Bezugnahme auf eine Anweisung des Ministers von seiner Sekretärin am 22. April 1997 auf den 21. Januar 1997 zurückdatieren lassen.

b) Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang selbst ausgeführt, das Erteilen einer mündlichen Genehmigung sei nach den getroffenen Feststellungen „außerordentlich ungewöhnlich und auch in der ministeriellen Praxis eine von der Regel abweichende Ausnahme gewesen“ (UA S. 27). Noch ungewöhnlicher erscheint eine mündliche Genehmigung, weil ein Aktenvermerk hierüber nicht vorhanden ist, obwohl „die Angeklagten ... verpflichtet gewesen (wären), die erteilte Genehmigung durch Anlage eines Aktenvermerks aktenkundig zu machen“ (UA S. 31).
Auffallend ist auch, daß die spätere schriftliche Genehmigung nicht nur rückdatiert ist, sondern darüber hinaus offenbare Unrichtigkeiten enthält. Es wird darin die Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn mit einer Einsturzgefahr für das Backhaus gerechtfertigt (UA S. 18), wohingegen tatsächlich im Sommer 1996 der alte Backofen zu verfallen drohte (UA S. 10) und zwei neue Backöfen im nicht genutzten Teil des Schweinestalls eingebaut werden sollten; mit den entsprechenden Sanierungs- und Umbauarbei-
ten hatte die Firma T im November 1996 bereits begonnen (UA S. 12, 13).
Mit der Gesamtheit dieser Auffälligkeiten und Widersprüche setzt sich das Landgericht nicht hinreichend auseinander. Nachvollziehbare Gründe, weshalb von der an sich gebotenen Schriftform abgewichen worden sein soll, sind dem Urteil nicht zu entnehmen.

c) Die Erteilung einer Genehmigung setzt regelmäßig einen zuvor gestellten Antrag voraus, zumindest aber eine Absichtserklärung, sich eines entsprechenden Vorhabens anzunehmen. Die Genehmigung soll alsbald nach dem 21. Januar 1997 erteilt worden sein, die Vorstandsmitglieder des Vereins haben aber nach den Urteilsfeststellungen – auch insoweit entgegen der Einlassung des Angeklagten Dr. D – erst am 12. März 1997 den Förderantrag blanko unterschrieben. „Vorstellungen zu Einzelheiten bezüglich des Umfangs und der Anzahl der zuwendungsfähigen Fördergegenstände bestanden bei den Vorstandsmitgliedern zu diesem Zeitpunkt nicht“ (UA S. 15). Daß die Vorstandsmitglieder Si und De bereits am 20. Januar 1997 eine entsprechende Willensbekundung für den Verein abgegeben und – bei der Bedeutung des Projekts für den Verein folgerichtig – im Vereinsvorstand zeitnah erörtert hätten, ergeben die Urteilsgründe nicht.

d) Gegenstand des Förderantrags waren unter anderem Umbauarbeiten der Firma T an dem für die Backstube bestimmten Gebäude. Mit den Arbeiten wurde am 29. November 1996 begonnen, nachdem ein entsprechendes Leistungsangebot an die Schö GbR, die den Hofbetrieb der Familie des Angeklagten Z bewirtschaftete und der die Tochter und der Bruder dieses Angeklagten angehörten, gerichtet worden war. Das Angebot wurde für die GbR am 9. Dezember 1996 schriftlich angenommen. Die der GbR am 27. Januar 1997 erteilte Abschlagsrechnung über ca. 27.000 DM wurde entsprechend der Aufforderung durch die GbR am 3. Februar 1997 erneut ausgestellt und an den Förderverein gerichtet, „des-
sen Vorstand bis dahin einen eigenen Auftrag an die Firma T nicht aus- gesprochen hatte“ (UA S. 13). Auf der Vorstandssitzung vom 12. März 1997 wurde beschlossen, die an den Förderverein gerichtete Rechnung zu bezahlen. „Den anwesenden Vorstandsmitgliedern war klar, daß der Förderverein mit dieser Entscheidung in die Rechtsposition des Vertragspartners für die durchgeführten Umbauarbeiten und in die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Bauunternehmer T eintrat. Das war auch beabsichtigt“ (UA S. 14). Das Urteil verhält sich nicht ausreichend dazu, aufgrund welcher Umstände für Arbeiten, die für einen anderen Auftraggeber, die Schö GbR, teilweise sogar bereits ausgeführt waren, dem Förderverein überhaupt eine Genehmigung zu einem vorzeitigen Maßnahmebeginn hätte erteilt werden können.

e) Die Urteilsgründe setzen sich auch nicht näher mit der Frage auseinander , ob überhaupt schon im Vorfeld eines dann zunächst noch undetailliert und pauschal gestellten Förderantrags eine Zustimmung zur Ausnahme vom haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns erteilt werden kann oder ob nicht vielmehr bereits die Genehmigung des vorzeitigen Beginns konkretere Antragsunterlagen vorausgesetzt hätte (vgl. hierzu BayVGH BayVBl. 1996, 307). Ebenso wird nicht deutlich, ob einem Antrag, dem keine zivilrechtliche Grundlage für den Betrieb der Backöfen durch den Verein, etwa ein Pachtvertrag, zu entnehmen war, nach Maßgabe des Verwaltungsrechts überhaupt eine Zustimmung zur Ausnahme vom haushaltsrechtlichen Verbot des vorzeitigen Vorhabensbeginns hätte erteilt werden können.
2. Das Landgericht hat eine Strafbarkeit der Angeklagten nach §§ 263, 266 StGB darüber hinaus aus rechtlichen Gründen auch für den Fall verneint , daß eine Genehmigung zum vorzeitigen Beginn des Projekts erst am 22. April 1997 erteilt worden wäre. Dabei wird zutreffend erkannt, daß dann nach Nr. 1.3 VV zu § 44 LHO eine Zuwendung ohne Ausnahmegenehmigung nicht hätte bewilligt werden dürfen, weil nur solche Projekte gefördert
werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Das Verhalten der Angeklagten hätte jedoch nicht zu einem Nachteil für den Haushalt des Landes Brandenburg geführt, weil die Geldmittel ihrem haushaltsrechtlich festgelegten Zweck entsprechend eingesetzt worden seien und die durch Einsatz der öffentlichen Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig gewesen sei.

a) Diese Erwägungen greifen zu kurz. Zwar begründet nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften einen Vermögensnachteil (vgl. BGHSt 43, 293, 297; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48 S. 6; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 44; Tröndle/Fischer, StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 64). Aber auch wenn der Mitteleinsatz – wie vom Landgericht hier angenommen – den vorgegebenen Zwecken entspricht und die durch Einsatz öffentlicher Mittel erzielte Gegenleistung gleichwertig ist, kann ein Vermögensnachteil und somit auch Haushaltsuntreue gegeben sein. Abgesehen von dem hier, soweit ersichtlich, nicht vorliegenden Fall, daß durch eine Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, kommt dies dann in Betracht, wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird (BGH aaO). Die haushaltsrechtliche Regelung, grundsätzlich nur nicht begonnene Projekte durch Subventionen zu fördern, stützt die Gestaltungsfreiheit des öffentlichen Subventionsgebers. Dieser kann so bei der Vergabe von Haushaltsmitteln unbeeinflußt durch einen vorherigen, möglicherweise wirtschaftlich riskanten Einsatz von Mitteln durch den Subventionsantragsteller die Subventionswürdigkeit eines Projekts, insbesondere auch im Vergleich zu anderen förderungswürdigen Projekten und unter Berücksichtigung der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Fördermittel, sachlich prüfen.
Dem Grundsatz der Förderung lediglich nicht begonnener Projekte kommt daher nicht nur formelle, sondern auch materielle Bedeutung zu. Wer aber die (materiellen) Voraussetzungen für die Leistung einer Subvention
nicht erfüllt, hat auf sie keinen Anspruch; wie nahe sein Handeln dem gesetzgeberischen Motiv sonst kommt, ist ohne Bedeutung. Wird die zuständige staatliche Stelle durch Täuschung veranlaßt, den in Wahrheit nicht bestehenden Anspruch zu erfüllen, so wird dadurch die Staatskasse in Höhe der unberechtigten Leistung geschädigt (vgl. BGHSt 19, 37, 44 f.; 31, 93, 95 f.; Tröndle/Fischer aaO § 263 Rdn. 81). Ein Vermögensnachteil könnte bei dieser Sachlage allenfalls dann verneint werden, wenn dem Förderverein fraglos eine Ausnahmegenehmigung zum vorherigen Beginn mit dem zu fördernden Projekt zu erteilen und ihm danach die Subventionsmittel zweifelsfrei zu gewähren gewesen wären. Bei dem hier festgestellten konkreten Vorlauf verstand sich solches aber nicht etwa von selbst; vielmehr hätte danach insbesondere die Erteilung der Ausnahmegenehmigung eher als fernliegend angesehen werden müssen.

b) Vorliegend kommt zudem eine Nachteilszufügung durch die Verringerung zweckgebundener Mittel ohne vollständige Zweckerreichung in Betracht (vgl. BGHSt 43, 293, 297 f.). Mit der gewährten Subvention sollte nach der zum Haushaltsvollzug erlassenen Verwaltungsvorschrift ein weiterer wirtschaftspolitischer Zweck verfolgt werden. Nur solche mit dem allgemeinen Subventionszweck übereinstimmende Vorhaben sollen gefördert werden, die der Subventionsempfänger noch nicht begonnen hat, um dadurch eine größtmögliche Nachfrage nach Wirtschaftsgütern zu erzielen. Dieser Zweck könnte verfehlt worden sein, weil der Angeklagte Z zwei neue Backöfen bereits als Spende für den Förderverein eingeworben hatte.

c) Schließlich ist ein Schaden bzw. Vermögensnachteil auch nicht etwa – wie die Verteidigung meint – deshalb zu verneinen, weil der Zuwendungsbescheid später nicht widerrufen worden ist. Für die Gewährung einer Subvention und ihre Zurückforderung können unterschiedliche Voraussetzungen gegeben sein. Die Zurückforderung kann aus ganz anderen legalen Motiven – hier etwa, weil entstandene Arbeitsplätze nicht gefährdet werden
sollten (vgl. UA S. 21) – als aufgrund eines ursprünglich bestehenden Anspruchs auf Subventionsgewährung unterbleiben.
3. Letztlich ist auch die Erwägung des Landgerichts nicht tragfähig, eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs nach § 264 StGB komme nicht in Betracht, weil der Förderverein nicht als Betrieb oder Unternehmen angesehen werden könne. Unter Betrieb oder Unternehmen ist die nicht nur vorübergehende Zusammenfassung mehrerer Personen unter Einsatz von Sachmitteln in gewissem räumlichen Zusammenhang unter einer Leitung zur Erreichung eines bestimmten, nicht stets wirtschaftlichen Zweckes zu verstehen. Auf die rechtliche Form und die Absicht der Gewinnerzielung kommt es dabei nicht an (vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 264 Rdn. 38 f.; Tröndle /Fischer aaO § 264 Rdn. 11 und § 14 Rdn. 8). Auch ein eingetragener Verein wie der Förderverein D /M e.V. kann deshalb Betrieb oder Unternehmen sein.
Sofern der Förderverein das Projekt „Wiedereinrichtung und Betreibung einer traditionell-dörflichen Holzbackstube mit integrierter Landschaftspflege“ tatsächlich betrieben hat – wofür sprechen könnte, daß auf der Vorstandssitzung vom 12. März 1997 in den Vertrag mit dem Bauunternehmer T eingetreten wurde (UA S. 14) – ist eine Strafbarkeit nach § 264 StGB deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen. Sollte dagegen der Förderverein überhaupt nicht beabsichtigt gehabt haben, das Projekt zu betreiben, sondern sollte dies mit einer Betreibergesellschaft der Familie Z erfolgen – wofür sprechen könnte, daß der Angeklagte Z auf der Vorstandssitzung vom 11. September 1996 erklärte, die „GbR Z “ werde das Projekt „Schaubäckerei und Waldpflege“ übernehmen (UA S. 11) und daß Ehefrau und Tochter des Angeklagten noch im Jahre 1997 eine GmbH gründeten, die das Projekt übernahm (UA S. 20, 21) – kommt Strafbarkeit aus einem anderen Gesichtspunkt in Betracht. § 264 StGB kann auch anwendbar sein, wenn eine an sich nur für Betriebe und Unternehmen bestimmte Subvention im Einzelfall für ein fingiertes Unternehmen erschlichen
wird (vgl. Tiedemann aaO § 264 Rdn. 44; Lenckner/Perron aaO § 264 Rdn. 21 m. w. N.).
Harms Basdorf Gerhardt Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 550/02
vom
8. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Mai 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwältin
als Verteidiger für den Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 1. Juli 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei- dung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten B. gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Untreue nach § 266 StGB a.F. (Fälle 3 bis 7 der Anklage) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt und ihn im übrigen vom weitergehenden Vorwurf der Untreue (Fälle 1, 2 und 8 der Anklage) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Den Angeklagten S. hat es vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue des Angeklagten B. vollumfänglich ebenfalls aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Der Angeklagte B. beanstandet mit seiner Revision, soweit er ver- urteilt worden ist, das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit ihren zu Ungunsten beider Angeklagten eingelegten, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt nur hinsichtlich des Angeklagten S. vertreten werden, wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die (Teil-)Freisprechung der Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten B. bleibt ohne Erfolg; die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

I.


1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte B. seit 1981 bis zu seiner vorläufigen Amtsenthebung im März 2000 gewählter Bürgermeister der gemeinde S. (Sachsen-Anhalt). Im Zuge der im Juli 1990 begonnenen Planung, in einem Ortsteil der Gemeinde ein Gewerbegebiet zu errichten , beschloß der Gemeinderat von S. in seiner Sitzung vom 5. März 1991 einstimmig die Aufnahme von Krediten außerhalb des Haushalts zum Kauf von Land für dieses Projekt und ermächtigte gleichzeitig den Angeklagten, als Bürgermeister für die Gemeinde S. Grundstücke zu erwerben.
In der zweiten Märzhälfte 1991 faßte der Angeklagte B. den Entschluß , die für das Gewerbegebiet benötigten Grundstücke für die Gemeinde nicht direkt von den Eigentümern zu erwerben, sondern die S. und P. GmbH (künftig: S. GmbH) "durch seine Vermittlung" als Zwischenerwerberin einzuschalten. Der Angeklagte S. war Mehrheitsgesellschafter dieser GmbH; Mitgesellschafter war Tu. . Beide Gesellschafter waren alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Der Angeklagte B. kam mit
einem der Geschäftsführer der GmbH überein, daß die GmbH die Grundstücke zunächst für 5 DM/qm erwerben und sie sodann für 10 DM/qm an die Gemeinde weiterverkaufen sollte. Es war nicht vorgesehen, daß die S. GmbH vor dem Weiterverkauf an die Gemeinde wertsteigernde Maßnahmen an den Grundstücken vornehmen sollte. Den Gemeinderat und den Landrat informierte der Angeklagte B. über die geplante Vorgehensweise nicht.
In der Folgezeit setzte sich der Angeklagte B. überwiegend persönlich bei betroffenen Eigentümern dafür ein, ihre im geplanten Gewerbegebiet belegenen Grundstücke für 5 DM/qm an die S. GmbH zu verkaufen. Lediglich die Grundstückseigentümer M. , T. und G. (Fälle 1, 2 und 8 der Anklage) kamen möglicherweise nicht durch die direkte Einflußnahme des Angeklagten B. , sondern durch anderweitige Kenntniserlangung über die Kaufbereitschaft der S. GmbH mit dieser in Kontakt. Die Eigentümer T. , W. , P. , Th. , A. und Thi. (Fälle 2 bis 7 der Anklage) hätten ihre Grundstücke zum selben Preis auch unmittelbar an die Gemeinde verkauft.
Am 28. März 1991, 11. April 1991 und am 28. Oktober 1991 gaben die genannten acht Eigentümer notariell beurkundete, bis 31. Oktober 1993 (bzw. 1992 im Fall 8 der Anklage) befristete, unwiderrufliche Angebote ab, ihre Grundstücke zu einem Preis von 5 DM/qm an die S. GmbH zu verkaufen. Der GmbH wurde dabei jeweils das Recht eingeräumt, diese Angebote auch durch einen von ihr zu benennenden Dritten annehmen zu lassen.
Am 24. Juli 1991 beantragte der Angeklagte B. für die Gemeinde bei der L. bank zum Erwerb der im geplanten Gewer-
begebiet belegenen Grundstücke einen ersten Kredit auf der Grundlage eines Kaufpreises von 10 DM/qm. Der Kreditvertrag kam am 29. August 1991 zustande.
Am selben Tag nahm die S. GmbH, vertreten durch den Angeklagten S. , mit notarieller Urkunde das Kaufangebot des Eigentümers M. (Fall 1 der Anklage) auf der Grundlage eines Quadratmeterpreises von 5 DM (insgesamt 2,39 Mio DM) an. Am 17. Oktober 1991 erwarb der Angeklagte B. mit notariellem Kaufvertrag für die Gemeinde das Grundstück von der S. GmbH, vertreten durch den Angeklagten S. , zum Preis von 10 DM/qm. Die Überweisung des Kaufpreises durch die Gemeinde an die S. GmbH erfolgte am 6. November 1991.
Anläßlich eines Notartermins vom 2. April 1992 nahm die S. GmbH, vertreten durch Al. Tu. , die Kaufangebote der Grundstückseigentümer T. (2,4 Mio DM), W. , P. , Th. , A. und Thi. an (Fälle 2 bis 7 der Anklage). Im selben Termin erfolgte die Weiterveräußerung der Grundstücke für 10 DM/qm an die Gemeinde S. . Der Kaufpreis in Höhe von insgesamt 7,45 Mio DM wurde am 13. Mai 1992 an die S. GmbH überwiesen.
Schließlich wurde nach Ausübung des Drittbenennungsrechts das notarielle Kaufangebot (385.400 DM) der Eigentümer G. (Fall 8 der Anklage ) von einer anderen, dem Angeklagten S. zuzurechnenden Gesellschaft – der S. GmbH M. und P. – am 23. September 1992 im Beisein des Angeklagten S. angenommen. Im selben Termin erfolgte der Weiterverkauf an die Gemeinde, vertreten durch den
Angeklagten B. . Den Kaufpreis in Höhe von 770.800 DM beglich die Ge- meinde am 18. Februar 1993.
2. a) In den Fällen, in denen der Angeklagte B. selbst Grundstückseigentümer , die auch an die Gemeinde direkt verkauft hätten, als Verkäufer an die S. GmbH vermittelt hatte (Fälle 3 bis 7 der Anklage), sieht die Strafkammer den Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB als erfüllt an, da der Angeklagte hierdurch einen günstigeren Erwerb durch die Gemeinde vereitelt habe. In den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage hat das Landgericht den Angeklagten B. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen , da nicht nachgewiesen werden könne, daß diese Grundstückseigentümer durch den Angeklagten B. an die S. GmbH herangeführt worden seien oder er anderweitig den Zwischenerwerb hätte verhindern können.

b) Den Angeklagten S. hat das Landgericht ebenfalls aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. In den Fällen 3 bis 7 der Anklage hat es nicht festzustellen vermocht, daß er die Taten des Angeklagten B. gefördert habe. Es sei nicht geklärt, mit welchem der beiden Gesellschafter der S. GmbH der Angeklagte B. die Vereinbarung über den Zwischenerwerb vom März 1991 geschlossen habe. Zu Gunsten des Angeklagten S. geht die Wirtschaftsstrafkammer davon aus, daß der Angeklagte B. mit A. Tu. die Vereinbarung traf und diese auf Vorschlag des Angeklagten B. zustande kam, mithin sich die Geschäftsführer der S. GmbH allenfalls als "passive" Grundstücksspekulanten betätigt hätten.
In den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage sieht sich die Strafkammer bereits mangels Nachweises einer Haupttat des Angeklagten B. an einer Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue gehindert.

II.


Der Angeklagte B.
1. Die Revision des Angeklagten
Das Urteil weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

a) Die Untreue zu Lasten der Gemeinde S. ist nicht verjährt. Da sich die notariellen Angebote der Grundstückseigentümer an die S. GmbH, deren spätere Annahme durch die GmbH und die notariellen Kaufverträge zwischen der GmbH und der Gemeinde einander bedingen und auf der Grundlage der im März 1991 getroffenen Vereinbarung eine Einheit darstellen, war nach § 78 a StGB die Tat erst beendet, als sich der aus den Kaufverträgen ergebende Schaden vollends zum Nachteil der Gemeinde S. verwirklicht hatte. Zwar kann für die Vollendung der Untreue schon eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen. Für die für den Beginn der Verjährung maßgebende Tatbeendigung ist aber die Realisierung dieser Gefährdung entscheidend. Entsteht, wie hier, der Nachteil im Sinne des § 266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse, ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgeblich (BGHR StGB § 78 a Satz 1 Untreue 1, 2; BGH NStZ 2001, 650). Das in den notariellen Vertragsangeboten der Grundstückseigentümer an die S. GmbH liegende Gefahrenpotential verwirklichte sich im Abschluß der notariellen Kaufverträge zwischen der GmbH und der Gemeinde und verfestigte sich in der hieraus folgenden Erfüllung der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises. Diese
erfolgte in den ausgeurteilten Fällen am 13. Mai 1992. Deshalb trat vorher jedenfalls keine Beendigung der Tat im Sinne des § 78 a StGB ein.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Januar 2003 im einzelnen zutreffend darlegt, steht einer Verfolgungsverjährung der Tat Art. 315 a Abs. 2 EGStGB in der Fassung des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 3223) entgegen. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit des 3. Verjährungsgesetzes sind in dem hier zu beurteilenden Fall von "Vereinigungskriminalität" nicht zu ersehen. Die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 1. August 2002 - 2 BvR 1247/01 -, auf die sich die Revision beruft, befaßt sich mit der Frage, ob durch das 3. Verjährungsgesetz eine Verlängerung der absoluten Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt ist. Diese Frage ist hier jedoch ohne Belang, da dem Eintritt einer absoluten Verjährung (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 und 3 StGB) mit Eröffnung des Hauptverfahrens am 7. August 2001 das Ruhen der Verjährung gemäß § 78 b Abs. 4 StGB entgegen stand (vgl. BGHR StGB § 78 b Abs. 4 Strafdrohung 1).

b) Soweit sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge gegen die Verurteilung wendet, ist sein Rechtsmittel aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft
Soweit der Angeklagte in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage freigesprochen worden ist, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach den getroffenen Feststellungen ist zu besorgen, daß die Wirtschaftsstrafkammer bei der Beurteilung des pflichtwidrigen Handelns des Angeklagten einen zu engen Maßstab angelegt und deshalb den Untreuevorwurf zu seinem Vorteil nicht zutreffend beurteilt hat.
Der Angeklagte war als Bürgermeister der Gemeinde S. dieser gegenüber im Sinne des § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB treupflichtig (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder 26. Aufl. § 266 Rdn. 25 m.w.N.). Diese Vermögensbetreuungspflicht wird in § 48, § 34 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und 4 der im Tatzeitraum geltenden Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 (GBl DDR I 1990, 255) konkretisiert. Danach war ein Bürgermeister verpflichtet, Vermögen der Gemeinde pfleglich bzw. sparsam und wirtschaftlich zu behandeln, insbesondere wenn ihm, wie hier, durch Gemeinderatsbeschluß die Befugnis zur Verfügung über Vermögen übertragen wird (vgl. Richter in Schmidt-Eichstaedt u.a., Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR, 1990, § 48 Anm. 2).
Im Rahmen dieser Vermögensbetreuungspflicht durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines dem betreuten Vermögen vorteilhaften Vertragsabschlusses nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen, um unter Berufung darauf, daß Leistung und Gegenleistung äquivalent sind, für sich oder einen Dritten einen Betrag zu erlangen, den der Treugeber mit Sicherheit erspart hätte,
wenn die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens genutzt worden wäre (BGHSt 31, 232 ff. = NJW 1983, 1807 ff.; BGH wistra 1984, 109 und 189, 224). Dies hat das Landgericht im Ansatz nicht verkannt. Eine Vereitelung vorteilhafter Vertragsabschlüsse durch den Angeklagten B. unter Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gemeinde sieht es aber nur in den Fällen als gegeben an, in welchen der Angeklagte Eigentümer, die ihre Grundstücke zum selben Preis auch an die Gemeinde verkauft hätten, selbst angesprochen und an die S. GmbH als Verkäufer vermittelt hat.
Bei dieser Bewertung des Umfangs der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten läßt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft außer Betracht, daß bereits in dem Abschluß der Vereinbarung mit der S. GmbH vom März 1991 über einen Zwischenerwerb der Grundstücke ein tatbestandsmäßiges Handeln liegen kann (vgl. BGH NStZ 2000, 46, 47). Nach den getroffenen Feststellungen war die Vereinbarung vom März 1991 nämlich darauf angelegt, der Gemeinde einen finanziellen Nachteil zuzufügen. Einen wirtschaftlich nachvollziehbaren Grund für die Einschaltung eines Zwischenerwerbers, der den vereinbarten Preisaufschlag bei der Weiterveräußerung der Grundstücke an die Gemeinde rechtfertigen könnte, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
Zwar enthielt die Vereinbarung vom März 1991 für sich allein keine Verfügung des Angeklagten über Vermögenswerte der Gemeinde. Sie bildete aber die Grundlage für die alsbald darauf von den Grundstückseigentümern gegenüber der S. GmbH abgegebenen unwiderruflichen und damit zu Lasten der Gemeinde vermögensgefährdend wirkenden Verkaufsangebote. Unerheblich ist dabei, ob die Grundstückseigentümer vom Angeklagten selbst
an die GmbH herangeführt wurden oder ob sie anderweitig von deren Erwerbsbereitschaft Kenntnis erlangten. Auch im letzteren Fall hatte der Angeklagte durch die Vereinbarung die wesentliche Ursache dafür gesetzt, daß die von dem Flächennutzungskonzept betroffenen Eigentümer wegen des Verkaufs ihrer Grundstücke nicht direkt an die Gemeinde herantraten, sondern den Verkauf über den Zwischenerwerber abwickelten (BGH NStZ 2000, 46, 47; vgl. auch RGSt 61, 1, 5). Wie die "Drittbenennungsklausel" in den Verkaufsangeboten zeigt, wären diese Eigentümer ebenfalls bereit gewesen, direkt an die Gemeinde zu verkaufen. Danach bestand für die Gemeinde auch in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage nicht nur eine ungewisse Chance auf einen Vertragsabschluß , sondern eine gesicherte Aussicht auf Abschluß eines Kaufvertrages unmittelbar mit den Eigentümern auf der Grundlage eines Preises von 5 DM/qm, wenn sich der Angeklagte B. – wie ihm dies bei der Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses oblag – um den Direktkauf der Grundstücke bemüht hätte.
Nach den getroffenen Feststellungen steht deshalb allein die fehlende Vermittlungstätigkeit des Angeklagten B. in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage einer Verurteilung wegen Untreue nicht entgegen. Schon deshalb bedarf die Sache insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung und Entscheidung. Da aber das gesamte Tatgeschehen in den Fällen 1 bis 8 der Anklage insbesondere wegen des begrenzten Kreises der betroffenen Grundstückseigentümer sachlich -rechtlich eine einheitliche Tat darstellt, hebt der Senat den Schuldspruch insgesamt auf.

III.


Der Angeklagte S.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Der Freispruch des Angeklagten S. vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue des Angeklagten B. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Soweit die Strafkammer zu dem Ergebnis gelangt, dem Angeklagten S. sei in den Fällen 3 bis 7 der Anklage nicht nachzuweisen, daß er selbst im März 1991 die für die späteren Grundstücksveräußerungen maßgebliche "Unrechtsvereinbarung" mit dem Angeklagten B. für die S. GmbH getroffen habe, ist dies - für sich betrachtet - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht gelangt mit rechtsfehlerfreien Erwägungen zu dem jedenfalls möglichen, wenngleich nicht eben naheliegenden Schluß, die S. GmbH könne bei der Vereinbarung allein durch den zweiten Geschäftsführer der GmbH, A. Tu. , vertreten worden sein.
Rechtlich fehlerhaft ist es jedoch, daß die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten nach Abschluß der Vereinbarung nicht als mögliche Beihilfe zur ausgeurteilten Untreue des Angeklagten B. in Betracht gezogen hat. Die getroffenen Feststellungen legen nämlich eine Beihilfehandlung des Angeklagten S. dadurch nahe, daß er als Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer an einem Projekt der S. GmbH mitwirkte, wissend, daß dieses darauf abzielte, einen Gewinn durch eine Straftat zu erreichen (vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 3). Bei einer solchen Sachlage käme es nicht, wie die Strafkammer meint, darauf an, welcher der beiden Geschäftsführer
nach außen auftrat und für die GmbH handelte. Entscheidend wäre vielmehr, ob durch die Mitwirkung des Angeklagten S. innerhalb der Gesellschaft die Straftat des Angeklagten B. noch vor deren Beendigung gefördert wurde.
Hierfür spricht die Feststellung des Landgerichts, daß der Angeklagte S. zwischen Juli 1991 und dem 13. August 1991 einen mit "vertrauliche Vorgehensweise beim Grunderwerb und Verkauf bei der Gemeinde S. " überschriebenen Vermerk fertigte. Aus diesem Vermerk geht hervor, daß die S. GmbH "Grund und Boden per Kaufoption für 5 DM pro qm erworben hat und ... diese an die Gemeinde S. für 10 DM pro qm verkauft". Den Vermerk übergab der Angeklagte S. u. a. dem damaligen Rechtsberater der GmbH, der wiederum auf der Grundlage dieses Schriftstücks am 13. August 1991 ein "Strategiepapier" entwarf. Form und Inhalt dieses Vermerks und dessen Weitergabe an den Rechtsberater sprechen dafür, daß dem Angeklagten S. nicht nur die Vereinbarung vom März 1991, sondern auch deren Unrechtsgehalt bekannt war und er jedenfalls in einem Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung der Untreue des Angeklagten B. in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH selbst Aktivitäten zur Umsetzung der Vereinbarung entfaltete.
Soweit die Strafkammer davon ausgegangen ist, die Organe der GmbH hätten sich nur "passiv" als Grundstücksspekulanten betätigt, ist diese Wertung mit den festgestellten Tatsachen nicht in Einklang zu bringen. Form und Inhalt des oben beschriebenen "vertraulichen" Vermerks des Angeklagten S. sprechen vielmehr dafür, daß die Vereinbarung vom März 1991 mit jedenfalls einem der Geschäftsführer der GmbH im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten B. zustande kam und der Angeklagte S. bewußt an
deren späteren Umsetzung aktiv mitwirkte. Darauf, ob der in der Literatur vertretenen Auffassung (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 163; Tröndle /Fischer StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 80), eine strafbare Beihilfe liege nicht vor, wenn ein außenstehender Dritter in geschäftlichen Verhandlungen seinen Vorteil sucht und die Pflichtverletzung des Täters erkennt, ohne jedoch mit diesem kollusiv zusammenzuwirken, zu folgen ist, kommt es hier deshalb nicht an.
Das Urteil unterliegt, soweit es den Angeklagten S. betrifft, ebenfalls insgesamt der Aufhebung, da auch die Feststellungen zur Haupttat des Angeklagten B. in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage der rechtlichen Überprüfung, wie unter II. 2. dargelegt, nicht standhalten.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible
5 StR 103/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
alsVerteidigerfürden Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwalt Wi.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten R. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. September 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt entfällt. Der Angeklagte S. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte R. verurteilt worden ist, einschließlich der Feststellungen zum Vermögensnachteil der Stadt Dresden und zum Untreuevorsatz. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang und zum Vorsatz der Bankrottbeihilfe bleiben aufrechterhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten R. verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten R. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, wegen Bankrotts sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten R. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott schuldig gesprochen und gegen ihn eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme hat das Landgericht den Angeklagten R. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Die beiden Angeklagten haben ihre Verurteilungen umfassend angefochten. Im Ergebnis hat nur die Revision des Angeklagten R. einen Teilerfolg.

A.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte R. war Oberbürgermeister der Stadt Dresden , der Angeklagte S. hat dem Angeklagten R. zugearbeitet. Der Angeklagte S. , der ein enger Vertrauter des Angeklagten R. aus Zeiten früherer gemeinsamer kommunalpolitischer Tätigkeit war, geriet spätestens im Sommer 2002 in massive finanzielle Schwierigkeiten. In Kenntnis eines gegen ihn bevorstehenden Insolvenzverfahrens leitete er von seinen Konten bei der Stadtsparkasse Dresden, der Deutschen Bank und der Advance Bank insgesamt etwa 45.000 Euro auf andere Konten, um die Gelder so vor dem Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Inhaber dieser Konten waren seine Mutter, die mit ihm persönlich eng verbundene H sowie er selbst mit einem Konto bei der Deutschen Bank 24.
Der Angeklagte S. beantragte im Oktober 2002 beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diesem Antrag fügte er die Ausfertigung einer vor dem Notar B. in Radebeul abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bei, in der er die vorgenannten Transaktionen verschwieg und lediglich das Konto bei der Deutschen Bank 24 angab. Auch nachdem das Insolvenzverfahren im Februar 2003 eröffnet war, offenbarte er gegenüber dem zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalt Mo. weder das Konto seiner Mutter noch das Konto von H , obwohl die Guthaben wirtschaftlich allein ihm zur Verfügung standen. Auf seine Kinder lautende Konten, die ihm ebenfalls allein zuzuordnen waren , verschwieg er gleichfalls.
4
Zwischen dem Angeklagten S. und dem Angeklagten R. bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Für den Angeklagten R. , den – zwischenzeitlich suspendierten – Oberbürgermeister der Stadt Dresden, war der Angeklagte S. ein wichtiger Mitarbeiter und Berater. Als gesetzlicher Vertreter der Stadt Dresden vereinbarte er zunächst mit dem Angeklagten S. einen bis 31. Dezember 2001 laufenden, dann um ein Jahr verlängerten Dienstvertrag, der eine Dienstverpflichtung für 110 Arbeitstage im Jahr und eine tägliche Vergütung von 460 Euro (900 DM) pro Arbeitstag vorsah. In der Folge des Hochwassers im Jahr 2002, das zu erheblichen Flutschäden in Dresden geführt hatte, setzte der Angeklagte R. den Angeklagten S. im Februar 2003 als „Flutkoordinator“ ein und übertrug ihm die Leitung des „Büros Hochwasserschadenabwicklung“.
5
Der Angeklagte R. , der um die finanziellen Probleme des Angeklagten S. wusste, schloss am 17. April 2003 mit dem Angeklagten S. , der unter der Geschäftsbezeichnung „A. C. , vertreten durch S. “ handelte, einen bis 30. Juni 2005 befristeten Vertrag, der eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500 Euro brutto vorsah. Nach diesem Vertrag oblag dem Angeklagten S. die Koordination der Hochwasserschadensabwicklung im Auftrag des Oberbürgermeisters. Anfang 2004 gab der Angeklagte R. dem Drängen des Angeklagten S. nach und änderte den Vertrag ab. Vertragspartner wurde nunmehr die „A. C. , vertreten durch H. “, wobei allerdings bestimmt wurde, dass die Leistungen von dem Angeklagten S. als „alleinigem Erfüllungsgehilfen“ erbracht werden sollten. Zugleich wurde die monatliche Vergütung rückwirkend ab Januar 2004 bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages am 30. Juni 2005 auf etwa 9.000 Euro brutto erhöht. Nach den Feststellungen des Landgerichts diente diese Vertragskonstellation dazu, die Gelder zu erheblichen Teilen dem Insolvenzverwalter zu entziehen und dem Angeklagten S. über H. zukommen zu lassen. Die Vergütung war nach Annahme des Landgerichts (UA S. 28, 62) im Hinblick auf die vom Angeklagten S. erbrachten Leistungen objektiv angemessen und nicht überhöht. Nachdem dem Angeklagten R. im Juli 2004 vom Regierungspräsidium durchgreifende Bedenken gegen die weitere Möglichkeit, die Vergütung des Angeklagten S. zu 90 % zu subventionieren, wegen deren Erhöhung eröffnet worden waren, erneuerte der Angeklagte R. gleichwohl unter dem 28. Juli 2004 den mit der „A. C. , vertreten durch H. “ geschlossenen Änderungsvertrag und beendete zugleich in einem „Überleitungsvertrag“ vorbehaltlos den vorangegangenen Vertrag vom 17. April 2003.
6
Der Angeklagte S. hatte sich Anfang Februar 2003, als die Beauftragung der G. , einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Sächsischen Landesbank, als Generalübernehmerin für den Wiederaufbau wichtiger Verkehrsanlagen ins Auge gefasst wurde, an Verantwortliche der G. gewandt. Unter Hinweis auf seine Nähe zum Oberbürgermeister brachte der Angeklagte S. dabei den Wunsch vor, einen mit mehreren Tausend Euro monatlich dotierten Beratervertrag zu erhalten. Wie er erkannte, war seinen Verhandlungspartnern von der G. dabei klar, dass der Angeklagte S. erheblichen Einfluss auf die Beauftragung hatte. Zum Abschluss eines Beratervertrages kam es nicht, weil die Beauftragung der G. aus anderen Gründen scheiterte. An den später stattfindenden Verhandlungen mit der B. , die prinzipiell bereits im Februar 2003 den Zuschlag als externer Projektsteuerer erhielt, war der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt. Als die Verhandlungen über den Vertrag im Einzelnen ins Stocken gerieten, ging der Angeklagte S. mehrmals zwischen März und Ende 2003 auf die Verantwortlichen der B. zu, um sie zum Abschluss eines Beratervertrages mit ihm zu veranlassen. Auch hier wollte der Angeklagte S. seine Stellung innerhalb der Stadtverwaltung und insbesondere zum Angeklagten R. dazu nutzen, um für die B. möglichst günstig und reibungslos die Projektsteuerung umzusetzen. Letztlich ging jedoch die B. auf das Ansinnen des Angeklagten S. nicht ein.
7
2. Das Landgericht hat im Fordern eines Beratervertrages gegenüber Mitarbeitern der G. und der B. bei dem Angeklagten S. jeweils ein Vergehen der Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs. 1 StGB gesehen. Jedenfalls aus Sicht der potenziellen Vertragspartner habe er seinen Einfluss auf die Vergabe oder Ausgestaltung der Aufträge von dem geforderten Vorteil abhängig gemacht. Aufgrund seiner Funktion als „Flutkoordinator“ sei der Angeklagte S. Amtsträger gewesen, auch wenn er nicht unmittelbar weisungsbefugt gegenüber städtischen Bediensteten gewesen sei. Als verlängerter Arm des Oberbürgermeisters habe er öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Dieses sei ihm auch bewusst geworden. Wenn der Angeklagte S. sich selbst nicht als Amtsträger gesehen habe, führe dies lediglich zu einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
8
Die Verheimlichung der Kontenguthaben gegenüber dem Insolvenzverwalter hat das Landgericht als eine einheitliche Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB angesehen, wozu die strafbare Handlung der falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit stehe. Da das Amtsgericht Chemnitz hierfür zuständig gewesen sei, kam es nach Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, dass der Angeklagte S. eine eidesstattliche Versicherung unaufgefordert von sich aus abgegeben habe.
9
Der Abschluss des Vertrages mit der Stadt Dresden unter dem Namen H. erfüllt nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls den Tatbestand einer weiteren selbständigen Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Hierzu habe der Angeklagte R. Beihilfe geleistet , da er die desolate finanzielle Situation des Angeklagten S. gekannt habe und ihm die Einkünfte ungeschmälert habe zukommen lassen wollen. Zugleich liege bei dem Angeklagten R. noch eine (tateinheitliche ) Untreue vor, weil er gegenüber der Stadt seine Verfügungsbefugnis missbraucht habe. In der deutlichen Erhöhung der Vergütung liege ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot. Der mit H. geschlossene Vertrag sei sittenwidrig; allein der Abschluss dieses Vertrages begründe deshalb eine Vermögensgefährdung. Die Gefährdung habe sich in den ausgezahlten Monatsraten abzüglich der Raten aus dem alten Vertrag realisiert. Dieser tatsächlich entstandene Schaden in Höhe von etwa 75.000 Euro stelle einen Vermögensverlust großen Ausmaßes dar.
10
3. Das Landgericht hat den Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch das gegenüber der G. bei den Vertragsverhandlungen vorgebrachte Begehren des Abschlusses eines Beratervertrages mit dem Angeklagten S. mangels Nachweises einer bewussten Unrechtsvereinbarung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B.


11
Lediglich die Revision des Angeklagten R. ist begründet. Die Revisionen des Angeklagten S. und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.


12
Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
13
1. Die Verfahrensrüge, mit der die vom Strafkammervorsitzenden im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnete Einführung einer früheren Aussage des Zeugen Sch. als Verstoß gegen § 250 StPO beanstandet wird, hat keinen Erfolg. Die Konstanz der Aussagen des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Sch. konnte bereits durch dessen eigene Angaben zu seiner früheren Aussage, gegebenenfalls nach deren Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt werden (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 9; BGH StV 1996, 412). Ergänzend zu seiner Aussage – nicht sie im Sinne des § 251 StPO ersetzend – durfte dann, auch zur maßgeblichen Abrundung der Beweiswürdigung zur Aussagekonstanz (UA S. 46), die Niederschrift über die frühere Aussage verlesen werden (MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 250 Rdn. 12).
14
2. Die Verurteilungen wegen Bestechlichkeit halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat den Angeklagten S. zutreffend als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Begründung einer Amtsträgerstellung im Sinne der §§ 331 ff. StGB erforderlich, dass der Betreffende zum Amtsträger bestellt wurde. Die Bestellung ist von der bloßen privatrechtlichen Beauftragung zu unterscheiden. Sie setzt voraus , dass der Betreffende über den Einzelfall hinaus mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut und in die behördliche Organisation eingebunden wird (vgl. BGHSt 43, 96, 105; 46, 310, 313). Hieran kann beim Angeklagten S. – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen.
16
aa) Mit Beginn der Flutschadensabwicklung war der Angeklagte seit Ende 2002 befasst, ab Februar 2003 sogar in einer Leitungsfunktion tätig. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte er im Außenverhältnis die Verhandlungen und leitete das „Büro Hochwasserschadenabwicklung“. Ihm standen eine Sekretärin und ein Büroraum zur Verfügung. Selbst wenn er formal kein Weisungsrecht gegenüber den kommunalen Bediensteten hatte, übte er jedoch faktisch Leitungsfunktionen gegenüber den Mitarbeitern des Büros aus. Dessen Aufgabenbereich war auch öffentlich-rechtlich geprägt. Gegenstand der Tätigkeiten des Büros war der Wiederaufbau kommunaler Verkehrs- und Infrastrukturanlagen und die Verwaltung von Fördermitteln. Das Büro hat damit unmittelbar öffentliche Aufgaben (vgl. hierzu BGH wistra 2007, 302, 304), teilweise sogar hoheitlicher Art wahrgenommen.
17
bb) Entgegen der Auffassung der Verteidigung war der Angeklagte S. auch bestellt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Hierzu bedarf es keines förmlichen Bestellungsaktes. Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Rechtsfrage ohnehin nur für die Bestechlichkeitshandlung gegenüber der G. zu. Bei den Handlungen gegenüber der B. bestand die Besonderheit , dass der Angeklagte bei seinen späteren Vorstößen, für sich einen Beratervertrag zu erlangen, durch den Angeklagten R. förmlich verpflichtet war. Eine solche förmliche Verpflichtung fand bei Abschluss des Beratervertrages am 17. April 2003 statt. Nach diesem Zeitpunkt erfolgten weitere Anläufe des Angeklagten S. , für sich den Abschluss eines Beratervertrages zu erreichen. Jedenfalls für diese Handlungen wäre er dann zumindest als besonders Verpflichteter im Sinne des § 332 StGB tätig gewesen.
18
Das Landgericht hat darüber hinaus ohne Rechtsverstoß für sämtliche Bestechlichkeitshandlungen und insbesondere für die gegenüber der G. , die zwischen Januar und März 2003 stattfanden, eine Amtsträgereigenschaft angenommen. In diesem Zeitraum bestand kein vertragsloser Zustand. Zwar war der ursprünglich geschlossene Beratervertrag zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen und ein neuer Beratervertrag noch nicht geschlossen worden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Angeklagte S. insoweit ohne Rechtsgrund gearbeitet hätte. Vielmehr ist noch Anfang 2003 der ursprüngliche Beratervertrag stillschweigend verlängert worden (§ 625 BGB). Ein entsprechender Rechtsbindungswille war sowohl auf Seiten des Angeklagten R. als auch des Angeklagten S. vorhanden. Beide Angeklagten wollten, dass S. , der seit Anfang Februar mit der Leitung des Büros beauftragt wurde, für die Stadtverwaltung tätig blieb. Dass dies nicht unentgeltlich erfolgen sollte, war offensichtlich. Soweit nicht stillschweigend das ursprüngliche Honorar vereinbart war, wäre im Übrigen die ortsübliche Vergütung geschuldet gewesen (§ 612 Abs. 2 BGB).
19
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass eine Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB auch formfrei erfolgen kann. Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (BGHSt 43, 96, 102 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ). Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich mit der Begriffsbestimmung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, welche die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten betrifft. Bei diesem Personenkreis rechtfertigt der formale Akt der Verpflichtung die Gleichstellung mit Amtsträgern in strafrechtlicher Hinsicht. Ein solcher formaler Akt, der im Übrigen regelmäßig die Betreffenden zu besonders Verpflichteten machen würde, ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit c. StGB nicht erforderlich. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4). Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Sie beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4).
20
b) Das Landgericht hat bei dem Angeklagten S. auch den entsprechenden Vorsatz eines Amtsträgers rechtsfehlerfrei bejaht. Dies ist unproblematisch , soweit es sich um die Tat gegenüber der B. handelte, weil der Angeklagte S. spätestens auf Grund der von ihm abverlangten Verpflichtungserklärung über den öffentlich-rechtlichen Bezug seines Tätigkeitsfeldes unterrichtet wurde. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung und liegt – wie hier – kein anderer förmlicher Bestellungsakt vor, sind allerdings an den Nachweis in subjektiver Hinsicht besondere Anforderungen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht übersehen. Dabei reicht es nicht aus, dass der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Er muss auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben.
21
Hieran kann aber bei der gegebenen Sachlage kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte S. ausweislich der Feststellungen seine Einbeziehung in die Verwaltungstätigkeit der Stadt Dresden kannte und um seinen Einfluss wusste. Hiermit warb er sowohl gegenüber der G. als auch gegenüber der B. . Insoweit war ihm die gesetzliche Wertung bewusst, die Grundlage der Strafvorschriften über Amtsträger ist. Dagegen brauchte der Angeklagte S. seine Tätigkeit nicht juristisch zutreffend einzuordnen. Ein solcher Subsumtionsirrtum lässt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – den Vorsatz unberührt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedurfte es hier keiner Ausführungen zu einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein die Anwendbarkeit des § 17 StGB begründendes fehlendes Unrechtsbewusstsein hat der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen nicht einmal behauptet. Die bloße falsche Einordnung seines Verhaltens beinhaltet dies nicht notwendigerweise. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten S. , wäre er nicht als Amtsträger anzusehen , jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB strafbar wäre. Namentlich unter Berücksichtigung dieses Umstandes brauchte das Landgericht die Möglichkeit nicht zu erörtern, der Angeklagte habe sein Verhalten als rechtmäßig angesehen und sich deshalb in einem Verbotsirrtum befunden.
22
3. Während die Schuldsprüche wegen Bankrotts – auch zur vertretbar vorgenommenen Bestimmung des Schuldumfangs – keinen Rechtsfehler aufweisen, kann die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt keinen Bestand haben. Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB setzt voraus, dass die Behörde, vor der diese Versicherung abgegeben wird, hierfür auch zuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit nicht nur auf die allgemeine Zuständigkeit der Behörde. Vielmehr muss die eidesstattliche Versicherung auch über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, und in dem Verfahren, zu dem sie eingereicht wird, abgegeben werden dürfen und darf rechtlich nicht wirkungslos sein (BGH StV 1985, 505). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, ist im Insolvenzverfahren die eidesstattliche Versicherung vom Schuldner zu Protokoll zu erklären (§ 98 Abs. 1 InsO). Diese Regelung gilt bereits im Eröffnungsverfahren (§ 20 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann die Erklärung nur in Person und mündlich abgeben. Diese eindeutige Rechtslage wird noch durch den Verweis in § 98 Abs.1 Satz 2 InsO auf § 478 ZPO unterstrichen, der die Eidesleistung von dem Eidespflichtigen in Person verlangt. Mithin muss also auch die Versicherung an Eides Statt vom Schuldner persönlich erfolgen. Eine schriftliche Erklärung genügt diesem Formerfordernis nicht. Sie ist damit rechtlich wirkungslos. Die vom Landgericht aufgeworfene (und bejahte) Frage, ob auch eine unaufgefordert abgegebene falsche Versicherung an Eides Statt eine Strafbarkeit nach § 156 StGB begründen kann, stellt sich somit nicht, weil im Rahmen des Verfahrens über die Insolvenzeröffnung eine schriftliche Erklärung als Grundlage für eine Versicherung an Eides Statt nicht genügt.
23
4. Der Strafausspruch kann dennoch bestehen bleiben.
24
a) Die rechtsfehlerhafte Annahme einer Strafbarkeit nach § 156 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt. Dieser Straftatbestand stand in Tateinheit zu einer mehraktigen Bankrotthandlung, die zu einer Verheimlichung von über 45.000 Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter geführt hat. Schon wegen des deutlich höheren Gewichts dieses Delikts und angesichts des Umstands, dass die, wenngleich nicht gesondert strafbare, Einreichung einer von einem Notar beurkundeten inhaltlich unrichtigen eidesstattlichen Versi- cherung ein allgemein strafschärfend zu wertendes Fehlverhalten war und das Landgericht die rechtsfehlerhaft angenommene idealkonkurrierende Tat wegen der unaufgeforderten Abgabe der Erklärung geringer gewichtet hat (UA S. 74), schließt der Senat sicher aus, dass die für die Tat verhängte maßvolle Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten von dem Fehler beeinflusst war.
25
b) Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei. Das Landgericht durfte die Tatwiederholung und die Gesamttatdauer ebenso strafschärfend werten wie den Gesamtumfang der Vergütungen, die an H. geflossen sind. Diese hätten nämlich – wie oben ausgeführt – dem Angeklagten S. zugestanden und sind deshalb der Gläubigergemeinschaft zunächst umfassend entzogen worden. Die Höhe der Summe kann mithin als verschuldete Auswirkung der Tat einen für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt bilden.

II.


26
Die Revision des Angeklagten R. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, allerdings unter weitgehender Aufrechterhaltung den Beschwerdeführer auch belastender Feststellungen.
27
1. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Ohne entsprechende Antragstellung von Seiten des Beschwerdeführers war das Landgericht nicht gedrängt, von diesem behaupteten, nicht realisierten Plänen über die im Vergleich zur durchgeführten Vertragsänderung andersartig gelagerte Einschaltung einer Anwaltskanzlei nachzugehen, die den Angeklagten S. anstellen und dann an seiner Stelle von der Stadt Dresden mit der Fluthilfekoordinierung betraut werden sollte.
28
2. Der Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB hält jedoch sachlich-rechtlich revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
29
a) Das Landgericht sieht den Pflichtverstoß des Angeklagten R. darin, dass er die Vergütung für den Angeklagten S. um das Dreifache erhöht habe, obwohl der Angeklagte S. auch für den ursprünglichen Betrag seine Dienstleistung hätte erbringen müssen und auch erbracht hätte. Damit habe der Angeklagte R. gegen das Sparsamkeitsgebot verstoßen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
30
aa) Das Landgericht kommt aufgrund einer rechtsfehlerhaften Auslegung zu der Annahme, dass der vom Angeklagten S. geschuldete Leistungsumfang durch die Vergütungserhöhung unberührt geblieben ist. Dem Tatrichter steht zwar bei der Auslegung von Verträgen ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Deshalb beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2004, 2248, 2250 m.w.N.).
31
Die Auslegung des Landgerichts lässt drei Gesichtspunkte außer Betracht und begegnet deshalb durchgreifenden Bedenken.
32
Das Landgericht stützt seine Wertung, der Leistungsumfang habe sich nicht geändert, darauf, dass der Angeklagte S. schon auf der Grundlage des alten Vertrages einen „Fulltimejob“ ausgeübt habe und fast rund um die Uhr tätig gewesen sei (UA S. 56). Dieser tatsächlich von dem Angeklagten S. erbrachte Einsatz belegt nicht zwingend den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das Landgericht hätte sich auch mit der nicht gänzlich fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Arbeitseinsatz des Angeklagten S. unter Umständen überobligatorisch erfolgte. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte weder einen werkvertraglichen Erfolg schuldete noch sein Tätigkeitsfeld über Stunden oder einen fest umrissenen Arbeitsanfall messbar war, hätte das Landgericht auch bedenken müssen, was Bezugsmaßstab für die Vergütung war. Da die dienstvertragliche Vergütung immer in einer Beziehung zum Umfang der Tätigkeit steht, beeinflusst die Vergütungshöhe naturgemäß auch die Bestimmung des zu erwartenden Aufwands. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Angeklagte S. seine Tätigkeit als „Flutkoordinator“ nach Weisung des Oberbürgermeisters zu erbringen hatte. Deshalb ist bei einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden interessenkonformen Auslegung die Vergütungshöhe als Maßstab für die Auslegung des geschuldeten Tätigkeitsumfangs heranzuziehen. Hilfsweise muss analog § 612 Abs. 2 BGB die Ortsüblichkeit eines entsprechenden synallagmatischen Verhältnisses zwischen Dienstverpflichtung und Vergütungshöhe ermittelt werden.
33
Bedenklich ist zudem die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte S. habe nicht mit der Kündigung des Altvertrags gedroht. Abgesehen davon, dass wegen der geringen Vergütung eine solche Kündigungsdrohung nahe lag und diese von zwei weiteren Zeugen bestätigt wurde, ist die Nichterwähnung dieses Umstandes in einem Gespräch des Angeklagten R. mit dem Zeugen B. allein keine tragfähige Grundlage, um eine solche Kündigungsdrohung auszuschließen. Dabei hätte zumindest dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen eine solche Information für die in diesem Gespräch abgehandelte Thematik gehabt hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das besagte Gespräch fünf Monate nach der erfolgten Erhöhung der Vergütung stattgefunden hat.
34
Insbesondere hat es das Landgericht unterlassen, sich mit der naheliegenden Variante ausdrücklich auseinanderzusetzen, dass die niedrige Dotierung beim ursprünglichen Vertragsabschluss der Erwartung geschuldet war, der Angeklagte S. werde für seine Gesamttätigkeit bei der Flutkoordinierung ergänzend über einen gut dotierten Beratervertrag des Generalübernehmers entlohnt werden und dass eine – für den Umfang seines Einsatzes angemessene – Erhöhung erst dann vereinbart wurde, als sich diese Erwartung im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zerschlagen hatte.
35
bb) Das Landgericht leitet die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB aus einem Verstoß gegen das kommunalrechtliche Sparsamkeitsgebot ab. Diese Auffassung ist selbst dann nicht frei von rechtlichen Bedenken, wenn man unterstellt, dass der Leistungsumfang der Dienstverpflichtung des Angeklagten S. sich durch den Vertrag mit erhöhter Vergütung nicht verändert hat. Der Sparsamkeitsgrundsatz (§ 72 Abs. 2 SächsGO), der ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich darstellt (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO), verpflichtet nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Das Sparsamkeitsgebot ist als rechtliche Steuerungsnorm dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeinsamen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahingehend zu bilden , solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH wistra 2005, 178, 180).
36
Das Sparsamkeitsgebot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Helm in Piduch, BHO 41. Lfg. § 7 Rdn. 1; v. Köckritz, BHO 36. Lfg. § 7 Rdn. 2.2). Beide bedingen einander, weil letztlich die wirtschaftlichste Lösung auch insgesamt gesehen die sparsamste ist. Deshalb ist es etwa bei Vergabeentscheidungen nach § 97 GWB anerkannt, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der Zuschlag dann nicht erfolgen kann, wenn das Angebot unangemessen niedrig ist (vgl. Wagner in Langen/Bunte, Kartellrecht 10. Aufl. § 97 GWB Rdn. 85).
37
Für die Entscheidung, welche Vergütungshöhe zu bezahlen ist (vgl. für Wirtschaftsunternehmen BGHSt 50, 331, 336), ist im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz , wonach Vergütungserhöhungen durch den Sparsamkeitsgrundsatz gehindert sind, wenn der Betreffende auch zu den ursprünglichen Bedingungen seine Leistung zu erbringen hat, kennt das deutsche Recht nicht. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum grundsätzlich nicht, soweit ihn keine öffentlich -rechtlichen Vorschriften begrenzen, wenn er eine angemessene Vergütung – unter Umständen auch in Abänderung eines bestehenden Vertrages zugunsten des bislang nicht angemessen entlohnten Beschäftigten – bezahlt. Dies gilt sogar, wenn der Vertragspartner aufgrund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden nur eine äußere Grenze. Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots gewählt wurde. Vielmehr können im Interesse einer effektiven und qualitativ befriedigenden Aufgabenerfüllung auch Gesichtspunkte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Verantwortungsbewusstsein , Fortbildungsbereitschaft oder innerbetriebliche Harmonie zulässige Gesichtspunkte für die Bemessung der Vergütung bilden. Regelmäßig liegt deshalb eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird.
38
cc) Die Annahme des Landgerichts, die getroffene Vergütungserhöhung , die auf der Grundlage des mit H. geschlossenen Vertrages erfolgt ist, sei sittenwidrig, unterliegt ebenso durchgreifenden Bedenken. Zwar trifft es zu, dass Vertragsgestaltungen, die darauf gerichtet sind, in der Insolvenz der Gläubigergemeinschaft Vermögenswerte zu entziehen , gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder auch sittenwidrig sein können. Nach den Urteilsfeststellungen liegt im gegebenen Fall jedoch nahe, dass die Einschaltung von H. lediglich zum Schein erfolgen sollte. Wie das Landgericht nämlich unter Würdigung der vorhandenen Beweismittel zutreffend dargelegt hatte, diente die Einschaltung von H. allein dazu, die aus der Dienstleistung vereinnahmten Gelder dem Angeklagten S. unter Umgehung des Insolvenzverwalters unmittel- bar zukommen zu lassen. Die dienstvertraglichen Pflichten sollte allein und ausschließlich der Angeklagte S. erfüllen. Diesem sollte letztlich wirtschaftlich auch das Entgelt zukommen. Eine primäre Verpflichtung von H. war dagegen nicht ernsthaft gewollt; vielmehr sollte sie lediglich die Adresse für die Vereinnahmung der Gelder liefern. Da eine dienstvertragliche Pflichtenstellung mit H. nach der Willensübereinstimmung der Parteien nicht angestrebt war, liegt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB vor (vgl. BAG NJW 1993, 2767).
39
Bei einem Scheingeschäft gelten dann nach § 117 Abs. 2 BGB die Regeln des verdeckten Geschäftes. Dieses war ein Dienstvertrag, wenn nicht sogar aufgrund des ausgeprägten Umfangs der Eingliederung des Angeklagten S. in die Stadtverwaltung Dresden ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag war weder nach § 134 BGB noch nach § 138 BGB nichtig. Solches ergibt sich schon zwangsläufig aus dem Schutzzweck, der darin besteht, dem Insolvenzverwalter die erarbeitete Vergütung auch zukommen zu lassen. Entfiele nämlich eine vertragliche Bindung und mithin eine Vergütungspflicht, liefe dies darauf hinaus, dass die zu schützende Gläubigergemeinschaft gleichfalls keinen Anspruch hätte.
40
b) In Betracht kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Untreue, weil der Angeklagte R. die Auszahlungen als „sachlich richtig“ zeichnete und so die Auszahlungen an H. veranlasste. Bestand das eigentliche Leistungsverhältnis zwischen der Stadt Dresden und dem Angeklagten S. als Person, war der Angeklagte S. als wirklicher Vertragspartner auch Gläubiger der Vergütungsansprüche hieraus. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren die Leistungen dann gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen. Den Auszahlungen an H. fehlte deshalb der rechtfertigende Grund. Infolge des gegen den Angeklagten S. eröffneten Insolvenzverfahrens hatten die Zahlungen an H. keine befreiende Wirkung, weil der Angeklagte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannte (§ 82 InsO).
41
Diese unter Missachtung des laufenden Insolvenzverfahrens veranlassten Zahlungen an H. waren pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB. Da sie nicht zu einem Erlöschen der Verbindlichkeiten der Stadt Dresden aus dem Dienstvertrag mit dem Angeklagten S. führten, war die Stadt um diesen Betrag geschädigt. Dies begründet einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB.
42
Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB würde jedoch voraussetzen , dass der Angeklagte R. insoweit vorsätzlich gehandelt hat. Zwar kannte er alle zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Dies reicht jedoch für die Vorsatzfeststellung nicht aus. Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend hätte erfassen müssen. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1).


43
Die subjektive Tatseite bedarf mithin neuer tatrichterlicher Aufklärung. Dabei reicht es nicht aus, allein auf ein Unrechtsbewusstsein des Angeklagten R. im Blick auf die Verheimlichung der Vergütungen gegenüber dem Insolvenzverwalter abzustellen. Dies schließt nämlich nicht zwangsläufig mit ein, dass er ebenso gegenüber der Stadt Dresden, zu der er als Oberbürgermeister in einem Treueverhältnis stand, eine Vermögensschädigung billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 157; 48, 331, 346). Er muss erkannt haben, dass die mit H. geschlossene Vereinbarung als eine mit dem Angeklagten S. getroffene anzusehen ist und dass Zahlungen an sie keine schuldbefreiende Wirkung haben konnten, zumindest aber damit gerechnet haben, dass die Stadt Dresden sich durch die entsprechenden Zahlungen einer Haftung gegenüber S. s Gläubigern oder dem Konkursverwalter aussetzt. Nur wenn der Angeklagte R. diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat, kann von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Dies ist bislang nicht – auch nicht etwa durch die Annahme seiner Kenntnis von einer Nichtigkeit des Vertrages – inzident vom Landgericht mitgeprüft worden und versteht sich als Ergebnis einer entsprechenden tatgerichtlichen Prüfung nicht ohne weiteres von selbst.
44
c) Gleichfalls neuer tatrichterlicher Prüfung bedarf als möglicherweise weiterer eine Untreue begründender Aspekt der Gesichtspunkt der Subventionierung durch das Regierungspräsidium, das endgültig im Juli 2004, nachdem die ersten Auszahlungen der höheren Vergütung an S. bereits erfolgt waren, für den Fall der Vertragsänderung mit höherer Entlohnung des Angeklagten S. eine Einstellung von deren 90-prozentiger Subventionierung sicher angekündigt hatte. Das Landgericht würdigt mögliche Auszahlungen des Subventionsgebers ersichtlich allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Zahlungen bei der für die Nachteilsbestimmung vorzunehmenden Gesamtsaldierung den anzusetzenden Schaden ganz oder teilweise entfallen lassen könnten. Dies ist rechtlich im Ansatz bedenkenfrei (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55), wobei es jedoch nicht auf das tatsächliche Verhalten des Regierungspräsidiums als des Subventionsgebers ankommt, sondern darauf, ob ein Anspruch auf Subventionierung bestanden hätte. Hierzu fehlen Feststellungen, zumal die Grundlagen der Subventionierung nicht näher dargelegt sind. Anknüpfungspunkt für die nunmehr zu treffenden Feststellungen muss der damals bestehende Rechtszustand sein, einschließlich der die Subventionierung regelnden untergesetzlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, soweit diese rechtmäßig sind.
45
Es liegt allerdings nahe, dass das Verhalten des Angeklagten R. gegenüber dem Regierungspräsidium als dem Subventionsgeber pflichtwidrig war, schon weil der Angeklagte R. das Regierungspräsidium nicht vollständig informiert hat. Im Zusammenhang mit der Subventionierung könnte ihm ein Untreuevorwurf jedoch nur gemacht werden, wenn er vorsätzlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte, Subventionszahlungen für den Stadthaushalt zu erlangen. Dies setzt voraus, dass – sofern die Verweigerung der Subventionierung der weiteren Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt rechtmäßig bzw. nicht nur auf einen rein formalen oder behebbaren Mangel zurückzuführen gewesen sein sollte – eine Möglichkeit bestanden hätte, die Funktionen, die der Angeklagte S. ausgeübt hat, anderen ebenfalls geeigneten Personen zu übertragen und hierfür Subventionen zu erlangen. Der Angeklagte R. könnte daher eine Untreue auch begangen haben, indem er – unsubventioniert – den Angeklagten S. für höheres Entgelt beschäftigte, anstatt eine Lösung gewählt zu haben, die im Rahmen der Hochwasserschadensabwicklung eine Subventionierung ermöglicht hätte.
46
d) Die neue tatrichterliche Prüfung kann dabei auch die vorgelagerte Frage umfassen, ob eine Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt erforderlich war oder die Hochwasserschadensabwicklung durch den vorhandenen Personalbestand der Stadtverwaltung hätte abgewickelt werden können. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte – wobei dem Angeklagten R. ein weiter Ermessensspielraum zukam –, wäre zu prüfen, ob der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung etwa unter Verletzung von Beteiligungsvorschriften insbesondere für kommunale Stellen erfolgt ist.
47
Ergäbe die insoweit vorzunehmende Prüfung eine Pflichtwidrigkeit des Angeklagten R. , käme eine Strafbarkeit wegen Untreue dennoch nur dann in Betracht, wenn die Stadt Dresden auch tatsächlich geschädigt wäre. Insoweit finden die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N.) Anwendung, weil auch hier eine Fallgestaltung vorliegt, bei der es um die Schädigung des haushaltsrechtlich gebundenen Vermögens eines öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts geht. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß eine Untreue. Vielmehr muss tatsächlich ein Vermögensnachteil entstanden sein (vgl. auch BGH wistra 2006, 307,

308).


48
e) Die bislang getroffenen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Vertragsgestaltungen, -abschlüsse und -änderungen, zu begleitenden Besprechungen sowie zu S. s Leistungen und zu den erfolgten Zahlungen sind rechtsfehlerfrei und bedürfen keiner Aufhebung. Auf ihrer Grundlage, gegebenenfalls unter Heranziehung diesen Feststellungen nicht widersprechender ergänzender Feststellungen, insbesondere zur Auslegung der vorgenannten Verträge, wird die Frage der Pflichtwidrigkeit vom neuen Tatgericht zu prüfen sein und werden neue Feststellungen zu einem möglichen Untreuevorsatz zu treffen sein. Bei einer erneuten Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue bedürfte es je nach der konkreten Fallgestaltung einer neuen tatrichterlichen Bestimmung des Schuldumfangs als Grundlage für den Strafausspruch.
49
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Untreue lässt auch die hierzu in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott entfallen.
50
a) Allerdings bestehen an sich gegen die Annahme dieses Straftatbestands keine Bedenken. Die vertragliche Konstruktion über die Beauftragung der H. , die der Angeklagte R. als Vertreter der Stadt Dresden mitgetragen hat, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB, weil sie darauf angelegt war, die hieraus erhaltenen Vergütungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Das hat das Landgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt. Die vom Angeklagten R. insoweit geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen sind unbegründet. Die Einlassung des Angeklagten R. ist in wesentlichen Grundzügen mitgeteilt worden. Aufgrund der Gesamtumstände hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß bei ihm den Vorsatz bejaht. Die Ausführungen der Revision hierzu erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
51
b) Gleichwohl kann der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben (§ 353 Abs. 1 StPO). Da das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend die im Vertragsschluss liegende Untreue und die hierin auch zu sehende Beihilfehandlung zum Bankrott als tateinheitliche Begehung gewertet hat, konnte der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott nicht gesondert aufrecht erhalten bleiben. Bei Tateinheit steht nämlich die Einheitlichkeit einer Tat der Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 353 Rdn. 7a). Allerdings bleiben sämtliche diesen Schuldspruch tragende Feststellungen aufrechterhalten. Erfolgt keine Verurteilung wegen der tateinheitlich angeklagten Untreue, wäre der Angeklagte R. ohne weiteres allein auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erneut wegen Beihilfe zum Bankrott zu bestrafen.

III.


52
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme richtet, ist unbegründet.
53
1. Die Anklage legt dem Angeklagten R. zur Last, dass er vom Zeugen N. den Abschluss eines Beratervertrages zwischen der G. und dem Angeklagten S. als Gegenleistung für den Generalübernehmervertrag mit der Stadt Dresden verlangt habe. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft eine Vorteilsannahme des Angeklagten R. .
54
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. gegenüber dem Zeugen N. geäußert hat, er wünsche, dass der Angeklagte S. als Koordinator gegenüber der Stadt Dresden eingesetzt werde, sollte es zum Vertragsschluss zwischen der G. und der Stadt Dresden kommen. Hieraus hat das Landgericht zwar geschlossen, dass der Zeuge den Eindruck gewinnen durfte, der Angeklagte R. fordere die Be- schäftigung des Angeklagten S. als Gegenleistung für den Vertragsabschluss. Das Landgericht hat sich jedoch nicht davon zu überzeugen vermocht , dass der Angeklagte R. erkannt hat, sein Wunsch nach einer Beschäftigung S. s könnte in einem Bedingungszusammenhang mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrags gestanden haben.
55
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand.
56
a) Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH wistra 2005, 304, 305; NStZ 2002, 48 m.w.N.).
57
b) Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht auf.
58
aa) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stehen die Zweifel des Landgerichts am Vorsatz des Angeklagten im Einklang mit den getroffenen Feststellungen. Dass das Landgericht dabei seine Zweifel an einer konkreten Tatsache festmacht oder sie gerade aus ihr herleitet, ist aus Rechtsgründen nicht geboten. Vielmehr ist der Tatrichter gehalten, aus dem Gesamtzusammenhang der von ihm objektiv festgestellten Tatsachen Schlüsse auf die Willensrichtung des Angeklagten zu ziehen. Ein solcher Schluss ist rechtsfehlerfrei, wenn er möglich und jedenfalls vertretbar erscheint , also die richterliche Überzeugungsbildung nicht überspannt wird. Dies ist hier der Fall.
59
bb) Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob dieser Erklärung schon der vom Landgericht beigemessene Erklärungswert zukommt, dass der vom Angeklagten R. geäußerte Wunsch, dem Angeklagten S.
einen Beratervertrag einzuräumen, als Bedingung für die Beauftragung der G. angesehen werden konnte. Insoweit ist diese Auslegung nicht unmittelbar durch Tatsachen belegt. Nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen mitgeteilten Aussage des Zeugen N. hat der Angeklagte seinen Wunsch so formuliert, dass S. den Beratervertrag erhalten sollte, sofern es zum Vertragsschluss komme. Der Angeklagte R. hat nach den Urteilsfeststellungen weder vorab einen Beratervertrag für S. verlangt, noch lässt sich dieser Erklärung ihrem Wortsinn nach ein Bedingungszusammenhang entnehmen. Der Zeuge N. hat dies ausweislich der Urteilsfeststellungen auch nicht so verstanden. Wenn schon der Erklärungswert der Aussage nicht zwingend war, dann gibt dies auf der subjektiven Ebene einen umso größeren Spielraum für die Auslegung. Je weniger eindeutig sich die Gesprächssituation konkretisieren lässt, desto größere Zweifel können auch entstehen, wie der Angeklagte R. seine eigene Erklärung verstanden wissen wollte.
60
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt die Auslegung des Landgerichts auch nicht etwa ein mit den Sprach- und Denkgesetzen unvereinbares Ergebnis dar, das einen revisiblen Rechtsverstoß begründen könnte. Der Generalbundesanwalt will dabei entscheidend darauf abheben , dass der Angeklagte R. von „sich“ gesprochen habe und damit nicht die „Stadt Dresden“ gemeint haben könnte. Es entspricht aber der Lebenswirklichkeit , dass der Vertreter, bei Erklärungen für den Interessenkreis des Vertretenen auf die für jedermann offensichtliche Hervorhebung seiner Vertreterstellung verzichtet.
61
cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Auslegung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte. Das Landgericht hat sowohl die Interessenlage des Angeklagten, der S. auch als persönlichen Berater nicht verlieren wollte, als auch die besonderen Schwierigkeiten , die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten S. ergeben , gesehen und ersichtlich in die Würdigung der subjektiven Tatseite beim Angeklagten R. einbezogen. Namentlich angesichts der eigenen Verstrickung des Angeklagten S. in gleichem Zusammenhang und des engen Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden Angeklagten erscheint eine abweichende Beurteilung der Frage, ob hinreichende Tatsachen auch für eine strafbare korruptive Verstrickung des Angeklagten R. vorlagen , nicht fernliegend. Dies reicht indes nicht aus, einen Rechtsfehler für die noch vertretbare Auffassung des Landgerichts zu begründen.
62
4. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung nach § 331 StGB ausgegangen. Es trifft allerdings zu, dass nach der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) erfolgten Neufassung des § 331 StGB eine Ausdehnung der Strafbarkeit insoweit eingetreten ist, als kein Zusammenhang mehr zwischen dem Vorteil und einer bestimmten Dienstausübung vorhanden sein muss. Es reicht aus, wenn der Amtsträger den Vorteil für irgendeine dienstliche Tätigkeit verlangt. Damit soll einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden, mit dem ein böser Schein möglicher Käuflichkeit erweckt wird (BGHR StGB § 331 Unrechtsvereinbarung

2).


63
Diese Gesetzeslage hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt. Abgesehen davon, dass als mögliche Diensthandlung hier allein der Vertragsschluss mit der G. in Betracht kam, hat das Landgericht angenommen , der Angeklagte R. habe subjektiv eine solche Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung weder erkannt noch gewollt. Wenn dem Angeklagten nicht bewusst geworden ist, dass diese Erklärung so verstanden werden könnte, dann fehlte ihm zwangsläufig auch das Bewusstsein, den bösen Schein möglicher Käuflichkeit hervorzurufen. Solches ist aber erforderlich , weil auch im Rahmen des Tatbestands des § 331 StGB der Angeklagte diesen Zusammenhang erkennen oder mindestens billigend in Kauf nehmen muss (BGHSt 49, 275, 296). Dies hat das Landgericht aber gerade rechtsfehlerfrei verneint.
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 440/15
vom
24. Mai 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________
Zur (Haushalts-)Untreue durch Zubilligung von Erfahrungsstufen bei Einstellung als
Tarifbeschäftigte(r) im Öffentlichen Dienst.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15 – LG Halle (Saale)
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2016:240516U4STR440.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Verhandlung am 17. März 2016 und in der Sitzung vom 24. Mai 2016, an der teilgenommen haben :
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Mutzbauer, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 9. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten, den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt H. , vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt im Zusammenhang mit der Einstellung von drei städtischen Bediensteten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat Erfolg.

I.


3
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legte dem Angeklagten zur Last, er habe am Tage seines Dienstantritts als neu gewählter Oberbürgermeister, am 1. Dezember 2012, mit drei von ihm ausgesuch- ten und ihm genehmen Personen, die ihn bereits in der Vergangenheit bei seiner kommunalpolitischen Arbeit unterstützt hatten und denen er deshalb im besonderen Maße vertraute, unter anderem unter Umgehung geltender Vorschriften über die Ausschreibung derartiger Dienstposten Arbeitsverträge mit einer gemessen an ihrer jeweiligen Qualifikation zu hohen tariflichen Einstufung abgeschlossen. Durch die pflichtwidrige, nämlich unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommene Zuordnung der drei Beschäftigten zur fünften der jeweils sechs zur Verfügung stehenden Erfahrungsstufen der jeweiligen Entgeltgruppe sei der Stadt H. ein vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommener Gefährdungsschaden in Höhe von ca. 290.000 Euro entstanden.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
5
Im Vorfeld der Übernahme seines Amtes bemühte sich der Angeklagte unter den Beschäftigten der Stadtverwaltung erfolglos um die Gewinnung von Personen für die Besetzung von drei im Haushaltsplan der Stadt ausgebrachten Stellen. Er wollte diese Positionen mit vertrauenswürdigen Mitarbeitern besetzen , die ihn bei der Umsetzung seiner politischen Vorhaben während seiner Amtszeit wirkungsvoll und loyal unterstützen würden, und sah die zügige Besetzung dieser Stellen deshalb als dringlich an. Ihm war bekannt, dass er bei einem Zugriff auf externe Kandidaten allenfalls hinsichtlich der Stelle des Büroleiters des Oberbürgermeisters auf eine förmliche Ausschreibung würde verzichten können. Gleichwohl setzte er das Einstellungsverfahren mit dem Ziel der Besetzung der Stellen mit den Zeuginnen E. und W. sowie mit dem Zeugen P. , die Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung der StadtH. ausübten und die zur Übernahme der Stellen bereit waren, ohne eine förmliche Ausschreibung in Gang. Alle drei Personen hatten ihn im Vorfeld seiner Wahl zum Oberbürgermeister unterstützt, die Zeugin E. war für den Angeklagten darüber hinaus wegen ihrer vorangegangenen Tätigkeit als seine persönliche Referentin in seiner Zeit als Beigeordneter in H. eine „gesetzte Mitarbeiterin“. Den Personalrat beteiligte er weder bei der Einstellung der genannten Mitarbeiter noch bei deren konkreter Eingruppierung in die Erfahrungsstufen der den Zeugen zustehenden Entgeltgruppen, da er aufgrund zuvor geführter Gespräche mit Vertretern des Personalrates sowie Mitgliedern des Personalamtes Widerstände gegen die von ihm beabsichtigte Stellenbesetzung befürchtete und weitere Diskussionen über seine Entscheidungen und das Auswahlverfahren nicht aufkommen lassen wollte. Er veranlasste ferner, dass dem Personalamt der Stadt erst zwei Wochen vor dem beabsichtigten Einstellungstermin Bewerbungsunterlagen der drei von ihm ausgewählten Zeugen übermittelt wurden; diese Unterlagen waren zudem unzureichend.
6
Mit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 schloss er sodann die auf seine Amtszeit befristeten Arbeitsverträge mit der Zeugin E. als seiner Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 TVöD VKA), dem Zeugen P. als Referent für strategische Grundsatzfragen (Entgeltgruppe 14 TVöD VKA) und der Zeugin W. als Referentin und wissenschaftliche Sachbearbeiterin für Sicherheit und Ordnung (Entgeltgruppe 13 TVöD VKA). Die Unterzeichnung der von ihm selbst erstellten Vertragsurkunden erfolgte in Anwesenheit der drei Zeugen in seinem Büro. Um befürchtete Widerstände seitens des Personalamtes gegen eine zu hohe Zubilligung von Erfahrungsstufen gar nicht erst aufkommen zu lassen, machte er die jeweils gewährte Erfahrungsstufe 5 in den von ihm eigenhändig unterschriebenen Arbeitsverträgen zum Vertragsbestandteil. Die hausinterne Organisationsverfügung, wonach die Erfahrungsstufe bei Neueinstellungen vom Personalamt gesondert festzulegen war, hatte er zuvor durch eine Dienstanweisung aufgehoben. Alle drei Zeugen verbesserten sich durch die ihnen gewährte Entgeltgruppe mit der jeweiligen Erfahrungsstufe 5 finanziell teilweise deutlich gegenüber ihren bisherigen Tätigkeiten. So war etwa die Vergütung der Zeugin E. während ihrer auf ein Jahr befristeten Beschäftigung bei der Stadt H. als persönliche Referentin des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Beigeordneter in der Entgeltgruppe 13 mit der Erfahrungsstufe 1 erfolgt. Auch hatte keine der drei genannten Personen die Erfahrungsstufe 5 bei den Verhandlungen zum Abschluss der jeweiligen Arbeitsverträge gefordert. Der Zeuge P. hatte vorab lediglich darauf hingewiesen, dass er sich erst ab Erfahrungsstufe 4 finanziell nicht gegenüber seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit schlechter stellen würde und die Zubilligung dieser Erfahrungsstufe für ihn ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Abschluss des Arbeitsvertrages wäre. Dass die drei Zeugen ihre Tätigkeit alle auch unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 4 ausgeübt hätten, war dem Angeklagten bewusst. Mit der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 verfolgte der Angeklagte unter anderem das Ziel, den Zeugen entgegenzukommen, um sie künftig an sich zu binden , und sie gleichzeitig für die im Wahlkampf geleistete Unterstützung zu belohnen. Nach der in der Verwaltung der Stadt H. geübten Verwaltungspraxis wurde bei zeitlich befristeten Verträgen im Regelfall allenfalls die Erfahrungsstufe 3 als höchste Stufenzuordnung vergeben. Gleichwohl machte der Angeklagte seine Beweggründe für die höhere Einstufung nicht aktenkundig.
7
Erst mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 unterbreitete der Angeklagte ohne nähere Begründung die vorgenommenen Einstellungen mit der dazugehörigen Stufenzuordnung dem Personalrat, der der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 umgehend widersprach, da er die erforderlichen Nachweise für diese Zuordnung in keinem der drei Fälle als erbracht ansah. Eine Einigung über die Einstufung der drei Zeugen zwischen dem Angeklagten und dem Personalrat kam auch in der Folgezeit nicht zustande. Letztlich setzte sich der Angeklagte, der die Probezeit der drei neu eingestellten Mitarbeiter mit Wirkung zum 30. April 2013 vorzeitig für beendet erklärt hatte, mit der Abgabe einer sog. qualifizierten Begründung nach § 62 Abs. 7 Satz 2 PersVG des Landes SachsenAnhalt , die in seinem Auftrag eine Rechtsanwältin, die Zeugin K. , unter dem 30. Mai 2013 vorbereitete, über die Einwände des Personalrates hinweg, sodass es bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 bei allen drei Zeugen verblieb.
8
3. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Untreue im Sinne von § 266 StGB in Form der sogenannten Haushaltsuntreue komme nur in Fällen evidenter Pflichtverletzungen in Betracht, also dann, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt werde. Eine danach erforderliche gravierende Pflichtverletzung habe dem Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können. Bei der Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter in Erfahrungsstufe 5 habe der Angeklagte in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt; insbesondere seien alle drei Einstellungen zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne dieser Vorschrift erfolgt. Danach sei der Angeklagte befugt gewesen, Zeiten einer vorherigen Beschäftigung für die Frage der Ein- stufung zu berücksichtigen, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit bloß „förderlich“ gewesen seien. Bei der Beurteilung der Förderlichkeit im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) sei ihm ein weitgehendes Ermessen eingeräumt , welche Vorbeschäftigungen er als förderlich ansehe und in welchem Maße er diese für die Einstufung heranziehe. Diesen Ermessensspielraum habe der Angeklagte im vorliegenden Fall weder grob verkannt noch bewusst um- gangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es zwar durchaus möglich , wenn nicht sogar naheliegend, dass sich der Angeklagte bei seiner Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter möglicherweise auch von sachfremden Motiven habe beeinflussen lassen. Unter Weglassung sachfremder Kriterien hätte allen drei Personen eine Vergütung nach der Erfahrungsstufe 4 gewährt werden können. Es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass sachfremde Motive allein oder ganz wesentlich die Grundlage der Entscheidung des Angeklagten gebildet hätten. Vielmehr habe er seine Entscheidung im Wesentlichen anhand sachlicher Kriterien getroffen, die zwar im Einzelfall möglicherweise nicht ermessensfehlerfrei berücksichtigt worden seien, aber keinesfalls gravierende oder gar willkürlich erscheinende Fehler darstellten.

II.


9
Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue im Sinne von § 266 Abs. 1 Fall 2 StGB zum Nachteil der Stadt H. nur in Betracht kommt, wenn er eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Zu Recht hat es eine derartige Treuepflicht im vorliegenden Fall aus der Stellung des Angeklagten als (hauptamtlicher) Oberbürgermeister im Sinne von § 63 Abs. 1 GO LSA in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 10. August 2009 (GVBl. LSA 2009, 383) gefolgert. Danach oblag es ihm, die Haushaltswirtschaft u.a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 90 Abs. 2 GO LSA aF) zu führen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 3209, 3217, Tz. 128). Konkretisiert wurde dies zum Tatzeitpunkt u.a. auch durch die Verwaltungsvorschrift des Landes Sachsen-Anhalt zu § 7 LHO LSA, wonach das Sparsamkeitsprinzip bei allen ausgabenwirksamen Maßnahmen zu beachten war (Nr. 1 VV zu § 7 LHO LSA, RdErl. des FM v. 1. Februar 2000 – 21 – 04003/2).
11
b) Der Sparsamkeitsgrundsatz, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar, das von allen Trägern hoheitlicher Gewalt unabhängig davon zu beachten ist, auf welcher Grundlage sie tätig werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 – 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; vom 26. April 2006 – 2 StR 515/05, NStZ-RR 2006, 307, und vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 81 f. mwN, z. Veröff. in BGHSt best.; vgl. auch Krell, Untreue durch Stellenbesetzungen, 2015, S. 69 mwN). Als rechtliche Steuerungsnorm ist er dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum aller Hoheitsträger dahingehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 und vom 29. August 2007, jeweils aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 82 a.E.).
12
Er verpflichtet indes nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Daher ist auch für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz, wonach er der Zubilligung einer höheren Vergütung dann entgegensteht, wenn der Betreffende seine Leistung auch zu anderen, günstigeren Bedingungen erbracht hätte oder erbringen muss, kennt das deutsche Recht nicht (BGH, Urteil vom 29. August 2007 aaO). Daher überschreitet der zur Entscheidung Berufene auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung, soweit ihn öffentlich-rechtliche Vorschriften insoweit nicht begrenzen, seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung zahlt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Vertragspartner auf Grund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden insoweit lediglich eine äußere Grenze (BGH aaO).
13
2. Eine solche Vorschrift, die hier den Entscheidungsspielraum des Angeklagten über die Eingruppierung der bei seinem Amtsantritt eingestellten drei Beschäftigten begrenzte, ist – was das Landgericht im Ansatz ebenfalls zutreffend erkannt hat – § 16 TVöD (VKA). Denn diese Vorschrift trifft eine für die Höhe der Vergütung von Tarifbeschäftigten relevante Regelung. Indem sie die Eingruppierung in verschiedene Erfahrungsstufen im Sinne eines RegelAusnahme -Verhältnisses vom Vorliegen jeweils unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht, dient sie zunächst, wie jede Vergütungsbestimmung in einem Tarifvertrag, der Vergütungsgerechtigkeit durch Schaffung eines objektivierten Gefüges (Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, 7. Aufl., Einl. Rn. 7 unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 24. März 2004 – 5 AZR 303/03, BAGE 110, 79, Tz. 44 mwN). Der in Bund und Kommunen am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene TVöD sowie der TV-L für den Bereich der Länder vom 1. November 2006 hatten indes auch zum Ziel, die Entgeltsysteme im öffentlichen Dienst unter Betonung leistungsorientierter Kriterien zu flexibilisieren (vgl. dazu Winter in: Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl., § 1, Rn. 401, 404). Ermöglicht es aber eine tarifvertragliche Bestimmung – wie hier § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) – dem öffentlichen Arbeitgeber, diesem Gesichtspunkt bei der Eingrup- pierung eines Tarifbeschäftigten Rechnung zu tragen, ist er bei seiner auf diese Vorschrift gestützten Entscheidung seinerseits zur Einhaltung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet (BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 20 zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L).
14
3. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für die drei eingestellten Mitarbeiter in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt, lässt indes nicht nur besorgen, dass sie den Regelungsgehalt dieser tarifrechtlichen Bestimmung verkannt hat, sondern auch, dass sich dieser rechtlich fehlerhafte Ausgangspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte den drei Beschäftigten jeweils eine sachlich nicht gerechtfertigte, unangemessene Vergütung gewährt und damit im Sinne von § 266 StGB pflichtwidrig gehandelt hat, zu seinem Vorteil ausgewirkt hat.
15
a) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD (VKA) werden Beschäftigte ohne einschlägige Berufserfahrung der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet, verfügen sie über einschlägige Berufserfahrungen unter den in Satz 2 näher bestimmten Voraussetzungen , erfolgt eine Zuordnung maximal in die dritte Erfahrungsstufe. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber nach der hier entscheidungserheblichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
16
b) Schon die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe die hier in Rede stehenden Einstellungen in Erfahrungsstufe 5 „zur Deckung des Per- sonalbedarfs“ im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommen, be- gegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
17
aa) Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs – ebenso wie bei der Bewertung der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit – handelt es sich daher um eine Tatbestandsvoraussetzung. Erst wenn diese beiden einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet (vgl. nur BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217 mwN zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L). Das Tatbestands- merkmal „zurDeckung des Personalbedarfs“ ist nur dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal für die Besetzung einer bestimmten Stelle hat (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008 – 6 AZR 498/07, ZTR 2008, 547, Tz. 29). Dies liegt etwa auch dann vor, wenn die für eine Stelle in Aussicht genommene Person nicht bereit ist, diese ohne Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe anzutreten (vgl. LAG Baden-Württemberg , Urteil vom 21. März 2011 – 22 Sa 76/10, ZTR 2011, 426, Tz. 102).
18
bb) Bereits daran fehlt es hier nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen.
19
Das Landgericht hat eine derartige Schwierigkeit, Personen für die Besetzung der drei im Haushaltsplan vorhandenen Stellen zu gewinnen, gerade nicht festgestellt. Zwar waren die Bemühungen des Angeklagten zur Gewinnung von Kandidaten für die Stellen aus dem Kreis der bei der Stadt H. Beschäftigten erfolglos. Mit den Zeuginnen E. und W. sowie dem Zeugen P. standen indes Anwärter für die Stellen zur Verfügung; deren Einstellung sollte auch erfolgen. Auch hatte nur einer von ihnen, der Zeuge P. , die Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe – Stufe 4 – als Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages konkret gefordert. Damit war bereits die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 nach den Feststellungen nicht gegeben.
20
c) Ungeachtet dessen hält auch die weitere Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 vornehmen können, da alle drei Beschäftigten in der Vergangenheit berufliche Tätigkeiten ausgeübt hätten, die im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) für die vorgesehenen Tätigkeiten „förderlich“ seien, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen als förderliche vorherige berufliche Tätigkeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten in Betracht, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat. Förderlichkeit kann insbesondere anzunehmen sein, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind. Auch eine selbstständige Tätigkeit kann danach eine förderliche berufliche Tätigkeit sein (vgl. zu alledem BAG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 30; vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 94/12, Tz. 58, und vom 21. November 2013 – 6 AZR 23/12, ZTR 2014, 148, Tz. 53).

22
bb) Gemessen daran wird die dahingehende Annahme des Landgerichts, die sich letztlich nur auf die ungeprüft übernommene Einlassung des Angeklagten und die von ihm veranlasste sog. qualifizierte Begründung im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Einigungsverfahrens stützt, nicht hinreichend belegt. Nach den getroffenen Feststellungen versteht sich dies im Hinblick auf alle drei betroffenen Personen auch nicht von selbst. Es kommt hinzu, dass das Landgericht nicht ausschließbar die Auffassung vertreten hat, dem Angeklagten stünde bereits bei der Bejahung des Merkmals der Förderlichkeit ein „weitge- hendes“ Ermessen zu. Dies trifft jedoch, wie oben näher ausgeführt,nicht zu, weil es sich insoweit um reine Rechtsanwendung auf der Tatbestandsseite von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) handelt.
23
Danach beruht der Freispruch des Angeklagten in entscheidungserheblichen Punkten auf der rechtlich unzutreffenden Bewertung derjenigen Tatbestandsmerkmale von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA), die dem Angeklagten erst die Möglichkeit eröffneten, über die Eingruppierung der drei Beschäftigten in einer über der Stufe 3 liegenden Erfahrungsstufe zu befinden.
24
4. Der Freispruch des Angeklagten erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
25
Tragfähige Feststellungen zu einem der Stadt H. als Anstellungskörperschaft möglicherweise entstandenen Vermögensschaden hat das Landgericht, da es bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint hat, nicht getroffen. Der Senat vermag dem angefochtenen Urteil schon im Hinblick auf die Erwägungen zu dem durch die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 not- wendig gewordenen erhöhten Mittelabfluss aus dem Haushalt der Stadt H. nicht zu entnehmen, dass ein solcher Schaden unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entstanden sein kann.

III.


26
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
27
1. Sollte der neue Tatrichter im Hinblick auf die Begleitumstände der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für alle drei Beschäftigten zu Feststellungen gelangen , die denen des angefochtenen Urteils entsprechen, wird er in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten haben, ob diese die Annahme einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB stützen können oder jedenfalls für die Beurteilung der subjektiven Tatseite von Bedeutung sind. Dabei wird gegebenenfalls in den Blick zu nehmen sein, dass der Angeklagte bestehende Ausschreibungsvorschriften nicht beachtete, die für die Einstufung maßgeblichen Gründe nicht dokumentierte, ferner die verspätete Zuleitung unvollständiger Bewerbungsunterlagen an das Personalamt der Stadt, die Nichtbeteiligung des Personalrats, die vorfristige Verkürzung der vorgesehenen Probezeiten und der Umstand, dass der Angeklagte – nach den Feststellungen in Abweichung von der üblichen Verfahrensweise – die Zubilligung der Erfahrungsstufe unmittelbar in den Arbeitsverträgen festschrieb.
28
2. Bei der Berechnung eines der Stadt H. möglicherweise entstandenen Vermögensschadens wird Folgendes zu bedenken sein:
29
Maßgeblich für die Feststellung eines derartigen Schadens ist ein Vergleich des Vermögensstandes der Stadtverwaltung vor dem Abschluss der drei Arbeitsverträge mit dem Vermögensstand danach. Danach könnte jedenfalls die Feststellung eines Mindestschadens in Höhe der Differenzbeträge zwischen einer möglicherweise maximal zu bewilligenden Erfahrungsstufe 4 und der tatsächlich bewilligten Stufe 5 sowie der dadurch letztlich veranlasste Mittelabfluss aus dem Haushalt in Betracht zu ziehen sein. Im Übrigen verweist der Senat auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung in derartigen Fällen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62, BGHSt 17, 254, 256).

IV.


30
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Landgerichts zurückzuverweisen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 539/05
vom
25. April 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2006 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 4. Juli 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Die von dem Angeklagten veranlassten Leistungen zugunsten des BRK waren pflichtwidrig im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB. Dabei kann dahinstehen, ob die Strafbarkeit des Angeklagten nach dem Missbrauchstatbestand oder, wie vom Landgericht angenommen, nach dem Treubruchstatbestand des § 266 Abs. 1 StGB zu beurteilen ist, was davon abhängt, ob der Angeklagte als Bürgermeister mit Vertretungsmacht für die Gemeinde handelte. Inwieweit die Kompetenzregelungen der Art. 29, 30 Abs. 2, 36 und 37 BayGO zivilrechtlich zu Lasten Dritter gelten und mithin zu einer Einschränkung der Vertretungsmacht führen, ist umstritten (vgl. die Nachweise in Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung , Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern 36. Lfg. Art. 38 GO Anm. 2.1; offen gelassen in BGH NJW 1980, 115). Der Senat braucht die Frage hier nicht zu entscheiden , da die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Missbrauchs- tatbestandes und die Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchstatbestandes vorliegend übereinstimmen (vgl. BGHSt 47, 187, 192; BGH NJW 1984, 2539, 2540; NJW 2006, 453, 454). Hinsichtlich des Schuldumfangs sind sie hier gleich zu bewerten. Als Bürgermeister der Stadt S. war der Angeklagte jedenfalls verpflichtet , deren Vermögensinteressen im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB eigenverantwortlich zu betreuen (vgl. BGH NStZ 2003, 540, 541; NStZRR 2005, 83, 84; BayObLG JR 1989, 299, 300). Falls der Angeklagte als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt haben sollte, wäre infolge seiner Zahlungsanweisungen kein Darlehensvertrag zwischen der Stadt S. und der Firma B. GmbH zustande gekommen. Dies hindert aber die Annahme eines Vermögensnachteils nicht, sodass auch in diesem Zusammenhang dahinstehen kann, ob die Zuständigkeitsregelungen in der BayGO die Vertretungsmacht des Bürgermeisters einschränken.
Eine schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung ist nämlich bereits darin zu sehen, dass die Stadt S. einem ganz erheblichen Prozessrisiko ausgesetzt ist, von der Firma B. GmbH auf Rückzahlung des angewiesenen Gesamtbetrages in Anspruch genommen zu werden, ohne ihrerseits den Betrag vom BRK zurückzuerhalten (vgl. BGHSt 44, 376, 385 f.). Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Tatsachen, die eine Prozessführung ermöglichen, nicht offenkundig sind. Nack Kolz Hebenstreit Elf Graf
5 StR 400/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10. Januar 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Untreue verurteilt worden ist, und im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit (Einsatzstrafe: ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe) und wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Wirtschaftsstrafkammer hat dem Angeklagten ferner für die Dauer von drei Jahren die Fähigkeit aberkannt, öffentliche Ämter zu bekleiden, und den Verfall von Wertersatz in Höhe von über 15.000 Euro angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 2 und 4 StPO).
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Im Mai 1995 beantragte die B. W. GmbH & Co. KG (W. ) aus Berlin für die Errichtung des Geschäftsund Dienstleistungszentrums Rathauspassage in Eberswalde die Baugenehmigung. Diese wurde Anfang 1996 kurz nach Amtsantritt des Angeklagten als Bürgermeister der Stadt Eberswalde erteilt. W. errichtete unter anderem ein Parkhaus mit 226 Stellplätzen, die indes nach Planungserweiterungen nicht mehr zur Erfüllung der bauordnungsrechtlichen Pflicht zur Errichtung von Stellplätzen ausreichten. W. hätte nach dem letzten Antrag auf Nutzungsänderung vom 13. Januar 1998 noch 36 weitere Stellplätze errichten oder einen Ablösebetrag von 342.000 DM entrichten müssen. Es bestand eine Sicherheitsleistung durch Abtretung einer Forderung in Höhe von 180.000 DM.
4
Die österreichische Unternehmerin E. B. betätigte sich, vertreten durch ihren Ehemann J. , ebenfalls als Investorin in Eberswalde. Sie beantragte im April 1996 die Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses, für das 13 Stellplätze zu errichten waren. Sie beantragte, sich von dieser Pflicht durch Zahlung des Ablösebetrages befreien zu dürfen. Dem wurde in der bestandskräftig gewordenen Baugenehmigung vom 21. Oktober 1996 entsprochen, die als ebenfalls nicht angefochtene Auflage die Pflicht enthielt, bis 20. Juni 1997 123.500 DM als Ablösebetrag an die Stadt zu zahlen. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung stellte E. B. – einem Zwischenbescheid folgend – eine Bankbürgschaft, die wiederum durch Festgeld in Höhe der Bürgschaftssumme gesichert war.
5
J. B. und die Vertreter von W. hatten bereits zum Jahresende 1997 auf eine Verringerung der Ablösebeträge gedrängt. Dem gab der Angeklagte nach; er schloss am 17. Februar 1998 mit W. einen – erst durch Änderung des § 52 Abs. 6 der Brandenburgi- schen Bauordnung (LBO) ab 1. Januar 1998 ermöglichten – Stellplatzablösevertrag über 35.000 DM. Dieser Betrag wurde sofort bezahlt und die Nutzungsänderung danach genehmigt.
6
Der Angeklagte kam ferner mit J. B. überein, den von dessen Ehefrau zu leistenden Ablösebetrag auf etwa die Hälfte zu verringern. Dafür sollte der Angeklagte etwa die Hälfte aus dem von der Bauherrin hierdurch ersparten Ablösebetrag als Gegenleistung erhalten. Nach Abnahme des Bauvorhabens B. am 25. März 1998 schloss der Angeklagte an demselben Tag einen Stellplatzablösevertrag über 59.800 DM. J. B. wies am 14. April 1998 seine Bank an, diesen Betrag der Stadt Eberswalde aus dem nicht länger anzulegenden Festgeld gegen Rückgabe der Bürgschaftsurkunde zu überweisen. Einen Tag nach Eingang der Bürgschaftsurkunde bei der Bank überwies E. B. aus dem verbliebenen ehemaligen Festgeldbetrag am 12. Mai 1998 auf ein Konto der Eheleute Sch. 30.000 DM und benannte als Verwendungszweck „Optionsgeld Grundstück Finowfurt“.
7
Das Landgericht hat den Abschluss der Stellplatzablöseverträge als missbräuchliche Vermögensverfügungen gewertet, aus denen der Stadt Vermögensnachteile in Höhe von 63.700 DM (Fall B. und ) 307.000 DM (Fall W. ) entstanden seien. Eine spätere Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch E. B. gegen die Nachforderung der Stadtverwaltung blieb erfolglos. Das Landgericht hat sich auf der Grundlage einer eingehenden – rechtsfehlerfreien – Beweiswürdigung davon überzeugt, dass die Überweisung der 30.000 DM auf keinem legalen Hintergrund beruhte.
8
2. Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit sie die Schuldsprüche wegen Untreue angreift. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe der Stadt durch Vornahme einer pflichtwidrigen wirksamen Diensthandlung einen erheblichen Vermögensnachteil zugefügt, trifft nicht zu. Jenseits davon rechtfertigen die Feststellungen des Landgerichts den Schuldspruch wegen Untreue nicht ohne weiteres.
9
a) Der Angeklagte hat durch den Abschluss der Stellplatzablöseverträge – im Fall B. im Wege des Wiederaufgreifens des Verwaltungsverfahrens (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Bbg VwVfG) in Verbindung mit Artikel 1 Nr. 34 lit. a des Gesetzes zur Änderung der Brandenburgischen Bauordnung und anderer Gesetze vom 18. Dezember 1997 (GVBl. I S. 124, 130) und im Fall W. allein nach dieser Vorschrift – die Ansprüche der Stadt Eberswalde auf Zahlung der Ablösebeträge nicht wirksam verringert. Die Verträge waren unwirksam. Der vom Landgericht angenommene Missbrauchstatbestand des § 266 Abs. 1 StGB ist nicht erfüllt.
10
aa) Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob – wie die Revision und der Generalbundesanwalt meinen – die von dem Angeklagten geschlossenen Verträge gemäß § 59 Abs. 1 Bbg VwVfG, § 134 BGB nichtig sind.
11
Die Pflicht zur Zahlung der Stellplatzablösebeträge stellt eine sich aus Gesetz ergebende öffentlich-rechtliche Zahlungsverpflichtung dar. Ob es sich hierbei um sonstige Abgaben im Sinne des § 1 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg handelt (VG Frankfurt [Oder], Urteil vom 19. April 2002 – 7 K 2552/00 m.w.N.; offen gelassen von OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Januar 2006 – 10 N 29.05; jeweils das Verfahren E. B. gegen Stadt Eberswalde betreffend), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Mit einer solchen Wertung wäre freilich dem Grundsatz der strikten Bindung an das Gesetz (Artikel 20 Abs. 3 GG) besondere und gesteigerte Bedeutung zugekommen (vgl. VG Frankfurt [Oder] aaO unter Berufung auf BVerwG NJW 1982, 2392, dort zum Erschließungsbeitragsrecht ). Die vorliegend auf der Grundlage des nach wie vor geltenden § 52 Abs. 7 LBO zutreffend festgelegten Ablösebeträge von jeweils 9.500 DM pro Stellplatz hätten demnach nur bei Eingreifen einer gesetzli- chen Ermächtigung wirksam reduziert werden können. Eine solche lag indes nicht vor. Zwar eröffnete Artikel 1 Nr. 59 lit. c des genannten Änderungsgesetzes die Möglichkeit einer Minderung der Ablösebeträge um 50 %. Dies war aber von dem Erlass einer örtlichen Bauvorschrift abhängig, die in Eberswalde erst am 1. Januar 1999 in Kraft getreten ist. Im Übrigen unterschritten die vom Angeklagten vorgenommenen Reduzierungen das gesetzlich zulässige Höchstmaß zusätzlich (von 9.500 DM auf 4.600 DM im Fall B. und auf – markant – 972 DM im Fall W. ).
12
Ob solches in der vorliegenden Fallkonstellation ausnahmslos gelten müsste und ob gegebenenfalls eine so begründete – untreuespezifische – Nichtigkeit die Erfüllung des Straftatbestands der Untreue überhaupt berühren könnte, kann gleichfalls offen bleiben.
13
bb) Jedenfalls sind die vom Angeklagten abgeschlossenen Verträge unwirksam wegen Verstoßes gegen § 67 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg (GO) i.V.m. §§ 177 ff. BGB, weil die danach zusätzlich erforderliche Unterschrift des Vorsitzenden der Gemeindevertretung oder eines seiner Vertreter nicht beigefügt worden ist (BGH NJW-RR 2001, 1524; VG Frankfurt [Oder] aaO; OVG Berlin-Brandenburg aaO) und hier auch nicht beigefügt werden durfte. Die fehlende Mitwirkung des Vorstands der Gemeindevertretung hat zur Folge, dass der Angeklagte die Gemeinde nicht wirksam im Außenverhältnis binden konnte. Dies führt zum Ausschluss des Missbrauchstatbestandes (Lenckner/Perron in Schönke /Schröder, StGB 27. Aufl. § 266 Rdn. 17).
14
b) Auch auf der Grundlage des Treubruchstatbestandes des § 266 Abs. 1 StGB kann die Verurteilung wegen Untreue nicht aufrechterhalten bleiben. Einen derart alternativ begründeten Schuldspruch tragen die Feststellungen bei der offensichtlichen Unwirksamkeit der Verträge vor dem Hintergrund der Straflosigkeit versuchter Untreue sowie eines jedenfalls geringe- ren Schuldumfangs und eines fehlenden Beleges eines hierauf bezogenen Vorsatzes für sich nicht ohne weiteres.
15
Zwar stand der Angeklagte als Bürgermeister gegenüber der Stadt Eberswalde in einem Treueverhältnis (vgl. allgemein BGH GA 1956, 121 f.; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 34). Als Leiter der Gemeindeverwaltung (§ 61 Abs. 1 Satz 1 GO) hatte der Angeklagte für eine sparsame und wirtschaftliche Führung der Haushaltswirtschaft (§ 74 Abs. 2 GO) und dafür Sorge zu tragen, dass die Gemeinde Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften erhebt (§ 75 Abs. 1 GO). Die Feststellungen belegen aber nicht die vom Landgericht zugrunde gelegten Vermögensnachteile der Stadt, die durch die vom Angeklagten geschlossenen Verträge wegen deren Unwirksamkeit unmittelbar keine Ansprüche einbüßte (vgl. auch BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 46).
16
aa) Im Fall B. kommt als Vermögensnachteil hier auch nicht die Herausgabe der Bürgschaft in Betracht. Zwar hat die Stadt Eberswalde eine ihr gestellte Sicherheit aufgegeben, was grundsätzlich eine Vermögensminderung zur Folge haben kann (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 67). Indes ist nicht ersichtlich, dass der Stadt Eberswalde eine schadensgleiche konkrete Gefahr drohte, mit ihrer Forderung gegen die vermögende Abgabenschuldnerin B. auszufallen. Der Senat kann überdies dem zur Prüfung der öffentlichrechtlichen Rechtslage herangezogenen Urteil des VG Frankfurt (Oder) entnehmen, dass der Anspruch der Stadt schon seit dem 31. Mai 2001 durch Aufrechnung erloschen ist.
17
bb) Die Vertragsabschlüsse durch den Angeklagten begründen auch deshalb keinen Nachteil im Sinne des § 266 StGB, weil die bisherigen Feststellungen nicht ausreichend belegen, dass die Durchsetzung der Ablösezahlungen , wenn schon nicht verhindert, so doch erheblich erschwert worden wäre. Anders als etwa in den Fällen unordentlicher Buchführung, in denen eine Untreue durch eine mangelhafte Dokumentation dann eintreten kann, wenn die Realisierung von Forderungen nachhaltig und konkret erschwert ist (vgl. dazu BGHSt 47, 8, 11; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 24, Nachteil 12), liegt eine vergleichbare Situation bei der hier gegebenen Sachlage nicht vor. Hier hätten Dritte lediglich beurteilen müssen, ob die vom Angeklagten abgeschlossenen, der Stadtverwaltung aber bekannten Verträge rechtswirksam sind. Die Unwirksamkeit der von dem Angeklagten abgeschlossenen Verträge drängte sich aber schon wegen des leicht zu erkennenden Fehlens der zweiten Unterschrift so stark auf, dass vor dem Hintergrund der den Mitarbeitern der Stadtverwaltung obliegenden Pflicht zur Einhaltung der Gesetze, die nach § 75 Abs. 1 GO eine Geltendmachung der scheinbar erlassenen Beträge verlangte, eine ernstliche Gefährdung der Ansprüche insoweit auszuschließen ist.
18
cc) Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 7. November 2006 einen Vermögensnachteil darin erblickt, dass vom Angeklagten vereitelte Haushaltseinnahmen zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers der Stadt Eberswalde (im Anschluss an BGHSt 43, 381, 399 und BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 54) geführt haben und er durch den gemäß § 52 Abs. 8 LBO für den Bau von Stellplätzen vorgegebenen Mittelaufwand in seinen politischen Gestaltungsmöglichkeiten beschnitten worden ist, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Das sich aus § 52 Abs. 8 LBO ergebende Gebot, die Stellplatzablösebeträge zum Bau von Stellplätzen oder für den öffentlichen Nahverkehr zu verwenden, ist nicht sofort nach Festsetzung und Eingang der Ablösebeträge zu erfüllen. Vielmehr sind die eingegangenen oder beigetriebenen Stellplatzablösebeträge in einer Sonderrücklage anzusammeln (vgl. Semtner in Reimus/Semtner/Langer, Die neue Brandenburgische Bauordnung § 52 Rdn. 16 m.w.N.). Die Ausgabe dieser Mittel unterliegt demgemäß der sinnvollen Disposition im Rahmen der längerfristig zu verwirklichenden Stadtentwicklung. Ein vorübergehender Ausfall eines Teils der für den Stellplatzbau oder die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs bestimmten Mittel nötigte deshalb grundsätzlich nicht zu Kreditaufnahmen oder Umschichtungen der Finanzmittel der Stadt.
19
Dabei liegt ein Sonderfall eines Bedürfnisses für einen kurzfristig notwendigen Bau von öffentlichen Stellplätzen nicht vor. Solche waren sogar über den Bedarf hinaus in der Innenstadt von Eberswalde vorhanden. Das von der W. errichtete Parkhaus war nämlich nur zu 27 % ausgelastet.
20
dd) Die Feststellungen belegen demnach – ausgehend von der sich auch im Fall W. aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe ergebenden Werthaltigkeit des Anspruchs der Stadt gegen diesen Investor – allenfalls einen gewissen, zudem nicht näher bestimmbaren Zinsverlust als Vermögensnachteil (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 51). Allein dies kann aber die Aufrechterhaltung der Schuldsprüche – jenseits der vom Landgericht in dem nicht mit einer Bestechlichkeit verbundenen Fall W. unzureichend erörterten Vorsatzproblematik (vgl. BGHSt 46, 30, 35; 47, 148, 157; 48, 331, 347 ff.) – nicht rechtfertigen. Dem neuen Tatrichter ist Gelegenheit zu geben, zu erwägen, ob gegen den nicht vorbestraften Angeklagten das Verfahren wegen der Tatvorwürfe der Untreue gemäß §§ 154, 154a StPO erledigt werden kann. Solche Überlegungen waren dem Landgericht wegen seines anderen Ansatzes zur Wirksamkeit der vom Angeklagten abgeschlossenen Verträge versagt.
21
3. Die Revision bleibt hingegen erfolglos im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den – zentralen – Schuldspruch wegen Bestechlichkeit richtet. Der Senat hat dabei in seine Überprüfung wegen der Verschränkung der Beweisführung sämtliche Verfahrensrügen in seine Würdigung einbezogen und bemerkt lediglich zum geltend gemachten Verstoß gegen § 244 Abs. 6 StPO durch Nichtverbescheidung des Antrags auf Vernehmung des Zeugen K. :
22
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Verteidiger unter den Gegebenheiten des vorliegenden Falles – über die Senatsentscheidung BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 42 hinaus – verpflichtet gewesen wäre, bereits am 11. Verhandlungstag dem Missverständnis des Gerichts, auch der Antrag auf Vernehmung des Zeugen K. sei verbeschieden, entgegenzutreten. Insbesondere kann offen bleiben, ob nach einem mit zahlreichen Anträgen vom Verteidiger bewirkten Wiedereintritt in die Beweisaufnahme am 12. Verhandlungstag eine gesteigerte Hinweispflicht gegenüber dem an diesem Tag wiederholt verlautbarten Missverständnis des Gerichts über die Verbescheidung des Antrags jedenfalls deshalb anzunehmen gewesen wäre, weil der Verteidiger zu diesem Zeitpunkt über den Stand der Beweisaufnahme wegen der mit der Stellung der weiteren Anträge notwendig verbundenen Überprüfung der Antragslage besser informiert gewesen ist als zum Zeitpunkt der ersten Feststellung, dass alle Anträge verbeschieden seien.
23
Der Senat schließt vorliegend im Blick auf die Allgemeinheit der den Inhalt politischer Erörterungen betreffender Beweisthemen und den Ausführungen des Landgerichts dazu (UA S. 10 f., 13, 25, 27) das Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler aus. In der Sache hat das Landgericht – wie in der dienstlichen Erklärung der Strafkammervorsitzenden dargelegt – die Behauptungen als bereits bewiesen betrachtet.
24
4. Der Strafausspruch und die Nebenentscheidungen können nicht aufrecht erhalten bleiben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich bei der Bemessung der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für die Bestechlichkeit die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe durch Vornahme einer pflichtwidrigen wirksamen Diensthandlung der Stadt einen erheblichen Vermögensnachteil zugefügt, zulasten des Angeklagten ausgewirkt hat. Das gleiche gilt für die gemäß § 358 StGB erfolgte Festsetzung der Aberkennung der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden. Auch die Verfallsanordnung hat keinen Bestand. Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB kommt vorliegend in Betracht, dass ein Teil des Bestechungslohns in Höhe des der Stadt entstandenen Schadens dieser nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB zusteht (vgl. BGHR StGB § 73 Verletzter 4).
25
5. Im erkannten Umfang bedarf die Sache deshalb neuer Aufklärung und Bewertung. Der Senat hat das Verfahren an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) gemäß § 354 Abs. 2 StPO zurückverwiesen. Dieses Gericht ist als Tatort- und Wohnsitzgericht zuständig (§ 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 StPO). Nach einer ersten Anklageerhebung am 29. Januar 2003 hat das Landgericht Potsdam am 16. Mai 2003 zurecht seine örtliche Zuständigkeit verneint. Auf die am 17. Juli 2003 zutreffend bei der allgemeinen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) erhobene Anklage hat die 2. große Strafkammer dieses Gerichts mit Beschluss vom 15. September 2003 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat schließlich am 21. April 2005 das Hauptverfahren vor dem bisher erkennenden Gericht eröffnet, das nach Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. September 2005 am 18. Oktober 2005 mit der Hauptverhandlung begonnen hat.
26
Der neue Tatrichter wird den hier dargestellten Verfahrensgang im Rahmen der Strafzumessung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen haben, ob die in Anspruch genommenen Bearbeitungszeiten bis zur Anklageerhebung , für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit und das Beschwerdeverfahren nach Nichteröffnung des Hauptverfahrens vor dem Hintergrund der Gesamtverfahrensdauer eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung be- gründen können (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13, 17; BGH NStZ-RR 2006, 177, 178).
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 592/10
vom
13. April 2011
in der Strafsache
1.
2.
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. April 2011 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 16. Juni 2010 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Untreue in zwei Fällen zu einer zweijährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, den Angeklagten Z. hat es wegen Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die sie auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge stützen. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

II.


3
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bedarf näherer Erörterung lediglich die Verurteilung der Angeklagten wegen Untreue (§ 266 StGB) im Zusammenhang mit zwei Kreditaufnahmen. Auch diese hält umfassender sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
1. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte S. im Tatzeitraum Erster Bürgermeister der Marktgemeinde W. , der Angeklagte Z. deren Kämmerer (zugleich Leiter der Finanzverwaltung ). Nach der Haushaltssatzung der Marktgemeinde war die Aufnahme von Kassenkrediten (Art. 73 BayGO) bis zu einer Höhe von insgesamt 3 Mio. Euro gestattet. Um zu verschleiern, dass dieser Betrag (als Summe aus einem Kontokorrentkredit und „festen Kassenkrediten“ mit fixen Zinsen und Rückzahlungsterminen ) seit dem Jahr 2001 zum Teil erheblich überschritten wurde, verbuchten die Angeklagten - beginnend mit dem Jahresabschluss für den Haushalt des Jahres 2005 - im Haushaltsjahr angefallene Ausgaben in das darauf folgende. Mit Einnahmen verfuhren sie umgekehrt. Über das Jahresende weiterlaufende feste Kassenkredite wurden nicht ausgewiesen. Dem Gemeinderat präsentierten die Angeklagten auf diese Weise einen von ihnen so bezeichneten „ordentlichen Haushalt“, der Schuldenstand der Marktgemeinde habe sich ständig reduziert, für als erforderlich dargestellte Investitionen seien Kreditaufnahmen „nicht mehr geplant“ (Haushalt 2007) bzw. „nicht vorgesehen“ (Haushalt 2008). Im Vertrauen auf diese Angaben beschloss der Marktgemeinderat jeweils die vorgeschlagenen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen.
5
Um die bestehenden und dem Gemeinderat vorenthaltenen Finanzierungslücken zu decken (die den Angeklagten bekannte Summe bestehender Kassenkredite belief sich bereits auf mehr als 4 Mio. Euro), nahmen die Angeklagten im Juli 2007 und im März 2008 für die Marktgemeinde weitere feste Kassenkredite in Höhe von jeweils 2 Mio. Euro auf, wobei sie gegenüber den Kreditgebern wahrheitswidrig behaupteten, die gesetzlichen und satzungsmäßi- gen Bestimmungen seien eingehalten. Die Darlehensvaluten wurden Konten der Gemeinde gutgebracht und „sämtlich für Aufgaben der Gemeinde verwendet“ (UA S. 19).
6
2. Das Landgericht hat die Kreditaufnahmen - ebenso wie die drei Fälle, in denen der Angeklagte Z. private Aufwendungen über den Gemeindehaushalt abgerechnet und sich dadurch persönlich bereichert hat - jeweils als Untreue (§ 266 StGB) gewertet. Der Marktgemeinde W. sei durch die pflichtwidrige Kreditaufnahme ein Schaden in Höhe der Zinsverpflichtung gegenüber der Bank (88.279,94 Euro und 92.766,67 Euro) entstanden; es sei nicht feststellbar, dass das Ermessen des allein zur Entscheidung berufenen Gemeinderats hinsichtlich der Investitionen aus dem Bereich kommunaler Pflichtaufgaben (Art. 57 Abs. 1 BayGO) in zeitlicher Hinsicht oder der Höhe nach „auf Null reduziert gewesen wäre“ (UA S. 19).
7
3. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
8
a) Die Angeklagten, deren Amtsstellung vermögensrechtliche Aufgaben umfasste, waren der Marktgemeinde gegenüber vermögensbetreuungspflichtig (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2007 - 5 StR 400/06, NStZ 2007, 579; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - 4 StR 550/02, NStZ 2003, 540; BGH, Beschluss vom 20. Mai 1994 - 2 StR 202/94, NStZ 1994, 586). Der Angeklagte S. hat seine Amtsstellung missbraucht, weil er gemäß Art. 38 Abs. 1 BayGO die Gemeinde im Außenverhältnis wirksam verpflichtete. Der Angeklagte Z. handelte treuwidrig. Es wurden entgegen den Bestimmungen der Haushaltssatzung und entgegen Art. 73 BayGO, die jeweils - zumindest mittelbar - dem Schutz des gemeindlichen Vermögens dienen, weitere (feste) Kassenkredite aufgenommen. Für die Investitionen, die nicht aus dem Vermögenshaushalt der Ge- meinde bestritten werden konnten und deren Finanzierung - auch nach dem Revisionsvorbringen - die Aufnahme der verfahrensgegenständlichen Kredite bedingte, hätte es einer in der Haushaltssatzung festzusetzenden (Art. 63 Abs. 2 Nr. 2 BayGO) und genehmigungspflichtigen (Art. 71 Abs. 2 BayGO) Aufnahme von Kommunaldarlehen bedurft. Kassenkredite dürfen nicht dazu eingesetzt werden, Investitionen zu finanzieren, sondern dienen ausschließlich der Erhaltung der Kassenliquidität bzw. der Behebung oder Überbrückung von Liquiditätsengpässen (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung des Freistaats Bayern, Art. 73 GO Erl. 3.; Masson/Samper, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 73 GO Rn. 2; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Art. 73 GO Rn. 2 f.).
9
b) Durch die Kreditaufnahme haben die Angeklagten der Gemeinde in Höhe der Kreditzinsen einen Vermögensnachteil zugefügt.
10
Nach aa) der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Untreue i.S.d. § 266 StGB auch bei Verstößen gegen haushaltsrechtliche Vorgaben oder Prinzipien gegeben sein (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2003 - 5 StR 448/02, NJW 2003, 2179; BGH, Urteil vom 17. April 2002 - 2 StR 531/01, NStZ-RR 2002, 237; BGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248; BGH, Urteil vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293; BGH, Urteil vom 21. Oktober 1994 - 2 StR 328/94, BGHSt 40, 287; BGH, Urteil vom 6. Mai 1986 - 4 StR 124/86, NStZ 1986, 455; BGH, Urteil vom 1. August 1984 - 2 StR 341/84, NStZ 1984, 549; vgl. auch Dierlamm in MünchKomm-StGB, § 266 Rn. 219 ff.; Saliger in SSW, StGB, § 266 Rn. 94 ff. mwN). § 266 StGB schützt jedoch als ein Vermögens- und Erfolgsdelikt (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08, Rn. 115) nur das (private oder öffentliche) Vermögen des Geschäftsherrn oder Treugebers als Ganzes, nicht aber seine Dis- positionsbefugnis. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften einen Vermögensnachteil. Vielmehr bedarf es auch in Fällen pflichtwidriger Verfügungen über Haushaltsmittel der eigenständigen, wirtschaftlich nachvollziehbaren Feststellung, dass das Vermögen des Berechtigten im Ganzen in einer bestimmten Höhe unter Berücksichtigung der durch die Verfügung erlangten Vermögensmehrungen vermindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. April 2003 - 5 StR 448/02, NJW 2003, 2179; BGH, Urteil vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293 jew. mN).
11
bb) Nach der Haushaltssatzung sollten die beschlossenen Baumaßnahmen ausschließlich aus dem Vermögenshaushalt bestritten werden. Die Angeklagten haben für die genehmigten Zwecke - Tief- und Hochbaumaßnahmen - die falschen Mittel (Darlehen) eingesetzt. Durch die Verpflichtung zur Zahlung von Kreditzinsen haben sie dem Haushalt ohne Gegenwert für die Gemeinde Mittel in Höhe dieser Zinsen endgültig und dauerhaft entzogen. Die Darlehensaufnahme stellt angesichts der Rückzahlungsverpflichtung keinen wirtschaftlichen Vorteil für die Gemeinde dar, ein anderer wirtschaftlicher Vorteil ist nicht ersichtlich. Auf das angestrebte oder erhoffte wirtschaftliche Gesamtergebnis am Ende des Haushaltsjahres kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 17. April 2002 - 2 StR 531/01, NStZ-RR 2002, 237 mwN; Dierlamm in MünchKomm -StGB, § 266 Rn. 219). Vage oder nur mittelbare Vorteile aus der - wenn auch von Anfang an beabsichtigten - Verwendung der Kreditmittel für kommunale Baumaßnahmen (die Revision nennt z.B. die erhöhte Attraktivität der Gemeinde ) stellen keinen den Nachteil ausgleichenden vermögenswerten Vorteil dar. Im Übrigen ergeht sich die Revision insoweit - was in der Natur derartiger Überlegungen liegt - in reinen Spekulationen. Der in der pflichtwidrig eingegangenen Zinszahlungsverpflichtung liegende Schaden hat sich - sukzessive - in voller Höhe realisiert und konnte - rechtsfehlerfrei - in dieser Höhe der Verurteilung der Angeklagten zugrunde gelegt werden.
12
Die Angeklagten können sich hier auch nicht darauf berufen, durch einen von ihnen durch Manipulationen und Täuschung herbeigeführten Gemeinderatsbeschluss oder aufgrund der Dringlichkeit der die Kreditaufnahme bedingenden Investitionen zum Mitteleinsatz verpflichtet gewesen zu sein oder der Marktgemeinde eine sonst unumgängliche Inanspruchnahme anderweitiger Mittel oder eine anderweitige Kreditaufnahme erspart zu haben. Eine Ermessensreduzierung auf Null war nicht feststellbar, ebenso wenig, dass der Gemeindrat auch bei Kenntnis der wahren Vermögensverhältnisse die Investitionen mit Sicherheit beschlossen hätte.
13
c) Die Feststellungen des Landgerichts begründen tragfähig den Vorsatz der Angeklagten hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit und hinsichtlich des aufgezeigten Vermögensschadens, auch wenn die Kreditaufnahmen ohne unmittelbaren Eigennutz für die Angeklagten erfolgten. Die Angeklagten handelten in Kenntnis aller Tatumstände, ihnen war die Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens und des dadurch bewirkten Vermögensschadens bewusst. Obwohl der Angeklagte Z. den Angeklagten S. wiederholt und ausdrücklich auf die Notwendigkeit eines Nachtragshaushalts hinwies, unterließ dieser es, einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen, „um sein Renommee als erfolgreicher Bürgermeister im Hinblick auf die anstehende Landratswahl nicht zu gefährden“ (UA S. 6). Hieraus den Schluss zu ziehen, die Angeklagten haben den Eintritt des oben dargestellten Vermögensschadens zumindest billigend in Kauf genommen, ist möglich - wenn nicht sogar nahe liegend. Die allgemeine Absicht, mit den pflichtwidrigen Handlungen „letztlich“ (aber nach eigenem Gutdünken) den Interessen des Treugebers nicht schaden oder ihnen dienen zu wollen, schließt den Vorsatz nicht aus (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 266 Rn. 175 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 Rn. 48, BGHSt 52, 323, 329).
14
4. Angesichts der Schadenshöhe hat die Strafkammer den Strafrahmen zutreffend den §§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB entnommen. Rechtsfehler bei der vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmenden Strafzumessung werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.
Nack Rothfuß Hebenstreit RiBGH Prof. Dr. Jäger ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Elf Nack

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 194/18
vom
19. September 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2018:190918B1STR194.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerinnen und des Generalbundesanwalts am 19. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 21. November 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zum Vorliegen von Vermögensnachteilen bleiben jeweils aufrechterhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte W. wegen Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und die Angeklagte A. wegen Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, hiervon jeweils drei Monate als vollstreckt erklärt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt.
2
Hiergegen wenden sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten; die Angeklagte A. rügt daneben auch die Verletzung formellen Rechts. Die unausgeführte Verfahrens- rüge ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Mit der Sachrüge haben die Rechtsmittel dagegen weitgehend Erfolg; im Übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Die Angeklagte W. übernahm im Jahr 2002 das Amt der Kämmerin der Stadt Pforzheim bei einem Haushaltsdefizit von etwa 30.000.000 €. Sie und die Angeklagte A. als damalige Oberbürgermeisterin kamen überein, die angespannte Finanzlage der Stadt durch strikte Sparmaßnahmen und ein modernes Schulden- und Zinsmanagement zu verbessern. In diesem Bestreben schloss die Angeklagte W. im Jahr 2003 trotz der relativ günstigen Durchschnittsverzinsung des damaligen stadteigenen Kreditportfolios, das einen Umfang von über 160.000.000 € hatte und keinerlei Fremdwährungsrisi- ken enthielt, Finanzderivate in Form von sog. „swaps“, also Verträge zur Modellierung von Zinslasten (hier: Zinssatzswaps oder sog. „Doppelswaps“), über ein Nominal von 12.103.000 € ab. Im Jahr 2004 kam es zudem ohne Wissen des Gemeinderats zum Abschluss von drei sog. Ladder swaps durch die Angeklagte W. mit der D. AG (im Folgenden: D. ). Diese waren keinen konkreten Darlehensverträgen der Stadt zugeordnet, ihr fiktives Nominal war aber auf die Hälfte des Gesamtkreditvolumens der Stadt beschränkt.
5
Obwohl sich die „Ladder swaps“ zunächst positiv entwickelt hatten, wan- delte die Angeklagte W. diese zwischen Ende 2004 und Juni 2006 in drei Verträgen mit der D. in sog. „CMS Spread Ladder swaps“ um, bei denen es sich um hochspekulative Hebelfinanzprodukte handelt, die wiederum keinen konkreten Krediten der Stadt zugeordnet waren. Während das Risiko der D. aus diesen Finanzprodukten der Höhe nach beschränkt war und der Bank zudem ein jederzeitiges Kündigungsrecht ohne Ausgleichszahlung zustand, war das Verlustrisiko der Stadt, die vertraglich für sieben Jahre gebunden war, theoretisch unbegrenzt, worauf die D. zuvor schriftlich hingewiesen hatte. Den Abschluss der Derivate hielt die Angeklagte W. gegenüber dem Gemeinderat und sonstigen Gremien der Stadt geheim.
6
Die Marktwerte sämtlicher Derivate entwickelten sich in der Folge negativ , so dass bis Ende des Jahres 2005 negative Marktwerte von über 11.000.000 € aufliefen und haushaltswirksame Zahlungen für die Stadt Pforzheim anstanden.
7
Um die prekäre Lage nicht offenlegen zu müssen und so ihren guten Ruf zu gefährden, entschloss sich die Angeklagte W. , die zeitnah anstehenden erheblichen Zahlungspflichten durch erneute Umstrukturierungen mittels des Abschlusses weiterer Finanzderivate in die Zukunft zu verschieben, was – wiesie wusste – mit zusätzlichen Kosten und Risiken verbunden war. Dabei hoffte sie unter bewusster Inkaufnahme der weiteren Risiken, die eingetretenen Buchverluste durch Gewinne aus den neuen „Finanzwetten“ ausgleichen zu können, bevor die negativen Marktwerte der Derivate in der Gemeinde bekannt würden. In Umsetzung des Entschlusses wandelte die Angeklagte W. unter bewusster Hinwegsetzung über haushaltsrechtliche Grundsätze zwei der zuvor abgeschlossenen „CMS Spread Ladder swaps“ in andere „CMS Spread Ladder swaps“ bei der D. am 19. Juni 2006 (Tat 1; Nominal: 10.000.000 €; Laufzeit bis 20. Dezember 2011) und am 10. August 2006 (Tat 2; Nominal: 20.000.000 €; Laufzeit bis 20. Dezember 2012) um, ohne zuvor Vergleichsangebote einzuholen oder den Gemeinderat in Kenntnis zu setzen. Auch diese Derivate waren wiederum keinen konkreten Krediten der Stadt Pforzheim zugeordnet. Aufgrund ihrer Risikostruktur – auch hier bestand ein Verlustrisiko für die Stadt Pforzheim in unbegrenzter Höhe, auf das die D. schriftlich hingewiesen hatte und das die Angeklagte W. bewusst in Kauf nahm, ohne weitere Erkundigungen einzuholen oder einen Vertrag zum Risikomanagement abzuschließen – waren diese Derivate nicht zur Zinsoptimierung oder -sicherung geeignet. Allerdings entfielen das Kündigungsrecht der D. und – beim zweiten Vertrag – die Untergrenze der von der Stadt zu erbringenden Zinszahlungen von 0 %; gleichzeitig verringerte sich der von der D. an die Stadt zu zahlende Zinssatz (UA S. 17). Die negativen Marktwerte der Vorprodukte sowie die Kosten und die Gewinnmarge der Bank (100.000 € bei Tat 1 und 200.000 € bei Tat 2) wurden eingepreist , so dass die jeweiligen Marktwerte der Derivate bereits von Beginn an negativ waren. Die mit der D. abgeschlossenen Derivate entwickelten sich weiter ungünstig für die Stadt, so dass sich deren negativen Marktwerte Ende September 2006 auf 17.200.000 € beliefen. Im Jahr 2007 standen erste Belastungen des kommunalen Haushalts aus diesen „in Schieflage geratenen“ Finanzderivaten an.
8
In dieser Situation weihte die Angeklagte W. Anfang Oktober 2006 die Angeklagte A. ein und bot ihre Kündigung an. Diese forderte sie jedoch auf, nunmehr „die Suppe auszulöffeln“. Dadie Angeklagten die hohen Buchwertverluste der Finanzgeschäfte vor dem Gemeinderat nicht offen legen und anstehende Zahlungen vermeiden wollten, entschlossen sie sich – nachdem vorherige Versuche, eine kostenneutrale Einigung mit der D. zu erzielen, erfolglos geblieben waren – zu weiteren Restrukturierungen bei einer anderen Bank, der J. (im Folgenden : J. ).
9
Vor diesem Hintergrund schlossen die Angeklagten, nachdem sie über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt worden waren, zunächst am 23. November 2006 sog. Spiegelderivate mit genau gegenläufigen Positionen zu den D. -Finanzderivaten bei J. ab (nicht Bestandteil des Tatvorwurfs).Die sich daraus ergebende Belastung der J. mit den negativen Marktwerten wurde durch den Abschluss von drei in einem Produkt zusammengeführten Finanzierungsderivaten (Bandbreiten-, Konvergenz- und Fremdwährungsderivat) auf die Stadt Pforzheim zurückgeführt (Tat 3; Gesamtnominal: 60.000.000 €; Laufzeit : 10 Jahre), wobei ein Gewinn der J. in Höhe von 975.000 € eingepreist wurde. Auch diese Derivate waren wiederum keinen konkreten Krediten der Stadt zugeordnet. Zudem enthielten sie u.a. Fremdwährungskomponenten, die in dem bisherigen Kreditportfolio der Stadt nicht vorhanden waren.
10
Obwohl sich das Fremdwährungsderivat mit einem Nominal von 30.000.000 € positiv entwickelte, wandelten die Angeklagten dieses – nach einer kurzen Zwischenlösung – am 15. März 2007 unter Aufnahme seines negativen Marktwertes in die Handelsstrategiederivate „C. “ und „M. “ der J. um (Tat 4; Nominal: je 15.000.000 €; Laufzeit: 10 Jahre), wobei wiederum keine Vergleichsangebote eingeholt wurden, auch kein konkreter Bezug der Derivate zu Krediten der Stadt Pforzheim bestand und eine Gewinnmarge der J. in Höhe von 1.195.000 € eingepreist wurde. Auch diese Derivate, durch welche die Zahlungspflichten der Stadt bis März 2014 bzw. März 2017 aufgeschoben wurden (UA S. 27), waren aufgrund ihrer Risikostruktur nicht als Zinssicherungs- oder Zinsoptimierungsinstrument geeignet. Über die Risiken der Finanzgeschäfte wurden die Angeklagten aufgeklärt. Den Gemeinderat informierten sie über die tatsächlichen Risiken, die jeweiligen negativen Marktwerte und die mit den Vertragsabschlüssen verbundenen Kosten nicht.
11
Schließlich wandelten die Angeklagten auch das Bandbreiten- und das Konvergenzderivat am 15. Februar 2008 unter Aufnahme der entsprechenden negativen Marktwerte und einer Gewinnmarge der J. in Höhe von 1.125.000 € in das Handelsstrategiederivat „ Q. “ der J. (Tat 5; Nominal: 30.000.000 €; Laufzeit: 9 Jahre) um, nachdem sich das Konvergenzderivat zuletzt stark negativ entwickelt hatte. Das abgeschlossene Handelsstrategiederivat , hinsichtlich dessen die Angeklagte W. wiederum keine Vergleichsangebote eingeholt hatte und über dessen Risiken die Angeklagten schriftlich aufgeklärt worden waren, zeichnete sich erneut vor allem durch lange zahlungsfreie Anfangszeiten aus, war aber aufgrund seiner Risikostruktur nicht zur Zinsoptimierung oder -sicherung geeignet, weil es neue Risiken beinhaltete und nicht lediglich die bis dahin im Portfolio der Stadt vorhandenen Risiken absicherte. Den Gemeinderat wiesen die Angeklagten nicht auf die Risiken des Derivatgeschäfts hin, sondern informierten diesen teilweise unrichtig und zudem selektiv über die damit erzielten Erträge.
12
Die jeweils mit den Finanzgeschäften verbundenen Risiken und Verstöße gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot sowie das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nahmen die Angeklagten bewusst in Kauf, um die entstandenen Buchspekulationsverluste durch etwaige Spekulationsgewinne ausgleichen und anstehende haushaltswirksame Zahlungen der Stadt aufschieben zu können, wobei sie aber auf einen positiven Ausgang hofften.
13
Aufgrund der Finanzkrise 2007 entwickelten sich die Derivate zunehmend schlecht; die negativen Marktwerte stiegen bis 2011 auf über 57.000.000 € an. Der endgültige aus den Finanzgeschäften von der Stadt zu tragende Verlust konnte schlussendlich durch den Abschluss von Vergleichen mit den beteiligten Finanzinstituten auf ca. 10.000.000 € vermindert werden.
14
2. Das Landgericht hat angenommen, dass der Stadt durch das Tatverhalten der Angeklagten zumindest insoweit Vermögensnachteile entstanden seien, als jeweils die Gewinnmarge des Finanzinstituts, der keine Gegenleistung gegenübergestanden habe, bei den einzelnen Derivatgeschäften eingepreist worden sei. Auf dieser Grundlage hat es bei Tat 1 einen Vermögensnachteil der Stadt in Höhe von 100.000 €, bei Tat 2 einen solchen von 200.000 €, bei Tat 3 von 975.000 €, bei Tat 4 von 1.195.000 € und bei Tat 5 von 1.125.000 € unterstellt.

II.

15
Die von beiden Angeklagten erhobene Sachrüge hat weitgehend Erfolg.
16
1. Die Schuldsprüche wegen Untreue zum Nachteil der Stadt Pforzheim in fünf bzw. drei Fällen halten sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Angeklagten durch den Abschluss der verfahrensgegenständlichen Verträge jeweils eine ihnen obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt haben; indes tragen die Feststellungen des Landgerichts nicht die Annahme, der Stadt sei jeweils ein Vermögensnachteil durch die Derivatabschlüsse entstanden. Im Einzelnen :
17
a) Die in § 266 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Vermögensbetreuungspflicht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, BGHSt 62, 144, 147 f. Rn. 49 ff. mwN) folgt für die Angeklagten bereits ohne weiteres aus ihrer Stellung als Oberbürgermeisterin bzw. als Kämmerin der Stadt Pforzheim. Den Angeklagten oblag es aufgrund ihres Amtes im Rahmen ihrer jeweiligen Tätigkeit , die Finanzwirtschaft der Stadt Pforzheim gemäß den gesetzlich geregelten Haushaltsbestimmungen selbstständig zu führen, alle für eine geordnete Finanzwirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und das Vermögen der Stadt vor Nachteilen zu bewahren.
18
b) Die Angeklagten verletzten diese Vermögensbetreuungspflichten, indem sie die verfahrensgegenständlichen Finanzderivate abschlossen.
19
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats konkretisiert sich der Maßstab der Sorgfaltspflicht, den ein kommunaler Entscheidungsträger bei Abschluss von Finanzgeschäften zu beachten hat, aufgrund der kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere dem für Gemeinden geltenden Spekulationsverbot , das sich als Teilaspekt des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit darstellt, wie folgt (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, aaO mwN): Ein Finanzgeschäft einer Kommune muss zunächst einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu einem konkret vorhandenen oder aktuell neu abgeschlossenen Kreditvertrag dergestalt aufweisen, dass das mit dem Grundgeschäft verbundene Risiko durch das Finanzgeschäft in einer angemessenen Weise abgesichert oder optimiert wird (sachliche und zeitliche Konnexität). Trotz bestehender Konnexität ist der Abschluss eines Finanzgeschäfts aber auch dann pflichtwidrig, wenn das Risiko des Kapitalverlustes die Chance des Kapitalgewinns deutlich übersteigt, also keine günstige Relation zwischen angestrebtem Zweck und dafür eingesetzten Mitteln besteht, und dadurch die kommunale Aufgabenbindung und -erfüllung nicht unerheblich gefährdet wird; dies kann insbesondere bei hochspekulativen Finanzgeschäften der Fall sein. Ein Finanzgeschäft darf weiterhin auch dann nicht abgeschlossen werden, wenn die Abwägungsentscheidung infolge von Informationsdefiziten oder Mängeln bei der Sachverhaltserfassung nicht richtig erfolgen konnte. Zudem darf die Entscheidung für das Finanzgeschäft nicht auf Erwägungen beruhen , die der kommunalrechtlichen Haushaltswirtschaft fremd sind. Schließlich dürfen konkrete Anweisungen der zur Aufsicht berufenen Stellen zu Art und Umfang des Geschäfts, Mindestkonditionen, Geschäftspartner etc. nicht zu Gunsten einer Chance auf höhere Kostenreduzierung missachtet werden; sofern diese Stellen umgangen werden, indiziert dies die Pflichtwidrigkeit.
20
bb) Nach den Urteilsfeststellungen haben die Angeklagten gegen jedenfalls zwei dieser Anforderungen verstoßen: Zum einen hatten die verfahrensgegenständlichen Finanzderivate keinen ausreichenden Bezug zu den bisherigen Kreditverträgen, weil sie diesen weder hinsichtlich der Laufzeit entsprachen noch geeignet waren, genau deren konkrete Risiken abzusichern, sie im Gegenteil neue Risiken beinhalteten, etwa in Form der Fremdwährungskomponenten bei Tat 3. Zum anderen handelten die Angeklagten jeweils aus sachfremden Erwägungen heraus, da es ihnen nach den insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts vorrangig darum ging, anstehende Zahlungen in die Zukunft zu verschieben, um die bisherigen Verluste nicht offen legen zu müssen und Zeit zu gewinnen. Übergeordneter Zweck ihres Handelns war es, ihren Ruf zu wahren und ihre Amtsträgerschaft bzw. Wiederwahl nicht zu gefährden. Vor diesem Hintergrund gingen sie auf Vorschläge der beteiligten Banken für risikoärmere, aber mit sofortwirksamen Zahlungspflichten verbundene Lösungsvarianten nicht ein, sondern handelten stets nach der Prämisse, dass keinesfalls Zahlungen anfallen dürften.
21
c) Die Feststellungen tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, durch die verfahrensgegenständlichen Vertragsabschlüsse sei das Vermögen der Stadt Pforzheim in Höhe der jeweiligen Gewinnmarge des Vertragspartners geschädigt worden.
22
aa) Ein dem betreuten Vermögen zugefügter Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist dabei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen; maßgeblich ist der Vergleich der Vermögenswerte unmittelbar vor und nach der pflichtwidrigen Verhaltensweise zu Lasten des betroffenen Vermögens (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 109 f. Rn. 33; Beschlüsse vom 8. März 2017 – 1 StR 540/16, wistra 2017, 437, 438 Rn. 14 und vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 304 Rn. 41 jeweils mwN). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Werterhöhend kann auch einevermögenswerte realistische Gewinnerwartung wirken (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, aaO mwN).
23
Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Geschädigten aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, dass dies schon zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Jedoch darf dann die Verlustwahrscheinlichkeit nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt. Voraussetzung ist vielmehr, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126,170, 221 ff.; BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, BGHSt 62, 144, 154 f. Rn. 81 mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 321 Rn. 62).
24
Da der Vermögensnachteil ein selbstständiges, neben der Voraussetzung der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal darstellt, das nicht in dem Merkmal der Pflichtwidrigkeit aufgehen darf (sog. Verschleifungsverbot, vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 221 ff.; BGH, Beschluss vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 304 Rn. 43 mwN), ist dieser – von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen abgesehen, etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden – eigenständig zu ermitteln, anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren und zu beziffern (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, BGHSt 62, 144, 155 Rn. 82; Beschlüsse vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 321 Rn. 62 und vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, aaO jeweils mwN; BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Nach bilanzieller Betrachtungsweise liegt dabei beim Abschluss von Zinsswap-Verträgen ein Nachteil in Höhe der zu bildenden Drohverlustrückstellungen (§ 249 HGB) vor, die nach dem Marktwert des Derivats zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 202 f. Rn. 13; LG Augsburg, Urteil vom 14. Mai 2012 – , juris Rn. 43 ff.; Schneider, wistra 2018, 281, 284; Bader/Wilkens, wistra 2013, 81, 84 f.; Gehrmann/Lammers, KommJur 2011, 41, 47; Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, Wirtschaftsstrafrecht , 2. Aufl., § 266 StGB Rn. 192). Bei der Ermittlung des Marktwertes eines Anlage- oder Derivatgeschäfts auf Grundlage der Höhe des konkreten Ausfallrisikos sowie des Wahrscheinlichkeitsgrades einer Gewinnerzielung unter Anwendung finanzmathematischer Berechnungen bzw. betriebswirtschaftlicher Bewertungskriterien hat sich das Tatgericht gegebenenfalls der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, BGHSt 62, 144, 155 Rn. 82; vgl. auch LG Augsburg, aaO).
25
bb) Diesen Maßgaben wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht, wenn es allein darauf abstellt, dass der Abschluss der verfahrensgegenständlichen Finanzderivate dem Spekulationsverbot zuwidergelaufen sei, und zur Bezifferung der Vermögensnachteile die jeweiligen Gewinnmargen der Vertragspartner heranzieht, da diesen keine Gegenleistungen der Banken gegenüber gestanden hätten. Ein Schaden oder eine schadensgleiche Vermögensgefährdung wird so nicht hinreichend belegt.
26
Ein durch die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht der Angeklagten bei der Stadt Pforzheim eingetretener Vermögensnachteil läge unter Beachtung der vorgenannten Rechtsprechung hinsichtlich der einzelnen Taten einerseits dann vor, wenn der jeweilige Vertragsschluss deshalb wirtschaftlich nachteilig für die Stadt Pforzheim gewesen wäre, weil das von dieser für den Vertragsabschluss erbrachte Entgelt (Gewinnmarge der Bank) in der im Vertragsschluss liegenden Gegenleistung des jeweiligen Finanzinstituts kein gleichwertiges Äquivalent gefunden hätte. Andererseits wäre von einem Vermögensnachteil der Stadt auszugehen, wenn der Wert des jeweils abgeschlossenen Finanzderivats hinter dem Wert der dadurch jeweils abgelösten Zahlungspflicht zurückgeblieben wäre.
27
Zur Ermittlung eines etwaigen Vermögensnachteils im erstgenannten Sinne hätte sich das Landgericht – insoweit wäre, soweit die Kammer nicht selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt, die Einholung eines diesbezüglichen Sachverständigengutachtens geboten gewesen – damit auseinander setzen müssen, ob die dem Finanzinstitut (D. bzw. J. ) jeweils eingeräumte Gewinnmarge das marktübliche Entgelt für den Abschluss des jeweiligen Derivatvertrags sein könnte, so dass der jeweilige Vertragsabschluss und die damit eingeräumten Zahlungsaufschübe und Gewinnchancen als gleichwertige Gegenleistung für die eingeräumte Gewinnmarge zu verstehen ist. Die Strafkammer hat indes das Fehlen einer Gegenleistung der Banken für die ihnen jeweils eingeräumte Gewinnmarge ohne tragfähige Begründung unterstellt. Die Urteilsfeststellungen sind diesbezüglich auch nicht frei von Widersprüchen, da das Landgericht selbst hervorhebt, dass die Übernahme von Risiken und die Einräumung neuer Chancen durch ein Derivatgeschäft nicht „umsonst“ zu haben seien (UA S. 15, 17, 55, 82).
28
Für die Feststellung eines Nachteils in der zweitgenannten Form hätte das Landgericht demgegenüber den Wert der verfahrensgegenständlichen Finanzderivate zum Zeitpunkt der einzelnen Vertragsabschlüsse mit Hilfe konkreter Feststellungen zum Verlustrisiko und zum Wahrscheinlichkeitsgrad einer Gewinnerzielung unter Berücksichtigung der Vertragskosten ermitteln und das Ergebnis zum Wert der jeweils abgelösten Finanzgeschäfte ins Verhältnis setzen müssen. Nur soweit danach jeweils ein Minderwert vorgelegen hätte, wäre die Annahme eines Vermögensnachteils – ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf der Vertragsverhältnisse (noch) angekommen wäre – gerechtfertigt gewesen. Zum Wert der sich aus den verfahrensgegenständlichen Finanzderivaten ergebenden Ansprüche verhalten sich aber weder die Feststellungen noch die beweiswürdigenden Ausführungen des angefochtenen Urteils. Auch der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erweist sich insoweit als unergiebig.
29
Die Feststellung, dass die einzelnen Verträge mit theoretisch unbegrenzten Verlustrisiken verbunden gewesen seien, reicht insoweit zur Begründung eines Vermögensnachteils der Stadt Pforzheim jedenfalls nicht aus. Denn für eine tragfähige Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Verträge wäre darüber hinaus aufzuklären gewesen, wie hoch die jeweiligen Eintrittswahrschein- lichkeiten der Risiken einerseits und wie hoch auf der anderen Seite die Wahrscheinlichkeiten einer Gewinnerzielung waren. Nur auf dieser Grundlage wäre auch ein Vergleich des Wertes der einzelnen Finanzderivate möglich gewesen und könnte damit beurteilt werden, ob und inwiefern sich die schon zuvor schwierige finanzielle Lage der Stadt durch die einzelnen Restrukturierungsmaßnahmen tatsächlich weiter verschlechtert hat. Da sich etwa das zuvor unbegrenzte Verlustrisiko im Zuge des Wechsels von der D. zur J. auf ein „worst-case“-Risiko von 147.000.000 € reduziert hat (UA S. 57 f.), versteht sich dies nicht von selbst.
30
Eine Bezifferung der jeweiligen Vermögensnachteile war vorliegend auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, wistra 2016, 314, 321 Rn. 63 mwN). Insbesondere ist nach den Urteilsfeststellungen nicht ausgeschlossen, dass die den Banken eingeräumten Gewinnmargen ein marktübliches Entgelt für den jeweiligen Vertragsschluss darstellten und die verfahrensgegenständlichen Umstrukturierungen bei wirtschaftlicher Betrachtung – maßgeblich für die Frage der Strafbarkeit der Angeklagten wegen Untreue ist dabei allein der Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses – unter Berücksichtigung der jeweils bestehenden Ausgangslage für die Stadt nicht nachteilig waren. Dass dies nicht von vornherein fernliegend ist, zeigt sich bereits daran, dass sich die bei der D. abgeschlossenen Derivate ausweislich der Urteilsfeststellungen im weiteren Verlauf positiv entwickelten, wovon die Stadt Pforzheim aber wegen der diesbezüglich nachfolgenden Umstrukturierung nicht mehr profitieren konnte.
31
Sollte das neue Tatgericht – ggf. nach Einholung entsprechender Sachverständigengutachten – zu der Annahme gelangen, dass der Stadt Pforzheim durch das verfahrensgegenständliche Verhalten der Angeklagten Vermögensnachteile entstanden sind, wird es insbesondere in Anbetracht der im Jahr 2007 einsetzenden Finanzkrise ferner in den Blick zu nehmen haben, ob und inwieweit die Vermögensminderungen gerade auf dem pflichtwidrigen Verhalten der Angeklagten beruhten oder diese auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wären.
32
2. Die Aufhebung der Schuldsprüche entzieht den verhängten Einzelstrafen und den daraus gebildeten Gesamtstrafen die Grundlage. Die Feststellungen sind aufzuheben, weil sie von dem Rechtsfehler betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Ausgenommen sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen – mit Ausnahme derjenigen zum Vorliegen von Vermögensnachteilen –, die von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind und daher bestehen bleiben können. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehen, bleiben insoweit möglich.
Raum Jäger Bellay Bär Pernice

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 427/18
vom
25. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2019:250419B1STR427.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 25. April 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 2. Februar 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen – mit Ausnahme derjenigen zum Vorliegen von Vermögensnachteilen – bleiben aufrechterhalten. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Hiergegen wendet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der Angeklagte übernahm im Jahr 1983 das Amt des Kämmerers der Großen Kreisstadt L. , das er bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2013 ausübte.
5
Ab dem Jahr 2003 befasste er sich mit der Möglichkeit, die Zinsbelastung der Stadt L. aus Festzinskrediten durch den Einsatz derivater Finanzinstrumente zu reduzieren und das Schuldenmanagement zu optimieren. Über die Zulässigkeit von Derivatgeschäften und deren rechtliche Rahmenbedingungen informierte er sich bei dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband sowie beim Landratsamt L. und holte verschiedene Angebote ein.
6
Sodann erläuterte der Angeklagte Funktion und Wirkungsweise von Finanzderivaten sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für deren Einsatz in den Sitzungen des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 10. November 2004 und des Stadtrates vom 24. November 2004. Zugleich sprach er sich – nach Vergleich verschiedener Angebote – für eine Zusammenarbeit mit dem Privatbankhaus H. KGaA (im Folgenden: A Bank) aus. Daraufhin fasste der Stadtrat in der genannten Sitzung vorlagegemäß einen Grundsatzbeschluss, durch den die Verwaltung ermächtigt wurde, zur Steuerung und Optimierung der bestehenden Kredite und Darlehen moderne Finanzinstrumente einzusetzen. Betont wurde, dass diese stets im Zusammenhang mit Grundgeschäften stehen müssten. Der Oberbürgermeister

Le.

wurde zum Abschluss der erforderlichen Rahmenverträge mit dem günstigsten Anbieter ermächtigt. In Umsetzung dieses Beschlusses unterzeichnete der
Oberbürgermeister Le. in der Folge zwei Rahmenverträge mit der A Bank. Zudem ermächtigte er den Angeklagten sowie dessen Mitarbeiter M. und

G.

aus dem Referat Haushaltswirtschaft am 17. März 2005, die Stadt jeweils einzeln gegenüber der A Bank beim Abschluss der Finanzgeschäfte zu vertreten.
7
Ab dem 24. März 2005 schloss der Angeklagte auf Grundlage der genannten Rahmenverträge eine Vielzahl von Derivatgeschäften ab, die sich anfangs im Rahmen des kommunalrechtlich Zulässigen bewegten. Dabei handelte es sich zunächst um zwei einander nachfolgende Finanzderivate in Form sog. „swaps“ (IRS 664 und IRS 504), also Verträge zur Modellierung von Zinslasten (sog. „Plain Vanilla Swaps“). Das damit verbundene Zinsschwankungsrisiko aus den durch die Stadt zu zahlenden variablen Zinsen begrenzte er durch den gleichzeitigen Abschluss eines sog. „Caps“.
8
Nicht mehr zur Steuerung des Zinsaufwandes und zur Optimierung des Kreditportfolios der Stadt L. geeignet waren dagegen fünf sog. „Swapti- ons“, deren Verkauf an die A Bank der Angeklagte in der Zeit von Juni 2006 bis Juni 2008 veranlasste. Dabei handelte es sich um Optionen auf Zinsswaps, die dem Vertragspartner gegen Zahlung einer Prämie an die Stadt das Recht verschaffen, zukünftig in einen bestimmten Zinsswap einzutreten. Dabei verfolgte der Angeklagte allein das Ziel, kurzfristig Gewinne in Form der vereinnahmten Optionsprämien zu generieren. Der zuständige Verwaltungs- und Finanzausschuss wurde über diese Geschäfte erst im Nachhinein informiert.
9
a) Des Weiteren schloss der Angeklagte für die Stadt L. am 25. Juni 2008 einen aus dem Festzinsempfänger-Swap IRS 968 (Laufzeit bis 30. Juni 2010, Festzins 5,255 % p.a.) und dem Festzinszahler-Swap IRS 969 (Laufzeit bis 29. Dezember 2034, Festzins 4,805 % p.a.) bestehenden Doppelswap mit der A Bank ab (Tat 1). Beide Swaps hatten einen Bezugsbetrag von jeweils 41.959.193 EUR, was dem Gesamtportfolio der Stadt und einem Teil des Kreditportfolios der Stadtwerke entsprach. Während der Swap IRS 968 keinem konkreten Kredit zugeordnet war, bezog sich der Swap IRS 969 – ebenso wie eine der Swaptions (IRS 203) – auf den 2006 abgeschlossenen Festzinsempfänger -Swap IRS 504 (Grundgeschäft). Im Rahmen des Swaps IRS 969 stand der Bank ein einseitiges Kündigungsrecht zu; hierfür musste sie eine Optionsprämie zahlen, die in die Zinskonditionen eingepreist wurde und für zwei Jahre zu einem Zinsgewinn der Stadt von 0,45 % p.a. führte.
10
In der Folge übte die A Bank die Swaption IRS 203 aus. Aus dem dadurch begründeten Festzinszahler-Swap IRS 1002 folgte eine jährliche Zinsbelastung der Stadt von 4,61 % (Bezugsbetrag: 28.158.335 EUR). Vorangegangenen Empfehlungen, die Swaption zurückzukaufen, war der Angeklagte nicht gefolgt. Zudem bezog sich der Festzinszahler-Swap IRS 1002 auf denselben Festzinsempfänger-Swap (IRS 504) wie der Swap IRS 969, so dass die Festzinsempfängerposition nunmehr doppelt abgesichert war. Darauf, dass dadurch die Konnexität nicht mehr gewährleistet sei, wies die Bank den Angeklagten hin. Der Angeklagte gab dies weder den zuständigen Organen der Stadt weiter noch unterrichtete er diese über die Möglichkeit gegen eine Abschlagszahlung von ca. 3 Mio. EUR ganz aus dem Derivat auszusteigen.
11
b) Stattdessen veranlasste er – wiederum ohne Wissen des Verwaltungs - und Finanzausschusses, dass der als Gegengeschäft für die Derivate IRS 969 und IRS 1002 ausgewiesene Festzinsempfänger-Swap IRS 504 am 5. Februar 2010 gegen eine Ausgleichszahlung zu Gunsten der Stadt L. in Höhe von 969.500 EUR aufgelöst wurde, um so das Zinsergebnis für das Jahr 2010 zu verbessern (Tat 2). Darüber, dass sich dadurch die Verletzung des Konnexitätsprinzips vertiefte, wurde der Angeklagte aufgeklärt.

12
Die jeweils mit den Finanzgeschäften verbundenen Risiken und Verstöße gegen das Konnexitätsprinzip (Taten 1 und 2) sowie das kommunalrechtliche Spekulationsverbot durch Einräumung des einseitigen Kündigungsrechts (Tat 1) erkannte der Angeklagte, setzte sich darüber aber bewusst zwecks Prämiengenerierung hinweg. Bis September 2017 musste die Stadt L. aus dem Swap IRS 969 insgesamt Zinsen in Höhe von rund 3,7 Mio. EUR zahlen.
13
2. Das Landgericht hat angenommen, dass der Stadt L. durch das Tatverhalten des Angeklagten jeweils Vermögensnachteile in Form des negativen Barwerts der abgeschlossenen Geschäfte entstanden seien, was der Angeklagte für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen habe.
14
Zur Ermittlung des jeweiligen negativen Barwertes hat sich die Strafkammer der Hilfe des Sachverständigen W. bedient. Dieser ist von der Prämisse ausgegangen, dass bei Abschluss eines Derivatgeschäfts im Verhältnis Verbraucher und Bank zwingend ein negativer Barwert für Ersteren entstehe , weil Kosten und Gewinnerwartung der Bank eingepreist würden. Zur Berechnung des negativen Barwertes des Doppelswaps habe er dessen Risikoprofil ermittelt, das aufgrund des einseitigen Kündigungsrechts der Bank für den Swap IRS 969 asymmetrisch gewesen sei. Den Wert bezifferte der Sachverständige mit 138.785 EUR (Tat 1). Bei der Veräußerung des Swaps IRS 504 hat der Sachverständige im Ausgangspunkt darauf abgestellt, wie hoch der faire Marktwert des Swaps im Verkaufszeitpunkt war. Dies sei der Betrag, der im Verhältnis zweier Großbanken für die Übernahme der Position aus dem Swap zu zahlen gewesen wäre. Der Sachverständige hat diesen Betrag auf 1.050.000 EUR beziffert. Abzüglich der tatsächlich gezahlten 969.500 EUR ergebe sich danach ein Vermögensnachteil von 80.500 EUR (Tat 2). Bis zum Jahr 2016 habe die Auflösung des IRS 504 zu einem Vermögensverlust in Höhe von ca. 5 Mio. EUR für die Stadt L. geführt (sog. Verlaufsschaden).
15
Diese Ausführungen des Sachverständigen hat das Landgericht für schlüssig befunden und ist ihnen gefolgt. Gestützt sieht es seine Berechnung hinsichtlich Tat 2 dadurch, dass die Verteidigung des Angeklagten im Verfahrensverlauf ein sog. Orderticket der A Bank vorlegte, wonach der Wert des IRS 504 am Tag der Auflösung 1.005.000 EUR betragen habe, was der Mitarbeiter der A Bank Ho. als „Interbankenpreis“ bezeichnet habe, also den Preis, den die Bank selbst bei Auflösung des Derivats erzielt hätte.

II.


16
Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Stadt L. in zwei Fällen hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch den Abschluss der verfahrensgegenständlichen Verträge jeweils eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzte; indes genügen die Urteilsgründe den Anforderungen an die Darlegung zur Feststellung eines Vermögensnachteils durch die Derivatabschlüsse nicht.
17
1. Die in § 266 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Vermögensbetreuungspflicht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, BGHSt 62, 144 Rn. 49 ff. mwN) folgt für den Angeklagten bereits aus seiner Stellung als Kämmerer der Stadt L. . Als Kämmerer oblag es ihm, die Finanzwirtschaft der Stadt L. gemäß den gesetzlich geregelten Haushaltsbestimmungen selbständig zu führen, alle für eine geordnete Finanzwirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und das Vermögen der Stadt vor Nachteilen zu bewahren.
18
2. Der Angeklagte hat diese Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er die verfahrensgegenständlichen Finanzderivate abschloss.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Senats konkretisiert sich der Maßstab der Sorgfaltspflicht, den ein kommunaler Entscheidungsträger bei Abschluss von Finanzgeschäften zu beachten hat, aufgrund der kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen wie folgt (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 19. September 2018 – 1 StR 194/18 Rn. 19; Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16 aaO mwN): Ein Finanzgeschäft einer Kommune muss zunächst einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu einem konkret vorhandenen oder aktuell neu abgeschlossenen Kreditvertrag dergestalt aufweisen, dass das mit dem Grundgeschäft verbundene Risiko durch das Finanzgeschäft in einer angemessenen Weise abgesichert oder optimiert wird (Konnexität). Darüber hinaus ist der Abschluss eines Finanzgeschäfts dann pflichtwidrig, wenn das Risiko des Kapitalverlustes die Chance des Kapitalgewinns deutlich übersteigt und dadurch die kommunale Aufgabenbindung und -erfüllung nicht unerheblich gefährdet wird, wenn die Abwägungsentscheidung infolge von Informationsdefizi- ten oder Mängeln bei der Sachverhaltserfassung nicht richtig erfolgen konnte, wenn sachfremde Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einfließen sowie wenn konkrete Anweisungen der Aufsichtsbehörde zu den Geschäftskonditionen zu Gunsten einer Chance auf höhere Kostenreduzierung missachtet werden.
20
b) Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte in mehrfacher Hinsicht gegen diese Anforderungen verstoßen: Zum einen hatten beide verfahrensgegenständlichen Finanzderivate keinen ausreichenden Bezug zu den bisherigen Kreditverträgen. Durch den Verkauf des Derivats IRS 504 vertiefte sich die Verletzung des Konnexitätsprinzips noch weiter, weil dadurch das Bezugsgeschäft zweier Festzinszahler-Swaps (IRS 969 und 1002) wegfiel. Zum anderen lief der Abschluss des Doppelswaps dem Spekulationsverbot zuwider, indem der A Bank ein einseitiges Kündigungsrecht eingeräumt wurde, was zu einem asymmetrischen Risikoprofil zu Lasten der Stadt L. und somit zu einem erhöhten Verlustrisiko für diese führte. Schließlich handelte der Angeklagte aus Erwägungen, die der kommunalrechtlichen Haushaltswirtschaft fremd sind, weil es ihm jeweils allein um die kurzfristige Prämiengenerierung ging.
21
3. Die Urteilsgründe genügen jedoch nicht den Darlegungsanforderungen an die Feststellung eines Vermögensnachteils durch die Derivatabschlüsse.
22
a) Ein dem betreuten Vermögen zugefügter Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist dabei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen; maßgeblich ist der Vergleich der Vermögenswerte unmittelbar vor und nach der pflichtwidrigen Verhaltensweise zu Lasten des betroffenen Vermögens (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 19. September 2018 – 1 StR 194/18 Rn. 22 mwN). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Werterhöhend kann auch eine vermögenswerte realistische Gewinnerwartung wirken (BGH aaO mwN).
23
Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, dass dies schon zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Jedoch darf dann die Verlustwahrscheinlichkeit nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt. Voraussetzung ist vielmehr, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BVerfGE 126, 170, 221 ff.; BGH aaO Rn. 23 mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH aaO).
24
Da der Vermögensnachteil ein selbstständiges, neben der Voraussetzung der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal darstellt, ist er – von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen abgesehen – eigenständig zu ermitteln , anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren und zu beziffern (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH aaO Rn. 24 mwN). Nach bilanzieller Betrachtungsweise liegt dabei beim Abschluss von Zinsswap-Verträgen ein Nachteil in Höhe der zu bildenden Drohverlustrückstellungen (§ 249 HGB) vor, die nach dem Marktwert des Derivats zu bewerten sind. Der Marktwert eines Anlage - oder Derivatgeschäfts ist auf Grundlage der Höhe des konkreten Ausfallrisi- kos sowie des Wahrscheinlichkeitsgrades einer Gewinnerzielung – auch unter Berücksichtigung der den Vertragspartnern jeweils eingeräumten Kündigungsmöglichkeiten – unter Anwendung finanzmathematischer Berechnungen bzw. betriebswirtschaftlicher Bewertungskriterien zu ermitteln (BGH aaO mwN). Ein Vermögensnachteil kann dabei einerseits dann vorliegen, wenn die seitens des Vermögensinhabers eingeräumte Gewinnmarge marktunüblich ist und daher den Wert des Vertragsschlusses übersteigt, und andererseits, wenn der Wert des abgeschlossenen Finanzderivats hinter dem Wert der dadurch abgelösten Zahlungspflicht zurückbleibt (im Einzelnen BGH aaO Rn. 26 ff.). Für das Vorliegen eines Vermögensnachteils im erstgenannten Sinn reicht es nicht aus, dass die Bank überhaupt eine Gewinnmarge vereinnahmt; vielmehr muss diese gemessen am üblichen Marktpreis überhöht sein (BGH aaO Rn. 25 ff.; ebenso SSW/Saliger, StGB, 4. Aufl., § 266 Rn. 118; Schweiger, WuB 2019, 157, 160; Strauß, ZWH 2019, 50, 55). Die Marktüblichkeit bestimmt sich nach den konkreten zeitlichen und örtlichen Verhältnissen und nach der jeweiligen Handels- und Umsatzstufe (vgl. auch LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 163 mwN).
25
b) Diesen Vorgaben wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Es leidet insoweit an einem Darstellungsmangel.
26
aa) Es kann dahinstehen, ob das Landgericht bei der Ermittlung etwaiger Vermögensnachteile bereits einen falschen Ausgangspunkt gewählt hat. Zwar stellt es – insoweit zutreffend – auf den jeweiligen Marktwert der Derivatgeschäfte ab, geht aber – dem Sachverständigen folgend – davon aus, dass dieser bei Geschäften zwischen „Verbrauchern“ und Banken für Erstere aufgrund der eingepreisten Kosten und der Gewinnmarge stets negativ sei, und scheint darin den jeweiligen Vermögensnachteil zu sehen. Dies steht aber zum einen nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach ein Vermögensnachteil nur bei einer marktunüblich überhöhten Gewinnmarge gegeben ist, während im Falle eines marktüblichen Entgelts der jeweilige Vertragsabschluss und die damit eingeräumten Zahlungsaufschübe und Gewinnchancen als Gegenleistung für die eingeräumte Gewinnmarge zu verstehen sind (vgl. BGH aaO Rn. 27). Bei der Ermittlung des Marktpreises wäre vorliegend auf Geschäfte zwischen Kommunen und Banken abzustellen. Zum anderen mag zwar ein gewisser Anhalt dafür gegeben sein, dass Geschäfte zwischen Verbrauchern und Banken eher für Letztere wirtschaftlich vorteilhaft sind; dies gilt aber nicht ausnahmslos und erübrigt nicht eine Beweisführung und richterliche Überzeugungsbildung im Einzelfall.
27
bb) Folgt das Tatgericht der Beurteilung eines Sachverständigen hat es dessen Ausführungen im Urteil zumindest in gedrängter Form zusammenfassend unter Mitteilung der wesentlichen tatsächlichen Grundlagen (Anknüpfungstatsachen ) und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen (Befundtatsachen ) darzustellen, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2017 – 5 StR 149/17 Rn. 10; Urteil vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 241/99 Rn. 2). Dies gilt in besonderem Maß, wenn es sich dem Ergebnis ohne Angabe eigener Erwägungen anschließen will und allein auf die Sachkunde des Gutachters vertraut (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 52/12 Rn. 8; Urteil vom 3. Mai 2012 – 3 StR 46/12 Rn. 8). Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich danach, ob es sich um eine standardisierte Untersuchungsmethode handelt, sowie nach der jeweiligen Beweislage und der Bedeutung, die der Beweisfrage für die Entscheidung zukommt (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 241/99 aaO).
28
cc) Diesen Anforderungen genügt die Darstellung des Gutachtens vorliegend im Hinblick auf beide verfahrensgegenständliche Taten nicht. Bei der Ermittlung des Marktwertes eines Anlage- oder Derivatgeschäfts unter Anwendung finanzmathematischer Berechnungen bzw. betriebswirtschaftlicher Bewertungskriterien handelt es sich nicht um ein standardisiertes Verfahren, so dass das Tatgericht erhöhte Darlegungsanforderungen treffen. Sofern es bei der Berechnung des Marktwertes eine mathematische Formel heranzieht, hat es diese regelmäßig mitzuteilen und den Rechenweg unter Anwendung der Formel zumindest in zusammenfassender und nachvollziehbarer Form darzustellen.
29
(1) Zu dem Doppelswap führt der Sachverständige aus, dessen Risikoprofil sei aufgrund des der Bank eingeräumten Kündigungsrechts asymmetrisch ausgestaltet gewesen, und setzt dessen negativen Barwert mit dem Preis des Kündigungsrechts gleich. Zu seiner diesbezüglichen Berechnung teilt die Strafkammer mit, den Wert habe er durch „Vergleich und Mittelung in anderen Fällen bezahlter und damit marktüblicher Preise für Kündigungsrechte ver- gleichbarer Swaps“ ermittelt.
30
Eine derartige, im Wesentlichen auf die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens beschränkte Darstellung reicht nicht aus, wenn es sich – wie vorliegend – um kein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren handelt (BGH, Urteile vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 241/99 aaO und vom 29. September 1992 – 1 StR 494/92 Rn. 4). Auch hat die Strafkammer davon abgesehen darzulegen, warum sie die Ausführungen des Sachverständigen in eigener Verantwortung billigt; dass sie seine Berechnungen für „vollkommen schlüssig“ halte und sich nach „kritischer Würdigung zu eigen“ mache, reicht dazu nicht (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1982 – 2 StR 780/81 Rn. 4).
31
Um dem Senat die Überprüfung der Schlüssigkeit des Gutachtens und seines Beweiswertes zu ermöglichen, hätte das Landgericht daher zumindest darlegen müssen, wie viele Vergleichsfälle der Sachverständige herangezogen und nach welchen Kriterien er diese ausgewählt hat. Nur dann wäre dem Urteil zu entnehmen, ob das verwendete Vergleichsmaterial überhaupt repräsentativ war (vgl. zur Auswahl der Vergleichspopulation bei DNA-Analysen BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212 Rn. 13).
32
Damit ist im Ergebnis ein im Wesentlichen auf das einseitige Kündigungsrecht zurückzuführender negativer Barwert zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Derivatgeschäfts in Höhe von 138.785 EUR weder belegt noch nachvollziehbar. Der Senat kann auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe einen Mindestschaden für die „Eingehungsuntreue“ entnehmen.
33
(2) Den negativen Barwert im Hinblick auf die Veräußerung des Swaps IRS 504 sieht der Sachverständige in der Differenz zwischen dem „fairen Marktwert“ des Swaps und dem tatsächlich von der Stadt L. erzielten Verkaufspreis. Als fairen Marktwert setzt er den Betrag an, der im Verhältnis zweier Großbanken für die Übernahme zu zahlen gewesen wäre (vgl. zu diesbezüglichen Bedenken bereits oben unter 3. a)). Zu seiner Berechnung führt das Landgericht aus, dieser sei „über Bloomberg unter Zugrundelegung bestimmter Preisalgorithmen und Bewertung des Swaps auf Basis historischer Zinsen sowie durch Abzinsung und Bildung eines Mittelwertes aus Bit und Ask Spread Satz“ erfolgt.
34
Auch diese allgemein gehaltene Wiedergabe der Ausführungen des Sachverständigen ermöglicht dem Senat die gebotene Nachprüfung nicht. Dem Urteil sind weder die von dem Sachverständigen angewandte Berechnungsmethode zumindest in ihren groben Zügen noch die im Rahmen der Berechnung verwendeten Parameter zu entnehmen. Dies gilt namentlich für die herangezogenen Preisalgorithmen, die Zinssätze sowie den Bid- Ask Spread Satz. Auch was unter einer „Berechnung nach Bloomberg“ zu verstehen ist, gehört nicht zum Allgemeinwissen und hätte daher zumindest knapp erläutert werden müssen.
35
Zwar stellt das Landgericht insofern eigene ergänzende Erwägungen dazu an, warum es die Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend hält. Diese wecken aber tatsächlich eher Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses: So sieht das Landgericht die Berechnungen durch den auf dem Orderticket ausgewiesenen Preis gestützt, obwohl dieser auf 1.005.000 EUR lautet, so dass zu dem von dem Sachverständigen errechneten Betrag von 1.050.000 EUR immerhin eine Differenz von 45.000 EUR besteht und damit mehr als die Hälfte des dem Angeklagten angelasteten Schadens aus dieser Tat.
36
4. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht den verhängten Einzelstrafen und der daraus gebildeten Gesamtstrafe die Grundlage. Die Feststellungen des Landgerichts sind aufzuheben, soweit sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Aufrechterhalten bleiben können deshalb die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen – mit Ausnahme derjenigen zum Vorliegen von Vermögensnachteilen. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehen, bleiben insoweit möglich.

Raum Fischer Bär Leplow Pernice

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 17/15
vom
26. November 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________________
AEUV Art. 107 ff.; StGB § 266 Abs. 1; HGB § 54; VV-LHO RP § 39 Ziff. 5 Satz
2
1. Ein Mitglied des Aufsichtsrats einer GmbH trifft die Pflicht im Sinne des Untreuetatbestands
, das Vermögen der Gesellschaft zu betreuen. Es verletzt
diese Pflicht u.a. dann, wenn es mit einem leitenden Angestellten der Gesellschaft
bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden, die Grenzen
der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschreitenden Fehlverhalten
zusammenwirkt.
2. § 39 Ziff. 5 Satz 2 der Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung
Rheinland-Pfalz schützt die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers.
3. Zu der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und dem Eintritt eines
Vermögensnachteils bei der Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen für
ein Bundesland durch dessen Finanzminister.
4. Ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von
Beihilfen begründet keine Pflichtverletzung im Sinne des UntreuetatbestanECLI
:DE:BGH:2015:261115B3STR17.15.0
des; denn diese Regelungen dienen nicht dem Schutz des Vermögens des
Beihilfegebers, sondern dem des europäischen Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen.
5. Zu den Darlegungsanforderungen bezüglich der Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht
, wenn dem Angeklagten eine Handlungsvollmacht für die
Gesellschaft erteilt wurde.
BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15 - LG Koblenz
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Untreue u.a.
hier: Revisionen der Angeklagten D. , K. und N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - mit Ausnahme der Aufhebung des Urteils
in den Fällen IV.2 und 7 der Urteilsgründe auf dessen Antrag - am
26. November 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 Satz 1
StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. April 2014 aufgehoben
a) soweit es den Angeklagten D. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.8 und 9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
b) soweit es den Angeklagten K. betrifft, aa) im Fall IV.2 der Urteilsgründe und der Angeklagte insoweit freigesprochen; die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse; bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe ; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil aufrechterhalten ;
c) soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Fall IV.8 der Urteilsgründe mit Ausnahme derjenigen zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht und zum Vermögensnachteil aufrecht erhalten;
d) soweit es die Mitangeklagten M. und W. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe. Im Umfang der Aufhebung - mit Ausnahme des Teilfreispruchs des Angeklagten K. - wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in vierzehn Fällen und falscher uneidlicher Aussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagten K. und N. hat die Strafkammer wegen Untreue in sieben ( K. ) bzw. vier (N. ) Fällen Bewährungsstrafen verhängt und sie im Übrigen freigesprochen. Die nicht revidierenden Mitangeklagten M. und W. hat das Landgericht jeweils unter Freispruch im Übrigen wegen Untreue in neun Fällen verwarnt und die Verurteilung von Geldstrafen vorbehalten. Mit ihren Revisionen wenden sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilungen und rügen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagten D. und K. beanstanden zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen waren die revidierenden Angeklagten im Tatzeitraum in unterschiedlicher Funktion bei der Nürburgring GmbH tätig. Der Angeklagte K. war deren Geschäftsführer; der Angeklagte D. war damals Finanzminister des Landes Rheinland -Pfalz und seit dem Jahr 2006 Vorsitzender des satzungsmäßig eingerichteten Aufsichtsrats. Der Angeklagte N. war Leiter der Controlling-Abteilung. Er war direkt dem gesondert verfolgten Finanzdirektor und Prokuristen L. unterstellt sowie selbst Vorgesetzter unter anderem des Zeugen De. . Ihm war "Handlungsvollmacht nach § 54 HGB" erteilt. Nach internen Regelungen durfte er Verpflichtungen - mit entsprechender Befugnis zur Freigabe - bis zu einem Umfang von 20.000 € eingehen, bei Beträgen über 5.000 € allerdings nur ge- meinsam mit einem Direktor wie etwa L. . Zu seinem Aufgabenkreis gehörte es weiter, die inhaltliche und sachliche Richtigkeit von eingehenden Rechnungen zu überprüfen. Die Geschäftsanteile an der Nürburgring GmbH hielten zu 90% das Land Rheinland-Pfalz und zu 10% der Landkreis Ahrweiler. Den Verurteilungen liegen Vorgänge zugrunde, die sich im Rahmen des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" zutrugen:
3
1. Der Nürburgring ist eine traditionsreiche, in einer strukturschwachen Region des Landes Rheinland-Pfalz gelegene Rennstrecke, die von der Nürburgring GmbH verwaltet wird. Bereits seit Jahrzehnten wurde versucht, das Angebot am Nürburgring um andere Freizeitmöglichkeiten neben dem Rennbetrieb zu erweitern. Aus diesen Bestrebungen entstand das Ausbauprojekt "Nürburgring 2009", mit dem der Nürburgring zu einem Freizeit-, Business- und Erlebniszentrum mit ganzjährigen, wetterunabhängigen Angeboten entwickelt werden sollte. Das Ausbauprojekt gliederte sich in zwei Bereiche: Bereich I umfasste die Bauprojekte "ringBoulevard", "Warsteiner-Event Center", "ringWerk" und "ringArena"; das Teilprojekt Bereich II betraf den Ausbau der Hotel- und Gastronomieanlagen. Finanziert werden sollte das Vorhaben durch private Investoren , wobei sich die geschätzten Investitionskosten zunächst auf 135 Mio. € für Bereich I und auf 95 Mio. € für den Bereich II beliefen. Die Suche nach Privatinvestoren gestaltete sich allerdings für beide Teilprojekte schwierig.
4
Mitte des Jahre 2006 stellten die Zeugen B. und Me. ein Finanzierungskonzept für den Bereich I des Ausbauprojektes vor. Dieses hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die von den Zeugen gehaltene I. (I. ) S.A. (im Folgenden: I. S.A.) zahlt an die Nürburg- ring GmbH 135 Mio. €. Im Gegenzug wird der I. E. GmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der I. S.A., ein Nießbrauchsrecht an den bebauten Grundstücken und Betriebseinrichtungen eingeräumt, welche sie sodann an die Nürburgring GmbH rückvermietet. Der Mietvertrag läuft über 27 Jahre; die Grundmiete beträgt pro Jahr 5 Mio. €, so dass die Investitionssumme am Ende der Gesamtlaufzeit den Grundmieteinnahmen entspricht. Eine Kündigung durch die Nürburgring GmbH ist frühestens nach elf Jahren möglich, wobei in diesem Fall eine "Optionsgebühr" und auf Grundlage einer festgelegten Formel eine Entschädigung zu zahlen ist, die im Wesentlichen der noch offe- nen Mietzinszahlung für die verbleibende Laufzeit entspricht. Der wirtschaftliche Vorteil dieses Konzepts lag für die Nürburgring GmbH darin, dass ihr die Investitionssumme zinsfrei zur Verfügung gestellt würde. Rein rechnerisch ergab sich bereits bis zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Kündigung nach elf Jahren ein Zinsvorteil von 33 Mio. €. Zusätzlich garantierte die I. S.A.auf die im Falle einer vorzeitigen Kündigung zu leistenden Entschädigung einen festen Abzugs- betrag in Höhe von 30 Mio. €. Wirtschaftlich betrachtet wären der I. S.A.da- mit im Fall einer Kündigung nach elf Jahren Zinseinnahmen in Höhe von 33 Mio. € entgangen und zusätzlich ein Verlust von 30 Mio. € entstanden.
5
Die I. S.A. bzw. die hinter dieser stehenden B. und Me. wollten ihre Gewinne durch eine Refinanzierung des Investitionskapitals erwirtschaften. Hierzu planten sie, nach dem sog. Senior-Life-Settlements-Modell auf dem USMarkt in einem Volumen von 1,2 Mrd. US-Dollar notleidend gewordene Lebensversicherungen zu einem Bruchteil von deren Nominalablaufwert aufzukaufen. Nach US-amerikanischem Versicherungsrecht erhält der Versicherungsnehmer bei einer Einstellung der Prämienzahlungen keine Leistungen aus dem Vertrag, weshalb es bei drohendem Zahlungsausfall günstiger ist, die Versicherung an einen Aufkäufer zu übertragen, der die restlichen Prämienzahlungen übernimmt. Da der Ausfall der Prämienzahlung seitens der Versicherungen bereits in die Prämienhöhe einkalkuliert wird, erlangt der Investor bei erfolgreicher Durchführung einen im Verhältnis zur Prämienzahlung relativ hohen Betrag. Allerdings sahen die US-amerikanischen Bestimmungen vor, dass ein Aufkauf derartiger Lebensversicherungspolicen durch NichtVersicherungsunternehmen wie der I. S.A. nur in Verbindung mit einem Immobiliengeschäft rechtlich zulässig war. Als ein solches werteten B. und Me. die Beteiligung am Ausbauprojekt "Nürburgring 2009". Da die I. S.A.
die Investitionssumme von 1,2 Mrd. US-Dollar nicht aufbringen konnte, benötigte sie ihrerseits einen Investor, der bereit war, das Projekt zu finanzieren.
6
Im August 2006 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. einen Projektfinanzierungs- und Entwicklungsvertrag, dessen Gegenstand unter anderem die Vermittlung eines Investors durch die I. S.A. war. Dies gelang B. und Me. zunächst allerdings nicht. Im weiteren Verlauf schlossen die Nürburgring GmbH und die I. Gesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), eine Tochtergesellschaft der I. S.A., am 27. März 2007 einen Vorvertrag. Hierin verpflichtete sich die Nürburgring GmbH zur pauschalen Erstattung von Vorlaufkosten, die der I. GmbH durch die Suche nach einem Investor bzw. durch die Vermittlung der Finanzierung entstehen würden. Der Vertrag sah monatliche Pauschalzahlungen in Höhe von 20.000 € vor und war zunächst bis zum 31. Dezember 2007 befristet. In der Folgezeit wurde er durch vier Nachträge bis zum 30. September 2008 verlängert , wobei die monatliche Zahlungsverpflichtung zuletzt 40.000 € betrug. Am 2. September 2007 schlossen die Nürburgring GmbH und die I. S.A. zudem eine Provisionsvereinbarung, wonach die I. S.A. für die erfolgreiche Vermittlung der Projektfinanzierung ein Erfolgshonorar in Höhe von 5 Mio. € erhalten sollte. Der Vertrag sah u.a. vor, dass die erste Rate in Höhe von 1 Mio. € des Erfolgshonorars erst nach dem tatsächlichen Eingang der ersten Finanzierungsrate fällig war; die aufgrund des Vorvertrages vom 27. März 2007 von der Nürburgring GmbH erbrachten Zahlungen sollten auf die Provision angerechnet werden.
7
Im Jahr 2008 zeigte sich der gesondert verfolgte Ba. , der in der Folgezeit unter seiner Firma B&B (im Folgenden: B&B ) handelte, an einem Engagement in dem Teilprojekt Bereich I interessiert und unterbreitete verschiedene Finanzierungsangebote. Das dritte Finanzierungsangebot war gerichtet an die I. S.A. und sah eine Investition über 1,2 Mrd. US-Dollar vor, die unter der Bedingung stand, dass die I. S.A. eine Einlage über 10% der Finanzierungssumme - mithin 120 Mio. US-Dollar - für eine Laufzeit von 14 Monaten erbringt. Dieses Finanzierungskonzept verfolgten die Beteiligten weiter, wobei die von der I. S.A. zu leistende Bareinlage schließlich 80 Mio. € betragen sollte. Im Juni 2008 unterrichtete D. den Auf- sichtsrat umfassend über das geplante Finanzierungskonzept. Ende Juni 2008 übermittelte die Geschäftsführung den Aufsichtsratsmitgliedern Entwürfe eines Nießbrauchsvertrages, eines Generalübernehmervertrages, eines Mietvertrages und eines Optionsvertrages; hiermit verbunden war der Antrag auf Zustimmung zum Abschluss des Vertragswerks. Am 1. Juli 2008 fasste der Aufsichtsrat folgenden Beschluss: "Der Aufsichtsrat beauftragt und ermächtigt die Geschäftsführung, alle notwendigen Verträge und sonstigen Vereinbarungen mit der I. , deren Vertretern oder mit der I. verbundenen Gesellschaften abzuschließen, um eine Finanzierung des Projektes Nürburgring 2009 zu realisieren…"
8
Grundlage des Beschlusses war § 7 Abs. 1 und 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der Nürburgring GmbH (im Folgenden: GesV). § 7 GesV lautete: "§ 7 Zustimmungsbedürftige Geschäfte Abs. 1: Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer erstreckt sich nur auf Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich bringt. Für alle darüber hinaus gehenden Handlungen ist die vorherige Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen.

Abs. 2: Der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen in jedem Fall: … Abs. 3: Der Aufsichtsrat kann sich die vorherige Zustimmung zu bestimmten anderen Arten von Geschäften vorbehalten. Er kann widerruflich seine Einwilligung zu Geschäften, die seiner Zustimmung bedürfen , allgemein unter der Voraussetzung erteilen, dass die von ihm gemachten Auflagen erfüllt sind."
9
Am 31. Juli 2008 entschied D. im Rahmen eines Gesprächs im Finanzministerium mit weiteren an der Finanzierung beteiligten Personen , dass die nach den bisherigen Verträgen von der I. S.A. zu leistende Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € von der Nürburgring GmbH erbracht werden sollte, da die I. S.A. hierzu finanziell nicht in der Lage war; die mit der erforderlichen Darlehensaufnahme verbundenen Zinsen sowie die mit der Anlage der Bareinlage verbundenen Bankspesen sollten nach seiner Entscheidung ebenfalls von der Nürburgring GmbH übernommen werden. Den für die Zahlung der Bareinlage erforderlichen Betrag sollte die Nürburgring GmbH darlehensweise aus Landesmitteln über den sog. Liquiditätspool erhalten, der bei dem Kreditreferat des Ministeriums für Finanzen eingerichtet war; diesbezüglich gab D. einem Mitarbeiter des Finanzministeriums vor, dass die Zahlung aus dem Liquiditätspool "unter Bilanzebene" abgewickelt werden sollte ; dementsprechend fand das Darlehen in der Bilanz der Nürburgring GmbH keine Erwähnung.
10
2. Vor dem geschilderten Hintergrund kam es u.a. zu den folgenden Handlungen:
11
a) In die Vorgänge um die Zahlung der von der I. S.A. geschuldeten, jedoch von der Nürburgring GmbH erbrachten Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € war die Rechtsanwaltskanzlei C. eingebunden. Ende August 2008 regte sie wegen der verschärften Regelungen zur Geldwäsche an, das Landeskriminalamt einzubinden und prüfen zu lassen, ob es Erkenntnisse oder Verdachtsmomente gegen die an der geplanten Anlage des Bardepots über 80 Mio. € Beteiligten gebe. D. bat daraufhin den damaligen Landesinnenminister Br. um eine entsprechende Überprüfung. Zudem stellte er eigene Internetrecherchen an; dabei stieß er auf Gerüchte einer Verbindung zwischen der I. S.A. und einem mexikanischen Drogenkartell. Dies teilte er am Rande einer Aufsichtsratssitzung am 2. September 2008 K. mit. Am Morgen des 8. September 2008 bestätigte Innenminister Br. D. den Verdacht, dass die I. S.A. zum Umfeld eines mexikanischen Drogenkartells gehöre. Hintergrund war, dass im Handelsregister von Luxemburg zwei irische Firmen als Aktionäre der I. S.A. eingetragen waren; beide Firmen waren auch Aktionäre einer Gesellschaft, in der eine zu den wichtigsten Drahtziehern der mexikanischen Drogenmafia zählende Familie ihre Geschäfte bündelte.
12
Es folgte eine Sitzung im Finanzministerium, an der D. , der Zeuge Dr. von der Kanzlei C. und L. teilnahmen. Die Beteiligten kamen überein, dass ein sofortiges Ende der Geschäftsbeziehung zur I. S.A. erforderlich sei, wenn die Gerüchte über deren Beziehung zur mexikanischen Drogenmafia nicht zügig und umfassend widerlegt werden könnten. D. befürchtete bei deren Ausbreitung einen großen Imageschaden für das Land Rheinland-Pfalz und das Projekt "Nürburgring 2009". Konfrontiert mit den Vorwürfen bestritt Me. jedoch eine bestehende Verbindung zu einem Drogenkartell; die beiden irischen Firmen seien - was sich zehn Tage später bestätigte - lediglich Aktionäre des erworbenen Firmenmantels gewesen. Die Forderung, neue und von dem Verdacht unbelastete Gesellschaften zu gründen, die in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge eintreten sollten, lehnte er wegen der entstehenden Gründungskosten ab. Daraufhin fassten K. sowie L. den Entschluss, die Nürburgring GmbH die Kosten der gewünschten Neugründung einer Gesellschaft, der P. S.A., tragen zu lassen.
13
Noch am 8. September 2008 unterschrieb Me. für die I. GmbH einen Vertrag, nach dem die Nürburgring GmbH die Gründungskosten für die "P. S.A." in Höhe von netto 45.000 € tragen sollte. Die Kosten sollten im Falle einer erfolgreichen Vermittlung der Finanzierung auf den Provisionsanspruch aus dem mit der I. S.A. geschlossenen Vertrag vom 2. September 2007 angerechnet werden. Am selben Tage stellte Me. der Nürburgring GmbH für die I. GmbH den Betrag von 53.550 € (45.000 € netto) in Rechnung. Der Betrag wurde ausgezahlt, nachdem K. und L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch richtig" abgezeichnet hatten. Einen Tag später gründeten Me. und B. vereinbarungsgemäß die P. S.A. und darüber hinaus nach deutschem Recht die P. GmbH. Die Gesellschaften traten kurze Zeit später für die I. S.A. und die I. E. GmbH in die mit der Nürburgring GmbH bestehenden Verträge ein (Fall IV.2 der Urteilsgründe).
14
b) Während dieser Vorgänge wurde die Umsetzung des Finanzierungskonzeptes weiter vorangetrieben. So kündigte N. am 22. September 2008 gegenüber der Schweizer Bank LLB die Überweisung von 80 Mio. € an. Am selben Tag stellte die I. GmbH der Nürburgring GmbH "… gemäß dem ge- schlossenen Vorvertrag" für den Monat Oktober 2008 eine Aufwandsentschä- digung in Höhe von 40.000 € nebst 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Nach Ein- gang der Rechnung am 23. September 2008 fassten K. und N. sowie L. den Entschluss, diese Rechnung durch die Nürburgring GmbH begleichen zu lassen. Ihnen war bewusst, dass keine Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten bestand, da der Vorvertrag bis zum Monat September 2008 begrenzt war und auch der vierte Nachtrag zum Vorvertrag eine Aufwandsentschädigung nur bis zum 30. September 2008 vorgesehen hatte. Gleichwohl zeichneten alle drei die Rechnung als sachlich und rechnerisch richtig ab. In weiterer Ausführung des Tatplans veranlassten K. und L. die Auszahlung der in Rechnung gestellten Aufwandsentschädigung. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst. Erstattungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. bzw. die I. GmbH im Oktober 2008 nicht (Fall IV.3 der Urteilsgründe).
15
c) Obwohl die von Ba. geforderte Bareinlage in Höhe von 80 Mio. € am 24. September 2008 bei der LLB/Schweiz verbucht und angelegt worden war, kam die Finanzierung nicht zustande: Zunächst hielt Ba. unter anderem eine vertraglich vereinbarte Frist von drei Tagen zum Nachweis eines Investors nicht ein; sodann verschwand er zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 spurlos. Schließlich wurde die erste Finanzierungsrate auch nach seinem Wiederauftauchen trotz mehrfacher Aufforderung nicht gezahlt.
16
Noch im Jahr 2008 präsentierte Ba. jedoch weitere angebliche Investoren , so u.a. die Ölgesellschaft T. und die A. AG. Eine Überprüfung der Gesellschaften durch die RechtsanwaltskanzleiR. ergab jedoch in beiden Fällen Bedenken, weil sich die ermittelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen nicht so wie von Ba. vorge- geben darstellten. Die Bestrebungen zur Finanzierung des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" konkretisierten sich gleichwohl wieder. Dabei forderte Ba. erneut, dass eine Bareinlage in Höhe von nunmehr 95 Mio. € erbracht werden müsse. Diese wurde ebenfalls von der Nürburgring GmbH geleistet , durch die darlehensweise Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanziert und im März 2009 bei der Liechtensteinischen Landesbank angelegt.
17
Ende April 2009 fand eine Telefonkonferenz zwischen D. und N. sowie L. , B. und Me. statt. Hintergrund war eine zuvor durchgeführte Prüfung des Finanzierungskonzeptes durch eine Schweizer Wirtschaftskanzlei und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hierbei hatte sich ergeben, dass der im Rahmen des Finanzierungskonzeptes zwischen der P. S.A. und B&B zu schließende Darlehensvertrag über 165 Mio. € negative ertragssteuerliche Konsequenzen für die P. S.A. gehabt hätte. Me. forderte daraufhin, dass die Ertragssteuer entweder vom Land Rheinland-Pfalz oder der Nürburgring GmbH übernommen werden müsse. Dies lehnte D. ab; er ging aber auf den Vorschlag ein, dass zum Erhalt steuerlicher Vorteile seitens B. und Me. eine Schweizer Aktiengesellschaft gegründet werden sollte. Die Gründungskosten in Höhe von 100.000 € sollte die Nürburgring GmbH tragen. Dabei erklärte D. , dass der Betrag von 100.000 € nicht in Verbindung mit der Gesellschaftsgrün- dung gebracht werden dürfe; auch müsse der Betrag auf das später etwaig zu zahlende Erfolgshonorar angerechnet werden.
18
Unter dem 30. April 2009 ging daraufhin eine Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein, mit der die I. GmbH "für erbrachte Leistungen in den Monaten Juni, Juli und August 2008" ein "Honorar" von netto 100.000 € berechnete. Die Rechnung zeichneten K. und L. entsprechend ih- rem zuvor gefassten gemeinsamen Entschluss als sachlich und rechnerisch richtig ab und gaben sie zur Zahlung frei. Im Juni 2009 gründeten B. und Me. nach schweizerischem Recht die G. AG. Der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH war mit der Zahlung nicht befasst (Fall IV.5 der Urteilsgründe

).


19
d) Im Mai 2009 sprach Me. anlässlich eines Treffens in der Schweiz L. auf die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 50.000 € an. L. unterrichtete hierüber telefonisch D. ; gemeinsam entschieden beide, dass die Nürburgring GmbH den Betrag zahlen solle. Daraufhin ging am 22. Mai 2009 eine Rechnung der sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Liquidationsstadium befindlichen I. GmbH ein; die Rechnung lautete auf netto 50.000 € und wies als Gegenstand "erbrachte Leistungen in den Monaten September 2008" aus, obwohl die nach dem Vorvertrag geschuldete Aufwandsentschädigung für den Monat September 2008 bereits im August 2008 gezahlt worden war. Gleichwohl zeichneten K. , der in Kenntnis aller Umstände ebenfalls zur Zahlung entschlossen war, sowie L. die Rechnung als "sachlich und rechnerisch geprüft" ab und veranlassten hierdurch die Auszahlung (Fall IV.6 der Urteilsgründe).
20
e) Anfang Juni 2009 hielten sich B. , Me. , L. und N. im Hotel Do. in Z. auf. Im Laufe eines gemeinsamen Gesprächs rief Me. D. an und begehrte unter Hinweis auf nicht näher spezifi- zierte Aufwendungen eine Zahlung in Höhe von 150.000 €. D. stimmte der Zahlung zu. Hierauf machte N. gegenüber L. deutlich, dass der pauschale Aufwendungsersatz aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar sei, zumal die Nürburgring GmbH bereits bisher angefallene Kosten für Flug, Hotel und Spesen in Höhe von 78.000 € für B. und Me. beglichen habe. L.
reagierte jedoch unwirsch und verwies auf die Zustimmung von D. .
21
Bereits vor Eingang einer Rechnung rief N. darauf den ihm bei der Nürburgring GmbH unterstehenden Zeugen De. an und "wies ihn an, den Betrag per Blitzüberweisung auf das bekannte Konto der I. GmbH zu überweisen". De. ließ daraufhin von der entsprechenden Abteilung die Überweisung zur Unterschrift durch K. vorbereiten. Hiernach legteN. K. die Auszahlungsanordnung zur Unterschrift vor, wies jedoch erneut auf seine Bedenken hin. Dieser unterschrieb gleichwohl die Auszahlungsanordnung und veranlasste hierdurch die Zahlung. Erst danach ging am 20. Juli 2009 die auf den 15. Juni 2009 datierende und auf den Nettobetrag von 150.000 € lautende Rechnung der I. GmbH bei der Nürburgring GmbH ein. Als Gegenstand wurden dort seitens der I. GmbH "erbrachte Leistungen in den Monaten Oktober und November 2008" ausgewiesen. Gesondert abrechnungsfähige Aufwendungen hatten B. und Me. indes nicht gehabt (Fall IV.7 der Urteilsgründe

).


22
f) Nachdem B. und Me. die G. AG gegründet hatten , sollte die Finanzierung mit Ba. umgesetzt werden. Bereits im Mai 2009 hatte Ba. als neuen Investor die amerikanische Gesellschaft G. A. (im Folgenden: GA. ) ins Spiel gebracht und die Kopie eines Kontoauszugs überreicht, wonach die Gesellschaft die Anweisung erteilt hatte, 100 Mio. US-Dollar auf ein mit der Bezeichnung "B&B Nürburgring" geführtes Unter-Konto zu überweisen. Hinter der GA. sollte ein Investor namens Du. stehen. Du. war nach den Angaben Ba. s auch "Geschäftsführer" der M. A. (im Folgenden: MA. ), die im weiteren Verlauf neben der GA. zusätzlich in die Finanzierung einge- bunden würde. Im Zuge der abschließenden Verträge fertigte der von der Nürburgring GmbH beauftragte Rechtsanwalt Lü. eine Zahlungsvereinbarung , mit der die genaue Zahlungshöhe und -weise des durch Ba. zur Verfügung gestellten bzw. beschafften Finanzierungskapitals an die Nürburgring GmbH und die Gesellschaften der I. - bzw. P. -Gruppe geregelt werden sollte. Am 29. Juni 2009 übermittelte Rechtsanwalt Lü. L. per E-Mail einen zweiten Entwurf dieser Vereinbarung. Zu diesem Zeitpunkt stand D. unter hohem Zeitdruck, da im Hinblick auf das am 12. Juli 2009 stattfindende Formel-1-Rennen die Eröffnungsfeier für den 9. Juli 2009 vorgesehen und noch kein Privatinvestor gefunden worden war. Zudem hatte ihm der damalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Be. , eine Frist bis zu diesem Tage gesetzt, um die Finanzierung des Projektes mit Ba. umzusetzen. Im Falle eines Scheiterns sollte das Bardepot über 95 Mio. € wieder abgezogen werden.
23
Noch am 29. Juni 2009 folgte im Hotel Do. in Z. ein Treffen , an dem für die Nürburgring GmbH N. und L. , daneben B. , Me. sowie Ba. teilnahmen. Letzterer übergab dabei einen auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 67 Mio. USDollar , der zugunsten der Nürburgring GmbH ausgestellt war und die ursprünglich vorgesehene Überweisung der ersten Finanzierungsrate ersetzen sollte. Hierauf diskutierten N. , L. , B. und Me. über die Zahlung der nach dem Vertrag vom 2. September 2007 vereinbarten Provision, welche die Nürburgring GmbH für die erfolgreiche Vermittlung der Finanzierung an die - für die I. S.A. in den Vertrag eingetretene - P. S.A. zahlen sollte. B. und Me. vertraten die Auffassung, ihre vertraglichen Pflichten erfüllt zu haben, weshalb die Provision mit der Übergabe des Schecks fällig sei. Auf Forderung des L. änderte N. daraufhin den von Rechtsanwalt L. übermittel- ten Entwurf der Zahlungsvereinbarung dergestalt ab, dass nach Gutschrift des Schecks über 67 Mio. US-Dollar eine Provision in Höhe von 4 Mio. € an die G. AG zu zahlen sei. Weshalb die Beteiligten in Abweichung vom Vertrag vom 2. September 2007 nur über eine Provision in Höhe von 4 Mio. €, statt wie ursprünglich vereinbart 5 Mio. € debattierten, hat die Strafkammer nicht klären können.
24
B. und Me. ging der neue Entwurf jedoch nicht weit genug. Sie forderten eine Zahlung innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks. Es entbrannte eine hitzige Diskussion, insbesondere N. hielt die Forderung für unangemessen. Im weiteren Verlauf telefonierte Me. mit D. und konfrontierte nun diesen mit seiner Forderung. Vor dem Hintergrund seines Zeitdrucks entschied D. , dem Ansinnen von B. und Me. nachzukommen, wobei ihm bewusst war, dass es nicht möglich sein würde, binnen der kurzen Zeitspanne von 48 Stunden zu überprüfen, ob der von Ba. übergebene Scheck gedeckt war. Telefonisch vereinbarten D. und Me. weiter, dass ein Teilbetrag von 1,2 Mio. € zur Begleichung von "Vorlaufkosten" unmittelbar an die Nürburgring GmbH zurücküberwiesen werden und weitere 2 Mio. € unangetastet auf dem Konto der G. AG verbleiben sollten; der Restbetrag von 800.000 € sollte zur freien Verfügung der G. AG bzw. B. und Me. stehen.
25
Auf Aufforderung des L. änderte N. am frühen Morgen des 30. Juni 2009 den Entwurf der Zahlungsvereinbarung erneut ab. Dieser mittlerweile vierte Entwurf lautete nun auszugsweise wie folgt: "Präambel: Zwischen den Parteien bestehen verschiedene vertragliche Beziehungen. Diese umfassen u.a. Verträge zwischen P. und NG zur Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" (gemeinsam das "NG/P. Vertragswerk Projekt NG 2009"). … NG zahlt 4 Mio. € an G. /P. alsVorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009. … § 1 Leistung von Zahlungen 1.2. B&B wird im unmittelbaren Anschluss an die Unterzeichnung dieser Zahlungsvereinbarung einen Betrag in Höhe von 67,0 Mio. US$ …zahlen, und zwar durch Übergabe eines Orderschecks… 1.3. NG wird innerhalb von 48 Stunden nach Übergabe des Schecks gemäß § 1.2 einen Betrag in Höhe von 4 Mio. € … an G. /P. zahlen und zwar durch Überweisung auf ein von der G. /P. zu benennendes Konto."
26
Der Entwurf sah im Unterschriftsfeld für die Nürburgring GmbH neben der Unterschrift von L. als Prokuristen der Gesellschaft auch diejenige von N. vor. L. , Me. und Ba. unterschrieben diese Zahlungsvereinbarung.
27
N. begab sich daraufhin mit L. auf den Weg nach Mainz, um dort den - tatsächlich nicht gedeckten - Scheck über 67 Mio. US-Dollar bei der Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) einzulösen. Er hatte die Zahlungsvereinbarung noch nicht unterschrieben, weil er diese nach wie vor für unangemessen hielt, und machte gegenüber L. seine Unterschrift von einer entsprechenden Weisung von D. und K. abhängig. In dem darauf folgenden Telefonat forderte D. N. mit dem Bemerken , niemand könne so verrückt sein, einen Scheck in dieser Größenordnung zu unterschreiben, der nicht gedeckt sei, zur Unterschrift auf. Nachdem auch K. N. telefonisch hierzu angewiesen hatte, zeichnete dieser die Zahlungsvereinbarung ab und stimmte "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH dem Inhalt der Vereinbarung" zu.
28
Nach der Scheckeinreichung bei der LBBW flogen N. und L. noch am selben Tage wieder nach Z. . Am Vormittag des 3. Juli 2009 forderte N. den Leiter der Buchhaltung der Nürburgring GmbH, Ke. , auf, die Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu veranlassen, nachdem Me. ihm gegenüber auf der Zahlung bestanden hatte. Ke. informierte hierauf die für die Ausführung der Überweisung zuständige Zeugin La. , die einen Überweisungsauftrag fertigte. Aufgrund vorgebrachter Bedenken des bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Justitiars Pa. hinsichtlich des mit der Zahlung verbundenen Risikos, weil die Deckung des übergebenen Schecks noch unklar war, unterschrieb K. den Überweisungsauftrag allerdings zunächst nicht.
29
Währenddessen hatten sich Ba. , N. und B. gemeinsam zur P. -Bank nach Liechtenstein begeben. Dort sollte Ba. einer vorherigen Absprache entsprechend einen Kontoauszug abholen, der belegte, dass die B&B über einen Geldbetrag in Höhe von 100 Mio. € verfügte. Vor der Bank teilte er N. und B. dann allerdings für diese überraschend mit, dass die P. -Bank wegen der schlechten Reputation der Nürburgring GmbH keinen von deren Vertretern empfangen wolle und auch keinen Kontoauszug über- reichen werde. Etwa eine Stunde später kam Ba. wieder heraus und er- klärte wahrheitswidrig, dass der Betrag von 100 Mio. € auf dem Konto der B&B als frei verfügbares Guthaben vorhanden sei, die Bank sich aber sowohl geweigert habe, einen entsprechenden Kontoauszug auszuhändigen, als auch, eine Überweisung auf ein Konto der Nürburgring GmbH auszuführen. N. und B. reagierten zunächst empört und äußerten den Verdacht, dass Ba. eine Hinhaltetaktik verfolge. Ba. schlug daraufhin vor, zunächst einen weiteren Scheck über 33 Mio. US-Dollar auszustellen und übergab N. im Laufe des Tages einen erneut auf ein Konto der MA. bei der Bank Wells Fargo gezogenen Scheck über 33 Mio. €.
30
Am Nachmittag desselben Tages entschloss sich K. , den Auftrag zur Überweisung der 4 Mio. € an die G. AG zu erteilen, obwohl ihm bewusst war, dass die Werthaltigkeit des Schecks über 67 Mio. US-Dollar noch nicht überprüft war. Gegen 16:00 Uhr unterschrieb er den Überweisungsträger und übergab ihn der Zeugin La. zur Ausführung. Diese übermittelte um 17:17 Uhr den Überweisungsträger nach vorheriger telefonischer Ankündigung per Telefax mit der Bitte um "schnellstmögliche Ausführung" an die Kreissparkasse Ahrweiler. Kurze Zeit später übermittelte La. einen weiteren Auftrag per Telefax, der eine Umbuchung von 4 Mio. € von einem Tagesgeldkonto der Nür- burgring GmbH zur Deckung des mit der Auslandsüberweisung belasteten Kontos zum Gegenstand hatte. Bei der Kreissparkasse Ahrweiler kamen den Zeugen St. und Ki. jedoch Bedenken, ob die Überweisung einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche darstellen könnte, weil der Überweisungsträger als Empfänger nur die Buchstaben-ZahlenKombination "G7 5165" enthielt. Aufgrund dessen führten sie die Überweisung zunächst nicht aus.
31
Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits die Rechtsanwälte Lü. und Di. K. aufgesucht. Lü. hatte am Vortag von dem gegenüber seinen Vertragsentwürfen geänderten Inhalt der Zahlungsvereinbarung erfahren und bewertete deren Inhalt als Untreue. Im Beisein von L. kam es daraufhin zu einem Telefonat zwischen K. und D. . Letzterer blieb trotz der von Lü. vorgebrachten Bedenken und Hinweise auf die bisherige Unzuverlässigkeit des Ba. bei seiner Auffassung, dass der Betrag von 4 Mio. € gezahlt werden solle. Daraufhin wies L. K. auf dessen persönliche Verantwortung als Geschäftsführer hin, worauf D. erklärte, er könne dem Geschäftsführer als Aufsichtsratsvorsitzender keine Weisungen erteilen; zugleich betonte er aber, dass das Risiko des Scheiterns der Finanzierung dann auch bei der Geschäftsleitung läge. K. erklärte schließlich seiner Sekretärin, dass mit der Überweisung gewartet werden sollte; gegen 18:00 Uhr wurde eine Mitarbeiterin der Kreissparkasse Ahrweiler per Telefax informiert.
32
Noch am Abend des 3. Juli 2009 unterrichtete ein Mitarbeiter der LBBW das Finanzministerium über Erkenntnisse zu dem von Ba. ausgestellten Scheck. Nach Mitteilung der Wells Fargo Bank in London stimmten die Daten auf dem Scheck nicht mit den Kontodaten überein; das bezeichnete Konto habe zudem zu keinem Zeitpunkt eine Deckung über 67 Mio. € aufgewiesen. An dem sich anschließenden Wochenende traten weitere Ungereimtheiten auf, sodass D. bereits am Sonntag, den 5. Juli 2009, L. den Auftrag erteilte, die Folgen einer Vertragsauflösung zu prüfen. Am Montag, den 6. Juli 2009, übermittelte La. im Auftrag des K. der Kreissparkasse Ahrweiler ein Telefax, mit dem der Überweisungsauftrag vom 3. Juli 2009 endgültig zurückgenommen wurde. Einen Tag später trat D. von sei- nem Amt als Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz zurück (Fall IV.8 der Urteilsgründe).
33
g) Zeitgleich zu den vorstehend geschilderten Ereignissen um die Finanzierung des Bereichs I von "Nürburgring 2009" wurde der Ausbau des Bereichs II (Hotel- und Gastronomieanlagen) vorangetrieben. Nach den Planungen und den öffentlichen Aussagen der Landesregierung hatte dieser Teil des Ausbauprojektes ausschließlich privat finanziert werden sollen. Weil bis Mitte des Jahres 2007 jedoch trotz Verhandlungen mit zahlreichen Hotelbetreibern kein privater Investor gefunden worden war, wurde schließlich die MS. GmbH als Projektentwicklungsgesellschaft gegründet. 10% ihrer Gesellschaftsanteile hielt die Nürburgring GmbH; 49,5% entfielen auf die später unter dem Namen Med. GmbH firmierende Medi. GmbH. Daneben waren an der MS. GmbH beteiligt die G. & T. GmbH (33,8%) und mit 6,7% die We. -GmbH. Geschäftsführer der MS. GmbH waren die Zeugen Ri. , seinerseits zugleich Geschäftsführer der Med. GmbH, und G. , der Geschäftsführer der G. & T. GmbH.
34
Die M. GmbH betrieb als Bauherrin in der Folgezeit den Ausbau der unter Bereich II fallenden Projekte. Da sie allerdings nicht über die erforderlichen Eigenmittel verfügte, war sie auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Deren Umsetzung gestaltete sich in der Folgezeit schwierig, so dass es u.a. zu folgenden Handlungen kam (Fälle IV.9 a) ff. der Urteilsgründe):
35
Zum Planbereich II gehörte der Bau eines 4-Sterne-Hotels, wegen dessen Finanzierung der Zeuge Ri. Verhandlungen mit der Bank für Tirol und Voralberg (im Folgenden: BTV) führte. Diese war bereit, einen Kredit in Höhe von 26 Mio. € zu gewähren, forderte allerdings, dass die Errichtung des Hotels von einer Gesellschaft betrieben würde, deren einziger Gesellschaftszweck hierin bestand, und daneben einen Eigenkapitalnachweis dieser Gesellschaft in Höhe von6 Mio. €. Die erste Forderung führte zur Gründung der C. M. GmbH (im Folgenden: CM. GmbH). Zur Erbringung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises war die MS. GmbH indes nicht in der Lage. Dieser sollte daher von ihren Gesellschaftern entsprechend der jeweiligen Beteiligungsverhältnisse aufgebracht werden. Da der Geschäftsführer der We. GmbH allerdings nicht bereit war, sich an dem Projekt finanziell zu beteiligen, sollte deren Anteil von der Med. GmbH übernommen werden; diese hatte somit einen Gesamtanteil von 3,4 Mio. € zu tragen. Hierzu war sie nicht fähig.
36
Anfang Mai 2008 wies Ri. gegenüber D. darauf hin, dass ein Baustopp drohe, falls der Eigenkapitalnachweis nicht geführt werden könne. Dieser empfahl Ri. , sich an die I. und S. bank GmbH (im Folgenden: ISB GmbH) zu wenden. Bei dieser handelt es sich um eine Landesbank, deren alleiniger Gesellschafter das Land Rheinland-Pfalz ist und deren Gesellschaftszweck zu diesem Zeitpunkt insbesondere darin lag, Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft sowie sonstige Maßnahmen zur Verbesserung und Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landes Rheinland-Pfalz zu fördern. Geschäftsführer der ISB GmbH war der Mitangeklagte M. . Diesen bat D. , die Finanzierung des Bauprojektes zu begleiten.
37
Am 7. Mai 2008 kam es daraufhin zu einem Gespräch in den Räumen der ISB GmbH. An diesem nahmen neben M. der Zeuge Ri. , die Wirtschafts- und Bürgschaftsreferentin des Finanzministeriums Ty. und der Mitangeklagte W. als Geschäftsführer der R.
GmbH (im Folgenden: RIM GmbH) teil. Die RIM GmbH war eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der ISB GmbH; nach ihrem Gesellschaftszweck sollte sie das Land Rheinland-Pfalz in seiner Wirtschafts- und Strukturpolitik im Rahmen der Aufgabenstellung der ISB GmbH unterstützen. Die Überlegung, die Med. GmbH für die Finanzierung des von der BTV geforderten Eigenkapitalnachweises durch eine Landesbürgschaft zu unterstützen, wurde verworfen, weil hierdurch ein finanzielles Engagement des Landes im Bereich II des Ausbauprojektes öffentlich bekannt geworden wäre. Hieraus entwickelte sich der Vorschlag, dass die RIM GmbH befristet eine stille Beteiligung an der Med. GmbH eingehen und in diesem Rahmen eine stille Einlage in Höhe des benötigten Kapitals zur Verfügung stellen solle. Diese Einlage sollte die Med. GmbH sodann der MS. GmbH als Darlehen weiter reichen. Die RIM GmbH ihrerseits refinanzierte sich über ein Darlehen, welches ihr die ISB GmbH zur Verfügung stellte. Weil der ISB GmbH diese Darlehensgewährung aufgrund geltender Bestimmungen ohne die Absicherung durch entsprechende Bürgschaften nicht möglich gewesen wäre, sollte das Land Rheinland-Pfalz den Kredit in voller Höhe durch eine Landesbürgschaft absichern. Dies bot zugleich den Vorteil, dass die grundsätzlich nach § 18 KWG erforderliche Offenlegung von Kreditunterlagen gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 4 KWG entfiel. Die Absicherung des Darlehens durch das Land sollte D. als Finanzminister ermöglichen. Dieser entschied, nachdem er über das Konzept informiert worden war, dass in der vorgeschlagenen Weise vorgegangen werde sollte.
38
Am 16. Mai 2008 schlossen die ISB GmbH und die RIM GmbH einen Darlehensvertrag über 3,4 Mio. € mit einer Laufzeit bis zum 30. September 2009. Am 19. Mai 2008 erstellte W. eine Beschlussvorlage für die Geschäftsführung der ISB GmbH, in der er u.a. ausführte, dass die nach dem Ver- trag als Sicherheit an die RIM GmbH zu verpfändenden Geschäftsanteile der Med. GmbH an der MS. GmbH nur bedingt werthaltig seien. Gleichwohl stufte er die Med. GmbH in Ratingklasse 1 ein, was der besten Bonität entsprach, obwohl ihm, M. , und D. bekannt war, dass die Med. GmbH tatsächlich keinerlei Finanzkraft aufwies. Sodann schlossen W. und Ri. am 29. Mai 2008 den Vertrag über die stille Beteiligung in Höhe von 3,4 Mio. €, welche zum 30. September 2009 zurückgezahlt werden sollte. Danach wurde die Einlage erbracht.
39
Auch die Nürburgring GmbH konnte den von ihr zu stellenden Eigenkapitalnachweis in Höhe von 600.000 € nicht aufbringen. D. entschied daraufhin, dass die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende stille Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH um diesen Betrag aufgestockt und letztere auch den von der Nürburgring GmbH zu erbringenden Teil des Eigenkapitalnachweises übernehmen sollte. Wie zuvor sollte sich die RIM GmbH über ein Darlehen der ISB GmbH refinanzieren und eine Landesbürgschaft diesen Kredit absichern. Dementsprechend wurden in der Folgezeit Verträge über eine weitere stille Beteiligung zwischen der RIM GmbH und der Med. GmbH (Vertrag vom 26. September 2008) und das Darlehen der ISB GmbH an die RIM GmbH in Höhe von 600.000 € (Vertrag vom 30. September 2008) geschlossen.
40
Schon zuvor - nämlich am 28. August 2008 - hatte D. eine "globale Bürgschaftserklärung" des Landes gegenüber der ISB GmbH über ei- nen Bürgschaftsrahmen von 50 Mio. € unterzeichnet; diese sah unter anderem eine Besicherungsquote von "in der Regel 80% des einzelnen Engagements" vor. Daneben war in Ziff. 7 der Erklärung bestimmt, dass der Ausfall als eingetreten gelte, wenn und soweit die Darlehensnehmerin mit fälligen Leistungen aus den Darlehensverträgen länger als drei Monate seit Fälligkeit in Verzug ist und eine zur Abhilfe bestimmte Frist erfolglos abgelaufen oder aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten ist. Diese Bürgschaftserklärung wurde nunmehr durch D. entsprechend seinem zuvor gefassten Entschluss dahin modifiziert , dass das Land die Bürgschaft in voller Höhe auf die beiden von der ISB GmbH gewährten Darlehen erstreckte. Die entsprechende Erklärung gegenüber der ISB GmbH wurde auf seine Weisung durch Ty. mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 abgegeben.
41
Nachdem die MS. GmbH den Eigenkapitalnachweis erbracht hatte, ge- währte die BTV den zugesagten Kredit in Höhe von 26 Mio. € (Fall IV.9 a) der Urteilsgründe).
42
Anfang November 2008 drohte Ri. erneut mit einem Baustopp, wenn nicht kurzfristig Gelder in Höhe von 10 Mio. € zur Bezahlung der Bauhandwerker zur Verfügung gestellt würden. D. entschied hierauf, dass der Betrag nach dem bereits zuvor praktizierten Modell einer stillen Beteiligung der RIM GmbH an der Med. GmbH zur Verfügung gestellt werden sollte und das von der ISB GmbH zu vergebende Refinanzierungsdarlehen durch eine Landesbürgschaft zu 100% abgesichert werden sollte. Dementsprechend wurden in der Folgezeit die erforderlichen Verträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH sowie der RIM GmbH und der Med. GmbH geschlossen. Des Weiteren ließ das Finanzministerium auf Weisung von D. erklären, dass die Bürgschaftsquote über die Bestimmungen in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinaus auf 100% erhöht werde. Sodann wurden die 10 Mio. € ausgezahlt, wobei in die Weiterleitung der Gelder von der Med. GmbH an die MS. GmbH in diesem Fall - um die Herkunft der Gel- der aus öffentlichen Mitteln weiter zu verschleiern - noch die P. GmbH zwischengeschaltet war (Fall IV.9 b) der Urteilsgründe).
43
Im November 2008 forderte die Bank für Trient und Bozen im Rahmen von Verhandlungen über deren Beteiligung am Ausbauprojekt, dass die RIM GmbH ihre Beteiligung an der Med. GmbH um 15 Mio. € aufstocken sollte und diese Mittel entsprechend dem Baufortschritt verwendet werden müssten. Auch diese Forderung wurde auf die Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligung umgesetzt; dies schloss - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung vom 28. August 2008 vorgesehene Besicherung von 80% hinaus - die volle Absicherung des Refinanzierungskredites durch das Land ein. Das Gesamtobligo der mittlerweile auch durch die Absicherung anderer Vorhaben ausgeschöpften globalen Bürgschaftserklärung wurde in diesem Rahmen auf 80 Mio. € erhöht. Zu der geplanten Finanzierung durch die Bank für Trient und Bozen kam es indes nicht (Fall IV.9 c) der Urteilsgründe

).


44
Von April bis Juli 2009 meldeten die Geschäftsführer der MS. GmbH in sieben weiteren Fällen jeweils dringenden Liquiditätsbedarf in Höhe von 5,5 Mio. € bis zu 13,63 Mio. €. Die jeweils benötigten Gelder wurden daraufhin auf jeweilige Entscheidung von D. über das Modell der stillen Beteiligungen von der ISB GmbH finanziert und schließlich als Darlehen von der Med. GmbH an die MS. GmbH weitergereicht (Fälle IV.9 d) bis j) der Urteilsgründe ); in allen Fällen erklärte das Finanzministerium auf Weisung von D. - über die in der bereits erteilten globalen Bürgschaftserklärung hinausgehend - die volle Absicherung des von der ISB GmbH bewilligten Refinanzierungskredits. In den Fällen IV.9 b) und IV.9 d) der Urteilsgründe wurden der RIM GmbH zur Absicherung ihres jeweiligen Rückzahlungsan- spruchs Briefgrundschulden an einem Grundstück und einem Erbbaurecht der MS. GmbH bestellt. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurden Eigentümergrundschulden an Grundstücken und Erbbaurechten der MS. GmbH sowie an einem Erbbaurrecht der CM. GmbH bestellt und an die RIM GmbH übertragen. Dass nunmehr Eigentümergrundschulden zur Absicherung dienten, geschah zu Verschleierungszwecken, da zuvor die Eintragung einer Briefgrundschuld über 10 Mio. € bekannt geworden und dadurch der Verdacht aufgekommen war, das Land Rheinland-Pfalz engagiere sich finanziell im privat zu finanzierenden Bereich II des Ausbauprojektes. Aufgrund der Absicherung durch Eigentümergrundschulden war die RIM GmbH als Berechtigte nunmehr nicht mehr aus dem Grundbuch ersichtlich. Die Anträge auf Eintragung der Briefgrundschulden gingen im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe nur wenige Wochen nach der Auszahlung der Beteiligungsgelder bei den Grundbuchämtern ein, im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe am Tage der Auszahlung. In den Fällen IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe wurde der jeweils erste Grundschuldbrief spätestens knapp vier Monate nach Zahlung der Beteiligungssumme übergeben. Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Grundschulden jeweils in voller Höhe ihres Nominalwertes werthaltig waren, da sie "keine sicheren Feststellungen" über die Werthaltigkeit zum Zeitpunkt ihrer Bestellung, "also während der Bauphase" zu treffen vermochte.
45
Keine der stillen Beteiligungen wurde von der Med. GmbH zurückgezahlt. Daraufhin wurden die stillen Beteiligungen teilweise prolongiert; die Darlehensverträge zwischen der ISB GmbH und der RIM GmbH liefen im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe ursprünglich bis zum 30. September 2009 und wurden noch vor Ablauf unbefristet verlängert. Die übrigen Refinanzierungsverträge waren von vornherein "bis auf Weiteres" geschlossen worden. Im März 2010 erwarb die Nürburgring GmbH schließlich sämtliche Geschäftsanteile an der MS. GmbH. Sodann wurden die gesamten Verbindlichkeiten der Nürburgring GmbH gegenüber dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz für die Baukosten im Bereich I des Ausbauprojekts sowie der MS. GmbH hinsichtlich der Rückzahlung der Beteiligungsgelder und der CM. GmbH aus deren notleidend gewordenen Kreditverbindlichkeiten gegenüber der BTV in einen Dar- lehensvertrag über 330 Mio. € zusammengefasst. Darlehensgeber war die ISB GmbH, Darlehensnehmerin die Nürburgring GmbH und als weitere Gesamtschuldnerinnen die MS. GmbH sowie die CM. GmbH. Die ISB GmbH wurde abgesichert durch eine "Garantie- und Freistellungserklärung" des Landes Rheinland-Pfalz.
46
3. Am 2. Juli 2010 fand eine Sitzung des im Zusammenhang mit der Nürburgring-Finanzierung durch den Landtag des Landes Rheinland-Pfalz eingesetzten Untersuchungsausschusses statt. Beweisthema dieser Sitzung war der Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 30. Juni 2009 über die Zahlung der Provision in Höhe von 4 Mio. € (vgl. Fall IV.8 der Urteilsgründe). D. sagte hierzu als Zeuge, zuvor über die Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage sowie nach § 55 StPO belehrt, aus. Hierbei stellte der Abgeordnete Ey. folgende Frage: "…In Bezug auf die 48-Stunden-Regelung wurde in den Raum gestellt, dass diese 48-Stunden-Regelung im Vorfeld bereits mit Ihnen abgestimmt worden ist. Die Frage ist nur, ob das stimmt und zwar von HerrnMe. und Herrn B. wäre das abgestimmt gewesen mit Ihnen. Die Frage ist, ob Sie das bestätigen können oder nicht." Hierauf antwortete D. : "Kann ich nicht bestätigen. Ich kann nur bestätigen, dass Herr Me. und Herr B. gegenüber Herrn L. häufig behauptet hatten, sie hätten eine bestimmte Sache mit mir besprochen, und wenn Herr L. mich drauf angesprochen hat, habe ich gesagt, stimmt überhaupt nicht. Die haben mir erzählt, was sie gerne hätten. Ich habe mir das angehört, habe aber keineswegs gesagt, ich, Aufsichtsratsvorsitzender D. , habe das zur Kenntnis genommen, kann erledigt werden. Haken drunter. Das habe ich nie gemacht. Aber Me. und B. haben das immer mal versucht."
47
II. Revision des Angeklagten D.
48
1. Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH im Fall IV.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung auf die Sachrüge nicht stand.
49
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seines - im Einzelnen näher dargestellten - Auftretens im Zusammenhang mit der Umsetzung von "Nürburgring 2009" sowie der von ihm in diesem Rahmen getroffenen Entscheidungen als faktischen Geschäftsführer der Nürburgring GmbH angesehen und hieraus dessen Vermögensbetreuungspflicht gefolgert. Deren Verletzung liege in dem Abschluss der Zahlungsvereinbarung, soweit sich die Nürburgring GmbH dort verpflichtet habe, 4 Mio. € innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar an "G. /P. " zu zahlen. Angesichts der zurückliegenden gescheiterten Finanzierungsversuche im Zusammenhang mit der Einschaltung von Ba. sei es unvertretbar und auch nicht mehr durch den der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH obliegenden unternehmerischen Gestaltungsspielraum gedeckt gewesen, die Nürburg- ring GmbH hinsichtlich der Zahlung der Provision in einer Höhe von 4 Mio. € in Vorleistung treten zu lassen. Da mit dem Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein einklagbarer Zahlungsanspruch entstanden sei, sei das Vermögen der Nürburgring GmbH bereits zu diesem Zeitpunkt in Höhe von 4 Mio. € gefährdet gewesen. Die Vermögensgefährdung sei mit der Erteilung des Überweisungsauftrages nur noch vertieft worden und habe am 6. Juli 2009 mit der Rücknahme des Überweisungsauftrags geendet.
50
b) Diese Erwägungen vermögen den Schuldspruch nicht zu tragen. Im Ergebnis rechtlich zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass D. eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Indes genügen die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts nicht den an die Darstellung des Vermögensnachteils in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung zu stellenden Anforderungen. Im Einzelnen:
51
aa) Es kann offen bleiben, ob die Feststellungen in rechtlicher Hinsicht den Schluss des Landgerichts tragen, D. habe die Geschäfte der Nürburgring GmbH faktisch geführt. Seine nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Pflicht, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen, folgte jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
52
Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestandes ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428 mwN; vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 297 f. mwN; Urteil vom 28. Juli 2011 - 4 StR 156/11, NJW 2011, 2819; Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 52).
53
Die hiernach erforderliche hervorgehobene Stellung von D. ergab sich aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats. Dessen wesentliche Aufgabe ist es, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG, § 52 Abs. 1 GmbHG). Hieraus folgt die Pflicht, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Leitungsorgans abzuwenden. Diese Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maßnahmen (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 39 f.; Henssler/Strohn/Henssler, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 111 AktG Rn. 9; Krause, NStZ 2011, 57, 58).
54
Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, welche Einzelmaßnahmen zu ergreifen sind, wenn ein Aufsichtsratsmitglied ein strafbares Verhalten des Leitungsorgans feststellt. Aus der jedem Mitglied des Aufsichtsrats obliegenden Verpflichtung, den durch das Verhalten der Geschäftsführung drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden, ergibt sich notwendigerweise die Pflicht, die Geschäftsführung nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die es aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müsste. Eine Verletzung dieser Pflicht stellt einen Verstoß gegen eine spezifische Treuepflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB dar (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 201 f.). Diese Grundsätze beschränken sich nicht auf Konstellationen, in denen das Aufsichtsratsmitglied den Geschäftsführer zu von ihm abzuwendenen Handlungen bestimmt, sondern gelten gleichermaßen für die sonstige Mitwirkung des Aufsichtsratsmitglieds an entsprechenden Pflichtverletzungen der Geschäftsführung. In den sich aus der Überwachungspflicht (§ 111 Abs. 1 AktG) ergebenden Pflichtenkanon ist die Prüfung, dass sich der Geschäftsführer nicht in unzulässiger Weise seiner Leitungsfunktion begibt, ebenso eingeschlossen wie die Verpflichtung , Hinweisen auf Fehlverhalten leitender Angestellter nachzugehen und zu ermitteln, ob die Geschäftsführung ihrer Organisations- und Überwachungspflicht nachgekommen ist (MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 21, 25 mwN). Eine untreuerelevante Pflichtverletzung liegt daher zumindest auch dann vor, wenn das Aufsichtsratsmitglied mit einem leitenden Angestellten - wie hier K. als Geschäftsführer und L. als Finanzdirektor und Prokurist der Nürburgring GmbH - bei einem das Gesellschaftsvermögen schädigenden Fehlverhalten zusammenwirkt.
55
bb) D. hat seine Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er der Forderung von Me. , die Provision binnen 48 Stunden nach Übergabe des Schecks in Höhe von 67 Mio. US-Dollar auszuzahlen, zustimmte und hierdurch das weitere Verhalten von L. entscheidend beeinflusste, N. aufforderte, die Zahlungsvereinbarung zu unterschreiben, sowie im weiteren Verlauf versuchte, K. zur Überweisung der Provision zu veranlassen.
56
(1) Die getroffene Vereinbarung über die Modalitäten der Provisionszahlung lag außerhalb des freien unternehmerischen Gestaltungsspielraums, der dem Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zuzubilligen war; damit handelte es sich zugleich um eine L. und N. verwehrte Maßnahme, die D. als Mitglied des Aufsichtsrats zu verhindern hatte.
57
(1.1) Nach den ursprünglich zum Aktienrecht entwickelten (BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 253) Grundsätzen muss dem Geschäftsführer einer GmbH bei der Leitung der Geschäfte des Unternehmens ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen. Eine Pflichtverletzung liegt erst dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes , ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Diese zum Aktienrecht entwickelten, mittlerweile als sog. Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Geschäftsführer einer GmbH (BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 284; vgl. auch RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BRDrucks. 3/05, S. 21) und sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336).
58
(1.2) Danach wurden mit dem Abschluss der Vorauszahlungsvereinbarung die Grenzen der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit überschritten: Angesichts des bisherigen Verlaufs der Finanzierungsversuche mit Ba. war die Wahrscheinlichkeit evident hoch, dass der von diesem übergebene Scheck nicht gedeckt sein könnte, die Finanzierung erneut nicht zustande kommen würde und damit die von Me. begehrte Erfüllung des Provisionsanspruchs keine Grundlage hatte (zur gesellschaftsrechtlichen Einstufung von Risikogeschäften als pflichtwidrig vgl. etwa Michalski-Haas/Ziemons, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 81).
59
Zutreffend hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf abgestellt , dass der vermeintliche Investor Du. nicht offen in Erscheinung getreten war, was nach den Erfahrungen mit den bisher von Ba. vorgestellten Investoren Anlass zur Zurückhaltung hätte geben müssen; darüber hinaus ließ auch das sonstige Verhalten von Ba. an seiner Seriosität zweifeln. Bereits seine wechselnden Forderungen im Rahmen des ersten Versuchs, die Finanzierung umzusetzen, waren auffällig: Während er zunächst die Umsetzung des verfolgten Finanzierungskonzeptes davon abhängig gemacht hatte, dass seitens der I. S.A. eine Bareinlage in Höhe von 120 Mio. US-Dollar erbracht werde, verzichtete er in seiner Kreditzusage vom 15. Mai 2008 auf diese und forderte stattdessen eine Landesbürgschaft in entsprechender Höhe, um nur wenige Tage später die Landesbürgschaft nebst der Bareinlage einzufordern. Deutliche Hinweise auf seine Unredlichkeit ergaben sich weiter, als er im August 2008 gegenüber N. preisgab, aus "Nebengeschäften" mit den Anlagegeldern Zinseinnahmen erwirtschaften zu wollen, weshalb er aufgrund eintretender Zinsnachteile die von D. gewünschte Verkürzung der Anlagefrist von vierzehn auf zwölf Monate ablehnte. Auch hatte Ba. schon während des ersten Finanzierungsversuchs - bei dem der vermeintliche Investor ebenfalls bereits im Hintergrund geblieben war - vereinbarte Fristen nicht eingehalten, so etwa die Verpflichtung, binnen drei Banktagen nach "Einbuchung der Staatsbürgschaft" bzw. nach "Eingang" der Bareinlage bei der Bank eine definitive Finanzierungszusage des Investors nachzuweisen. Dass Ba. in diesem Zusammenhang zwischen dem 20. Oktober und 9. November 2008 von der Bildfläche verschwunden war - mithin ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt, als die erste Finanzierungsrate gezahlt werden sollte -, stellte seine Zuverlässigkeit zusätzlich in Frage; der von ihm hierzu später genannte Grund, er habe sich in Dubai in Untersuchungshaft befunden, unterstrich diese Zweifel - unabhängig von den verschiedenen von ihm hierzu genannten Hintergründen - ebenso wie der Umstand, dass er schließlich von sich aus gegenüber der P. S.A. die Vertragsbeziehungen gekündigt hatte. Den Beteiligten war ferner bekannt, dass Ba. wiederholt zweifelhafte Investoren ins Spiel gebracht hatte: So hatte die Ölgesellschaft T. nach den Rechercheergebnissen der Rechtsanwaltskanzlei R. nicht über die behaupteten Mittel von 1,2 Mrd. US-Dollar verfügt; auch die Prüfung der A. AG durch die Rechtsanwaltskanzlei R. hatte ergeben, dass deren behauptete Beteiligung an Geothermieprojekten nicht belegbar war und jeglicher Nachweis über die Finanzkraft der Gesellschaft fehlte. Hinsichtlich der T. hatte Ba. im Übrigen erneut eine von ihm in Aussicht gestellte Frist zum Finanzierungsnachweis nicht eingehalten. Schließlich hatte es auch bereits mit dem zuletzt von Ba. präsentierten Investor Du. Ungereimtheiten gegeben, indem etwa zunächst anvisierte Zahlungen des Investors nicht erbracht worden waren.
60
(2) Die Pflichtverletzung stellt sich auch als gravierend im Sinne der zur Ausformung des Pflichtwidrigkeitsmerkmals der Untreue entwickelten Rechtsprechung dar, da diese Einschränkung der Sache nach nur den - hier wie dargelegt überschrittenen - weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum widerspiegelt , ohne den unternehmerische Entscheidungen nicht möglich sind (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN).
61
cc) Die Urteilsgründe tragen jedoch nicht den Schluss des Landgerichts, in der Zeit vom 30. Juni bis zum 6. Juli 2009 sei das Vermögen der Nürburgring GmbH in einer Höhe von 4 Mio. € konkret (schadensgleich) gefährdet gewesen.
62
(1) Der Vermögensnachteil als Taterfolg der Untreue ist durch einen Vergleich des gesamten Vermögens vor und nach der beanstandeten Verfügung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, das bereits zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Da es sich bei der Rechtsfigur des Gefährdungsschadens nicht um eine richterrechtlich geschaffene besondere Kategorie von Gefährdungsdelikten handelt, sondern auch in diesem Fall die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten sein muss (kritisch daher zur Terminologie BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 224 f.; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331 [zu § 263 StGB]), reicht es nicht aus, lediglich die bloße (konkrete) Gefährdung des Vermögens festzustellen. Dies birgt je nach den Umständen des Einzelfalles die Gefahr einer Verschleifung der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Vermögensschadens; ebenso ist ein solches Vorgehen aufgrund einer undifferenzierten Gleichsetzung von zukünftiger Verlustgefahr und gegenwärtigem Schaden geeignet, die gesetzgeberische Entscheidung, den Versuch der Untreue nicht unter Strafe zu stellen, zu unterlaufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228). Daher dürfen die Verlustwahrscheinlichkeiten auch nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 229). Der Vermögensnachteil ist daher eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 228; zu § 263 StGB vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Februar 2014 - 3 StR 347/13, NStZ 2014, 457, 458; vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, NStZ 2009, 330, 331). Voraussetzung ist dabei, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 113; BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384). Unter diesen Voraussetzungen kann auch bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH, Urteil vom 17. Februar 1999 - 5 StR 494/98, BGHSt 44, 376, 384 f.), wobei deren Annahme die rechtliche Wirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung - insbesondere aufgrund des mit der Schaffung der Urkundslage verbundenen erhöh- ten Prozessrisikos (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 f. [zu § 253 StGB]) - nicht zwingend voraussetzt.
63
(2) An einer solchen Darlegung des Vermögensnachteils fehlt es in dem angefochtenen Urteil. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Bezifferung des Schadens keiner näheren Darlegung bedurft hätte (sog. Evidenzfall, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., BVerfGE 130, 1, 48 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - 3 StR 302/13, NStZ 2014, 578 [jeweils zu § 263 StGB]); insbesondere ist der durch die Gefährdung eingetretene Vermögensverlust auf Grundlage der Urteilsgründe nicht ohne Weiteres mit 4 Mio. € anzusetzen.
64
Nicht zu folgen ist der Erwägung der Strafkammer, durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung sei ein einklagbarer Anspruch und aufgrund dessen die "Gefährdungslage" entstanden. Eine vom Zustandekommen der Finanzierung - und damit auch von der Werthaltigkeit des von Ba. übergebenen Schecks - losgelöste Zahlungsverpflichtung wurde durch die 4. Zahlungsvereinbarung nicht begründet. Hiergegen spricht bereits die Bezeichnung der Zahlung als "Vorauszahlung auf die Optionsgebühr aus dem Vertragswerk Projekt NG 2009" und damit die Bezugnahme auf den Vertrag vom 2. September 2007. Da die Prüfung des Schecks nach den getroffenen Feststellungen in vierzehn Tagen hätte abgeschlossen sein können - tatsächlich waren die Unstimmigkeiten von den beteiligten Banken sogar schon nach drei Tagen aufgedeckt worden -, wäre selbst bei unmittelbarer Anstrengung eines Urkundsverfahrens (§§ 592 ff. ZPO) seitens B. und Me. davon auszugehen gewesen , dass die Nürburgring GmbH ihre Einwendungen gegen den Provisionsanspruch mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismitteln (§ 598 ZPO) hätte geltend machen können.

65
Auch soweit hinsichtlich der Bestimmung des Vermögensnachteils auf die Übermittlung des Überweisungsauftrags an die Kreissparkasse Ahrweiler abgestellt wird, tragen die Urteilsgründe nicht die Wertung des Landgerichts. Insoweit war - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die die Nürburgring GmbH beratenden Rechtsanwälte Lü. und Di. etwa zeitgleich zur Übersendung des Zahlungsauftrags um 17:17 Uhr K. auf die strafrechtliche Dimension seines Handelns hinwiesen und die Überweisung zu verhindern suchten sowie dass seitens der LBBW gegenüber dem Finanzministerium noch am 3. Juli 2009 um 19:19 Uhr und 20:14 Uhr Zweifel an der Werthaltigkeit des Schecks geäußert worden waren - in die erforderliche Bewertung einzustellen, dass nach seinerzeitiger Rechtslage der Überweisungsauftrag seitens der Nürburgring GmbH bis zu dem Zeitpunkt kündbar war, in dem der Überweisungsbetrag dem Kreditinstitut der G. AG endgültig zur Verfügung gestellt worden wäre (§ 676a Abs. 4 BGB aF).
66
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
67
aa) Entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 26. Januar 2015 wird im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche Bewertung der tatsächlichen Vermögenseinbuße die Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erwägen sein.
68
bb) Sollten sich aufgrund der neuen Hauptverhandlung die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung belegen lassen, wird bei der erforderlichen Bezifferung des Vermögensnachteils in den Blick zu nehmen sein, dass sich D. mit Me. anlässlich des Telefonats vom 29. Juni 2009 auf eine unmittelbare Rücküberweisung von 1,2 Mio. € an die Nürburgring GmbH verständigt hatte. Soweit hierdurch oder vor dem Hintergrund dieser Abmachung durch den Abschluss der 4. Zahlungsvereinbarung ein vertraglicher Anspruch der Nürburgring GmbH auf Rücküberweisung in der verabredeten Höhe entstanden sein sollte, könnte der Vermögensnachteil durch den vertraglichen Gegenanspruch teilweise kompensiert worden sein.
69
2. Auch der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz in den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) kann nicht bestehen bleiben.
70
a) Das Landgericht hat D. aufgrund seiner Stellung als Finanzminister und der hiermit einhergehenden, unter anderem aus § 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. 2009/2010 folgenden Befugnisse als gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vermögensbetreuungspflichtig angesehen. Mit der Übernahme von Landesbürgschaften in voller Höhe der jeweils von der ISB GmbH der RIM GmbH gewährten Darlehen habe er gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Haushaltsgrundsätzegesetz , § 7 Landeshaushaltsordnung Rheinland-Pfalz [im Folgenden : LHO]) verstoßen, weil die Bürgschaftsübernahmen erklärt worden waren , obwohl sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO im Rahmen der eingegangenen stillen Beteiligung bei der Med. GmbH keinen angemessenen Einfluss gesichert habe, die Beteiligungsgelder ohne vorherige Bestellung wirksamer grundpfandrechtlicher Sicherheiten gezahlt worden seien und auch ansonsten keine ausreichende Besicherung gegeben gewesen sei. Die Med. GmbH sei auch niemals in der Lage gewesen, die Beteiligungsgelder fristgerecht zurückzuzahlen. Aufgrund der hieraus folgenden Ausfallgefährdungen habe jeweils die "hohe Wahrscheinlichkeit" für den Eintritt des Bürgschaftsfalls bestanden. Aufgrund dessen sei das Landesvermögen bereits mit der Bürgschaftsübernahme schadensgleich gefährdet gewesen. Soweit in den Einzelfällen zugunsten der RIM GmbH nach diesem Zeitpunkt Grundschulden bestellt worden seien, um die jeweiligen Ansprüche auf Rückzahlung der Beteiligungsgelder abzusichern, sei von deren vollen Werthaltigkeit auszugehen. Im Fall IV.9 b) der Urteilsgründe habe die Vermögensgefährdung daher mit dem Eingang des jeweiligen Antrags auf Eintragung der Briefgrundschuld geendet, in den Fällen bestellter Eigentümergrundschulden (Fälle IV.9 e) bis j) der Urteilsgründe) sei dies mit Eingang des Grundschuldbriefes bei der RIM GmbH anzunehmen. Im Fall IV.9 d) der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten mangels eingetretenen Vermögensnachteils freigesprochen, da die Beteiligungssumme an dem Tag ausgezahlt wurde, an dem die Anträge auf Eintragung der Grundschulden bei den Grundbuchämtern eingingen.
71
b) Die Feststellungen tragen eine Strafbarkeitvon D. wegen Untreue zum Nachteil des Landes Rheinland-Pfalz bereits deshalb nicht, weil die Strafkammer ihre Annahme, mit der Übernahme der Bürgschaften sei das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz schadensgleich gefährdet worden, nicht rechtsfehlerfrei begründet hat.
72
aa) Die Übernahme einer Bürgschaft stellt einen den Bürgen verpflichtenden Rechtsakt dar. Mangels eines unmittelbaren Zahlungsabflusses liegt in der Bürgschaft zunächst nur eine abstrakt wirkende Belastung, die die Gefahr der späteren Inanspruchnahme in sich trägt. Ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB besteht bei Abgabe der Bürgschaftserklärung nur dann, wenn sich die künftige Verlustgefahr aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit des Bürgschaftsfalles schon zu diesem Zeitpunkt so weit verdichtet hat, dass sie als schadensgleich zu qualifizieren ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378 mwN). Wie bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe ausgeführt ist dies eigenständig zu ermitteln und anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren. Mit der vollen Höhe der Bürgschaftssumme kann ein Gefährdungsschaden nur angesetzt werden, wenn mit einer Inanspruchnahme von vornherein zu rechnen ist oder es sich bei dem durch die Bürgschaft ermöglichten Vorhaben um ein hochspekulatives Risikoprojekt handelt (BGH, Beschluss vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378).
73
bb) Nach diesen Maßstäben belegt das angefochtene Urteil einen Vermögensnachteil nicht. Eine an den Maßstäben des Wirtschaftslebens ausgerichtete Darstellung und Bezifferung des Vermögensnachteils ist den Urteilgründen nicht zu entnehmen. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Rückzahlungsansprüche der ISB GmbH gegen die RIM GmbH "höchst ausfallgefährdet" waren und die Vermögensgefährdung mit den jeweiligen Bürgschaftssummen gleichzusetzen wäre; denn dieser Schluss wird von den Feststellungen nicht getragen.
74
(1) In den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe hat sich die Strafkammer zutreffend mit der Frage auseinandergesetzt, ob mit der Bestellung der jeweiligen Grundpfandrechte eine Sicherung der RIM GmbH in Höhe der jeweils geleisteten stillen Einlagen eingetreten war. Die Annahme, die Grundschulden seien in sämtlichen Fällen ausreichend werthaltig gewesen, um im Falle einer Verwertung die RIM GmbH in Höhe ihrer Rückzahlungsansprüche zu befriedigen, widerspricht jedoch der Bewertung der Bürgschaften als "höchst ausfallgefährdet". Das Landgericht hat hierbei insbesondere unberücksichtigt gelassen, dass der Ausfall der durch die Bürgschaft abgesicherten Hauptforderung gemäß Ziff. 7 der jeweils zugrundeliegenden globalen Bürgschaftserklä- rungen daran geknüpft war, dass die RIM GmbH als Darlehensnehmerin mit ihrer Rückzahlungsverpflichtung länger als drei Monate in Verzug war und aus der Verwertung der für das refinanzierte Geschäft bestellten Sicherheiten ein Erlös nicht mehr zu erwarten war. Da der längste Zeitraum zwischen Auszahlung der stillen Beteiligung und Bestellung der Grundschuld nur rund vier Monate betrug (Fall IV.9 g) der Urteilsgründe), die Rückzahlungsansprüche aus den Darlehensverträgen aber erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, war innerhalb dieses kurzen "ungesicherten" Zeitraums mit einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu rechnen. Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die stillen Beteiligungen ausgezahlt wurden, bevor die Anträge auf Bestellung der Grundschulden bei den jeweiligen Grundbuchämtern eingegangen waren. Dies wäre im Rahmen der vorzunehmenden Prognose nur dann bedeutsam, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu der Bestellung nicht kommen würde. Dies hat das Landgericht jedoch weder ausdrücklich festgestellt noch geben die getroffenen Feststellungen in ihrem Zusammenhang hierfür einen Anhalt.
75
Aufgrund der Annahme des Landgerichts, die bestellten Grundschulden seien im Zeitpunkt ihrer Bestellung hinsichtlich der abgesicherten Forderungen werthaltig gewesen, ist die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung auch in den Fällen IV.9 a) und c) der Urteilsgründe nicht nachvollziehbar. Die Validität der Grundschulden hing maßgeblich von der Rentabilität des Ausbauprojektes "Nürburgring 2009" und der auf den belasteten Grundstücken errichteten Anlagen ab. Von diesen Faktoren war gleichermaßen auch die Wirtschaftskraft der Med. GmbH und der MS. GmbH abhängig, so dass die positive Bewertung der bestellten Sicherheiten für die Annahme spricht, dass die Beteiligungsgelder seitens der Med. GmbH bei deren Fälligkeit bzw. im Zeitpunkt einer Inanspruchnahme des Landes Rheinland-Pfalz - ge- mäß der jeweiligen Sicherungsabrede frühestens drei Monate nach Verzug der RIM GmbH - hätten bedient werden können.
76
(2) Die Strafkammer hat sich im Rahmen der Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Bürgschaften eine Einstandspflicht des Landes Rheinland-Pfalz zu erwarten gewesen sei, zudem im Wesentlichen auf die Darstellung der Vermögensverhältnisse der Med. GmbH als Vertragspartnerin der Hauptschuldnerin RIM GmbH beschränkt. Da die Bürgschaften im Zeitpunkt ihrer Vergabe nach dem Vertragswerk frühestens drei Monate nach Zahlungsverzug der RIM GmbH in Anspruch genommen werden konnten, hätte die erforderliche Ausfallprognose auf diesen Zeitpunkt bezogen werden müssen. Insoweit war auch zu belegen, ob bzw. in welchem Umfange davon auszugehen war, dass die MS. GmbH die ihrerseits von der Med. GmbH erhaltenen Darlehen nicht zurückzahlen werde. Dass die Strafkammer die seitens der Med. GmbH an die RIM GmbH verpfändeten Geschäftsanteile an der MS. GmbH als wertlos angesehen hat, führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis ; die Begründung, die MS. GmbH sei vollständig fremdfinanziert gewesen und als Gegenwert für die zur Verfügung gestellten Gelder habe lediglich eine unvollendete Baustelle gegenübergestanden, lässt besorgen, dass das Landgericht den Wert der Anteile lediglich bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Verpfändung bewertet hat. Der bloße Umstand der Fremdfinanzierung besagt als solcher aber noch nichts über die im Tatzeitpunkt zu erwartende Unrentabilität der geförderten Bauvorhaben. Diese liegt im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe auch nicht nahe; hiergegen spricht, dass die in diesem Fall eingegangenen stillen Beteiligungen der RIM GmbH dazu dienten, eine Kreditvergabe der BTV in Höhe von 26 Mio. € zu ermöglichen, was schließlich auch gelang, wobei die BTV ihr Engagement naheliegend erst nach eigener umfassender Prüfung und Bewertung des Projektes eingegangen war.

77
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat zu diesen Anklagepunkten auf Folgendes hin:
78
aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass D. schon angesichts der in den jeweiligen Landeshaushaltsgesetzen eingeräumten weiten Befugnisse, über das Vermögen des Landes Rheinland-Pfalz zu verfügen und dieses zu verpflichten (vgl. etwa §§ 9, 11 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 und Landeshaushaltsgesetz 2009/2010), eine hervorgehobene Verantwortung gegenüber dem Land und dessen Vermögen zukam, er mithin vermögensbetreuungspflichtig war.
79
Durch die jeweils hundertprozentige Absicherung der von der ISB GmbH gewährten Darlehen könnte er gegen die Vorschriften zum Vollzug der Landeshaushaltsordnung (VV-LHO) verstoßen haben. Gemäß § 39 Ziff. 5 Satz 2 VVLHO dürfen Bürgschaften nicht übernommen werden, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Landes zu rechnen ist. Gemäß Satz 3 sind in diesem Fall Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen (§ 23 LHO) erforderlich (vgl. hierzu Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 1275; Nebel in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 47. EL, § 39 BHO Rn. 1 f.; Graf in: Heuer, KHR, Rn. 3 zu § 39 BHO). Der Regelung in § 39 Ziff. 5 Sätze 2 und 3 VV-LHO kommt eine die Vermögensinteressen des Haushaltsgebers schützende Bedeutung zu, da die Differenzierung nach der Gewissheit der späteren Inanspruchnahme der hierdurch einhergehenden Beschränkung des künftigen Haushaltsgesetzgebers Rechnung trägt.
80
Sollte ein Verstoß gegen § 39 Ziff. 5 Satz 2 VV-LHO vorliegen, könnte gegebenenfalls auch zu erwägen sein, ob D. zusätzlich pflichtwidrig den aus § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2008/2009 folgenden Parlamentsvorbehalt umging, wonach Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen im Rahmen einer institutionellen Förderung unter den dort genannten Voraussetzungen gesperrt waren und die Aufhebung der Sperre einer Einwilligung des Landtages bedurfte, wenn - wie hier - die Zuwendung den Betrag von 150.000 € überschritt. In Bezug auf die der ISB GmbH ermöglichten Darlehensvergabe bzw. der der RIM GmbH ermöglichten Beteiligungen an der Med. GmbH handelte es sich zwar um eine Projektförderung (vgl. hierzu Dommach in: Heuer, KHR, Rn. 5 zu § 26 BHO; Heller, Haushaltsgrundsätze, 2. Aufl., Rn. 1398 ff.), weil die - dies unterstellt - nach § 39 Ziff. 5 Satz 3 VV-LHO als Zuwendung zu veranschlagenden Landesbürgschaften der Deckung von Ausgaben für ein einzeln abgegrenztes, genau bestimmtes Vorhaben der RIM GmbH dienten. Eine (mittelbare) globale Förderung im Sinne einer institutionellen Förderung gemäß § 5 Abs. 1 Landeshaushaltsgesetz 2007/2008 bzw. Landeshaushaltsgesetz 2009/2010 lag aber in den Fällen IV.9 b) und e) bis j) der Urteilsgründe gegenüber der MS. GmbH vor; denn insoweit wurden die Gelder jeweils zur Begleichung nicht näher dargestellter Forderungen transferiert, bei deren Nichtbegleichung ein Baustopp gedroht hätte.
81
bb) Soweit die Strafkammer demgegenüber eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch einen Verstoß gegen den haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO) angenommen hat, ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher grundsätzlich eine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit darstellen kann (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 89; vgl. auch BVerfG, Be- schluss vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., BVerfGE 126, 170, 217 f.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 266 Rn. 236; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 261; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b, 44; aA Munz, Haushaltsuntreue, S. 162 ff.). Die getroffenen Feststellungen belegen einen derartigen Verstoß indes nicht. Hierzu gilt:
82
(1) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit soll die bestmögliche Nutzung der öffentlichen Ressourcen sicherstellen (Ziff. 1 VV-LHO zu § 7; v.Lewinski/Burbat, BHO, § 7 Rn. 3). Er bezweckt, dass die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln angestrebt wird (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 16 zu § 7 BHO [Teil 1]; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Seine Ausprägungen sind das Maximalprinzip, wonach mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis erzielt werden soll (Ziff. 1.2 zu § 7 VV-LHO) und das Minimalprinzip (auch Sparsamkeitsprinzip), wonach das Ziel mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen ist (Eibelshäuser/Nowak in: Heuer, KHR, Rn. 1 ff. zu § 7 BHO [Teil 2]; Heller, Haushaltsgrundsätze, Rn. 711; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Inhaltliche Aufgabenprioritäten lassen sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot jedoch nicht ableiten; dieses trifft - anders als der Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO) - keine Aussage über das verfolgte Ziel (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 110 Rn. 154; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144; aA Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 49. EL, § 7 Rn. 3 [der Grundsatz der Notwendigkeit als besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots]); es ist mithin zwar eine Verfahrensmaxime, aber kein Maßstab, der an das politischgestalterische Ziel anzulegen ist (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102; Rojas, Grundprobleme der Haushaltsuntreue, S. 144). Schließlich stellt das Gebot - nicht zuletzt auch deswegen, weil sich Maximal- und Minimalprinzip im Einzelfall gegenseitig ausschließen können - nur einen äußeren Begrenzungsrahmen des bestehenden Entfaltungs- und Gestaltungsspielraums dar und verhindert nur solche Maßnahmen, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84 mwN; vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, NStZ 2008, 87, 88).
83
(2) Bei ihrer Erwägung, der Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei darin begründet, dass sich die RIM GmbH entgegen § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO keine hinreichenden Kontrollbefugnisse und damit keinen angemessenen Einfluss bei der Med. GmbH gesichert habe, hat die Strafkammer verkannt, dass sich das Land Rheinland-Pfalz nicht unmittelbar an der Med. GmbH beteiligte. Vielmehr lag - vermittelt über ISB GmbH und RIM GmbH - nur ein Fall der sog. mittelbaren Beteiligung vor. Für diese gilt die Vorgabe des § 65 Abs. 1 Nr. 3 LHO gemäß § 65 Abs. 3 Sätze 1 und 3 LHO jedoch nur, wenn eine Beteiligung von mehr als 25% erworben wird (Nöhrbaß in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 46. EL, § 65 Rn. 13; vgl. auch Ziff. 2.3 zu § 65 VV-LHO). Ein Erwerb von Gesellschaftsanteilen der Med. GmbH war mit den stillen Beteiligungen der RIM GmbH nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht verbunden.
84
In den Fällen IV.9 b), e) bis j) der Urteilsgründe ist eine Verletzung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch nicht darin begründet , dass die Bürgschaften bereits vor der Bestellung der grundpfandrechtlichen Sicherheiten übernommen wurden. Zwar lässt sich am Wirtschaftlichkeitsgebot grundsätzlich messen, ob durch ein kurzfristiges Handeln vermeidbare finanzielle Nachteile entstehen. Dass D. allein durch die zeitliche Komponente seines Handelns den ihm zuzubilligenden Gestaltungsspiel- raum überschritt, belegen die Urteilsgründe jedoch nicht: Diesen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die dafür sprechen, dass die spätere Bestellung der Grundpfandrechte ernsthaft in Zweifel hätte gezogen werden müssen. Einer Inanspruchnahme des Landes vor diesem Zeitpunkt standen bereits die in den globalen Bürgschaftserklärungen enthaltenen Fälligkeitsbestimmungen entgegen. Zudem ist in den Blick zu nehmen, dass ein Baustopp unabhängig von politischen Erwägungen nachteilige Konsequenzen für das Bauprojekt und insbesondere die Geschäftsbeziehung mit den die Bauarbeiten ausführenden Firmen bis hin zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hätte nach sich ziehen können.
85
Schließlich belegen die getroffenen Feststellungen auch nicht, dass aus anderen Gründen durch die gewählte Konstruktion mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht mehr vereinbare finanzielle Nachteile entstanden, etwa durch hohe Transaktionskosten, die bei einer unmittelbaren Darlehensvergabe der ISB GmbH an die MS. GmbH und einer entsprechenden Landesbürgschaft nicht angefallen wären.
86
cc) Soweit die Strafkammer angenommen hat, dass in dem von den Beteiligten gewählten Vorgehen ein Verstoß gegen die europarechtlichen Vorschriften zur Gewährung von Beihilfen (Art. 107 ff. AEUV) lag (vgl. auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 1. Oktober 2014 - IP/14/1067), ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass dies keine untreuerelevante Pflichtverletzung darstellte. Nicht jeder Verstoß gegen die Rechtsordnung begründet zugleich eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB relevante Pflichtverletzung. Der erforderliche untreuespezifische Zusammenhang liegt vielmehr nur dann vor, wenn der unmittelbar verletzten Rechtsnorm selbst vermögensschützender Charakter zukommt (BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91 f.). Dies ist bei den europäischen Beihilfevorschriften , deren Zweck im Schutz des Binnenmarktes vor Wettbewerbsverzerrungen liegt (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755, 757; G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, AEUV, Art. 107 Rn. 10; Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3550 f.), nicht der Fall.
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In der Nichtbeachtung der Art. 107 ff. AEUV lag auch nicht deshalbein Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit , weil eine europarechtswidrige Ausgabe nicht geleistet werden dürfe und damit zwangsläufig haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze verletze. Die Gegenmeinung (vgl. Koenig/Meyer, NJW 2014, 3547, 3551) stützt sich auf die Erwägung, die eine Ausgabe zur Beihilfe qualifizierende Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setze voraus, dass das Unternehmen eine Leistung ohne angemessene, marktübliche Gegenleistung erlange und sich damit aus Sicht des "market economy investors" als unwirtschaftlich darstelle. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, eine EUbeihilferechtswidrige Leistung verletze zugleich haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Die Unwirtschaftlichkeit einer Maßnahme der öffentlichen Hand verstößt nicht zwangsläufig gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil dieses nur eine relative Betrachtung gemessen am selbst nicht zu bewertenden, mit der Leistung verfolgten Zweck verlangt (vgl. Kube in: Maunz/Dürig, GG, 75. EL, Art. 114 Rn. 102); sie bewirkt auch nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen den Grundsatz der Notwendigkeit (§ 6 BHO, § 6 LHO). Aus diesem Grunde stehen beide Haushaltsgebote - was die Gegenmeinung nicht in Frage stellt - auch nicht der Gewährung von mit dem EU-Recht vereinbaren Beihilfen (Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV) entgegen, die ebenfalls an die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV anknüpfen (G/H/N/von Wallenberg/Schütte, 57. EL, Art. 107 Rn. 16 f.; von der Groeben/Schwarze/Hatje, 7. Aufl., AEUV, Art. 107 Rn. 196, 212).
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dd) Hinsichtlich der Feststellung und Bewertung der Höhe des eingetretenen Vermögensnachteils gilt:
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(1) Sollte das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich auf die Bürgschaften bzw. auf die diese im Rahmen des Umschuldungskonzeptes ersetzende Garantie- und Freistellungserklärung finanzielle Leistungen erbracht haben, käme es in dieser Höhe auf die exakte Bezifferung des Gefährdungsschadens im Tatzeitpunkt nicht mehr an. In diesem Fall hätte sich der ursprüngliche Eingehungsschaden in einem Erfüllungsschaden materialisiert und würde sich nach dessen Wert bemessen (vgl. insoweit zur Schadensbestimmung im Rahmen von § 263 StGB: BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238, 239; vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639; Urteil vom 8. Oktober 2014 - 1 StR 359/13, NStZ 2015, 89, 91; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341).
90
(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, in einer Bürgschaftsvergabe liege mangels Unmittelbarkeit zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil dann keine Untreue, wenn - wie hier - der Eintritt des Bürgschaftsfalls den Verzug des Schuldners über einen längeren Zeitraum voraussetze (vgl. Schneider, wistra 2015, 369, 374). Zutreffend ist zwar, dass die Tathandlung im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB den Vermögensnachteil unmittelbar bewirken muss (vgl. BGH, Urteile vom 7. September 2011 - 2 StR 600/10, NJW 2011, 3528, 3529; vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 115 f.; umfassend SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 84, 62 mwN; aA Rübenstahl /Wasserburg NStZ 2004, 521, 526). Besteht dieser im Tatzeitpunkt aber schon aufgrund der durch die Rahmenumstände gegebenen sicheren Erwartung , dass der Bürgschaftsfall eintreten wird, so ist die aufgrund der Eintrittswahrscheinlichkeit schon durch Eingehen der Verbindlichkeit bewirkte Vermögensminderung in diesem Sinne unmittelbar. Unerheblich ist dann, ob der Erfüllungsschaden isoliert betrachtet eine derartige sachliche und zeitliche Nähe zu der Pflichtverletzung aufweist, dass er dem Unmittelbarkeitserfordernis genügen könnte.
91
(3) Die Haftung der RIM GmbH gegenüber der ISB GmbH war nach den jeweiligen Darlehensverträgen begrenzt auf die Geldeingänge aus der refinanzierten Beteiligung sowie auf die Erlöse der für diese Beteiligung bestellten Sicherheiten , wobei nach weiterer Vereinbarung die Haftungsfreistellung einer Inanspruchnahme des Bürgen durch die ISB GmbH nicht entgegenstehen durfte. Vor dem Hintergrund der Regelung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB wird gegebenenfalls zu erörtern sein, ob - was naheliegend erscheint - in den ausgegebenen globalen Bürgschaftserklärungen oder den Schreiben, mit denen D. die Bürgschaft auf die volle Darlehenssumme erstrecken ließ, diesbezügliche Erklärungen des Landes enthalten waren (zur Abdingbarkeit von § 768 vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278, 288 f.; MüKoBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 3) oder ob entsprechende Einschränkungen sonst aus der Sicherungsabrede folgten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 331/07, WM 2008, 1350, 1352; Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 7).
92
(4) Von seiner Annahme ausgehend, dass bereits in dem Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung eine schadensgleiche Vermögensgefährdung lag, hat sich das Landgericht konsequent mit der den Schuldgehalt der Tat betreffenden Frage befasst, ob die angenommene Vermögensgefährdung durch spätere Umstände entfallen war. Soweit es den "Gefährdungszeitraum" im Fall IV.9 a) der Urteilsgründe allerdings - D. insoweit nicht beschwerend - auf den "Zeitraum der zugelassenen Anklage" begrenzt hat, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Mit dem erstmaligen Eintritt des Vermögensnachteils, im Fall der einem Schaden gleichkommenden Gefährdungslage schon mit dieser, ist das Delikt der Untreue vollendet (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2001 - 5 StR 530/00, NStZ 2001, 650; vom 17. August 2006 - 4 StR 117/06, NStZ-RR 2006, 378, 379). Spätere Entwicklungen, die den Schaden vertiefen oder entfallen lassen, wirken sich allerdings auf das Maß der Schuld aus. Sie sind daher für die Beurteilung von Tat und Täter von Bedeutung und vom Gericht - im Rahmen seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) - zu ermitteln. Der Grundsatz , dass sich Untersuchung und Entscheidung auf die in der Anklage bezeichnete Tat beschränken (§§ 155, 264 StPO), steht dem nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - 1 StR 755/75, NStZ 1981, 99 mwN).
93
ee) Das neue Tatgericht wird auch zu prüfen haben, ob sich D. wegen Anstiftung zur Untreue durch die Mitangeklagten M. und/oder W. strafbar gemacht hat. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt , dass gegen das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV verstoßende Rechtsgeschäfte gemäß § 134 BGB unwirksam sein können (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - I ZR 92/11, EuZW 2013, 753, 755 ff. mwN), wird zu prüfen sein, inwieweit bewusst Leistungen rechtsgrundlos oder ohne rechtswirksame Absicherung erbracht wurden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 403).
94
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.8, 9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe entzieht den insoweit verhängten Einzelstrafen die Grundlage und hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen , mit Ausnahme derjenigen zum Vermögensnachteil, von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen bleiben möglich. In den Fällen IV.9 a) bis c) und e) bis j) der Urteilsgründe hebt der Senat die Feststellungen über den Antrag des Generalbundesanwalts hinaus vollständig auf, da der Angeklagte im Hinblick auf die vom Senat erteilten Hinweise noch keine Möglichkeit der Verteidigung hatte und um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
95
4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils in den Fällen IV.9
a) bis c) sowie e) bis j) der Urteilsgründe auf die Mitangeklagten M. und W. zu erstrecken.
96
5. Im Übrigen hat die auf die Sachbeschwerde gebotene materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil von D. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
97
a) Es kann auch in den Fällen IV.5, 6, 7 und 10 der Urteilsgründe offen bleiben, ob D. als faktischer Geschäftsführer der Nürburgring GmbH zu qualifizieren ist, da sich dessen Vermögensbetreuungspflicht - wie zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargelegt - jedenfalls aus seiner Stellung als Mitglied des Aufsichtsrats ergab.
98
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe lagen schon die Vereinbarungen zu den einzelnen Zahlungen - wie das Landgericht hinsichtlich Fall IV.6 der Urteilsgründe zutreffend ergänzend dargelegt hat - außerhalb des der Geschäftsführung zuzubilligenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums, da die Zahlungen nicht im Unternehmenswohl der Nürburgring GmbH lagen:
99
Im Fall IV.5 der Urteilsgründe entstanden der Nürburgring GmbH durch die Übernahme der Gründungskosten für die G. AG nach den getroffenen Feststellungen keine auch nur im Ansatz erkennbaren Vorteile. Deren Gründung kam ausschließlich B. und Me. entgegen, die sich hierdurch steuerliche Vorteile versprachen. Auch in den Fällen IV.6 und 7 der Urteilsgründe widersprachen die Zahlungen den Unternehmensinteressen. Sie waren nicht durch den Vorvertrag vom 27. März 2007 bzw. dessen Nachträge gedeckt; zudem hatten weder die I. -GmbH noch die P. GmbH "wie auch immer geartete Leistungen" oder "abrechnungsfähige Aufwendungen" erbracht. Bei dieser Sachlage besteht nach den bereits zu Fall IV.8 der Urteilsgründe dargestellten Maßstäben die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit von D. darin, dass er gemeinsam mit L. (Fall IV.6) bzw. in dessen Anwesenheit (Fälle IV.5 und 7) den Entschluss zur jeweiligen Zahlung fasste und diese hierdurch veranlasste. Es bedarf damit keiner näheren Betrachtung, ob - wie vom Landgericht angenommen - mit der Zahlung auch deshalb eine Vermögensbetreuungspflicht verletzt wurde, weil dieser kein wirksamer Rechtsgrund zugrunde lag. Rechtsgrundlos geleistete Zahlungen stellen zwar jedenfalls dann eine Pflichtverletzung im Sinne des Untreuetatbestandes dar, wenn das den Rechtsgrund bildende Rechtsgeschäft wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 591/11, NJW 2013, 401, 402). Angesichts der den § 125 Satz 2, § 134 BGB zugrundeliegenden unterschiedlichen Normzwecke ist jedoch zweifelhaft, ob dies in gleicher Weise generell auch dann anzunehmen ist, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgrundes aus einem Verstoß gegen ein - wie hier - rechtsgeschäftlich begründetes Formerfordernis folgt.
100
c) Die Verurteilung im Fall IV.11 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) erweist sich aus den vom Landgericht in seinem Urteil dargelegten Gründen als rechtsfehlerfrei. Diesen wird auch nicht deshalb die Grundlage entzogen, weil das Urteil im Fall IV.8 der Urteilsgründe aufzuheben ist. Zwar knüpft die Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage inhaltlich an die dortigen Vorkommnisse an. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind jedoch weitgehend rechtsfehlerfrei getroffen und können in dem bereits dargelegten Umfang bestehen bleiben. Soweit die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe in Bezug auf die Bestimmung des Vermögensnachteils und hinsichtlich der subjektiven Tatseite aufgehoben worden sind, ist dies ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die von D. am 2. Juli 2010 vor dem Untersuchungsausschuss getätigte Aussage falsch war und dieser vorsätzlich handelte.
101
6. Zu den erhobenen Verfahrensrügen gilt das Folgende:
102
a) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ist aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Januar 2015 dargelegten Gründen unbegründet.
103
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO, weil das Landgericht der Verteidigung die Akteneinsicht in rechtlich bedenklicher Weise erschwert habe, indem es eine Spiegelung sichergestellter Datenträger abgelehnt und Einblick in diese lediglich in den Räumen der Staatsanwaltschaft gewährt habe, ist unzulässig. Dabei kommt es auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den Datenträgern um Beweismittel oder Aktenbestandteile handelte, nicht an. Selbst wenn die von der Revision vertretene Einstufung als Aktenbestandteil zutreffen sollte, betreffen die mit der Rüge angegriffenen Entscheidungen des Vorsitzenden und der Strafkammer lediglich die Ausgestaltung des Rechts auf Akteneinsicht. Diese Entscheidung ist gemäß § 336 Satz 2, § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht revisibel (vgl. BGH, Beschluss vom 24. August 1999 - 1 StR 672/98, NStZ 2000, 46; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 336 Rn. 18). Ob für die Fälle einer willkürlichen Beschneidung des Einsichts- und Besichtigungsrechts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. September 2011 - 2 BvR 449/11, NJW 2012, 141, 142) etwas anderes gilt, bedarf keiner Entscheidung. Ein sachfremdes Handeln hat die Revision nicht dargelegt; insbesondere ergibt sich ein solches nicht aus den angegriffenen Entscheidungen.
104
c) Auf die Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO kommt es nicht an. Sie betrifft ausschließlich die Beweiswürdigung zu den Fällen IV.9 a) bis c) und
e) bis j) der Urteilsgründe; insoweit ist der Schuldspruch mit den dazugehörigen Feststellungen schon auf die Sachrüge aufzuheben.
105
7. Durch die Teilaufhebung des Urteils ist die gegen die Kostenentscheidung gerichtete sofortige Beschwerde von D. gegenstandslos, da bereits die Teilaufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang der Kostenentscheidung die Grundlage entzieht (KK-Gieg, StPO, 7. Aufl., § 464 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 464 Rn. 20, LR/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn. 42)
106
III. Revision des Angeklagten K.
107
1. Der Schuldspruch kann im Fall IV.2 der Urteilsgründe keinen Bestand haben. Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat sich K. keiner Untreue schuldig gemacht; insoweit ist er freizusprechen. Im Einzelnen:
108
a) Das Landgericht ist der Auffassung, die Entscheidung von K. zur Übernahme der Kosten für die Gründung der P. S.A. sei nicht mehr von der ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gedeckt gewesen. Er habe auch Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats verletzt, weil es sich um eine nach § 7 Abs. 1 GesV zustimmungspflichtige Maßnahme gehandelt habe. Soweit der Aufsichtsrat die Geschäftsführung bereits mit Beschluss vom 1. Juli 2008 zu Vertragsabschlüssen im Rahmen der Finanzierung von "Nürburgring 2009" ermächtigt habe, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Beschluss sei auf Grundlage der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV ergangen, die dahin ausgelegt werden müsse, dass eine im Vorfeld erteilte Zustimmung nur dann zulässig sei, wenn der Aufsichtsrat diese an bestimmte Auflagen binde. Dies folge daraus, dass sich der Aufsichtsrat nach der Gesamtkonstruktion des § 7 GesV nicht jeglicher Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Geschäftsführung begeben dürfe. An entsprechenden Auflagen habe es in dem Beschluss vom 1. Juli 2008 gefehlt. Überdies sei die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. auch nicht "notwendig" im Sinne des Aufsichtsratsbeschlusses gewesen.
109
b) Dies hält materiellrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass K. als Geschäftsführer der Nürburgring GmbH vermögensbetreuungspflichtig war (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 274). In dem von der Strafkammer festgestellten Verhalten von K. lag jedoch keine Verletzung einer das Vermögen der Nürburgring GmbH schützenden Pflicht; weder überschritt er den ihm als Geschäftsführer eingeräumten unternehmerischen Ermessensspielraum noch umging er Mitwirkungsbefugnisse des Aufsichtsrats. Hierzu gilt:
110
aa) Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. lag innerhalb des K. als Geschäftsführer eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessensspielraums.
111
Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, liegt eine Pflichtverletzung in diesem Zusammenhang erst vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss. Im Rahmen des der unternehmerischen Entscheidung vorausgehenden Entscheidungsfindungsprozesses sind die möglichen negativen Auswirkungen bestimmter Maßnahmen , wie etwa ein Ansehensverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit, ebenso in die Überlegungen einzustellen wie die mit imagepflegenden Maßnahmen einhergehenden positiven Folgen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255; Bosch/Lange JZ 2009, 225, 231,

233).


112
Gemessen hieran bewegte sich K. mit seiner Entscheidung, die Kosten für die Gründung der P. S.A. zu übernehmen, noch innerhalb des ihm zustehenden weiten Ermessensspielraums. Hinsichtlich der Verbindung der I. S.A. zu einem mexikanischen Drogenkartell lag aufgrund der im luxemburgischen Handelsregister enthaltenen Eintragungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ein verifizierbarer und nicht lediglich vager oder offensichtlich haltloser Verdacht vor. Angesichts dessen war es aus unternehmenspolitischen Gründen - insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Finanzierung des Ausbauprojekts auch im Bereich II noch nicht sichergestellt war und dort Privatinvestoren gesucht wurden - im Interesse der Gesellschaft, diesen Schein einer Verbindung kurzfristig zu beseitigen. Dass die I. S.A. oder die hinter ihr stehenden B. und Me. hierzu vertraglich verpflichtet waren, belegen die Urteilsgründe auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht. Allein der Umstand, dass eine gute Reputation naheliegend auch im eigenen Interesse der I. S.A. lag, begründete einen vertraglichen Anspruch nicht. Die Höhe der mit der Neugründung der P. S.A. verbundenen Kosten, war zwar in die Abwägung der insoweit gegenläufigen Unternehmensinteressen einzustellen ; dieser Gesichtspunkt wurde allerdings dadurch relativert, dass die Kosten bei erfolgreichem Zustandekommen der Finanzierung auf den dann fälligen Provisionsanspruch angerechnet werden konnten. Bei dieser Sachlage ist ein strafrechtlicher Vorwurf auch nicht deshalb begründet, weil K. seine Entscheidung traf, bevor die Angaben von Me. zum Erwerb der I. S.A. - die sich nur zehn Tage nach Vertragsschluss als zutreffend herausstellten - überprüft worden waren. Denn der durch die Registerlage hervorgerufene Schein blieb bestehen; Dritte hätten weiterhin den Schluss auf eine Verbindung zur mexikanischen Drogenmafia ziehen und mit den etwaigen negativen Folgen für das Ansehen der Nürburgring GmbH bzw. das Ausbauprojekt öffentlich machen können. Dass es sich hierbei nicht nur um ein fernliegendes Szenario handelte, zeigt sich daran, dass auch D. bei seinen eigenen Recherchen im Internet bereits auf entsprechende Gerüchte gestoßen war.
113
bb) K. verstieß mit seiner Entscheidung zur vertraglichen Kostenübernahme und deren Umsetzung auch nicht gegen seine Pflicht zur Einbeziehung des Aufsichtsrats gemäß § 7 Abs. 1 GesV.
114
(1) Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Maßnahme grundsätzlich zustimmungsbedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 GesV war. Die Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A zählte angesichts des Ausnahmecharakters des Geschäfts sowie seiner finanziellen und unternehmenspolitischen Tragweite im Sinne der Satzung nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsverkehr.
115
Die Satzungsbestimmung war auch wirksam und verstieß nicht gegen § 52 Abs. 1 GmbHG, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG: Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat bei einer GmbH bestellt, so gilt gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG die Vorschrift des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entsprechend, wonach die Satzung bestimmte Arten von Geschäften einem Zustimmungsvorbehalt durch den Aufsichtsrat unterwerfen kann. Soweit in der Kommentarliteratur zu § 52 GmbHG unter Rückgriff auf aktienrechtliche Grundsätze die Auffassung vertreten wird, satzungsmäßig bestimmte Zustimmungsvorbehalte seien aufgrund des Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unzulässig, wenn sie - wie hier - generalklauselartig ausgestaltet sind (Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229 mwN; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361, 369, 371; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110), ist dem jedenfalls für die hier zu bewertende Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nicht zu folgen. Die zu § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG entwickelten aktienrechtlichen Grundsät- ze sind auf den fakultativen Aufsichtsrat einer GmbH nicht ohne weiteres übertragbar , da § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG gemäß § 52 Abs.1 GmbHG nur anzuwenden ist, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag anderes bestimmt ist (sog. Satzungsautonomie , vgl. etwa Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 52 Rn. 24; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 3; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 16; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 9 ff.). Es ist daher anerkannt, dass die Satzung im Fall des fakultativen Aufsichtsrats die aus § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG folgenden Pflichten sowohl einschränken als auch ausweiten kann (BeckHdbGmbH/Müller, 5. Aufl., § 6 Rn. 52; Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 13; MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 378; Ulmer/Heermann, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 110). Angesichts des im Recht der GmbH bestehenden Satzungsvorrangs kann der Ausschluss generalklauselartiger Zustimmungsvorbehalte somit nicht auf den Wortlaut des § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG ("bestimmte Arten von Geschäften") gestützt werden (so aber Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 229). Angesichts der unterschiedlichen Strukturen von GmbH und AG, wonach dem Geschäftsführer einer GmbH insbesondere angesichts des deutlich stärkeren Einflusses der Gesellschaftsversammlung als oberstem Organ eine schwächere Stellung in der Gesellschaft zukommt als dem Vorstand einer AG (vgl. Lutter in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 52 Rn. 2; Michalski/Giedinghagen, GmbHG, 2. Aufl., § 52 Rn. 19), bestehen gegen eine generelle Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung keine Bedenken; unerheblich ist, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 GesV nach aktienrechtlichen Maßstäben als unwirksam zu qualifizieren wäre (vgl. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, § 111 Rn. 66; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 85; Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 123 f.; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, § 111 Rn. 46). Die hier zu bewertende, nur Maßnahmen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs erfassende Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV beschneidet die Kompetenzen der Geschäftsführung auch nicht derart, dass deren Führungsbefugnis im Kernbereich betroffen ist (vgl. zu dieser Grenze MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 368). Da der Terminus des "gewöhnlichen" Geschäftsverkehrs zudem in handelsrechtlichen Bestimmungen über die Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis verwendet wird (vgl. etwa § 54 Abs. 1, § 116 Abs. 1 HGB), schafft dieser ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriff für den Geschäftsführer auch keinen Zustand untragbarer Rechtsunsicherheit (vgl. zu diesem Aspekt MüKoGmbHG/Spindler, 2. Aufl., § 52 Rn. 361).
116
(2) K. verstieß jedoch nicht gegen § 7 Abs. 1 GesV, weil sein Vorgehen durch den Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 gedeckt war und es damit einer weiteren Einbeziehung des Aufsichtsrats nicht mehr bedurfte.
117
(a) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass auch im Fall der satzungsmäßig bestimmten Zustimmungsvorbehalte im Vorfeld erteilte Globalbeschlüsse (auch "Generalzustimmung", "Rahmenzustimmung", "Vorwegeinwilligung" ) des Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig sind, wenn die Satzung solche - wie hier in § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV - zulässt (vgl. Brouwer, Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrats im Aktien- und GmbH-Recht, S. 203; Hopt/Roth in GroßKommAktG, 4. Aufl., § 111 Rn. 665 f.; KKAktG /Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 111 Rn. 109; MüKoAktG/Habersack, 4. Aufl., § 111 Rn. 126). Rechtsfehlerhaft ist allerdings der von der Strafkammer gezogene Schluss, der Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 sei unwirksam, da eine im Vorfeld erteilte generelle Zustimmung zwingend mit Auflagen hätte verbunden werden müssen.
118
Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 2 GesV lässt sich die Verpflichtung des Aufsichtsrats, seine Zustimmung ausdrücklich mit Auflagen zu verbinden , nicht entnehmen. Systematisch bezieht sich die Regelung auf die "zustimmungspflichtigen Geschäfte" und erfasst damit sowohl die in § 7 Abs. 2 GesV konkretisierten als auch alle anderen unter die Generalklausel des Abs. 1 fallenden Geschäfte. Könnte der Aufsichtsrat seine Zustimmung einschränkungslos und spiegelbildlich zur Bestimmung des § 7 Abs. 1 GesV allgemein zu sämtlichen von Abs. 1 erfassten Geschäften erteilen, bestünde die Gefahr, dass er die ihm vom Satzungsgeber zugewiesene Funktion als Kontrollorgan unterliefe. Dies bedingt - wie das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat -, dass er den Umfang und die Voraussetzungen seiner Zustimmung präzisiert. Weitergehende Beschränkungen - auch in inhaltlicher Sicht - folgen hieraus für die Ausgestaltung des Zustimmungsbeschlusses allerdings nicht: Dass der Aufsichtsrat mit jeder Rahmenzustimmung die Kontrolle über die von der Geschäftsführung abgeschlossenen Geschäfte in einem gewissen Maße verliert , liegt in der Natur solcher Rahmenbeschlüsse; dies wird jedoch insbesondere dadurch kompensiert, dass es dem Aufsichtsrat jederzeit möglich ist, die Geschäftsführung zur Berichtserteilung anzuhalten (vgl. hierzu Koppensteiner /Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Rn. 32) und seine Generalzustimmung zu widerrufen. Schließlich verlangen weder die aus der Satzung folgende Funktion des Aufsichtsrats noch sonstige Gesichtspunkte , dass der Aufsichtsrat die für die Zulässigkeit einer Vorwegeinwilligung erforderlichen Konkretisierungen an die Geschäftsführung ausdrücklich als "Auflage" bezeichnet.
119
Nach diesen Maßstäben bestehen an der Wirksamkeit des Aufsichtsratsbeschlusses vom 1. Juli 2008 keine Bedenken. Die von der Zustimmung des Aufsichtsrats erfassten Geschäfte waren dadurch in dem erforderlichen Maße präzisiert, dass der sachliche Bezug der bewilligten Geschäfte zur Finanzierung des Ausbauprojektes hergestellt war und abzuschließenden Vereinbarungen unter der Voraussetzung eines "notwendigen" funktionalen Zusammenhangs standen.
120
(b) Die mit der Finanzierung des Projektes "Nürburgring 2009" eng verbundene Entscheidung zur Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. war schließlich auch von dem Aufsichtsratsbeschluss vom 1. Juli 2008 umfasst. Insbesondere handelte es sich um eine im Sinne des - von der Strafkammer insoweit nicht näher ausgelegten - Aufsichtsratsbeschlusses zur Finanzierung des Projektes "notwendige" Vereinbarung.
121
Bei verständiger Würdigung beschränkte der Aufsichtsrat seine Zustimmung hiermit nicht auf den Abschluss solcher Verträge und Vereinbarungen, ohne die das Finanzierungskonzept objektiv nicht umsetzbar gewesen wäre, insbesondere die vor der Beschlussfassung seitens der Geschäftsführung vorgelegten Entwürfe des Nießbrauchs-, Generalübernehmer-, Miet- und Optionsvertrages. Vielmehr umfasste die Zustimmung auch solche Vereinbarungen, die - wie hier - in Zusammenhang mit der Finanzierung des Bereichs I standen und seitens der Geschäftsführung in vertretbarer Weise als erforderlich angesehen wurden. Dies folgt daraus, dass der Aufsichtsrat im Beschlusszeitpunkt über die Einzelheiten des verfolgten Finanzierungskonzeptes unterrichtet war und dieses umgesetzt wissen wollte; hätte er der Geschäftsführung hierbei keinen eigenen Gestaltungsspielraum einräumen oder seine Zustimmung auf die ihm vor der Entscheidung vorgelegten Vertragsentwürfe beschränken wollen, hätte es nahegelegen, entweder die Vertragsentwürfe ausdrücklich im Beschluss zu benennen oder von vornherein auf eine Generalzustimmung zu verzichten. In der stattdessen verwendeten Formulierung "Verträge und sonstigen Vereinbarun- gen" kommt die im Beschlusszeitpunkt bestehende Ungewissheit über den Umfang und die Art der für die Umsetzung der Finanzierung erforderlichen Geschäfte deutlich zum Ausdruck.
122
Die von D. befürchteten negativen Folgen auf die - zu diesem Zeitpunkt nicht sichergestellte - Finanzierung des Ausbauprojekts für den Fall, dass sich die Gerüchte um die Verbindung der I. S.A. zur mexikanischen Drogenmafia ausbreiten sollten, lagen nahe und waren von einer sachlichen Grundlage getragen. Dass K. dies anders beurteilt und aus sachfremden Erwägungen heraus gehandelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund war es im Sinne der dargelegten Maßstäbe vertretbar, die Übernahme der Gründungskosten für die P. S.A. als für die weitere Durchführung des Projektes notwendig anzusehen.
123
c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine Verurteilung von K. wegen Untreue zu tragen vermögen. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).
124
2. Im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die getroffenen Feststellungen aus den bereits zur Revision von D. dargelegten Gründen nicht den Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Nürburgring GmbH.
125
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall IV.8 der Urteilsgründe entzieht der insoweit verhängten Einzelstrafe die Grundlage; dies und der durch den Freispruch im Fall IV.2 der Urteilsgründe bedingte Wegfall der in diesem Fall festgesetzten Einzelstrafe führen zur Aufhebung des Gesamtstrafenaus- spruchs. Die Feststellungen im Fall IV.8 der Urteilsgründe können allerdings in dem zur Revision von D. dargelegten Umfang bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
126
4. Weitere zum Nachteil von K. wirkende Rechtsfehler hat die auf die Sachrüge gebotene materiellrechtliche Nachprüfung nicht ergeben. Über die in der Begründungsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Juni 2015 dargelegten Gründe hinaus bedarf nur Folgendes der näheren Erörterung:
127
a) Im Fall IV.3 der Urteilsgründe überschritt K. mit der von ihm veranlassten Zahlung den ihm zukommenden unternehmerischen Entscheidungsfreiraum. Die Maßnahme lag nicht im Unternehmenswohl: Nach der - durch die Nachträge modifizierten - Vertragslage zum Vorvertrag vom 27. März 2007 bestand keine Verpflichtung der Nürburgring GmbH zum Aufwendungsersatz über September 2008 hinaus. Es war auch nicht erkennbar, dass die I. GmbH im Oktober 2008 noch wesentliche Leistungen im Hinblick auf die angestrebte Umsetzung des mit Ba. angestrebten Finanzierungskonzeptes erbringen musste; die für die Anlage der von Ba. geforderten Bareinlage erforderlichen Voraussetzungen waren bereits geschaffen. Bereits am 24. September 2008 - nur zwei Tage nach der Rechnungsstellung - wurde der Betrag von 80 Mio. € absprachegemäß angelegt; die weiteren Schritte waren von Ba. zu erbringen. Weder für die Zahlung noch für eine etwaige mündliche Vereinbarung hierüber - für deren Vorliegen die Urteilsgründe überdies keine konkreten Anhaltspunkte geben; insb. bezog sich die gegenständliche Rechnung auf § 2 des "geschlossenen Vorvertrag[s]" - bestand damit eine wirtschaftliche Rechtfertigung. Da die Maßnahme mithin außerhalb des unternehmerischen Gestaltungsspielraums lag, handelte es sich um eine Pflichtverletzung , ohne dass es auf weitere Wertungen noch ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 343 ff. mwN). Ob K. aufgrund einer Umgehung des Aufsichtsrats zusätzlich noch ein Verstoß gegen die Satzung der Nürburgring GmbH vorzuwerfen ist, bedarf keiner weitergehenden Betrachtung. Ebenso kann offen bleiben, ob Zahlungen auf eine formunwirksame Forderung stets untreuerelevant sind.
128
b) In den Fällen IV.5, 6 und 7 der Urteilsgründe liegt die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch K. ebenfalls darin, dass die gegenständlichen Zahlungen - wie im Rahmen der Revision von D. ausgeführt - unter keinem Gesichtspunkt im Unternehmenswohl und damit außerhalb des dem Geschäftsführer einzuräumenden freien Gestaltungsspielraums lagen.
129
5. Die auf Verstöße gegen § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO und § 199 Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 1 und 4, § 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrügen bleiben aus den zur Revision von D. dargelegten Gründen ohne Erfolg.
130
IV. Revision des Angeklagten N.
131
1. Der Schuldspruch wegen Untreue im Fall IV.7 der Urteilsgründe erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die getroffenen Feststellungen belegen kein täterschaftliches Handeln des Angeklagten N. , da sich aus ihnen weder die konkrete Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht noch die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft (§ 25 StGB) ergeben.
132
a) Täter der Untreue kann aufgrund des Sonderdeliktscharakters nur derjenige sein, dem eine in Bezug auf das geschädigte Vermögen bestehende Betreuungspflicht zukommt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 474/12, NStZ 2013, 472, 473). Der Schluss des Landgerichts, dass N. einer derartigen Pflicht zuwider handelte, wird von den Urteilsgründen nicht getragen.
133
aa) Wie im Rahmen der Revision von D. dargelegt, sind die durch § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich geschützten Treueverhältnisse auf die Fälle zu beschränken, in denen für den Betreuenden eine besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen begründet wird. Dabei kann eine vertragliche Beziehung, die sich insgesamt als Treueverhältnis im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellt, auch Verpflichtungen enthalten, deren Einhaltung nicht vom Untreuetatbestand geschützt wird (BGH, Beschluss vom 5. März 2013 - 3 StR 438/12, NJW 2013, 1615). Nicht jede vermögensmindernde Pflichtverletzung eines Vermögensbetreuungspflichtigen ist demnach bereits untreuerelevant, sondern nur der Verstoß gegen eine Pflicht, die gerade spezifisch dem Vermögensschutz dient (MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 40; ders. in Kempf/Lüderssen/Volk, Die Finanzkrise, das Wirtschaftsstrafrecht und die Moral, S. 201, 204). Maßgebend für die Abgrenzung sind Inhalt und Umfang der Treueabrede, wie sie sich aus den Vertragsvereinbarungen bei sachgerechter Auslegung ergibt (BGH, Urteile vom 30. Oktober1985 - 2 StR 383/85, NStZ 1986, 361, 362; vom 30. Oktober 1990 - 1 StR 544/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 17; Beschluss vom 11. August 1993 - 2 StR 309/93, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht

22).


134
bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Angeklagten aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung seines Arbeitsverhältnisses eine im vorstehenden Sinne qualifizierte Stellung hinsichtlich des Vermögens der Nürburgring GmbH zukam. Diese folgte aus seiner Verpflichtungs- und Freigabebefugnis für Forderungen gegen die Nürburgring GmbH bis zu maximal 20.000 € und aus seiner Aufgabe, eingehende Rechnungen auf ihre inhaltliche und sachliche Richtigkeit zu prüfen, sowie der hiermit einhergehenden Möglichkeit, auf deren Auszahlung wesentlichen Einfluss zu nehmen.
135
Die Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass N. im Fall IV.7 der Urteilsgründe in diesem Pflichtenkreis tätig wurde: In die mit Me. getroffene Vereinbarung über die Erstattung des Aufwendungsersatzes, war N. nicht eingebunden. Soweit der Angeklagte im Rahmen der Zahlung des Betrages von 150.000 € involviert war, belegen die - missverständlich formulierten - Fest- stellungen lediglich, dass er diese vorbereiten ließ; freigegeben wurde die Auszahlung durch K. , der die auf Veranlassung von N. erstellte Auszahlungsanordnung unterschrieb. Dass N. über eine möglicherweise nur im Innenverhältnis zur Nürburgring GmbH wirkende Beschränkung die Zahlung von Beträgen über 20.000 € wirksam anweisen konnte, belegen die Urteilsgründe nicht. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang N. Handlungsvollmacht eingeräumt war; denn den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen , dass der Angeklagte mit der "Anweisung" gegenüber De. , den Geldbetrag "zu überweisen", in dem ihm hierdurch eröffneten Aufgabenbereich agierte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass N. Leiter der von ihm aufgebauten Controlling-Abteilung der Nürburgring GmbH war; die Feststellungen lassen offen, welche konkreten Aufgaben und Entscheidungsspielräume sich für den Angeklagten hierdurch ergaben.

136
Da die inhaltlich unrichtige Rechnung der I. GmbH vom 15. Juni 2009 erst nach der Überweisung bei der Nürburgring GmbH einging, kann schließlich auch eine inhaltliche Bestätigung der Rechnung durch N. - ungeachtet der hierzu fehlenden Feststellungen - nicht ursächlich für die Auszahlung geworden sein; da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob und ggf. durch wen die Rechnung vom 15. Juni 2009 inhaltlich und sachlich bestätigt worden war, ergibt sich schon deshalb auch unter dem Gesichtspunkt einer von N. (mit)bewirkten falschen Buchführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, NJW 2010, 3458, 3460 mwN; BGH, Beschluss vom 26. April 2001 - 5 StR 587/00, BGHSt 47, 8, 11 mwN; Urteil vom 7. Dezember 1965 - 5 StR 312/65, BGHSt 20, 304; MüKoStGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 191, 227) keine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB.
137
b) Die getroffenen Feststellungen belegen darüber hinaus auch nicht die allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft.
138
aa) Auch wenn man annimmt, N. habe in dem seine Vermögensbetreuungspflicht begründenden Pflichtenkreis gehandelt, verwirklichte er die Tat nicht im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB selbst. Soweit er De. zu der sog. Blitzüberweisung aufforderte, lag hierin keine Aufforderung, die Überweisung unmittelbar auszuführen. Diese setzte nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe vielmehr das Vorhandensein einer unterschriebenen Auszahlungsanordnung voraus. Dass De. diese Unterschrift leisten konnte oder nach der Vorstellung von N. hätte leisten sollen, zeigen die Urteilsgründe nicht auf; hiergegen spricht auch, dass angesichts der Höhe der Zahlung auch der De. in der Hierarchie übergeordnete N. zur Unterschrift weder befugt noch willens war. Mit der bloßen Aufforderung an De. , die Überweisung vorzubereiten, war die Wahrscheinlichkeit einer späteren Auszahlung indes noch nicht in einem Maße gestiegen, dass hierin bereits eine tatbestandliche schadensgleiche Vermögensgefährdung gesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die spätere Vorlage der Auszahlungsanordnung von N. an K. zur Unterschrift, zumal N. hierbei noch explizit auf seine Bedenken gegen den Vorgang hinwies und gegenüber seinem Vorgesetzten die Auszahlung zu verhindern suchte. Dass N. nach der Vorlage der Auszahlungsanordnung noch an dem weiteren Geschehen beteiligt war, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach alledem erschöpfte sich der eigene Beitrag von N. in bloßen Unterstützungshandlungen.
139
bb) Auch eine Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) von N. wird von den Urteilsgründen nicht belegt. Ein mittäterschaftliches Handeln ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun fördern will, sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Der gemeinschaftliche Tatentschluss kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 - 3 StR 575/14, BGHR VStGB § 6 Mittäter 1; vom 23. März 1994 - 3 StR 664/93, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im Vorbereitungsstadium des unmittelbar tatbestandlichen Handelns (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 326/14, juris Rn. 7) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1989 - 3 StR 156/89, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5) genügen.
140
Nach diesen Maßstäben begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein seine Kenntnis von der Tatbegehung durch D. und K. kann eine Mittäterschaft nicht begründen. Die festgestellten Tatbeiträge bestanden ausschließlich in Unterstützungshandlungen, welche L. oder K. ohne weiteres selbst hätten vornehmen können. Schließlich ist in den Blick zu nehmen , dass N. ersichtlich kein eigenes Interesse am Taterfolg verfolgte; denn er stellte sich von Beginn an gegen die Forderung von Me. und tat dies sowohl seinem Vorgesetzen L. als auch dem in der Unternehmenshierarchie an der Spitze stehenden K. unter Darstellung seiner Bedenken kund. Selbst wenn N. eine Vermögensbetreuungspflicht oblegen haben sollte, führt dies weder allein (vgl. BGH, Beschluss vom 1. April 2008 - 3 StR 493/07, wistra 2008, 427, 428; Urteil vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, NJW 2010, 92, 97; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT I, 10. Aufl., § 45 Rn. 21; MüKoStGB/Joecks, 2. Aufl., § 25 Rn. 186; SK-StGB/Hoyer, 32. EL, § 25 Rn. 21 ff.; aA Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 355 ff.; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 39 ff., 43 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., Vor § 25 Rn. 82; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 266 Rn. 107) noch in der Zusammenschau mit den weiteren seine Beteiligung kennzeichnenden Umstände zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt auch dann, wenn man dem Tatrichter bei der vorzunehmenden Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe einen Beurtei- lungsspielraum zubilligen wollte, der nur eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung zugänglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Dieser wäre hier jedenfalls überschritten.
141
c) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass trotz des Charakters der Untreue als Sonderdelikt nicht offenbleiben können wird, ob einer täterschaftlichen Verurteilung von N. bereits die allgemeinen Voraussetzungen der (Mit-)Täterschaft oder auch seine im konkreten Fall möglicherweise fehlende qualifizierte Stellung zum Vermögen der Nürburgring GmbH entgegenstehen. Die nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli 1994 - 1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53); ihr Fehlen begründet einen zwingenden Strafmilderungsgrund. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten , wenn die Verurteilung wegen Beihilfe allein darauf beruht, dass das strafbarkeitsbegründende persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 - 4 StR 476/14, wistra 2015, 146; vom 6. März 2013 - 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, NJW 2013, 949, 950; vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
142
2. Auch im Fall IV.8 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen den Schuldspruch wegen Untreue nicht, weil sie weder eine Vermögensbetreuungspflichtverletzung von N. noch einen hierdurch eingetretenen Vermögensnachteil belegen. Hinsichtlich des von der Strafkammer nicht ausreichend dargelegten Vermögensnachteils gelten die insoweit zur Revision von D. dargelegten Gründe entsprechend. Zur Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht gilt Folgendes:
143
Wie bereits ausgeführt, liegt eine untreuerelevante Pflichtverletzung nur vor, wenn dem Täter eine zum Schutz des Vermögens des Geschädigten hervorgehobene Stellung zukommt und die von ihm konkret verletzte Pflicht auf den Pflichtenkreis zurückgeht, der diese Stellung begründet. Letzteres lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen. Diese teilen nicht mit, aufgrund welcher Umstände N. überhaupt an der Zahlungsvereinbarung beteiligt war. Ihnen ist auch nicht zu entnehmen, aus welchem Grunde N. mit der Vertretungsmacht ausgestattet war, die Nürburgring GmbH durch die Zahlungsvereinbarung zu verpflichten. Dies könnte aufgrund der ihm erteilten Handlungsvollmacht der Fall gewesen sein, ebenso könnte er durch eine einzelfallbezogene Entscheidung seiner Vorgesetzten hinzugezogen und ihm (ggf. konkludent ) Einzelvollmacht erteilt worden sein. Hinsichtlich der bestehenden Handlungsvollmacht bleibt jedoch in den Urteilsgründen offen, ob der Abschluss der Zahlungsvereinbarung von dieser überhaupt umfasst sein konnte. Der Begriff der Handlungsvollmacht ist inhaltlich offen und enthält keinen aus sich heraus bestimmbaren Umfang der Vollmacht. Dieser wird alleine vom Vollmachtgeber festgelegt. Auch § 54 HGB kodifiziert lediglich eine speziell geregelte Rechtsscheinhaftung (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 9; Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 1), deren Umfang indes vom Inhalt der erteilten Vollmacht abhängt (Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 54 Rn. 10), und unterscheidet drei typisierte, in ihrem Umfang wesentlich differierende Varianten der Handlungsvollmacht (Ebenroth /Boujong/Joost/Strohn/Weber, HGB, 3. Aufl., § 54 Rn. 10 ff.). Nähere Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen. Sie lassen sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen und ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass N. mit seiner Unterschrift unter die Zahlungsvereinbarung "als Financial Controller und Handlungsbevollmächtigter der Nürburgring GmbH" der Vereinbarung zustimmte. Sollte N. hingegen aufgrund einer (konkludent) erteilten Einzelvollmacht tätig geworden sein, belegt auch dies angesichts des Zusammenwirkens mit L. als seinem Vorgesetzten noch nicht ohne weiteres den im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB erforderlichen eigenverantwortlichen Entscheidungsspielraum.
144
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen IV.7 und 8 der Urteilsgründe bedingt den Wegfall der verhängten Einzelstrafen und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es im Fall IV.8 der Urteilsgründe über den sich aus den Revisionen von D. und K. ergebenden Umfang hinaus auch im Hinblick auf die Umstände, welche die Vermögensbetreuungspflicht von N. begründen.
145
4. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene sachlichrechtliche Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil von N. ergeben. Über die in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründe hinaus bedarf es lediglich im Fall IV.3 der Urteilsgründe des im Rahmen der Revision von K. näher ausgeführten Hinweises, dass die Begleichung der Rechnung der I. GmbH vom 22. September 2008 und damit auch deren sachliche und inhaltliche Bestätigung bereits außerhalb des einem Geschäftsführer einzuräumenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums lag. Auf die Frage, ob N. bewusst war, dass der Aufsichtsrat bei der Entscheidung übergangen worden war, kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an.
Becker RiBGH Pfister ist in den Schäfer Ruhestand getreten und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
5 StR 103/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
alsVerteidigerfürden Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwalt Wi.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten R. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. September 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt entfällt. Der Angeklagte S. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte R. verurteilt worden ist, einschließlich der Feststellungen zum Vermögensnachteil der Stadt Dresden und zum Untreuevorsatz. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang und zum Vorsatz der Bankrottbeihilfe bleiben aufrechterhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten R. verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten R. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, wegen Bankrotts sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten R. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott schuldig gesprochen und gegen ihn eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme hat das Landgericht den Angeklagten R. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Die beiden Angeklagten haben ihre Verurteilungen umfassend angefochten. Im Ergebnis hat nur die Revision des Angeklagten R. einen Teilerfolg.

A.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte R. war Oberbürgermeister der Stadt Dresden , der Angeklagte S. hat dem Angeklagten R. zugearbeitet. Der Angeklagte S. , der ein enger Vertrauter des Angeklagten R. aus Zeiten früherer gemeinsamer kommunalpolitischer Tätigkeit war, geriet spätestens im Sommer 2002 in massive finanzielle Schwierigkeiten. In Kenntnis eines gegen ihn bevorstehenden Insolvenzverfahrens leitete er von seinen Konten bei der Stadtsparkasse Dresden, der Deutschen Bank und der Advance Bank insgesamt etwa 45.000 Euro auf andere Konten, um die Gelder so vor dem Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Inhaber dieser Konten waren seine Mutter, die mit ihm persönlich eng verbundene H sowie er selbst mit einem Konto bei der Deutschen Bank 24.
Der Angeklagte S. beantragte im Oktober 2002 beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diesem Antrag fügte er die Ausfertigung einer vor dem Notar B. in Radebeul abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bei, in der er die vorgenannten Transaktionen verschwieg und lediglich das Konto bei der Deutschen Bank 24 angab. Auch nachdem das Insolvenzverfahren im Februar 2003 eröffnet war, offenbarte er gegenüber dem zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalt Mo. weder das Konto seiner Mutter noch das Konto von H , obwohl die Guthaben wirtschaftlich allein ihm zur Verfügung standen. Auf seine Kinder lautende Konten, die ihm ebenfalls allein zuzuordnen waren , verschwieg er gleichfalls.
4
Zwischen dem Angeklagten S. und dem Angeklagten R. bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Für den Angeklagten R. , den – zwischenzeitlich suspendierten – Oberbürgermeister der Stadt Dresden, war der Angeklagte S. ein wichtiger Mitarbeiter und Berater. Als gesetzlicher Vertreter der Stadt Dresden vereinbarte er zunächst mit dem Angeklagten S. einen bis 31. Dezember 2001 laufenden, dann um ein Jahr verlängerten Dienstvertrag, der eine Dienstverpflichtung für 110 Arbeitstage im Jahr und eine tägliche Vergütung von 460 Euro (900 DM) pro Arbeitstag vorsah. In der Folge des Hochwassers im Jahr 2002, das zu erheblichen Flutschäden in Dresden geführt hatte, setzte der Angeklagte R. den Angeklagten S. im Februar 2003 als „Flutkoordinator“ ein und übertrug ihm die Leitung des „Büros Hochwasserschadenabwicklung“.
5
Der Angeklagte R. , der um die finanziellen Probleme des Angeklagten S. wusste, schloss am 17. April 2003 mit dem Angeklagten S. , der unter der Geschäftsbezeichnung „A. C. , vertreten durch S. “ handelte, einen bis 30. Juni 2005 befristeten Vertrag, der eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500 Euro brutto vorsah. Nach diesem Vertrag oblag dem Angeklagten S. die Koordination der Hochwasserschadensabwicklung im Auftrag des Oberbürgermeisters. Anfang 2004 gab der Angeklagte R. dem Drängen des Angeklagten S. nach und änderte den Vertrag ab. Vertragspartner wurde nunmehr die „A. C. , vertreten durch H. “, wobei allerdings bestimmt wurde, dass die Leistungen von dem Angeklagten S. als „alleinigem Erfüllungsgehilfen“ erbracht werden sollten. Zugleich wurde die monatliche Vergütung rückwirkend ab Januar 2004 bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages am 30. Juni 2005 auf etwa 9.000 Euro brutto erhöht. Nach den Feststellungen des Landgerichts diente diese Vertragskonstellation dazu, die Gelder zu erheblichen Teilen dem Insolvenzverwalter zu entziehen und dem Angeklagten S. über H. zukommen zu lassen. Die Vergütung war nach Annahme des Landgerichts (UA S. 28, 62) im Hinblick auf die vom Angeklagten S. erbrachten Leistungen objektiv angemessen und nicht überhöht. Nachdem dem Angeklagten R. im Juli 2004 vom Regierungspräsidium durchgreifende Bedenken gegen die weitere Möglichkeit, die Vergütung des Angeklagten S. zu 90 % zu subventionieren, wegen deren Erhöhung eröffnet worden waren, erneuerte der Angeklagte R. gleichwohl unter dem 28. Juli 2004 den mit der „A. C. , vertreten durch H. “ geschlossenen Änderungsvertrag und beendete zugleich in einem „Überleitungsvertrag“ vorbehaltlos den vorangegangenen Vertrag vom 17. April 2003.
6
Der Angeklagte S. hatte sich Anfang Februar 2003, als die Beauftragung der G. , einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Sächsischen Landesbank, als Generalübernehmerin für den Wiederaufbau wichtiger Verkehrsanlagen ins Auge gefasst wurde, an Verantwortliche der G. gewandt. Unter Hinweis auf seine Nähe zum Oberbürgermeister brachte der Angeklagte S. dabei den Wunsch vor, einen mit mehreren Tausend Euro monatlich dotierten Beratervertrag zu erhalten. Wie er erkannte, war seinen Verhandlungspartnern von der G. dabei klar, dass der Angeklagte S. erheblichen Einfluss auf die Beauftragung hatte. Zum Abschluss eines Beratervertrages kam es nicht, weil die Beauftragung der G. aus anderen Gründen scheiterte. An den später stattfindenden Verhandlungen mit der B. , die prinzipiell bereits im Februar 2003 den Zuschlag als externer Projektsteuerer erhielt, war der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt. Als die Verhandlungen über den Vertrag im Einzelnen ins Stocken gerieten, ging der Angeklagte S. mehrmals zwischen März und Ende 2003 auf die Verantwortlichen der B. zu, um sie zum Abschluss eines Beratervertrages mit ihm zu veranlassen. Auch hier wollte der Angeklagte S. seine Stellung innerhalb der Stadtverwaltung und insbesondere zum Angeklagten R. dazu nutzen, um für die B. möglichst günstig und reibungslos die Projektsteuerung umzusetzen. Letztlich ging jedoch die B. auf das Ansinnen des Angeklagten S. nicht ein.
7
2. Das Landgericht hat im Fordern eines Beratervertrages gegenüber Mitarbeitern der G. und der B. bei dem Angeklagten S. jeweils ein Vergehen der Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs. 1 StGB gesehen. Jedenfalls aus Sicht der potenziellen Vertragspartner habe er seinen Einfluss auf die Vergabe oder Ausgestaltung der Aufträge von dem geforderten Vorteil abhängig gemacht. Aufgrund seiner Funktion als „Flutkoordinator“ sei der Angeklagte S. Amtsträger gewesen, auch wenn er nicht unmittelbar weisungsbefugt gegenüber städtischen Bediensteten gewesen sei. Als verlängerter Arm des Oberbürgermeisters habe er öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Dieses sei ihm auch bewusst geworden. Wenn der Angeklagte S. sich selbst nicht als Amtsträger gesehen habe, führe dies lediglich zu einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
8
Die Verheimlichung der Kontenguthaben gegenüber dem Insolvenzverwalter hat das Landgericht als eine einheitliche Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB angesehen, wozu die strafbare Handlung der falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit stehe. Da das Amtsgericht Chemnitz hierfür zuständig gewesen sei, kam es nach Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, dass der Angeklagte S. eine eidesstattliche Versicherung unaufgefordert von sich aus abgegeben habe.
9
Der Abschluss des Vertrages mit der Stadt Dresden unter dem Namen H. erfüllt nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls den Tatbestand einer weiteren selbständigen Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Hierzu habe der Angeklagte R. Beihilfe geleistet , da er die desolate finanzielle Situation des Angeklagten S. gekannt habe und ihm die Einkünfte ungeschmälert habe zukommen lassen wollen. Zugleich liege bei dem Angeklagten R. noch eine (tateinheitliche ) Untreue vor, weil er gegenüber der Stadt seine Verfügungsbefugnis missbraucht habe. In der deutlichen Erhöhung der Vergütung liege ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot. Der mit H. geschlossene Vertrag sei sittenwidrig; allein der Abschluss dieses Vertrages begründe deshalb eine Vermögensgefährdung. Die Gefährdung habe sich in den ausgezahlten Monatsraten abzüglich der Raten aus dem alten Vertrag realisiert. Dieser tatsächlich entstandene Schaden in Höhe von etwa 75.000 Euro stelle einen Vermögensverlust großen Ausmaßes dar.
10
3. Das Landgericht hat den Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch das gegenüber der G. bei den Vertragsverhandlungen vorgebrachte Begehren des Abschlusses eines Beratervertrages mit dem Angeklagten S. mangels Nachweises einer bewussten Unrechtsvereinbarung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B.


11
Lediglich die Revision des Angeklagten R. ist begründet. Die Revisionen des Angeklagten S. und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.


12
Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
13
1. Die Verfahrensrüge, mit der die vom Strafkammervorsitzenden im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnete Einführung einer früheren Aussage des Zeugen Sch. als Verstoß gegen § 250 StPO beanstandet wird, hat keinen Erfolg. Die Konstanz der Aussagen des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Sch. konnte bereits durch dessen eigene Angaben zu seiner früheren Aussage, gegebenenfalls nach deren Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt werden (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 9; BGH StV 1996, 412). Ergänzend zu seiner Aussage – nicht sie im Sinne des § 251 StPO ersetzend – durfte dann, auch zur maßgeblichen Abrundung der Beweiswürdigung zur Aussagekonstanz (UA S. 46), die Niederschrift über die frühere Aussage verlesen werden (MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 250 Rdn. 12).
14
2. Die Verurteilungen wegen Bestechlichkeit halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat den Angeklagten S. zutreffend als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Begründung einer Amtsträgerstellung im Sinne der §§ 331 ff. StGB erforderlich, dass der Betreffende zum Amtsträger bestellt wurde. Die Bestellung ist von der bloßen privatrechtlichen Beauftragung zu unterscheiden. Sie setzt voraus , dass der Betreffende über den Einzelfall hinaus mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut und in die behördliche Organisation eingebunden wird (vgl. BGHSt 43, 96, 105; 46, 310, 313). Hieran kann beim Angeklagten S. – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen.
16
aa) Mit Beginn der Flutschadensabwicklung war der Angeklagte seit Ende 2002 befasst, ab Februar 2003 sogar in einer Leitungsfunktion tätig. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte er im Außenverhältnis die Verhandlungen und leitete das „Büro Hochwasserschadenabwicklung“. Ihm standen eine Sekretärin und ein Büroraum zur Verfügung. Selbst wenn er formal kein Weisungsrecht gegenüber den kommunalen Bediensteten hatte, übte er jedoch faktisch Leitungsfunktionen gegenüber den Mitarbeitern des Büros aus. Dessen Aufgabenbereich war auch öffentlich-rechtlich geprägt. Gegenstand der Tätigkeiten des Büros war der Wiederaufbau kommunaler Verkehrs- und Infrastrukturanlagen und die Verwaltung von Fördermitteln. Das Büro hat damit unmittelbar öffentliche Aufgaben (vgl. hierzu BGH wistra 2007, 302, 304), teilweise sogar hoheitlicher Art wahrgenommen.
17
bb) Entgegen der Auffassung der Verteidigung war der Angeklagte S. auch bestellt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Hierzu bedarf es keines förmlichen Bestellungsaktes. Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Rechtsfrage ohnehin nur für die Bestechlichkeitshandlung gegenüber der G. zu. Bei den Handlungen gegenüber der B. bestand die Besonderheit , dass der Angeklagte bei seinen späteren Vorstößen, für sich einen Beratervertrag zu erlangen, durch den Angeklagten R. förmlich verpflichtet war. Eine solche förmliche Verpflichtung fand bei Abschluss des Beratervertrages am 17. April 2003 statt. Nach diesem Zeitpunkt erfolgten weitere Anläufe des Angeklagten S. , für sich den Abschluss eines Beratervertrages zu erreichen. Jedenfalls für diese Handlungen wäre er dann zumindest als besonders Verpflichteter im Sinne des § 332 StGB tätig gewesen.
18
Das Landgericht hat darüber hinaus ohne Rechtsverstoß für sämtliche Bestechlichkeitshandlungen und insbesondere für die gegenüber der G. , die zwischen Januar und März 2003 stattfanden, eine Amtsträgereigenschaft angenommen. In diesem Zeitraum bestand kein vertragsloser Zustand. Zwar war der ursprünglich geschlossene Beratervertrag zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen und ein neuer Beratervertrag noch nicht geschlossen worden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Angeklagte S. insoweit ohne Rechtsgrund gearbeitet hätte. Vielmehr ist noch Anfang 2003 der ursprüngliche Beratervertrag stillschweigend verlängert worden (§ 625 BGB). Ein entsprechender Rechtsbindungswille war sowohl auf Seiten des Angeklagten R. als auch des Angeklagten S. vorhanden. Beide Angeklagten wollten, dass S. , der seit Anfang Februar mit der Leitung des Büros beauftragt wurde, für die Stadtverwaltung tätig blieb. Dass dies nicht unentgeltlich erfolgen sollte, war offensichtlich. Soweit nicht stillschweigend das ursprüngliche Honorar vereinbart war, wäre im Übrigen die ortsübliche Vergütung geschuldet gewesen (§ 612 Abs. 2 BGB).
19
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass eine Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB auch formfrei erfolgen kann. Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (BGHSt 43, 96, 102 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ). Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich mit der Begriffsbestimmung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, welche die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten betrifft. Bei diesem Personenkreis rechtfertigt der formale Akt der Verpflichtung die Gleichstellung mit Amtsträgern in strafrechtlicher Hinsicht. Ein solcher formaler Akt, der im Übrigen regelmäßig die Betreffenden zu besonders Verpflichteten machen würde, ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit c. StGB nicht erforderlich. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4). Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Sie beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4).
20
b) Das Landgericht hat bei dem Angeklagten S. auch den entsprechenden Vorsatz eines Amtsträgers rechtsfehlerfrei bejaht. Dies ist unproblematisch , soweit es sich um die Tat gegenüber der B. handelte, weil der Angeklagte S. spätestens auf Grund der von ihm abverlangten Verpflichtungserklärung über den öffentlich-rechtlichen Bezug seines Tätigkeitsfeldes unterrichtet wurde. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung und liegt – wie hier – kein anderer förmlicher Bestellungsakt vor, sind allerdings an den Nachweis in subjektiver Hinsicht besondere Anforderungen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht übersehen. Dabei reicht es nicht aus, dass der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Er muss auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben.
21
Hieran kann aber bei der gegebenen Sachlage kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte S. ausweislich der Feststellungen seine Einbeziehung in die Verwaltungstätigkeit der Stadt Dresden kannte und um seinen Einfluss wusste. Hiermit warb er sowohl gegenüber der G. als auch gegenüber der B. . Insoweit war ihm die gesetzliche Wertung bewusst, die Grundlage der Strafvorschriften über Amtsträger ist. Dagegen brauchte der Angeklagte S. seine Tätigkeit nicht juristisch zutreffend einzuordnen. Ein solcher Subsumtionsirrtum lässt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – den Vorsatz unberührt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedurfte es hier keiner Ausführungen zu einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein die Anwendbarkeit des § 17 StGB begründendes fehlendes Unrechtsbewusstsein hat der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen nicht einmal behauptet. Die bloße falsche Einordnung seines Verhaltens beinhaltet dies nicht notwendigerweise. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten S. , wäre er nicht als Amtsträger anzusehen , jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB strafbar wäre. Namentlich unter Berücksichtigung dieses Umstandes brauchte das Landgericht die Möglichkeit nicht zu erörtern, der Angeklagte habe sein Verhalten als rechtmäßig angesehen und sich deshalb in einem Verbotsirrtum befunden.
22
3. Während die Schuldsprüche wegen Bankrotts – auch zur vertretbar vorgenommenen Bestimmung des Schuldumfangs – keinen Rechtsfehler aufweisen, kann die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt keinen Bestand haben. Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB setzt voraus, dass die Behörde, vor der diese Versicherung abgegeben wird, hierfür auch zuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit nicht nur auf die allgemeine Zuständigkeit der Behörde. Vielmehr muss die eidesstattliche Versicherung auch über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, und in dem Verfahren, zu dem sie eingereicht wird, abgegeben werden dürfen und darf rechtlich nicht wirkungslos sein (BGH StV 1985, 505). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, ist im Insolvenzverfahren die eidesstattliche Versicherung vom Schuldner zu Protokoll zu erklären (§ 98 Abs. 1 InsO). Diese Regelung gilt bereits im Eröffnungsverfahren (§ 20 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann die Erklärung nur in Person und mündlich abgeben. Diese eindeutige Rechtslage wird noch durch den Verweis in § 98 Abs.1 Satz 2 InsO auf § 478 ZPO unterstrichen, der die Eidesleistung von dem Eidespflichtigen in Person verlangt. Mithin muss also auch die Versicherung an Eides Statt vom Schuldner persönlich erfolgen. Eine schriftliche Erklärung genügt diesem Formerfordernis nicht. Sie ist damit rechtlich wirkungslos. Die vom Landgericht aufgeworfene (und bejahte) Frage, ob auch eine unaufgefordert abgegebene falsche Versicherung an Eides Statt eine Strafbarkeit nach § 156 StGB begründen kann, stellt sich somit nicht, weil im Rahmen des Verfahrens über die Insolvenzeröffnung eine schriftliche Erklärung als Grundlage für eine Versicherung an Eides Statt nicht genügt.
23
4. Der Strafausspruch kann dennoch bestehen bleiben.
24
a) Die rechtsfehlerhafte Annahme einer Strafbarkeit nach § 156 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt. Dieser Straftatbestand stand in Tateinheit zu einer mehraktigen Bankrotthandlung, die zu einer Verheimlichung von über 45.000 Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter geführt hat. Schon wegen des deutlich höheren Gewichts dieses Delikts und angesichts des Umstands, dass die, wenngleich nicht gesondert strafbare, Einreichung einer von einem Notar beurkundeten inhaltlich unrichtigen eidesstattlichen Versi- cherung ein allgemein strafschärfend zu wertendes Fehlverhalten war und das Landgericht die rechtsfehlerhaft angenommene idealkonkurrierende Tat wegen der unaufgeforderten Abgabe der Erklärung geringer gewichtet hat (UA S. 74), schließt der Senat sicher aus, dass die für die Tat verhängte maßvolle Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten von dem Fehler beeinflusst war.
25
b) Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei. Das Landgericht durfte die Tatwiederholung und die Gesamttatdauer ebenso strafschärfend werten wie den Gesamtumfang der Vergütungen, die an H. geflossen sind. Diese hätten nämlich – wie oben ausgeführt – dem Angeklagten S. zugestanden und sind deshalb der Gläubigergemeinschaft zunächst umfassend entzogen worden. Die Höhe der Summe kann mithin als verschuldete Auswirkung der Tat einen für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt bilden.

II.


26
Die Revision des Angeklagten R. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, allerdings unter weitgehender Aufrechterhaltung den Beschwerdeführer auch belastender Feststellungen.
27
1. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Ohne entsprechende Antragstellung von Seiten des Beschwerdeführers war das Landgericht nicht gedrängt, von diesem behaupteten, nicht realisierten Plänen über die im Vergleich zur durchgeführten Vertragsänderung andersartig gelagerte Einschaltung einer Anwaltskanzlei nachzugehen, die den Angeklagten S. anstellen und dann an seiner Stelle von der Stadt Dresden mit der Fluthilfekoordinierung betraut werden sollte.
28
2. Der Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB hält jedoch sachlich-rechtlich revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
29
a) Das Landgericht sieht den Pflichtverstoß des Angeklagten R. darin, dass er die Vergütung für den Angeklagten S. um das Dreifache erhöht habe, obwohl der Angeklagte S. auch für den ursprünglichen Betrag seine Dienstleistung hätte erbringen müssen und auch erbracht hätte. Damit habe der Angeklagte R. gegen das Sparsamkeitsgebot verstoßen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
30
aa) Das Landgericht kommt aufgrund einer rechtsfehlerhaften Auslegung zu der Annahme, dass der vom Angeklagten S. geschuldete Leistungsumfang durch die Vergütungserhöhung unberührt geblieben ist. Dem Tatrichter steht zwar bei der Auslegung von Verträgen ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Deshalb beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2004, 2248, 2250 m.w.N.).
31
Die Auslegung des Landgerichts lässt drei Gesichtspunkte außer Betracht und begegnet deshalb durchgreifenden Bedenken.
32
Das Landgericht stützt seine Wertung, der Leistungsumfang habe sich nicht geändert, darauf, dass der Angeklagte S. schon auf der Grundlage des alten Vertrages einen „Fulltimejob“ ausgeübt habe und fast rund um die Uhr tätig gewesen sei (UA S. 56). Dieser tatsächlich von dem Angeklagten S. erbrachte Einsatz belegt nicht zwingend den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das Landgericht hätte sich auch mit der nicht gänzlich fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Arbeitseinsatz des Angeklagten S. unter Umständen überobligatorisch erfolgte. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte weder einen werkvertraglichen Erfolg schuldete noch sein Tätigkeitsfeld über Stunden oder einen fest umrissenen Arbeitsanfall messbar war, hätte das Landgericht auch bedenken müssen, was Bezugsmaßstab für die Vergütung war. Da die dienstvertragliche Vergütung immer in einer Beziehung zum Umfang der Tätigkeit steht, beeinflusst die Vergütungshöhe naturgemäß auch die Bestimmung des zu erwartenden Aufwands. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Angeklagte S. seine Tätigkeit als „Flutkoordinator“ nach Weisung des Oberbürgermeisters zu erbringen hatte. Deshalb ist bei einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden interessenkonformen Auslegung die Vergütungshöhe als Maßstab für die Auslegung des geschuldeten Tätigkeitsumfangs heranzuziehen. Hilfsweise muss analog § 612 Abs. 2 BGB die Ortsüblichkeit eines entsprechenden synallagmatischen Verhältnisses zwischen Dienstverpflichtung und Vergütungshöhe ermittelt werden.
33
Bedenklich ist zudem die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte S. habe nicht mit der Kündigung des Altvertrags gedroht. Abgesehen davon, dass wegen der geringen Vergütung eine solche Kündigungsdrohung nahe lag und diese von zwei weiteren Zeugen bestätigt wurde, ist die Nichterwähnung dieses Umstandes in einem Gespräch des Angeklagten R. mit dem Zeugen B. allein keine tragfähige Grundlage, um eine solche Kündigungsdrohung auszuschließen. Dabei hätte zumindest dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen eine solche Information für die in diesem Gespräch abgehandelte Thematik gehabt hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das besagte Gespräch fünf Monate nach der erfolgten Erhöhung der Vergütung stattgefunden hat.
34
Insbesondere hat es das Landgericht unterlassen, sich mit der naheliegenden Variante ausdrücklich auseinanderzusetzen, dass die niedrige Dotierung beim ursprünglichen Vertragsabschluss der Erwartung geschuldet war, der Angeklagte S. werde für seine Gesamttätigkeit bei der Flutkoordinierung ergänzend über einen gut dotierten Beratervertrag des Generalübernehmers entlohnt werden und dass eine – für den Umfang seines Einsatzes angemessene – Erhöhung erst dann vereinbart wurde, als sich diese Erwartung im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zerschlagen hatte.
35
bb) Das Landgericht leitet die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB aus einem Verstoß gegen das kommunalrechtliche Sparsamkeitsgebot ab. Diese Auffassung ist selbst dann nicht frei von rechtlichen Bedenken, wenn man unterstellt, dass der Leistungsumfang der Dienstverpflichtung des Angeklagten S. sich durch den Vertrag mit erhöhter Vergütung nicht verändert hat. Der Sparsamkeitsgrundsatz (§ 72 Abs. 2 SächsGO), der ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich darstellt (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO), verpflichtet nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Das Sparsamkeitsgebot ist als rechtliche Steuerungsnorm dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeinsamen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahingehend zu bilden , solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH wistra 2005, 178, 180).
36
Das Sparsamkeitsgebot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Helm in Piduch, BHO 41. Lfg. § 7 Rdn. 1; v. Köckritz, BHO 36. Lfg. § 7 Rdn. 2.2). Beide bedingen einander, weil letztlich die wirtschaftlichste Lösung auch insgesamt gesehen die sparsamste ist. Deshalb ist es etwa bei Vergabeentscheidungen nach § 97 GWB anerkannt, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der Zuschlag dann nicht erfolgen kann, wenn das Angebot unangemessen niedrig ist (vgl. Wagner in Langen/Bunte, Kartellrecht 10. Aufl. § 97 GWB Rdn. 85).
37
Für die Entscheidung, welche Vergütungshöhe zu bezahlen ist (vgl. für Wirtschaftsunternehmen BGHSt 50, 331, 336), ist im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz , wonach Vergütungserhöhungen durch den Sparsamkeitsgrundsatz gehindert sind, wenn der Betreffende auch zu den ursprünglichen Bedingungen seine Leistung zu erbringen hat, kennt das deutsche Recht nicht. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum grundsätzlich nicht, soweit ihn keine öffentlich -rechtlichen Vorschriften begrenzen, wenn er eine angemessene Vergütung – unter Umständen auch in Abänderung eines bestehenden Vertrages zugunsten des bislang nicht angemessen entlohnten Beschäftigten – bezahlt. Dies gilt sogar, wenn der Vertragspartner aufgrund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden nur eine äußere Grenze. Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots gewählt wurde. Vielmehr können im Interesse einer effektiven und qualitativ befriedigenden Aufgabenerfüllung auch Gesichtspunkte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Verantwortungsbewusstsein , Fortbildungsbereitschaft oder innerbetriebliche Harmonie zulässige Gesichtspunkte für die Bemessung der Vergütung bilden. Regelmäßig liegt deshalb eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird.
38
cc) Die Annahme des Landgerichts, die getroffene Vergütungserhöhung , die auf der Grundlage des mit H. geschlossenen Vertrages erfolgt ist, sei sittenwidrig, unterliegt ebenso durchgreifenden Bedenken. Zwar trifft es zu, dass Vertragsgestaltungen, die darauf gerichtet sind, in der Insolvenz der Gläubigergemeinschaft Vermögenswerte zu entziehen , gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder auch sittenwidrig sein können. Nach den Urteilsfeststellungen liegt im gegebenen Fall jedoch nahe, dass die Einschaltung von H. lediglich zum Schein erfolgen sollte. Wie das Landgericht nämlich unter Würdigung der vorhandenen Beweismittel zutreffend dargelegt hatte, diente die Einschaltung von H. allein dazu, die aus der Dienstleistung vereinnahmten Gelder dem Angeklagten S. unter Umgehung des Insolvenzverwalters unmittel- bar zukommen zu lassen. Die dienstvertraglichen Pflichten sollte allein und ausschließlich der Angeklagte S. erfüllen. Diesem sollte letztlich wirtschaftlich auch das Entgelt zukommen. Eine primäre Verpflichtung von H. war dagegen nicht ernsthaft gewollt; vielmehr sollte sie lediglich die Adresse für die Vereinnahmung der Gelder liefern. Da eine dienstvertragliche Pflichtenstellung mit H. nach der Willensübereinstimmung der Parteien nicht angestrebt war, liegt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB vor (vgl. BAG NJW 1993, 2767).
39
Bei einem Scheingeschäft gelten dann nach § 117 Abs. 2 BGB die Regeln des verdeckten Geschäftes. Dieses war ein Dienstvertrag, wenn nicht sogar aufgrund des ausgeprägten Umfangs der Eingliederung des Angeklagten S. in die Stadtverwaltung Dresden ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag war weder nach § 134 BGB noch nach § 138 BGB nichtig. Solches ergibt sich schon zwangsläufig aus dem Schutzzweck, der darin besteht, dem Insolvenzverwalter die erarbeitete Vergütung auch zukommen zu lassen. Entfiele nämlich eine vertragliche Bindung und mithin eine Vergütungspflicht, liefe dies darauf hinaus, dass die zu schützende Gläubigergemeinschaft gleichfalls keinen Anspruch hätte.
40
b) In Betracht kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Untreue, weil der Angeklagte R. die Auszahlungen als „sachlich richtig“ zeichnete und so die Auszahlungen an H. veranlasste. Bestand das eigentliche Leistungsverhältnis zwischen der Stadt Dresden und dem Angeklagten S. als Person, war der Angeklagte S. als wirklicher Vertragspartner auch Gläubiger der Vergütungsansprüche hieraus. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren die Leistungen dann gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen. Den Auszahlungen an H. fehlte deshalb der rechtfertigende Grund. Infolge des gegen den Angeklagten S. eröffneten Insolvenzverfahrens hatten die Zahlungen an H. keine befreiende Wirkung, weil der Angeklagte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannte (§ 82 InsO).
41
Diese unter Missachtung des laufenden Insolvenzverfahrens veranlassten Zahlungen an H. waren pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB. Da sie nicht zu einem Erlöschen der Verbindlichkeiten der Stadt Dresden aus dem Dienstvertrag mit dem Angeklagten S. führten, war die Stadt um diesen Betrag geschädigt. Dies begründet einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB.
42
Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB würde jedoch voraussetzen , dass der Angeklagte R. insoweit vorsätzlich gehandelt hat. Zwar kannte er alle zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Dies reicht jedoch für die Vorsatzfeststellung nicht aus. Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend hätte erfassen müssen. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1).


43
Die subjektive Tatseite bedarf mithin neuer tatrichterlicher Aufklärung. Dabei reicht es nicht aus, allein auf ein Unrechtsbewusstsein des Angeklagten R. im Blick auf die Verheimlichung der Vergütungen gegenüber dem Insolvenzverwalter abzustellen. Dies schließt nämlich nicht zwangsläufig mit ein, dass er ebenso gegenüber der Stadt Dresden, zu der er als Oberbürgermeister in einem Treueverhältnis stand, eine Vermögensschädigung billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 157; 48, 331, 346). Er muss erkannt haben, dass die mit H. geschlossene Vereinbarung als eine mit dem Angeklagten S. getroffene anzusehen ist und dass Zahlungen an sie keine schuldbefreiende Wirkung haben konnten, zumindest aber damit gerechnet haben, dass die Stadt Dresden sich durch die entsprechenden Zahlungen einer Haftung gegenüber S. s Gläubigern oder dem Konkursverwalter aussetzt. Nur wenn der Angeklagte R. diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat, kann von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Dies ist bislang nicht – auch nicht etwa durch die Annahme seiner Kenntnis von einer Nichtigkeit des Vertrages – inzident vom Landgericht mitgeprüft worden und versteht sich als Ergebnis einer entsprechenden tatgerichtlichen Prüfung nicht ohne weiteres von selbst.
44
c) Gleichfalls neuer tatrichterlicher Prüfung bedarf als möglicherweise weiterer eine Untreue begründender Aspekt der Gesichtspunkt der Subventionierung durch das Regierungspräsidium, das endgültig im Juli 2004, nachdem die ersten Auszahlungen der höheren Vergütung an S. bereits erfolgt waren, für den Fall der Vertragsänderung mit höherer Entlohnung des Angeklagten S. eine Einstellung von deren 90-prozentiger Subventionierung sicher angekündigt hatte. Das Landgericht würdigt mögliche Auszahlungen des Subventionsgebers ersichtlich allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Zahlungen bei der für die Nachteilsbestimmung vorzunehmenden Gesamtsaldierung den anzusetzenden Schaden ganz oder teilweise entfallen lassen könnten. Dies ist rechtlich im Ansatz bedenkenfrei (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55), wobei es jedoch nicht auf das tatsächliche Verhalten des Regierungspräsidiums als des Subventionsgebers ankommt, sondern darauf, ob ein Anspruch auf Subventionierung bestanden hätte. Hierzu fehlen Feststellungen, zumal die Grundlagen der Subventionierung nicht näher dargelegt sind. Anknüpfungspunkt für die nunmehr zu treffenden Feststellungen muss der damals bestehende Rechtszustand sein, einschließlich der die Subventionierung regelnden untergesetzlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, soweit diese rechtmäßig sind.
45
Es liegt allerdings nahe, dass das Verhalten des Angeklagten R. gegenüber dem Regierungspräsidium als dem Subventionsgeber pflichtwidrig war, schon weil der Angeklagte R. das Regierungspräsidium nicht vollständig informiert hat. Im Zusammenhang mit der Subventionierung könnte ihm ein Untreuevorwurf jedoch nur gemacht werden, wenn er vorsätzlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte, Subventionszahlungen für den Stadthaushalt zu erlangen. Dies setzt voraus, dass – sofern die Verweigerung der Subventionierung der weiteren Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt rechtmäßig bzw. nicht nur auf einen rein formalen oder behebbaren Mangel zurückzuführen gewesen sein sollte – eine Möglichkeit bestanden hätte, die Funktionen, die der Angeklagte S. ausgeübt hat, anderen ebenfalls geeigneten Personen zu übertragen und hierfür Subventionen zu erlangen. Der Angeklagte R. könnte daher eine Untreue auch begangen haben, indem er – unsubventioniert – den Angeklagten S. für höheres Entgelt beschäftigte, anstatt eine Lösung gewählt zu haben, die im Rahmen der Hochwasserschadensabwicklung eine Subventionierung ermöglicht hätte.
46
d) Die neue tatrichterliche Prüfung kann dabei auch die vorgelagerte Frage umfassen, ob eine Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt erforderlich war oder die Hochwasserschadensabwicklung durch den vorhandenen Personalbestand der Stadtverwaltung hätte abgewickelt werden können. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte – wobei dem Angeklagten R. ein weiter Ermessensspielraum zukam –, wäre zu prüfen, ob der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung etwa unter Verletzung von Beteiligungsvorschriften insbesondere für kommunale Stellen erfolgt ist.
47
Ergäbe die insoweit vorzunehmende Prüfung eine Pflichtwidrigkeit des Angeklagten R. , käme eine Strafbarkeit wegen Untreue dennoch nur dann in Betracht, wenn die Stadt Dresden auch tatsächlich geschädigt wäre. Insoweit finden die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N.) Anwendung, weil auch hier eine Fallgestaltung vorliegt, bei der es um die Schädigung des haushaltsrechtlich gebundenen Vermögens eines öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts geht. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß eine Untreue. Vielmehr muss tatsächlich ein Vermögensnachteil entstanden sein (vgl. auch BGH wistra 2006, 307,

308).


48
e) Die bislang getroffenen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Vertragsgestaltungen, -abschlüsse und -änderungen, zu begleitenden Besprechungen sowie zu S. s Leistungen und zu den erfolgten Zahlungen sind rechtsfehlerfrei und bedürfen keiner Aufhebung. Auf ihrer Grundlage, gegebenenfalls unter Heranziehung diesen Feststellungen nicht widersprechender ergänzender Feststellungen, insbesondere zur Auslegung der vorgenannten Verträge, wird die Frage der Pflichtwidrigkeit vom neuen Tatgericht zu prüfen sein und werden neue Feststellungen zu einem möglichen Untreuevorsatz zu treffen sein. Bei einer erneuten Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue bedürfte es je nach der konkreten Fallgestaltung einer neuen tatrichterlichen Bestimmung des Schuldumfangs als Grundlage für den Strafausspruch.
49
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Untreue lässt auch die hierzu in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott entfallen.
50
a) Allerdings bestehen an sich gegen die Annahme dieses Straftatbestands keine Bedenken. Die vertragliche Konstruktion über die Beauftragung der H. , die der Angeklagte R. als Vertreter der Stadt Dresden mitgetragen hat, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB, weil sie darauf angelegt war, die hieraus erhaltenen Vergütungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Das hat das Landgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt. Die vom Angeklagten R. insoweit geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen sind unbegründet. Die Einlassung des Angeklagten R. ist in wesentlichen Grundzügen mitgeteilt worden. Aufgrund der Gesamtumstände hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß bei ihm den Vorsatz bejaht. Die Ausführungen der Revision hierzu erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
51
b) Gleichwohl kann der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben (§ 353 Abs. 1 StPO). Da das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend die im Vertragsschluss liegende Untreue und die hierin auch zu sehende Beihilfehandlung zum Bankrott als tateinheitliche Begehung gewertet hat, konnte der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott nicht gesondert aufrecht erhalten bleiben. Bei Tateinheit steht nämlich die Einheitlichkeit einer Tat der Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 353 Rdn. 7a). Allerdings bleiben sämtliche diesen Schuldspruch tragende Feststellungen aufrechterhalten. Erfolgt keine Verurteilung wegen der tateinheitlich angeklagten Untreue, wäre der Angeklagte R. ohne weiteres allein auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erneut wegen Beihilfe zum Bankrott zu bestrafen.

III.


52
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme richtet, ist unbegründet.
53
1. Die Anklage legt dem Angeklagten R. zur Last, dass er vom Zeugen N. den Abschluss eines Beratervertrages zwischen der G. und dem Angeklagten S. als Gegenleistung für den Generalübernehmervertrag mit der Stadt Dresden verlangt habe. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft eine Vorteilsannahme des Angeklagten R. .
54
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. gegenüber dem Zeugen N. geäußert hat, er wünsche, dass der Angeklagte S. als Koordinator gegenüber der Stadt Dresden eingesetzt werde, sollte es zum Vertragsschluss zwischen der G. und der Stadt Dresden kommen. Hieraus hat das Landgericht zwar geschlossen, dass der Zeuge den Eindruck gewinnen durfte, der Angeklagte R. fordere die Be- schäftigung des Angeklagten S. als Gegenleistung für den Vertragsabschluss. Das Landgericht hat sich jedoch nicht davon zu überzeugen vermocht , dass der Angeklagte R. erkannt hat, sein Wunsch nach einer Beschäftigung S. s könnte in einem Bedingungszusammenhang mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrags gestanden haben.
55
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand.
56
a) Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH wistra 2005, 304, 305; NStZ 2002, 48 m.w.N.).
57
b) Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht auf.
58
aa) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stehen die Zweifel des Landgerichts am Vorsatz des Angeklagten im Einklang mit den getroffenen Feststellungen. Dass das Landgericht dabei seine Zweifel an einer konkreten Tatsache festmacht oder sie gerade aus ihr herleitet, ist aus Rechtsgründen nicht geboten. Vielmehr ist der Tatrichter gehalten, aus dem Gesamtzusammenhang der von ihm objektiv festgestellten Tatsachen Schlüsse auf die Willensrichtung des Angeklagten zu ziehen. Ein solcher Schluss ist rechtsfehlerfrei, wenn er möglich und jedenfalls vertretbar erscheint , also die richterliche Überzeugungsbildung nicht überspannt wird. Dies ist hier der Fall.
59
bb) Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob dieser Erklärung schon der vom Landgericht beigemessene Erklärungswert zukommt, dass der vom Angeklagten R. geäußerte Wunsch, dem Angeklagten S.
einen Beratervertrag einzuräumen, als Bedingung für die Beauftragung der G. angesehen werden konnte. Insoweit ist diese Auslegung nicht unmittelbar durch Tatsachen belegt. Nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen mitgeteilten Aussage des Zeugen N. hat der Angeklagte seinen Wunsch so formuliert, dass S. den Beratervertrag erhalten sollte, sofern es zum Vertragsschluss komme. Der Angeklagte R. hat nach den Urteilsfeststellungen weder vorab einen Beratervertrag für S. verlangt, noch lässt sich dieser Erklärung ihrem Wortsinn nach ein Bedingungszusammenhang entnehmen. Der Zeuge N. hat dies ausweislich der Urteilsfeststellungen auch nicht so verstanden. Wenn schon der Erklärungswert der Aussage nicht zwingend war, dann gibt dies auf der subjektiven Ebene einen umso größeren Spielraum für die Auslegung. Je weniger eindeutig sich die Gesprächssituation konkretisieren lässt, desto größere Zweifel können auch entstehen, wie der Angeklagte R. seine eigene Erklärung verstanden wissen wollte.
60
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt die Auslegung des Landgerichts auch nicht etwa ein mit den Sprach- und Denkgesetzen unvereinbares Ergebnis dar, das einen revisiblen Rechtsverstoß begründen könnte. Der Generalbundesanwalt will dabei entscheidend darauf abheben , dass der Angeklagte R. von „sich“ gesprochen habe und damit nicht die „Stadt Dresden“ gemeint haben könnte. Es entspricht aber der Lebenswirklichkeit , dass der Vertreter, bei Erklärungen für den Interessenkreis des Vertretenen auf die für jedermann offensichtliche Hervorhebung seiner Vertreterstellung verzichtet.
61
cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Auslegung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte. Das Landgericht hat sowohl die Interessenlage des Angeklagten, der S. auch als persönlichen Berater nicht verlieren wollte, als auch die besonderen Schwierigkeiten , die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten S. ergeben , gesehen und ersichtlich in die Würdigung der subjektiven Tatseite beim Angeklagten R. einbezogen. Namentlich angesichts der eigenen Verstrickung des Angeklagten S. in gleichem Zusammenhang und des engen Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden Angeklagten erscheint eine abweichende Beurteilung der Frage, ob hinreichende Tatsachen auch für eine strafbare korruptive Verstrickung des Angeklagten R. vorlagen , nicht fernliegend. Dies reicht indes nicht aus, einen Rechtsfehler für die noch vertretbare Auffassung des Landgerichts zu begründen.
62
4. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung nach § 331 StGB ausgegangen. Es trifft allerdings zu, dass nach der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) erfolgten Neufassung des § 331 StGB eine Ausdehnung der Strafbarkeit insoweit eingetreten ist, als kein Zusammenhang mehr zwischen dem Vorteil und einer bestimmten Dienstausübung vorhanden sein muss. Es reicht aus, wenn der Amtsträger den Vorteil für irgendeine dienstliche Tätigkeit verlangt. Damit soll einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden, mit dem ein böser Schein möglicher Käuflichkeit erweckt wird (BGHR StGB § 331 Unrechtsvereinbarung

2).


63
Diese Gesetzeslage hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt. Abgesehen davon, dass als mögliche Diensthandlung hier allein der Vertragsschluss mit der G. in Betracht kam, hat das Landgericht angenommen , der Angeklagte R. habe subjektiv eine solche Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung weder erkannt noch gewollt. Wenn dem Angeklagten nicht bewusst geworden ist, dass diese Erklärung so verstanden werden könnte, dann fehlte ihm zwangsläufig auch das Bewusstsein, den bösen Schein möglicher Käuflichkeit hervorzurufen. Solches ist aber erforderlich , weil auch im Rahmen des Tatbestands des § 331 StGB der Angeklagte diesen Zusammenhang erkennen oder mindestens billigend in Kauf nehmen muss (BGHSt 49, 275, 296). Dies hat das Landgericht aber gerade rechtsfehlerfrei verneint.
Basdorf Gerhardt Raum Schaal Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 440/15
vom
24. Mai 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________
Zur (Haushalts-)Untreue durch Zubilligung von Erfahrungsstufen bei Einstellung als
Tarifbeschäftigte(r) im Öffentlichen Dienst.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 – 4 StR 440/15 – LG Halle (Saale)
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
ECLI:DE:BGH:2016:240516U4STR440.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Verhandlung am 17. März 2016 und in der Sitzung vom 24. Mai 2016, an der teilgenommen haben :
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Mutzbauer, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 9. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten, den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt H. , vom Vorwurf der Untreue zum Nachteil des Vermögens der Stadt im Zusammenhang mit der Einstellung von drei städtischen Bediensteten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat Erfolg.

I.


3
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage legte dem Angeklagten zur Last, er habe am Tage seines Dienstantritts als neu gewählter Oberbürgermeister, am 1. Dezember 2012, mit drei von ihm ausgesuch- ten und ihm genehmen Personen, die ihn bereits in der Vergangenheit bei seiner kommunalpolitischen Arbeit unterstützt hatten und denen er deshalb im besonderen Maße vertraute, unter anderem unter Umgehung geltender Vorschriften über die Ausschreibung derartiger Dienstposten Arbeitsverträge mit einer gemessen an ihrer jeweiligen Qualifikation zu hohen tariflichen Einstufung abgeschlossen. Durch die pflichtwidrige, nämlich unter Verstoß gegen § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommene Zuordnung der drei Beschäftigten zur fünften der jeweils sechs zur Verfügung stehenden Erfahrungsstufen der jeweiligen Entgeltgruppe sei der Stadt H. ein vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommener Gefährdungsschaden in Höhe von ca. 290.000 Euro entstanden.
4
2. Das Landgericht hat dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
5
Im Vorfeld der Übernahme seines Amtes bemühte sich der Angeklagte unter den Beschäftigten der Stadtverwaltung erfolglos um die Gewinnung von Personen für die Besetzung von drei im Haushaltsplan der Stadt ausgebrachten Stellen. Er wollte diese Positionen mit vertrauenswürdigen Mitarbeitern besetzen , die ihn bei der Umsetzung seiner politischen Vorhaben während seiner Amtszeit wirkungsvoll und loyal unterstützen würden, und sah die zügige Besetzung dieser Stellen deshalb als dringlich an. Ihm war bekannt, dass er bei einem Zugriff auf externe Kandidaten allenfalls hinsichtlich der Stelle des Büroleiters des Oberbürgermeisters auf eine förmliche Ausschreibung würde verzichten können. Gleichwohl setzte er das Einstellungsverfahren mit dem Ziel der Besetzung der Stellen mit den Zeuginnen E. und W. sowie mit dem Zeugen P. , die Tätigkeiten außerhalb der Verwaltung der StadtH. ausübten und die zur Übernahme der Stellen bereit waren, ohne eine förmliche Ausschreibung in Gang. Alle drei Personen hatten ihn im Vorfeld seiner Wahl zum Oberbürgermeister unterstützt, die Zeugin E. war für den Angeklagten darüber hinaus wegen ihrer vorangegangenen Tätigkeit als seine persönliche Referentin in seiner Zeit als Beigeordneter in H. eine „gesetzte Mitarbeiterin“. Den Personalrat beteiligte er weder bei der Einstellung der genannten Mitarbeiter noch bei deren konkreter Eingruppierung in die Erfahrungsstufen der den Zeugen zustehenden Entgeltgruppen, da er aufgrund zuvor geführter Gespräche mit Vertretern des Personalrates sowie Mitgliedern des Personalamtes Widerstände gegen die von ihm beabsichtigte Stellenbesetzung befürchtete und weitere Diskussionen über seine Entscheidungen und das Auswahlverfahren nicht aufkommen lassen wollte. Er veranlasste ferner, dass dem Personalamt der Stadt erst zwei Wochen vor dem beabsichtigten Einstellungstermin Bewerbungsunterlagen der drei von ihm ausgewählten Zeugen übermittelt wurden; diese Unterlagen waren zudem unzureichend.
6
Mit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2012 schloss er sodann die auf seine Amtszeit befristeten Arbeitsverträge mit der Zeugin E. als seiner Büroleiterin (Entgeltgruppe 15 TVöD VKA), dem Zeugen P. als Referent für strategische Grundsatzfragen (Entgeltgruppe 14 TVöD VKA) und der Zeugin W. als Referentin und wissenschaftliche Sachbearbeiterin für Sicherheit und Ordnung (Entgeltgruppe 13 TVöD VKA). Die Unterzeichnung der von ihm selbst erstellten Vertragsurkunden erfolgte in Anwesenheit der drei Zeugen in seinem Büro. Um befürchtete Widerstände seitens des Personalamtes gegen eine zu hohe Zubilligung von Erfahrungsstufen gar nicht erst aufkommen zu lassen, machte er die jeweils gewährte Erfahrungsstufe 5 in den von ihm eigenhändig unterschriebenen Arbeitsverträgen zum Vertragsbestandteil. Die hausinterne Organisationsverfügung, wonach die Erfahrungsstufe bei Neueinstellungen vom Personalamt gesondert festzulegen war, hatte er zuvor durch eine Dienstanweisung aufgehoben. Alle drei Zeugen verbesserten sich durch die ihnen gewährte Entgeltgruppe mit der jeweiligen Erfahrungsstufe 5 finanziell teilweise deutlich gegenüber ihren bisherigen Tätigkeiten. So war etwa die Vergütung der Zeugin E. während ihrer auf ein Jahr befristeten Beschäftigung bei der Stadt H. als persönliche Referentin des Angeklagten in seiner Eigenschaft als Beigeordneter in der Entgeltgruppe 13 mit der Erfahrungsstufe 1 erfolgt. Auch hatte keine der drei genannten Personen die Erfahrungsstufe 5 bei den Verhandlungen zum Abschluss der jeweiligen Arbeitsverträge gefordert. Der Zeuge P. hatte vorab lediglich darauf hingewiesen, dass er sich erst ab Erfahrungsstufe 4 finanziell nicht gegenüber seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit schlechter stellen würde und die Zubilligung dieser Erfahrungsstufe für ihn ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Abschluss des Arbeitsvertrages wäre. Dass die drei Zeugen ihre Tätigkeit alle auch unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 4 ausgeübt hätten, war dem Angeklagten bewusst. Mit der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 verfolgte der Angeklagte unter anderem das Ziel, den Zeugen entgegenzukommen, um sie künftig an sich zu binden , und sie gleichzeitig für die im Wahlkampf geleistete Unterstützung zu belohnen. Nach der in der Verwaltung der Stadt H. geübten Verwaltungspraxis wurde bei zeitlich befristeten Verträgen im Regelfall allenfalls die Erfahrungsstufe 3 als höchste Stufenzuordnung vergeben. Gleichwohl machte der Angeklagte seine Beweggründe für die höhere Einstufung nicht aktenkundig.
7
Erst mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 unterbreitete der Angeklagte ohne nähere Begründung die vorgenommenen Einstellungen mit der dazugehörigen Stufenzuordnung dem Personalrat, der der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 umgehend widersprach, da er die erforderlichen Nachweise für diese Zuordnung in keinem der drei Fälle als erbracht ansah. Eine Einigung über die Einstufung der drei Zeugen zwischen dem Angeklagten und dem Personalrat kam auch in der Folgezeit nicht zustande. Letztlich setzte sich der Angeklagte, der die Probezeit der drei neu eingestellten Mitarbeiter mit Wirkung zum 30. April 2013 vorzeitig für beendet erklärt hatte, mit der Abgabe einer sog. qualifizierten Begründung nach § 62 Abs. 7 Satz 2 PersVG des Landes SachsenAnhalt , die in seinem Auftrag eine Rechtsanwältin, die Zeugin K. , unter dem 30. Mai 2013 vorbereitete, über die Einwände des Personalrates hinweg, sodass es bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 bei allen drei Zeugen verblieb.
8
3. Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Untreue im Sinne von § 266 StGB in Form der sogenannten Haushaltsuntreue komme nur in Fällen evidenter Pflichtverletzungen in Betracht, also dann, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt werde. Eine danach erforderliche gravierende Pflichtverletzung habe dem Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden können. Bei der Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter in Erfahrungsstufe 5 habe der Angeklagte in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt; insbesondere seien alle drei Einstellungen zur Deckung des Personalbedarfs im Sinne dieser Vorschrift erfolgt. Danach sei der Angeklagte befugt gewesen, Zeiten einer vorherigen Beschäftigung für die Frage der Ein- stufung zu berücksichtigen, wenn diese für die vorgesehene Tätigkeit bloß „förderlich“ gewesen seien. Bei der Beurteilung der Förderlichkeit im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) sei ihm ein weitgehendes Ermessen eingeräumt , welche Vorbeschäftigungen er als förderlich ansehe und in welchem Maße er diese für die Einstufung heranziehe. Diesen Ermessensspielraum habe der Angeklagte im vorliegenden Fall weder grob verkannt noch bewusst um- gangen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es zwar durchaus möglich , wenn nicht sogar naheliegend, dass sich der Angeklagte bei seiner Entscheidung über die Einstufung der drei Mitarbeiter möglicherweise auch von sachfremden Motiven habe beeinflussen lassen. Unter Weglassung sachfremder Kriterien hätte allen drei Personen eine Vergütung nach der Erfahrungsstufe 4 gewährt werden können. Es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass sachfremde Motive allein oder ganz wesentlich die Grundlage der Entscheidung des Angeklagten gebildet hätten. Vielmehr habe er seine Entscheidung im Wesentlichen anhand sachlicher Kriterien getroffen, die zwar im Einzelfall möglicherweise nicht ermessensfehlerfrei berücksichtigt worden seien, aber keinesfalls gravierende oder gar willkürlich erscheinende Fehler darstellten.

II.


9
Die Begründung des Landgerichts für den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Untreue im Sinne von § 266 Abs. 1 Fall 2 StGB zum Nachteil der Stadt H. nur in Betracht kommt, wenn er eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Zu Recht hat es eine derartige Treuepflicht im vorliegenden Fall aus der Stellung des Angeklagten als (hauptamtlicher) Oberbürgermeister im Sinne von § 63 Abs. 1 GO LSA in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vom 10. August 2009 (GVBl. LSA 2009, 383) gefolgert. Danach oblag es ihm, die Haushaltswirtschaft u.a. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 90 Abs. 2 GO LSA aF) zu führen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 3209, 3217, Tz. 128). Konkretisiert wurde dies zum Tatzeitpunkt u.a. auch durch die Verwaltungsvorschrift des Landes Sachsen-Anhalt zu § 7 LHO LSA, wonach das Sparsamkeitsprinzip bei allen ausgabenwirksamen Maßnahmen zu beachten war (Nr. 1 VV zu § 7 LHO LSA, RdErl. des FM v. 1. Februar 2000 – 21 – 04003/2).
11
b) Der Sparsamkeitsgrundsatz, wonach der Staat nichts „verschenken“ darf, stellt ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich dar, das von allen Trägern hoheitlicher Gewalt unabhängig davon zu beachten ist, auf welcher Grundlage sie tätig werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 – 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83; vom 26. April 2006 – 2 StR 515/05, NStZ-RR 2006, 307, und vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 81 f. mwN, z. Veröff. in BGHSt best.; vgl. auch Krell, Untreue durch Stellenbesetzungen, 2015, S. 69 mwN). Als rechtliche Steuerungsnorm ist er dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum aller Hoheitsträger dahingehend zu bilden, solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH, Urteile vom 9. Dezember 2004 und vom 29. August 2007, jeweils aaO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, Tz. 82 a.E.).
12
Er verpflichtet indes nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Daher ist auch für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz, wonach er der Zubilligung einer höheren Vergütung dann entgegensteht, wenn der Betreffende seine Leistung auch zu anderen, günstigeren Bedingungen erbracht hätte oder erbringen muss, kennt das deutsche Recht nicht (BGH, Urteil vom 29. August 2007 aaO). Daher überschreitet der zur Entscheidung Berufene auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung, soweit ihn öffentlich-rechtliche Vorschriften insoweit nicht begrenzen, seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung zahlt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Vertragspartner auf Grund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden insoweit lediglich eine äußere Grenze (BGH aaO).
13
2. Eine solche Vorschrift, die hier den Entscheidungsspielraum des Angeklagten über die Eingruppierung der bei seinem Amtsantritt eingestellten drei Beschäftigten begrenzte, ist – was das Landgericht im Ansatz ebenfalls zutreffend erkannt hat – § 16 TVöD (VKA). Denn diese Vorschrift trifft eine für die Höhe der Vergütung von Tarifbeschäftigten relevante Regelung. Indem sie die Eingruppierung in verschiedene Erfahrungsstufen im Sinne eines RegelAusnahme -Verhältnisses vom Vorliegen jeweils unterschiedlicher Tatbestandsvoraussetzungen abhängig macht, dient sie zunächst, wie jede Vergütungsbestimmung in einem Tarifvertrag, der Vergütungsgerechtigkeit durch Schaffung eines objektivierten Gefüges (Wiedemann, Tarifvertragsgesetz, 7. Aufl., Einl. Rn. 7 unter Hinweis auf BAG, Urteil vom 24. März 2004 – 5 AZR 303/03, BAGE 110, 79, Tz. 44 mwN). Der in Bund und Kommunen am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene TVöD sowie der TV-L für den Bereich der Länder vom 1. November 2006 hatten indes auch zum Ziel, die Entgeltsysteme im öffentlichen Dienst unter Betonung leistungsorientierter Kriterien zu flexibilisieren (vgl. dazu Winter in: Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, 3. Aufl., § 1, Rn. 401, 404). Ermöglicht es aber eine tarifvertragliche Bestimmung – wie hier § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) – dem öffentlichen Arbeitgeber, diesem Gesichtspunkt bei der Eingrup- pierung eines Tarifbeschäftigten Rechnung zu tragen, ist er bei seiner auf diese Vorschrift gestützten Entscheidung seinerseits zur Einhaltung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet (BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 20 zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L).
14
3. Die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe bei der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für die drei eingestellten Mitarbeiter in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) gehandelt, lässt indes nicht nur besorgen, dass sie den Regelungsgehalt dieser tarifrechtlichen Bestimmung verkannt hat, sondern auch, dass sich dieser rechtlich fehlerhafte Ausgangspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob der Angeklagte den drei Beschäftigten jeweils eine sachlich nicht gerechtfertigte, unangemessene Vergütung gewährt und damit im Sinne von § 266 StGB pflichtwidrig gehandelt hat, zu seinem Vorteil ausgewirkt hat.
15
a) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD (VKA) werden Beschäftigte ohne einschlägige Berufserfahrung der Erfahrungsstufe 1 zugeordnet, verfügen sie über einschlägige Berufserfahrungen unter den in Satz 2 näher bestimmten Voraussetzungen , erfolgt eine Zuordnung maximal in die dritte Erfahrungsstufe. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber nach der hier entscheidungserheblichen Bestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
16
b) Schon die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe die hier in Rede stehenden Einstellungen in Erfahrungsstufe 5 „zur Deckung des Per- sonalbedarfs“ im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) vorgenommen, be- gegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
17
aa) Nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) reine Rechtsanwendung. Bei den Merkmalen der bezweckten Deckung eines Personalbedarfs – ebenso wie bei der Bewertung der Förderlichkeit einer vorherigen beruflichen Tätigkeit – handelt es sich daher um eine Tatbestandsvoraussetzung. Erst wenn diese beiden einschränkenden Voraussetzungen objektiv erfüllt sind, wird dem Arbeitgeber auf der Rechtsfolgenseite Ermessen eröffnet (vgl. nur BAG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217 mwN zur gleichlautenden Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L). Das Tatbestands- merkmal „zurDeckung des Personalbedarfs“ ist nur dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal für die Besetzung einer bestimmten Stelle hat (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008 – 6 AZR 498/07, ZTR 2008, 547, Tz. 29). Dies liegt etwa auch dann vor, wenn die für eine Stelle in Aussicht genommene Person nicht bereit ist, diese ohne Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe anzutreten (vgl. LAG Baden-Württemberg , Urteil vom 21. März 2011 – 22 Sa 76/10, ZTR 2011, 426, Tz. 102).
18
bb) Bereits daran fehlt es hier nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen.
19
Das Landgericht hat eine derartige Schwierigkeit, Personen für die Besetzung der drei im Haushaltsplan vorhandenen Stellen zu gewinnen, gerade nicht festgestellt. Zwar waren die Bemühungen des Angeklagten zur Gewinnung von Kandidaten für die Stellen aus dem Kreis der bei der Stadt H. Beschäftigten erfolglos. Mit den Zeuginnen E. und W. sowie dem Zeugen P. standen indes Anwärter für die Stellen zur Verfügung; deren Einstellung sollte auch erfolgen. Auch hatte nur einer von ihnen, der Zeuge P. , die Zubilligung einer bestimmten Erfahrungsstufe – Stufe 4 – als Bedingung für den Abschluss des Arbeitsvertrages konkret gefordert. Damit war bereits die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) unter Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 nach den Feststellungen nicht gegeben.
20
c) Ungeachtet dessen hält auch die weitere Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 vornehmen können, da alle drei Beschäftigten in der Vergangenheit berufliche Tätigkeiten ausgeübt hätten, die im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) für die vorgesehenen Tätigkeiten „förderlich“ seien, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
21
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen als förderliche vorherige berufliche Tätigkeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten in Betracht, die der Arbeitnehmer bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat. Förderlichkeit kann insbesondere anzunehmen sein, wenn die frühere berufliche Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und die dabei erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind. Auch eine selbstständige Tätigkeit kann danach eine förderliche berufliche Tätigkeit sein (vgl. zu alledem BAG, Urteile vom 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12, BAGE 148, 217, Tz. 30; vom 19. Dezember 2013 – 6 AZR 94/12, Tz. 58, und vom 21. November 2013 – 6 AZR 23/12, ZTR 2014, 148, Tz. 53).

22
bb) Gemessen daran wird die dahingehende Annahme des Landgerichts, die sich letztlich nur auf die ungeprüft übernommene Einlassung des Angeklagten und die von ihm veranlasste sog. qualifizierte Begründung im Rahmen des personalvertretungsrechtlichen Einigungsverfahrens stützt, nicht hinreichend belegt. Nach den getroffenen Feststellungen versteht sich dies im Hinblick auf alle drei betroffenen Personen auch nicht von selbst. Es kommt hinzu, dass das Landgericht nicht ausschließbar die Auffassung vertreten hat, dem Angeklagten stünde bereits bei der Bejahung des Merkmals der Förderlichkeit ein „weitge- hendes“ Ermessen zu. Dies trifft jedoch, wie oben näher ausgeführt,nicht zu, weil es sich insoweit um reine Rechtsanwendung auf der Tatbestandsseite von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) handelt.
23
Danach beruht der Freispruch des Angeklagten in entscheidungserheblichen Punkten auf der rechtlich unzutreffenden Bewertung derjenigen Tatbestandsmerkmale von § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA), die dem Angeklagten erst die Möglichkeit eröffneten, über die Eingruppierung der drei Beschäftigten in einer über der Stufe 3 liegenden Erfahrungsstufe zu befinden.
24
4. Der Freispruch des Angeklagten erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
25
Tragfähige Feststellungen zu einem der Stadt H. als Anstellungskörperschaft möglicherweise entstandenen Vermögensschaden hat das Landgericht, da es bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung verneint hat, nicht getroffen. Der Senat vermag dem angefochtenen Urteil schon im Hinblick auf die Erwägungen zu dem durch die Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 not- wendig gewordenen erhöhten Mittelabfluss aus dem Haushalt der Stadt H. nicht zu entnehmen, dass ein solcher Schaden unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entstanden sein kann.

III.


26
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
27
1. Sollte der neue Tatrichter im Hinblick auf die Begleitumstände der Zubilligung der Erfahrungsstufe 5 für alle drei Beschäftigten zu Feststellungen gelangen , die denen des angefochtenen Urteils entsprechen, wird er in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten haben, ob diese die Annahme einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB stützen können oder jedenfalls für die Beurteilung der subjektiven Tatseite von Bedeutung sind. Dabei wird gegebenenfalls in den Blick zu nehmen sein, dass der Angeklagte bestehende Ausschreibungsvorschriften nicht beachtete, die für die Einstufung maßgeblichen Gründe nicht dokumentierte, ferner die verspätete Zuleitung unvollständiger Bewerbungsunterlagen an das Personalamt der Stadt, die Nichtbeteiligung des Personalrats, die vorfristige Verkürzung der vorgesehenen Probezeiten und der Umstand, dass der Angeklagte – nach den Feststellungen in Abweichung von der üblichen Verfahrensweise – die Zubilligung der Erfahrungsstufe unmittelbar in den Arbeitsverträgen festschrieb.
28
2. Bei der Berechnung eines der Stadt H. möglicherweise entstandenen Vermögensschadens wird Folgendes zu bedenken sein:
29
Maßgeblich für die Feststellung eines derartigen Schadens ist ein Vergleich des Vermögensstandes der Stadtverwaltung vor dem Abschluss der drei Arbeitsverträge mit dem Vermögensstand danach. Danach könnte jedenfalls die Feststellung eines Mindestschadens in Höhe der Differenzbeträge zwischen einer möglicherweise maximal zu bewilligenden Erfahrungsstufe 4 und der tatsächlich bewilligten Stufe 5 sowie der dadurch letztlich veranlasste Mittelabfluss aus dem Haushalt in Betracht zu ziehen sein. Im Übrigen verweist der Senat auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schadensberechnung in derartigen Fällen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Mai 1962 – 4 StR 71/62, BGHSt 17, 254, 256).

IV.


30
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an die Wirtschaftsstrafkammer eines anderen Landgerichts zurückzuverweisen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin
5 StR 103/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 29. August 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Bestechlichkeit u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. August
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof ,
Richterin
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt W. ,
alsVerteidigerfürden Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt M. ,
Rechtsanwalt Wi.
alsVerteidigerfürdenAngek lagten R. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 4. September 2006 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten R. insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
2. Die Revision des Angeklagten S. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe verworfen, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt entfällt. Der Angeklagte S. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Angeklagte R. verurteilt worden ist, einschließlich der Feststellungen zum Vermögensnachteil der Stadt Dresden und zum Untreuevorsatz. Die Feststellungen zum äußeren Tathergang und zum Vorsatz der Bankrottbeihilfe bleiben aufrechterhalten. Insoweit wird die weitergehende Revision des Angeklagten R. verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision des Angeklagten R. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, wegen Bankrotts sowie wegen Bankrotts in Tateinheit mit falscher Versicherung an Eides Statt zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Den Angeklagten R. hat es wegen Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott schuldig gesprochen und gegen ihn eine – gleichfalls zur Bewährung ausgesetzte – Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Vom Vorwurf der Vorteilsannahme hat das Landgericht den Angeklagten R. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Die beiden Angeklagten haben ihre Verurteilungen umfassend angefochten. Im Ergebnis hat nur die Revision des Angeklagten R. einen Teilerfolg.

A.


2
Das landgerichtliche Urteil enthält folgende Feststellungen und Wertungen :
3
1. Der Angeklagte R. war Oberbürgermeister der Stadt Dresden , der Angeklagte S. hat dem Angeklagten R. zugearbeitet. Der Angeklagte S. , der ein enger Vertrauter des Angeklagten R. aus Zeiten früherer gemeinsamer kommunalpolitischer Tätigkeit war, geriet spätestens im Sommer 2002 in massive finanzielle Schwierigkeiten. In Kenntnis eines gegen ihn bevorstehenden Insolvenzverfahrens leitete er von seinen Konten bei der Stadtsparkasse Dresden, der Deutschen Bank und der Advance Bank insgesamt etwa 45.000 Euro auf andere Konten, um die Gelder so vor dem Zugriff seiner Gläubiger in Sicherheit zu bringen. Inhaber dieser Konten waren seine Mutter, die mit ihm persönlich eng verbundene H sowie er selbst mit einem Konto bei der Deutschen Bank 24.
Der Angeklagte S. beantragte im Oktober 2002 beim Amtsgericht Chemnitz die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diesem Antrag fügte er die Ausfertigung einer vor dem Notar B. in Radebeul abgegebenen eidesstattlichen Versicherung bei, in der er die vorgenannten Transaktionen verschwieg und lediglich das Konto bei der Deutschen Bank 24 angab. Auch nachdem das Insolvenzverfahren im Februar 2003 eröffnet war, offenbarte er gegenüber dem zum Insolvenzverwalter bestellten Rechtsanwalt Mo. weder das Konto seiner Mutter noch das Konto von H , obwohl die Guthaben wirtschaftlich allein ihm zur Verfügung standen. Auf seine Kinder lautende Konten, die ihm ebenfalls allein zuzuordnen waren , verschwieg er gleichfalls.
4
Zwischen dem Angeklagten S. und dem Angeklagten R. bestand ein enges Vertrauensverhältnis. Für den Angeklagten R. , den – zwischenzeitlich suspendierten – Oberbürgermeister der Stadt Dresden, war der Angeklagte S. ein wichtiger Mitarbeiter und Berater. Als gesetzlicher Vertreter der Stadt Dresden vereinbarte er zunächst mit dem Angeklagten S. einen bis 31. Dezember 2001 laufenden, dann um ein Jahr verlängerten Dienstvertrag, der eine Dienstverpflichtung für 110 Arbeitstage im Jahr und eine tägliche Vergütung von 460 Euro (900 DM) pro Arbeitstag vorsah. In der Folge des Hochwassers im Jahr 2002, das zu erheblichen Flutschäden in Dresden geführt hatte, setzte der Angeklagte R. den Angeklagten S. im Februar 2003 als „Flutkoordinator“ ein und übertrug ihm die Leitung des „Büros Hochwasserschadenabwicklung“.
5
Der Angeklagte R. , der um die finanziellen Probleme des Angeklagten S. wusste, schloss am 17. April 2003 mit dem Angeklagten S. , der unter der Geschäftsbezeichnung „A. C. , vertreten durch S. “ handelte, einen bis 30. Juni 2005 befristeten Vertrag, der eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500 Euro brutto vorsah. Nach diesem Vertrag oblag dem Angeklagten S. die Koordination der Hochwasserschadensabwicklung im Auftrag des Oberbürgermeisters. Anfang 2004 gab der Angeklagte R. dem Drängen des Angeklagten S. nach und änderte den Vertrag ab. Vertragspartner wurde nunmehr die „A. C. , vertreten durch H. “, wobei allerdings bestimmt wurde, dass die Leistungen von dem Angeklagten S. als „alleinigem Erfüllungsgehilfen“ erbracht werden sollten. Zugleich wurde die monatliche Vergütung rückwirkend ab Januar 2004 bis zum Ende der Laufzeit des Vertrages am 30. Juni 2005 auf etwa 9.000 Euro brutto erhöht. Nach den Feststellungen des Landgerichts diente diese Vertragskonstellation dazu, die Gelder zu erheblichen Teilen dem Insolvenzverwalter zu entziehen und dem Angeklagten S. über H. zukommen zu lassen. Die Vergütung war nach Annahme des Landgerichts (UA S. 28, 62) im Hinblick auf die vom Angeklagten S. erbrachten Leistungen objektiv angemessen und nicht überhöht. Nachdem dem Angeklagten R. im Juli 2004 vom Regierungspräsidium durchgreifende Bedenken gegen die weitere Möglichkeit, die Vergütung des Angeklagten S. zu 90 % zu subventionieren, wegen deren Erhöhung eröffnet worden waren, erneuerte der Angeklagte R. gleichwohl unter dem 28. Juli 2004 den mit der „A. C. , vertreten durch H. “ geschlossenen Änderungsvertrag und beendete zugleich in einem „Überleitungsvertrag“ vorbehaltlos den vorangegangenen Vertrag vom 17. April 2003.
6
Der Angeklagte S. hatte sich Anfang Februar 2003, als die Beauftragung der G. , einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Sächsischen Landesbank, als Generalübernehmerin für den Wiederaufbau wichtiger Verkehrsanlagen ins Auge gefasst wurde, an Verantwortliche der G. gewandt. Unter Hinweis auf seine Nähe zum Oberbürgermeister brachte der Angeklagte S. dabei den Wunsch vor, einen mit mehreren Tausend Euro monatlich dotierten Beratervertrag zu erhalten. Wie er erkannte, war seinen Verhandlungspartnern von der G. dabei klar, dass der Angeklagte S. erheblichen Einfluss auf die Beauftragung hatte. Zum Abschluss eines Beratervertrages kam es nicht, weil die Beauftragung der G. aus anderen Gründen scheiterte. An den später stattfindenden Verhandlungen mit der B. , die prinzipiell bereits im Februar 2003 den Zuschlag als externer Projektsteuerer erhielt, war der Angeklagte S. ebenfalls beteiligt. Als die Verhandlungen über den Vertrag im Einzelnen ins Stocken gerieten, ging der Angeklagte S. mehrmals zwischen März und Ende 2003 auf die Verantwortlichen der B. zu, um sie zum Abschluss eines Beratervertrages mit ihm zu veranlassen. Auch hier wollte der Angeklagte S. seine Stellung innerhalb der Stadtverwaltung und insbesondere zum Angeklagten R. dazu nutzen, um für die B. möglichst günstig und reibungslos die Projektsteuerung umzusetzen. Letztlich ging jedoch die B. auf das Ansinnen des Angeklagten S. nicht ein.
7
2. Das Landgericht hat im Fordern eines Beratervertrages gegenüber Mitarbeitern der G. und der B. bei dem Angeklagten S. jeweils ein Vergehen der Bestechlichkeit im Sinne des § 332 Abs. 1 StGB gesehen. Jedenfalls aus Sicht der potenziellen Vertragspartner habe er seinen Einfluss auf die Vergabe oder Ausgestaltung der Aufträge von dem geforderten Vorteil abhängig gemacht. Aufgrund seiner Funktion als „Flutkoordinator“ sei der Angeklagte S. Amtsträger gewesen, auch wenn er nicht unmittelbar weisungsbefugt gegenüber städtischen Bediensteten gewesen sei. Als verlängerter Arm des Oberbürgermeisters habe er öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Dieses sei ihm auch bewusst geworden. Wenn der Angeklagte S. sich selbst nicht als Amtsträger gesehen habe, führe dies lediglich zu einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum.
8
Die Verheimlichung der Kontenguthaben gegenüber dem Insolvenzverwalter hat das Landgericht als eine einheitliche Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB angesehen, wozu die strafbare Handlung der falschen Versicherung an Eides Statt in Tateinheit stehe. Da das Amtsgericht Chemnitz hierfür zuständig gewesen sei, kam es nach Auffassung des Landgerichts nicht darauf an, dass der Angeklagte S. eine eidesstattliche Versicherung unaufgefordert von sich aus abgegeben habe.
9
Der Abschluss des Vertrages mit der Stadt Dresden unter dem Namen H. erfüllt nach Auffassung des Landgerichts gleichfalls den Tatbestand einer weiteren selbständigen Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB. Hierzu habe der Angeklagte R. Beihilfe geleistet , da er die desolate finanzielle Situation des Angeklagten S. gekannt habe und ihm die Einkünfte ungeschmälert habe zukommen lassen wollen. Zugleich liege bei dem Angeklagten R. noch eine (tateinheitliche ) Untreue vor, weil er gegenüber der Stadt seine Verfügungsbefugnis missbraucht habe. In der deutlichen Erhöhung der Vergütung liege ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot. Der mit H. geschlossene Vertrag sei sittenwidrig; allein der Abschluss dieses Vertrages begründe deshalb eine Vermögensgefährdung. Die Gefährdung habe sich in den ausgezahlten Monatsraten abzüglich der Raten aus dem alten Vertrag realisiert. Dieser tatsächlich entstandene Schaden in Höhe von etwa 75.000 Euro stelle einen Vermögensverlust großen Ausmaßes dar.
10
3. Das Landgericht hat den Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch das gegenüber der G. bei den Vertragsverhandlungen vorgebrachte Begehren des Abschlusses eines Beratervertrages mit dem Angeklagten S. mangels Nachweises einer bewussten Unrechtsvereinbarung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B.


11
Lediglich die Revision des Angeklagten R. ist begründet. Die Revisionen des Angeklagten S. und der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.

I.


12
Die Revision des Angeklagten S. führt lediglich zu einer Korrektur des Schuldspruchs.
13
1. Die Verfahrensrüge, mit der die vom Strafkammervorsitzenden im Selbstleseverfahren nach § 249 Abs. 2 StPO angeordnete Einführung einer früheren Aussage des Zeugen Sch. als Verstoß gegen § 250 StPO beanstandet wird, hat keinen Erfolg. Die Konstanz der Aussagen des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Sch. konnte bereits durch dessen eigene Angaben zu seiner früheren Aussage, gegebenenfalls nach deren Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt werden (BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 9; BGH StV 1996, 412). Ergänzend zu seiner Aussage – nicht sie im Sinne des § 251 StPO ersetzend – durfte dann, auch zur maßgeblichen Abrundung der Beweiswürdigung zur Aussagekonstanz (UA S. 46), die Niederschrift über die frühere Aussage verlesen werden (MeyerGoßner , StPO 50. Aufl. § 250 Rdn. 12).
14
2. Die Verurteilungen wegen Bestechlichkeit halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat den Angeklagten S. zutreffend als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB angesehen.
15
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Begründung einer Amtsträgerstellung im Sinne der §§ 331 ff. StGB erforderlich, dass der Betreffende zum Amtsträger bestellt wurde. Die Bestellung ist von der bloßen privatrechtlichen Beauftragung zu unterscheiden. Sie setzt voraus , dass der Betreffende über den Einzelfall hinaus mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut und in die behördliche Organisation eingebunden wird (vgl. BGHSt 43, 96, 105; 46, 310, 313). Hieran kann beim Angeklagten S. – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – kein Zweifel bestehen.
16
aa) Mit Beginn der Flutschadensabwicklung war der Angeklagte seit Ende 2002 befasst, ab Februar 2003 sogar in einer Leitungsfunktion tätig. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte er im Außenverhältnis die Verhandlungen und leitete das „Büro Hochwasserschadenabwicklung“. Ihm standen eine Sekretärin und ein Büroraum zur Verfügung. Selbst wenn er formal kein Weisungsrecht gegenüber den kommunalen Bediensteten hatte, übte er jedoch faktisch Leitungsfunktionen gegenüber den Mitarbeitern des Büros aus. Dessen Aufgabenbereich war auch öffentlich-rechtlich geprägt. Gegenstand der Tätigkeiten des Büros war der Wiederaufbau kommunaler Verkehrs- und Infrastrukturanlagen und die Verwaltung von Fördermitteln. Das Büro hat damit unmittelbar öffentliche Aufgaben (vgl. hierzu BGH wistra 2007, 302, 304), teilweise sogar hoheitlicher Art wahrgenommen.
17
bb) Entgegen der Auffassung der Verteidigung war der Angeklagte S. auch bestellt im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Hierzu bedarf es keines förmlichen Bestellungsaktes. Entscheidungserheblichkeit kommt dieser Rechtsfrage ohnehin nur für die Bestechlichkeitshandlung gegenüber der G. zu. Bei den Handlungen gegenüber der B. bestand die Besonderheit , dass der Angeklagte bei seinen späteren Vorstößen, für sich einen Beratervertrag zu erlangen, durch den Angeklagten R. förmlich verpflichtet war. Eine solche förmliche Verpflichtung fand bei Abschluss des Beratervertrages am 17. April 2003 statt. Nach diesem Zeitpunkt erfolgten weitere Anläufe des Angeklagten S. , für sich den Abschluss eines Beratervertrages zu erreichen. Jedenfalls für diese Handlungen wäre er dann zumindest als besonders Verpflichteter im Sinne des § 332 StGB tätig gewesen.
18
Das Landgericht hat darüber hinaus ohne Rechtsverstoß für sämtliche Bestechlichkeitshandlungen und insbesondere für die gegenüber der G. , die zwischen Januar und März 2003 stattfanden, eine Amtsträgereigenschaft angenommen. In diesem Zeitraum bestand kein vertragsloser Zustand. Zwar war der ursprünglich geschlossene Beratervertrag zum 31. Dezember 2002 ausgelaufen und ein neuer Beratervertrag noch nicht geschlossen worden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Angeklagte S. insoweit ohne Rechtsgrund gearbeitet hätte. Vielmehr ist noch Anfang 2003 der ursprüngliche Beratervertrag stillschweigend verlängert worden (§ 625 BGB). Ein entsprechender Rechtsbindungswille war sowohl auf Seiten des Angeklagten R. als auch des Angeklagten S. vorhanden. Beide Angeklagten wollten, dass S. , der seit Anfang Februar mit der Leitung des Büros beauftragt wurde, für die Stadtverwaltung tätig blieb. Dass dies nicht unentgeltlich erfolgen sollte, war offensichtlich. Soweit nicht stillschweigend das ursprüngliche Honorar vereinbart war, wäre im Übrigen die ortsübliche Vergütung geschuldet gewesen (§ 612 Abs. 2 BGB).
19
Das Landgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass eine Bestellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB auch formfrei erfolgen kann. Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (BGHSt 43, 96, 102 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ). Dies ergibt sich schon aus dem Vergleich mit der Begriffsbestimmung nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, welche die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten betrifft. Bei diesem Personenkreis rechtfertigt der formale Akt der Verpflichtung die Gleichstellung mit Amtsträgern in strafrechtlicher Hinsicht. Ein solcher formaler Akt, der im Übrigen regelmäßig die Betreffenden zu besonders Verpflichteten machen würde, ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit c. StGB nicht erforderlich. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4). Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Sie beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4).
20
b) Das Landgericht hat bei dem Angeklagten S. auch den entsprechenden Vorsatz eines Amtsträgers rechtsfehlerfrei bejaht. Dies ist unproblematisch , soweit es sich um die Tat gegenüber der B. handelte, weil der Angeklagte S. spätestens auf Grund der von ihm abverlangten Verpflichtungserklärung über den öffentlich-rechtlichen Bezug seines Tätigkeitsfeldes unterrichtet wurde. Fehlt eine solche Verpflichtungserklärung und liegt – wie hier – kein anderer förmlicher Bestellungsakt vor, sind allerdings an den Nachweis in subjektiver Hinsicht besondere Anforderungen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht übersehen. Dabei reicht es nicht aus, dass der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Er muss auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben.
21
Hieran kann aber bei der gegebenen Sachlage kein Zweifel bestehen, weil der Angeklagte S. ausweislich der Feststellungen seine Einbeziehung in die Verwaltungstätigkeit der Stadt Dresden kannte und um seinen Einfluss wusste. Hiermit warb er sowohl gegenüber der G. als auch gegenüber der B. . Insoweit war ihm die gesetzliche Wertung bewusst, die Grundlage der Strafvorschriften über Amtsträger ist. Dagegen brauchte der Angeklagte S. seine Tätigkeit nicht juristisch zutreffend einzuordnen. Ein solcher Subsumtionsirrtum lässt – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – den Vorsatz unberührt. Entgegen der Auffassung der Verteidigung bedurfte es hier keiner Ausführungen zu einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB. Ein die Anwendbarkeit des § 17 StGB begründendes fehlendes Unrechtsbewusstsein hat der Angeklagte S. nach den Urteilsfeststellungen nicht einmal behauptet. Die bloße falsche Einordnung seines Verhaltens beinhaltet dies nicht notwendigerweise. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten S. , wäre er nicht als Amtsträger anzusehen , jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB strafbar wäre. Namentlich unter Berücksichtigung dieses Umstandes brauchte das Landgericht die Möglichkeit nicht zu erörtern, der Angeklagte habe sein Verhalten als rechtmäßig angesehen und sich deshalb in einem Verbotsirrtum befunden.
22
3. Während die Schuldsprüche wegen Bankrotts – auch zur vertretbar vorgenommenen Bestimmung des Schuldumfangs – keinen Rechtsfehler aufweisen, kann die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt keinen Bestand haben. Eine Strafbarkeit nach § 156 StGB setzt voraus, dass die Behörde, vor der diese Versicherung abgegeben wird, hierfür auch zuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit nicht nur auf die allgemeine Zuständigkeit der Behörde. Vielmehr muss die eidesstattliche Versicherung auch über den Gegenstand, auf den sie sich bezieht, und in dem Verfahren, zu dem sie eingereicht wird, abgegeben werden dürfen und darf rechtlich nicht wirkungslos sein (BGH StV 1985, 505). Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, ist im Insolvenzverfahren die eidesstattliche Versicherung vom Schuldner zu Protokoll zu erklären (§ 98 Abs. 1 InsO). Diese Regelung gilt bereits im Eröffnungsverfahren (§ 20 Abs. 1 InsO). Der Schuldner kann die Erklärung nur in Person und mündlich abgeben. Diese eindeutige Rechtslage wird noch durch den Verweis in § 98 Abs.1 Satz 2 InsO auf § 478 ZPO unterstrichen, der die Eidesleistung von dem Eidespflichtigen in Person verlangt. Mithin muss also auch die Versicherung an Eides Statt vom Schuldner persönlich erfolgen. Eine schriftliche Erklärung genügt diesem Formerfordernis nicht. Sie ist damit rechtlich wirkungslos. Die vom Landgericht aufgeworfene (und bejahte) Frage, ob auch eine unaufgefordert abgegebene falsche Versicherung an Eides Statt eine Strafbarkeit nach § 156 StGB begründen kann, stellt sich somit nicht, weil im Rahmen des Verfahrens über die Insolvenzeröffnung eine schriftliche Erklärung als Grundlage für eine Versicherung an Eides Statt nicht genügt.
23
4. Der Strafausspruch kann dennoch bestehen bleiben.
24
a) Die rechtsfehlerhafte Annahme einer Strafbarkeit nach § 156 StGB hat sich auf die Strafe nicht ausgewirkt. Dieser Straftatbestand stand in Tateinheit zu einer mehraktigen Bankrotthandlung, die zu einer Verheimlichung von über 45.000 Euro gegenüber dem Insolvenzverwalter geführt hat. Schon wegen des deutlich höheren Gewichts dieses Delikts und angesichts des Umstands, dass die, wenngleich nicht gesondert strafbare, Einreichung einer von einem Notar beurkundeten inhaltlich unrichtigen eidesstattlichen Versi- cherung ein allgemein strafschärfend zu wertendes Fehlverhalten war und das Landgericht die rechtsfehlerhaft angenommene idealkonkurrierende Tat wegen der unaufgeforderten Abgabe der Erklärung geringer gewichtet hat (UA S. 74), schließt der Senat sicher aus, dass die für die Tat verhängte maßvolle Einzelfreiheitsstrafe von zehn Monaten von dem Fehler beeinflusst war.
25
b) Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei. Das Landgericht durfte die Tatwiederholung und die Gesamttatdauer ebenso strafschärfend werten wie den Gesamtumfang der Vergütungen, die an H. geflossen sind. Diese hätten nämlich – wie oben ausgeführt – dem Angeklagten S. zugestanden und sind deshalb der Gläubigergemeinschaft zunächst umfassend entzogen worden. Die Höhe der Summe kann mithin als verschuldete Auswirkung der Tat einen für die Strafzumessung bestimmenden Gesichtspunkt bilden.

II.


26
Die Revision des Angeklagten R. führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, allerdings unter weitgehender Aufrechterhaltung den Beschwerdeführer auch belastender Feststellungen.
27
1. Die Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Ohne entsprechende Antragstellung von Seiten des Beschwerdeführers war das Landgericht nicht gedrängt, von diesem behaupteten, nicht realisierten Plänen über die im Vergleich zur durchgeführten Vertragsänderung andersartig gelagerte Einschaltung einer Anwaltskanzlei nachzugehen, die den Angeklagten S. anstellen und dann an seiner Stelle von der Stadt Dresden mit der Fluthilfekoordinierung betraut werden sollte.
28
2. Der Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB hält jedoch sachlich-rechtlich revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
29
a) Das Landgericht sieht den Pflichtverstoß des Angeklagten R. darin, dass er die Vergütung für den Angeklagten S. um das Dreifache erhöht habe, obwohl der Angeklagte S. auch für den ursprünglichen Betrag seine Dienstleistung hätte erbringen müssen und auch erbracht hätte. Damit habe der Angeklagte R. gegen das Sparsamkeitsgebot verstoßen. Im Übrigen sei der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtig. Diese Ausführungen des Landgerichts begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
30
aa) Das Landgericht kommt aufgrund einer rechtsfehlerhaften Auslegung zu der Annahme, dass der vom Angeklagten S. geschuldete Leistungsumfang durch die Vergütungserhöhung unberührt geblieben ist. Dem Tatrichter steht zwar bei der Auslegung von Verträgen ein weitgehender Ermessensspielraum zu. Deshalb beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2004, 2248, 2250 m.w.N.).
31
Die Auslegung des Landgerichts lässt drei Gesichtspunkte außer Betracht und begegnet deshalb durchgreifenden Bedenken.
32
Das Landgericht stützt seine Wertung, der Leistungsumfang habe sich nicht geändert, darauf, dass der Angeklagte S. schon auf der Grundlage des alten Vertrages einen „Fulltimejob“ ausgeübt habe und fast rund um die Uhr tätig gewesen sei (UA S. 56). Dieser tatsächlich von dem Angeklagten S. erbrachte Einsatz belegt nicht zwingend den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Das Landgericht hätte sich auch mit der nicht gänzlich fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, inwieweit der Arbeitseinsatz des Angeklagten S. unter Umständen überobligatorisch erfolgte. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte weder einen werkvertraglichen Erfolg schuldete noch sein Tätigkeitsfeld über Stunden oder einen fest umrissenen Arbeitsanfall messbar war, hätte das Landgericht auch bedenken müssen, was Bezugsmaßstab für die Vergütung war. Da die dienstvertragliche Vergütung immer in einer Beziehung zum Umfang der Tätigkeit steht, beeinflusst die Vergütungshöhe naturgemäß auch die Bestimmung des zu erwartenden Aufwands. Dies gilt hier insbesondere deshalb, weil der Angeklagte S. seine Tätigkeit als „Flutkoordinator“ nach Weisung des Oberbürgermeisters zu erbringen hatte. Deshalb ist bei einer nach §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden interessenkonformen Auslegung die Vergütungshöhe als Maßstab für die Auslegung des geschuldeten Tätigkeitsumfangs heranzuziehen. Hilfsweise muss analog § 612 Abs. 2 BGB die Ortsüblichkeit eines entsprechenden synallagmatischen Verhältnisses zwischen Dienstverpflichtung und Vergütungshöhe ermittelt werden.
33
Bedenklich ist zudem die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte S. habe nicht mit der Kündigung des Altvertrags gedroht. Abgesehen davon, dass wegen der geringen Vergütung eine solche Kündigungsdrohung nahe lag und diese von zwei weiteren Zeugen bestätigt wurde, ist die Nichterwähnung dieses Umstandes in einem Gespräch des Angeklagten R. mit dem Zeugen B. allein keine tragfähige Grundlage, um eine solche Kündigungsdrohung auszuschließen. Dabei hätte zumindest dargelegt werden müssen, welche Auswirkungen eine solche Information für die in diesem Gespräch abgehandelte Thematik gehabt hätte. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das besagte Gespräch fünf Monate nach der erfolgten Erhöhung der Vergütung stattgefunden hat.
34
Insbesondere hat es das Landgericht unterlassen, sich mit der naheliegenden Variante ausdrücklich auseinanderzusetzen, dass die niedrige Dotierung beim ursprünglichen Vertragsabschluss der Erwartung geschuldet war, der Angeklagte S. werde für seine Gesamttätigkeit bei der Flutkoordinierung ergänzend über einen gut dotierten Beratervertrag des Generalübernehmers entlohnt werden und dass eine – für den Umfang seines Einsatzes angemessene – Erhöhung erst dann vereinbart wurde, als sich diese Erwartung im Sinne eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zerschlagen hatte.
35
bb) Das Landgericht leitet die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB aus einem Verstoß gegen das kommunalrechtliche Sparsamkeitsgebot ab. Diese Auffassung ist selbst dann nicht frei von rechtlichen Bedenken, wenn man unterstellt, dass der Leistungsumfang der Dienstverpflichtung des Angeklagten S. sich durch den Vertrag mit erhöhter Vergütung nicht verändert hat. Der Sparsamkeitsgrundsatz (§ 72 Abs. 2 SächsGO), der ein allgemeines Prinzip der Haushaltsführung für den gesamten öffentlichen Bereich darstellt (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO), verpflichtet nicht zur Kostensenkung um jeden Preis. Das Sparsamkeitsgebot ist als rechtliche Steuerungsnorm dazu bestimmt, einen äußeren Begrenzungsrahmen für den gemeinsamen Entfaltungs- und Gestaltungsspielraum dahingehend zu bilden , solche Maßnahmen zu verhindern, die mit den Grundsätzen vernünftigen Wirtschaftens schlicht unvereinbar sind (BGH wistra 2005, 178, 180).
36
Das Sparsamkeitsgebot steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Helm in Piduch, BHO 41. Lfg. § 7 Rdn. 1; v. Köckritz, BHO 36. Lfg. § 7 Rdn. 2.2). Beide bedingen einander, weil letztlich die wirtschaftlichste Lösung auch insgesamt gesehen die sparsamste ist. Deshalb ist es etwa bei Vergabeentscheidungen nach § 97 GWB anerkannt, dass nach § 97 Abs. 5 GWB der Zuschlag dann nicht erfolgen kann, wenn das Angebot unangemessen niedrig ist (vgl. Wagner in Langen/Bunte, Kartellrecht 10. Aufl. § 97 GWB Rdn. 85).
37
Für die Entscheidung, welche Vergütungshöhe zu bezahlen ist (vgl. für Wirtschaftsunternehmen BGHSt 50, 331, 336), ist im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Einen durch den Untreuetatbestand strafbewehrten Grundsatz , wonach Vergütungserhöhungen durch den Sparsamkeitsgrundsatz gehindert sind, wenn der Betreffende auch zu den ursprünglichen Bedingungen seine Leistung zu erbringen hat, kennt das deutsche Recht nicht. Auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum grundsätzlich nicht, soweit ihn keine öffentlich -rechtlichen Vorschriften begrenzen, wenn er eine angemessene Vergütung – unter Umständen auch in Abänderung eines bestehenden Vertrages zugunsten des bislang nicht angemessen entlohnten Beschäftigten – bezahlt. Dies gilt sogar, wenn der Vertragspartner aufgrund seiner persönlichen wirtschaftlichen Situation selbst zu deutlich ungünstigeren Bedingungen kontrahieren würde. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bilden nur eine äußere Grenze. Der Entscheidungsträger handelt auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung nicht etwa stets pflichtwidrig, wenn nicht das sparsamste im Sinne des niedrigsten Angebots gewählt wurde. Vielmehr können im Interesse einer effektiven und qualitativ befriedigenden Aufgabenerfüllung auch Gesichtspunkte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Verantwortungsbewusstsein , Fortbildungsbereitschaft oder innerbetriebliche Harmonie zulässige Gesichtspunkte für die Bemessung der Vergütung bilden. Regelmäßig liegt deshalb eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots erst vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird.
38
cc) Die Annahme des Landgerichts, die getroffene Vergütungserhöhung , die auf der Grundlage des mit H. geschlossenen Vertrages erfolgt ist, sei sittenwidrig, unterliegt ebenso durchgreifenden Bedenken. Zwar trifft es zu, dass Vertragsgestaltungen, die darauf gerichtet sind, in der Insolvenz der Gläubigergemeinschaft Vermögenswerte zu entziehen , gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder auch sittenwidrig sein können. Nach den Urteilsfeststellungen liegt im gegebenen Fall jedoch nahe, dass die Einschaltung von H. lediglich zum Schein erfolgen sollte. Wie das Landgericht nämlich unter Würdigung der vorhandenen Beweismittel zutreffend dargelegt hatte, diente die Einschaltung von H. allein dazu, die aus der Dienstleistung vereinnahmten Gelder dem Angeklagten S. unter Umgehung des Insolvenzverwalters unmittel- bar zukommen zu lassen. Die dienstvertraglichen Pflichten sollte allein und ausschließlich der Angeklagte S. erfüllen. Diesem sollte letztlich wirtschaftlich auch das Entgelt zukommen. Eine primäre Verpflichtung von H. war dagegen nicht ernsthaft gewollt; vielmehr sollte sie lediglich die Adresse für die Vereinnahmung der Gelder liefern. Da eine dienstvertragliche Pflichtenstellung mit H. nach der Willensübereinstimmung der Parteien nicht angestrebt war, liegt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB vor (vgl. BAG NJW 1993, 2767).
39
Bei einem Scheingeschäft gelten dann nach § 117 Abs. 2 BGB die Regeln des verdeckten Geschäftes. Dieses war ein Dienstvertrag, wenn nicht sogar aufgrund des ausgeprägten Umfangs der Eingliederung des Angeklagten S. in die Stadtverwaltung Dresden ein Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag war weder nach § 134 BGB noch nach § 138 BGB nichtig. Solches ergibt sich schon zwangsläufig aus dem Schutzzweck, der darin besteht, dem Insolvenzverwalter die erarbeitete Vergütung auch zukommen zu lassen. Entfiele nämlich eine vertragliche Bindung und mithin eine Vergütungspflicht, liefe dies darauf hinaus, dass die zu schützende Gläubigergemeinschaft gleichfalls keinen Anspruch hätte.
40
b) In Betracht kommt allerdings eine Strafbarkeit wegen Untreue, weil der Angeklagte R. die Auszahlungen als „sachlich richtig“ zeichnete und so die Auszahlungen an H. veranlasste. Bestand das eigentliche Leistungsverhältnis zwischen der Stadt Dresden und dem Angeklagten S. als Person, war der Angeklagte S. als wirklicher Vertragspartner auch Gläubiger der Vergütungsansprüche hieraus. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren die Leistungen dann gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erbringen. Den Auszahlungen an H. fehlte deshalb der rechtfertigende Grund. Infolge des gegen den Angeklagten S. eröffneten Insolvenzverfahrens hatten die Zahlungen an H. keine befreiende Wirkung, weil der Angeklagte R. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kannte (§ 82 InsO).
41
Diese unter Missachtung des laufenden Insolvenzverfahrens veranlassten Zahlungen an H. waren pflichtwidrig im Sinne des § 266 StGB. Da sie nicht zu einem Erlöschen der Verbindlichkeiten der Stadt Dresden aus dem Dienstvertrag mit dem Angeklagten S. führten, war die Stadt um diesen Betrag geschädigt. Dies begründet einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB.
42
Eine Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB würde jedoch voraussetzen , dass der Angeklagte R. insoweit vorsätzlich gehandelt hat. Zwar kannte er alle zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Dies reicht jedoch für die Vorsatzfeststellung nicht aus. Sowohl die Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteil sind normative Tatbestandsmerkmale, die der Angeklagte nach seinem persönlichen Wertungshorizont zutreffend hätte erfassen müssen. Dies kann bei einem juristischen Laien nicht ohne weiteres unterstellt werden (BGHSt 48, 108, 117; BGHR StGB § 16 Abs. 1 Umstand 4, insoweit in BGHSt 48, 307 nicht abgedruckt; AÜG § 9 unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

1).


43
Die subjektive Tatseite bedarf mithin neuer tatrichterlicher Aufklärung. Dabei reicht es nicht aus, allein auf ein Unrechtsbewusstsein des Angeklagten R. im Blick auf die Verheimlichung der Vergütungen gegenüber dem Insolvenzverwalter abzustellen. Dies schließt nämlich nicht zwangsläufig mit ein, dass er ebenso gegenüber der Stadt Dresden, zu der er als Oberbürgermeister in einem Treueverhältnis stand, eine Vermögensschädigung billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGHSt 46, 30, 34; 47, 148, 157; 48, 331, 346). Er muss erkannt haben, dass die mit H. geschlossene Vereinbarung als eine mit dem Angeklagten S. getroffene anzusehen ist und dass Zahlungen an sie keine schuldbefreiende Wirkung haben konnten, zumindest aber damit gerechnet haben, dass die Stadt Dresden sich durch die entsprechenden Zahlungen einer Haftung gegenüber S. s Gläubigern oder dem Konkursverwalter aussetzt. Nur wenn der Angeklagte R. diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht gezogen hat, kann von einem bedingten Vorsatz ausgegangen werden. Dies ist bislang nicht – auch nicht etwa durch die Annahme seiner Kenntnis von einer Nichtigkeit des Vertrages – inzident vom Landgericht mitgeprüft worden und versteht sich als Ergebnis einer entsprechenden tatgerichtlichen Prüfung nicht ohne weiteres von selbst.
44
c) Gleichfalls neuer tatrichterlicher Prüfung bedarf als möglicherweise weiterer eine Untreue begründender Aspekt der Gesichtspunkt der Subventionierung durch das Regierungspräsidium, das endgültig im Juli 2004, nachdem die ersten Auszahlungen der höheren Vergütung an S. bereits erfolgt waren, für den Fall der Vertragsänderung mit höherer Entlohnung des Angeklagten S. eine Einstellung von deren 90-prozentiger Subventionierung sicher angekündigt hatte. Das Landgericht würdigt mögliche Auszahlungen des Subventionsgebers ersichtlich allein unter dem Gesichtspunkt, dass solche Zahlungen bei der für die Nachteilsbestimmung vorzunehmenden Gesamtsaldierung den anzusetzenden Schaden ganz oder teilweise entfallen lassen könnten. Dies ist rechtlich im Ansatz bedenkenfrei (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 14, 55), wobei es jedoch nicht auf das tatsächliche Verhalten des Regierungspräsidiums als des Subventionsgebers ankommt, sondern darauf, ob ein Anspruch auf Subventionierung bestanden hätte. Hierzu fehlen Feststellungen, zumal die Grundlagen der Subventionierung nicht näher dargelegt sind. Anknüpfungspunkt für die nunmehr zu treffenden Feststellungen muss der damals bestehende Rechtszustand sein, einschließlich der die Subventionierung regelnden untergesetzlichen Normen und Verwaltungsvorschriften, soweit diese rechtmäßig sind.
45
Es liegt allerdings nahe, dass das Verhalten des Angeklagten R. gegenüber dem Regierungspräsidium als dem Subventionsgeber pflichtwidrig war, schon weil der Angeklagte R. das Regierungspräsidium nicht vollständig informiert hat. Im Zusammenhang mit der Subventionierung könnte ihm ein Untreuevorwurf jedoch nur gemacht werden, wenn er vorsätzlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte, Subventionszahlungen für den Stadthaushalt zu erlangen. Dies setzt voraus, dass – sofern die Verweigerung der Subventionierung der weiteren Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt rechtmäßig bzw. nicht nur auf einen rein formalen oder behebbaren Mangel zurückzuführen gewesen sein sollte – eine Möglichkeit bestanden hätte, die Funktionen, die der Angeklagte S. ausgeübt hat, anderen ebenfalls geeigneten Personen zu übertragen und hierfür Subventionen zu erlangen. Der Angeklagte R. könnte daher eine Untreue auch begangen haben, indem er – unsubventioniert – den Angeklagten S. für höheres Entgelt beschäftigte, anstatt eine Lösung gewählt zu haben, die im Rahmen der Hochwasserschadensabwicklung eine Subventionierung ermöglicht hätte.
46
d) Die neue tatrichterliche Prüfung kann dabei auch die vorgelagerte Frage umfassen, ob eine Beschäftigung des Angeklagten S. überhaupt erforderlich war oder die Hochwasserschadensabwicklung durch den vorhandenen Personalbestand der Stadtverwaltung hätte abgewickelt werden können. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte – wobei dem Angeklagten R. ein weiter Ermessensspielraum zukam –, wäre zu prüfen, ob der Abschluss einer solchen Dienstvereinbarung etwa unter Verletzung von Beteiligungsvorschriften insbesondere für kommunale Stellen erfolgt ist.
47
Ergäbe die insoweit vorzunehmende Prüfung eine Pflichtwidrigkeit des Angeklagten R. , käme eine Strafbarkeit wegen Untreue dennoch nur dann in Betracht, wenn die Stadt Dresden auch tatsächlich geschädigt wäre. Insoweit finden die zur Haushaltsuntreue entwickelten Grundsätze (BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 48, 54 m.w.N.) Anwendung, weil auch hier eine Fallgestaltung vorliegt, bei der es um die Schädigung des haushaltsrechtlich gebundenen Vermögens eines öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts geht. Deshalb begründet nicht jeder Verstoß eine Untreue. Vielmehr muss tatsächlich ein Vermögensnachteil entstanden sein (vgl. auch BGH wistra 2006, 307,

308).


48
e) Die bislang getroffenen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Vertragsgestaltungen, -abschlüsse und -änderungen, zu begleitenden Besprechungen sowie zu S. s Leistungen und zu den erfolgten Zahlungen sind rechtsfehlerfrei und bedürfen keiner Aufhebung. Auf ihrer Grundlage, gegebenenfalls unter Heranziehung diesen Feststellungen nicht widersprechender ergänzender Feststellungen, insbesondere zur Auslegung der vorgenannten Verträge, wird die Frage der Pflichtwidrigkeit vom neuen Tatgericht zu prüfen sein und werden neue Feststellungen zu einem möglichen Untreuevorsatz zu treffen sein. Bei einer erneuten Verurteilung des Angeklagten R. wegen Untreue bedürfte es je nach der konkreten Fallgestaltung einer neuen tatrichterlichen Bestimmung des Schuldumfangs als Grundlage für den Strafausspruch.
49
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Untreue lässt auch die hierzu in Tateinheit stehende Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott entfallen.
50
a) Allerdings bestehen an sich gegen die Annahme dieses Straftatbestands keine Bedenken. Die vertragliche Konstruktion über die Beauftragung der H. , die der Angeklagte R. als Vertreter der Stadt Dresden mitgetragen hat, erfüllt den Tatbestand der Beihilfe zum Bankrott nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 und 8 StGB, weil sie darauf angelegt war, die hieraus erhaltenen Vergütungen dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen. Das hat das Landgericht aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung festgestellt. Die vom Angeklagten R. insoweit geltend gemachten sachlich-rechtlichen Beanstandungen sind unbegründet. Die Einlassung des Angeklagten R. ist in wesentlichen Grundzügen mitgeteilt worden. Aufgrund der Gesamtumstände hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß bei ihm den Vorsatz bejaht. Die Ausführungen der Revision hierzu erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
51
b) Gleichwohl kann der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben (§ 353 Abs. 1 StPO). Da das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend die im Vertragsschluss liegende Untreue und die hierin auch zu sehende Beihilfehandlung zum Bankrott als tateinheitliche Begehung gewertet hat, konnte der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Bankrott nicht gesondert aufrecht erhalten bleiben. Bei Tateinheit steht nämlich die Einheitlichkeit einer Tat der Aufrechterhaltung des vom Rechtsfehler nicht betroffenen Teils entgegen (Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 353 Rdn. 7a). Allerdings bleiben sämtliche diesen Schuldspruch tragende Feststellungen aufrechterhalten. Erfolgt keine Verurteilung wegen der tateinheitlich angeklagten Untreue, wäre der Angeklagte R. ohne weiteres allein auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erneut wegen Beihilfe zum Bankrott zu bestrafen.

III.


52
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich gegen den Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der Vorteilsannahme richtet, ist unbegründet.
53
1. Die Anklage legt dem Angeklagten R. zur Last, dass er vom Zeugen N. den Abschluss eines Beratervertrages zwischen der G. und dem Angeklagten S. als Gegenleistung für den Generalübernehmervertrag mit der Stadt Dresden verlangt habe. Hierin sieht die Staatsanwaltschaft eine Vorteilsannahme des Angeklagten R. .
54
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. gegenüber dem Zeugen N. geäußert hat, er wünsche, dass der Angeklagte S. als Koordinator gegenüber der Stadt Dresden eingesetzt werde, sollte es zum Vertragsschluss zwischen der G. und der Stadt Dresden kommen. Hieraus hat das Landgericht zwar geschlossen, dass der Zeuge den Eindruck gewinnen durfte, der Angeklagte R. fordere die Be- schäftigung des Angeklagten S. als Gegenleistung für den Vertragsabschluss. Das Landgericht hat sich jedoch nicht davon zu überzeugen vermocht , dass der Angeklagte R. erkannt hat, sein Wunsch nach einer Beschäftigung S. s könnte in einem Bedingungszusammenhang mit dem Abschluss des Generalübernehmervertrags gestanden haben.
55
3. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand.
56
a) Sie ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH wistra 2005, 304, 305; NStZ 2002, 48 m.w.N.).
57
b) Einen derartigen Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht auf.
58
aa) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stehen die Zweifel des Landgerichts am Vorsatz des Angeklagten im Einklang mit den getroffenen Feststellungen. Dass das Landgericht dabei seine Zweifel an einer konkreten Tatsache festmacht oder sie gerade aus ihr herleitet, ist aus Rechtsgründen nicht geboten. Vielmehr ist der Tatrichter gehalten, aus dem Gesamtzusammenhang der von ihm objektiv festgestellten Tatsachen Schlüsse auf die Willensrichtung des Angeklagten zu ziehen. Ein solcher Schluss ist rechtsfehlerfrei, wenn er möglich und jedenfalls vertretbar erscheint , also die richterliche Überzeugungsbildung nicht überspannt wird. Dies ist hier der Fall.
59
bb) Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob dieser Erklärung schon der vom Landgericht beigemessene Erklärungswert zukommt, dass der vom Angeklagten R. geäußerte Wunsch, dem Angeklagten S.
einen Beratervertrag einzuräumen, als Bedingung für die Beauftragung der G. angesehen werden konnte. Insoweit ist diese Auslegung nicht unmittelbar durch Tatsachen belegt. Nach dem Inhalt der in den Urteilsgründen mitgeteilten Aussage des Zeugen N. hat der Angeklagte seinen Wunsch so formuliert, dass S. den Beratervertrag erhalten sollte, sofern es zum Vertragsschluss komme. Der Angeklagte R. hat nach den Urteilsfeststellungen weder vorab einen Beratervertrag für S. verlangt, noch lässt sich dieser Erklärung ihrem Wortsinn nach ein Bedingungszusammenhang entnehmen. Der Zeuge N. hat dies ausweislich der Urteilsfeststellungen auch nicht so verstanden. Wenn schon der Erklärungswert der Aussage nicht zwingend war, dann gibt dies auf der subjektiven Ebene einen umso größeren Spielraum für die Auslegung. Je weniger eindeutig sich die Gesprächssituation konkretisieren lässt, desto größere Zweifel können auch entstehen, wie der Angeklagte R. seine eigene Erklärung verstanden wissen wollte.
60
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts stellt die Auslegung des Landgerichts auch nicht etwa ein mit den Sprach- und Denkgesetzen unvereinbares Ergebnis dar, das einen revisiblen Rechtsverstoß begründen könnte. Der Generalbundesanwalt will dabei entscheidend darauf abheben , dass der Angeklagte R. von „sich“ gesprochen habe und damit nicht die „Stadt Dresden“ gemeint haben könnte. Es entspricht aber der Lebenswirklichkeit , dass der Vertreter, bei Erklärungen für den Interessenkreis des Vertretenen auf die für jedermann offensichtliche Hervorhebung seiner Vertreterstellung verzichtet.
61
cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Strafkammer bei der Auslegung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen hätte. Das Landgericht hat sowohl die Interessenlage des Angeklagten, der S. auch als persönlichen Berater nicht verlieren wollte, als auch die besonderen Schwierigkeiten , die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Angeklagten S. ergeben , gesehen und ersichtlich in die Würdigung der subjektiven Tatseite beim Angeklagten R. einbezogen. Namentlich angesichts der eigenen Verstrickung des Angeklagten S. in gleichem Zusammenhang und des engen Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden Angeklagten erscheint eine abweichende Beurteilung der Frage, ob hinreichende Tatsachen auch für eine strafbare korruptive Verstrickung des Angeklagten R. vorlagen , nicht fernliegend. Dies reicht indes nicht aus, einen Rechtsfehler für die noch vertretbare Auffassung des Landgerichts zu begründen.
62
4. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt im Hinblick auf die Unrechtsvereinbarung nach § 331 StGB ausgegangen. Es trifft allerdings zu, dass nach der durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I 2038) erfolgten Neufassung des § 331 StGB eine Ausdehnung der Strafbarkeit insoweit eingetreten ist, als kein Zusammenhang mehr zwischen dem Vorteil und einer bestimmten Dienstausübung vorhanden sein muss. Es reicht aus, wenn der Amtsträger den Vorteil für irgendeine dienstliche Tätigkeit verlangt. Damit soll einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden, mit dem ein böser Schein möglicher Käuflichkeit erweckt wird (BGHR StGB § 331 Unrechtsvereinbarung

2).


63
Diese Gesetzeslage hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt. Abgesehen davon, dass als mögliche Diensthandlung hier allein der Vertragsschluss mit der G. in Betracht kam, hat das Landgericht angenommen , der Angeklagte R. habe subjektiv eine solche Verknüpfung im Sinne einer Unrechtsvereinbarung weder erkannt noch gewollt. Wenn dem Angeklagten nicht bewusst geworden ist, dass diese Erklärung so verstanden werden könnte, dann fehlte ihm zwangsläufig auch das Bewusstsein, den bösen Schein möglicher Käuflichkeit hervorzurufen. Solches ist aber erforderlich , weil auch im Rahmen des Tatbestands des § 331 StGB der Angeklagte diesen Zusammenhang erkennen oder mindestens billigend in Kauf nehmen muss (BGHSt 49, 275, 296). Dies hat das Landgericht aber gerade rechtsfehlerfrei verneint.
Basdorf Gerhardt Raum Schaal Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 134/15
vom
12. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Untreue u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:121016U5STR134.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Oktober 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Dr. Berger, Richter Bellay, Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt D.
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt K.
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwältin Vo. , Rechtsanwalt Sch.
als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger des Angeklagten N. ,
Rechtsanwalt P.
als Verteidiger des Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt Pa.
als Verteidiger des Angeklagten V. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Die Staatsanwaltschaft hat den Angeklagten, die im Dezember 2007 den Gesamtvorstand der H. (im Weiteren: H. ) bildeten, vorgeworfen , sich einer Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB schuldig gemacht zu haben, indem sie im Dezember 2007 auf Grundlage unzureichender Informationen dem Abschluss eines der Verbesserung der bankaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquote dienenden Finanzgeschäfts mit der französischen B. (im Weiteren: B. ), der „Omega 55“-Transaktion, zustimm- ten und dadurch der H. einen Vermögensnachteil zufügten.
2
Die Angeklagten N. und F. sind darüber hinaus angeklagt, gemeinschaftlich gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG die Verhält- nisse des H. -Konzerns in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand unrichtig wiedergegeben zu haben, indem sie in dem Quartals -Zwischenbericht zum 31. März 2008 und in einer Pressemitteilung vom 20. Juni 2008 fehlerhaft einen Überschuss in Höhe von 81 Millionen Euro auswiesen , während tatsächlich ein Fehlbetrag in Höhe von 31 Millionen Euro vorlag.
3
Das Landgericht hat die Angeklagten freigesprochen. lm Hinblick auf den Vorwurf der Untreue habe die Hauptverhandlung zwar ergeben, dass die Angeklagten durch ihre Zustimmung ihre Vorstandspflichten aus § 93 Abs. 1 AktG verletzt und hierdurch einen Vermögensnachteil der H. herbeigeführt hätten. Die festgestellten Pflichtverletzungen seien jedoch nicht so „offensichtlich“ und „gravierend“, dass sie im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- gerichts und des Bundesgerichtshofs den Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB erfüllten. Betreffend den Vorwurf nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG habe die Hauptverhandlung ergeben, dass in den genannten Darstellungen des Vermögensstandes der H. zwar fälschlich der bezeichnete Überschuss anstelle des genannten Fehlbetrages ausgewiesen worden sei; die Unrichtigkeit sei jedoch nicht erheblich. Deshalb fehle es bereits an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes.
4
Gegen die Freisprüche richten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung formellen und – insoweit vom Generalbundesanwalt vertreten – materiellen Rechts. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben mit der Sachrüge Erfolg.

I.


5
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
6
Zum Vorwurf der Untreue:
7
a) Nach einer erheblichen Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit in den Jahren davor hatte die H. insbesondere im Laufe des Jahres 2007 in großem Umfang Kredite vergeben. Dabei wurden bankintern festgelegte Obergrenzen für den Umfang der durch Eigenkapital abzusichernden gewichteten Risikoaktiva (sog. RWA-Grenzen, „Risk Weighted Assets“) teils deutlich überschritten; dies führte zu einer unterhalb der Planung liegenden Eigenkapitalquote. Auch wenn keine Gefahr bestand, feste aufsichtsrechtlich bedeutsame Eigenkapitalgrenzen zu unterschreiten oder auch nur in eine bedrohliche Nähe zu solchen Grenzen zu geraten, wurde der Absenkung der überplanmäßigen RWABelastungen zum Jahresende 2007 von den Angeklagten, aber auch vom Aufsichtsrat , überragende strategische Bedeutung beigemessen. Die Angeklagten gingen davon aus, dass es dem Auftreten der Bank am Kapitalmarkt erheblichen Schaden zufügen würde, wenn die selbst gesetzten und auch nach außen kommunizierten Eigenkapitalziele nicht eingehalten würden. Dieser Umstand wurde schon deshalb als besonders bedeutungsvoll eingeschätzt, weil die H. ohnehin über eine am Markt bekannte eher schwache Eigenkapitalausstattung verfügte. Als mögliche Folgen einer Nichterreichung der geplanten Eigenkapitalquoten wurden negative Auswirkungen auf die künftig zu erwartenden Kosten der Bank für die Geldaufnahme am Kapitalmarkt („Refinanzierungskosten“) und auf die Einstufung der H. durch die Ratingagenturen sowie eine Verminde- rung ihrer „Kapitalmarktfähigkeit“ im Hinblick auf einen geplanten Börsengang befürchtet. Insbesondere mit Blick auf die Refinanzierungskosten wurde bei einer Nichterreichung der angestrebten Eigenkapitalquote eine Gefährdung des bisherigen Geschäftsmodells erwartet. Denn erhöhte Refinanzierungskosten hätten unmittelbar die Marge aus Kosten und Erträgen der betriebenen (Kredit-) Geschäfte abgesenkt und insofern nicht nur den Ertrag geschmälert, sondern auch bestimmte Geschäfte mit ohnehin schon knappen Margen künftig sinnlos werden lassen. Eine weitere mittelfristige Gefahr einer geringen Eigenkapital- quote bestand darin, bei dem „DSGV-Monitoring“ (d.h. der Risikoüberwachung durch den Haftungsverbund des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, dem die H. angehörte) auf die Stufe „Gelb“ gesetzt zu werden, wobei ein Unterschreiten des Schwellenwerts nicht unmittelbar drohte. Diese Einstufung hätte zu erweiterten Berichtspflichten geführt und wäre voraussichtlich mit einer weiteren negativen Außenwirkung verbunden gewesen.
8
Aufgrund der im Jahr 2007 fortschreitenden Subprime-Krise und des steigenden Marktmisstrauens gegenüber vielen „herkömmlichen“ Möglichkeiten der Abgabe von Risiken im Kapitalmarkt (wie Syndizierungsgeschäften und Weiterverkäufen von Krediten) konnten Geschäfte, die der Eigenkapitalentlastung durch Weitergabe wirtschaftlicher Risiken dienten, nur noch schwer zu – aus Sicht der H. – ökonomisch vertretbaren Konditionen am Kapitalmarkt abgeschlossen werden. Da mit dem Zuschießen weiteren Eigenkapitals nicht zu rechnen war, sollte der Abbau der Risiken über „RWA-spezifische Entlastungstransaktionen“ erfolgen. Hierbei sollte durch Ausnutzung bestimmter Besonder- heiten der aufsichtsrechtlichen Vorschriften ermöglicht werden, die Eigenkapitalquote zu erhöhen, ohne dabei den Umfang der wirtschaftlichen Risiken maßgeblich oder überhaupt zu verändern. Obwohl hierdurch die grundsätzliche Zielsetzung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalvorschriften – nämlich sicherzustellen , dass Finanzinstitute zur Absicherung der von ihnen übernommenen wirtschaftlichen Risiken ausreichend Eigenkapital vorhielten – offensichtlich un- terlaufen wurde, war die Anerkennung der eigenkapitalentlastenden Wirkung solcher Geschäfte durch die Aufsichtsbehörden nicht generell ausgeschlossen.
9
Vor diesem Hintergrund wurden im zweiten Halbjahr 2007 umfangreich Angebote für RWA-Entlastungsmaßnahmen am Markt gesichtet. Nachdem eine andere annähernd bis zur Abschlussreife vorbereitete Transaktion, der die Vorstandsmitglieder der H. bereits zugestimmt hatten, nach einem Rückzug des Vertragspartners kurzfristig gescheitert war, entstand in der RWA- Entlastungsplanung eine Lücke, die durch die Transaktion „Omega 55“ mit der B. geschlossen werden sollte. Die hierüber seit Mitte November geführten Verhandlungen erfolgten unter Zeitdruck, da die RWA-Entlastung noch zum Jahresende 2007 wirksam werden sollte und daher ein vorheriger Geschäftsabschluss erforderlich war.
10
b) Die Gesamttransaktion „Omega 55“ bestand aus zwei Teilgeschäften („A-Teil“ und „B-Teil“), die durch eine Vielzahl vertraglicher Regelungen mitei- nander verbunden waren.
11
Gegenstand des A-Teils war im Wesentlichen, dass die H. unter Einschaltung einer Zweckgesellschaft die Risiken aus zu einem Portfolio zusammengestellten Kreditforderungen im Nominalwert von ca. zwei Milliarden Euro an die B. im Wege von CDS-Geschäften („credit default swap“, wirtschaftlich : Kreditausfallversicherung; vgl. zum Begriff LG Hamburg, Urteil vom 9. Juli 2014 – 608 KLs 12/11, juris Rn. 120 ff.) abgab. Im Ergebnis bewirkte das Vertragswerk zum A-Teil bei wirtschaftlicher Betrachtung, dass die H. das Risiko aus dem abgesicherten Kreditportfolio gegen Zahlung einer Prämie auf die B. übertrug. Damit waren die im A-Teil abgeschlossenen Geschäfte für sich genommen grundsätzlich geeignet, eine Verbesserung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalquote in Höhe von 128 Millionen Euro zu erreichen.
12
Im Wege einer komplexen vertraglichen Konstruktion und unter formeller Zwischenschaltung weiterer Zweckgesellschaften, u.a. der in Irland ansässigen O. (nachfolgend: O. ), bewirkte demgegenüber der B-Teil der Transaktion in einem ersten Teil („B-Teil 1“) eine Rückübertragung des im A-Teil zunächst an die B. abgegebenen Kreditrisikos auf die H. : Die zuvor zu sogenannten CLNs („credit linked notes“) verbrieften CDS wurden auf die O. übertragen, die zur Finanzierung ihres Erwerbs mit der B. sogenannte Repo-Geschäfte („repurchase agreement“; vgl. zur Begriffserklärung LG Hamburg aaO, Rn. 153 ff.) abschloss. Tatsächlich diente der Abschluss der Repo-Vereinbarungen allerdings der Steuerung einer Weitergabe von in den CLNs liegenden Risiken auf die H. . Als alternative „Finanzierungsmöglichkeit“ für die CLNs wurden der O. „Liquiditätsfazilitäten“ (wirt- schaftlich: Einräumung von Kreditlinien; vgl. LG Hamburg aaO, Rn. 167) zur Verfügung gestellt, zu deren Gewährung sich die H. – formell anteilig neben der B. – unter bestimmten vertraglichen Voraussetzungen verpflichtete. Die B. verfügte indes über die Möglichkeit, gewillkürt die Voraussetzungen der Inanspruchnahme der „Liquiditätsfazilitäten“ durch die insolvenzfern ausgestal- tete O. zu schaffen. Letztlich führte die Konstruktion im B-Teil 1 dazu, dass die B. in jedem Einzelfall, in dem sie für Ausfälle in dem im A-Teil abgesicherten Kreditportfolio hätte einstehen müssen, aus dem B-Teil 1 Gegenansprüche in gleicher Höhe erwarb, so dass sie im Ergebnis die Risiken aus dem H. -Kreditportfolio zu keiner Zeit wirtschaftlich zu tragen hatte.
13
Im zweiten Teil des am 24. Januar 2008 unterzeichneten B-Teils des Vertragswerkes („B-Teil 2“) übernahm die H. darüber hinaus ein neues Risiko in Form einer weiteren Liquiditätsfazilität im Nominalwert von 400 Millionen Eu- ro für einen STCDO („Single Tranche Collateralised Debt Obligation” = Variante des CDO-Geschäftes, das seinerseits der Weitergabe von Kredit- oder sonsti- gen Risiken gegen Zahlung entsprechender Prämien dient; vgl. LG Hamburg aaO, Rn. 189 ff., 203 f.). Aufgrund dessen konnte sie ständig für aktuelle Marktwertverluste dieses Finanzprodukts in Anspruch genommen werden. Dieses Teilgeschäft stellte sich im Gesamtzusammenhang als Teil der von der H. an die B. zu gewährenden Vergütung dar.
14
c) Den Angeklagten waren zur Information und Entscheidung über den Abschluss der Transaktion in der Woche ab dem 17. Dezember 2007 vier Do- kumente („Kreditvorlage“ vom 13. Dezember 2007, eine weitere „Kreditvorlage“ vom 14. Dezember 2007, ein dieser Kreditvorlage beigefügtes „Zweitvotum“ vom 17. Dezember 2007 sowie ein „NPNM-Votum“ [Neue Produkte, Neue Märkte] vom 14. Dezember 2007, wiedergegeben im Urteil des LG Hamburg aaO, Rn. 708 ff.) mit der Bitte um alsbaldige Entscheidung vorgelegt worden. Das konkrete Vertragswerk als solches war den Angeklagten hingegen nicht bekannt. Der Vorgang war als Eilvorlage gekennzeichnet, da es eines Vertragsschlusses noch vor Jahresende 2007 bedurfte, um die mit der Transaktion bezweckten aufsichtsrechtlichen Vorteile im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2007 gegenüber der (Kapitalmarkt-)Öffentlichkeit darstellen zu können. Die Angeklagten stimmten dem Geschäftsabschluss jeweils durch Unterzeichnung der Vorlagen in der Zeit vom 17. bis 20. Dezember 2007 zu. Die Entscheidung wurde im schriftlichen Umlaufverfahren getroffen, eine mündliche Vorstandsberatung fand nicht statt.
15
Nach den Wertungen des Landgerichts enthielten die den Angeklagten vorgelegten Unterlagen in der Darstellung der Transaktion verschiedene Lücken und Unklarheiten. So war nicht ausreichend ersichtlich, in welchem Umfang eine Rechtsprüfung unter aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten stattgefunden hatte. Entgegen den bankinternen Regularien war eine Gesamtprüfung der Transaktion durch die Rechtsabteilung der H. tatsächlich nicht erfolgt; insbesondere war von ihr nicht die Frage geprüft worden, ob das Geschäft in seiner konkreten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der im B-TeiI 1 bewirkten Rückübernahme des im A-Teil abgesicherten Kreditrisikos die bezweckte Entlastung der risikogewichteten Aktiva der H. erzielen konnte. Aus den Voten war auch nicht erkennbar, aufgrund welcher rechtlicher Erwägungen die Transaktion zu einer aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalentlastung führen sollte, obwohl sich durch sie das wirtschaftliche Risiko nicht minderte und ihr Zweck damit in offensichtlichem Widerspruch zu aufsichtsrechtlichen Grundprinzipien stand (Ermöglichung einer „Plausibilitätsprüfung“). Auch die Ertrags- und Kostensitua- tion der Transaktion war nur unzureichend dargestellt. Dem NPNM-Votum vom 14. Dezember 2007 ließ sich zudem nicht eindeutig entnehmen, ob die aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorgaben erforderliche Überprüfung von für das Institut neuen Finanzprodukten nur für den A-Teil der Transaktion oder für die Gesamttransaktion durchgeführt worden war.
16
d) Entgegen der mit ihr verfolgten (aufsichts-)rechtlichen Zielsetzung führte die Gesamttransaktion „Omega 55“ bei zutreffender Anwendung der auf- sichtsrechtlichen Vorschriften nicht zu einer RWA-Entlastung und damit auch nicht zu Vorteilen bei der aufsichtsrechtlichen Bestimmung der Eigenkapitalquote. Denn bei den von der H. mit einer Ursprungslaufzeit von 364 Tagen übernommenen und damit an sich RWA-neutralen „Liquiditätsfazilitäten“ handelte es sich tatsächlich nicht um Kreditzusagen. Vielmehr haftete die H. – wie oben ausgeführt – aufgrund der besonderen vertraglichen Gestaltung der Transaktion im B-Teil 1 über die Gewährung der „Liquiditätsfazilitäten“ unmittelbar und endgültig für Wertverluste, die in dem auf die B. übertragenen Kreditportfolio eintraten (siehe LG Hamburg aaO, Rn. 488 ff.).
17
e) Da die Transaktion allein dem – nicht erreichten – Zweck der Entlastung der aufsichtsrechtlich zu bestimmenden Eigenkapitalerfordernisse diente und darüber hinaus Kosten verursachte, war sie für die H. insgesamt sinnlos; sie führte zu Vermögensverlusten, denen weder ein aufsichtsrechtlicher noch ein sonstiger Nutzen gegenüberstand. Der Transaktion wohnten bereits mit Abschluss der beiden Teilgeschäfte am 21. Dezember 2007 und am 24. Januar 2008 Vermögensnachteile für die H. in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro inne.
18
f) In der Folge wurde die Transaktion bereits im April 2008 hinsichtlich des A-Teils sowie des B-Teils 1 beendet. Die H. hatte schon zum 21. April 2008 die Kündigung veranlasst. Aus der im B-Teil 2 vereinbarten Risikoübernahme für einen STCDO erlitt die Bank in der Folgezeit erhebliche Verluste. Diese waren maßgeblich auf das für die Angeklagten nicht vorhersehbare Ausmaß der Subprime- bzw. Finanzkrise im Jahr 2008 und danach zurückzuführen. Die Marktwertverluste dieses STCDO erreichten in den Jahren 2008/2009 zeitweise mehr als drei Viertel des ursprünglichen Nominalwerts von 400 Millionen Euro. Nach einer Erholung der Verhältnisse am Kapitalmarkt, die auch eine teilweise Werterholung des STCDO bewirkt hatte, machte die H. im Frühjahr 2010 von der Möglichkeit Gebrauch, sich zu Marktkonditionen von diesem letz- ten Teil der Transaktion „Omega 55“ zu trennen. Sie erzielte in diesem Zusam- menhang einen Erlös in Höhe von ca. 254 Millionen Euro, entsprechend einem Verlust in Höhe von knapp 146 Millionen Euro des ursprünglichen Gesamtinvestments von 400 Millionen Euro.
19
Zum Vorwurf der unrichtigen Darstellung (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG):
20
Die H. veröffentlichte am 20. Juni 2008 den Quartals-Zwischenbericht für den H. -Konzern zum 31. März 2008 und eine hierauf bezogene Presse- mitteilung. In beiden Dokumenten wurde zum Stichtag 31. März 2008 ein Kon- zernüberschuss bzw. „Konzernbilanzgewinn“ von 81 Millionen Euro bei einer Bilanzsumme von 203,9 Milliarden Euro und einem Geschäftsvolumen des Konzerns von 252,1 Milliarden Euro ausgewiesen. Beide Publikationen hatten im Hinblick auf den darin ausgewiesenen Überschuss einen falschen Inhalt; fehlerhaft blieben Verluste unberücksichtigt, die sich bei zutreffender Bewertung aus der auf den STCDO bezogenen Liquiditätsfazilität aus der Transaktion „Omega 55“ ergaben. Dies beruhte wiederum auf einer fehlerhaften Anwendung der einschlägigen internationalen Rechnungslegungsvorschriften und einer daraus folgenden unzutreffenden Bilanzierung der Liquiditätsfazilität. Bei richtiger Bewertung hätte die Liquiditätsfazilität zum genannten Stichtag aufgrund der zwischenzeitlichen Marktwertverluste des STCDO und entsprechender Ziehungen der Liquiditätsfazilität mit einem Verlust von rund 112 Millionen Euro bewertet werden müssen. Anstelle eines Konzernüberschusses hätte dementsprechend im Quartals-Zwischenbericht zum 31. März 2008 und der begleitenden Pressemitteilung für den Konzern ein Verlust in Höhe von ca. 31 Millionen Euro anstelle eines Überschusses von ca. 81 Millionen Euro ausgewiesen werden müssen.
21
2. a) Das Landgericht ist zu dem Schluss gekommen, dass die Angeklagten durch ihre aufgrund nicht hinreichender Informationsgrundlage erteilte Zu- stimmung zum Abschluss der Transaktion „Omega 55“ zumindest bedingt vor- sätzlich in mehrfacher Hinsicht gegen ihre Pflichten aus § 93 Abs. 1 AktG verstoßen hätten. Gleichwohl liege keine Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB vor, da sich die Pflichtverletzungen der Angeklagten weder einzeln noch bei einer Gesamtbetrachtung als „offensicht- lich“ oder „gravierend“ darstellten.
22
b) Im Hinblick auf den gegen die Angeklagten F. und N. erhobenen Vorwurf der unrichtigen Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG fehle es an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes , da die Abweichung der im Quartalsbericht zum 31. März 2008 und der zugehörigen Pressemitteilung dargestellten Ertragslage von der sich bei richtiger Verbuchung der auf den STCDO bezogenen Liquiditätsfazilität aus der Transaktion „Omega 55“ ergebenden Ertragslage nicht erheblich gewesen sei. Bezogen auf die Bilanzsumme mache die Abweichung einen Anteil von lediglich ca. 0,0549 % und bezogen auf das Geschäftsvolumen einen Anteil von 0,0444 % aus. Vor diesem Hintergrund sei die Unrichtigkeit der Darstellung aus der unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm maßgeblichen Perspektive eines vernünftigen Beobachters bei seiner Entscheidung über das Eingehen rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehungen zur H. nicht von Bedeu- tung und daher nicht „erheblich“ oder „wesentlich“.

II.


23
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg, so dass es auf die erhobene Verfahrensbeanstandung nicht mehr ankommt.
24
1. Der Freispruch der Angeklagten vom Vorwurf der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat, nachdem es einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 93 Abs. 1 AktG bejaht hat, zu Unrecht in einem zweiten Schritt geprüft, ob sich die Pflichtverletzungen der Angeklagten als „gravierend“ bzw. „evident“ darstellen (siehe nachfolgend a bis c). Als durchgreifender Rechtsfehler erweist sich, dass die Begründung, mit der das Landgericht einerseits eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG bejaht, die es andererseits als nicht gravierend einstuft, Darstellungs- und Erörterungsmängel enthält (siehe nachfolgend d).
25
a) Im Ausgangspunkt hat das Landgericht zutreffend bedacht, dass die Anwendung des Untreuetatbestands auf „klare und deutliche“ Fälle pflichtwidri- gen Handelns zu beschränken ist; gravierende Pflichtverletzungen lassen sich nur dann bejahen, wenn die Pflichtverletzung evident ist (BVerfGE 126, 170 Rn. 110 f.; BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – 5 StR 551/11, NStZ 2013, 715). Allerdings liegt bei einem Verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG stets eine „gra- vierende“ bzw. „evidente“ Pflichtverletzung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung vor.
26
Als Vorstandsmitglieder unterlagen die Angeklagten gesellschaftsrechtlich den in §§ 76, 82, 93 AktG umschriebenen Pflichten. Danach hat der Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten, wobei die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden haben (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG). Trotz der Weisungsunabhängigkeit unterliegt das Leitungsermessen rechtlichen Grenzen. So sind nach § 82 Abs. 2 AktG der durch die Satzung festgelegte Unternehmensgegenstand, die Geschäftsordnung sowie die Zuständigkeiten anderer Organe zu beachten. Über diese Regelungen hinaus wird den Geschäftsleitern bei unternehmerischen Entscheidungen ein weiter wirtschaftlicher Entscheidungsspielraum eingeräumt, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist.
27
Sind jedoch – wie vom Landgericht angenommen – diese in § 93 Abs. 1 AktG normierten äußersten Grenzen unternehmerischen Ermessens überschritten und ist damit eine Hauptpflicht gegenüber dem zu betreuenden Unternehmen verletzt worden, so liegt eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten vor, die (gleichsam „automatisch“) so gravierend ist, dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB begründet (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2005 – 1 StR 571/04, NStZ 2006, 221). Angesichts des durch § 93 Abs. 1 AktG eingeräumten weiten unternehmerischen Entscheidungsspielraums ist für eine gesonderte Prüfung der Pflichtverletzung als „gravierend“ bzw. „evident“ kein Raum (vgl. auch LK-StGB/Schünemann, 12. Aufl., § 266 Rn. 100; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 19b mwN).
28
b) Allerdings sind die vom Landgericht in seinem „zweiten Prüfungsschritt“ herangezogenen Gesichtspunkte bereits im Rahmen der Prüfung, ob überhaupt ein Verstoß gegen § 93 Abs. 1 AktG gegeben ist, zu würdigen. Ein solcher liegt nur bei einer Überschreitung des dem Vorstand eingeräumten weiten unternehmerischen Ermessens vor. Zu diesem gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken grundsätzlich auch die Inkaufnahme der Gefahr, bei der wirtschaftlichen Betätigung Fehlbeurteilungen und Fehleinschätzungen zu unterliegen; denn derartige Entscheidungen müssen regelmäßig aufgrund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung von Chancen und Risiken getroffen werden, die die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen enthält (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331).
29
Eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG liegt vor, wenn die Grenzen , in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen , in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss (BGH, Urteile vom 21. April 1997 – II ZR 175/95, BGHZ 135, 244 Rn. 22, und vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, aaO). Diese mittlerweile als sogenannte Business Judgement Rule in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifizierten Grundsätze (vgl. RegE zu § 93 Abs. 1 AktG in BR-Drucks. 3/05, S. 20 f.) sind auch Maßstab für das Vorliegen einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 336; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, NJW 2016, 2585 Rn. 57).
30
c) Allein aus der vom Landgericht bejahten Verletzung einer Informationspflicht folgt nicht ohne weiteres auch ein Pflichtenverstoß im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG.
31
Paragraph 93 Abs. 1 Satz 2 AktG definiert einen „sicheren Hafen“; d.h., die Einhaltung seiner Voraussetzungen schließt eine Pflichtverletzung aus. Umgekehrt begründet die Überschreitung seiner Grenzen durch einen Verstoß gegen Informationspflichten allein noch keine Pflichtverletzung. Vielmehr ist auch dann pflichtgemäßes Handeln nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG möglich; allerdings indiziert der Verstoß gegen § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG eine Pflichtverletzung (hM; vgl. Krieger/Sailer-Coceani in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 14; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 93 Rn. 12; MüKo-AktG/Spindler, 4. Aufl., AktG § 93 Rn. 40 mit zahlreichen wN; aA Scholz AG 2015, 222, 227). Letztlich ist eine Verletzung der Sorgfaltspflichten aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG immer nur dann zu bejahen, wenn ein schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1997, aaO; Hüffer/Koch aaO, Rn. 8); der Leitungsfehler muss sich auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen (vgl. MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 56 mwN).
32
d) Der von der Wirtschaftsstrafkammer gewählte fehlerhafte Prüfungsansatz würde demnach allein nicht zur Aufhebung des Urteils nötigen, wenn zum einen eine Informationspflichtverletzung zu verneinen gewesen wäre; dies vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen allerdings nicht zu beurteilen (siehe nachfolgend aa). Der Freispruch der Angeklagten könnte zum anderen auch bestehen bleiben, wenn das Landgericht in seinem „zweiten Prü- fungsschritt“ hinreichend alle bei der Prüfung einer Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG zu beachtenden tatsächlichen Gesichtspunkte erörtert hätte; dies ist indes nicht der Fall (siehe nachfolgend bb).
33
aa) Das Landgericht hat es unterlassen, das Maß der Informationspflichten der Angeklagten hinreichend zu bestimmen, um ausgehend hiervon die tatsächlichen Anforderungen zu klären, denen die Vorstandsvorlagen hätten genügen müssen.
34
(1) Hinsichtlich des Maßes der Informationspflichten gilt: Um Informationspflichten zu genügen, müssen grundsätzlich in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausgeschöpft werden, um auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2008 – II ZR 202/07, NJW 2008, 3361). Die konkrete Entscheidungssituation ist danach der Bezugsrahmen des Ausmaßes der Informationspflichten. Dementsprechend ist es notwendig, aber auch ausreichend, dass sich der Vorstand eine unter Berücksichtigung des Faktors Zeit und unter Abwägung der Kosten und Nutzen weiterer Informationsgewinnung „angemessene“ Tatsachenbasis verschafft (Krieger/Sailer-Coceani aaO, Rn. 17); je nach Bedeutung der Entscheidung ist eine breitere Informationsbasis rechtlich zu fordern (MüKoAktG /Spindler aaO, Rn. 50). Dem Vorstand steht danach letztlich ein dem konkreten Einzelfall angepasster Spielraum zu, den Informationsbedarf zur Vorbe- reitung seiner unternehmerischen Entscheidung selbst abzuwägen (vgl. auch BR-Drucks. 3/05 aaO). Ausschlaggebend ist dabei nicht, ob die Entscheidung tatsächlich auf der Basis angemessener Informationen erfolgte und dem Wohle der Gesellschaft diente, sondern es reicht aus, dass der Vorstand dies vernünftigerweise annehmen durfte (Henssler/Strohn/Dauner-Lieb, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., AktG § 93 Rn. 22 mwN; MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 48; Krieger /Sailer-Coceani aaO). Die Beurteilung des Vorstands im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung muss aus der Sicht eines ordentlichen Geschäftsleiters ver- tretbar erscheinen („vernünftigerweise“).
35
(2) Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben hätte das Landgericht – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – zunächst bestimmen müssen, welchen tatsächlichen Anforderungen eine die Angeklagten hinreichend informierende Vorlage hätte genügen müssen. So hätte insbesondere geklärt werden müssen, in welcher Form eine Beteiligung der Rechtsabteilung mitzuteilen gewesen wäre, um als hinreichend zuverlässige Information zu gelten, und welche Informationen zu fordern waren, um den Angeklagten eine Plausibilitätsprüfung im Hinblick auf die Erreichung der aufsichtsrechtlichen Ziele und einen ausreichenden Eindruck von der Ertrags- und Kostensituation sowie der Risiken der Transaktion zu ermöglichen. Die bisherigen Feststellungen reichen deshalb nicht aus, um dem Senat die Beurteilung zu ermöglichen, dass die Angeklagten – entgegen der Bewertung des Landgerichts – ihren Informationspflichten genügt haben.
36
bb) Bei der Abwägung des Maßes der Pflichtverletzung (LG Hamburg aaO, Rn. 1521 ff.) erörtert das Landgericht nicht alle wesentlichen tatsächlichen Gesichtspunkte, die im Rahmen der Prüfung einer Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG zu beachten gewesen wären.
37
(1) Nach den Erwägungen des Landgerichts spricht für eine gravierende Pflichtverletzung zwar, dass die Angeklagten sich vor ihrer Zustimmung in mehrfacher Hinsicht unvollständig informiert und für eine „nicht sicher erfolgver- sprechende“ Transaktion erhebliche Kosten in Kauf genommen hätten. Jedoch hätten sie uneigennützig und in Verfolgung wichtiger strategischer Ziele gehandelt und bei der Entscheidung ihre Befugnisse nicht überschritten. Unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen seien nicht gemacht worden. Auch eine Überschreitung von Kredit- oder Risikoobergrenzen habe nicht vorgelegen. Das Maß der Verletzung der Informationspflicht sei zudem nicht „sehr schwerwie- gend“ gewesen. In der Kreditvorlage vom 14. Dezember 2007 sei die – tatsäch- lich jedoch nicht erfolgte – aufsichtsrechtliche Prüfung und Freigabe der Transaktion durch die Rechtsabteilung behauptet worden. Diese Angabe sei nur deshalb als nicht hinreichend zuverlässig anzusehen, weil es insoweit an „entspre- chend eindeutigen“ Informationen aus den Voten des (kontrollierenden) Markt- folgebereichs (Zweitvotum und NPNM-Votum) sowie an einer Erläuterung gefehlt habe, auf welchem rechtlichen Wege die RWA-Entlastung trotz fehlender Abgabe wirtschaftlicher Risiken erreicht werde. Auch in den Marktfolgevoten sei eine Befassung der Rechtsabteilung mit der Transaktion – wenn auch nicht deren abschließende Prüfung und Freigabe – bekundet worden, so dass die Angeklagten das Risiko der Nichterreichung der aufsichtsrechtlichen Transaktionsziele für gering hätten halten können. Hinsichtlich des mit der Transaktion eingegangenen erheblichen finanziellen Risikos sei zu berücksichtigen, dass den Angeklagten zwar keine verwertbaren Informationen über den Wert der auf den STCDO bezogenen Liquiditätsfazilität zur Verfügung gestanden hätten. Angesichts der in der Kreditvorlage vom 14. Dezember 2007 ausgewiesenen „AAA“-Bewertung des STCDO sowie der projizierten Ratingszenarien unter Be- rücksichtigung von Ausfällen im Referenzportfolio sei aber eine Aussage über die (geringe) Ausfallwahrscheinlichkeit der Tranche getroffen worden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass in sämtlichen den Angeklagten zur Verfügung gestellten Voten – trotz der darin enthaltenen unzureichenden Informationen – im Ergebnis der Abschluss der Transaktion empfohlen worden sei. Nach umfassender Abwägung sämtlicher Umstände sei daher das Maß einer „gravie- renden“ und „evidenten“ Pflichtverletzung nicht erreicht.
38
(2) Das Landgericht hätte indes darüber hinaus Folgendes berücksichtigen müssen:
39
(a) Insbesondere aus dem Zweitvotum vom 17. Dezember 2007 und dem NPNM-Votum vom 14. Dezember 2007 ließ sich ablesen, dass die Bewertungen der zuständigen Mitarbeiter auf unzureichender Tatsachengrundlage beruhten und ausdrücklich vorläufigen Charakter hatten. So wies das NPNM- Votum darauf hin, dass die Würdigung „vorbehaltlich einer abschließenden Prü- fung und Verifizierung der getroffenen Aussagen im Nachgang auf Basis sämt- licher finaler Unterlagen“ erfolgt sei (LG Hamburg aaO, Rn. 711, S. 1 des NPNM-Votums). Beide Voten machten unmissverständlich klar, dass sie unter erheblichem Zeitdruck angefertigt wurden („Der Zeitrahmen der zweiten Risiko- bewertung war außerordentlich eng und in Anbetracht der Komplexität sowie der zugrundeliegenden Beträge unangemessen knapp bemessen“, LG Hamburg aaO, Rn. 710, S. 5 des Zweitvotums). Sie enthielten damit „Warnsignale“, die Anlass zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der jeweils vorgenommenen Gesamtbewertung hätten geben müssen. Selbst dem Erstvotum des mit der Entwicklung der Transaktion befassten Marktbereichs vom 14. Dezember 2007, mit der das Geschäft vorgestellt und befürwortet wurde, ließen sich derartige Warnhinweise entnehmen (LG Hamburg aaO, Rn. 708 unter 5.8.2: „Zeichnungen [in zutreffender Übersetzung des englischen Originaltextes: Ziehungen] gemäß der BLF hängen weitgehend von intransparenten Repo-Preisen ab, die durch die B. gestellt werden.“). Es wäre deshalb zu erörtern gewesen, in- wieweit diese Umstände die Angeklagten – wiederum unter Berücksichtigung des Zeitfaktors (vgl. Krieger/Sailer-Coceani aaO) – zunächst zu weiteren Nachfragen hätten bewegen müssen und einer Entscheidung im Umlaufverfahren entgegengestanden hätten. Gegebenenfalls hätte das Landgericht zu prüfen gehabt, ob die Angeklagten unter Würdigung der Risiken des Unterlassens der Transaktion „Omega 55“ sogar von deren Genehmigung hätten absehen müssen.
40
(b) Als weitere Gesichtspunkte, die zugunsten der Angeklagten, aber auch zu ihren Lasten hätten sprechen können, wären mögliche Vorinformationen über RWA-Entlastungstransaktionen der Art von „Omega 55“ zu würdigen gewesen. So hatte die H. im Dezember 2007 noch weitere, teils ebenfalls komplex gestaltete RWA-Entlastungsmaßnahmen vorbereitet (LG Hamburg aaO, Rn. 31). Der Transaktion „Ruby“ hatte der Vorstand zudem bereits zuge- stimmt, bevor das Geschäft unerwartet scheiterte, wodurch die Lücke in der RWA-Entlastungsplanung entstand, die durch die Transaktion „Omega 55“ geschlossen werden sollte (LG Hamburg aaO, Rn. 31, 579 f.). Tragfähige Vorinformationen aus diesen Transaktionen hätten einerseits das Informationsbedürfnis der Angeklagten mindern können; andererseits hätten die Angeklagten aus ihnen aber auch Kenntnisse über aufsichtsrechtliche Probleme und Risiken des Geschäfts erlangt haben können.
41
(c) Soweit das Landgericht auf die „Uneigennützigkeit“ des Handelns der Angeklagten abstellt, hätte es sein Augenmerk auch darauf richten müssen, ob diese sich von der Einhaltung der bankinternen RWA-Grenzen finanzielle Vor- teile (z.B. „Boni“) versprechen konnten oder bei Verfehlung dieser Ziele ent- sprechende Nachteile zu erwarten gehabt hätten.
42
2. Auch der Freispruch der Angeklagten F. und N. vom Vorwurf eines Verstoßes gegen § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat angenommen, dass die Veröffentlichung des Quartals-Zwischenberichts für den H. -Konzern zum 31. März 2008 und die hierauf bezogene Pressemitteilung am 20. Juni 2008 nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG sei, weil die Abweichung in der Mitteilung über die Ertragslage nicht als erheblich anzusehen sei; dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
43
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG einer einschränkenden Auslegung bedarf. Die Vorschrift dient dem Schutz von Aktionären und dritten Personen, die zu der Aktiengesellschaft in rechtlicher oder wirtschaftlicher Beziehung stehen oder in eine solche Beziehung treten wollen und deshalb an dem Vermögensstand, den Verhältnissen und der Vertrauenswürdigkeit der Gesellschaft interessiert sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 – 1 StR 420/03, BGHSt 49, 381; Schaal in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Ergänzungslieferung September 2016, AktG § 400 Rn. 2). Angesichts dieses Schutzzwecks sind Erklärungen aus dem Tatbestand auszuschließen , die bei abstrakter Betrachtungsweise für eine Entscheidung der geschützten Personen, mit der Gesellschaft in rechtliche oder wirtschaftliche Beziehungen zu treten, nicht relevant sind (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2002, 275).
44
b) Zu Recht weisen die Revisionen jedoch darauf hin, dass dem Verhältnis der fehlerhaft dargestellten Ertragslage von insgesamt rund 112 Millionen Euro (Gewinn in Höhe von 81 Millionen Euro statt Verlust in Höhe von 31 Millio- nen Euro) zur Bilanzsumme und zum Gesamtgeschäftsvolumen im vorliegenden Fall keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen kann. Dieser Bezugsrahmen ist für Banken wenig geeignet, da diese aufgrund ihres Geschäftszwecks – Entgegennahme von Fremdgeldern zwecks Ausreichung von Darlehen im Aktivgeschäft – regelmäßig über besonders hohe Bilanzsummen verfügen , mithin sich die Relation in den meisten Fällen als geringfügig darstellen wird.
45
c) Ohnehin können quantitative Grenzen, wie sie in der Literatur diskutiert werden (vgl. Beck Bil-Komm/Schellhorn/Winkeljohann HGB, § 264 Rn. 56), nur Anhaltspunkte für die Erheblichkeit liefern. Sie stellen lediglich Indikatoren dar und sind durch qualitative Beurteilungskriterien zu ergänzen. Insbesondere in Zweifelsfällen ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände unverzichtbar (vgl. Dannecker in Staub, Großkommentar HGB, 5. Aufl., § 331 Rn. 64 mwN).
46
Eine solche Gesamtbetrachtung hätte das Landgericht hier vornehmen müssen. Dabei hätte etwa eingestellt werden müssen, dass die Ertragslage der H. für die Kapitalmarktöffentlichkeit unter dem Eindruck der Subprime-Krise und des durch sie hervorgerufenen allgemeinen Misstrauens gegenüber Finanzinstituten von großer Bedeutung war. Soweit das Landgericht ergänzend ausführt, dass es für die Erheblichkeit keinen Unterschied mache, ob die unrichtige Darstellung der Ertragslage zu einem Wechsel vom Verlust- in den Gewinnbereich führe, vermag dies im vorliegenden Fall nicht zu überzeugen. Vor dem Hintergrund der Subprime-Krise war es – worauf die Revision ebenfalls zu Recht hinweist – vielmehr von nicht geringem Belang, ob die H. trotz angespannter Kapitalmarktlage einen (kleinen) Quartalsgewinn erreichen konnte oder ob sie – von dieser getroffen – einen Verlust hinzunehmen hatte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund des (ursprünglich) geplanten Börsengangs.
Insoweit hätte das Landgericht auch näher darlegen müssen, ob dieser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Quartalsberichtes und der Pressemitteilung am 20. Juni 2008 noch beabsichtigt war. Gerade für (potentielle) Anleger war die Frage bedeutsam, ob trotz angespannter Kapitalmarktlage ein Gewinn erzielt werden konnte.
47
3. Der Senat hebt die an sich rechtsfehlerfreien Feststellungen des Urteils auf, da die freigesprochenen Angeklagten keine rechtliche Möglichkeit hatten , diese anzugreifen.
48
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
49
a) Für die Prüfung einer Strafbarkeit der Angeklagten nach § 266 StGB (zusätzlich zu den Hinweisen unter oben II.1.):
50
Das Landgericht hat mit nachvollziehbaren Erwägungen angenommen, dass durch die Transaktion „Omega 55“ aufsichtsrechtlich keine RWA- entlastende Wirkung erzielt wurde (LG Hamburg aaO, Rn. 482 ff.). Soweit es jedoch davon ausgegangen ist, dass die Transaktion angesichts des Ziels einer RWA-Entlastung insgesamt sinnlos gewesen und deshalb ein Vermögensnachteil in Höhe der Gesamtkosten der Transaktion eingetreten sei (LG Hamburg aaO, Rn. 991 ff.), wird das neue Tatgericht auch den „Kapitalmarkterfolg“ als möglichen Gegenwert des Vermögensverlusts in Betracht zu ziehen haben. Die Urteilsbegründung spricht bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Transaktion für das Bestehen nicht geringer Chancen, dass das Geschäft aufsichtsrechtlich nicht beanstandet worden wäre, deshalb das verfolgte Ziel, die RWA-Entlastung gegenüber der Kapitalmarktöffentlichkeit geltend zu machen, hätte erreicht werden können und Nachteile für die H. am Kapitalmarkt vermieden worden wären (siehe insbesondere LG Hamburg aaO, Rn. 1211, 1418).
Die Transaktion stellte sich wegen ihres (aufsichts-)rechtlich nicht garantierten, sondern nur faktisch erzielbaren wirtschaftlichen Erfolgs als ein „Risikogeschäft“ dar, bei dem unter besonderen Umständen die Erwartung künftiger Vorteile einen Nachteil schon bei seiner Entstehung ausgleichen und wirtschaftlich aufheben kann (BGH, Urteile vom 19. Januar 1954 – 1 StR 579/53, und vom 6. Oktober 1959 – 1 StR 203/59; so bereits RG JW 1934, 2923, Nr. 29; 1936, 882, Nr. 27).
51
Dem steht nicht entgegen, dass das Geschäft – bei nicht gegebener aufsichtsrechtlicher Anerkennungsfähigkeit – zumindest objektiv auf eine moralisch bemakelte Irreführung des Kapitalmarkts hinausgelaufen wäre. § 266 StGB hat als Vermögensschädigungsdelikt nicht die Aufgabe, Recht und Moral in geschäftlichen Beziehungen zu garantieren, sondern das Individualvermögen vor Beeinträchtigungen zu schützen (Rönnau, ZStW 2006, 887, 921). Bei der Untreue ist die Nachteilszufügung nur durch einen Vergleich des Vermögens, das der Betreute ohne die Pflichtverletzung des Täters hätte, mit dem Vermögen, über das er infolge der Pflichtverletzung verfügt, festzustellen. Dabei ist jeder Vorteil zu berücksichtigen, der durch die pflichtwidrige Handlung erzielt worden ist. Zum Vermögen gehört nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise alles, was in Geldwert messbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1975 – 4 StR 571/74, NJW 1975, 1234 mwN). Dementsprechend sind die Chancen eines „Kapitalmarkterfolges“ des Geschäfts als möglicher Ausgleich des Vermögensverlusts in Betracht zu ziehen. Dies gilt erst dann nicht mehr, wenn die Angeklagten mit der Genehmigung des Geschäfts gegen ihre Legalitätspflicht (§ 93 Abs. 1 AktG) verstoßen hätten, wofür sich aus den Feststellungen aber keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben (vgl. zur Legalitätspflicht BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09 mwN; MüKo-AktG/Spindler aaO, Rn. 73 ff. mwN).
52
b) Für die Prüfung einer Strafbarkeit der Angeklagten F. und N. nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG gilt:
53
Im angefochtenen Urteil fehlt es zum einen an einer nachvollziehbaren Darlegung der bilanziellen Falschverbuchung, die dem Quartalzwischenbericht und der hierzu ergangenen Pressemitteilung zugrunde lag. Diese wird das neue Tatgericht zu leisten haben. Im Rahmen der Prüfung des subjektiven Tatbestandes wird es sein Augenmerk darauf zu richten haben, dass nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des angefochtenen Urteils die fehlerhafte Bi- lanzierung erst im November 2008 „entdeckt“ wurde (LG Hamburg aaO, Rn. 686 ff.).
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 46/18
vom
4. Juli 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
ECLI:DE:BGH:2018:040718U5STR46.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Juli 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt B. als Verteidiger,
Rechtsanwalt P. als Vertreter der Nebenkläger A. und F. W. ,
Rechtsanwalt St. als Vertreter des Nebenklägers G. W. ,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 30. August 2017 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und festgestellt, dass seine Schuld besonders schwer wiegt. Hiergegen richtet sich die mit Verfahrensrügen und der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten. Sie bleibt ohne Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts vergewaltigte der damals 32-jährige Angeklagte in den Nachtstunden des 9. April 1987 die ihm zuvor unbekannte 18-jährige H. W. in einem Waldstück bei P. . H. W. war auf dem Heimweg von einer Freundin. Der Angeklagte nahm an seinem Opfer nach Anwendung von Gewalt bzw. Drohung mit erheblicher Gewaltanwendung mehraktige sexuelle Handlungen vor, bei denen er es sowohl in Bauch- als auch in Rückenlage auf den Waldboden brachte. Zur Gefügigmachung würgte der Angeklagte H. W. mindestens mit einem kräftigen Griff und penetrierte sie anschließend in roher Art vaginal und anal, wodurch sie erhebliche Verletzungen an Scheide und After erlitt. In diesem Zusammenhang knebelte der Angeklagte sein Opfer mit dem zuvor vom Körper gerissenen Slip, was zu Verletzungen an den Lippen, der Zunge und im Mund führte. Anschließend tötete der Angeklagte H. W. , um als Täter des vorangegangenen Delikts unerkannt zu bleiben. Dazu benutzte er den zuvor gewaltsam abgerissenen BH als Drosselwerkzeug. Er legte den verdrillten BH um den Hals, verschränkte ihn und zog ihn mit Griff im Trägerbereich mit erheblicher Komprimierungswirkung zu. Anschließend verknotete er ihn an der linken Halsseite zweifach. Danach setzte er mithilfe eines vom Moped des Opfers entfernten Gepäckhaltergummis sein Drosseln fort. Diese Drosselvorgänge wurden mit erheblicher Kraft durchgeführt, der Halsumfang damit von 29 cm auf 23 cm komprimiert. H. W. erstickte, wobei ihr Tod verzögert und nicht abrupt eintrat. Schließlich platzierte der Angeklagte im Scheideneingang der Leiche ein 1-Mark-Stück.
3
2. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des bestreitenden Angeklagten insbesondere auf eine DNA-Spur des Angeklagten gestützt, die sich am BH der Ermordeten an der Stelle fand, die beim Zuziehen besonders intensiv gegriffen werden musste (Innenbereich des ersten Knotens ). Mit sachverständiger Hilfe hat die Schwurgerichtskammer die Wahrscheinlichkeit , dass die gefundene DNA dem Angeklagten zuzuordnen ist, mit 1:510 Billionen bestimmt und zugleich eine Sekundärübertragung oder Kontamination ausgeschlossen. Neben dieser Spur hat das Landgericht als belastende Indizien gewertet, dass der Angeklagte im Juni 1989 und im Juni 1992 zweimal wegen Gewalt gegen Frauen in Zusammenhang mit Sexualkontakten straffällig geworden war, wobei er jeweils die Frauen ganz erheblich gewürgt hatte. Mit geringerem Gewicht hat das Landgericht berücksichtigt, dass es beim Angeklagten nach den Angaben seiner früheren Ehefrau im Frühjahr 1987 zu einer erheblichen Verhaltensänderung gekommen war („regelrechter Bruch“ in ihrem Zusammenleben), dass er zur Tatzeit etwa drei Kilometer Luftlinie vom Tatort entfernt gewohnt und deshalb die Umgebung des Tatorts, ein abgelegenes Waldstück, gekannt habe und dass er wenige Tage nach der nachts bei nasser Witterung und unter 10 Grad Celsius begangenen Tat vier Tage lang wegen einer „Grippeerkrankung“ krankgeschrieben gewesen sei. Die Art und Weise der Tatbegehung hat das Landgericht aus den Feststellungen zum Spurenbild sowie den Folgerungen der sachverständigen Rechtsmediziner abgeleitet und hieraus auf Tötungsvorsatz und -motiv geschlossen. Umstände, die gegen die Täterschaft des Angeklagten und für einen Alternativtäter sprechen, konnte das Landgericht nicht feststellen.
4
3. Die Schwurgerichtskammer hat die Tat des Angeklagten rechtlich als Mord gewürdigt, und zwar sowohl als Verdeckungsmord nach § 211 StGB als auch als Mord nach dem zur Tatzeit am Tatort geltenden § 112 Abs. 1 StGBDDR. Da § 112 Abs. 1 StGB-DDR in diesem Fall Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Freiheitsstrafe vorsah, § 211 StGB aber zwingend die lebenslange Freiheitsstrafe, hat das Landgericht als milderes Recht das DDR-Recht angewandt.
5
Innerhalb dieses Strafrahmens hat es unter Anwendung der Grundsätze des § 61 StGB-DDR straferschwerend das brutale Vorgehen des Angeklagten durch Vornahme zweier Drosselhandlungen mit erheblichem Kraftaufwand, das Zufügen besonderer Qualen für das Opfer, weil der Tod erst verzögert nach einem vergeblichen Todeskampf von nicht unerheblicher Dauer eintrat, und das Tatmotiv der Verdeckungsabsicht angelastet. Zu Gunsten des Angeklagten hat das Schwurgericht den beträchtlichen Zeitraum von ca. 30 Jahren zwischen Tatbegehung und Aburteilung, die krankheitsbedingte besondere Haftempfindlichkeit des Angeklagten und einen Härteausgleich mit einer inzwischen vollstreckten , an sich gesamtstrafenfähigen Freiheitsstrafe eingestellt. Aufgrund einer Gesamtschau hat es in Abwägung dieser Umstände auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt.
6
Schließlich hat das Landgericht festgestellt, dass die Schuld im Sinne von § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB besonders schwer wiegt. Diese Norm finde gemäß Art. 315 Abs. 3 EGStGB Anwendung, weil nach dem StGB-DDR eine Aussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe nicht möglich gewesen sei (§ 45 StGBDDR ). Hierbei hat es im Rahmen einer Gesamtwürdigung vor allen Dingen auf die erheblich schulderhöhende Vergewaltigung, die besonders drastische Tatbegehung und die mit der Platzierung des Geldstücks einhergehende Verhöhnung des Opfers abgestellt, die eine menschenverachtende Gesinnung offenbare. Demgegenüber hat es den bei der Strafzumessung genannten Strafmilderungsgründen , auf die es Bezug genommen hat, insgesamt nur eine nachrangige Bedeutung zugemessen.

II.


7
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
8
1. Ein Verfahrenshindernis wegen etwaiger Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten bestand und besteht nicht.
9
a) Verhandlungsfähigkeit im strafprozessualen Sinne bedeutet, dass der Angeklagte in der Lage sein muss, seine Interessen in und außerhalb der Ver- handlung vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen sowie Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (sog. Verteidigungsfähigkeit, vgl. Widmaier, NStZ 1995, 361). Dies bedeutet aber nicht, dass der Angeklagte auch tatsächlich fähig sein muss, die ihm gesetzlich eingeräumten Verfahrensrechte in jeder Hinsicht selbständig und ohne fremden Beistand wahrzunehmen. Auch bei solchen Angeklagten , deren geistige, psychische oder körperliche Fähigkeit zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte eingeschränkt ist, muss die Schuld- und Straffrage in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren geklärt und entschieden werden können. Danach liegt Verhandlungsunfähigkeit bei solchen Einschränkungen der geistigen, psychischen oder körperlichen Fähigkeiten nicht vor, wenn die Auswirkungen dieser Einschränkungen auf die tatsächliche Wahrnehmung der Verfahrensrechte durch Hilfen für den Beschuldigten hinreichend ausgeglichen werden können. Die Grenze zur Verhandlungsunfähigkeit ist erst dann überschritten , wenn dem Angeklagten auch bei Inanspruchnahme solcher verfahrensrechtlicher Hilfen eine selbstverantwortliche Entscheidung über grundlegende Fragen seiner Verteidigung und eine sachgerechte Wahrnehmung der von ihm persönlich auszuübenden Verfahrensrechte nicht mehr möglich ist (BVerfG, NStZ 1995, 391, 392).
10
Für die Verhandlungsfähigkeit im Revisionsverfahren reicht es aus, dass der Beschwerdeführer mindestens zeitweilig zu einer Grundübereinkunft mit seinem Verteidiger über die Fortführung oder Rücknahme des Rechtsmittels in der Lage ist und diese Voraussetzungen zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Entscheidung vorlagen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 4 StR 527/16; Urteil vom 10. März 1995 – 5 StR 434/94, BGHSt 41, 72, 74).
11
b) Nach diesen Maßstäben war und ist der Angeklagte verhandlungsfähig.
12
Der Senat hat aufgrund des im Urteil des Landgerichts ausführlich geschilderten Krankheitsbildes und der dort erhobenen Befunde keinen Anlass, an der Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln. Der Angeklagte hat zwar im Jahr 2012 vor dem Hintergrund von durch vieljährige alkoholtoxische Beeinträchtigung bereits vorgeschädigten Hirnleistungen einen Schlaganfall erlitten und ist im Sprachverständnis sowie in der verbalen Ausdrucksmöglichkeit gestört. In seinem Alltag kommt er aber mit Hilfe seiner Lebensgefährtin zurecht, studiert Programmzeitschriften, sieht verschiedene ausgewählte Programme und nutzt einen internetfähigen Rechner, auch zum Herunterladen von Dateien und zum Spielen. Allgemeine Auffassungsgabe, Orientierung und das Lang- und Kurzzeitgedächtnis sind nach Auffassung des hierzu gehörten Sachverständigen als grundsätzlich intakt zu bewerten, allerdings zeitlich eingeschränkt infolge des Störungsbildes. Trotz der sprachlichen Defizite ist nach Angabe des medizinischen Sachverständigen eine substantielle Kommunikation mit dem Angeklagten durchaus möglich. Im Rahmen der Exploration habe er sich auch mit dem Tatvorwurf inhaltlich auseinandersetzen können. Sein Schachspielen mit einem Nachbarn belege, dass er grundsätzlich auch zu höheren Hirnleistungen fähig sei. Diese gutachterliche Einschätzung hat die Schwurgerichtskammer durch die Verhaltensbeobachtung des Angeklagten in der Hauptverhandlung bestätigt gefunden.
13
Angesichts der umfangreichen und ausführlichen, mit sachverständiger Hilfe getroffenen und zeitnahen Feststellungen der Schwurgerichtskammer sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Gutachtens vom 31. Janu- ar 2016 sowie der Mitteilung der Justizvollzugsanstalt Z. vom 14. Juni 2018 keinen Anlass, diese Frage noch weiter freibeweislich zu klären.
14
2. Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts erfolglos. Ergänzend bemerkt der Senat, dass die Rüge, das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen sei zu Unrecht verworfen worden (vgl. § 74 StPO), jedenfalls auch unbegründet ist.
15
3. Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung.
16
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts, das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Seine tatsächlichen Schlussfolgerungen müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Zu seiner Überzeugungsbildung kann es auch allein ein einziges Beweisanzeichen wie etwa einen Fingerabdruck oder eine DNA-Spur heranziehen (vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420; vom 1. Oktober 2013 – 1 StR 403/13, NStZ 2014, 475, und vom 11. Juni 1952 – 3 StR 229/52). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2013 – 1 StR 403/13 aaO mwN).
17
b) Gemessen hieran sind Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung nicht ersichtlich. Das Schwurgericht hat sich seine Überzeugung auf tragfähiger Grundlage gebildet und alternative Geschehensabläufe hinreichend ausgeschlossen. Die sorgfältige Beweiswürdigung wird den mit dem Zeitablauf von fast 30 Jahren einhergehenden Besonderheiten gerecht.
18
4. Die Feststellungen tragen den Schuld- und Strafausspruch.
19
a) Bei der Frage des anwendbaren Rechts gilt nach Art. 315 Abs. 1 EGStGB das Meistbegünstigungsprinzip aus § 2 Abs. 3 StGB (vgl. hierzu auch Dannecker, LK, 12. Aufl., § 2 Rn. 105 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dabei anhand des konkreten Falls ein Gesamtvergleich des früher und des derzeit geltenden Strafrechts vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 1991 – 5 StR 523/90, BGHSt 37, 320). Die Prüfung findet dabei nicht bei jedem Schritt der Rechtsfindung gesondert statt, sondern es gilt der Grundsatz strikter Alternativität der zwei nebeneinanderstehenden Regelungen (BGH aaO und Urteil vom 3. Juli 1991 – 5 StR 209/91, BGHSt 38, 18). Dies erfordert, dass der festgestellte Sachverhalt unter das alte und das neue Recht subsumiert und anschließend geprüft wird, welches Recht insgesamt milder ist (konkrete Betrachtungsweise, vgl. Dannecker aaO Rn. 106 ff. mwN).
20
b) Bei der danach gebotenen Prüfung ist die Schwurgerichtskammer ohne Rechtsfehler (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 f.) zu dem Ergebnis gelangt, dass der Angeklagte sowohl nach dem zur Tatzeit geltenden § 112 StGB-DDR als auch nach § 211 StGB mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen ist.
21
5. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht auch § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB angewendet und rechtsfehlerfrei eine besondere Schuldschwere bejaht.
22
a) Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ist systematisch kein Teil der Entscheidung zu Schuld- und Strafausspruch. Sie ist vielmehr eine Entscheidung für das Vollstreckungsverfahren, die das Bundesverfassungsgericht aus diesem herausgelöst und dem Tatgericht übertragen hat. Sie dient nicht der Bemessung der Sanktion, sondern der Vorbereitung einer Entscheidung über die Aussetzung ihrer weiteren Vollstreckung. Diese Entscheidung obliegt dem Vollstreckungsgericht; es hat – neben den sonstigen Voraussetzungen – zu prüfen, ob die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet. Nur um sie vorzubereiten, hat das Tatgericht schon im Urteil die Umstände aufzuführen, die eine Beurteilung der Schuldschwere ermöglichen; es hat diese Umstände abzuwägen, zu gewichten und danach zu entscheiden, ob die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt. Bejaht das Tatgericht das, so ist damit weder eine Aussage getroffen, ob später die Strafe länger als 15 Jahre vollstreckt noch – falls das Vollstreckungsgericht längere Vollstreckung für geboten erachtet –, wie lange die weitere Verbüßung dauern wird. Die Tätigkeit des Tatrichters beschränkt sich darauf, dem Vollstreckungsgericht die Anordnung längerer Vollstreckung aus dem Grund besonderer Schuldschwere zu ermöglichen, und sie liefert ihm, wenn es von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, die Grundlage, die es braucht, um die Verlängerung der Vollstreckung unter diesem Gesichtspunkt zeitlich zu bestimmen (BGH, Beschluss vom 22. November 1994 – GSSt 2/94, BGHSt 40, 360, 366 f.).
23
b) Es kann dahinstehen, ob aufgrund dieses Charakters § 57a StGB auf Fälle der vorliegenden Art anzuwenden ist, oder die Regelung des § 2 StGB insofern Anwendung findet (vgl. hierzu Dannecker aaO Rn. 104). Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob sich dies daraus ergibt, dass § 2 StGB auf eine Rechtsfolgenentscheidung insgesamt (also einschließlich § 57a StGB) oder – wovon die Strafkammer ausgegangen ist – allein (mangels einer entspre- chenden Vorschrift im StGB-DDR) als das mildere Recht anzuwenden ist. Zu beachtendes milderes Zwischenrecht (vgl. Dannecker aaO Rn. 116) galt insoweit nicht, so dass jedenfalls im Ergebnis § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB anzuwenden war und ist (vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Januar 2006 – 1 Ws 186/05, OLG-NL 2006, 118; ferner BVerfG, NJ 1995, 198 m. Anm. Lemke).
24
c) Bei der insoweit gebotenen Prüfung der besonderen Schuldschwere hat das Tatgericht ohne Bindung an begriffliche Vorgaben die schuldrelevanten Umstände zu ermitteln und zu gewichten. Alsdann hat er im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit die Schuld daraufhin zu bewerten, ob sie nach seiner Auffassung besonders schwer ist. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld kann dabei nur dann in Betracht kommen, wenn Umstände vorliegen, die Gewicht haben. Nur dies wird der nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu treffenden Entscheidung gerecht, die die Möglichkeit eines fünfzehn Jahre überschreitenden Freiheitsentzuges eröffnet. Solche Umstände können beispielsweise eine besondere Verwerflichkeit der Tatausführung oder der Motive, mehrere Opfer bei einer Tat, die Begehung mehrerer Mordtaten oder – im oder ohne Zusammenhang mit dem Mord begangene – weitere schwere Straftaten sein. Hierbei ist jedoch stets zu bedenken , dass solche Umstände nicht ohne weiteres, sondern nur im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung zur Bejahung der besonderen Schwere der Schuld führen können. Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der Entscheidung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat, darf aber nicht seine Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen (BGH aaO S. 370).
25
d) Diesen Vorgaben werden die Ausführungen des Schwurgerichts gerecht. Es hat bei der Feststellung der besonderen Schuldschwere insbesondere die besondere Verwerflichkeit der konkreten Tatausführung in den Blick genommen , aber auch den langen Zeitablauf und die aufgrund seiner Krankheit besondere Haftempfindlichkeit des Angeklagten berücksichtigt. Das Ergebnis seiner Wertung ist angesichts der eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht hinzunehmen.
26
6. Die Schwurgerichtskammer hat rechtsfehlerfrei auch einen Härteausgleich dafür abgelehnt, dass infolge zwischenzeitlichen Straferlasses nach Teilvollstreckung keine Gesamtstrafe mit an sich gesamtstrafenfähigen Verurteilungen zu neun Monaten Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Kreisgerichts Plauen vom 21. Juli 1989 (Tatzeit 16. Dezember 1988) und zu zwei Jahren aus dem Urteil des Kreisgerichts Plauen vom 7. September 1989 (Tatzeit der dort mit ausgeurteilten sexuellen Nötigung 8. Juni 1989) gebildet werden kann. Aus den Strafen der beiden genannten Urteile wurde durch Beschluss des Kreisgerichts Plauen vom 13. Oktober 1989 eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gebildet, wobei sich der Strafausspruch des zweiten einbezogenen Urteils zusätzlich auf die unbefugte Benutzung von Fahrzeugen und einen weiteren nicht eintragungsfähigen Schuldspruch bezog. Aufgrund Amnestie wurde die Freiheitsstrafe auf ein Jahr und acht Monate reduziert, der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und schließlich erlassen. Schon im Hinblick hierauf war das Landgericht zur Gewährung eines Härteausgleichs aus Rechtsgründen nicht verpflichtet. Im Übrigen kann die Unmöglichkeit der Gesamtstrafenbildung mit an sich gesamtstrafenfähigen Strafen im Vollstreckungsverfahren bei der Festsetzung der Mindestverbüßungszeit der verhängten lebenslangen Frei- heitsstrafe (§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) ausgeglichen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 4 StR 358/08, NStZ-RR 2009, 104; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 5 StR 433/09, BGHSt 54, 259, 261).
Mutzbauer Sander Berger
Mosbacher Köhler

(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. Januar 1983 in Kraft.

(2) Am Tag nach der Verkündung treten in Kraft:

1.
der zweite Teil,
2.
§ 28 Satz 3,
3.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 555/18
vom
13. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2019:130219B4STR555.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Februar 2019 gemäß § 206a StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 27. August 2018 aufgehoben und das Verfahren eingestellt. 2. Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.000 EUR angeordnet; im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des angegriffenen Urteils, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist und zur Einstellung des Verfahrens (§ 206a StPO). Hinsichtlich des abgeurteilten Betrugs fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift und demzufolge an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss.
2
1. a) Durch die mit Beschluss des Landgerichts Detmold vom 8. März 2018 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staats- anwaltschaft Detmold vom 18. Januar 2018 ist dem Angeklagten zur Last gelegt worden, am 20. April 2017 ein Verbrechen des besonders schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) begangen zu haben. Hierzu ist im konkreten Anklagesatz ausgeführt, dass der Angeklagte mit einem bisher unbekannt gebliebenen Mittäter am 20. April 2017 maskiert und mit einer silberfarbenen geladenen Gaspistole einen Überfall auf ein Lebensmittelgeschäft durchgeführt und neben Bargeld auch eine Armbanduhr erbeutet haben soll. Darüber hinaus ist im Anklagesatz festgehalten, dass „der Angeschuldigte und sein Mittäter“ die Uhr „an den B. er Hells-Angels-Präsidenten Y. “ verkauften.
3
b) Das Landgericht hat den Angeklagten vom Tatvorwurf des besonders schweren Raubes freigesprochen. Es hat sich weder von seiner Tatbeteiligung am Raub noch davon zu überzeugen vermocht, dass er sich der Hehlerei schuldig gemacht hat. Es hat ihn jedoch wegen Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) verurteilt, weil der Angeklagte die durch den verfahrensgegenständlichen Überfall am 20. April 2017 erbeutete Armbanduhr zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 25. April 2017 und dem 9. Mai 2017 an den – gutgläubigen – Y. zum Preis von 1.000 EUR verkauft und ihm dabei vorgespiegelt habe, dass die Uhr nicht aus einer rechtswidrigen Tat stamme , sondern er sie legal erworben habe. Die Armbanduhr wurde später bei Y. sichergestellt und an den Berechtigten herausgegeben.
4
2. Es fehlt an der Identität zwischen der abgeurteilten Tat und dem von der Anklageschrift erfassten Lebenssachverhalt.
5
a) Gegenstand der Urteilsfindung ist gemäß § 264 Abs. 1 StPO die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhand- lung darstellt. Tat im Sinne dieser Vorschrift ist ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Juni 2006 – 3 StR 79/06, NStZ-RR 2006, 316, 317; Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 1 StR 273/15, NJW 2016, 1747). Die Tat als Prozessgegenstand ist dabei nicht nur der in der Anklage umschriebene und dem Angeklagten darin zur Last gelegte Geschehensablauf; vielmehr gehört dazu das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorgang nach der Auffassung des Lebens ein einheitliches Vorkommnis bildet (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 1999 – 1 StR 262/99, NStZ 1999, 523, 524; Urteil vom 29. September 1987 – 4 StR 376/87, BGHSt 35, 60, 62). Verändert sich im Verlaufe des Verfahrens das Bild des Geschehens, wie es in der Anklageschrift und dem Eröffnungsbeschluss umschrieben ist, so ist die Prüfung der Frage, ob die Identität der prozessualen Tat trotz Veränderung des Tatbildes noch gewahrt ist, nach dem Kriterium der „Nämlichkeit“ der Tat zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 16. August 2018 – 4 StR 200/18, NStZ-RR 2018, 353, 354; Urteil vom 22. Juni 2006 – 3 StR 79/06, NStZ-RR 2006, 316). Dies ist – ungeachtet gewisser Unterschiede – dann der Fall, wenn bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als ein einmaliges und unverwechselbares Geschehen kennzeichnen (BGH, Urteile vom 20. November 2014 – 4 StR 153/14, StraFo 2015, 68, 69; vom 22. Juni 2006 – 3 StR 79/06, aaO; siehe auch BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 – 2 StR 390/17, Rn. 18). Die prozessuale Tat wird in der Regel durch Tatort, Tatzeit und das Tatbild umgrenzt und insbesondere durch das Täterverhalten sowie die ihm innewohnende Angriffsrichtung sowie durch das Tatopfer bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1987 – 4 StR 376/87, BGHSt 35, 60, 64).
6
b) Gemessen hieran ist der abgeurteilte Betrug zum Nachteil des Tatopfers Y. nicht Gegenstand der zugelassenen Anklage. Insoweit handelt es sich nicht um die nämliche Tat im Sinne des § 264 StPO. Beide Lebensvorgänge unterscheiden sich nicht nur im Hinblick auf Tatzeit und Tatort, sondern insbesondere in Bezug auf das Tatbild, das Tatopfer sowie die Angriffsrichtung. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der abgeurteilte Betrug auf einen aus dem Raub stammenden Beutegegenstand bezogen ist. Anders als in der Fallkonstellation einer sich an den Raub anschließenden Hehlerei, in denen der Tatbestand der Hehlerei als ein mit dem vorangegangenen Raub einheitliches geschichtliches Vorkommnis bildender Vorgang angesehen worden ist, wenn und soweit sich der Angeklagte „als Glied in der sich an diese Tat anschließenden ‚Verwertungskette‘ für das Raubgut hehle- risch betätigte“ (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 1999 – 1 StR 262/99, NStZ 1999, 523, 524; siehe aber auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 423/87, BGHSt 35, 172, 174; Beschluss vom 16. Oktober 1987 – 2 StR 258/87, BGHSt 35, 80, 82), fehlt es in der vorliegenden Fallkonstellation schon aufgrund der unterschiedlichen Angriffsrichtung an einem in diesem Sinne engen Zusammenhang mit der Vortat.
7
Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft die Tatsache der Veräußerung der Uhr durch den Angeklagten in den Anklagesatz aufgenommen und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen erwähnt hat. Die in der Anklageschrift enthaltenen Hinweise erfolgten ersichtlich nicht zum Zwecke einer Ausdehnung des Anklagevorwurfs auf dieses Geschehen, sondern sind im Sinne eines Beweisanzeichens zur Stützung des Verdachts einer Beteiligung des Angeklagten an der Tat in die Anklageschrift aufgenommen worden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1987 – 2 StR 258/87, BGHSt 35, 80, 81). Anhaltspunkte dafür, dass die Veräußerung eines Teils der Tatbeute deliktisch erfolgt sein und der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft sich auch auf dieses Geschehen erstrecken könnte, sind weder dem konkreten Anklagesatz noch dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, das zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 16. August 2018 – 4 StR 200/18, NStZ-RR 2018, 353; Urteile vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 133; und vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09, NStZ 2010, 159, 169), zu entnehmen.
8
c) Da eine Nachtragsanklage nicht erhoben ist, muss das Verfahren wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernisses fehlender Anklage eingestellt werden.
Sost-Scheible Cierniak Bender
Quentin Bartel

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Ist der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden oder hat das Gericht über die Tat als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat rechtskräftig entschieden, so kann dieselbe Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

(2) Das rechtskräftige Urteil über die Tat als Ordnungswidrigkeit steht auch ihrer Verfolgung als Straftat entgegen. Dem rechtskräftigen Urteil stehen der Beschluß nach § 72 und der Beschluß des Beschwerdegerichts über die Tat als Ordnungswidrigkeit gleich.

(1) Hält das Gericht eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich, so kann es durch Beschluß entscheiden, wenn der Betroffene und die Staatsanwaltschaft diesem Verfahren nicht widersprechen. Das Gericht weist sie zuvor auf die Möglichkeit eines solchen Verfahrens und des Widerspruchs hin und gibt ihnen Gelegenheit, sich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Hinweises zu äußern; § 145a Abs. 1 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. Das Gericht kann von einem Hinweis an den Betroffenen absehen und auch gegen seinen Widerspruch durch Beschluß entscheiden, wenn es den Betroffenen freispricht.

(2) Geht der Widerspruch erst nach Ablauf der Frist ein, so ist er unbeachtlich. In diesem Falle kann jedoch gegen den Beschluß innerhalb einer Woche nach Zustellung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den gleichen Voraussetzungen wie gegen die Versäumung einer Frist beantragt werden; hierüber ist der Betroffene bei der Zustellung des Beschlusses zu belehren.

(3) Das Gericht entscheidet darüber, ob der Betroffene freigesprochen, gegen ihn eine Geldbuße festgesetzt, eine Nebenfolge angeordnet oder das Verfahren eingestellt wird. Das Gericht darf von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen.

(4) Wird eine Geldbuße festgesetzt, so gibt der Beschluß die Ordnungswidrigkeit an; hat der Bußgeldtatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur Bezeichnung der Ordnungswidrigkeit verwendet werden. § 260 Abs. 5 Satz 1 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. Die Begründung des Beschlusses enthält die für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen das Gericht die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit sieht. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Ferner sind die Umstände anzuführen, die für die Zumessung der Geldbuße und die Anordnung einer Nebenfolge bestimmend sind.

(5) Wird der Betroffene freigesprochen, so muß die Begründung ergeben, ob der Betroffene für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die als erwiesen angenommene Tat nicht als Ordnungswidrigkeit angesehen worden ist. Kann der Beschluß nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist.

(6) Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn die am Verfahren Beteiligten hierauf verzichten. In diesem Fall reicht der Hinweis auf den Inhalt des Bußgeldbescheides; das Gericht kann unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen zusätzliche Ausführungen machen. Die vollständigen Gründe sind innerhalb von fünf Wochen zu den Akten zu bringen, wenn gegen den Beschluß Rechtsbeschwerde eingelegt wird.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

Im Strafverfahren ist die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung der Tat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zuständig, soweit ein Gesetz nichts anderes bestimmt.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 9/15
vom
7. November 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen banden-und gewerbsmäßigen Betrugs u.a.
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
Verb. mit HRiG § 2; HBG § 95 Nr. 1; HMuSchEltZVO § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Der nachgeburtliche Mutterschutz einer Richterin führt zu einem Dienstleistungsverbot
, das ihrer Mitwirkung in der Hauptverhandlung entgegensteht. Deren
Fortsetzung ohne Beachtung der Mutterschutzfrist führt zur gesetzwidrigen
Besetzung des erkennenden Gerichts.
BGH, Urteil vom 7. November 2016 – 2 StR 9/15 – LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2016:071116U2STR9.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 2. November 2016 in der Sitzung am 7. November 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Ott, Richter am Bundesgerichtshof Zeng, Erster Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten S. , Rechtsanwalt in der Verhandlung, Rechtsanwalt in der Verhandlung, als Verteidiger des Angeklagten M. , Rechtsanwältin in der Verhandlung, als Verteidigerin der Angeklagten K. , Justizangestellte , als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. April 2014, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in 16 Fällen, Betrugs in zwei Fällen und Beihilfe zum Betrug in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten M. hat es wegen Betrugs in fünf Fällen , wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte K. hat es wegen banden - und gewerbsmäßigen Betrugs in sieben Fällen sowie Betrugs unter Einbeziehung einer früheren Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 9. Januar 2013 eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verhängt. Außerdem hat es Entscheidungen nach § 111i StPO getroffen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten, die mit einer Verfahrensrüge Erfolg haben.

I.

2
Die Beschwerdeführer machen eine Verletzung von § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in Verbindung mit § 2 HRiG, § 95 Nr. 1 HBG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HMuSchEltZVO als Rechtsfehler bei der Besetzung des Gerichts geltend (§ 338 Nr. 1 StPO). Dem liegt Folgendes zu Grunde:
3
Die von der Strafkammer durchgeführte Hauptverhandlung begann am 24. August 2012 und endete am 11. April 2014. Die Strafkammer war mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Ein Ergänzungsrichter wurde nicht hinzugezogen. An der Hauptverhandlung und am Urteil wirkte eine Richterin als Berichterstatterin mit, die im Lauf der Hauptverhandlung schwanger wurde und dies im Hauptverhandlungstermin vom 20. Dezember 2013 erkennbar noch war.
4
Die Hauptverhandlung wurde am 20. Dezember 2013 bis zum 3. Januar 2014 unterbrochen. Im Fortsetzungstermin am 3. Januar 2014 war zu erkennen , dass die Richterin nicht mehr schwanger war, also entbunden hatte. Die Hauptverhandlung wurde an diesem Tag mit der Verkündung von Beschlüssen über die Zurückweisung von Beweisanträgen fortgesetzt; danach wurde die Verhandlung bis zum 31. Januar 2014 unterbrochen. Fragen der Verteidiger danach, ob und wann die Richterin entbunden habe, wurden in der Folgezeit weder von der Strafkammer noch vom Präsidenten des Landgerichts oder vom Justizministerium beantwortet.
5
Die Verteidiger erhoben in der Hauptverhandlung vom 31. Januar 2014 einen Besetzungseinwand, weil am 3. Januar 2014 eine Richterin mitgewirkt habe, die kraft Gesetzes hiervon ausgeschlossen gewesen sei. Die Strafkammer wies diesen Einwand durch Beschluss vom 20. Februar 2014 zurück. Sie erklärte, die Besetzung des Gerichts sei ordnungsgemäß. Dazu werde auf den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und die Mitwirkungsgrundsätze der Strafkammer verwiesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 6 Abs. 1 MuSchG in Verbindung mit § 2 HRiG, § 95 Nr. 1 HBG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HMuSchEltZVO. Hierbei handele es sich nicht um eine Regelung über die Besetzung des Gerichts. Einer Richterin stehe aufgrund ihrer sachlichen Unabhängigkeit die Ausübung des Richteramts auch in der Zeit des Mutterschutzes frei. Ihr könne ein überobligationsmäßiger Einsatz nicht untersagt werden. Die Anwendung von § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG würde dazu führen, dass eine bereits begonnene Hauptverhandlung auszusetzen sei; dies sei mit dem Beschleunigungsgebot nicht zu vereinbaren und liege nicht im Interesse der Angeklagten. Der Rechtskreis des Angeklagten sei vom Schutzzweck des § 6 Abs. 1 MuSchG nicht berührt.

II.

6
Die Revisionen haben Erfolg.
7
1. Die Verfahrensrügen sind zulässig.
8
Auf einen Besetzungseinwand im Sinne von § 222b StPO als Rügevoraussetzung (§ 338 Nr. 1 Halbsatz 2 StPO) kommt es nicht an. Nach dieser Vorschrift kann ein Besetzungseinwand zwar nur bis zum Beginn der Vernehmung des ersten Angeklagten zur Sache in der Hauptverhandlung geltend gemacht werden. Tritt ein Fehler in der Besetzung des Gerichts aber erst später ein, gilt diese Regelung nicht.
9
2. Die Verfahrensrügen sind auch begründet. Die Strafkammer war jedenfalls in der Sitzung vom 3. Januar 2014 nicht gesetzeskonform besetzt.
10
a) Der Senat hat keinen Anlass, im Freibeweisverfahren weitere Maßnahmen zur Aufklärung des prozessualen Sachverhalts zu ergreifen. Der Senat ist davon überzeugt, dass die schwanger gewordene Richterin in der Zeit zwischen dem 20. Dezember 2013 und dem 3. Januar 2014 entbunden und ein lebendes Kind zur Welt gebracht hat. Dies folgt schon aus dem entsprechenden Revisionsvorbringen, das weder von der Staatsanwaltschaft in einer Revisionsgegenerklärung noch von den Berufsrichtern der Strafkammer in ihren dienstlichen Erklärungen, die in einem gegen sie gerichteten Ablehnungsverfahren abgegeben wurden, oder in der Begründung des Beschlusses der Strafkammer vom 20. Februar 2014 in Abrede gestellt wurde.
11
b) Die Strafkammer hat den auch ihrem Beschluss vom 20. Februar 2014 zu Grunde gelegten Sachverhalt rechtsfehlerhaft bewertet. Sie war jedenfalls am 3. Januar 2014 falsch besetzt, weil die Berichterstatterin infolge des absoluten Dienstleistungsverbots aus § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in Verbindung mit § 2 HRiG, § 95 Nr. 1 HBG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HMuSchEltZVO an der Mitwirkung in der Hauptverhandlung verhindert war.
12
aa) Es stand nicht im Belieben der von dem Dienstleistungsverbot betroffenen Richterin, ob sie in der Mutterschutzfrist an der Hauptverhandlung teilnehmen oder den Mutterschutz in Anspruch nehmen wollte. Auch der Spruchkörper konnte darüber nicht disponieren.
13
Das absolute Dienstleistungsverbot gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in Verbindung mit § 2 HRiG, § 95 Nr. 1 HBG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HMuSchEltZVO ist zwingendes Recht (vgl. BAG, Urteil vom 28. August 1960 – 1 AZR 202/59,BAGE 10, 7 ff.; LG Bremen, Beschluss vom 28. April 2010 – 22 Ks 210 Js 2251/09 in juris; Ambs in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Neben- gesetze, 207. Lfg., MuSchG Vorbem. Rn. 1; Buchner/Becker, Mutterschutz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, 8. Aufl., § 6 MuSchG Rn. 12; BeckOKArbR /Schrader, 40. Ed., MuSchG § 6 Rn. 1, 7). Es steht weder zur Disposition des Dienstherrn noch konnte die Richterin darauf verzichten. Dem steht nicht entgegen, dass es der dienstleistenden Richterin anheim gegeben ist, ihrem Dienstherrn die Tatsachen der Schwangerschaft sowie der Entbindung bekannt zu geben. Die Schutzwirkung des § 6 MuSchG und das daraus folgende Be- schäftigungsverbot setzen nicht eine Mitteilung der Mutter, sondern allein Kenntnis des Arbeitgebers beziehungsweise Dienstherrn voraus; ihm ist eine Beschäftigung der Mutter auch dann untersagt, wenn diese einer Dienstleistung zustimmt oder sie gar verlangt.
14
Die beisitzende Richterin durfte sich danach nicht freiwillig zur Dienstleistung in der Hauptverhandlung bereit erklären. Das Gesetz will durch die zwingende Anordnung eines Dienstleistungsverbots einen Entscheidungsdruck von der Mutter nehmen, ob sie freiwillig überobligatorischen Einsatz zeigen oder den gesetzlichen Mutterschutz in Anspruch nehmen will. Der nachgeburtliche Mutterschutz kommt deshalb in seinen Auswirkungen auf die Gerichtsbesetzung in der Hauptverhandlung einer Verhinderung wegen Dienstunfähigkeit gleich (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16. Februar 2016 – III-3 RBs 385/15). Kann der Verhinderungsfall nicht durch Unterbrechung der Hauptverhandlung oder Eintritt eines Ergänzungsfalls überbrückt werden, ist das Gericht in der strafprozessualen Hauptverhandlung, für die – anders als in anderen Prozessordnungen – das Gebot der Kontinuität des Quorums und Anwesenheit der für das Urteil zuständigen Richter gemäß § 226 StPO gilt, nicht vorschriftsgemäß besetzt (vgl. SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 192 GVG Rn. 10).
15
Konnte die Hauptverhandlung nicht im Rahmen der gesetzlichen Unterbrechungsfristen gemäß § 229 StPO mit der Richterin fortgesetzt werden und wurde eine die Mutterschutzfrist beachtende Unterbrechung nicht angeordnet, war von einer Verhinderung der Richterin an der weiteren Mitwirkung in der Hauptverhandlung auszugehen. Da diese Folge auf einer gesetzlichen Regelung beruht, wurde zugleich in den Schutzbereich des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG eingegriffen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2016 – 3 StR 544/15, NStZ 2016, 557 mit Anm. Ventzke; Norouzi in Festschrift für von Heintschel-Heinegg, 2015, S. 349, 352 f.).
16
bb) Hiervon wurden die Angeklagten in ihrem Rechtskreis betroffen. Der Schutzzweck des Mutterschutzgesetzes, der die Gesundheit von Mutter und Kind im Auge hat, ändert nichts an diesen prozessualen Folgen des Dienstleistungsverbots. Ebenso wenig kann aus der Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit, in welcher Frauen heute häufiger als zum Zeitpunkt des GesetzesErlasses Tätigkeiten nachgehen, die eine Gesundheitsgefährdung von Mutter und Kind nicht (mehr) ohne weiteres besorgen lassen, eine Einschränkung des zwingenden Gesetzesbefehls hergeleitet werden. Dasselbe gilt für den Umstand , dass bei freiberuflich tätigen Frauen – also etwa auch bei Rechtsanwältinnen in demselben Strafverfahren – die Vorschriften des MuSchG gar nicht anwendbar sind, eine mögliche Schutzfrist hier also allein im Belieben der Betroffenen steht.
17
Nach dem Gesetzlichkeitsprinzip aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf es, soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 MuSchG gegeben sind, angesichts der zwingenden gesetzlichen Regelung nicht vom Willen der Richterin abhängig sein, ob sie weiter an der Hauptverhandlung mitwirkt oder das Dienstleistungsverbot befolgt. Andernfalls wäre auch in einer Hauptverhandlung , in der ein Ergänzungsrichter im Sinne von § 192 Abs. 2 GVG zur Verfügung steht, dessen Eintritt in das Quorum vom willkürlichen Bejahen oder Fehlen der Bereitschaft der Richterin zum überobligationsmäßigen Einsatz abhängig. Das wäre mit dem Gebot der Bestimmtheit der gesetzlichen Mitwirkungszuständigkeit gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar.
18
cc) Aus der sachlichen Unabhängigkeit der Richterin gemäß Art. 97 Abs. 1 GG ergibt sich nichts anderes. Die Schutzbereiche des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und des Art. 97 Abs. 1 GG sind voneinander zu unterscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 2 BvR 610, 625/12, NJW 2012, 2334, 2335). Kein Richter hat aufgrund von Art. 97 Abs. 1 GG einen Anspruch darauf, an einer Sachentscheidung durch Strafurteil mitzuwirken, wenn er – obwohl durch gesetzliche Vorausbestimmung zur Mitwirkung berufen – durch zwingende gesetzliche Vorschriften an der Mitwirkung verhindert ist. Durch Art. 97 Abs. 1 GG wird allein die sachliche Unabhängigkeit des Richters im Fall der Begründung seiner Entscheidungszuständigkeit gewährleistet, nicht aber eine Unabhängigkeit dahin, über die Entscheidungszuständigkeit selbst zu disponieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 BvR 2718/10, 1849, 2808/11, BVerfGE 139, 145, 174).
19
dd) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG steht auch der Möglichkeit entgegen, die Besetzungsfrage im Rahmen einer Interessenabwägung von den Umständen des Einzelfalls, etwa dem Umfang und der Eilbedürftigkeit der Sache abhängig zu machen. Andernfalls wäre eine „bewegliche“ Mitwirkungszuständigkeit ohne nachprüfbare normative Kriterien für die Entscheidung im Einzelfall eröffnet. Der Strafkammer stand hinsichtlich der auch von Amts wegen durchzuführenden Prüfung der Richtigkeit der Besetzung wegen des absoluten Dienstleistungsverbots für die Berichterstatterin, das im Gegensatz zu Fällen eines relativen Dienstleistungshindernisses vor der Geburt nach § 3 MuSchG auch nicht von einer medizinischen Prognose abhängig war, insoweit kein Ermessen zu.
20
Da das Dienstleistungsverbot nach § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG in Verbindung mit § 2 HRiG, § 95 Nr. 1 HBG und § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HMuSchEltZVO nach der Entbindung unmittelbar kraft Gesetzes entsteht und es einer Umsetzung durch eine gerichtliche Entscheidung nicht bedarf, kommt es auf den für Gerichtsentscheidungen über Mitwirkungszuständigkeiten geltenden Willkürmaßstab aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht an (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Mai 1986 – 2 StR 854/84, StV 1986, 369, 370).
21
c) Das Urteil beruht nach der gesetzlichen Vermutung aus § 338 Nr. 1 Halbsatz 1 StPO auf dem Besetzungsfehler.
22
3. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, gemäß § 354 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 StPO die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen. Fischer Krehl Eschelbach RinBGH Dr. Ott ist aus Zeng rechtlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 571/15
vom
10. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs u.a.
zu 2.: Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:100516B1STR571.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 10. Mai 2016 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten H. gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2014 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte H. hinsichtlich Ziffer III.8. der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung in vier Fällen (Gewerbesteuer 2003 bis 2006) und versuchter Steuerhinterziehung (Gewerbesteuer 2007) verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen dieses Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das Urteil, soweit es den Angeklagten H. betrifft, aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte H. wegen Steuerhinterziehung in neun Fällen , wegen versuchter Steuerhinterziehung, wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Betrug und wegen Beihilfe zur gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zur unrichtigen Darstellung, zum Kreditbetrug und zum Kapitalanlagebetrug verurteilt ist; bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten H. sowie die Revision der Angeklagten G. werden verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten H. , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die Beschwerdeführerin G. hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte G. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung und wegen Kredit- und Kapitalanlagebetrugs zu einer Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Den Angeklagten H. hat es wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen, wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen, wegen Beihilfe zu einem gewerbs- und bandenmäßigen Betrug und wegen Beihilfe zu einer gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zu einer unrichtigen Darstellung , mit Beihilfe zu einem Kreditbetrug und mit Beihilfe zu einem Kapitalanlagebetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Die vom Angeklagten H. eingelegte Revision hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen sind die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen, aus den vom Generalbundesanwalt angeführten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
1. Aus prozessökonomischen Gründen stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte H. wegen Steuerhinterziehung (Gewerbesteuer 2003 bis 2006) in vier Fällen und versuchter Steuerhinterziehung in einem Fall (Gewerbesteuer 2007) verurteilt worden ist. Die in jeder Lage des Verfahrens mögliche Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO ist vorliegend angezeigt, weil das Landgericht in den genannten Fällen zur Bestimmung der hinterzogenen Gewerbesteuer rechtsfehlerhaft sämtliche Einkünfte des Angeklagten H. herangezogen hat und es dem Revisionsgericht nicht möglich ist, den Urteilsgründen zu entnehmen, wie hoch die hinterzogene Gewerbesteuer tatsächlich ist. Der Angeklagte H. hatte nicht nur Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Rahmen seines stehenden Gewerbes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG), sondern auch solche aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) beim T. -Konzern. Nichtselbständige Einkünfte unterliegen jedoch nicht der Gewerbesteuerpflicht, da es insoweit am Merkmal der Selbständigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG fehlt. Allein die Tatsache, dass der Angeklagte H. auch seine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zum Schein über die Firma W. und eine auf seine Ehefrau eingetragene Firma abwickelte, führt nicht zu einer Umqualifizierung dieser Einkünfte in solche aus selbständiger Tätigkeit. Da sich den Urteilsgründen nicht zweifelsfrei entnehmen lässt, welche Einkünfte solche aus nichtselbständiger Tätigkeit darstellen, stellt der Senat das Verfahren insoweit nach § 154 Abs. 2 StPO ein.
4
2. Diese Verfahrenseinstellung hat die Änderung des Schuldspruchs sowie den Wegfall der für die Taten festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen von viermal sechs und einmal acht Monaten zur Folge. Sie zieht zudem die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs für den Angeklagten H. nach sich. Das Verfahren gegen den Angeklagten H. wird daher insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.

II.

5
Die Revisionen im Übrigen bleiben ohne Erfolg.
6
1. Die von den Revisionen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
7
Insbesondere liegt kein durchgreifender Verstoß gegen § 243 Abs. 4 StPO darin, dass der Kammervorsitzende ein Telefonat vom 13. Oktober 2011 mit dem Verteidiger der Angeklagten G. , in dem sich der Verteidiger unter anderem erkundigte, ob eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO in Betracht käme, nicht in der am 10. April 2013 begonnenen Hauptverhandlung mitteilte. Bei dem Angeklagten H. ist bereits fraglich, ob die Rüge zulässig erhoben wurde, da das Telefonat explizit nur die Angeklagte G. und den anderweitig Verfolgten T. betraf. Zwar sind auch Gespräche über eine vollständige Verfahrenseinstellung gemäß § 153a StPO mitteilungsbedürftig nach § 243 Abs. 4 StPO (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 – 2 BvR 1422/15, Rn. 20, StV 2016, 409; a.A. noch KG, Beschluss vom 10. Januar 2014 – [2] 161 Ss 132/13 [47/13], NStZ 2014, 293), jedoch kann vorliegend ausnahmsweise das Beruhen der Verurteilung auf dem Verfahrensverstoß ausgeschlossen werden. Das im Vorfeld der Hauptverhandlung geführte Telefonat hatte einen organisatorischen Hintergrund. Die eher vage gehaltene Anfrage , ob eine Verfahrenseinstellung in Betracht komme, stellte eine sondierende Äußerung der Verteidigung ohne verbindliche Zusage des Gerichts dar, so dass der Informationsgehalt des Gespräches bereits als gering einzustufen ist. Die erst drei Jahre später erfolgten Unterredungen zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die schließlich Grundlage der Verfahrensabsprache wurden und das Telefonat vom 13. Oktober 2011 damit überholt erscheinen lassen, sind umfassend mitgeteilt worden. Vor diesem Hintergrund kann hier eine informelle Verfahrensabsprache schon im Ansatz ausgeschlossen werden. Die Rechtsstellung und die Verteidigungsmöglichkeit der Angeklagten werden gleichfalls nicht berührt. Selbst wenn in der Nichtmitteilung der allenfalls vagen Andeutung eine Verletzung des § 243 Abs. 4 StPO zu sehen wäre, beruht das Urteil daher nicht auf dem Verfahrensverstoß.
8
2. Auch die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrügen hat im verbleibenden Umfang keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die missverständliche Verwendung des Be- griffs „Gefährdungsschaden“ ist unschädlich und stellt keinen Rechtsfehler dar.

III.

9
Die Kosten- und Auslagenentscheidung bezüglich der Angeklagten G. beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Die Entscheidung über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten H. ist der neuen Strafkammer vorbehalten. Raum Jäger Cirener Mosbacher Bär

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, daß der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Die ernannten Sachverständigen sind den zur Ablehnung Berechtigten namhaft zu machen, wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; der Eid ist als Mittel der Glaubhaftmachung ausgeschlossen.

Der Richter hat, soweit ihm dies erforderlich erscheint, die Tätigkeit der Sachverständigen zu leiten.